ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 242

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

60. Jahrgang
20. September 2017


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2017/1563 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über den grenzüberschreitenden Austausch von Vervielfältigungsstücken bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen

1

 

 

RICHTLINIEN

 

*

Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen und zur Änderung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

6

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2017/1565 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau

14

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

20.9.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 242/1


VERORDNUNG (EU) 2017/1563 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. September 2017

über den grenzüberschreitenden Austausch von Vervielfältigungsstücken bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen zu veröffentlichten Werken (im Folgenden „Vertrag von Marrakesch“) wurde am 30. April 2014 im Namen der Union unterzeichnet (3). Er verpflichtet die Vertragsparteien dazu, Ausnahmen oder Beschränkungen von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten für die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format und für den grenzüberschreitenden Austausch solcher Vervielfältigungsstücke vorzusehen.

(2)

Die Begünstigten des Vertrags von Marrakesch sind Personen, die blind sind oder eine Sehbeeinträchtigung haben, die nicht so weit ausgeglichen werden kann, dass ihre Sehfähigkeit im Wesentlichen der einer Person ohne eine solche Beeinträchtigung entspricht, oder unter einer Wahrnehmungsstörung oder Lesebehinderung, darunter auch Dyslexie, oder unter einer anderen Lernbehinderung leiden, wegen deren sie Druckwerke nicht in gleicher Weise wie Personen ohne eine solche Behinderung lesen können, und Personen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht in der Lage sind, ein Buch zu halten oder handzuhaben oder ihre Augen in dem Umfang zu fokussieren oder zu bewegen, wie es für das Lesen normalerweise erforderlich wäre, sodass diese Personen als Folge solcher Beeinträchtigungen oder Behinderungen Druckwerke im Wesentlichen nicht in demselben Maße lesen können wie Personen ohne solche Beeinträchtigungen oder Behinderungen.

(3)

Blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen stoßen noch immer auf viele Hindernisse beim Zugang zu Büchern und anderem gedruckten Material, die urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützt sind. Die Notwendigkeit, mehr Werke und sonstige Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten für diese Personen verfügbar zu machen und ihren Verkehr und ihre Verbreitung spürbar zu verbessern, ist auf internationaler Ebene anerkannt worden.

(4)

Nach dem Gutachten A-3/15 des Gerichtshofs der Europäischen Union (4) müssen die im Vertrag von Marrakesch vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten für die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten im Rahmen des durch die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) harmonisierten Bereichs umgesetzt werden. Gleiches gilt für die von diesem Vertrag vorgesehenen Aus- und Einfuhrregelungen, da sie letzten Endes darauf abzielen, im Hoheitsgebiet einer Partei die öffentliche Wiedergabe oder Verbreitung von im Hoheitsgebiet einer anderen Partei veröffentlichten Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zu gestatten, ohne die Zustimmung der Rechteinhaber einzuholen.

(5)

Die Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) zielt auf eine harmonisierte Umsetzung der Verpflichtungen ab, denen die Union aufgrund des Vertrags von Marrakesch nachkommen muss, um für begünstigte Personen in allen Mitgliedstaaten der Union die Verfügbarkeit von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format und den Verkehr solcher Vervielfältigungsstücke im Binnenmarkt zu verbessern, und verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine verbindliche Ausnahme von bestimmten, durch Unionsrecht harmonisierten Rechten einzuführen. Diese Verordnung zielt auf die Umsetzung der Verpflichtungen aus dem Vertrag von Marrakesch über Regelungen für die Aus- und Einfuhr von — nicht kommerziellen Zwecken dienenden — Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zugunsten begünstigter Personen zwischen der Union und Drittländern, die Vertragsparteien des Vertrags von Marrakesch sind, sowie auf die Festlegung einheitlicher Bedingungen für eine solche Ein- und Ausfuhr im Rahmen des durch die Richtlinien 2001/29/EG und (EU) 2017/1564 harmonisierten Bereichs ab, um sicherzustellen, dass diese Maßnahmen im gesamten Binnenmarkt einheitlich angewandt werden und die Harmonisierung der in diesen Richtlinien geschaffenen ausschließlichen Rechte und Ausnahmen nicht gefährden.

(6)

Diese Verordnung sollte gewährleisten, dass Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format von Büchern, einschließlich E-Books, Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen und anderen Schriftstücken, Notationen einschließlich Notenblättern, und anderem gedruckten Material, auch in Audioformat, gleichermaßen digital wie analog, die in einem Mitgliedstaat entsprechend den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1564 erlassenen nationalen Vorschriften erstellt werden, in Drittländern, die Parteien des Vertrags von Marrakesch sind, zugunsten von begünstigten Personen oder befugten Stellen im Sinne des Vertrags von Marrakesch verbreitet, wiedergegeben oder zugänglich gemacht werden können. Zu den barrierefreien Formaten gehören beispielsweise Braille-Schrift, Großdruck, angepasste E-Bücher, Hörbücher und Hörfunksendungen. Angesichts des „nicht kommerziellen Ziels des Vertrags von Marrakesch“ (7) sollte die Verbreitung, die öffentliche Wiedergabe oder öffentliche Zugänglichmachung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format an beziehungsweise für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen oder befugte Stellen in dem Drittland nur in gemeinnütziger Weise durch befugte Stellen mit Sitz in einem Mitgliedstaat erfolgen.

(7)

Ebenso sollte diese Verordnung die Einfuhr von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format, die in Übereinstimmung mit der Umsetzung des Vertrags von Marrakesch erstellt werden, aus einem Drittland, und den Zugang dazu durch begünstigte Personen in der Union und befugte Stellen mit Sitz in einem Mitgliedstaat zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu nicht kommerziellen Zwecken erlauben. Diese Vervielfältigungsstücke sollten im Binnenmarkt unter den gleichen Bedingungen verkehren können wie Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format, die in der Union gemäß der Richtlinie (EU) 2017/1564 erstellt werden.

(8)

Um die Verfügbarkeit von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zu verbessern und die nicht genehmigte Verbreitung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zu verhindern, sollten befugte Stellen, sie sich mit der Verbreitung, der öffentlichen Wiedergabe oder öffentlichen Zugänglichmachung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format befassen, bestimmten Verpflichtungen nachkommen. Initiativen der Mitgliedstaaten zur Förderung der Ziele des Vertrags von Marrakesch und des Austauschs von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format mit Drittländern, die Vertragsparteien des Vertrags sind, und zur Unterstützung von befugten Stellen beim Austausch und bei der Verfügbarmachung von Informationen sollten gefördert werden. Solche Initiativen könnten die Entwicklung von Leitlinien oder bewährten Verfahren für die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format in Abstimmung mit Vertretern befugter Stellen, begünstigten Personen und Rechteinhabern umfassen.

(9)

Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung unter Wahrung der Grundrechte, unter anderem des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten nach den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „die Charta“), erfolgt, und es ist zwingend erforderlich, dass jede derartige Verarbeitung auch den Richtlinien 95/46/EG (8) und 2002/58/EG (9) des Europäischen Parlaments und des Rates entspricht, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln, wie sie von befugten Stellen im Rahmen der vorliegenden Verordnung und unter der Aufsicht der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, insbesondere der von den Mitgliedstaaten benannten unabhängigen öffentlichen Stellen, durchgeführt werden kann.

(10)

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden „UNCRPD“), dessen Vertragspartei die Union ist, gewährleistet Menschen mit Behinderungen das Recht auf Zugang zu Informationen und Bildung sowie das Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Leben. Das UNCRPD verpflichtet die Vertragsparteien des Übereinkommens, alle geeigneten Schritte im Einklang mit dem Völkerrecht zu unternehmen, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine ungerechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellem Material darstellen.

(11)

Gemäß der Charta ist jegliche Art der Diskriminierung — auch aufgrund einer Behinderung — verboten und der Anspruch von Menschen mit Behinderungen, von Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft profitieren zu können, wird von der Union anerkannt und geachtet.

(12)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die einheitliche Umsetzung der sich aus dem Vertrag von Marrakesch ergebenden Verpflichtungen in Bezug auf die Aus- und Einfuhr zwischen der Union und Drittländern, die Vertragsparteien des Vertrags von Marrakesch sind, von nicht kommerziellen Zwecken dienenden und für begünstigte Personen bestimmten Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format sowie die Festlegung der Bedingungen für solche Aus- und Einfuhren, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(13)

Diese Verordnung wahrt die Grundrechte und beachtet die Grundsätze, die insbesondere mit der Charta und dem UNCRPD anerkannt wurden. Diese Verordnung sollte im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen ausgelegt und angewandt werden —-

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

In dieser Verordnung werden einheitliche Vorschriften für den grenzüberschreitenden Austausch von Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern, die Vertragsparteien des Vertrags von Marrakesch sind, ohne Zustimmung des Rechteinhabers zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen im Rahmen des durch die Richtlinien 2001/29/EG und (EU) 2017/1564 harmonisierten Bereichs festgelegt, um die Harmonisierung der ausschließlichen Rechte und der Ausnahmen im Binnenmarkt nicht zu gefährden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Werk oder sonstiger Schutzgegenstand“ ein Werk in Form eines Buches, einer Zeitung, einer Zeitschrift, eines Magazins oder anderen Schriftstücks, Notationen einschließlich Notenblättern, und zugehörige Illustrationen in jeder Medienform, auch in Audioformat wie Hörbüchern, und in digitaler Form, das urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützt ist und das veröffentlicht oder anderweitig rechtmäßig öffentlich zugänglich gemacht wurde;

2.

