ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 174

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

59. Jahrgang
30. Juni 2016


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2016/1031 der Kommission vom 6. November 2015 über die von Estland durchgeführten Maßnahmen SA.35956 (13/C) (ex 13/NN) (ex 12/N) zugunsten von AS Estonian Air und über die von Estland geplanten Maßnahmen SA.36868 (14/C) (ex 13/N), zugunsten von AS Estonian Air (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 7470)  ( 1 )

1

 

*

Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1032 der Kommission vom 13. Juni 2016 über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für die Nichteisenmetallindustrie (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2016) 3563)  ( 1 )

32

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

30.6.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 174/1


BESCHLUSS (EU) 2016/1031 DER KOMMISSION

vom 6. November 2015

über die von Estland durchgeführten Maßnahmen SA.35956 (13/C) (ex 13/NN) (ex 12/N) zugunsten von AS Estonian Air

und

über die von Estland geplanten Maßnahmen SA.36868 (14/C) (ex 13/N), zugunsten von AS Estonian Air

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 7470)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

gestützt auf die Beschlüsse der Kommission über die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV bezüglich der Beihilfen SA.35956 (13/C) (ex 13/NN) (ex 12/N) (1) und SA.36868 (14/C) (ex 13/N) (2),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

1.1.   Der Rettungsfall (SA.35956)

(1)

Mit Schreiben vom 3. Dezember 2012 unterrichtete Estland die Kommission über die geplante Rettungsbeihilfe zugunsten von AS Estonian Air („Estonian Air“ oder „Fluggesellschaft“) sowie über mehrere bereits erfolgte Kapitalzuführungen. Eine Zusammenkunft mit den estnischen Behörden fand am 4. Dezember 2012 statt.

(2)

Nach diesen Vorabkontakten unterrichtete Estland die Kommission am 20. Dezember 2012 unter der SANI-Nummer 7853 über die geplante Gewährung einer Rettungsbeihilfe für die Fluggesellschaft. Die Rettungsbeihilfe sollte in Form einer Darlehensfazilität in Höhe von 8,3 Mio. EUR gewährt werden.

(3)

Den von Estland vorgelegten Informationen zufolge wurde die erste Tranche des Rettungsdarlehens am 20. Dezember 2012 an Estonian Air ausgezahlt. Daher hat die Kommission diese Sache als nicht angemeldete Beihilfe (13/NN) registriert und Estland mit Schreiben vom 10. Januar 2013 über die Neueinstufung der Sache unterrichtet. Mit Schreiben vom 10. Januar 2013 hat die Kommission um weitere Informationen gebeten. Auf dieses Schreiben antwortete Estland mit Schreiben vom 21. Januar 2013.

(4)

Mit Schreiben vom 20. Februar 2013 teilte die Kommission Estland mit, dass sie beschlossen hatte, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV bezüglich der Rettungsbeihilfe im Umfang von 8,3 Mio. EUR und der bereits in der Vergangenheit gewährten Beihilfen einzuleiten.

(5)

Mit Schreiben vom 4. März 2013 unterrichtete Estland die Kommission über seinen Beschluss vom 28. Februar 2013, die Estonian Air gewährte Rettungsbeihilfe um 28,7 Mio. EUR aufzustocken. Mit Schreiben vom 16. April 2013 teilte die Kommission Estland mit, dass sie beschlossen hatte, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV auf die zusätzliche Rettungsbeihilfe auszuweiten (gemeinsam mit dem in Erwägungsgrund 4 genannten Einleitungsbeschluss („Einleitungsbeschlüsse bezüglich der Rettungsbeihilfen“)).

(6)

Mit Schreiben vom 9. April 2013 und vom 17. Mai 2013 hat Estland Stellung zu den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen genommen. Die Kommission erbat mit Schreiben vom 8. April 2013 zusätzliche Angaben von Estland. Dieses Schreiben wurde am 18. April 2013 beantwortet.

(7)

Die Einleitungsbeschlüsse bezüglich der Rettungsbeihilfen wurden am 29. Mai 2013 im Amtsblatt European Union Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (3). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den Maßnahmen Stellung zu nehmen. Bei der Kommission sind Stellungnahmen zweier Beteiligter (International Airlines Group („IAG“) und Ryanair) eingegangen. Die Kommission hat diese Stellungnahmen an Estland weitergeleitet und Estland Gelegenheit eingeräumt, auf die Stellungnahmen zu reagieren. Die Stellungnahmen Estlands gingen am 5. August 2013 ein.

1.2.   Der Umstrukturierungsfall (SA.36868)

(8)

Nach informellen Kontakten mit der Kommission hat Estland am 20. Juni 2013 unter der SANI-Nummer 8513 einen Umstrukturierungsplan einschließlich einer Rekapitalisierung der Fluggesellschaft im Umfang von 40,7 Mio. EUR angemeldet. Die Anmeldung wurde unter dem Aktenzeichen SA.36868 (13/N) registriert.

(9)

Mit Schreiben vom 16. Juli und vom 28. Oktober 2013 forderte die Kommission zusätzliche Auskünfte an, die Estland mit Schreiben vom 28. August und vom 25. November 2013 übermittelte. Weitere Informationen übermittelte Estland am 22. Dezember 2013 per E-Mail.

(10)

Außerdem ging bei der Kommission am 23. Mai 2013 eine Beschwerde von Ryanair bezüglich der von Estland geplanten Aufstockung des Kapitals der Estonian Air und eines Sale-and-Lease-back-Vertrags ein, den Estonian Air und der Flughafen Tallinn für ein im Eigentum der Fluggesellschaft stehendes Bürogebäude geschlossen haben. Am 25. Juni 2013 leitete die Kommission die Beschwerde an Estland weiter. Die Stellungnahme Estlands ging mit Schreiben vom 5. August 2013 ein (4).

(11)

Mit Schreiben vom 4. Februar 2014 unterrichtete die Kommission Estland über ihren Beschluss zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe („Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe“) (5).

(12)

Mit Schreiben vom 19. März 2014 übermittelte Estland eine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe. Am 7. Mai 2014 fand ein Gespräch mit Estland und mit Estonian Air statt, und am 30. Juni 2014 wurde eine Telefonkonferenz durchgeführt. Außerdem erfolgte am 28. August 2014 ein Gespräch mit Estland und mit dem Rechtsvertreter Estlands. Nach diesem Gespräch übermittelte Estland am 10. September 2014 weitere Informationen per E-Mail.

(13)

Am 31. Oktober 2014 legte Estland einen geänderten Umstrukturierungsplan vor. Weitere Gespräche mit Estland fanden am 23. November, 11. Dezember und 19. Dezember 2014 statt, und am 3., 10. und 19. Dezember 2014 übermittelte Estland weitere Informationen.

(14)

Weitere Informationen legte Estland zudem am 14., 27. und 28. Januar, am 13. Februar, am 11. März, am 8. und 30. April, am 27. Mai, am 17. Juli und am 26. August 2015 vor. Weitere Gespräche mit Estland erfolgten am 14. und 15. Januar, am 27. März, am 21. April (Telefonkonferenz), am 7. Mai (Telefonkonferenz), am 28. Mai und am 15. September 2015.

(15)

Der Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe wurde am 9. Mai 2014 im Amtsblatt European Union Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (6). Die Kommission hat die Beteiligten zur Stellungnahme zu den Maßnahmen aufgefordert. Bei der Kommission sind Stellungnahmen von zwei Beteiligten (von Ryanair und von einem weiteren Beteiligten, der anonym bleiben möchte) eingegangen. Die Kommission hat diese Stellungnahmen an Estland weitergeleitet und Estland Gelegenheit eingeräumt, auf die Stellungnahmen zu reagieren. Die Stellungnahmen Estlands gingen am 15. August 2014 ein.

(16)

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2015 teilte Estland der Kommission mit, dass es ausnahmsweise akzeptiere, dass dieser Beschluss in englischer Sprache angenommen und mitgeteilt werde. Damit verzichtete Estland auf seine Rechte nach Artikel 342 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 Verordnung 1 (7).

2.   DER ESTNISCHE LUFTVERKEHRSMARKT

(17)

Der Flughafen Tallinn ist der wichtigste Flughafen Estlands. Im Jahr 2013 wurden dort 1,96 Mio. Fluggäste abgefertigt. Dies waren 11,2 % weniger Fluggäste als im Jahr 2012 (2,21 Mio. Fluggäste). 2013 boten 13 Fluggesellschaften Linienflüge von und nach Tallinn an. Insgesamt wurden in diesem Jahr 2013 Strecken bedient (8). Im Jahr 2014 erhöhte sich die Anzahl der Fluggäste am Flughafen Tallinn auf 2,02 Mio. Dies war eine Zunahme um 3 % gegenüber dem Jahr 2013. 15 Fluggesellschaften boten ganzjährig 20 Strecken an (9).

(18)

2013 flogen 27,6 % aller Fluggäste von Estonian Air über Tallinn; dies war gegenüber 2012 ein Rückgang um 40,2 %. Allerdings konnte der Flughafen Tallinn seine führende Stellung behaupten. Ryanair und Lufthansa beförderten im Jahr 2013 15,1 % bzw. 10,5 % der Fluggäste auf Flügen von und nach Tallinn. Danach folgten mit geringem Abstand Finnair und airBaltic (10). 2014 ging der Anteil von Estonian Air am gesamten Fluggastaufkommen auf 26,6 % zurück. Danach folgten Lufthansa mit einem Anteil von 13,4 % und Ryanair mit einem Anteil von 11,5 % (11).

(19)

Aufgrund der Stabilität der estnischen Wirtschaft im Jahr 2013 bestand eine unverändert hohe Nachfrage nach Flügen. Dadurch konnten auch andere Fluggesellschaften ihre Angebote ausweiten und ihre Marktanteile steigern (12). Seit 2013 bietet Turkish Airlines Flüge von und nach Istanbul an, und Ryanair nahm sieben neue Strecken auf. Lufthansa und airBaltic erhöhten ihre Frequenzen. Seit 2014 bieten weitere Fluggesellschaften Flüge ab Tallinn an, beispielsweise TAP Portugal (nach und von Lissabon) und Vueling (nach und von Barcelona) (13).

(20)

Der Betreiberin des Flughafens Tallinn zufolge kann ganz Estland als Einzugsgebiet dieses Flughafens betrachtet werden. Gleichzeitig liegt Estland größtenteils auch im Einzugsgebiet anderer internationaler Flughäfen (z. B. Helsinki, Riga und Sankt Petersburg) (14).

3.   DAS BEGÜNSTIGTE UNTERNEHMEN

(21)

Die staatliche estnische Fluggesellschaft Estonian Air ist eine Aktiengesellschaft nach estnischem Recht mit Sitz am Flughafen Tallinn. Zurzeit sind am Flughafen etwa 160 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Fluggesellschaft betreibt eine Flotte von sieben Flugzeugen.

(22)

Estonian Air war ursprünglich ein Geschäftsbereich der russischen Fluggesellschaft Aeroflot und wurde nach der Unabhängigkeit Estlands im Jahr 1991 in ein in Staatseigentum stehendes Unternehmen umgewandelt. Nach Privatisierungsmaßnahmen und anschließenden Änderungen der Beteiligungsstruktur des Unternehmens steht Estonian Air gegenwärtig im Eigentum des Staates Estland (97,34 %) und der SAS Group („SAS“) (2,66 %).

(23)

Estonian Air ist mit 51 % an dem Gemeinschaftsunternehmen Eesti Aviokütuse Teenuste AS beteiligt. Diese Gesellschaft betankt Flugzeuge am Flughafen Tallinn. Außerdem war Estonian Air mit einem Anteil von 60 % am Gemeinschaftsunternehmen AS Amadeus Eesti beteiligt. Dieses Unternehmen stellt Buchungssysteme für Reisebüros zur Verfügung und erbringt Unterstützungsleistungen. Anfang 2014 wurde diese Beteiligung an Amadeus IT Group, S.A. veräußert (15). Estonian Air hatte zudem eine 100%ige Tochter (AS Estonian Air Regional), die in Zusammenarbeit mit Estonian Air gewerbliche Flüge zu benachbarten Zielflughäfen anbot. Diese Tochter wurde im Juni 2013 an den privaten Flugzeugbetreiber Fort Aero BBAA OÜ veräußert (16).

(24)

Estonian Air verzeichnet seit 2006 erhebliche Verluste. In den Jahren 2010 und 2011 ist das Gesellschaftskapital von Estonian Air um mehr als die Hälfte zurückgegangen. In diesem Zeitraum verlor die Fluggesellschaft mehr als ein Viertel ihres Kapitals.

(25)

Trotz der Kapitalzuführungen in den Jahren 2011 und 2012 verschlechterte sich die finanzielle Lage der Fluggesellschaft auch 2012. Im Mai 2012 belief sich der monatliche Verlust auf 3,7 Mio. EUR. Erwartet wurde ein Verlust von 0,9 Mio. EUR. Im ersten Halbjahr 2012 beliefen sich die Verluste von Estonian Air auf 14,9 Mio. EUR (17). Im Juni 2012 korrigierte Estonian Air seine Prognose für 2012 und veranschlagte den Betriebsverlust für das Jahr 2012 auf 25 Mio. EUR. (Ursprünglich wurde von einem Jahresverlust von 8,8 Mio. EUR ausgegangen.) Ende Juli 2012 hatte Estonian Air nach estnischem Recht den Zustand des technischen Konkurses erreicht. Insgesamt lag der Verlust im Geschäftsjahr 2012 bei 49,2 Mio. EUR.

(26)

2013 betrug der Nettoverlust von Estonian Air 8,1 Mio. EUR (18). 2014 belief sich der Nettoverlust auf 10,4 Mio. EUR (19).

4.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN UND DES UMSTRUKTURIERUNGSPLANS

(27)

In diesem Abschnitt werden die zu prüfenden Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Rettungsfall (SA.35956, Maßnahmen 1 bis 5) und bezüglich des im Umstrukturierungsfall (SA.36868) angemeldeten Umstrukturierungsplans beschrieben.

4.1.   Die Kapitalzuführung im Jahr 2009 (Maßnahme 1)

(28)

Der Flughafen Tallinn und die Fluggesellschaft waren ein einziges Unternehmen, bis die Fluggesellschaft im Jahr 1993 als unabhängiges Unternehmen ausgelagert wurde. 1996 veräußerte Estland 66 % des Gesellschaftskapitals der Fluggesellschaft an private Kapitalgeber. Nach der Privatisierung gestalteten sich die Beteiligungen wie folgt: 49 % Maersk Air, 34 % Estnisches Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation und 17 % Cresco Investment Bank („Cresco“), eine lokale Investmentbank. 2003 erwarb SAS die 49%ige Beteiligung von Maersk Air. Die übrigen Beteiligungen blieben unverändert.

(29)

Nach Auskunft Estlands bemühte sich die Fluggesellschaft 2009 hauptsächlich aus zwei Gründen um eine Kapitalaufstockung durch ihre Aktionäre. Erstens hatte Estonian Air Anfang 2008 eine Baranzahlung in Höhe von […] (*) Mio. EUR für den Kauf dreier neuer Bombardier-Regionalflugzeuge geleistet, um die Leistungsfähigkeit der Flotte zu erhöhen. Zweitens war deutlich geworden, dass das Geschäftsmodell unter der Belastung durch die Finanzkrise nicht funktionierte, und am Jahresende sah sich die Fluggesellschaft mit Finanzproblemen konfrontiert.

(30)

Im Februar 2009 stockten alle Anteilseigner das Gesellschaftskapital der Fluggesellschaft entsprechend ihren jeweiligen Beteiligungen um insgesamt 7,28 Mio. EUR auf. Estland nahm eine Kapitalzuführung unter Bereitstellung von Barmitteln im Umfang von 2,48 Mio. EUR vor, und Cresco brachte Barmittel in Höhe von 1,23 Mio. EUR ein. SAS erhöhte die Beteiligung um insgesamt 3,57 Mio. EUR; davon wurden 1,21 Mio. EUR als Barmittel und 2,36 Mio. EUR durch die Umwandlung eines Darlehens in eine Beteiligung eingebracht. Maßnahme 1 hatte keine Auswirkungen auf die Beteiligungsstruktur von Estonian Air.

4.2.   Die Veräußerung der Bodenabfertigung im Jahr 2009 (Maßnahme 2)

(31)

Im Juni 2009 veräußerte Estonian Air die Bodenabfertigungssparte zu einem Preis von 2,4 Mio. EUR an den staatlichen Flughafen Tallinn. Zum Zeitpunkt der Veräußerung stand der Flughafen Tallinn zu 100 % im Eigentum des Staates Estland.

(32)

Estland zufolge wurde keine öffentliche, transparente und bedingungsfreie Ausschreibung durchgeführt. Außerdem stützte sich der Verkaufspreis nicht auf ein Sachverständigengutachten, sondern beruhte auf dem Buchwert der zu veräußernden Vermögenswerte. Abgeschriebene Vermögenswerte wurden wertmäßig berücksichtigt. Estland zufolge wurde der Preis in direkten Verhandlungen zwischen dem Flughafen Tallinn und Estonian Air ermittelt.

4.3.   Die Kapitalzuführung im Jahr 2010 (Maßnahme 3)

(33)

Am 10. November 2010 stockte Estland das Kapital von Estonian Air mit Barmitteln in Höhe von 17,9 Mio. EUR (280 Mio. EEK) auf, und SAS wandelte ein Darlehen im Umfang von 2 Mio. EUR in eine Beteiligung um. Gleichzeitig übernahm SAS die 17%ige Beteiligung von Cresco an der Fluggesellschaft als Abschreibung eines Darlehens in Höhe von […] EUR, das Cresco SAS gewährt hatte. Damit erlosch die Beteiligung von Cresco an Estonian Air.

(34)

Die Entscheidung über den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der Fluggesellschaft wurde aufgrund eines Geschäftsplans aus dem Jahr 2010 („Geschäftsplan von 2010“) getroffen. Gleichzeitig wollte Estland Flugverbindungen zwischen Tallinn und den Business-Destinationen langfristig sicherstellen und betrachtete die durch eine Kapitalzuführung zu erlangende Kontrolle über die Fluggesellschaft als bestes Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels.

(35)

Das Kapital wurde offenbar für Vorauszahlungen in Höhe von […] Mio. USD für drei im Jahr 2011 gelieferte Flugzeuge des Typs CRJ900 von Bombardier sowie teilweise zur Deckung des Nettoverlustes von 17,3 Mio. EUR im Jahr 2011 verwendet.

(36)

Infolge der Kapitalzuführung im Jahr 2010 wurde Estland mit einer Beteiligung von 90 % Mehrheitseigner von Estonian Air; die Beteiligung von SAS ging auf 10 % zurück. Wie in Erwägungsgrund 33 erläutert, hatte Cresco — das seit der Privatisierung von Estonian Air im Jahr 1996 mit 17 % am Gesellschaftskapital des Unternehmens beteiligt war — seine Beteiligung aufgegeben und entschieden, nicht mehr in die Gesellschaft zu investieren (20).

4.4.   Die Kapitalzuführungen in den Jahren 2011/2012 (Maßnahme 4)

(37)

Im November 2011 entschied Estland, das Gesellschaftskapital von Estonian Air um 30 Mio. EUR aufzustocken und seine Beteiligung auf 97,34 % zu erhöhen. Die Kapitalzuführung wurde in zwei Tranchen von jeweils 15 Mio. EUR am 20. Dezember 2011 und am 6. März 2012 vorgenommen. SAS hatte sich an dieser Kapitalzuführung nicht beteiligt; daher ging die Beteiligung von SAS von 10 % auf 2,66 % zurück. Seit diesem Zeitpunkt hat sich die Beteiligungsstruktur von Estonian Air nicht geändert.

(38)

Die Kapitalzuführung wurde offenbar nach Maßgabe eines Geschäftsplans vom Oktober 2011 („Geschäftsplan von 2011“) vorgenommen. Der Geschäftsplan von 2011 beruhte auf der Annahme, dass ein größeres Netz und höhere Frequenzen die Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaft verbessern würden. Es wurde davon ausgegangen, dass eine gute Drehkreuzstruktur (Hub-and-Spoke-Netz) dazu beitragen würde, Fluggäste zu gewinnen und eine flexiblere Handhabung des Verkehrsaufkommens zu ermöglichen, um auf saisonale Schwankungen oder plötzliche Nachfrageänderungen reagieren zu können. Außerdem wurde angenommen, dass das Verkehrsaufkommen des Drehkreuzes den Einsatz größerer Flugzeuge und damit eine Senkung der Sitzplatzkosten ermöglichen würde. Das Regionalnetz-Modell sollte dafür sorgen, dass die Fluggesellschaft expandieren könnte und die Risiken gesenkt würden. Außerdem sah der Geschäftsplan von 2011 mehr Verbindungen von und nach Estland sowie eine Ausweitung der Flotte und entsprechend einen höheren Personalbestand für die Bewältigung einer größeren Anzahl an Hin- und Rückflügen vor.

(39)

Nach dem Geschäftsplan von 2011 sollte Estonian Air 30 Mio. EUR von seinen Anteilseignern und ein Darlehen der Privatbank […] benötigen. Obwohl der Kreditausschuss der estnischen Niederlassung der Bank das Darlehen angeblich bereits bewilligt hatte, wurde das Darlehen im November 2011 vom höchsten Kreditausschuss […] schließlich doch verweigert. Ungeachtet der Verweigerung des Darlehens entschied Estland, Estonian Air 30 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen.

4.5.   Das Rettungsdarlehen (Maßnahme 5)

(40)

Angesichts der schlechten Ergebnisse von Estonian Air Mitte 2012 (Defizit von 14,9 Mio. EUR) erkannte das Management der Fluggesellschaft, dass sich die Drehkreuz-Strategie des Geschäftsplans von 2011 nicht bewährt hatte. In diesem Zusammenhang entschied Estland, der Fluggesellschaft weitere Unterstützung in Form einer Rettungsbeihilfe zu gewähren.

(41)

Die Rettungsbeihilfe bestand aus einem Darlehen in Höhe von 8,3 Mio. EUR, das vom estnischen Ministerium der Finanzen für einen jährlichen Zinssatz von 15 % bereitgestellt wurde. Eine erste Rate des Darlehens in Höhe von 793 000 EUR wurde bereits am 20. Dezember 2012 ausgezahlt. Am 18. Januar 2013 erfolgte die zweite Auszahlung in Höhe von 3 Mio. EUR, und die letzte Rate in Höhe von 4,507 Mio. EUR wurde am 11. Februar 2013 ausgezahlt (21). Estland verpflichtete sich, der Kommission einen Umstrukturierungs- oder Liquidierungsplan oder einen Nachweis dafür vorzulegen, dass das Darlehen spätestens sechs Monate nach der erstmaligen Gewährung der Rettungsbeihilfe (d. h. bis zum 20. Juni 2013) vollständig zurückgezahlt wurde.

(42)

Am 4. März 2013 teilte Estland der Kommission mit, dass es am 28. Februar 2013 entschieden hatte, die Estonian Air gewährte Rettungsbeihilfe um 28,7 Mio. EUR aufzustocken, nachdem Estonian Air in einem Antrag den bestehenden Liquiditätsbedarf beschrieben hatte. Von diesem Betrag wurden der Fluggesellschaft am 5. März 2013 nach Unterzeichnung eines Nachtrags zur früheren Darlehensvereinbarung 16,6 Mio. EUR ausgezahlt. Die übrigen 12,1 Mio. EUR der Rettungsbeihilfe wurden Estonian Air am 28. November 2014 bereitgestellt (22). Die Bedingungen des zusätzlichen Rettungsdarlehens waren identisch mit den Bedingungen des ursprünglichen Rettungsdarlehens, d. h. das Darlehen sollte ursprünglich spätestens zum 20. Juni 2013 zurückgezahlt werden (nach der Anmeldung des Umstrukturierungsfalls würde die Rückzahlung allerdings verschoben), und der Zinssatz sollte 15 % p.a. betragen.

(43)

Insgesamt belief sich das Rettungsdarlehen damit auf 37 Mio. EUR. Dieses Darlehen wurde Estonian Air in mehreren Tranchen (siehe Erwägungsgründe 40 und 41) vollständig ausgezahlt.

(44)

Am 5. Dezember 2013 entschied Estland auf Antrag von Estonian Air, den Zinssatz des Rettungsdarlehens zum Juli 2013 von ursprünglich 15 % auf 7,06 % zu reduzieren. Estland begründete diese Entscheidung damit, dass sich das Risikoprofil der Fluggesellschaft gegenüber der Situation zum Zeitpunkt der Festlegung des ursprünglichen Zinssatzes im Dezember 2012 geändert habe.

4.6.   Die angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe und der Umstrukturierungsplan (Maßnahme 6)

(45)

Am 20. Juni 2013 meldete Estland eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 40,7 Mio. EUR an, die Estonian Air in Form einer Kapitalzuführung nach Maßgabe eines Umstrukturierungsplans („Umstrukturierungsplan“) für eine 5-jährige Umstrukturierungsphase (2013-2017) gewährt werden sollte.

4.6.1.   Wiederherstellung der Rentabilität bis 2016

(46)

Nach dem Umstrukturierungsplan soll die langfristige Rentabilität von Estonian Air bis 2016 wiederhergestellt werden. Der Umstrukturierungsplan geht davon aus, dass das aktuelle Ergebnis vor Steuern („EBT“) in Höhe von –49,2 Mio. EUR im Jahr 2012 derart verbessert werden kann, dass die Gesellschaft im Jahr 2015 die Gewinnschwelle erreichen und 2016 wieder einen Gewinn erwirtschaften wird. Dem Umstrukturierungsplan zufolge soll Estonian Air bis 2016 ein EBT von 1,3 Mio. EUR erzielen.

Tabelle 1

Gewinne und Verluste 2009-2017

(in Mio. EUR)

 

2009

2010

2011

2012

2013(f)

2014(f)

2015(f)

2016(f)

2017(f)

Einnahmen

62,759

68,583

76,514

91,508

71,884

73,587

76,584

78,790

80,490

EBITDA (23)

2,722

3,181

(6,830)

(10,037)

6,510

8,454

9,918

10,000

10,813

EBT

(4,434)

(2,617)

(17,325)

(49,218)

(7,052)

(1,577)

(0,002)

1,296

2,031

EBT-Marge

(7 %)

(4 %)

(23 %)

(54 %)

(10 %)

(2 %)

(0 %)

2  %

3  %

Summe Eigenkapital

7,931  (24)

23,958

36,838

(14,683)

18,964

17,387

17,385

18,681

20,712

(47)

Hinsichtlich der Rentabilität ist festzustellen, dass der Umstrukturierungsplan eine Kapitalrendite (ROCE = Return On Capital Employed) von 6,2 % und eine Eigenkapitalrendite (ROE = Return on Equity) von 6,9 % bis 2016 bzw. von 9,8 % und 8,9 % bis 2017 vorsieht.

Tabelle 2

Prognosen ROE und ROCE 2013-2017

(in Mio. EUR) (%)

 

2013

2014

2015

2016

2017

ROE

(37,2)

(9,1)

(0,0)

6,9

9,8

ROCE

(6,6)

0,8

7,1

6,2

8,9

4.6.2.   Umstrukturierungsmaßnahmen

(48)

Um die angestrebten Ergebnisse zu erreichen, sieht der Umstrukturierungsplan mehrere wesentliche Maßnahmen vor. Estonian Air soll beispielsweise seine Flotte von elf Flugzeugen im Dezember 2012 auf nur noch sieben Flugzeuge ab August 2013 reduzieren. Außerdem soll die Fluggesellschaft Rationalisierungsmaßnahmen hinsichtlich der Flotte durchführen: Die ursprüngliche Flotte (mit vier Embraer E170, drei Bombardier CRJ900, drei Saab 340 und einer Boeing 737) soll so umstrukturiert werden, dass ab Ende 2015 nur noch sieben Flugzeuge eines einzigen Typs (CRJ900) im Einsatz sind. Von diesen sieben Flugzeugen sollen fünf zur Bedienung des eigenen Streckennetzes eingesetzt und die übrigen beiden vermietet („Wet-Lease“) oder im Rahmen von Charter-Verträgen zur Verfügung gestellt werden.

(49)

Estonian Air hat sein Streckennetz von 24 Strecken im Jahr 2012 auf nur noch zwölf Strecken reduziert, von denen zwei zudem nur saisonal bedient werden (25). Als Ausgleichsmaßnahme wurden also zwölf Strecken aufgegeben (siehe Tabelle 4). Die Verkleinerung des Streckennetzes ging mit einem Kapazitätsabbau um 37 % (ASK) (26) bzw. um 35 % (gemessen an der Anzahl der angebotenen Sitze) einher. (Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2013 im Vergleich zum Jahr 2012.) Außerdem reduzierte Estonian Air auf den als Hauptstrecken beibehaltenen Strecken das Sitzplatzkilometerangebot um 23 %.

(50)

Estonian Air hat den Personalbestand bereits von 337 Mitarbeitern im April 2012 auf 197 Mitarbeiter im März 2013 und schließlich auf gegenwärtig etwa 160 Mitarbeiter abgebaut. Diese Reduzierung geht noch über die ursprünglich vorgesehene Personalkürzung auf 164 Mitarbeiter hinaus. Außerdem hat Estonian Air ein Bürogebäude und einen Hangar an den Flughafen Tallinn verkauft.

(51)

Dem Umstrukturierungsplan zufolge plant Estonian Air auch die Einführung eines neuen Preismodells (weniger Buchungsklassen/Preisgruppen und einfachere Flugpreisregelungen sowie Aufschlüsselung von Produkten zur Erzielung höherer Nebeneinnahmen) und verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der angebotenen Leistungen (einschließlich der Vertriebswege). Insbesondere sollen Einnahmen aus Vermarktungskampagnen — vorwiegend über digitale Kanäle — von [200 000-500 000] EUR im Jahr 2013 auf [1,5-2,5] Mio. EUR im Jahr 2017 gesteigert werden. Auch durch die neue Online-Servicegebühr sollen die Einnahmen von [200 000-500 000] EUR im Jahr 2013 auf [1-2] Mio. EUR im Jahr 2017 steigen. Mit diesen Maßnahmen sollen die Einnahmen im Laufe der nächsten fünf Jahre um [10-20] Mio. EUR erhöht werden.

(52)

Nach dem Umstrukturierungsplan beabsichtigt Estonian Air ferner mehrere Maßnahmen zur Kostensenkung (u. a. die Unterzeichnung einer Tarifvereinbarung über Gehaltserhöhungen, Urlaubsregelungen und die Arbeitszeiten von Piloten, die Einführung eines multifunktionalen Mitarbeiterkonzepts, insbesondere für den Back-Office-Bereich, effizientere Treibstoffnutzung durch Optimierung des Flugbetriebs (u. a. durch reduzierten Startschub und durch Feinabstimmung sowie durch geringere Vertriebskosten und Provisionen), Effizienzvorteile durch die Beschränkung auf einen einzigen Flugzeugtyp und Neuverhandlung von Verträgen z. B. über Bodenabfertigung, Catering und Flughafengebühren). Mit diesen Maßnahmen sollen die Erträge im Laufe der nächsten fünf Jahre um [20-30] Mio. EUR gesteigert werden.

(53)

Darüber hinaus sieht der Umstrukturierungsplan eine Umstrukturierung des leitenden Managements der Fluggesellschaft vor.

4.6.3.   Ausgleichsmaßnahmen

(54)

Im Rahmen der Umstrukturierung hat Estonian Air den Betrieb auf insgesamt zwölf Strecken eingestellt; die Streichungen wurden als Ausgleichsmaßnahmen bezeichnet. Außerdem wird im Umstrukturierungsplan betont, dass die Freigabe der Zeitnischen in London Gatwick (LGW), Helsinki (HEL) und Wien (VIE) als Ausgleichsmaßnahme zu betrachten sei, da es sich bei diesen Flughäfen um koordinierte Flughäfen (d. h. Flughäfen mit Kapazitätsbeschränkungen) handele.

Tabelle 3

Als Ausgleichsmaßnahmen aufgegebene Strecken

(%)

Ziel

Ladefaktor (2012)

Deckungsbeitrag 1 (27) (2012)

Deckungsbeitrag DOC (28) (2012)

Gewinnspanne (2012)

Aufgegebene Kapazität in ASK (% der Gesamtkapazität vor der Umstrukturierung)

Hannover (HAJ)

66

82

–18

–67

2

Helsinki (HEL)

54

60

–64

– 126

1

Joensuu (JOE)

60

77

–35

– 111

0

Jyväskylä (JYV)

53

76

–40

– 117

0

Kajaani (KAJ)

42

75

–82

– 168

0

Riga (RIX)

45

59

– 143

– 310

1

London Gatwick (LGW)

80

85

–1

–36

5

Tartu (TAY)

42

62

– 100

– 183

1

Tiflis (TBS)

76

84

–27

–89

4

Kuressaare (URE)

33

86

8

–36

0

Venedig (VCE)

87

84

10

–35

1

Wien (VIE)

71

84

–13

–59

3

4.6.4.   Eigenbeitrag

(55)

Nach dem Umstrukturierungsplan sollte sich der Eigenbeitrag wie folgt zusammensetzen: 27,8 Mio. EUR aus dem für das Jahr 2015 vorgesehenen Verkauf von drei Flugzeugen, 7,5 Mio. EUR aus der Veräußerung von Immobilien, 2 Mio. EUR aus dem Verkauf sonstiger nicht zum Kerngeschäft gehöriger Vermögenswerte und 0,7 Mio. EUR aus von […] zu gewährenden neuen Darlehen. Bezogen auf die Gesamtkosten der Umstrukturierung in Höhe von 78,7 Mio. EUR sollte der Eigenbeitrag (insgesamt 38 Mio. EUR) einem Anteil von 48,3 % entsprechen. Der verbleibende Anteil der Umstrukturierungskosten sollte aus der von Estland gewährten Umstrukturierungsbeihilfe von 40,7 Mio. EUR als Beteiligungskapital aufgebracht werden. Ein Teil dieser Mittel sollte zur Rückzahlung des Rettungsdarlehens verwendet werden.

4.6.5.   Risiko- und Szenarioanalyse

(56)

Der Umstrukturierungsplan sieht eine Szenarioanalyse vor, in der neben dem Grundfall, der dem Umstrukturierungsplan zugrunde liegt, auch ein Bestfall („High Case“) und ein Schlimmstfall („Low Case“) berücksichtigt werden. Der Bestfall geht von einer jährlichen Steigerung des BIP in Europa um 5 % und einer Zunahme der Nebeneinnahmen um 7 Mio. EUR infolge einer besseren Produktpositionierung sowie einer Zunahme der Fluggastzahlen um durchschnittlich 5 % aus. Nach dem Umstrukturierungsplan sollte ein positives EBT im Bestfall bereits 2014 erreicht werden. Der Schlimmstfall ging von der Annahme aus, dass das BIP in Europa bis 2017 weiterhin nur langsam wachsen würde und dass die Fluggastzahlen um 12 % zurückgehen würden. Die nachteiligen Folgen des Rückgangs der Fluggastzahlen sollten jedoch durch verschiedene Maßnahmen des Managements abgefedert werden: die Reduzierung der Frequenzen von Hin- und Rückflügen um 10 %, die Erhöhung der Ticketpreise um 1 %, die Steigerung der Nebeneinnahmen von 4,5 EUR/Fluggast im Jahr 2015 auf 6,5 EUR/Fluggast im Jahr 2017, die Senkung der Beratungskosten und sonstiger Abteilungskosten um 10 % und den weiteren Abbau des Bordpersonals (5 Piloten und 5 Flugbegleiter im Zeitraum 2014-2016). In Verbindung mit den Abhilfemaßnahmen gegen Wettbewerbsverfälschungen sollte sich im Schlimmstfall ein geringes positives EBT im Jahr 2017 ergeben; der Nettogeldfluss vor der Finanzierung würde jedoch immer noch negativ sein. Dem Umstrukturierungsplan zufolge sollte in keinem Fall eine zusätzliche Finanzierung erforderlich sein.

Tabelle 4

Szenarioanalyse 2013-2017

(in Mio. EUR)

 

 

2013

2014

2015

2016

2017

Bestfall

EBT

[(8)-(7)]

[0-1]

[3-4]

[6-7]

[9-10]

Nettogeldfluss vor der Finanzierung

[(10)-(9)]

[7-8]

[6-7]

[5-6]

[8-9]

Schlimmstfall

EBT

[(8)-(7)]

[(4)-(3)]

[(3)-(2)]

[(1)-0]

[0-1]

Nettogeldfluss vor der Finanzierung

[(10)-(9)]

[2-3]

[1-2]

[(1)-0]

[(1)-0]

(57)

Außerdem war im Umstrukturierungsplan eine Sensitivitätsanalyse für den Grundfall unter Berücksichtigung der folgenden ausgewählten Faktoren vorgesehen: Reduzierung der Ertragsziele um 5 % bzw. 10 %, Rückgang der Fluggastzahlen um 5 %, Anstieg der Treibstoffkosten um 5 % bzw. 10 %, Reduzierung des vorgesehenen Verkaufspreises für die im Jahr 2015 zu verkaufenden Flugzeuge (siehe Erwägungsgrund 55) um 5 % bzw. um 10 % und 5%ige Aufwertung und entsprechende Verschlechterung des Wechselkurses USD/EUR. Im Umstrukturierungsplan werden die Auswirkungen der Faktoren auf die Wiederherstellung der Rentabilität der Fluggesellschaft jeweils einzeln untersucht. Aufgrund dieser Untersuchung wird festgestellt, dass bei allen Szenarien (mit Ausnahme des Szenariums mit dem 5%igen Anstieg des Wechselkurses USD/EUR) zusätzliche Finanzmittel in Höhe von zwischen [1-10] und [30-40] Mio. EUR benötigt würden. Bei den meisten Szenarien würde außerdem die Gewinnschwelle bis zum Ende der vorgesehenen Umstrukturierungsphase (d. h. bis 2017) nicht erreicht.

4.7.   Der geänderte Umstrukturierungsplan vom 31. Oktober 2014

(58)

Am 31. Oktober 2014 legte Estland einen erheblich geänderten Umstrukturierungsplan vor. Die Änderungen betreffen insbesondere die folgenden Punkte:

(1)

die geplante Übernahme von Estonian Air durch einen privaten Kapitalgeber, die estnische Investmentgruppe Infortar (29), die bis […] 2015 eine Beteiligung im Umfang von […] % von Estland erwerben soll;

(2)

Verlängerung der Umstrukturierungsphase von fünf auf über sechs Jahre, wobei der Beginn von 2013 auf den November 2010 und das Ende von Ende 2017 auf November 2016 zurückverlegt wurde;

(3)

ein geänderter Geschäftsplan, der die Privatisierung und vorgesehene Synergien mit dem (teilweise im Eigentum von Infortar stehenden) Fährschiff-Betreiber berücksichtigt, sowie weitere Anpassungen infolge neuer Entwicklungen (Ukraine-Krise, wettbewerbsbedingt unerwartet geringere Fluggastzahlen auf einigen Strecken usw.).

(59)

Da der Beginn der Umstrukturierungsphase auf November 2010 vorverlegt wurde, werden im Umstrukturierungsplan auch die Kapitalzuführungen von 2010 (Maßnahme 3) und 2011/2012 (Maßnahme 4) als Umstrukturierungsbeihilfen betrachtet. Die Summe der Umstrukturierungsbeihilfen erhöhte sich damit von 40,7 Mio. EUR (wie im ursprünglichen Umstrukturierungsplan vorgesehen) auf 84,7 Mio. EUR.

(60)

Infolge der Verlängerung der Umstrukturierungsphase und der geplanten Beteiligung eines privaten Kapitalgebers im Jahr 2015 umfasst der geänderte Umstrukturierungsplan drei Geschäftsstrategien, die jeweils auf eigenen aktuellen Geschäftsplänen beruhen:

(1)

2011 bis April 2012: Strategie zur Erweiterung und Entwicklung einer Gesellschaft für den Betrieb eines regionalen Drehkreuzes (zu einem großen Teil durch die beiden staatlichen Kapitalzuführungen der Maßnahmen 3 und 4 finanziert und beruhend auf einem Plan des Managements, das nach der im November 2010 erfolgen staatlichen Übernahme einer 90%igen Beteiligung an Estonian Air neu benannt worden war; diese Strategie sieht u. a. Folgendes vor:

(a)

Erweiterung der Flotte von acht auf elf Flugzeuge (sowie zwei weitere Bestellungen);

(b)

Ausbau von Tallinn zu einem regionalen Drehkreuz mit einer erheblich größeren Anzahl an Strecken (Ausweitung von 13 Strecken im März 2011 auf 24 Strecken im September 2012);

(c)

Aufstockung des Personalbestands von 255 auf 337.

(2)

April 2012 bis 2014: Strategie zum Kapazitätsabbau und zur Änderung des Geschäftsmodells hin zum Betrieb eines regionalen Punkt-zu-Punkt-Netzes, das sich auf eine begrenzte Anzahl an Hauptstrecken konzentriert; unter anderem waren folgende Maßnahmen vorgesehen:

(a)

Reduzierung der Flotte von elf auf sieben Flugzeuge;

(b)

Reduzierung der bedienten Strecken von 24 auf zwölf;

(c)

Personalabbau von 337 auf 164 Mitarbeiter;

(d)

Ablösung des früheren CEO und des Managements.

(3)

2015-2016: Strategie, nach der der Einstieg eines privaten Kapitalgebers, Synergien mit dem Fährschiffbetreiber Tallink und weitere Anpassungen unter Berücksichtigung des rückläufigen Betriebsergebnisses im Jahr 2014 vorgesehen waren:

(a)

weitere Konzentration auf [5-15] Hauptstrecken, allerdings unter Erhöhung der Anzahl saisonaler Strecken von [1-5] auf [5-10] bis 2016;

(b)

Ergänzung der gegenwärtig betriebenen sieben Flugzeuge durch […] kleinere Regionalflugzeuge des Typs ATR42s (Wet-Leasing) für die zusätzlichen saisonalen Strecken;

(c)

Nutzung von Synergien mit dem privaten Kapitalgeber und seinen Tochtergesellschaften (Fährschiffgesellschaft Tallink, Hotels, Taxidienste usw.) bei Einnahmen und Kosten.

(61)

Estland erläutert, dass die Umstrukturierungsphase von November 2010 bis November 2016, d. h. von der Übernahme der 90%igen Beteiligung an Estonian Air durch den Staat bis zur Wiederherstellung der Rentabilität nach dem geänderten Umstrukturierungsplan, ungeachtet der Strategieänderungen als Bestandteil eines „Umstrukturierungskontinuums“ betrachtet werden könne, dessen einziges Ziel darin bestanden habe, die Rentabilität und die Wirtschaftlichkeit der Fluggesellschaft wiederherzustellen. Dies sei ein einheitlicher langfristiger Prozess mit sich ändernden Taktiken zur Erzielung des angestrebten Ergebnisses. Als sich die Drehkreuz-Strategie als wirkungslos erwiesen habe, sei diese Strategie aufgegeben und durch eine andere Strategie ersetzt worden, die aber demselben angestrebten Ziel der Rentabilität und Wirtschaftlichkeit gedient habe.

(62)

Nach dem geänderten Umstrukturierungsplan soll die Rentabilität bis 2016, d. h. zum Ende der 6-jährigen Umstrukturierungsphase, wiederhergestellt werden (siehe Tabelle 5).

