ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 132

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

59. Jahrgang
21. Mai 2016


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

RICHTLINIEN

 

*

Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind

1

 

*

Richtlinie (EU) 2016/801 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit

21

 

*

Richtlinie (EU) 2016/802 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über eine Verringerung des Schwefelgehalts bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe

58

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

 

*

Beschluss (EU) 2016/803 des Rates vom 7. Mai 2015 über die Unterzeichnung — im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten — eines Protokolls zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union und über die vorläufige Anwendung des Protokolls

79

 

 

Protokoll zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union

81

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU, Euratom) 2016/804 des Rates vom 17. Mai 2016 zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 zur Festlegung der Methoden und Verfahren für die Bereitstellung der traditionellen, der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel sowie der Maßnahmen zur Bereitstellung der erforderlichen Kassenmittel

85

 

*

Verordnung (EU) 2016/805 der Kommission vom 20. Mai 2016 zur Änderung von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Streptomyces K61 (ehemals S. griseoviridis), Candida oleophila Stamm O, FEN 560 (auch bezeichnet als Bockshornklee oder Bockshornkleesamen-Pulver), Methyldecanoat (CAS 110-42-9), Methyloctanoat (CAS 111-11-5) und Terpen-Gemisch QRD 460 ( 1 )

95

 

 

Durchführungsverordnung (EU) 2016/806 der Kommission vom 20. Mai 2016 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

97

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2016/807 des Rates vom 15. März 2016 über den im Namen der Europäischen Union auf der 40. Tagung des Ausschusses zur Erleichterung der Formalitäten, der 69. Tagung des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt und der 96. Tagung des Schiffssicherheitsausschusses der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) im Hinblick auf die Annahme der Änderungen des Übereinkommens zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs, von MARPOL-Anlage IV, der SOLAS-Regeln II-2/13 und II-2/18, des Internationalen Codes für Brandsicherheitssysteme und des Codes für das erweiterte Prüfungsprogramm von 2011 zu vertretenden Standpunkt

99

 

*

Beschluss (GASP) 2016/808 des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees vom 18. Mai 2016 zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta) (ATALANTA/2/2016)

103

 

*

Beschluss (EU) 2016/809 der Kommission vom 20. Mai 2016 über die Mitteilung der Absicht des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, sich an Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden und die nicht Teil des Schengen-Besitzstandes sind, zu beteiligen

105

 

*

Beschluss (EU) 2016/810 der Europäischen Zentralbank vom 28. April 2016 über eine zweite Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (EZB/2016/10)

107

 

*

Beschluss (EU) 2016/811 der Europäischen Zentralbank vom 28. April 2016 zur Änderung des Beschlusses EZB/2014/34 über Maßnahmen im Zusammenhang mit gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (EZB/2016/11)

129

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

RICHTLINIEN

21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/1


RICHTLINIE (EU) 2016/800 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Mai 2016

über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 2 Buchstabe b,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit dieser Richtlinie sollen Verfahrensgarantien festgelegt werden, um zu gewährleisten, dass Kinder, das heißt Personen unter 18 Jahren, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, diese Verfahren verstehen, ihnen folgen und ihr Recht auf ein faires Verfahren ausüben können, um zu verhindern, dass Kinder erneut straffällig werden und um ihre soziale Integration zu fördern.

(2)

Durch die Festlegung von gemeinsamen Mindestvorschriften zum Schutz der Verfahrensrechte von Kindern, die Verdächtigen oder beschuldigte Personen sind, zielt diese Richtlinie darauf ab, das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten in ihre jeweilige Strafrechtspflege zu stärken und auf diese Weise die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen zu erleichtern. Auch sollten durch die Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften Hindernisse für die Freizügigkeit der Unionsbürger im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten beseitigt werden.

(3)

Zwar sind die Mitgliedstaaten Vertragsparteien der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, doch hat die Erfahrung gezeigt, dass dadurch allein nicht immer ein hinreichendes Maß an Vertrauen in die Strafrechtspflege anderer Mitgliedstaaten geschaffen wird.

(4)

Am 30. November 2009 hat der Rat eine Entschließung über einen Fahrplan zur Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigten oder Beschuldigten in Strafverfahren (im Folgenden „Fahrplan“) (3) angenommen. In dem Fahrplan, der eine schrittweise Herangehensweise vorsieht, wird dazu aufgerufen, Maßnahmen zu ergreifen, die das Recht auf Übersetzungen und Dolmetschleistungen (Maßnahme A), das Recht auf Belehrung über die Rechte und Unterrichtung über die Beschuldigung (Maßnahme B), das Recht auf Rechtsbeistand und Prozesskostenhilfe (Maßnahme C), das Recht auf Kommunikation mit Angehörigen, Arbeitgebern und Konsularbehörden (Maßnahme D) und besondere Garantien für schutzbedürftige Verdächtige oder Beschuldigte (Maßnahme E) betreffen. Im Fahrplan wird betont, dass die Reihenfolge dieser Rechte nur indikativ ist, was bedeutet, dass diese Reihenfolge entsprechend den Prioritäten geändert werden kann. Der Fahrplan soll in seiner Gesamtheit wirken und wird erst dann voll zum Tragen kommen, wenn alle darin vorgesehenen Einzelmaßnahmen umgesetzt worden sind.

(5)

Am 11. Dezember 2009 begrüßte der Europäische Rat den Fahrplan und machte ihn zum Bestandteil des Stockholmer Programms — Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger (4) (Nummer 2.4). Der Europäische Rat betonte, dass der Fahrplan nicht abschließend sein soll, und ersuchte die Kommission, weitere Elemente von Mindestverfahrensrechten für Verdächtige und beschuldigte Personen zu prüfen und zu bewerten, ob andere Themen wie beispielsweise die Unschuldsvermutung angegangen werden müssen, um eine bessere Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu fördern.

(6)

Bisher sind vier Maßnahmen zu Verfahrensrechten in Strafverfahren gemäß dem Fahrplan erlassen worden, und zwar die Richtlinien 2010/64/EU (5), 2012/13/EU (6), 2013/48/EU (7) und die Richtlinie (EU) 2016/343 (8) des Europäischen Parlaments und des Rates.

(7)

Unter Berücksichtigung der Leitlinien des Europarates für eine kindgerechte Justiz fördert diese Richtlinie die Rechte des Kindes.

(8)

Wenn Kinder Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren oder Personen sind, gegen die ein Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates (9) (im Folgenden „gesuchte Personen“) eingeleitet wurde, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Kindeswohl gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) immer eine vorrangige Erwägung ist.

(9)

Kindern, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, um das Potenzial für ihre Entwicklung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu wahren.

(10)

Diese Richtlinie sollte für Kinder gelten, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, sowie für Kinder, die gesuchte Personen sind. Für Kinder, die gesuchte Personen sind, sollten die einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie ab dem Zeitpunkt ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat gelten.

(11)

Diese Richtlinie oder bestimmte Vorschriften dieser Richtlinie sollten auch für Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren und für gesuchte Personen gelten, die bei Verfahrensbeginn Kinder waren, im Verlauf des Verfahrens jedoch das 18. Lebensjahr vollendet haben, wenn die Anwendung dieser Richtlinie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles, einschließlich des Reifegrads und der Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person, angemessen ist.

(12)

Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, in Fällen, in denen eine Person zu dem Zeitpunkt, zu dem sie einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt wird, das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, die Straftat jedoch begangen worden war, als die Person ein Kind war, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahrensgarantien anzuwenden, bis die betreffende Person das 21. Lebensjahr vollendet hat, zumindest für Straftaten, die derselbe Verdächtige oder dieselbe beschuldigte Person begangen hat und die gemeinsam untersucht und strafrechtlich verfolgt werden, da sie untrennbar mit Strafverfahren verknüpft sind, die gegen die betreffende Person eingeleitet wurden, bevor diese das 18. Lebensjahr vollendet hatte.

(13)

Die Mitgliedstaaten sollten das Alter des Kindes aufgrund von dessen eigenen Aussagen, Überprüfungen des Personenstands des Kindes, dokumentarischen Recherchen, sonstigen Belegen und — wenn solche Belege nicht verfügbar oder nicht aussagekräftig sind — einer medizinischen Untersuchung bestimmen. Eine medizinische Untersuchung sollte als letztes Mittel und unter strikter Achtung der Rechte des Kindes, seiner körperlichen Unversehrbarkeit und der Menschenwürde durchgeführt werden. Falls weiterhin Zweifel hinsichtlich des Alters einer Person bestehen, sollte diese Person für die Zwecke dieser Richtlinie als Kind gelten.

(14)

In Bezug auf bestimmte geringfügige Zuwiderhandlungen sollte diese Richtlinie keine Anwendung finden. Sie sollte jedoch Anwendung finden, wenn einem Kind, das Verdächtiger oder beschuldigte Person ist, die Freiheit entzogen wird.

(15)

In einigen Mitgliedstaaten ist eine Behörde, die kein in Strafsachen zuständiges Gericht ist, für die Verhängung anderer Sanktionen als eines Freiheitsentzugs hinsichtlich relativ geringfügiger Zuwiderhandlungen zuständig. Dies kann zum Beispiel bei häufig begangenen Straßenverkehrsübertretungen der Fall sein, die möglicherweise nach einer Verkehrskontrolle festgestellt werden. In solchen Situationen wäre es unangemessen, die zuständigen Behörden zu verpflichten, alle Rechte nach dieser Richtlinie zu gewährleisten. In den Fällen, in denen nach dem Recht eines Mitgliedstaats die Verhängung einer Sanktion wegen geringfügiger Zuwiderhandlungen durch eine solche Behörde vorgesehen ist und entweder bei einem in Strafsachen zuständigen Gericht ein Rechtsbehelf eingelegt werden kann oder die Möglichkeit besteht, die Sache anderweitig an ein solches Gericht zu verweisen, sollte diese Richtlinie daher nur auf das Verfahren vor diesem Gericht nach Einlegung eines solchen Rechtsbehelfs oder nach einer solchen Verweisung Anwendung finden.

(16)

In einigen Mitgliedstaaten gelten bestimmte geringfügige Zuwiderhandlungen, insbesondere geringfügige Straßenverkehrsübertretungen, geringfügige Zuwiderhandlungen gegen allgemeine Gemeindeverordnungen und geringfügige Zuwiderhandlungen gegen die öffentliche Ordnung, als Straftaten. In solchen Situationen wäre es unangemessen, die zuständigen Behörden zu verpflichten, alle Rechte nach dieser Richtlinie zu gewährleisten. In Fällen, in denen nach dem Recht eines Mitgliedstaats bei geringfügigen Zuwiderhandlungen kein Freiheitsentzug als Sanktion verhängt werden kann, sollte diese Richtlinie daher nur auf das Verfahren vor einem in Strafsachen zuständigen Gericht Anwendung finden.

(17)

Diese Richtlinie sollte nur für Strafverfahren gelten. Sie sollte nicht für andere Verfahrensarten gelten, insbesondere Verfahren, die speziell auf Kinder abgestimmt sind und die zu Schutz-, Maßregelungs- oder Erziehungsmaßnahmen führen könnten.

(18)

Bei der Umsetzung dieser Richtlinie sollten die Bestimmungen der Richtlinien 2012/13/EU und 2013/48/EU berücksichtigt werden. Um den besonderen Bedürfnissen und Schutzbedürftigkeiten von Kindern Rechnung zu tragen, sieht die vorliegende Richtlinie weitere ergänzende Garantien in Bezug auf die Kindern und dem Träger der elterlichen Verantwortung mitzuteilenden Informationen vor.

(19)

Kinder sollten über allgemeine Aspekte der Durchführung des Verfahrens unterrichtet werden. Zu diesem Zweck sollten sie insbesondere eine kurze Erläuterung der nächsten Verfahrensschritte, soweit dies im Hinblick auf die Belange des Strafverfahrens möglich ist, und über die Rolle der beteiligten Behörden erhalten. Die mitzuteilenden Informationen sollten von den Umständen des Falles abhängen.

(20)

Kinder sollten Informationen im Zusammenhang mit dem Recht auf medizinische Untersuchung in der frühestmöglichen geeigneten Phase des Verfahrens erhalten, spätestens bei Freiheitsentzug, wenn eine solche Maßnahme in Bezug auf das Kind ergriffen wird.

(21)

Wird dem Kind die Freiheit entzogen, so sollte die ihm gemäß der Richtlinie 2012/13/EU ausgehändigte Erklärung der Rechte klare Hinweise zu den in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Rechten enthalten.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten auch den Träger der elterlichen Verantwortung schriftlich, mündlich oder in beiden Formen über die geltenden Verfahrensrechte unterrichten. Diese Unterrichtung sollte so rasch wie möglich und so detailliert wie nötig erfolgen, um ein faires Verfahren und eine wirksame Ausübung der Rechte des Kindes zu gewährleisten.

(23)

Unter bestimmten Umständen, die sich auch nur auf eine der Personen beziehen können, die Träger der elterlichen Verantwortung sind, sollten die Informationen einem anderen geeigneten Erwachsenen, der vom Kind benannt und als solcher von der zuständigen Behörde gebilligt wird, mitgeteilt werden. Einer dieser Umstände ist gegeben, wenn objektive und tatsächliche Gründe darauf hindeuten oder den Verdacht begründen, dass die Unterrichtung des Trägers der elterlichen Verantwortung das Strafverfahren erheblich gefährden könnte, insbesondere wenn Beweise zerstört oder verändert oder Zeugen beeinflusst werden könnten, oder der Träger der elterlichen Verantwortung gemeinsam mit dem Kind an der mutmaßlichen Straftat beteiligt gewesen sein könnte.

(24)

Fallen die Umstände weg, die dazu führten, dass die zuständigen Behörden die Informationen an einen anderen geeigneten Erwachsenen als den Träger der elterlichen Verantwortung übermittelten, sollte jede Information, die das Kind gemäß dieser Richtlinie erhält und die im Verlauf des Verfahrens erheblich bleibt, dem Träger der elterlichen Verantwortung übermittelt werden. Dieses Erfordernis sollte nicht zu einer unnötigen Verlängerung des Verfahrens führen.

(25)

Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen werden, haben das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU. Da Kinder schutzbedürftig und nicht immer in der Lage sind, ein Strafverfahren vollständig zu verstehen und ihm zu folgen, sollten sie in den in dieser Richtlinie bestimmten Situationen von einem Rechtsbeistand unterstützt werden. In diesen Situationen sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass das Kind von einem Rechtsbeistand unterstützt wird, sofern ein solcher Rechtsbeistand nicht von dem Kind selbst oder einem Träger der elterlichen Verantwortung bestellt worden ist. Die Mitgliedstaaten sollten Prozesskostenhilfe bereitstellen, soweit dies notwendig ist, um die wirksame Unterstützung des Kindes durch einen Rechtsbeistand zu gewährleisten.

(26)

Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemäß dieser Richtlinie setzt voraus, dass das Kind Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU hat. Würde die Anwendung einer Bestimmung der Richtlinie 2013/48/EU dazu führen, dass ein Kind gemäß der vorliegenden Richtlinie nicht von einem Rechtsbeistand unterstützt werden könnte, sollte diese Bestimmung daher keine Anwendung auf das Recht eines Kindes auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU finden. Andererseits sollten Ausnahme- und Sonderregelungen in Bezug auf die Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemäß der vorliegenden Richtlinie sich nicht auf das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU oder das Recht auf Prozesskostenhilfe gemäß der Charta und der EMRK sowie gemäß nationalem Recht und anderem Unionsrecht auswirken.

(27)

Die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Unterstützung durch einen Rechtsbeistand sollten unverzüglich Anwendung finden, wenn Kinder davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie Verdächtige oder beschuldigte Personen sind. Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet Unterstützung durch einen Rechtsbeistand, dass das Kind von dem Rechtsbeistand juristische Unterstützung erhält und von ihm während des Strafverfahrens vertreten wird. Wenn die vorliegende Richtlinie die Unterstützung durch einen Rechtsbeistand während der Befragung vorsieht, so sollte ein Rechtsbeistand anwesend sein. Unbeschadet des Rechts des Kindes auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU bedeutet Unterstützung durch einen Rechtsbeistand nicht, dass während jeder Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlung ein Rechtsbeistand anwesend sein muss.

(28)

Sofern dies mit dem Recht auf ein faires Verfahren vereinbar ist, umfasst die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Kindern, die Verdächtige oder beschuldigte Personen sind, Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemäß dieser Richtlinie zu gewähren, folgende Situationen nicht: Identifizierung des Kindes; Feststellung, ob Ermittlungen eingeleitet werden sollten; Feststellungen, um den Besitz von Waffen festzustellen oder ähnliche Sicherheitsfragen zu klären; Durchführung anderer als in dieser Richtlinie ausdrücklich genannter Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen wie Körperkontrollen, körperliche Untersuchungen, Blut-, Alkohol- oder ähnliche Tests oder die Aufnahme von Fotografien oder Fingerabdrücken; oder die Vorführung des Kindes vor einer zuständigen Behörde oder die Zuführung von Kindern an den Träger der elterlichen Verantwortung oder einen anderen geeigneten Erwachsenen gemäß dem nationalen Recht.

(29)

Wenn ein Kind, das anfänglich nicht Verdächtiger oder beschuldigte Person ist, wie beispielsweise ein Zeuge, zum Verdächtigen oder zur beschuldigten Person wird, sollte es das Recht haben, sich nicht selbst belasten zu müssen und die Aussage zu verweigern, entsprechend dem Unionsrecht und der EMRK und der Auslegung durch den Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden „Gerichtshof“) und den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Diese Richtlinie nimmt daher ausdrücklich auf den konkreten Fall Bezug, in dem ein Kind im Laufe der Befragung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde im Zusammenhang mit einem Strafverfahren selbst zum Verdächtigen oder zur beschuldigten Person wird. Wird ein Kind, das nicht Verdächtiger oder beschuldigte Person ist, im Laufe dieser Befragung zum Verdächtigen oder zur beschuldigten Person, sollte die Befragung ausgesetzt werden, bis das Kind davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass es Verdächtiger oder beschuldigte Person ist, und es gemäß dieser Richtlinie durch einen Rechtsbeistand unterstützt wird.

(30)

Sofern dies mit dem Recht auf ein faires Verfahren vereinbar ist, sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, von der Verpflichtung, Unterstützung durch einen Rechtsbeistand vorzusehen, abzuweichen, wenn diese unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nicht verhältnismäßig ist, wobei das Kindeswohl immer eine vorrangige Erwägung sein sollte. Auf jeden Fall sollten Kinder durch einen Rechtsbeistand unterstützt werden, wenn sie einem zuständigen Gericht zur Entscheidung über eine Haft in jeder Verfahrensphase im Anwendungsbereich dieser Richtlinie vorgeführt werden sowie während einer Haft. Ferner sollte Freiheitsentzug nicht als Strafe verhängt werden, wenn das Kind nicht derart durch einen Rechtsbeistand unterstützt worden ist, dass es seine Verteidigungsrechte effektiv wahrnehmen konnte; und in jedem Fall während der Hauptverhandlungen. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, praktische Regelungen hierfür festzulegen.

(31)

Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein, aus zwingenden Gründen vorübergehend von der Verpflichtung, Unterstützung durch einen Rechtsbeistand vorzusehen, im vorgerichtlichen Stadium abzuweichen, nämlich wenn schwerwiegende, nachteilige Auswirkungen für das Leben, die Freiheit oder die körperliche Unversehrtheit einer Person abgewendet werden müssen oder wenn ein sofortiges Handeln der Ermittlungsbehörden zwingend geboten ist, um eine erhebliche Gefährdung eines Strafverfahrens in Bezug auf eine schwere Straftat abzuwenden, unter anderem um Informationen bezüglich mutmaßlicher Mittäter einer schweren Straftat einzuholen oder um den Verlust wichtiger Beweise in Bezug auf eine schwere Straftat zu verhindern. Bei einer vorübergehenden Abweichung aus einem dieser zwingenden Gründe sollte es den zuständigen Behörden möglich sein, Kinder zu befragen, ohne dass der Rechtsbeistand zugegen ist, vorausgesetzt, dass sie über ihr Recht, die Aussage zu verweigern, unterrichtet wurden und dieses Recht in Anspruch nehmen können, und die Befragung die Verteidigungsrechte, einschließlich des Rechts, sich nicht selbst belasten zu müssen, nicht beeinträchtigt. Es sollte möglich sein, Befragungen soweit notwendig zum ausschließlichen Zweck der Erlangung notwendiger Informationen zur Abwehr schwerwiegender, nachteiliger Auswirkungen auf das Leben, die Freiheit oder die körperliche Unversehrtheit einer Person oder zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung des Strafverfahrens und in dem dafür erforderlichen Umfang durchzuführen. Ein Missbrauch dieser Ausnahmeregelung würde die Verteidigungsrechte grundsätzlich irreparabel beeinträchtigen.

(32)

Die Mitgliedstaaten sollten die Gründe und die Kriterien für diese vorübergehenden Abweichungen in ihrem nationalen Recht klar festlegen und sie sollten sie restriktiv nutzen. Jede vorübergehende Abweichung sollte verhältnismäßig, zeitlich streng begrenzt und nicht ausschließlich durch die Art oder die Schwere der mutmaßlichen Straftat begründet sein und sollte ein faires Verfahren insgesamt nicht beeinträchtigen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass bei Genehmigung einer vorübergehenden Abweichung nach dieser Richtlinie durch eine zuständige Behörde, die kein Gericht ist, die Entscheidung über die Genehmigung der vorübergehenden Abweichung von einem Gericht überprüft werden kann, zumindest in der Phase des Gerichtsverfahrens.

(33)

Die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Kindern und ihrem Rechtsbeistand ist eine grundlegende Voraussetzung für die wirksame Wahrnehmung der Verteidigungsrechte und ein wesentlicher Bestandteil des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Vertraulichkeit der Treffen und anderer Formen der Kommunikation zwischen dem Rechtsbeistand und dem Kind im Zusammenhang mit der in dieser Richtlinie vorgesehenen Unterstützung durch einen Rechtsbeistand ohne Ausnahme beachten. Diese Richtlinie lässt Verfahren unberührt, die Sachverhalte betreffen, in denen aufgrund objektiver und faktischer Umstände der Verdacht besteht, dass der Rechtsbeistand zusammen mit dem Kind an einer Straftat beteiligt ist. Strafbares Handeln des Rechtsbeistands sollte nicht als zulässige Unterstützung für Kinder im Rahmen dieser Richtlinie gelten. Die Pflicht zur Beachtung der Vertraulichkeit bedeutet nicht nur, dass die Mitgliedstaaten von einem Eingriff in diese Kommunikation oder einem Zugriff darauf absehen, sondern auch, dass sie, wenn Kindern die Freiheit entzogen ist oder diese sich anderweitig an einem Ort unter der Kontrolle des Staates befinden, dafür sorgen, dass Vorkehrungen für die Kommunikation diese Vertraulichkeit gewährleisten und schützen. Dies lässt Mechanismen unberührt, mit denen in Haftanstalten verhindert werden soll, dass inhaftierte Personen unerlaubte Sendungen erhalten, beispielsweise die Überprüfung von Korrespondenz, sofern es solche Mechanismen den zuständigen Behörden nicht ermöglichen, den Schriftwechsel zwischen Kindern und ihrem Rechtsbeistand zu lesen. Diese Richtlinie lässt ferner Verfahren des nationalen Rechts unberührt, nach denen die Weiterleitung von Korrespondenz abgelehnt werden kann, wenn der Absender nicht zustimmt, dass die Korrespondenz zuerst einem zuständigen Gericht vorgelegt wird.

(34)

Diese Richtlinie lässt eine Durchbrechung des Vertraulichkeitsgebots, zu der es im Zuge einer rechtmäßigen Überwachungsmaßnahme durch zuständige Behörden kommt, unberührt. Diese Richtlinie lässt ferner die Arbeit beispielsweise nationaler Nachrichtendienste unberührt, die auf den Schutz der nationalen Sicherheit gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) abzielt oder in den Anwendungsbereich des Artikels 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fällt, wonach Teil III Titel V AEUV über den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nicht die Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit berühren darf.

(35)

Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, sollten das Recht auf individuelle Begutachtung haben, damit ihre besonderen Bedürfnisse in Bezug auf Schutz, Erziehung, Ausbildung und soziale Integration ermittelt werden können, damit festgestellt werden kann, ob und inwieweit sie während des Strafverfahrens besondere Maßnahmen benötigen würden, und damit der Grad ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit und die Angemessenheit einer bestimmten Strafe oder Erziehungsmaßnahme bestimmt werden kann.

(36)

Bei der individuellen Begutachtung sollte insbesondere der Persönlichkeit und des Reifegrads des Kindes, dem wirtschaftlichen, sozialen und familiären Hintergrund des Kindes, einschließlich des Lebensumfelds, sowie einer etwaigen spezifischen Schutzbedürftigkeit des Kindes, wie Lern- und Kommunikationsschwierigkeiten, Rechnung getragen werden.

(37)

Es sollte möglich sein, Umfang und Genauigkeit einer individuellen Begutachtung an die Umstände des Falles anzupassen, wobei die Schwere der mutmaßlichen Straftat und die Maßnahmen, die ergriffen werden können, falls das Kind einer solchen Straftat für schuldig befunden wird, zu berücksichtigen sind. Eine individuelle Begutachtung, die in Bezug auf das gleiche Kind in der jüngeren Vergangenheit durchgeführt wurde, könnte herangezogen werden, sofern sie auf den neuesten Stand gebracht wird.

(38)

Die zuständigen Behörden sollten alle aus einer individuellen Begutachtung gewonnenen Informationen berücksichtigen, wenn sie festlegen, ob spezifische Maßnahmen in Bezug auf das Kind ergriffen werden sollten, wie etwa Bereitstellung praktischer Unterstützung; wenn sie bewerten, ob vorbeugende Maßnahmen in Bezug auf das Kind angemessen und wirksam sind, wie Entscheidungen über Untersuchungshaft oder alternative Maßnahmen; und wenn sie, unter Berücksichtigung des individuellen Charakters und der individuellen Umstände des Kindes, im Zusammenhang mit dem Strafverfahren, einschließlich der Verurteilung, eine Entscheidung treffen oder eine Maßnahme ergreifen. Ist die individuelle Begutachtung noch nicht verfügbar, sollte dies die zuständigen Behörden nicht davon abhalten, solche Maßnahmen zu ergreifen bzw. Entscheidungen zu treffen, vorausgesetzt, die Bedingungen dieser Richtlinie werden eingehalten, einschließlich der Durchführung einer individuellen Begutachtung in der frühestmöglichen geeigneten Phase des Verfahrens. Die Angemessenheit und Wirksamkeit der vor Durchführung einer individuellen Begutachtung ergriffenen Maßnahmen oder getroffenen Entscheidungen können erneut geprüft werden, wenn die individuelle Begutachtung vorliegt.

(39)

Die individuelle Begutachtung sollte in der frühestmöglichen geeigneten Phase des Verfahrens und so rechtzeitig stattfinden, dass die daraus gewonnenen Informationen von einem Staatsanwalt, einem Richter oder einer anderen zuständigen Behörde vor der Vorlage der Anklageschrift für das Gerichtsverfahren berücksichtigt werden können. Dennoch sollte es möglich sein, eine Anklageschrift bei Fehlen einer individuellen Begutachtung vorzulegen, wenn dies dem Kindeswohl dienlich ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Kind in Untersuchungshaft ist und das Warten auf die Verfügbarkeit der individuellen Begutachtung das Risiko der unnötigen Verlängerung dieser Haft bedeuten würde.

(40)

Die Mitgliedstaaten sollten von der Verpflichtung zur Vornahme einer individuellen Begutachtung abweichen können, wenn dies aufgrund der Umstände des Falles gerechtfertigt ist, wobei unter anderem die Schwere der mutmaßlichen Straftat und die Maßnahmen berücksichtigt werden sollten, die ergriffen werden könnten, falls das Kind einer solchen Straftat für schuldig befunden wird, sofern dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist. In diesem Zusammenhang sollten alle relevanten Elemente berücksichtigt werden, einschließlich der Frage, ob das Kind in der jüngeren Vergangenheit im Rahmen eines Strafverfahrens einer individuellen Begutachtung unterzogen wurde oder ob der betreffende Fall ohne Anklage bearbeitet werden kann.

(41)

Die Fürsorgepflicht für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen sind, ist Grundlage einer fairen Justiz, insbesondere dann, wenn Kindern die Freiheit entzogen ist und sie sich daher in einer besonders schwachen Position befinden. Damit die persönliche Unversehrtheit der Kinder, denen die Freiheit entzogen ist, gewährleistet ist, sollten sie das Recht auf eine medizinische Untersuchung haben. Diese medizinische Untersuchung sollte von einem Arzt oder einer anderen qualifizierten Fachkraft durchgeführt werden, und zwar entweder — insbesondere dann, wenn bestimmte gesundheitliche Anzeichen Anlass zu einer solchen Untersuchung geben — auf Initiative der zuständigen Behörden oder auf Antrag des Kindes, des Trägers der elterlichen Verantwortung oder des Rechtsbeistands des Kindes. Die Mitgliedstaaten sollten praktische Regelungen für medizinische Untersuchungen, die gemäß dieser Richtlinie durchzuführen sind, sowie den Zugang von Kindern zu diesen Untersuchungen festlegen. Diese Regelungen könnten unter anderem Situationen zum Gegenstand haben, in denen zwei oder mehr Anträge auf medizinische Untersuchungen in Bezug auf das gleiche Kind in einem kurzen Zeitraum eingereicht werden.

(42)

Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, können den Inhalt von Befragungen, denen sie unterzogen werden, nicht immer verstehen. Um einen ausreichenden Schutz für diese Kinder sicherzustellen, sollte deren Befragung durch die Polizei oder andere Strafverfolgungsbehörden daher audiovisuell aufgezeichnet werden, wenn dies verhältnismäßig ist, wobei unter anderem zu berücksichtigen ist, ob ein Rechtsbeistand zugegen ist oder den Kindern die Freiheit entzogen ist, wobei das Kindeswohl immer eine vorrangige Erwägung sein sollte. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, Befragungen von Kindern durch einen Richter oder ein Gericht audiovisuell aufzuzeichnen.

(43)

Ist eine audiovisuelle Aufzeichnung gemäß dieser Richtlinie vorzunehmen und ist diese aufgrund eines unüberwindbaren technischen Problems nicht möglich, so sollte es der Polizei oder anderen Strafverfolgungsbehörden möglich sein, das Kind ohne audiovisuelle Aufzeichnung zu befragen, wenn angemessene Anstrengungen unternommen wurden, um das technische Problem zu überwinden, es nicht angemessen ist, die Befragung zu verschieben, und es mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

(44)

Unabhängig davon, ob die Befragungen der Kinder audiovisuell aufgezeichnet werden, sollten Kinder in jedem Fall in einer Weise befragt werden, die ihrem Alter und Reifegrad Rechnung trägt.

(45)

Kinder sind in einer besonders schutzbedürftigen Lage, wenn ihnen die Freiheit entzogen ist. Angesichts der möglichen Risiken für ihre körperliche, geistige und soziale Entwicklung und da der Freiheitsentzug möglicherweise zu Schwierigkeiten bei ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft führt, sollten daher besondere Anstrengungen unternommen werden, den Freiheitsentzug bei Kindern, insbesondere die Inhaftierung von Kindern in jeder Phase des Verfahrens vor der endgültigen gerichtlichen Klärung der Frage, ob das betreffende Kind die Straftat begangen hat, zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten können praktische Vorkehrungen, wie etwa Leitlinien oder Anleitungen für Polizeikräfte, zur Anwendung dieses Erfordernisses auf Situationen des Polizeigewahrsams treffen. Die Möglichkeiten für die Polizei oder andere Strafverfolgungsbehörden, ein Kind in Situationen festzunehmen, in denen dies dem ersten Anschein nach notwendig erscheint, wie auf frischer Tat oder unmittelbar nach dem Begehen einer Straftat, bleiben von diesem Erfordernis in jedem Falle unberührt.

(46)

Die zuständigen Behörden sollten immer Maßnahmen erwägen, die eine Alternative zur Haft darstellen (im Folgenden „alternative Maßnahmen“), und solche Maßnahmen wenn möglich ergreifen. Diese alternativen Maßnahmen könnten Folgendes umfassen: ein an das Kind gerichtetes Verbot, sich an bestimmten Orten aufzuhalten, die Verpflichtung des Kindes, an einem bestimmten Ort zu wohnen, Einschränkungen im Hinblick auf den Kontakt zu bestimmten Personen, die Verpflichtung, sich bei den zuständigen Behörden zu melden, die Teilnahme an Erziehungsmaßnahmen oder, abhängig von der Einwilligung des Kindes, die Teilnahme an Heilbehandlungen oder Entziehungskuren.

(47)

Die Inhaftierung von Kindern sollte regelmäßig von einem Gericht, bei dem es sich auch um einen Einzelrichter handeln kann, überprüft werden. Es sollte möglich sein, die regelmäßige Überprüfung entweder vom Gericht von Amts wegen oder auf Antrag des Kindes, des Rechtsbeistands des Kindes oder einer Justizbehörde, die kein Gericht ist, insbesondere eines Staatsanwalts, durchzuführen. Mitgliedstaaten sollten diesbezüglich praktische Vorkehrungen vorsehen, auch in Bezug auf den Fall, dass eine regelmäßige Überprüfung bereits vom Gericht von Amts wegen durchgeführt wurde und das Kind oder der Rechtsbeistand des Kindes einen Antrag auf die Durchführung einer weiteren Überprüfung stellt.

(48)

Werden Kinder inhaftiert, sollten besondere Schutzmaßnahmen zu ihren Gunsten ergriffen werden. Insbesondere sollten sie im Einklang mit Artikel 37 Buchstabe c des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes von Erwachsenen getrennt untergebracht werden, es sei denn, dem Kindeswohl entspricht etwas anderes. Vollendet ein inhaftiertes Kind das 18. Lebensjahr, sollte es möglich sein, es weiterhin getrennt zu inhaftieren, sofern dies unter Berücksichtigung der Umstände der betroffenen Person gerechtfertigt ist. Bei inhaftierten Kindern ist angesichts der ihnen eigenen Schutzbedürftigkeit besonders darauf zu achten, wie sie behandelt werden. Kinder sollten im Einklang mit ihren Bedürfnissen Zugang zu Bildungseinrichtungen haben.

(49)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Person sind und die sich in Polizeigewahrsam befinden, von Erwachsenen getrennt untergebracht werden, es sei denn, dem Kindeswohl entspricht etwas anderes oder es ist in Ausnahmefällen in der Praxis nicht möglich, die Trennung vorzunehmen, sofern die Weise, in der Kinder zusammen mit Erwachsenen untergebracht sind, als mit dem Kindeswohl vereinbar angesehen wird. So sollte es beispielsweise in dünn besiedelten Gebieten ausnahmsweise möglich sein, Kinder mit Erwachsenen im Polizeigewahrsam unterzubringen, es sei denn, dies widerspräche dem Kindeswohl. In diesen Situationen sollte von den zuständigen Behörden besondere Aufmerksamkeit verlangt werden, um die körperliche Unversehrtheit und das Wohlbefinden des Kindes zu schützen.

(50)

Es sollte möglich sein, Kinder mit jungen Erwachsenen zu inhaftieren, es sei denn, dies widerspricht dem Kindeswohl. Es obliegt den Mitgliedstaaten festzulegen, welche Personen nach ihren nationalen Rechtsvorschriften und Verfahren als junge Erwachsene gelten. Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, festzulegen, dass Personen, die über 24 Jahre alt sind, nicht als junge Erwachsene eingestuft werden.

(51)

Werden Kinder inhaftiert, sollten die Mitgliedstaaten die in dieser Richtlinie vorgesehenen angemessenen Maßnahmen ergreifen. Diese Maßnahmen sollten unter anderem die wirksame und regelmäßige Ausübung ihres Rechts auf Familienleben gewährleisten. Kinder sollten das Recht haben, durch Besuche und Schriftwechsel regelmäßige Kontakte mit ihren Eltern, Familienangehörigen und Freunden aufrechtzuerhalten, es sei denn, im Interesse des Kindeswohls oder im Interesse der Justiz sind ausnahmsweise Einschränkungen erforderlich.

(52)

Die Mitgliedstaaten sollten auch geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Achtung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu gewährleisten. In dieser Hinsicht sollten die Mitgliedstaaten insbesondere von einem Eingriff in die Religion oder die Weltanschauung des Kindes absehen. Mitgliedstaaten sind jedoch nicht verpflichtet, aktive Schritte zu unternehmen, um Kinder beim Gebet zu unterstützen.

(53)

Gegebenenfalls sollten die Mitgliedstaaten auch geeignete Maßnahmen in anderen Arten des Freiheitsentzugs ergreifen. Die ergriffenen Maßnahmen sollten verhältnismäßig und der Art des Freiheitsentzugs, wie Polizeigewahrsam oder Haft, und dessen Dauer angemessen sein.

(54)

Personen, die beruflich in direktem Kontakt zu Kindern stehen, sollten den besonderen Bedürfnissen von Kindern verschiedener Altersgruppen Rechnung tragen und sicherstellen, dass die Verfahrensabläufe kindgerecht sind. Zu diesen Zwecken sollten diese Personen im Umgang mit Kindern entsprechend geschult werden.

(55)

Kinder sollten entsprechend ihrem Alter, Reifegrad und ihrem Verständnis und unter Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse einschließlich etwaiger Kommunikationsschwierigkeiten behandelt werden.

(56)

Die Privatsphäre der Kinder in Strafverfahren sollte unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Rechtstraditionen und -ordnungen der Mitgliedstaaten so gut wie möglich geschützt werden, um unter anderem ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern. Die Mitgliedstaaten sollten vorsehen, dass Gerichtsverhandlungen, an denen Kinder beteiligt sind, grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, oder Gerichten oder Richtern die Möglichkeit einräumen, diese Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen. Dies gilt unbeschadet der öffentlichen Bekanntgabe von Urteilen gemäß Artikel 6 EMRK.

(57)

Kinder sollten das Recht haben, sich von dem Träger der elterlichen Verantwortung bei Gerichtsverhandlungen, an denen sie beteiligt sind, begleiten zu lassen. Ist mehr als eine Person Träger der elterlichen Verantwortung für das Kind, sollte das Kind das Recht haben, von allen diesen Personen begleitet zu werden, es sei denn, dies ist in der Praxis trotz angemessener Anstrengungen der zuständigen Behörden nicht möglich. Die Mitgliedstaaten sollten praktische Vorkehrungen für die Wahrnehmung des Rechts der Kinder, sich bei Gerichtsverhandlungen, an denen sie beteiligt sind, von einem Träger der elterlichen Verantwortung begleiten zu lassen, sowie für die Bedingungen, unter denen eine begleitende Person vorübergehend von der Gerichtsverhandlung ausgeschlossen werden kann, vorsehen. Diese Vorkehrungen könnten unter anderem die Situation betreffen, in der der Träger der elterlichen Verantwortung vorübergehend dem Kind nicht zur Verfügung steht oder der Träger der elterlichen Verantwortung nicht von der Möglichkeit, das Kind zu begleiten, Gebrauch machen möchte, soweit das Kindeswohl berücksichtigt wird.

(58)

Unter bestimmten Umständen, die sich auch auf eine der Personen beziehen können, die Träger der elterlichen Verantwortung sind, sollte das Kind das Recht haben, sich bei Gerichtsverhandlungen von einem geeigneten Erwachsenen begleiten zu lassen, der nicht der Träger der elterlichen Verantwortung ist. Zu diesen Umständen gehört die Situation, in der der Träger der elterlichen Verantwortung, der das Kind begleitet, das Strafverfahren erheblich gefährden könnte, insbesondere wenn objektive und tatsächliche Umstände darauf hindeuten oder den Verdacht erzeugen, dass Beweise zerstört oder verändert oder Zeugen beeinflusst werden könnten, oder wenn ein Träger der elterlichen Verantwortung an der mutmaßlichen Straftat gemeinsam mit dem Kind beteiligt gewesen sein könnte.

(59)

Nach dieser Richtlinie sollten Kinder auch das Recht haben, in anderen Phasen des Verfahrens, in denen sie anwesend sind — etwa während polizeilicher Befragungen —, vom Träger der elterlichen Verantwortung begleitet zu werden.

(60)

Das Recht des Beschuldigten, persönlich zur Verhandlung zu erscheinen, ist Teil des Rechts auf ein faires Verfahren nach Artikel 47 der Charter und Artikel 6 EMRK in der Auslegung durch den Gerichtshof und durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Anwesenheit der betroffenen Kinder während der Verhandlung zu fördern, etwa indem sie persönlich vorgeladen werden und einem Träger der elterlichen Verantwortung oder — wenn dies dem Kindeswohl abträglich wäre — einem anderen geeigneten Erwachsenen eine Abschrift der Vorladung übermittelt wird. Die Mitgliedstaaten sollten praktische Regelungen für die Anwesenheit eines Kindes bei der Gerichtsverhandlung festlegen. Diese Regelungen könnten unter anderem Bestimmungen darüber enthalten, unter welchen Bedingungen ein Kind vorübergehend von der Verhandlung ausgeschlossen werden kann.

(61)

Bestimmte in dieser Richtlinie vorgesehene Rechte sollten für Kinder, die gesuchte Personen sind, ab dem Zeitpunkt ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat gelten.

(62)

Die Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls spielen bei der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Strafsachen eine zentrale Rolle. Die Einhaltung der im Rahmenbeschluss 2002/584/JI vorgesehenen Fristen ist für diese Zusammenarbeit von wesentlicher Bedeutung. Daher sollten diese Fristen eingehalten werden, Kinder, die gesuchte Personen sind, aber dennoch ihre Rechte nach dieser Richtlinie in einem Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls uneingeschränkt wahrnehmen können.

(63)

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Richter und Staatsanwälte, die Fälle mit Beteiligung von Kindern bearbeiten, besondere Sachkunde in diesem Bereich oder wirksamen Zugang zu spezifischen Schulungen insbesondere in Bezug auf die Rechte von Kindern, geeignete Befragungsmethoden, Kinderpsychologie und die Kommunikation in einer kindgerechten Sprache haben. Die Mitgliedstaaten sollten auch geeignete Maßnahmen ergreifen, um diese spezifischen Schulungen für Rechtsanwälte, die Strafverfahren mit Beteiligung von Kindern bearbeiten, zu fördern.

(64)

Damit die Wirksamkeit dieser Richtlinie überprüft und bewertet werden kann, müssen aus den verfügbaren Daten einschlägige Daten über die Umsetzung der in dieser Richtlinie festgelegten Rechte erhoben werden. Zu diesen Daten gehören die von Justiz- und Strafverfolgungsbehörden erfassten Daten und — soweit möglich — von Gesundheits- und Sozialfürsorgediensten zusammengestellte Verwaltungsdaten in Bezug auf die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte, insbesondere die Zahl der Kinder, die Zugang zu einem Rechtsbeistand erhielten, die Zahl der durchgeführten individuellen Begutachtungen, die Zahl der audiovisuell aufgezeichneten Befragungen und die Zahl der Kinder, denen die Freiheit entzogen worden ist.

(65)

Die Mitgliedstaaten sollten die in der Richtlinie festgelegten Rechte ohne Diskriminierungen insbesondere wegen der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der sexuellen Orientierung, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Staatsangehörigkeit, der ethnischen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, einer Behinderung oder der Geburt achten und garantieren.

(66)

Diese Richtlinie wahrt die in der Charta und der EMRK anerkannten Grundrechte und Grundsätze, darunter das Verbot von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, das Recht auf Freiheit und Sicherheit sowie auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das Recht auf Unversehrtheit, die Rechte des Kindes, das Recht auf Integration von Menschen mit Behinderung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein faires Verfahren, die Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte. Diese Richtlinie sollte unter Wahrung dieser Rechte und Grundsätze umgesetzt werden.

(67)

Mit dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften festgelegt. Den Mitgliedstaaten sollte es möglich sein, die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte auszuweiten, um ein höheres Schutzniveau zu gewährleisten. Ein höheres Schutzniveau darf der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, die mit diesen Mindestvorschriften erleichtert werden soll, nicht entgegenstehen. Das von den Mitgliedstaaten gewährte Schutzniveau sollte nie unter den Standards der Charta oder der EMRK in der Auslegung durch den Gerichtshof und durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte liegen.

(68)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften über Verfahrensgarantien für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in einem Strafverfahren sind, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(69)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(70)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(71)

Im Einklang mit der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten (10) haben sich die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein erläuterndes Dokument oder mehrere derartige Dokumente zu übermitteln, in dem bzw. denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Mindestvorschriften für bestimmte Rechte von Kindern festgelegt,

a)

die Verdächtige oder beschuldigte Personen in einem Strafverfahren sind oder

b)

gegen die ein Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls auf der Grundlage des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI (im Folgenden „gesuchte Personen“) eingeleitet worden ist.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in einem Strafverfahren sind. Die Richtlinie gilt bis zur endgültigen Klärung der Frage, ob der Verdächtige oder die beschuldigte Person eine Straftat begangen hat, gegebenenfalls einschließlich einer Verurteilung und einer Entscheidung in einem Rechtsmittelverfahren.

(2)   Diese Richtlinie gilt für Kinder, die gesuchte Personen sind, ab dem Zeitpunkt ihrer Festnahme im Vollstreckungsmitgliedstaat gemäß Artikel 17.

(3)   Mit Ausnahme des Artikels 5, des Artikels 8 Absatz 3 Buchstabe b und des Artikels 15 — soweit diese Vorschriften sich auf einen Träger der elterlichen Verantwortung beziehen — gelten diese Richtlinie oder bestimmte Vorschriften dieser Richtlinie für Personen nach Absatze 1 und 2 des vorliegenden Artikels, sofern diese Personen bei Verfahrensbeginn Kinder waren, im Verlauf des Verfahrens jedoch das 18. Lebensjahr vollendet haben, und die Anwendung dieser Richtlinie oder bestimmter Vorschriften dieser Richtlinie unter den Umständen des Einzelfalles, einschließlich des Reifegrads und der Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person, angemessen ist. Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie nicht anzuwenden, wenn die betroffene Person das 21. Lebensjahr vollendet hat.

(4)   Diese Richtlinie gilt für Kinder, die ursprünglich nicht Verdächtige oder beschuldigte Personen waren, aber während der Befragung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde zu Verdächtigen oder beschuldigten Personen werden.

(5)   Diese Richtlinie berührt nicht die nationalen Vorschriften zur Bestimmung des Alters der Strafmündigkeit.

(6)   Unbeschadet des Rechts auf ein faires Verfahren findet diese Richtlinie in Bezug auf geringfügige Zuwiderhandlungen

a)

in Fällen, in denen das Recht eines Mitgliedstaats die Verhängung einer Sanktion durch eine Behörde, die kein in Strafsachen zuständiges Gericht ist, vorsieht und in denen gegen die Verhängung einer solchen Sanktion bei einem solchen Gericht ein Rechtsbehelf eingelegt werden kann oder dieses Gericht mit der Verhängung der Sanktion befasst werden kann, oder

b)

in Fällen, in denen Freiheitsentzug nicht als Sanktion verhängt werden kann,

nur auf das Verfahren vor einem in Strafsachen zuständigen Gericht Anwendung.

Diese Richtlinie findet jedoch in jedem Fall uneingeschränkt Anwendung, wenn dem Kind die Freiheit entzogen wird, unabhängig vom Stadium des Strafverfahrens.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Kind“ eine Person im Alter von unter achtzehn Jahren;

2.

„Träger der elterlichen Verantwortung“ jede Person, die die elterliche Verantwortung für ein Kind ausübt;

3.

„elterliche Verantwortung“ die gesamten Rechte und Pflichten betreffend die Person oder das Vermögen eines Kindes, die einer natürlichen oder juristischen Person durch Gerichtsentscheidung oder kraft Gesetzes oder durch eine rechtlich bindende Vereinbarung übertragen wurden, einschließlich des Sorge- und Umgangsrechts.

Falls in Bezug auf Unterabsatz 1, Nummer 1 Zweifel daran bestehen, ob eine Person das 18. Lebensjahr vollendet hat, gilt diese Person als Kind.

Artikel 4

Auskunftsrecht

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder im Einklang mit der Richtlinie 2012/13/EU umgehend über ihre Rechte und über allgemeine Aspekte der Durchführung des Verfahrens unterrichtet werden, wenn sie davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie Verdächtige oder beschuldigte Personen in einem Strafverfahren sind.

Die Mitgliedstaaten stellen außerdem sicher, dass Kinder über die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte unterrichtet werden. Dies erfolgt wie folgt:

a)

umgehend, wenn Kinder davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie Verdächtige oder beschuldigt Personen sind, in Bezug auf:

i)

das Recht auf Unterrichtung des Trägers der elterlichen Verantwortung gemäß Artikel 5,

ii)

das Recht auf Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemäß Artikel 6,

iii)

das Recht auf Schutz der Privatsphäre gemäß Artikel 14,

iv)

das Recht, vom Träger der elterlichen Verantwortung in anderen Phasen des Verfahrens als den Gerichtsverhandlungen begleitet zu werden, gemäß Artikel 15 Absatz 4,

v)

das Recht auf Prozesskostenhilfe gemäß Artikel 18;

b)

in der frühestmöglichen geeigneten Phase des Verfahrens, in Bezug auf:

i)

das Recht auf eine individuelle Begutachtung gemäß Artikel 7,

ii)

das Recht auf eine medizinische Untersuchung, einschließlich des Rechts auf medizinische Unterstützung, gemäß Artikel 8,

iii)

das Recht auf die Begrenzung des Freiheitsentzugs und auf die Anwendung alternativer Maßnahmen, einschließlich des Rechts auf regelmäßige Überprüfung der Haft, gemäß Artikel 10 und 11,

iv)

das Recht auf Begleitung durch den Träger der elterlichen Verantwortung bei Gerichtsverhandlungen gemäß Artikel 15 Absatz 1,

v)

das Recht, persönlich zu der Verhandlung zu erscheinen, gemäß Artikel 16,

vi)

das Recht auf wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 19;

c)

bei Freiheitsentzug in Bezug auf das Recht auf besondere Behandlung während des Freiheitsentzugs gemäß Artikel 12.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 vorgesehenen Informationen mündlich, schriftlich oder in beiden Formen in einfacher und verständlicher Sprache erteilt werden und die Tatsache, dass die Informationen erteilt wurden, im Einklang mit dem im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren für Aufzeichnungen festgehalten wird.

(3)   Wird Kindern eine schriftliche Erklärung der Rechte gemäß der Richtlinie 2012/13/EU ausgehändigt, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass diese Erklärung einen Hinweis auf die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte enthält.

Artikel 5

Recht des Kindes auf Information des Trägers der elterlichen Verantwortung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass einem Träger der elterlichen Verantwortung möglichst rasch die Informationen mitgeteilt werden, auf deren Erhalt das Kind gemäß Artikel 4 ein Recht hat.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Informationen werden einem anderen geeigneten Erwachsenen, der von dem Kind benannt und von der zuständigen Behörde als solcher akzeptiert wird, erteilt, wenn die Unterrichtung des Trägers der elterlichen Verantwortung gemäß Absatz 1:

a)

dem Kindeswohl abträglich sein würde,

b)

nicht möglich ist, weil — nach Vornahme angemessener Anstrengungen — kein Träger der elterlichen Verantwortung erreichbar oder seine Identität unbekannt ist,

c)

aufgrund objektiver und tatsächlicher Umstände das Strafverfahren erheblich gefährden könnte.

Hat das Kind keinen anderen geeigneten Erwachsenen benannt oder wird der vom Kind benannte Erwachsene von der zuständigen Behörde nicht akzeptiert, bestellt die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des Kindeswohls eine andere geeignete Person und übermittelt ihr diese Informationen. Diese Person kann auch ein Vertreter einer Behörde oder einer anderen für den Schutz oder das Wohlergehen von Kindern verantwortlichen Einrichtung sein.

(3)   Fallen die Umstände weg, die zur Anwendung des Absatzes 2 Buchstabe a, b oder c führten, wird jede Information, die das Kind gemäß Artikel 4 erhält und die im Verlaufe des Verfahrens erheblich bleibt, dem Träger der elterlichen Verantwortung übermittelt.

Artikel 6

Unterstützung durch einen Rechtsbeistand

(1)   Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Person in einem Strafverfahren sind, haben das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand gemäß der Richtlinie 2013/48/EU. Dieses Recht wird durch keine Bestimmung der vorliegenden Richtlinie, insbesondere nicht durch diesen Artikel, beeinträchtigt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder gemäß diesem Artikel durch einen Rechtsbeistand unterstützt werden, damit sie die Verteidigungsrechte wirksam wahrnehmen können.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder unverzüglich von einem Rechtsbeistand unterstützt werden, wenn sie davon in Kenntnis gesetzt werden, dass sie Verdächtige oder beschuldigte Person sind. In jedem Fall werden Kinder ab dem zuerst eintretenden der folgenden Zeitpunkte von einem Rechtsbeistand unterstützt:

a)

vor ihrer Befragung durch die Polizei oder andere Strafverfolgungs- oder Justizbehörden;

b)

ab der Durchführung von Ermittlungs- oder anderen Beweiserhebungshandlungen durch Ermittlungs- oder andere zuständige Behörden gemäß Absatz 4 Buchstabe c;

c)

unverzüglich nach dem Entzug der Freiheit;

d)

wenn sie vor ein in Strafsachen zuständiges Gericht geladen wurden, rechtzeitig bevor sie vor diesem Gericht erscheinen.

(4)   Zur Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gehört Folgendes:

a)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder das Recht haben, mit dem Rechtsbeistand, der sie vertritt, unter vier Augen zusammenzutreffen und mit ihm zu kommunizieren, auch vor der Befragung durch die Polizei oder andere Strafverfolgungs- oder Justizbehörden.

b)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder von einem Rechtsbeistand unterstützt werden, wenn sie befragt werden, und dass der Rechtsbeistand effektiv an der Befragung teilnehmen kann. Diese Teilnahme erfolgt gemäß den Verfahren des nationalen Rechts, sofern diese Verfahren die wirksame Ausübung oder den Wesensgehalt des betreffenden Rechts nicht beeinträchtigen. Ist ein Rechtsbeistand während der Befragung anwesend, wird die Tatsache, dass diese Teilnahme stattgefunden hat, unter Verwendung des Verfahrens für Aufzeichnungen nach dem nationalen Recht festgehalten.

c)

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder von einem Rechtsbeistand zumindest in den folgenden Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen unterstützt werden, falls diese im nationalen Recht vorgesehen sind und falls die Anwesenheit des Verdächtigen oder der beschuldigten Person bei den betreffenden Handlungen vorgeschrieben oder zulässig ist:

i)

Identifizierungsgegenüberstellungen;

ii)

Vernehmungsgegenüberstellungen;

iii)

Tatortrekonstruktionen.

(5)   Die Mitgliedstaaten beachten die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Kindern und ihrem Rechtsbeistand bei der Wahrnehmung des in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechts auf Unterstützung durch einen Rechtsbeistand. Eine solche Kommunikation umfasst auch Treffen, Schriftverkehr, Telefongespräche und sonstige nach nationalem Recht zulässige Kommunikationsformen.

(6)   Die Mitgliedstaaten können — sofern dies mit dem Recht auf ein faires Verfahren vereinbar ist und das Kindeswohl immer eine vorrangige Erwägung ist — von den Verpflichtungen gemäß Absatz 3 abweichen, wenn die Unterstützung durch einen Rechtsbeistand unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nicht verhältnismäßig ist, wobei der Schwere der mutmaßlichen Straftat, der Komplexität des Falles und der Maßnahmen, die in Bezug auf eine solche Straftat ergriffen werden können, Rechnung zu tragen.

Die Mitgliedstaaten stellen in jedem Fall sicher, dass Kinder durch einen Rechtsbeistand unterstützt werden,

a)

wenn sie — in jeder Phase des Verfahrens im Anwendungsbereich dieser Richtlinie — einem zuständigen Gericht zur Entscheidung über eine Haft vorgeführt werden und

b)

wenn sie sich in Haft befinden.

Ferner stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Freiheitsentzug nicht als Strafe verhängt wird, wenn das Kind nicht derart durch einen Rechtsbeistand unterstützt worden ist, dass es die Verteidigungsrechte effektiv wahrnehmen konnte, und in jedem Fall während der Hauptverhandlungen.