„begünstigte Person“, unabhängig von weiteren Behinderungen, eine Person

a)

die blind ist,

b)

mit einer Sehbeeinträchtigung, die nicht so weit ausgeglichen werden kann, dass die Person über eine Sehfunktion verfügt, die der einer Person ohne eine solche Beeinträchtigung im Wesentlichen gleichwertig ist, und die infolgedessen nicht in der Lage ist, Druckwerke in im Wesentlichen gleicher Weise wie eine Person ohne eine solche Beeinträchtigung zu lesen,

c)

mit einer Wahrnehmungsstörung oder Lesebehinderung, die infolgedessen nicht in der Lage ist, Druckwerke in im Wesentlichen gleicher Weise wie eine Person ohne eine solche Behinderung zu lesen, oder

d)

die aus anderen Gründen, aufgrund einer körperlichen Behinderung, nicht in der Lage ist, ein Buch zu halten oder handzuhaben oder ihre Augen in dem Umfang zu fokussieren oder zu bewegen, wie es für das Lesen normalerweise erforderlich wäre;

3.

„Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format“ ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands in alternativer Weise oder alternativer Form, die einer begünstigten Person Zugang zu dem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand gibt; darunter fallen auch Vervielfältigungsstücke, die es einer solchen Person ermöglichen, sich einen genauso leichten und komfortablen Zugang zu verschaffen wie eine Person ohne eine der in Nummer 2 genannten Beeinträchtigungen oder Behinderungen;

4.

„befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat“ eine Stelle, die von einem Mitgliedstaat befugt wurde, Ausbildung, Schulung und adaptiven Lese- oder Informationszugang für begünstigte Personen in gemeinnütziger Weise bereitzustellen, oder für diese Tätigkeiten vom Mitgliedstaat anerkannt wurde. Das umfasst auch öffentliche Einrichtungen oder gemeinnützige Organisationen, die als eine ihrer Kerntätigkeiten, institutionellen Aufgaben oder als Teil ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben begünstigten Personen dieselben Dienste anbieten.

Artikel 3

Ausfuhr von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format in Drittländer

Eine befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat kann ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands in einem barrierefreien Format, das gemäß den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1564 erlassenen nationalen Vorschriften erstellt wurde, an begünstigte Personen oder eine befugte Stelle in einem Drittland, das Vertragspartei des Vertrags von Marrakesch ist, verbreiten, oder ihnen übermitteln oder zugänglich machen.

Artikel 4

Einfuhr von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format aus Drittländern

Eine begünstigte Person oder eine befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat kann ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands in einem barrierefreien Format, das von einer begünstigen Stelle in einem Drittland, das Vertragspartei des Vertrags von Marrakesch ist, an begünstigte Personen oder befugte Stellen verbreitet, oder ihnen übermittelt oder zugänglich gemacht wurde, entsprechend den zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1564 erlassenen nationalen Vorschriften einführen oder anderweitig beziehen oder Zugang dazu erlangen und diese anschließend nutzen.

Artikel 5

Pflichten befugter Stellen

(1)   Eine befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die die in Artikel 3 und Artikel 4 genannten Handlungen vornimmt, legt ihre eigenen Verfahren fest und befolgt sie um sicherzustellen, dass sie

a)

Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format nur an begünstigte Personen oder andere befugte Stellen verbreitet, oder ihnen übermittelt oder zugänglich macht;

b)

geeignete Schritte unternimmt, um der nicht genehmigten Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Wiedergabe und öffentlichen Zugänglichmachung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format entgegenzuwirken;

c)

bei der Handhabung von Werken oder anderen Schutzgegenständen und deren Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format die gebotene Sorgfalt walten lässt und Aufzeichnungen hierüber führt; und

d)

Informationen darüber, wie sie ihren unter den Buchstaben a bis c genannten Verpflichtungen nachkommt, soweit zweckmäßig auf ihrer Internetseite oder über sonstige Online- oder Offline-Kanäle veröffentlicht und auf dem neuesten Stand hält,

Eine befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat legt die in Unterabsatz 1 genannten Verfahren so fest und befolgt sie, dass die in Artikel 6 genannten Vorschriften, die auf die Verarbeitung personenbezogener Daten begünstigter Personen anwendbar sind, in vollem Umfang beachtet werden.

(2)   Eine befugte Stelle mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die die in Artikel 3 und Artikel 4 genannten Handlungen vornimmt, muss begünstigten Personen, anderen befugten Stellen oder Rechteinhabern auf Anfrage die folgenden Auskünfte in barrierefreier Form erteilen:

a)

die Liste der Werke oder anderen Schutzgegenstände, von denen sie Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format besitzt, mit den verfügbaren Formaten;

b)

die Namen und Kontaktangaben der befugten Stellen, mit denen sie Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format gemäß den Artikeln 3 und 4 austauscht.

Artikel 6

Schutz personenbezogener Daten

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Verordnung erfolgt gemäß den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG.

Artikel 7

Überprüfung

Bis zum 11. Oktober 2023 führt die Kommission eine Bewertung dieser Verordnung durch und legt die hauptsächlichen Ergebnisse in einem Bericht an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Verordnung vor.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle erforderlichen Angaben zur Ausarbeitung des Bewertungsberichts.

Artikel 8

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist ab dem 12. Oktober 2018 anwendbar.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 13. September 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  Stellungnahme vom 5. Juli 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 17. Juli 2017.

(3)  Beschluss 2014/221/EU des Rates vom 14. April 2014 über die Unterzeichnung im Namen der Europäischen Union des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken (ABl. L 115 vom 17.4.2014, S. 1).

(4)  Gutachten 3/15 des Gerichtshofs vom 14. Februar 2017, ECLI:EU:C:2017:114, Randnummer 112.

(5)  Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10).

(6)  Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen und zur Änderung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (siehe 6 dieses Amtsblatts).

(7)  Gutachten 3/15 des Gerichtshofs vom 14. Februar 2017, ECLI:EU:C:2017:114, Randnummer 90.

(8)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31). Diese Richtlinie wird mit Wirkung vom 25. Mai 2018 durch die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1) aufgehoben und ersetzt.

(9)  Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).


RICHTLINIEN

20.9.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 242/6


RICHTLINIE (EU) 2017/1564 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. September 2017

über bestimmte zulässige Formen der Nutzung bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen und zur Änderung der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Rechtsakte der Union auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte gewährleisten Rechtssicherheit und ein hohes Schutzniveau für die Rechteinhaber und bilden einen harmonisierten Rechtsrahmen. Dieser Rahmen trägt zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts bei und fördert die Innovation, die Kreativität, Investitionen und die Produktion neuer Inhalte, und das auch im digitalen Umfeld. Außerdem dient er der Förderung des Zugangs zu Wissen und Kultur, indem er den Schutz von Werken und anderen Schutzgegenständen gewährleistet und Ausnahmen oder Beschränkungen, die im öffentlichen Interesse liegen, zulässt. Dabei sollte ein angemessener Rechts- und Interessenausgleich zwischen Rechteinhabern und Nutzern gewahrt werden.

(2)

Die Rechte der Rechteinhaber auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte sind durch die Richtlinien 96/9/EG (3), 2001/29/EG (4), 2006/115/EG (5) und 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (6) harmonisiert worden. Diese Richtlinien zusammen mit der Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) enthalten eine erschöpfende Liste von Ausnahmen und Beschränkungen von diesen Rechten, die es unter bestimmten Voraussetzungen und zur Erreichung bestimmter politischer Ziele erlauben, Inhalte ohne Zustimmung des Rechteinhabers zu nutzen.

(3)

Blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen stoßen noch immer auf viele Hindernisse beim Zugang zu Büchern und anderem gedrucktem Material, die urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützt sind. Unter Berücksichtigung der Rechte blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (im Folgenden „UNCRPD“) anerkannt sind, sollten Maßnahmen getroffen werden, um die Verfügbarkeit von Büchern und anderem gedrucktem Material in barrierefreien Formaten zu steigern und ihren Verkehr im Binnenmarkt zu verbessern.

(4)

Der Vertrag von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen zu veröffentlichten Werken (im Folgenden „Vertrag von Marrakesch“) wurde am 30. April 2014 im Namen der Union unterzeichnet (8). Mit ihm soll die Verfügbarkeit und der grenzüberschreitende Austausch bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen verbessert werden. Der Vertrag von Marrakesch verpflichtet die Vertragsparteien, Ausnahmen oder Beschränkungen von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten für die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten und für den grenzüberschreitenden Austausch solcher Vervielfältigungsstücke vorzusehen. Der Abschluss des Vertrags von Marrakesch durch die Union macht eine Anpassung des Unionsrechts insofern erforderlich, als eine verbindliche und harmonisierte Ausnahme für die von diesem Vertrag erfassten Nutzungsformen, Werke und Begünstigten festgelegt werden muss.