Tabelle 5

Gewinne und Verluste 2011-2016

(in Mio. EUR)

 

2011

2012

2013

2014(f)

2015(f)

2016(f)

Einnahmen

76,514

91,508

72,123

68,463

81,244

97,098

EBITDA

(6,830)

(10,037)

6,943

5,735

11,907

21,715

EBT

(17,325)

(49,218)

(8,124)

(11,417)

(3,316)

3,874

EBT-Marge

(23 %)

(54 %)

(11 %)

(17 %)

(4 %)

4  %

Summe Eigenkapital

36,838

(14,683)

(22,808)

(32,406)

6,548

10,423

(63)

Im Unterschied zum ursprünglichen Umstrukturierungsplan war nun vorgesehen, dass die Fluggesellschaft sich verstärkt auf die untergeordneten Strecken und Geschäftsbereiche konzentrieren sollte (z. B. durch Einführung weiterer saisonaler Strecken oder durch Ausweitung des Wet-Leasing-Geschäfts). Außerdem sollte die Fluggesellschaft die umfangreicheren Synergieeffekte mit Tallink sowohl auf der Einnahme- als auch auf der Kostenseite nutzen. Daher ging der geänderte Umstrukturierungsplan von erheblich größeren Einnahmezuwächsen in den Jahren 2015 und 2016 aus als der ursprüngliche Umstrukturierungsplan.

(64)

Der geänderte Umstrukturierungsplan sieht einen Eigenbeitrag von insgesamt [100-150] Mio. EUR vor. Dieser Eigenbeitrag entspricht [50-60] % der Umstrukturierungskosten und beinhaltet — über die Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögenswerten und ein neues [Darlehen, das bereits im ursprünglich angemeldeten Umstrukturierungsplan vorgesehen war, hinaus — eine bereits 2010 geplante Finanzierung durch eine Beteiligung von SAS und durch Darlehen von SAS ([…] Mio. EUR) für die Beschaffung von Flugzeugen im Jahr 2011 von Export Development Canada (EDC) sowie […] ([…] Mio. EUR), eine geplante Kapitalbeteiligung durch Infortar im Jahr 2015 ([…] Mio. EUR) und eine ebenfalls im Jahr 2015 von Infortar bereitzustellende gruppeninterne Kreditlinie ([…] Mio. EUR).

(65)

Als Ausgleichsmaßnahmen sieht der geänderte Umstrukturierungsplan eine Verkleinerung der Flotte, die Einstellung von Verbindungen und die entsprechende Aufgabe von Marktanteilen vor. Zwischen 2010 und 2016 sollte die Fluggesellschaft ihre ständige Flotte um ein Flugzeug reduzieren (von acht auf sieben Flugzeuge). Gegenüber 2012 sollte die Flotte im Jahr 2016 vier Flugzeuge weniger umfassen. Darüber hinaus sollte die Anzahl der Strecken dem geänderten Umstrukturierungsplan zufolge im Zeitraum 2010-2016 insgesamt von [20-25] auf [15-20] verringert werden. Die Fluggesellschaft hat acht Strecken (Athen, Barcelona, Dublin, Rom, Hamburg, London, Berlin und Kuressaare) aufgeben, dafür aber drei neue Ziele (Göteborg, Split und Trondheim) aufgenommen. Insgesamt sollte die Flugleistung mit [1000-1200] Mio. ASK im Jahr 2016 gegenüber [1000-1200] Mio. ASK im Jahr 2011 stabil bleiben. Nach Auskunft von Estland ist der Marktanteil von Estonian Air von 40,2 % im Jahr 2012 auf 26,3 % im Jahr 2014 zurückgegangen.

(66)

Bezüglich des Engagements eines privaten Kapitalgebers sieht der geänderte Umstrukturierungsplan vor, dass Infortar für seine Beteiligung an Estonian Air keinerlei Zahlungen an den Staat leistet. Stattdessen sollte eine Kapitalzuführung von […] Mio. EUR für Estonian Air vorgenommen werden (mit der bis April 2015 zwischen […] der Beteiligung übernommen würden); außerdem sollte innerhalb der Gruppe eine Kreditlinie in Höhe von […] Mio. EUR bereitgestellt werden. Estland sollte den verbleibenden Anteil des Rettungsdarlehens (bis zu […] Mio. EUR) bereitstellen und dann den größten Teil seiner Darlehen (bis zu […] Mio. EUR […]) abschreiben und seine Anteile aufgeben, indem es einer Reduzierung des Gesellschaftskapitals auf null zustimmte und danach auf seinen Anspruch auf Beteiligung an der neuen Kapitalerhöhung verzichtete; dabei sollte die Möglichkeit bestehen, dass Estland bis zu […] % der Beteiligung an Estonian Air behielt.

(67)

Infortar wurde nicht im Rahmen einer offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibung ausgewählt, sondern führte direkte Verhandlungen mit Estland. Estland zufolge war keine Zeit zur Durchführung eines langwierigen Ausschreibungsverfahrens; außerdem sei Estland aktiv an eine Reihe potenzieller Kapitalgeber herangetreten, und auch andere Kapitalgeber hätten ihr Interesse bekunden können. Infortar sei der einzige Kapitalgeber gewesen, der ein echtes Interesse zum Ausdruck gebracht und einen Beitrag zum geänderten Umstrukturierungsplan geleistet habe. Zudem sei der Wert von Estonian Air von einem unabhängigen und renommierten Experten ermittelt worden, der den Marktwert des Eigenkapitals („equity value“) von Estonian Air zum 31. März 2015 aus Sicht eines privaten Kapitalgebers im Bereich von […] Mio. EUR angesetzt habe.

5.   DIE EINLEITUNGSBESCHLÜSSE

5.1.   Die Einleitungsbeschlüsse bezüglich der Rettungsbeihilfen

(68)

Am 20. Februar 2013 beschloss die Kommission die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens bezüglich der bereits durchgeführten Maßnahmen (Maßnahmen 1 bis 4) und des Rettungsdarlehens. Am 4. März 2013 weitete die Kommission das förmliche Prüfverfahren auf die Aufstockung des Rettungsdarlehens aus.

(69)

In den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen hat die Kommission betont, dass Estonian Air seit 2006 ständig erhebliche Verluste erzielt hat. Außerdem hat die Kommission festgestellt, dass die Fluggesellschaft einige der typischen Anzeichen für Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (30) („RuU-Leitlinien von 2004“) aufwies und dass sich das Gesellschaftskapital der Fluggesellschaft in den Jahren 2010 und 2011 um mehr als die Hälfte verringert hatte. Zudem hatte Estonian Air Ende Juli 2012 nach estnischem Recht den Zustand des technischen Konkurses erreicht. Daher war die Kommission vorläufig zu der Einschätzung gelangt, dass Estonian Air im Zeitraum 2009-2012 als Unternehmen in Schwierigkeiten zu betrachten sei.

(70)

Die Kommission äußerte auch Zweifel im Hinblick auf die fraglichen Maßnahmen und kam zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Maßnahmen mit staatlichen Beihilfen verbunden waren. Wenngleich Maßnahme 1 von den drei damaligen Anteilseignern der Fluggesellschaft dem Anschein nach unter gleichen Bedingungen (pari passu) durchgeführt wurden, stellte die Kommission doch fest, dass die neuen Beteiligungen durch die Bereitstellung von Barmitteln und durch die Umwandlung von Darlehen in Beteiligungen erfolgt sind. Da der Kommission keine detaillierten Informationen darüber vorlagen, welche Anteilseigner frisches Kapital zugeführt hatten und welche Anteilseigner der Umwandlung von Darlehen in Beteiligungen zugestimmt hatten, konnte die Kommission einen ungerechtfertigten Vorteil für Estonian Air nicht ausschließen und war daher vorläufig zu dem Ergebnis gelangt, dass Maßnahme 1 eine rechtswidrige staatliche Beihilfe beinhaltete. Bezüglich der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt stellte die Kommission fest, dass angesichts der Schwierigkeiten der Fluggesellschaft nur die Anwendung von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV in Betracht kommen könne. Die Kommission gelangte allerdings zu dem vorläufigen Ergebnis, dass Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV nicht anwendbar sei, da Maßnahme 1 mehrere Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 nicht erfüllte.

(71)

Zu Maßnahme 2 stellte die Kommission fest, dass der Flughafen Tallinn zum Zeitpunkt der Veräußerung zu 100 % im Eigentum von Estland stand und der Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft und Kommunikation unterlag. Dies schien darauf hinzudeuten, dass Maßnahmen des Flughafens Tallinn dem Staat zuzurechnen wären. Da keine öffentliche, transparente und bedingungsfreie Ausschreibung durchgeführt worden war, konnte die Kommission die Gewährung eines ungerechtfertigten Vorteils für Estonian Air nicht ausschließen und gelangte zu dem vorläufigen Schluss, dass auch Maßnahme 2 mit einer rechtswidrigen Beihilfe einherging. Darüber hinaus stellte die Kommission vorläufig fest, dass die Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar war, da die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 nicht erfüllt waren und da möglicherweise gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung („one time, last time“) verstoßen wurde.

(72)

In Bezug auf Maßnahme 3 stellte die Kommission zunächst fest, dass die Maßnahme nicht unter gleichen Bedingungen durchgeführt worden war. Außerdem hob die Kommission (wie bereits bei Maßnahme 2) hervor, dass die Beiträge des Staates und der Beitrag von SAS unterschiedlicher Art waren (Zuführung von frischem Beteiligungskapital durch den Staat gegenüber der Umwandlung eines Darlehens durch SAS) und dass die Beträge nicht vergleichbar waren. Die Kommission hatte Zweifel daran, dass der Geschäftsplan von 2010 als so solide bewertet werden könne, dass auch ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die zu prüfende Maßnahme zu den betreffenden Bedingungen durchgeführt hätte. Außerdem gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass Cresco dem Plan offenbar nicht zugestimmt und es abgelehnt hatte, weiteres Kapital für die Fluggesellschaft bereitzustellen. Darüber hinaus stellte die Kommission fest, dass Estland zufolge mit dem ersten Beschluss über die Kapitalerhöhung im Jahr 2010 zum einen die langfristigen Flugverbindungen zu den wichtigsten Business-Destinations sichergestellt werden sollten und zum anderen die Kontrolle über die Fluggesellschaft erlangt werden sollte. Daher gelangte die Kommission vorläufig zu dem Ergebnis, dass Maßnahme 3 mit einer rechtswidrigen staatlichen Beihilfe einherging, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar war, weil sie die rechtlichen Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 offenbar nicht erfüllte und unter anderem möglicherweise gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstieß.

(73)

Die Kommission prüfte auch, ob Maßnahme 4 mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar war. Zunächst hatte die Kommission Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Geschäftsplans von 2011 und der Annahme, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Fluggesellschaft nur durch ein umfangreicheres Netz und eine höhere Anzahl an Frequenzen einschließlich der damit verbundenen Kapazitätserweiterung hinsichtlich der bedienten Strecken, der Flotte und des Personals erhöht werden könne. Die Kommission hielt die Wachstumsprognose des Geschäftsplans von 2011 für zu optimistisch und bewertete die Drehkreuz-Strategie als außerordentlich riskant; diese Einschätzung wurde offenbar dadurch bestätigt, dass weder der verbliebene private Kapitalgeber (SAS) noch ein sonstiger privater Gläubiger ([…]) bereit war, sich an dieser Transaktion zu beteiligen. Aufgrund dieser Erwägungen gelangte die Kommission zu der vorläufigen Einschätzung, dass Maßnahme 4 mit einer rechtswidrigen Beihilfe einherging und die Anforderungen an Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen nach den RuU-Leitlinien von 2004 nicht erfüllte.

(74)

Im Zusammenhang mit dem Rettungsdarlehen (Maßnahme 5) hat Estland das Vorliegen einer Beihilfe nicht bestritten. Die Kommission stellte vorläufig fest, dass die Beihilfe offenbar die meisten Voraussetzungen nach Abschnitt 3.1 der RuU-Leitlinien für Rettungsbeihilfen erfüllte. Die Kommission zweifelte jedoch daran, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe respektiert worden sei, da die Maßnahmen 1 bis 4 mit rechtswidriger und mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarender Beihilfe verbunden gewesen sein könnten. Da Estland keine Begründung übermittelt hat, bei der eine Ausnahme von dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe gegeben gewesen wäre, gelangte die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass auch Maßnahme 5 als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende Beihilfe betrachtet werden könnte.

(75)

Für den damals noch nicht ausgezahlten Teil des Rettungsdarlehens (d. h. 12,1 Mio. EUR — siehe Erwägungsgründe 42 und 43) erinnerte die Kommission Estland an die aufschiebende Wirkung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV. Estland solle Estonian Air diesen Betrag erst dann zur Verfügung stellen, wenn die Kommission zu einem abschließenden Beschluss gelangt sei.

5.2.   Der Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe

(76)

Am 20. Juni 2013 meldete Estland eine Umstrukturierungsbeihilfe von 40,7 Mio. EUR für Estonian Air an; diese Beihilfe sollte durch eine Kapitalerhöhung nach dem Umstrukturierungsplan gewährt werden (Maßnahme 6). Der Beihilfecharakter der Maßnahme wurde von Estland nicht bestritten, u. a. weil die geplante Kapitalzuführung direkt aus dem Staatshaushalt erfolgte und ausschließlich zugunsten von Estonian Air zu Bedingungen durchgeführt werden sollte, die ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber normalerweise nicht akzeptiert hätte.

(77)

Anschließend bewertete die Kommission die Vereinbarkeit von Maßnahme 6 nach den Bestimmungen der RuU-Leitlinien von 2004 für Umstrukturierungsbeihilfen. Die Kommission gelangte zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Umstrukturierungsbeihilfe nicht zu gewähren sei, da Estonian Air als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden könne (siehe Erwägungsgrund 69).

(78)

Danach prüfte die Kommission, ob Estonian Air nach dem Umstrukturierungsplan seine Rentabilität wiedererlangen könnte. Die Kommission stellte fest, dass die Szenarioanalyse und die Sensitivitätsanalyse des Umstrukturierungsplans erhebliche Schwächen aufwiesen. Nach dem Umstrukturierungsplan sollte Estonian Air im Jahr 2017 ein geringfügig positives EBT-Ergebnis erzielen; der Netto-Cashflow vor Finanzierung würde jedoch auch nach weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen des Managements der Fluggesellschaft negativ bleiben (siehe Tabelle 4). Zudem ging aus der Sensitivitätsanalyse hervor, dass außer in einem einzigen Fall bei isolierter Betrachtung bereits bei relativ geringfügigen Änderungen der Annahmen zusätzlicher Finanzierungsbedarf entstehen würde. Daher zweifelte die Kommission daran, dass der ursprüngliche Umstrukturierungsplan eine solide Grundlage für die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität von Estonian Air darstellen würde.

(79)

In Verbindung mit den Ausgleichsmaßnahmen äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der Freigabe von Zeitnischen auf einigen koordinierten Flughäfen. Zu den Kapazitätsbeschränkungen der Flughäfen und zum wirtschaftlichen Wert der Zeitnischen wurden weitere Informationen benötigt, um beurteilen zu können, ob die Zeitnischen als Ausgleichsmaßnahmen angenommen werden könnten. Bezüglich der als Ausgleichsmaßnahmen betrachteten Einstellung der Verbindungen auf zwölf Strecken (siehe Erwägungsgrund 54) war der Kommission nicht klar, wie der „Deckungsbeitrag 1“, der „Deckungsbeitrag DOC“ und die Gewinnspanne auf diesen Strecken berechnet worden waren. Die Kommission stellte fest, dass der Unterschied zwischen diesen Rentabilitätsindikatoren sehr ausgeprägt war und dass unklar war, ob Estonian Air die Strecken in jedem Fall hätte aufgeben müssen, um die Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen. Insbesondere gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass bei allen Strecken eine negative Gewinnspanne erzielt wurde. Wenn die Kommission die Rentabilität der Strecken aufgrund des Deckungsbeitrags DOC beurteilt hätte, hätte sich nur für zwei Strecken (die einem Kapazitätsabbau um etwa 1 % (ASK) entsprochen hätten) ein Deckungsbeitrag DOC über 0 ergeben, und somit wäre die Maßnahme nur für diese beiden Strecken annehmbar gewesen.

(80)

Den vorgeschlagenen Eigenbeitrag von Estonian Air in Höhe von 38 Mio. EUR (48,3 % der gesamten Umstrukturierungskosten von 78,7 Mio. EUR) betrachtete die Kommission grundsätzlich als annehmbar. Allerdings brachte die Kommission Zweifel bezüglich der Veräußerung von drei Flugzeugen des Typs CRJ900 im Jahr 2015, des Verkaufs von AS Estonian Air Regional und der Veräußerung der 51%igen Beteiligung von Estonian Air an Eesti Aviokütuse Teenuste AS zum Ausdruck. Trotzdem betrachtete die Kommission die Veräußerung von Vermögenswerten, ein neues Darlehen von […] und die Veräußerung der 60%igen Beteiligung von Estonian Air an AS Amadeus Eesti als annehmbaren Eigenbetrag.

(81)

Schließlich erinnerte die Kommission noch an ihre in den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen geäußerten Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahmen 1 bis 5, die gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstoßen könnten.

(82)

Daher war die Kommission im Zweifel, ob die angemeldete Umstrukturierungsmaßnahme die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 erfüllte und mit dem Binnenmarkt vereinbar sein würde. Sie forderte Estland zur Übermittlung von Stellungnahmen und zur Vorlage sämtlicher Informationen auf, die für die Würdigung der als Umstrukturierungsbeihilfe angemeldeten Kapitalzuführung von Bedeutung sein könnten.

(83)

Bezüglich der am 23. Mai 2013 eingegangenen Beschwerde betreffend den Sale-and-Lease-back-Vertrag, den Estonian Air mit dem Flughafen Tallinn geschlossen hatte (siehe Erwägungsgrund 10), gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass Estonian Air kein ungerechtfertigter Vorteil gewährt worden war und somit auch keine staatliche Beihilfe vorlag.

6.   STELLUNGNAHMEN ZU DEN EINLEITUNGSBESCHLÜSSEN

6.1.   Stellungnahmen von Estland

(84)

Mit Schreiben vom 9. April 2013 und vom 17. Mai 2013 hat Estland Stellung zu den Einleitungsbeschlüssen der Kommission bezüglich der Rettungsbeihilfen genommen. Im Hinblick auf Maßnahme 1 ist Estland der Auffassung, dass die Investition auf der Grundlage eines glaubwürdigen Geschäftsplans und einer positiven Bewertung der Fluggesellschaft erfolgte. Estland zufolge ist der Beitrag von SAS (der zum Teil aus der Umwandlung eines Darlehens in eine Beteiligung bestand) in einem größeren Zusammenhang zu sehen, in dem SAS Estonian Air im Jahr 2008 Darlehen in Höhe von […] Mio. USD und im Jahr 2009 von […] Mio. EUR zur Verfügung gestellt hatte. Bezüglich der staatlichen Beteiligung erläutert Estland, der Staat habe seine Entscheidung auf der Grundlage eines vom Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation erstellten Bewertungsberichts getroffen, demzufolge der Wert der Fluggesellschaft nach der Investition den Wert vor der Investition überschreiten würde. Außerdem betont Estland, jeder Anteilseigner habe seine eigene Analyse der Geschäftstätigkeit des Unternehmens vorgenommen, und alle Anteilseigner hätten eine Kapitalerhöhung entsprechend dem Anteil ihrer jeweiligen Beteiligung beschlossen. Insoweit sei Maßnahme 1 als unter gleichen Bedingungen (pari passu) erfolgt zu betrachten.

(85)

In Bezug auf Maßnahme 2 stellt Estland erstens fest, dass die unterlassene Ausschreibung in keiner Weise als Beleg für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zu betrachten sein und dass die Veräußerung jedenfalls auf einem Transaktionswert beruht habe, der dem tatsächlichen Marktpreis der Bodenabfertigung von Estonian Air entsprochen habe; zudem seien mit der Bodenabfertigung Gewinne erwirtschaftet worden. Estland zufolge bestand Maßnahme 2 aus der Veräußerung der mit der Bodenabfertigung verbundenen Vermögenswerte der Fluggesellschaft ohne Mitarbeiter und Verbindlichkeiten. Der Buchwert der Vermögenswerte sei ein Mindestpreis gewesen. Außerdem sei die Transaktion vergleichbar mit ähnlichen Transaktionen, und der Flughafen Tallinn sei ein unabhängiges Unternehmen, bei dem der Staat nicht eingreife. Sämtliche Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats seien unabhängige Geschäftsleute und weder Vertreter des Staates noch vom Staat benannt.

(86)

Estland erläutert auch die genaue Struktur von Maßnahme 3, die ebenfalls keine Beihilfe beinhalte. Die Beteiligung von SAS habe sich auf […] Mio. EUR belaufen: eine Kapitalzuführung von 2 Mio. EUR in Barmitteln sowie die Übernahme der Beteiligung von Cresco im Umfang von […] Mio. EUR. Der Geschäftsplan von 2010 habe auf der Annahme eines nachhaltigen Wachstums, auf positiven Prognosen für die Erholung und das Wachstum der estnischen Wirtschaft und auf den damaligen Prognosen des internationalen Luftverkehrsverbands IATA (International Air Transport Association) für die Wachstumsentwicklung des internationalen Verkehrs beruht. Estland zufolge beinhaltete der Geschäftsplan von 2010 alle Parameter, die für eine umsichtige und realistische Investitionsentscheidung benötigt wurden. Bezüglich der Tatsache, dass Estland makroökonomische Aspekte berücksichtigt habe, erläutert Estland, diese Aspekte seien nicht die einzigen Beweggründe für die Investitionsentscheidung des Staates gewesen. Außerdem hat Estland eine Bewertung der Fluggesellschaft durch einen leitenden Analysten des Ministeriums für Wirtschaft und Kommunikation vorgelegt, in der das Gesellschaftskapital von Estonian Air nach der zusätzlichen Investition (auf der Grundlage diskontierter prognostizierter Cashflows) auf insgesamt [0-10] Mio. EUR beziffert wurde.

(87)

Zu der von Estland beschlossenen Investition von 30 Mio. EUR in den Jahren 2011/2012 (Maßnahme 4) erklärte Estland zunächst, die Wachstumsaussichten des osteuropäischen Marktes seien 2011 verhältnismäßig stabil gewesen, und im Sommer 2011 habe es auf dem europäischen Luftverkehrsmarkt noch keine Turbulenzen gegeben. Außerdem sei SAS an Maßnahme 4 nicht beteiligt gewesen, da SAS damals erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gehabt habe. Das Darlehen in Höhe von […], das der Fluggesellschaft zwar ursprünglich gewährt werden sollte, letztlich aber doch nicht ausgezahlt wurde, ist Estland zufolge getrennt von der Investition in das Gesellschaftskapital zu betrachten. Estland betont ferner, der Geschäftsplan von 2011 sei fundiert und glaubwürdig gewesen; er habe eine Expansionsstrategie auf der Grundlage einer fundierten und detaillierten Analyse des Luftverkehrsmarkts in der Region und der prognostizierten Wirtschaftsentwicklung der benachbarten Länder vorgesehen. Außerdem erklärt Estland, das Gesellschaftskapital der Fluggesellschaft sei im Jahr 2011 sowohl vor als auch nach der Kapitalzuführung als Wert verbucht worden. Estland räumt zwar ein, dass der Geschäftsplan von 2011 nicht tragfähig war und Mitte 2012 aufgegeben wurde; zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Durchführung von Maßnahme 4 sei Estland aber der Auffassung gewesen, dass die Rentabilität der Fluggesellschaft wiederhergestellt werden könne.

(88)

Hinsichtlich des Rettungsdarlehens (Maßnahme 5) erläutert Estland, dass sämtliche in den RuU-Leitlinien beschrieben Anforderungen an Rettungsdarlehen erfüllt gewesen seien. Allerdings habe Estonian Air erst ab Juni/Juli 2012 als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden können. Da Estland der Auffassung ist, dass die Maßnahmen 1 bis 4 keine staatliche Beihilfe beinhalteten, wurde Estland zufolge auch nicht gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung der RuU-Leitlinien von 2004 verstoßen. Wenn die Kommission jedoch einen Verstoß gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung feststellen sollte, müsse sie berücksichtigen, dass auf Estonian Air nur 0,17 % des innereuropäischen Verkehrs entfielen und dass es keine nachteiligen Spill-over-Effekte auf andere Mitgliedstaaten oder unangemessene Wettbewerbsverfälschungen infolge der Beihilfe gegeben habe.

(89)

In der Stellungnahme vom 19. März 2014 zum Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe (Maßnahme 6) bekräftigte Estland erneut die Darstellung hinsichtlich des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe. Im Hinblick auf die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität von Estonian Air müsse die Kommission die vom Management in der Sensitivitätsanalyse vorgesehenen Abhilfemaßnahmen zur Vermeidung von Wettbewerbsverfälschungen berücksichtigen; dies sei in der Wirtschaft allgemein üblich.

(90)

Estland legte auch einige Erläuterungen zur Berechnung des Deckungsbeitrags 1 und des Deckungsbetrags DOC und zur Ermittlung der Gewinnspanne der als Ausgleichsmaßnahmen angebotenen Strecken vor (siehe Erwägungsgrund 79). Estland zufolge wird als Deckungsbeitrag 1 der Grenzerlös pro Fluggast ohne Berücksichtigung der Flugkosten bezeichnet. Der Deckungsbeitrag DOC ist der Beitrag pro Fluggast einschließlich aller variablen Flugkosten ohne die Betriebskosten der Flugzeuge oder sonstige Gemeinkosten. Darüber hinaus erklärt Estland, die Strecken seien als annehmbare Ausgleichsmaßnahmen zu betrachten, weil sie alle positive Auswirkungen auf den Deckungsbeitrag 1 hätten; die Darstellung der Kommission, dass die aufgegebenen Strecken nach dem neuen Geschäftsmodell nicht rentabel wären, weist Estland zurück.

(91)

Bezüglich des Eigenbeitrags erläutert Estland, der Bewertungsbericht zur Veräußerung der Flugzeuge sei realistisch und enthalte Details zum Verkaufspreis für AS Estonian Air Regional und zur Beteiligung von Estonian Air an AS Amadeus Eesti.

6.2.   Stellungnahmen Beteiligter

(92)

Zu den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen gingen bei der Kommission Stellungnahmen von IAG und von Ryanair ein.

(93)

IAG betrachtet sich im Zusammenhang mit seiner Investition in FlyBe und hinsichtlich seiner Beziehung zu Finnair durch die Rettungsbeihilfe für Estonian Air als beeinträchtigt. Ferner ist IAG der Auffassung, auch bei einem Ausscheiden von Estonian Air aus dem Markt werde sich die Verkehrsanbindung Estlands nicht verschlechtern. IAG äußerte Bedenken bezüglich des mutmaßlichen Verstoßes gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung.

(94)

Ryanair begrüßte die förmliche Prüfung der Rettungsbeihilfe für Estonian Air durch die Kommission insbesondere in Anbetracht der im Vergleich zu Ryanair geringeren Wirtschaftlichkeit von Estonian Air. Bezüglich der Maßnahmen 1 bis 5 stellte Ryanair zunächst fest, dass Cresco entschieden hatte, seine Beteiligung aufzugeben; dies wurde als starkes Indiz dafür betrachtet, dass die Kapitalzuführungen nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar waren. Ryanair betrachtet Billigfluglinien als eine bessere Alternative zu staatlichen Fluggesellschaften wie Estonian Air; außerdem sei nach geltendem EU-Recht kein Anspruch der einzelnen Mitgliedstaaten auf den Erhalt einer staatlichen Fluggesellschaft vorgesehen. Und schließlich erklärt Ryanair, seine Marktposition werde durch die staatliche Beihilfe für Estonian Air unmittelbar und erheblich beeinträchtigt, und die Beihilfe bewirke eine beträchtliche Verfälschung des Wettbewerbs.

(95)

Zum Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe übermittelten zwei Beteiligte Stellungnahmen: ein Beteiligter, der anonym bleiben möchte, und Ryanair.

(96)

Der Beteiligte, der anonym bleiben möchte, betrachtet den Umstrukturierungsplan von Estonian Air weder als fundiert noch als glaubwürdig, da Estonian Air im Jahr 2012 außerordentlich hohe Verluste erzielt und die Nettomarge unter –50 % gelegen habe. Bezüglich der Umstrukturierung der Flotte und der Geschäftstätigkeit ist dieser Beteiligte der Auffassung, dass der von Estonian Air geplante Einsatz von zwei Flugzeugen für Charterflüge angesichts des starken Wettbewerbs auf diesem Markt nicht wirtschaftlich wäre und kritisiert die Zusammensetzung der neuen Flotte. Darüber hinaus stellt der Beteiligte fest, die Berechnung der Rentabilität der als Ausgleichsmaßnahmen angebotenen Strecken zeige, dass die Strecken nicht annehmbar seien. Daher gelangt der Beteiligte zu dem Ergebnis, dass die Umstrukturierungsbeihilfe insgesamt nicht genehmigt werden dürfe. Und schließlich legte der Beteiligte eine Fallstudie zur Verkehrsanbindung Ungarns nach dem Konkurs von Malév vor und stellte fest, dass der Markt den Verlust einer staatlichen Fluggesellschaft angemessen kompensieren könne.

(97)

Ryanair ist erstens der Auffassung, dass die Kommission prüfen müsse, ob Estland alternativ zur Gewährung der staatlichen Beihilfe auch andere Möglichkeiten gehabt hätte (z. B. eine Liquidierung). Außerdem seien die Annahmen des Umstrukturierungsplans außerordentlich optimistisch, und der Plan könne nur scheitern. Ryanair betrachtet beispielsweise als unrealistisch, dass Estonian Air einige Flugzeuge verkaufen könne, um das Kapital der Gesellschaft aufzustocken. Außerdem seien die zwölf von Estonian Air aufgegebenen Routen nicht rentabel und könnten nicht als Ausgleichsmaßnahmen betrachtet werden. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 nicht erfüllt; dies gelte insbesondere für das Prinzip der einmaligen Gewährung. Und schließlich bekräftigte Ryanair erneut, dass die Beihilfe für Estonian Air die eigene Marktposition erheblich beeinträchtige.

6.3.   Stellungnahmen von Estland zu den Stellungnahmen der Beteiligten

(98)

Estland ging ausführlich auf die Stellungnahmen der Beteiligten ein. Hinsichtlich der Stellungnahme von IAG zu den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen stellte Estland fest, dass Estonian Air und FlyBe nicht dieselben Flughäfen bedienten und insoweit nicht miteinander konkurrierten. Die Verkehrsanbindung des Landes werde durchaus beeinträchtigt, wenn Estonian Air aus dem Markt ausscheiden würde. Billigfluglinien böten nicht die Art von Anbindung, die für Estland wichtig sei.

(99)

Zur Stellungnahme von Ryanair zu den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen erklärte Estland, die Wirtschaftlichkeit von Billigfluglinien sei nicht mit der Wirtschaftlichkeit regionaler Fluggesellschaften vergleichbar. Hinsichtlich der Beweggründe, die Estland zur Investition in die Fluggesellschaft veranlasst haben, stellt Estland fest, dass eine rentable und nachhaltige Fluggesellschaft insoweit von hoher Bedeutung ist, als sie im Gegensatz zu den wichtigsten Wettbewerbern der Fluggesellschaft regelmäßige und verlässliche Verbindungen zwischen Estland und mehreren wichtigen Handelspartnerländern Estlands gewährleiste. Und schließlich seien Billigfluglinien in Estland gescheitert, weil der Markt zu klein sei, nicht jedoch wegen der Geschäftstätigkeit von Estonian Air. Ein Wettbewerb zwischen Ryanair und Estonian Air sei zudem ausgeschlossen, da beide Unternehmen unterschiedliche Kundensegmente bedienten.

(100)

Estland äußerte sich auch zu den Stellungnahmen im Zusammenhang mit dem Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe, reagierte jedoch nicht auf einige Punkte der Stellungnahme des Beteiligten, der anonym bleiben möchte. Letzteres begründete Estland damit, dass es einen neuen Umstrukturierungsplan vorlegen werde und dass die betreffenden Stellungnahmen dann ohnehin nicht mehr relevant wären. Estland zufolge bestehen keine Überkapazitäten auf den Strecken von und nach Estland. Außerdem sieht Estland keine Gefahr einer Beeinträchtigung des Binnenmarkts, indem strukturelle Anpassungen zu einem unangemessenen Anteil auf andere Mitgliedstaaten verlagert würden. Bezüglich des Vergleichs mit der Fallstudie über die Anbindung Ungarns wird erläutert, Estland sei ein kleiner und isolierter Markt, und das Ausscheiden von Estonian Air würde einen Verlust hinsichtlich der Anzahl und der Qualität der Flugverbindungen bedeuten. Die Situation in Estland sei vielmehr der Situation in Litauen nach der Insolvenz der staatlichen litauischen Fluggesellschaft FlyLAL vergleichbar, deren Mobilitätsfaktor (31) sich Estland zufolge um 26 % verringert habe (gegenüber nur 4 % in Ungarn).

(101)

Zur Stellungnahme von Ryanair betont Estland erneut, dass die Stellung von Ryanair durch die Estonian Air gewährten staatlichen Beihilfen nicht beeinträchtigt werde. Außerdem sei die Behauptung von Ryanair, dass Estonian Air liquidiert werden müsse, sei nicht durch Fakten belegt. Und schließlich bekräftigt Estland erneut, dass mit den Maßnahmen 1 bis 3 nicht gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstoßen worden sei.

7.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN UND DES UMSTRUKTURIERUNGSPLANS

(102)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Als staatliche Beihilfe gilt somit jeder direkte oder indirekte Vorteil, der aus staatlichen Mitteln finanziert und unmittelbar vom Staat oder von zwischengeschalteten Stellen gewährt wird, die in Ausübung hoheitlicher Befugnisse handeln.

(103)

Um als staatliche Beihilfe zu gelten, muss die Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert werden und dem Staat zurechenbar sein. In der Regel sind „staatliche Mittel“ Mittel eines Mitgliedstaats und seiner Behörden sowie Mittel öffentlicher Unternehmen, die der direkten oder indirekten Kontrolle durch die Behörden unterliegen.

(104)

Um festzustellen, ob Estonian Air durch die einzelnen fraglichen Maßnahmen einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat und ob die Maßnahmen somit staatliche Beihilfen beinhalten, wird die Kommission prüfen, ob die Fluggesellschaft einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, der unter normalen Marktbedingungen nicht bestanden hätte.

(105)

Dazu nimmt die Kommission eine Beurteilung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vor. Nach diesem Grundsatz ist keine staatliche Beihilfe enthalten, wenn ein unter normalen Marktbedingungen handelnder privater Kapitalgeber von vergleichbarer Größe wie die Verwaltungseinrichtungen des öffentlichen Sektors unter den gleichen Umständen zur Durchführung der Maßnahmen im Interesse des begünstigen Unternehmens hätte bewegt werden können. Die Kommission muss somit beurteilen, ob ein privater Kapitalgeber die zu prüfenden Transaktionen zu denselben Bedingungen eingegangen wäre. Es wird davon ausgegangen, dass der hypothetische private Kapitalgeber umsichtig handelt und größtmögliche Gewinne anstrebt, ohne jedoch im Verhältnis zur Rendite zu große Risiken einzugehen. Eine Zuwendung aus staatlichen Mitteln stellt grundsätzlich keine staatliche Beihilfe dar, wenn sie mit einer bedeutenden Kapitalzufuhr seitens eines privaten Kapitalgebers einhergeht, die unter vergleichbaren Umständen und zu vergleichbaren Konditionen (pari passu) erfolgt.

(106)

Und schließlich muss eine Maßnahme, um als staatliche Beihilfe eingestuft werden zu können, den Wettbewerb verfälschen bzw. zu verfälschen drohen und geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(107)

Da die in Rede stehenden Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalten, muss ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt unter dem Aspekt der in Artikel 107 Absätze 2 und 3 genannten Ausnahmen bewertet werden.

7.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

7.1.1.   Maßnahme 1

(108)

Die Kommission wird zunächst im Zusammenhang mit der Kapitalzuführung von 2,48 Mio. EUR im Jahr 2009 (Maßnahme 1) prüfen, ob eine Beihilfe vorlag. Wie in Erwägungsgrund 105 erläutert, betrachtet die Kommission einen unter gleichen Bedingungen aus öffentlichen Mitteln bereitgestellten Beitrag weder als ungerechtfertigten Vorteil noch als staatliche Beihilfe.

(109)

In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass die Anteilseigner von Estonian Air Maßnahme 1 damals entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligung durchführten (d. h. Estland 34 % (2,48 Mio. EUR), SAS 49 % (3,57 Mio. EUR) und Cresco 17 % (1,23 Mio. EUR). Estland wurde bestätigt, dass der Staat und Cresco ausschließlich Barmittel bereitstellten, während SAS 1,21 Mio. EUR in Barmitteln und weitere 2,36 Mio. EUR durch die Umwandlung eines Darlehens in eine Beteiligung einbrachte. Außerdem erläuterte Estland, SAS habe Estonian Air Darlehen von […] Mio. EUR im Jahr 2008 und von […] Mio. EUR im Jahr 2009 bereitgestellt (siehe Erwägungsgrund 84).

(110)

In den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen bewertete die Kommission die unterschiedliche Art der Beiträge (frische Barmittel gegenüber der Umwandlung von Darlehen in eine Beteiligung durch SAS) als hinreichend für berechtigte Zweifel daran, dass Maßnahme 1 unter gleichen Bedingungen gewährt worden war. Die Auskünfte Estlands haben jedoch die Zweifel der Kommission zerstreut, da die Kapitalzuführung zumindest im Falle von Cresco eindeutig zu gleichen Bedingungen erfolgte. Sowohl Estland als auch Cresco brachten in verhältnismäßig beträchtlichem Umfang frische Barmittel entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligung ein. Außerdem leisteten Cresco und SAS erhebliche Beiträge in Form von Barmitteln, die den Beiträgen Estlands vergleichbar waren. Die Umwandlung des Darlehens in eine Beteiligung von SAS ist zudem im umfangreicheren Kontext der in den Jahren 2008 und 2009 von SAS gewährten Darlehen für Estonian Air zu sehen; dies zeigt, dass SAS von der Rentabilität der Fluggesellschaft überzeugt war.

(111)

Nach der Rechtsprechung ist eine private Beteiligung von 66 % gegenüber der öffentlichen Beteiligung eindeutig nicht vernachlässigbar (32). Außerdem deutet nichts darauf hin, dass die Entscheidungen von SAS und von Cresco zur Beteiligung an Estonian Air durch das Verhalten des Staates beeinflusst worden wäre.

(112)

Die Kommission stellt ferner fest, dass nach den Luftverkehrsleitlinien von 1994 (33) gilt: „Nicht um staatliche Beihilfen handelt es sich bei einer Erhöhung der Beteiligung der öffentlichen Hand an Unternehmen, sofern die Bereitstellung von Kapital der Zahl der Anteile der öffentlichen Hand entspricht und gleichzeitig mit der Bereitstellung von Mitteln durch private Anteilseigner erfolgt; der Anteil des privaten Kapitalgebers muss von realer wirtschaftlicher Bedeutung sein.“ Diese Bedingungen sind bei Maßnahme 1 gegeben.

(113)

Daher stellt die Kommission fest, dass die Entscheidung von Cresco, in Estonian Air zu investieren, unter den gleichen Bedingungen wie die Investitionsentscheidung des Staates getroffen wurde und dass Cresco und SAS Investitionen in beträchtlicher Höhe vorgenommen haben. Außerdem hat die Kommission keinen Grund für Zweifel daran, dass SAS und Cresco die Investitionen in Estonian Air aus Rentabilitätserwägungen getroffen haben. Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Finanzierung von Estonian Air durch die Kapitalzuführung im Umfang von 2,48 Mio. EUR (Maßnahme 1) nicht mit einem ungerechtfertigten Vorteil für Estonian Air verbunden war und schließt insoweit das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe aus. Eine weitere Prüfung der übrigen kumulativen Bedingungen von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist somit nicht erforderlich.

7.1.2.   Maßnahme 2

(114)

Im Juni 2009 veräußerte Estonian Air die Bodenabfertigungssparte zu einem Preis von 2,4 Mio. EUR an den zu 100 % in staatlichem Eigentum stehenden Flughafen Tallinn. Zur Festlegung des Preises wurde keine öffentliche, transparente und bedingungsfreie Ausschreibung durchgeführt und auch kein Wertgutachten durch unabhängige Bewerter erstellt. Stattdessen wurde der Preis in unmittelbaren Verhandlungen zwischen dem Flughafen Tallinn und Estonian Air festgelegt.

(115)

Die Kommission weist darauf hin, dass sie ohne eine Ausschreibung oder eine unabhängige Wertermittlung das Vorliegen einer Beihilfe nicht ausschließen kann. Daher muss die Kommission die Transaktion und den Hintergrund der Transaktion einer detaillierten Bewertung unterziehen, um entscheiden zu können, ob Estonian Air infolge der Transaktion einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt hat.

(116)

Estland hat im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens erläutert, dass die Bodenabfertigung zwischen 2005 und 2008 (d. h. in den Jahren vor der Veräußerung) rentabel geführt wurde. Außerdem sei die Transaktion durch die Veräußerung von Vermögenswerten ohne Verbindlichkeiten, Mitarbeiter und sonstige „Altlasten“ durchgeführt worden. Um den Verkaufspreis zu ermitteln, sei der Buchwert der vorhandenen Vermögenswerte als Mindestpreis angenommen worden. Ergänzend hat Estland die durchgeführte interne Analyse als Nachweis dafür übermittelt, dass der Unternehmenswert-/Umsatz-Multiplikator (EV/Umsatz-Multiplikator) (34) der Transaktion den Vielfachen verschiedener anderer Transaktionen entsprochen habe, bei denen die Geschäftstätigkeit des betreffenden Unternehmens in der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten bestanden habe. Dies spreche dafür, dass die Transaktion zu Marktbedingungen durchgeführt worden sei.

(117)

Darüber hinaus erklärt Estland, der Flughafen Tallinn stehe zwar zu 100 % in staatlichem Eigentum; er sei aber unabhängig vom Staat, und die Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats seien unabhängige Geschäftsleute und keine Vertreter des Staates. Angesichts der Tatsache, dass das Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation der einzige Anteilseigner des Flughafens Tallinn war und dass der Flughafen Tallinn der Zuständigkeit des Ministeriums unterstand, zog die Kommission in den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen die Möglichkeit in Erwägung, dass das Verhalten des Flughafens Tallinn dem Staat zuzurechnen sei.

(118)

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat jedoch einheitlich festgestellt, dass Maßnahmen öffentlicher Unternehmen unter staatlicher Kontrolle nicht grundsätzlich dem Staat zuzurechnen sind. Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Stardust Marine und in der auf dieser Rechtssache beruhenden Rechtsprechung erläutert, zur Feststellung einer Zurechenbarkeit müsse „geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren“ (35). In Bezug auf Maßnahme 2 kann die Kommission nicht feststellen, dass die Entscheidung des Flughafens Tallinn über die Investition in Estonian Air dem Staat zuzurechnen war. Die Kommission fand hierzu auch keine indirekten Anhaltspunkte im Sinne der Rechtsprechung in der Rechtssache Stardust Marine. Aus diesen Gründen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Entscheidung des Flughafens Tallinn über die Beteiligung an Maßnahme 2 Estland nicht zuzurechnen ist.