(7)   Hat das Kind gemäß diesem Artikel Unterstützung durch einen Rechtsbeistand zu erhalten, ist aber kein Rechtsbeistand anwesend, müssen die zuständigen Behörden die Befragung des Kindes oder andere in Absatz 4 Buchstabe c genannte Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen für eine angemessene Zeit verschieben, um das Eintreffen des Rechtsbeistands zu ermöglichen oder, wenn das Kind keinen Rechtsbeistand benannt hat, um einen Rechtsbeistand für das Kind zu bestellen.

(8)   Unter außergewöhnlichen Umständen und nur im vorgerichtlichen Stadium können die Mitgliedstaaten vorübergehend von der Anwendung der nach Absatz 3 gewährten Rechte abweichen, wenn dies unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles durch einen der nachstehenden zwingenden Gründe gerechtfertigt ist:

a)

wenn dies zur Abwehr schwerwiegender, nachteiliger Auswirkungen auf das Leben, die Freiheit oder die körperliche Unversehrtheit einer Person dringend erforderlich ist;

b)

wenn ein sofortiges Handeln der Ermittlungsbehörden zwingend geboten ist, um eine erhebliche Gefährdung eines sich auf eine schwere Straftat beziehenden Strafverfahrens abzuwenden.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Anwendung dieses Absatzes das Kindeswohl berücksichtigen.

Eine Entscheidung, die Befragung ohne Rechtsbeistand gemäß diesem Absatz fortzusetzen, kann nur auf Einzelfallbasis entweder von einer Justizbehörde oder — unter der Bedingung, dass die Entscheidung einer richterlichen Kontrolle unterzogen werden kann — von einer anderen zuständigen Behörde getroffen werden.

Artikel 7

Recht auf individuelle Begutachtung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern in Bezug auf Schutz, Erziehung, Ausbildung und soziale Integration berücksichtigt werden.

(2)   Zu diesem Zweck werden Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, einer individuellen Begutachtung unterzogen. Bei der individuellen Begutachtung wird insbesondere der Persönlichkeit und dem Reifegrad des Kindes, dem wirtschaftlichen, sozialen und familiären Hintergrund des Kindes und möglichen spezifischen Schutzbedürftigkeiten des Kindes Rechnung getragen.

(3)   Umfang und Genauigkeit der individuellen Begutachtung richten sich nach den Umständen des Einzelfalles, den Maßnahmen, die ergriffen werden können, falls das Kind der zur Last gelegten Straftat für schuldig befunden wird, und danach, ob das Kind in der jüngeren Vergangenheit einer individuellen Begutachtung unterzogen wurde.

(4)   Die individuelle Begutachtung dient der Feststellung und der im Einklang mit dem im betroffenen Mitgliedstaat vorgesehenen Verfahren vorzunehmenden Aufzeichnung der Informationen über den individuellen Charakter und die individuellen Umstände des Kindes, die den zuständigen Behörden von Nutzen sein können, wenn sie

a)

festlegen, ob spezifische Maßnahmen zugunsten des Kindes ergriffen werden sollten,

b)

bewerten, ob vorbeugende Maßnahmen in Bezug auf das Kind angemessen und wirksam sind,

c)

im Zusammenhang mit dem Strafverfahren, einschließlich der Verurteilung, eine Entscheidung treffen oder eine Maßnahme ergreifen.

(5)   Die individuelle Begutachtung erfolgt in der frühestmöglichen geeigneten Phase des Verfahrens, und, nach Maßgabe des Absatzes 6, vor Anklageerhebung.

(6)   Fehlt es an einer individuellen Begutachtung, kann die Anklageschrift dennoch vorgelegt werden, wenn dies dem Kindeswohl dient und die individuelle Begutachtung in jedem Fall zu Beginn der Hauptverhandlungen zur Verfügung steht.

(7)   Individuelle Begutachtungen werden unter enger Einbeziehung des Kindes vorgenommen. Sie werden von qualifiziertem Personal und so weit wie möglich im Rahmen eines multidisziplinären Vorgehens sowie, soweit angemessen, unter Einbeziehung des Trägers der elterlichen Verantwortung oder eines anderen geeigneten Erwachsenen gemäß Artikel 5 und Artikel 15 und/oder eines Sachverständigen durchgeführt.

(8)   Tritt eine wesentliche Änderung der Elemente ein, die der individuellen Begutachtung zugrunde liegen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die individuelle Begutachtung im Zuge des Strafverfahrens auf den neuesten Stand gebracht wird.

(9)   Die Mitgliedstaaten können von der Verpflichtung zur Vornahme einer individuellen Begutachtung abweichen, wenn dies aufgrund der Umstände des Falles gerechtfertigt ist und mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

Artikel 8

Recht auf eine medizinische Untersuchung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder, denen die Freiheit entzogen wurde, das Recht auf eine unverzügliche medizinische Untersuchung haben, damit insbesondere ihre allgemeine geistige und körperliche Verfassung beurteilt werden kann. Die medizinische Untersuchung muss möglichst wenig eingreifend sein und von einem Arzt oder einer anderen qualifizierten Fachkraft durchgeführt werden.

(2)   Die Ergebnisse dieser medizinischen Untersuchung werden bei der Feststellung berücksichtigt, ob das Kind Befragungen, anderen Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen oder zulasten des Kindes ergriffenen oder geplanten Maßnahmen gewachsen ist.

(3)   Die medizinische Untersuchung wird entweder von der zuständigen Behörden von Amts wegen durchgeführt — insbesondere dann, wenn bestimmte gesundheitliche Anzeichen eine solche Untersuchung erfordern — oder auf Antrag einer der folgenden Personen:

a)

des Kindes,

b)

des Trägers der elterlichen Verantwortung oder eines anderen geeigneten Erwachsenen gemäß Artikel 5 und Artikel 15,

c)

des Rechtsbeistands des Kindes.

(4)   Das Ergebnis der medizinischen Untersuchung wird schriftlich festgehalten. Sofern erforderlich, wird medizinische Unterstützung geleistet.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine weitere medizinische Untersuchung durchgeführt wird, wenn die Umstände dies erfordern.

Artikel 9

Audiovisuelle Aufzeichnung der Befragung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von der Polizei oder einer anderen Strafverfolgungsbehörde während des Strafverfahrens durchgeführte Befragungen audiovisuell aufgezeichnet werden, wenn dies unter den Umständen des Falles verhältnismäßig ist, wobei unter anderem zu berücksichtigen ist, ob ein Rechtsbeistand zugegen oder dem Kind die Freiheit entzogen ist, sofern das Kindeswohl immer eine vorrangige Erwägung ist.

(2)   Sofern nicht audiovisuell aufgezeichnet wird, wird die Befragung auf andere Art und Weise aufgezeichnet, etwa mit einem schriftlichen Protokoll, das gebührend überprüft wird.

(3)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit, Fragen ausschließlich zum Zwecke der Identifizierung des Kindes zu stellen, ohne dass eine audiovisuelle Aufzeichnung erfolgt, unberührt.

Artikel 10

Begrenzung des Freiheitsentzugs

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Freiheitsentzug bei Kindern in jeder Phase des Verfahrens auf den kürzesten angemessenen Zeitraum begrenzt wird. Dem Alter und der individuellen Situation des Kindes sowie den besonderen Umständen des Falles ist gebührend Rechnung zu tragen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Freiheitsentzug, insbesondere Haft, bei Kindern nur als letztes Mittel eingesetzt wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede Inhaftierung auf einer begründeten Entscheidung beruht, die der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine derartige Entscheidung unterliegt auch einer regelmäßigen, in angemessenen Zeitabständen erfolgenden Überprüfung durch ein Gericht, die entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Kindes, des Rechtsbeistands des Kindes oder einer Justizbehörde, die kein Gericht ist, durchgeführt wird. Unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Entscheidungen nach diesem Absatz unverzüglich getroffen werden.

Artikel 11

Alternative Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden nach Möglichkeit auf Maßnahmen zurückgreifen, die eine Alternative zur Haft darstellen (im Folgenden „alternative Maßnahmen“).

Artikel 12

Besondere Behandlung bei Freiheitsentzug

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass inhaftierte Kinder von Erwachsenen getrennt untergebracht werden, es sei denn, dem Kindeswohl entspricht etwas anderes.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen auch sicher, dass Kinder, die sich in Polizeigewahrsam befinden, von Erwachsenen getrennt untergebracht werden, es sei denn:

a)

es wird davon ausgegangen, dem Kindeswohl entspricht etwas anderes, oder

b)

es ist in der Praxis ausnahmsweise nicht möglich, dies zu tun, sofern die gemeinsame Unterbringung von Kindern mit Erwachsenen in einer Weise erfolgt, die mit dem Kindeswohl vereinbar ist.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 1 sehen die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, ein inhaftiertes Kind bei Vollendung des 18. Lebensjahres weiterhin getrennt von anderen inhaftierten Erwachsenen unterzubringen, sofern dies unter Berücksichtigung der Umstände dieser Person gerechtfertigt ist und mit dem Wohl der Kinder vereinbar ist, die mit dieser Person inhaftiert sind.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 1 und unter Berücksichtigung des Absatzes 3 können Kinder mit jungen Erwachsenen inhaftiert sein, es sei denn, dies widerspricht dem Kindeswohl.

(5)   Befinden sich Kinder in Haft, so treffen die Mitgliedstaaten geeignete Vorkehrungen, um

a)

ihre gesundheitliche sowie ihre körperliche und geistige Entwicklung zu gewährleisten und zu schützen,

b)

ihr Recht auf Erziehung und Ausbildung zu gewährleisten, auch wenn die Kinder physische oder sensorische Beeinträchtigungen oder Lernschwierigkeiten haben,

c)

die wirksame und regelmäßige Ausübung ihres Rechts auf Familienleben zu gewährleisten,

d)

den Zugang zu Programmen zu gewährleisten, mit denen ihre Entwicklung und ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft gefördert werden, und

e)

die Achtung ihrer Religions- und Weltanschauungsfreiheit zu gewährleisten.

Die gemäß diesem Absatz getroffenen Vorkehrungen müssen verhältnismäßig und der Dauer der Haft angemessen sein.

Unterabsatz 1 Buchstabe a und e gilt auch für andere Arten des Freiheitsentzugs als Haft. Die getroffenen Vorkehrungen müssen verhältnismäßig und diesen Arten des Freiheitsentzugs angemessen sein.

Unterabsatz 1 Buchstabe b, c und d gilt für andere Arten des Freiheitsentzugs als Haft nur soweit dies angemessen und verhältnismäßig in Bezug auf die Art und Dauer dieser Arten ist.

(6)   Die Mitgliedstaaten bemühen sich sicherzustellen, dass Kindern, denen die Freiheit entzogen ist, sobald wie möglich den Träger der elterlichen Verantwortung treffen können, wenn dies mit den Erfordernissen der Ermittlungen und den operativen Erfordernissen vereinbar ist. Dieser Absatz gilt unbeschadet der Benennung oder Bestellung eines anderen geeigneten Erwachsenen gemäß Artikel 5 oder 15.

Artikel 13

Zügige und sorgfältige Bearbeitung der Fälle

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen alle angemessenen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Strafverfahren, an denen Kinder beteiligt sind, mit Vorrang und mit der gebotenen Sorgfalt bearbeitet werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten ergreifen angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Kinder immer auf eine Art und Weise behandelt werden, die ihre Würde schützt und die ihrem Alter, ihrem Reifegrad und ihrem Verständnis entspricht und jegliche besonderen Bedürfnissen einschließlich etwaiger Kommunikationsschwierigkeiten, die sie möglicherweise haben, berücksichtigt.

Artikel 14

Recht auf Schutz der Privatsphäre

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Privatsphäre von Kindern während des Strafverfahrens geschützt wird.

(2)   Zu diesem Zweck sehen die Mitgliedstaaten entweder vor, dass Gerichtsverhandlungen, an denen Kinder beteiligt sind, grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, oder sie räumen Gerichten die Möglichkeit ein, zu entscheiden, diese Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen.

(3)   Die Mitgliedstaaten ergreifen angemessene Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Aufzeichnungen gemäß Artikel 9 nicht öffentlich verbreitet werden.

(4)   Die Mitgliedstaaten legen den Medien unter Achtung der Meinungs- und Informationsfreiheit sowie der Freiheit und Pluralität der Medien nahe, dass sie Maßnahmen zur Selbstregulierung ergreifen, um die Ziele dieses Artikels zu erreichen.

Artikel 15

Recht des Kindes auf Begleitung durch den Träger der elterlichen Verantwortung während des Verfahrens

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder das Recht haben, sich vom Träger der elterlichen Verantwortung bei Gerichtsverhandlungen begleiten zu lassen, an denen sie beteiligt sind.

(2)   Ein Kind hat das Recht, von einem anderen geeigneten Erwachsenen begleitet zu werden, der von dem Kind benannt wird und von der zuständigen Behörde akzeptiert wird, wenn die Anwesenheit des Trägers der elterlichen Verantwortung, der das Kind bei Gerichtsverhandlungen begleitet,

a)

dem Kindeswohl abträglich sein würde,

b)

nicht möglich ist, weil — nach Vornahme angemessener Anstrengungen — kein Träger der elterlichen Verantwortung erreichbar oder seine Identität unbekannt ist, oder

c)

aufgrund objektiver und tatsächlicher Umstände das Strafverfahren erheblich gefährdet werden würde.

Wenn das Kind keinen anderen geeigneten Erwachsenen benannt hat oder wenn der vom Kind benannte Erwachsene von der zuständigen Behörde nicht akzeptiert wird, bestellt die zuständige Behörde unter Berücksichtigung des Kindeswohls eine andere geeignete Person zur Begleitung des Kindes. Diese Person kann auch ein Vertreter einer Behörde oder einer anderen für den Schutz oder das Wohlergehen von Kindern verantwortliche Einrichtung sein.

(3)   Fallen die Umstände weg, die zur Anwendung des Absatzes 2 Buchstabe a, b oder c führten, hat das Kind das Recht, sich bei allen weiteren Gerichtsverhandlungen vom Träger der elterlichen Verantwortung begleiten zu lassen.

(4)   Über das Recht gemäß Absatz 1 hinaus stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Kinder das Recht haben, von dem Träger der elterlichen Verantwortung oder einem anderen geeigneten Erwachsenen gemäß Absatz 2 während anderer Phasen des Verfahrens als den Gerichtsverhandlungen begleitet zu werden, in denen das Kind anwesend ist, wenn die zuständige Behörde der Auffassung ist, dass

a)

es dem Kindeswohl dient, von dieser Person begleitet zu werden, und

b)

die Anwesenheit dieser Person das Strafverfahren nicht beeinträchtigt.

Artikel 16

Recht von Kindern, persönlich zu der Verhandlung zu erscheinen und daran teilzunehmen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Kinder das Recht haben, bei ihrer Verhandlung anwesend zu sein, und ergreifen alle notwendigen Maßnahmen, um ihnen eine wirksame Teilnahme an der Verhandlung zu ermöglichen, einschließlich der Möglichkeit, gehört zu werden und ihre Meinung zu äußern.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kinder, die bei ihrer Verhandlung nicht anwesend waren, gemäß der Richtlinie (EU) 2016/343 und den darin festgelegten Voraussetzungen das Recht auf eine neue Verhandlung oder auf einen sonstigen Rechtsbehelf haben.

Artikel 17

Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Rechte gemäß den Artikeln 4, 5, 6 und 8, Artikeln 10 bis 15 und Artikel 18 für Kinder, die gesuchte Personen sind, nach ihrer Festnahme aufgrund des Verfahrens zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls im Vollstreckungsmitgliedstaat entsprechend gelten.

Artikel 18

Recht auf Prozesskostenhilfe

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Bestimmungen über die Prozesskostenhilfe die wirksame Ausübung des Rechts auf Unterstützung durch einen Rechtsbeistand gemäß Artikel 6 gewährleisten.

Artikel 19

Rechtsbehelfe

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Kindern, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, und Kindern, die gesuchte Personen sind, bei Verletzung ihrer Rechte nach dieser Richtlinie ein wirksamer Rechtsbehelf nach nationalem Recht zusteht.

Artikel 20

Schulung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Personal der Strafverfolgungsbehörden und Hafteinrichtungen, die Fälle mit Beteiligung von Kindern bearbeiten, dem Umfang ihres Kontakts mit Kindern angemessene spezifische Schulungen in Bezug auf die Rechte von Kindern, geeignete Befragungsmethoden, Kinderpsychologie und die Kommunikation in einer kindgerechten Sprache erhalten.

(2)   Unbeschadet der Unabhängigkeit der Justiz und der Unterschiede in der Organisation der Justizsysteme der Mitgliedstaaten und mit gebührender Achtung der Rolle derjenigen, die für die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten zuständig sind, ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Richter und Staatsanwälte, die Strafverfahren mit Beteiligung von Kindern bearbeiten, besondere Sachkunde in diesem Bereich, tatsächlichen Zugang zu speziellen Schulungen oder beides haben.

(3)   Unter gebührender Achtung der Unabhängigkeit der Rechtsberufe und der Rolle derjenigen, die für die Weiterbildung von Rechtsanwälten zuständig sind, ergreifen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zur Förderung spezieller Weiterbildungsmaßnahmen gemäß Absatz 2 für Rechtsanwälte, die Strafverfahren mit Beteiligung von Kindern bearbeiten.

(4)   Die Mitgliedstaaten fördern über ihre öffentlichen Stellen oder durch die Finanzierung von Organisationen zur Unterstützung von Kindern Initiativen, die ermöglichen, dass diejenigen, die Kindern Unterstützung leisten oder Wiedergutmachungsdienste zur Verfügung stellen, eine ihrem Kontakt mit den Kindern angemessene Schulung erhalten und berufliche Verhaltensregeln beachten, die sicherstellen, dass sie ihre Tätigkeit unvoreingenommen, respektvoll und professionell ausführen.

Artikel 21

Datenerhebung

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bis zum 11. Juni 2021 und danach alle drei Jahre verfügbare Daten, aus denen hervorgeht, wie die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte umgesetzt worden sind.

Artikel 22

Kosten

Die Mitgliedstaaten kommen unabhängig vom Verfahrensausgang für die in Anwendung der Artikel 7, 8 und 9 entstehenden Kosten auf, es sei denn, die aus der Anwendung von Artikel 8 entstehenden Kosten werden durch eine Krankenversicherung gedeckt.

Artikel 23

Regressionsverbot

Keine Bestimmung dieser Richtlinie ist so auszulegen, dass dadurch die Rechte und Verfahrensgarantien nach Maßgabe der Charta, der EMRK, anderer einschlägiger Bestimmungen des Völkerrechts, insbesondere des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes, oder der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, die ein höheres Schutzniveau vorsehen, beschränkt oder beeinträchtigt würden.

Artikel 24

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 11. Juni 2019 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 25

Bericht

Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 11. Juni 2022 einen Bericht, in dem sie bewertet, inwieweit die Mitgliedstaaten die Maßnahmen ergriffen haben, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, einschließlich einer Bewertung der Anwendung des Artikels 6, und unterbreitet erforderlichenfalls Gesetzgebungsvorschläge.

Artikel 26

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 27

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 11. Mai 2016.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J.A. HENNIS-PLASSCHAERT


(1)  ABl. C 226 vom 16.7.2014, S. 63.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 9. März 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 21. April 2016.

(3)  ABl. C 295 vom 4.12.2009, S. 1.

(4)  ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.

(5)  Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (ABl. L 280 vom 26.10.2010, S. 1).

(6)  Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren (ABl. L 142 vom 1.6.2012, S. 1).

(7)  Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs (ABl. L 294 vom 6.11.2013, S. 1).

(8)  Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zur Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. L 65, 11.3.2016, S. 1).

(9)  Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1).

(10)  ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/21


RICHTLINIE (EU) 2016/801 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Mai 2016

über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- oder Studienzwecken, zur Absolvierung eines Praktikums, zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst, Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben und zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit

(Neufassung)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 79 Absatz 2 Buchstaben a und b,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinien 2004/114/EG (4) und 2005/71/EG (5) des Rates müssen in einigen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt sich eine Neufassung dieser Richtlinien.

(2)

Diese Richtlinie sollte die in den Berichten über die Anwendung der Richtlinien 2004/114/EG und 2005/71/EG festgestellten Defizite beheben, mehr Transparenz und Rechtssicherheit gewährleisten und einen kohärenten Rechtsrahmen für verschiedene Gruppen von Drittstaatsangehörigen bieten, die in die Union einreisen. Die bestehenden Rechtsvorschriften für diese Gruppen sollten daher vereinfacht und in einem Rechtsakt zusammengefasst werden. Die von dieser Richtlinie erfassten Gruppen unterscheiden sich zwar in mancher Hinsicht, doch haben sie auch Gemeinsamkeiten, die es ermöglichen, sie auf Unionsebene in einer Regelung zusammenzufassen.

(3)

Diese Richtlinie soll zu der mit dem Stockholmer Programm angestrebten Angleichung des nationalen Rechts über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen beitragen. Die Zuwanderung aus Drittstaaten ist ein Weg, um den Bedarf an hoch qualifizierten Personen in der Union zu decken; insbesondere Studenten und Forscher sind zunehmend gefragt. Durch ihren Beitrag zu intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum und somit zu den Zielen der Strategie Europa 2020 sind sie als Humankapital für die Union ausgesprochen wichtig.

(4)

In den Berichten über die Anwendung der Richtlinien 2004/114/EG und 2005/71/EG wurden einige Unzulänglichkeiten vor allem in Bezug auf die Zulassungsbedingungen, Rechte und Verfahrensgarantien, den Zugang von Studenten zum Arbeitsmarkt während ihres Studiums sowie die Bestimmungen über die Mobilität innerhalb der EU festgestellt. Darüber hinaus wurden spezielle Verbesserungen im Hinblick auf die fakultativen Gruppen von Drittstaatsangehörigen als notwendig erachtet. In darauf folgenden umfassenden Konsultationen wurde zudem betont, dass für Forscher und Studenten erleichterte Möglichkeiten zur Arbeitssuche und für Au-pair-Kräfte, die nicht unter die Richtlinien 2004/114/EG und 2005/71/EG fallen, bessere Schutzmaßnahmen eingeführt werden müssen.

(5)

Zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die Annahme von Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Schutz der Rechte von Drittstaatsangehörigen vorgesehen.

(6)

Diese Richtlinie sollte auch persönliche Kontakte und die Mobilität fördern, da es sich hierbei um wichtige Aspekte der Außenpolitik der Union handelt, insbesondere der Europäischen Nachbarschaftspolitik und der Politik gegenüber strategischen Partnern der Union. Sie sollte zudem dem Gesamtansatz für Migration und Mobilität und den Mobilitätspartnerschaften dienen, die einen Rahmen für den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten bieten und unter anderem die legale Migration erleichtern und regeln.

(7)

Die Zuwanderung zu den in dieser Richtlinie genannten Zwecken sollte der Erzeugung und dem Erwerb von Wissen und Kompetenzen dienen. Sie stellt für die betreffenden Migranten, ihren Herkunftsstaat und den betreffenden Mitgliedstaat eine Bereicherung dar und trägt zugleich zur Stärkung der kulturellen Bindungen und Bereicherung der kulturellen Vielfalt bei.

(8)

Diese Richtlinie sollte im weltweiten Talentwettbewerb den Ruf der Union als attraktiven Standort für Wissenschaft und Innovation festigen und dadurch zu einer Stärkung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze führen, die einen größeren Beitrag zum BIP-Wachstum leisten. Die Öffnung der Union für Drittstaatsangehörige, die zu Forschungszwecken zugelassen werden können, ist auch ein Ziel der Leitinitiative zur Innovationsunion. Darüber hinaus ist die Schaffung eines offenen Arbeitsmarktes für Forscher aus der Union und aus Drittstaaten ein wichtiges Ziel des Europäischen Forschungsraums, in dem sich Forscher frei bewegen und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien ungehindert zirkulieren können.

(9)

Die Zulassung von Drittstaatsangehörigen, die diese zur Ausübung einer Forschungstätigkeit beantragen, soll durch ein Zulassungsverfahren erleichtert werden, das von deren Rechtsverhältnis zur aufnehmenden Forschungseinrichtung unabhängig ist; außerdem soll zusätzlich zum Aufenthaltstitel keine Arbeitserlaubnis mehr verlangt werden. Dieses Verfahren sollte auf der Zusammenarbeit der Forschungseinrichtungen mit den Einwanderungsbehörden der Mitgliedstaaten beruhen. Den Forschungseinrichtungen sollte im Zulassungsverfahren eine wesentliche Rolle zugewiesen werden, damit die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die die Zulassung zur Ausübung einer Forschungstätigkeit beantragen, in die Union unter Wahrung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten im Bereich der Zuwanderungspolitik erleichtert und beschleunigt wird. Die Forschungseinrichtungen, die zuvor von den Mitgliedstaaten zugelassen werden können sollten, sollten mit einem Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer Forschungstätigkeit eine Aufnahmevereinbarung oder einen Vertrag schließen können. Die Mitgliedstaaten sollten auf der Grundlage der Aufnahmevereinbarung oder des Vertrags einen Aufenthaltstitel ausstellen, sofern die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt erfüllt sind.

(10)

Da die Anstrengungen zur Erfüllung des Investitionsziels von 3 % des BIP für die Forschung größtenteils den Privatsektor betreffen, sollte dieser Sektor gegebenenfalls ermuntert werden, in den kommenden Jahren mehr Forscher einzustellen.

(11)

Um die Attraktivität der Union für Drittstaatsangehörige, die eine Forschungstätigkeit in der Union aufnehmen möchten, zu erhöhen, sollten ihre Familienangehörigen gemäß der Definition in der Richtlinie 2003/86/EG des Rates (6) diese begleiten dürfen und in den Genuss der Bestimmungen über die Mobilität innerhalb der EU kommen. Diese Familienmitglieder sollten Zugang zum Arbeitsmarkt des ersten Mitgliedstaats und, im Rahmen einer langfristigen Mobilität, auch des zweiten Mitgliedstaats erhalten, außer bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, etwa einer besonders hohen Arbeitslosigkeit, wobei die Mitgliedstaaten während eines Zeitraums von höchstens 12 Monaten weiterhin die Möglichkeit haben sollten, eine Prüfung durchzuführen, die nachweist, dass eine Stelle nicht mit den auf dem heimischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitskräften besetzt werden kann. Abgesehen von den in dieser Richtlinie vorgesehenen Ausnahmeregelungen sollten alle Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG, einschließlich der Gründe für die Ablehnung oder Entziehung der Zulassung oder die Verweigerung der Verlängerung, gelten. Familienangehörigen kann somit die Aufenthaltserlaubnis entzogen oder ihre Verlängerung verweigert werden, wenn der Aufenthaltstitel des Forschers, den sie begleiten, erlischt und sie nicht über ein eigenständiges Aufenthaltsrecht verfügen.

(12)

Den Mitgliedstaaten sollte empfohlen werden, für die Zwecke dieser Richtlinie Doktoranden gegebenenfalls als Forscher zu behandeln.

(13)

Die Richtlinie sollte nicht eine Abwanderung der fähigsten Köpfe aus Schwellen- oder Entwicklungsländern begünstigen. Im Sinne einer umfassenden Migrationspolitik sollten gemeinsam mit den Herkunftsländern Maßnahmen zur Förderung der Wiedereingliederung der Forscher in ihre Herkunftsländer ergriffen werden.

(14)

Um den Ruf Europas als internationalen Exzellenzstandort für Studium und berufliche Bildung zu festigen, sollten die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt zu diesen Zwecken verbessert und vereinfacht werden. Dies stimmt mit den Zielen der Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen überein, vor allem im Kontext der internationalen Ausrichtung der europäischen Hochschulbildung. Es ist auch der Grund für die Angleichung des einschlägigen nationalen Rechts der Mitgliedstaaten. In diesem Zusammenhang und im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates zur Modernisierung der Hochschulbildung (7) sollte der Begriff „Hochschulbildung“ alle tertiären Einrichtungen umfassen und kann unter anderem Universitäten, technische Universitäten, technische Fachhochschulen, Grandes Ecoles, Wirtschaftsuniversitäten und Business Schools, technische Fachschulen, Instituts Universitaires de Technologie (IUT), Fachhochschulen, Professional Schools, Polytechnika und Akademien einschließen.

(15)

Im Zuge der Ausweitung und Vertiefung des durch die Gemeinsame Bologna-Erklärung der Bildungsminister der EU-Mitgliedstaaten vom 19. Juni 1999 initiierten Bologna-Prozesses sind die Hochschulsysteme der daran beteiligten und auch anderer Länder besser vergleichbar, kompatibler und kohärenter geworden, was darauf zurückzuführen ist, dass die Mitgliedstaaten die Mobilität der Studenten gefördert haben und die Hochschuleinrichtungen Mobilität in ihre Lehrpläne integriert haben. Nun müssen auch die Bestimmungen über die Mobilität von Studenten innerhalb der EU verbessert werden. Eines der Ziele der Bologna-Erklärung ist es, die europäischen Hochschulen attraktiver und wettbewerbsfähiger zu machen. Der Bologna-Prozess mündete in die Schaffung des europäischen Hochschulraums. Die dreistufige Struktur mit leicht verständlichen Programmen und Abschlüssen sowie die Einführung von Qualifikationsrahmen hat es für Drittstaatsangehörige attraktiver gemacht, in Europa zu studieren.

(16)

Die Dauer und die sonstigen Bedingungen der Vorbereitungskurse für die unter diese Richtlinie fallenden Studenten sollten von den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihres nationalen Rechts festgelegt werden.

(17)

Als Nachweis der Annahme eines Drittstaatsangehörigen an einer Hochschuleinrichtung könnte unter anderem eine schriftliche Zusicherung der Aufnahme oder eine Einschreibebestätigung gelten.

(18)

Drittstaatsangehörige, die die Zulassung als Praktikanten beantragen, sollten einen Nachweis darüber vorlegen, dass sie in den zwei Jahren vor dem Datum ihrer Antragstellung einen Hochschulabschluss erlangt haben oder ein Studium in einem Drittland absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt. Sie sollten außerdem eine Praktikumsvereinbarung vorlegen, die eine Beschreibung des Praktikumsprogramms sowie Angaben zum Bildungsziel oder zu den Lernkomponenten, zur Dauer des Praktikums und zu den Bedingungen für die Betreuung des Praktikanten enthält. Auf diese Weise soll nachgewiesen werden, dass sie eine echte Ausbildung erhalten und nicht als normale Mitarbeiter eingesetzt werden. Darüber hinaus kann von den aufnehmenden Einrichtungen verlangt werden zu belegen, dass die Praktikumsstelle keinen Arbeitsplatz ersetzt. Sind im nationalen Recht, in Tarifverträgen oder Gepflogenheiten für Praktikanten bereits besondere Bedingungen festgelegt, sollten die Mitgliedstaaten von den Drittstaatsangehörigen, die die Zulassung als Praktikanten beantragen, die Einhaltung dieser besonderen Bedingungen verlangen können.

(19)

Diese Richtlinie gilt nicht für Trainees, die im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers in die Union einreisen, um dort zu arbeiten, da sie unter die Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (8) fallen.

(20)

Mit dieser Richtlinie sollten die Ziele des Europäischen Freiwilligendienst unterstützt werden, nämlich die Solidarität, das gegenseitige Verständnis und die Toleranz unter jungen Menschen und den Gesellschaften, in denen sie leben, zu entwickeln und gleichzeitig zur Verstärkung des sozialen Zusammenhalts beizutragen und die aktive Bürgerschaft junger Menschen zu fördern. Um den Zugang zum Europäischen Freiwilligendienst in der gesamten Union in einheitlicher Weise zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten die Bestimmungen dieser Richtlinie auf Drittstaatsangehörige, die die Zulassung zur Teilnahme am Europäischen Freiwilligendienst beantragen, anwenden.

(21)

Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, die Bestimmungen dieser Richtlinie auf Schüler, Freiwillige, die an einem anderen als dem Europäischen Freiwilligendienst teilnehmen, sowie Au-pair-Kräfte anzuwenden, um ihnen die Einreise und den Aufenthalt zu erleichtern und ihre Rechte zu garantieren.

(22)

Mitgliedstaaten, die beschließen, diese Richtlinie auf Schüler anzuwenden, wird nahegelegt, dafür zu sorgen, dass das nationale Zulassungsverfahren für Lehrkräfte, die ausschließlich Schüler im Rahmen eines Schüleraustauschprogramms oder eines Bildungsvorhabens begleiten, im Einklang mit dem in dieser Richtlinie vorgesehenen Verfahren für Schüler steht.

(23)

Eine Au-pair-Tätigkeit trägt zur Förderung persönlicher Kontakte bei, denn sie bietet Drittstaatsangehörigen die Möglichkeit, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern und ihr Wissen über die Mitgliedstaaten und ihre kulturellen Verbindungen zu diesen Staaten zu vertiefen. Gleichzeitig könnten Drittstaatsangehörige als Au-pair-Kräfte der Gefahr des Missbrauchs ausgesetzt sein. Um Au-pair-Kräften eine faire Behandlung zu garantieren und ihren besonderen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, sollten die Mitgliedstaaten die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Einreise und den Aufenthalt von Au-pair-Kräften anwenden können.

(24)

Können Drittstaatsangehörige nachweisen, dass sie während ihres Aufenthalts im betreffenden Mitgliedstaat Mittel erhalten, die aus einem Stipendium, einem gültigen Arbeitsvertrag oder einem verbindlichen Arbeitsplatzangebot oder einer finanziellen Verpflichtung einer für den Schüleraustausch, die Aufnahme von Praktikanten oder den Freiwilligendienst zuständigen Organisation, einer Gastfamilie oder einer Au-pair-Vermittlungsstelle stammen, sollten die Mitgliedstaaten diese Mittel bei der Beurteilung der Frage, ob die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, berücksichtigen. Die Mitgliedstaaten könnten einen Referenzbetrag für die von ihnen als „nötig“ erachteten Mittel festlegen, der für die einzelnen Gruppen von Drittstaatsangehörigen unterschiedlich hoch sein kann.

(25)

Den Mitgliedstaaten wird nahegelegt, den Antragstellern zu gestatten, Dokumente und Informationen in einer anderen Amtssprache der Union als der (den) jeweiligen Amtssprache(n) des Mitgliedsstaates vorzulegen, die der betreffende Mitgliedstaat festlegt.

(26)

Es sollte den Mitgliedstaaten möglich sein, ein Zulassungsverfahren für öffentliche oder private Forschungseinrichtungen oder beide, die Forscher aus einem Drittstaat aufnehmen möchten, oder für Hochschuleinrichtungen, die Studenten aus einem Drittstaat aufnehmen möchten, vorzusehen. Diese Zulassung sollte nach den im nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis des betreffenden Mitgliedstaats festgelegten Verfahren erfolgen. Anträge für zugelassene Forschungseinrichtungen oder Hochschuleinrichtungen sollten vereinfacht werden und die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die zum Zwecke der Forschung oder des Studiums in die Union kommen, sollte beschleunigt werden.

(27)

Es sollte den Mitgliedstaaten möglich sein, ein Zulassungsverfahren für Einrichtungen vorzusehen, die Schüler, Praktikanten oder Freiwillige aus Drittstaaten aufnehmen wollen. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, dieses Verfahren auf einige oder alle Gruppen von aufnehmenden Einrichtungen anzuwenden. Diese Zulassung sollte nach den im nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis des betreffenden Mitgliedstaats festgelegten Verfahren erfolgen. Anträge für zugelassene aufnehmende Einrichtungen sollten die Einreise von Drittstaatsangehörigen zum Zwecke eines Praktikums, eines Freiwilligendienstes und zur Teilnahme an Schüleraustauschprogrammen oder Bildungsvorhaben in die bzw. in der Union beschleunigen.

(28)

Wenn Mitgliedstaaten Zulassungsverfahren für aufnehmende Einrichtungen einführen, sollten sie beschließen können, die Zulassung nur über zugelassene aufnehmende Einrichtungen zu genehmigen oder ein Zulassungsverfahren einzuführen und gleichzeitig die Zulassung über nicht zugelassene aufnehmende Einrichtungen zu genehmigen.

(29)

Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, Drittstaatsangehörigen, die nicht unter diese Richtlinie fallen, andere als durch diese Richtlinie geregelte Aufenthaltstitel zu Studien- oder Forschungszwecken oder zur Teilnahme an einem Praktikum auszustellen.

(30)

Wenn die allgemeinen und besonderen Zulassungsbedingungen erfüllt sind, sollten die Mitgliedstaaten innerhalb einer bestimmten Frist einen Aufenthaltstitel ausstellen. Wenn ein Mitgliedstaat lediglich in seinem Hoheitsgebiet Aufenthaltserlaubnisse erteilt und sämtliche Zulassungsbedingungen dieser Richtlinie erfüllt sind, sollte dieser Mitgliedstaat dem betreffenden Drittstaatsangehörigen das erforderliche Visum ausstellen und gewährleisten, dass die zuständigen Behörden zu diesem Zweck wirksam zusammenarbeiten. Stellt der Mitgliedstaat keine Visa aus, sollte er dem betreffenden Drittstaatsangehörigen eine gleichwertige Erlaubnis erteilen, die ihm die Einreise ermöglicht.

(31)

Auf dem Aufenthaltstitel sollte die Rechtsstellung des betreffenden Drittstaatsangehörigen angegeben sein. Die Mitgliedstaaten sollten zusätzliche Informationen in Papierform angeben oder elektronisch speichern können, sofern dies nicht mit zusätzlichen Bedingungen verbunden ist.

(32)

Die Gültigkeitsdauer des jeweiligen Aufenthaltstitels gemäß dieser Richtlinie sollte sich nach der besonderen Art des Aufenthalts der Gruppe der Drittstaatsangehörigen richten, die unter diese Richtlinie fallen.

(33)

Die Mitgliedstaaten sollten festlegen dürfen, dass die gesamte Aufenthaltsdauer von Studenten auf die Höchststudiendauer nach nationalem Recht beschränkt ist. In dieser Hinsicht könnte die Höchststudiendauer auch die Möglichkeit umfassen, die Studiendauer zu verlängern, um ein oder mehrere Studienjahre zu wiederholen, sofern dies im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen ist.

(34)

Die Mitgliedstaaten sollten eine Gebühr für die Bearbeitung von Anträgen auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels und von Mitteilungen verlangen können. Die Gebühren sollten nicht unverhältnismäßig oder übermäßig hoch sein, damit sie den Zielen dieser Richtlinie nicht entgegenstehen.

(35)

Die den in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Drittstaatsangehörigen eingeräumten Rechte sollten unabhängig davon, in welcher Form die Aufenthaltstitel von den einzelnen Mitgliedstaaten ausgestellt werden, die gleichen sein.

(36)

Es sollte möglich sein, die Zulassung für die in dieser Richtlinie festgelegten Zwecke aus besonderen Gründen abzulehnen. Insbesondere sollte die Möglichkeit bestehen, die Zulassung zu verweigern, falls ein Mitgliedstaat auf der Grundlage einer auf Tatsachen gestützten Beurteilung in einem konkreten Einzelfall und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu der Auffassung gelangt, dass der betreffende Drittstaatsangehörige eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit darstellt.

(37)

Mit dieser Richtlinie sollen weder die Zulassung und der Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Beschäftigungszwecken geregelt noch das nationale Recht oder die Gepflogenheiten in Bezug auf die Rechtsstellung von Arbeitnehmern harmonisiert werden. Dennoch ist es möglich, dass in einigen Mitgliedstaaten bestimmte Gruppen von Drittstaatsangehörigen, die unter diese Richtlinie fallen, auf der Grundlage nationalen Rechts, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten als in einem Beschäftigungsverhältnis stehende Personen betrachtet werden. Gelangt ein Mitgliedstaat zu der Auffassung, dass Forscher, Freiwillige, Praktikanten oder Au-pair-Kräfte aus einem Drittstaat in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, sollte dieser Mitgliedstaat das Recht behalten, die Anzahl der Zulassungen für die betreffende Gruppe oder die betreffenden Gruppen im Einklang mit Artikel 79 Absatz 5 AEUV festzulegen.

(38)

Beantragt ein Forscher, Freiwilliger, Praktikant oder eine Au-pair-Kraft die Zulassung für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Mitgliedstaat, sollte dieser Mitgliedstaat die Möglichkeit haben, eine Prüfung durchzuführen, die nachweist, dass eine Stelle nicht mit den auf dem heimischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitskräften besetzt werden kann.

(39)

Für Studenten sollten keine Zulassungsquoten gelten, weil sie — auch wenn sie während ihres Studiums gemäß den Bedingungen dieser Richtlinie arbeiten dürfen — die Zulassung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats anstreben, um als Haupttätigkeit ein Vollzeitstudienprogramm zu absolvieren, das ein Pflichtpraktikum umfassen kann.

(40)

Beantragt ein Forscher, Freiwilliger, Praktikant oder eine Au-pair-Kraft nach seiner Zulassung in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats die Verlängerung seines Aufenthaltstitels für die Aufnahme oder Fortsetzung eines Beschäftigungsverhältnisses in dem betreffenden Mitgliedstaat — mit Ausnahme von Forschern, die ihr Beschäftigungsverhältnis mit der gleichen aufnehmenden Einrichtung fortsetzen —, so sollte es diesem Mitgliedstaat möglich sein, eine Prüfung durchzuführen, die nachweist, dass eine Stelle nicht mit den auf dem heimischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitskräften besetzt werden kann.

(41)

Bestehen Zweifel an den Antragsgründen, sollten die Mitgliedstaaten angemessene Prüfungen durchführen oder Nachweise verlangen können, um im Einzelfall die Pläne des Antragstellers in Bezug auf Forschung, Studium, Praktikum, Freiwilligendienst, Schüleraustausch, Bildungsvorhaben oder Au-pair-Tätigkeit zu bewerten und dem Missbrauch und der falschen Anwendung des in dieser Richtlinie festgelegten Verfahrens vorzubeugen.

(42)

Sind die übermittelten Angaben unvollständig, sollten die Mitgliedstaaten dem Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist mitteilen, welche zusätzlichen Informationen erforderlich sind, und eine angemessene Frist für deren Vorlage festlegen. Werden die Zusatzinformationen nicht fristgerecht erteilt, so kann der Antrag abgelehnt werden.

(43)

Die nationalen Behörden sollten dem Antragsteller die Entscheidung über den Antrag mitteilen. Dies sollte so bald wie möglich, spätestens jedoch innerhalb des in dieser Richtlinie festgelegten Zeitraums schriftlich erfolgen.

(44)

Mit dieser Richtlinie soll die Mobilität von Forschern und Studenten innerhalb der Union erleichtert werden, indem u. a. der Verwaltungsaufwand, der mit der Mobilität in Bezug auf mehrere Mitgliedstaaten verbunden ist, verringert wird. Zu diesem Zweck wird mit dieser Richtlinie eine spezifische Regelung für die Mobilität innerhalb der Union eingeführt, nach der ein Drittstaatsangehöriger, der über einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitel zu Forschungs- und Studienzwecken verfügt, berechtigt ist, im Einklang mit den Mobilitätsbestimmungen dieser Richtlinie in einen oder mehrere zweite Mitgliedstaaten einzureisen, sich dort aufzuhalten und einen Teil seiner Forschungstätigkeit oder seines Studium durchzuführen bzw. zu absolvieren.

(45)

Damit Forscher zu Forschungszwecken problemlos von einer Forschungseinrichtung zu einer anderen wechseln können, sollten sie sich im Rahmen ihrer kurzfristigen Mobilität für eine Dauer von bis zu 180 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 360 Tagen je Mitgliedstaat im zweiten Mitgliedstaat aufhalten dürfen. Die langfristige Mobilität von Forschern sollte Aufenthalte in einem Mitgliedstaat oder mehreren zweiten Mitgliedstaaten für eine Dauer von mehr als 180 Tagen je Mitgliedstaat umfassen. Familienangehörige sollten berechtigt sein, den Forscher während der Inanspruchnahme der Mobilität zu begleiten. Das Verfahren für ihre Mobilität sollte an das Verfahren für die Mobilität des Forschers, den sie begleiten, angepasst werden.

(46)

Damit die Kontinuität des Studiums von Studenten, die an einem Unions- oder multilateralen Programm teilnehmen oder für die eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, sichergestellt wird, sollte für Studenten in dieser Richtlinie eine Mobilität in Bezug auf einen oder mehrere zweite Mitgliedstaaten für eine Dauer von bis zu 360 Tagen je Mitgliedstaat vorgesehen werden.

(47)

Wenn ein Forscher oder Student auf der Grundlage eines Mitteilungsverfahrens in einen zweiten Mitgliedstaat umzieht und ein Dokument erforderlich ist, um ihm den Zugang zu Dienstleistungen und Rechten zu erleichtern, sollte der zweite Mitgliedstaat dem Forscher oder Studenten ein Dokument ausstellen können, in dem bescheinigt wird, dass der Forscher oder Student berechtigt ist, sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats aufzuhalten. Ein solches Dokument sollte keine zusätzliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme der in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte sein und sollte nur deklaratorischen Charakter haben.

(48)

Zwar sollten mit der spezifischen Mobilitätsregelung im Rahmen dieser Richtlinie eigenständige Regeln für die Einreise zu Forschungs- und Studienzwecken in andere Mitgliedstaaten als den Mitgliedstaat, der den ursprünglichen Aufenthaltstitel ausgestellt hat, und den dortigen Aufenthalt festgelegt werden, jedoch sollten alle anderen in den einschlägigen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands festgelegten Regeln für das Überschreiten von Grenzen durch Personen weiterhin gelten.

(49)

Wird ein Aufenthaltstitel von einem Mitgliedstaat ausgestellt, der den Schengen-Besitzstand nicht uneingeschränkt anwendet, und wird von dem Forscher, seinen Familienangehörigen oder dem Studenten im Rahmen der Mobilität innerhalb der Union eine Außengrenze im Sinne der Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) überschritten, so sollte ein Mitgliedstaat berechtigt sein, einen Nachweis darüber zu verlangen, dass der Forscher oder der Student zu Forschungs- oder Studienzwecken in sein Hoheitsgebiet einreist oder die Familienangehörigen in sein Hoheitsgebiet einreisen, um den Forscher im Rahmen der Mobilität zu begleiten. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten, die den Schengen-Besitzstand uneingeschränkt anwenden, beim Überschreiten einer Außengrenze im Sinne der Verordnung (EU) 2016/399 das Schengener Informationssystem konsultieren und die Einreise verweigern oder die Mobilität ablehnen, wenn es sich um eine Person handelt, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) in diesem System zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben ist.

(50)

Im Rahmen dieser Richtlinie sollte es zweiten Mitgliedstaaten gestattet sein, zu verlangen, dass Forscher oder Studenten, die auf der Grundlage eines vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels zuziehen und die Bedingungen für die Mobilität nicht oder nicht mehr erfüllen, ihr Hoheitsgebiet verlassen. Verfügt der Forscher oder Student über einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel, sollte der zweite Mitgliedstaat die Möglichkeit haben, im Einklang mit der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (11) von diesem Forscher oder Studenten zu verlangen, in diesen ersten Mitgliedstaat zurückzukehren. Ist die Mobilität vom zweiten Mitgliedstaat auf der Grundlage des vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels gestattet worden und ist dieser Aufenthaltstitel während der Inanspruchnahme der Mobilität entzogen worden oder abgelaufen, sollte der zweite Mitgliedstaat die Möglichkeit haben zu beschließen, den Forscher oder Studenten im Einklang mit der Richtlinie 2008/115/EG in einen Drittstaat zurückzuführen, oder den ersten Mitgliedstaat zu ersuchen, unverzüglich die Wiedereinreise des Forschers oder Studenten in sein Hoheitsgebiet zu gestatten. Im zweiten Fall sollte der erste Mitgliedstaat dem Forscher oder Studenten ein Dokument ausstellen, mit dem die Wiedereinreise in sein Hoheitsgebiet gestattet wird.

(51)

Die Maßnahmen und Bestimmungen der Union im Bereich Zuwanderung und die Maßnahmen und Programme der Union zur Förderung der Mobilität von Forschern und Studenten auf Unionsebene sollten einander ergänzen. Bei der Bestimmung der Gültigkeitsdauer der den Forschern und Studenten ausgestellten Aufenthaltstitel sollten die Mitgliedstaaten die geplante Mobilität in Bezug auf andere Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bestimmungen über die Mobilität berücksichtigen. Forscher und Studenten, die an einem Unions- oder multilateralen Programm, das Mobilitätsmaßnahmen einschließt, teilnehmen oder für die eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, sollten berechtigt sein, Aufenthaltstitel für mindestens zwei Jahre zu erhalten, sofern sie die einschlägigen Zulassungsbedingungen für diesen Zeitraum erfüllen.

(52)

Damit Studenten einen Teil der Kosten ihres Studiums decken und nach Möglichkeit praktische Erfahrungen sammeln können, sollten sie nach Maßgabe der in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen während ihres Studiums Zugang zum Arbeitsmarkt des Mitgliedstaats, in dem sie ihr Studium absolvieren, erhalten. Zu diesem Zweck sollte Studenten erlaubt werden, eine bestimmte Mindestanzahl an Stunden, die in dieser Richtlinie festgelegt wird, zu arbeiten. Der Grundsatz, dass Studenten Zugang zum Arbeitsmarkt haben, sollte zur allgemeinen Regel erhoben werden. Allerdings sollten die Mitgliedstaaten bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände die Möglichkeit erhalten, die Lage auf ihrem nationalen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen.

(53)

Da in Zukunft mehr hoch qualifizierte Arbeitskräfte gebraucht werden, sollten Studenten, die in der Union ihr Studium abschließen, die Möglichkeit haben, für einen in dieser Richtlinie festgelegten Zeitraum im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu bleiben, um dort eine Arbeit zu suchen oder ein Unternehmen zu gründen. Forscher sollten nach Abschluss der in der Aufnahmevereinbarung definierten Forschungstätigkeit ebenfalls diese Möglichkeit haben. Damit ihnen eine Aufenthaltserlaubnis zu diesem Zwecke ausgestellt wird, kann von Studenten und Forschern die Vorlage von Nachweisen gemäß den Anforderungen dieser Richtlinie verlangt werden. Sobald ihnen die Mitgliedstaaten eine solche Aufenthaltserlaubnis erteilt haben, werden sie nicht mehr als Forscher oder Studenten im Sinne dieser Richtlinie betrachtet. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, nach Ablauf eines in dieser Richtlinie festgelegten Mindestzeitraums zu überprüfen, ob sie begründete Aussichten auf eine Beschäftigung oder die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit haben. Diese Möglichkeit berührt nicht andere Meldepflichten, die im nationalen Recht für andere Zwecke festgelegt sind. Die Ausstellung eines Aufenthaltstitels zum Zwecke der Arbeitssuche oder der Gründung eines Unternehmens sollte jedoch nicht bedeuten, dass ein automatischer Anspruch auf Zugang zum Arbeitsmarkt oder zur Gründung eines Unternehmens besteht. Die Mitgliedstaaten sollten weiterhin das Recht haben, die Lage auf ihrem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen, wenn der Drittstaatsangehörige, dem ein Aufenthaltstitel für den Verbleib im Hoheitsgebiet zum Zwecke der Arbeitssuche oder der Gründung eines Unternehmens ausgestellt wurde, eine Arbeitserlaubnis für eine Stelle beantragt.

(54)

Die angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die unter diese Richtlinie fallen, sollte im Einklang mit Artikel 79 AEUV sichergestellt werden. Forscher sollten in Bezug auf Artikel 12 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 2011/98/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (12) wie Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats behandelt werden, wobei dieser Mitgliedstaat allerdings die Möglichkeit haben sollte, die Gleichbehandlung in bestimmten in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Fällen zu beschränken. Die Richtlinie 2011/98/EU, einschließlich der darin vorgesehenen Beschränkungen, sollte weiterhin für Studenten gelten. Die Richtlinie 2011/98/EU sollte für Praktikanten, Freiwillige und Au-pair-Kräfte gelten, sofern sie in dem betreffenden Mitgliedstaat als in einem Beschäftigungsverhältnis stehend betrachtet werden. Praktikanten, Freiwillige und Au-pair-Kräfte, sofern sie in dem betreffenden Mitgliedstaat als nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehend betrachtet werden, sowie Schüler sollten in Bezug auf ein Minimum an Rechten, das in der vorliegenden Richtlinie festgelegt ist, wie Staatsangehörige des betreffenden Mitgliedstaats behandelt werden. Dies gilt auch für den Zugang zu Waren und Dienstleistungen, der sich jedoch nicht auf Beihilfen oder Darlehen für das Studium oder die Berufsbildung erstreckt.

(55)

Die Gleichbehandlung, die Forschern und Studenten sowie Praktikanten, Freiwilligen und Au-pair-Kräften gewährt wird, sofern sie in dem betreffenden Mitgliedstaat als in einem Beschäftigungsverhältnis stehend betrachtet werden, erstreckt sich auch auf die Zweige der sozialen Sicherheit, die in Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) aufgeführt sind. Diese Richtlinie bewirkt keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die soziale Sicherheit. Sie ist auf die Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung im Bereich der sozialen Sicherheit auf Drittstaatsangehörige, die in ihren Anwendungsbereich fallen, beschränkt. Des Weiteren werden mit dieser Richtlinie keine Rechte in Situationen gewährt, die nicht in den Geltungsbereich des Unionsrechts fallen, wie beispielsweise in Bezug auf Familienangehörige, die sich in einem Drittstaat aufhalten. Hiervon unberührt bleiben sollten jedoch gegebenenfalls die Rechte von Hinterbliebenen, die von einem Drittstaatsangehörigen, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung ableiten, wenn sie in einem Drittstaat wohnhaft sind.

(56)

In vielen Mitgliedstaaten wird das Recht auf Familienleistungen von einer gewissen Verbindung zu dem Mitgliedstaat abhängig gemacht, da mit den Leistungen eine positive demografische Entwicklung gefördert werden soll, um sicherzustellen, dass es in diesem Mitgliedstaat auch künftig genug Arbeitskräfte gibt. Diese Richtlinie sollte daher das Recht der Mitgliedstaaten, die Gleichbehandlung in Bezug auf Familienleistungen unter bestimmten Bedingungen einzuschränken, wenn sich der Forscher und die ihn begleitenden Familienangehörigen vorübergehend in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, nicht berühren.

(57)

Im Falle der Mobilität zwischen Mitgliedstaaten findet die Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) Anwendung. Diese Richtlinie sollte Drittstaatsangehörigen mit grenzüberschreitenden Belangen in mehreren Mitgliedstaaten nicht mehr Ansprüche der sozialen Sicherheit gewähren als die, die im bestehenden Unionsrecht bereits vorgesehen sind.

(58)

Die Anwendung dieser Richtlinie sollte etwaige günstigere Vorschriften, die im Unionsrecht und in anwendbaren internationalen Übereinkommen enthalten sind, unberührt lassen.

(59)

Bei der Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß dieser Richtlinie sollten die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats das in der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates (15) festgelegte einheitliche Muster verwenden.

(60)

Jeder Mitgliedstaat sollte sicherstellen, dass der Öffentlichkeit insbesondere über das Internet geeignete und regelmäßig aktualisierte Informationen über die zu den Zwecken dieser Richtlinie zugelassenen aufnehmenden Einrichtungen und über die Bedingungen und Verfahren für die zu den Zwecken dieser Richtlinie erfolgende Zulassung von Drittstaatsangehörigen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden.

(61)

Diese Richtlinie wahrt im Einklang mit Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) die Grundrechte und Grundsätze, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(62)

Die Mitgliedstaaten sollten diese Richtlinie ohne Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der genetischen Merkmale, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung umsetzen.

(63)

Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu Erläuternde Dokumente (16) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen innerstaatlicher Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.