(5)

Nach dem Gutachten A-3/15 des Gerichtshofs der Europäischen Union (9) müssen die vom Vertrag von Marrakesch vorgesehenen Ausnahmen oder Beschränkungen von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten für die Herstellung und Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten im Rahmen des durch die Richtlinie 2001/29/EG harmonisierten Bereichs umgesetzt werden.

(6)

Mit der vorliegenden Richtlinie werden die Verpflichtungen, denen die Union aufgrund des Vertrags von Marrakesch nachkommen muss, in harmonisierter Weise umgesetzt, damit sichergestellt ist, dass die entsprechenden Maßnahmen im gesamten Binnenmarkt einheitlich angewandt werden. Diese Richtlinie sollte daher eine verbindliche Ausnahme von jenen Rechten festlegen, die durch Unionsrecht harmonisiert worden sind und für die Nutzungsformen und Werke von Bedeutung sind, die vom Vertrag von Marrakesch erfasst werden. Zu diesen Rechten gehören insbesondere das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung, das Verbreitungsrecht und das Verleihrecht gemäß den Richtlinien 2001/29/EG, 2006/115/EG und 2009/24/EG sowie die entsprechenden Rechte gemäß der Richtlinie 96/9/EG. Da die nach dem Vertrag von Marrakesch erforderlichen Ausnahmen oder Beschränkungen sich auch auf Werke in Audioform wie Hörbücher erstrecken, sollte die in dieser Richtlinie vorgesehene verbindliche Ausnahme auch für verwandte Schutzrechte gelten.

(7)

Diese Richtlinie betrifft Personen, die blind sind, Personen, die eine Sehbehinderung haben, die nicht so weit ausgeglichen werden kann, dass ihre Sehfähigkeit im Wesentlichen der einer Person ohne eine solche Beeinträchtigung entspricht, Personen, die unter einer Wahrnehmungsstörung oder Lesebehinderung, darunter auch Dyslexie, oder unter einer anderen Lernbehinderung leiden, derentwegen sie Druckwerke nicht in gleicher Weise wie Personen ohne eine solche Behinderung lesen können, und Personen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung nicht in der Lage sind, ein Buch zu halten oder zu handhaben oder ihre Augen in dem Umfang zu fokussieren oder zu bewegen, wie es für das Lesen normalerweise erforderlich wäre, sodass diese Personen als Folge solcher Beeinträchtigungen oder Behinderungen Druckwerke im Wesentlichen nicht in demselben Maße lesen können wie Personen ohne solche Beeinträchtigungen oder Behinderungen. Das Ziel dieser Richtlinie ist daher die Verbesserung der Verfügbarkeit von Büchern, auch von E-Büchern, Zeitungen, Zeitschriften, Magazinen und anderen Schriftstücken, Notationen einschließlich Notenblättern, und anderem gedrucktem Material, auch in Audioform, sowohl digital wie auch analog, online oder offline, in Formaten, die diese Werke und anderen Schutzgegenstände für solche Personen im Wesentlichen in gleicher Weise wie für Personen ohne eine solche Beeinträchtigung oder Behinderung zugänglich machen. Zu den barrierefreien Formaten gehören beispielsweise Braille-Schrift, Großdruck, angepasste E-Bücher, Hörbücher und Hörfunksendungen.

(8)

Die in dieser Richtlinie vorgesehene verbindliche Ausnahme sollte das Vervielfältigungsrecht insoweit beschränken, als sie jede Handlung erlauben sollte, die notwendig ist, um ein Werk oder einen sonstigen Schutzgegenstand derart zu verändern, umzuwandeln oder anzupassen, dass ein Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format erstellt wird, die begünstigten Personen den Zugang zu diesem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand ermöglicht. Dazu gehört auch, dass in einem Vervielfältigungsstück die notwendigen Mittel bereitgestellt werden, um in einem barrierefreien Format durch Informationen zu navigieren. Dazu gehören auch Änderungen, die unter Umständen in Fällen erforderlich sind, in denen das Format eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands bereits für bestimmte begünstigte Personen barrierefrei ist, aber möglicherweise nicht für andere begünstigte Personen wegen unterschiedlicher Beeinträchtigungen oder Behinderungen oder ihres unterschiedlichen Grades.

(9)

Die in dieser Richtlinie festgelegten zulässigen Nutzungsformen sollten das Erstellen von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format entweder durch begünstigte Personen oder durch deren Bedürfnissen dienende befugte Stellen einschließen — gleichgültig ob diese befugten Stellen öffentliche oder private Organisationen sind, insbesondere Bibliotheken, Bildungseinrichtungen und andere gemeinnützige Organisationen —, die Personen mit einer Lesebehinderung Dienste als eine ihrer Kerntätigkeiten, institutionellen Verpflichtungen oder als eine ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben anbieten. Die in dieser Richtlinie festgelegten Nutzungsformen sollten auch das Erstellen von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zur ausschließlichen Nutzung durch begünstigte Personen einschließen, wenn das durch eine natürliche Person erfolgt, die im Namen einer begünstigten Person handelt oder der begünstigten Person beim Erstellen derartiger Vervielfältigungsstücke Hilfestellung leistet. Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format sollten nur von Werken und sonstigen Schutzgegenständen erstellt werden, zu denen begünstigte Personen und befugte Stellen rechtmäßigen Zugang haben. Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass jede Vertragsbestimmung, durch die die Anwendung der Ausnahme in irgendeiner Weise verhindert oder beschränkt werden soll, rechtlich unwirksam ist.

(10)

Die in dieser Richtlinie vorgesehene Ausnahme sollte es befugten Stellen erlauben, Vervielfältigungsstücke der unter diese Richtlinie fallenden Werke und sonstigen Schutzgegenstände in barrierefreien Formaten zu erstellen und online wie offline in der Union zu verbreiten. Mit dieser Richtlinie sollten befugte Stellen nicht verpflichtet werden, solche Vervielfältigungsstücke zu erstellen und zu verbreiten.

(11)

Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format, die in einem Mitgliedstaat erstellt werden, sollten in allen Mitgliedstaaten erhältlich sein, um ihre größere Verfügbarkeit im Binnenmarkt sicherzustellen. Dadurch wäre es möglich, die Nachfrage nach Doppelarbeit bei der Herstellung von Vervielfältigungsstücken desselben Werks oder Schutzgegenstands in einem barrierefreien Format innerhalb der Union zu verringern, und somit Einsparungen und Effizienzgewinne zu erzielen. Diese Richtlinie sollte daher gewährleisten, dass von befugten Stellen erstellte Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format, die in einem Mitgliedstaat erstellt werden, in allen anderen Mitgliedstaaten verkehren können und begünstigten Personen und befugten Stellen in der gesamten Union zugänglich sind. Um einen solchen grenzüberschreitenden Austausch zu fördern und die gegenseitige Identifizierung und die Zusammenarbeit der befugten Stellen zu erleichtern, sollte der freiwillige Austausch von Informationen über die Namen und Kontaktdaten von in der Union ansässigen befugten Stellen, einschließlich Internetseiten, soweit verfügbar, gefördert werden. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Informationen, die sie von befugten Stellen erhalten, der Kommission zur Verfügung stellen. Das sollte nicht bedeuten, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind zu überprüfen, ob diese Informationen vollständig und richtig sind oder ob sie mit den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie vereinbar sind. Die Kommission sollte diese Informationen in einer zentralen Abrufstelle für Informationen auf Unionsebene online zur Verfügung stellen. Auch würden hierdurch befugte Stellen sowie begünstigte Personen und Rechteinhaber dabei unterstützt, Kontakt mit befugten Stellen aufzunehmen, um gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie und der Verordnung (EU) 2017/1563 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) weitere Informationen zu erhalten. Die vorstehend genannte zentrale Abrufstelle für Informationen sollte den Informationszugangspunkt ergänzen, der durch das Internationale Büro der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) gemäß dem Vertrag von Marrakesch eingerichtet wurde, und zum Ziel haben, die Identifizierung befugter Stellen und die Zusammenarbeit zwischen ihnen auf internationaler Ebene zu erleichtern.

(12)

Um die Verfügbarkeit von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zu verbessern und die nicht genehmigte Verbreitung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen zu verhindern, sollten befugte Stellen, die sich mit der Verbreitung, der öffentlichen Wiedergabe oder öffentlichen Zugänglichmachung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format befassen, bestimmten Verpflichtungen nachkommen.

(13)

Die Anforderungen für die Zulassung und die Anerkennung, die die Mitgliedstaaten an befugte Stellen richten können, wie etwa diejenigen im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen allgemeiner Art für begünstigte Personen, sollten nicht zur Folge haben, dass Stellen, die befugte Stellen im Sinne dieser Richtlinie sind, daran gehindert werden, die nach dieser Richtlinie zulässigen Nutzungshandlungen vorzunehmen.