(119)

Da die Entscheidung des Flughafens Tallinn über die Beteiligung an Maßnahme 2 nicht dem Staat zuzurechnen ist und da die Transaktion offenbar zu Marktbedingungen erfolgte, schließt die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Zusammenhang mit Maßnahme 2 aus. Eine Prüfung der übrigen kumulativen Bedingungen von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist somit nicht erforderlich.

7.1.3.   Maßnahme 3

(120)

Bezüglich der Kapitalzuführung von 2010 (Maßnahme 3) erläuterte Estland im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens, der Staat habe 17,9 Mio. EUR in Barmitteln eingebracht; der Beitrag von SAS habe hingegen in der Umwandlung eines Darlehens in Höhe von 2 Mio. EUR in eine Beteiligung bestanden. Gleichzeitig übernahm SAS die Beteiligung von Cresco an Estonian Air im Umfang von […] Mio. EUR (im Gegenzug für die Abschreibung eines Darlehens in Höhe von […] Mio. EUR, das Cresco bei SAS aufgenommen hatte). Infolge dieser Transaktion war Cresco als Anteilseigner ausgeschieden, die Beteiligung des Staates hatte sich auf 90 % erhöht, und die Beteiligung von SAS war auf 10 % zurückgegangen. Estland zufolge beruhte die Entscheidung zur erneuten Investition in Estonian Air auf dem Geschäftsplan von 2010.

(121)

Die Kommission stellt erstens fest, dass die Kapitalzuführungen durch den Staat und durch SAS in unterschiedlicher Form, in unterschiedlicher Höhe und nicht im Verhältnis der jeweiligen Beteiligungen am Gesellschaftskapital von Estonian Air erfolgten. Eine Kapitalzuführung von 17,9 Mio. EUR in Form von frischen Barmitteln durch den Staat ist nicht vergleichbar mit der Umwandlung eines Darlehens von SAS in Höhe von 2 Mio. EUR in eine Beteiligung. Dies gilt insbesondere deshalb, weil Estland keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass das Darlehen vollständig besichert gewesen wäre und weil SAS durch die Umwandlung des Darlehens in eine Beteiligung ein neues Risiko eingegangen wäre. Hinsichtlich der im Gegenzug für die Übertragung der Beteiligung von Cresco an Estonian Air erfolgten Abschreibung des Darlehens in Höhe von […] Mio. EUR, das Cresco von SAS erhalten hatte, stellt die Kommission fest, dass Estonian Air durch diese Transaktion keine frischen Barmittel zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem ist nicht klar, ob SAS ein neues Risiko einging, indem es die Abschreibung des Darlehens als Gegenleistung für die Überlassung der Beteiligung von Creso an Estonian Air akzeptierte. Daher kann die Kommission feststellen, dass Maßnahme 3 nicht pari passu durchgeführt wurde.

(122)

Estland zufolge entsprach Maßnahme 3 dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers; Maßnahme 3 sei auf der Grundlage des Geschäftsplans von 2010 angenommen worden. Diesen Geschäftsplan betrachtet Estland als fundiert und glaubwürdig. Nach dem Geschäftsplan sollte Estonian Air die Gewinnschwelle bereits 2013 erreichen, wenn die Flotte entsprechend dem Plan umstrukturiert würde. Es wurde davon ausgegangen, dass die wiederhergestellte Rentabilität mindestens bis 2020 anhalten würde.

(123)

Die Kommission erkennt an, dass im Geschäftsplan von 2010 die Situation der Fluggesellschaft analysiert wird. Trotzdem weist der Geschäftsplan derartige Schwächen auf, dass er nicht als verlässliche Grundlage für eine marktorientierte Investitionsentscheidung betrachtet werden kann. Die finanziellen Prognosen beispielsweise beruhen auf übermäßig optimistischen Fluggastzahlen (durchschnittliches jährliches Wachstum von 6 % im Zeitraum 2010-2020). Angesichts der allgemeinen Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 sind diese Wachstumsprognosen als äußerst optimistisch zu bewerten. Der Geschäftsplan von 2010 geht von der IATA-Prognose eines durchschnittlich mehr als 5%igen Wachstums im Laufe der nächsten vier Jahre aus. Die IATA weist aber auch darauf hin, dass sich diese Erholung je nach Region sehr unterschiedlich gestalten wird und dass eine rasche Erholung in Europa nicht zu erwarten ist (36).

(124)

Eine weitere Schwäche besteht darin, dass die Sensitivitätsanalyse des Geschäftsplans von 2010 unzureichend sein dürfte. Bezüglich des Risikos eines Rückgangs der Fluggastzahlen heißt es im Plan, dass ein 10%iger Rückgang das Nettoergebnis in den ersten beiden Jahren um etwa 6,4 Mio. EUR schmälern würde; dies wäre mehr als das Doppelte der für diese beiden Jahre erwarteten negativen Nettoergebnisse. Der Geschäftsplan von 2010 geht allerdings nicht auf die Folgen für den insgesamt analysierten Zeitraum und auf zu treffende konkrete Korrekturmaßnahmen ein.

(125)

Außerdem betont die Kommission, dass Cresco entschieden hatte, nicht mehr in Estonian Air zu investieren, sondern seine Beteiligung an SAS zu veräußern. Diese Entscheidung könnte auf unterschiedlichen Gründen beruht haben. Allerdings erscheint die Annahme plausibel, dass der Geschäftsplan von 2010 nicht hinreichend war, um den privaten Kapitalgeber von der Rentabilität seiner Investition zu überzeugen. Ähnlich könnte auch im Falle von SAS argumentiert werden, das eine Beteiligung an der Kapitalzuführung von 2010 beabsichtigte, diese Beteiligung aber nicht entsprechend seiner Unternehmensbeteiligung vornehmen wollte und dessen Unternehmensbeteiligung daher von zuvor 49 % auf nur noch 10 % zurückging.

(126)

Estland erläutert ferner, ein staatliches Wertgutachten im Jahr 2010 habe ergeben, dass der Wert der Fluggesellschaft nach der Investition positiv sei. Im Wertgutachten wurde der Wert des Gesellschaftskapitals mithilfe einer DCF-Analyse unter Berücksichtigung der prognostizierten Cashflows in den Jahren 2010-2019 zuzüglich eines Endwerts nach 2019 in Höhe von [0-10] Mio. EUR (diskontiert) und abzüglich bestehender Nettoverbindlichkeiten in Höhe von [0-10] Mio. EUR bestimmt. Danach würde sich der Gesamtwert des Gesellschaftskapitals nach der Investition auf [0-10] Mio. EUR belaufen. Nach einer alternativen Bewertungsmethode hat Estland die Fluggesellschaft anhand von Finanzindikatoren für fünf kleinere börsennotierte Unternehmen bewertet und für Estonian Air einen Wert von etwa [5-15] Mio. EUR ermittelt.

(127)

Die Kommission kann diese Bewertung jedoch nicht als annehmbare Grundlage für die Investitionsentscheidung eines hypothetischen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers betrachten. Erstens wird sogar in der Bewertung auf erhebliche Risiken, Unsicherheiten und Abhängigkeiten von den zugrunde liegenden Annahmen hingewiesen und erklärt, dass die Prognosen mit Vorsicht zu betrachten seien (37). Außerdem wurden einige der Bewertung zugrunde liegende entscheidende Annahmen nicht substanziiert. Die Grundlage für die Ermittlung des erheblichen Endwertes (mehr als 60 % der Summe des sich ergebenden diskontierten Cashflows) wird nicht erläutert. Bei Annahme eines geringeren Endwertes würde sich sogar ein negativer Gesamtwert des Gesellschaftskapitals ergeben. Zweitens wird in der Bewertung erklärt, dass die Maßnahmen des Geschäftsplans von 2010 unter Umständen nicht hinreichend seien, um einige der mit der angestrebten Wirtschaftlichkeit von Estonian Air in Zusammenhang stehenden Probleme (z. B. den defizitären Betrieb des Turboprop-Flugzeugs Saab 340) zu lösen. Daher werden bei der auf dem Cashflow beruhenden Berechnung weitere Änderungen vorausgesetzt. Insoweit weicht diese Bewertung vom Geschäftsplan von 2010 ab, auf den sich die Investitionsentscheidung stützte. Drittens ist die von einem Vergleich mit anderen Fluggesellschaften ausgehende Bewertung außerordentlich fragwürdig. Estonian Air wird mit nur fünf Fluggesellschaften verglichen; die Kapazitäten von dreien dieser Fluggesellschaften sind um ein Vielfaches größer als die Kapazität von Estonian Air. Infolge der schlechten Finanzlage von Estonian Air kommt als Grundlage zudem ausschließlich das Kurs-/Umsatzverhältnis in Betracht; von anderen Indikatoren ausgehende Bezugsparameter würden zu völlig anderen Ergebnissen führen. Selbst wenn die Ergebnisse der Bewertung akzeptiert würden, ist viertens festzustellen, dass in der Bewertung nicht erläutert wird, warum ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bereit gewesen sein sollte, 17,9 Mio. EUR in Barmitteln bereitzustellen, um eine 90%ige Beteiligung zu erlangen, während das Gesellschaftskapital insgesamt nur auf [0-10] Mio. EUR (bzw. höchstens [5-15] Mio. EUR) geschätzt wird. Und schließlich hat Estland keine kontrafaktische Fallkonstellation zu der Kapitalaufstockung untersucht, um die zu erwartenden Kapitalrenditen mit den Ergebnissen möglicher Alternativszenarien zu vergleichen. Aus wirtschaftlicher Sicht könnte es für einen Anteilseigner sinnvoll sein, einem angeschlagenen Unternehmen weiteres Kapital zur Verfügung zu stellen, um seine Investition zu schützen; in diesem Fall würde der Kapitalgeber diese Investition aber normalerweise mit den Kosten/Erträgen möglicher Alternativszenarien vergleichen und auch die Liquidation des Unternehmens in Betracht ziehen.

(128)

Das Vorbringen von Estland vom 9. April 2014 deutet zudem darauf hin, dass die Kapitalzuführung nicht ausschließlich durch die wirtschaftliche Attraktivität der Investition begründet war. Estland räumt ein, dass das im Geschäftsplan formulierte Ziel der Sicherung langfristiger Flugverbindungen zu wichtigen Business-Destinations sich „mit den politischen makroökonomischen Zielen des Staates deckte“. Auch wenn diese Erwägungen Estland zufolge nicht die einzigen Beweggründe für die Investitionsentscheidung des Staates waren, ist dies doch ein Anzeichen dafür, dass Estland nicht ausschließlich aus Ertragserwägungen handelte. Offenbar haben die Mitglieder der estnischen Regierung zum Zeitpunkt der Entscheidung über Maßnahme 3 erklärt: „[der Standpunkt der Regierung] war immer, dass Estonian Air ein Unternehmen von strategischer Bedeutung für das Land ist, und wir sind bereit, eine Mehrheitsbeteiligung zu übernehmen“ (38). Zudem wurde betont: „[Es] ist sehr wichtig, dass Flüge von […] Tallinn nach einigen anderen wichtigen Städten angeboten werden“ (39). Dies sind jedoch offensichtlich keine Bedenken eines umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Die Kommission erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache Boch festgestellt hat, dass „zu prüfen ist, ob ein privater Gesellschafter in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte“ (40).

(129)

Da kein marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber bereit war, in ähnlicher Weise wie der Staat frische Barmittel in Estonian Air zu investieren, sowie in Anbetracht der Schwächen des Geschäftsplans von 2010 und der für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber nicht relevanten makroökonomischen Ziele gelangt die Kommission insgesamt zu dem Ergebnis, dass Maßnahme 3 nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar war.

(130)

Um als staatliche Beihilfe zu gelten, muss die Maßnahme zudem aus staatlichen Mitteln finanziert werden und dem Staat zurechenbar sein. Diese Bedingung wurde hinsichtlich der Kapitalzuführung im Jahr 2010 nicht bestritten, da das estnische Ministerium für Wirtschaft und Kommunikation als Anteilseigner der Fluggesellschaft die Barmittel aus dem staatlichen Haushalt aufgebracht hat.

(131)

Und schließlich stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme den Handel beeinträchtigt und den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten zu verfälschen droht, da Estonian Air insbesondere seit Inkrafttreten des dritten Pakets zur Liberalisierung des Luftverkehrs („drittes Liberalisierungspaket“) am 1. Januar 1993 in Wettbewerb mit anderen Fluggesellschaften in der Europäischen Union steht (41). Maßnahme 3 versetzte Estonian Air somit in die Lage, seinen Geschäftsbetrieb fortzusetzen, so dass das Unternehmen sich nicht wie andere Wettbewerber mit den normalerweise aus seinen schlechten finanziellen Ergebnissen resultierenden Folgen auseinandersetzen musste.

(132)

Daher ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass Maßnahme 3 eine staatliche Beihilfe zugunsten von Estonian Air beinhaltete.

7.1.4.   Maßnahme 4

(133)

Estland ist der Auffassung, dass die von Estland im Dezember 2011 beschlossene Kapitalzuführung von 30 Mio. EUR (Maßnahme 4) keine staatliche Beihilfe beinhaltete. An dieser Kapitalzuführung war kein weiterer Kapitalgeber beteiligt. Daher ging die Beteiligung von SAS von 10 % auf nur noch 2,66 % zurück, während sich die staatliche Beteiligung von 90 % auf 97,34 % erhöhte.

(134)

Die Sachvorträge Estlands im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens haben die Kommission nicht überzeugt. Erstens wurde die Investitionsentscheidung ohne private Beteiligung ausschließlich vom Staat getroffen. SAS hatte entschieden, sich an dieser Kapitalzuführung nicht zu beteiligen, und die Privatbank […], die Estonian Air ursprünglich ein Darlehen zu gewähren bereit war, lehnte letztlich die Auszahlung des Darlehens ab. Insoweit kann die Investition nicht als unter gleichen Bedingungen erfolgt betrachtet werden.

(135)

Außerdem sieht der Geschäftsplan von 2011, nach dem die Investitionsentscheidung getroffen wurde, eine Expansionsstrategie und einen radikalen Wechsel des Geschäftsmodells vom Punkt-zu-Punkt-Konzept hin zu einem Drehkreuz auf Basis eines Regionalnetzes vor. Estland hat einen Plan vorgestellt, demzufolge die Fluggesellschaft neue Flugzeuge beschaffen sollte: Von sieben Flugzeugen im Jahr 2011 sollte die Flotte in den Jahren 2013 und 2014 auf 13 Flugzeuge erweitert werden; mit dieser Flotte sollte Tallinn zu einem Drehkreuz für Flüge zwischen Europa und Asien werden. Nach diesem Plan hätte Estonian Air 30 Mio. EUR von seinem Anteilseigner und […] Mio. EUR über ein Darlehen in Höhe von […] beschaffen müssen. Obwohl […] letztlich entschieden hatte, dieses Darlehen doch nicht auszuzahlen, weist die Kommission darauf hin, dass Estland Mittel im Umfang von 30 Mio. EUR gewährte, ohne im Mindesten die Auswirkungen dieser […] Entscheidung auf die Verwirklichung des Geschäftsplans von 2011 zu berücksichtigen. Ein derartiges Verhalten kann nicht als rationales Verhalten eines informierten Marktteilnehmers betrachtet werden.

(136)

Außerdem erscheint insbesondere angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise als unrealistisch, dass Estonian Air seine Einnahmen in nur vier Jahren nahezu hätte verdreifachen sollen und dass sich das EBT-Ergebnis von –15,45 Mio. EUR im Jahr 2011 auf 4,2 Mio. EUR im Jahr 2014 hätte steigern können. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission daran, dass nach der IATA-Finanzprognose vom Dezember 2011 (42) die Gewinnspannen im Luftverkehr 2011 infolge des Anstiegs der Rohöl- und Treibstoffpreise zurückgehen sollten. Für das Jahr 2012 prognostizierte die IATA eine Belastung der europäischen Luftfahrtbranche durch die wirtschaftlichen Turbulenzen, die erwartet wurden, weil sich die Regierungen nicht auf eine Lösung zur Bewältigung der Schuldenkrise in der Eurozone verständigen konnten. Da absehbar war, dass die europäischen Fluggesellschaften erheblich unter der Rezession in ihren Stammmärkten leiden würden, veranschlagte die IATA die EBIT-Marge (Earnings Before Interest and Tax = Ergebnis vor Zinsaufwand und Steuern) für europäische Fluggesellschaften auf nur 0,3 %. Die Nettoverluste nach Steuern wurden mit 0,6 Mrd. USD (0,46 Mrd. EUR) beziffert.

(137)

Ebenso unrealistisch erscheint, dass Estonian Air die Anzahl der Sitzplätze von 1 Mio. im Jahr 2011 auf 2,45 Mio. im Jahr 2014 hätte erhöhen sollen, während gleichzeitig eine erhebliche Steigerung des Ladefaktors (von 59,2 % auf 72,3 %) angestrebt wurde. Zudem scheinen die wesentlichen Risiken unterschätzt zu werden, und die vorgesehenen Abschwächungsmaßnahmen wurden offenbar nicht hinreichend geprüft. Das Drehkreuzmodell wurde Mitte 2012 in Anbetracht der äußerst negativen Ergebnisse der Fluggesellschaft sehr rasch aufgegeben.

(138)

Außerdem berücksichtigt der Geschäftsplan von 2011 ausdrücklich verschiedene makroökonomische und politische Vorteile für den Staat, die aus Sicht eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht von Belang wären. Beispielsweise werden die Vorteile der Investition für Estland im Plan als beträchtlich bezeichnet, und es wird ausdrücklich festgestellt: „[A]ngesichts der gegenwärtigen Anforderungen von Geschäftsleuten und der staatlichen Vorgaben wird das gewählte Netzmodell bevorzugt.“ Darüber hinaus wird im Plan darauf hingewiesen, dass infolge der Investition 2000 Arbeitsplätze geschaffen würden und dass Estland seine Stellung im weltweiten Wettbewerb verbessern werde. Estland erklärt auch, dass die vorgeschlagene Strategie sich in den staatlichen Aktionsplan für die Jahre 2011-2015 zur Schaffung direkter Flugverbindungen zu allen wichtigen europäischen Geschäftszentren und zur Umwandlung des Flughafens Tallinn in ein Drehkreuz für Flugverbindungen zwischen Asien und Europa einfügte. Aus den in Erwägungsgrund 128 erläuterten Gründen hätte ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber diese Erwägungen nicht berücksichtigt.

(139)

Daher stellt die Kommission fest, dass Maßnahme 4 einen selektiven ungerechtfertigten Vorteil für Estonian Air beinhaltete. Aus den bereits in den Erwägungsgründen 130 und 131 genannten Gründen stellt die Kommission fest, dass Maßnahme 4 aus staatlichen Mitteln finanziert wurde und dem Staat zuzurechnen ist und dass die Maßnahme den Handel beeinträchtigt und den Wettbewerb zwischen Mitgliedstaaten zu verfälschen droht.

(140)

Daher ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass Maßnahme 4 eine staatliche Beihilfe zugunsten von Estonian Air beinhaltete.

7.1.5.   Maßnahme 5

(141)

Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass das Rettungsdarlehen als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten ist, weil es aus staatlichen Mitteln finanziert wurde und weil es Estonian Air einen selektiven Vorteil gewährt, der den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb zu verfälschen droht (siehe Erwägungsgrund 131). Angesichts der finanziellen Lage von Estonian Air (das seit 2006 Verluste verzeichnete und Ende Juli 2012 nach estnischem Recht den Zustand des technischen Konkurses erreicht hatte — siehe Abschnitt 7.4.1) war es äußerst unwahrscheinlich, dass ein privater Gläubiger bereit gewesen wäre, weitere Darlehen zur Deckung der erheblichen Liquiditätsprobleme von Estonian Air bereitzustellen. Indem sich Estland auf die Erfüllung der Anforderungen an Rettungsdarlehen nach den RuU-Leitlinien von 2004 berief, stufte Estland diese Maßnahme sogar selbst als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ein.

7.1.6.   Maßnahme 6

(142)

Die Entscheidung Estlands, Estonian Air eine Kapitalzuführung im Umfang von 40,7 Mio. EUR in Form von Beteiligungskapital zu gewähren, ist als staatliche Beihilfe einzustufen. Die Kapitalzuführung erfolgte unmittelbar aus dem Staatshaushalt und somit aus staatlichen Mitteln. Da die Kapitalzuführung ausschließlich einem einzigen Unternehmen (nämlich Estonian Air) zugutekommt und zu Bedingungen gewährt wurde, die ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber normalerweise nicht akzeptieren würde (finanzielle Schwierigkeiten von Estonian Air, Investition nicht nach angemessener Ertragsanalyse, sondern aus Erwägungen des öffentlichen Interesses wie etwa der Verkehrsanbindung Estlands und der strategischen Bedeutung von Estonian Air für die estnische Wirtschaft), beinhaltet die geplante Kapitalzuführung zudem einen selektiven Vorteil für Estonian Air. Außerdem beeinträchtigt die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten und droht, den Wettbewerb zu verfälschen (siehe Erwägungsgrund 131). Die Maßnahme versetzt Estonian Air in die Lage, seinen Geschäftsbetrieb fortzusetzen, so dass das Unternehmen sich nicht, wie andere Wettbewerber, mit den normalerweise aus seinen schlechten finanziellen Ergebnissen resultierenden Folgen auseinandersetzen musste. Indem sich Estland auf die Erfüllung der Anforderungen an Umstrukturierungsdarlehen nach den RuU-Leitlinien von 2004 berief, stufte Estland diese Maßnahme sogar selbst als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ein.

(143)

Die Kommission ist daher zu dem Schluss gelangt, dass die angemeldete Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Dies wird von Estland nicht bestritten.

7.1.7.   Schlussfolgerung in Bezug auf das Vorliegen einer Beihilfe

(144)

Aus den in den Erwägungsgründen 108-119 genannten Gründen stellt die Kommission fest, dass die Maßnahmen 1 und 2 keine staatliche Beihilfen für Estonian Air im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalteten.

(145)

Bezüglich der Maßnahmen 3, 4, 5 und 6 ist die Kommission aus den in den Erwägungsgründen 120-143 genannten Gründen hingegen zu dem Schluss gelangt, dass die Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalteten. Daher wird sie die Rechtmäßigkeit die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Binnenmarkt prüfen.

7.2.   Rechtmäßigkeit der Beihilfen

(146)

Nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine Beihilfemaßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen Beschluss zur Genehmigung der Maßnahme gefasst hat.

(147)

Erstens stellt die Kommission fest, dass Estland die Maßnahmen 3, 4 und 5 durchgeführt hat, ohne die Maßnahmen vorher zur Genehmigung bei der Kommission anzumelden. Die Kommission bedauert, dass Estland die Stillhalteverpflichtung nicht eingehalten hat und somit gegen seine Verpflichtung gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen hat.

(148)

In Bezug auf Maßnahme 6 nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass die Kapitalzuführung von 40,7 Mio. EUR noch nicht erfolgt ist. Somit wurde die Bestimmung in Artikel 108 Absatz 3 AEUV hinsichtlich der angemeldeten Umstrukturierungsmaßnahme eingehalten.

7.3.   Annehmbarkeit des geänderten Umstrukturierungsplans vom 31. Oktober 2014

(149)

Vor einer Analyse der Vereinbarkeit der in Abschnitt 7.1 beschriebenen Beihilfemaßnahmen muss die Kommission feststellen, von welchem der vorgelegten Umstrukturierungspläne die Analyse ausgehen sollte. Da mit dem geänderten Umstrukturierungsplan vom Oktober 2014 die Umstrukturierungsphase erheblich verlängert (von fünf Jahren auf sechs Jahre und einen Monat) und das Anfangsdatum um mehr als zwei Jahre vorverlegt wurde und da der geänderte Umstrukturierungsplan weitere Beihilfemaßnahmen enthält, kann der geänderte Umstrukturierungsplan nicht als eine bloße Weiterentwicklung des im Juni 2013 angemeldeten Umstrukturierungsplans angesehen werden.

(150)

Wie in Abschnitt 4.7 erläutert, bedeutet die Verlängerung der Umstrukturierungsphase letztlich, dass drei getrennte und gegensätzliche Geschäftsstrategien in einem einzigen Umstrukturierungsplan kombiniert würden. Die Strategie von Estonian Air im Jahr 2011 und Anfang 2012 bestand darin, die Geschäftstätigkeit auszuweiten (weitere Flugzeuge, neue Strecken, Aufstockung des Personals usw.), um sich als zentrale Fluggesellschaft eines regionalen Drehkreuzes zu etablieren. Mit der (von einem neu benannten Management) entwickelten Strategie für die Jahre 2012-2014 wurde hingegen genau das gegensätzliche Ziel verfolgt: Unter Reduzierung der Kapazitäten wurden Punkt-zu-Punkt-Verbindungen auf einer begrenzten Anzahl von Hauptstrecken angestrebt. Im letzten Teil des Umstrukturierungsplans (betreffend die Jahre 2015 und 2016) ist in Anbetracht des Engagements von Infortar erneut eine begrenzte Expansion vorgesehen. Insoweit würden im Umstrukturierungsplan grundsätzlich unterschiedliche Geschäftsstrategien kombiniert, die auf unterschiedlichen Geschäftsplänen beruhen und von unterschiedlichen Management-Teams mit vollkommen verschiedenen betrieblichen Zielen erstellt wurden.

(151)

Offensichtlich wurden die in Abschnitt 4.7 beschriebenen Strategien ursprünglich (im November 2010, als die dritte Maßnahme durchgeführt wurde) nicht als einheitlicher Umstrukturierungsplan betrachtet. Die Pläne unterscheiden sich derart, dass sie nicht als bloße Anpassungen des ursprünglichen im Juni 2013 angemeldeten Plans betrachtet werden können, mit denen auf Entwicklungen während der Durchführung des Plans reagiert worden wäre. Die Zusammenfassung in einem einzigen Plan erfolgte nachträglich mit dem einzigen offensichtlichen Ziel der Aufnahme der staatlichen Maßnahmen im Zeitraum 2010-2012 (d. h. der Maßnahmen 3 und 4) in den Umstrukturierungsplan, um im Hinblick auf die ursprünglich angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe einen Verstoß gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung zu vermeiden. Außerdem würde mit der Annahme des geänderten Umstrukturierungsplans die absurde Situation bestätigt, dass ein Teil der geprüften Umstrukturierungsbeihilfe in den Jahren 2011/2012 zur Erweiterung der Kapazität und der Geschäftstätigkeiten von Estonian Air und ein anderer Teil anschließend (ab 2013) zum Abbau eben dieser Kapazität und zur Reduzierung der Geschäftstätigkeiten verwendet worden wäre. In einem einheitlichen Umstrukturierungsplan würden diese beiden einander ausschließenden Ziele niemals gleichzeitig verfolgt.

(152)

Hätte Estland die Maßnahmen 3 und 4 als Umstrukturierungsbeihilfen angemeldet und hätte die Kommission diese Beihilfen genehmigt, hätte die neue Beihilfe im Jahr 2013 außerdem unstrittig gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstoßen. Wenn die Kommission also den geänderten Umstrukturierungsplan genehmigt hätte, der — infolge der Vordatierung der Umstrukturierungsphase — auch die Maßnahmen 3 und 4 umfasste, wäre es für Estland vorteilhafter gewesen, den Plan nicht anzumelden.

(153)

In der Vergangenheit hat die Kommission das Bestehen einer auf einer einheitlichen Umstrukturierungsstrategie beruhenden kontinuierlichen Umstrukturierungsmaßnahme anerkannt, wenn in diese einheitliche Strategie im Laufe der Zeit nur gewisse Änderungen und Strategien aufgenommen wurden, nicht aber, wenn (wie in diesem Fall) vollkommen gegensätzliche Geschäftsstrategien verfolgt werden. In ihrem Beschluss im Fall Varvaressos (43) beispielsweise stellte die Kommission fest, dass die Maßnahmen, die diesem Unternehmen zwischen 2006 und 2009 gewährt wurden, als Teil einer kontinuierlichen Umstrukturierungsmaßnahme nach einem Umstrukturierungsplan von 2009 (für den Zeitraum 2006-2011) anzusehen sind. In diesem Fall wurde der Umstrukturierungsplan aus dem Jahr 2009 als Weiterentwicklung eines „Strategie- und Geschäftsplans“ aus dem Jahr 2006 betrachtet, der auf derselben Geschäftsstrategie beruhte und praktisch dieselben Umstrukturierungsmaßnahmen beinhaltete, mit denen 2006 begonnen wurde und die bis 2009 und darüber hinaus fortgesetzt wurden. Die Sachverhalte im Fall Varvaressos unterschieden sich somit erheblich von dem hier vorliegenden Fall, bei dem sich das Geschäftsmodell während der verlängerten Umstrukturierungsphase zweimal grundlegend geändert hat.

(154)

Aus diesen Gründen stellt die Kommission fest, dass der geänderte Umstrukturierungsplan vom Oktober 2014 nicht als Grundlage für eine Bewertung der angemeldeten Umstrukturierungsbeihilfe angenommen werden kann. Bei der Bewertung der Beihilfe wird daher von dem im Juni 2013 ursprünglich angemeldeten Umstrukturierungsplan ausgegangen.

(155)

Außerdem stellt die Kommission fest, dass selbst wenn sie (hypothetisch) bei der Bewertung der Umstrukturierungsbeihilfe den geänderten Umstrukturierungsplan zugrunde legen würde, erhebliche Probleme hinsichtlich der Vereinbarkeit bestünden, beispielsweise die ungewöhnlich lange Umstrukturierungsphase von über sechs Jahren (44) oder das offensichtliche Fehlen angemessener Ausgleichsmaßnahmen. (Ungeachtet einer Erhöhung des Gesamtbetrags der Beihilfe sind die Ausgleichsmaßnahmen sogar noch weniger erheblich als beim Umstrukturierungsplan vom Juni 2013.)

(156)

Und schließlich könnte die Privatisierung von Estonian Air durch die Veräußerung eines Anteils von […] % der staatlichen Beteiligung an Infortar zu einem Negativpreis ohne vorheriges Ausschreibungsverfahren Anlass zu weiteren Bedenken hinsichtlich einer möglichen Beihilfe für Infortar bieten. Ungeachtet eines von Estland vorgelegten unabhängigen Gutachtens, in dem der Kapitalwert von Estonian Air zum Zeitpunkt der Übernahme der genannten Beteiligung durch Infortar auf etwa […] Mio. EUR beziffert wurde, würde Infortar diese Beteiligung letztlich ohne jegliche Zahlung an Estland erlangen.

7.4.   Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Binnenmarkt

(157)

Sofern es sich bei den Maßnahmen 3, 4, 5 und 6 um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt, ist deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anhand der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels festgelegten Ausnahmen zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss der Mitgliedstaat die Vereinbarkeit begründen und nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit gegeben sind (45).

(158)

Estland ist der Auffassung, dass die Maßnahmen 5 und 6 staatliche Beihilfen beinhalten und hat daher erläutert, warum diese staatlichen Beihilfen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV und insbesondere mit den RuU-Leitlinien von 2004 vereinbar seien.

(159)

Die Maßnahmen 3 und 4 nach dem ursprünglich angemeldeten Umstrukturierungsplan beinhalten nach Auffassung Estlands jedoch keine staatlichen Beihilfen; daher wurden auch keine Gründe für eine etwaige Vereinbarkeit vorgetragen. Die Kommission hat gleichwohl geprüft, ob einer der im AEUV niedergelegten Gründe auf die bisherigen Maßnahmen anwendbar ist.

(160)

Wie in den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe erläutert, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Ausnahmen nach Artikel 107 Absatz 2 AEUV angesichts der Art der Maßnahmen 3 und 4 nicht zur Anwendung kommen können. Dies gilt auch für die Ausnahmen nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben d und e AEUV.

(161)

In Anbetracht der schwierigen Finanzlage von Estonian Air bei Durchführung der Maßnahmen 3 und 4 (siehe Erwägungsgründe 24 bis 26) ist festzustellen, dass die Ausnahmen bezüglich der Entwicklung bestimmter (geografischer) Gebiete oder Wirtschaftsgebiete (Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV) offenbar nicht anwendbar sind. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass Estonian Air in einem Fördergebiet ansässig ist und insoweit eine Förderung durch Regionalbeihilfen in Betracht kommen könnte. Die Kommission weist darauf hin, dass die Maßnahmen 3 und 4 auch die Voraussetzungen der Krisenregelungen des Vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens (46) nicht erfüllen.

(162)

Daher kann wohl nur geprüft werden, ob die Maßnahmen 3 und 4 nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV können staatliche Beihilfen dann genehmigt werden, wenn sie zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete gewährt werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Vereinbarkeit der Maßnahmen 3 und 4 mit dem Binnenmarkt ist insbesondere vor dem Hintergrund der RuU-Leitlinien von 2004 zu prüfen; dabei sind auch die Bestimmungen der Luftverkehrsleitlinien von 1994 (47) zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Auszahlung der verbleibenden Tranche des Rettungsdarlehens am 28. November 2014 ist Maßnahme 5 nach den EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten („RuU-Leitlinien von 2014“) (48) zu bewerten.

(163)

Die Kommission wird nacheinander prüfen, ob Estonian Air zum Zeitpunkt der Maßnahmen 3, 4, 5 und 6 Rettungs- und/oder Umstrukturierungsbeihilfen nach den RuU-Leitlinien von 2004 (Maßnahmen 3,4 und 6) bzw. nach den RuU-Leitlinien von 2014 (Maßnahme 5) gewährt werden konnten.

7.4.1.   Schwierigkeiten von Estonian Air

(164)

Nach Randnummer 9 der RuU-Leitlinien von 2004 geht die Kommission davon aus, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder mit Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift.

(165)

In Randnummer 10 der RuU-Leitlinien von 2004 wird klargestellt, dass eine Kapitalgesellschaft als in Schwierigkeiten befindlich gilt, wenn mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist oder die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind.

(166)

In Randnummer 11 der RuU-Leitlinien von 2004 heißt es weiter, dass selbst wenn die in Randnummer 10 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden kann, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts.

(167)

Zunächst einmal stellt die Kommission fest, dass Estonian Air seit 2006 ständig erhebliche Verluste zu verzeichnen hatte:

Tabelle 6:

Nettoergebnisse von Estonian Air seit 2006

(in Tausend EUR)

2006

–3 767

2007

–3 324

2008

–10 895

2009

–4 744

2010

–3 856

2011

–17 120

2012

–51 521

2013

–8 124

2014

–10 405

Quelle:

Jahresberichte von Estonian Air (http://estonian-air.ee/en/info/about-the-company/financial-reports/); von 2006 bis 2010 werden die Beträge in den Jahresberichten von Estonian Air in EEK ausgewiesen. Als Wechselkurs wurde 1 EUR = 15,65 EEK angenommen.

(168)

Die erheblichen Verluste von Estonian Air sind ein erstes Anzeichen für die Schwierigkeiten der Fluggesellschaft. Außerdem waren offensichtlich einige weitere typische Anzeichen gegeben, die darauf hindeuten, dass das Unternehmen sich in Schwierigkeiten befand. Beispielsweise haben sich die Zinsaufwendungen für Estonian Air seit 2008 ständig erhöht.

Tabelle 7

Zinsaufwendungen von Estonian Air seit 2006

(in Euro)

2006

–94 523

2007

–99 764

2008

–94 842

2009

– 212 309

2010

– 337 325

2011

–2 010 000

2012

–2 436 000

2013

–4 212 000

2014

–3 474 000

Quelle:

Jahresberichte von Estonian Air (http://estonian-air.ee/en/info/about-the-company/financial-reports/); von 2006 bis 2010 werden die Beträge in den Jahresberichten von Estonian Air in EEK ausgewiesen. Als Wechselkurs wurde 1 EUR = 15,65 EEK angenommen.

(169)

Der Ertrag und die Eigenkapitalrendite von Estonian Air waren seit 2006 ständig negativ; der Verschuldungsgrad hingegen ist in den Jahren 2006-2008 kontinuierlich auf schließlich [80-90] % gestiegen. In den Jahren 2009 und 2010 war der Verschuldungsgrad rückläufig. Dies ist jedoch nicht etwa darauf zurückzuführen, dass Estonian Air Schulden abgebaut hätte, sondern liegt daran, dass in diesen Jahren Kapitalerhöhungen vorgenommen wurden. Außerdem erhöhte sich die Nettoverschuldung von Estonian Air in den Jahren 2010 und 2011 beträchtlich (von [5-10] auf [40-50] Mio. EUR). Die Nettoverschuldung nahm auch in den Jahren 2012 ([50-60] Mio. EUR), 2013 ([50-60] Mio. EUR) und 2014 ([60-70] Mio. EUR) weiter zu.

(170)

Außerdem waren nach Auskunft von Estland die Barmittel der Fluggesellschaft Ende November 2011 auf nur noch 3,1 Mio. EUR zurückgegangen, und es wurde erwartet, dass die Gesellschaft gegen die Zusage der Bereitstellung eines Barmittelvolumens von […] Ende des Jahres verstoßen würde. Die Fluggesellschaft hätte ihre Darlehensverpflichtungen dann bis […] nicht mehr bedienen können. Außerdem leistete Estonian Air im November 2011 keine Zahlungen mehr an einige wichtige Lieferanten, und Ende des Monats war das Betriebskapital nicht mehr ausgeglichen: Forderungen in Höhe von 5,5 Mio. EUR standen Verbindlichkeiten von 10,6 Mio. EUR gegenüber. Ohne Maßnahme 4 hätte die Fluggesellschaften ihre Darlehensverpflichtungen bis […] nicht mehr bedienen können. Ein Zahlungsverzug ist ein typisches Anzeichen dafür, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet.

(171)

Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass das Gesellschaftskapital von Estonian Air in den Jahren 2010 und 2011 um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. In diesem Zeitraum verlor die Fluggesellschaft mehr als ein Viertel ihres Kapitals. Insoweit ist offenbar auch die Anforderung nach Randnummer 10 Buchstabe a der RuU-Leitlinien von 2004 erfüllt.

(172)

Trotz der Kapitalzuführungen im Dezember 2011 und im März 2012 (Maßnahme 4) verschlechterte sich die Finanzlage der Fluggesellschaft 2012 weiter, und Ende Juli 2012 hatte Estonian Air nach estnischem Recht den Zustand des technischen Konkurses erreicht (siehe Erwägungsgrund 25). Insoweit konnte Estonian Air ab diesem Zeitpunkt nach Randnummer 10 Buchstabe c der RuU-Leitlinien von 2004 als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden.

(173)

Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Estonian Air nach Randnummer 11 der RuU-Leitlinien von 2004 spätestens seit 2009 als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden könnte. Außerdem würde Estonian Air zu späteren Zeitpunkten die Bedingungen in Randnummer 10 Buchstaben a und c der RuU-Leitlinien von 2004 erfüllen.

(174)

Auch nach den RuU-Leitlinien von 2014 könnte Estonian Air als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden, da das Gesellschaftskapital des Unternehmens 2014 mit insgesamt –31,393 Mio. EUR deutlich im negativen Bereich lag. Insoweit erfüllt Estonian Air auch die Voraussetzungen von Randnummer 20 Buchstabe a der RuU-Leitlinien von 2014.

(175)

Nach Randnummer 12 der RuU-Leitlinien von 2004 sowie nach Randnummer 21 der RuU-Leitlinien von 2014 kann einem neu gegründeten Unternehmen keine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe gewährt werden, selbst wenn es sich anfänglich in einer finanziell unsicheren Lage befindet. Ein Unternehmen gilt grundsätzlich in den ersten drei Jahren nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit als neu gegründet. Estonian Air wurde 1991 gegründet und kann nicht als neu gegründetes Unternehmen angesehen werden. Außerdem gehört Estonian Air keiner Unternehmensgruppe im Sinne von Randnummer 13 der RuU-Leitlinien von 2004 und von Randnummer 22 der RuU-Leitlinien von 2014 an.

(176)

Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Estonian Air bei Durchführung der Maßnahmen 3, 4, 5 und 6 ein Unternehmen in Schwierigkeiten war, dass es die übrigen Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 und von 2014 erfüllte, und dass dem Unternehmen insoweit Rettungs- und/oder Umstrukturierungsbeihilfen gewährt werden konnten.

7.4.2.   Vereinbarkeit von Maßnahme 3 mit dem Binnenmarkt

(177)

Zunächst stellt die Kommission fest, dass die kumulativen Bedingungen für Rettungsbeihilfen nach Randnummer 25 der RuU-Leitlinien von 2004 nicht erfüllt sind:

(a)

Bei Maßnahme 3 handelt es sich um eine Kapitalzuführung in Form von Barmitteln (17,9 Mio. EUR); insoweit war also keine Liquiditätsbeihilfe in Form von Bürgschaften oder Darlehen gegeben;

(b)

Estland hat keine Begründung genannt, nach der die Kommission hätte feststellen können, dass Maßnahme 3 aufgrund ernsthafter sozialer Schwierigkeiten durchgeführt wurde;

(c)

Estland hat der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Durchführung der Maßnahme keinen Umstrukturierungs- oder Liquidierungsplan übermittelt;

(d)

Maßnahme 3 beschränkte sich nicht auf den Betrag, der erforderlich gewesen wäre, um die Geschäftstätigkeit von Estonian Air in dem Zeitraum aufrechtzuerhalten, für den die Beihilfe genehmigt wurde.

(178)

Die Kommission hat auch geprüft, ob die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Umstrukturierungsbeihilfen erfüllt sind. Nach Randnummer 34 der RuU-Leitlinien von 2004 soll die Gewährung der Beihilfen vorbehaltlich der Durchführung eines Umstrukturierungsplans erfolgen. Bei Einzelbeihilfen muss der Umstrukturierungsplan grundsätzlich von der Kommission unterstützt werden. Außerdem müssen die geplanten Beihilfen darauf abzielen, die langfristige Rentabilität des betreffenden Unternehmens in einem angemessenen Zeitraum und auf der Grundlage realistischer Prognosen der künftigen Bedingungen für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens wiederherzustellen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass Estland Estonian Air Maßnahme 3 ohne einen glaubwürdigen Umstrukturierungsplan genehmigt hat, der die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 erfüllt hätte. Obwohl der Geschäftsplan von 2010 einige Elemente eines Umstrukturierungsplans nach den RuU-Leitlinien von 2004 enthielt (Marktanalyse, Umstrukturierungsmaßnahmen, Finanzprognosen usw.), kann der Plan nicht als so hinreichend fundiert und glaubwürdig betrachtet werden, dass er die langfristige Rentabilität des Unternehmens gewährleisten würde. Wie in den Erwägungsgründen 123 und 124 erläutert, beruhte der Geschäftsplan von 2010 auf übermäßig optimistischen Prognosen für die Entwicklung der Fluggastzahlen und geht von einer unzureichenden Sensitivitätsanalyse aus. Dieser Umstand wäre an sich bereits hinreichend, um die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt auszuschließen (49).

(179)

Zudem hat Estland weder potenzielle Maßnahmen beschrieben, mit denen unangemessene Verfälschungen des Wettbewerbs vermieden werden könnten (Ausgleichsmaßnahmen), noch auf Beiträge von Estonian Air zur Umstrukturierung des Unternehmens hingewiesen. Dies wären jedoch wesentliche Voraussetzungen dafür, dass eine Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet und nach den RuU-Leitlinien von 2004 als Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt werden könnte.