(64)

Da das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme, nämlich die Festlegung der Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zu Forschungs- und Studienzwecken oder zur Teilnahme an einem Praktikum oder am Europäischen Freiwilligendienst als verbindliche Bestimmungen sowie zur Teilnahme an einem Schüleraustausch oder einem anderen Freiwilligendienst als dem Europäischen Freiwilligendienst oder zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit als fakultative Bestimmungen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs oder seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(65)

Nach den Artikeln 1 und 2 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligen sich diese Mitgliedstaaten nicht an der Annahme dieser Richtlinie und sind weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(66)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie und ist weder durch diese Richtlinie gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(67)

Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu den Richtlinien 2004/114/EG und 2005/71/EG inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus diesen Richtlinien.

(68)

Die vorliegende Richtlinie sollte die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung der Richtlinien gemäß Anhang I Teil B in nationales Recht und des Zeitpunkts ihrer Anwendung unberührt lassen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Diese Richtlinie legt fest:

a)

die Bedingungen für die Einreise von Drittstaatsangehörigen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten und für den dortigen Aufenthalt für einen Zeitraum von mehr als 90 Tagen zu Forschungs- oder Studienwecken oder zur Absolvierung eines Praktikums oder zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst im Europäischen Freiwilligendienst sowie — wenn Mitgliedstaaten dies beschließen — zur Teilnahme an einem Schüleraustauschprogramm oder einem Bildungsvorhaben, einem anderen Freiwilligendienst als dem Europäischen Freiwilligendienst oder zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit sowie ihre Rechte und gegebenenfalls die ihrer Familienangehörigen;

b)

die Bedingungen für die Einreise der unter Buchstabe a genannten Forscher, sowie gegebenenfalls ihrer Familienangehörigen, und Studenten in andere Mitgliedstaaten als den ersten Mitgliedstaat, der dem Drittstaatsangehörigen auf der Grundlage dieser Richtlinie einen Aufenthaltstitel ausstellt, und für den dortigen Aufenthalt sowie ihre Rechte.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Richtlinie findet Anwendung auf Drittstaatsangehörige, die zu Forschungs-, Studien- oder Ausbildungszwecken oder zur Teilnahme an einem Freiwilligendienst im Europäischen Freiwilligendienst einen Antrag auf Zulassung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellen oder die Zulassung erhalten haben. Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, die Bestimmungen dieser Richtlinie auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die die Zulassung zur Teilnahme an einem Schüleraustauschprogramm oder einem Bildungsvorhaben, einem anderen Freiwilligendienst als dem Europäischen Freiwilligendienst oder zur Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit beantragen.

(2)   Diese Richtlinie findet keine Anwendung auf Drittstaatsangehörige,

a)

die um internationalen Schutz ersuchen oder die in einem Mitgliedstaat internationalen Schutz gemäß Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (17) genießen oder die vorübergehenden Schutz gemäß der Richtlinie 2001/55/EG des Rates (18) genießen;

b)

deren Abschiebung aus faktischen oder rechtlichen Gründen ausgesetzt wurde;

c)

die Familienangehörige von Unionsbürgern sind, die ihr Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Gemeinschaft ausgeübt haben;

d)

die in einem Mitgliedstaat über die Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigte im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates (19) verfügen;

e)

die zusammen mit ihren Familienangehörigen — ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit — aufgrund von Übereinkommen zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten und Drittstaaten oder zwischen der Union und Drittstaaten ein Recht auf Freizügigkeit genießen, das dem der Unionsbürger gleichwertig ist;

f)

die als Trainees im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers auf der Grundlage der Richtlinie 2014/66/EU in die Union einreisen;

g)

die als hochqualifizierte Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 2009/50/EG des Rates (20) zugelassen werden.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Drittstaatsangehörige“ Personen, die nicht Unionsbürger im Sinne von Artikel 20 Absatz 1 AEUV sind;

2.

„Forscher“ Drittstaatsangehörige, die über einen Doktorgrad oder einen geeigneten Hochschulabschluss, der diesem Drittstaatsangehörigen den Zugang zu Doktoratsprogrammen ermöglicht, verfügen und von einer Forschungseinrichtung ausgewählt und in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen werden, um eine Forschungstätigkeit, für die normalerweise ein solcher Abschluss erforderlich ist, auszuüben;

3.

„Studenten“ Drittstaatsangehörige, die an einer höheren Bildungseinrichtung angenommen und in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wurden, um als Haupttätigkeit ein Vollzeitstudienprogramm zu absolvieren, das zu einem von diesem Mitgliedstaat anerkannten höheren Abschluss wie einem Diplom, Zertifikat oder Doktorgrad von höheren Bildungseinrichtungen führt, einschließlich Vorbereitungskursen für diese Studien gemäß dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats oder eines Pflichtpraktikums;

4.

„Schüler“ Drittstaatsangehörige, die in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wurden, um im Rahmen eines Schüleraustauschprogramms oder eines Bildungsvorhabens, das von einer Bildungseinrichtung im Einklang mit dem nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis des betreffenden Mitgliedstaats durchgeführt wird, ein anerkanntes staatliches oder regionales Bildungsprogramm im Sekundarbereich zu absolvieren, das der Stufe 2 oder 3 der internationalen Standardklassifikation für das Bildungswesen entspricht;

5.

„Praktikanten“ Drittstaatsangehörige, die über einen Hochschulabschluss verfügen oder die in einem Drittland ein Studium absolvieren, das zu einem Hochschulabschluss führt, und die in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wurden, um sich im Rahmen eines Praktikums Wissen, praktische Kenntnisse und Erfahrungen in einem beruflichen Umfeld anzueignen;

6.

„Freiwillige“ Drittstaatsangehörige, die in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wurden, um an einem Freiwilligendienst teilzunehmen;

7.

„Freiwilligendienst“ ein Programm praktischer solidarischer Tätigkeit, das sich auf eine von dem betreffenden Mitgliedstaat oder der Union anerkannte Regelung stützt, Ziele von allgemeinem Interesse ohne Gewinnabsicht verfolgt und bei dem die Tätigkeiten nicht vergütet werden, mit Ausnahme der Erstattung von Auslagen und/oder eines Taschengelds;

8.

„Au-pair-Kräfte“ Drittstaatsangehörige, die in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wurden, damit sie vorübergehend in einer Familie untergebracht werden, um ihre Sprachkenntnisse und ihr Wissen über den betreffenden Mitgliedstaat zu verbessern, und dafür leichte Hausarbeit verrichten und Kinder betreuen;

9.

„Forschung“ systematisch betriebene, schöpferische Arbeit mit dem Zweck der Erweiterung des Wissensstands, einschließlich der Erkenntnisse über den Menschen, die Kultur und die Gesellschaft, sowie der Einsatz dieses Wissens mit dem Ziel, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden;

10.

„Forschungseinrichtung“ jede öffentliche oder private Einrichtung, die Forschung betreibt;

11.

„Bildungseinrichtung“ eine öffentliche oder private Einrichtung des Sekundarbereichs, die von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannt ist oder deren Studienprogramme gemäß dem nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis auf der Grundlage transparenter Kriterien anerkannt sind und die an einem Schüleraustauschprogramm oder Bildungsvorhaben zu den in dieser Richtlinie genannten Zwecken teilnimmt;

12.

„Bildungsvorhaben“ eine Reihe von Bildungsmaßnahmen, die von einer Bildungseinrichtung eines Mitgliedstaats in Zusammenarbeit mit ähnlichen Einrichtungen in einem Drittstaat zum Zwecke des Kultur- und Wissensaustauschs entwickelt wurden;

13.

„Hochschuleinrichtung“ jede Art von Hochschuleinrichtung, die nach nationalem Recht des betreffenden Mitgliedstaats anerkannt oder als solche eingestuft ist, und an der gemäß dem nationalen Recht oder den Gepflogenheiten anerkannte akademische Grade oder andere anerkannte Qualifikationen der Tertiärstufe erworben werden können, ungeachtet ihrer jeweiligen Bezeichnung, oder jede Einrichtung, die gemäß dem nationalen Recht oder den Gepflogenheiten berufliche Aus- oder Weiterbildung der Tertiärstufe anbietet;

14.

„aufnehmende Einrichtung“ eine Forschungseinrichtung, eine Hochschuleinrichtung, eine Bildungseinrichtung, eine für einen Freiwilligendienst zuständige Organisation oder eine Praktikanten aufnehmende Einrichtung, der der Drittstaatsangehörige für die Zwecke dieser Richtlinie zugewiesen wird und die, ungeachtet ihrer Rechtsform, im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats ansässig ist;

15.

„Gastfamilie“ die Familie, die die Au-pair-Kraft vorübergehend aufnimmt und sie an ihrem Familienalltag im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auf der Grundlage einer zwischen dieser Familie und der Au-pair-Kraft geschlossenen Vereinbarung teilhaben lässt;

16.

„Beschäftigung“ die Ausübung von Tätigkeiten für einen Arbeitgeber oder nach dessen Weisung oder unter dessen Aufsicht, die nach nationalem Recht oder geltenden Tarifverträgen oder im Einklang mit den Gepflogenheiten als eine Form der Arbeit geregelt sind;

17.

„Arbeitgeber“ jede natürliche oder juristische Person, für die oder nach deren Weisung oder unter deren Aufsicht die Beschäftigung erfolgt;

18.

„erster Mitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, der als erster einem Drittstaatsangehörigen einen Aufenthaltstitel auf der Grundlage dieser Richtlinie ausstellt;

19.

„zweiter Mitgliedstaat“ jeden anderen als den ersten Mitgliedstaat;

20.

„Unions- oder multilaterale Programme mit Mobilitätsmaßnahmen“ von der Union oder den Mitgliedstaaten finanzierte Programme, die Mobilität von Drittstaatsangehörigen in der Union oder in den an den jeweiligen Programmen beteiligten Mitgliedstaaten fördern;

21.

„Aufenthaltstitel“ eine Aufenthaltserlaubnis oder — falls im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen — ein Visum für den längerfristigen Aufenthalt, die bzw. das zum Zwecke dieser Richtlinie ausgestellt wird;

22.

„Aufenthaltserlaubnis“ einen Aufenthaltstitel, der im Format gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 erteilt wird und ihren Inhaber zum rechtmäßigen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats berechtigt;

23.

„Visum für den längerfristigen Aufenthalt“ einen Aufenthaltstitel, der von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 18 des Schengener Durchführungsübereinkommens (21) oder gemäß dem nationalen Recht eines den Schengen-Besitzstand nicht vollständig anwendenden Mitgliedstaats erteilt wird;

24.

„Familienangehörige“ Drittstaatsangehörige im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Richtlinie 2003/86/EG.

Artikel 4

Günstigere Bestimmungen

(1)   Die Richtlinie berührt nicht günstigere Bestimmungen in

a)

bilateralen oder multilateralen Übereinkünften zwischen der Union oder der Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und einem Drittstaat oder mehreren Drittstaaten andererseits oder

b)

bilateralen oder multilateralen Übereinkünften zwischen einem Mitgliedstaat oder mehreren Mitgliedstaaten und einem Drittstaat oder mehreren Drittstaaten.

(2)   Diese Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, in Bezug auf die Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 18, 22, 23, 24, 25, 26, 34 und 35 günstigere Bestimmungen für Drittstaatsangehörige, auf die diese Richtlinie Anwendung findet, beizubehalten oder einzuführen.

KAPITEL II

ZULASSUNG

Artikel 5

Grundsätze

(1)   Ein Drittstaatsangehöriger wird nach dieser Richtlinie nur dann zugelassen, wenn sich nach Prüfung der Dokumente zeigt, dass der Drittstaatsangehörige folgende Bedingungen erfüllt:

a)

die allgemeinen Bedingungen des Artikels 7; und

b)

die einschlägigen besonderen Bedingungen der Artikel 8, 11, 12, 13, 14 oder 16.

(2)   Die Mitgliedstaaten können von dem Antragsteller verlangen, dass er die Unterlagen nach Absatz 1 in einer Amtssprache des betreffenden Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

(3)   Wenn alle allgemeinen und einschlägigen besonderen Bedingungen erfüllt sind, hat der Drittstaatsangehörige Anspruch auf einen Aufenthaltstitel.

Wenn ein Mitgliedstaat lediglich in seinem Hoheitsgebiet Aufenthaltserlaubnisse erteilt und sämtliche Zulassungsbedingungen dieser Richtlinie erfüllt sind, stellt der betreffende Mitgliedstaat dem Drittstaatsangehörigen das erforderliche Visum aus.

Artikel 6

Anzahl der Zulassungen

Die Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, im Einklang mit Artikel 79 Absatz 5 AEUV festzulegen, wie viele in Artikel 2 Absatz 1 dieser Richtlinie genannte Drittstaatsangehörige — mit Ausnahme von Studenten — in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, wenn der betreffende Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass diese ein Beschäftigungsverhältnis eingegangen sind oder eingehen werden. Auf dieser Grundlage kann ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel entweder als unzulässig angesehen oder abgelehnt werden.

Artikel 7

Allgemeine Bedingungen

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen gemäß dieser Richtlinie muss der Antragsteller

a)

ein nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats gültiges Reisedokument und erforderlichenfalls einen Visumantrag oder ein gültiges Visum oder gegebenenfalls eine gültige Aufenthaltserlaubnis oder ein gültiges Visum für den längerfristigen Aufenthalt vorlegen; die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Geltungsdauer des Reisedokuments mindestens die Dauer des geplanten Aufenthalts abdeckt;

b)

wenn der Drittstaatsangehörige nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats minderjährig ist, eine Erlaubnis der Eltern oder ein gleichwertiges Dokument für den geplanten Aufenthalt vorlegen;

c)

Nachweise darüber vorlegen, dass der Drittstaatsangehörige über eine Krankenversicherung verfügt oder — falls dies im nationalen Recht vorgesehen ist — eine Krankenversicherung beantragt hat, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind. Die Versicherung muss für die Dauer des geplanten Aufenthalts gültig sein;

d)

auf Verlangen des Mitgliedstaats einen Nachweis über die Zahlung der in Artikel 36 vorgesehenen Gebühr für die Bearbeitung des Antrags erbringen;

e)

den vom betreffenden Mitgliedstaat verlangten Nachweis erbringen, dass der Drittstaatsangehörige während seines geplanten Aufenthalts über die nötigen Mittel zur Deckung der Kosten für seinen Unterhalt, ohne Inanspruchnahme des Sozialhilfesystems des betreffenden Mitgliedstaats, und über die Kosten für die Rückreise verfügt. Die Beurteilung der Frage, ob die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, stützt sich auf eine Einzelfallprüfung und berücksichtigt die Mittel, die u. a. aus einem Stipendium, einem gültigen Arbeitsvertrag oder einem verbindlichen Arbeitsplatzangebot oder einer finanziellen Verpflichtung einer für den Schüleraustausch, die Aufnahme von Praktikanten oder den Freiwilligendienst zuständigen Organisation, einer Gastfamilie oder einer Au-pair-Vermittlungsstelle stammen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können dem Antragsteller vorschreiben, dass er die Anschrift des betreffenden Drittstaatsangehörigen in ihrem Hoheitsgebiet angibt.

Wird im nationalen Recht eines Mitgliedstaats zum Zeitpunkt der Antragstellung die Angabe einer Anschrift verlangt, und der betreffende Drittstaatsangehörige kennt seine künftige Anschrift noch nicht, akzeptieren die Mitgliedstaaten auch die Angabe einer vorübergehenden Anschrift. In diesem Fall gibt der Drittstaatsangehörige seine ständige Anschrift spätestens zum Zeitpunkt der Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach Artikel 17 an.

(3)   Die Mitgliedstaaten können einen Referenzbetrag für die „nötigen Mittel“ nach Absatz 1 Buchstabe e angeben. Die Beurteilung der Frage, ob die nötigen Mittel zur Verfügung stehen, stützt sich auf eine Einzelfallprüfung.

(4)   Der Antrag wird gestellt und geprüft, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige sich entweder außerhalb des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats aufhält, in das der Drittstaatsangehörige zugelassen werden möchte, oder wenn sich der Drittstaatsangehörige bereits mit einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder einem Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats aufhält.

Abweichend hiervon kann ein Mitgliedstaat im Einklang mit seinem nationalen Recht den Antrag eines Drittstaatsangehörigen annehmen, der nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt ist, der sich aber rechtmäßig im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats aufhält.

(5)   Die Mitgliedstaaten legen fest, ob der Antrag von dem Drittstaatsangehörigen, von der aufnehmenden Einrichtung oder von jedem der beiden zu stellen ist.

(6)   Drittstaatsangehörigen, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit angesehen werden, ist die Zulassung zu verweigern.

Artikel 8

Besondere Bedingungen für Forscher

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zu Forschungszwecken muss der Antragsteller zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 eine Aufnahmevereinbarung oder, falls dies im nationalen Recht vorgesehen ist, einen Vertrag im Einklang mit Artikel 10 vorlegen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können nach ihrem nationalen Recht eine schriftliche Zusage der Forschungseinrichtung verlangen, in der sich diese Forschungseinrichtung verpflichtet, in den Fällen, in denen der Forscher illegal im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats verbleibt, die aus öffentlichen Mitteln bestrittenen Kosten seines Aufenthalts und seiner Rückführung zu erstatten. Die finanzielle Haftung der Forschungseinrichtung endet spätestens sechs Monate nach dem Ende der Aufnahmevereinbarung.

Wird das Aufenthaltsrecht des Forschers im Einklang mit den Bestimmungen des Artikels 25 verlängert, ist die Haftung der Forschungseinrichtung gemäß Unterabsatz 1 dieses Absatzes bis zum Beginn der Gültigkeit der Aufenthaltserlaubnis zu Zwecken der Arbeitssuche oder der Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit befristet.

(3)   Ein Mitgliedstaat, der ein Zulassungsverfahren für Forschungseinrichtungen nach Artikel 9 eingeführt hat, befreit Antragsteller von der Pflicht, eine oder mehrere der in Absatz 2 dieses Artikels oder unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben c, d oder e oder Artikel 7 Absatz 2 genannten Dokumente oder Nachweise vorzulegen, wenn die Drittstaatsangehörigen von einer zugelassenen Forschungseinrichtung aufgenommen werden.

Artikel 9

Zulassung von Forschungseinrichtungen

(1)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, für öffentliche und/oder private Forschungseinrichtungen, die einen Forscher im Rahmen des in dieser Richtlinie vorgesehenen Zulassungsverfahrens aufnehmen möchten, ein Zulassungsverfahren vorzusehen.

(2)   Die Zulassung der Forschungseinrichtungen erfolgt nach den im nationalen Recht oder in der Verwaltungspraxis des betreffenden Mitgliedstaats festgelegten Verfahren. Anträge auf Zulassung von Forschungseinrichtungen werden nach diesen Verfahren gestellt und stützen sich auf ihre gesetzlichen Aufgaben beziehungsweise gegebenenfalls deren Gründungszweck und den Nachweis, dass sie Forschung betreiben.

Die Zulassung einer Forschungseinrichtung gilt für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren. In Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten eine Zulassung für einen kürzeren Zeitraum erteilen.

(3)   Ein Mitgliedstaat kann unter anderem die Verlängerung der Zulassung einer Forschungseinrichtung verweigern oder entscheiden, die Zulassung zu entziehen, wenn

a)

die Forschungseinrichtung die in Absatz 2 dieses Artikels, Artikel 8 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 7 aufgeführten Bedingungen nicht mehr erfüllt,

b)

die Zulassung betrügerisch erlangt wurde oder

c)

eine Forschungseinrichtung eine Aufnahmevereinbarung mit einem Drittstaatsangehörigen betrügerisch oder fahrlässig geschlossen hat.

Wurde die Verlängerung der Zulassung verweigert oder die Zulassung entzogen, kann die betreffende Einrichtung für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Entscheidung über die Nichtverlängerung oder Entziehung der Zulassung von einem neuen Antrag auf Zulassung ausgeschlossen werden.

Artikel 10

Aufnahmevereinbarung

(1)   Eine Forschungseinrichtung, die einen Drittstaatsangehörigen zu Forschungszwecken aufnehmen möchte, schließt mit diesem eine Aufnahmevereinbarung. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass Verträge, die die in Absatz 2 und gegebenenfalls die in Absatz 3 aufgeführten Elemente enthalten, für die Zwecke dieser Richtlinie als den Aufnahmevereinbarungen gleichwertig gelten.

(2)   Die Aufnahmevereinbarung enthält Folgendes:

a)

die Bezeichnung oder den Zweck der Forschungstätigkeit oder das Forschungsgebiet;

b)

die Zusage des Drittstaatsangehörigen, dass er sich bemühen wird, die Forschungstätigkeit abzuschließen;

c)

die Zusage der Forschungseinrichtung, dass sie den Drittstaatsangehörigen aufnimmt, so dass dieser die Forschungstätigkeit abschließen kann;

d)

Start- und Abschlusstermin oder veranschlagte Dauer der Forschungstätigkeit;

e)

Angaben zur beabsichtigten Mobilität in einen weiteren Mitgliedstaat oder mehrere weitere Mitgliedstaaten, falls dies zum Zeitpunkt der Antragstellung im ersten Mitgliedstaat bekannt ist.

(3)   Die Mitgliedstaaten können außerdem verlangen, dass die Aufnahmevereinbarung Folgendes enthält:

a)

Angaben zum Rechtsverhältnis zwischen der Forschungseinrichtung und dem Forscher;

b)

Angaben zu den Arbeitsbedingungen des Forschers.

(4)   Eine Forschungseinrichtung kann eine Aufnahmevereinbarung nur dann schließen, wenn die Forschungstätigkeit von den zuständigen Organen der Einrichtung nach Prüfung folgender Faktoren gebilligt wurde:

a)

Zweck und veranschlagte Dauer der Forschungstätigkeit und Verfügbarkeit der für ihre Durchführung erforderlichen Finanzmittel;

b)

Qualifikationen des Drittstaatsangehörigen im Hinblick auf die Forschungsziele; die Qualifikationen sind durch eine beglaubigte Kopie derselben nachzuweisen.

(5)   Die Aufnahmevereinbarung endet automatisch, wenn der Drittstaatsangehörige nicht in den Mitgliedstaat zugelassen wird oder wenn das Rechtsverhältnis zwischen dem Forscher und der Forschungseinrichtung beendet wird.

(6)   Die Forschungseinrichtung unterrichtet die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats unverzüglich über jedes Ereignis, das die Durchführung der Aufnahmevereinbarung verhindern könnte.

(7)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Forschungseinrichtung den zu diesem Zweck benannten zuständigen Behörden innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf einer Aufnahmevereinbarung eine Bestätigung übermittelt, dass die Forschungstätigkeit durchgeführt worden ist.

(8)   Die Mitgliedstaaten können in ihrem nationalen Recht festlegen, welche Folgen die Entziehung der Zulassung oder die Verweigerung der Verlängerung der Zulassung für die bestehenden, nach diesem Artikel geschlossenen Aufnahmevereinbarungen und für die Aufenthaltstitel der betroffenen Forscher hat.

Artikel 11

Besondere Bedingungen für Studenten

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zu Studienzwecken gemäß dieser Richtlinie muss der Antragsteller zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7

a)

nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige von einer Hochschuleinrichtung zu einem Studium zugelassen worden ist;

b)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass die von der Hochschuleinrichtung geforderten Gebühren entrichtet worden sind;

c)

auf Verlangen des Mitgliedstaats hinreichende Kenntnisse der Sprache nachweisen, in der das Studienprogramm, an dem der Drittstaatsangehörige teilnehmen möchte, erteilt wird;

d)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige über die nötigen Mittel verfügt, um die Kosten für das Studium zu tragen.

(2)   Für Drittstaatsangehörige, die mit ihrer Einschreibung bei einer Hochschuleinrichtung automatisch über eine Krankenversicherung verfügen, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise in dem betreffenden Mitgliedstaat für die eigenen Staatsangehörigen abgedeckt sind, gilt die Vermutung, dass sie die Bedingung des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c erfüllen.

(3)   Ein Mitgliedstaat, der ein Zulassungsverfahren für Hochschuleinrichtungen nach Artikel 15 eingeführt hat, befreit die Antragsteller von der Pflicht, ein oder mehrere der in Absatz 1 Buchstaben b, c oder d dieses Artikels oder Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d oder Artikel 7 Absatz 2 genannten Dokumente vorzulegen, wenn die Drittstaatsangehörigen von einer zugelassenen Hochschuleinrichtung aufgenommen werden.

Artikel 12

Besondere Bedingungen für Schüler

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zwecks Teilnahme an einem Schüleraustauschprogramm oder einem Bildungsvorhaben gemäß dieser Richtlinie muss der Antragsteller zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 nachweisen,

a)

dass der Drittstaatsangehörige weder das von dem betreffenden Mitgliedstaat festgelegte Mindestalter unter- und das festgelegte Höchstalter überschreitet noch die festgelegte Klassenstufe unter- und überschreitet;

b)

dass er an einer Bildungseinrichtung angenommen worden ist;

c)

dass er an einem anerkannten staatlichen oder regionalen Bildungsprogramm im Rahmen eines Schüleraustauschprogramms oder eines Bildungsvorhabens teilnimmt, das von einer Bildungseinrichtung im Einklang mit dem nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis durchgeführt wird;

d)

dass die Bildungseinrichtung oder — falls im nationalen Recht vorgesehen — ein Dritter während des gesamten Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats die Verantwortung für den Drittstaatsangehörigen übernimmt, insbesondere was die Unterrichtskosten anbelangt;

e)

dass der Drittstaatsangehörige während des gesamten Aufenthalts in einer Familie oder einer speziellen der Bildungseinrichtung angeschlossenen Unterkunft oder — soweit im nationalen Recht vorgesehen — einer anderen Einrichtung untergebracht ist, die die Bedingungen des betreffenden Mitgliedstaats erfüllt und nach den Vorschriften für das Schüleraustauschprogramm oder das Bildungsvorhaben, an dem der Drittstaatsangehörige teilnimmt, ausgewählt wurde.

(2)   Die Mitgliedstaaten können die Zulassung von Schülern, die an einem Schüleraustauschprogramm oder einem Bildungsvorhaben teilnehmen, auf Staatsangehörige von Drittstaaten beschränken, die ihren eigenen Staatsangehörigen ebenfalls eine solche Möglichkeit einräumen.

Artikel 13

Besondere Bedingungen für Praktikanten

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zwecks Teilnahme an einem Praktikum gemäß dieser Richtlinie muss der Antragsteller zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7

a)

eine Vereinbarung mit einer aufnehmenden Einrichtung über die Teilnahme an einem Praktikum vorlegen, die theoretische und praktische Schulungsmaßnahmen vorsieht. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass diese Praktikumsvereinbarung durch die zuständige Behörde genehmigt wird und dass die Bedingungen, unter denen die Vereinbarung geschlossen worden ist, die Anforderungen des nationalen Rechts oder von Tarifverträgen erfüllen oder im Einklang mit den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats stehen. Die Praktikumsvereinbarung enthält:

i)

eine Beschreibung des Programms für das Praktikum einschließlich des Bildungsziels oder der Lernkomponenten,

ii)

die Dauer des Praktikums,

iii)

die Bedingungen der Tätigkeit und der Betreuung des Praktikanten,

iv)

die Arbeitszeiten des Praktikanten und

v)

das Rechtsverhältnis zwischen dem Praktikanten und der aufnehmenden Einrichtung;

b)

nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige in den zwei Jahren vor dem Datum der Antragstellung einen Hochschulabschluss erlangt hat oder ein Studium absolviert, das zu einem Hochschulabschluss führt;

c)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige während des Aufenthalts über die nötigen Mittel verfügt, um die Kosten für das Praktikum zu tragen;

d)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige an einer Sprachausbildung teilgenommen hat oder teilnehmen wird, um die erforderlichen Kenntnisse für die Absolvierung des Praktikums zu erwerben;

e)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass die aufnehmende Einrichtung die Verantwortung für den Drittstaatsangehörigen während des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats übernimmt, insbesondere für die Kosten für Unterhalt und Unterkunft;

f)

falls der Drittstaatsangehörige während seines Aufenthalts durch die aufnehmende Einrichtung untergebracht wird, auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass die Unterkunft die Bedingungen des betreffenden Mitgliedstaats erfüllt.

(2)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass das Praktikum den gleichen Bereich wie der in Absatz 1 Buchstabe b genannte Hochschulabschluss bzw. das dort genannte Studium betrifft und dem gleichen Qualifikationsniveau entspricht.

(3)   Die Mitgliedstaaten können von der aufnehmenden Einrichtung verlangen zu belegen, dass die Praktikumsstelle keinen Arbeitsplatz ersetzt.

(4)   Die Mitgliedstaaten können nach ihrem nationalen Recht eine schriftliche Zusage der aufnehmenden Einrichtung verlangen, in der sie sich verpflichtet, in den Fällen, in denen ein Praktikant illegal im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats verbleibt, die aus öffentlichen Mitteln bestrittenen Kosten des Aufenthalts und der Rückführung zu erstatten. Die finanzielle Haftung der aufnehmenden Einrichtung endet spätestens sechs Monate nach dem Ende der Praktikumsvereinbarung.

Artikel 14

Besondere Bedingungen für Freiwillige

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zum Zwecke der Teilnahme an einem Freiwilligendienst gemäß dieser Richtlinie muss der Antragsteller zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7

a)

eine Vereinbarung mit der aufnehmenden Einrichtung oder — falls im nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehen — einer anderen Stelle vorlegen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat für den Freiwilligendienst zuständig ist, an dem der Drittstaatsangehörige teilnimmt. Die Vereinbarung enthält:

i)

eine Beschreibung des Freiwilligendienstes,

ii)

die Dauer des Freiwilligendienstes,

iii)

die Bedingungen der Tätigkeit und der Betreuung des Freiwilligen,

iv)

die Dienstzeiten des Freiwilligen,

v)

die zur Verfügung stehenden Mittel für die Kosten für Unterhalt und Unterkunft des Drittstaatsangehörigen sowie einen Mindestbetrag als Taschengeld für die Dauer des Aufenthalts und

vi)

gegebenenfalls die Ausbildung, die der Drittstaatsangehörige erhält, damit er die Aufgaben des Freiwilligendienstes ordnungsgemäß durchführen kann;

b)

falls der Drittstaatsangehörige während des Aufenthalts durch die aufnehmende Einrichtung untergebracht wird, auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass die Unterkunft die Bedingungen des betreffenden Mitgliedstaats erfüllt;

c)

nachweisen, dass die aufnehmende Einrichtung oder — falls im nationalen Recht vorgesehen — eine andere Stelle, die für den Freiwilligendienstzuständig ist, eine Haftpflichtversicherung für die Tätigkeiten des Drittstaatsangehörigen abgeschlossen hat;

d)

auf Verlangen des Mitgliedstaats nachweisen, dass der Drittstaatsangehörige an einer Einführung in Sprache und Geschichte sowie in die politischen und sozialen Strukturen dieses Mitgliedstaats teilgenommen hat oder teilnehmen wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten können unbeschadet der Vorschriften für den Europäischen Freiwilligendienst ein Mindest- und ein Höchstalter für Drittstaatsangehörige festlegen, die die Zulassung zwecks Teilnahme an einem Freiwilligendienst beantragen.

(3)   Freiwillige, die an dem Europäischen Freiwilligendienst teilnehmen, brauchen keinen Nachweis nach Absatz 1 Buchstabe c und gegebenenfalls Buchstabe d vorzulegen.

Artikel 15

Zulassung von Hochschuleinrichtungen, Bildungseinrichtungen, für Freiwilligendienste zuständigen Organisationen oder Praktikanten aufnehmenden Einrichtungen

(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten beschließen, für Hochschuleinrichtungen, Bildungseinrichtungen, für Freiwilligendienste zuständige Organisationen oder Praktikanten aufnehmende Einrichtungen ein Zulassungsverfahren vorzusehen.

(2)   Die Zulassung erfolgt nach den im nationalen Recht oder der Verwaltungspraxis des betreffenden Mitgliedstaats festgelegten Verfahren.

(3)   Beschließt ein Mitgliedstaat, ein Zulassungsverfahren gemäß den Absätzen 1 und 2 einzuführen, muss er den betreffenden aufnehmenden Einrichtungen klare und transparente Informationen bereitstellen, die sich u. a. auf die Bedingungen und Kriterien für die Zulassung, die Gültigkeitsdauer, die Folgen der Nichteinhaltung der Vorgaben, einschließlich der Entziehung der Zulassung oder der Verweigerung ihrer Verlängerung, sowie alle anwendbaren Sanktionen beziehen.

Artikel 16

Besondere Bedingungen für Au-pair-Kräfte

(1)   In Bezug auf die Zulassung eines Drittstaatsangehörigen zwecks Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit gemäß dieser Richtlinie muss der Drittstaatsangehörige zusätzlich zu den allgemeinen Bedingungen des Artikels 7

a)

eine Vereinbarung zwischen dem Drittstaatsangehörigen und der Gastfamilie vorlegen, in der die Rechte und Pflichten des Drittstaatsangehörigen als Au-pair-Kraft, einschließlich der Einzelheiten zu dem ihm zustehenden Taschengeld, geeignete Bestimmungen, die der Au-pair-Kraft die Teilnahme an Kursen ermöglichen, und die maximale Stundenzahl für die häuslichen Pflichten, festgelegt sind;

b)

zwischen 18 und 30 Jahren alt sein. In Ausnahmefällen können die Mitgliedstaaten auch Drittstaatsangehörige als Au-pair-Kräfte zulassen, die das Höchstalter überschreiten;

c)

nachweisen, dass die Gastfamilie oder eine Au-pair-Vermittlungsstelle, soweit im nationalen Recht vorgesehen, die Verantwortung für den Drittstaatsangehörigen während des gesamten Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats übernimmt, insbesondere für Unterhaltskosten, Unterkunft und bei Unfallrisiken.

(2)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass ein Drittstaatsangehöriger, der die Zulassung als Au-pair-Kraft beantragt, folgende Nachweise erbringt:

a)

Grundkenntnisse der Sprache des betreffenden Mitgliedstaats oder

b)

den Abschluss einer Sekundarschule, Berufsqualifikationen oder gegebenenfalls nach nationalem Recht einen Nachweis darüber, dass er die Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Berufs erfüllt.

(3)   Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass die Vermittlung von Au-pair-Kräften ausschließlich von einer Au-pair-Vermittlungsstelle nach den Bedingungen des nationalen Rechts vorgenommen werden darf.

(4)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Angehörigen der Gastfamilie eine andere Staatsangehörigkeit haben als der Drittstaatsangehörige, der die Zulassung zwecks Ausübung einer Au-pair-Tätigkeit beantragt, und darüber hinaus keine familiäre Bindung zu dem betreffenden Drittstaatsangehörigen haben.

(5)   Die Höchstzahl von Stunden pro Woche einer Au-pair-Tätigkeit ist auf 25 Stunden beschränkt. Die Au-pair-Kräfte müssen mindestens einen Tag pro Woche von ihren Au-pair-Pflichten befreit sein.

(6)   Die Mitgliedstaaten können einen Mindestbetrag festsetzen, der den Au-pair-Kräften als Taschengeld zu zahlen ist.

KAPITEL III

AUFENTHALTSTITEL UND AUFENTHALTSDAUER

Artikel 17

Aufenthaltstitel

(1)   Wird der Aufenthaltstitel in Form einer Aufenthaltserlaubnis ausgestellt, verwenden die Mitgliedstaaten das in der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 festgelegte Muster und tragen in die Aufenthaltserlaubnis den Begriff „Forscher“, „Student“, „Schüler“, „Praktikant“, „Freiwilliger“ oder „Au-pair-Kraft“ ein.

(2)   Wird der Aufenthaltstitel in Form eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt ausgestellt, tragen die Mitgliedstaaten im Feld „Anmerkungen“ auf der Visummarke einen Hinweis ein, aus dem hervorgeht, dass das Visum einem „Forscher“, „Studenten“, „Schüler“, „Praktikanten“, „Freiwilligen“ oder einer „Au-pair-Kraft“ erteilt wird.

(3)   Bei Forschern oder Studenten, die im Rahmen eines bestimmten Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder im Rahmen einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehr anerkannten Hochschuleinrichtungen in die Union reisen, wird das betreffende Programm oder die Vereinbarung auf dem Aufenthaltstitel angegeben.

(4)   Wird einem Forscher der Aufenthaltstitel für langfristige Mobilität in Form einer Aufenthaltserlaubnis ausgestellt, verwenden die Mitgliedstaaten das in der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 festgelegte Muster und tragen in der Aufenthaltserlaubnis „Forscher-Mobilität“ ein. Wird einem Forscher der Aufenthaltstitel für langfristige Mobilität in Form eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt ausgestellt, tragen die Mitgliedstaaten im Feld „Anmerkungen“ auf der Visummarke „Forscher-Mobilität“ ein.

Artikel 18

Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels

(1)   Ein Aufenthaltstitel für Forscher wird für mindestens ein Jahr oder für die Dauer der Aufnahmevereinbarung ausgestellt, wenn diese kürzer ist. Der Aufenthaltstitel wird verlängert, wenn Artikel 21 keine Anwendung findet.

Ein Aufenthaltstitel für Forscher, die an einem bestimmten Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen, wird für mindestens zwei Jahre oder für die Dauer der Aufnahmevereinbarung ausgestellt, wenn diese kürzer ist. Werden die allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 nicht für die gesamten zwei Jahre oder für die gesamte Dauer der Aufnahmevereinbarung erfüllt, gilt Unterabsatz 1 dieses Absatzes. Die Mitgliedstaaten behalten das Recht, nachzuprüfen, ob die Gründe für die Entziehung nach Artikel 21 nicht zutreffen.

(2)   Ein Aufenthaltstitel für Studenten wird für mindestens ein Jahr oder für die Studiendauer ausgestellt, wenn diese kürzer ist. Der Aufenthaltstitel wird verlängert, wenn Artikel 21 keine Anwendung findet.

Ein Aufenthaltstitel für Studenten, die an einem bestimmten Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für die eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, wird für mindestens zwei Jahre oder für die Studiendauer ausgestellt, wenn diese kürzer ist. Werden die allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 nicht für die gesamten zwei Jahre oder für die gesamte Studiendauer erfüllt, gilt Unterabsatz 1 dieses Absatzes. Die Mitgliedstaaten behalten das Recht, nachzuprüfen, ob die Gründe für die Entziehung nach Artikel 21 nicht zutreffen.

(3)   Die Mitgliedstaaten können festlegen, dass die gesamte Aufenthaltsdauer zu Studienzwecken auf die Höchststudiendauer nach nationalem Recht beschränkt ist.

(4)   Ein Aufenthaltstitel für Schüler wird für die Dauer des Schüleraustauschprogramms oder Bildungsvorhabens, wenn diese weniger als ein Jahr beträgt, oder für höchstens ein Jahr ausgestellt. Die Mitgliedstaaten können beschließen, die einmalige Verlängerung des Aufenthaltstitels um die zum Abschluss des Schüleraustauschprogramms oder des Bildungsvorhabens erforderliche Dauer zuzulassen, wenn Artikel 21 keine Anwendung findet.

(5)   Ein Aufenthaltstitel für Au-pair-Kräfte wird für die Dauer der Vereinbarung mit der Gastfamilie, wenn diese weniger als ein Jahr beträgt, oder für höchstens ein Jahr ausgestellt. Die Mitgliedstaaten können beschließen, die einmalige Verlängerung des Aufenthaltstitels um höchstens sechs Monate zuzulassen, wenn die Gastfamilie einen begründeten Antrag gestellt hat und Artikel 21 keine Anwendung findet.

(6)   Ein Aufenthaltstitel für Praktikanten wird für die Dauer der Praktikumsvereinbarung, wenn diese weniger als sechs Monate beträgt, oder für höchstens sechs Monate ausgestellt. Wenn die Vereinbarung länger als sechs Monate dauert, kann der Aufenthaltstitel gemäß dem nationalen Recht für den entsprechenden Zeitraum ausgestellt werden.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, die einmalige Verlängerung des Aufenthaltstitels um die zum Abschluss des Praktikums erforderliche Dauer zuzulassen, wenn Artikel 21 keine Anwendung findet.

(7)   Ein Aufenthaltstitel für Freiwillige wird für die Dauer der in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a genannten Vereinbarung, wenn diese weniger als ein Jahr beträgt, oder für höchstens ein Jahr ausgestellt. Wenn die Vereinbarung länger als ein Jahr dauert, kann der Aufenthaltstitel gemäß dem nationalen Recht für den entsprechenden Zeitraum ausgestellt werden.

(8)   Beträgt die Gültigkeitsdauer des Reisedokuments des betreffenden Drittstaatsangehörigen weniger als ein Jahr oder weniger als zwei Jahre in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Fällen, können die Mitgliedstaaten festlegen, dass die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels nicht über die Gültigkeitsdauer des Reisedokuments hinaus geht.

(9)   Wenn die Mitgliedstaaten Einreise und Aufenthalt im ersten Jahr auf der Grundlage eines Visums für den längerfristigen Aufenthalt zulassen, muss ein Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf des Visums für den längerfristigen Aufenthalt eingereicht werden. Die Aufenthaltserlaubnis wird ausgestellt, wenn Artikel 21 keine Anwendung findet.

Artikel 19

Zusätzliche Informationen

(1)   Die Mitgliedstaaten können nach Maßgabe des Artikels 4 der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 und Buchstabe a Nummer 16 ihres Anhangs zusätzliche Informationen in Papierform angeben oder elektronisch speichern. Diese Informationen können sich auf den Aufenthalt und — in den in Artikel 24 dieser Richtlinie genannten Fällen — auf die Erwerbstätigkeit des Studenten beziehen und insbesondere eine vollständige Liste der Mitgliedstaaten enthalten, in denen sich der Forscher oder der Student im Rahmen der Mobilität aufhalten will, oder einschlägige Informationen über ein bestimmtes Unions- oder multilaterales Programm mit Mobilitätsmaßnahmen oder eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr anerkannten Hochschuleinrichtungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus festlegen, dass die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Informationen gemäß Nummer 12 des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates (22) in dem Visum für den längerfristigen Aufenthalt eingetragen werden.

KAPITEL IV

GRÜNDE FÜR DIE ABLEHNUNG, ENTZIEHUNG ODER NICHTVERLÄNGERUNG EINES AUFENTHALTSTITELS

Artikel 20

Ablehnungsgründe

(1)   Die Mitgliedstaaten lehnen einen Antrag ab, wenn

a)

die allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 oder die einschlägigen besonderen Bedingungen der Artikel 8, 11, 12, 13, 14 oder 16 nicht erfüllt sind;

b)

die vorgelegten Dokumente auf betrügerische Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden;

c)

der betreffende Mitgliedstaat eine Zulassung ausschließlich durch eine zugelassene aufnehmende Einrichtung genehmigt und die aufnehmende Einrichtung nicht zugelassen ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag ablehnen, wenn

a)

die aufnehmende Einrichtung, eine andere Stelle gemäß Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a, ein Dritter gemäß Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d, die Gastfamilie oder die Au-pair-Vermittlungsstelle ihren rechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf Sozialversicherung, Steuern, Arbeitsrecht oder Arbeitsbedingungen nicht nachgekommen ist;

b)

soweit einschlägig, die Beschäftigungsbedingungen nach nationalem Recht, gemäß Tarifverträgen oder den Gepflogenheiten in dem betreffenden Mitgliedstaat durch die aufnehmende Einrichtung oder die Gastfamilie, die den Drittstaatsangehörigen beschäftigen wird, nicht erfüllt werden;

c)

gegen die aufnehmende Einrichtung, eine andere Stelle nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a, einen Dritten nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d, die Gastfamilie oder die Au-pair-Vermittlungsstelle nach nationalem Recht Sanktionen wegen nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit oder illegaler Beschäftigung verhängt wurden;

d)

die aufnehmende Einrichtung hauptsächlich zu dem Zweck gegründet wurde oder betrieben wird, die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, zu erleichtern;

e)

sich gegebenenfalls die Geschäftstätigkeit der aufnehmenden Einrichtung gemäß den nationalen Insolvenzgesetzen in Abwicklung befindet oder abgewickelt worden ist oder wenn keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird;

f)

der Mitgliedstaat Beweise oder ernsthafte und sachliche Anhaltspunkte dafür hat, dass der Drittstaatsangehörige seinen Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzen würde als jene, für die er die Zulassung beantragt.

(3)   Beantragt ein Drittstaatsangehöriger die Zulassung für die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Mitgliedstaat, so kann dieser Mitgliedstaat überprüfen, ob die entsprechende Stelle durch Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats oder durch andere Unionsbürger beziehungsweise durch Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in diesem Mitgliedstaat aufhalten, besetzt werden könnte; trifft dies zu, kann er den Antrag ablehnen. Dieser Absatz berührt nicht den Grundsatz der Präferenz für Unionsbürger, wie er in den einschlägigen Bestimmungen der einschlägigen Beitrittsakten formuliert ist.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 1 muss jede Entscheidung, einen Antrag abzulehnen, die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einhalten.

Artikel 21

Gründe für die Entziehung oder Nichtverlängerung von Aufenthaltstiteln

(1)   Die Mitgliedstaaten entziehen einen Aufenthaltstitel oder verweigern gegebenenfalls eine Verlängerung, wenn

a)

der Drittstaatsangehörige die allgemeinen Bedingungen des Artikels 7 — mit Ausnahme des Absatzes 6 — oder die einschlägigen besonderen Bedingungen der Artikel 8, 11, 12, 13, 14, 16 oder die Bedingungen des Artikels 18 nicht mehr erfüllt;

b)

der Aufenthaltstitel oder die vorgelegten Dokumente auf betrügerische Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden;

c)

der betreffende Mitgliedstaat eine Zulassung ausschließlich durch eine zugelassene aufnehmende Einrichtung genehmigt und die aufnehmende Einrichtung nicht zugelassen ist.

d)

der Drittstaatsangehörige seinen Aufenthalt zu anderen Zwecken nutzt als jene, für die der Drittstaatsangehörige zum Aufenthalt zugelassen wurde.

(2)   Die Mitgliedstaaten können einen Aufenthaltstitel entziehen oder seine Verlängerung verweigern, wenn

a)

die aufnehmende Einrichtung, eine andere Stelle nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a, ein Dritter nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d, die Gastfamilie oder die Au-pair-Vermittlungsstelle ihren rechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf Sozialversicherung, Steuern, Arbeitsrecht oder Arbeitsbedingungen nicht nachgekommen ist;

b)

soweit einschlägig, die Beschäftigungsbedingungen nach nationalem Recht, gemäß Tarifverträgen oder den Gepflogenheiten in dem betreffenden Mitgliedstaat durch die aufnehmende Einrichtung oder die Gastfamilie, die den Drittstaatsangehörigen beschäftigt, nicht erfüllt werden;

c)

gegen die aufnehmende Einrichtung, eine andere Stelle nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a, einen Dritten nach Artikel 12 Buchstabe d, die Gastfamilie oder die Au-pair-Vermittlungsstelle nach nationalem Recht des betreffenden Mitgliedstaats Sanktionen wegen nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit oder illegaler Beschäftigung verhängt wurden;

d)

die aufnehmende Einrichtung hauptsächlich zu dem Zweck gegründet wurde oder betrieben wird, die Einreise von Drittstaatsangehörigen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, zu erleichtern;

e)

sich gegebenenfalls die Geschäftstätigkeit der aufnehmenden Einrichtung gemäß den nationalen Insolvenzgesetzen in Abwicklung befindet oder abgewickelt worden ist oder wenn keine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird;

f)

bei Studenten die zeitlichen Beschränkungen des Zugangs zur Erwerbstätigkeit gemäß Artikel 24 nicht eingehalten werden oder wenn der Student keine ausreichenden Studienfortschritte nach Maßgabe des nationalen Rechts oder der nationalen Verwaltungspraxis macht.

(3)   Im Falle einer Entziehung kann ein Mitgliedstaat bei der Beurteilung, ob keine ausreichenden Studienfortschritte gemäß Absatz 2 Buchstabe f erzielt wurden, mit der aufnehmenden Einrichtung Rücksprache halten.

(4)   Die Mitgliedstaaten können Aufenthaltstitel aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit entziehen oder die Verlängerung ihrer Gültigkeitsdauer aus diesen Gründen verweigern.

(5)   Beantragt ein Drittstaatsangehöriger die Verlängerung des Aufenthaltstitels für die Aufnahme oder Fortsetzung eines Beschäftigungsverhältnisses in einem Mitgliedstaat — mit Ausnahme eines Forschers, der sein Beschäftigungsverhältnis mit der gleichen aufnehmenden Einrichtung fortsetzt —, so kann dieser Mitgliedstaat überprüfen, ob die entsprechende Stelle durch Staatsangehörige dieses Mitgliedstaats oder durch andere Unionsbürger beziehungsweise durch Drittstaatsangehörige, die in diesem Mitgliedstaat langfristig aufenthaltsberechtigt sind, besetzt werden könnte; trifft dies zu, kann die Verlängerung des Aufenthaltstitels verweigert werden. Dieser Absatz berührt nicht den Grundsatz der Präferenz für Unionsbürger, wie er in den einschlägigen Bestimmungen der einschlägigen Beitrittsakten formuliert ist.

(6)   Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, den Aufenthaltstitel eines Studenten im Einklang mit Absatz 2 Buchstaben a, c, d, oder e zu entziehen oder dessen Verlängerung zu verweigern, so kann der Student einen Antrag auf Aufnahme durch eine andere Hochschuleinrichtung einreichen, damit er dort in einem gleichwertigen Studiengang sein Studium abschließen kann. Dem Studenten wird der Verbleib im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats erlaubt, bis die zuständigen Behörden über den Antrag entschieden haben.

(7)   Unbeschadet des Absatzes 1 muss jede Entscheidung, einen Aufenthaltstitel zu entziehen oder dessen Verlängerung zu verweigern, die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.

KAPITEL V

RECHTE

Artikel 22

Gleichbehandlung

(1)   Forscher haben gemäß Artikel 12 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 2011/98/EU Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(2)   Die Mitgliedstaaten können die Gleichbehandlung der Forscher einschränken

a)

in Bezug auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2011/98/EU, indem sie Studien- und Unterhaltsbeihilfen und -darlehen oder andere Beihilfen und Darlehen ausschließen;

b)

in Bezug auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2011/98/EU, indem sie Familienleistungen für Forscher, denen für höchstens sechs Monate die Erlaubnis erteilt wurde, im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zu wohnen, verweigern;

c)

in Bezug auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2011/98/EU, indem sie seine Anwendung auf Fälle beschränken, in denen der eingetragene Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthaltsort der Familienangehörigen des Forschers, für die dieser Leistungen beansprucht, im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats liegt;

d)

in Bezug auf Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 2011/98/EU, indem sie den Zugang zu Wohnraum beschränken.

(3)   Praktikanten, Freiwillige und Au-pair-Kräfte, sofern sie in dem betreffenden Mitgliedstaat als in einem Beschäftigungsverhältnis stehend betrachtet werden, sowie Studenten haben gemäß Artikel 12 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 2011/98/EU vorbehaltlich der Beschränkungen nach Absatz 2 des vorgenannten Artikels Anspruch auf Gleichbehandlung mit den Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats.

(4)   Praktikanten, Freiwillige und Au-pair-Kräfte, sofern sie in dem betreffenden Mitgliedstaat als nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehend betrachtet werden, sowie Schüler haben Anspruch auf Gleichbehandlung gemäß dem nationalen Recht in Bezug auf den Zugang zu Waren und Dienstleistungen und zur Versorgung mit Waren und Dienstleistungen für die Öffentlichkeit, sowie gegebenenfalls in Bezug auf die Anerkennung von Diplomen, Zertifikaten und sonstigen Berufsqualifikationsnachweisen gemäß den einschlägigen nationalen Verfahren.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, ihnen in Bezug auf Verfahren zur Erlangung von Wohnraum und/oder Dienstleistungen, die durch öffentliche Arbeitsvermittlungsstellen nach Maßgabe des nationalen Rechts erbracht werden, keine Gleichbehandlung zu gewähren.

Artikel 23

Lehrtätigkeit von Forschern

Forscher dürfen zusätzlich zu ihrer Forschungstätigkeit eine Lehrtätigkeit nach nationalem Recht ausüben. Die Mitgliedstaaten können eine Höchstzahl von Stunden oder Tagen für die Lehrtätigkeit festlegen.

Artikel 24

Erwerbstätigkeit von Studenten

(1)   Außerhalb ihrer Studienzeiten sind Studenten vorbehaltlich der Regeln und Bedingungen für die jeweilige Tätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat berechtigt, eine Anstellung anzunehmen, und ihnen kann die Berechtigung erteilt werden, einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen; dabei gelten die Beschränkungen gemäß Absatz 3.

(2)   Falls erforderlich erteilen die Mitgliedstaaten den Studenten und/oder Arbeitgebern zuvor eine Erlaubnis nach nationalem Recht.

(3)   Jeder Mitgliedstaat legt fest, wie viele Stunden pro Woche oder wie viele Tage bzw. Monate pro Jahr eine solche Tätigkeit maximal ausgeübt werden darf; diese Obergrenze darf 15 Stunden pro Woche oder eine entsprechende Zahl von Tagen bzw. Monaten pro Jahr nicht unterschreiten. Dabei kann die Lage auf dem Arbeitsmarkt des betreffenden Mitgliedstaats berücksichtigt werden.

Artikel 25

Aufenthalt zum Zweck der Arbeitssuche oder Unternehmensgründung von Forschern und Studenten

(1)   Nach Abschluss ihrer Forschungstätigkeit oder ihres Studiums haben Forscher und Studenten die Möglichkeit, sich auf der Grundlage der in Absatz 3 dieses Artikels genannten Aufenthaltserlaubnis für einen Zeitraum von mindestens neun Monaten im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der einen Aufenthaltstitel nach Artikel 17 ausgestellt hat, aufzuhalten, um dort Arbeit zu suchen oder ein Unternehmen zu gründen.

(2)   Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass Studenten in ihrem Studium ein Mindestniveau erreicht haben müssen, damit dieser Artikel auf sie Anwendung findet. Dieses Niveau darf nicht höher als Niveau 7 des Europäischen Qualifikationsrahmens (23) sein.

(3)   Zum Zweck des Aufenthalts nach Absatz 1 erteilen die Mitgliedstaaten auf Antrag des Forschers oder des Studenten dem Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltserlaubnis gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002, sofern die Bedingungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e, des Artikels 7 Absatz 6 dieser Richtlinie und gegebenenfalls des Artikels 7 Absatz 2 weiterhin erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten verlangen von Forschern eine Bestätigung der Forschungseinrichtung über den Abschluss der Forschungstätigkeit oder von Studenten den Nachweis eines Hochschuldiploms, eines Zertifikates oder einen sonstigen Nachweis einer formellen Qualifikation. Gegebenenfalls, und sofern die Bestimmungen des Artikels 26 weiterhin erfüllt sind, wird die Aufenthaltserlaubnis gemäß des vorgenannten Artikels entsprechend verlängert.

(4)   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag nach diesem Artikel ablehnen, wenn

a)

die in Absatz 3 und gegebenenfalls in den Absätzen 2 und 5 festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind,

b)

die vorgelegten Dokumente auf betrügerische Weise erworben, gefälscht oder manipuliert wurden.

(5)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der Antrag des Forschers oder des Studenten und gegebenenfalls der Familienangehörigen des Forschers nach diesem Artikel mindestens 30 Tage vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des nach Artikel 17 oder 26 ausgestellten Aufenthaltstitels eingereicht wird.

(6)   Liegt der Nachweis über ein Hochschuldiplom, ein Zertifikat oder ein sonstiger Nachweis einer formellen Qualifikation oder die Bestätigung der Forschungseinrichtung über den Abschluss der Forschungstätigkeit nicht vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des nach Artikel 17 ausgestellten Aufenthaltstitels vor, und sind alle anderen Bedingungen erfüllt, so gestatten die Mitgliedstaaten dem Drittstaatsangehörigen im Einklang mit nationalem Recht den Verbleib in ihrem Hoheitsgebiet, damit er einen derartigen Nachweis innerhalb eines angemessenen Zeitraums vorlegen kann.

(7)   Frühestens drei Monate nach Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch den betreffenden Mitgliedstaat gemäß diesem Artikel kann dieser von den Drittstaatsangehörigen den Nachweis verlangen, dass sie begründete Aussichten auf eine Anstellung oder die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit haben.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Anstellung, die der Drittstaatsangehörige sucht, oder die selbständige Erwerbstätigkeit, die der Drittstaatsangehörige aufbaut, dem Niveau der abgeschlossenen Forschungsarbeiten oder des abgeschlossenen Studiums entspricht.