(14)

Angesichts der besonderen Art der in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahme, ihres spezifischen Geltungsbereichs und der Notwendigkeit, Rechtssicherheit für ihre Begünstigten zu schaffen, sollte den Mitgliedstaaten nicht erlaubt werden, die Anwendung der Ausnahme an zusätzliche, nicht in dieser Richtlinie festgelegte Anforderungen zu knüpfen, wie z. B. eine vorherige Prüfung, ob gewerbliche Vervielfältigungsstücke von Werken in einem barrierefreien Format verfügbar sind. Den Mitgliedstaaten sollte lediglich erlaubt werden, Ausgleichsregelungen für zulässige Formen der Nutzung von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen durch befugte Stellen vorzusehen. Um eine Belastung begünstigter Personen zu vermeiden, Hindernisse für die grenzüberschreitende Verbreitung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format und übermäßige Anforderungen an befugte Stellen zu verhindern, ist es wichtig, dass die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, solche Ausgleichsregelungen vorzusehen, begrenzt wird. Folgerichtig sollten Ausgleichsregelungen keine Zahlungen durch begünstigte Personen erfordern. Sie sollten nur für Nutzungsformen durch befugte Stellen gelten, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats haben, der eine solche Regelung vorsieht, und sie sollten keine Zahlungen durch befugte Stellen erfordern, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern haben, die Vertragsparteien des Vertrags von Marrakesch sind. Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass durch solche Ausgleichregelungen der grenzüberschreitende Austausch von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format keinen belastenderen Anforderungen unterliegt als in Situationen ohne grenzüberschreitendes Element, auch was die Form und die mögliche Höhe des Ausgleichs angeht. Bei der Bestimmung der Höhe des Ausgleichs sollte sowohl der Tatsache, dass die Tätigkeiten befugter Stellen keinen Erwerbszweck haben, gebührend Rechnung getragen werden als auch den durch diese Richtlinie verfolgten im Gemeinwohl liegenden Zielen, den Interessen der von der Ausnahme begünstigten Personen, dem eventuellen Schaden für Rechteinhaber und der Notwendigkeit, die grenzüberschreitende Verbreitung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format sicherzustellen. Auch die besonderen Umstände eines jeden Falls, die sich aus der Erstellung eines konkreten Vervielfältigungsstücks in einem barrierefreien Format ergeben, sollten berücksichtigt werden. Wenn einem Rechteinhaber nur ein geringfügiger Schaden entstünde, sollte sich keine Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleichs ergeben.

(15)

Es ist von grundlegender Bedeutung, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie unter Wahrung der Grundrechte, unter anderem des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens und des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten nach den Artikeln 7 und 8 der Charta, erfolgt, und es ist zwingend erforderlich, dass jede derartige Verarbeitung auch den Richtlinien 95/46/EG (11) und 2002/58/EG (12) des Europäischen Parlaments und des Rates entspricht, die die Verarbeitung personenbezogener Daten regeln, wie sie von befugten Stellen im Rahmen der vorliegenden Richtlinie und unter der Aufsicht der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, insbesondere der von den Mitgliedstaaten benannten unabhängigen öffentlichen Stellen, durchgeführt werden kann.

(16)

Das UNCRPD, dessen Vertragspartei die Union ist, gewährleistet für Menschen mit Behinderungen das Recht auf Zugang zu Informationen und Bildung sowie das Recht auf gleichberechtigte Teilnahme am kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Leben. Das UNCRPD verpflichtet die Vertragsparteien des Übereinkommens, alle geeigneten Schritte im Einklang mit dem Völkerrecht zu unternehmen, um sicherzustellen, dass Gesetze zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums keine ungerechtfertigte oder diskriminierende Barriere für den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu kulturellem Material darstellen.

(17)

Gemäß der Charta ist jegliche Art der Diskriminierung — auch aufgrund einer Behinderung — verboten und wird der Anspruch von Menschen mit Behinderungen auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft von der Union anerkannt und geachtet.

(18)

Mit dem Erlass dieser Richtlinie will die Union dafür sorgen, dass begünstigte Personen im gesamten Binnenmarkt Zugang zu Büchern und anderem gedruckten Material in einem barrierefreien Format haben. Diese Richtlinie ist dementsprechend ein wesentlicher erster Schritt, um den Zugang behinderter Menschen zu solchen Werken zu verbessern.

(19)

Die Kommission sollte die Verfügbarkeit von anderen, nicht unter diese Richtlinie fallenden Werken und sonstigen Schutzgegenständen in barrierefreiem Format sowie die Verfügbarkeit von Werken und sonstigen Schutzgegenständen in barrierefreiem Format für Personen mit anderen Behinderungen beurteilen. Es ist wichtig, dass die Kommission die Lage genau verfolgt. Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission könnten nötigenfalls Änderungen des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie ins Auge gefasst werden.

(20)

Den Mitgliedstaaten sollte es erlaubt sein, in Fällen, die nicht unter die vorliegende Richtlinie fallen, weiterhin gemäß Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 2001/29/EG eine Ausnahme oder Beschränkung zugunsten von Menschen mit Behinderungen vorzusehen, insbesondere für nicht unter diese Richtlinie fallende Werke, sonstige Schutzgegenstände und Behinderungen. Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, Ausnahmen und Beschränkungen von Rechten vorzusehen, die nicht im Urheberrechtsrahmen der Union harmonisiert sind.

(21)

Die vorliegende Richtlinie wahrt die Grundrechte und beachtet die Grundsätze, die insbesondere mit der Charta und dem UNCRPD anerkannt wurden. Diese Richtlinie sollte im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen ausgelegt und angewandt werden.

(22)

Aus dem Vertrag von Marrakesch ergeben sich gewisse Verpflichtungen in Bezug auf den Austausch von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern, die Vertragsparteien sind. Die von der Union ergriffenen Maßnahmen zur Erfüllung dieser Verpflichtungen sind in der Verordnung (EU) 2017/1563 enthalten, die zusammen mit dieser Richtlinie zu lesen sein sollte.

(23)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen in der Union, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(24)

Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten (13) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Für diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

Diese Richtlinie zielt auf die weitere Harmonisierung des Unionsrechts auf dem Gebiet der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte im Rahmen des Binnenmarkts ab, indem Vorschriften für die Nutzung bestimmter Werke und sonstiger Schutzgegenstände ohne Zustimmung des Rechteinhabers zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen aufgestellt werden.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Werk oder sonstiger Schutzgegenstand“ ein Werk in Form eines Buches, einer Zeitung, einer Zeitschrift, eines Magazins oder anderen Schriftstücks, Notationen einschließlich Notenblättern, und zugehörige Illustrationen in jeder Medienform, auch in Audioformat wie Hörbüchern, und in digitaler Form, das urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützt ist und das veröffentlicht oder anderweitig rechtmäßig öffentlich zugänglich gemacht wurde;

2.

„begünstigte Person“, unabhängig von weiteren Behinderungen, eine Person

a)

die blind ist,

b)

mit einer Sehbehinderung, die nicht so weit ausgeglichen werden kann, dass die Person über eine Sehfunktion verfügt, die der einer Person ohne eine solche Beeinträchtigung im Wesentlichen gleichwertig ist, und die infolgedessen nicht in der Lage ist, Druckwerke in im Wesentlichen gleicher Weise wie eine Person ohne eine solche Beeinträchtigung zu lesen,

c)

mit einer Wahrnehmungsstörung oder Lesebehinderung, die infolgedessen nicht in der Lage ist, Druckwerke in im Wesentlichen gleicher Weise wie eine Person ohne eine solche Behinderung zu lesen, oder

d)

die aus anderen Gründen, aufgrund einer körperlichen Behinderung, nicht in der Lage ist, ein Buch zu halten oder handzuhaben oder ihre Augen in dem Umfang zu fokussieren oder zu bewegen, wie es für das Lesen normalerweise erforderlich wäre;

3.

„Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format“ ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands in alternativer Weise oder alternativer Form, die einer begünstigten Person Zugang zu dem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand gibt; darunter fallen auch Vervielfältigungsstücke, die es einer solchen Person ermöglichen, sich einen genauso leichten und komfortablen Zugang zu verschaffen wie eine Person ohne eine der in Nummer 2 genannten Beeinträchtigungen oder Behinderungen;

4.

„befugte Stelle“ eine Stelle, die von einem Mitgliedstaat befugt wurde, Ausbildung, Schulung und adaptiven Lese- oder Informationszugang für begünstigte Personen in gemeinnütziger Weise bereitzustellen, oder für diese Tätigkeiten vom Mitgliedstaat anerkannt wurde. Das umfasst auch öffentliche Einrichtungen oder gemeinnützige Organisationen, die als eine ihrer Kerntätigkeiten, institutionellen Aufgaben oder als Teil ihrer im Gemeinwohl liegenden Aufgaben begünstigten Personen dieselben Dienste anbieten.