(180)

Daher ist Maßnahme 3 als staatliche Beihilfe einzustufen, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist.

7.4.3.   Vereinbarkeit von Maßnahme 4 mit dem Binnenmarkt

(181)

In Bezug auf Maßnahme 4 gelten die gleichen Schlussfolgerungen wie bei Maßnahme 3 (siehe Erwägungsgründe 177 bis 180).

(182)

Insbesondere die Kapitalzuführung von 30 Mio. EUR erfüllt aus folgenden Gründen nicht die Anforderungen nach Randnummer 15 der RuU-Leitlinien von 2004 an Rettungsbeihilfen: (a) Die Kapitalzuführung besteht nicht aus einer Liquiditätsbeihilfe in Form von Bürgschaften oder Darlehen, (b) Estland hat keine Begründung vorgetragen, nach der die Kommission hätte prüfen können, ob Maßnahme 3 aufgrund von ernsthaften sozialen Schwierigkeiten durchgeführt wurde, (c) Estland hat der Kommission binnen sechs Monaten nach der erstmaligen Durchführung der Maßnahme keinen Umstrukturierungs- oder Liquidierungsplan vorgelegt und (d) Maßnahme 3 beschränkte sich nicht auf den Betrag, der erforderlich gewesen wäre, um Estonian Air in dem Zeitraum, für den die Beihilfe genehmigt wurde, die Fortsetzung seiner Geschäftstätigkeit zu ermöglichen.

(183)

Die Kapitalzuführung von 30 Mio. EUR erfüllt auch nicht die Voraussetzungen an die Vereinbarkeit von Umstrukturierungsbeihilfen nach den RuU-Leitlinien von 2004. Der Geschäftsplan von 2011 kann nicht als glaubwürdiger Umstrukturierungsplan betrachtet werden, weil die Prognosen nicht realistisch waren (siehe Erwägungsgründe 135 bis 137) und weil er Mitte 2012 angesichts der äußerst negativen Betriebsergebnisse der Fluggesellschaft sehr rasch aufgegeben wurde. Außerdem hat Estland weder geeignete Eigenbeiträge von Estonian Air noch angemessene Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen. Vielmehr wurde die Kapitalzuführung genutzt, um die Geschäftstätigkeit von Estonian Air auszuweiten und neue Strecken aufzunehmen.

(184)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass nach dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe in Abschnitt 3.3 der RuU-Leitlinien gilt,: „[W]enn weniger als 10 Jahre vergangen sind, nachdem die Rettungsbeihilfe gewährt worden ist, die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Durchführung des Umstrukturierungsplans eingestellt worden ist (je nachdem, welches Ereignis als Letztes eingetreten ist)“, genehmigt die Kommission keine weitere Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe. Da im November 2010 Maßnahme 3 (als rechtswidrige und unvereinbare Rettungsbeihilfe) zugunsten von Estonian Air durchgeführt wurde, würde die Kapitalzuführung (Maßnahme 4) gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstoßen. Von den möglichen Ausnahmen von diesem Grundsatz nach Randnummer 73 der RuU-Leitlinien von 2004 könnte nur eine Ausnahme (Buchstabe c („in außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Fällen, für die das Unternehmen nicht verantwortlich ist“)) in Betracht kommen. Estland hat allerdings keine Begründung vorgetragen, nach der die Kommission feststellen könnte, dass Maßnahme 4 zugunsten von Estonian Air in einem außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Fall durchgeführt worden wäre.

(185)

Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass auch Maßnahme 4 als mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende staatliche Beihilfe einzustufen ist.

7.4.4.   Vereinbarkeit von Maßnahme 5 mit dem Binnenmarkt

(186)

In den Einleitungsbeschlüssen bezüglich der Rettungsbeihilfen hat die Kommission festgestellt, dass Maßnahme 5 die meisten Voraussetzungen in Abschnitt 3.1 der RuU-Leitlinien von 2004 erfüllt; sie hat allerdings Zweifel daran geäußert, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe gewahrt wurde.

(187)

Die Kommission weist darauf hin, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe der RuU-Leitlinien von 2014 im Wesentlichen die Voraussetzungen der früheren RuU-Leitlinien von 2004 erfüllt. Da Estonian Air die Rettungsbeihilfen im November 2010 (Kapitalzuführung von 17,9 Mio. EUR — Maßnahme 3), im Dezember 2011 und im März 2012 (Kapitalzuführungen von jeweils 15 Mio. EUR — Maßnahme 4) erhalten hat, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe nicht gewahrt wurde. Und da die Maßnahmen 3 und 4 unvereinbare und rechtswidrige Rettungsbeihilfen darstellen, stellt die Kommission fest, dass auch mit Maßnahme 5 gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung nach Randnummer 70 der RuU-Leitlinien von 2014 verstoßen wurde. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob die übrigen Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2014 erfüllt wurden.

(188)

Aus diesem Grund ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass auch Maßnahme 5 als mit dem Binnenmarkt nicht zu vereinbarende staatliche Beihilfe einzustufen ist.

7.4.5.   Vereinbarkeit von Maßnahme 6 mit dem Binnenmarkt

(189)

Die Zweifel, die die Kommission hinsichtlich der geplanten Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 40,7 Mio. EUR (Maßnahme 6) im Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe geäußert hat, konnten im förmlichen Prüfverfahren nicht ausgeräumt werden.

(190)

Nach Randnummer 34 der RuU-Leitlinien von 2004 kann eine Umstrukturierungsbeihilfe nur gewährt werden, wenn sie von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhängig gemacht wird, der im Falle von Einzelbeihilfen zuvor von der Kommission gebilligt werden muss. In Randnummer 35 heißt es, dass der Umstrukturierungsplan, dessen Laufzeit so kurz wie möglich zu bemessen ist, die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen erlauben muss.

(191)

Laut Randnummer 36 der RuU-Leitlinien von 2004 muss der Umstrukturierungsplan die Umstände beschreiben, die zu den Schwierigkeiten des Unternehmens geführt haben, und die jetzige Situation sowie voraussichtliche Marktaussichten mit verschiedenen Szenarien berücksichtigen, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese (Bestfall-, Schlimmstfall- und Grundfall-Annahmen) entsprechen.

(192)

Der Umstrukturierungsplan muss eine Umstellung des Unternehmens derart vorsehen, dass es nach Abschluss der Umstrukturierung alle seine Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten decken kann. Die erwartete Kapitalrendite des umstrukturierten Unternehmens sollte ausreichen, um aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen zu können (Randnummer 37 der RuU-Leitlinien von 2004).

(193)

Wie im Einleitungsbeschluss erläutert, hatte die Kommission Zweifel daran, ob der Umstrukturierungsplan vom Juni 2013 hinreichend fundiert war, um die langfristige Rentabilität von Estonian Air wiederherstellen zu können. Estland hat nur wenige zusätzliche Begründungen vorgetragen, um die Zweifel der Kommission auszuräumen. Die Kommission bekräftigt erneut, dass sich nach der Szenarioanalyse und der Sensitivitätsanalyse des Umstrukturierungsplans unter gewissen Umständen ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf ergeben kann. Für den Schlimmstfall (pessimistischste Prognose) wird ein Rückgang der Fluggastzahlen um 12 % für den Fall erwartet, dass das europäische BIP bis 2017 weiterhin nur gering sein wird. In diesem pessimistischen Fall würde Estonian Air 2017 zwar geringe positive Ergebnisse vor Steuern erreichen, der Kassenbestand wäre aber weiterhin negativ. Zudem geht aus der Sensitivitätsanalyse hervor, dass außer in einem einzigen Fall bei isolierter Betrachtung bereits bei relativ geringfügigen Änderungen der Annahmen zusätzlicher Finanzierungsbedarf entstehen würde. Insoweit kann das Hauptziel des Plans (d. h. die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität von Estonian Air) ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Dass sich das Betriebsergebnis von Estonian Air im Jahr 2013 weitgehend mit den Prognosen deckte, ist für die Ex-ante-Würdigung des Umstrukturierungsplans nicht von Bedeutung. Außerdem änderte sich dies im Jahr 2014, als die Einnahmen ebenso wie die Erlöse unter die Prognosen des Umstrukturierungsplans fielen.

(194)

Als Maßnahmen zur Beschränkung ungerechtfertigter Verfälschungen des Wettbewerbs (Ausgleichsmaßnahmen) sieht der Umstrukturierungsplan die Freigabe von Zeitnischen auf drei koordinierten Flughäfen (London Gatwick, Helsinki und Wien) und die Aufgabe von zwölf Strecken vor; dies würde insgesamt 18 % der Kapazität von Estonian Air vor der Umstrukturierung entsprechen. Damit diese Strecken als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden können, müssen sie rentabel sein. Ansonsten wären sie aus Wirtschaftlichkeitserwägungen ohnehin gestrichen worden.

(195)

Estland hat Rentabilitätszahlen für die zwölf aufgegebenen Strecken vorgelegt. Die Zahlen beruhen auf drei Indikatoren: „Deckungsbeitrag DOC“, „Deckungsbeitrag 1“ und „Rentabilitätsspanne“. Estland zufolge umfasst der „Deckungsbeitrag DOC“ alle variablen Kosten (Fluggäste, Hin- und Rückflüge und Treibstoff), nicht jedoch Lohn-, Flotten-, Wartungs- und Abteilungskosten). Als „Deckungsbeitrag 1“ werden die Gesamteinnahmen abzüglich der fluggastbezogenen variablen Kosten bezeichnet; die „Rentabilitätsspanne“ beinhaltet Festkosten (feste Wartungskosten, Kosten des Bordpersonals und flottenbezogene Kosten), aber keine Gesamtkosten.

(196)

Wie bereits in einigen weiteren Umstrukturierungsfällen im Luftfahrtsektor betrachtet die Kommission Strecken auch in diesem Fall als rentabel, wenn für die Strecken im Jahr vor der Aufgabe ein positiver Deckungsbetrag C1 zu verzeichnen war (50). Der Deckungsbeitrag C1 berücksichtigt die bei den einzelnen Strecken anfallenden Flug-, Passagier- und Vertriebskosten (d. h. die variablen Kosten). Er ist insoweit ein geeigneter Parameter, als alle mit der betreffenden Strecke direkt verbundenen Kosten berücksichtigt werden. Bei Strecken mit einem positiven Deckungsbeitrag C1 werden nicht nur die variablen Kosten der Strecke abgedeckt, sondern es steht gleichzeitig auch ein Beitrag zur Deckung der Fixkosten des Unternehmens zur Verfügung.

(197)

Die Kommission stellt fest, dass der „Deckungsbeitrag DOC“ weitgehend identisch mit dem „Deckungsbeitrag C1“ ist. Daher ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass nur zwei Strecken (Venedig und Kuressaare) — auf die zusammen nur etwa 1 % der ASK-Kapazität des Unternehmens entfällt — tatsächlich rentabel wären und als angemessene Ausgleichsmaßnahmen betrachtet werden könnten.

(198)

Estland erläutert, infolge der Ertragssteigerungen durch die im Umstrukturierungsplan vorgesehene neue Strategie hätten diese Strecken im neuen Netz rentabel sein können; außerdem kämen diese Strecken anderen Fluggesellschaften zugute, da diesen der Grenzertrag durch Fluggäste zukäme, die früher mit Estonian Air geflogen seien. Estland legt jedoch keine spezifischen Berechnungen bezüglich der möglichen Rentabilität des neuen Geschäftsmodells vor. Vielmehr heißt es im Umstrukturierungsplan sogar ausdrücklich: „[Diese Strecken] können derzeit nicht rentabel betrieben werden und auch nicht zur Deckung der Flugzeugkosten beitragen.“ Daher können nach der Beschlusspraxis der Kommission zehn der zwölf vorgeschlagenen Strecken nicht als Ausgleichsmaßnahmen anerkannt werden.

(199)

Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die Freigabe von Zeitnischen auf drei koordinierten Flughäfen und die Aufgabe von zwei rentablen Strecken, die etwa 1 % der Kapazität der Fluggesellschaft entsprechen, die nachteiligen Auswirkungen der Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von Estonian Air nicht hinreichend aufwiegen.

(200)

Der vorgeschlagene Eigenbeitrag von Estonian Air beläuft sich dem Umstrukturierungsplan zufolge auf 27,8 Mio. EUR aus dem geplanten Verkauf von drei Flugzeugen im Jahr 2015, 7,5 Mio. EUR aus dem Verkauf eines Bürogebäudes am Flughafen Tallinn, 2 Mio. EUR aus dem Verkauf sonstiger nicht zum Kerngeschäft gehöriger Vermögenswerte und 0,7 Mio. EUR aus von […] zu gewährenden neuen Darlehen. Der größte Teil des Eigenbeitrags (der geplante Verkauf von drei Flugzeugen) sollte im Jahr 2015 aufgebracht werden; eine bindende Vereinbarung über den Verkauf der Flugzeuge besteht nicht. Estland hat jedoch eine augenscheinlich glaubwürdige Bewertung durch eine Beratungsgesellschaft vorgelegt, die einen möglichen Verkaufspreis für den zu verkaufenden Flugzeugtyp ermittelt hat. Außerdem führt die Fluggesellschaft Estland zufolge gegenwärtig Gespräche mit potenziellen Partnern über eine Sale-and-Lease-back-Transaktion. Auf dieser Grundlage sowie analog zu früheren Fällen in Verbindung mit Fluggesellschaften und angesichts der Tatsache, dass Estland ein Fördergebiet ist, betrachtet die Kommission den vorgeschlagenen Eigenbeitrag in Höhe von 36,44 Mio. EUR bei Umstrukturierungskosten von insgesamt 78,7 Mio. EUR (siehe Erwägungsgrund 55) und somit einem Anteil von 46,3 % der gesamten Umstrukturierungskosten als annehmbar.

(201)

Auch wenn der Eigenbeitrag annehmbar erscheint, wurden die Zweifel der Kommission an der Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität und an den Ausgleichsmaßnahmen nicht ausgeräumt.

(202)

Ebenso wie bei den Maßnahmen 4 und 5 ist die Kommission schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass aus den bereits erläuterten Gründen auch mit Maßnahme 6 gegen das Prinzip der einmaligen Gewährung verstoßen würde. In den Jahren 2010-2014 wurden mehrere Beihilfemaßnahmen (Maßnahmen 3, 4 und 5) zugunsten der sich in Schwierigkeiten befindenden Fluggesellschaft Estonian Air durchgeführt. Die Ausnahmebestimmungen nach Randnummer 73 der RuU-Leitlinien von 2004 sind nicht anwendbar. Da der geänderte Umstrukturierungsplan vom 31. Oktober 2014 nicht annehmbar ist, kann auch nicht festgestellt werden, dass sich die Umstrukturierungsbeihilfe an eine Rettungsbeihilfe als Teil eines einzigen Umstrukturierungsvorgangs anschließt (Randnummer 73 Buchstabe a). Außerdem hat Estland keine außergewöhnlichen oder unvorhersehbaren Umstände nach Randnummer 73 Buchstabe c vorgetragen.

(203)

Aus diesen Gründen erfüllt die im Umstrukturierungsplan von Juni 2013 vorgesehene Umstrukturierungsbeihilfe (Maßnahme 6) die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien von 2004 nicht und kann nicht als mit dem Binnenmarkt zu vereinbarende staatliche Beihilfe angesehen werden.

8.   RÜCKFORDERUNG

(204)

Nach dem AEUV und nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission befugt zu beschließen, dass der betreffende Mitgliedstaat eine Beihilfe (51) aufheben oder umgestalten muss, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist. Der Gerichtshof hat ferner einheitlich festgestellt, dass die Verpflichtung eines Mitgliedstaats zur Aufhebung einer von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbar bewerteten Beihilfe dazu führen soll, dass die frühere Lage wiederhergestellt wird (52). Der EuGH hat in diesem Zusammenhang erklärt, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn der Begünstigte die unrechtmäßig als Beihilfe erhaltenen Beträge erstattet hat, wodurch er den Vorteil verliert, in dessen Genuss er gegenüber seinen Konkurrenten auf dem Markt gekommen war, und die Situation wiederhergestellt ist, die vor der Gewährung der Beihilfe bestanden hatte (53).

(205)

Nach der Rechtsprechung heißt es in Artikel 16 der Verordnung (EG) Nr. 2015/1589 des Rates (54): „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.“ Da es sich bei den geprüften Maßnahmen um mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen handelt, muss die Beihilfe zurückgezahlt werden, damit der Zustand auf dem Markt vor der Gewährung der Beihilfe wiederhergestellt wird. Die Rückforderung erfolgt ab dem Zeitpunkt, ab dem dem Begünstigten der Vorteil erwachsen ist, das heißt, ab dem Zeitpunkt, zu dem der Begünstigte die Beihilfe erhalten hat. Der zurückzuzahlende Beihilfebetrag erhöht sich um die Zinsen, die ab dem Tag der Auszahlung an den Empfänger bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(206)

Da für den Staat keinerlei realistische Möglichkeit besteht, die vorgenommene Investition wiederzuerlangen, stellt die Kommission fest, dass die unter Bereitstellung staatlicher Barmittel erfolgte Kapitalzuführung von 2010 in Höhe von 17,9 Mio. EUR in vollem Umfang als Beihilfeelement einzustufen ist. Dies gilt auch für die Kapitalerhöhung in den Jahren 2011/2012 (Maßnahme 4), bei der das Beihilfeelement ebenfalls aus den gesamten vom Staat als Barmittel bereitgestellten 30 Mio. EUR besteht.

(207)

In Bezug auf Maßnahme 5, stellt die Kommission fest, dass Estland angesichts der finanziellen Lage von Estonian Air bei Gewährung der Rettungsdarlehen eine Rückzahlung nicht ernsthaft erwarten konnte. Da die Kommission zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Anforderungen an Rettungsbeihilfen nach den RuU-Leitlinien von 2015 nicht erfüllt sind, muss Estland sicherstellen, dass Estonian Air das gewährte Rettungsdarlehen in Höhe von 37 Mio. EUR in vollem Umfang zurückzahlt. Fällige und noch nicht gezahlte Zinsen sind dem Beihilfeelement zuzurechnen.

(208)

Da die angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe (Maßnahme 6) noch nicht an Estonian Air ausgezahlt wurde, besteht kein Anlass für eine Rückforderung.

9.   SCHLUSSFOLGERUNG

(209)

Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass Estland die Maßnahmen 3, 4 und 5 rechtswidrig umgesetzt und damit gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen hat. Außerdem sind die Maßnahmen mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

(210)

Diese unvereinbaren Beihilfen müssen nach Abschnitt 8 von Estonian Air zurückgezahlt werden, damit der vor der Gewährung der Beihilfen bestehende Zustand auf dem Markt wiederhergestellt wird.

(211)

Außerdem stellt die Kommission fest, dass die angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe von 40,7 Mio. EUR (Maßnahme 6) eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstellt. Daher darf diese Maßnahme nicht durchgeführt werden –

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

1.   Die Finanzierung von AS Estonian Air mit der Kapitalzuführung in Höhe von 2,48 Mio. EUR durch Estland im Februar 2009 stellt keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

2.   Die Veräußerung der Bodenabfertigungssparte von AS Estonian Air für einen Betrag von 2,4 Mio. EUR im Juni 2009 an den Flughafen Tallinn stellt keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 2

1.   Die staatliche Beihilfe in Höhe von 17,9 Mio. EUR, die Estland AS Estonian Air am 10. November 2010 rechtswidrig und unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

2.   Die staatliche Beihilfe in Höhe von 30 Mio. EUR, die Estland AS Estonian Air am 20. Dezember 2011 und am 6. März 2012 rechtswidrig und unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

3.   Die staatliche Rettungsbeihilfe in Höhe von 37 Mio. EUR, die Estland AS Estonian Air zwischen 2012 und 2014 rechtswidrig und unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 3

1.   Estland fordert die in Artikel 2 genannten Beihilfen vom Begünstigten zurück.

2.   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurden, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

3.   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (55) anhand der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 4

1.   Die in Artikel 2 genannten Beihilfen werden sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

2.   Estland stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

1.   Die staatliche Beihilfe in Höhe von 40,7 Mio. EUR, die Estland AS Estonian Air zu gewähren beabsichtigt, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

2.   Diese Beihilfe darf daher nicht durchgeführt werden.

Artikel 6

1.   Estland übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

(a)

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der vom Empfänger zurückzufordern ist;

(b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

(c)

Unterlagen, die belegen, dass eine Rückzahlungsanordnung an den Empfänger ergangen ist.

2.   Estland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Estland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Estland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die von den Empfängern bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 7

Dieser Beschluss ist an die Republik Estland gerichtet.

Brüssel, den 6. November 2015

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 150 vom 29.5.2013, S. 3 und 14.

(2)  ABl. C 141 vom 9.5.2014, S. 47.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Die Beschwerde wurde am 23. Mai 2013 noch vor der Anmeldung des Umstrukturierungsplans für Estonian Air am 20. Juni 2013 übermittelt. Daher wurde die Beschwerde unter der Nummer des Rettungsfalls (SA.35956) registriert. Da die Beschwerde sich jedoch teilweise auf die Pläne Estlands zur Rekapitalisierung der Fluggesellschaft bezogen, erfolgte die Würdigung im Zusammenhang mit dem Einleitungsbeschluss bezüglich des Umstrukturierungsfalls (SA.36868).

(5)  Der Einleitungsbeschluss bezüglich der Umstrukturierungsbeihilfe wurde mit dem Kommissionsbeschluss C(2014) 2316 final vom 2. April 2014 korrigiert.

(6)  Siehe Fußnote 2.

(7)  Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABI. Nr. 17 vom 6.10.1958, S. 385/58).

(8)  Im Jahr 2013 wurden auf den übrigen Flughäfen in Estland (auf den Regionalflughäfen Tartu, Pärnu, Kuressaare und Kärdla und den Flugplätzen Kihnu und Ruhnu) 44 288 Fluggäste abgefertigt. 2013 war Tartu der einzige estnische Regionalflughafen mit einem internationalen Linienflug nach Helsinki. Quelle: Jahresbericht 2013 der AS Tallinna Lennujaam als Betreiberin des Flughafens Tallinn, siehe http://www.tallinn-airport.ee/upload/Editor/Aastaaruanded/Lennujaama%20aastaraamat_2013_ENG.pdf

(9)  Quelle: Jahresbericht 2014 der AS Tallinna Lennujaam als Betreiberin des Flughafens Tallinn, siehe http://www.tallinn-airport.ee/upload/Editor/Ettevote/Lennujaama%20aastaraamat_ENG_2014_23.5.15.pdf

(10)  Quelle: Konsolidierter Jahresbericht 2013 von Estonian Air, siehe http://estonian-air.ee/wp-content/uploads/2014/06/ESTONIAN-AIR-ANNUAL-REPORT-2013.pdf

(11)  Quelle: Konsolidierter Jahresbericht 2014 von Estonian Air, siehe https://estonian-air.ee/wp-content/uploads/2014/04/Estonian-Air-Annual-Report-2014-FINAL-Webpage.pdf

(12)  Quelle: Jahresbericht 2013 der AS Tallinna Lennujaam, siehe Fußnote 8.

(13)  Quelle: Website des Flughafens Tallinn (http://www.tallinn-airport.ee/eng/).

(14)  Siehe Fußnote 12.

(15)  Siehe http://www.baltic-course.com/eng/transport/?doc=86191

(16)  Siehe http://www.aviator.aero/press_releases/13003; zum Zeitpunkt der Veräußerung war AS Estonian Air Regional eine stille Gesellschaft, die weder über Flugzeuge noch über Mitarbeiter oder Vermögenswerte verfügte.

(17)  Quelle: Korrektur der Prognose von Estonian Air für das erste Halbjahr 2012, siehe http://estonian-air.ee/wp-content/uploads/2014/04/ENG-1H-2012.pdf

(18)  Siehe Fußnote 10.

(19)  Siehe Fußnote 11.

(*)  Geschäftsgeheimnis.

(20)  Siehe Baltic Reports vom 7. Juni 2010, Government sets bailout deal for Estonian Air, http://balticreports.com/?p=19116

(21)  Siehe http://www.e24.ee/1106240/estonian-airile-makstakse-valja-kolm-miljonit-eurot/

(22)  Siehe konsolidierter Jahresbericht 2014 von Estonian unter https://estonian-air.ee/wp-content/uploads/2014/04/Estonian-Air-Annual-Report-2014-FINAL-Webpage.pdf sowie Pressemeldung „Estonian government approves of last loan payment to Estonian Air“ vom 20. November 2014 unter http://www.baltic-course.com/eng/transport/?doc=99082

(23)  Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte.

(24)  Wechselkurs 1 EUR = 15,65 EEK.

(25)  Nach dem Umstrukturierungsplan ist der Erhalt der folgenden zehn „Hauptstrecken“ vorgesehen: Amsterdam (AMS), Stockholm (ARN), Brüssel (BRU), Kopenhagen (CPH), Kiew (KBP), Sankt Petersburg (LED), Oslo (OSL), Moskau-Scheremetjewo (SVO), Trondheim (TRD) und Wilna (VNO). Die Flughäfen Paris Charles de Gaulle (CDG) und Nizza (NCE) werden saisonal bedient. Pressemeldungen und öffentlichen Erklärungen von Estonian Air zufolge hat Estonian Air über die im Umstrukturierungsplan genannten Strecken hinaus offenbar noch weitere Strecken saisonal angeboten (München (MUC), Split (SPU) und Berlin (TXL)) und beabsichtigt, dies auch weiterhin zu tun. Außerdem soll ab 2015 wohl noch Mailand (MXP) in das Netz der saisonalen Strecken aufgenommen werden.

(26)  ASK steht für „Available Seat Kilometres“ = Zahl der angebotenen Sitzplatzkilometer (Zahl der verfügbaren Sitze multipliziert mit der Zahl der geflogenen Kilometer). Die ASK-Kapazität ist für die Luftfahrtbranche die wichtigste Kennzahl für die Kapazität einer Fluggesellschaft und wurde in früheren Umstrukturierungsfällen in der Luftfahrtbranche auch von der Kommission berücksichtigt.

(27)  Als Deckungsbeitrag 1 wird die Summe der Einnahmen abzüglich der fluggastbezogenen variablen Kosten bezeichnet.

(28)  Im Plan wird der Deckungsbeitrag DOC (Direct Operating Costs) als Summe der Einnahmen abzüglich der Kosten für Fluggäste, Hin- und Rückflüge und Treibstoff definiert.

(29)  Infortar ist eine der größten privaten Investmentgruppen in Estland. Die Gruppe hält Beteiligungen u. a. in den Bereichen Schifffahrt (u. a. 36 % an Tallink, einem großen Schifffahrtsunternehmen mit Passagier- und Frachtschiffen im Ostseeraum), Immobilien und Finanzdienstleistungen. 2013 erzielte die Infortar-Gruppe einen Nettogewinn von 20 Mio. EUR und verfügte über Vermögenswerte in Höhe von 432 Mio. EUR.

(30)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(31)  Als Mobilitätsfaktor wird die Anzahl der Fluggäste geteilt durch die Bevölkerungszahl eines Landes bezeichnet.

(32)  Urteil vom 12. Dezember 1996, Air France/Kommission, T-358/94, Slg. 1996, EU:T:1996:194, Rn. 148 und 149.

(33)  Mitteilung über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. C 350 vom 10.12.1994, S. 5).

(34)  Der EV/Umsatz-Multiplikator ist ein Maßstab für den umsatzbezogenen Wert eines Unternehmens (Enterprise Value = EV) und bietet Kapitalgebern einen Anhaltspunkt für den Preis, der für die Übernahme der Umsätze des Unternehmens aufzuwenden ist.

(35)  Urteil Frankreich/Kommission (Stardust Marine), C-482/99, EU:C:2002:294, Rn. 52.

(36)  Siehe Geschäftsplan von 2010, Seiten 16 und 17.

(37)  Siehe von Estland erstellte interne Bewertung von Estonian Air („Value assessment of AS Estonian Air“), Seite 2.

(38)  Siehe http://www.bloomberg.com/news/2010-04-22/estonia-government-nears-accord-on-buying-control-of-estonian-air-from-sas.html

(39)  Siehe http://news.err.ee/v/economy/fe650a96-9daa-43e4-91eb-ab4396445593

(40)  Urteil Belgien/Kommission (Boch), C-40/85, EU:C:1986:305, Rn. 13; siehe auch Urteil vom 21. Januar 1999, Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH/Kommission, T-129/95, T-2/96 und T-97/96, ECR, EU:T:1999:7, Rn. 132.

(41)  Das „dritte Liberalisierungspaket“ umfasst drei Rechtsvorschriften: (i) die Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 1), (ii) die Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 8) und iii) die Verordnung (EWG) Nr. 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 15).

(42)  Siehe http://www.iata.org/whatwedo/Documents/economics/Industry-Outlook-December2011.pdf

(43)  Beschluss 2011/414/EU der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die staatliche Beihilfe C 8/10 (ex N 21/09 und NN 15/10) Griechenlands zugunsten von Varvaressos S.A. (ABl. L 184 vom 14.7.2011, S. 9). Siehe auch Beschluss der Kommission vom 9. Juli 2014 über die Maßnahmen Lettlands SA.34191 (2012/C) (ex 2012/NN) (ex 2012/CP) zugunsten von A/S Air Baltic Corporation (airBaltic) (ABl. L 183 vom 10.7.2015, S. 1).

(44)  Bei der Umstrukturierungsbeihilfe zugunsten von Cyprus Airways (siehe Beschluss (EU) 2015/1073 der Kommission vom 9. Januar über die staatliche Beihilfe SA.35888 (2013/C) (ex 2013/NN) SA.37220 (2014/C) (ex 2013/NN) SA.38225 (2014/C) (ex 2013/NN) Zyperns für Cyprus Airways (Public) Ltd (ABl. L 179 vom 8.7.2015, S. 83. Rn. 144 und 157)) wurde eine Umstrukturierungsphase von fünf Jahren und sechs Monaten als unangemessen lang bewertet. Bei früheren Positivbeschlüssen über Umstrukturierungsbeihilfen für Fluggesellschaften beschränkte sich die Umstrukturierungsphase im Allgemeinen auf höchstens fünf Jahre (siehe Beschluss (EU) 2015/1091, Rn. 179; Beschluss (EU) 2015/494 der Kommission vom 9. Juli 2014 über die von Slowenien durchgeführten Maßnahmen SA.32715 (2012/C) (ex 2012/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von Adria Airways d.d. (ABl. L 78 vom 24.3.2015, S. 18. Rn. 131); Beschluss 2013/151/EU der Kommission vom 19. September 2012 über die staatliche Beihilfe SA.30908 (11/C) (ex N 176/10) umgesetzt von der Tschechischen Republik für České aerolinie, a.s. (ČSA — Czech Airlines — Umstrukturierungsplan) (ABl. L 92 vom 3.4.2013, S. 16. Rn. 107) und Beschluss 2012/661/EU der Kommission vom 27. Juni 2012 in der Sache SA.33015 (2012/C) über die staatliche Beihilfe Maltas zugunsten von Air Malta plc. (ABl. L 301 vom 30.10.2012, S. 29. Rn. 93); Beschluss (EU) 2015/119 der Kommission vom 29. Juli 2014 über die von Polen geplante staatliche Beihilfe SA.36874 (2013/C) (ex 2013/N) für die polnische Fluggesellschaft Polskie Linie Lotnicze LOT S.A. und über die von Polen durchgeführte Maßnahme SA.36752 (2014/NN) (ex 2013/CP) zugunsten der polnischen Fluggesellschaft Polskie Linie Lotnicze LOT S.A. (ABl. L 25 vom 30.1.2015, S. 1. Rn. 241)).

(45)  Urteil Italien/Kommission, C-364/90, EU:C:1993:157, Rn. 20.

(46)  Mitteilung der Kommission — Vorübergehender Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. C 16 vom 22.1.2009, S. 1), geändert durch die Mitteilung der Kommission — Änderung des vorübergehenden Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (ABl. C 303 vom 15.12.2009, S. 6); der Vorübergehende Gemeinschaftsrahmen lief im Dezember 2011 aus.

(47)  Am 1. August 2014 traten die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1) („RuU-Leitlinien von 2014“) an die Stelle der RuU-Leitlinien von 2004. Nach Erwägungsgrund 136 der RuU-Leitlinien von 2014 werden bei Kommission vor dem 1. August 2014 registrierte Anmeldungen nach den zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Voraussetzungen geprüft. Da Maßnahme 6 am 20. Juni 2013 angemeldet wurde, wird diese Maßnahme nach den RuU-Leitlinien von 2004 bewertet. Ebenfalls nach den Erwägungsgründen 137 und 138 der RuU-Leitlinien von 2014 wird die Kommission auch die Vereinbarkeit der Maßnahmen 3 und 4 anhand der RuU-Leitlinien von 2004 würdigen.

(48)  ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1.

(49)  Siehe in diesem Sinn Urteil des EFTA-Gerichtshofs in den verbundenen Rechtssachen Hurtigruten ASA, Norwegen/EFTA-Überwachungsbehörde, E-10/11 und E-11/11, EFTA Ct. Rep, Slg. 2012, S. 758, Rn. 228 und 234-240.

(50)  Siehe Beschluss 2013/151/EU, Rn. 130 und 131; Beschluss (EU) 2015/1091, Rn. 194; und Beschluss (EU) 2015/494, Rn. 143.

(51)  Urteil Kommission/Deutschland, C-70/72, EU:C:1973:87, Rn. 13.

(52)  Urteil Spanien/Kommission, C-278/92, C-279/92 und C-280/92, EU:C:1994:325, Rn. 75.

(53)  Urteil Belgien/Kommission, C-75/97, ECLI:EU:C:1999:311, Rn. 64-65.

(54)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(55)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).


30.6.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 174/32


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2016/1032 DER KOMMISSION

vom 13. Juni 2016

über Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) gemäß der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates für die Nichteisenmetallindustrie

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2016) 3563)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (1), insbesondere auf Artikel 13 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

BVT-Schlussfolgerungen dienen als Referenzdokumente für die Festlegung der Genehmigungsauflagen für unter Kapitel II der Richtlinie 2010/75/EU fallende Anlagen, und die zuständigen Behörden sollten Emissionsgrenzwerte festlegen, mit denen sichergestellt wird, dass die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen nicht über den mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerten gemäß den BVT-Schlussfolgerungen liegen.

(2)

Mit dem Beschluss der Kommission vom 16. Mai 2011 (2) wurde ein Forum eingesetzt, dem Vertreter der Mitgliedstaaten, der betreffenden Industriezweige und der Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, angehören; dieses Forum legte der Kommission am 4. Dezember 2014 eine Stellungnahme zu dem vorgeschlagenen Inhalt des BVT-Merkblatts für die Nichteisenmetallindustrie vor. Diese Stellungnahme ist öffentlich zugänglich.

(3)

Die im Anhang dieses Beschlusses enthaltenen BVT-Schlussfolgerungen sind der wichtigste Bestandteil dieses BVT-Merkblatts.

(4)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des mit Artikel 75 Absatz 1 der Richtlinie 2010/75/EU eingesetzten Ausschusses —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang enthaltenen Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) für die Nichteisenmetallindustrie werden angenommen.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 13. Juni 2016

Für die Kommission

Karmenu VELLA

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17.

(2)  ABl. C 146 vom 17.5.2011, S. 3.


ANHANG

BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE NICHTEISENMETALLINDUSTRIE

ANWENDUNGSBEREICH

Diese BVT-Schlussfolgerungen betreffen bestimmte in Anhang I Abschnitte 2.1, 2.5 und 6.8 der Richtlinie 2010/75/EU genannte industrielle Tätigkeiten, nämlich:

—   2.1: Rösten oder Sintern von Metallerz einschließlich sulfidischer Erze;

—   2.5: Verarbeitung von Nichteisenmetallen:

a)

Gewinnung von Nichteisenrohmetallen aus Erzen, Konzentraten oder sekundären Rohstoffen durch metallurgische Verfahren, chemische Verfahren oder elektrolytische Verfahren;

b)

Schmelzen von Nichteisenmetallen, einschließlich Legierungen, darunter auch Wiedergewinnungsprodukte, und Betrieb von Gießereien, die Nichteisenmetalle herstellen, mit einer Schmelzkapazität von mehr als 4 t pro Tag bei Blei und Cadmium oder 20 t pro Tag bei allen anderen Metallen;

—   6.8: Herstellung von Kohlenstoff (Hartbrandkohle) oder Elektrographit durch Brennen oder Graphitieren.

Gegenstand dieser BVT-Schlussfolgerungen sind insbesondere die folgenden Prozesse und Tätigkeiten:

die Primär- und Sekundärerzeugung von Nichteisenmetallen;

die Erzeugung von Zinkoxid aus Dämpfen, die bei der Erzeugung anderer Metalle entstehen;

die Erzeugung von Nickelverbindungen aus Laugen, die bei der Erzeugung eines Metalls entstehen;

die Erzeugung von Calcium-Silicium (CaSi) und Silicium (Si) im selben Ofen wie Ferrosilicium;

die Erzeugung von Aluminiumoxid aus Bauxit vor der Erzeugung von Primäraluminium, wenn diese ein integraler Bestandteil der Metallerzeugung ist;

das Recycling von Aluminiumsalzschlacke;

die Erzeugung von Kohlenstoff- und/oder Graphitelektroden.

Diese BVT-Schlussfolgerungen gelten nicht für die folgenden Prozesse und Tätigkeiten:

das Sintern von Eisenerz — dies fällt unter die BVT-Schlussfolgerungen für die Eisen- und Stahlerzeugung;

die Erzeugung von Schwefelsäure auf Basis von SO2-haltigen Gasen aus der Erzeugung von Nichteisenmetallen — dies fällt unter die BVT-Schlussfolgerungen für die Herstellung anorganischer Grundchemikalien — Ammoniak, Säuren und Düngemittel;

Gießereien, die unter die BVT-Schlussfolgerungen für Schmieden und Gießereien fallen.

Folgende andere Merkblätter können für die in diesen BVT-Schlussfolgerungen behandelten Tätigkeiten relevant sein:

Merkblatt

Gegenstand

Energieeffizienz (ENE)

Allgemeine Aspekte der Energieeffizienz

Allgemeine Abwasser- und Abgasbehandlungssysteme in der chemischen Industrie (CWW)

Verfahren für die Abwasseraufbereitung zur Verminderung von Metallemissionen in Wasser

Herstellung anorganischer Grundchemikalien — Ammoniak, Säuren und Düngemittel (LVIC-AAF)

Schwefelsäureerzeugung

Industrielle Kühlsysteme (ICS)

Indirekte Kühlung mit Wasser und/oder Luft

Emissionen aus der Lagerung (EFS)

Lagerung und Umschlag von Rohstoffen

Ökonomische und medienübergreifende Effekte (ECM)

Wirtschaftliche und medienübergreifende Auswirkungen von Verfahren

Überwachung der Emissionen aus IE-Anlagen in die Luft und in Wasser (ROM)

Überwachung von Emissionen in Luft und Wasser

Abfallbehandlung (WT)

Umgang mit und Behandlung von Abfällen

Großfeuerungsanlagen (LCP)

Feuerungsanlagen zur Dampf- und/oder Stromerzeugung

Oberflächenbehandlung unter Verwendung von organischen Lösungsmitteln (STS)

Säurefreies Beizen

Oberflächenbehandlung von Metallen und Kunststoffen (STM)

Säurebeizen

BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Für den Zweck dieser BVT-Schlussfolgerungen gelten die folgenden Definitionen:

Verwendeter Begriff

Definition

Neue Anlage

Eine Anlage, die am Anlagenstandort erstmals nach der Veröffentlichung dieser BVT-Schlussfolgerungen genehmigt wird, oder eine vollständige Ersetzung einer Anlage auf dem bestehenden Fundament nach der Veröffentlichung dieser BVT-Schlussfolgerungen

Bestehende Anlage

Eine Anlage, die keine neue Anlage ist

Wesentliche Änderung

Eine wesentliche Veränderung der Konstruktion oder der Technik einer Anlage mit wesentlichen Anpassungen oder Ersetzungen der Prozesseinheiten und der zugehörigen Ausrüstung

Primäremissionen

Direkt aus den Öfen abgeleitete Emissionen, die sich nicht im unmittelbaren Umfeld der Öfen verteilen

Sekundäremissionen

Emissionen, die aus der Ofenausmauerung oder bei Vorgängen wie Beschickung oder Abstich austreten und die durch eine Haube oder Einhausung (z. B. ein Doghouse) erfasst werden

Primärerzeugung

Erzeugung von Metallen aus Erzen und Konzentraten

Sekundärerzeugung

Erzeugung von Metallen aus Rückständen und/oder Schrott, einschließlich Wiedereinschmelz- und Legierungsprozesse

Kontinuierliche Messung

Messung mit einem automatischen Messsystem, das am jeweiligen Standort für die kontinuierliche Emissionsüberwachung fest installiert ist

Periodische Messung

Manuelle oder automatische Ermittlung einer Messgröße (d. h. einer bestimmten zu messenden Menge) in bestimmten Zeitabständen

ALLGEMEINE ERWÄGUNGEN

Beste verfügbare Techniken

Die in diesen BVT-Schlussfolgerungen genannten und beschriebenen Techniken sind weder normativ noch erschöpfend. Es können andere Techniken eingesetzt werden, die mindestens das gleiche Umweltschutzniveau gewährleisten.

Wenn nicht anders angegeben, sind diese BVT-Schlussfolgerungen allgemein anwendbar.

Mit den BVT assoziierte Werte für Emissionen in die Luft

Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten („BVT-assoziierten“) Emissionswerte für Emissionen in die Luft, die in diesen BVT-Schlussfolgerungen angegeben sind, beziehen sich auf die folgenden Standardbedingungen: trockenes Abgas bei einer Temperatur von 273,15 K und einem Druck von 101,3 kPa.

Mittelungszeiträume für Emissionen in die Luft

Hinsichtlich der Mittelungszeiträume für Emissionen in die Luft gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

Tagesmittelwert

Mittelwert über einen Zeitraum von 24 Stunden als Durchschnitt aller geltenden Halbstunden- oder Stundenmittelwerte aus kontinuierlichen Messungen

Mittelwert über den Probenahmezeitraum

Mittelwert aus drei aufeinanderfolgenden Messungen mit einer Mindestdauer von jeweils mindestens 30 min, sofern nicht anders angegeben (1)

Mittelungszeiträume für Emissionen in Wasser

Hinsichtlich der Mittelungszeiträume für Emissionen in Wasser gilt die folgende Begriffsbestimmung:

Tagesmittelwert

Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von 24 Stunden, gemessen anhand von durchflussproportionalen Mischproben oder — bei nachweislich ausreichender Durchflussstabilität — anhand einer zeitproportionalen Mischprobe (2)

ABKÜRZUNGEN

Begriff

Bedeutung

BaP

Benzo[a]pyren

I-TEQ

Internationale toxische Äquivalenz, abgeleitet durch Anwendung internationaler toxischer Äquivalenzfaktoren im Sinne von Anhang VI Teil 2 der Richtlinie 2010/75/EU

NOX

Die Gesamtmenge an Stickstoffmonoxid (NO) und Stickstoffdioxid (NO2), ausgedrückt als NO2

PCDD/F

Polychlorierte Dibenzo-p-dioxine und Dibenzofurane (17 Kongenere)

PAK

Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe

TVOC

Gesamte flüchtige organische Verbindungen, gemessen mittels Flammenionisationsdetektor (FID) und ausgedrückt als Gesamtkohlenstoff (total volatile organic carbon)

VOC

Flüchtige organische Verbindungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 45 der Richtlinie 2010/75/EU (volatile organic compounds)

1.1.   ALLGEMEINE BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die in den Abschnitten 1.2 bis 1.9 beschriebenen prozessspezifischen BVT-Schlussfolgerungen gelten zusätzlich zu den in diesem Abschnitt genannten allgemeinen BVT-Schlussfolgerungen.