(8)   Sind die in den Absätzen 3 oder 7 genannten Bedingungen nicht mehr erfüllt, können die Mitgliedstaaten die Aufenthaltserlaubnis des Drittstaatsangehörigen und gegebenenfalls der Familienangehörigen im Einklang mit nationalem Recht entziehen.

(9)   Zweite Mitgliedstaaten können diesen Artikel auf Forscher und gegebenenfalls deren Familienangehörige oder auf Studenten anwenden, die sich im Hoheitsgebiet des betreffenden zweiten Mitgliedstaats gemäß Artikel 28, 29, 30 oder 31 aufhalten oder aufgehalten haben.

Artikel 26

Familienangehörige von Forschern

(1)   Für die Zwecke der Erteilung einer Erlaubnis an Familienangehörige von Forschern, dem Forscher in den ersten Mitgliedstaat oder — im Fall einer langfristigen Mobilität — in die zweiten Mitgliedstaaten nachzufolgen, wenden die Mitgliedstaaten die Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG mit den in diesem Artikel festgelegten Abweichungen an.

(2)   Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 8 der Richtlinie 2003/86/EG wird die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an Familienangehörige nicht von einer Mindestaufenthaltsdauer oder davon abhängig gemacht, dass der Forscher begründete Aussicht darauf haben muss, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen.

(3)   Abweichend von Artikel 4 Absatz 1 letzter Unterabsatz und Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 2003/86/EG dürfen die darin vorgesehenen Integrationskriterien und -maßnahmen erst angewandt werden, nachdem den betreffenden Personen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde.

(4)   Abweichend von Artikel 5 Absatz 4 erster Unterabsatz der Richtlinie 2003/86/EG erteilt ein Mitgliedstaat eine Aufenthaltserlaubnis an Familienangehörige innerhalb von 90 Tagen nach Eingang des vollständigen Antrags, wenn die Bedingungen für die Familienzusammenführung erfüllt sind. Die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats bearbeitet den Antrag für die Familienangehörigen gleichzeitig mit dem Antrag für den Forscher auf Zulassung oder langfristige Mobilität, wenn der Antrag für die Familienangehörigen gleichzeitig gestellt wurde. Den Familienangehörigen wird die Aufenthaltserlaubnis nur dann erteilt, wenn dem Forscher ein Aufenthaltstitel nach Artikel 17 ausgestellt wird.

(5)   Abweichend von Artikel 13 Absätze 2 und 3 der Richtlinie 2003/86/EG endet die Gültigkeitsdauer der Aufenthaltserlaubnis von Familienangehörigen in der Regel mit Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, der dem Forscher ausgestellt wurde. Dies gilt gegebenenfalls auch für Aufenthaltstitel, die Forschern zum Zwecke der Arbeitssuche oder Unternehmensgründung gemäß Artikel 25 ausgestellt wurden. Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass die Gültigkeitsdauer der Reisedokumente von Familienangehörigen mindestens die Dauer des geplanten Aufenthalts abdeckt.

(6)   Abweichend von Artikel 14 Absatz 2 Satz 2 der Richtlinie 2003/86/EG sehen der erste Mitgliedstaat oder — im Fall einer langfristigen Mobilität — die zweiten Mitgliedstaaten keine Frist für den Zugang von Familienangehörigen zum Arbeitsmarkt vor, es sei denn es liegen außergewöhnliche Umstände vor, etwa eine besonders hohe Arbeitslosigkeit.

KAPITEL VI

MOBILITÄT INNERHALB DER UNION

Artikel 27

Mobilität innerhalb der Union

(1)   Ein Drittstaatsangehöriger, der über einen gültigen Aufenthaltstitel verfügt, der vom ersten Mitgliedstaat zum Zwecke eines Studiums im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen oder zu Forschungszwecken ausgestellt wurde, darf auf der Grundlage dieses Aufenthaltstitels und eines gültigen Reisedokuments unter den Bedingungen der Artikel 28, 29 und 31 und vorbehaltlich des Artikels 32 in einen oder mehrere zweite Mitgliedstaaten einreisen und sich dort aufhalten, um dort einen Teil seines Studiums oder seiner Forschungstätigkeit zu absolvieren bzw. durchzuführen.

(2)   Während der Inanspruchnahme der Mobilität gemäß Absatz 1 dürfen in einem Mitgliedstaat oder in mehreren zweiten Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bedingungen gemäß Artikel 23 bzw. Artikel 24 Forscher neben ihrer Forschungstätigkeit eine Lehrtätigkeit ausüben und Studenten neben ihrem Studium arbeiten.

(3)   Wenn ein Forscher im Einklang mit Artikel 28 oder 29 in einen zweiten Mitgliedstaat umzieht, sind Familienangehörige, die über eine gemäß Artikel 26 erteilte Aufenthaltserlaubnis verfügen, berechtigt, ihn im Rahmen der Mobilität des Forschers unter den Bedingungen gemäß Artikel 30 zu begleiten.

Artikel 28

Kurzfristige Mobilität von Forschern

(1)   Forscher, die über einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel verfügen, sind berechtigt, sich zum Zwecke der Durchführung eines Teils ihrer Forschungstätigkeit in einer beliebigen Forschungseinrichtung in einem oder mehreren zweiten Mitgliedstaaten für eine Dauer von bis zu 180 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 360 Tagen je Mitgliedstaat aufzuhalten, vorbehaltlich der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen.

(2)   Der zweite Mitgliedstaat kann von dem Forscher, der Forschungseinrichtung im ersten Mitgliedstaat oder der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat verlangen, den zuständigen Behörden des ersten und des zweiten Mitgliedstaats die Absicht des Forschers, einen Teil seiner Forschungstätigkeit in der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat durchzuführen, mitzuteilen.

In diesen Fällen sieht der zweite Mitgliedstaat vor, dass die Mitteilung zu einem der nachstehenden Zeitpunkte erfolgt:

a)

zum Zeitpunkt der Antragstellung im ersten Mitgliedstaat, wenn die Mobilität in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat in diesem Stadium bereits geplant ist, oder

b)

sobald — nach Zulassung des Forschers in den ersten Mitgliedstaat — die beabsichtigte Mobilität in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat bekannt wird.

(3)   Ist die Mitteilung gemäß Absatz 2 Buchstabe a erfolgt und hat der zweite Mitgliedstaat beim ersten Mitgliedstaat keine Einwände nach Absatz 7 erhoben, so kann die Mobilität des Forschers in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat jederzeit innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels erfolgen.

(4)   Ist die Mitteilung gemäß Absatz 2 Buchstabe b erfolgt, so kann die Mobilität nach der Mitteilung an den zweiten Mitgliedstaat unverzüglich oder jederzeit danach innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels eingeleitet werden.

(5)   Der Mitteilung muss das gültige Reisedokument gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der vom ersten Mitgliedstaat ausgestellte gültige Aufenthaltstitel, der den Zeitraum der Mobilität abdeckt, beigefügt werden.

(6)   Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass zusammen mit der Mitteilung folgende Unterlagen und Informationen übermittelt werden:

a)

die Aufnahmevereinbarung im ersten Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 oder auf Verlangen des zweiten Mitgliedstaats die Aufnahmevereinbarung, die mit der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat geschlossen wurde;

b)

die geplante Dauer und die Daten der Inanspruchnahme der Mobilität, sofern dies nicht in der Aufnahmevereinbarung angegeben ist;

c)

der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c vorgesehene Nachweis, dass der Forscher über eine Krankenversicherung verfügt, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind;

d)

der Nachweis, dass der Forscher während seines Aufenthalts über die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e vorgesehenen nötigen Mittel zur Deckung der Kosten für seinen Unterhalt, ohne Inanspruchnahme des Sozialhilfesystems des betreffenden Mitgliedstaats, und über die Kosten für die Rückreise in den ersten Mitgliedstaat in den in Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe b genannten Fällen verfügt.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Mitteilende vor dem Beginn der Mobilität die Anschrift des betreffenden Forschers im Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats angibt.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Mitteilende die Unterlagen in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

(7)   Auf der Grundlage der Mitteilung nach Absatz 2 kann der zweite Mitgliedstaat gegen die Mobilität des Forschers in Bezug auf sein Hoheitsgebiet innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der vollständigen Mitteilung Einwände erheben, wenn

a)

die in Absatz 5 oder gegebenenfalls Absatz 6 genannten Bedingungen nicht erfüllt sind;

b)

einer der Ablehnungsgründe gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben b oder c oder Absatz 2 des vorgenannten Artikels vorliegt;

c)

die Höchstdauer des Aufenthalts gemäß Absatz 1 erreicht wurde.

(8)   Forscher, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betrachtet werden, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats einreisen oder sich dort aufhalten.

(9)   Die zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats unterrichten unverzüglich die zuständigen Behörden des ersten Mitgliedstaats und den Mitteilenden schriftlich über ihre Einwände gegen die Mobilität. Erhebt der zweite Mitgliedstaat Einwände nach Absatz 7 gegen die Mobilität und hat die Mobilität noch nicht stattgefunden, so erhält der Forscher nicht die Erlaubnis, einen Teil seiner Forschungstätigkeit in der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat durchzuführen. Hat die Mobilität bereits stattgefunden, so gilt Artikel 32 Absatz 4.

(10)   Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann der zweite Mitgliedstaat dem Forscher ein Dokument ausstellen, in dem bescheinigt wird, dass er berechtigt ist, sich in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten und die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte wahrzunehmen.

Artikel 29

Langfristige Mobilität von Forschern

(1)   In Bezug auf Forscher, die über einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel verfügen und beabsichtigen, sich für mehr als 180 Tage je Mitgliedstaat in einem oder mehreren zweiten Mitgliedstaaten aufzuhalten, um einen Teil ihrer Forschungstätigkeit in einer beliebigen Forschungseinrichtung durchzuführen, muss der zweite Mitgliedstaat entweder

a)

Artikel 28 anwenden und dem Forscher gestatten, sich auf der Grundlage des vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels während der Gültigkeitsdauer dieses Aufenthaltstitels in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten; oder

b)

das in den Absätzen 2 bis 7 vorgesehene Verfahren anwenden.

Der zweite Mitgliedstaat kann eine Höchstdauer für die langfristige Mobilität eines Forschers festlegen, die mindestens 360 Tage betragen muss.

(2)   Wird ein Antrag auf langfristige Mobilität gestellt, so gilt Folgendes:

a)

Der zweite Mitgliedstaat kann von dem Forscher, der Forschungseinrichtung im ersten Mitgliedstaat oder der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat die Übermittlung folgender Unterlagen verlangen:

i)

ein gültiges Reisedokument gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel;

ii)

den in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c vorgesehenen Nachweis, dass der Forscher über eine Krankenversicherung verfügt, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind;

iii)

der Nachweis, dass der Forscher während seines Aufenthalts über die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e vorgesehenen nötigen Mittel zur Deckung der Kosten für seinen Unterhalt, ohne Inanspruchnahme des Sozialhilfesystems des betreffenden Mitgliedstaats, und über die Kosten für die Rückreise in den ersten Mitgliedstaat in den in Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe b genannten Fällen verfügt;

iv)

die Aufnahmevereinbarung im ersten Mitgliedstaat gemäß Artikel 10 oder auf Verlangen des zweiten Mitgliedstaats die Aufnahmevereinbarung, die mit der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat geschlossen wurde;

v)

die geplante Dauer und die Daten der Inanspruchnahme der Mobilität, sofern dies nicht in den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen angegeben ist.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Antragsteller die Anschrift des Forschers in seinem Hoheitsgebiet angibt. Wird im nationalen Recht des zweiten Mitgliedstaats zum Zeitpunkt der Antragstellung die Angabe einer Anschrift verlangt, und der betreffende Forscher kennt seine künftige Anschrift noch nicht, akzeptiert dieser Mitgliedstaat auch die Angabe einer vorübergehenden Anschrift. In diesem Fall gibt der Forscher seine ständige Anschrift spätestens zum Zeitpunkt der Ausstellung des Aufenthaltstitels für die langfristige Mobilität an.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Antragsteller die Unterlagen in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

b)

Der zweite Mitgliedstaat trifft eine Entscheidung über den Antrag auf langfristige Mobilität und teilt die Entscheidung dem Antragsteller so bald wie möglich, spätestens aber 90 Tage nach dem Tag, an dem der vollständige Antrag den zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats vorgelegt wurde, schriftlich mit.

c)

Der Forscher ist nicht verpflichtet, für die Abgabe des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen, und unterliegt nicht der Visumpflicht.

d)

Dem Forscher wird gestattet, einen Teil der Forschungstätigkeit in der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat durchzuführen, bis die zuständigen Behörden über seinen Antrag auf langfristige Mobilität entschieden haben, sofern

i)

weder der in Artikel 28 Absatz 1 genannte Zeitraum noch die Gültigkeitsdauer des vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels abgelaufen ist und

ii)

falls der zweite Mitgliedstaat dies verlangt — der vollständige Antrag diesem Mitgliedstaat mindestens 30 Tage vor Beginn der langfristigen Mobilität des Forschers übermittelt worden ist.

e)

Ein Antrag auf langfristige Mobilität kann nicht zur gleichen Zeit wie eine Mitteilung im Hinblick auf kurzfristige Mobilität übermittelt werden. Falls sich nach dem Beginn der kurzfristigen Mobilität des Forschers das Erfordernis einer langfristigen Mobilität ergibt, kann der zweite Mitgliedstaat verlangen, dass der Antrag auf langfristige Mobilität mindestens 30 Tage vor Ablauf der kurzfristigen Mobilität übermittelt wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten können einen Antrag auf langfristige Mobilität ablehnen, wenn

a)

die in Absatz 2 Buchstabe a festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind;

b)

einer der Ablehnungsgründe gemäß Artikel 20, mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstabe a des vorgenannten Artikels, vorliegt;

c)

der Aufenthaltstitel des Forschers im ersten Mitgliedstaat während des Verfahrens abläuft; oder

d)

gegebenenfalls die Höchstdauer des Aufenthalts gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 erreicht wurde.

(4)   Forscher, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betrachtet werden, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats einreisen oder sich dort aufhalten.

(5)   Trifft der zweite Mitgliedstaat eine zustimmende Entscheidung über den Antrag auf langfristige Mobilität im Sinne des Absatzes 2 dieses Artikels, so wird dem Forscher ein Aufenthaltstitel gemäß Artikel 17 Absatz 4 ausgestellt. Der zweite Mitgliedstaat unterrichtet die zuständigen Behörden des ersten Mitgliedstaats im Fall der Ausstellung eines Aufenthaltstitels für langfristige Mobilität.

(6)   Der zweite Mitgliedstaat kann den Aufenthaltstitel für langfristige Mobilität entziehen, wenn

a)

die in Absatz 2 Buchstabe a oder Absatz 4 dieses Artikels genannten Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllt sind; oder

b)

einer der Gründe für die Entziehung gemäß Artikel 21, mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstabe a, Absatz 2 Buchstabe f, Absatz 3, Absatz 5 und Absatz 6 des vorgenannten Artikels, vorliegt.

(7)   Trifft ein Mitgliedstaat eine Entscheidung über die langfristige Mobilität, so gilt Artikel 34 Absätze 2 bis 5 entsprechend.

Artikel 30

Mobilität der Familienangehörigen von Forschern

(1)   Familienangehörige von Forschern, die über eine vom ersten Mitgliedstaat erteilte Aufenthaltserlaubnis verfügen, sind berechtigt, in einen oder mehrere zweite Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort aufzuhalten, um den Forscher zu begleiten.

(2)   Wenn der zweite Mitgliedstaat das Mitteilungsverfahren gemäß Artikel 28 Absatz 2 anwendet, verlangt er die Übermittlung folgender Unterlagen und Informationen:

a)

die gemäß Artikel 28 Absatz 5 und Absatz 6 Buchstaben b, c und d erforderlichen Unterlagen und Informationen zu den Familienangehörigen, die den Forscher begleiten;

b)

einen Nachweis, dass der Familienangehörige sich im Sinne des Artikels 26 als Angehöriger der Familie des Forschers im ersten Mitgliedstaat aufgehalten hat.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Mitteilende die Unterlagen in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

Der zweite Mitgliedstaat kann gegen die Mobilität des Familienangehörigen in Bezug auf sein Hoheitsgebiet Einwände erheben, wenn die im ersten Unterabsatz genannten Bedingungen nicht erfüllt sind. Für diese Familienangehörigen gilt Artikel 28 Absatz 7 Buchstaben b und c und Absatz 9 entsprechend.

(3)   Wenn der zweite Mitgliedstaat das in Artikel 29 Absatz 1 Buchstabe b genannte Verfahren anwendet, muss der Forscher oder der Familienangehörige des Forschers einen Antrag bei den zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats einreichen. Der zweite Mitgliedstaat verlangt, dass der Antragsteller die folgenden Unterlagen und Informationen zu den Familienangehörigen übermittelt:

a)

die gemäß Artikel 29 Absatz 2 Buchstabe a Ziffern i, ii, iii und v erforderlichen Unterlagen und Informationen zu den Familienangehörigen, die den Forscher begleiten;

b)

einen Nachweis, dass der Familienangehörige sich im Sinne des Artikels 26 als Angehöriger der Familie des Forschers im ersten Mitgliedstaat aufgehalten hat.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Antragsteller die Unterlagen in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

Der zweite Mitgliedstaat kann den Antrag auf langfristige Mobilität des Familienangehörigen in Bezug auf sein Hoheitsgebiet ablehnen, wenn die im ersten Unterabsatz genannten Bedingungen nicht erfüllt sind. Für diese Familienangehörigen gilt Artikel 29 Absatz 2 Buchstaben b und c, Absatz 3 Buchstaben b, c und d, Absatz 5, Absatz 6 Buchstabe b und Absatz 7 entsprechend.

Die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels für die langfristige Mobilität von Familienangehörigen endet in der Regel zum Datum des Ablaufs des vom zweiten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitels für den Forscher.

Der Aufenthaltstitel für die langfristige Mobilität von Familienangehörigen kann entzogen oder dessen Verlängerung verweigert werden, wenn der Aufenthaltstitel für die langfristige Mobilität des Forschers, den sie begleiten, entzogen oder dessen Verlängerung verweigert wird und sie über kein eigenständiges Aufenthaltsrecht verfügen.

(4)   Familienangehörige, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betrachtet werden, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats einreisen oder sich dort aufhalten.

Artikel 31

Mobilität von Studenten

(1)   Studenten, die über einen vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel verfügen und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für die eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, sind berechtigt, in einen oder mehrere zweite Mitgliedstaaten für eine Dauer von bis zu 360 Tagen je Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten, um dort einen Teil ihres Studiums in einer Hochschuleinrichtung zu absolvieren, vorbehaltlich der in den Absätzen 2 bis 10 genannten Bedingungen.

Ein Student, der nicht an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnimmt oder für den keine Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen gilt, muss für den zweiten Mitgliedstaat einen Antrag auf Genehmigung der Einreise und des Aufenthalts im Einklang mit den Artikeln 7 und 11 stellen, um dort einen Teil des Studiums in einer Hochschuleinrichtung absolvieren zu können.

(2)   Der zweite Mitgliedstaat kann von der Hochschuleinrichtung im ersten Mitgliedstaat, der Hochschuleinrichtung im zweiten Mitgliedstaat oder dem Studenten verlangen, den zuständigen Behörden des ersten und des zweiten Mitgliedstaats die Absicht des Studenten, einen Teil des Studiums in der Hochschuleinrichtung im zweiten Mitgliedstaat zu absolvieren, mitzuteilen.

In diesen Fällen sieht der zweite Mitgliedstaat vor, dass die Mitteilung zu einem der nachstehenden Zeitpunkte erfolgt:

a)

zum Zeitpunkt der Antragstellung im ersten Mitgliedstaat, wenn die Mobilität in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat in diesem Stadium bereits geplant ist, oder

b)

sobald — nach Zulassung des Studenten in den ersten Mitgliedstaat — die beabsichtigte Mobilität in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat bekannt wird.

(3)   Ist die Mitteilung gemäß Absatz 2 Buchstabe a erfolgt und hat der zweite Mitgliedstaat beim ersten Mitgliedstaat keine Einwände nach Absatz 7 erhoben, so kann die Mobilität des Studenten in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat jederzeit innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels erfolgen.

(4)   Ist die Mitteilung gemäß Absatz 2 Buchstabe b erfolgt und hat der zweite Mitgliedstaat nach den Absätzen 7 und 9 keine schriftlichen Einwände gegen die Mobilität des Studenten erhoben, so gilt die Mobilität als genehmigt und kann in Bezug auf den zweiten Mitgliedstaat erfolgen.

(5)   Der Mitteilung muss das gültige Reisedokument gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a und der vom ersten Mitgliedstaat ausgestellte gültige Aufenthaltstitel, der den gesamten Zeitraum der Mobilität abdeckt, beigefügt werden.

(6)   Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass zusammen mit der Mitteilung folgende Unterlagen und Informationen übermittelt werden:

a)

der Nachweis, dass der Student einen Teil des Studiums im zweiten Mitgliedstaat im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen absolviert, und der Nachweis, dass der Student von einer Hochschuleinrichtung im zweiten Mitgliedstaat zugelassen wurde;

b)

die geplante Dauer und die Daten der Inanspruchnahme der Mobilität, sofern dies nicht gemäß Buchstabe a angegeben wird;

c)

der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c vorgesehene Nachweis, dass der Student über eine Krankenversicherung verfügt, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats abgedeckt sind;

d)

der Nachweis, dass der Student während seines Aufenthalts über die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e vorgesehenen nötigen Mittel zur Deckung der Kosten für seinen Unterhalt, ohne Inanspruchnahme des Sozialhilfesystems des betreffenden Mitgliedstaats, und über die Kosten für das Studium sowie über die Kosten für die Rückreise in den ersten Mitgliedstaat in den in Artikel 32 Absatz 4 Buchstabe b genannten Fällen verfügt;

e)

gegebenenfalls der Nachweis, dass die von der Hochschuleinrichtung erhobenen Gebühren entrichtet wurden.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Mitteilende vor dem Beginn der Mobilität die Anschrift des betreffenden Studenten im Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats angibt.

Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass der Mitteilende die Unterlagen in einer Amtssprache dieses Mitgliedstaats oder in einer anderen von diesem Mitgliedstaat bestimmten Amtssprache der Union vorlegt.

(7)   Auf der Grundlage der Mitteilung nach Absatz 2 kann der zweite Mitgliedstaat gegen die Mobilität des Studenten in Bezug auf sein Hoheitsgebiet innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der vollständigen Mitteilung Einwände erheben, wenn

a)

die in Absatz 5 oder Absatz 6 genannten Bedingungen nicht erfüllt sind;

b)

einer der Ablehnungsgründe gemäß Artikel 20 Absatz 1 Buchstaben b oder c oder Absatz 2 des genannten Artikels vorliegt;

c)

die in Absatz 1 genannte Höchstdauer des Aufenthalts erreicht wurde.

(8)   Studenten, die als Bedrohung für die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit betrachtet werden, dürfen nicht in das Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats einreisen oder sich dort aufhalten.

(9)   Die zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats unterrichten unverzüglich die zuständigen Behörden des ersten Mitgliedstaats und den Mitteilenden schriftlich über ihre Einwände gegen die Mobilität. Erhebt der zweite Mitgliedstaat Einwände nach Absatz 7 gegen die Mobilität, so erhält der Student nicht die Erlaubnis, einen Teil des Studiums in der Hochschuleinrichtung im zweiten Mitgliedstaat zu absolvieren.

(10)   Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann der zweite Mitgliedstaat dem Studenten ein Dokument ausstellen, in dem bescheinigt wird, dass er berechtigt ist, sich in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten und die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechte wahrzunehmen.

Artikel 32

Schutzmaßnahmen und Sanktionen in Mobilitätsfällen

(1)   Wird der Aufenthaltstitel für Forschungs- oder Studienzwecke von den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats ausgestellt, der den Schengen-Besitzstand nicht uneingeschränkt anwendet, und überschreitet der Forscher oder Student eine Außengrenze, um im Rahmen der Mobilität in einen zweiten Mitgliedstaat einzureisen, so sind die zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats berechtigt, als Nachweis für die Mobilität den vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Aufenthaltstitel sowie Folgendes zu verlangen:

a)

eine Kopie der Mitteilung gemäß Artikel 28 Absatz 2 oder Artikel 31 Absatz 2, oder

b)

wenn der zweite Mitgliedstaat die Mobilität ohne Mitteilung gestattet — den Nachweis, dass der Student einen Teil des Studiums im zweiten Mitgliedstaat im Rahmen eines Unions- oder multilateralen Programms mit Mobilitätsmaßnahmen oder einer Vereinbarung zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen absolviert, oder bei Forschern entweder eine Kopie der Aufnahmevereinbarung, in der die Einzelheiten der Mobilität des Forschers angegeben sind, oder — falls die Einzelheiten der Mobilität nicht in der Aufnahmevereinbarung angegeben sind — ein Schreiben der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat, in dem mindestens die Dauer der Mobilität innerhalb der Union und der Standort der Forschungseinrichtung im zweiten Mitgliedstaat angegeben sind.

Bei Familienangehörigen der Forscher sind die zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats berechtigt, als Nachweis für die Mobilität den vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitel und eine Kopie der Mitteilung gemäß Artikel 30 Absatz 2 oder einen Nachweis, dass sie den Forscher begleiten, zu verlangen.

(2)   Entziehen die zuständigen Behörden des ersten Mitgliedstaats den Aufenthaltstitel, so unterrichten sie gegebenenfalls unverzüglich die Behörden des zweiten Mitgliedstaats.

(3)   Der zweite Mitgliedstaat kann verlangen, dass er von der aufnehmenden Einrichtung des zweiten Mitgliedstaats oder von dem Forscher oder Studenten über jedwede Änderung unterrichtet wird, die sich auf die Bedingungen auswirkt, auf deren Grundlage die Mobilität bewilligt wurde.

(4)   Werden die Bedingungen für die Mobilität von dem Forscher oder gegebenenfalls seinen Familienangehörigen oder dem Studenten nicht oder nicht mehr erfüllt,

a)

kann der zweite Mitgliedstaat von dem Forscher und gegebenenfalls seinen Familienangehörigen oder dem Studenten verlangen, unverzüglich jedwede Tätigkeiten einzustellen und sein Hoheitsgebiet zu verlassen;

b)

gestattet der erste Mitgliedstaat auf Ersuchen des zweiten Mitgliedstaats die Wiedereinreise des Forschers und gegebenenfalls seiner Familienangehörigen oder des Studenten ohne Formalitäten und unverzüglich. Dies gilt auch, wenn der vom ersten Mitgliedstaat ausgestellte Aufenthaltstitel abgelaufen oder während der Inanspruchnahme der Mobilität im zweiten Mitgliedstaat entzogen worden ist.

(5)   Wird die Außengrenze eines Mitgliedstaats, der den Schengen-Besitzstand uneingeschränkt anwendet, von dem Forscher oder seinen Familienangehörigen oder dem Studenten überschritten, so konsultiert dieser Mitgliedstaat das Schengener Informationssystem. Dieser Mitgliedstaat verweigert die Einreise bzw. erhebt Einwände gegen die Mobilität von Personen, die im Schengener Informationssystem zur Einreise- oder Aufenthaltsverweigerung ausgeschrieben sind.

KAPITEL VII

VERFAHREN UND TRANSPARENZ

Artikel 33

Sanktionen gegen aufnehmende Einrichtungen

Die Mitgliedstaaten können Sanktionen gegen aufnehmende Einrichtungen oder — in Fällen nach Artikel 24 — Arbeitgeber, die ihren aus dieser Richtlinie erwachsenden Verpflichtungen nicht nachgekommen sind, vorsehen. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

Artikel 34

Verfahrensgarantien und Transparenz

(1)   Die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats entscheiden über den Antrag auf einen Aufenthaltstitel oder auf dessen Verlängerung und unterrichten den Antragsteller gemäß den im nationalen Recht festgelegten Mitteilungsverfahren so rasch wie möglich, jedoch spätestens 90 Tage nach Einreichung des vollständigen Antrags schriftlich über die Entscheidung.

(2)   Betrifft das Zulassungsverfahren eine zugelassene aufnehmende Einrichtung gemäß den Artikeln 9 und 15, wird abweichend von Absatz 1 dieses Artikels die Entscheidung über den vollständigen Antrag so rasch wie möglich, jedoch spätestens innerhalb von 60 Tagen getroffen.

(3)   Sind die Angaben oder die Unterlagen zur Begründung des Antrags unvollständig, so teilen die zuständigen Behörden dem Antragsteller innerhalb einer angemessenen Frist mit, welche zusätzlichen Informationen erforderlich sind, und legen eine angemessene Frist für deren Vorlage fest. Die Frist in den Absätzen 1 oder 2 wird ausgesetzt, bis die Behörden die verlangten zusätzlichen Informationen erhalten haben. Werden die zusätzlichen Informationen oder Unterlagen nicht fristgerecht eingereicht, so kann der Antrag abgelehnt werden.

(4)   Die Gründe für eine Entscheidung, einen Antrag für unzulässig zu erklären oder abzulehnen oder eine Verlängerung zu verweigern, werden dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt. Die Gründe für eine Entscheidung, einen Aufenthaltstitel zu entziehen, werden dem Drittstaatsangehörigen schriftlich mitgeteilt. Die Gründe für eine Entscheidung, einen Aufenthaltstitel zu entziehen, können zusätzlich auch der aufnehmenden Einrichtung schriftlich mitgeteilt werden.

(5)   Jede Entscheidung, mit der ein Antrag für unzulässig erklärt oder abgelehnt wird, eine Verlängerung verweigert oder ein Aufenthaltstitel entzogen wird, kann in dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß dem nationalen Recht mit einem Rechtsbehelf angefochten werden. In der schriftlichen Mitteilung werden das Gericht oder die Verwaltungsbehörde, bei denen ein Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs genannt.

Artikel 35

Transparenz und Zugang zu Informationen

Die Mitgliedstaaten stellen den Antragstellern die Informationen über alle im Rahmen der Antragstellung beizubringenden Nachweise sowie Informationen über die Bedingungen für Einreise und Aufenthalt, einschließlich der damit verbundenen Rechte, Pflichten und Verfahrensgarantien des in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Drittstaatsangehörigen und gegebenenfalls seiner Familienangehörigen in leicht zugänglicher Weise zur Verfügung. Dies gilt gegebenenfalls auch für die Höhe der monatlich nötigen Mittel, u. a. der nötigen Mittel zur Deckung der Studien- oder Ausbildungskosten — unbeschadet einer Prüfung im Einzelfall — sowie der geltenden Gebühren.

Die zuständigen Behörden eines jeden Mitgliedstaats veröffentlichen Listen der aufnehmenden Einrichtungen, die für die Zwecke dieser Richtlinie zugelassen worden sind. Aktualisierte Fassungen dieser Listen werden nach jeder Änderung so rasch wie möglich veröffentlicht.

Artikel 36

Gebühren

Die Mitgliedstaaten können von Drittstaatsangehörigen, einschließlich gegebenenfalls Familienangehörigen, oder aufnehmenden Einrichtungen für die Bearbeitung von Mitteilungen und Anträgen gemäß dieser Richtlinie Gebühren erheben. Diese Gebühren dürfen nicht unverhältnismäßig oder übermäßig hoch sein.

KAPITEL VIII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 37

Zusammenarbeit zwischen Kontaktstellen

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen Kontaktstellen, die effektiv zusammenarbeiten und die zur Durchführung der Artikel 28 bis 32 benötigten Informationen entgegennehmen und weiterleiten. Die Mitgliedstaaten führen den Informationsaustausch vorzugsweise auf elektronischem Wege durch.

(2)   Jeder Mitgliedstaat teilt den anderen Mitgliedstaaten über die in Absatz 1 genannten nationalen Kontaktstellen Folgendes mit:

a)

die für die Mobilität gemäß den Artikeln 28 bis 31 geltenden Verfahren;

b)

ob dieser Mitgliedstaat die Zulassung von Studenten und Forschern ausschließlich über zugelassene Forschungseinrichtungen oder Hochschuleinrichtungen gestattet;

c)

die multilateralen Programme für Studenten und Forscher mit Mobilitätsmaßnahmen und die Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Hochschuleinrichtungen.

Artikel 38

Statistik

(1)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission statistische Angaben zur Anzahl der für die Zwecke dieser Richtlinie ausgestellten Aufenthaltstitel und der gemäß Artikel 28 Absatz 2 oder Artikel 31 Absatz 2 eingegangenen Mitteilungen und, soweit möglich, zur Anzahl der Drittstaatsangehörigen, deren Aufenthaltstitel verlängert oder entzogen wurde. Statistische Angaben zu den zugelassenen Familienangehörigen von Forschern werden in derselben Weise übermittelt. Diese statistischen Angaben werden nach Staatsangehörigkeit und, soweit möglich, nach Gültigkeitsdauer der Aufenthaltstitel untergliedert.

(2)   Die statistischen Angaben gemäß Absatz 1 beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Berichtsjahres übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist 2019.

(3)   Die statistischen Angaben gemäß Absatz 1 werden im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 862/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates (24) übermittelt.

Artikel 39

Berichterstattung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig — zum ersten Mal am 23. Mai 2023 — Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.

Artikel 40

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 23. Mai 2018 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. In diese Vorschriften fügen sie die Erklärung ein, dass Bezugnahmen in den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf die durch die vorliegende Richtlinie aufgehobenen Richtlinien als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie gelten. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme und die Formulierung dieser Erklärung.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 41

Aufhebung

Die Richtlinien 2004/114/EG und 2005/71/EG werden für die Mitgliedstaaten, die an die vorliegende Richtlinie gebunden sind, unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang I Teil B dieser Richtlinie genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in nationales Recht mit Wirkung vom 24. Mai 2018 aufgehoben.

Für die Mitgliedstaaten, die an die vorliegende Richtlinie gebunden sind, gelten Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie nach den Entsprechungstabellen in Anhang II.

Artikel 42

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 43

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß den Verträgen an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 11. Mai 2016.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J.A. HENNIS-PLASSCHAERT


(1)  ABl. C 341 vom 21.11.2013, S. 50.

(2)  ABl. C 114 vom 15.4.2014, S. 42.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 25. Februar 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Stellungnahme des Rates in erster Lesung vom 10. März 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst (ABl. L 375 vom 23.12.2004, S. 12).

(5)  Richtlinie 2005/71/EG des Rates vom 12. Oktober 2005 über ein besonderes Zulassungsverfahren für Drittstaatsangehörige zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung (ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 15).

(6)  Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251 vom 3.10.2003, S. 12).

(7)  ABl. C 372 vom 20.12.2011, S. 36.

(8)  Richtlinie 2014/66/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen im Rahmen eines unternehmensinternen Transfers (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S.1).

(9)  Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4).

(11)  Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98).

(12)  Richtlinie 2011/98/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten und zu arbeiten, sowie über ein gemeinsames Bündel von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten (ABl. L 343 vom 23.12.2011, S. 1).

(13)  Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1).

(14)  Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Ausdehnung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 auf Drittstaatsangehörige, die ausschließlich aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit nicht bereits unter diese Verordnungen fallen (ABl. L 344 vom 29.12.2010, S. 1).

(15)  Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (ABl. L 157 vom 15.6.2002, S. 1).

(16)  ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

(17)  Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(18)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).

(19)  Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44).

(20)  Richtlinie 2009/50/EG des Rates vom 25. Mai 2009 über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer hochqualifizierten Beschäftigung (ABl. L 155 vom 18.6.2009, S. 17).

(21)  Schengen-Besitzstand — Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19).

(22)  Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates vom 29. Mai 1995 über eine einheitliche Visagestaltung (ABl. L 164 vom 14.7.1995, S. 1).

(23)  Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 zur Einrichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens für lebenslanges Lernen (ABl. C 111 vom 6.5.2008, S. 1).

(24)  Verordnung (EG) Nr. 862/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 311/76 des Rates über die Erstellung von Statistiken über ausländische Arbeitnehmer (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 23).


ANLAGE I

Teil A

Aufgehobene Richtlinien

(gemäß Artikel 41)

Richtlinie 2004/114/EG des Rates

(ABl. L 375 vom 23.12.2004, S. 12)

Richtlinie 2005/71/EG des Rates

(ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 15)

Teil B

Fristen für die Umsetzung in nationales Recht und Zeitpunkt der Anwendung

(gemäß Artikel 41)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

Anwendungsbeginn

2004/114/EG

12.1.2007

 

2005/71/EG

12.10.2007

 


ANLAGE II

Entsprechungstabellen

Richtlinie 2004/114/EG

Diese Richtlinie

Artikel 1 Buchstabe a

Artikel 1 Buchstabe a

Artikel 1 Buchstabe b

Artikel 1 Buchstabe b

Artikel 2 einleitender Satz

Artikel 3 einleitender Satz

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 3 Absatz 3

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 3 Absatz 4

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 3 Absatz 5

Artikel 3 Absatz 6

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 3 Absätze 11 und 13

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 3 Absatz 7

Artikel 2 Buchstabe g

Artikel 3 Absatz 22

Artikel 3 Absatz 8

Artikel 3 Absatz 12

Artikel 3 Absätze 14 bis 21

Artikel 3 Absätze 23 und 24

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 1

Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben a bis d

Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben a bis d

Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe e

Artikel 2 Absatz 2 Buchstaben e bis g

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 5 Absatz 1

Artikel 5 Absätze 2 und 3

Artikel 6

Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a bis c und e

Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben a bis d

Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 7 Absatz 6

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 7 Absätze 2 und 3

Artikel 7 Absatz 1 einleitender Satz

Artikel 11 Absatz 1 einleitender Satz

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e und Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 7 Absatz 2

Artikel 11 Absatz 2

Artikel 11 Absatz 3

Artikel 8

Artikel 31

Artikel 9 Absätze 1 und 2

Artikel 12 Absätze 1 und 2

Artikel 10 einleitender Satz

Artikel 13 Absatz 1 einleitender Satz

Artikel 10 Buchstabe a

Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 10 Buchstabe b

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e und Artikel 13 Absatz 1 Buchstaben c

Artikel 10 Buchstabe c

Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 13 Absatz 1 Buchstaben e und f

Artikel 13 Absätze 2 bis 4

Artikel 11 einleitender Satz

Artikel 14 Absatz 1 einleitender Satz

Artikel 11 Buchstabe a

Artikel 14 Absatz 2

Artikel 11 Buchstabe b

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 11 Buchstabe c

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 11 Buchstabe d

Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 12 Absatz 1

Artikel 18 Absatz 2

Artikel 12 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe f

Artikel 13

Artikel 18 Absatz 4

Artikel 14

Artikel 18 Absatz 6

Artikel 15

Artikel 18 Absatz 7

Artikel 18 Absätze 3, 5, 8 und 9

Artikel 16, 17 und 19

Artikel 16 Absatz 1

Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b

Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben c und d

Artikel 16 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 4

Artikel 21 Absatz 2 Buchstaben a bis e

Artikel 21 Absatz 3

Artikel 21 Absätze 5 bis 7

Artikel 22 Absätze 3 und 4

Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 1

Artikel 24 Absatz 1

Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 2

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 17 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 24 Absatz 2

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 24 Absatz 3

Artikel 17 Absätze 3 und 4

Artikel 24

Artikel 27

Artikel 30

Artikel 32 und 33

Artikel 18 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 18 Absätze 2, 3 und 4

Artikel 34 Absätze 3, 4 und 5

Artikel 19

Artikel 35 Absatz 1

Artikel 20

Artikel 36

Artikel 37 und 38

Artikel 21

Artikel 39

Artikel 22 bis 25

Artikel 40 bis 42

Artikel 26

Artikel 43

Anhänge I und II


Richtlinie 2005/71/EG

Diese Richtlinie

Artikel 1

Artikel 1 Buchstabe a

Artikel 2 einleitender Satz

Artikel 3 einleitender Satz

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 3 Absatz 9

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 3 Absatz 10

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 3 Absatz 2

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 3 Absatz 22

Artikel 3 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 1

Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 5 Absatz 1

Artikel 9 Absatz 1

Artikel 5 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2

Artikel 5 Absatz 3

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 5 Absatz 4

Artikel 10 Absatz 7

Artikel 5 Absatz 5

Artikel 35 Absatz 2

Artikel 5 Absatz 6

Artikel 9 Absatz 3

Artikel 5 Absatz 7

Artikel 10 Absatz 8

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a

Artikel 10 Absatz 4

Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe b

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e

Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe c

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe d

Artikel 10 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 6 Absätze 4 und 5

Artikel 10 Absätze 5 und 6

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b

Artikel 8 Absatz 1

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c

Artikel 8 Absatz 2

Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe d

Artikel 7 Absatz 6

Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2

Artikel 7 Absatz 2

Artikel 7 Absatz 3

Artikel 5 Absatz 3

Artikel 8

Artikel 18 Absatz 1

Artikel 9

Artikel 26

Artikel 10 Absatz 1

Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a, b und d

Artikel 10 Absatz 2

Artikel 21 Absatz 4

Artikel 11 Absätze 1 und 2

Artikel 23

Artikel 12

Artikel 22 Absätze 1 und 2

Artikel 13

Artikel 28 und 29

Artikel 14 Absatz 1

Artikel 7 Absatz 5

Artikel 14 Absätze 2 und 3

Artikel 7 Absatz 4

Artikel 14 Absatz 4

Artikel 5 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 1

Artikel 34 Absatz 2

Artikel 15 Absatz 2

Artikel 34 Absatz 3

Artikel 15 Absatz 3

Artikel 34 Absatz 4

Artikel 15 Absatz 4

Artikel 34 Absatz 5

Artikel 16

Artikel 39

Artikel 17 bis 20

Artikel 21

Artikel 43


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/58


RICHTLINIE (EU) 2016/802 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Mai 2016

über eine Verringerung des Schwefelgehalts bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe

(kodifizierter Text)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Vorschlags an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 1999/32/EG des Rates (3) ist mehrfach und in wesentlichen Punkten geändert worden (4). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich, diese Richtlinie zu kodifizieren.

(2)

Eines der Ziele der Umweltpolitik der Union, wie sie in den Umweltaktionsprogrammen und insbesondere dem mit dem Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) angenommenen sechsten Umweltaktionsprogramm sowie dem mit dem Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (6) angenommenen siebten Umweltaktionsprogramm beschrieben ist, besteht darin, eine Luftqualität zu erreichen, die keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat und keine entsprechenden Gefahren verursacht.

(3)

Nach Artikel 191 Absatz 2 AEUV zielt die Umweltpolitik der Union unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Union auf ein hohes Schutzniveau ab.

(4)

In dieser Richtlinie werden Grenzwerte für den Schwefelgehalt von in der Union verwendetem Schweröl, Gasöl, Gasöl für den Seeverkehr und Schiffsdiesel festgelegt.

(5)

Die durch die Verbrennung von Schiffskraftstoffen mit hohem Schwefelgehalt verursachten Emissionen der Schifffahrt tragen zur Luftverunreinigung durch Schwefeldioxid und Partikel bei, die der menschlichen Gesundheit und der Umwelt schaden und zu sauren Niederschlägen beitragen. Ohne die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen würde die Schifffahrt bald mehr Emissionen verursachen als alle Quellen an Land zusammen.

(6)

Die Versäuerung und das atmosphärische Schwefeldioxid schädigen empfindliche Ökosysteme, bedrohen die Artenvielfalt, verringern den Erholungswert und beeinträchtigen sowohl die landwirtschaftliche Erzeugung als auch das Wachstum der Wälder. Saurer Regen kann in den Städten schwere Schäden an modernen und historischen Gebäuden verursachen. Die Schwefeldioxidbelastung in den Städten kann außerdem die menschliche Gesundheit stark beeinträchtigen, vor allem bei Personen mit Erkrankungen der Atemwege.

(7)

Die Versauerung ist ein grenzüberschreitendes Phänomen, das sowohl Lösungen auf Ebene der Union als auch nationale oder regionale Lösungen verlangt.

(8)

Schwefeldioxidemissionen tragen außerdem zur Bildung von Feststoffteilchen in der Atmosphäre bei.

(9)

Die durch Schiffe an Liegeplätzen verursachte Luftverschmutzung ist eine große Sorge für viele Hafenstädte, die sich um die Einhaltung der Grenzwerte der Union im Zusammenhang mit der Luftqualität bemühen.

(10)

Die Mitgliedstaaten sollten die Nutzung landseitiger Elektrizität fördern, weil die Stromversorgung von Schiffen derzeit in der Regel durch Hilfsmotoren erfolgt.

(11)

Die Union und die einzelnen Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des UN-ECE-Übereinkommens vom 13. November 1979 über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung. Das zweite UN-ECE-Protokoll über die grenzüberschreitende Luftverunreinigung durch Schwefeldioxid sieht vor, dass die Vertragsparteien die SO2-Emissionen gemäß der im ersten Protokoll vorgesehenen Verringerung von 30 % oder noch stärker senken. Das zweite UN-ECE-Protokoll geht von der Prämisse aus, dass kritische Belastungen und Niveaus in verschiedenen empfindlichen Gebieten auch weiterhin überschritten werden. Weitere Maßnahmen zur Senkung der Schwefeldioxidemissionen werden nach wie vor notwendig sein. Die Vertragsparteien sollten daher die Schwefeldioxidemissionen weiter erheblich zurückführen.

(12)

Schwefel, der in Öl und in Kohle in geringen Mengen natürlich vorkommt, ist seit Jahrzehnten als wichtigste Quelle für Schwefeldioxidemissionen nachgewiesen, die ihrerseits eine Hauptursache für den „sauren Regen“ und eine der wichtigsten Ursachen für die Luftverschmutzung in vielen Stadt- und Industriegebieten sind.

(13)

Untersuchungen haben ergeben, dass die Vorteile einer Senkung der Schwefelemissionen durch einen geringeren Schwefelgehalt in Kraft- oder Brennstoffen im Rahmen dieser Richtlinie oftmals erheblich größer sein werden als die geschätzten Kosten für die Industrie. Die Technologie zur Verringerung des Schwefelgehalts flüssiger Kraft- oder Brennstoffe ist vorhanden und gut eingeführt.

(14)

Gemäß Artikel 193 AEUV sollte diese Richtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, eine frühzeitige Umsetzung in Bezug auf den maximalen Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen zu fördern, beispielsweise durch Einsatz von Methoden zur Verringerung der Emissionen außerhalb der SOx-Emissions-Überwachungsgebiete. Solche Schutzmaßnahmen müssen jedoch mit den Verträgen vereinbar sein und der Kommission notifiziert werden.

(15)

Bevor ein Mitgliedstaat neue und verstärkte Schutzmaßnahmen einführt, sollte er die Kommission über die entsprechenden Entwürfe gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) unterrichten.

(16)

Gemäß dem AEUV sind die besonderen Merkmale der Unionsgebiete in äußerster Randlage zu berücksichtigen; zu diesen Gebieten zählen die französischen überseeischen Departements, die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln.

(17)

Bei der Festlegung des Grenzwertes für den Schwefelgehalt von Schweröl sollten Ausnahmen für Mitgliedstaaten und Regionen ermöglicht werden, in denen die Umweltbedingungen dies zulassen.

(18)

Bei der Festlegung des Grenzwerts für den Schwefelgehalt von Schweröl sollten ferner Ausnahmen für die Verwendung dieser Öle in Feuerungsanlagen vorgesehen werden, die den Emissionsgrenzwerten der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (8), oder des Anhangs V der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (9), entsprechen.

(19)

Bei Feuerungsanlagen von Raffinerien, die aus dem Anwendungsbereich von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe d oder Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe c dieser Richtlinie ausgenommen sind, sollten die in Bezug auf derartige Anlagen gemittelten Schwefeldioxidemissionen die Grenzwerte nach der Richtlinie 2001/80/EG, oder Anhang V der Richtlinie 2010/75/EU, oder künftigen geänderten Fassungen dieser Richtlinien nicht überschreiten. Bei der Anwendung dieser Richtlinie sollten die Mitgliedstaaten beachten, dass eine Ersetzung durch andere als die in Artikel 2 genannten Kraft- oder Brennstoffe nicht zu einem Anstieg der Emissionen von säuernden Schadstoffen führen sollte.

(20)

Im Jahr 2008 verabschiedete die Internationale Schifffahrtsorganisation (IMO) eine Entschließung zur Änderung von Anlage VI zum Protokoll von 1997 zur Änderung des Internationalen Übereinkommens von 1973 zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe in der Fassung des Protokolls von 1978 zu diesem Übereinkommen (im Folgenden „MARPOL-Übereinkommen“). Die revidierte Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen ist am 1. Juli 2010 in Kraft getreten.

(21)

Die revidierte Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen sieht unter anderem verschärfte Schwefelgrenzwerte für Schiffskraftstoffe in SOx-Emissions-Überwachungsgebieten (1,00 % ab 1. Juli 2010 und 0,10 % ab 1. Januar 2015) sowie in Seegebieten außerhalb der SOx-Emissions-Überwachungsgebiete (3,50 % ab 1. Januar 2012 und — im Prinzip — 0,50 % ab 1. Januar 2020) vor. Die meisten Mitgliedstaaten müssen gemäß ihren internationalen Verpflichtungen Schiffen in SOx-Emissions-Überwachungsgebieten ab 1. Juli 2010 die Verwendung von Kraftstoffen mit einem maximalen Schwefelgehalt von 1,00 % vorschreiben. Um die Übereinstimmung mit internationalem Recht zu gewährleisten und in der Union eine ordnungsgemäße Durchsetzung der neuen global festgesetzten Normwerte für den Schwefelgehalt sicherzustellen, sollten die Bestimmungen dieser Richtlinie an die revidierte Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen angeglichen werden. Um eine Mindestqualität von Kraftstoffen zu gewährleisten, die von den Schiffen zur Einhaltung der Kraftstoff- oder der Technologieauflagen verwendet werden, sollten Schiffskraftstoffe, deren Schwefelgehalt den allgemeinen Normwert von 3,50 Massenhundertteilen überschreitet, in der Union nicht verwendet werden dürfen, ausgenommen Kraftstoffe, mit denen Schiffe bebunkert werden, die Methoden zur Verringerung der Emissionen mit Betrieb in geschlossenen Verfahren anwenden.

(22)

Änderungen der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen in Bezug auf SOx-Emissions-Überwachungsgebiete sind nach den Verfahren der IMO möglich. Falls weitere Änderungen, einschließlich Ausnahmen, in Bezug auf die Anwendung der Grenzwerte der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen eingeführt werden, sollte die Kommission solche Änderungen prüfen und, soweit angemessen, unverzüglich im Einklang mit dem AEUV den erforderlichen Vorschlag vorlegen, um diese Richtlinie in volle Übereinstimmung mit den IMO-Vorschriften über SOx-Emissions-Überwachungsgebiete zu bringen.

(23)

Die Ausweisung neuer Emissions-Überwachungsgebiete sollte dem Verfahren der IMO gemäß Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen unterliegen und sollte sich auf fundierte ökologische und wirtschaftliche Gründe und wissenschaftliche Daten stützen.

(24)

Nach Regel 18 der revidierten Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen sollten sich die Mitgliedstaaten bemühen, für die Verfügbarkeit von Schiffskraftstoffen, die die Bestimmungen dieser Richtlinie erfüllen, zu sorgen.

(25)

Angesichts der weltweiten Bedeutung der Umweltpolitik und der Emissionen der Schifffahrt sollten auf internationaler Ebene ambitionierte Emissionsnormen festgelegt werden.

(26)

Die Union wird sich im Rahmen der IMO nach wie vor für einen weitergehenden Schutz der für SOx-Emissionen empfindlichen Gebiete sowie für die Senkung des allgemein üblichen Grenzwertes für Bunkeröl einsetzen.

(27)

Fahrgastschiffe werden größtenteils in Häfen oder nahe der Küste eingesetzt und haben erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Zur Verbesserung der Luftqualität in Hafen- und Küstennähe müssen solche Schiffe Schiffskraftstoffe mit einem maximalen Schwefelgehalt von 1,50 % verwenden, bis für alle Schiffe in den Hoheitsgewässern, ausschließlichen Wirtschaftszonen und Schadstoffkontrollgebieten der Mitgliedstaaten verschärfte Normwerte für den Schwefelgehalt gelten.

(28)

Um den Übergang zu neuen Antriebstechnologien, mit denen die Emissionen im Seeverkehr weiter wesentlich reduziert werden können, zu erleichtern, sollte die Kommission zusätzlich Möglichkeiten sondieren, die Verbreitung gasbetriebener Schiffsmotoren zu ermöglichen und zu fördern.

(29)

Damit die Ziele dieser Richtlinie erreicht werden, müssen die Verpflichtungen bezüglich des Schwefelgehalts von Schiffskraftstoffen ordnungsgemäß durchgesetzt werden. Die Erfahrungen bei der Durchführung der Richtlinie 1999/32/EG haben gezeigt, dass eine striktere Überwachungs- und Durchsetzungsregelung erforderlich ist, um die ordnungsgemäße Durchführung dieser Richtlinie zu gewährleisten. Zu diesem Zweck müssen die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, dass mit ausreichender Häufigkeit und Genauigkeit Proben von in Verkehr gebrachten oder an Bord von Schiffen verwendeten Schiffskraftstoffen genommen und die Logbücher und Tanklieferscheine der Schiffe regelmäßig überprüft werden. Außerdem müssen die Mitgliedstaaten eine Regelung für wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen bei Verstößen gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie einführen. Um die Transparenz der Informationen zu verbessern, sollte außerdem vorgesehen werden, dass das Register der lokalen Lieferanten von Schiffskraftstoffen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

(30)

Die Einhaltung der niedrigen Schwefelgrenzwerte für Schiffskraftstoffe insbesondere in den SOx-Emissions-Überwachungsgebieten kann zumindest kurzfristig zu einem erheblichen Anstieg der Preise für solche Kraftstoffe führen und sich nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit des Kurzstreckenseeverkehrs gegenüber anderen Verkehrsträgern sowie auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in den an SOx-Emissions-Überwachungsgebiete angrenzenden Ländern auswirken. Es müssen geeignete Lösungen gefunden werden, um die Befolgungskosten für die betroffenen Branchen zu senken, indem beispielsweise alternative Verfahren zur Einhaltung der Bedingungen gestattet werden, die kostengünstiger sind als die Einhaltung der Kraftstoffauflagen, und erforderlichenfalls Unterstützung bereitgestellt wird. Die Kommission sollte — unter anderem anhand der Berichte der Mitgliedstaaten — genau beobachten, wie sich die Einhaltung der neuen Kraftstoffqualitätsnormen durch die Schifffahrt auf diesen Sektor auswirkt, insbesondere in Bezug auf eine etwaige Verlagerung vom Seeverkehr auf den Landverkehr, und sollte gegebenenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen vorschlagen.

(31)

Die Begrenzung einer Verlagerung vom Seeverkehr auf den Landverkehr ist wichtig, weil ein Anwachsen des Anteils des Straßengüterverkehrs am Warentransport in vielen Fällen den klimaschutzpolitischen Zielen der Union zuwiderlaufen und vermehrte Staubildung bewirken würde.

(32)

Die Kosten der zusätzlichen Anforderungen an die Verringerung der Schwefeldioxidemissionen könnten eine Verlagerung vom Seeverkehr auf den Landverkehr und nachteilige Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaftszweige herbeiführen. Die Kommission sollte Instrumente wie Marco Polo und das transeuropäische Verkehrsnetz umfassend zur gezielten Unterstützung nutzen, damit die Gefahr einer Verlagerung auf andere Verkehrsträger minimiert wird. Die Mitgliedstaaten können es für notwendig erachten, im Einklang mit den geltenden Vorschriften über staatliche Beihilfen den von dieser Richtlinie betroffenen Wirtschaftsteilnehmern Unterstützung zu gewähren.