Artikel 3

Zulässige Formen der Nutzung

(1)   Die Mitgliedstaaten sehen eine Ausnahme vor, damit keine Genehmigung des Inhabers von Urheberrechten oder verwandten Schutzrechten an einem Werk oder sonstigen Schutzgegenstand gemäß den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie 96/9/EG, den Artikeln 2, 3 und 4 der Richtlinie 2001/29/EG, Artikel 1 Absatz 1, Artikel 8 Absätze 2 und 3 und Artikel 9 der Richtlinie 2006/115/EG und Artikel 4 der Richtlinie 2009/24/EG erforderlich ist für Handlungen, durch die

a)

eine begünstigte Person oder eine in deren Namen handelnde Person ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands, zu dem die begünstigte Person rechtmäßigen Zugang hat, in einem barrierefreien Format und zur ausschließlichen Nutzung durch die begünstigte Person erstellt und

b)

eine befugte Stelle ein Vervielfältigungsstück eines Werkes oder sonstigen Schutzgegenstands, zu dem sie rechtmäßigen Zugang hat, in einem barrierefreien Format erstellt oder ein Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format zugunsten einer begünstigten Person oder einer anderen befugten Stelle zur ausschließlichen Nutzung durch eine begünstigte Person in gemeinnütziger Weise wiedergibt, zugänglich macht, verbreitet oder verleiht,

(2)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jedes Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format die Unversehrtheit des Werks oder sonstigen Schutzgegenstands wahrt, wobei die Änderungen, die erforderlich sind, damit das Werk oder der sonstige Schutzgegenstand in dem alternativen Format zugänglich gemacht werden kann, gebührend berücksichtigt werden.

(3)   Die in Absatz 1 genannte Ausnahme darf nur in bestimmten Sonderfällen angewandt werden, in denen die normale Verwertung des Werks oder des sonstigen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und die berechtigten Interessen des Rechteinhabers nicht ungebührlich verletzt werden.

(4)   Artikel 6 Absatz 4 Unterabsätze 1, 3 und 5 der Richtlinie 2001/29/EG finden auf die Ausnahme nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels Anwendung.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Ausnahme nach Absatz 1 nicht per Vertrag umgangen werden kann.

(6)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass nach dieser Richtlinie zulässige Nutzungshandlungen wenn sie durch eine befugte Stelle mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet vorgenommen werden, Ausgleichsregelungen innerhalb der durch diese Richtlinie vorgegebenen Grenzen unterliegen.

Artikel 4

Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format im Binnenmarkt

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass eine befugte Stelle mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet die in Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b genannten Handlungen für eine begünstigte Person oder eine andere befugte Stelle mit Sitz in einem beliebigen Mitgliedstaat vornehmen kann. Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass eine begünstigte Person oder eine befugte Stelle mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet ein Vervielfältigungsstück in einem barrierefreien Format bei einer befugten Stelle mit Sitz in einem beliebigen Mitgliedstaat beziehen oder abrufen kann.

Artikel 5

Pflichten befugter Stellen

(1)   Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass eine befugte Stelle mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet, die die in Artikel 4 genannten Handlungen vornimmt, ihre eigenen Verfahren festlegt und befolgt, um sicherzustellen, dass sie

a)

Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format nur an begünstigte Personen oder andere befugte Stellen verbreitet oder ihnen übermittelt oder zugänglich macht;

b)

geeignete Schritte unternimmt, um der nicht genehmigten Vervielfältigung, Verbreitung, öffentlichen Wiedergabe oder öffentlichen Zugänglichmachung von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format entgegenzuwirken;

c)

bei der Handhabung von Werken oder anderen Schutzgegenständen und deren Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format die gebotene Sorgfalt walten lässt und Aufzeichnungen hierüber führt; und

d)

Informationen darüber, wie sie ihren unter den Buchstaben a bis c genannten Verpflichtungen nachkommt, soweit zweckmäßig auf ihrer Internetseite oder über sonstige Online- oder Offline-Kanäle veröffentlicht und auf dem neuesten Stand hält.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Unterabsatz 1 genannten Verfahren so festgelegt und befolgt werden, dass die Vorschriften in Artikel 7, die auf die Verarbeitung personenbezogener Daten begünstigter Personen anwendbar sind, in vollem Umfang beachtet werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine befugte Stelle mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet, die die in Artikel 4 genannten Handlungen vornimmt, begünstigten Personen, anderen befugten Stellen oder Rechteinhabern auf Anfrage die folgenden Auskünfte in barrierefreier Form erteilt:

a)

die Liste der Werke oder anderen Schutzgegenstände, von denen sie Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format besitzt, mit den verfügbaren Formaten; und

b)

die Namen und Kontaktangaben der befugten Stellen, mit denen sie Vervielfältigungsstücke in einem barrierefreien Format gemäß Artikel 4 austauscht.

Artikel 6

Transparenz und Informationsaustausch

(1)   Die Mitgliedstaaten bestärken befugte Stellen mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet, die die in Artikel 4 dieser Richtlinie und den Artikeln 3 und 4 der Verordnung (EU) 2017/1563 genannten Handlungen vornehmen, darin, ihnen freiwillig ihre Namen und Kontaktdaten mitzuteilen.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß Absatz 1 erhaltenen Informationen mit. Die Kommission macht diese Informationen in einer zentralen Abrufstelle für Informationen online öffentlich zugänglich und hält sie auf dem aktuellen Stand.

Artikel 7

Schutz personenbezogener Daten

Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie erfolgt gemäß den Richtlinien 95/46/EG und 2002/58/EG.

Artikel 8

Änderung der Richtlinie 2001/29/EG

Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 2001/29/EG erhält folgende Fassung:

„b)

für die Nutzung zugunsten behinderter Personen, wenn die Nutzung mit der Behinderung unmittelbar in Zusammenhang steht und nicht kommerzieller Art ist, soweit es die betreffende Behinderung erfordert und unbeschadet der Pflichten der Mitgliedstaaten aus der Richtlinie (EU) 2017/1564 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1);

Artikel 9

Berichterstattung

Bis zum 11. Oktober 2020 legt die Kommission dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht über die Verfügbarkeit auf dem Binnenmarkt von anderen als den in Artikel 2 Nummer 1 genannten Werken und sonstigen Schutzgegenständen in barrierefreien Formaten für begünstigte Personen und von Werken und sonstigen Schutzgegenständen für Personen mit anderen als den in Artikel 2 Nummer 2 genannten Behinderungen vor. In dem Bericht werden Entwicklungen bei der einschlägigen Technologie berücksichtigt, und er enthält eine Bewertung der Angemessenheit einer Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie, um den Zugang zu anderen Arten von Werken und sonstigen Schutzgegenständen und den Zugang für Personen mit anderen Behinderungen als denjenigen, für die diese Richtlinie gilt, zu verbessern.

Artikel 10

Überprüfung

(1)   Bis zum 11. Oktober 2023 führt die Kommission eine Bewertung dieser Richtlinie durch und legt die hauptsächlichen Ergebnisse in einem Bericht an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sowie gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung dieser Richtlinie vor. Die Bewertung umfasst eine Beurteilung der Auswirkungen von Ausgleichsregelungen der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 Absatz 6 auf die Verfügbarkeit von Vervielfältigungsstücken in einem barrierefreien Format für begünstigte Personen und auf ihren grenzüberschreitenden Austausch. Die Kommission greift in ihrem Bericht die Ansichten einschlägiger Akteure der Zivilgesellschaft und nichtstaatlicher Organisationen auf, einschließlich Organisationen, die Menschen mit Behinderungen vertreten, und Organisationen, die ältere Menschen vertreten.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die erforderlichen Angaben zur Ausarbeitung des in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Berichts und des in Artikel 9 genannten Berichts.

(3)   Hat ein Mitgliedstaat berechtigte Gründe zu der Annahme, dass die Umsetzung dieser Richtlinie beträchtliche negative Auswirkungen auf das kommerzielle Angebot von Werken oder sonstigen Schutzgegenständen in einem barrierefreien Format für begünstigte Personen hat, so kann er die Kommission auf die Angelegenheit unter Beifügung aller einschlägigen Belege hinweisen. Die Kommission berücksichtigt diese Belege bei der Ausarbeitung des Berichts nach Absatz 1.

Artikel 11

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 11. Oktober 2018 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 12

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 13

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 13. September 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 125 vom 21.4.2017, S. 27.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 17. Juli 2017.

(3)  Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77 vom 27.3.1996, S. 20).

(4)  Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10).

(5)  Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 28).

(6)  Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 111 vom 5.5.2009, S. 16).

(7)  Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke (ABl. L 299 vom 27.10.2012, S. 5).

(8)  Beschluss 2014/221/EU des Rates vom 14. April 2014 über die Unterzeichnung im Namen der Europäischen Union des Vertrags von Marrakesch zur Erleichterung des Zugangs blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen zu veröffentlichten Werken (ABl. L 115 vom 17.4.2014, S. 1).

(9)  Gutachten 3/15 des Gerichtshofs vom 14. Februar 2017, ECLI:EU:C:2017:114, Randnummer 112.

(10)  Verordnung (EU) 2017/1563 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. September 2017 über den grenzüberschreitenden Austausch von Vervielfältigungsstücken bestimmter urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützter Werke und sonstiger Schutzgegenstände in einem barrierefreien Format zwischen der Union und Drittländern zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig lesebehinderter Personen (siehe Seite 1 dieses Amtsblatts).

(11)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31). Diese Richtlinie wird mit Wirkung vom 25. Mai 2018 durch die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1) aufgehoben und ersetzt.