1.1.1.   Umweltmanagementsysteme (UMS)

BVT 1.   Die BVT zur Verbesserung der allgemeinen Umweltleistung besteht in der Einführung und Anwendung eines Umweltmanagementsystems (UMS), das alle folgenden Merkmale umfasst:

a)

besonderes Engagement der Führungskräfte, auch auf leitender Ebene;

b)

Festlegung einer Umweltstrategie, die eine kontinuierliche Verbesserung der Anlage durch die Führungskräfte umfasst;

c)

Planung und Umsetzung der erforderlichen Verfahren, Ziele und Vorgaben, einschließlich finanzieller Planung und Investitionen;

d)

Durchführung der Verfahren unter besonderer Berücksichtigung der folgenden Punkte:

i)

Struktur und Zuständigkeiten,

ii)

Einstellung, Schulung, Sensibilisierung und Kompetenz,

iii)

Kommunikation,

iv)

Einbeziehung der Arbeitnehmer,

v)

Dokumentation,

vi)

effiziente Prozessregelung,

vii)

Instandhaltungsprogramme,

viii)

Bereitschaftsplanung und Maßnahmen für Notfallsituationen,

ix)

Gewährleistung der Einhaltung von Umweltschutzvorschriften;

e)

Leistungskontrolle und Korrekturmaßnahmen unter besonderer Berücksichtigung der folgenden Punkte:

i)

Überwachung und Messung (siehe auch das Merkblatt zu Überwachung der Emissionen aus IE-Anlagen in die Luft und in das Wasser — ROM),

ii)

Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen,

iii)

Führen von Aufzeichnungen,

iv)

(soweit praktikabel) unabhängige interne oder externe Prüfung, um festzustellen, ob mit dem Umweltmanagementsystem die vorgesehenen Regelungen eingehalten werden und ob das UMS ordnungsgemäß eingeführt wurde und angewandt wird;

f)

Überprüfung des Umweltmanagementsystems und seiner fortgesetzten Eignung, Angemessenheit und Wirksamkeit durch die leitenden Führungskräfte;

g)

kontinuierliche Entwicklung umweltverträglicherer Technologien;

h)

Berücksichtigung der Umweltauswirkungen einer späteren Stilllegung der Anlage schon bei der Konzeption einer neuen Anlage sowie während der gesamten Nutzungsdauer;

i)

regelmäßige Durchführung von sektorspezifischen Benchmarking.

Das UMS umfasst auch die Erstellung und Durchführung eines Aktionsplans für diffuse Staubemissionen (siehe BVT 6) und die Anwendung eines Wartungsmanagementsystems, das speziell auf die Leistungsoptimierung von Entstaubungssystemen ausgelegt ist (siehe BVT 4).

Anwendbarkeit

Der Anwendungsbereich (z. B. die Detailtiefe) und die Art des Umweltmanagementsystems (z. B. standardisiert oder nichtstandardisiert) hängen in der Regel mit der Art, Größe und Komplexität der Anlage sowie mit dem Ausmaß ihrer potenziellen Umweltbelastung zusammen.

1.1.2.   Energiemanagement

BVT 2.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Energieeffizienzmanagementsystem (z. B. ISO 50001)

Allgemein anwendbar

b

Regenerative oder rekuperative Brenner

Allgemein anwendbar

c

Wärmerückgewinnung (z. B. Dampf, Heißwasser, Heißluft) aus der Prozessabwärme

Nur für pyrometallurgische Prozesse anwendbar

d

Regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

Nur anwendbar, wenn die Minderung eines brennbaren Schadstoffs notwendig ist

e

Vorwärmung der Ofencharge, der Verbrennungsluft oder des Brennstoffs mit Wärme, die aus heißen Gasen aus der Schmelzphase zurückgewonnen wurde

Nur für das Rösten oder Schmelzen von Sulfiderz/-konzentrat und für sonstige pyrometallurgische Prozesse anwendbar

f

Erwärmung der Auslauglösungen mittels Dampf oder heißem Wasser aus der Abwärmerückgewinnung

Nur für Aluminiumoxid oder hydrometallurgische Prozesse anwendbar

g

Verwendung der heißen Gase aus den Gießrinnen als vorgewärmte Verbrennungsluft

Nur für pyrometallurgische Prozesse anwendbar

h

Verwendung sauerstoffangereicherter Luft oder reinen Sauerstoffs in den Brennern, um den Energieverbrauch durch autogenes Einschmelzen oder die vollständige Verbrennung kohlenstoffhaltiger Materialien zu senken

Nur für Öfen anwendbar, die schwefel- oder kohlenstoffhaltige Rohstoffen verwenden

i

Trocknung von Konzentraten und nassen Rohstoffen bei niedrigen Temperaturen

Nur anwendbar, wenn eine Trocknung durchgeführt wird

j

Rückgewinnung des chemischen Energiegehalts des in einem Elektro- oder Schacht-/Hochofen erzeugten Kohlenmonoxids durch Nutzung der Abgase — nach Abscheidung von Metallen — als Brennstoff in anderen Produktionsprozessen oder zur Erzeugung von Dampf/Heißwasser oder Strom

Nur für Abgase mit einem CO-Gehalt von > 10 Volumenprozent anwendbar. Die Anwendbarkeit wird zudem durch die Zusammensetzung des Abgases sowie dadurch beeinflusst, dass kein kontinuierlicher Betrieb (d. h. Chargenbetrieb) möglich ist.

k

Rückführung der Rauchgase durch einen Sauerstoffbrenner (Oxy-Fuel) zur Rückgewinnung der im gesamten organischen Kohlenstoffgehalt enthaltenen Energie

Allgemein anwendbar

l

Angemessene Isolierung für Hochtemperatur-Anlagenelemente wie Dampf- und Heißwasserrohre

Allgemein anwendbar

m

Nutzung der aus der Produktion von Schwefelsäure aus Schwefeldioxid erzeugten Wärme zur Vorwärmung des zur Schwefelsäureanlage geleiteten Gases oder zur Erzeugung von Dampf und/oder Heißwasser

Nur anwendbar für Nichteisenmetallanlagen die Schwefelsäure oder Flüssig-SO2 produzieren

n

Einsatz hocheffizienter Elektromotoren mit Frequenzumrichter für Anlagenkomponenten wie Gebläse

Allgemein anwendbar

o

Einsatz von Steuersystemen, die je nach den tatsächlichen Emissionen das Abluftsystem automatisch aktivieren oder die Abzugsleistung anpassen

Allgemein anwendbar

1.1.3.   Prozesssteuerung

BVT 3.   Die BVT zur Verbesserung der allgemeinen Umweltleistung besteht in der Gewährleistung eines stabilen Prozessablaufs mithilfe eines Prozesssteuerungssystems und einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Untersuchung und Auswahl der Einsatzstoffe je nach Prozess und angewandten Emissionsminderungstechniken

b

Gute Vermischung der Einsatzmaterialien zur Erreichung einer optimalen Umwandlungseffizienz und zur Verminderung der Emissionen und der Ausschussproduktion

c

Wiege- und Dosiersysteme für das Einsatzmaterial

d

Prozessoren für die Steuerung der Chargiergeschwindigkeit, der kritischen Prozessparameter und -bedingungen, einschließlich der Alarmsysteme, der Verbrennungsbedingungen und der Gaszufuhr

e

Online-Überwachung der Ofentemperatur, des Ofendrucks und der Gasströmung

f

Überwachung der kritischen Prozessparameter der Anlage zur Minderung der Emissionen in die Luft, zum Beispiel Gastemperatur, Reagenziendosierung, Druckverlust, Elektrofilterstrom und -spannung, Durchflussmenge und pH-Wert der Abscheiderflüssigkeit sowie gasförmige Bestandteile (z. B. O2, CO, VOC)

g

Kontrolle des Staub- und Quecksilberanteils in den Abgasen vor dem Transfer in die Schwefelsäureanlage (bei Anlagen, in denen Schwefelsäure oder flüssiges SO2 erzeugt werden)

h

Online-Überwachung von Erschütterungen zur Feststellung von Blockagen und eventuellen Anlagenausfällen

i

Online-Überwachung des Stroms, der Spannung und der Temperatur elektrischer Kontakte in elektrolytischen Prozessen

j

Überwachung und Regelung der Temperatur von Schmelz- und Einschmelzöfen zur Vermeidung der Bildung von Metall- und Metalloxiddämpfen infolge von Überhitzung

k

Prozessor zur Steuerung der Reagenziendosierung und der Leistung der Abwasserbehandlungsanlage durch Online-Überwachung von Temperatur, Trübung, pH-Wert, Leitfähigkeit und Strömung

BVT 4.   Die BVT zur Verminderung gefasster Staub- und Metallemissionen in die Luft besteht in der Anwendung eines Wartungsmanagementsystems, das als Teil des Umweltmanagementsystems speziell auf die Leistungsfähigkeit der Staubminderungssysteme ausgerichtet ist (siehe BVT 1).

1.1.4.   Diffuse Emissionen

1.1.4.1.   Allgemeiner Ansatz für die Vermeidung diffuser Emissionen

BVT 5.   Die BVT zur Vermeidung oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft und in Wasser besteht darin, diffuse Emissionen möglichst quellnah zu erfassen und zu behandeln.

BVT 6.   Die BVT zur Vermeidung oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Verminderung diffuser Staubemissionen in die Luft besteht in der Erstellung und Durchführung eines Aktionsplans für diffuse Staubemissionen als Teil des Umweltmanagementsystems (siehe BVT 1), der die beiden folgenden Maßnahmen umfasst:

a)

Identifizierung der wichtigsten Quellen diffuser Staubemissionen (z. B. nach EN 15445);

b)

Festlegung und Durchführung angemessener Maßnahmen sowie Festlegung und Einführung angemessener Techniken zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen in einem bestimmten Zeitrahmen.

1.1.4.2.   Diffuse Emissionen aus Lagerung, Umschlag und Transport von Rohstoffen

BVT 7.   Die BVT zur Vermeidung diffuser Emissionen aus der Lagerung von Rohstoffen besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Lagerung staubender Materialien (z. B. Konzentrate, Flussmittel und feine Stoffe) in geschlossenen Gebäuden oder geschlossenen Silos/Bunkern

b

Überdachte Lagerung von nicht staubenden Materialien (z. B. Konzentrate, Flussmittel, feste Brennstoffe, Schüttgüter und Koks) sowie von Sekundärrohstoffen, die wasserlösliche organische Verbindungen enthalten

c

Feste Verpackung staubender Materialien oder Sekundärstoffe, die wasserlösliche organische Verbindungen enthalten

d

Lagerung pelletierter oder agglomerierter Materialien in überdachten Lagerbuchten

e

Bei staubenden Materialien: Benetzung mit Wasser und Sprühnebel mit oder ohne Zusatzstoffe wie Latex

f

Anbringung von Staub-/Gasabzugsvorrichtungen an Stellen, an denen staubende Materialien umgeschlagen oder abgekippt werden

g

Lagerung von Chlorgas oder chlorhaltigen Mischungen in zertifizierten Druckbehältern

h

Verwendung von Tanks aus Materialien, die gegenüber den darin gelagerten Stoffen beständig sind

i

Zuverlässige Leckagedetektionssysteme und Tank-Füllstandsanzeige mit Alarmfunktion zur Vermeidung einer Überfüllung

j

Lagerung reaktiver Materialien in doppelwandigen Tanks oder in Tanks, die sich innerhalb chemikalienbeständiger Auffangwannen derselben Kapazität befinden, und Nutzung eines Lagerbereichs, der undurchlässig und gegenüber den gelagerten Materialien beständig ist

k

Auslegung von Lagerbereichen nach folgenden Kriterien:

Leckageverluste aus Tanks und Anlieferungssystemen werden in Auffangwannen mit der Mindestlagerkapazität des größten Lagerbehälters im System aufgefangen.

Anlieferungsstellen befinden sich innerhalb der Auffangwanne, damit verschüttete Materialien gesammelt werden.

l

Verwendung einer Inertgasüberlagerung für die Lagerung von Materialien, die mit Luft reagieren

m

Erfassung und Behandlung von Emissionen aus der Lagerung mittels eines Emissionsminderungssystems, das auf die Behandlung der gelagerten Verbindungen ausgelegt ist; Erfassung und Behandlung des Wassers, das den Staub auswäscht, vor dessen Ableitung

n

Regelmäßige Reinigung des Lagerbereichs und, sofern erforderlich, Befeuchten mit Wasser

o

Bei Lagerung im Freien: Ausrichtung von Lagerhalden mit der Längsachse parallel zur Hauptwindrichtung

p

Bei Lagerung im Freien: Schutzpflanzungen, Windschutzzäune oder windwärts positionierte Konstruktionen zur Verringerung der Windgeschwindigkeit

q

Bei Lagerung im Freien: eher ein größerer Haufen als mehrere kleine, sofern möglich

r

Verwendung von Öl- und Feststoffabscheidern zur Drainage offener Lager; Lagerung von Materialien, die Öl freisetzen können, (z. B. Metallspäne) auf betonierten Flächen mit Rinnsteinen oder anderen Auffangvorrichtungen

Anwendbarkeit

BVT 7.e ist nicht anwendbar bei Prozessen, die trockene Materialien oder Erze/Konzentrate erfordern, bei denen es aufgrund ihres natürlichen Feuchtegehalts nicht zu einer Staubbildung kommt. Die Anwendbarkeit kann in Regionen mit Wassermangel oder sehr niedrigen Temperaturen eingeschränkt sein.

BVT 8.   Die BVT zur Vermeidung diffuser Emissionen aus Umschlag und Transport von Rohstoffen besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Geschlossene Förderanlagen oder pneumatische Systeme für Übergabe und Umschlag von staubenden Konzentraten und Schmelzmitteln sowie feinkörnigen Materialien

b

Überdachte Förderanlagen für den Umschlag von nicht staubenden Feststoffen

c

Bei staubenden Materialien: Absaugung von Staub an Befüllstellen, Silo-Entlüftungsöffnungen, pneumatischen Umschlagsystemen und Übergabestellen sowie Anbindung an ein Filtersystem

d

Verschlossene Säcke oder Fässer für Materialien mit dispergierbaren oder wasserlöslichen Komponenten

e

Geeignete Behälter für pelletierte Materialien

f

Befeuchten der Materialien an den Umschlagstellen

g

Minimierung der Transportstrecken

h

Verringerung der Fallhöhe von Förderbändern, Schaufelladern oder Greifern

i

Anpassung der Geschwindigkeit offener Förderbänder (< 3,5 m/s)

j

Minimierung der Absenkgeschwindigkeit oder der freien Fallhöhe der Materialien

k

Positionierung von Förderanlagen und Rohrleitungen in sicheren, offenen Bereichen über dem Boden, damit Leckagen schnell erkannt und Beschädigungen durch Fahrzeuge oder andere Vorrichtungen verhindert werden können. Bei Verwendung von unterirdisch verlegten Leitungen: Dokumentation und Markierung des Leitungsverlaufs und Einsatz sicherer Ausbaggerungssysteme.

l

Automatisch schließende Auslässe für den Umschlag von Flüssigkeiten und Flüssiggas

m

Rückführung verdrängter Gase in die Tanks des Lieferfahrzeugs zur Minderung der VOC-Emissionen (Gaspendelung)

n

Waschen der Räder und der Karosserie von Fahrzeugen, die staubende Materialien abliefern oder umschlagen

o

Durchführung gezielter Straßenreinigungen

p

Trennung miteinander unverträglicher Materialien (z. B. Oxidationsmittel und organische Materialien)

q

Minimierung von Materialtransporten zwischen Prozessen

Anwendbarkeit

BVT 8.n ist eventuell nicht anwendbar, wenn die Gefahr einer Eisbildung besteht.

1.1.4.3.   Diffuse Emissionen aus der Metallerzeugung

BVT 9.   Die BVT zur Vermeidung oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Verminderung diffuser Emissionen aus der Metallerzeugung besteht in der Optimierung der Effizienz der Abgaserfassung und -behandlung durch eine Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Thermische oder mechanische Vorbehandlung des Sekundärrohstoffs zur Minimierung der organischen Verunreinigung des Ofen-Einsatzmaterials

Allgemein anwendbar

b

Einsatz eines geschlossenen Ofens mit ordnungsgemäß konzipiertem Entstaubungssystem oder Abdichtung des Ofens und anderer Prozesseinheiten mithilfe eines geeigneten Entlüftungssystems

Die Anwendbarkeit kann aus Sicherheitsgründen (z. B. Typ/Konstruktion des Ofens, Explosionsrisiko) eingeschränkt sein.

c

Verwendung einer Sekundärhaube für Ofenvorgänge wie Beschicken oder Abstich

Die Anwendbarkeit kann aus Sicherheitsgründen (z. B. Typ/Konstruktion des Ofens, Explosionsrisiko) eingeschränkt sein.

d

Erfassung von Staub oder Rauch/Dämpfen an Stellen, an denen staubende Materialien umgeschlagen werden (z. B. Ofen-Beschickungs- und -Abstechpunkte, abgedeckte Gießrinnen)

Allgemein anwendbar

e

Optimierung der Konstruktion und des Betriebs der Abzugshauben und -schächte zur Erfassung der Rauche/Dämpfe, die in der Beschickungsöffnung und beim Abstich des heißen Metalls, des Steins oder der Schlacke und während des Umschlags in abgedeckten Gießrinnen freigesetzt werden

Bei bestehenden Anlagen kann die Anwendbarkeit durch Beschränkungen des verfügbaren Platzes und der Anlagenkonfiguration eingeschränkt sein.

f

Einhausung von Öfen/Reaktoren (z. B. „House-in-House“ oder „Doghouse“) für Abstech- und Beschickungsvorgänge

Bei bestehenden Anlagen kann die Anwendbarkeit durch Beschränkungen des verfügbaren Platzes und der Anlagenkonfiguration eingeschränkt sein.

g

Optimierung des Abgasstroms aus dem Ofen durch computergestützte Fluiddynamikuntersuchungen und Tracer

Allgemein anwendbar

h

Beschickungssysteme für halbgeschlossene Öfen für eine Rohstoffzufuhr in kleinen Mengen

Allgemein anwendbar

i

Behandlung der erfassten Emissionen in einem geeigneten Emissionsminderungssystem

Allgemein anwendbar

1.1.5.   Überwachung von Emissionen in die Luft

BVT 10.   Die BVT besteht in der Überwachung der gefassten Emissionen in die Luft mit der nachstehend angegebenen Mindesthäufigkeit unter Einhaltung von EN-Normen. Wenn keine EN-Normen verfügbar sind, besteht die BVT in der Anwendung von ISO-Normen, nationalen Normen oder sonstigen internationalen Normen, die die Ermittlung von Daten einer gleichwertigen wissenschaftlichen Qualität gewährleisten.

Parameter

Für die Überwachung relevante BVT

Mindestüberwachungshäufigkeit

Norm(en)

Staub (4)

Kupfer:

BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Aluminium:

BVT 56, BVT 58, BVT 59, BVT 60, BVT 61, BVT 67, BVT 81, BVT 88

Blei, Zinn:

BVT 94, BVT 96, BVT 97

Zink, Cadmium:

BVT 119, BVT 122

Edelmetalle:

BVT 140

Ferrolegierungen:

BVT 155, BVT 156, BVT 157, BVT 158

Nickel, Kobalt:

BVT 171

Sonstige Nichteisenmetalle:

Emissionen aus Produktionsstufen wie der Vorbehandlung der Einsatzmaterialien, der Beschickung, dem Einschmelzen, dem Schmelzen und dem Abstich

Kontinuierlich (3)

EN 13284-2

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 40, BVT 41, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Aluminium:

BVT 56, BVT 58, BVT 59, BVT 60, BVT 61, BVT 66, BVT 67, BVT 68, BVT 80, BVT 81, BVT 82, BVT 88

Blei, Zinn:

BVT 94, BVT 95, BVT 96, BVT 97

Zink, Cadmium:

BVT 113, BVT 119, BVT 121, BVT 122, BVT 128, BVT 132

Edelmetalle:

BVT 140

Ferrolegierungen:

BVT 154, BVT 155, BVT 156, BVT 157, BVT 158

Nickel, Kobalt:

BVT 171

Kohlenstoff/Graphit:

BVT 178, BVT 179, BVT 180, BVT 181

Sonstige Nichteisenmetalle:

Emissionen aus Produktionsstufen wie der Vorbehandlung der Einsatzmaterialien, der Beschickung, dem Einschmelzen, dem Schmelzen und dem Abstich

Einmal jährlich (3)

EN 13284-1

Antimon und seine Verbindungen, ausgedrückt als Sb

Blei, Zinn:

BVT 96, BVT 97

Einmal jährlich

EN 14385

Arsen und seine Verbindungen, ausgedrückt als As

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Blei, Zinn:

BVT 96, BVT 97

Zink:

BVT 122

Einmal jährlich

EN 14385

Cadmium und seine Verbindungen, ausgedrückt als Cd

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 41, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Blei, Zinn:

BVT 94, BVT 95, BVT 96, BVT 97

Zink, Cadmium:

BVT 122, BVT 132

Ferrolegierungen:

BVT 156

Einmal jährlich

EN 14385

Chrom(VI)

Ferrolegierungen:

BVT 156

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Kupfer und seine Verbindungen, ausgedrückt als Cu

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Blei, Zinn:

BVT 96, BVT 97

Einmal jährlich

EN 14385

Nickel und seine Verbindungen, ausgedrückt als Ni

Nickel, Kobalt:

BVT 172, BVT 173

Einmal jährlich

EN 14385

Blei und seine Verbindungen, ausgedrückt als Pb

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 41, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Blei, Zinn:

BVT 94, BVT 95, BVT 96, BVT 97

Ferrolegierungen:

BVT 156

Einmal jährlich

EN 14385

Thallium und seine Verbindungen, ausgedrückt als Tl

Ferrolegierungen:

BVT 156

Einmal jährlich

EN 14385

Zink und seine Verbindungen, ausgedrückt als Zn

Zink, Cadmium:

BVT 113, BVT 114, BVT 119, BVT 121, BVT 122, BVT 128, BVT 132

Einmal jährlich

EN 14385

Sonstige Metalle, sofern relevant (5)

Kupfer:

BVT 37, BVT 38, BVT 39, BVT 40, BVT 41, BVT 42, BVT 43, BVT 44, BVT 45

Blei, Zinn:

BVT 94, BVT 95, BVT 96, BVT 97

Zink, Cadmium:

BVT 113, BVT 119, BVT 121, BVT 122, BVT 128, BVT 132

Edelmetalle:

BVT 140

Ferrolegierungen:

BVT 154, BVT 155, BVT 156, BVT 157, BVT 158

Nickel, Kobalt:

BVT 171

Sonstige Nichteisenmetalle

Einmal jährlich

EN 14385

Quecksilber und seine Verbindungen, ausgedrückt als Hg

Kupfer, Aluminium, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Ferrolegierungen, Nickel, Kobalt, sonstige Nichteisenmetalle:

BVT 11

Kontinuierlich oder einmal jährlich (3)

EN 14884

EN 13211

SO2

Kupfer: BVT 49

Aluminium: BVT 60, BVT 69

Blei, Zinn: BVT 100

Edelmetalle: BVT 142, BVT 143

Nickel, Kobalt: BVT 174

Sonstige Nichteisenmetalle  (8)  (9)

Kontinuierlich oder einmal jährlich (3)  (6)

EN 14791

Zink, Cadmium: BVT 120

Kontinuierlich

Kohlenstoff/Graphit: BVT 182

Einmal jährlich

NOX, ausgedrückt als NO2

Kupfer, Aluminium, Blei, Zinn, FeSi, Si (pyrometallurgische Prozesse): BVT 13

Edelmetalle: BVT 141

Sonstige Nichteisenmetalle  (9)

Kontinuierlich oder einmal jährlich (3)

EN 14792

Kohlenstoff/Graphit

Einmal jährlich

TVOC

Kupfer: BVT 46

Aluminium: BVT 83

Blei, Zinn: BVT 98

Zink, Cadmium: BVT 123

Sonstige Nichteisenmetalle  (10)

Kontinuierlich oder einmal jährlich (3)

EN 12619

Ferrolegierungen: BVT 160

Kohlenstoff/Graphit: BVT 183

Einmal jährlich

Formaldehyd

Kohlenstoff/Graphit:

BVT 183

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Phenol

Kohlenstoff/Graphit: BVT 183

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

PCDD/F

Kupfer: BVT 48

Aluminium: BVT 83

Blei, Zinn: BVT 99

Zink, Cadmium: BVT 123

Edelmetalle: BVT 146

Ferrolegierungen: BVT 159

Sonstige Nichteisenmetalle  (7)  (9)

Einmal jährlich

EN 1948, Teile 1, 2 und 3

H2SO4

Kupfer: BVT 50

Zink, Cadmium: BVT 114

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

NH3

Aluminium: BVT 89

Edelmetalle: BVT 145

Nickel, Kobalt: BVT 175

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Benzo[a]pyren

Aluminium:

BVT 59, BVT 60, BVT 61

Ferrolegierungen:

BVT 160

Kohlenstoff/Graphit:

BVT 178, BVT 179, BVT 180, BVT 181

Einmal jährlich

ISO 11338-1

ISO 11338-2

Gasförmige Fluoride, ausgedrückt als HF

Aluminium: BVT 60, BVT 61, BVT 67

Kontinuierlich (3)

ISO 15713

Aluminium: BVT 60, BVT 67, BVT 84

Zink, Cadmium: BVT 124

Einmal jährlich (3)

Gesamtfluoride

Aluminium: BVT 60, BVT 67

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Gasförmige Chloride, ausgedrückt als HCl

Aluminium: BVT 84

Kontinuierlich oder einmal jährlich (3)

EN 1911

Zink, Cadmium: BVT 124

Edelmetalle: BVT 144

Einmal jährlich

Cl2

Aluminium: BVT 84

Edelmetalle: BVT 144

Nickel, Kobalt: BVT 172

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

H2S

Aluminium: BVT 89

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

PH3

Aluminium: BVT 89

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Summe aus AsH3 und SbH3

Zink, Cadmium: BVT 114

Einmal jährlich

Keine EN-Norm verfügbar

Anmerkung:

„Sonstige Nichteisenmetalle“ bezieht sich auf die Erzeugung von anderen Nichteisenmetallen als den in den Abschnitten 1.2 bis 1.8 ausdrücklich genannten.

1.1.6.   Quecksilberemissionen

BVT 11.   Die BVT zur Verminderung der Quecksilberemissionen in die Luft aus pyrometallurgischen Prozessen (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung von Rohstoffen mit einem geringen Quecksilbergehalt, auch durch Zusammenarbeit mit Lieferanten, um Quecksilber in Sekundärrohstoffen zu entfernen

b

Verwendung von Adsorptionsmitteln (z. B. Aktivkohle, Selen) in Kombination mit einer Staubfiltration (11)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 1.

Tabelle 1

BVT-assoziierte Emissionswerte für Quecksilberemissionen in die Luft aus pyrometallurgischen Prozessen mit quecksilberhaltigen Rohstoffen (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (12)  (13)

Quecksilber und seine Verbindungen, ausgedrückt als Hg

0,01-0,05

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.1.7.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 12.   Die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen aus Abgasen mit hohem SO2-Gehalt und zur Vermeidung von Abfällen aus dem Rauchgasreinigungssystem besteht in der Rückgewinnung von Schwefel durch Erzeugung von Schwefelsäure oder von flüssigem SO2.

Anwendbarkeit

Nur für Anlagen anwendbar, die Kupfer, Blei, Primärzink, Silber, Nickel und/oder Molybdän erzeugen.

1.1.8.   NOX-Emissionen

BVT 13.   Die BVT zur Vermeidung von NOX-Emissionen in die Luft aus pyrometallurgischen Prozessen besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (14)

a

NOX-arme Brenner

b

Sauerstoffbrenner (Oxy-Fuel)

c

Bei Sauerstoffbrennern (Oxy-Fuel): Rauchgasrückführung (durch den Brenner zur Reduzierung der Flammentemperatur)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.1.9.   Emissionen in Wasser sowie Überwachung dieser Emissionen

BVT 14.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung des Abwasseranfalls besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Messung der Menge des verbrauchten Frischwassers und der Menge des abgeleiteten Abwassers

Allgemein anwendbar

b

Wiederverwendung von Abwasser aus Reinigungsvorgängen (einschließlich des Anoden- und Kathodenspülwasser) und Wiederverwendung von Überlaufwasser im gleichen Prozess

Allgemein anwendbar

c

Wiederverwendung der in Nass-Elektrofiltern und Nasswäschern erzeugten schwachen Säuren

Die Anwendbarkeit kann je nach Metall- und Feststoffgehalt des Abwassers eingeschränkt sein.

d

Wiederverwendung des Abwassers aus der Schlackengranulierung

Die Anwendbarkeit kann je nach Metall- und Feststoffgehalt des Abwassers eingeschränkt sein.

e

Wiederverwendung des Oberflächenablaufwassers

Allgemein anwendbar

f

Anwendung eines geschlossenen Kühlkreislaufsystems

Die Anwendbarkeit kann eingeschränkt sein, wenn prozessbedingt eine niedrige Temperatur erforderlich ist.

g

Wiederverwendung des in der Abwasserbehandlungsanlage aufbereiteten Wassers

Die Anwendbarkeit kann durch den Salzgehalt eingeschränkt sein.

BVT 15.   Die BVT zur Vermeidung der Wasserverunreinigung und zur Verminderung der Emissionen in Wasser besteht darin, nicht verunreinigte Abwasserströme von behandlungsbedürftigen Abwasserströmen zu trennen.

Anwendbarkeit

Das Verfahren der Trennung von nicht verunreinigtem Regenwasser ist bei bestehenden Abwassersammelsystemen möglicherweise nicht anwendbar.

BVT 16.   Die BVT besteht darin, Wasser nach ISO 5667 zu beproben und die Emissionen in Wasser nach EN-Normen mindestens einmal im Monat (15) an der Stelle zu überprüfen, an der die Emissionen die Anlage verlassen. Wenn keine EN-Normen verfügbar sind, besteht die BVT in der Anwendung von ISO-Normen, nationalen Normen oder sonstigen internationalen Normen, die die Ermittlung von Daten einer gleichwertigen wissenschaftlichen Qualität gewährleisten.

Parameter

Anwendbar für die Erzeugung von (16)

Norm(en)

Quecksilber (Hg)

Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Edelmetalle, Ferrolegierungen, Nickel, Kobalt und sonstige Nichteisenmetalle

EN ISO 17852

EN ISO 12846

Eisen (Fe)

Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Edelmetalle, Ferrolegierungen, Nickel, Kobalt und sonstige Nichteisenmetalle

EN ISO 11885

EN ISO 15586

EN ISO 17294-2

Arsen (As)

Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Edelmetalle, Ferrolegierungen, Nickel und Kobalt

Cadmium (Cd)

Kupfer (Cu)

Nickel (Ni)

Blei (Pb)

Zink (Zn)

Silber (Ag)

Edelmetalle

Aluminium (Al)

Aluminium

Kobalt (Co)

Nickel und Kobalt

Gesamtchrom (Cr)

Ferrolegierungen

Chrom(VI) (Cr(VI))

Ferrolegierungen

EN ISO 10304-3

EN ISO 23913

Antimon (Sb)

Kupfer, Blei und Zinn

EN ISO 11885

EN ISO 15586

EN ISO 17294-2

Zinn (Sn)

Kupfer, Blei und Zinn

Sonstige Metalle, sofern relevant (17)

Aluminium, Ferrolegierungen und sonstige Nichteisenmetalle

Sulfat (SO4 2-)

Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Edelmetalle, Nickel, Kobalt und sonstige Nichteisenmetalle

EN ISO 10304-1

Fluorid (F-)

Primäraluminium

Abfiltrierbare Stoffe (AFS)

Aluminium

EN 872

BVT 17.   Die BVT zur Verminderung von Emissionen in Wasser besteht darin, Leckagen aus der Lagerung von Flüssigkeiten sowie das Abwasser aus der Nichteisenmetallerzeugung (einschließlich der Waschstufe des Wälzrohrprozesses) zu behandeln und Metalle und Sulfate durch eine Kombination der folgenden Techniken zu entfernen.

 

Technik (18)

Anwendbarkeit

a

Chemische Fällung

Allgemein anwendbar

b

Sedimentation

Allgemein anwendbar

c

Filtration

Allgemein anwendbar

d

Flotation

Allgemein anwendbar

e

Ultrafiltration

Nur für bestimmte Ströme in der Nichteisenerzeugung anwendbar

f

Aktivkohlefiltration

Allgemein anwendbar

g

Umkehrosmose

Nur für bestimmte Ströme in der Nichteisenerzeugung anwendbar

BVT-assoziierte Emissionswerte

Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte (BVT-assoziierte Emissionswerte) für direkte Emissionen aus der Erzeugung von Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Cadmium, Edelmetallen, Nickel, Kobalt und Ferrolegierungen in ein Aufnahmegewässer sind in Tabelle 2 angegeben.

Diese BVT-assoziierten Emissionswerte gelten an dem Punkt, an dem die Emission die Anlage verlässt.

Tabelle 2

BVT-assoziierte Emissionswerte für direkte Emissionen aus der Erzeugung von Kupfer, Blei, Zinn, Zink (einschließlich Abwasser aus der Waschstufe des Wälzrohrprozesses), Cadmium, Edelmetallen, Nickel, Kobalt und Ferrolegierungen in ein Aufnahmegewässer

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/l) (Tagesmittelwert)

Parameter

Erzeugte Produkte

Kupfer

Blei und/oder Zinn

Zink und/oder Cadmium

Edelmetalle

Nickel und/oder Kobalt

Ferrolegierungen

Silber (Ag)

n. r.

≤ 0,6

n. r.

Arsen (As)

≤ 0,1 (19)

≤ 0,1

≤ 0,1

≤ 0,1

≤ 0,3

≤ 0,1

Cadmium (Cd)

0,02-0,1

≤ 0,1

≤ 0,1

≤ 0,05

≤ 0,1

≤ 0,05

Kobalt (Co)

n. r.

≤ 0,1

n. r.

0,1-0,5

n. r.

Gesamtchrom (Cr)

n. r.

≤ 0,2

Chrom(VI) (Cr(VI))

n. r.

≤ 0,05

Kupfer (Cu)

0,05-0,5

≤ 0,2

≤ 0,1

≤ 0,3

≤ 0,5

≤ 0,5

Quecksilber (Hg)

0,005-0,02

≤ 0,05

≤ 0,05

≤ 0,05

≤ 0,05

≤ 0,05

Nickel (Ni)

≤ 0,5

≤ 0,5

≤ 0,1

≤ 0,5

≤ 2

≤ 2

Blei (Pb)

≤ 0,5

≤ 0,5

≤ 0,2

≤ 0,5

≤ 0,5

≤ 0,2

Zink (Zn)

≤ 1

≤ 1

≤ 1

≤ 0,4

≤ 1

≤ 1

n. r.:

nicht relevant.

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 16.

1.1.10.   Lärm

BVT 18.   Die BVT zur Verminderung von Lärmemissionen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Nutzung von Lärmschutzwällen zur Abschirmung der Geräuschquelle

b

Kapselung der Lärm verursachenden Anlagen oder Komponenten in schallabsorbierenden Konstruktionen

c

Verwendung vibrationsisolierender Halterungen und Verbindungen für die Ausrüstung

d

Angemessene Ausrichtung geräuschintensiver Maschinen

e

Änderung der Schallfrequenz

1.1.11.   Geruch

BVT 19.   Die BVT zur Verminderung von Geruchsemissionen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Angemessene Lagerung und angemessenes Handling geruchsintensiver Materialien

Allgemein anwendbar

b

Minimierung der Verwendung geruchsintensiver Materialien

Allgemein anwendbar

c

Sorgfalt bei Konstruktion, Betrieb und Wartung von Vorrichtungen, die Geruchsemissionen generieren können

Allgemein anwendbar

d

Nachverbrennung oder Filtrationstechniken, einschließlich Biofilter

Nur in eingeschränkten Fällen anwendbar (z. B. in der Imprägnierungsphase der Erzeugung spezieller Produkte im Kohlenstoff- und Graphitbereich)

1.2.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE KUPFERERZEUGUNG

1.2.1.   Sekundärrohstoffe

BVT 20.   Die BVT zur Steigerung der Rückgewinnung von Sekundärrohstoffen aus Schrott besteht darin, nichtmetallische Komponenten durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken von anderen Metallen als Kupfer zu trennen.

 

Technik

a

Manuelle Trennung großer sichtbarer Komponenten

b

Magnetische Trennung von Eisenmetallen

c

Optische Trennung oder Wirbelstromtrennung von Aluminium

d

Trennung verschiedener Metall- und Nichtmetallkomponenten aufgrund ihrer relativen Dichte (mittels Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte oder Luft)

1.2.2.   Energie

BVT 21.   Die BVT zur effizienten Nutzung von Energie in der Primärkupfererzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Optimierung der Nutzung der im Konzentrat enthaltenen Energie durch Einsatz eines Schwebeschmelzofens

Nur für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen anwendbar

b

Nutzung der heißen Prozessgase aus den Schmelzphasen zur Erwärmung des Ofenbeschickungsmaterials

Nur für Schachtöfen anwendbar

c

Abdeckung der Konzentrate während Transport und Lagerung

Allgemein anwendbar

d

Nutzung der in der Primäreinschmelz- oder Konvertierungsphase erzeugten Abwärme zum Schmelzen kupferhaltiger Sekundärrohstoffe

Allgemein anwendbar

e

Nutzung der in Abgasen aus Anodenöfen enthaltenen Wärmeenergie in einer Kaskade für andere Prozesse wie die Trocknung

Allgemein anwendbar

BVT 22.   Die BVT zur effizienten Nutzung von Energie in der Sekundärkupfererzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verringerung des Wassergehalts des Einsatzmaterials

Die Anwendbarkeit ist beschränkt, wenn der Feuchtegehalt des Materials im Rahmen einer Technik zur Verminderung diffuser Emissionen genutzt wird.

b

Dampferzeugung durch Rückgewinnung der Abwärme aus dem Einschmelzofen zur Erwärmung des Elektrolyts in der elektrolytischen Raffination und/oder zur Stromerzeugung in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage

Anwendbar, wenn ein wirtschaftlich gerechtfertigte Nachfrage nach Dampf besteht

c

Nutzung der während des Einschmelz- oder Konvertierungsprozesses erzeugten Abwärme zum Schmelzen von Schrott

Allgemein anwendbar

d

Nutzung eines Warmhalteofens zwischen den verschiedenen Prozessstufen

Nur für chargenweise betriebene Einschmelzanlagen anwendbar, bei denen eine Pufferkapazität für geschmolzenes Material erforderlich ist

e

Nutzung der heißen Prozessgase aus den Schmelzphasen zur Vorwärmung der Ofencharge

Nur für Schachtöfen anwendbar

BVT 23.   Die BVT zur effizienten Nutzung von Energie in elektrolytischen Raffinations- oder Extraktionsprozessen besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Isolierung und Abdeckung von Elektrolysetanks

Allgemein anwendbar

b

Zugabe von Tensiden zu den Elektrolysezellen für die elektrolytische Extraktion

Allgemein anwendbar

c

Energieoptimierte Zellenkonstruktion durch Anpassung der folgenden Parameter: Abstand zwischen Anode und Kathode, Anodengeometrie, Stromdichte sowie Zusammensetzung und Temperatur des Elektrolyts

Nur für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen anwendbar

d

Verwendung von Edelstahl-Kathodenblechen

Nur für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen anwendbar

e

Automatischer Kathoden-/Anodenwechsel für eine präzise Positionierung der Elektroden in der Zelle

Nur für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen anwendbar

f

Kurzschlusserkennung und Qualitätskontrolle zur Gewährleistung, dass die Elektroden gerade und flach sind und dass das Anodengewicht korrekt ist

Allgemein anwendbar

1.2.3.   Emissionen in die Luft

BVT 24.   Die BVT zur Verminderung von Sekundäremissionen in die Luft aus Öfen und Nebeneinrichtungen der Primärkupfererzeugung und zur Optimierung der Leistung des Emissionsminderungssystems besteht darin, Sekundäremissionen in einem zentralen Abgasreinigungssystem zu erfassen, zu mischen und zu behandeln.

Beschreibung

Sekundäremissionen aus verschiedenen Quellen werden in einem zentralen Abgasreinigungssystem erfasst, gemischt und behandelt, das darauf ausgelegt ist, die in den einzelnen Strömen vorhandenen Schadstoffe wirksam zu behandeln. Dabei wird darauf geachtet, dass Ströme, die chemisch nicht miteinander verträglich sind, nicht gemischt werden und dass unerwünschte chemische Reaktionen zwischen den verschiedenen erfassten Strömen vermieden werden.

Anwendbarkeit

Für bestehende Anlagen kann die Anwendbarkeit aufgrund ihrer Konstruktion und räumlichen Anordnung beschränkt sein.