(33)

Die Mitgliedstaaten können im Einklang mit den geltenden Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen und unbeschadet künftiger Änderungen dieser Leitlinien den von dieser Richtlinie betroffenen Wirtschaftsteilnehmern staatliche Beihilfen, einschließlich Beihilfen zur Nachrüstung bestehender Schiffe, gewähren, wenn solche Maßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar im Sinn der Artikel 107 und 108 AEUV angesehen werden, insbesondere vor dem Hintergrund der geltenden Leitlinien über staatliche Beihilfen für den Umweltschutz. In diesem Zusammenhang kann die Kommission berücksichtigen, dass der Einsatz bestimmter emissionsmindernder Verfahren über die Anforderungen dieser Richtlinie hinausgeht, indem er nicht nur die Verringerung von Schwefeldioxidemissionen, sondern auch die anderer Emissionen bewirkt.

(34)

Der Zugang zu emissionsmindernden Verfahren sollte erleichtert werden. Diese Verfahren können Emissionsminderungen bewirken, die zumindest gleich groß oder sogar größer sind als diejenigen, die sich durch den Einsatz von schwefelarmen Kraftstoffen erzielen lassen, sofern diese Verfahren keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Umwelt wie etwa die Meeresökosysteme haben und ihre Ausarbeitung geeigneten Genehmigungs- und Kontrollmechanismen unterliegt. Die bereits bekannten alternativen Verfahren wie beispielsweise der Einsatz von Abgaswäschern an Bord oder die Mischung von Kraftstoff und verflüssigtem Erdgas oder der Einsatz von Biokraftstoffen sollten in der Union anerkannt werden. Außerdem müssen die Erprobung und Entwicklung neuer emissionsmindernder Verfahren gefördert werden, um unter anderem eine Verlagerung vom Seeverkehr auf den Landverkehr zu begrenzen.

(35)

Emissionsmindernde Verfahren können wesentliche Emissionsminderungen bewirken. Daher sollte die Kommission die Erprobung und Entwicklung solcher Technologien fördern, unter anderem indem sie die Einrichtung eines gemeinsam mit der Industrie finanzierten Programms in Betracht zieht, das auf den Grundsätzen ähnlicher Programme, wie der Initiative „Clean Sky“, aufbaut.

(36)

Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern die Maßnahmen weiterentwickeln, die in dem Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen vom 16. September 2011 mit dem Titel „Pollutant emission reduction from maritime transport and the sustainable waterborne transport toolbox“ vorgestellt werden.

(37)

Wird die Versorgung mit Rohöl, Erdölprodukten oder anderen Kohlenwasserstoffen unterbrochen, so kann die Kommission für das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einen höheren Grenzwert genehmigen.

(38)

Die Mitgliedstaaten sollten geeignete Maßnahmen zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie einführen und der Kommission regelmäßig Berichte über den Schwefelgehalt flüssiger Kraft- oder Brennstoffe vorlegen.

(39)

Diese Richtlinie sollte detaillierte Vorgaben für den Inhalt und das Format des Berichts enthalten, um eine stärker harmonisierte Berichterstattung sicherzustellen.

(40)

Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen zur Änderung der gleichwertigen Emissionswerte bei emissionsmindernden Verfahren und der Kriterien für den Einsatz dieser Verfahren, die in den Anhängen I und II dieser Richtlinie festgelegt sind, um diese Anhänge an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt, in genauer Übereinstimmung mit den einschlägigen Instrumenten der IMO anzupassen, sowie zur Änderung von Artikel 2 Buchstaben a bis e und p, Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und Artikel 13 Absatz 3 dieser Richtlinie, um diese Vorschriften an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt anzupassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(41)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Richtlinie sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (10), ausgeübt werden.

(42)

Der Ausschuss für die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (COSS), der mit der Verordnung (EG) Nr. 2099/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) eingesetzt wurde, sollte die Kommission bei der Genehmigung von emissionsmindernden Verfahren unterstützen, die nicht unter die Richtlinie 96/98/EG des Rates (12) fallen.

(43)

Für die Durchführung dieser Richtlinie sind wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen von Bedeutung. Die Mitgliedstaaten sollten im Rahmen dieser Sanktionen Geldbußen vorsehen, die so berechnet sind, dass den Verantwortlichen zumindest der wirtschaftliche Gewinn aus ihren Verstößen entzogen wird, und die sich bei wiederholten Verstößen stufenweise erhöhen. Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission die Bestimmungen über Sanktionen mitteilen.

(44)

Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in nationales Recht der in Anhang III Teil B aufgeführten Richtlinien unberührt lassen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Ziel und Geltungsbereich

(1)   Ziel dieser Richtlinie ist die Verringerung der Schwefeldioxidemissionen aus der Verbrennung bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe und dadurch die Verringerung der schädlichen Auswirkungen solcher Emissionen auf Mensch und Umwelt.

(2)   Die Verringerung der Schwefeldioxidemissionen aus der Verbrennung bestimmter aus Erdöl gewonnener flüssiger Kraft- oder Brennstoffe ist durch die Festlegung von Grenzwerten für den Schwefelgehalt dieser Kraft- oder Brennstoffe als Voraussetzung für deren Verwendung im Hoheitsgebiet, in den Hoheitsgewässern, in ausschließlichen Wirtschaftszonen und in Schadstoffkontrollgebieten der Mitgliedstaaten zu erreichen.

Die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte für den Schwefelgehalt bestimmter aus Erdöl gewonnener flüssiger Kraft- oder Brennstoffe gelten jedoch nicht für

a)

Kraft- oder Brennstoffe, die Forschungs- und Versuchszwecken dienen;

b)

Kraft- oder Brennstoffe, die vor ihrer Endverbrennung weiterverarbeitet werden sollen;

c)

Kraft- oder Brennstoffe, die zur Weiterverarbeitung in Raffinerien bestimmt sind;

d)

Kraft- oder Brennstoffe zur Verwendung und für das Inverkehrbringen in den Gebieten der Union in äußerster Randlage, sofern die betreffenden Mitgliedstaaten gewährleisten, dass in diesen Gebieten

i)

die Luftqualitätsnormen eingehalten werden;

ii)

keine Schweröle verwendet werden, deren Schwefelgehalt 3 Massenhundertteile überschreitet;

e)

Kraft- oder Brennstoffe zur Verwendung auf Kriegsschiffen und anderen zu militärischen Zwecken eingesetzten Schiffen. Jeder Mitgliedstaat bemüht sich jedoch sicherzustellen, dass der Betrieb dieser Schiffe, soweit es sinnvoll und durchführbar ist, mit dieser Richtlinie im Einklang steht, indem er geeignete Maßnahmen trifft, die den Betrieb oder die Einsatzfähigkeit dieser Schiffe nicht beeinträchtigen;

f)

jegliche Verwendung von Kraft- oder Brennstoffen auf einem Schiff, die für die Sicherheit eines Schiffes oder die Lebensrettung auf See speziell erforderlich ist;

g)

jegliche Verwendung von Kraft- oder Brennstoffen auf einem Schiff, die durch einen Schaden am Schiff oder dessen Ausrüstung erforderlich wird, sofern nach Eintritt des Schadens alle zumutbaren Maßnahmen getroffen werden, um überhöhte Emissionen zu vermeiden oder so weit wie möglich zu verringern, und sofern baldmöglichst Maßnahmen zur Behebung des Schadens getroffen werden. Diese Bestimmung gelangt nicht zur Anwendung, wenn der Eigentümer oder der Kapitän entweder in der Absicht, einen Schaden zu verursachen, oder fahrlässig gehandelt hat;

h)

Kraft- oder Brennstoffe zur Verwendung an Bord von Schiffen, auf denen genehmigte emissionsmindernde Verfahren gemäß den Artikeln 8 und 10 eingesetzt werden, unbeschadet des Artikels 5.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

a)   „Schweröl“:

i)

jeden aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraft- oder Brennstoff — mit Ausnahme von Schiffskraftstoffen —, der den Definitionen der KN-Codes 2710 19 51 bis 2710 19 68, 2710 20 31, 2710 20 35 oder 2710 20 39 entspricht, oder

ii)

jeden aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraft- oder Brennstoff, mit Ausnahme der unter Buchstabe b genannten Gasöle und der unter Buchstaben c, d und e genannten Schiffskraftstoffe, der aufgrund seines Destillationsbereichs unter die Schweröle fällt, die zur Verwendung als Kraft- oder Brennstoff bestimmt sind und bei deren Destillation bei 250 °C nach der ASTM-D86-Methode weniger als 65 Raumhundertteile (einschließlich Verlusten) übergehen. Kann die Destillation nicht anhand der ASTM-D86-Methode bestimmt werden, wird das Erdölerzeugnis ebenfalls als Schweröl eingestuft;

b)   „Gasöl“:

i)

jeden aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraft- oder Brennstoff — mit Ausnahme von Schiffskraftstoffen —, der den Definitionen der KN-Codes 2710 19 25, 2710 19 29, 2710 19 47, 2710 19 48, 2710 20 17 oder 2710 20 19 entspricht, oder

ii)

jeden aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraft- oder Brennstoff — mit Ausnahme von Schiffskraftstoffen —, bei dessen Destillation bei 250 °C nach der ASTM-D86-Methode weniger als 65 Raumhundertteile (einschließlich Verlusten) und bei 350 °C mindestens 85 Raumhundertteile (einschließlich Verlusten) übergehen.

Dieselkraftstoffe im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 der Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (13) fallen nicht unter diese Begriffsbestimmung. Kraftstoffe für mobile Maschinen und Geräte sowie für landwirtschaftliche Zugmaschinen fallen ebenfalls nicht unter diese Begriffsbestimmung;

c)   „Schiffskraftstoff“: jeden zur Verwendung auf einem Schiff bestimmten bzw. auf einem Schiff verwendeten aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraftstoff, einschließlich der ISO-Norm 8217 entsprechende Kraftstoffe. Dazu gehören alle aus Erdöl gewonnenen flüssigen Kraftstoffe für auf See befindliche Binnenschiffe oder Sportboote jeweils gemäß Artikel 2 der Richtlinie 97/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (14) und gemäß Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 94/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (15);

d)   „Schiffsdiesel“: jeden Schiffskraftstoff gemäß der Definition für die Güteklasse DMB nach Tabelle I der ISO-Norm 8217 ohne Berücksichtigung der Bezugnahme auf den Schwefelgehalt;

e)   „Gasöl für den Seeverkehr“: jeden Schiffskraftstoff gemäß der Definition für die Güteklassen DMX, DMA und DMZ nach Tabelle I der ISO-Norm 8217 ohne Berücksichtigung der Bezugnahme auf den Schwefelgehalt;

f)   „MARPOL-Übereinkommen“: das Internationale Übereinkommen zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe von 1973 in der Fassung des Protokolls von 1978;

g)   „Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen“: die Anlage über „Regeln zur Verhütung der Luftverunreinigung durch Schiffe“, die das Protokoll von 1997 dem MARPOL-Übereinkommen beigefügt hat;

h)   „SOx-Emissions-Überwachungsgebiete“: die von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) in Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen als solche festgelegten Meeresgebiete;

i)   „Fahrgastschiff“: jedes Schiff, das mehr als zwölf Fahrgäste befördert; als Fahrgast gilt dabei jede Person mit Ausnahme

i)

des Kapitäns und der Mitglieder der Schiffsbesatzung oder anderer Personen, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Schiffes für dessen Belange angestellt oder beschäftigt sind, und

ii)

von Kindern unter einem Jahr;

j)   „Linienverkehr“: eine Abfolge von Fahrten von Fahrgastschiffen, durch die dieselben zwei oder mehr Häfen miteinander verbunden werden, oder eine Abfolge von Fahrten von und nach ein und demselben Hafen ohne Zwischenstopp, und zwar

i)

entweder nach einem veröffentlichten Fahrplan oder

ii)

so regelmäßig oder häufig, dass eine systematische Abfolge erkennbar ist;

k)   „Kriegsschiff“: ein zu den Streitkräften eines Staates gehörendes Schiff, das die äußeren Kennzeichen von Kriegsschiffen seiner Staatszugehörigkeit trägt; es muss unter dem Befehl eines Offiziers stehen, der sich im Dienst des jeweiligen Staates befindet und dessen Name in der entsprechenden Rangliste der Streitkräfte oder in einer gleichwertigen Liste enthalten ist; die Besatzung muss den Regeln der militärischen Disziplin unterliegen;

l)   „Schiffe am Liegeplatz“: Schiffe, die in einem Unionshafen für Zwecke des Be- und Entladens und der Beherbergung von Fahrgästen sicher festgemacht sind oder vor Anker liegen, einschließlich der Zeit, in der sie nicht be- oder entladen werden;

m)   „Inverkehrbringen“: die Dritten gegenüber erfolgte Lieferung oder Bereitstellung von Schiffskraftstoffen gegen Entgelt oder kostenlos im gesamten Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten an ein Schiff zum Zweck der Verfeuerung an Bord. Nicht eingeschlossen ist die Lieferung oder die Bereitstellung von Schiffskraftstoffen zur Ausfuhr in den Ladetanks von Schiffen;

n)   „Gebiete in äußerster Randlage“: die französischen überseeischen Departements, die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln gemäß Artikel 349 AEUV;

o)   „emissionsminderndes Verfahren“: alle zum Einbau in ein Schiff bestimmten Einrichtungen, Werkstoffe, Vorrichtungen oder Geräte oder anderen Verfahren, alternativen Kraftstoffe oder Einhaltungsverfahren, die alternativ zu den Anforderungen dieser Richtlinie erfüllenden schwefelarmen Schiffskraftstoffen eingesetzt werden, verifizierbar und quantifizierbar sind und durchgesetzt werden können;

p)   „ASTM-Methode“: die von der amerikanischen Vereinigung für Materialprüfungsnormen (American Society for Testing and Materials) in der Ausgabe 1976 der Standarddefinitionen und -spezifikationen für Erdölerzeugnisse und Schmieröl festgelegten Methoden;

q)   „Feuerungsanlage“: eine technische Anlage, in der Kraft- oder Brennstoffe zur Nutzung der damit erzeugten Wärme verfeuert werden.

Artikel 3

Maximaler Schwefelgehalt von Schwerölen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Schweröle, deren Schwefelgehalt 1,00 Massenhundertteil überschreitet, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verwendet werden.

(2)   Bis 31. Dezember 2015 gilt Absatz 1 vorbehaltlich einer geeigneten Überwachung der Emissionen durch die zuständigen Behörden nicht für Schweröle, die

a)

in den von der Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates erfassten Feuerungsanlagen verwendet werden, die unter Artikel 4 Absatz 1 oder 2 oder Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a jener Richtlinie fallen und die in jener Richtlinie genannten Schwefeldioxidemissionsgrenzwerte für derartige Anlagen einhalten;

b)

in den von der Richtlinie 2001/80/EG erfassten Feuerungsanlagen verwendet werden, die unter Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b und Artikel 4 Absatz 6 jener Richtlinie fallen und deren gemittelte monatliche Schwefeldioxidemissionen 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten;

c)

in nicht unter Buchstabe a oder b fallenden Feuerungsanlagen verwendet werden, deren gemittelte monatliche Schwefeldioxidemissionen 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten;

d)

für die Verfeuerung in Raffinerien bestimmt sind, wenn die über alle Feuerungsanlagen der Raffinerie — ausgenommen Feuerungsanlagen gemäß den Buchstaben a und b sowie Gasturbinen und Gasmotoren — gemittelten monatlichen Schwefeldioxidemissionen unabhängig vom Brennstoff oder von der Brennstoffkombination 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten.

(3)   Ab 1. Januar 2016 gilt Absatz 1 vorbehaltlich einer geeigneten Überwachung der Emissionen durch die zuständigen Behörden nicht für Schweröle, die

a)

in den von Kapitel III der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates erfassten Feuerungsanlagen verwendet werden, die die in Anhang V jener Richtlinie genannten Schwefeldioxidemissionsgrenzwerte für derartige Anlagen einhalten oder — falls diese Emissionsgrenzwerte nach Maßgabe jener Richtlinie keine Anwendung finden — deren gemittelte monatliche Schwefeldioxidemissionen 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten;

b)

in nicht unter Buchstabe a fallenden Feuerungsanlagen verwendet werden, deren gemittelte monatliche Schwefeldioxidemissionen 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten;

c)

für die Verfeuerung in Raffinerien bestimmt sind, wenn die über alle Feuerungsanlagen der Raffinerie — ausgenommen Feuerungsanlagen gemäß Buchstabe a sowie Gasturbinen und Gasmotoren — gemittelten monatlichen Schwefeldioxidemissionen unabhängig vom Brennstoff oder von der Brennstoffkombination 1 700 mg/Nm3 bei einem Sauerstoffgehalt des Rauchgases von 3 Volumenhundertteilen im trockenen Bezugszustand nicht überschreiten.

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Feuerungsanlagen, in denen Schweröle mit einem höheren als dem in Absatz 1 genannten Schwefelgehalt verwendet werden, nicht ohne eine von einer zuständigen Behörde ausgestellte Genehmigung betrieben werden, in der die Emissionsgrenzwerte festgelegt sind.

Artikel 4

Maximaler Schwefelgehalt von Gasöl

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gasöl, dessen Schwefelgehalt 0,10 Massenhundertteile überschreitet, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verwendet wird.

Artikel 5

Maximaler Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Schiffskraftstoffe, deren Schwefelgehalt 3,50 Massenhundertteile überschreitet, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verwendet werden, ausgenommen Kraftstoffe, mit denen Schiffe bebunkert werden, die die in Artikel 8 vorgesehenen emissionsmindernden Verfahren mit Betrieb in geschlossenen Systemen anwenden.

Artikel 6

Maximaler Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen zur Verwendung in den Hoheitsgewässern, in ausschließlichen Wirtschaftszonen und in Schadstoffkontrollgebieten der Mitgliedstaaten, einschließlich SOx-Emissions-Überwachungsgebieten, sowie in Fahrgastschiffen im Linienverkehr von oder nach einem Hafen der Union

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in ihren Hoheitsgewässern, ausschließlichen Wirtschaftszonen und Schadstoffkontrollgebieten keine Schiffskraftstoffe verwendet werden, deren Schwefelgehalt folgende Werte überschreitet:

a)

3,50 Massenhundertteile ab 18. Juni 2014;

b)

0,50 Massenhundertteile ab 1. Januar 2020.

Dieser Absatz gilt unbeschadet der Absätze 2 und 5 sowie des Artikels 7 für Schiffe aller Flaggen einschließlich Schiffen, die ihre Fahrt außerhalb der Union angetreten haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass in den Teilen ihrer Hoheitsgewässer, ausschließlichen Wirtschaftszonen und Schadstoffkontrollgebiete, die in einem SOx-Emissions-Überwachungsgebiet liegen, keine Schiffskraftstoffe verwendet werden, deren Schwefelgehalt folgende Werte überschreitet:

a)

1,00 Massenhundertteile bis 31. Dezember 2014;

b)

0,10 Massenhundertteile ab 1. Januar 2015.

Dieser Absatz gilt für Schiffe aller Flaggen einschließlich Schiffen, die ihre Fahrt außerhalb der Union angetreten haben.

Die Kommission berücksichtigt in gebührendem Umfang künftige Änderungen der in SOx-Emissions-Überwachungsgebieten geltenden Anforderungen der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen und legt gegebenenfalls relevante Vorschläge zur entsprechenden Änderung dieser Richtlinie unverzüglich vor.

(3)   Der Beginn der Anwendung von Absatz 2 für alle anderen Seegebiete, einschließlich der Häfen, die die IMO gemäß Regel 14 Absatz 3 Buchstabe b der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen in der Folge als SOx-Emissions-Überwachungsgebiete ausweist, erfolgt zwölf Monate nach dem Inkrafttreten dieser Ausweisung.

(4)   Die Mitgliedstaaten sind zumindest in Bezug auf folgende Schiffe für die Durchsetzung von Absatz 2 zuständig:

Schiffe unter ihrer Flagge und

im Falle der an SOx-Emissions-Überwachungsgebiete angrenzenden Mitgliedstaaten Schiffe aller Flaggen während des Aufenthalts in ihren Häfen.

Die Mitgliedstaaten können auch zusätzliche Durchsetzungsmaßnahmen für andere Schiffe gemäß internationalem Seerecht ergreifen.

(5)   Die Mitgliedstaaten ergreifen bis zum 1. Januar 2020 alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass im Linienverkehr von oder zu einem Hafen der Union betriebene Fahrgastschiffe in ihren Hoheitsgewässern, ausschließlichen Wirtschaftszonen und Schadstoffkontrollgebieten außerhalb von SOx-Emissions-Überwachungsgebieten keine Schiffskraftstoffe verwenden, deren Schwefelgehalt 1,50 Massenhundertteile überschreitet.

Die Mitgliedstaaten sind zumindest in Bezug auf Schiffe unter ihrer Flagge und auf Schiffe aller Flaggen während des Aufenthalts in ihren Häfen für die Durchsetzung dieser Vorschrift zuständig.

(6)   Die Mitgliedstaaten verlangen das ordnungsgemäße Führen von Logbüchern mit Angaben zur Brennstoffumstellung.

(7)   Die Mitgliedstaaten bemühen sich, für die Verfügbarkeit von Schiffskraftstoffen, die die Bestimmungen dieser Richtlinie erfüllen, zu sorgen, und unterrichten die Kommission über die Verfügbarkeit solcher Schiffskraftstoffe in ihren Häfen und an ihren Terminals.

(8)   Wenn ein Mitgliedstaat feststellt, dass ein Schiff die Normen für Schiffskraftstoffe, die den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen, nicht erfüllt, ist die zuständige Behörde des Mitgliedstaats befugt, die Vorlage folgender Nachweise für das Schiff zu verlangen:

a)

Aufzeichnungen zu den Maßnahmen, die zur Einhaltung der Vorschriften getroffen wurden, und

b)

Nachweise, die belegen, dass ausweislich des Routenplans versucht wurde, den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechenden Schiffskraftstoff zu beschaffen, und, wenn dieser nicht planmäßig lieferbar war, Nachweise, die belegen, dass versucht wurde, Alternativen zur Versorgung mit solchem Schiffskraftstoff zu finden, und dass trotz größter Bemühungen um die Beschaffung von den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechendem Schiffskraftstoff kein solcher Kraftstoff zum Kauf zur Verfügung stand.

Das Schiff ist nicht dazu verpflichtet, im Interesse der Einhaltung der Vorschriften vom vorgesehenen Kurs abzuweichen oder die Weiterfahrt über Gebühr hinauszuzögern.

Erbringt ein Schiff die in Unterabsatz 1 genannten Belege, berücksichtigt der jeweilige Mitgliedstaat alle einschlägigen Begleitumstände und die vorgelegten Nachweise bei der Festlegung der in diesem Fall zu treffenden Maßnahmen; dazu gehört auch der Verzicht auf Kontrollmaßnahmen.

Wenn ein Schiff keinen Schiffskraftstoff beschaffen kann, der den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht, setzt es seinen Flaggenstaat und die zuständige Behörde des jeweiligen Bestimmungshafens davon in Kenntnis.

Die Hafenstaaten unterrichten die Kommission, wenn ein Schiff den Nachweis dafür erbracht hat, dass Schiffskraftstoff, der den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht, nicht verfügbar war.

(9)   Die Mitgliedstaaten ergreifen in Übereinstimmung mit der Regel 18 der Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen folgende Maßnahmen:

a)

sie führen ein öffentlich zugängliches Register der lokalen Lieferanten von Schiffskraftstoffen;

b)

sie stellen sicher, dass der Schwefelgehalt aller in ihrem Hoheitsgebiet verkauften Schiffskraftstoffe vom Lieferanten auf einem Tanklieferschein vermerkt wird, dem eine versiegelte, vom Vertreter des empfangenden Schiffs gezeichnete Probe beigefügt ist;

c)

sie leiten geeignete Schritte gegen Lieferanten von Schiffskraftstoffen ein, die Kraftstoff geliefert haben, der nicht den Angaben auf dem Tanklieferschein entspricht;

d)

sie stellen sicher, dass Abhilfemaßnahmen ergriffen werden, damit etwaige den Vorschriften nicht entsprechende Schiffskraftstoffe den Vorschriften angepasst werden.

(10)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Schiffsdiesel, dessen Schwefelgehalt 1,50 Massenhundertteile überschreitet, in ihrem Hoheitsgebiet nicht in Verkehr gebracht wird.

Artikel 7

Schwefelhöchstgehalt von Schiffskraftstoffen für Schiffe an Liegeplätzen in Häfen der Union

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Schiffe am Liegeplatz in Häfen der Union keine Schiffskraftstoffe verwenden, deren Schwefelgehalt 0,10 Massenhundertteile überschreitet, wobei der Besatzung ausreichend Zeit eingeräumt wird, so bald wie möglich nach der Ankunft am Liegeplatz und so spät wie möglich vor der Abfahrt die notwendige Kraftstoffumstellung vorzunehmen.

Die Mitgliedstaaten verlangen, dass der Zeitpunkt der Kraftstoffumstellung in den Logbüchern festgehalten wird.

(2)   Absatz 1 gilt nicht

a)

für Schiffe, die sich nach den veröffentlichten Fahrplänen voraussichtlich weniger als zwei Stunden am Liegeplatz befinden;

b)

für Schiffe, die am Liegeplatz in den Häfen alle Motoren abschalten und landseitige Elektrizität nutzen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gasöl für den Seeverkehr, dessen Schwefelgehalt 0,10 Massenhundertteile überschreitet, in ihrem Hoheitsgebiet nicht in Verkehr gebracht wird.

Artikel 8

Emissionsmindernde Verfahren

(1)   Die Mitgliedstaaten gestatten vorbehaltlich der Absätze 2 und 4 dieses Artikels die Anwendung von emissionsmindernden Verfahren durch Schiffe aller Flaggen in ihren Häfen, Hoheitsgewässern, ausschließlichen Wirtschaftszonen und Schadstoffkontrollgebieten als Alternative zum Einsatz von Schiffskraftstoffen, die die Anforderungen der Artikel 6 und 7 erfüllen.

(2)   Schiffe, die emissionsmindernde Verfahren gemäß Absatz 1 anwenden, müssen kontinuierlich Verringerungen der Schwefeldioxidemissionen erreichen, die mindestens denjenigen entsprechen, die durch den Einsatz von Schiffskraftstoffen erzielt worden wären, die die Anforderungen der Artikel 6 und 7 erfüllen. Entsprechende Emissionswerte sind gemäß Anhang I festzulegen.

(3)   Als alternative Maßnahme zur Verringerung der Emissionen fördern die Mitgliedstaaten die Nutzung von landseitigen Stromversorgungssystemen durch im Hafen liegende Schiffe.

(4)   Die emissionsmindernden Verfahren gemäß Absatz 1 müssen die Kriterien erfüllen, die in den in Anhang II aufgeführten Instrumenten festgelegt wurden.

(5)   Soweit es durch den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt in Bezug auf alternative emissionsmindernde Verfahren gerechtfertigt ist, und so, dass die genaue Übereinstimmung mit den einschlägigen von der IMO verabschiedeten Instrumenten und Normen gewährleistet ist,

a)

wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 16 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Anhänge I und II zu erlassen;

b)

erlässt die Kommission gegebenenfalls Durchführungsrechtsakte zur Festlegung detaillierter Anforderungen an die Emissionsüberwachung. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 9

Genehmigung von emissionsmindernden Verfahren zur Anwendung an Bord von Schiffen unter der Flagge eines Mitgliedstaats

(1)   Emissionsmindernde Verfahren, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 96/98/EG fallen, werden gemäß der genannten Richtlinie genehmigt.

(2)   Nicht unter Absatz 1 dieses Artikels fallende emissionsmindernde Verfahren werden nach dem Verfahren gemäß Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2099/2002 genehmigt, wobei Folgendes berücksichtigt wird:

a)

von der IMO ausgearbeitete Leitlinien;

b)

die Ergebnisse etwaiger gemäß Artikel 10 durchgeführter Versuche;

c)

Auswirkungen auf die Umwelt, einschließlich erreichbarer Emissionsminderungen, und Auswirkungen auf die Ökosysteme in geschlossenen Häfen und Flussmündungen;

d)

Durchführbarkeit der Überwachung und Überprüfung.

Artikel 10

Erprobung neuer emissionsmindernder Verfahren

Die Mitgliedstaaten können — gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten — Versuche mit emissionsmindernden Verfahren für Schiffe unter ihrer Flagge oder in Seegebieten ihres Hoheitsbereichs genehmigen. Bei diesen Versuchen ist die Verwendung von Schiffskraftstoffen, die die Anforderungen der Artikel 6 und 7 erfüllen, nicht obligatorisch, sofern

a)

die Kommission und jeder betroffene Hafenstaat mindestens sechs Monate vor Beginn der Versuche schriftlich unterrichtet wird;

b)

die Versuchsgenehmigungen nicht länger als 18 Monate gelten;

c)

auf allen beteiligten Schiffen manipulationssichere Geräte zur ununterbrochenen Überwachung der Schornsteinemissionen angebracht und während des gesamten Versuchszeitraums verwendet werden;

d)

auf allen beteiligten Schiffen Emissionsminderungen erzielt werden, die den Emissionsminderungen, die durch die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte für den Schwefelgehalt im Kraftstoff erzielt würden, zumindest gleichwertig sind;

e)

geeignete Abfallentsorgungssysteme für die Abfälle vorhanden sind, die aufgrund der emissionsmindernden Verfahren während des Versuchszeitraums anfallen;

f)

während des Versuchszeitraums die Auswirkungen auf die Meeresumwelt, insbesondere die Ökosysteme in geschlossenen Häfen und Flussmündungen, untersucht werden und

g)

die vollständigen Ergebnisse innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung der Versuche der Kommission übermittelt und öffentlich zugänglich gemacht werden.

Artikel 11

Finanzielle Maßnahmen

Die Mitgliedstaaten können finanzielle Maßnahmen zugunsten der von dieser Richtlinie betroffenen Wirtschaftsteilnehmer ergreifen, soweit diese Maßnahmen mit den auf diesem Gebiet geltenden und noch zu erlassenden Vorschriften über staatliche Beihilfen in Einklang stehen.

Artikel 12

Veränderungen bei der Versorgung mit Kraft- oder Brennstoffen

Treten in einem Mitgliedstaat aufgrund einer plötzlichen Veränderung bei der Versorgung mit Rohöl, Erdölerzeugnissen oder sonstigen Kohlenwasserstoffen Schwierigkeiten auf, die Grenzwerte für den maximalen Schwefelgehalt gemäß den Artikeln 3 und 4 einzuhalten, so teilt der Mitgliedstaat dies der Kommission mit. Die Kommission kann einen höheren Grenzwert gestatten, der für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten für das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats gilt. Sie teilt ihre Entscheidung dem Rat und den Mitgliedstaaten mit. Jeder Mitgliedstaat kann den Rat binnen eines Monats mit der Entscheidung der Kommission befassen. Der Rat kann innerhalb von zwei Monaten mit qualifizierter Mehrheit einen anderslautenden Beschluss fassen.

Artikel 13

Probenahmen und Analysen

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um durch Probenahmen zu kontrollieren, ob der Schwefelgehalt der verwendeten Kraft- und Brennstoffe den Artikeln 3 bis 7 entspricht. Die Probenahmen beginnen zu dem Zeitpunkt, zu dem der Grenzwert für den maximalen Schwefelgehalt des Kraft- oder Brennstoffs in Kraft tritt. Die Probenahmen müssen regelmäßig, mit ausreichender Häufigkeit und mit ausreichenden Mengen so vorgenommen werden, dass die Proben für den geprüften Kraft- oder Brennstoff sowie — im Fall von Schiffskraftstoffen — für den von Schiffen während ihres Aufenthalts in den betreffenden Seegebieten und Häfen verwendeten Kraftstoff repräsentativ sind. Die Proben sind unverzüglich zu analysieren.

(2)   Die nachstehenden Mittel sind zur Probenahme, Analyse und Überprüfung von Schiffskraftstoffen einzusetzen:

a)

Überprüfung von Logbüchern und Tanklieferscheinen; und

b)

gegebenenfalls die nachstehenden Mittel zur Probenahme und Analyse:

i)

Probenahme während der Lieferung von Schiffskraftstoff zur Verfeuerung an Bord von Schiffen gemäß den am 17. Juli 2009 durch die Entschließung 182(59) des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC für „Marine Environment Protection Committee“) der IMO angenommenen Leitlinien für die Entnahme von Kraftstoffproben zur Überprüfung der Einhaltung der revidierten Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen und Analyse des Schwefelgehalts, oder

ii)

Probenahme und Analyse des Schwefelgehalts von zur Verfeuerung an Bord bestimmtem Schiffskraftstoff in Tanks, sofern technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar, und in verschlossenen Behältern an Bord von Schiffen.

(3)   Die Referenzmethode für die Bestimmung des Schwefelgehalts ist die ISO-Methode 8754 (2003) oder die Methode EN ISO 14596:2007.

Um festzustellen, ob ein an Schiffe gelieferter und an Bord von Schiffen verwendeter Schiffskraftstoff die in den Artikeln 4 bis 7 vorgeschriebenen Schwefelgrenzwerte einhält, wird das in Anhang VI zu Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen festgelegte Verfahren zur Kraftstoffüberprüfung angewendet.

(4)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, Durchführungsrechtsakte zu erlassen, die Folgendes betreffen:

a)

die Häufigkeit der Probenahmen;

b)

die Probenahmeverfahren;

c)

die Definition einer für den geprüften Brenn- oder Kraftstoff repräsentativen Probenahme.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 14

Berichterstattung und Überprüfung

(1)   Die Mitgliedstaaten legen der Kommission auf der Grundlage der Ergebnisse der Probenahmen, Analysen und Überprüfungen gemäß Artikel 13 jährlich bis zum 30. Juni einen Bericht über die Einhaltung der in dieser Richtlinie festgelegten Normwerte für den Schwefelgehalt für das vorangegangene Jahr vor.

Binnen 12 Monaten ab dem in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Datum veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Durchführung dieser Richtlinie auf der Grundlage der gemäß Unterabsatz 1 vorgelegten Berichte und der Mitteilungen über die Verfügbarkeit von den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechenden Schiffskraftstoffen, die die Mitgliedstaaten nach Artikel 6 Absatz 8 Unterabsatz 5 vorzulegen haben. Die Kommission bewertet die Notwendigkeit einer weiteren Verschärfung der einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie und schlägt entsprechende Legislativvorschläge vor.

(2)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis 31. Dezember 2013 einen Bericht vor, dem gegebenenfalls Legislativvorschläge beizufügen sind. In ihrem Bericht untersucht sie das Potenzial für Verringerungen der Luftbelastung und berücksichtigt dabei unter anderem die gemäß den Absätzen 1 und 3 erstellten Jahresberichte, die beobachtete Entwicklung der Luftqualität und der Versauerung, die Kraftstoffkosten, die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen und die beobachtete Verlagerung auf andere Verkehrsträger sowie die Fortschritte bei der Verringerung der Emissionen von Schiffen.

(3)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, Durchführungsrechtsakte über die in den Bericht aufzunehmenden Angaben und das in Absatz 1 genannte Berichtsformat zu erlassen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 17 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 15

Anpassung an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 16 delegierte Rechtsakte zur Anpassung von Artikel 2 Buchstaben a bis e und p, Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i und Artikel 13 Absatz 3 an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu erlassen. Diese Anpassungen dürfen keine unmittelbaren Änderungen des Geltungsbereichs dieser Richtlinie oder der in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte für Schwefel in Kraftstoffen mit sich bringen.

Artikel 16

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 8 Absatz 5 und Artikel 15 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 17. Dezember 2012 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 8 Absatz 5 und Artikel 15 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 8 Absatz 5 und Artikel 15 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um drei Monate verlängert.

Artikel 17

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

Artikel 18

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind.

Die festgelegten Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und können Geldbußen vorsehen, die so berechnet sind, dass den Verantwortlichen zumindest der wirtschaftliche Gewinn aus dem Verstoß gegen die nationalen Vorschriften gemäß Absatz 1 entzogen wird, und die sich bei wiederholten Verstößen stufenweise erhöhen.

Artikel 19

Aufhebung

Die Richtlinie 1999/32/EG, in der Fassung der in Anhang III Teil A aufgeführten Richtlinien, wird unbeschadet der Verpflichtung der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang III Teil B genannten Fristen für die Umsetzung in nationales Recht aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IV zu lesen.

Artikel 20

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 21

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 11. Mai 2016.

In Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J.A. HENNIS-PLASSCHAERT


(1)  ABl. C 12 vom 15.1.2015, S. 117.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 9. März 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 11. April 2016.

(3)  Richtlinie 1999/32/EG des Rates vom 26. April 1999 über eine Verringerung des Schwefelgehalts bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe und zur Änderung der Richtlinie 93/12/EWG (ABl. L 121 vom 11.5.1999, S. 13).

(4)  Siehe Anhang III, Teil A.

(5)  Beschluss Nr. 1600/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juli 2002 über das sechste Umweltaktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 242 vom 10.9.2002, S. 1).

(6)  Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 171).

(7)  Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

(8)  Richtlinie 2001/80/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Begrenzung von Schadstoffemissionen von Großfeuerungsanlagen in die Luft (ABl. L 309 vom 27.11.2001, S. 1).

(9)  Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(11)  Verordnung (EG) Nr. 2099/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 zur Einsetzung eines Ausschusses für die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (COSS) sowie zur Änderung der Verordnungen über die Sicherheit im Seeverkehr und die Vermeidung von Umweltverschmutzung durch Schiffe (ABl. L 324 vom 29.11.2002, S. 1).

(12)  Richtlinie 96/98/EG des Rates vom 20. Dezember 1996 über Schiffsausrüstung (ABl. L 46 vom 17.2.1997, S. 25).

(13)  Richtlinie 98/70/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über die Qualität von Otto- und Dieselkraftstoffen und zur Änderung der Richtlinie 93/12/EWG des Rates (ABl. L 350 vom 28.12.1998, S. 58).

(14)  Richtlinie 97/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen zur Bekämpfung der Emission von gasförmigen Schadstoffen und luftverunreinigenden Partikeln aus Verbrennungsmotoren für mobile Maschinen und Geräte (ABl. L 59 vom 27.2.1998, S. 1).

(15)  Richtlinie 94/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Juni 1994 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Sportboote (ABl. L 164 vom 30.6.1994, S. 15).


ANHANG I

FÜR EMISSIONSMINDERNDE VERFAHREN GELTENDE GLEICHWERTIGE EMISSIONSWERTE GEMÄSS ARTIKEL 8 ABSATZ 2

Schwefelgrenzwerte für Schiffskraftstoffe gemäß den Artikeln 6 und 7 der vorliegenden Richtlinie sowie Regel 14 Nummern 1 und 4 von Anlage VI zum MARPOL-Übereinkommen sowie entsprechende Emissionswerte gemäß Artikel 8 Absatz 2

Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen (% m/m)

Verhältnis SO2-Emissionen (ppm)/CO2 (% v/v)

3,50

151,7

1,50

65,0

1,00

43,3

0,50

21,7

0,10

4,3

Anmerkung:

Die Grenzwerte für das Verhältnis der Emissionen können nur bei Verwendung von Destillat- oder Rückstandskraftstoffen auf Erdölbasis angewendet werden.

In begründeten Fällen kann die CO2-Konzentration, wenn sie durch die Abgasreinigungsanlage gesenkt wird, am Einlasspunkt der Abgasreinigungsanlage gemessen werden, vorausgesetzt, dass die Korrektheit dieser Methode eindeutig nachweisbar ist.


ANHANG II

KRITERIEN GEMÄSS ARTIKEL 8 ABSATZ 4 FÜR DIE ANWENDUNG EMISSIONSMINDERNDER VERFAHREN

Die emissionsmindernden Verfahren gemäß Artikel 8 müssen mindestens den in den nachstehenden Instrumenten gegebenenfalls spezifizierten Kriterien entsprechen:

Emissionsminderndes Verfahren

Verwendungskriterien

Mischung von Schiffskraftstoff und Abdampf

Beschluss 2010/769/EU (1)

Abgasreinigungssysteme

Entschließung MEPC.184(59), verabschiedet am 17. Juli 2009,

„Waschwasser aus Abgasreinigungsanlagen, die Chemikalien, Zusätze und Zubereitungen einsetzen, und vor Ort erzeugte relevante Chemikalien“ im Sinne der Nummer 10.1.6.1 der Entschließung MEPC.184(59) dürfen nicht ins Meer, einschließlich geschlossener Häfen und Flussmündungen, eingeleitet werden, wenn der Betreiber des Schiffes nicht nachweist, dass die Waschwassereinleitung keine erheblichen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt hat und keine entsprechenden Gefahren verursacht. Handelt es sich bei der eingesetzten Chemikalie um Natronlauge, genügt es, dass das Waschwasser den Kriterien der Entschließung MEPC.184(59) entspricht und sein pH-Wert nicht mehr als 8,0 beträgt.

Biokraftstoffe

Einsatz von Biokraftstoffen gemäß der Definition in der Richtlinie 2009/28/EG (2), die den einschlägigen CEN- und ISO-Normen genügen.

Mischungen von Biokraftstoffen und Schiffskraftstoffen müssen den Schwefelgehaltsnormen nach Artikel 5, Artikel 6 Absätze 1, 2 und 5 und Artikel 7 dieser Richtlinie genügen.


(1)  Beschluss 2010/769/EU der Kommission vom 13. Dezember 2010 über die Festlegung von Kriterien für den Einsatz von Technologien, die bei Flüssiggastankern eine Alternative zur Verwendung schwefelarmer Schiffskraftstoffe darstellen, die den Anforderungen des Artikels 4b der Richtlinie 1999/32/EG des Rates über eine Verringerung des Schwefelgehalts bestimmter flüssiger Kraft- oder Brennstoffe in der durch die Richtlinie 2005/33/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über den Schwefelgehalt von Schiffskraftstoffen geänderten Fassung entsprechen (ABl. L 328 vom 14.12.2010, S. 15).

(2)  Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energien aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16).


ANHANG III

TEIL A

Aufgehobene Richtlinie mit Liste ihrer nachfolgenden Änderungen

(gemäß Artikel 19)

Richtlinie 1999/32/EG des Rates

(ABl. L 121 vom 11.5.1999, S. 13)

 

Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1)

Nur Nummer 19 des Anhangs I

Richtlinie 2005/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 191 vom 22.7.2005, S. 59)

 

Verordnung (EG) Nr. 219/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 109)

Nur Nummer 3.4 des Anhangs

Richtlinie 2009/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 88)

Nur Artikel 2

Richtlinie 2012/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates

(ABl. L 327 vom 27.11.2012, S. 1)

 

TEIL B

Fristen für die Umsetzung in nationales Recht

(gemäß Artikel 19)

Richtlinie

Umsetzungsfrist

1999/32/EG

1. Juli 2000

2005/33/EG

11. August 2006

2009/30/EG

31. Dezember 2010

2012/33/EU

18. Juni 2014


ANHANG IV

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Richtlinie 1999/32/EG

Vorliegende Richtlinie

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 1 Absatz 1

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Einleitung

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Einleitung

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d Einleitung

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d Einleitung

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d erster Gedankenstrich

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d Ziffer i

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d zweiter Gedankenstrich

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe d Ziffer ii

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstaben e bis h

Artikel 1 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstaben e bis h

Artikel 2 Einleitung

Artikel 2 Einleitung

Artikel 2 Nummer 1

Artikel 2 Buchstabe a

Artikel 2 Nummer 1 erster Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe a Ziffer i

Artikel 2 Nummer 1 zweiter Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe a Ziffer ii

Artikel 2 Nummer 2

Artikel 2 Buchstabe b

Artikel 2 Nummer 2 erster Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe b Ziffer i

Artikel 2 Nummer 2 zweiter Gedankenstrich

Artikel 2 Buchstabe b Ziffer ii

Artikel 2 Nummer 2 abschließende Worte

Artikel 2 Buchstabe b abschließende Worte

Artikel 2 Nummer 3

Artikel 2 Buchstabe c

Artikel 2 Nummer 3a

Artikel 2 Buchstabe d

Artikel 2 Nummer 3b

Artikel 2 Buchstabe e

Artikel 2 Nummer 3c

Artikel 2 Buchstabe f

Artikel 2 Nummer 3d

Artikel 2 Buchstabe g

Artikel 2 Nummer 3e

Artikel 2 Buchstabe h

Artikel 2 Nummer 3f

Artikel 2 Buchstabe i

Artikel 2 Nummer 3g

Artikel 2 Buchstabe j

Artikel 2 Nummer 3h

Artikel 2 Buchstabe k

Artikel 2 Nummer 3i

Artikel 2 Buchstabe l

Artikel 2 Nummer 3k

Artikel 2 Buchstabe m

Artikel 2 Nummer 3l

Artikel 2 Buchstabe n

Artikel 2 Nummer 3m

Artikel 2 Buchstabe o

Artikel 2 Nummer 4

Artikel 2 Buchstabe p

Artikel 2 Nummer 5

Artikel 2 Buchstabe q

Artikel 3

Artikel 3

Artikel 3a

Artikel 5

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 4a Absatz 1

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 4a Absatz 1a

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 4a Absatz 2

Artikel 6 Absatz 3

Artikel 4a Absatz 3

Artikel 6 Absatz 4

Artikel 4a Absatz 4

Artikel 6 Absatz 5

Artikel 4a Absatz 5

Artikel 6 Absatz 6

Artikel 4a Absatz 5a

Artikel 6 Absatz 7

Artikel 4a Absatz 5b

Artikel 6 Absatz 8

Artikel 4a Absatz 6

Artikel 6 Absatz 9

Artikel 4a Absatz 7

Artikel 6 Absatz 10

Artikel 4b

Artikel 7

Artikel 4c Absatz 1 und 2

Artikel 8 Absatz 1 und 2

Artikel 4c Absatz 2a

Artikel 8 Absatz 3

Artikel 4c Absatz 3

Artikel 8 Absatz 4

Artikel 4c Absatz 4

Artikel 8 Absatz 5

Artikel 4d

Artikel 9

Artikel 4e

Artikel 10

Artikel 4f

Artikel 11

Artikel 5

Artikel 12

Artikel 6 Absatz 1

Artikel 13 Absatz 1

Artikel 6 Absatz 1a

Artikel 13 Absatz 2

Artikel 6 Absatz 2

Artikel 13 Absatz 3

Artikel 6 Absatz 1b

Artikel 13 Absatz 4

Artikel 7 Absatz 1 und 2

Artikel 14 Absatz 1 und 2

Artikel 7 Absatz 1a

Artikel 14 Absatz 3

Artikel 7 Absatz 3

Artikel 7 Absatz 4

Artikel 15

Artikel 9

Artikel 17

Artikel 9a

Artikel 16

Artikel 10

Artikel 11 Absatz 1

Artikel 18 Absatz 1

Artikel 11 Absatz 2

Artikel 18 Absatz 2

Artikel 19

Artikel 12

Artikel 20

Artikel 13

Artikel 21

Anhänge I und II

Anhänge I und II

Anhang III

Anhang IV


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/79


BESCHLUSS (EU) 2016/803 DES RATES

vom 7. Mai 2015

über die Unterzeichnung — im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten — eines Protokolls zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union und über die vorläufige Anwendung des Protokolls

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 5,

gestützt auf die Akte über den Beitritt Kroatiens, insbesondere auf Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 14. September 2012 hat der Rat die Kommission ermächtigt, im Namen der Union, ihrer Mitgliedstaaten und der Republik Kroatien Verhandlungen über den Abschluss eines Protokolls zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits (1) anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union (im Folgenden „Protokoll“) aufzunehmen.

(2)

Diese Verhandlungen wurden am 24. April 2014 erfolgreich abgeschlossen.

(3)

Das Protokoll sollte im Namen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten vorbehaltlich seines späteren Abschlusses unterzeichnet werden.

(4)

Das Protokoll sollte vorläufig angewendet werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Unterzeichnung des Protokolls zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union wird — vorbehaltlich seines Abschlusses — im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten genehmigt.

Der Wortlaut des Protokolls ist diesem Beschluss beigefügt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates wird ermächtigt, die Person(en) zu bestellen, die befugt ist (sind), das Protokoll im Namen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu unterzeichnen.

Artikel 3

Das Protokoll wird gemäß Artikel 3 Absatz 2 des Protokolls ab seiner Unterzeichnung durch die Vertragsparteien (2) bis zu seinem Inkrafttreten vorläufig angewandt.

Artikel 4

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 7. Mai 2015.

In Namen des Rates

Der Präsident

E. RINKĒVIČS


(1)  Der Wortlaut des Abkommens ist in ABl. L 334 vom 6.12.2012, S. 3 veröffentlicht.

(2)  Der Zeitpunkt, ab dem das Protokoll vorläufig angewendet wird, wird auf Veranlassung des Generalsekretariats des Rates im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/81


PROTOKOLL

zur Änderung des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits anlässlich des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union

DAS KÖNIGREICH BELGIEN,

DIE REPUBLIK BULGARIEN,

DIE TSCHECHISCHE REPUBLIK,

DAS KÖNIGREICH DÄNEMARK,

DIE BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND,

DIE REPUBLIK ESTLAND

IRLAND

DIE HELLENISCHE REPUBLIK,

DAS KÖNIGREICH SPANIEN

DIE FRANZÖSISCHE REPUBLIK

DIE REPUBLIK KROATIEN

DIE ITALIENISCHE REPUBLIK,

DIE REPUBLIK ZYPERN

DIE REPUBLIK LETTLAND,

DIE REPUBLIK LITAUEN,

DAS GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG,

UNGARN

DIE REPUBLIK MALTA,

DAS KÖNIGREICH DER NIEDERLANDE,

DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

DIE REPUBLIK POLEN,

DIE PORTUGIESISCHE REPUBLIK,

RUMÄNIEN,

DIE REPUBLIK SLOWENIEN,

DIE SLOWAKISCHE REPUBLIK,

DIE REPUBLIK FINNLAND,

DAS KÖNIGREICH SCHWEDEN,

DAS VEREINIGTE KÖNIGREICH GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND,

als Parteien des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und als Mitgliedstaaten der Europäischen Union (im Folgenden „Mitgliedstaaten“), und

DIE EUROPÄISCHE UNION

einerseits und

DAS HASCHEMITISCHE KÖNIGREICH JORDANIEN

andererseits,

IN ANBETRACHT des Beitritts der Republik Kroatien zur Europäischen Union am 1. Juli 2013,

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Die Republik Kroatien ist Vertragspartei des Europa-Mittelmeer-Luftverkehrsabkommens zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und dem Haschemitischen Königreich Jordanien andererseits (1), das am 15. Dezember 2010 unterzeichnet wurde (im Folgenden „Abkommen“).

Artikel 2

Die kroatische Sprachfassung des Abkommens (2) ist in gleicher Weise verbindlich wie die anderen Sprachfassungen.

Artikel 3

(1)   Dieses Protokoll wird von den Vertragsparteien nach Maßgabe ihrer eigenen Verfahren genehmigt. Es tritt am Datum des Inkrafttretens des Abkommens in Kraft. Sollte dieses Protokoll von den Vertragsparteien erst nach Inkrafttreten des Abkommens genehmigt werden, tritt es gemäß Artikel 29 Absatz 1 des Abkommens einen Monat nach dem Datum der zuletzt eingegangenen Note im Rahmen eines diplomatischen Notenaustausches zwischen den Vertragsparteien in Kraft, in der die Vertragsparteien bestätigen, dass alle für das Inkrafttreten dieses Protokolls erforderlichen Verfahren abgeschlossen sind.

(2)   Dieses Protokoll ist Bestandteil des Abkommens und wird ab seiner Unterzeichnung durch die Vertragsparteien vorläufig angewendet.

Geschehen zu Brüssel am 3. Mai 2016 in doppelter Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer, ungarischer und arabischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.

За държавите-членки

Por los Estados miembros

Za členské státy

For medlemsstaterne

Für die Mitgliedstaaten

Liikmesriikide nimel

Για τα κράτη μέλη

For the Member States

Pour les États membres

Za države članice

Per gli Stati membri

Dalībvalstu vārdā –

Valstybių narių vardu

A tagállamok részéről

Għall-Istati Membri

Voor de lidstaten

W imieniu Państw Członkowskich

Pelos Estados-Membros

Pentru statele membre

Za členské štáty

Za države članice

Jäsenvaltioiden puolesta

För medlemsstaterna

Image

Image

За Европейския съюз

Рог la Unión Europea

Za Evropskou unii

For Den Europæiske Union

Für die Europäische Union

Euroopa Liidu nimel

Για την Ευρωπαϊκή Ένωση

For the European Union

Pour l'Union européenne

Za Europsku uniju

Per l'Unione europea

Eiropas Savienības vārdā –

Europos Sąjungos vardu

Az Európai Unió részéről

Għall-Unjoni Ewropea

Voor de Europese Unie

W imieniu Unii Europejskiej

Pela União Europeia

Pentru Uniunea Europeană

Za Európsku úniu

Za Evropsko unijo

Euroopan unionin puolesta

För Europeiska unionen

Image

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За Хашемитското кралство Йордания

Por el Reino Hachemí de Jordania

Za Jordánské hášimovské království

For Det Hashemitiske Kongerige Jordan

Für das Haschemitische Königreich Jordanien

Jordaania Hašimiidi Kuningriigi nimel

Για το Χασεμιτικό Βασίλειο της Ιορδανίας

For the Hashemite Kingdom of Jordan

Pour le Royaume hachémite de Jordanie

Za Hašemitsku Kraljevinu Jordan

Per il Regno hascemita di Giordania

Jordānijas Hāšimītu Karalistes vārdā –

Jordanijos Hašimitų Karalystės vardu

A Jordán Hásimita Királyság részéről

Għar-Renju Ħaxemita tal-Ġordan

Voor het Hasjemitisch Koninkrijk Jordanië

W imieniu Jordańskiego Królestwa Haszymidzkiego

Pelo Reino Hachemita da Jordânia

Pentru Regatul Hașemit al Iordaniei

Za Jordánske hášimovské kráľovstvo

Za Hašemitsko kraljevino Jordanijo

Jordanian hašemiittisen kuningaskunnan puolesta

För Hashemitiska konungariket Jordanien

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(1)  Der Wortlaut des Abkommens ist im ABl. L 334 vom 6.12.2012, S. 3, veröffentlicht.

(2)  Sonderausgabe in kroatischer Sprache, Kapitel 7 Band 24, S. 280.


VERORDNUNGEN

21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/85


VERORDNUNG (EU, Euratom) 2016/804 DES RATES

vom 17. Mai 2016

zur Änderung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 zur Festlegung der Methoden und Verfahren für die Bereitstellung der traditionellen, der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel sowie der Maßnahmen zur Bereitstellung der erforderlichen Kassenmittel

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 322 Absatz 2,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 106a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Rechnungshofs (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates (3) erhielt durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 des Rates (4) eine Neufassung. Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 soll am Tag des Inkrafttretens des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom des Rates (5) in Kraft treten. Dieser Beschluss ist noch nicht in Kraft getreten.

(2)

Um der Kommission (Eurostat) genügend Zeit für eine Bewertung der betreffenden Daten zum Bruttonationaleinkommen (BNE) und dem BNE-Ausschuss über ausreichend Zeit für eine Stellungnahme zu den BNE-Daten zu geben, sollten Änderungen des BNE für ein bestimmtes Haushaltsjahr bis zum 30. November des vierten Jahres nach Ablauf dieses Haushaltsjahres möglich sein. Die Aufbewahrungsfrist für die Unterlagen zu den Mehrwertsteuer-(MwSt.-)Eigenmitteln und BNE-Eigenmitteln sollte daher ebenfalls vom 30. September bis zum 30. November des vierten Jahres nach dem betreffenden Haushaltsjahr verlängert werden.

(3)

In dieser Verordnung sollte die bestehende Praxis berücksichtigt werden, wonach die Kommissionskonten für Eigenmittelzwecke im Sinne von Artikel 9 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 (im Folgenden „Eigenmittelkonten der Kommission“) bei den Haushaltsverwaltungen oder den nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaatengeführt werden. Der Begriff „Haushaltsverwaltungen“ sollte sich auch auf andere öffentliche Stellen beziehen, die ähnliche Aufgaben wahrnehmen.