(12)  Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).

(13)  ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.


BESCHLÜSSE

20.9.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 242/14


BESCHLUSS (EU) 2017/1565 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. September 2017

über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 212 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Den Rahmen für die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union (im Folgenden „Union“) und der Republik Moldau bilden die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) und die Östliche Partnerschaft. Nachdem die Republik Moldau 2009 der Östlichen Partnerschaft beigetreten war, folgten Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen zwischen der Union und der Republik Moldau. Dieses Abkommen (2) (im Folgenden „Assoziierungsabkommen“), das die schrittweise Einführung einer vertieften und umfassenden Freihandelszone vorsieht, wurde am 27. Juni 2014 unterzeichnet und trat am 1. Juli 2016 in Kraft.

(2)

Durch die zwischen den Wahlen vom November 2014 und Januar 2016 herrschende politische Instabilität ebenso wie durch einen Bankenbetrugsskandal, die schwache Konjunktur in der Region und die von Russland verhängten Einfuhrverbote wurde die Wirtschaft der Republik Moldau schwer getroffen. Dies trug dazu bei, dass es im Laufe des vergangenen Jahres zu einer Rezession, einem wachsenden Handelsbilanzdefizit und einem erheblichen Rückgang der Devisenreserven kam.

(3)

Nach der Ernennung einer neuen Regierung sowie eines neuen Gouverneurs der Nationalbank Moldaus Anfang 2016 haben die Behörden den erneuten Willen gezeigt, notwendige politische Reformen voranzutreiben und die ordnungspolitischen Herausforderungen des Landes im Finanzsektor und in der Verwaltung der öffentlichen Finanzen anzugehen.

(4)

Zur Unterstützung des neuen Reformkurses wurde im Anschluss an die Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ vom 15. Februar 2016 ein Fahrplan für vorrangige Reformen zwischen der Union und der Republik Moldau vereinbart. Bei der Umsetzung dieses Fahrplans hat die Republik Moldau wesentliche Fortschritte erzielt.

(5)

Vor dem Hintergrund politischer Umbrüche und wirtschaftlicher Schwierigkeiten haben die Behörden der Republik Moldau und der Internationale Währungsfonds (IWF) im Juli 2016 eine auf drei Jahre ausgelegte Erweiterte Kreditfazilität (ECF) und Erweiterte Fondsfazilität (EFF) in Höhe von 178,7 Mio. USD vereinbart. Diese Vereinbarung wurde am 7. November 2016 vom IWF-Exekutivdirektorium gebilligt. Es wird erwartet, dass die Behörden der Republik Moldau im Rahmen dieses IWF-Programms rasch Verbesserungen in der Steuerung und Beaufsichtigung des Finanzsektors erzielen, die Strategien zur Gewährleistung der makroökonomischen und finanziellen Stabilität festigen und nachhaltiges und integratives Wachstum fördern.

(6)

Angesichts der sich verschlechternden Wirtschaftslage und der sich eintrübenden Aussichten hat die Republik Moldau die Union im August 2015 um eine ergänzende Makrofinanzhilfe ersucht und dieses Ersuchen im März 2016 wiederholt.

(7)

Der Richtbetrag der Union für die Mittel, die die Republik Moldau im Rahmen des Europäischen Nachbarschaftsinstruments (ENI) erhalten könnte, beträgt 610-746 Mio. EUR, einschließlich Budgethilfe und technischer Unterstützung. Die Auszahlungen der Budgethilfe der Union wurden allerdings Anfang 2015 ausgesetzt und ihre Wiederaufnahme an die Genehmigung eines neuen IWF-Programms und die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen für die Budgethilfe geknüpft.

(8)

Da die Republik Moldau ein unter die ENP fallendes Land ist, sollte sie für eine Makrofinanzhilfe der Union in Betracht kommen.

(9)

Die Makrofinanzhilfe der Union sollte ein in Ausnahmefällen zum Einsatz kommendes Finanzinstrument in Form einer ungebundenen und nicht zweckgewidmeten Zahlungsbilanzhilfe sein, das zur Deckung des unmittelbaren Außenfinanzierungsbedarfs des Empfängers beitragen und die Umsetzung eines politischen Programms unterstützen soll, welches tiefgreifende unmittelbare Anpassungs- und Strukturreformmaßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung der Zahlungsbilanzsituation umfasst.

(10)

Da in der Zahlungsbilanz der Republik Moldau noch eine erhebliche Außenfinanzierungslücke verbleibt, die die vom IWF und anderen multilateralen Einrichtungen zur Verfügung gestellten Mittel übersteigt, ist die der Republik Moldau zu gewährende Makrofinanzhilfe der Union, in Verbindung mit dem IWF-Programm, unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen als angemessene Antwort auf das Ersuchen der Republik Moldau um Unterstützung der wirtschaftlichen Stabilisierung zu betrachten. Die Makrofinanzhilfe der Union würde die wirtschaftliche Stabilisierung und die Strukturreformagenda der Republik Moldau in Ergänzung der im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung mit dem IWF bereitgestellten Mittel unterstützen.

(11)

Mit der Makrofinanzhilfe der Union sollte die Wiederherstellung einer tragfähigen Außenfinanzierungssituation in der Republik Moldau unterstützt und somit ein Beitrag zu einer größeren politischen und makroökonomischen Stabilität des Landes und einer Stärkung der wirtschafts- und finanzpolitischen Steuerung geleistet werden, wozu auch eine eingehende, ergebnisorientierte Untersuchung des Bankenbetrugs, eine verantwortungsvolle Führung im Energiebereich und die politische Unabhängigkeit der Justiz gehören.

(12)

Die Makrofinanzhilfe der Union dürfte mit Auszahlungen von Budgethilfen im Rahmen des ENI einhergehen.

(13)

Die Höhe der Makrofinanzhilfe der Union wird auf der Grundlage einer umfassenden quantitativen Bewertung des verbleibenden Außenfinanzierungsbedarfs der Republik Moldau festgesetzt, wobei die Möglichkeiten des Landes, sich mit eigenen Mitteln zu finanzieren, sowie insbesondere die ihm zur Verfügung stehenden Währungsreserven berücksichtigt werden. Die Makrofinanzhilfe der Union sollte die vom IWF und der Weltbank bereitgestellten Programme und Mittel ergänzen. Bei der Festlegung der Höhe der Finanzhilfe werden erwartete finanzielle Beiträge multilateraler Geber und die Notwendigkeit einer angemessenen Lastenverteilung zwischen der Union und anderen Gebern berücksichtigt. Auch ein bereits bestehender Einsatz anderer Außenfinanzierungsinstrumente der Union in der Republik Moldau und die Wertschöpfung durch das gesamte Engagement der Union werden einbezogen.

(14)

In Anbetracht des verbleibenden Außenfinanzierungsbedarfs der Republik Moldau, des Stands ihrer wirtschaftlichen Entwicklung, gemessen am Pro-Kopf-Einkommen und an der Armutsquote, ihrer Möglichkeiten, sich mit eigenen Mitteln zu finanzieren, sowie insbesondere der ihr zur Verfügung stehenden Devisenreserven und ihrer — aufgrund einer Analyse der Tragfähigkeit ihrer Schuldenlage — bewerteten Rückzahlungsfähigkeit, sollte ein Teil der Hilfe in Form von Zuschüssen gewährt werden.

(15)

Die Kommission sollte sicherstellen, dass die Makrofinanzhilfe der Union rechtlich und inhaltlich mit den wichtigsten Grundsätzen und Zielsetzungen in den verschiedenen Bereichen der Außenpolitik, mit den in Bezug auf diese Bereiche ergriffenen Maßnahmen und mit anderen relevanten Politikbereichen der Union in Einklang steht.

(16)

Die Makrofinanzhilfe der Union sollte die Außenpolitik der Union gegenüber der Republik Moldau stützen. Die Dienststellen der Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst sollten im Verlauf der Makrofinanzhilfetransaktion eng zusammenarbeiten, um die Außenpolitik der Union zu koordinieren und um sicherzustellen, dass diese in sich kohärent ist.

(17)

Die Makrofinanzhilfe der Union sollte die Republik Moldau bei ihrem Eintreten für die Werte, die sie mit der Union teilt, unter anderem Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung, Rechenschaftspflicht, Transparenz und Leistungsorientierung im öffentlichen Dienst, Unabhängigkeit der Justiz, Achtung der Menschenrechte, Freiheit, Unabhängigkeit und Pluralismus der Medien, nachhaltige Entwicklung und Bekämpfung der Armut, sowie bei ihrem Eintreten für die Grundsätze eines offenen, auf Regeln beruhenden und fairen Handels unterstützen.