1.2.3.1.   Diffuse Emissionen

BVT 25.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus der Vorbehandlung (z. B. Vermengen, Trocknen, Mischen, Homogenisieren, Sieben und Pelletieren) von Primär- und Sekundärrohstoffen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung geschlossener Förderanlagen oder pneumatischer Umschlagsysteme für staubende Materialien

Allgemein anwendbar

b

Arbeiten mit staubenden Materialien (z. B. Vermischen) in geschlossenen Gebäuden

Bei bestehenden Anlagen kann die Anwendung aufgrund des Platzbedarfs schwierig sein.

c

Anwendung von Staubunterdrückungssystemen wie Wasserwerfern oder Sprinkleranlagen

Nicht für in Innenräumen durchgeführte Mischvorgänge anwendbar. Nicht für Prozesse anwendbar, die trockenes Material erfordern. Die Anwendbarkeit ist zudem in Regionen mit Wasserknappheit oder sehr niedrigen Temperaturen eingeschränkt.

d

Verwendung eingehauster Vorrichtungen für die Verarbeitung staubender Materialien (z. B. Trocknen, Mischen, Mahlen, Luftabscheiden und Pelletieren) mit einem an ein Emissionsminderungssystem angeschlossenen Abluftsystem

Allgemein anwendbar

e

Einsatz eines Absaugsystems für staub- und gasförmige Emissionen (z. B. eine Haube in Kombination mit einem Staub- und Abluftminderungssystem)

Allgemein anwendbar

BVT 26.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus Beschickungs-, Einschmelz- und Abstichprozessen in Anlagen zur Erzeugung von Primär- und Sekundärkupfer sowie aus Warmhalte- und Schmelzöfen besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Brikettierung und Pelletierung von Rohstoffen

Nur anwendbar, wenn pelletierte Rohstoffe im Prozess und im Ofen verwendet werden können

b

Geschlossene Beschickungssysteme wie Einstrahlbrenner, Türabdichtung (20), geschlossene Förder- oder Beschickungseinrichtungen mit Abluftsystem in Kombination mit einem Staub- und Abluftminderungssystem

Der Strahlbrenner ist nur für Badschmelzöfen anwendbar.

c

Betrieb des Ofens und der Abgasführung bei Unterdruck und mit einer Gasextraktionsrate, die einen Druckaufbau verhindert

Allgemein anwendbar

d

Hauben/Einhausungen zur Emissionserfassung an Beschickungs- und Abstichpunkten in Kombination mit einem Abgasminderungssystem (z. B. Gehäuse/Tunnel für den Einsatz von Gießtiegeln beim Abstich, die mit einer beweglichen Tür/Barriere und einem Entlüftungs- und Emissionsminderungssystem ausgestattet sind)

Allgemein anwendbar

e

Kapselung des Ofens in einer abgesaugten Einhausung

Allgemein anwendbar

f

Aufrechterhaltung der Ofenabdichtung

Allgemein anwendbar

g

Einstellung der Temperatur im Ofen auf die niedrigste erforderliche Temperatur

Allgemein anwendbar

h

Verstärkte Absaugsysteme (Boosted Suction System) (20)

Allgemein anwendbar

i

Geschlossenes Gebäude in Kombination mit anderen Techniken zur Erfassung der diffusen Emissionen

Allgemein anwendbar

j

Doppelglocken-Beschickungssystem für Schacht-/Hochöfen

Allgemein anwendbar

k

Auswahl und Zuführung der Rohstoffmenge je nach Ofenart und angewandten Emissionsminderungstechniken

Allgemein anwendbar

l

Einsatz von Gichtverschlüssen bei Anodendrehöfen

Allgemein anwendbar

BVT 27.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus Peirce-Smith-Konverteröfen (PS-Konverter) in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Betrieb des Ofens und des Gasleitung bei Unterdruck und mit einer Gasextraktionsrate, die einen Druckaufbau verhindert

b

Sauerstoffanreicherung

c

Primärhaube über der Konverteröffnung zur Erfassung und Weiterleitung der Primäremissionen zu einem Minderungssystem

d

Zugabe von Materialien (z. B. Schrott und Schmelzmittel) über die Haube

e

System von Sekundärhauben zusätzlich zur Primärhaube zur Erfassung von Emissionen beim Beschicken und Abstich

f

Platzierung des Ofens in einem geschlossenen Gebäude

g

Verwendung motorbetriebener Sekundärhauben, die für jede Prozessstufe in die optimale Position gefahren werden, um die Effizienz der Erfassung von Sekundäremissionen zu steigern

h

Verstärkte Absaugsysteme (Boosted Suction System) (21) mit automatischer Steuerung, um ein Blasen während des „Ein- und Ausfahrens“ des Konverters zu verhindern

BVT 28.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus Hoboken-Konverteröfen in der Primärkupfererzeugung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Betrieb des Ofens und der Abgasführung bei Unterdruck während Beschickungs-, Abkrätz-/Skimming- und Abstichvorgängen

b

Sauerstoffanreicherung

c

Öffnung mit während des Betriebs geschlossenen Deckeln

d

Verstärkte Absaugsysteme (22)

BVT 29.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus der Kupferstein-Konvertierung besteht in der Verwendung eines Flash-Konverterofens.

Anwendbarkeit

Nur für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen anwendbar.

BVT 30.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus einem Treibkonverter (TBRC) in der Sekundärkupfererzeugung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Betrieb des Ofens und der Gasleitung bei Unterdruck und mit einer ausreichenden Absaugung, um einen Druckaufbau zu verhindern

Allgemein anwendbar

b

Sauerstoffanreicherung

Allgemein anwendbar

c

Platzierung des Ofens in einem geschlossenen Gebäude in Kombination mit der Anwendung von Techniken zur Erfassung und Beförderung diffuser Emissionen vom Beschicken und Abstich zu einem Minderungssystem

Allgemein anwendbar

d

Primärhaube über der Konverteröffnung zur Erfassung und Weiterleitung der Primäremissionen zu einem Minderungssystem

Allgemein anwendbar

e

Hauben oder kranintegrierte Haube zur Erfassung und Weiterleitung der Emissionen aus dem Beschicken und Abstich zu einem Minderungssystem

Bei bestehenden Anlagen ist eine kranintegrierte Haube nur für wesentliche Änderungen der Ofenhalle anwendbar.

f

Zugabe von Materialien (z. B. Schrott und Flussmittel) über die Haube

Allgemein anwendbar

g

Verstärktes Absaugsystem (Boosted Suction System) (23)

Allgemein anwendbar

BVT 31.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus der Kupferrückgewinnung mittels Schlackekonzentrator besteht in der Anwendung der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Staubunterdrückungstechniken wie Wassersprenkler für Umschlag, Lagerung und Brechen von Schlacke

b

Feinzerkleinerung und Flotation mittels Wasser

c

Transport der Schlacke zum Endlagerbereich per Hydrotransport in einer geschlossenen Rohrleitung

d

Aufrechterhaltung einer Wasserschicht im Becken oder Verwendung eines Staubunterdrückungsmittels wie Kalkmilch in trockenen Bereichen

BVT 32.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus der Behandlung kupferreicher Schlacke im Schlackeofen besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Staubunterdrückungstechniken wie Wassersprenkler für Umschlag, Lagerung und Brechen der Endschlacke

b

Betrieb des Ofens bei Unterdruck

c

Geschlossener Ofen

d

Gehäuse, Einhausung und Haube zur Erfassung und Weiterleitung der Emissionen zu einem Minderungssystem

e

Abgedeckte Gießrinne

BVT 33.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus dem Anodengießen in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Einsatz einer geschlossenen Gießwanne (Tundish)

b

Verwendung einer geschlossenen Zwischenpfanne

c

Verwendung einer mit einem Abluftsystem ausgestatteten Haube über der Gießpfanne und über dem Gießrad

BVT 34.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus Elektrolysezellen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Zugabe von Tensiden zu den Elektrolysezellen für elektrolytische Extraktion

Allgemein anwendbar

b

Verwendung von Abdeckungen oder einer Haube zur Erfassung und Weiterleitung der Emissionen zu einem Minderungssystem

Nur für Elektrolysezellen zur elektrolytischen Extraktion oder Raffination für Anoden mit geringem Reinheitsgrad anwendbar; nicht anwendbar, wenn die Zelle zur Erhaltung der Arbeitstemperatur (etwa 65 °C) nicht abgedeckt werden darf

c

Geschlossene und feste Rohrleitungen zur Weiterleitung der Elektrolytlösungen

Allgemein anwendbar

d

Extraktion des Gases aus den Waschkammern der Kathoden-Strippinganlage und der Anodenschrott-Waschanlage

Allgemein anwendbar

BVT 35.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus dem Gießen von Kupferlegierungen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung von Einhausungen und Hauben zur Erfassung und Weiterleitung der Emissionen zu einem Minderungssystem

b

Verwendung von Abdeckungen für die Schmelze in Warmhalte- und Gießöfen

c

Verstärktes Absaugsystem (Boosted Suction System) (24)

BVT 36.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus dem säurefreien Beizen oder Säurebeizen besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Kapselung der Beizanlage mit einer Lösung aus Isopropanol in einem geschlossenen Kreislauf

Nur für das Beizen von Kupfer-Walzdraht in kontinuierlichen Verfahren anwendbar

b

Kapselung der Beizanlage zur Erfassung und Weiterleitung der Emissionen zu einem Minderungssystem

Nur für das Säurebeizen in kontinuierlichen Verfahren anwendbar

1.2.3.2.   Gefasste Staubemissionen

Beschreibungen der in diesem Abschnitt genannten Techniken finden sich in Abschnitt 1.10.

Für die BVT-assoziierten Emissionswerte siehe Tabelle 3.

BVT 37.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Annahme, der Lagerung, dem Umschlag, dem Transport, der Dosierung, dem Vermengen und Mischen, dem Brechen, dem Trocknen, der Filtration und dem Sieben von Rohstoffen sowie aus der Pyrolysebehandlung von Kupfer-Spänen in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT 38.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Konzentrattrocknung in der Primärkupfererzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

Anwendbarkeit

Weisen die Konzentrate einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt (z. B. etwa 10 Gewichtsprozent) auf, können Gewebefilter (aufgrund der Verstopfung des Gewebes) möglicherweise nicht anwendbar sein, und es können andere Techniken (z. B. Elektrofilter) eingesetzt werden.

BVT 39.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Primärkupfer-Einschmelzanlagen und Konvertern (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage, der Anlage für flüssiges SO2 oder dem Kraftwerk zugeführt werden) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters und/oder eines Nasswäschers.

BVT 40.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Sekundärkupfer-Einschmelzanlagen und Konvertern sowie aus der Verarbeitung von Sekundärkupfer-Zwischenprodukten (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT 41.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Sekundärkupfer-Warmhalteofen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT 42.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Behandlung kupferreicher Schlacke im Schlackeofen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder Wäschers in Kombination mit einem Elektrofilter.

BVT 43.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Anodenofen in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder Wäschers in Kombination mit einem Elektrofilter.

BVT 44.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus dem Anodengießen in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder — bei Abgasen mit einem Wassergehalt nahe dem Taupunkt — eines Nasswäschers oder Tropfenabscheiders.

BVT 45.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus einem Kupferschmelzofen besteht darin, die Rohstoffe nach Ofenart und den angewandten Emissionsminderungstechniken auszuwählen und zuzuführen und einen Gewebefilter zu verwenden.

Tabelle 3

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen aus der Kupfererzeugung in die Luft

Parameter

BVT

Prozess

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

BVT 37

Annahme, Lagerung, Umschlag, Transport, Dosierung, Mischen, Vermengen, Brechen, Trocknen, Filtern und Sieben von Rohstoffen sowie pyrolytische Behandlung von Kupfer-Spänen in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung

2-5 (25)  (28)

BVT 38

Konzentrattrocknung in der Primärkupfererzeugung

3-5 (26)  (28)  (29)

BVT 39

Primärkupfer-Einschmelzanlage und Konverter (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage, der Anlage für flüssiges SO2 oder dem Kraftwerk zugeführt werden)

2-5 (27)  (28)

BVT 40

Sekundärkupfer-Einschmelzanlage und Konverter sowie Verarbeitung von Sekundärkupfer-Zwischenprodukten (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden)

2-4 (26)  (28)

BVT 41

Sekundärkupfer-Warmhalteofen

≤ 5 (25)

BVT 42

Behandlung kupferreicher Schlacke im Schlackeofen

2-5 (25)  (30)

BVT 43

Anodenofen (in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung)

2-5 (26)  (30)

BVT 44

Anodengießen (Primär- und Sekundärkupfererzeugung)

≤ 5-15 (26)  (31)

BVT 45

Kupferschmelzofen

2-5 (26)  (32)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.2.3.3.   Emissionen organischer Verbindungen

BVT 46.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen in die Luft aus der pyrolytischen Behandlung von Kupfer-Spänen sowie aus dem Trocknen, Schmelzen und Einschmelzen von Sekundärrohstoffen besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (33)

Anwendbarkeit

a

Nachverbrennung oder Nachverbrennungskammer oder regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

Die Anwendbarkeit ist durch den Energiegehalt der zu behandelnden Abgase beschränkt, da Abgase mit geringerem Energiegehalt einen höheren Brennstoffverbrauch bedingen.

b

Injektion eines Adsorptionsmittels in Kombination mit der Verwendung eines Gewebefilters

Allgemein anwendbar

c

Ofenkonstruktion und Minderungstechniken je nach verfügbaren Rohstoffen

Nur für neue Öfen und für wesentliche Änderungen an bestehenden Öfen anwendbar

d

Auswahl und Zugabe der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und angewandten Emissionsminderungstechniken

Allgemein anwendbar

e

Thermische Zerstörung von TVOC bei hohen Temperaturen im Ofen (> 1 000  °C)

Allgemein anwendbar

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 4.

Tabelle 4

BVT-assoziierte Emissionswerte für TVOC-Emissionen in die Luft aus der pyrolytischen Behandlung von Kupfer-Spänen und aus dem Trocknen, Einschmelzen und Schmelzen von Sekundärrohstoffen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (34)  (35)

TVOC

3-30

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 47.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen in die Luft aus der Lösungsmittelextraktion in der hydrometallurgischen Kupfererzeugung besteht in der Anwendung der beiden folgenden Techniken und der jährlichen Bestimmung der VOC-Emissionen, z. B. durch Massenbilanzierung.

 

Technik

a

Prozessreagenz (Lösungsmittel) mit geringerem Dampfdruck

b

Geschlossene Vorrichtungen wie geschlossene Mischbehälter, Absetzeinrichtungen und Lagerbehälter

BVT 48.   Die BVT zur Verminderung der PCDD/F-Emissionen in die Luft aus der pyrolytischen Behandlung von Kupfer-Spänen sowie aus dem Einschmelzen oder Schmelzen, der Feuerraffination (Anodenofen) und der Konvertierung in der Sekundärkupfererzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Auswahl und Zugabe der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und den angewandten Emissionsminderungstechniken

b

Optimierung der Verbrennungsbedingungen zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen

c

Bei halbgeschlossenen Öfen: Verwendung von Beschickungssystemen für geringe Rohstoffzugaben

d

Thermische Zerstörung von PCDD/F bei hohen Temperaturen im Ofen (> 850 °C)

e

Einblasen von Sauerstoff in die obere Ofenzone

f

Internes Brennersystem

g

Nachverbrennungskammer oder Nachverbrennung oder regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) (36)

h

Vermeidung von Absaugsystemen mit hoher Staubanhäufung bei Temperaturen > 250 °C

i

Schnelles Quenchen (36)

j

Injektion eines Adsorptionsmittels in Kombination mit einem effizienten Stauberfassungssystem (36)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 5.

Tabelle 5

BVT-assoziierte Emissionswerte für PCDD/F-Emissionen in die Luft aus der pyrolytischen Behandlung von Kupfer-Spänen sowie aus dem Schmelzen, Einschmelzen, der Feuerraffination und der Konvertierung in der Sekundärkupfererzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (ng I-TEQ/Nm3) (37)

PCDD/F

≤ 0,1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand BVT 10.

1.2.3.4.   Schwefeldioxidemissionen

Beschreibungen der in diesem Abschnitt genannten Techniken finden sich in Abschnitt 1.10.

BVT 49.   Die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen aus der Primär- und Sekundärkupfererzeugung (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage, der Anlage für flüssiges SO2 oder dem Kraftwerk zugeführt werden) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Trocken- oder Halbtrockenabscheider

Allgemein anwendbar

b

Nasswäscher

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen beschränkt sein:

sehr hoher Abgasdurchfluss (aufgrund des großen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit der Abwasserbehandlung)

c

Absorptions-/Desorptionssysteme auf Polyetherbasis

Nicht für die Sekundärkupfererzeugung anwendbar;

nicht anwendbar, wenn keine Schwefelsäureanlage oder Anlage für flüssiges SO2 existiert

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 6.

Tabelle 6

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus der Primär- und Sekundärkupfererzeugung (ausgenommen Emissionen, die einer Schwefelsäureanlage, einer Anlage für flüssiges SO2 oder einem Kraftwerk zugeführt werden)

Parameter

Prozess

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (38)

SO2

Primärkupfererzeugung

50-500 (39)

Sekundärkupferzeugung

50-300

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.2.3.5.   Säureemissionen

BVT 50.   Die BVT zur Verminderung von Emissionen saurer Abgase in die Luft aus Elektrolysezellen für die elektrolytische Extraktion oder Raffination, aus der Waschkammer der Kathoden-Strippanlage und aus der Anodenschrott-Waschanlage besteht in der Verwendung eines Nasswäschers oder eines Tropfenabscheiders.

1.2.4.   Boden und Grundwasser

BVT 51.   Die BVT zur Vermeidung der Boden- und Grundwasserverunreinigung aufgrund der Kupferrückgewinnung im Schlackenkonzentrator besteht darin, ein Entwässerungssystem in den Abkühlungsbereichen zu verwenden und den Lagerbereich für die Endschlacke so auszulegen, dass Überlaufwasser gesammelt wird und Flüssigkeitsleckagen vermieden werden.

BVT 52.   Die BVT zur Vermeidung der Boden- und Grundwasserverunreinigung aufgrund der Elektrolyse in der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung eines abgedichteten Entwässerungssystems

b

Undurchlässige und säurebeständige Böden

c

Verwendung doppelwandiger Tanks oder Platzierung der Tanks innerhalb von chemikalienbeständigen Auffangwannen mit undurchlässigem Untergrund

1.2.5.   Abwasseranfall

BVT 53.   Die BVT zur Vermeidung des Anfalls von Abwasser aus bei der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht in einer bzw. einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Nutzung des Dampfkondensats zum Erwärmen der Elektrolysezellen oder zum Waschen der Kupferkathoden oder Rückführung in den Dampfkessel

b

Wiederverwendung des Wassers, das im Abkühlungsbereich, vom Flotationsprozess und vom Hydrotransport der Endschlacke gesammelt wurde, im Schlackekonzentrationsprozess

c

Recycling der Beizlösungen und des Spülwassers

d

Behandlung der Rückstände (Rohform) aus der Lösungsmittelextraktionsphase in der hydrometallurgischen Kupfererzeugung zur Rückgewinnung des organischen Anteils der Lösung

e

Zentrifugieren des Schlamms aus Reinigungsvorgängen und aus den Absetzeinrichtungen der Lösungsmittelextraktionsphase in der hydrometallurgischen Kupfererzeugung

f

Wiederverwendung des Elektrolyseablasses nach der Metallabscheidungsphase für die elektrolytische Extraktion und/oder den Laugungsprozess

1.2.6.   Abfall

BVT 54.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Mengen von Abfall aus der Primär- und Sekundärkupfererzeugung besteht darin, Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Rückgewinnung von Metallen aus dem Staub und Schlamm aus dem Entstaubungssystem

Allgemein anwendbar

b

Wiederverwendung oder Verkauf der im Rahmen der SO2-Minderung gebildeten Calciumverbindungen (z. B. Gips)

Die Anwendbarkeit kann je nach Metallgehalt und Marktverfügbarkeit beschränkt sein.

c

Regenerierung oder Recycling der verbrauchten Katalysatoren

Allgemein anwendbar

d

Rückgewinnung von Metall aus dem Schlamm der Abwasserbehandlung

Die Anwendbarkeit kann je nach Metallgehalt und Markt-/Prozessverfügbarkeit beschränkt sein.

e

Verwendung schwacher Säure im Laugungsprozess oder für die Gipsproduktion

Allgemein anwendbar

f

Rückgewinnung des Kupferanteils kupferreicher Schlacke im Schlackeofen oder in der Schlackenflotationsanlage

g

Verwendung der Endschlacke aus den Öfen als Strahlmittel oder als (Straßen-)Baumaterial oder für andere wirtschaftliche Anwendungen

Die Anwendbarkeit kann je nach Metallgehalt und Marktverfügbarkeit beschränkt sein.

h

Verwertung der Ofenauskleidung durch Rückgewinnung von Metallen oder durch Wiederverwendung als Feuerfestmaterial

i

Verwendung der Schlacke aus der Schlackeflotation als Strahlmittel oder als Baumaterial oder für eine andere wirtschaftliche Anwendung

j

Verwertung der Krätze aus den Schmelzöfen durch Rückgewinnung des darin enthaltenen Metalls

Allgemein anwendbar

k

Verwertung des verbrauchten Elektrolyts durch Rückgewinnung von Kupfer und Nickel; Verwertung der verbleibenden Säure zur Herstellung des neuen Elektrolyts oder zur Gipserzeugung

l

Verwendung der verbrauchten Anode als Kühlmaterial in der pyrometallurgischen Kupferraffination oder beim Wiedereinschmelzen

m

Verwertung von Anodenschlamm durch Rückgewinnung von Edelmetallen

n

Verwendung des Gipses aus der Abwasserbehandlungsanlage im pyrometallurgischen Prozess oder zum Verkauf

Die Anwendbarkeit kann je nach Qualität des erzeugten Gipses beschränkt sein.

o

Rückgewinnung von Metallen aus Schlamm

Allgemein anwendbar

p

Wiederverwendung des erschöpften Elektrolyts aus dem hydrometallurgischen Kupferprozess als Laugungsmittel

Die Anwendbarkeit kann je nach Metallgehalt und Markt-/Prozessverfügbarkeit beschränkt sein.

q

Recycling von Kupferzunder aus Walzvorgängen in einer Kupferschmelzanlage

Allgemein anwendbar

r

Rückgewinnung von Metallen aus der verbrauchten Säurebeizlösung und Wiederverwendung der gereinigten Säurelösung

1.3.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE ALUMINIUMERZEUGUNG EINSCHLIESSLICH ALUMINIUMOXIDERZEUGUNG UND DIE ANODENPRODUKTION

1.3.1.   Aluminiumoxiderzeugung

1.3.1.1.   Energie

BVT 55.   Die BVT zur effizienten Nutzung von Energie bei der Erzeugung von Aluminiumoxid aus Bauxit besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Beschreibung

Anwendbarkeit

a

Plattenwärmetauscher

Plattenwärmetauscher ermöglichen im Vergleich zu anderen Techniken (wie Entspannungskühlanlagen) eine höhere Rückgewinnung von Wärme aus der zum Ausfällungsbereich geleiteten Flüssigkeit

Anwendbar, wenn die Energie aus der Kühlflüssigkeit im Prozess wiederverwendet werden kann und wenn der Kondensathaushalt und der Flüssigkeitszustand dies zulassen

b

Wirbelschichtkalzinieröfen

Wirbelschichtkalzinieröfen sind viel energieeffizienter als Drehrohröfen, da mehr Wärmeenergie aus dem Aluminiumoxid und dem Rauchgas zurückgewonnen werden kann

Nur für Schmelz-Aluminiumoxide anwendbar; nicht jedoch für Spezial-/Nicht-Schmelz-Aluminiumoxide, da diese einen höheren Kalzinierungsgrad erfordern, der derzeit nur mit einem Drehrohrofen erreicht werden kann

c

Auslegung des Aufschlussprozesses mit einem einzigen Strom

Der Schlamm wird in einem Kreislauf ohne Verwendung von Frischdampf und daher ohne Verdünnung des Schlamms erhitzt (im Gegensatz zum Aufschlussprozess mit Doppelstrom)

Nur für neue Anlagen anwendbar

d

Auswahl des Bauxits

Durch Bauxit mit einem höheren Feuchtegehalt gelangt mehr Wasser in den Prozess, wodurch sich der Energiebedarf für die Verdampfung erhöht. Zudem erfordern Bauxite mit einem hohen Monohydratgehalt (Böhmit und/oder Diaspor) während des Aufschlussprozesses einen höheren Druck und eine höhere Temperatur und bedingen so einen höheren Energieverbrauch.

Anwendbar innerhalb der Einschränkungen der spezifischen Anlagenkonstruktion, da einige Anlagen speziell auf eine bestimmte Bauxitqualität ausgelegt sind, was die Verwendung alternativer Bauxitquellen einschränkt

1.3.1.2.   Emissionen in die Luft

BVT 56.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen aus der Aluminiumoxid-Kalzinierung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder eines Elektrofilters.

1.3.1.3.   Abfall

BVT 57.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen und zur Verbesserung der Entsorgung von Bauxitrückständen aus der Aluminiumoxid-Erzeugung besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verringerung des Volumens von Bauxitrückständen durch Verdichtung, um den Feuchtegehalt zu reduzieren, z. B. durch Verwendung von Vakuum- oder Hochdruckfiltern zur Bildung eines halbtrockenen Filterkuchens

b

Reduzierung/Minimierung der in den Bauxitrückständen verbleibenden Alkalinität, um eine Entsorgung der Rückstände auf Deponien zu ermöglichen

1.3.2.   Anodenproduktion

1.3.2.1.   Emissionen in die Luft

1.3.2.1.1.   Staub-, PAK- und Fluorid-Emissionen aus der Rohanodenanlage

BVT 58.   Die BVT zur Verminderung von Staubemissionen in die Luft aus einer Rohanodenanlage (Entfernung von Koksstaub aus Vorgängen wie Lagerung und Feinzerkleinerung von Koks) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 7.

BVT 59.   Die BVT zur Verminderung der Staub- und PAK-Emissionen in die Luft aus einer Rohanodenanlage (Lagerung von heißem Pech, Mischen, Abkühlen und Formen der Rohanodenpaste (Grünpaste)) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (40)

a

Trockenabscheider mit Koks als Adsorptionsmittel, mit oder ohne Vorkühlung, mit nachgeschaltetem Gewebefilter

b

Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

c

Katalytische Nachverbrennungsanlage (KNV bzw. CTO)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 7.

Tabelle 7

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und BaP-Emissionen (als Indikator für PAK) in die Luft aus einer Rohanodenanlage

Parameter

Prozess

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

Lagerung von heißem Pech, Mischen, Abkühlen und Formen der Rohanodenpaste (Grünpaste)

Entfernung von Koksstaub aus Vorgängen wie Lagerung und Feinzerkleinerung von Koks

2-5 (41)

BaP

Lagerung von heißem Pech, Mischen, Abkühlen und Formen der Rohanodenpaste (Grünpaste)

0,001-0,01 (42)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.2.1.2.   Staub-, Schwefeldioxid-, PAK- und Fluorid-Emissionen aus der Anodenbrennanlage

BVT 60.   Die BVT zur Verminderung der Staub-, Schwefeldioxid-, PAK- und Fluorid-Emissionen in die Luft aus einer Anodenbrennanlage in einem Anodenproduktionswerk mit integrierter Primäraluminiumerzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (43)

Anwendbarkeit

a

Einsatz von Rohstoffen und Brennstoffen mit einem geringen Schwefelgehalt

Allgemein zur Verminderung der SO2-Emissionen anwendbar

b

Trockenabscheider mit Aluminiumoxid als Adsorptionsmittel, mit nachgeschaltetem Gewebefilter

Allgemein zur Verminderung der Staub-, PAK- und Fluorid-Emissionen anwendbar

c

Nasswäscher

Die Anwendbarkeit für die Verminderung von Staub-, SO2-, PAK- und Fluoridemissionen kann in den folgenden Fällen beschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromrate (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

d

Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) in Kombination mit einem Entstaubungssystem

Allgemein zur Verminderung der Staub- und PAK-Emissionen anwendbar

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 8.

Tabelle 8

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub-, BaP- (als Indikator für PAK) und Fluorid-Emissionen in die Luft aus einer Anodenbrennanlage in einem Anodenproduktionswerk mit integrierter Primäraluminiumerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

2-5 (44)

BaP

0,001-0,01 (45)

HF

0,3-0,5 (44)

Gesamtfluoride

≤ 0,8 (45)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 61.   Die BVT zur Verminderung der Staub-, PAK- und Fluorid-Emissionen in die Luft aus einer Anodenbrennanlage in einem nicht integrierten Anodenproduktionswerk besteht darin, eine Vorfiltrationseinheit und eine regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) mit nachgeschaltetem Trockenabscheider (z. B. Kalkbett) zu verwenden.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 9.

Tabelle 9

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub-, BaP- (als Indikator für PAK) und Fluorid-Emissionen in die Luft aus einer Anodenbrennanlage in einem nicht integrierten Anodenproduktionswerk

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

2-5 (46)

BaP

0,001-0,01 (47)

HF

≤ 3 (46)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.2.2.   Abwasseranfall

BVT 62.   Die BVT zur Vermeidung des Abwasseranfalls beim Backen (Brennen) von Anoden besteht in der Verwendung eines geschlossenen Wasserkreislaufs.

Anwendbarkeit

Allgemein für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen anwendbar. Die Anwendbarkeit kann je nach der Wasserqualität und/oder den Anforderungen an die Produktqualität beschränkt sein.

1.3.2.3.   Abfall

BVT 63.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen besteht darin, den Kohlenstoffstaub aus dem Koksfilter als Abgasreinigungsmedium wiederzuverwenden.

Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit kann je nach Aschegehalt des Kohlenstoffstaubs beschränkt sein.

1.3.3.   Primäraluminiumerzeugung

1.3.3.1.   Emissionen in die Luft

BVT 64.   Die BVT zur Vermeidung oder Erfassung diffuser Emissionen aus Elektrolysezellen in der Primäraluminiumerzeugung mit dem Søderberg-Verfahren besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung einer Rohanodenpaste (Grünpaste) mit einem Pechgehalt zwischen 25 % und 28 % (trockene Paste)

b

Anpassung der Verteilerkonstruktion zur Ermöglichung einer geschlossenen Punktdosierung und einer effizienteren Abgaserfassung

c

Aluminiumoxid-Punktdosierung

d

Größere Anodenhöhe kombiniert mit der Behandlung gemäß BVT 67

e

Haubenabdeckung für die Zellen, wenn Anoden mit einer hohen Stromdichte verwendet werden, im Zusammenhang mit der Behandlung gemäß BVT 67

Beschreibung

BVT 64.c: Durch eine Punktdosierung des Aluminiumoxids wird die übliche Krustenbrechung (wie bei SWPB oder CWPB durchgeführt) vermieden, wodurch die damit verbundenen Fluorid- und Staubemissionen verringert werden.

BVT 64.d: Mit einer größeren Anodenhöhe können niedrigere Temperaturen im oberen Anodenbereich und damit geringere Emissionen in die Luft erreicht werden.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 12.

BVT 65.   Die BVT zur Vermeidung oder Erfassung diffuser Emissionen aus Elektrolysezellen in der Primäraluminiumerzeugung mit vorgebrannten Anoden besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Automatische Mehrfach-Punktdosierung des Aluminiumoxids

b

Vollständige Haubenabdeckung für die Zellen und geeignete Abgas-Absaugvolumina (für die Abgaszuleitung zur Behandlung gemäß BVT 67) unter Berücksichtigung der Fluoridbildung im Bad und des Kohlenstoffanoden-Verbrauchs

c

Verstärktes Absaugsystem (Boosted Suction System) in Verbindung mit den in BVT 67 genannten Minderungstechniken

d

Minimierung der für den Anodenwechsel und für andere Vorgänge, die ein Öffnen der Zellenhaube erfordern, benötigten Zeit

e

Effiziente Prozesssteuerung zur Vermeidung von Prozessabweichungen, die andernfalls zu einer verstärkten Gasbildung in der Zelle und zu verstärkten Emissionen führen könnten

f

Einsatz eines programmierbaren Systems für Zellenbetrieb und -wartung

g

Einsatz bewährter, wirksamer Reinigungsmethoden in der Anodenanschlägerei, um Fluoride und Kohlenstoff zurückzugewinnen

h

Lagerung entfernter Anoden in einer Kammer nahe der Zelle, im Zusammenhang mit der Behandlung gemäß BVT 67, oder Lagerung der Anodenreste in abgeschlossenen Boxen

Anwendbarkeit

BVT 65.c und BVT 65.h sind für bestehende Anlagen nicht anwendbar.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 12.

1.3.3.1.1.   Gefasste Staub- und Fluoridemissionen

BVT 66.   Die BVT zur Verminderung von Staubemissionen aus Lagerung, Umschlag und Transport von Rohstoffen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 10.

Tabelle 10

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub aus Lagerung, Umschlag und Transport von Rohstoffen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (48)

Staub

≤ 5-10

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 67.   Die BVT zur Verminderung von Staub-, Metall- und Fluoridemissionen in die Luft aus Elektrolysezellen besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (49)

Anwendbarkeit

a

Trockenabscheider mit Aluminiumoxid als Adsorptionsmittel, mit nachgeschaltetem Gewebefilter

Allgemein anwendbar

b

Trockenabscheider mit Aluminiumoxid als Adsorptionsmittel, mit nachgeschaltetem Gewebefilter und Nasswäscher

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen beschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromrate (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 11 und Tabelle 12.

Tabelle 11

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und Fluoridemissionen in die Luft aus Elektrolysezellen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

2-5 (50)

HF

≤ 1,0 (50)

Gesamtfluoride

≤ 1,5 (51)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.3.1.2.   Gesamte Staub- und Fluoridemissionen

BVT-assoziierte Emissionswerte für die gesamten Staub- und Fluoridemissionen in die Luft aus der Elektrolyseanlage (erfasst an den Elektrolysezellen und an den Dachreitern): Siehe Tabelle 12.

Tabelle 12

BVT-assoziierte Emissionswerte für die gesamten Staub- und Fluoridemissionen in die Luft aus der Elektrolyseanlage (erfasst an den Elektrolysezellen und an den Dachreitern)

Parameter

BVT

BVT-assoziierte Emissionswerte für bestehende Anlagen (kg/t Al) (52)  (53)

BVT-assoziierte Emissionswerte für neue Anlagen (kg/t Al) (52)

Staub

Kombination von BVT 64, BVT 65 und BVT 67

≤ 1,2

≤ 0,6

Gesamtfluoride

≤ 0,6

≤ 0,35

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 68.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Schmelzprozessen, aus der Flüssigmetallbehandlung und aus Gießprozessen in der Primäraluminiumerzeugung besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung von Flüssigmetall aus der Elektrolyse und nicht verunreinigten Aluminiummaterials, d. h. Festmaterial, das frei von Stoffen wie Farbe, Kunststoff oder Öl ist (z. B. der obere und untere Teil der Rohlinge, die aus Qualitätsgründen geschnitten werden)

b

Gewebefilter (54)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 13.

Tabelle 13

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus Schmelzprozessen, aus der Flüssigmetallbehandlung und aus Gießprozessen in der Primäraluminiumerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (55)  (56)

Staub

2-25

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.3.1.3.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 69.   Die BVT zur Verminderung von Emissionen in die Luft aus Elektrolysezellen besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung von Anoden mit geringem Schwefelgehalt

Allgemein anwendbar

b

Nasswäscher (57)

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen beschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromrate (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

Beschreibung

BVT 69.a: Durch eine geeignete Kombination der verwendeten Rohstoffe können Anoden produziert werden, die im Jahresdurchschnitt weniger als 1,5 % Schwefel enthalten. Für den Elektrolyseprozess ist ein Mindest-Schwefelgehalt von durchschnittlich 0,9 % im Jahr erforderlich.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 14.

Tabelle 14

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus Elektrolysezellen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (kg/t Al) (58)  (59)

SO2

≤ 2,5-15

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.3.1.4.   Perfluorkohlenwasserstoff-Emissionen

BVT 70.   Die BVT zur Verminderung der Perfluorkohlenwasserstoff-Emissionen in die Luft aus der Primäraluminiumerzeugung besteht in der Anwendung aller folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Automatische Mehrfach-Punktdosierung des Aluminiumoxids

Allgemein anwendbar

b

Computersteuerung der Elektrolyseprozesse basierend auf der Datengrundlage der aktiven Zelle und auf der Messung der Zellenbetriebsparameter

Allgemein anwendbar

c

Automatische Anodeneffektunterbrechung

Nicht für Søderberg-Zellen anwendbar, da die (einteilige) Anodenkonstruktion den mit dieser Technik verbunden Badstrom nicht zulässt

Beschreibung

BVT 70.c: Anodeneffekte treten auf, wenn die Aluminiumoxid-Konzentration des Elektrolyts unter 1-2 % absinkt. Während der Anodeneffekte kommt es anstelle einer Zersetzung des Aluminiumoxids zu einer Zersetzung des Kryolithbades in Metall- und Fluoridionen; Letztere bilden gasförmige Perfluorkohlenwasserstoffe, die mit der Kohlenstoffanode reagieren.

1.3.3.1.5.   PAK- und CO-Emissionen

BVT 71.   Die BVT zur Verminderung von CO- und PAK-Emissionen in die Luft aus der Primäraluminiumerzeugung nach dem Søderberg-Verfahren besteht darin, das CO und die PAK im Zellenabgas zu verbrennen.

1.3.3.2.   Abwasseranfall

BVT 72.   Die BVT zur Vermeidung des Abwasseranfalls besteht darin, Kühlwasser und behandeltes Abwasser, einschließlich Regenwasser, im Prozess wiederzuverwenden oder zu rezyklieren.

Anwendbarkeit

Allgemein für neue Anlagen und für wesentliche Änderungen anwendbar. Die Anwendbarkeit kann je nach der Wasserqualität und/oder den Anforderungen an die Produktqualität beschränkt sein. Die Menge des Kühlwassers, des behandelten Abwassers und des Regenwassers, die wiederverwendet oder rezykliert wird, darf nicht größer als die für den Prozess erforderliche Wassermenge sein.

1.3.3.3.   Abfall

BVT 73.   Die BVT zur Verminderung der Menge des zu entsorgenden Ofenausbruchs besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass das externe Recycling, beispielsweise in der Zementherstellung, im Prozess zur Rückgewinnung der Salzschlacke, als Aufkohlungsmittel in der Stahl- oder Ferrolegierungsherstellung oder als Sekundärrohstoff (z. B. Steinwolle) je nach Anforderungen der Endverbraucher erleichtert wird.

1.3.4.   Sekundäraluminiumerzeugung

1.3.4.1.   Sekundärrohstoffe

BVT 74.   Die BVT zur Steigerung der Rohstoffausbeute besteht darin, nichtmetallische Komponenten und Komponenten aus anderen Metallen als Aluminium durch die Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken — je nach Zusammensetzung der behandelten Materialien — zu trennen.

 

Technik

a

Magnetische Trennung von Eisenmetallen

b

Wirbelstromtrennung des Aluminiums von den anderen Komponenten (mittels elektromagnetischer Wanderfelder)

c

Dichtetrennung verschiedener Metall- und Nichtmetallkomponenten (mittels Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte)

1.3.4.2.   Energie

BVT 75.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Nutzung der Abgase zur Vorwärmung der Ofencharge

Nur für nicht-rotierende Öfen anwendbar

b

Rückführung der Gase, die unverbrannte Kohlenwasserstoffe enthalten, in das Brennersystem

Nur für Herdöfen und Trockner anwendbar

c

Bereitstellung des flüssigen Metalls zum Direktgießen

Die Anwendbarkeit ist durch die für die Beförderung erforderliche Zeit beschränkt (höchstens 4-5 Stunden).

1.3.4.3.   Emissionen in die Luft

BVT 76.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung von Emissionen in die Luft besteht darin, vor der Schmelzphase Öl und organische Verbindungen durch Zentrifugierung und/oder Trocknung (60) von den Metallspänen zu entfernen.

Anwendbarkeit

Die Zentrifugierung ist nur für stark mit Öl verunreinigte Späne anwendbar, sofern sie vor der Trocknung durchgeführt wird. Die Entfernung von Öl und organischen Verbindungen kann möglicherweise nicht erforderlich sein, wenn der Ofen und das Emissionsminderungssystem auf die Behandlung von organischem Material ausgelegt sind.

1.3.4.3.1.   Diffuse Emissionen

BVT 77.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus der Vorbehandlung von Schrott besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Geschlossene oder pneumatische Fördereinrichtungen mit Abluftsystem

b

Einhausung oder Hauben für Beschickungs- und Austrittstellen, mit Abluftsystem

BVT 78.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus der Beschickung und der Entleerung/dem Abstich von Schmelzöfen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Positionierung einer Haube über der Ofentür und am Abstichloch mit einer Abgasabsaugung, die mit einem Filtersystem verbunden ist

Allgemein anwendbar

b

Einhausung zur Erfassung von Rauch/Dämpfen, die den Beschickungs- und Abstichbereich abdeckt

Nur für stationäre Trommelöfen anwendbar

c

Abgedichtete Ofentür (61)

Allgemein anwendbar

d

Gekapselter Chargierwagen

Nur für nicht-rotierende Öfen anwendbar

e

Verstärktes Absaugsystem (Boosted Suction System), das an den jeweiligen Prozess angepasst werden kann (61)

Allgemein anwendbar

Beschreibung

BVT 78.a und BVT 78.b umfassen die Anbringung einer Abdeckung mit einem Absaugsystem zur Erfassung und Beförderung der Abgase aus dem Prozess.

BVT 78.d: Der Chargierkübel schließt während der Beschickung mit Schrott dicht mit der offenen Ofentür ab und stellt dadurch während dieses Vorgangs eine Kapselung sicher.

BVT 79.   Die BVT zur Verminderung von Emissionen aus der Krätzenbehandlung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Abkühlung der Krätzen in abgeschlossenen Behältern unter Inertgas, direkt nach der Abschöpfung

b

Vermeidung einer Befeuchtung der Krätzen

c

Verdichtung der Krätzen mit einem Abluft- und Entstaubungssystem

1.3.4.3.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 80.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen aus der Trocknung von Metallspänen, aus der Entfernung von Öl und organischen Verbindungen von den Spänen, aus dem Brechen, Mahlen und Trockenabscheiden von Nichtmetallkomponenten und anderen Metallen als Aluminium sowie aus Lagerung, Umschlag und Transport in der Sekundäraluminiumerzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 15.

Tabelle 15

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus der Trocknung von Metallspänen, aus der Entfernung von Öl und organischen Verbindungen von den Spänen, aus dem Brechen, Mahlen und Trockenabscheiden von Nichtmetallkomponenten und anderen Metallen als Aluminium sowie aus Lagerung, Umschlag und Transport in der Sekundäraluminiumerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (62)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 81.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Ofenprozessen wie Beschickung, Schmelzen, Abstich und Behandlung des flüssigen Metalls in der Sekundäraluminiumerzeugung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 16.

Tabelle 16

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus Ofenprozessen wie Beschickung, Schmelzen, Abstich und Behandlung des flüssigen Metalls in der Sekundäraluminiumerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (63)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 82.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Wiedereinschmelzen in der Sekundäraluminiumerzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung von nicht verunreinigtem Aluminiummaterial, d. h. festes Material, das frei von Stoffen wie Farbe, Kunststoff oder Öl ist (z. B. Barren)

b

Optimierung der Verbrennungsbedingungen zur Verminderung von Staubemissionen

c

Gewebefilter

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 17.

Tabelle 17

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub aus dem Wiedereinschmelzen in der Sekundäraluminiumerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (64)  (65)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.4.3.3.   Emissionen organischer Verbindungen

BVT 83.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen von organischen Verbindungen und PCDD/F in die Luft aus der thermischen Behandlung verunreinigter Sekundärrohstoffe (z. B. Metallspäne) und aus dem Schmelzofen besteht darin, einen Gewebefilter in Kombination mit mindestens einer der folgenden Techniken zu verwenden.

 

Technik (66)

a

Auswahl und Zuführung der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und angewandten Emissionsminderungstechnik

b

Internes Brennersystem für Schmelzöfen

c

Nachverbrennung

d

Schnelles Quenchen

e

Aktivkohleinjektion

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 18.

Tabelle 18

BVT-assoziierte Emissionswerte für TVOC- und PCDD/F-Emissionen in die Luft aus der thermischen Behandlung verunreinigter Sekundärrohstoffe (z. B. Metallspäne) und aus dem Schmelzofen

Parameter

Einheit

BVT-assoziierter Emissionswert

TVOC

mg/Nm3

≤ 10-30 (67)

PCDD/F

ng I-TEQ/Nm3

≤ 0,1 (68)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.4.3.4.   Säureemissionen

BVT 84.   Die BVT zur Verminderung von HCl-, Cl2- und HF-Emissionen in die Luft aus der thermischen Behandlung verunreinigter Sekundärrohstoffe (z. B. Metallspäne), aus dem Schmelzofen sowie aus dem Wiedereinschmelzen und aus der Behandlung von flüssigem Metall besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

Technik

a

Auswahl und Zuführung der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und angewandten Emissionsminderungstechnik (69)

b

Injektion von Ca(OH)2 oder Natriumbicarbonat in Kombination mit einem Gewebefilter (69)

c

Steuerung des Raffinationsprozesses durch Anpassung der Raffinationsgas-Menge, die für die Entfernung der in den flüssigen Metallen vorhandenen Verunreinigungen verwendet wird

d

Verwendung von mit Inertgas verdünntem Chlor im Raffinationsprozess

Beschreibung

BVT 84.d: Anstelle von reinem Chlor wird mit Inertgas verdünntes Chlor verwendet, um die Chloremissionen zu verringern. Die Raffination kann auch ausschließlich mit Inertgas durchgeführt werden.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 19.