(4)

Die Eigenmittelkonten der Kommission sollten gebührenfrei und zinsfrei geführt werden. Die Erhebung von Gebühren oder Negativzinsen würde die Mittel des Unionshaushalts reduzieren und zu einer ungleichen Behandlung von Mitgliedstaaten führen. Sofern Negativzinsen auf die Eigenmittelkonten der Kommission erhoben werden, sollten die betreffenden Mitgliedstaaten daher einen Betrag in Höhe dieser Negativzinsen gutschreiben. Da einige Mitgliedstaaten nicht die Möglichkeit haben, die finanziellen Auswirkungen der Verpflichtung, den Eigenmittelkonten der Kommission die entsprechenden Beträge an Negativzinsen gutzuschreiben, zu vermeiden, ist es angezeigt, dass sich die Kommission bei der Deckung ihres Kassenmittelbedarfs um eine Verringerung dieser Auswirkungen bemüht, indem sie vorrangig auf die den betreffenden Konten gutgeschriebenen Beträge zurückgreift.

(5)

Die Eigenmittelkonten der Kommission sollten nur auf Anweisung der Kommission belastet werden. Die Erhebung von Negativzinsen sollte hiervon unberührt bleiben.

(6)

Im Interesse der Klarheit und Lesbarkeit sollte Artikel 10 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 in mehrere Artikel aufgeteilt werden.

(7)

Die Kommission sollte zu jeder Zeit über entsprechende Kassenmittel verfügen, um dem Zahlungsbedarf, der sich aus der Ausführung des Haushaltsplans, insbesondere in den ersten Monaten des Jahres, ergibt, nachkommen zu können. Die Kommission hat bereits die Möglichkeit, die Mitgliedstaaten dazu aufzufordern, die Gutschrift von bis zu zwei zusätzlichen Zwölfteln für den speziellen Bedarf im Zusammenhang mit den Ausgaben des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) vorzuziehen. Damit das Risiko von Zahlungsverzögerungen aufgrund vorübergehender Engpässe bei den Kassenmitteln weiter verringert wird, sollte die Kommission die Mitgliedstaaten dazu auffordern können, die Gutschrift von bis zu einem zusätzlichen halben Zwölftel für den speziellen Bedarf im Zusammenhang mit den Ausgaben der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) vorzuziehen, soweit das durch den Bedarf an Kassenmitteln gerechtfertigt ist. Um jedoch eine übermäßige Belastung der nationalen Haushaltsverwaltungen zu vermeiden, sollte der Gesamtbetrag der Mittel, die innerhalb eines Monats vorgezogen werden können, zwei zusätzliche Zwölftel nicht überschreiten. Überdies darf dies aufgrund des speziellen Zahlungsbedarfs des EGFL nicht zum Nachteil dieses Fonds angewendet werden.

(8)

Nach der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1150/2000 berechnet die Kommission die Angleichungen der MwSt.- und BNE-Eigenmittel und teilt sie den Mitgliedstaaten so rechtzeitig mit, dass diese sie am ersten Arbeitstag des Monats Dezember dem Eigenmittelkonto der Kommission gutschreiben können. Die Beträge, die aufgrund der Angleichungen am ersten Arbeitstag des Monats Dezember 2014 bereitzustellen waren, waren von zuvor ungekannter Höhe. Damit die Mitgliedstaaten unmittelbar vor Jahresende keinen unverhältnismäßig starken Haushaltszwängen ausgesetzt werden, wurde die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1377/2014 (8) dahingehend geändert, dass die Angleichungsbeträge in bestimmten Ausnahmefällen dem Eigenmittelkonto der Kommission später gutgeschrieben werden können.

(9)

Die so geänderte Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 verliert ihre Gültigkeit, sobald die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 in Kraft tritt. Die Gültigkeit solcher aufgeschobenen Gutschriften von Angleichungsbeträgen, die bereits förmlich im Rahmen der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1377/2014 beantragt wurden, während die letztgenannte Verordnung noch in Kraft war, sollte hiervon jedoch nicht berührt werden.

(10)

Zur Vereinfachung und zur Begrenzung der Belastung der Haushalte der Mitgliedstaaten und der Kommission, insbesondere gegen Jahresende, sollte das Verfahren zur Angleichung der MwSt.- und BNE-Eigenmittel verschlankt werden. Zwischen der offiziellen Mitteilung der erforderlichen Angleichungsbeträge an die Mitgliedstaaten und deren Gutschrift auf dem Eigenmittelkonto der Kommission sollte mehr Zeit zur Verfügung stehen. Diese Mitteilung und die Gutschrift sollten im selben Jahr erfolgen, da jenes Jahr auch für die Erfassung der Auswirkungen auf die Konten des Sektors Staat und für die Zwecke des Stabilitäts- und Wachstumspakts maßgeblich ist. Der Gesamtbetrag der Angleichungen sollte unmittelbar anhand der jeweiligen Anteile an den BNE-Eigenmitteln auf die Mitgliedstaaten umgelegt werden. Damit wäre die Notwendigkeit der durch die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1377/2014 eingeführten Ausnahmeregelung hinfällig.

(11)

Damit die Ziele der Union verwirklicht werden, sollte das Verfahren für die Berechnung der Zinsen insbesondere gewährleisten, dass die Eigenmittel fristgerecht und in voller Höhe bereitgestellt werden.

(12)

Um für mehr Rechtssicherheit und Klarheit zu sorgen, sollten für MwSt.- und BNE-Eigenmittel die Fälle, in denen Verzugszinsen anfallen, eindeutig festgelegt werden. Angesichts der Besonderheiten dieser Eigenmittel, für die ein Prüfzyklus vorgesehen ist, der Berichtigungen bzw. Angleichungen innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren erlaubt, sollten Änderungen der MwSt.- und BNE-Eigenmittel aufgrund solcher Berichtigungen oder Angleichungen nicht zu einer rückwirkenden Berechnung von Zinsen führen. Verzugszinsen im Zusammenhang mit diesen Mitteln sollten daher nur für Verzögerungen bei der Gutschrift der monatlichen Zwölftel und der aus der jährlichen Berechnung der Angleichungen für frühere Haushaltsjahre resultierenden Beträge anfallen. Um außerdem weiterhin angemessene Anreize für Korrekturmaßnahmen zu geben, sollten Verzugszinsen auch anfallen, wenn die sich aus bestimmten Berichtigungen der MwSt.-Übersichten ergebenden Beträge zu einem späteren Termin gutgeschrieben werden, als in den von der Kommission gemäß Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates (9) ergriffenen Maßnahmen angegeben. Versäumt ein Mitgliedstaat darüber hinaus, innerhalb der von der Kommission ausdrücklich festgelegten Frist Berichtigungen an den BNE-Daten vorzunehmen, die zur Behandlung der von der Kommission oder einem Mitgliedstaat mitgeteilten Punkte notwendig sind, so sollten auch für jede Erhöhung der Eigenmittel, die auf eine Angleichung infolge der Behandlung des mitgeteilten Punktes zurückzuführen ist, Verzugszinsen erhoben werden. Diese Zinsen sollten ab dem Zeitpunkt anfallen, zu dem der Angleichungsbetrag hätte gutgeschrieben werden sollen — d. h. der erste Arbeitstag im Juni des auf das Jahr, in dem die Frist abläuft, folgenden Jahres — bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Angleichungsbetrag auf dem Konto gutgeschrieben wird. Im Einklang mit den geltenden Regeln und Verfahren sollte jede verspätete Gutschrift im Zusammenhang mit traditionellen Eigenmitteln zur Berechnung von Verzugszinsen führen.

(13)

Das in Artikel 12 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 festgelegte Zinssatzsystem enthält eine festgesetzte Erhöhung des Basissatzes um 2 Prozentpunkte und eine progressive Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte je Verzugsmonat; der erhöhte Zinssatz findet auf den gesamten Verzugszeitraum Anwendung. Mit dem derzeitigen Zinssatzsystem konnte sichergestellt werden, dass die für den Haushaltsvollzug erforderlichen Eigenmittel fristgerecht und in voller Höhe bereitgestellt werden; daher sollten seine wichtigsten Elemente beibehalten werden.

(14)

Allerdings führten die bestehenden Vorschriften, die einen fortwährenden Anstieg des Satzes vorsehen, in Ausnahmefällen mit mehreren Jahren Verzug zur Entrichtung sehr hoher Zinsen. Damit die Verhältnismäßigkeit des Systems gewahrt wird, ohne die abschreckende Wirkung zu beeinträchtigen, sollte die kumulierte Erhöhung dieses Basissatzes auf höchstens 16 Prozentpunkte pro Jahr begrenzt werden.

(15)

Andererseits kann die bestehende festgesetzte Erhöhung des Basissatzes um 2 Prozentpunkte insbesondere bei kurzem Verzug in einer Situation, in der die Refinanzierungskosten auf dem Geldmarkt höher sind als die zu entrichtenden Zinsen, dazu führen, dass kein Anreiz für die fristgerechte Bereitstellung der Eigenmittel besteht. Um das reibungsloses Funktionieren des Systems weiter zu verbessern, sollte die festgesetzte Erhöhung des Basissatzes daher auf 2,5 Prozentpunkte angehoben werden, und der sich daraus ergebende Zinssatz sollte nicht niedriger sein als dieser Prozentsatz, selbst wenn der anwendbare Basissatz negativ ist. Dadurch sollten insbesondere Verzögerungen bei der Bereitstellung der monatlichen Zwölftel der MwSt.- und BNE-Eigenmittel, die derzeit mehr als 80 % der Einnahmen des Haushalts der Union ausmachen, verhindert werden.

(16)

Damit der wirksame Schutz der finanziellen Interessen der Union gestärkt wird und zur Berücksichtigung der neuen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) sollten die Mitgliedstaaten von der Pflicht zur Bereitstellung solcher Beträge traditioneller Eigenmittel an den Unionshaushalt entbunden werden können, die sich als uneinbringlich herausstellen, weil die buchmäßige Erfassung oder die Mitteilung der Zollschulden aufgeschoben wurde, um strafrechtliche Ermittlungen, die die finanziellen Interessen der Union berühren, nicht zu beeinträchtigen. Die Kommission sollte den Mitgliedstaaten so rasch wie möglich mitteilen, nach welchen Kriterien Fälle, die für diese Möglichkeit in Betracht kommen, beurteilt werden, und diese Kriterien erforderlichenfalls aktualisieren.

(17)

Die Meldeschwelle für Fälle, in denen traditionelle Eigenmittel für uneinbringlich erklärt wurden oder als uneinbringlich gelten, sollte angehoben werden, um den Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten und die Kommission zu senken.

(18)

Es sollte präzisiert werden, dass die Befugnis der Kommission nach Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014, ausschließlich bei Zahlungsausfall im Rahmen eines gemäß den Verordnungen und Beschlüssen des Rates begebenen oder garantierten Darlehens Belastungen über den Gesamtbetrag des Guthabens hinaus vorzunehmen, auch bei Verordnungen und Beschlüssen besteht, die seit dem Vertrag von Lissabon nicht vom Rat alleine, sondern gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom Europäischen Parlament und dem Rat gemeinsam verabschiedet werden.

(19)

Außer in Ausnahmefällen sollte die Kommission den Mitgliedstaaten oder ihren nationalen Zentralbanken ihre Anweisungen zur Bereitstellung von Kassenmitteln auf den Konten, die für die Verwahrung von Eigenmitteln eröffnet wurden, mindestens einen Tag vor deren vorgesehener Ausführung mitteilen.

(20)

Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 sollte daher entsprechend geändert werden.

(21)

Aus Gründen der Kohärenz sollte die vorliegende Verordnung am selben Tag in Kraft treten wie die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014. Die in der vorliegenden Verordnung vorgenommene Änderung des Artikels 18 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 sollte ab dem 1. Januar 2014 gelten, damit die fortwährende Anwendung der Ausnahmeregelung gemäß der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1377/2014 bis zum Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung gewährleistet ist. Die in der vorliegenden Verordnung vorgenommene Änderung des Artikels 12 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 sollte gelten, wenn das Fälligkeitsdatum der Eigenmittel nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung liegt. Jedoch sollten die Mitgliedstaaten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch die Begrenzung der Gesamterhöhung des Zinssatzes sowie die Beschränkung für die Zahlung von Verzugszinsen für MwSt.-Eigenmittel nur bei Verzögerungen gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014, in der durch die vorliegende Verordnung geänderten Fassung, in Anspruch nehmen können, und zwar für Eigenmittel, die vor dem Datum des Inkrafttretens der vorliegenden Verordnung geschuldet waren, soweit diese Eigenmittel nach diesem Zeitpunkt bekannt wurden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 3 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„Die Unterlagen zu den in Artikel 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 genannten statistischen Verfahren und Grundlagen werden von den Mitgliedstaaten bis zum 30. November des vierten auf das betreffende Haushaltsjahr folgenden Jahres aufbewahrt. Die Unterlagen zur Grundlage der MwSt.-Eigenmittel werden für denselben Zeitraum aufbewahrt.“

2.

Artikel 6 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Bei der Haushaltsverwaltung jedes Mitgliedstaats oder einer ähnliche Funktionen ausübenden öffentlichen Einrichtung (im Folgenden „Haushaltsverwaltung“) oder der nationalen Zentralbank jedes Mitgliedstaats wird über die Eigenmittel Buch geführt. Diese Buchführung wird nach der Art der Mittel aufgegliedert.“

b)

Absatz 3 Unterabsatz 3 wird wie folgt geändert:

i)

im ersten Gedankenstrich wird die Bezugnahme auf „Artikel 10 Absatz 3“ durch eine Bezugnahme auf „Artikel 10a Absatz 1“ ersetzt;

ii)

der zweite Gedankenstrich erhält folgende Fassung:

„—

jährlich, was das Ergebnis der in Artikel 10b Absatz 5 Unterabsatz 1 genannten Berechnung betrifft, mit Ausnahme der in Artikel 10b Absatz 2 Buchstabe b vorgesehenen besonderen Angleichungen, die am ersten Arbeitstag des Monats, der auf die Feststellung des Einvernehmens zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission folgt, in die Buchführung aufgenommen werden.“

3.

Artikel 9 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

i)

Die Unterabsätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

„(1)   Jeder Mitgliedstaat schreibt die Eigenmittel nach dem Verfahren der Artikel 10, 10a und 10b dem Konto gut, das zu diesem Zweck auf den Namen der Kommission bei der Haushaltsverwaltung oder bei der nationalen Zentralbank des Mitgliedstaats eingerichtet wurde. Vorbehaltlich der Anrechnung von Negativzinsen gemäß Unterabsatz 3 darf dieses Konto nur auf Anweisung der Kommission belastet werden.

Das Konto wird in der Landeswährung, gebührenfrei und zinsfrei geführt.“

ii)

Folgender Unterabsatz wird eingefügt:

„Werden auf das Konto Negativzinsen erhoben, so schreibt der betroffene Mitgliedstaat dem Konto den Betrag gut, der dem Betrag der auf dieses Konto erhobenen Negativzinsen entspricht, und zwar spätestens am ersten Arbeitstag des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem diese Negativzinsen erhoben wurden.“

b)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Die Mitgliedstaaten oder ihre nationalen Zentralbanken übermitteln der Kommission auf elektronischem Wege Folgendes:

a)

an dem Arbeitstag, an dem die Eigenmittel dem Konto der Kommission gutgeschrieben werden, einen Kontoauszug oder eine Gutschriftsanzeige, in dem bzw. in der die Gutschrift der Eigenmittel ausgewiesen sind;

b)

unbeschadet des Buchstabens a spätestens am zweiten Arbeitstag nach Gutschreibung der Eigenmittel auf dem Konto der Kommission einen Kontoauszug, in dem die Gutschrift der Eigenmittel ausgewiesen sind.“

4.

Artikel 10 erhält folgende Fassung:

„Artikel 10

Bereitstellung der traditionellen Eigenmittel

(1)   Nach Abzug der Erhebungskosten gemäß Artikel 2 Absatz 3 und Artikel 10 Absatz 3 des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom erfolgt die Gutschrift der traditionellen Eigenmittel nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a des genannten Beschlusses spätestens am ersten Arbeitstag nach dem Neunzehnten des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Anspruch nach Artikel 2 der vorliegenden Verordnung festgestellt wurde.

Bei den nach Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 2 in einer gesonderten Buchführung ausgewiesenen Ansprüchen erfolgt die Gutschrift spätestens am ersten Arbeitstag nach dem Neunzehnten des zweiten Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Ansprüche eingezogen wurden.

(2)   Im Bedarfsfall können die Mitgliedstaaten von der Kommission ersucht werden, andere Mittel als MwSt.- und BNE-Eigenmittel einen Monat vorher anhand der Angaben gutzuschreiben, über die sie zum Fünfzehnten des gleichen Monats verfügen.

Jede vorgezogene Gutschrift wird im darauffolgenden Monat, wenn die Gutschrift nach Absatz 1 erfolgt, verrechnet. Hierbei wird eine Lastschrift in Höhe der vorgezogenen Gutschrift vorgenommen.

Artikel 10a

Bereitstellung der MwSt.- und BNE-Eigenmittel

(1)   Die Gutschrift der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel erfolgt unter Berücksichtigung der Auswirkungen, die die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs sowie die Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Schweden gewährten Bruttokürzungen auf diese Einnahmen haben, am ersten Arbeitstag jedes Monats, und zwar in Höhe eines Zwölftels der entsprechenden Gesamtbeträge im Haushaltsplan, das zu den im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Umrechnungskursen des letzten Börsentages des dem Haushaltsjahr vorangehenden Kalenderjahres in Landeswährung umzurechnen ist.

(2)   Für den spezifischen Bedarf im Zusammenhang mit den Ausgaben des EGFL gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (*) können die Mitgliedstaaten je nach Stand der Kassenmittel der Union von der Kommission ersucht werden, die Gutschrift eines Zwölftels oder eines Bruchteils eines Zwölftels der Beträge, die im Haushaltsplan für die MwSt.- und die BNE-Eigenmittel veranschlagt sind, im ersten Vierteljahr des Haushaltsjahres um bis zu zwei Monate vorzuziehen; bei diesen Beträgen werden die Auswirkungen berücksichtigt, die die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs sowie die Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Schweden gewährten Bruttokürzungen auf diese Einnahmen haben.

Vorbehaltlich des Unterabsatzes 3 können die Mitgliedstaaten für den spezifischen Bedarf im Zusammenhang mit den Ausgaben des europäischen Struktur- und Investitionsfonds gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (**) je nach Stand der Kassenmittel der Union von der Kommission ersucht werden, die Gutschrift von zusätzlich bis zur Hälfte eines Zwölftels der Beträge, die im Haushaltsplan für die MwSt.- und die BNE-Eigenmittel veranschlagt sind, in den ersten sechs Monaten des Haushaltsjahres vorzuziehen; bei diesen Beträgen werden die Auswirkungen berücksichtigt, die die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs sowie die Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Schweden gewährten Bruttokürzungen auf diese Einnahmen haben.

Der Gesamtbetrag, den die Mitgliedstaaten auf Ersuchen der Kommission von im selben Monat gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 gegebenenfalls vorziehen, darf keinesfalls den Betrag von zusätzlich zwei Zwölfteln überschreiten.

Nach den ersten sechs Monaten dürfen nur noch monatliche Gutschriften in Höhe von jeweils maximal einem Zwölftel der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel beantragt werden; dabei dürfen die im Haushaltsplan eingesetzten Beträge nicht überschritten werden.

Die Kommission macht den Mitgliedstaaten spätestens zwei Wochen vor einem gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 gewünschten Gutschriftstermin entsprechend Mitteilung.

Die Kommission unterrichtet die Mitgliedstaaten frühzeitig, spätestens jedoch sechs Wochen vor einem gemäß Unterabsatz 2 gewünschten Gutschriftstermin von ihrer Absicht, eine solche Gutschrift zu beantragen.

Die Bestimmungen des Absatzes 4 über die Gutschrift für den Monat Januar jedes Haushaltsjahres und die Bestimmungen des Absatzes 5, die anwendbar sind, wenn der Haushaltsplan vor Beginn des Haushaltsjahres nicht endgültig festgestellt ist, gelten für die vorgezogenen Gutschriften.

(3)   Jede Änderung des einheitlichen Satzes der MwSt.-Eigenmittel, des Satzes der BNE-Eigenmittel, der Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs und ihrer Finanzierung nach den Artikeln 4 und 5 des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom sowie der Finanzierung der Bruttokürzungen der BNE-Beiträge Dänemarks, der Niederlande, Österreichs und Schwedens erfordert die endgültige Feststellung eines Berichtigungshaushaltsplans; dabei werden die seit Beginn des Haushaltsjahres gutgeschriebenen Zwölftel entsprechend angeglichen.

Diese Angleichungen erfolgen bei der ersten Gutschrift nach der endgültigen Feststellung des Berichtigungshaushaltsplans, sofern dieser vor dem Sechzehnten des Monats festgestellt wird. Ist das nicht der Fall, so erfolgen die Angleichungen bei der zweiten Gutschrift nach der endgültigen Feststellung. Abweichend von Artikel 11 der Haushaltsordnung werden diese Angleichungen für das Haushaltsjahr des betreffenden Berichtigungshaushaltsplans ausgewiesen.

(4)   Die Zwölftel für den Monat Januar jedes Haushaltsjahres werden auf der Grundlage der Mittelansätze im Entwurf des Haushaltsplans gemäß Artikel 314 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) berechnet und zu den Umrechnungskursen des ersten Börsentages, der auf den 15. Dezember des dem Haushaltsjahr vorhergehenden Kalenderjahres folgt, in Landeswährung umgerechnet; die Angleichung dieser Beträge erfolgt bei der Buchung für den folgenden Monat.

(5)   Ist der Haushaltsplan zwei Wochen vor dem Termin der für den Monat Januar des folgenden Haushaltsjahres bestimmten Gutschrift nicht endgültig festgestellt, so schreiben die Mitgliedstaaten am ersten Arbeitstag jedes Monats, einschließlich Januar, ein Zwölftel der Beträge gut, die im letzten endgültig festgestellten Haushaltsplan für die MwSt.-Eigenmittel und die BNE-Eigenmittel veranschlagt waren, und zwar unter Berücksichtigung der Auswirkungen, die die Korrektur der Haushaltsungleichgewichte zugunsten des Vereinigten Königreichs und die Bruttokürzungen der BNE-Beiträge Dänemarks, der Niederlande, Österreichs und Schwedens auf diese Einnahmen haben; die Angleichung erfolgt beim ersten Termin nach der endgültigen Feststellung des Haushaltsplans, sofern diese vor dem Sechzehnten des Monats stattfindet. Andernfalls erfolgt die Angleichung beim zweiten Termin nach der endgültigen Feststellung des Haushaltsplans.

(6)   Die Finanzierung der Dänemark, den Niederlanden, Österreich und Schweden gewährten Bruttokürzung bleibt auch bei etwaigen Berichtigungen der BNE-Angaben gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 unverändert.

Artikel 10b

Angleichungen der MwSt.- und BNE-Eigenmittel vorangegangener Haushaltsjahre

(1)   Auf der Grundlage der jährlichen Übersicht über die Grundlage für die MwSt.-Eigenmittel nach Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 wird jedem Mitgliedstaat in dem Jahr, das auf das Jahr der Übermittlung der Übersicht folgt, mit dem Betrag belastet, der sich — unter Zugrundelegung des einheitlichen Satzes, der in dem Haushaltsjahr gilt, auf das sich die Übersicht bezieht — aus den Angaben in der genannten Übersicht errechnet, und werden die für dieses Haushaltsjahr erfolgten zwölf Gutschriften gutgeschrieben. Die Grundlage für die MwSt.-Eigenmittel eines Mitgliedstaats, auf die der vorgenannte Satz angewendet wird, darf jedoch den in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom festgesetzten Prozentsatz seines BNE im Sinne von Artikel 2 Absatz 7 Unterabsatz 1 jenes Beschlusses nicht überschreiten.

(2)   Im Fall von Berichtigungen der Grundlage für die MwSt.-Eigenmittel gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 ist für jeden Mitgliedstaat, dessen Grundlage unter Berücksichtigung dieser Berichtigungen die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 10 Absatz 2 des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom festgesetzten Prozentsätze nicht übersteigt, eine Angleichung des gemäß Absatz 1 ermittelten Saldos wie folgt vorzunehmen:

a)

Für die bis zum 31. Juli durchgeführten Berichtigungen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 wird im nachfolgenden Jahr eine globale Angleichung vorgenommen.

b)

Gemäß Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 kann eine besondere Angleichung jederzeit gebucht werden, wenn der betreffende Mitgliedstaat und die Kommission damit einverstanden sind.

c)

Führen die von der Kommission für die Berichtigung der Grundlage ergriffenen Maßnahmen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 zu einer besonderen Angleichung der Gutschriften auf dem in Artikel 9 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung genannten Konto, so erfolgt diese Angleichung zu dem von der Kommission im Rahmen der Anwendung dieser Maßnahmen festgesetzten Termin.

Im Falle der in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannten Änderungen des BNE ist ebenfalls eine Angleichung des Saldos jedes Mitgliedstaats vorzunehmen, dessen Grundlage für die MwSt.-Eigenmittel unter Berücksichtigung der Berichtigungen gemäß Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes auf die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 10 Absatz 2 des Beschlusses 2014/335/EU, Euratom festgesetzten Prozentsätze begrenzt ist.

(3)   Auf der Grundlage der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 übermittelten Zahlen für das Gesamtaggregat BNE zu Marktpreisen und seine Bestandteile des vorhergehenden Haushaltsjahres wird jeder Mitgliedstaat in dem Jahr, das auf das Jahr der Übermittlung der Zahlen folgt, mit dem Betrag belastet, der sich aus der Anwendung des — für das der Übermittlung vorangegangene Jahr festgesetzten — Satzes auf sein BNE ergibt, und werden die im Laufe dieses Haushaltsjahres erfolgten Gutschriften gutgeschrieben.

(4)   Die gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 vorbehaltlich des Artikels 5 derselben Verordnung gegebenenfalls an dem BNE der früheren Haushaltsjahre vorgenommenen Änderungen haben für jeden betroffenen Mitgliedstaat eine Angleichung des Saldos zur Folge, der gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels festgestellt wurde. Nach dem 30. November des vierten auf ein bestimmtes Haushaltsjahr folgenden Jahres werden etwaige Änderungen des BNE nur für die Punkte berücksichtigt, die die Kommission oder der betreffende Mitgliedstaat vor diesem Termin mitgeteilt hat.

(5)   Die Kommission berechnet für jeden Mitgliedstaat die Differenz zwischen dem Betrag, der sich aus den in den Absätzen 1 bis 4 genannten Angleichungen mit Ausnahme der besonderen Angleichungen nach Absatz 2 Buchstaben b und c ergibt, und dem Ergebnis aus der Multiplikation des Gesamtbetrags der Angleichungen mit dem prozentualen Anteil des BNE dieses Mitgliedstaats am Gesamt-BNE aller Mitgliedstaaten, der zum 15. Januar auf den für das Jahr, das auf das Jahr der Übermittlung der Angleichungsdaten folgt, geltenden Haushaltsplan angewendet wird (im Folgenden „Nettobetrag“).

Bei dieser Berechnung werden die Beträge zwischen der Landeswährung und dem Euro zu den im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Umrechnungskursen des letzten Börsentages des dem Jahr der Buchung vorangegangenen Kalenderjahrs umgerechnet.

Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten die auf diese Weise berechneten Beträge vor dem 1. Februar des Jahres mit, das auf das Jahr der Übermittlung der Angleichungsdaten folgt. Jeder Mitgliedstaat bucht den Nettobetrag am ersten Arbeitstag im Juni desselben Jahres auf das in Artikel 9 Absatz 1 genannte Konto.

(6)   Die in den Absätzen 1 bis 5 des vorliegenden Artikels genannten Vorgänge gelten als Einnahmenvorgänge für das Haushaltsjahr, in dem sie in dem in Artikel 9 Absatz 1 genannten Konto zu verbuchen sind.

(*)  Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608)."

(**)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).“"

5.

Artikel 11 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Die Kommission nimmt die Berechnung der Angleichung im Laufe des auf das betreffende Haushaltsjahr folgenden Jahres vor.

Bei der Berechnung werden folgende Daten des betreffenden Haushaltsjahres zugrunde gelegt:

a)

von den Mitgliedstaaten nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1287/2003 vorgelegte Zahlen für das Gesamtaggregat BNE zu Marktpreisen und dessen Bestandteile;

b)

die effektive Ausführung der operativen Ausgaben für die entsprechende Maßnahme oder Politik.

Zur Berechnung der Angleichung wird der Gesamtbetrag der betreffenden Ausgaben, mit Ausnahme der von beteiligten Drittländern finanzierten Ausgaben, mit dem Prozentsatz multipliziert, der dem Anteil des BNE des Mitgliedstaats, der Anspruch auf eine Angleichung hat, am Gesamt-BNE aller Mitgliedstaaten entspricht. Die Angleichung wird von den beteiligten Mitgliedstaaten finanziert; dabei wird der Finanzierungsanteil jedes einzelnen Mitgliedstaats ermittelt, indem sein BNE durch das Gesamt-BNE aller beteiligten Mitgliedstaaten geteilt wird. Bei der Berechnung der Angleichung werden die Beträge zwischen der Landeswährung und dem Euro zu den im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Umrechnungskursen des letzten Börsentages des dem Jahr der Buchung vorangegangenen Kalenderjahrs umgerechnet.

Die Angleichung für das jeweilige Jahr ist einmalig und endgültig, ungeachtet etwaiger späterer Berichtigungen der BNE-Bemessungsgrundlagen.“

6.

Artikel 12 erhält folgende Fassung:

„Artikel 12

Verzugszinsen für verspätet gutgeschriebene Beträge

(1)   Bei verspäteter Gutschrift auf dem in Artikel 9 Absatz 1 genannten Konto hat der betreffende Mitgliedstaat Verzugszinsen zu entrichten.

(2)   Bei MwSt.- und BNE-Eigenmitteln sind Verzugszinsen nur bei verspäteter Gutschrift folgender Beträge zu entrichten:

a)

Beträge gemäß Artikel 10a,

b)

Beträge, die sich aus der Berechnung nach Artikel 10b Absatz 5 Unterabsatz 1 zu dem in dessen Unterabsatz 3 genannten Zeitpunkt ergeben,

c)

Beträge, die sich aus besonderen Angleichungen der MwSt.-Eigenmittel nach Artikel 10b Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung zu dem Zeitpunkt ergeben, der von der Kommission gemäß den Maßnahmen festgelegt wird, die sie nach Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 trifft;

d)

Beträge, die daraus entstehen, dass ein Mitgliedstaat es versäumt, innerhalb der von der Kommission ausdrücklich festgelegten Frist die Berichtigungen an den BNE-Daten vorzulegen, die zur Behandlung der von der Kommission oder einem Mitgliedstaat mitgeteilten Punkte gemäß Artikel 10b Absatz 4 notwendig sind. Die Zinsen auf die Angleichungen, die sich aus entsprechenden Berichtigungen ergeben, werden ab dem ersten Arbeitstag im Juni des Jahres berechnet, das auf das Jahr folgt, in dem die von der Kommission festgelegte Frist abläuft.

(3)   Auf die Einziehung von Verzugszinsbeträgen von unter 500 EUR wird verzichtet.

(4)   Für die an der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaaten entspricht der Zinssatz dem im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlichten Satz, den die Europäische Zentralbank am ersten Tag des Fälligkeitsmonats bei ihren Kapitalrefinanzierungen angewandt hat, oder 0 Prozent, je nachdem, welcher Satz höher ist, zuzüglich 2,5 Prozentpunkten.

Dieser Satz erhöht sich um weitere 0,25 Prozentpunkte für jeden Verzugsmonat.

Die Gesamterhöhung gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 darf 16 Prozentpunkte nicht übersteigen. Der erhöhte Satz findet auf die gesamte Dauer des Verzugs Anwendung.

(5)   Für die nicht an der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmenden Mitgliedstaaten entspricht der Zinssatz dem Satz, der am ersten Tag des Fälligkeitsmonats von den Zentralbanken bei ihren Hauptrefinanzierungsgeschäften angewandt wird, oder einem Zinssatz von 0 Prozent, je nachdem, welcher Satz höher ist, zuzüglich 2,5 Prozentpunkten. Für die Mitgliedstaaten, für die der Zentralbanksatz nicht vorliegt, entspricht der Zinssatz dem am ehesten entsprechenden Satz, der am ersten Tag des Fälligkeitsmonats auf dem Geldmarkt des jeweiligen Mitgliedstaats angewandt wird, oder ein Zinssatz von 0 Prozent, je nachdem, welcher Satz höher ist, zuzüglich 2,5 Prozentpunkten.

Dieser Satz erhöht sich um weitere 0,25 Prozentpunkte für jeden Verzugsmonat.

Die Gesamterhöhung gemäß den Unterabsätzen 1 und 2 darf 16 Prozentpunkte nicht übersteigen. Der erhöhte Satz findet auf die gesamte Dauer des Verzugs Anwendung.

(6)   Für die Zahlung der Verzugszinsen gemäß den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels findet Artikel 9 Absätze 2 und 3 sinngemäß Anwendung.“

7.

Artikel 13 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 2 wird folgender Unterabsatz angefügt:

„Die Mitgliedstaaten können von der Pflicht, der Kommission die Beträge zur Verfügung zu stellen, die den gemäß Artikel 2 festgestellten Ansprüchen entsprechen, entbunden werden, wenn sich diese Ansprüche als uneinbringlich erweisen, weil die buchmäßige Erfassung oder Mitteilung der Zollschuld aufgeschoben wurde, um strafrechtliche Ermittlungen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union nicht zu beeinträchtigen.“

b)

Absatz 3 Unterabsatz 1 erhält folgende Fassung:

„(3)   Binnen drei Monaten nach Ergehen der Verwaltungsentscheidung gemäß Absatz 2 oder nach Ablauf der in jenem Absatz genannten Fristen machen die Mitgliedstaaten der Kommission Mitteilung über die Fälle, in denen Absatz 2 angewandt wurde und die festgestellten Ansprüche 100 000 EUR übersteigen.“

8.

In Artikel 14 erhalten die Absätze 3 und 4 folgende Fassung:

„(3)   Lediglich bei Zahlungsausfall im Rahmen eines Darlehens, das gemäß den vom Rat oder vom Europäischen Parlament und dem Rat erlassenen Verordnungen oder Beschlüssen begeben oder garantiert wurde, können — sofern die Kommission nicht rechtzeitig andere Maßnahmen gemäß den Finanzregelungen für diese Darlehen ergreifen kann, um die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen der Union gegenüber den Gläubigern zu gewährleisten — die Absätze 2 und 4 ungeachtet der in Absatz 2 vorgesehenen Einschränkungen vorläufig angewandt werden, um die Schulden der Union zu bedienen.

(4)   Vorbehaltlich des Unterabsatzes 2 wird die Differenz zwischen den Gesamtguthaben und dem Kassenmittelbedarf auf die Mitgliedstaaten möglichst anteilmäßig zu den Einnahmen aufgeteilt, die im Haushaltsplan je Mitgliedstaat veranschlagt sind.

Bei der Deckung ihres Kassenmittelbedarfs bemüht sich die Kommission, die Auswirkungen der Verpflichtung der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 3, Beträge an Negativzinsen gutzuschreiben, gering zu halten, indem sie vorrangig auf die den betreffenden Konten gutgeschriebenen Beträge zurückgreift.“

9.

Artikel 15 erhält folgende Fassung:

„Artikel 15

Ausführung von Zahlungsanweisungen

(1)   Die Mitgliedstaaten oder ihre nationale Zentralbank führen die Zahlungsanweisungen der Kommission gemäß den Weisungen der Kommission und spätestens binnen drei Arbeitstagen nach Eingang der Weisungen aus. Bei Kassenbewegungen betreffenden Vorgängen führen die Mitgliedstaaten oder ihre nationale Zentralbank die Anweisungen innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist aus; außer in Ausnahmefällen mindestens einen Tag vor dem Tag der erwarteten Ausführung der Anweisung mit.

(2)   Die Mitgliedstaaten oder ihre nationale Zentralbank übermitteln der Kommission auf elektronischem Weg und spätestens am zweiten Arbeitstag nach Abschluss eines jeden Vorgangs einen Kontoauszug, in dem die betreffenden Bewegungen ausgewiesen sind.“

10.

Artikel 18 erhält folgende Fassung:

„Artikel 18

Aufhebung

(1)   Vorbehaltlich des Absatzes 2 wird die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 mit Wirkung vom 1. Januar 2014 aufgehoben.

(2)   Artikel 10 Absatz 7a der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 wird mit Wirkung ab dem Tag des Inkrafttretens der vorliegenden Verordnung aufgehoben.

(3)   Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II zu lesen.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag des Inkrafttretens der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 in Kraft.

Vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 gilt sie ab demselben Zeitpunkt.

Artikel 1 Nummer 6 gilt für die Berechnung der Verzugszinsen bei Eigenmitteln, die nach Inkrafttreten dieser Verordnung fällig werden. Die Begrenzung der Gesamterhöhung des Verzugszinssatzes auf 16 Prozentpunkte sowie die Begrenzung der Zahlung von Verzugszinsen für MwSt.-Eigenmittel auf Fälle, in denen die sich aus bestimmten Berichtigungen daran ergebenden Beträge zu einem späteren Termin gutgeschrieben werden als in den von der Kommission ergriffenen Maßnahmen angegeben, gilt jedoch auch für die Berechnung der Verzugszinsen bei Eigenmitteln, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung fällig waren, sofern die Kommission oder der betreffende Mitgliedstaat erst nach Inkrafttreten dieser Verordnung von diesen Eigenmitteln Kenntnis erlangten.

Artikel 1 Nummer 10 gilt ab 1. Januar 2014.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 17. Mai 2016.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M.H.P. VAN DAM


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2015.

(2)  ABl. C 5 vom 8.1.2016, S. 1.

(3)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 zur Durchführung des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 130 vom 31.5.2000, S. 1).

(4)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 609/2014 des Rates vom 26. Mai 2014 zur Festlegung der Methoden und Verfahren für die Bereitstellung der traditionellen, der MwSt.- und der BNE-Eigenmittel sowie der Maßnahmen zur Bereitstellung der erforderlichen Kassenmittel (ABl. L 168 vom 7.6.2014, S. 39).

(5)  Beschluss 2014/335/EU, Euratom des Rates vom 26. Mai 2014 über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union (ABl. L 168 vom 7.6.2014, S. 105).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(8)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1377/2014 des Rates vom 18. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1150/2000 zur Durchführung des Beschlusses 2007/436/EG, Euratom über das System der Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 367 vom 23.12.2014, S. 14).

(9)  Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 des Rates vom 29. Mai 1989 über die endgültige einheitliche Regelung für die Erhebung der Mehrwertsteuereigenmittel (ABl. L 155 vom 7.6.1989, S. 9).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1).


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/95


VERORDNUNG (EU) 2016/805 DER KOMMISSION

vom 20. Mai 2016

zur Änderung von Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Streptomyces K61 (ehemals S. griseoviridis), Candida oleophila Stamm O, FEN 560 (auch bezeichnet als Bockshornklee oder Bockshornkleesamen-Pulver), Methyldecanoat (CAS 110-42-9), Methyloctanoat (CAS 111-11-5) und Terpen-Gemisch QRD 460

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Für Streptomyces K61 (ehemals S. griseoviridis), Candida oleophila Stamm O, FEN 560 (auch bezeichnet als Bockshornklee oder Bockshornkleesamen-Pulver) und Terpen-Gemisch QRD 460 wurden keine spezifischen Rückstandshöchstgehalte festgelegt. Da die betreffenden Stoffe nicht in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgenommen wurden, gilt der in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung festgelegte Standardwert von 0,01 mg/kg. Methyldecanoat (CAS 110-42-9) und Methyloctanoat (CAS 111-11-5) gehören zur Gruppe der Fettsäuren C7-C20, die in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgeführt sind.

(2)

In Bezug auf FEN 560 (auch bezeichnet als Bockshornklee oder Bockshornkleesamen-Pulver) ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) zu dem Schluss (2) gelangt, dass dieser Stoff in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgenommen werden sollte.

(3)

In Bezug auf Terpen-Gemisch QRD 460 ist die Behörde zu dem Schluss gelangt (3), dass dieser Stoff in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgenommen werden sollte.

(4)

In Bezug auf Streptomyces K61 (ehemals S. griseoviridis) (4) konnte die Behörde keine Rückschlüsse auf das mit der Aufnahme durch die Verbraucher mit der Nahrung verbundene Risiko ziehen, da einige Angaben fehlten und eine weitere Prüfung durch Risikomanager erforderlich war. Die Ergebnisse dieser weiteren Prüfung wurden im entsprechenden Überprüfungsbericht (5) berücksichtigt, dem zufolge das von Metaboliten dieses Stoffes ausgehende Risiko für den Menschen vernachlässigbar ist. Daher sollte der Stoff in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgenommen werden.

(5)

In Bezug auf Candida oleophila Stamm O (6) konnte die Behörde keine Rückschlüsse auf das mit der Aufnahme durch die Verbraucher mit der Nahrung verbundene Risiko ziehen, da einige Angaben fehlten und eine weitere Prüfung durch Risikomanager erforderlich war. Die Ergebnisse dieser weiteren Prüfung wurden im entsprechenden Überprüfungsbericht (7) berücksichtigt, dem zufolge das von Metaboliten dieses Stoffes ausgehende Risiko für den Menschen vernachlässigbar ist. Daher sollte der Stoff in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 aufgenommen werden.

(6)

Methyldecanoat (CAS 110-42-9) wurde mit der Richtlinie 2008/127/EG der Kommission (8) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (9) aufgenommen und gilt als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) genehmigt. Für diesen Stoff wurden keine relevanten Verunreinigungen ermittelt. Ferner ist die natürliche Exposition gegenüber Methyldecanoat weit höher als die mit der Anwendung dieses Stoffes als Pflanzenschutzmittel zusammenhängende Exposition. Daher ist es angezeigt, diesen Stoff weiterhin in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 zu führen, jedoch getrennt von der Gruppe Fettsäuren C7-C20, um Transparenz zu gewährleisten.

(7)

Methyloctanoat (CAS 111-11-5) wurde mit der Richtlinie 2008/127/EG in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen und gilt als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt. Für diesen Stoff wurden keine relevanten Verunreinigungen ermittelt. Ferner ist die natürliche Exposition gegenüber Methyloctanoat weit höher als die mit der Anwendung dieses Stoffes als Pflanzenschutzmittel zusammenhängende Exposition. Daher ist es angezeigt, diesen Stoff in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 weiter zu führen, jedoch getrennt von der Gruppe Fettsäuren C7-C20, um Transparenz zu gewährleisten.

(8)

Die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 sollte daher entsprechend geändert werden.

(9)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 werden in alphabetischer Reihenfolge folgende Einträge eingefügt: „Streptomyces K61 (ehemals S. griseoviridis)“, „Candida oleophila Stamm O“, „FEN 560 (auch bezeichnet als Bockshornklee oder Bockshornkleesamen-Pulver)“, „Methyldecanoat (CAS 110-42-9)“, „Methyloctanoat (CAS 111-11-5)“ und „Terpen-Gemisch QRD 460“.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 20. Mai 2016

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 70 vom 16.3.2005, S. 1.

(2)  Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit; Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment of the active substance fenugreek seed powder (FEN 560). EFSA Journal 2010; 8(3):1448, 50 S.

(3)  Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, 2014. Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment of the active substance terpenoid blend QRD-460. EFSA Journal 2014;12(10):3816, 41 S.

(4)  Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit; Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment of the active substance Streptomyces K61 (formerly Streptomyces griseoviridis). EFSA Journal 2013;11(1):3061, 40 S.

(5)  Überprüfungsbericht für den Wirkstoff Streptomyces K61 (ehemals Streptomyces griseoviridis). Fertiggestellt bei der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit am 11. Juli 2008 im Hinblick auf die Aufnahme von Streptomyces K61 (ehemals Streptomyces griseoviridis) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG. SANCO/1865/08 — Rev. 5, 11. Juli 2014.

(6)  Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit; Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment of the active substance Candida oleophila strain O. EFSA Journal 2012;10(11):2944, 27 S.

(7)  Überprüfungsbericht für den Wirkstoff Candida oleophila Stamm O. Fertiggestellt bei der Sitzung des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit am 15. März 2013 im Hinblick auf die Genehmigung von Candida oleophila Stamm O als Wirkstoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. SANCO/10395/2013 Rev. 1, 15. März 2014.

(8)  Richtlinie 2008/127/EG der Kommission vom 18. Dezember 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme verschiedener Wirkstoffe (ABl. L 344 vom 20.12.2008, S. 89).

(9)  Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1).


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/97


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2016/806 DER KOMMISSION

vom 20. Mai 2016

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (1),

gestützt auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission vom 7. Juni 2011 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (2), insbesondere auf Artikel 136 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 für die in ihrem Anhang XVI Teil A aufgeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt.

(2)

Gemäß Artikel 136 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 wird der pauschale Einfuhrwert an jedem Arbeitstag unter Berücksichtigung variabler Tageswerte berechnet. Die vorliegende Verordnung sollte daher am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 136 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind im Anhang der vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 20. Mai 2016

Für die Kommission,

im Namen des Präsidenten,

Jerzy PLEWA

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(2)  ABl. L 157 vom 15.6.2011, S. 1.


ANHANG

Pauschale Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrwert

0702 00 00

MA

104,4

TR

63,7

ZZ

84,1

0707 00 05

TR

105,8

ZZ

105,8

0709 93 10

TR

138,4

ZZ

138,4

0805 10 20

EG

47,0

IL

62,4

MA

54,9

TR

41,8

ZA

75,5

ZZ

56,3

0805 50 10

AR

166,2

TR

143,1

ZA

190,7

ZZ

166,7

0808 10 80

AR

111,7

BR

101,6

CL

124,4

CN

107,2

NZ

157,8

US

198,5

ZA

103,2

ZZ

129,2


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1106/2012 der Kommission vom 27. November 2012 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 471/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über Gemeinschaftsstatistiken des Außenhandels mit Drittländern hinsichtlich der Aktualisierung des Verzeichnisses der Länder und Gebiete (ABl. L 328 vom 28.11.2012, S. 7). Der Code „ZZ“ steht für „Andere Ursprünge“.


BESCHLÜSSE

21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/99


BESCHLUSS (EU) 2016/807 DES RATES

vom 15. März 2016

über den im Namen der Europäischen Union auf der 40. Tagung des Ausschusses zur Erleichterung der Formalitäten, der 69. Tagung des Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt und der 96. Tagung des Schiffssicherheitsausschusses der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) im Hinblick auf die Annahme der Änderungen des Übereinkommens zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs, von MARPOL-Anlage IV, der SOLAS-Regeln II-2/13 und II-2/18, des Internationalen Codes für Brandsicherheitssysteme und des Codes für das erweiterte Prüfungsprogramm von 2011 zu vertretenden Standpunkt

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Maßnahmen der Union im Bereich des Seeverkehrs sollten darauf ausgerichtet sein, die Sicherheit im Seeverkehr zu erhöhen, die Meeresumwelt zu schützen und den internationalen Seeverkehr zu erleichtern.

(2)

Der Ausschuss zur Erleichterung der Formalitäten (Facilitation Committee — FAL) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) hat auf seiner 39. Tagung die Änderungen des Übereinkommens zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs (im Folgenden „FAL-Übereinkommen“) aus dem Jahr 1965 gebilligt. Diese Änderungen werden voraussichtlich auf der 40. Tagung des FAL im April 2016 verabschiedet.

(3)

Der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (MEPC) der IMO hat auf seiner 68. Tagung (im Folgenden „MEPC 68“) übereinstimmend festgestellt, dass genügend Meldungen gemäß der Regel 13 der Anlage IV des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (im Folgenden „MARPOL-Anlage IV“) eingegangen sind, damit ein Teil der Ostsee als Sondergebiet ausgewiesen werden kann. Somit könnten die Daten festgelegt werden, zu denen die Ausweisung dieses Sondergebiets gemäß der Regel 11.3 der MARPOL-Anlage IV wirksam wird. Auf der MEPC 68 wurde festgestellt, dass die Regeln 1 und 11 der MARPOL-Anlage IV geändert werden müssten, damit die Ausweisung dieses Teils des Sondergebiets wirksam werden kann, weshalb entsprechende Änderungen der MARPOL-Anlage IV vorgeschlagen werden sollten. Diese Änderungen werden voraussichtlich auf der 69. Tagung des MEPC im April 2016 angenommen.

(4)

Der Schiffssicherheitsausschuss (MSC) der IMO hat auf seiner 95. Tagung die Änderungen der Regeln II-2/13 und II-2/18 des Internationalen Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (SOLAS), des Internationalen Codes für Brandsicherheitssysteme (im Folgenden „FSS-Code“) und des Codes für das erweiterte Prüfungsprogramm von 2011 (im Folgenden „2011 ESP-Code“) gebilligt. Diese Änderungen werden voraussichtlich auf der 96. Tagung des MSC im Mai 2016 angenommen.

(5)

Im Zuge der allgemeinen Überprüfung des FAL-Übereinkommens werden die darin enthaltenen Bestimmungen modernisiert; dabei werden die Entwicklungen auf dem Gebiet der elektronischen Informations- und Datenübertragung sowie das Konzept des „einzigen Fensters“ berücksichtigt. Insbesondere werden bei dieser Überprüfung Maßnahmen eingeführt, die für die Union von Bedeutung sind, nämlich die Eintragung der Nummern der Visa in die Fahrgastlisten (nicht jedoch in die Besatzungslisten) und das Recht der Behörden, die elektronische Einreichung von Formularen verbindlich vorzuschreiben. Nach den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (1) dürfen die Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und beim Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten seit dem 1. Juni 2015 nur noch elektronisch über ein „einziges Fenster“ abgewickelt werden; bis zu diesem Stichtag müssen die Mitgliedstaaten FAL-Formblätter in Papierform zur Erfüllung der Meldeformalitäten akzeptieren. In der Richtlinie 2010/65/EU ist außerdem vorgesehen, dass die nach einem Rechtsakt der Union vorgeschriebenen Informationen seit dem 1. Juni 2015 in elektronischer Form vorgelegt werden müssen. Das Erfordernis, gegebenenfalls die Nummern der Visa in den Besatzungs- und Fahrgastlisten zu vermerken, leitet sich aus Anhang VI Nummer 3.1.2 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) ab.

(6)

Nach Artikel VIII des FAL-Übereinkommens müssen die Vertragsparteien dieses Übereinkommens, die sich außer Stande sehen, einen der Standards des Übereinkommens einhalten zu können, oder die es aus besonderen Gründen für notwendig erachten, abweichende Nachweispflichten oder -verfahren anzuwenden, diese Abweichungen dem Generalsekretär melden. Einige Bestimmungen der Richtlinie 2010/65/EU und der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 enthalten strengere Auflagen als die entsprechenden Vorschriften des FAL-Übereinkommens und weichen damit von Artikel VIII dieses Übereinkommens ab; eine solche Abweichung muss gemeldet werden.

(7)

Mit den Änderungen der MARPOL-Anlage IV soll der rechtliche Rahmen geschaffen werden für die Umsetzung der auf der MEPC 68 erzielten Einigung, nach der die eingegangenen Meldungen zu den verfügbaren Hafenauffangeinrichtungen ausreichen, damit die Bestimmungen zur Ausweisung des Sondergebiets in der Ostsee wirksam werden und folglich die Termine festgelegt werden können, zu denen ein Teil der Ostsee als Sondergebiet im Einklang mit diesen Meldungen ausgewiesen werden kann. In Artikel 4 der Richtlinie 2000/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) ist die Verfügbarkeit von Hafenauffangeinrichtungen festgelegt, die auch Gegenstand von Regel 12bis der IMO-Entschließung MEPC.200(62) ist, damit das Einbringen von Schiffsabfällen und Ladungsrückständen auf See, insbesondere illegale Einbringungen durch Schiffe, die Häfen der Union anlaufen, verringert wird.

(8)

Durch die Änderungen der SOLAS-Regel II-2/13 werden Anforderungen an neue Ro-Ro-Fahrgastschiffe und andere Fahrgastschiffe mit mehr als 36 Fahrgästen eingeführt, denen zufolge bereits in einem frühen Entwurfsstadium eine Evakuierungsanalyse für die Bewertung der Fluchtwege durchzuführen ist. Die Richtlinie 2009/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) gilt für Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge in der Inlandfahrt. Nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i dieser Richtlinie müssen neue Fahrgastschiffe der Klasse A vollständig den Anforderungen des SOLAS-Übereinkommens von 1974 in seiner geänderten Fassung entsprechen. Zudem enthält die Richtlinie 2009/45/EG detaillierte Vorschriften für Fluchtwege auf Ro-Ro-Fahrgastschiffen der Klassen B, C und D, die in Anhang I Kapitel II Teil B Regel 6-1 festgelegt sind.

(9)

Durch die Änderungen der SOLAS-Regel II-2/18 bezüglich der Hubschrauberlandeplätze auf neuen Ro-Ro-Fahrgastschiffen werden die Bestimmungen des IMO-Rundschreibens MSC.1/Circ. Nr. 1431 vom 31. Mai 2012 über Richtlinien für die Genehmigung von Schaum-Feuerlöschgeräten für Hubschraubereinrichtungen verbindlich. Gemäß der Regel 18 in Anhang I Kapitel II-2 Teil B der Richtlinie 2009/45/EG müssen Schiffe, die über Hubschrauberdecks verfügen, die Anforderungen der SOLAS-Regel in ihrer Fassung vom 1. Januar 2003 erfüllen, die nunmehr voraussichtlich geändert werden.

(10)

Nach dem überarbeiteten Kapitel 8 des FSS-Codes müssen die Systemhersteller der Spezifikation der Wasserqualität besondere Aufmerksamkeit schenken, um interne Korrosion und das Verstopfen der Berieselungssysteme zu vermeiden. Nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 2009/45/EG müssen neue Fahrgastschiffe der Klasse A vollständig dem SOLAS-Übereinkommen von 1974 in seiner geänderten Fassung entsprechen, das den FSS-Code beinhaltet, der auf der Grundlage von SOLAS durch die IMO-Entschließung MSC.99(73) verbindlich vorgeschrieben ist. Zudem enthält die Richtlinie 2009/45/EG detaillierte Vorschriften für die Feuerlöschung auf Schiffen der Klassen B, C und D, die in Anhang I Kapitel II-2 Teil A Regeln 4.5 und 4.8 festgelegt sind.

(11)

In dem neuen Kapitel 17 des FSS-Codes werden die Spezifikationen für die Schaum-Feuerlöschsysteme zum Schutz der Hubschraubereinrichtungen gemäß SOLAS-Kapitel II-2 näher festgelegt. Nach Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 2009/45/EG müssen neue Fahrgastschiffe der Klasse A vollständig dem SOLAS-Übereinkommen von 1974 in seiner geänderten Fassung entsprechen, das den FSS-Code beinhaltet, der auf der Grundlage von SOLAS durch die IMO-Entschließung MSC.99(73) verbindlich vorgeschrieben ist. Zudem enthält die Richtlinie 2009/45/EG detaillierte Vorschriften für Hubschraubereinrichtungen für Schiffe der Klassen B, C und D, die in Anhang I Kapitel II Teil B Regel 18 festgelegt sind.

(12)

Soweit die Änderungen der SOLAS-Regel II-2/13, der SOLAS-Regel II-2/18, des überarbeiteten Kapitels 8 und des neuen Kapitels 17 des FSS-Codes die Bestimmungen der Richtlinie 2009/45/EG für Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge in der Inlandfahrt betreffen, fallen diese Änderungen in die ausschließliche Zuständigkeit der Union.

(13)

Mit den Änderungen des ESP-Codes von 2011 soll die Verwendung der Begriffe im Zusammenhang mit anerkannten Organisationen harmonisiert werden. In den Artikeln 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 530/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ist die Anwendung des Zustandsbewertungsschemas (Condition Assessment Scheme — CAS) der IMO auf Einhüllen-Öltankschiffe, die älter als 15 Jahre sind, verbindlich vorgeschrieben. In dem erweiterten Inspektionsprogramm für Prüfungen von Massengutfrachtern und Öltankschiffen bzw. dem erweiterten Prüfungsprogramm (ESP) ist im Einzelnen festgelegt, wie eine solche gründlichere Bewertung durchzuführen ist. Da das CAS für seine Zwecke auf das ESP zurückgreift, sind jegliche Änderungen der ESP-Inspektionen auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 530/2012 automatisch anwendbar.