(18)

Eine Vorbedingung für die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union und für die Auszahlung aller drei Tranchen sollte darin bestehen, dass die Republik Moldau sich wirksame demokratische Mechanismen, einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems und des Rechtsstaatsprinzips, zu eigen macht und die Achtung der Menschenrechte garantiert. Darüber hinaus sollten die spezifischen Ziele der Makrofinanzhilfe der Union die Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Finanzverwaltungssysteme stärken, eine wirksame Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche sowie die Steuerung und Beaufsichtigung des Finanz- und Bankensektors in der Republik Moldau sicherstellen, die Steuerung des Energiesektors verbessern und Strukturreformen mit dem Ziel der Unterstützung eines nachhaltigen, breitenwirksamen Wachstums, der Schaffung von Arbeitsplätzen und eines unternehmensfreundlichen Umfelds und der Haushaltskonsolidierung fördern. Die Makrofinanzhilfe der Union für die Republik Moldau sollte auch Maßnahmen zur Unterstützung der Umsetzung des Assoziierungsabkommens, darunter der vertieften und umfassenden Freihandelszone, umfassen. Damit die spezifischen Ziele ordnungsgemäß bewertet werden können, müssen sie so formuliert sein, dass sie überprüfbar und messbar sind. Sowohl die Erfüllung der Vorbedingung als auch die Erreichung dieser Ziele sollten von der Kommission und vom Europäischen Auswärtigen Dienst regelmäßig überprüft werden. Werden die Vorbedingung und die Zielsetzungen nicht erfüllt oder die Ziele und Grundsätze des Assoziierungsabkommens generell missachtet, sollte die Kommission die Auszahlung der Makrofinanzhilfe der Union zeitweise aussetzen oder einstellen.

(19)

Um sicherzustellen, dass die finanziellen Interessen der Union im Zusammenhang mit ihrer Makrofinanzhilfe wirksam geschützt werden, sollte die Republik Moldau geeignete Maßnahmen ergreifen, um Betrug, Korruption und andere Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dieser Hilfe zu verhindern bzw. dagegen vorzugehen. Die Republik Moldau sollte die Kommission regelmäßig auf der Grundlage einer vollständigen Offenlegung und der strengen Einhaltung der Finanzvorschriften der Union über die Umsetzung der Makrofinanzhilfe informieren. Darüber hinaus sollte vorgesehen werden, dass die Kommission Kontrollen und der Rechnungshof Prüfungen durchführt.

(20)

Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union lässt die Befugnisse des Europäischen Parlaments und des Rates (als Haushaltsbehörde) unberührt.

(21)

Die Höhe der als Zuschüsse gewährten Makrofinanzhilfe und die Höhe der für die als Darlehen gewährte Makrofinanzhilfe erforderlichen Beträge sollten mit den im Mehrjährigen Finanzrahmen vorgesehenen Haushaltsmitteln kohärent sein.

(22)

Die Makrofinanzhilfe der Union sollte von der Kommission verwaltet werden. Um sicherzustellen, dass das Europäische Parlament und der Rat in der Lage sind, die Durchführung dieses Beschlusses zu verfolgen, sollte die Kommission sie regelmäßig über die Entwicklungen in Bezug auf die Hilfe informieren und ihnen die einschlägigen Dokumente zur Verfügung stellen.

(23)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieses Beschlusses sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates ausgeübt werden (3).

(24)

Die Makrofinanzhilfe der Union sollte an Auflagen geknüpft sein, die in einer Vereinbarung festzulegen sind. Die Auszahlung jeder einzelnen der drei Tranchen sollte an solche Auflagen geknüpft werden. Im Interesse einheitlicher Durchführungsbedingungen und aus Gründen der Effizienz sollte die Kommission die Befugnis erhalten, diese Bedingungen unter Aufsicht des in der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 vorgesehenen Ausschusses der Mitgliedstaaten mit den Behörden der Republik Moldau auszuhandeln. Das Beratungsverfahren nach jener Verordnung sollte grundsätzlich in allen Fällen, die in jener Verordnung nicht genannt werden, angewandt werden. Da Hilfen von mehr als 90 Mio. EUR möglicherweise bedeutende Auswirkungen haben, sollte bei Transaktionen oberhalb dieser Grenze das Prüfverfahren angewandt werden. In Anbetracht des Umfangs der Makrofinanzhilfe der Union für die Republik Moldau sollte bei der Verabschiedung der Vereinbarung und bei jeglicher Verringerung, Aussetzung oder Einstellung der Hilfe das Prüfverfahren angewandt werden —

HABEN FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Union stellt der Republik Moldau eine Makrofinanzhilfe (im Folgenden „Makrofinanzhilfe der Union“) in Höhe von höchstens 100 Mio. EUR zur Verfügung, um die Republik Moldau bei der wirtschaftlichen Stabilisierung sowie die Durchführung eines umfassenden Reformprogramms zu unterstützen. Von diesem Höchstbetrag werden bis zu 60 Mio. EUR in Form von Darlehen und bis zu 40 Mio. EUR in Form von Zuschüssen gewährt. Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union erfolgt vorbehaltlich der Billigung des Haushaltsplans der Union für das betreffende Jahr durch das Europäische Parlament und den Rat. Mit der Finanzhilfe wird ein Beitrag zur Deckung des im IWF-Programm festgestellten Zahlungsbilanzbedarfs der Republik Moldau geleistet.

(2)   Um die Darlehenskomponente der Makrofinanzhilfe der Union zu finanzieren, wird die Kommission ermächtigt, im Namen der Union die erforderlichen Mittel auf den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstituten aufzunehmen und an die Republik Moldau weiterzuleihen. Die Laufzeit der Darlehen beträgt im Durchschnitt höchstens 15 Jahre.

(3)   Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union erfolgt durch die Kommission im Einklang mit den zwischen dem IWF und der Republik Moldau getroffenen Übereinkünften und Absprachen und mit den wichtigsten Grundsätzen und Zielen der Wirtschaftsreformen, die in dem im Rahmen des ENI vereinbarten Assoziierungsabkommen, einschließlich der vertieften und umfassenden Freihandelszone, festgelegt sind.

Die Kommission informiert das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über Entwicklungen bezüglich der Makrofinanzhilfe der Union, einschließlich über deren Auszahlungen, und stellt diesen Organen fristgerecht die einschlägigen Dokumente zur Verfügung.

(4)   Die Makrofinanzhilfe der Union wird für die Dauer von zweieinhalb Jahren ab dem ersten Tag nach Inkrafttreten der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Vereinbarung bereitgestellt.

(5)   Sollte der Finanzierungsbedarf der Republik Moldau im Zeitraum der Auszahlung der Makrofinanzhilfe der Union gegenüber den ursprünglichen Projektionen erheblich sinken, wird die Kommission die Hilfe nach dem in Artikel 7 Absatz 2 genannten Prüfverfahren kürzen oder ihre Auszahlung aussetzen oder einstellen.

Artikel 2

(1)   Eine Vorbedingung für die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union besteht darin, dass die Republik Moldau sich wirksame demokratische Mechanismen — einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems — und das Rechtsstaatsprinzip zu eigen macht und die Achtung der Menschenrechte garantiert.

(2)   Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst überprüfen die Erfüllung der Vorbedingung gemäß Absatz 1 während der gesamten Laufzeit der Makrofinanzhilfe der Union.

(3)   Die Absätze 1 und 2 dieses Artikels werden im Einklang mit dem Beschluss 2010/427/EU des Rates (4) angewandt.

Artikel 3

(1)   Die Kommission vereinbart gemäß dem in Artikel 7 Absatz 2 genannten Prüfverfahren mit den Behörden der Republik Moldau klar definierte, auf Strukturreformen und solide öffentliche Finanzen abstellende wirtschaftspolitische und finanzielle Auflagen, an die die Makrofinanzhilfe der Union geknüpft wird und die in einer Vereinbarung (im Folgenden „Vereinbarung“) festzulegen sind, die auch einen Zeitrahmen für die Erfüllung der Auflagen enthält. Die in der Vereinbarung festgelegten wirtschaftspolitischen und finanziellen Auflagen müssen mit den in Artikel 1 Absatz 3 genannten Übereinkünften und Absprachen, einschließlich mit den von der Republik Moldau mit Unterstützung des IWF durchgeführten makroökonomischen Anpassungs- und Strukturreformprogrammen, in Einklang stehen.

(2)   Mit den Auflagen nach Absatz 1 wird insbesondere bezweckt, die Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Finanzverwaltungssysteme in der Republik Moldau, auch im Hinblick auf die Verwendung der Makrofinanzhilfe der Union, zu stärken. Bei der Gestaltung der politischen Maßnahmen werden auch die Fortschritte bei der gegenseitigen Marktöffnung, der Entwicklung eines auf Regeln beruhenden und fairen Handels sowie in Bezug auf weitere außenpolitische Prioritäten der Union gebührend berücksichtigt. Die Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Ziele werden von der Kommission regelmäßig überprüft.

(3)   Die finanziellen Bedingungen der Makrofinanzhilfe der Union werden in einer zwischen der Kommission und den Behörden der Republik Moldau zu schließenden Darlehensvereinbarung und einer Zuschussvereinbarung im Einzelnen festgelegt.

(4)   Die Kommission überprüft in regelmäßigen Abständen, ob die in Artikel 4 Absatz 3 genannten Auflagen weiter erfüllt sind, darunter auch, ob die Wirtschaftspolitik der Republik Moldau mit den Zielen der Makrofinanzhilfe der Union übereinstimmt. Dabei stimmt sich die Kommission eng mit dem IWF und der Weltbank und, soweit erforderlich, mit dem Europäischen Parlament und dem Rat ab.