Tabelle 19

BVT-assoziierte Emissionswerte für HCl-, Cl2- und HF-Emissionen in die Luft aus der thermischen Behandlung verunreinigter Sekundärrohstoffe (z. B. Metallspäne), aus dem Schmelzofen sowie aus dem Wiedereinschmelzen und aus der Behandlung von flüssigem Metall

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

HCl

≤ 5-10 (70)

Cl2

≤ 1 (71)  (72)

HF

≤ 1 (73)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.4.4.   Abfall

BVT 85.   Die BVT zur Verringerung der zu entsorgenden Abfallmengen aus der Sekundäraluminiumerzeugung besteht darin, betriebsinternen Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Bei Schmelzöfen mit Verwendung von Abdecksalz oder beim Prozess zur Rückgewinnung der Salzschlacke: Wiederverwendung des erfassten Staubes im Prozess

b

Vollständiges Recycling der Salzschlacke

c

Bei Öfen ohne Verwendung von Abdecksalz: Krätzebehandlung zur Aluminiumrückgewinnung

BVT 86.   Die BVT zur Verminderung der anfallenden Salzschlacke-Menge in der Sekundäraluminiumerzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Bei Schrott, in dem Aluminium mit anderen Komponenten gemischt ist: Steigerung der Qualität des verwendeten Rohmaterials durch Trennung von Nichtmetallkomponenten und anderen Metallen als Aluminium

Allgemein anwendbar

b

Entfernung von Öl und organischen Komponenten aus verunreinigten Metallspänen vor dem Einschmelzen

Allgemein anwendbar

c

Einsatz von Metallpumpen und -rührwerken

Nicht für Drehöfen anwendbar.

d

Kippbarer Drehtrommelofen

Für den Einsatz dieses Ofens können Einschränkungen aufgrund der Größe der Einsatzmaterialien bestehen.

1.3.5.   Recycling von Salzschlacke

1.3.5.1.   Diffuse Emissionen

BVT 87.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus dem Prozess des Salzschlackenrecyclings besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Einhausung der Einrichtungen mit einer Gasabsaugung, die mit einem Filtersystem verbunden ist

b

Haube mit einer Gasabsaugung, die mit einem Filtersystem verbunden ist

1.3.5.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 88.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Brech- und Trockenmahlprozessen im Rahmen des Prozesses zur Aufbereitung von Salzschlacke besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 20.

Tabelle 20

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus Brech- und Trockenmahlprozessen im Rahmen des Prozesses zur Aufbereitung von Salzschlacke

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (74)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.3.5.3.   Gasförmige Verbindungen

BVT 89.   Die BVT zur Verminderung gasförmiger Emissionen aus Nassmahl- und Laugungsprozessen in die Luft im Rahmen des Prozesses zur Aufbereitung von Salzschlacke besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (75)

a

Aktivkohleinjektion

b

Nachverbrennung

c

Nasswäscher mit H2SO4-Lösung

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 21.

Tabelle 21

BVT-assoziierte Emissionswerte für gasförmige Emissionen in die Luft aus Nassmahl- und Laugungsprozessen im Rahmen des Prozesses zur Aufbereitung von Salzschlacke

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (76)

NH3

≤ 10

PH3

≤ 0,5

H2S

≤ 2

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.4.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE BLEI- UND/ODER ZINNERZEUGUNG

1.4.1.   Emissionen in die Luft

1.4.1.1.   Diffuse Emissionen

BVT 90.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus der Vorbehandlung (z. B. Dosierung, Mischen, Vermengen, Brechen, Schneiden und Sieben) von Primär- und Sekundärrohstoffen (ausgenommen Batterien) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Geschlossene Fördereinrichtung oder geschlossenes pneumatisches Fördersystem für staubende Materialien

Allgemein anwendbar

b

Gekapselte Einrichtung. Bei Verwendung staubender Materialien werden die Emissionen erfasst und einem Minderungssystem zugeführt.

Nur für Einsatzstoffmischungen anwendbar, die mit Dosierbehältern oder mit Wiegeeinrichtungen zur Ermittlung der Gewichtsabnahme hergestellt wurden

c

Mischen der Rohstoffe in einem geschlossenen Gebäude

Nur für staubende Materialien anwendbar. Bei bestehenden Anlagen kann die Anwendung aufgrund des Platzbedarfs schwierig sein.

d

Staubunterdrückungssysteme wie Wassersprenkler

Nur für Mischvorgänge anwendbar, die im Freien durchgeführt werden

e

Pelletierung von Rohstoffen

Nur anwendbar, wenn pelletierte Rohstoffen im Prozess und im Ofen eingesetzt werden können

BVT 91.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus der Materialvorbehandlung (z. B. Trocknung, Zerlegung, Sinterung, Brikettierung, Pelletierung und Batterieaufbrechen, Sieben und Klassieren) in der Primärbleierzeugung und der Sekundärblei- und/oder Sekundärzinnerzeugung besteht in einer oder beider der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Geschlossene Fördereinrichtung oder geschlossenes pneumatisches Fördersystem für staubende Materialien

b

Gekapselte Einrichtung. Bei Verwendung staubender Materialien werden die Emissionen erfasst und einem Minderungssystem zugeführt.

BVT 92.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus Beschickungs-, Einschmelz- und Abstichprozessen in der Blei- und/oder Zinnerzeugung und aus den der Entkupferung vorgeschalteten Prozessen in der Primärbleierzeugung besteht in einer geeigneten Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Gekapseltes Beschickungssystem mit Abluftsystem

Allgemein anwendbar

b

Bei Prozessen mit diskontinuierlicher Beschickung und Entleerung: geschlossene oder vollkommen abgedichtete Öfen mit Türdichtungen (77)

Allgemein anwendbar

c

Betrieb des Ofens und der Gasleitungen bei Unterdruck und mit einer ausreichenden Absaugung, um einen Druckaufbau zu verhindern

Allgemein anwendbar

d

Hauben/Einhausungen zur Emissionserfassung an Beschickungs- und Abstichpunkten

Allgemein anwendbar

e

Geschlossenes Gebäude

Allgemein anwendbar

f

Vollständige Haubenabdeckung mit Abluftsystem

Bei bestehenden Anlagen oder wesentlichen Änderungen an bestehenden Anlagen kann die Anwendung aufgrund des Platzbedarfs schwierig sein.

g

Aufrechterhaltung der Ofenabdichtung

Allgemein anwendbar

h

Einstellung der Temperatur im Ofen auf die niedrigste erforderliche Temperatur

Allgemein anwendbar

i

Anbringung einer Haube am Abstichpunkt, an Gießtiegeln und am Abkrätzbereich, mit Abluftsystem

Allgemein anwendbar

j

Vorbehandlung von staubendem Rohmaterial (z. B. Pelletierung)

Nur anwendbar, wenn pelletierte Rohstoffen im Prozess und im Ofen eingesetzt werden können

k

Verwendung eines Doghouse (Einhausung) für Gießtiegel während des Abstichs

Allgemein anwendbar

l

Abluftsystem für den Beschickungs- und Abstichbereich, verbunden mit einem Filtersystem

Allgemein anwendbar

BVT 93.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung diffuser Emissionen aus Wiedereinschmelz-, Raffinations- und Gießprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Haube über Tiegelofen oder Kessel, mit Abluftsystem

b

Deckel zum Schließen des Kessels während der Raffinationsreaktionen und der Chemikalienzugabe

c

Haube mit Abluftsystem über Gießrinnen und Abstichpunkten

d

Temperaturüberwachung der Schmelze

e

Geschlossene mechanische Abschöpfungsvorrichtungen für die Entfernung von staubenden Krätzen/Rückständen

1.4.1.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 94.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Rohstoffvorbehandlung (z. B. Annahme, Umschlag, Lagerung, Dosierung, Mischen, Vermengen, Trocknen, Brechen, Schneiden und Sieben) in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 22.

Tabelle 22

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus der Rohstoffvorbehandlung in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (78)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 95.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Vorbehandlung von Batterien (Aufbrechen, Sieben und Klassifizierung) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder eines Nasswäschers.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 23.

Tabelle 23

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus der Vorbehandlung von Batterien (Aufbrechen, Sieben und Klassifizierung)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (79)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 96.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Beschickungs-, Schmelz- und Abstichprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage oder der Anlage für flüssiges SO2 zugeführt werden) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 24.

Tabelle 24

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und Bleiemissionen in die Luft aus Beschickungs-, Schmelz- und Abstichprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage oder der Anlage für flüssiges SO2 zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

2-4 (80)  (81)

Pb

≤ 1 (82)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 97.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Wiedereinschmelz-, Raffinations- und Gießprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn besteht in der Anwendung der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Bei pyrometallurgischen Prozessen: Einstellung der Temperatur des Schmelzebades auf den niedrigsten möglichen Wert für die jeweilige Prozessstufe sowie Verwendung eines Gewebefilters

b

Bei hydrometallurgischen Prozessen: Verwendung eines Nasswäschers

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 25.

Tabelle 25

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und Bleiemissionen in die Luft aus Wiedereinschmelz-, Raffinations- und Gießprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

2-44 (83)  (84)

Pb

≤ 1 (85)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.4.1.3.   Emissionen organischer Verbindungen

BVT 98.   Die BVT zur Verminderung von Emissionen organischer Verbindungen in die Luft aus der Rohstofftrocknung und dem Schmelzprozess in der Sekundärblei- und/oder Sekundärzinnerzeugung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (86)

Anwendbarkeit

a

Auswahl und Zuführung der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und der verwendeten Emissionsminderungstechniken

Allgemein anwendbar

b

Optimierung der Verbrennungsbedingungen zur Verringerung der Emissionen organischer Verbindungen

Allgemein anwendbar

c

Nachverbrennung oder regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

Die Anwendbarkeit ist durch den Energiegehalt der zu behandelnden Abgase beschränkt, da Abgase mit einem geringeren Energiegehalt einen höheren Brennstoffverbrauch bedingen.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 26.

Tabelle 26

BVT-assoziierte Emissionswerte für TVOC-Emissionen in die Luft aus der Rohstofftrocknung und dem Schmelzprozess in der Sekundärblei- und/oder Sekundärzinnerzeugung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (87)

TVOC

10-40

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 99.   Die BVT zur Verminderung der PCDD/F-Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen von Blei- und/oder Zinn-Sekundärrohstoffen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

Technik

a

Auswahl und Zuführung der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und der angewandten Emissionsminderungstechniken (88)

b

Bei halbgeschlossenen Öfen: Verwendung von Beschickungssystemen für geringe Rohstoffzugaben (88)

c

Internes Brennersystem (88) für Schmelzöfen

d

Nachverbrennung oder regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) (88)

e

Vermeidung von Absaugsystemen mit hoher Staubanhäufung bei Temperaturen > 250 °C (88)

f

Schnelles Quenchen (88)

g

Injektion eines Adsorptionsmittels in Kombination mit einem effizienten Stauberfassungssystem (88)

h

Verwendung eines effizienten Stauberfassungssystems

i

Einblasen von Sauerstoff in die obere Ofenzone

j

Optimierung der Verbrennungsbedingungen zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen (88)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 27.

Tabelle 27

BVT-assoziierte Emissionswerte für PCDD/F-Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen von Blei- und/oder Zinn-Sekundärrohstoffen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (ng I-TEQ/Nm3) (89)

PCDD/F

≤ 0,1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.4.1.4.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 100.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung von SO2-Emissionen in die Luft aus Beschickungs-, Einschmelz- und Abstichprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage oder der Anlage für flüssiges SO2 zugeführt werden) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Alkalische Laugung von Rohstoffen, die Schwefel in Form von Sulfat enthalten

Allgemein anwendbar

b

Trocken- oder Halbtrockenabscheider (90)

Allgemein anwendbar

c

Nasswäscher (90)

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen eingeschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromrate (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

d

Fixierung des Schwefels in der Schmelzphase

Nur für die Sekundärbleierzeugung anwendbar

Beschreibung

BVT 100.a: Vor dem Einschmelzen werden die Sulfate mithilfe einer Alkalisalzlösung aus den Sekundärrohstoffen entfernt.

BVT 100.d: Die Fixierung des Schwefels in der Einschmelzphase wird durch die Zugabe von Eisen und Natriumcarbonat (Na2CO3) in den Schmelzanlagen erreicht; diese Zusatzstoffe reagieren mit dem in den Rohstoffen enthaltenen Schwefel und bilden Na2S-FeS-Schlacke.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 28.

Tabelle 28

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus Beschickungs-, Einschmelz- und Abstichprozessen in der Primär- und Sekundärerzeugung von Blei und/oder Zinn (ausgenommen Emissionen, die einer Schwefelsäureanlage oder einer Anlage für flüssiges SO2 zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (91)  (92)

SO2

50-350

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.4.2.   Boden- und Grundwasserschutz

BVT 101.   Die BVT zur Vermeidung der Boden- und Grundwasserverunreinigung durch Lagerung, Brechen, Sieben und Klassifizierung von Batterien besteht darin, einen säurebeständigen Bodenbelag und ein System für die Erfassung ausgetretener Säure zu verwenden.

1.4.3.   Abwasseraufkommen und -behandlung

BVT 102.   Die BVT zur Vermeidung des Anfalls von Abwasser aus dem alkalischen Laugungsprozess besteht darin, das Wasser aus der Natriumsulfat-Kristallisierung der Alkalisalzlösung wiederzuverwenden.

BVT 103.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen in das Wasser aus der Batterievorbehandlung, wenn der Säurenebel der Abwasserbehandlungsanlage zugeführt wird, besteht im Betrieb einer Abwasserbehandlungsanlage, die hinreichend darauf ausgelegt ist, die in diesem Abwasserstrom enthaltenen Schadstoffe zu mindern.

1.4.4.   Abfall

BVT 104.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfälle aus der Primärbleierzeugung besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Wiederverwendung des Staubes aus dem Entstaubungssystem im Bleierzeugungsprozess

Allgemein anwendbar

b

Rückgewinnung von Se und Te aus dem Staub der trockenen Abgasreinigung bzw. aus dem Schlamm der nassen Abgasreinigung

Die Anwendbarkeit kann durch die Menge des vorhandenen Quecksilbers eingeschränkt sein.

c

Rückgewinnung von Ag, Au, Bi, Sb und Cu aus der Raffinationskrätze

Allgemein anwendbar

d

Rückgewinnung von Metallen aus dem Schlamm der Abwasserbehandlung

Ein Direktschmelzverfahren mit dem Schlamm der Abwasserbehandlungsanlage kann durch die Anwesenheit von Elementen wie As, Tl und Cd eingeschränkt sein.

e

Zugabe von Flussmitteln, die die Eignung des Schlamms für eine externe Nutzung erhöhen

Allgemein anwendbar

BVT 105.   Die BVT zur Ermöglichung der Rückgewinnung des Polypropylen- und Polyethylenanteils von Bleibatterien besteht darin, diese vor dem Einschmelzen von den Batterien zu trennen.

Anwendbarkeit

Dies ist möglicherweise aufgrund der von nicht zerlegten (ganzen) Batterien gebotenen Gasdurchlässigkeit, die für die Ofenvorgänge erforderlich ist, für Schachtöfen nicht anwendbar.

BVT 106.   Die BVT zur Wiederverwendung oder Rückgewinnung der im Rahmen des Batterieverwertungsprozesses erfassten Schwefelsäure besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die interne oder externe Wiederverwendung bzw. das interne oder externe Recycling erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Wiederverwendung als Beizmittel

Allgemein anwendbar, je nach lokalen Bedingungen wie der Verwendung eines Beizprozesses und der Verträglichkeit der in der Säure enthaltenen Verunreinigungen mit dem Prozess

b

Wiederverwendung als Rohmaterial in einer chemischen Anlage

Die Anwendbarkeit kann je nach lokaler Verfügbarkeit einer chemischen Anlage eingeschränkt sein.

c

Regeneration der Säure durch Cracken

Nur anwendbar, wenn eine Schwefelsäureanlage oder eine Anlage für flüssiges Schwefeldioxid vorhanden ist

d

Gipsherstellung

Nur anwendbar, wenn die Unreinheiten, die in der im Verwertungsprozess anfallenden Säure enthalten sind, die Gipsqualität nicht beeinträchtigen oder wenn Gips von einer geringeren Qualität für andere Zwecke, z. B. als Flussmittel, genutzt werden kann

e

Herstellung von Natriumsulfat

Nur für den alkalischen Laugungsprozess anwendbar

BVT 107.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfälle aus der Sekundärblei- und/oder Sekundärzinnerzeugung besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Wiederverwendung der Rückstände im Einschmelzprozess zur Rückgewinnung von Blei und anderen Metallen

b

Behandlung der Rückstände und Abfälle in speziellen Anlagen zur Materialrückgewinnung

c

Behandlung der Rückstände und Abfälle, sodass diese für andere Anwendungen eingesetzt werden können

1.5.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE ZINK- UND/ODER CADMIUMERZEUGUNG

1.5.1.   Primärzinkerzeugung

1.5.1.1.   Hydrometallurgische Zinkerzeugung

1.5.1.1.1.   Energie

BVT 108.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht darin, durch eine oder eine Kombination der folgenden Techniken Wärme aus den in der Röstanlage entstehenden Abgasen zurückzugewinnen.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung von einem Abwärmekessel und Turbinen zur Stromerzeugung

Die Anwendbarkeit kann je nach Energiepreisen und Energiepolitik des jeweiligen Mitgliedstaats eingeschränkt sein

b

Verwendung von einem Abwärmekessel und Turbinen zur Erzeugung mechanischer Energie, die im Prozess genutzt wird

Allgemein anwendbar

c

Einsatz eines Abwärmekessels zur Erzeugung von Wärme, die im Prozess und/oder für die Beheizung der Bürogebäude genutzt wird

Allgemein anwendbar

1.5.1.1.2.   Emissionen in die Luft

1.5.1.1.2.1.   Diffuse Emissionen

BVT 109.   Die BVT zur Verminderung diffuser Staubemissionen in die Luft aus der Vorbehandlung der Einsatzmaterialien für die Röstanlage und aus dem Beschickungsprozess besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Nassgutzuführung

b

Vollständig gekapselte Prozesseinrichtungen, verbunden mit einem Emissionsminderungssystem

BVT 110.   Die BVT zur Verminderung diffuser Staubemissionen in die Luft aus dem Kalzinierungsprozess besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Betrieb bei Unterdruck

b

Vollständig gekapselte Prozesseinrichtungen, verbunden mit einem Emissionsminderungssystem

BVT 111.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus Prozessen der Laugung, der Trennung von flüssigen und festen Stoffen und der Laugenreinigung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung von Tankabdeckungen

Allgemein anwendbar

b

Abdeckungen für die Gießrinnen zur Zu- und Ableitung der Prozessflüssigkeit

Allgemein anwendbar

c

Anbindung der Tanks an ein zentrales mechanisches Zugluftminderungssystem oder an ein Minderungssystem für einzelne Tanks

Allgemein anwendbar

d

Abdeckung von Vakuumfiltern mit Hauben und Anbindung an ein Emissionsminderungssystem

Nur für die Filtration heißer Flüssigkeiten in der Laugungsstufe und der Stufe für die Trennung flüssiger und fester Stoffe anwendbar

BVT 112.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus der elektrolytischen Extraktion besteht darin, in den Elektrolysezellen für die elektrolytische Extraktion Zusatzstoffe, insbesondere Schäumungsmittel, zu verwenden.

1.5.1.1.2.2.   Gefasste Emissionen

BVT 113.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Umschlag und der Lagerung von Rohstoffen, aus der Vorbehandlung trockener Einsatzmaterialien für die Röstanlage, aus der Zuführung trockener Einsatzmaterialien und aus dem Kalzinierungsprozess besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 29.

Tabelle 29

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus dem Umschlag und der Lagerung von Rohstoffen, aus der Vorbehandlung trockener Einsatzmaterialien für die Röstanlage, aus der Zuführung trockener Einsatzmaterialien und aus dem Kalzinierungsprozess

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (93)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 114.   Die BVT zur Verminderung der Zink- und Schwefelsäureemissionen in die Luft aus Laugungs-, Laugenreinigungs- und Elektrolyseprozessen und zur Verminderung der Arsenwasserstoff- und Stibanemissionen aus Reinigungsprozessen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (94)

a

Nasswäscher

b

Tropfenabscheider

c

Zentrifugalsystem

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 30.

Tabelle 30

BVT-assoziierte Emissionswerte für Zink- und Schwefelsäureemissionen in die Luft aus Laugungs-, Laugenreinigungs- und Elektrolyseprozessen und für Arsenwasserstoff- und Stibanemissionen aus Laugenreinigungsprozessen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (95)

Zn

≤ 1

H2SO4

< 10

Summe aus AsH3 und SbH3

≤ 0,5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.1.1.3.   Boden- und Grundwasserschutz

BVT 115.   Die BVT zur Vermeidung der Boden- und Grundwasserverunreinigung besteht darin, Tanks, die für Laugungs- und Laugenreinigungsprozesse eingesetzt werden, in wasserdichten Auffangbereichen zu platzieren und eine sekundäre Einhausung für Zellenräume zu verwenden.

1.5.1.1.4.   Abwasseranfall

BVT 116.   Die BVT zur Verminderung des Frischwasserverbrauchs und zur Vermeidung des Abwasseranfalls besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Rückführung des Ablasses aus dem Kessel und des Wassers aus den geschlossenen Kühlkreisläufen der Röstanlage zur nassen Gasreinigung oder zur Laugungsstufe

b

Rückführung des Abwassers aus den Reinigungsprozessen bzw. aus der Röstanlage und den Elektrolyse- und Gießprozessen zur Laugungsstufe

c

Rückführung des Abwassers aus den Reinigungsprozessen bzw. aus Laugung und Laugenreinigung, aus dem Waschvorgang der Filterkuchen und aus dem Nasswäscher zur Laugungs- und/oder Laugenreinigungsstufe

1.5.1.1.5.   Abfall

BVT 117.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Wiederverwendung des in Konzentratlagerung und -umschlag erfassten Staubes im Prozess (zusammen mit der Konzentratbeschickung)

Allgemein anwendbar

b

Wiederverwendung des im Röstprozess erfassten Staubes über das Silo für das Rösterz (ZnO)

Allgemein anwendbar

c

Recycling von blei- und silberhaltigen Rückständen als Rohstoff in einer externen Anlage

Anwendbar in Abhängigkeit vom Metallgehalt und davon, ob ein Markt besteht bzw. ein Prozess verfügbar ist

d

Recycling von Cu-, Co-, Ni-, Cd- und Mn-haltigen Rückständen als Rohstoff in einer externen Anlage zur Gewinnung eines marktfähigen Produkts

Anwendbar in Abhängigkeit vom Metallgehalt und davon, ob ein Markt besteht bzw. ein Prozess verfügbar ist

BVT 118.   Die BVT zur Vorbehandlung der Laugungsabfälle für die endgültige Entsorgung besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Pyrometallurgische Behandlung in einem Wälzrohrofen

Nur für neutrale Laugungsabfälle anwendbar, die nicht einen zu hohen Zinkferritanteil enthalten und/oder keine hohen Edelmetallkonzentrationen aufweisen

b

Jarofix-Prozess

Nur für Jarosit-Eisenrückstände anwendbar; eingeschränkte Anwendbarkeit aufgrund eines bestehenden Patents

c

Sulfidierungsprozess

Nur für Jarosit-Eisenrückstände und Direktlaugungsrückstände anwendbar

d

Verdichtung von Eisenrückständen

Nur für Goethitrückstände und gipsreichen Schlamm aus der Abwasserbehandlungsanlage anwendbar

Beschreibung

BVT 118.b: Im Jarofix-Prozess werden Jarositniederschläge mit Portlandzement, Kalk und Wasser vermischt.

BVT 118.c: Im Sulfidierungsprozess werden NaOH und Na2S zu den Rückständen in einem Sichterbehälter und in Sulfidierungsreaktoren zugegeben.

BVT 118.d: Die Verdichtung von Eisenrückständen umfasst die Verringerung des Feuchtegehalts durch Filtration und die Zugabe von Kalk oder anderen Stoffen.

1.5.1.2.   Pyrometallurgische Zinkerzeugung

1.5.1.2.1.   Emissionen in die Luft

1.5.1.2.1.1.   Gefasste Staubemissionen

BVT 119.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der pyrometallischen Zinkerzeugung (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

Anwendbarkeit

Falls die Konzentrate einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt (z. B. etwa 10 Gewichtsprozent) haben, sind Gewebefilter aufgrund der Zusetzung des Gewebes möglicherweise nicht anwendbar, und es können andere Techniken (z. B. Nasswäscher) eingesetzt werden.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 31.

Tabelle 31

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus der pyrometallurgischen Zinkerzeugung (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (96)  (97)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 120.   Die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen in die Luft aus der pyrometallurgischen Zinkerzeugung (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) besteht in der Anwendung einer Nassentschwefelungstechnik.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 32.

Tabelle 32

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus der pyrometallurgischen Zinkerzeugung (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (98)

SO2

≤ 500

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.2.   Sekundärzinkerzeugung

1.5.2.1.   Emissionen in die Luft

1.5.2.1.1.   Gefasste Staubemissionen

BVT 121.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der Pelletierung und der Schlackebehandlung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 33.

Tabelle 33

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus Pelletierung und Schlackebearbeitung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (99)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 122.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

Anwendbarkeit

Ein Gewebefilter ist möglicherweise nicht für einen Klinkerprozess anwendbar (bei dem nicht Metalloxide, sondern Chloride gemindert werden müssen).

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 34.

Tabelle 34

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (100)  (101)  (102)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.2.1.2.   Emissionen organischer Verbindungen

BVT 123.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (103)

Anwendbarkeit

a

Injektion eines Adsorptionsmittels (Aktivkohle oder Braunkohlenkoks) mit nachgeschaltetem Gewebefilter und/oder Elektrofilter

Allgemein anwendbar

b

Thermische Nachverbrennung (TNV)

Allgemein anwendbar

c

Regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

Möglicherweise aus Sicherheitsgründen nicht anwendbar

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 35.

Tabelle 35

BVT-assoziierte Emissionswerte für TVOC- und PCDD/F-Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen

Parameter

Einheit

BVT-assoziierter Emissionswert

TVOC

mg/Nm3

2-20 (104)

PCDD/F

ng I-TEQ/Nm3

≤ 0,1 (105)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.2.1.3.   Säureemissionen

BVT 124.   Die BVT zur Verminderung der HCl- und HF-Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (106)

Prozess

a

Injektion eines Adsorptionsmittels mit nachgeschaltetem Gewebefilter

Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme

Wälzrohrofen

b

Nasswäscher

Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 36.

Tabelle 36

BVT-assoziierte Emissionswerte für HCl- und HF-Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen metallischer und gemischt metallischer/oxidischer Materialströme sowie aus dem Ofen zum Verflüchtigen von Stoffen aus der Schlacke und aus dem Wälzrohrofen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (107)

HCl

≤ 1,5

HF

≤ 0,3

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.2.2.   Abwasseranfall und -behandlung

BVT 125.   Die BVT zur Verminderung des Frischwasserverbrauchs im Wälzrohrprozess besteht in der Anwendung einer mehrstufigen Gegenstromwäsche.

Beschreibung

Das Wasser aus einer früheren Waschstufe wird gefiltert und in der nachfolgenden Waschstufe wiederverwendet. Es können zwei oder drei Stufen angewandt werden, wodurch im Vergleich zu einer einstufigen Gegenstromwäsche bis zu dreimal weniger Wasser verbraucht wird.

BVT 126.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung der Halogenidemissionen aus der Waschstufe im Wälzrohrprozess in Wasser besteht in der Anwendung der Kristallisation.

1.5.3.   Schmelzen, Legieren und Gießen von Zinkbarren und Erzeugung von Zinkpulver

1.5.3.1.   Emissionen in die Luft

1.5.3.1.1.   Diffuse Staubemissionen

BVT 127.   Die BVT zur Verminderung diffuser Staubemissionen in die Luft aus dem Schmelzen, Legieren und Gießen von Zinkbarren besteht darin, die Einrichtungen bei Unterdruck zu betreiben.

1.5.3.1.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 128.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus dem Schmelzen, Legieren und Gießen von Zinkbarren sowie aus der Erzeugung von Zinkpulver besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 37.

Tabelle 37

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus dem Schmelzen, Legieren und Gießen von Zinkbarren sowie aus der Erzeugung von Zinkpulver

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (108)

Staub

≤ 5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.3.2.   Abwasser

BVT 129.   Die BVT zur Vermeidung des Anfalls von Abwasser aus dem Schmelzen und Gießen von Zinkbarren besteht darin, das Kühlwasser wiederzuverwenden.

1.5.3.3.   Abfall

BVT 130.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen aus dem Schmelzen von Zinkbarren besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder beider der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung der oxidierten Fraktion der Zinkkrätze und des zinkhaltigen Staubes aus den Schmelzöfen im Röstofen oder im Prozess zur hydrometallurgischen Zinkerzeugung

b

Verwendung der metallischen Fraktion der Zinkkrätze und der metallischen Krätze aus dem Kathodengießen im Schmelzofen oder Rückgewinnung in Form von Zinkstaub oder Zinkoxid in einer Zinkraffinationsanlage

1.5.4.   Cadmiumerzeugung

1.5.4.1.   Emissionen in die Luft

1.5.4.1.1.   Diffuse Emissionen

BVT 131.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Bei der Laugung und Trennung flüssiger und fester Stoffe in der hydrometallurgischen Erzeugung, bei der Brikettierung/Pelletierung und beim Verflüchtigen in der pyrometallurgischen Erzeugung, sowie bei Schmelz-, Legier- und Gießprozessen: Einsatz eines zentralen Absaugsystems, verbunden mit einem Emissionsminderungssystem

b

Bei der Elektrolysestufe in der hydrometallurgischen Erzeugung: Abdeckung der Zellen

1.5.4.1.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 132.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus der pyrometallurgischen Cadmiumerzeugung und aus dem Schmelzen, Legieren und Gießen von Cadmiumbarren besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (109)

Anwendbarkeit

a

Gewebefilter

Allgemein anwendbar

b

Elektrofilter

Allgemein anwendbar

c

Nasswäscher

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen eingeschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromrate (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 38.

Tabelle 38

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub und Cadmium in die Luft aus der pyrometallurgischen Cadmiumerzeugung und aus dem Schmelzen, Legieren und Gießen von Cadmiumbarren

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (110)

Staub

2-3

Cd

≤ 0,1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.5.4.2.   Abfall

BVT 133.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen aus der hydrometallurgischen Cadmiumerzeugung besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Extraktion des Cadmiums aus dem Zinkprozess als cadmiumreiches Zementat in der Laugenreinigungsstufe, weitere Konzentrierung und Raffination (durch Elektrolyse oder einen pyrometallurgischen Prozess) und schließlich Umwandlung in marktfähige Cadmiummetalle oder Cadmiumverbindungen

Nur anwendbar, wenn eine wirtschaftlich ausreichende Nachfrage besteht

b

Extraktion des Cadmiums aus dem Zinkprozess als cadmiumreiches Zementat in der Laugenreinigungsstufe und anschließende Anwendung einer Reihe hydrometallurgischer Prozesse, mit denen ein cadmiumreicher Niederschlag (z. B. Zement (Cd-Metall), Cd(OH)2) erzeugt wird, der in Deponien entsorgt wird, während alle anderen Prozessströme in der Cadmiumanlage oder im Zinkanlagenstrom rezykliert werden

Nur anwendbar, wenn eine geeignete Deponie verfügbar ist

1.6.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE EDELMETALLERZEUGUNG

1.6.1.   Emissionen in die Luft

1.6.1.1.   Diffuse Emissionen

BVT 134.   Die BVT für die Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus Vorbehandlungsprozessen (z. B. Brechen, Sieben und Mischen) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Einhausung von Vorbehandlungsbereichen und Übergabesystemen für staubende Materialien

b

Anbindung von Vorbehandlungs- und Umschlagvorgängen an Stauberfassungs- oder Staubabsaugvorrichtungen über Abzüge und ein Leitungssystem für staubende Materialien

c

Elektrische Anbindung der Vorbehandlungs- und Umschlageinrichtungen an die zugehörigen Stauberfassungs- oder Staubabsaugsysteme, um sicherzustellen, dass Vorrichtungen nur betrieben werden können, wenn das Stauberfassungs- und das Filtersystem ebenfalls aktiviert sind

BVT 135.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus Einschmelz- und Schmelzprozessen (Doré- und Nicht-Doré-Verfahren) besteht in der Anwendung aller folgenden Techniken.

 

Technik

a

Kapselung von Gebäuden und/oder Schmelzofenbereichen

b

Betrieb bei Unterdruck

c

Anbindung von Ofenabläufen an Stauberfassungs- oder Staubabsaugvorrichtungen über Abzüge und ein Leitungssystem

d

Elektrische Anbindung der Ofenvorrichtungen an die zugehörigen Stauberfassungs- oder Staubabsaugsysteme, um sicherzustellen, dass Vorrichtungen nur betrieben werden können, wenn das Stauberfassungs- und das Filtersystem ebenfalls aktiviert sind

BVT 136.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus Laugungsprozessen und aus der Goldelektrolyse besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Geschlossene Tanks/Behälter und geschlossene Rohrleitungen für Übergabesysteme

b

Hauben und Absaugsysteme für Elektrolysezellen

c

Wasservorhang für die Golderzeugung, um Chlorgasemissionen während der Laugung von Anodenschlämmen mit Salzsäure oder anderen Lösungsmitteln zu vermeiden

BVT 137.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus hydrometallurgischen Prozessen besteht in der Anwendung aller folgenden Techniken.

 

Technik

a

Rückhaltemaßnahmen wie gekapselte oder geschlossene Reaktionsbehälter, Lagertanks, Lösungsmittelextraktionsvorrichtungen und Filter sowie mit einer Füllstandskontrolle ausgestattete Behälter und Tanks, geschlossene Rohrleitungen und abgedichtete Entwässerungssysteme sowie Wartungspläne

b

Anbindung von Reaktionsbehältern und Tanks an ein allgemeines Leitungssystem mit Abgasabsaugung (mit einem automatisch gesteuerten redundanten Reservesystem für den Störungsfall)

BVT 138.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsprozessen besteht in der Anwendung aller folgenden Techniken.

 

Technik

a

Anbindung aller Kalzinierungsöfen, Verbrennungsanlagen und Trockenkammern an ein Leitungssystem zur Ableitung der Prozessabgase

b

Betrieb der Gaswäscheranlage an einem Vorrangstromkreis, der für den Fall eines Stromausfalls mit einem Notstromaggregat verbunden ist

c

Automatisches Steuersystem für Start und Abschaltung der Gaswäscheranlage, Ablass der verbrauchten Säure und Auffüllung mit frischer Säure

BVT 139.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus dem Schmelzen der Metall-Endprodukte bei der Raffination besteht in der Anwendung der beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Eingehauster Ofen mit Unterdruck

b

Geeignete Gehäuse, Einhausungen und Hauben zur Emissionserfassung mit effizienter Absaugung/Entlüftung

1.6.1.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 140.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus allen staubenden Prozessen wie Brechen, Sieben, Mischen, Schmelzen, Einschmelzen, Verbrennung, Kalzinierung, Trocknung und Raffination besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (111)

Anwendbarkeit

a

Gewebefilter

Möglicherweise nicht für Abgase anwendbar, die einen hohen Anteil an verflüchtigtem Selen aufweisen

b

Nasswäscher in Kombination mit einem Elektrofilter, sodass eine Selenrückgewinnung möglich ist

Nur für Abgase anwendbar, die verflüchtigtes Selen enthalten (z. B. Doré-Metallerzeugung)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 39.

Tabelle 39

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus allen staubenden Prozessen wie Brechen, Sieben, Mischen, Schmelzen, Einschmelzen, Verbrennung, Kalzinierung, Trocknung und Raffination

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (112)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.1.3.   NOX-Emissionen

BVT 141.   Die BVT zur Vermeidung von NOX-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, in denen Salpetersäure zur Auflösung/Laugung eingesetzt wird, besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik (113)

a

Alkalischer Abscheider mit Natronlauge

b

Abscheider mit Oxidationsmitteln (z. B. Sauerstoff, Wasserstoffperoxid) und Reduktionsmitteln (z. B. Salpetersäure, Harnstoff) für die Behälter in hydrometallurgischen Prozessen, in denen potenziell hohe NOX-Konzentrationen gebildet werden können — diese Technik wird häufig in Kombination mit BVT 141.a angewandt.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 40.

Tabelle 40

BVT-assoziierte Emissionswerte für NOX-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, in denen Salpetersäure zur Auflösung/Laugung eingesetzt wird

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (114)

NOX

70-150

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.1.4.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 142.   Die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen in die Luft aus Schmelz- und Einschmelzprozessen zur Herstellung von Doré-Metall, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsvorgänge, (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (115)

Anwendbarkeit

a

Kalkinjektion in Kombination mit einem Gewebefilter

Allgemein anwendbar

b

Nasswäscher

Die Anwendbarkeit kann in den folgenden Fällen eingeschränkt sein:

sehr hohe Abgasstromraten (aufgrund des hohen Abfall- und Abwasseranfalls)

in Trockengebieten (aufgrund der großen benötigten Wassermenge und der Notwendigkeit für eine Abwasserbehandlung)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 41.

Tabelle 41

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus Schmelz- und Einschmelzprozessen zur Herstellung von Doré-Metall, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsvorgänge (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (116)

SO2

50-480

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 143.   Die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsabläufe, besteht in der Verwendung eines Nasswäschers.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 42.

Tabelle 42

BVT-assoziierte Emissionswerte für SO2-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsvorgänge

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (117)

SO2

50-100

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.1.5.   HCl- und Cl2-Emissionen

BVT 144.   Die BVT zur Verminderung der HCl- und Cl2-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsvorgänge, besteht in der Verwendung eines alkalischen Abscheiders.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 43.

Tabelle 43

BVT-assoziierte Emissionswerte für HCl- und Cl2-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen, einschließlich der zugehörigen Verbrennungs-, Kalzinierungs- und Trocknungsvorgänge

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (118)

HCl

≤ 5-10

Cl2

0,5-2

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.1.6.   NH3-Emissionen

BVT 145.   Die BVT zur Verminderung der NH3-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen unter Verwendung von Ammoniak oder Ammoniumchlorid besteht in der Verwendung eines Nasswäschers mit Schwefelsäure.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 44.

Tabelle 44

BVT-assoziierte Emissionswerte für NH3-Emissionen in die Luft aus hydrometallurgischen Prozessen unter Verwendung von Ammoniak oder Ammoniumchlorid

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (119)

NH3

1-3

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.1.7.   PCDD/F-Emissionen

BVT 146.   Die BVT zur Verminderung der PCDD/F-Emissionen in die Luft aus Trocknungsprozessen, bei denen die Rohstoffe organische Verbindungen, Halogene oder andere PCDD/F-Vorläufersubstanzen enthalten, sowie aus Verbrennungs- und Kalzinierungsprozessen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Nachbrenner oder Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) (120)

b

Injektion eines Adsorptionsmittels in Kombination mit einem effizienten Stauberfassungssystem (120)

c

Optimierung der Verbrennungs- oder Prozessbedingungen zur Minderung von Emissionen organischer Verbindungen (120)

d

Vermeidung von Absaugsystemen mit hoher Staubanhäufung bei Temperaturen > 250 °C (120)

e

Schnelles Quenchen (120)

f

Thermische Zerstörung von PCDD/F bei hohen Temperaturen im Ofen (> 850 °C)

g

Einblasen von Sauerstoff in die obere Ofenzone

h

Internes Brennersystem (120)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 45.

Tabelle 45

BVT-assoziierte Emissionswerte für PCDD/F-Emissionen in die Luft aus Trocknungsprozessen, bei denen die Rohstoffe organische Verbindungen, Halogene oder andere PCDD/F-Vorläufersubstanzen enthalten, sowie aus Verbrennungs- und Kalzinierungsprozessen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (ng I-TEQ/Nm3) (121)

PCDD/F

≤ 0,1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.6.2.   Boden- und Grundwasserschutz

BVT 147.   Die BVT zur Vermeidung der Boden- und Grundwasserverunreinigung besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung abgedichteter Entwässerungssysteme

b

Verwendung doppelwandiger Tanks oder Platzierung der Tanks innerhalb von chemikalienbeständigen Auffangwannen

c

Undurchlässiger und säurebeständiger Untergrund

d

Automatische Füllstandskontrolle bei Reaktionsbehältern

1.6.3.   Abwasseranfall

BVT 148.   Die BVT zur Vermeidung des Abwasseranfalls besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Recycling der verbrauchten/rückgewonnenen Abscheiderflüssigkeiten und anderer hydrometallurgischer Reagenzien in Laugungs- und anderen Raffinationsprozessen

b

Recycling der Lösungen aus Laugungs-, Extraktions- und Ausfällungsprozessen

1.6.4.   Abfall

BVT 149.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Prozess

a

Rückgewinnung des Metallanteils von Schlacken, Filterstaub und Rückständen des Nassentstaubungssystems

Doré-Herstellung

b

Rückgewinnung des Selens, das in den Abgasen des Nassentstaubungssystems, die verflüchtigtes Selen enthalten, erfasst wurde

c

Rückgewinnung von Silber aus dem verbrauchten Elektrolyt und aus den verbrauchten Schlamm-Waschlösungen

Elektrolytische Silberraffination

d

Rückgewinnung von Metallen aus Rückständen aus der Elektrolytreinigung (z. B. Silberzement, Rückstände auf Basis von Kupfercarbonat)

e

Rückgewinnung von Gold aus Elektrolyt, Schlämmen und Lösungen aus dem Goldlaugungsprozess

Elektrolytische Goldraffination

f

Rückgewinnung von Metallen aus verbrauchten Anoden

Elektrolytische Silber- oder Goldraffination

g

Rückgewinnung von Metallen der Platingruppe aus Lösungen, die mit Metallen der Platingruppe angereichert sind

h

Rückgewinnung von Metallen aus der Behandlung von Flüssigkeiten nach Prozessende

Alle Prozesse

1.7.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE ERZEUGUNG VON FERROLEGIERUNGEN

1.7.1.   Energie

BVT 150.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht darin, durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken Energie aus den CO-reichen Abgasen eines geschlossenen Elektro-Lichtbogenofens oder eines geschlossenen Plasmastaubprozesses zurückzugewinnen.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Einsatz eines Dampfkessels und von Turbinen zur Energierückgewinnung der Energiegehalts und zur Stromerzeugung

Die Anwendbarkeit kann je nach Energiepreisen und Energiepolitik des jeweiligen Mitgliedstaats eingeschränkt sein.

b

Direkter Einsatz des Abgases als Brennstoff im Prozess (z. B. für die Trocknung von Rohstoffen, die Vorwärmung der Beschickungsmaterialien, das Sintern sowie das Wärmen der Gießtiegel)

Nur anwendbar, wenn ein Bedarf an Prozesswärme besteht

c

Verwendung des Abgases als Brennstoff für benachbarte Anlagen

Nur anwendbar, wenn ein wirtschaftlich sinnvoller Bedarf an dieser Art von Brennstoff besteht

BVT 151.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht darin, durch eine der oder beide folgenden Techniken Energie aus den heißen Abgasen eines halbgeschlossenen Elektro-Lichtbogenofens zurückzugewinnen.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Einsatz eines Abwärmekessels und von Turbinen zur Energierückgewinnung und zur Stromerzeugung

Die Anwendbarkeit kann je nach Energiepreisen und Energiepolitik des jeweiligen Mitgliedstaats eingeschränkt sein.

b

Verwendung eines Abwärmekessels zur Heißwasser-Erzeugung

Nur anwendbar, wenn eine wirtschaftlich ausreichende Nachfrage besteht

BVT 152.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht darin, durch eine Heißwasser-Erzeugung die Energie aus den Abgasen eines offenen Elektro-Lichtbogenofens zurückzugewinnen.