(14)

Die Union ist weder Mitglied der IMO noch Vertragspartei der betreffenden Übereinkommen oder Codes. Daher ist es erforderlich, dass der Rat die Mitgliedstaaten ermächtigt, den Standpunkt der Union zu vertreten und die Zustimmung der Mitgliedstaaten auszudrücken, durch die genannten Änderungen gebunden zu sein, soweit diese in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der auf der 40. Tagung des IMO-Ausschusses zur Erleichterung der Formalitäten im Namen der Union zu vertretende Standpunkt ist die Zustimmung zur Annahme der Änderungen des Übereinkommens zur Erleichterung des internationalen Seeverkehrs gemäß IMO-Dokument FAL 40/3.

Artikel 2

Der auf der 69. Tagung des IMO-Ausschusses für den Schutz der Meeresumwelt im Namen der Union zu vertretende Standpunkt ist die Zustimmung zur Annahme der Änderungen der Regeln 1 und 11 der MARPOL-Anlage IV gemäß Anhang des IMO-Dokuments MEPC 69/3/3.

Artikel 3

Der auf der 96. Tagung des IMO-Schiffssicherheitsausschusses im Namen der Union zu vertretende Standpunkt ist die Zustimmung zur Annahme der Änderungen

der SOLAS-Regel II-2/13 gemäß Anhang 14 des IMO-Dokuments MSC 95/22/add.2,

der SOLAS-Regel II-2/18 gemäß Anhang 2 des IMO-Dokuments SSE 2/20,

des Kapitels 8 des FSS-Codes gemäß Anhang 18 Nummer 1 des IMO-Dokuments 95/22/add.2,

des Kapitels 17 des FSS-Codes gemäß Anhang 18 Nummer 2 des IMO-Dokuments 95/22/add.2,

des ESP-Codes von 2011 gemäß Anhang 15 des IMO-Dokuments 95/22/add.2.

Artikel 4

(1)   Der in den Artikeln 1, 2 und 3 festgelegte, im Namen der Union zu vertretende Standpunkt wird von den Mitgliedstaaten zum Ausdruck gebracht, die Mitglieder der IMO sind und im Interesse der Union gemeinsam handeln.

(2)   Geringfügige Veränderungen an den in den Artikeln 1, 2 und 3 genannten Standpunkten können ohne weiteren Beschluss des Rates vereinbart werden.

Artikel 5

Die Mitgliedstaaten werden ermächtigt, ihre Zustimmung zu erklären, im Interesse der Union durch die in den Artikeln 1, 2 und 3 genannten Änderungen, soweit diese in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen, gebunden zu sein.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 15. März 2016.

Im Namen des Rates

Der Präsident

A.G. KOENDERS


(1)  Richtlinie 2010/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über Meldeformalitäten für Schiffe beim Einlaufen in und/oder Auslaufen aus Häfen der Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Richtlinie 2002/6/EG (ABl. L 283 vom 29.10.2010, S. 1).

(2)  Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1).

(3)  Richtlinie 2000/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2000 über Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände (ABl. L 332 vom 28.12.2000, S. 81).

(4)  Richtlinie 2009/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe (ABl. L 163 vom 25.6.2009, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 530/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 zur beschleunigten Einführung von Doppelhüllen oder gleichwertigen Konstruktionsanforderungen für Einhüllen-Öltankschiffe (ABl. L 172 vom 30.6.2012, S. 3.).


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/103


BESCHLUSS (GASP) 2016/808 DES POLITISCHEN UND SICHERHEITSPOLITISCHEN KOMITEES

vom 18. Mai 2016

zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta) (ATALANTA/2/2016)

DAS POLITISCHE UND SICHERHEITSPOLITISCHE KOMITEE —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 38,

gestützt auf die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP des Rates vom 10. November 2008 über die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (1), insbesondere auf Artikel 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP hat der Rat das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) ermächtigt, Beschlüsse zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (im Folgenden „Befehlshaber der EU-Operation“) zu fassen.

(2)

Am 3. Juli 2014 hat das PSK den Beschluss 2014/433/GASP (2) zur Ernennung von Generalmajor Martin SMITH zum Befehlshaber der EU-Operation angenommen.

(3)

Das Vereinigte Königreich hat Brigadegeneral Robert A. MAGOWAN als Nachfolger von Generalmajor Martin SMITH als Befehlshaber der EU-Operation vorgeschlagen.

(4)

Der EU-Militärausschuss unterstützt diesen Vorschlag.

(5)

Gemäß Artikel 5 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Brigadegeneral Robert A. MAGOWAN wird ab dem 3. Juni 2016 zum Befehlshaber der EU-Operation für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta) ernannt.

Artikel 2

Der Beschluss 2014/433/GASP wird aufgehoben.

Artikel 3

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Er gilt ab dem 3. Juni 2016.

Geschehen zu Brüssel am 18. Mai 2016.

Im Namen des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees

Der Vorsitzende

W. STEVENS


(1)  ABl. L 301 vom 12.11.2008, S. 33.

(2)  Beschluss ATALANTA/3/2014 des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees vom 3. Juli 2014 zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta) (2014/433/GASP) (ABl. L 198 vom 5.7.2014, S. 5).


21.5.2016   

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L 132/105


BESCHLUSS (EU) 2016/809 DER KOMMISSION

vom 20. Mai 2016

über die Mitteilung der Absicht des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, sich an Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden und die nicht Teil des Schengen-Besitzstandes sind, zu beteiligen

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf das Protokoll Nr. 36 über die Übergangsbestimmungen, insbesondere auf Artikel 10 Absatz 5 in Verbindung mit Artikel 4 des Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und Artikel 331 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 10 Absatz 4 des Protokolls Nr. 36 kann das Vereinigte Königreich dem Rat spätestens sechs Monate vor dem Ende des fünfjährigen Übergangszeitraums nach Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls Nr. 36 mitteilen, dass es hinsichtlich der Rechtsakte der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden, die in Artikel 10 Absatz 1 des Protokolls Nr. 36 genannten Befugnisse der Kommission und des Gerichtshofs nicht anerkennt.

(2)

Mit Schreiben an den Ratsvorsitz vom 24. Juli 2013 hat das Vereinigte Königreich von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und mitgeteilt, dass es die genannten Befugnisse der Kommission und des Gerichtshofs nicht anerkennt, was zur Folge hat, dass die einschlägigen Rechtsakte im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ab dem 1. Dezember 2014 nicht länger für das Vereinigte Königreich gelten.

(3)

Nach Artikel 10 Absatz 5 des Protokolls Nr. 36 kann das Vereinigte Königreich dem Rat mitteilen, dass es sich an Rechtsakten beteiligen möchte, die für das Vereinigte Königreich nicht mehr gelten.

(4)

Mit Beschluss 2014/858/EU der Kommission (1) wird die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an einer Reihe von Rechtsakten bestätigt.

(5)

Mit Beschluss 2014/836/EU des Rates (2) wird bestätigt, dass der Beschluss des 2008/615/JI des Rates (3), der Beschuss 2008/616/JI des Rates (4) und der Rahmenbeschluss 2009/905/JI des Rates (5) (die „Prüm-Beschlüsse“) ab dem 1. Dezember 2014 nicht mehr für das Vereinigte Königreich gelten, und verhindert, dass das Vereinigte Königreich bis zu einer erneuten Beteiligung an den Prüm-Beschlüssen zu Strafverfolgungszwecken auf die Eurodac-Datenbank zugreift. Mit dem Beschluss 2014/836/EU wurde das Vereinigte Königreich ferner aufgefordert, in einer umfassenden Durchführbarkeitsstudie zu prüfen, welchen Nutzen und welche praktischen Vorteile ihm aus einer erneuten Beteiligung an den Prüm-Beschlüssen erwachsen würden. Das Vereinigte Königreich hat die Durchführbarkeitsstudie durchgeführt und dessen Parlament hat zugestimmt, sich erneut an den Prüm-Beschlüssen zu beteiligen.

(6)

Mit Beschluss 2014/857/EU des Rates (6) wird die Mitteilung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland bestätigt, dass es sich an einigen der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, die in Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen enthalten sind, beteiligen möchte.

(7)

Mit Schreiben an den Präsidenten des Rates vom 22. Januar 2016 hat das Vereinigte Königreich ebenfalls unter Berufung auf Artikel 10 Absatz 5 des Protokolls Nr. 36 mitgeteilt, dass es sich an dem Beschluss 2008/615/JI, dem Beschluss 2008/616/JI und dem Rahmenbeschluss 2009/905/JI beteiligen möchte.

(8)

In Bezug auf die Rechtsakte, die nicht Teil des Schengen-Besitzstandes sind, verweist Artikel 10 Absatz 5 des Protokolls Nr. 36 auf das Protokoll Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Artikel 4 des Protokolls Nr. 21 verweist auf das in Artikel 331 Absatz 1 AEUV vorgesehene Verfahren. In diesem Artikel ist vorgesehen, dass die Kommission die Beteiligung des betreffenden Mitgliedstaats bestätigt und gegebenenfalls feststellt, dass die Beteiligungsvoraussetzungen erfüllt sind.

(9)

Gemäß Artikel 10 Absatz 5 vierter Satz des Protokolls Nr. 36 bemühen sich die Organe der Union und das Vereinigte Königreich, das größtmögliche Maß an Beteiligung des Vereinigten Königreichs am Besitzstand der Union bezüglich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts wiederherzustellen, ohne dass die praktische Funktionsfähigkeit seiner verschiedenen Bestandteile ernsthaft beeinträchtigt wird, und unter Wahrung von deren Kohärenz.

(10)

Die Bedingungen von Artikel 10 Absatz 5 vierter Satz des Protokolls Nr. 36 sind für die Rechtsakte erfüllt, für die das Vereinigte Königreich seine Beteiligung mitgeteilt hat.

(11)

Die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an den in Erwägungsgrund 7 genannten Rechtsakten sollte daher bestätigt werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beteiligung des Vereinigten Königreichs an den folgenden Beschlüssen des Rates wird bestätigt:

 

Beschluss 2008/615/JI,

 

Beschluss 2008/616/JI,

 

Rahmenbeschluss 2009/905/JI.

Artikel 2

Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Er tritt am 21. Mai 2016 in Kraft.

Brüssel, den 20. Mai 2016

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  Mit Beschluss 2014/858/EU der Kommission vom 1. Dezember 2014 über die Mitteilung der Absicht des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, sich an Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden und die nicht Teil des Schengen-Besitzstandes sind, zu beteiligen (ABl. L 345 vom 1.12.2014, S. 6).

(2)  Beschluss 2014/836/EU des Rates vom 27. November 2014 zur Bestimmung von Folge- und Übergangsmaßnahmen in Bezug auf die Beendigung der Beteiligung des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland an bestimmten Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, die vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon angenommen wurden (ABl. L 343 vom 28.11.2014, S. 11).

(3)  Beschluss des 2008/615/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 1).

(4)  Beschuss 2008/616/JI des Rates vom 23. Juni 2008 zur Durchführung des Beschlusses 2008/615/JI zur Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere zur Bekämpfung des Terrorismus und der grenzüberschreitenden Kriminalität (ABl. L 210 vom 6.8.2008, S. 12).

(5)  Rahmenbeschluss 2009/905/JI des Rates vom 30. November 2009 über die Akkreditierung von Anbietern kriminaltechnischer Dienste, die Labortätigkeiten durchführen (ABl. L 322 vom 9.12.2009, S. 14).

(6)  Beschluss 2014/857/EU des Rates vom 1. Dezember 2014 über die Mitteilung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, dass es sich an einigen der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, die in Rechtsakten der Union im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen enthalten sind, beteiligen möchte, und zur Änderung der Beschlüsse 2000/365/EG und 2004/926/EG (ABl. L 345 vom 1.12.2014, S. 1).


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/107


BESCHLUSS (EU) 2016/810 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 28. April 2016

über eine zweite Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (EZB/2016/10)

DER EZB-RAT —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 127 Absatz 2 erster Gedankenstrich,

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 3.1 erster Gedankenstrich, Artikel 12.1, Artikel 18.1 zweiter Gedankenstrich und Artikel 34.1 zweiter Gedankenstrich,

IN ERWÄGUNG NACHSTEHENDER GRÜNDE:

(1)

Der Beschluss EZB/2014/34 (1) sieht vor, eine Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs) über einen Zeitraum von zwei Jahren von 2014 bis 2016 durchzuführen.

(2)

Im Rahmen der Erfüllung seines Auftrags zur Gewährleistung von Preisstabilität hat der EZB-Rat am 10. März 2016 die Einführung einer neuen Reihe von vier gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG II) beschlossen, um die Kreditbedingungen für den privaten Sektor weiter zu lockern und die Kreditschöpfung zu stimulieren. Die GLRG II sollen die Transmission der Geldpolitik stärken, indem sie weitere Anreize für die Banken schaffen, Kredite an den nichtfinanziellen privaten Sektor, d. h. an private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften, in Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zu vergeben. Diese Maßnahme bezweckt nicht, die Wohnungsbaukreditvergabe der Banken an private Haushalte zu fördern. Wohnungsbaukredite an private Haushalte sind daher von der anrechenbaren Kreditvergabe an den nichtfinanziellen privaten Sektor im Rahmen dieser Maßnahme ausgenommen. In Verbindung mit anderen bestehenden Sondermaßnahmen sollen die GLRG II dazu beitragen, dass die Inflationsraten mittelfristig wieder ein Niveau von unter, aber nahe 2 % erreichen.

(3)

Wie bei der ersten Reihe von GLRGs wird zur Vereinfachung der Teilnahme von Instituten, die aus organisatorischen Gründen zur Kreditaufnahme beim Eurosystem eine Gruppenstruktur verwenden, eine Teilnahme an GLRG II als Gruppe möglich sein, sofern eine institutionelle Grundlage für eine Behandlung als Gruppe vorliegt. Die Teilnahme als Gruppe erfolgt über ein bestimmtes Mitglied der Gruppe, sofern die vorgegebenen Bedingungen erfüllt worden sind. Ferner müssen im Fall von Gruppen, die auf der Grundlage enger Verbindungen zwischen den Mitgliedern gebildet wurden, alle Gruppenmitglieder ihre Teilnahme an der Gruppe förmlich in schriftlicher Form bestätigen, damit die Liquiditätsverteilung innerhalb der Gruppe reibungslos verläuft. Eine GLRG-Gruppe, die für die Zwecke von GLRGs gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 anerkannt wurde, kann unter Einhaltung bestimmter Mitteilungs- und Anerkennungsverfahren als GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilnehmen.

(4)

Der Gesamtbetrag, der im Rahmen aller GLRG II aufgenommen werden kann, wird anhand des Gesamtbetrags am 31. Januar 2016 ausstehender anrechenbarer Kredite eines Teilnehmers am nichtfinanziellen privaten Sektor abzüglich aller Beträge, die der GLRG-II-Teilnehmer zuvor im Rahmen der ersten zwei im September und Dezember 2014 gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 durchgeführten GLRGs aufgenommen hat und die am Abwicklungstag eines GLRG II noch ausstehen, ermittelt.

(5)

Der Zinssatz für jedes GLRG II wird gemäß den in diesem Beschluss dargelegten Grundsätzen auf Basis der Kreditvergabe des Teilnehmers im Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2018 ermittelt.

(6)

Nach Ablauf von 24 Monaten nach der Abwicklung jedes GLRG II haben die Teilnehmer die Möglichkeit zur Rückzahlung von Beträgen, die ihnen nach den vorgegebenen Verfahren vierteljährlich zugeteilt wurden.

(7)

Institute, die an GLRG II teilnehmen möchten, werden bestimmten Meldepflichten unterliegen. Die gemeldeten Daten werden verwendet, a) um das Kreditlimit zu ermitteln, b) um die anwendbare Referenzgröße zu berechnen, c) um die Leistung der Teilnehmer anhand ihrer jeweiligen Referenzgröße zu bewerten und d) für weitere, zur Erfüllung der Aufgaben des Eurosystems erforderliche analytische Zwecke. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die nationalen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (nachfolgend die „NZBen“), die gemeldete Daten erhalten haben, diese innerhalb des Eurosystems austauschen können, und zwar soweit und in dem Umfang, wie dies zur sachgemäßen Umsetzung des GLRG-II-Rahmens sowie zur Prüfung seiner Wirksamkeit und für andere analytische Zwecke des Eurosystems notwendig ist. Die gemeldeten Daten können zur Validierung der gelieferten Daten innerhalb des Eurosystems ausgetauscht werden.

(8)

Dieser Beschluss soll unverzüglich in Kraft treten, damit den Kreditinstituten genügend Zeit zur Verfügung steht, um ihre operativen Vorbereitungen für das erste GLRG II zu treffen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Beschlusses sind die nachfolgend aufgeführten Begriffe wie folgt zu verstehen:

1.   „Referenzgröße für die Nettokreditvergabe“: der Betrag der anrechenbaren Nettokreditvergabe, den ein Teilnehmer im Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2018 überschreiten muss, um Anspruch auf einen Zinssatz auf die GLRG-II-Kreditaufnahme des Teilnehmers zu haben, der unter dem anfänglich gültigen Zinssatz liegt und gemäß den Grundsätzen und detaillierten Bestimmungen in Artikel 4 bzw. Anhang I berechnet wird;

2.   „Referenzgröße für den ausstehenden Betrag“: die Summe der zum 31. Januar 2016 ausstehenden anrechenbaren Kredite eines Teilnehmers und der gemäß den Grundsätzen und detaillierten Bestimmungen in Artikel 4 bzw. Anhang I berechneten Referenzgröße für die Nettokreditvergabe des Teilnehmers;

3.   „Höchstbietungsbetrag“: der gemäß den Grundsätzen und detaillierten Bestimmungen in Artikel 4 bzw. Anhang I berechnete Höchstbetrag, der von einem Teilnehmer an einem GLRG II aufgenommen werden kann;

4.   „Kreditlimit“: der gemäß den Grundsätzen und detaillierten Bestimmungen in Artikel 4 bzw. Anhang I berechnete Gesamtbetrag, der von einem Teilnehmer an allen GLRG II aufgenommen werden kann;

5.   „Kreditinstitut“: ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 2 Punkt 14 der Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/60) (2);

6.   „anrechenbare Kredite“: Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck), die in Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, im Sinne von Artikel 1 Punkt 4 der Verordnung (EG) Nr. 2533/98 des Rates (3) gebietsansässig sind, mit Ausnahme von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte, wie näher in Anhang II dargelegt;

7.   „anrechenbare Nettokreditvergabe“: die Bruttokreditvergabe in Form von anrechenbaren Krediten abzüglich Rückzahlungen von ausstehenden Beträgen anrechenbarer Kredite während eines bestimmten Zeitraums, wie näher in Anhang II dargelegt;

8.   „erster Bezugszeitraum“: der Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Januar 2016;

9.   „monetäres Finanzinstitut (MFI)“: ein monetäres Finanzinstitut im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 der Europäischen Zentralbank (EZB/2013/33) (4);

10.   „MFI-Kennung“: ein eindeutiger Identifikations-Code eines MFI in der Liste der MFI, welche die Europäische Zentralbank (EZB) gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) für statistische Zwecke führt und veröffentlicht;

11.   „ausstehende Beträge anrechenbarer Kredite“: der in der Bilanz ausgewiesene Bestand anrechenbarer Kredite ohne verbriefte oder anderweitig übertragene anrechenbare Kredite, die nicht aus der Bilanz ausgebucht wurden, wie näher in Anhang II dargelegt;

12.   „Teilnehmer“: ein für Offenmarktgeschäfte des Eurosystems zugelassener Geschäftspartner im Sinne der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60), der entweder als Einzelinstitut oder als Leitinstitut einer Bietergruppe Gebote in GLRG-II-Tenderverfahren abgibt und der allen Rechten und Pflichten im Zusammenhang mit seiner Teilnahme an den GLRG-II-Tenderverfahren unterliegt;

13.   „betreffende NZB“: in Bezug auf einen bestimmten Teilnehmer die NZB des Mitgliedstaats, in dem der Teilnehmer niedergelassen ist;

14.   „zweiter Bezugszeitraum“: der Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2018.

Artikel 2

Die zweite Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte

(1)   Das Eurosystem führt vier GLRG II gemäß dem auf der EZB-Website veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II durch.

(2)   Jedes GLRG II wird vier Jahre nach dem jeweiligen Abwicklungstag gemäß dem auf der EZB-Website veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II an einem Tag fällig, der mit dem Abwicklungstag eines Hauptrefinanzierungsgeschäfts des Eurosystems zusammenfällt.

(3)   GLRG II sind:

a)

liquiditätszuführende befristete Transaktionen,

b)

die dezentral von den NZBen

c)

in Form von Standardtendern und

d)

in Form von Mengentendern durchgeführt werden.

(4)   Die Standardbedingungen, unter denen die NZBen bereit sind, Kreditgeschäfte durchzuführen, gelten für GLRG II, sofern in diesem Beschluss nichts anderes bestimmt ist. Diese Bedingungen umfassen die Verfahren zur Durchführung von Offenmarktgeschäften, die Voraussetzungen zur Bestimmung der Zulassung von Geschäftspartnern und der Notenbankfähigkeit von Sicherheiten für die Kreditgeschäfte des Eurosystems und die Sanktionen im Fall der Nichteinhaltung der Verpflichtungen der Geschäftspartner. Jede dieser Bedingungen ist in den für Refinanzierungsgeschäfte geltenden allgemeinen und zeitlich befristeten Rechtsrahmen festgelegt und in den vertraglichen und/oder regulatorischen nationalen Rahmen der NZBen umgesetzt.

(5)   Bei Widersprüchen zwischen dem vorliegenden Beschluss und der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) oder sonstigen Rechtsakten der EZB, in denen der für längerfristige Refinanzierungsgeschäfte anwendbare Rechtsrahmen festgelegt ist, und/oder etwaigen nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieses Rechtsrahmens auf nationaler Ebene ist der vorliegende Beschluss maßgeblich.

Artikel 3

Teilnahme

(1)   Institute können als Einzelinstitut an GLRG II teilnehmen, sofern sie für Offenmarktgeschäfte des Eurosystems zugelassene Geschäftspartner sind.

(2)   Institute können als Gruppe an GLRG II teilnehmen, indem sie eine GLRG-II-Gruppe bilden. Die Teilnahme als Gruppe ist für die in Artikel 4 dargelegte Berechnung des anwendbaren Kreditlimits und der anwendbaren Referenzgrößen sowie für die damit verbundenen, in Artikel 7 festgelegten Meldepflichten von Bedeutung. Die Teilnahme als Gruppe unterliegt folgenden Einschränkungen:

a)

ein Institut darf nicht mehr als einer GLRG-II-Gruppe angehören;

b)

ein als Gruppe an GLRG II teilnehmendes Institut darf nicht als Einzelinstitut teilnehmen;

c)

das als Leitinstitut benannte Institut ist das einzige Mitglied der GLRG-II-Gruppe, das an GLRG-II-Tenderverfahren teilnehmen darf; und

d)

vorbehaltlich der Absätze 6 und 7 dieses Artikels bleibt die Zusammensetzung sowie das Leitinstitut einer GLRG-II-Gruppe für alle GLRG II unverändert.

(3)   Die Teilnahme an GLRG II über eine GLRG II-Gruppe setzt voraus, dass die nachstehenden Bedingungen erfüllt sind.

a)

Mit Wirkung zum letzten Tag des Monats, der dem in Buchstabe d dieses Absatzes genannten Antrag vorausgeht, muss jedes Mitglied einer gegebenen Gruppe:

i)

zu einem anderen Gruppenmitglied eine „enge Verbindung“ im Sinne von Artikel 138 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) haben, wobei die dortigen Bezugnahmen auf die Begriffe „Geschäftspartner“, „Garant“, „Emittent“ oder „Schuldner“ als auf ein Gruppenmitglied bezogen zu verstehen sind; oder

ii)

seine Mindestreserven beim Eurosystem im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 1745/2003 der Europäischen Zentralbank (EZB/2003/9) (5) indirekt über ein anderes Gruppenmitglied halten oder für ein anderes Gruppenmitglied als Mittlerinstitut für die indirekte Mindestreservehaltung beim Eurosystem fungieren.

b)

Die Gruppe benennt eines ihrer Mitglieder als Leitinstitut der Gruppe. Das Leitinstitut ist ein für Offenmarktgeschäfte des Eurosystems zugelassener Geschäftspartner.

c)

Jedes Mitglied der GLRG-II-Gruppe ist ein Kreditinstitut, das in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist, dessen Währung der Euro ist, und das die in Artikel 55 Buchstaben a, b und c der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) festgelegten Kriterien erfüllt.

d)

Vorbehaltlich Buchstabe e beantragt das Leitinstitut gemäß dem auf der Webseite der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II bei seiner NZB die Teilnahme als Gruppe. Der Antrag enthält Folgendes:

i)

den Namen des Leitinstituts;

ii)

das Verzeichnis der MFI-Kennungen sowie die Namen aller an der GLRG-II-Gruppe teilnehmenden Institute;

iii)

eine Erläuterung der Grundlage für einen Gruppenantrag, einschließlich eines Verzeichnisses der engen Verbindungen und/oder der Beziehungen hinsichtlich der indirekten Mindestreservehaltung zwischen den Gruppenmitgliedern, wobei jedes der Mitglieder durch seine MFI-Kennung identifiziert wird;

iv)

im Fall eines Gruppenmitglieds, das die in Buchstabe a Ziffer ii spezifizierten Bedingungen erfüllt: eine schriftliche Bestätigung des Leitinstituts, dass jedes Mitglied seiner GLRG-II-Gruppe förmlich beschlossen hat, Mitglied dieser GLRG-II-Gruppe zu sein und zustimmt, nicht als einzelner Geschäftspartner oder als Mitglied einer anderen GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilzunehmen, sowie geeignete Nachweise, dass die schriftliche Bestätigung des Leitinstituts von den dazu berechtigten Personen erstellt und unterzeichnet wurde. Ein Leitinstitut kann die erforderliche Bestätigung im Hinblick auf die Mitglieder seiner GLRG-II-Gruppe ausstellen, wenn Vereinbarungen in Kraft sind, wie z. B. Vereinbarungen über die indirekte Mindestreservehaltung nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1745/2003 (EZB/2003/9), in denen ausdrücklich geregelt ist, dass die betreffenden Gruppenmitglieder ausschließlich über das Leitinstitut an Offenmarktgeschäften des Eurosystems teilnehmen. Die betreffende NZB kann in Zusammenarbeit mit den NZBen der jeweiligen Gruppenmitglieder die Rechtswirksamkeit der betreffenden schriftlichen Bestätigung prüfen; und

v)

im Fall eines Gruppenmitglieds, auf das Buchstabe a Ziffer i Anwendung findet: 1) eine schriftliche Bestätigung des jeweiligen Gruppenmitglieds über seinen förmlichen Beschluss, Mitglied der betreffenden GLRG-II-Gruppe zu sein und nicht als einzelner Geschäftspartner oder als Mitglied einer anderen GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilzunehmen; sowie 2) einen geeigneten und von der NZB des betreffenden Gruppenmitglieds bestätigten Nachweis, dass dieser förmliche Beschluss auf der höchsten Entscheidungsebene in der Unternehmensstruktur des jeweiligen Mitglieds, wie etwa vom Vorstand oder einem vergleichbaren Beschlussorgan, und im Einklang mit sämtlichen geltenden Rechtsvorschriften gefasst wurde.

e)

Eine für die Zwecke von GLRGs gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 anerkannte GLRG-Gruppe kann als GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilnehmen, wenn ihr Leitinstitut gemäß dem auf der Webseite der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II eine entsprechende Mitteilung bei der betreffenden NZB einreicht. Diese Mitteilung enthält Folgendes:

i)

eine Liste der Mitglieder der GLRG-Gruppe, die förmlich beschlossen haben, Mitglieder der betreffenden GLRG-II-Gruppe zu sein und nicht als einzelne Geschäftspartner oder als Mitglieder einer anderen GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilzunehmen. Im Falle eines Gruppenmitglieds, das die in Buchstabe a Ziffer ii spezifizierten Bedingungen erfüllt, kann das Leitinstitut die erforderliche Mitteilung einreichen, wenn Vereinbarungen — wie die in Buchstabe d Ziffer iv genannten — in Kraft sind, in denen ausdrücklich geregelt ist, dass die betreffenden Gruppenmitglieder ausschließlich über das Leitinstitut an Offenmarktgeschäften des Eurosystems teilnehmen. Die betreffende NZB kann in Zusammenarbeit mit den NZBen der jeweiligen Gruppenmitglieder die Richtigkeit dieser Liste prüfen; und

ii)

auf Anforderung der NZB des Leitinstituts geeignete Nachweise verlangen, dass die Mitteilung von den dazu berechtigten Personen erstellt und unterzeichnet wurde.

f)

Das Leitinstitut erhält von seiner NZB die Bestätigung, dass die GLRG-II-Gruppe anerkannt wurde. Vor Erteilung der Bestätigung kann die betreffende NZB beim Leitinstitut sämtliche zusätzlichen Informationen anfordern, die für ihre Prüfung der potenziellen GLRG-II-Gruppe von Bedeutung sind. Bei ihrer Prüfung eines Gruppenantrags berücksichtigt die betreffende NZB auch gegebenenfalls erforderliche Prüfungen der Gruppenmitglieder durch die NZBen, wie etwa die Überprüfung von gemäß Buchstabe d oder e eingereichten Unterlagen.

Kreditinstitute, die der konsolidierten Aufsicht unterliegen, einschließlich Zweigstellen desselben Kreditinstituts, gelten für die Zwecke dieses Beschlusses ebenfalls als zugelassene Antragsteller für die Anerkennung als GLRG-II-Gruppe; die in diesem Artikel genannten Bedingungen gelten für sie entsprechend. Dies erleichtert die Bildung von GLRG-II-Gruppen durch solche Institute in Fällen, in denen diese Teil derselben juristischen Person sind. Für die Bestätigung der Bildung einer derartigen GLRG-II-Gruppe oder der Änderung ihrer Zusammensetzung gelten Absatz 3 Buchstabe d Ziffer iv bzw. Absatz 6 Buchstabe b Ziffer ii Nummer 4.

(4)   Wenn eines oder mehrere der vom Antrag auf Anerkennung als GLRG-II-Gruppe umfassten Institute die in Absatz 3 genannten Bedingungen nicht erfüllen, kann die betreffende NZB den Antrag der vorgeschlagenen Gruppe teilweise ablehnen. In diesem Fall können die antragstellenden Institute beschließen, als GLRG-II-Gruppe zu handeln, die nur aus den die erforderlichen Bedingungen erfüllenden Gruppenmitgliedern besteht, oder den Antrag auf Anerkennung als GLRG-II-Gruppe zurückzuziehen.

(5)   Wenn objektive Gründe vorliegen, kann der EZB-Rat in Ausnahmefällen beschließen, von den in den Absätzen 2 und 3 dargelegten Bedingungen abzuweichen.

(6)   Unbeschadet des Absatzes 5 kann sich die Zusammensetzung einer nach Absatz 3 anerkannten Gruppe in den nachstehenden Fällen ändern:

a)

Ein Mitglied wird aus der GLRG-II-Gruppe ausgeschlossen, wenn es die in Absatz 3 Buchstaben a oder c enthaltenen Bedingungen nicht mehr erfüllt. Die NZB des betreffenden Gruppenmitglieds informiert das Leitinstitut, dass das Gruppenmitglied diese Bedingungen nicht mehr erfüllt.

In diesen Fällen ist das betreffende Leitinstitut verpflichtet, der betreffenden NZB die Statusänderung seines Gruppenmitglieds mitzuteilen.

b)

Sofern in Bezug auf die GLRG-II-Gruppe nach dem letzten Tag des Monats, der dem in Absatz 3 Buchstabe d genannten Antrag vorausgeht, weitere enge Verbindungen oder Beziehungen hinsichtlich der indirekten Mindestreservehaltung in der geforderten Höhe beim Eurosystem eingegangen werden, kann die Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe geändert werden, um die Aufnahme eines neuen Mitglieds widerzuspiegeln, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

i)

Das Leitinstitut beantragt bei seiner NZB die Anerkennung einer Änderung der Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe;

ii)

der in Ziffer i genannte Antrag enthält:

1.

den Namen des Leitinstituts;

2.

das Verzeichnis der MFI-Kennungen sowie die Namen aller Institute, die in die neue Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe aufgenommen werden sollen;

3.

eine Erläuterung der Grundlage für den Antrag, einschließlich Einzelheiten der Änderungen der engen Verbindungen und/oder der Beziehungen hinsichtlich der indirekten Mindestreservehaltung zwischen den Gruppenmitgliedern, wobei jedes der Mitglieder durch seine MFI-Kennung identifiziert wird;

4.

im Fall eines Gruppenmitglieds, auf das Absatz 3 Buchstabe a Ziffer ii Anwendung findet: eine schriftliche Bestätigung des Leitinstituts, dass jedes Mitglied seiner GLRG-II-Gruppe förmlich beschlossen hat, Mitglied dieser GLRG-II-Gruppe zu sein und nicht als einzelner Geschäftspartner oder als Mitglied einer anderen GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilzunehmen. Ein Leitinstitut kann die erforderliche Bestätigung im Hinblick auf die Mitglieder seiner GLRG-II-Gruppe ausstellen, wenn Vereinbarungen in Kraft sind, wie z. B. Vereinbarungen über die indirekte Mindestreservehaltung nach Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1745/2003 (EZB/2003/9), in denen ausdrücklich geregelt ist, dass die betreffenden Gruppenmitglieder ausschließlich über das Leitinstitut an Offenmarktgeschäften des Eurosystems teilnehmen. Die betreffende NZB kann in Zusammenarbeit mit den NZBen der jeweiligen Gruppenmitglieder die Rechtswirksamkeit dieser schriftlichen Bestätigung prüfen; und

5.

im Fall eines Gruppenmitglieds, auf das Absatz 3 Buchstabe a Ziffer i Anwendung findet: eine schriftliche Bestätigung jedes zusätzlichen Mitglieds über seinen förmlichen Beschluss, Mitglied der betreffenden GLRG-II-Gruppe zu sein und nicht als einzelner Geschäftspartner oder als Mitglied einer anderen GLRG-II-Gruppe an GLRG II teilzunehmen; sowie eine schriftliche Bestätigung eines jeden Mitglieds der GLRG-II-Gruppe, das sowohl der alten als auch der neuen Zusammensetzung dieser Gruppe angehört, über seinen förmlichen Beschluss, der neuen Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe zuzustimmen, sowie einen geeigneten und von der NZB des betreffenden Gruppenmitglieds bestätigten Nachweis im Sinne von Absatz 3 Buchstabe d Ziffer v; und

iii)

das Leitinstitut hat von seiner NZB die Bestätigung erhalten, dass die geänderte GLRG-II-Gruppe anerkannt wurde. Vor Erteilung der Bestätigung kann die betreffende NZB vom Leitinstitut sämtliche zusätzlichen Informationen anfordern, die für ihre Prüfung der neuen Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe von Bedeutung sind. Bei ihrer Prüfung eines Gruppenantrags berücksichtigt die betreffende NZB auch jede gegebenenfalls erforderliche Prüfung der Gruppenmitglieder durch die NZBen, wie etwa die Überprüfung gemäß Ziffer ii eingereichter Unterlagen.

c)

Wenn in Bezug auf die GLRG-II-Gruppe nach dem letzten Tag des Monats, der dem in Absatz 3 Buchstabe d genannten Antrag vorausgeht, eine Verschmelzung, Übernahme oder Spaltung stattfindet, an der die Mitglieder der GLRG-II-Gruppe beteiligt sind, und dieser Vorgang zu keiner Änderung der Menge anrechenbarer Kredite führt, kann die Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe geändert werden, um die Verschmelzung, Übernahme oder Spaltung widerzuspiegeln, sofern die in Buchstabe b aufgeführten Bedingungen erfüllt sind.

(7)   Wenn Änderungen der Zusammensetzung einer GLRG-II-Gruppe gemäß Absatz 5 vom EZB-Rat anerkannt wurden oder gemäß Absatz 6 stattfanden, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung, sofern der EZB-Rat nichts anderes beschließt:

a)

bei Änderungen, bei denen Absatz 5 oder Absatz 6 Buchstabe b Anwendung findet, kann das Leitinstitut auf der Grundlage der neuen Zusammensetzung seiner GLRG-II-Gruppe erstmalig sechs Wochen, nachdem es den Antrag auf Anerkennung der neuen Gruppenzusammensetzung bei seiner NZB gestellt hat, an einem GLRG II teilnehmen, wenn dieser Antrag erfolgreich war; und

b)

ein Institut, das nicht mehr Mitglied einer GLRG-II-Gruppe ist, darf weder als Einzelinstitut noch als Mitglied einer anderen GLRG-II-Gruppe an weiteren GLRG II teilnehmen, es sei denn, es stellt gemäß den Absätzen 1, 3 oder 6 einen neuen Teilnahmeantrag.

(8)   Wenn ein Leitinstitut seine Zulassung als Geschäftspartner für Offenmarktgeschäfte des Eurosystems verliert, wird seine GLRG-II-Gruppe nicht mehr anerkannt und das Leitinstitut ist verpflichtet, alle im Rahmen von GLRG II aufgenommenen Beträge zurückzuzahlen.

Artikel 4

Kreditlimit, Höchstbietungsbetrag und Referenzgrößen

(1)   Das für einen einzelnen Teilnehmer geltende Kreditlimit wird anhand von Daten zu ausstehenden Beträgen anrechenbarer Kredite des einzelnen Teilnehmers ermittelt. Das geltende Kreditlimit für einen Teilnehmer, der Leitinstitut einer GLRG-II-Gruppe ist, wird anhand der aggregierten Daten zu ausstehenden Beträgen anrechenbarer Kredite aller Mitglieder der GLRG-II-Gruppe ermittelt.

(2)   Das Kreditlimit jedes Teilnehmers beträgt 30 % des Gesamtbetrags seiner am 31. Januar 2016 ausstehenden anrechenbaren Kredite abzüglich aller Beträge, die dieser GLRG-II-Teilnehmer zuvor im Rahmen der ersten zwei gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 im September und Dezember 2014 durchgeführten GLRGs aufgenommen hat und die am Abwicklungstag eines GLRG II noch ausstehen, unter Berücksichtigung aller gesetzlich verbindlichen, vom Teilnehmer gemäß Artikel 6 des Beschlusses EZB/2014/34 eingereichten Mitteilungen vorzeitiger Rückzahlungen und aller gesetzlich verbindlichen, von der betreffenden NZB gemäß Artikel 7 des Beschlusses EZB/2014/34 herausgegebenen Mitteilungen über vorzeitige Pflichtrückzahlungen. Die einschlägigen technischen Berechnungen werden in Anhang I beschrieben.

(3)   Wenn ein Mitglied einer für die Zwecke von GLRGs gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 anerkannten GLRG-Gruppe nicht Mitglied der entsprechenden GLRG-II-Gruppe sein möchte, wird bei der Berechnung des GLRG-II-Kreditlimits dieses Kreditinstituts als einzelner Teilnehmer angenommen, dass dieses Institut im Rahmen der im September und Dezember 2014 durchgeführten GLRGs einen Betrag aufgenommen hat, der identisch ist mit dem vom Leitinstitut der GLRG-Gruppe bei diesen zwei Geschäften aufgenommenen und am Abwicklungstag eines GLRG II noch ausstehenden Betrag, multipliziert mit dem Anteil anrechenbarer Kredite des Mitglieds an denen der GLRG-Gruppe zum 30. April 2014. Dieser letztere Betrag wird bei der Berechnung des GLRG-II-Kreditlimits des Leitinstituts von dem Betrag abgezogen, der als die Kreditaufnahme der jeweiligen GLRG-II-Gruppe bei den GLRGs im September und Dezember 2014 angenommen wird.

(4)   Der für jeden Teilnehmer geltende Höchstbietungsbetrag entspricht dem Kreditlimit abzüglich der Beträge, die der Teilnehmer bereits in früheren GLRG II an Krediten aufgenommen hat. Dieser Betrag wird als Höchstbietungsbetrag für jeden Teilnehmer angesehen, und die in Artikel 36 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) festgelegten Bestimmungen über Gebote, die den Höchstbietungsbetrag überschreiten, finden Anwendung. Die einschlägigen technischen Berechnungen werden in Anhang I beschrieben.

(5)   Die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe eines Teilnehmers wird anhand der anrechenbaren Nettokreditvergabe im ersten Bezugszeitraum wie folgt bestimmt:

a)

Für Teilnehmer, die für den ersten Bezugszeitraum eine anrechenbare Nettokreditvergabe melden, die positiv oder null ist, ist die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe null;

b)

für Teilnehmer, die für den ersten Bezugszeitraum eine anrechenbare Nettokreditvergabe melden, die negativ ist, entspricht die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe der für den ersten Bezugszeitraum anrechenbaren Nettokreditvergabe.

Die einschlägigen technischen Berechnungen werden in Anhang I beschrieben. Die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe von Teilnehmern, die nach dem 31. Januar 2015 eine Banklizenz erhalten haben, ist null, sofern der EZB-Rat aus objektiven Rechtfertigungsgründen nichts anderes beschließt.

(6)   Die Referenzgröße für den ausstehenden Betrag eines Teilnehmers wird aus der Summe der zum 31. Januar 2016 ausstehenden anrechenbaren Kredite und der Referenzgröße für die Nettokreditvergabe ermittelt. Die einschlägigen technischen Berechnungen werden in Anhang I beschrieben.

Artikel 5

Zinsen

(1)   Vorbehaltlich Absatz 2 gilt für den Betrag, der im Rahmen des jeweiligen GLRG II aufgenommen wird, der Zinssatz, der sich aus dem zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung für das jeweilige GLRG II geltenden Zinssatz des Hauptrefinanzierungsgeschäfts ergibt.

(2)   Für Beträge, die von Teilnehmern aufgenommen wurden, deren anrechenbare Nettokreditvergabe im zweiten Bezugszeitraum ihre Referenzgröße für die Nettokreditvergabe überschreitet, gilt ebenfalls der Zinssatz, der sich aus dem zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung für das jeweilige GLRG II geltenden Zinssatz für die Einlagefazilität gemäß den ausführlich in Anhang I dargelegten Bestimmungen und Berechnungen ergibt. Der Zinssatz wird den Teilnehmern vor dem ersten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung im Juni 2018 (gemäß dem auf der Website der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II) mitgeteilt.

(3)   Zinsen sind nachträglich zum Laufzeitende jedes GLRG II fällig oder ggf. bei vorzeitiger Rückzahlung wie in Artikel 6 vorgesehen.

(4)   Wenn eine NZB die ihr gemäß vertraglichen oder öffentlich-rechtlichen Regelungen zustehenden Rechtsbehelfe ausübt und ein Teilnehmer deshalb verpflichtet ist, ausstehende Beträge im Rahmen von GLRG II zurückzuzahlen, bevor ihm der geltende Zinssatz mitgeteilt wurde, findet für jeden Betrag, den dieser Teilnehmer im Rahmen jedes GLRG II aufgenommen hat, der Zinssatz Anwendung, der sich aus dem zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung für das jeweilige GLRG II geltenden Zinssatz des Hauptrefinanzierungsgeschäfts ergibt.

Artikel 6

Vorzeitige Rückzahlung

(1)   Nach Ablauf von 24 Monaten nach Abwicklung jedes GLRG II haben die Teilnehmer vierteljährlich die Möglichkeit, den Betrag des betreffenden GLRG II vor Ende der Laufzeit zu beenden oder herabzusetzen.

(2)   Die Zeitpunkte der vorzeitigen Rückzahlung fallen mit dem vom Eurosystem festgelegten Abwicklungstag eines Hauptrefinanzierungsgeschäfts des Eurosystems zusammen.

(3)   Damit ein Teilnehmer das Verfahren zur vorzeiten Rückzahlung nutzen kann, muss er der betreffenden NZB mindestens eine Woche vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung mitteilen, dass er eine Rückzahlung im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Rückzahlung zu dem genannten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung beabsichtigt.

(4)   Die in Absatz 3 genannte Mitteilung wird eine Woche vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung, auf den sie sich bezieht, für den betreffenden Teilnehmer verbindlich. Zahlt der Teilnehmer den im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Rückzahlung fälligen Betrag weder vollständig noch teilweise bis zum Rückzahlungstermin, kann eine finanzielle Sanktion verhängt werden. Die anzuwendende finanzielle Sanktion wird gemäß Anhang VII der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) berechnet. Sie entspricht der finanziellen Sanktion, die bei Verstößen gegen Verpflichtungen zur Stellung ausreichender Sicherheiten und zur Begleichung des Betrags, der dem Geschäftspartner in Bezug auf befristete Transaktionen zu geldpolitischen Zwecken zugeteilt wurde, verhängt wird. Die Verhängung einer finanziellen Sanktion gilt unbeschadet des Rechts der NZB, die für den Eintritt eines Beendigungs- oder Kündigungsereignisses vorgesehenen Rechtsbehelfe gemäß Artikel 166 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) auszuüben.

Artikel 7

Meldepflichten

(1)   Jeder Teilnehmer an GLRG II reicht die im Meldebogen gemäß Anhang II erfassten Daten wie folgt bei seiner NZB ein:

a)

die Daten, die sich auf den ersten Bezugszeitraum beziehen, die der Ermittlung des Kreditlimits, der Höchstbietungsbeträge und der Referenzgrößen eines Teilnehmers dienen (nachfolgend als „erste Datenmeldung“ bezeichnet); und

b)

die Daten, die sich auf den zweiten Bezugszeitraum beziehen, die der Bestimmung der geltenden Zinssätze dienen (nachfolgend als „zweite Datenmeldung“ bezeichnet).

(2)   Die Vorlage der Daten erfolgt im Einklang mit

a)

dem auf der Webseite der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II;

b)

den in Anhang II dargelegten Leitlinien; und

c)

den Mindestanforderungen für die Exaktheit und Erfüllung der in Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) festgelegten Konzepte.

(3)   Die in den eingereichten Datenmeldungen von den Teilnehmern verwendeten Begriffe sind im Sinne der in Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) enthaltenen Begriffsbestimmungen zu verstehen.

(4)   Die Leitinstitute von GLRG-II-Gruppen reichen Datenmeldungen ein, die aggregierten Daten aller Mitglieder der GLRG-II-Gruppe enthalten. Darüber hinaus kann die NZB des Leitinstituts oder die NZB eines Mitglieds einer GLRG-II-Gruppe, sofern dies in Abstimmung mit der NZB des Leitinstituts erfolgt, verlangen, dass das Leitinstitut disaggregierte Daten für jedes einzelne Gruppenmitglied einreicht.

(5)   Jeder Teilnehmer muss sicherstellen, dass die Qualität der gemäß den Absätzen 1 und 2 gemeldeten Daten durch einen externen Wirtschaftsprüfer im Einklang mit den folgenden Regelungen geprüft wird:

a)

Der Wirtschaftsprüfer kann die Daten der ersten Datenmeldung im Rahmen der jährlichen Abschlussprüfung des Teilnehmers prüfen und die Ergebnisse seiner Untersuchung zu dem Zeitpunkt einreichen, der auf dem auf der Website der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II angegeben ist.

b)

Die Untersuchungsergebnisse des Wirtschaftsprüfers in Bezug auf die zweite Datenmeldung werden zusammen mit dieser zweiten Datenmeldung eingereicht, sofern die zuständige NZB nicht in besonderen Ausnahmefällen einen anderen Termin genehmigt hat; in diesem Fall erhält der Teilnehmer, der die Verlängerung beantragt hat, erst dann Auskunft über den Zinssatz für die von ihm aufgenommenen Beträge, wenn die Untersuchungsergebnisse des Wirtschaftsprüfers eingereicht wurden. Sollte der Teilnehmer nach einer Genehmigung seiner NZB beschließen, den Betrag seiner GLRG II zu beenden oder herabzusetzen, bevor er die Untersuchungsergebnisse des Wirtschaftsprüfers einreicht, findet der Zinssatz Anwendung, der sich aus dem zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung für das jeweilige GLRG II geltenden Hauptrefinanzierungssatz ergibt.

c)

Die Untersuchung des Wirtschaftsprüfers konzentriert sich auf die in den Absätzen 2 und 3 dargelegten Anforderungen. Insbesondere prüft der Wirtschaftsprüfer:

i)

die Exaktheit der vorgelegten Daten. Zu diesem Zweck kontrolliert er, ob die anrechenbaren Kredite des Teilnehmers, im Falle eines Leitinstituts einschließlich der anrechenbaren Kredite seiner Mitglieder der GLRG-II-Gruppe, die Zulassungskriterien erfüllen;

ii)

ob die gemeldeten Daten den in Anhang II dargelegten Leitlinien und den in der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) eingeführten Konzepten entsprechen;

iii)

ob die gemeldeten Daten mit gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) zusammengestellten Daten in Einklang stehen; und

iv)

ob Kontrollen und Verfahren vorhanden sind, um die Integrität, Exaktheit und Konsistenz der Daten zu prüfen.

Im Fall der Teilnahme als Gruppe werden die Ergebnisse des Wirtschaftsprüfers den NZBen der anderen Mitglieder der GLRG-II-Gruppe zur Verfügung gestellt. Auf deren Ersuchen werden der NZB des Teilnehmers detaillierte Ergebnisse der gemäß diesem Absatz vorgenommenen Untersuchungen übermittelt, und im Fall einer Teilnahme als Gruppe werden diese anschließend den NZBen der Gruppenmitglieder zur Verfügung gestellt.

Das Eurosystem kann weitere Vorgaben für die Durchführung einer solchen Untersuchung durch den Wirtschaftsprüfer bestimmen. In diesem Fall vergewissern sich die Teilnehmer, dass die Wirtschaftsprüfer diesen Vorgaben bei ihrer Untersuchung Folge leisten.

(6)   Bei einer Änderung der Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe oder einer Unternehmensreorganisation, beispielsweise aufgrund einer Verschmelzung, Übernahme oder Spaltung, die Auswirkungen auf die anrechenbaren Kredite des Teilnehmers hat, wird eine korrigierte erste Datenmeldung im Einklang mit den Weisungen der NZB dieses Teilnehmers eingereicht. Die zuständige NZB schätzt die Folgen dieser Korrektur ein und ergreift entsprechende Maßnahmen. Solche Maßnahmen können die Verpflichtung zur Rückzahlung jener Beträge einschließen, die in Anbetracht der Änderung der Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe oder der Unternehmensreorganisation das maßgebliche Kreditlimit überschreiten. Der betreffende Teilnehmer (dies kann auch ein Unternehmen sein, das im Zuge der Unternehmensreorganisation neu gegründet wurde) muss alle von der zuständigen NZB verlangten zusätzlichen Informationen vorlegen, die hilfreich sind, um die Auswirkungen einer solchen Korrektur abschätzen zu können.

(7)   Die Daten, die von den Teilnehmern gemäß diesem Artikel gemeldet werden, können vom Eurosystem für die Umsetzung des GLRG-II-Rahmens sowie zur Prüfung seiner Wirksamkeit und für andere analytische Zwecke des Eurosystems herangezogen werden.

Artikel 8

Nichteinhaltung der Meldepflichten

(1)   Wenn ein Teilnehmer seine Melde- oder Prüfpflichten nicht erfüllt oder wenn Fehler bei den gemeldeten Daten festgestellt werden, gilt Folgendes:

a)

Wenn ein Teilnehmer die erste Datenmeldung nicht fristgerecht einreicht, wird sein Kreditlimit auf null herabgesetzt;

b)

wenn ein Teilnehmer die zweite Datenmeldung nicht fristgerecht einreicht oder den in Artikel 7 Absatz 5 oder 6 dargelegten Verpflichtungen nicht nachkommt, findet der Zinssatz, der sich aus dem zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung für das jeweilige GLRG II geltenden Hauptrefinanzierungssatz ergibt, auf die Beträge Anwendung, die der Teilnehmer im Rahmen der GLRG II aufgenommen hat;

c)

wenn ein Teilnehmer in Verbindung mit der in Artikel 7 Absatz 5 genannten Prüfung oder aus anderen Gründen Fehler bei den mittels der Datenmeldung eingereichten Daten feststellt, muss er die zuständige NZB schnellstmöglich davon in Kenntnis setzen. In Fällen, in denen der zuständigen NZB solche Fehler angezeigt wurden oder ihr diese auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind: i) stellt der Teilnehmer alle zusätzlichen Informationen, die von der zuständigen NZB zur Abschätzung der Auswirkungen des betreffenden Fehlers verlangt werden, zur Verfügung und ii) die zuständige NZB kann geeignete Maßnahmen ergreifen, wie u. a. den Zinssatz, der für die GLRG-II-Kreditaufnahmen des Teilnehmers gilt, anzupassen oder eine vorzeitige Rückzahlung jener aufgenommenen Beträge, die aufgrund des Fehlers das Kreditlimit des Teilnehmers überschreiten, zu verlangen.

(2)   Absatz 1 gilt unbeschadet etwaiger Sanktionen, die gemäß dem Beschluss EZB/2010/10 der Europäischen Zentralbank (6) in Bezug auf die in der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) festgelegten Meldepflichten verhängt werden können.

Artikel 9

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am 3. Mai 2016 in Kraft.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 28. April 2016.

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  Beschluss EZB/2014/34 vom 29. Juli 2014 über Maßnahmen im Zusammenhang mit gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (ABl. L 258 vom 29.8.2014, S. 11).

(2)  Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60) (ABl. L 91 vom 2.4.2015, S. 3).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 2533/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Erfassung statistischer Daten durch die Europäische Zentralbank (ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 der Europäischen Zentralbank vom 24. September 2013 über die Bilanz des Sektors der monetären Finanzinstitute (EZB/2013/33) (ABl. L 297 vom 7.11.2013, S. 1).

(5)  Verordnung (EG) Nr. 1745/2003 der Europäischen Zentralbank vom 12. September 2003 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht (EZB/2003/9) (ABl. L 250 vom 2.10.2003, S. 10).

(6)  Beschluss EZB/2010/10 der Europäischen Zentralbank vom 19. August 2010 über die Nichteinhaltung der statistischen Berichtspflichten (ABl. L 226 vom 28.8.2010, S. 48).


ANHANG I

DURCHFÜHRUNG DER ZWEITEN REIHE GEZIELTER LÄNGERFRISTIGER REFINANZIERUNGSGESCHÄFTE

1.   Berechnung des Kreditlimits und Höchstbietungsbetrags

Teilnehmer an einem gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäft der zweiten Reihe (GLRG II), die als Einzelinstitut oder als Leitinstitut einer GLRG-II-Gruppe handeln, unterliegen einem Kreditlimit. Das berechnete Kreditlimit wird auf das nächste Vielfache von 10 000 EUR gerundet.

Das Kreditlimit für einen einzelnen Teilnehmer an den GLRG II wird anhand des ausstehenden Betrags anrechenbarer Kredite zum 31. Januar 2016 ermittelt. Das Kreditlimit für das Leitinstitut einer GLRG-II-Gruppe wird anhand des ausstehenden Betrags anrechenbarer Kredite zum 31. Januar 2016 in Bezug auf alle Teilnehmer dieser GLRG-II-Gruppe ermittelt.

Das Kreditlimit entspricht 30 % des ausstehenden Betrags der anrechenbaren (1) Kredite des Teilnehmers zum 31. Januar 2016 abzüglich der Beträge, die der Teilnehmer im Rahmen der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs) im September und Dezember 2014 gemäß dem Beschluss EZB/2014/34 aufgenommen hat und die zum Abwicklungstag eines GLRG II noch ausstehen, d. h.:

BAk = 0,3 × OLJan 2016OBk für k = 1,…,4

BAk ist das Kreditlimit bei einem GLRG II k (wobei k = 1,…,4). OLJan 2016 ist der Betrag der zum 31. Januar 2016 ausstehenden Kredite, die der Teilnehmer aufgenommen hat, und OB k ist der Betrag, den der Teilnehmer bei GLRG1 und GLRG2 der ersten GLRG-Reihe aufgenommen hat und die zum Abwicklungstag eines GLRG II k immer noch ausstehen.

Der für jeden Teilnehmer geltende Höchstbietungsbetrag in Bezug auf jedes GLRG II, abzüglich der Kredite, die der Teilnehmer bereits in früheren GLRG II aufgenommen hat, entspricht dem Kreditlimit.