Artikel 4

(1)   Vorbehaltlich der in Absatz 3 festgelegten Auflagen wird die Makrofinanzhilfe der Union von der Kommission in drei Tranchen zur Verfügung gestellt, die sich jeweils aus einer Darlehens- und einer Zuschusskomponente zusammensetzen. Die Höhe der Tranchen wird in der Vereinbarung festgelegt.

(2)   Für die im Rahmen der Makrofinanzhilfe der Union gewährten Darlehen werden erforderlichenfalls Beträge nach Maßgabe der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 480/2009 des Rates (5) zurückgestellt.

(3)   Die Kommission beschließt die Freigabe der Tranchen unter dem Vorbehalt, dass sämtliche der folgenden Auflagen erfüllt sind:

a)

die in Artikel 2 genannte Vorbedingung;

b)

kontinuierliche, zufriedenstellende Erfolge bei der Durchführung eines politischen Programms, das entschlossene Anpassungs- und Strukturreformmaßnahmen vorsieht und durch einen nicht der Vorsorge dienenden Kreditmechanismus des IWF unterstützt wird; und

c)

eine zufriedenstellende Erfüllung der in der Vereinbarung festgelegten wirtschaftspolitischen und finanziellen Auflagen.

(4)   Die Freigabe der zweiten Tranche erfolgt grundsätzlich frühestens drei Monate nach Freigabe der ersten Tranche. Die Freigabe der dritten Tranche erfolgt grundsätzlich frühestens drei Monate nach Freigabe der zweiten Tranche.

(5)   Werden die in Absatz 3 genannten Auflagen nicht erfüllt, so wird die Auszahlung der Makrofinanzhilfe der Union von der Kommission zeitweise ausgesetzt oder eingestellt. In solchen Fällen teilt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat die Gründe für die Aussetzung oder Einstellung mit.

(6)   Die Makrofinanzhilfe der Union wird an die Nationalbank der Republik Moldau ausgezahlt. Vorbehaltlich der in der Vereinbarung festzulegenden Bedingungen, einschließlich einer Bestätigung des verbleibenden Haushaltsbedarfs, können die Gelder der Union an das Finanzministerium der Republik Moldau als Endbegünstigten überwiesen werden.

Artikel 5

(1)   Die Anleihe- und Darlehenstransaktionen im Zusammenhang mit der Darlehenskomponente der Makrofinanzhilfe der Union werden in Euro mit gleicher Wertstellung abgewickelt und dürfen für die Union keine Fristenänderungen mit sich bringen und sie auch nicht einem Wechselkurs- oder Zinsrisiko oder sonstigen kommerziellen Risiken aussetzen.

(2)   Wenn die Umstände es gestatten, kann die Kommission auf Ersuchen der Republik Moldau dafür Sorge tragen, dass eine Klausel über vorzeitige Rückzahlung in die Darlehensbedingungen sowie eine entsprechende Klausel in die Bedingungen der Anleihetransaktionen aufgenommen werden.

(3)   Wenn die Umstände eine Verbesserung des Darlehenszinssatzes gestatten und sofern die Republik Moldau darum ersucht, kann die Kommission beschließen, ihre ursprünglichen Anleihen ganz oder teilweise zu refinanzieren, oder die entsprechenden finanziellen Bedingungen neu festsetzen. Refinanzierungen und Neufestsetzungen erfolgen nach Maßgabe der Absätze 1 und 4 und dürfen weder zur Verlängerung der Laufzeit der betreffenden Anleihen noch zur Erhöhung des zum Zeitpunkt der Refinanzierung bzw. Neufestsetzung noch geschuldeten Kapitalbetrags führen.

(4)   Alle Kosten, die der Union durch die im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Anleihe- und Darlehenstransaktionen entstehen, gehen zulasten der Republik Moldau.

(5)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die Entwicklungen der in den Absätzen 2 und 3 genannten Transaktionen.

Artikel 6

(1)   Die Makrofinanzhilfe der Union wird im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) und der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission (7) durchgeführt.

(2)   Die Makrofinanzhilfe der Union wird im Wege der direkten Mittelverwaltung durchgeführt.

(3)   Die Darlehensvereinbarung und die Zuschussvereinbarung, die mit den Behörden der Republik Moldau zu schließen sind, enthalten Bestimmungen,

a)

die sicherstellen, dass die Republik Moldau die ordnungsgemäße Verwendung der aus dem Haushalt der Union bereitgestellten Mittel regelmäßig überprüft, geeignete Maßnahmen ergreift, um Unregelmäßigkeiten und Betrug zu verhindern, und erforderlichenfalls rechtliche Schritte einleitet, um aufgrund dieses Beschlusses bereitgestellte Mittel, die zweckentfremdet wurden, wieder einzuziehen;

b)

die den Schutz der finanziellen Interessen der Union sicherstellen, indem sie insbesondere gezielte Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und anderen Unregelmäßigkeiten, die die Makrofinanzhilfe der Union beeinträchtigen, im Einklang mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates (8), der Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates (9) und der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) vorschreiben;

c)

mit denen die Kommission, einschließlich des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung, und ihre Vertreter ausdrücklich ermächtigt werden, Kontrollen — auch Kontrollen und Überprüfungen vor Ort — durchzuführen;

d)

mit denen die Kommission und der Rechnungshof ausdrücklich ermächtigt werden, während und nach dem Zeitraum, in dem die Makrofinanzhilfe der Union bereitgestellt wird, Rechnungsprüfungen durchzuführen, darunter Dokumentenprüfungen und Rechnungsprüfungen vor Ort, wie etwa operative Bewertungen;

e)

die sicherstellen, dass die Union Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung des Darlehens und/oder auf vollständige Rückzahlung des Zuschusses hat, wenn sich die Republik Moldau im Zusammenhang mit der Verwaltung der Makrofinanzhilfe der Union nachweislich des Betrugs, der Korruption oder einer sonstigen rechtswidrigen Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union schuldig gemacht hat.

(4)   Vor der Durchführung der Makrofinanzhilfe der Union prüft die Kommission mittels einer operativen Bewertung, wie zuverlässig die für die Finanzhilfe relevanten Finanzregelungen, Verwaltungsverfahren sowie Mechanismen der internen und externen Kontrolle der Republik Moldau sind.

Artikel 7

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 8

(1)   Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat alljährlich bis zum 30. Juni einen Bericht über die Durchführung dieses Beschlusses im Vorjahr mit einer Bewertung der Durchführung. Darin

a)

prüft sie die Fortschritte bei der Durchführung der Makrofinanzhilfe der Union;

b)

bewertet sie die Wirtschaftslage und -aussichten der Republik Moldau und die Fortschritte, die bei der Durchführung der in Artikel 3 Absatz 1 genannten politischen Maßnahmen erzielt worden sind;

c)

erläutert sie den Zusammenhang zwischen den in der Vereinbarung festgelegten wirtschaftspolitischen Auflagen, der aktuellen Wirtschafts- und Finanzlage der Republik Moldau und den Beschlüssen der Kommission über die Auszahlung der einzelnen Tranchen der Makrofinanzhilfe der Union.

(2)   Spätestens zwei Jahre nach Ablauf des in Artikel 1 Absatz 4 genannten Bereitstellungszeitraums legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Ex-post-Bewertungsbericht vor, in dem sie die Ergebnisse und die Effizienz der abgeschlossenen Makrofinanzhilfe der Union bewertet und beurteilt, inwieweit diese zur Verwirklichung der angestrebten Ziele beigetragen hat.

Artikel 9

Dieser Beschluss tritt am dritten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Straßburg am 13. September 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 4. Juli 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 17. Juli 2017.

(2)  Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Moldau andererseits (ABl. L 260 vom 30.8.2014, S. 4).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(4)  Beschluss 2010/427/EU des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (ABl. L 201 vom 3.8.2010, S. 30).

(5)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 480/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 zur Einrichtung eines Garantiefonds für Maßnahmen im Zusammenhang mit den Außenbeziehungen (ABl. L 145 vom 10.6.2009, S. 10).

(6)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).

(7)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 1268/2012 der Kommission vom 29. Oktober 2012 über die Anwendungsbestimmungen für die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union (ABl. L 362 vom 31.12.2012, S. 1).

(8)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1).

(9)  Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2).

(10)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. L 248 vom 18.9.2013, S. 1).


Gemeinsame Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Angesichts der Initiativen in Bezug auf Änderungen am Wahlsystem der Republik Moldau heben das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission hervor, dass die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union an die Voraussetzung geknüpft ist, dass der Empfängerstaat sich wirksame demokratische Mechanismen, einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems und des Rechtsstaatsprinzips, zu eigen macht und die Achtung der Menschenrechte garantiert. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst überprüfen das Vorliegen dieser Voraussetzung während der gesamten Laufzeit der Makrofinanzhilfe und richten hierbei ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, dass die Behörden der Republik Moldau den Empfehlungen der einschlägigen internationalen Partner (insbesondere der Venedig-Kommission und der OSZE bzw. des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte) nachkommen.