Anwendbarkeit

Nur anwendbar, wenn eine wirtschaftlich ausreichende Nachfrage an Warmwasser besteht.

1.7.2.   Emissionen in die Luft

1.7.2.1.   Diffuse Staubemissionen

BVT 153.   Die BVT zur Vermeidung oder Verminderung und zur Erfassung diffuser Emissionen in die Luft aus Abstich- und Gießprozessen besteht in einer der oder beiden folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung eines Systems von Abzugshauben

Bei bestehenden Anlagen hängt die Anwendbarkeit von der Anlagenkonfiguration ab.

b

Vermeidung von Gießprozessen durch Verwendung von Ferrolegierungen im flüssigen Zustand

Nur anwendbar, wenn der Verbraucher (z. B. der Stahlhersteller) und der Hersteller der Ferrolegierungen integriert sind

1.7.2.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 154.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Lagerung, Umschlag und Transport von Feststoffen, aus Vorbehandlungsprozessen wie Dosierung, Mischen, Vermengen und Entfettung sowie aus Abstich-, Gieß- und Verpackungsprozessen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 46.

BVT 155.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus Brech-, Brikettierungs-, Pelletierungs- und Sinterprozessen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters oder eines Gewebefilters in Kombination mit anderen Techniken.

Anwendbarkeit

Die Anwendbarkeit eines Gewebefilters kann bei niedrigen Umgebungstemperaturen (– 20 °C bis – 40 °C) und bei einem hohen Feuchtegehalt der Abgase sowie aus Sicherheitsgründen beim Brechen von CaSi (Explosionsrisiko) eingeschränkt sein.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 46.

BVT 156.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus einem offenen oder halboffenen Elektro-Lichtbogenofen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 46.

BVT 157.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus einem geschlossenen Elektro-Lichtbogenofen oder einem geschlossenen Plasmastaubprozess besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (122)

Anwendbarkeit

a

Nasswäscher in Kombination mit einem Elektrofilter

Allgemein anwendbar

b

Gewebefilter

Allgemein anwendbar, sofern keine Sicherheitsbedenken hinsichtlich des CO- und H2-Gehalts der Abgase bestehen

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 46.

BVT 158.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen in die Luft aus einem Tiegel mit feuerfester Auskleidung für die Erzeugung von Ferro-Molybdän- und Ferro-Vanadiumlegierungen besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 46.

Tabelle 46

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus der Erzeugung von Ferrolegierungen

Parameter

Prozess

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3)

Staub

Lagerung, Umschlag und Transport von Feststoffen

Vorbehandlungsprozesse wie Dosierung, Mischen, Vermengen und Entfettung

Abstich, Gießen und Verpacken

2-5 (123)

Brechen, Brikettierung, Pelletierung und Sintern

2-5 (124)  (125)

Offener oder halbgeschlossener Elektro-Lichtbogenofen

2-5 (124)  (126)  (127)

Geschlossener Elektro-Lichtbogenofen oder geschlossener Plasmastaubprozess

Tiegel mit feuerfester Auskleidung für die Erzeugung von Ferro-Molybdän- und Ferro-Vanadiumlegierungen

2-5 (124)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.7.2.3.   PCDD/F-Emissionen

BVT 159.   Die BVT zur Verminderung der PCDD/F-Emissionen in die Luft aus einem Ofen zur Erzeugung von Ferrolegierungen besteht in der Injektion von Adsorptionsmitteln und in der Verwendung eines Elektrofilters und/oder eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 47.

Tabelle 47

BVT-assoziierte Emissionswerte für PCDD/F-Emissionen aus einem Ofen zur Erzeugung von Ferrolegierungen in die Luft

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (ng I-TEQ/Nm3)

PCDD/F

≤ 0,05 (128)

Die zugehörige Überwachung ist in BVT 10 angegeben.

1.7.2.4.   Emissionen von PAK und organischen Verbindungen

BVT 160.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen von PAK und organischen Verbindungen in die Luft aus der Entfettung von Titanspänen in Drehrohröfen besteht in der Verwendung einer Thermischen Nachverbrennung (TNV).

1.7.3.   Abfall

BVT 161.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Schlackemengen besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Schlacke erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung von Schlacke in Bauanwendungen

Nur für Schlacken aus der Erzeugung von kohlenstoffreichem FeCr und SiMn, für Schlacken aus der Legierungsverwertung aus Stahlwerksrückständen und für normal ausgeschöpfte Schlacke aus der FeMn- und FeMo-Erzeugung anwendbar

b

Verwendung von Schlacke als Strahlmittel

Nur für Schlacken aus der Erzeugung von kohlenstoffreichem FeCr anwendbar

c

Verwendung von Schlacke für Feuerfestbeton

Nur für Schlacken aus der Erzeugung von kohlenstoffreichem FeCr anwendbar

d

Verwendung von Schlacke im Einschmelzprozess

Nur für Schlacken aus der Erzeugung von Calcium-Silicium anwendbar

e

Verwendung von Schlacke als Rohstoff für die Erzeugung von Siliciummangan oder andere metallurgische Anwendungen

Nur für ergiebige Schlacke (mit einem hohen MnO-Anteil) aus der Erzeugung von FeMn anwendbar

BVT 162.   Die BVT zur Verminderung der Mengen von zu entsorgendem Filterstaub und -schlamm besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Filterstaub und -schlamm erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit (129)

a

Verwendung von Filterstaub im Einschmelzprozess

Nur für Filterstaub aus der Erzeugung von FeCr und FeMo anwendbar

b

Verwendung von Filterstaub in der Herstellung von rostfreiem Stahl

Nur für Filterstaub aus Brech- und Siebeprozesse in der Erzeugung von kohlenstoffreichem FeCr anwendbar

c

Verwendung von Filterstaub und -schlamm als Beschickungskonzentrat

Nur für Filterstaub und -schlamm aus der Abgasreinigung in der Mo-Röstung anwendbar

d

Verwendung von Filterstaub in anderen Industriebranchen

Nur für die Erzeugung von FeMn, SiMn, FeNi, FeMo und FeV anwendbar

e

Verwendung von Mikro-Silicium als Zusatzstoff in der Zementindustrie

Nur für Mikro-Silicium aus der FeSi- und Si-Erzeugung anwendbar

f

Verwendung von Filterstaub und -schlamm in der Zinkindustrie

Nur für Ofenstaub und Nasswäscher-Schlamm aus der Legierungsverwertung aus Stahlwerksrückständen anwendbar

1.8.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE NICKEL- UND/ODER KOBALTERZEUGUNG

1.8.1.   Energie

BVT 163.   Die BVT zur effizienten Energienutzung besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung von sauerstoffangereicherter Luft in Schmelzöfen oder LD-Konvertern

b

Verwendung von Abwärmekesseln

c

Verwendung der im Ofen erzeugten Rauchgase im Prozess (z. B. zur Trocknung)

d

Verwendung von Wärmetauschern

1.8.2.   Emissionen in die Luft

1.8.2.1.   Diffuse Emissionen

BVT 164.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen in die Luft aus der Ofenbeschickung besteht in der Verwendung geschlossener Fördersysteme.

BVT 165.   Die BVT zur Verminderung diffuser Staubemissionen in die Luft aus Einschmelzprozessen besteht in der Verwendung abgedeckter und mit Hauben versehener Gießrinnen, die an ein Emissionsminderungssystem angebunden sind.

BVT 166.   Die BVT zur Verminderung diffuser Staubemissionen aus Konvertierungsprozessen besteht darin, die Prozesse bei Unterdruck durchzuführen und Abzugshauben zu verwenden, die an ein Emissionsminderungssystem angeschlossen sind.

BVT 167.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus atmosphärischer Laugung oder Drucklaugung besteht in der Anwendung der beiden folgenden Techniken.

 

Technik

a

Gekapselte oder geschlossene Reaktoren, Absetzeinrichtungen und Autoklaven/Druckkessel

b

Verwendung von Sauerstoff oder Chlor anstelle von Luft in den Laugungsstufen

BVT 168.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus der Lösungsmittelraffination besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Verwendung eines Mischers mit geringer oder hoher Scherwirkung für die Lösungsmittel/Wasser-Mischung

b

Verwendung von Abdeckungen für den Mischer und den Abscheider

c

Einsatz vollständig gekapselter Tanks, angeschlossen an ein Emissionsminderungssystem

BVT 169.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus der elektrolytischen Extraktion besteht in einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Erfassung und Wiederverwendung von Chlorgas

Nur für die elektrolytische Extraktion auf Chlorbasis anwendbar

b

Verwendung von Polystyrolkügelchen zur Abdeckung der Elektrolysezellen

Allgemein anwendbar

c

Verwendung von Schäumungsmitteln zur Abdeckung der Zellen mit einer stabilen Schaumschicht

Nur für die elektrolytische Extraktion auf Sulfatbasis anwendbar

BVT 170.   Die BVT zur Verminderung diffuser Emissionen aus dem Wasserstoffreduktionsprozess bei der Herstellung von Nickelpulver und Nickelbriketts (unter Druck) besteht in der Verwendung gekapselter oder geschlossener Reaktoren, Absetzeinrichtungen, Autoklaven/Druckkessel, Pulverförderer und Produktsilos.

1.8.2.2.   Gefasste Staubemissionen

BVT 171.   Bei der Verarbeitung sulfidischer Erze besteht die BVT zur Verminderung von Staub- und Metallemissionen aus dem Umschlag und der Lagerung der Rohstoffe, aus den Materialvorbehandlungsprozessen (wie Erzvorbehandlung und Erz-/Konzentrattrocknung), aus Ofenbeschickung, Einschmelzen, Konvertierung, thermischer Raffination und Erzeugung von Nickelpulver und Nickelbriketts in die Luft in der Verwendung eines Gewebefilters oder einer Kombination aus Elektrofilter und Gewebefilter.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 48.

Tabelle 48

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staubemissionen in die Luft aus dem Umschlag und der Lagerung von Rohstoffen, aus den Materialvorbehandlungsprozessen (wie Erzvorbehandlung und Erz-/Konzentrattrocknung), aus der Ofenbeschickung, dem Einschmelzen, der Konvertierung, der thermischen Raffination und der Erzeugung von Nickelpulver und Nickelbriketts bei der Verarbeitung sulfidischer Erze

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (130)

Staub

2-5

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.8.2.3.   Nickel- und Chloremissionen

BVT 172.   Die BVT zur Verminderung der Nickel- und Chloremissionen in die Luft aus der atmosphärischen Laugung oder der Drucklaugung besteht in der Verwendung eines Nasswäschers.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 49.

Tabelle 49

BVT-assoziierte Emissionswerte für Nickel- und Chloremissionen aus der atmosphärischen Laugung oder der Drucklaugung in die Luft

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (131)

Ni

≤ 1

Cl2

≤ 1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 173.   Die BVT zur Verminderung der Nickelemissionen in die Luft aus der Nickelstein-Raffination unter Verwendung von Eisen(III)-chlorid mit Chlor besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 50.

Tabelle 50

BVT-assoziierte Emissionswerte für Nickelemissionen in die Luft aus der Nickelstein-Raffination unter Verwendung von Eisen(III)-chlorid mit Chlor

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (132)

Ni

≤ 1

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.8.2.4.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 174.   Bei der Verarbeitung sulfidischer Erze besteht die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen in die Luft aus Einschmelz- und Konvertierungsprozessen (ausgenommen Emissionen, die der Schwefelsäureanlage zugeführt werden) in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (133)

a

Kalkinjektion mit nachgeschaltetem Gewebefilter

b

Nasswäscher

1.8.2.5.   NH3-Emissionen

BVT 175.   Die BVT zur Verminderung der NH3-Emissionen in die Luft aus der Herstellung von Nickelpulver und Nickelbriketts besteht in der Verwendung eines Nasswäschers.

1.8.3.   Abfall

BVT 176.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch Anwendung einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

Anwendbarkeit

a

Verwendung der granulierten Schlacke aus dem (für den Schmelzvorgang eingesetzten) Lichtbogenofen als Strahlmittel oder als Baumaterial

Die Anwendbarkeit hängt vom Metallgehalt der Schlacke ab

b

Verwendung des erfassten Abgasstaubes aus dem (für den Schmelzvorgang eingesetzten) Lichtbogenofen als Rohstoff in der Zinkerzeugung

Allgemein anwendbar

c

Verwendung des Abgasstaubes aus der Metallsteingranulation, der am (für den Schmelzvorgang eingesetzten) Lichtbogenofen erfasst wurde, als Rohstoff in der Raffination/Umschmelzung von Nickel

Allgemein anwendbar

d

Verwendung der Schwefelrückstände nach der Metallsteinfiltration in der Laugung auf Chlorbasis als Rohstoff für die Schwefelsäureherstellung

Allgemein anwendbar

e

Verwendung der Eisenrückstände aus der Laugung auf Sulfatbasis als Einsatzmaterial für die Nickelschmelzanlage

Die Anwendbarkeit hängt vom Metallgehalt der Abfälle ab

f

Verwendung der Zinkcarbonat-Rückstände aus der Lösungsmittelextraktion als Rohstoff für die Zinkerzeugung

Die Anwendbarkeit hängt vom Metallgehalt der Abfälle ab

g

Verwendung der Kupferrückstände aus den Laugungsprozessen auf Sulfat- und Chlorbasis als Rohstoff für die Kupfererzeugung

Allgemein anwendbar

1.9.   BVT-SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE KOHLENSTOFF- UND/ODER GRAPHITERZEUGUNG

1.9.1.   Emissionen in die Luft

1.9.1.1.   Diffuse Emissionen

BVT 177.   Die BVT zur Verminderung diffuser PAK-Emissionen in die Luft aus Lagerung, Umschlag und Transport von flüssigem Pech besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik

a

Gaspendelung des Lagertanks für flüssiges Pech

b

Kondensation durch externe und/oder interne Kühlung mit Luft- und/oder Wassersystemen (Kühltürme) mit nachgeschalteten Filtrationstechniken (Adsorptionsabscheider oder Elektrofilter)

c

Erfassung und Transport der Abgase zu Emissionsminderungssystemen (Trockenabscheider oder Anlage für thermische/regenerative thermische Oxidation), die in anderen Prozessstufen (z. B. Mischen und Formen oder Brennen/Backen) verfügbar sind

1.9.1.2.   Staub- und PAK-Emissionen

BVT 178.   Die BVT zur Verminderung von Staubemissionen in die Luft aus Lagerung, Umschlag und Transport von Koks und Pech, aus mechanischen Prozessen (wie Feinzerkleinerung) sowie aus Graphitierung und maschineller Bearbeitung besteht in der Verwendung eines Gewebefilters.

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 51.

Tabelle 51

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und BaP-Emissionen (als Indikator für PAK) in die Luft aus Lagerung, Umschlag und Transport von Koks und Pech, aus mechanischen Prozessen (wie Feinzerkleinerung) sowie aus Graphitierung und maschineller Bearbeitung

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (134)

Staub

2-5

BaP

≤ 0,01 (135)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 179.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und PAK-Emissionen in die Luft aus der Herstellung von Frischpaste (Grünpaste) und unbehandelten Formen (Grünformen) besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (136)

a

Trockenabscheider mit Koks als Adsorptionsmittel, mit oder ohne Vorkühlung, mit nachgeschaltetem Gewebefilter

b

Koksfilter

c

Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

d

Thermische Nachverbrennung (TNV)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 52.

Tabelle 52

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und BaP-Emissionen (als Indikator für PAK) in die Luft aus der Herstellung von Frischpaste (Grünpaste) und unbehandelten Formen (Grünformen)

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (137)

Staub

2-10 (138)

BaP

0,001-0,01

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 180.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und PAK-Emissionen in die Luft aus Brenn-/Backprozessen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (139)

Anwendbarkeit

a

Elektrofilter in Kombination mit einer thermischen Oxidationsstufe (z. B. Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)), wenn leichtflüchtige Verbindungen zu erwarten sind

Allgemein anwendbar

b

Bei einem hohen Staubgehalt im Abgas: Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) in Kombination mit einer Vorbehandlung (z. B. Elektrofilter)

Allgemein anwendbar

c

Thermische Nachverbrennung (TNV)

Nicht für kontinuierliche Ringöfen anwendbar

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 53.

Tabelle 53

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und BaP-Emissionen (als Indikator für PAK) in die Luft aus Brenn-/Back- und Nachbrenn-/Nachbackprozessen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (140)

Staub

2-10 (141)

BaP

0,005-0,015 (142)  (143)

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

BVT 181.   Die BVT zur Verminderung von Staub- und PAK-Emissionen in die Luft aus Imprägnierungsprozessen besteht in einer oder einer Kombination der folgenden Techniken.

 

Technik (144)

a

Trockenabscheider mit nachgeschaltetem Gewebefilter

b

Koksfilter

c

Thermische Nachverbrennung (TNV)

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 54.

Tabelle 54

BVT-assoziierte Emissionswerte für Staub- und BaP-Emissionen (als Indikator für PAK) in die Luft aus Imprägnierungsprozessen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (145)

Staub

2-10

BaP

0,001-0,01

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.9.1.3.   Schwefeldioxidemissionen

BVT 182.   Bei Prozessen mit Schwefelzugabe besteht die BVT zur Verminderung der SO2-Emissionen in die Luft in der Verwendung eines Trockenabscheiders und/oder eines Nasswäschers.

1.9.1.4.   Emissionen organischer Verbindungen

BVT 183.   Die BVT zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen in die Luft, einschließlich Phenol und Formaldehyd aus der Imprägnierungsstufe bei Verwendung spezieller Imprägniermittel wie Harze und biologische abbaubare Lösungsmittel, besteht in einer der folgenden Techniken.

 

Technik (146)

a

Anlage für regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) in Kombination mit einem Elektrofilter für die Misch-, Brenn-/Back- und Imprägnierungsstufen

b

Biofilter und/oder Biowäscher für die Imprägnierungsstufe, in der spezielle Imprägniermittel wie Harze und biologisch abbaubare Lösungsmittel eingesetzt werden

BVT-assoziierte Emissionswerte: Siehe Tabelle 55.

Tabelle 55

BVT-assoziierte Emissionswerte für TVOC-Emissionen in die Luft aus Misch-, Brenn-/Back- und Imprägnierungsprozessen

Parameter

BVT-assoziierter Emissionswert (mg/Nm3) (147)  (148)

TVOC

≤ 10-40

Die diesbezügliche Überwachung ist Gegenstand von BVT 10.

1.9.2.   Abfall

BVT 184.   Die BVT zur Verminderung der zu entsorgenden Abfallmengen besteht darin, betriebsinterne Vorgänge so zu organisieren, dass die Wiederverwendung oder, wenn dies nicht möglich ist, das Recycling von Prozessrückständen erleichtert wird, unter anderem durch die Wiederverwendung oder das Recycling von Kohlenstoff und anderen Rückständen aus den Erzeugungsprozessen in den Prozessen selbst oder in anderen externen Prozessen.

1.10.   BESCHREIBUNG DER TECHNIKEN

1.10.1.   Emissionen in die Luft

Die nachstehend beschriebenen Techniken sind nach den wichtigsten Schadstoffen sortiert, auf deren Minderung sie ausgelegt sind.

1.10.1.1.   Staubemissionen

Technik

Beschreibung

Gewebefilter

Gewebefilter, auch als Schlauchfilter/Tuchfilter bezeichnet, bestehen aus einem durchlässigen Web- oder Filzstoff, durch den Gase geleitet werden, um Partikel zu entfernen. Bei Verwendung eines Gewebefilters muss jeweils ein Stoff gewählt werden, der für die Beschaffenheit der Abgase und die maximale Betriebstemperatur geeignet ist.

Elektrofilter (ESP)

Elektrofilter laden Partikel elektrisch auf und trennen diese anschließend unter Einwirkung eines elektrischen Feldes ab. Elektrofilter kommen unter den unterschiedlichsten Anwendungsbedingungen zum Einsatz. Bei einem Trocken-Elektrofilter wird das abgeschiedene Material mechanisch entfernt (z. B. durch Schütteln, Vibration oder Druckluft), während es in einem Nass-Elektrofilter mit einer geeigneten Flüssigkeit (üblicherweise Wasser) abgespült wird.

Nasswäscher

In einer Nasswäsche erfolgt die Staubabscheidung durch eine intensive Vermischung des einströmenden Gases mit Wasser, üblicherweise kombiniert mit der Abscheidung der groben Partikel durch Zentrifugalkraft. Der abgeschiedene Staub wird unten im Abscheider gesammelt. Stoffe wie SO2, NH3, einige flüchtige organische Verbindungen und Schwermetalle können ebenfalls abgeschieden werden.

1.10.1.2.   NOX-Emissionen

Technik

Beschreibung

NOX-arme Brenner

NOX-arme Brenner (Low-NOX-Brenner) bewirken eine geringere NOX-Bildung durch Reduzierung der Spitzentemperaturen der Flammen, was zu einer verzögerten, aber vollständigen Verbrennung führt und die Wärmeübertragung erhöht (erhöhte Flammenstrahlung). Ultra-NOx-arme Brenner sind mit Verbrennungsstufung (Luft/Brennstoff) und mit Rauchgasrückführung ausgelegt.

Sauerstoffbrenner (Oxy-Fuel)

Bei dieser Technik wird die Verbrennungsluft durch Sauerstoff ersetzt; dabei wird die Bildung von thermischem NOX durch den in den Ofen eintretenden Stickstoff konsequent verhindert bzw. verringert. Der Reststickstoff im Ofen hängt von der Reinheit des zugeführten Sauerstoffs sowie von der Qualität des Brennstoffs und von potenziellem Lufteintritt ab.

Rauchgasrückführung

Das Rauchgas aus der Feuerung wird in die Flamme zurückgeführt, um den Sauerstoffgehalt zu reduzieren und somit die Flammentemperatur zu senken. Bei Spezialbrennern werden die Verbrennungsgase, die die Flammenwurzel kühlen und den Sauerstoffgehalt im heißesten Bereich der Flammen reduzieren, intern zurückgeführt.

1.10.1.3.   SO2-, HCl- und HF-Emissionen

Technik

Beschreibung

Trocken-/Halbtrockenabscheider

Ein alkalisches Reagenz (z. B. Kalk oder Natriumbicarbonat) wird in Form eines trockenen Pulvers oder einer Suspension/Lösung in den Abgasstrom eingeführt und im Abgasstrom verteilt. Es reagiert mit den sauren Gasbestandteilen (z. B. SO2) und bildet feste Partikel, die durch Filtration abgetrennt werden (mit einem Gewebe- oder Elektrofilter). Der Einsatz eines Reaktionsturms steigert die Abscheidungseffizienz des Gaswäschers. Die Adsorption kann auch durch den Einsatz von Füllkörperkolonnen (z. B. Koksfilter) erreicht werden.

Bei bestehenden Anlagen wird die Abscheideeffizienz an Prozessparameter wie Temperatur (mindestens 60 °C), Feuchtegehalt, Kontaktdauer, Gasfluktuationen und die Fähigkeit des Staubfiltrationssystems (z. B. Gewebefilter) gebunden, um die zusätzliche Staublast zu bewältigen.

Nasswäscher

Beim Nasswäscheverfahren werden gasförmige Verbindungen in einer Waschflüssigkeit (z. B. einer Kalk, NaOH oder H2O2 enthaltenden alkalischen Lösung) gelöst. Im Anschluss an die Nasswäsche sind die Abgase mit Wasser gesättigt; vor der Freisetzung der Abgase werden die Tröpfchen abgetrennt. Die so abgetrennte Flüssigkeit wird nach einem Abwasserverfahren weiterbehandelt; die nicht löslichen Bestandteile werden durch Sedimentation oder Filtration abgeschieden.

Bei bestehenden Anlagen ist diese Technik möglicherweise mit einem erheblichen Platzbedarf verbunden.

Verwendung von Brennstoffen mit geringem Schwefelgehalt

Die Verwendung von Erdgas oder schwefelarmem Heizöl reduziert die Menge der SO2- und SO3-Emissionen aus der Oxidation des im Brennstoff enthaltenen Schwefels während der Verbrennung.

Absorptions-/Desorptionssysteme auf Polyetherbasis

Zur selektiven Absorption des SO2 aus den Abgasen wird ein Lösungsmittel auf Polyetherbasis verwendet. Anschließend wird das absorbierte SO2 in einer weiteren Kolonne gestrippt und das Lösungsmittel vollständig regeneriert. Das gestrippte SO2 wird für die Erzeugung von flüssigem SO2 oder von Schwefelsäure verwendet.

1.10.1.4.   Quecksilberemissionen

Technik

Beschreibung

Aktivkohleadsorption

Bei diesem Prozess erfolgt die Quecksilberadsorption an der Aktivkohle. Wenn die Adsorptionskapazität der Oberfläche ausgeschöpft ist, wird das adsorbierte Material als Teil der Regeneration des Adsorptionsmittels desorbiert.

Selenadsorption

Bei diesem Prozess werden selenbeschichtete Kugeln in einem Festbett verwendet. Rotes amorphes Selen reagiert mit dem im Gas enthaltenen Quecksilber und bildet HgSe. Anschließend wird eine Regeneration des Selens im Filter durchgeführt.

1.10.1.5.   VOC-, PAK- und PCDD/F-Emissionen

Technik

Beschreibung

Nachverbrennung oder thermische Nachverbrennung (TNV)

Verbrennungssystem, in dem der im Abgasstrom enthaltene Schadstoff bei einer kontrollierten Umgebungstemperatur mit Sauerstoff reagiert, sodass es zu einer Oxidationsreaktion kommt.

Regenerative Nachverbrennung (RNV bzw. RTO)

Verbrennungssystem, das in einem regenerativen Prozess die thermische Energie im Gas und in den Kohlenstoffverbindungen mittels feuerfester Betten nutzt. Für die Reinigung der Betten ist ein Verteilersystem erforderlich, um die Richtung des Gasstroms zu ändern. Dieses System wird auch als regenerativer Nachverbrennung bezeichnet.

Katalytische Nachverbrennungsanlage (KNV bzw. CTO)

Verbrennungssystem, in dem die Zersetzung bei niedrigeren Temperaturen auf einer Metallkatalysator-Oberfläche (üblicherweise zwischen 350 °C und 400 °C) erfolgt. Dieses System wird auch als katalytischer Nachverbrennung bezeichnet.

Biofilter

Ein Biofilter besteht aus einem Bett mit organischem oder inertem Material, in dem die in den Abgasströmen enthaltenen Schadstoffe von Mikroorganismen biologisch oxidiert werden.

Biowäscher

Ein Biowäscher kombiniert die Gaswäsche per Nasswäscher (Absorption) mit dem biologischen Abbau; dabei enthält die Waschflüssigkeit eine Population von Mikroorganismen, die die schädlichen Gaskomponenten oxidieren.

Auswahl und Zuführung der Rohstoffe entsprechend der Ofenart und angewandter Emissionsminderungstechnik

Die Rohstoffe werden so ausgewählt, dass der Ofen und das zur Erzielung der erforderlichen Minderungsleistung eingesetzte Emissionsminderungssystem eine hinreichende Behandlung der im Beschickungsgut enthaltenen Verunreinigungen erreichen können.

Optimierung der Verbrennungsbedingungen zur Verminderung der Emissionen organischer Verbindungen

Die Oxidation des organischen Kohlenstoffs einschließlich PCDD/F wird durch eine gute Vermischung von Luft oder Sauerstoff und dem Kohlenstoffanteil sowie durch die Steuerung der Gastemperatur und der Verweildauer bei hohen Temperaturen erreicht. Die Optimierung kann auch den Einsatz von angereicherter Luft oder reinem Sauerstoff umfassen.

Bei halbgeschlossenen Öfen: Verwendung von Beschickungssystemen für geringe Rohstoffzufuhren

Bei halbgeschlossenen Öfen werden die Rohstoffe in kleinen Portionen zugeführt, um die Ofenabkühlung während der Beschickung zu verringern. So kann eine höhere Gastemperatur gehalten werden, und Neubildung von PCDD/F wird vermieden.

Internes Brennersystem

Das Abgas wird durch die Brennerflamme geführt, und der organische Kohlenstoff wird mit Sauerstoff in CO2 umgewandelt.

Vermeidung von Abgassystemen mit hoher Staubanhäufung bei Temperaturen > 250 °C

Das Vorhandensein von Staub bei Temperaturen von über 250 °C begünstigt die Bildung von PCDD/F durch De-novo-Synthese.

Injektion eines Adsorptionsmittels in Kombination mit einem effizienten Stauberfassungssystem

Da PCDD/F an Staub adsorbiert werden können, lassen sich Emissionen durch ein effizientes Staubfiltrationssystem vermindern. Der Einsatz eines speziellen Adsorptionsmittels begünstigt diesen Prozess und reduziert die PCDD/F-Emissionen.

Schnelles Quenchen

Eine De-novo-Synthese von PCDD/F wird durch eine rasche Gasabkühlung von 400 °C auf 200 °C vermieden.

1.10.2.   Emissionen in Wasser

Technik

Beschreibung

Chemische Fällung

Umwandlung gelöster Schadstoffe in eine unlösliche Verbindung durch Zugabe chemischer Fällungsmittel. Die gebildeten festen Niederschläge werden anschließend durch Sedimentation, Flotation oder Filtration abgeschieden. Falls erforderlich, kann eine Ultrafiltration oder Umkehrosmose nachgeschaltet werden. Typische für die Metallausfällung eingesetzte Chemikalien sind Kalk, Natriumhydroxid und Natriumsulfid.

Sedimentation

Abscheidung von Schwebeteilchen und Schwebstoffen durch schwerkraftbedingtes Absetzen.

Flotation

Trennung fester oder flüssiger Partikel aus dem Abwasser durch Anlagerung an kleine Gasblasen (üblicherweise Luftblasen). Die Partikel steigen nach oben, sammeln sich an der Wasseroberfläche an und werden mithilfe von Skimmern abgeschöpft.

Filtration

Trennung fester Stoffe aus dem Abwasser durch Passieren eines porösen Mediums. Sand ist das am häufigsten eingesetzte Filtermedium.

Ultrafiltration

Filtrationsprozess, bei dem Membranen mit Porengrößen von etwa 10 μm als Filtermedium eingesetzt werden.

Aktivkohlefiltration

Filtrationsprozess, bei dem Aktivkohle als Filtermedium eingesetzt wird.

Umkehrosmose

Membranverfahren, bei dem ein Druckunterschied zwischen den durch die Membran getrennten Kompartimenten dazu führt, dass Wasser aus der stärker konzentrierten Lösung in die weniger konzentrierte fließt.

1.10.3.   Andere

Technik

Beschreibung

Tropfenabscheider

Tropfenabscheider sind Filtereinrichtungen, die mitgerissene Flüssigkeitströpfchen aus einem Gasstrom entfernen. Sie bestehen aus einem Gewebe aus Metall- oder Kunststoffdraht mit einer hochspezifischen Oberfläche. Die im Gasstrom vorhandenen kleinen Tröpfchen treffen durch ihre Eigendynamik auf dem Draht auf und bilden dort größere Tropfen.

Zentrifugalsystem

Zentrifugalsysteme nutzen die Masseträgheit, um mithilfe der Zentrifugalkraft Tröpfchen aus Abgasströmen zu entfernen.

Verstärktes Absaugsystem (Boosted Suction System)

Systeme, die darauf ausgelegt sind, die Leistung des Absauggebläses je nach Abgasquellen anzupassen, die sich während der Beschickungs-, Schmelz- und Abstichprozesse ändern. Zudem erfolgt eine automatische Steuerung der Brennerleistung, um während der Abläufe bei geöffneter Tür einen Mindest-Gasstrom zu gewährleisten.

Zentrifugierung von Metallspänen

Zentrifugierung ist ein mechanisches Verfahren zur Trennung des Öls von den Metallspänen. Zur Beschleunigung des Sedimentationsprozesses wird eine Zentrifugalkraft auf die Metallspäne ausgeübt, und das Öl wird abgeschieden.

Trocknung von Metallspänen

Der Trocknungsprozess für Metallspäne nutzt eine indirekt beheizte Drehtrommel. Die Ölentfernung erfolgt über einen Pyrolyseprozess bei einer Temperatur zwischen 300 °C und 400 °C.

Abgedichtete Ofentür oder Ofentürabdichtung

Die Ofentür ist auf wirksame Abdichtung ausgelegt, um diffuse Emissionen zu vermeiden und den Überdruck im Ofen während der Schmelz-/Einschmelzstufe aufrechtzuerhalten.


(1)  Im Chargenbetrieb kann der Mittelwert einer repräsentativen Anzahl von über die gesamte Chargenzeit verteilten Messungen oder das Ergebnis einer über die gesamte Chargenzeit durchgeführten Messung verwendet werden.

(2)  Für diskontinuierliche Durchflussmengen kann ein unterschiedliches Probenahmeverfahren eingesetzt werden, das repräsentative Ergebnisse liefert (z. B. Momentprobenahme).

(3)  Bei großen Emissionsquellen besteht die BVT in einer kontinuierlichen Messung oder, wenn eine kontinuierliche Messung nicht anwendbar ist, in einer häufigeren periodischen Überwachung.

(4)  Bei kleinen Quellen von Staubemissionen (< 10 000 Nm3/h) aus Lagerung und Umschlag von Rohstoffen kann die Überwachung auf der Messung von Surrogatparametern (wie Druckverlust) basieren.

(5)  Welche Metalle zu überwachen sind, hängt von der Zusammensetzung der verwendeten Rohstoffe ab.

(6)  Bezogen auf BVT 69.a können die SO2-Emissionen durch Messung des Schwefelgehalts jeder der verbrauchten Anodenchargen mittels einer Massenbilanzierung berechnet werden.

(7)  Sofern angesichts von Faktoren wie dem Gehalt der verwendeten Rohstoffen an halogenierten organischen Verbindungen, dem Temperaturprofil usw. relevant.

(8)  Die Überwachung ist relevant, wenn die Rohstoffe Schwefel enthalten.

(9)  Die Überwachung kann für hydrometallurgische Prozesse nicht relevant sein.

(10)  Sofern angesichts des Gehalts an organischen Verbindungen in den verwendeten Rohstoffen relevant.

(11)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(12)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(13)  Das untere Ende der Bandbreite wird assoziiert mit der Verwendung von Adsorptionsmitteln (wie Aktivkohle, Selen) in Kombination mit Staubfiltration (außer bei Prozessen, die Wälzrohröfen verwenden).

(14)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(15)  Die Überwachungshäufigkeit kann angepasst werden, wenn die Datenreihe eine hinreichende Stabilität der Emissionen ergibt.

(16)  Anmerkung: Der Begriff „Sonstige Nichteisenmetalle“ bezieht sich auf die Erzeugung von anderen Nichteisenmetallen als den in den Abschnitten 1.2 bis 1.8 ausdrücklich genannten.

(17)  Die Überwachung der Metalle hängt von der Zusammensetzung der verwendeten Rohstoffe ab.

(18)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(19)  Wenn die Einsatzstoffe der Anlage insgesamt einen hohen Arsengehalt aufweisen, kann der BVT-assoziierte Emissionswert bis zu 0,2 mg/l betragen.

(20)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(21)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(22)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(23)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(24)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(25)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(26)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(27)  Als Tagesmittelwert.

(28)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Schwermetallemissionen die folgenden Werte überschreiten: Blei: 1 mg/Nm3, Kupfer: 1 mg/Nm3, Arsen: 0,05 mg/Nm3, Cadmium: 0,05 mg/Nm3.

(29)  Wenn die verwendeten Konzentrate einen hohen organischen Kohlenstoffgehalt (z. B. etwa 10 Gewichtsprozent) aufweisen, sind Emissionen in Höhe von bis zu 10 mg/Nm3 zu erwarten.

(30)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Bleiemissionen über 1 mg/Nm3 liegen.

(31)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Gewebefilters assoziiert.

(32)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Kupferemissionen über 1 mg/Nm3 liegen.

(33)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(34)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(35)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz einer regenerativen Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) assoziiert.

(36)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(37)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(38)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(39)  Wenn ein Nasswäscher oder ein Konzentrat mit einem geringen Schwefelgehalt eingesetzt wird, kann der BVT-assoziierte Emissionswert bis zu 350 mg/Nm3 betragen.

(40)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(41)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(42)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(43)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(44)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(45)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(46)  Als Tagesmittelwert.

(47)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(48)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(49)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(50)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(51)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(52)  Als Masse des Schadstoffs, die in einem Jahr aus der Elektrolyseanlage emittiert wird, geteilt durch die Masse des flüssigen Aluminiums, die im gleichen Jahr erzeugt wird.

(53)  Diese BVT-assoziierten Emissionswerte sind nicht für Anlagen anwendbar, die aufgrund ihrer Konfiguration die über das Dach austretenden Emissionen nicht messen können.

(54)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(55)  Als Mittelwert der über einen Zeitraum von einem Jahr gezogenen Proben.

(56)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Gewebefilters assoziiert.

(57)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(58)  Als Masse des Schadstoffs, die in einem Jahr emittiert wird, geteilt durch die Masse des flüssigen Aluminiums, die im gleichen Jahr erzeugt wird.

(59)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Nasswäschers assoziiert. Der obere Wertebereich ist mit der Verwendung von Anoden mit einem geringen Schwefelgehalt assoziiert.

(60)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(61)  Eine Beschreibung der Technik ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(62)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(63)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(64)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(65)  Bei Öfen, die auf die ausschließliche Verwendung von nicht verunreinigten Rohstoffen ausgelegt sind, für die die Staubemissionen unter 1 kg/h liegen und in denen auch ausschließlich solche Rohstoffe verwendet werden, gilt 25 mg/Nm3 als Obergrenze für den Wertebereich (als Mittelwert der über einen Zeitraum von einem Jahr gezogenen Proben).

(66)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(67)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(68)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(69)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(70)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum. Für die Raffination mit chlorhaltigen Chemikalien bezieht sich der BVT-assoziierte Emissionswert auf die durchschnittliche Konzentration während der Chlorierung.

(71)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum. Für die Raffination mit chlorhaltigen Chemikalien bezieht sich der BVT-assoziierte Emissionswert auf die durchschnittliche Konzentration während der Chlorierung.

(72)  Nur für Emissionen aus Raffinationsprozessen mit chlorhaltigen Chemikalien anwendbar.

(73)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(74)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(75)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(76)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(77)  Für Beschreibungen der Techniken siehe Abschnitt 1.10.

(78)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(79)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(80)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(81)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Metallemissionen die folgenden Werte überschreiten: Kupfer: 1 mg/Nm3, Arsen: 0,05 mg/Nm3, Cadmium: 0,05 mg/Nm3.

(82)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(83)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(84)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Metallemissionen die folgenden Werte überschreiten: Kupfer: 1 mg/Nm3, Antimon: 1 mg/Nm3, Arsen: 0,05 mg/Nm3, Cadmium: 0,05 mg/Nm3.

(85)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(86)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(87)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(88)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(89)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(90)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(91)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(92)  Wenn Nasswäscher nicht anwendbar sind, gelten 500 mg/Nm3 als Obergrenze des Wertebereichs.

(93)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(94)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(95)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(96)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(97)  Wenn ein Gewebefilter nicht anwendbar ist, gelten 10 mg/Nm3 als Obergrenze des Wertebereichs.

(98)  Als Tagesmittelwert.

(99)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(100)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(101)  Wenn ein Gewebefilter nicht anwendbar ist, kann die Obergrenze des Wertebereichs höher (bis zu 15 mg/Nm3) angesetzt werden.

(102)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Arsen- oder Cadmiumemissionen 0,05 mg/Nm3 überschreiten.

(103)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(104)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(105)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(106)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(107)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(108)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(109)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(110)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(111)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(112)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(113)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(114)  Als Stundenmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(115)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(116)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(117)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(118)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(119)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(120)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(121)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(122)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(123)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(124)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(125)  Wenn die Verwendung eines Gewebefilters nicht möglich ist, kann die Obergrenze des Wertebereichs bis zu 10 mg/Nm3 betragen.

(126)  Bei der Erzeugung von FeMn, SiMn und CaSi kann die Obergrenze des Wertebereichs aufgrund der klebrigen Beschaffenheit des Staubes, die beispielweise auf die hygroskopischen oder chemischen Eigenschaften zurückzuführen ist und die Wirksamkeit des Gewebefilters beeinträchtigt, bis zu 15 mg/Nm3 betragen.

(127)  Es wird erwartet, dass die Staubemissionen im unteren Wertebereich liegen, wenn die Metallemissionen die folgenden Werte überschreiten: Blei: 1 mg/Nm3, Cadmium: 0,05 mg/Nm3, Chrom(VI): 0,05 mg/Nm3 und Thallium: 0,05 mg/Nm3.

(128)  Als Mittelwert über einen Probenahmezeitraum von mindestens sechs Stunden.

(129)  Stark verunreinigte Stäube und Schlämme können nicht wiederverwendet oder rezykliert werden. Die Wiederverwendung und das Recycling können auch durch eine problematische Akkumulation eingeschränkt sein (beispielsweise kann die Wiederverwendung von Staub aus der FeCr-Erzeugung zu einer Zn-Akkumulation im Ofen führen).

(130)  Als Tagesmittelwert oder als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(131)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(132)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(133)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(134)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(135)  BaP-Partikel sind nur bei der Verarbeitung von festem Pech zu erwarten.

(136)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(137)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(138)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Trockenabscheiders mit Koks als Adsorptionsmittel sowie eines nachgeschalteten Gewebefilters assoziiert. Der obere Wertebereich ist mit dem Einsatz einer Thermischen Nachverbrennung (TNV) assoziiert.

(139)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(140)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(141)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz einer Kombination aus einem Elektrofilter und einer regenerativen Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) assoziiert. Der obere Wertebereich ist mit dem Einsatz einer Thermischen Nachverbrennung (TNV) assoziiert.

(142)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz einer Thermischen Nachverbrennung (TNV) assoziiert. Der obere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Elektrofilters in Kombination mit einer regenerativen Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) assoziiert.

(143)  Bei der Kathodenherstellung gilt 0,05 mg/Nm3 als Obergrenze des Wertebereichs.

(144)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(145)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(146)  Eine Beschreibung der Techniken ist in Abschnitt 1.10 enthalten.

(147)  Als Mittelwert über den Probenahmezeitraum.

(148)  Der untere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Elektrofilters in Kombination mit einer regenerativen Nachverbrennung (RNV bzw. RTO) assoziiert. Der obere Wertebereich ist mit dem Einsatz eines Biofilters und/oder eines Biowäschers assoziiert.