Dabei Ck ≥ 0 sei die Kreditaufnahme eines Teilnehmers bei einem GLRG II k. Der Höchstbietungsbetrag BLk für diesen Teilnehmer am Geschäft k ist:

 

BL 1 = BA 1 und

 

Formula, für k = 2, 3, 4.

2.   Berechnung von Referenzgrößen

NLm sei die anrechenbare Nettokreditvergabe eines Teilnehmers im Kalendermonat m, die anhand des Bruttokreditvolumens neuer anrechenbarer Kredite eines Teilnehmers in diesem Monat, abzüglich des Betrags zurückgezahlter anrechenbarer Kredite im Sinne von Anhang II, ermittelt wird.

NLB sei die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe dieses Teilnehmers. Sie wird wie folgt definiert:

NLB = min(NLFeb 2015 + NLMarch 2015 + … + NLJan 2016,0)

Das heißt, wenn die anrechenbare Nettokreditvergabe dieses Teilnehmers im ersten Bezugszeitraum positiv war oder sich auf null belief, ist NLB = 0. Wenn die anrechenbare Nettokreditvergabe dieses Teilnehmers im ersten Bezugszeitraum jedoch negativ war, ist NLB = NLFeb 2015 + NLMarch 2015 + … + NLJan 2016.

OAB sei die Referenzgröße für den ausstehenden Betrag eines Teilnehmers. Sie wird wie folgt definiert:

OAB = max(OLJan 2016 + NLB,0)

3.   Berechnung des Zinssatzes

NSJan 2018 sei der Betrag, der aus der Summe der anrechenbaren Nettokreditvergabe im Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2018 und des Betrags der anrechenbaren Kredite, die zum 31. Januar 2016 ausstehen, ermittelt wird. Dieser wird wie folgt berechnet: NSJan 2018 = OLJan 2016 + NLFeb 2016 + NLMarch 2016 + … + NLJan 2018

EX gibt den Prozentsatz an, um den NSJan 2018 von der Referenzgröße für die ausstehenden Beträge abweicht, also:

Formula

wobei OAB gleich null ist; EX entspricht dem Wert 2,5.

rk sei ein Zinssatz, der auf GLRG II k angewandt werden soll. Dabei seien MROk und DFk der Satz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte (MRO) bzw. für die Einlagefazilität, angegeben als jährliche Prozentsätze, die jeweils zum Zeitpunkt der Zuteilung von GLRG II k gültig sind. Der Zinssatz wird wie folgt ermittelt:

a)

Hat ein Teilnehmer seine Referenzgröße für den ausstehenden Betrag anrechenbarer Kredite zum 31. Januar 2018 nicht überschritten, wird auf alle vom Teilnehmer in GLRG II aufgenommenen Beträge der Zinssatz angewandt, der dem für Hauptrefinanzierungsgeschäfte geltenden Zinssatz zum Zeitpunkt der Zuteilung jedes GLRG II entspricht, d. h.:

Wenn EX ≤ 0, dann ist rk = MROk .

b)

Hat ein Teilnehmer seine Referenzgröße für den ausstehenden Betrag anrechenbarer Kredite zum 31. Januar 2018 um mindestens 2,5 % überschritten, wird auf alle vom Teilnehmer in den GLRG II aufgenommenen Beträge der Zinssatz angewandt, der dem für die Einlagefazilität geltenden Zinssatz zum Zeitpunkt der Zuteilung jedes GLRG II entspricht, d. h.:

Wenn EX ≥ 2,5, dann ist rk = DFk .

c)

Hat ein Teilnehmer seine Referenzgröße für den ausstehenden Betrag anrechenbarer Kredite zum 31. Januar 2018 dagegen um weniger als 2,5 % überschritten, wird der Zinssatz linear in Abhängigkeit des Prozentsatzes, um den der Teilnehmer seine Referenzgröße überschritten hat, gestaffelt, d. h.:

Wenn 0 < EX < 2,5, dann istFormula.

Der Zinssatz wird als Jahreszins in Prozent ausgewiesen und auf vier Dezimalstellen gerundet.


(1)  Der Begriff „Teilnehmer“ ist als Bezugnahme auf einzelne Teilnehmer oder GLRG-II-Gruppen zu verstehen.


ANHANG II

DIE ZWEITE REIHE DER GEZIELTEN LÄNGERFRISTIGEN REFINANZIERUNGSGESCHÄFTE — LEITLINIEN FÜR DIE ZUSAMMENSTELLUNG DER FÜR DEN MELDEBOGEN ERFORDERLICHEN DATEN

1.   Einführung  (1)

Diese Leitlinien enthalten Hinweise zur Erstellung der Datenmeldungen, die Teilnehmer an den GLRG II gemäß den Bestimmungen von Artikel 7 vorlegen müssen. Die Meldepflichten werden im Meldebogen am Ende dieses Anhangs dargestellt. Außerdem werden in diesen Leitlinien die Meldepflichten der Leitinstitute von GLRG-II-Gruppen näher ausgeführt.

Die Abschnitte 2 und 3 enthalten allgemeine Informationen zur Zusammenstellung und Übermittlung der Daten, während in Abschnitt 4 die zu meldenden Indikatoren erläutert werden.

2.   Allgemeine Informationen

Die für die Berechnung des Kreditlimits zu verwendenden Messgrößen beziehen sich auf von monetären Finanzinstituten (MFI) vergebene Kredite an im Euro-Währungsgebiet ansässige nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte (2) im Euro-Währungsgebiet (ohne Wohnungsbaukredite) in sämtlichen Währungen. Gemäß Artikel 7 sind Datenmeldungen für die beiden in Artikel 1 festgelegten Bezugszeiträume zu übermitteln. Insbesondere sind die Angaben zu den Beträgen anrechenbarer Kredite, die zu Ende des dem Beginn des Meldezeitraums vorausgehenden Monats und zu Ende dieses Zeitraums ausstehen, sowie zur anrechenbaren Nettokreditvergabe im selben Zeitraum (berechnet als Bruttokreditvergabe abzüglich Rückzahlungen) für nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte getrennt zu melden. Die ausstehenden Beträge anrechenbarer Kredite werden um verbriefte oder anderweitig übertragene und nicht ausgebuchte Kredite angepasst. Anzugeben sind außerdem Einzelheiten zu den relevanten Teilkomponenten dieser Positionen sowie zu Effekten, die Veränderungen bei den ausstehenden Beträgen anrechenbarer Kredite mit sich bringen, jedoch nicht auf anrechenbare Nettokreditvergaben zurückzuführen sind (nachfolgend die „Bereinigungen der ausstehenden Beträge“). Dabei wird auch die Position „Kreditveräußerung und Krediterwerb sowie sonstige Kreditübertragung“ erfasst.

Hinsichtlich der erhobenen Informationen ist anzumerken, dass die Daten bezüglich der zum 31. Januar 2016 ausstehenden Beträge anrechenbarer Kredite für die Bestimmung des Kreditlimits herangezogen werden. Darüber hinaus werden die Daten bezüglich der anrechenbaren Nettokreditvergabe des ersten Bezugszeitraums hinzugezogen, um die Referenzgröße für die Nettokreditvergabe und die Referenzgröße für die ausstehenden Kreditbeträge zu berechnen. Die Daten zur anrechenbaren Nettokreditvergabe im zweiten Bezugszeitraum werden dagegen herangezogen, um Entwicklungen in der Kreditvergabe und folglich die anwendbaren Zinssätze abzuschätzen. Alle weiteren im Meldebogen erfassten Indikatoren werden benötigt, um zu prüfen, inwieweit die Informationen in sich kohärent sind und mit den vom Eurosystem erhobenen statistischen Daten übereinstimmen; sie bilden zudem die Grundlage für die eingehende Analyse der Wirkung des GLRG-II-Programms.

Den allgemeinen Rahmen für die Erstellung der Datenmeldungen bilden die Meldepflichten der MFI im Euro-Währungsgebiet im Zusammenhang mit der Statistik über die Bilanzpositionen der MFI gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) über die Bilanz des Sektors der monetären Finanzinstitute. Was insbesondere Kredite angeht, so werden sie gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) „zu ihrem am Monatsende ausstehenden Nominalwert gemeldet. Abschreibungen und Wertberichtigungen gemäß der betreffenden Rechnungslegungspraxis sind von diesem Betrag ausgeschlossen. Verbindlichkeiten aus Einlagen und Kredite werden nicht gegen andere Aktiva oder Passiva saldiert.“ Entgegen den in Artikel 8 Absatz 2 festgelegten Regeln, die zugleich implizieren, dass Kredite brutto vor Abzug von Rückstellungen zu melden sind, heißt es allerdings in Absatz 4 desselben Artikels: „Die NZBen können die Meldung wertberichtigter Kredite nach Abzug von Rückstellungen sowie die Meldung erworbener Kredite zu dem zum Zeitpunkt des Erwerbs vereinbarten Preis [d. h. ihrem Transaktionswert] zulassen, wenn alle gebietsansässigen Berichtspflichtigen Meldungen dieser Art vornehmen.“ Wie sich dieses Abweichen von den allgemeinen Vorgaben für Bilanzpositionen auf die Erstellung der Datenmeldungen auswirkt, wird nachstehend genauer erläutert.

Die Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sollte ebenfalls als Referenz herangezogen werden, was die bei der Erstellung der Datenmeldungen geltenden Begriffsbestimmungen anbelangt. Siehe hierzu insbesondere Artikel 1 mit allgemeinen Begriffsbestimmungen sowie Anhang II Teile 2 und 3 mit Begriffsbestimmungen für die Kategorien von als „Kredite“ zu erfassenden Instrumenten bzw. für die Sektoren von Teilnehmern. Wichtig ist, dass den Regeln für Bilanzpositionen zufolge aufgelaufene Zinsforderungen aus Krediten normalerweise in der Bilanz ausgewiesen werden, wenn sie auflaufen (d. h. auf Periodenabgrenzungsbasis und nicht zum Zeitpunkt ihres Eingangs), doch sollten sie nicht in die Daten über ausstehende Kreditbeträge einbezogen werden. Kapitalisierte Zinsen sollten allerdings als Teil der ausstehenden Beträge ausgewiesen werden.

Zwar werden viele der meldepflichtigen Daten von den MFI bereits nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) zusammengestellt, doch müssen einige Informationen von den Teilnehmern an den GLGR II zusätzlich erfasst werden. Der methodische Rahmen für Statistiken über Bilanzpositionen, der im Handbuch zu MFI-Bilanzstatistiken (3) niedergelegt ist, enthält alle für die Zusammenstellung dieser zusätzlichen Daten nötigen Hintergrundinformationen; weitere Einzelheiten zu Begriffsbestimmungen der einzelnen Indikatoren werden unter Punkt 4 aufgeführt.

3.   Allgemeine Hinweise für die Meldungen

a)   Gliederung des Meldebogens

Der Meldebogen enthält die Angabe des Bezugszeitraums für die Daten; außerdem werden die Indikatoren in zwei Blöcken zusammengefasst: MFI-Kredite an im Euro-Währungsgebiet ansässige nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und MFI-Kredite an private Haushalte im Euro-Währungsgebiet (ohne Wohnungsbaukredite). Die Daten in den gelb markierten Feldern werden anhand der eingefügten Formeln aus den Daten, die in die übrigen Felder eingegeben werden, berechnet. Der Meldebogen verfügt über eine integrierte Datenvalidierung, welche die Kohärenz zwischen ausstehenden Beträgen und Transaktionen überprüft.

b)   Definition des „Meldezeitraums“

Durch den Meldezeitraum wird die Datenspanne markiert, auf die sich die Daten beziehen. Für GLRG II sind zwei Meldezeiträume vorgesehen, d. h. der „erste Bezugszeitraum“ vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Januar 2016 und der „zweite Bezugszeitraum“ vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2018. Indikatoren zu den ausstehenden Beträgen sind zum Monatsende, der dem Beginn des Meldezeitraums vorausgeht, sowie zum Ende des Meldezeitraums zu melden; für den ersten Bezugszeitraum müssen ausstehende Beträge daher zum 31. Januar 2015 und zum 31. Januar 2016 gemeldet werden. Ausstehende Beträge für den zweiten Bezugszeitraum müssen zum 31. Januar 2016 und zum 31. Januar 2018 gemeldet werden. Daten zu Transaktionen und Bereinigungen wiederum müssen alle relevanten Effekte abdecken, die während des Meldezeitraums eintreten.

c)   Meldungen zu GLRG-II-Gruppen

Bei einer Teilnahme als Gruppe an den GLRG II müssen die Daten im Regelfall auf aggregierter Basis gemeldet werden. Allerdings steht es den nationalen Zentralbanken von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (NZBen), frei, die Informationen auf Basis der Einzelinstitute zu erheben, wenn sie dies für angezeigt erachten.

d)   Übermittlung der Datenmeldungen

Die ausgefüllte Datenmeldung ist der zuständigen NZB gemäß den Bestimmungen von Artikel 7 und entsprechend dem auf der Website der EZB veröffentlichten unverbindlichen Kalender für GLRG II zu übermitteln, in dem auch der bei jeder Übermittlung abzudeckende Bezugszeitraum und die Datenstände, die zur Zusammenstellung der Daten zu verwenden sind, spezifiziert sind.

e)   Einheiten für die Daten

Die Daten sind jeweils in Tausend Euro zu melden.

4.   Begriffsbestimmungen

In diesem Abschnitt werden die verschiedenen Bilanzpositionen, die auszuweisen sind, definiert, wobei die betreffenden Nummern des Meldebogens in Klammern angegeben sind.

a)   Ausstehende Beträge anrechenbarer Kredite (1 und 4)

Die Berechnung der Daten in diesen Feldern erfolgt auf Grundlage der Zahlen, die für die danach aufgeführten Bilanzpositionen gemeldet werden, d. h. „Ausstehende Beträge in der Bilanz“ (1.1 und 4.1) minus „Verbriefte oder anderweitig übertragene, jedoch nicht aus der Bilanz ausgebuchte ausstehende Kreditbeträge“ (1.2 und 4.2) plus „Ausstehende Rückstellungen für anrechenbare Kredite“ (1.3 und 4.3). Letzteres ist lediglich in Fällen relevant, in denen entgegen der üblichen Praxis bei Bilanzpositionen Kredite nach Abzug von Rückstellungen ausgewiesen werden.

i)   Ausstehende Beträge in der Bilanz (1.1 und 4.1)

Diese Position umfasst die ausstehenden Beträge von Krediten an im Euro-Währungsgebiet ansässige nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und an private Haushalte im Euro-Währungsgebiet (ohne Wohnungsbaukredite). Aufgelaufene Zinsen werden im Gegensatz zu kapitalisierten Zinsen bei den Indikatoren nicht berücksichtigt.

Diese Felder des Meldebogens sind direkt mit den Anforderungen nach Anhang I Teil 2 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) (Block 2 in Tabelle 1 zu monatlichen Beständen) verbunden.

Genauere Definitionen der in den Datenmeldungen zu erfassenden Positionen finden sich in Anhang II Teil 2 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 2.1.4 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken.

ii)   Verbriefte oder anderweitig übertragene, jedoch nicht aus der Bilanz ausgebuchte ausstehende Kreditbeträge (1.2 und 4.2)

In dieser Position werden die ausstehenden Kreditbeträge erfasst, die verbrieft oder anderweitig übertragen, aber nicht aus der Bilanz ausgebucht wurden. Hierbei sind sämtliche Verbriefungsaktivitäten unabhängig davon auszuweisen, wo die beteiligten finanziellen Mantelkapitalgesellschaften ansässig sind. Kredite, die geldpolitische Kreditgeschäfte des Eurosystems in Form von Kreditforderungen besichern, die zu einer Übertragung ohne Ausbuchung aus der Bilanz führen, werden in dieser Position nicht berücksichtigt.

Die geforderten Informationen zu verbrieften Krediten an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte, die nicht ausgebucht wurden, entsprechen zwar Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) (Block 5.1 in Tabelle 5a zu monatlichen Daten), doch ist dort keine Aufschlüsselung nach Verwendungszweck vorgeschrieben. Außerdem fallen ausstehende Kreditbeträge, die anderweitig (d. h. nicht durch Verbriefung) übertragen, aber nicht ausgebucht wurden, nicht unter die Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33). Für die Zwecke der Erstellung von Datenmeldungen sind daher gesonderte Daten aus den internen Datenbanken der MFI zu extrahieren.

Nähere Einzelheiten zu den in den Datenmeldungen zu erfassenden Positionen finden sich in Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 2.3 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken.

iii)   Ausstehende Rückstellungen für anrechenbare Kredite (1.3 und 4.3)

Diese Daten sind lediglich bei denjenigen Instituten relevant, die entgegen der üblichen Praxis bei Bilanzpositionen Kredite nach Abzug von Rückstellungen ausweisen. Im Falle von Instituten, die als GLRG-II-Gruppen teilnehmen, gilt dieses Erfordernis nur für die Institute der Gruppe, die Kredite nach Abzug von Rückstellungen ausweisen.

In dieser Position erfasst werden Einzel- und allgemeine Rückstellungen für Wertminderungsverluste und Kreditausfälle (vor Abschreibungen und Wertberichtigungen). Die Daten müssen sich auf ausstehende anrechenbare Kredite in der Bilanz beziehen, d. h., Kredite, die verbrieft oder anderweitig übertragen, aber nicht aus der Bilanz ausgebucht wurden, bleiben unberücksichtigt.

Wie im dritten Unterabsatz von Punkt 2 aufgeführt, sind in Statistiken über Bilanzpositionen Kredite im Regelfall zu ihrem ausstehenden Nominalwert zu melden, wobei die entsprechenden Rückstellungen „Kapital und Rücklagen“ zugeordnet werden. In solchen Fällen sollten keine gesonderten Informationen zu Rückstellungen gemeldet werden. Gleichzeitig müssen diese zusätzlichen Informationen jedoch in Fällen, in denen Kredite abzüglich Rückstellungen ausgewiesen werden, übermittelt werden, damit die Datenlage bei sämtlichen MFI uneingeschränkt vergleichbar ist.

Ist es gängige Praxis, ausstehende Kreditbeträge nach Abzug von Rückstellungen auszuweisen, so haben die NZBen die Möglichkeit, die Meldung dieser Informationen als fakultativ einzustufen. Allerdings werden in solchen Fällen bei den Berechnungen innerhalb des GLRG-II-Rahmens die ausstehenden Kreditbeträge in der Bilanz nach Abzug von Rückstellungen zur Grundlage genommen (4).

Nähere Einzelheiten finden sich in der Bezugnahme auf Rückstellungen in der Definition von „Kapital und Rücklagen“ in Anhang II Teil 2 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33).

b)   Anrechenbare Nettokreditvergabe (2)

In diesen Feldern des Meldebogens werden die Nettokredite (Transaktionen) ausgewiesen, die während des Meldezeitraums gewährt wurden. Grundlage für die Berechnung der Daten bilden die für die Unterpositionen gemeldeten Zahlen, d. h. „Bruttokreditvergabe“ (2.1) minus „Rückzahlungen“ (2.2).

Kredite, die im Meldezeitraum neu verhandelt werden, sind zum Zeitpunkt der Neuverhandlung unter „Rückzahlungen“ wie auch unter „Bruttokreditvergabe“ auszuweisen. Bei den Daten zu Bereinigungen sind die auf Kreditneuverhandlungen zurückzuführenden Effekte zu berücksichtigen.

In den Meldezeitraum fallende Rückbuchungen einer Transaktion (d. h. Kredite, die während des Zeitraums gewährt und zurückgezahlt werden) sollten im Regelfall unter „Bruttokreditvergabe“ wie auch unter „Rückzahlungen“ ausgewiesen werden. Allerdings ist es zulässig, dass teilnehmende MFI diese Geschäfte bei der Zusammenstellung der Datenmeldungen nicht erfassen, sofern dies ihren Meldeaufwand verringert. In diesem Fall müssen sie dies der zuständigen NZB mitteilen und die Effekte dieser Rückbuchungen eines Geschäfts auch bei den Daten zu Bereinigungen der ausstehenden Beträge unberücksichtigt lassen. Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch nicht für verbriefte oder anderweitig übertragene Kredite, die im Meldezeitraum gewährt wurden.

Kreditkartenschulden, revolvierende Kredite und Überziehungskredite sind ebenfalls zu berücksichtigen. Kommt es im Zusammenhang mit diesen Instrumenten durch die Verwendung oder Abhebung von Beträgen in den Meldezeiträumen zu Bilanzänderungen, so sollten sie als Näherungswert für die Nettokreditvergabe herangezogen werden. Positive Beträge sind als „Bruttokreditvergabe“ (2.1), negative Beträge (mit Pluszeichen) als „Rückzahlungen“ (2.2) auszuweisen.

i)   Bruttokreditvergabe (2.1)

In dieser Position wird der Fluss neuer Bruttokredite im Meldezeitraum erfasst, jedoch ohne Krediterwerb. In Verbindung mit Kreditkartenschulden, revolvierenden Krediten und Überziehungskrediten gewährte Kredite sind — wie oben aufgeführt — ebenfalls zu melden.

Auch Beträge, die Kundenguthaben im Meldezeitraum z. B. aufgrund von kapitalisierten Zinsen (im Gegensatz zu aufgelaufenen Zinsen) oder Gebühren gutgeschrieben wurden, sind zu berücksichtigen.

ii)   Rückzahlungen (2.2)

Diese Position erfasst den Fluss der Kapitalrückzahlungen im Meldezeitraum, sofern sie nicht in Zusammenhang mit verbrieften oder anderweitig übertragenen, jedoch nicht aus der Bilanz ausgebuchten Krediten stehen. In Verbindung mit Kreditkartenschulden, revolvierenden Krediten und Überziehungskrediten stehende Rückzahlungen sind — wie oben ausgeführt — ebenfalls zu melden.

Zinszahlungen in Zusammenhang mit noch nicht kapitalisierten aufgelaufenen Zinsen, Kreditveräußerungen und sonstige Bereinigungen der ausstehenden Beträge (einschließlich Abschreibungen und Wertberichtigungen) sind nicht zu berücksichtigen.

c)   Bereinigungen der ausstehenden Beträge

In diesen Feldern des Meldebogens werden die Bestandsänderungen (Rückgänge (–) und Zunahmen (+)) ausgewiesen, die während des Meldezeitraums eingetreten sind und nicht mit der Nettokreditvergabe in Verbindung stehen. Änderungen dieser Art ergeben sich aus im Meldezeitraum getätigten Geschäften wie Kreditverbriefungen oder anderen Kreditübertragungen sowie aus anderen Bereinigungen im Zusammenhang mit Neubewertungen infolge von Wechselkursänderungen, Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen und Neuklassifizierungen. Grundlage für die automatische Berechnung der Daten in diesen Feldern bilden die für die Unterpositionen gemeldeten Zahlen, d. h. „Kreditveräußerung und Krediterwerb sowie sonstige Kreditübertragung im Meldezeitraum“ (3.1) plus „Sonstige Bereinigungen“ (3.2).

i)   Kreditveräußerung und Krediterwerb sowie sonstige Kreditübertragung im Meldezeitraum (3.1)

—   Netto-Kapitalströme verbriefter Kredite, die Auswirkungen auf die Kreditbestände haben (3.1A)

Diese Position erfasst den Nettobestand an Krediten, die im Meldezeitraum verbrieft wurden und sich auf die Kreditbestände auswirken, berechnet aus Erwerb minus Veräußerungen (5). Hierbei sind sämtliche Verbriefungsaktivitäten unabhängig davon auszuweisen, wo die beteiligten finanziellen Mantelkapitalgesellschaften ansässig sind. Kreditübertragungen sind zum Nennbetrag nach Abschreibungen und Wertberichtigungen zum Zeitpunkt der Veräußerung auszuweisen. Diese Abschreibungen und Wertberichtigungen sollten — sofern sie erfassbar sind — in Position 3.2B des Meldebogens (siehe unten) ausgewiesen werden. Im Falle von MFI, die Kredite nach Abzug von Rückstellungen melden, sind die Übertragungen zum Bilanzwert (d. h. zum Nennbetrag nach Abzug von Rückstellungen) auszuweisen (6).

Für diese Elemente gelten die Anforderungen nach Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) (Block 1.1 in Tabelle 5a zu monatlichen Daten und Tabelle 5b zu vierteljährlichen Daten).

Genauere Definitionen der zu erfassenden Positionen finden sich in Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 2.3 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken.

—   Netto-Kapitalströme anderweitig übertragener Kredite, die Auswirkungen auf die Kreditbestände haben (3.1B)

Diese Position erfasst den Nettobestand an Krediten, die im Meldezeitraum im Rahmen von Geschäften, die nicht mit Verbriefungsaktivitäten in Zusammenhang stehen, veräußert oder erworben wurden und Auswirkungen auf die Kreditbestände haben, berechnet aus Erwerb minus Veräußerungen. Die Übertragungen sind zum Nennbetrag nach Abschreibungen und Wertberichtigungen zum Zeitpunkt der Veräußerung auszuweisen. Diese Abschreibungen und Wertberichtigungen sollten — sofern sie erfassbar sind — in Position 3.2B ausgewiesen werden. Im Falle von MFI, die Kredite nach Abzug von Rückstellungen melden, sind die Übertragungen zum Bilanzwert (d. h. zum Nennbetrag nach Abzug von Rückstellungen) auszuweisen.

Für diese Elemente gelten zum Teil die Anforderungen nach Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33). Block 1.2 in Tabelle 5a zu monatlichen Daten und Tabelle 5b zu vierteljährlichen Daten erfassen Daten zu Netto-Kapitalströmen von Krediten, die anderweitig übertragen worden sind und Auswirkungen auf die Kreditbestände haben; ausgeschlossen werden jedoch

1)

Kredite, die an ein anderes inländisches MFI veräußert oder von einem solchen erworben wurden, einschließlich gruppeninterner Übertragungen aufgrund von Umstrukturierungen (z. B. Übertragung eines Kreditpools durch eine inländische MFI-Tochtergesellschaft an die MFI-Muttergesellschaft);

2)

Kreditübertragungen im Zusammenhang mit gruppeninternen Reorganisationen aufgrund von Verschmelzungen, Übernahmen und Spaltungen.

Bei der Zusammenstellung der Datenmeldungen sind die genannten Effekte ausnahmslos auszuweisen. Nähere Einzelheiten zu den zu erfassenden Positionen finden sich in Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 2.3 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken. Was die „Veränderungen in der Struktur des MFI-Sektors“ anbelangt, so enthält Abschnitt 1.6.3.4 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken (ebenso wie der diesbezügliche Abschnitt 5.2 des Anhangs 1.1) eine detaillierte Beschreibung gruppeninterner Übertragungen mit einer Unterscheidung zwischen Fällen, in denen es zu Übertragungen zwischen einzelnen institutionellen Einheiten kommt (beispielsweise bevor eine oder mehrere dieser Einheiten im Zuge einer Verschmelzung oder Übernahme abgeschafft werden), und solchen Fällen, die sich zum Zeitpunkt der Abschaffung bestimmter Einheiten vollziehen, woraufhin eine statistische Neuklassifizierung vorzunehmen ist. Zum Zwecke der Zusammenstellung von Datenmeldungen sind die Folgen in beiden Fällen identisch; die entsprechenden Daten sind in Position 3.1C (und nicht 3.2C) zu erfassen.

—   Netto-Kapitalströme verbriefter oder anderweitig übertragener Kredite, die keine Auswirkungen auf die Kreditbestände haben (3.1C)

Diese Position erfasst den Nettobestand an Krediten, die im Meldezeitraum verbrieft oder anderweitig übertragen wurden und sich nicht auf die Kreditbestände auswirken, berechnet aus Erwerb minus Veräußerungen. Die Übertragungen sind zum Nennbetrag nach Abschreibungen und Wertberichtigungen zum Zeitpunkt der Veräußerung auszuweisen. Diese Abschreibungen und Wertberichtigungen sollten — sofern sie erfassbar sind — in Position 3.2B ausgewiesen werden. Im Falle von MFI, die Kredite nach Abzug von Rückstellungen melden, sind die Übertragungen zum Bilanzwert (d. h. zum Nennbetrag nach Abzug von Rückstellungen) auszuweisen. Netto-Kapitalströme in Bezug auf die Bereitstellung von Krediten, die geldpolitische Kreditgeschäfte des Eurosystems in Form von Kreditforderungen besichern, die zu einer Übertragung ohne Ausbuchung aus der Bilanz führen, werden in dieser Position nicht berücksichtigt.

Für diese Elemente gelten zum Teil die Anforderungen nach Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33). Block 2.1 in Tabelle 5a zu monatlichen Daten und Tabelle 5b zu vierteljährlichen Daten erfassen Daten zu Netto-Kapitalströmen von Krediten, die verbrieft oder anderweitig übertragen worden sind und keine Auswirkungen auf die Kreditbestände haben; Wohnungsbaukredite an private Haushalte sind jedoch nicht gesondert ausgewiesen und sollten daher extra aus den internen Datenbanken der MFI extrahiert werden. Von den Meldepflichten ausgeschlossen sind jedoch, wie oben ausgeführt,

1)

Kredite, die an ein anderes inländisches MFI veräußert oder von einem solchen erworben wurden, einschließlich gruppeninterner Transaktionen aufgrund von Umstrukturierungen (z. B. Übertragung eines Kreditpools durch eine inländische MFI-Tochtergesellschaft an die MFI-Muttergesellschaft);

2)

Kreditübertragungen im Zusammenhang mit gruppeninternen Reorganisationen aufgrund von Verschmelzungen, Übernahmen und Spaltungen.

Bei der Zusammenstellung der Datenmeldungen sind die genannten Effekte ausnahmslos auszuweisen.

Nähere Einzelheiten zu den zu berücksichtigenden Positionen finden sich in Anhang I Teil 5 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 2.3 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken.

ii)   Sonstige Bereinigungen (3.2)

Unter Daten für sonstige Bereinigungen müssen ausstehende anrechenbare Kredite in der Bilanz gemeldet werden, wobei Kredite unberücksichtigt bleiben, die verbrieft oder anderweitig übertragen, aber nicht ausgebucht wurden.

—   Neubewertungen infolge von Wechselkursänderungen (3.2A)

Wechselkursverschiebungen gegenüber dem Euro verursachen Veränderungen des Werts von auf Fremdwährungen lautenden Krediten, wenn diese in Euro ausgewiesen sind. Die Daten zu diesen Effekten sind mit einem Minus- (bzw. Plus-)Zeichen auszuweisen, wenn sie netto zu Rückgängen (bzw. Zunahmen) bei ausstehenden Beträgen führen; sie sind für eine lückenlose Abstimmung zwischen Nettokreditvergabe und Bestandsänderungen erforderlich.

Diese Bereinigungen fallen nicht unter die Pflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33). Für die Zwecke der Datenmeldungen können die Daten, sofern sie (oder ein Schätzwert) den MFI nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen, anhand der Vorgaben in Abschnitt 4.2.2 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken berechnet werden. Das vorgeschlagene Schätzverfahren, dem zufolge die Berechnungen auf wichtige Währungen beschränkt sind, stützt sich auf folgende Schritte:

1)

Die Beträge anrechenbarer Kredite, die zu Ende des dem Beginn des Meldezeitraums vorausgehenden Monats und zu Ende dieses Zeitraums ausstehen (Positionen 1 und 4), werden nach Währungen aufgeschlüsselt, wobei der Schwerpunkt auf Krediten liegt, die auf GBP, USD, CHF und JPY lauten. Sind diese Daten nicht ohne Weiteres verfügbar, können die Daten zu ausstehenden Beträgen in der Bilanz, einschließlich verbriefter oder anderweitig übertragener, jedoch nicht ausgebuchter Kredite (Positionen 1.1 und 4.1), verwendet werden.

2)

Die einzelnen Kreditpools werden wie folgt behandelt. Die Nummern der entsprechenden Gleichungen im Handbuch zu MFI-Bilanzstatistiken sind in Klammern beigefügt:

Die Beträge, die zu Ende des dem Beginn des Meldezeitraums vorausgehenden Monats und zu Ende dieses Zeitraums ausstehen, werden in die ursprüngliche Kreditwährung zum jeweiligen nominalen Wechselkurs (7) umgerechnet (Gleichungen [4.2.2] und [4.2.3]).

Die Änderung der auf Fremdwährungen lautenden ausstehenden Beträge im Referenzzeitraum wird ermittelt und anhand des Durchschnittswerts der täglichen Wechselkurse im Meldezeitraum zurück in Euro umgerechnet (Gleichung [4.2.4]).

Die Differenz zwischen der nach dem vorhergehenden Schritt in Euro umgerechneten Bestandsänderung und der Bestandsänderung in Euro wird ermittelt (Gleichung [4.2.5], mit umgekehrtem Vorzeichen).

3)

Die endgültige geschätzte Wechselkursanpassung entspricht der Summe der Anpassungen für die einzelnen Währungen.

Weitere Informationen enthalten die Abschnitte 1.6.3.5 und 4.2.2 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken.

—   Abschreibungen und Wertberichtigungen (3.2B)

Gemäß Artikel 1 Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) bezeichnet „Wertberichtigung“ die unmittelbare Reduzierung des (statistischen) Bilanzwerts eines Kredits aufgrund seiner Wertminderung. Gemäß Artikel 1 Buchstabe h derselben Verordnung bezeichnet „Abschreibung“ eine Wertberichtigung des vollen Bilanzwerts eines Kredits, die zum Entfernen eines Vermögenswerts aus der Bilanz führt. Die Effekte von Wertberichtigungen und Abschreibungen sind mit einem Minus- bzw. Plus-Zeichen auszuweisen, wenn sie netto zu Rückgängen bzw. Zunahmen bei ausstehenden Beträgen führen. Diese Daten sind für eine lückenlose Abstimmung zwischen Nettokreditvergabe und Bestandsänderungen erforderlich.

Was Abschreibungen und Wertberichtigungen in Zusammenhang mit ausstehenden Kreditbeträgen in der Bilanz betrifft, so können die zur Erfüllung der Mindestanforderungen gemäß Anhang I Teil 4 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) (Tabelle 1A zu monatlichen Bereinigungen infolge Neubewertung) zusammengestellten Daten verwendet werden. Damit jedoch die Folgen von Abschreibungen und Wertberichtigungen von Krediten für verbriefte oder anderweitig übertragene, aber nicht ausgebuchte Kredite aufgeschlüsselt werden können, müssen gesonderte Daten aus den internen Datenbanken der MFI extrahiert werden.

Daten zu den ausstehenden Beträgen anrechenbarer Kredite (Positionen 1 und 4) werden in den Fällen, in denen Kredite nach Abzug von Rückstellungen in der Bilanzstatistik ausgewiesen werden, grundsätzlich um die nicht abgerufenen Beträge von Rückstellungen bereinigt.

Melden die Teilnehmer die Positionen 1.3 und 4.3, so ist die Auflösung früherer Rückstellungen für Kredite, die mittlerweile als (teilweise oder völlig) uneinbringlich gelten, in den Daten zu Abschreibungen bzw. Wertberichtigungen von Krediten zu erfassen; außerdem auszuweisen sind dabei etwaige über die Rückstellungen hinausgehende Verluste. Wird ein wertberichtigter Kredit verbrieft oder anderweitig übertragen, so ist eine Abschreibung bzw. eine Wertberichtigung in Höhe der nicht abgerufenen Rückstellungen mit dem umgekehrten Vorzeichen auszuweisen, um die Wertänderung in der Bilanz — bereinigt um die Rückstellungsbeträge und den Wert des Netto-Kapitalflusses — widerzuspiegeln. Rückstellungen können im Lauf der Zeit aufgrund neuer Rückstellungen und Minderungen für Kreditausfälle (nach Abzug etwaiger Rückabwicklungen, beispielsweise bei Rückzahlung des Kredits durch den Kreditnehmer) Veränderungen unterworfen sein. Derartige Veränderungen sind in den Datenmeldungen nicht als Teil der Abschreibungen und Wertberichtigungen auszuweisen (da im Meldebogen Werte vor Abzug von Rückstellungen abgebildet werden) (8).

Eine Aufschlüsselung der Folgen von Abschreibungen und Wertberichtigungen von Krediten für verbriefte oder anderweitig übertragene, aber nicht ausgebuchte Kredite kann unterbleiben, wenn gesonderte Daten zu Rückstellungen nicht aus den internen Datenbanken der MFI extrahiert werden können.

Ist es gängige Praxis, ausstehende Kreditbeträge nach Abzug von Rückstellungen auszuweisen, die entsprechenden Positionen (1.3 und 4.3) zu Rückstellungen jedoch nicht zu melden (siehe Punkt 4 Buchstabe a), so müssen neue Rückstellungen und Minderungen für Kreditausfälle im Kreditportfolio (nach Abzug etwaiger Rückabwicklungen, beispielsweise bei Rückzahlung des Kredits durch den Kreditnehmer) in den Abschreibungen und Wertberichtigungen erfasst werden (9).

Eine Aufschlüsselung der Folgen von Abschreibungen und Wertberichtigungen von Krediten für verbriefte oder anderweitig übertragene, aber nicht ausgebuchte Kredite ist nicht erforderlich, wenn gesonderte Daten zu Rückstellungen nicht aus den internen Datenbanken der MFI extrahiert werden können.

Grundsätzlich werden in diesen Positionen auch Neubewertungen aufgrund der Verbriefung oder anderweitigen Übertragung von Krediten erfasst, wenn der Transaktionswert von dem Nominalwert, der zum Zeitpunkt der Übertragung aussteht, abweicht. Diese Neubewertungen müssen — sofern feststellbar — gemeldet werden; zu berechnen sind sie als Differenz zwischen dem Transaktionswert und dem zum Zeitpunkt der Veräußerung ausstehenden Nominalwert.

Weitere Informationen sind in Anhang I Teil 4 der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) sowie in Abschnitt 1.6.3.3 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken enthalten.

—   Neuklassifizierungen (3.2C)

Unter Neuklassifizierungen werden alle übrigen Effekte erfasst, die nicht mit der Nettokreditvergabe — wie in Punkt 4 Buchstabe b definiert — in Zusammenhang stehen, aber zu Änderungen der ausstehenden Kreditbeträge in der Bilanz führen, wobei Kredite unberücksichtigt bleiben, die verbrieft oder anderweitig übertragen, aber nicht ausgebucht wurden.

Diese Effekte fallen nicht unter die Pflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33); ihre Auswirkungen werden üblicherweise bei der Zusammenstellung makroökonomischer Statistiken auf aggregierter Basis geschätzt. Wichtig sind sie allerdings auf Ebene der Einzelinstitute (oder GLRG-II-Gruppen), damit die Abstimmung zwischen Nettokreditvergabe und Bestandsänderungen erfolgen kann.

Bezüglich der ausstehenden Kreditbeträge in der Bilanz — ohne nicht ausgebuchte verbriefte oder anderweitig übertragene Kredite — sind die nachstehenden Effekte zu melden, wobei die übliche Konvention gilt, der zufolge zu Rückgängen (bzw. Zunahmen) bei ausstehenden Beträgen führende Effekte mit einem Minus- (bzw. Plus-)Zeichen auszuweisen sind. Dies betrifft:

1)

Änderungen des Sektors, dem Kreditnehmer zugeordnet sind, oder des Gebiets, in dem sie ansässig sind, wenn diese Änderungen zu nicht durch die Nettokreditvergabe bedingten Änderungen der gemeldeten ausstehenden Positionen führen und daher auszuweisen sind.

2)

Veränderungen in der Klassifizierung von Instrumenten. Diese können sich auch auf die Indikatoren auswirken, wenn die ausstehenden Kreditbeträge beispielsweise aufgrund der Neuklassifizierung einer Schuldverschreibung als Kredit oder umgekehrt zunehmen bzw. zurückgehen.

3)

Bereinigungen aufgrund der Korrektur von Meldefehlern nach den von der betreffenden NZB gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe c erhaltenen Weisungen.

Gemäß Artikel 7 Absatz 6 erfordern Reorganisationen und Änderungen an der Zusammensetzung von GLRG-II-Gruppen für gewöhnlich eine erneute Vorlage der ersten Datenmeldung, um die neue Unternehmensstruktur bzw. Zusammensetzung der GLRG-II-Gruppe korrekt darzustellen. Bei solchen Ereignissen werden also keine Neuklassifizierungen verwendet.

Weitere Informationen enthält der Abschnitt 1.6.3.4 des Handbuchs zu MFI-Bilanzstatistiken. Allerdings ist bei der Erhebung der Daten zu Neuklassifizierungen auf Ebene der Einzelinstitute den oben dargelegten konzeptuellen Unterschieden Rechnung zu tragen.

Meldung von GLRG-II-Daten

Meldezeitraum:…

Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und private Haushalte (ohne Wohnungsbaukredite) (jeweils in Tausend EUR)

 

Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

Kredite an private Haushalte (einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck) (ohne Wohnungsbaukredite)

 

 

Position

Formel

Validierung

Hauptaggregate

1

Beträge anrechenbarer Kredite, die zu Ende des dem Beginn des Meldezeitraums vorausgehenden Monats ausstehen…

0

0

1

1 = 1.1 – 1.2 (+ 1.3)

 

2

Anrechenbare Nettokreditvergabe im Meldezeitraum…

0

0

2

2 = 2.1 – 2.2

 

3

Bereinigungen der ausstehenden Beträge: Rückgänge (–) und Zunahmen (+)…

0

0

3

3 = 3.1 – 3.2

 

4

Ausstehende Beträge anrechenbarer Kredite zu Ende des Meldezeitraums…

0

0

4

4 = 4.1 – 4.2 (+ 4.3)

4 = 1 + 2 + 3

Zugrunde liegende Positionen

Beträge anrechenbarer Kredite, die zu Ende des dem Beginn des Meldezeitraums vorausgehenden Monats ausstehen

1.1

Ausstehende Beträge in der Bilanz…

 

 

1.1

 

 

1.2

Verbriefte oder anderweitig übertragene, jedoch nicht aus der Bilanz ausgebuchte ausstehende Kreditbeträge…

 

 

1.2

 

 

1.3

Ausstehende Rückstellungen für anrechenbare Kredite (*)

 

 

1.3

 

 

Anrechenbare Nettokreditvergabe im Meldezeitraum

2.1

Bruttokreditvergabe…

 

 

2.1

 

 

2.2

Rückzahlungen…

 

 

2.2

 

 

Bereinigungen der ausstehenden Beträge: Rückgänge (–) und Zunahmen (+)

3.1

Kreditveräußerung und Krediterwerb sowie sonstige Kreditübertragung im Meldezeitraum…

0

0

3.1

3.1 = 3.1A + 3.1B + 3.1C

 

3.1A

Netto-Kapitalströme verbriefter Kredite, die Auswirkungen auf die Kreditbestände haben…

 

 

3.1A

 

 

3.1B

Netto-Kapitalströme anderweitig übertragener Kredite, die Auswirkungen auf die Kreditbestände haben…

 

 

3.1B

 

 

3.1C

Netto-Kapitalströme verbriefter oder anderweitig übertragener Kredite, die keine Auswirkungen auf die Kreditbestände haben…

 

 

3.1C

 

 

3.2

Sonstige Bereinigungen…

0

0

3.2

3.2 = 3.2A + 3.2B + 3.2C

 

3.2A

Neubewertungen infolge von Wechselkursänderungen…

 

 

3.2A

 

 

3.2B

Abschreibungen und Wertberichtigungen…

 

 

3.2B

 

 

3.2C

Umgliederungen…

 

 

3.2C

 

 

Ausstehende Beträge anrechenbarer Kredite zu Ende des Meldezeitraums

4.1

Ausstehende Beträge in der Bilanz…

 

 

4.1

 

 

4.2

Verbriefte oder anderweitig übertragene, jedoch nicht aus der Bilanz ausgebuchte ausstehende Kreditbeträge…

 

 

4.2

 

 

4.3

Ausstehende Rückstellungen für anrechenbare Kredite (*)

 

 

4.3

 

 


(1)  Der im Beschluss EZB/2014/34 beschriebene, den Meldepflichten zugrunde liegende konzeptionelle Rahmen hat sich nicht geändert.

(2)  Für die Zwecke der Datenmeldungen werden unter „private Haushalte“ auch private Organisationen ohne Erwerbszweck erfasst.

(3)  Siehe „Manual on MFI balance sheet statistics“ (Handbuch zu MFI-Bilanzstatistiken), EZB, April 2012, abrufbar auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu; insbesondere Abschnitt 2.1.4, Seite 76, zu statistischen Meldungen über Kredite.

(4)  Diese Abweichung hat auch Auswirkungen auf die Meldung von Daten zu Abschreibungen und Wertberichtigungen, die nachstehend näher erläutert werden.

(5)  Die (im Vergleich zu den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) gegenteilige) Zeichenkonvention steht in Einklang mit der vorstehend dargelegten allgemeinen Anforderung an Daten zu Bereinigungen, wonach zu Zunahmen bzw. Rückgängen bei ausstehenden Beträgen führende Effekte jeweils mit einem Plus- bzw. Minus-Symbol auszuweisen sind.

(6)  MFI haben nach der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) die Möglichkeit, erworbene Kredite zu ihrem Transaktionswert zu melden, wenn alle in dem betreffenden Land ansässigen MFI Meldungen dieser Art vornehmen. In diesen Fällen sind etwaig auftretende Neubewertungskomponenten in Position 3.2B auszuweisen.

(7)  Zu verwenden sind die offiziellen Referenzkurse der EZB. Siehe auch „Setting-up of common market standards“, Pressemitteilung der EZB vom 8. Juli 1998, abrufbar auf der Webseite der EZB (www.ecb.europa.eu).

(8)  Diese Anforderung weicht von den Meldepflichten nach der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) ab.

(9)  Diese Anforderung entspricht der Information, die MFI, die Kredite nach Abzug von Rückstellungen ausweisen, gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1071/2013 (EZB/2013/33) melden müssen.

(*)  Lediglich in Fällen anwendbar, in denen Kredite nach Abzug von Rückstellungen ausgewiesen werden.


21.5.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/129


BESCHLUSS (EU) 2016/811 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 28. April 2016

zur Änderung des Beschlusses EZB/2014/34 über Maßnahmen im Zusammenhang mit gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (EZB/2016/11)

DER EZB-RAT —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 127 Absatz 2 erster Gedankenstrich,

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 3.1 erster Gedankenstrich, Artikel 12.1, Artikel 18.1 zweiter Gedankenstrich und Artikel 34.1 zweiter Gedankenstrich,

gestützt auf die Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60) (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 1 Absatz 4 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) kann der EZB-Rat die Instrumente, Anforderungen, Zulassungskriterien und Verfahren für die Durchführung von geldpolitischen Geschäften des Eurosystems jederzeit ändern.

(2)

Im Rahmen der Erfüllung seines Auftrags zur Gewährleistung von Preisstabilität und der Maßnahmen zur Verbesserung des Funktionierens des geldpolitischen Transmissionsmechanismus durch Unterstützung der Kreditvergabe an die Realwirtschaft hat der EZB-Rat am 29. Juli 2014 den Beschluss EZB/2014/34 (2) verabschiedet. Dieser Beschluss sah eine Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (GLRGs) über einen Zeitraum von zwei Jahren vor.

(3)

Zur Verstärkung des akkommodierenden geldpolitischen Kurses der EZB und zur Verbesserung der Transmission der Geldpolitik, indem weitere Anreize für die Kreditvergabe der Banken an die Realwirtschaft gesetzt werden, hat der EZB-Rat am 10. März 2016 beschlossen, eine neue Reihe von insgesamt vier gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (GLRG II) durchzuführen. Die Bedingungen für die GLRG II werden in einem separaten Beschluss aufgeführt. Der EZB-Rat hat beschlossen, ab Juni 2016 eine zusätzliche freiwillige Rückzahlungsmöglichkeit für alle ausstehenden GLRGs einzuführen, damit die Institute die im Rahmen der GLRGs aufgenommenen Kreditbeträge zurückzahlen und im Rahmen der GLRG II Kredit aufnehmen können.

(4)

Der EZB-Rat hat außerdem beschlossen, dass keine weiteren Berichtspflichten für die Teilnehmer gelten sollen, die die zur Berechnung der vorzeitigen Pflichtrückzahlungen im September 2016 notwendigen Daten übermittelt haben.

(5)

Dieser Beschluss soll unverzüglich in Kraft treten, damit den Kreditinstituten genügend Zeit zur Verfügung steht, um ihre operativen Vorbereitungen für das erste GLRG II zu treffen.

(6)

Der Beschluss EZB/2014/34 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Änderungen

Der Beschluss EZB/2014/34 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 6 erhält folgende Fassung:

„Artikel 6

Vorzeitige Rückzahlung

1.   Unbeschadet des Absatzes 2 haben die Teilnehmer nach Ablauf von 24 Monaten nach Abschluss jedes GLRGs halbjährlich die Möglichkeit, den Betrag der GLRGs vor Ende der Laufzeit zu beenden oder herabzusetzen. Die Zeitpunkte der vorzeitigen Rückzahlung fallen mit dem vom Eurosystem näher bestimmten Abwicklungstag eines Hauptrefinanzierungsgeschäfts des Eurosystems zusammen.

2.   Teilnehmer haben zudem die Möglichkeit, zu einem Zeitpunkt, der mit dem Abwicklungstag des ersten gemäß dem Beschluss (EU) 2016/810 der Europäischen Zentralbank (EZB/2016/10) (*) durchgeführten GLRGs zusammenfällt, die GLRGs vor Ende der Laufzeit zu beenden oder den Betrag der GLRGs herabzusetzen. Damit ein Teilnehmer das Verfahren zur vorzeitigen Rückzahlung zu diesem ersten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung nutzen kann, muss er der betreffenden NZB mindestens drei Wochen vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung mitteilen, dass er eine Rückzahlung im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Rückzahlung zu dem genannten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung beabsichtigt. Diese Mitteilung wird drei Wochen vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung, auf den sie sich bezieht, für den Teilnehmer verbindlich. Zur Klarstellung wird angemerkt, dass das zusätzliche Kreditlimit, das im Rahmen des für Juni 2016 vorgesehenen GLRGs zur Verfügung steht und gemäß Artikel 4 Absatz 3 berechnet wird, anhand der Kreditbeträge, die im Rahmen der ab März 2015 durchgeführten GLRGs aufgenommen wurden, ohne Abzug etwaiger Beträge, die zum ersten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung zurückgezahlt wurden, ermittelt wird.

3.   Was alle anderen Rückzahlungstermine betrifft, muss ein Teilnehmer, ehe er das Verfahren zur vorzeitigen Rückzahlung nutzen kann, der betreffenden NZB mindestens zwei Wochen vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung mitteilen, dass er eine Rückzahlung im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Rückzahlung zu dem genannten Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung beabsichtigt. Diese Mitteilung wird zwei Wochen vor dem Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung, auf den sie sich bezieht, für den Teilnehmer verbindlich.

4.   Zahlt der Teilnehmer den im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Rückzahlung fälligen Betrag weder vollständig noch teilweise bis zum Rückzahlungstermin, kann eine finanzielle Sanktion verhängt werden. Die anzuwendende finanzielle Sanktion wird gemäß Anhang VII der Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/60) (**) berechnet und hat der finanziellen Sanktion zu entsprechen, die bei Nichterfüllung der Verpflichtungen zur Stellung ausreichender Sicherheiten und zur Begleichung des Betrags, der dem Geschäftspartner zugeteilt worden ist, in Bezug auf zu geldpolitischen Zwecken durchgeführte befristete Transaktionen verhängt wird. Die Verhängung einer finanziellen Sanktion gilt unbeschadet des Rechts der NZB, die für den Eintritt eines Beendigungs- oder Kündigungsereignisses vorgesehenen Rechtsbehelfe gemäß Artikel 166 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) auszuüben.

(*)  Beschluss (EU) 2016/810 der Europäischen Zentralbank vom 28. April 2016 über eine zweite Reihe gezielter längerfristiger Refinanzierungsgeschäfte (EZB/2016/10) (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 107)."

(**)  Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank vom 19. Dezember 2014 über die Umsetzung des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems (EZB/2014/60) (ABl. L 91 vom 2.4.2015, S. 3).“"

2.

Artikel 7 Absätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

„1.   Teilnehmer an GLRGs, deren kumulierte anrechenbare Nettokreditvergabe im Zeitraum vom 1. Mai 2014 bis zum 30. April 2016 unter der am 30. April 2016 für sie geltenden Referenzgröße liegt, müssen ihre anfänglich und zusätzlich aufgenommenen Kredite am 28. September 2016 vollständig zurückzahlen, sofern vom Eurosystem kein anderer Zeitpunkt festgelegt wird. Anhang I enthält die entsprechenden technischen Berechnungen.

2.   Sofern die Kredite, die ein Teilnehmer im Rahmen seines zusätzlichen Kreditlimits in den von März 2015 bis Juni 2016 durchgeführten GLRGs aufgenommen hat, insgesamt das zum Zuteilungsreferenzmonat April 2016 berechnete zusätzliche Kreditlimit übersteigen, ist der über diesem zusätzlichen Kreditlimit liegende Betrag am 28. September 2016 zahlbar, sofern vom Eurosystem kein anderer Zeitpunkt festgelegt wird. Anhang I enthält die entsprechenden technischen Berechnungen.“

3.

Artikel 7 Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„5.   Zahlt der Teilnehmer den im Rahmen des Verfahrens zur vorzeitigen Pflichtrückzahlung fälligen Betrag weder vollständig noch teilweise bis zum Rückzahlungstermin, kann eine finanzielle Sanktion verhängt werden. Die anzuwendende finanzielle Sanktion wird gemäß Anhang VII der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) berechnet und hat der finanziellen Sanktion zu entsprechen, die bei Nichterfüllung der Verpflichtungen zur Stellung ausreichender Sicherheiten und zur Begleichung des Betrags, der dem Geschäftspartner zugeteilt worden ist, in Bezug auf zu geldpolitischen Zwecken durchgeführte befristete Transaktionen verhängt wird. Die Verhängung einer finanziellen Sanktion gilt unbeschadet des Rechts der NZB, die für den Eintritt eines Beendigungs- oder Kündigungsereignisses vorgesehenen Rechtsbehelfe gemäß Artikel 166 der Leitlinie (EU) 2015/510 (EZB/2014/60) auszuüben.“

4.

Artikel 8 Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„4.   Sofern ein Institut an einem GLRG teilnimmt und solange es im Rahmen eines GLRGs noch über ausstehende Kreditbeträge verfügt, ist es verpflichtet, vierteljährlich Meldebögen einzureichen, die im Einklang mit Absatz 1 ausgefüllt wurden, bis alle notwendigen Daten zur Berechnung der Pflichtrückzahlungen gemäß Artikel 7 übermittelt worden sind.“

5.

Artikel 8 Absatz 8 erhält folgende Fassung:

„8.   Die Teilnehmer an GLRGs müssen eine jährliche Prüfung der Exaktheit der gemäß Absatz 1 gemeldeten Daten durchführen, es sei denn, die noch ausstehenden Beträge aus ihren GLRGs wurden gemäß Artikel 6 Absatz 2 zurückgezahlt. Diese Prüfung kann durch einen externen Wirtschaftsprüfer erfolgen, z. B. im Rahmen der jährlichen Revision. Statt des Einsatzes eines externen Wirtschaftsprüfers können die Teilnehmer entsprechende, vom Eurosystem anerkannte Regelungen treffen. Die NZB des Teilnehmers wird über das Ergebnis dieser Prüfung informiert. Im Fall der Beteiligung einer Bietergruppe wird das Ergebnis dieser Prüfung den NZBen der Gruppenmitglieder zur Verfügung gestellt. Auf deren Ersuchen werden der NZB des Teilnehmers detaillierte Ergebnisse der gemäß diesem Absatz vorgenommenen Prüfungen übermittelt und im Fall einer Gruppenbeteiligung werden diese anschließend den NZBen der Gruppenmitglieder zur Verfügung gestellt.“

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieser Beschluss tritt am 3. Mai 2016 in Kraft.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 28. April 2016.

Der Präsident der EZB

Mario DRAGHI


(1)  ABl. L 91 vom 2.4.2015, S. 3.

(2)  Beschluss EZB/2014/34 vom 29. Juli 2014 über Maßnahmen im Zusammenhang mit gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (ABl. L 258 vom 29.8.2014, S. 11).