ISSN 1725-2539

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 199

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

50. Jahrgang
31. Juli 2007


Inhalt

 

I   Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen

1

 

*

Verordnung (EG) Nr. 862/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 311/76 des Rates über die Erstellung von Statistiken über ausländische Arbeitnehmer ( 1 )

23

 

*

Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten

30

 

*

Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II)

40

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

VERORDNUNGEN

31.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 199/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 861/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Juli 2007

zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 67,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zur schrittweisen Schaffung eines solchen Raums erlässt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen.

(2)

Gemäß Artikel 65 Buchstabe c des Vertrags schließen diese Maßnahmen die Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren ein, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften.

(3)

Bisher hat die Gemeinschaft in diesem Bereich unter anderem bereits folgende Maßnahmen erlassen: Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (3), Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (4), Entscheidung 2001/470/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (5), Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (6) und Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (7).

(4)

Der Europäische Rat forderte auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere den Rat und die Kommission auf, gemeinsame Verfahrensregeln für vereinfachte und beschleunigte grenzüberschreitende Gerichtsverfahren bei verbraucher- und handelsrechtlichen Ansprüchen mit geringem Streitwert zu verabschieden.

(5)

Am 30. November 2000 verabschiedete der Rat ein gemeinsames Programm der Kommission und des Rates über Maßnahmen zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (8). In dem Programm wird auf die Vereinfachung und Beschleunigung der Beilegung grenzüberschreitender Streitigkeiten Bezug genommen. Dies wurde durch das vom Europäischen Rat am 5. November 2004 angenommene Haager Programm (9), in dem eine aktive Durchführung der Arbeiten zu geringfügigen Forderungen gefordert wird, weiter vorangebracht.

(6)

Am 20. Dezember 2002 nahm die Kommission ein Grünbuch über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert an. Mit dem Grünbuch wurde eine Konsultation über Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert eingeleitet.

(7)

Viele Mitgliedstaaten haben vereinfachte zivilrechtliche Verfahren für Bagatellsachen eingeführt, da der Zeit-/Kostenaufwand und die Schwierigkeiten, die mit der Rechtsverfolgung verbunden sind, nicht unbedingt proportional zum Wert der Forderung abnehmen. Die Hindernisse für ein schnelles Urteil mit geringen Kosten verschärfen sich in grenzüberschreitenden Fällen. Es ist daher erforderlich, ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen einzuführen. Ziel eines solchen europäischen Verfahrens sollte der erleichterte Zugang zur Justiz sein. Die Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt aufgrund des unterschiedlichen Funktionierens der verfahrensrechtlichen Instrumente, die den Gläubigern in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, machen eine Gemeinschaftsregelung erforderlich, die für Gläubiger und Schuldner in der gesamten Europäischen Union gleiche Bedingungen gewährleistet. Bei der Festsetzung der Kosten für die Behandlung von Klagen im Rahmen des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sollten die Grundsätze der Einfachheit, der Schnelligkeit und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden müssen. Zweckdienlicherweise sollten die Einzelheiten zu den zu erhebenden Gebühren veröffentlicht werden und die Modalitäten zur Festsetzung dieser Gebühren transparent sein.

(8)

Mit dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen sollten Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Fällen vereinfacht und beschleunigt und die Kosten verringert werden, indem ein fakultatives Instrument zusätzlich zu den Möglichkeiten geboten wird, die nach dem Recht der Mitgliedstaaten bestehen und unberührt bleiben. Mit dieser Verordnung sollte es außerdem einfacher werden, die Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils zu erwirken, das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat ergangen ist.

(9)

Diese Verordnung soll der Förderung der Grundrechte dienen und berücksichtigt insbesondere die Grundsätze, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Das Gericht sollte das Recht auf ein faires Verfahren sowie den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens wahren, insbesondere wenn es über das Erfordernis einer mündlichen Verhandlung und über die Erhebung von Beweisen und den Umfang der Beweisaufnahme entscheidet.

(10)

Zur Vereinfachung der Berechnung des Streitwertes sollten dabei Zinsen, Ausgaben und Auslagen unberücksichtigt bleiben. Dies sollte weder die Befugnis des Gerichts, diese in seinem Urteil zuzusprechen, noch die nationalen Zinsberechnungsvorschriften berühren.

(11)

Zur Erleichterung der Einleitung des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen sollte der Kläger ein Klageformblatt ausfüllen und beim zuständigen Gericht einreichen. Das Klageformblatt sollte nur bei einem zuständigen Gericht eingereicht werden.

(12)

Dem Klageformblatt sollten gegebenenfalls zweckdienliche Beweisunterlagen beigefügt werden. Dies steht der Einreichung weiterer Beweisstücke durch den Kläger während des Verfahrens jedoch nicht entgegen. Der gleiche Grundsatz sollte für die Antwort des Beklagten gelten.

(13)

Die Begriffe „offensichtlich unbegründet“ im Zusammenhang mit der Zurückweisung einer Forderung und „unzulässig“ im Zusammenhang mit der Abweisung einer Klage sollten nach Maßgabe des nationalen Rechts bestimmt werden.

(14)

Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen sollte schriftlich durchgeführt werden, sofern nicht das Gericht eine mündliche Verhandlung für erforderlich hält oder eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht kann einen solchen Antrag ablehnen. Diese Ablehnung kann nicht separat angefochten werden.

(15)

Die Parteien sollten nicht verpflichtet sein, sich durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand vertreten zu lassen.

(16)

Der Begriff der „Widerklage“ sollte im Sinne des Artikels 6 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001als Widerklage verstanden werden, die auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage selbst gestützt wird. Die Artikel 2 und 4 sowie Artikel 5 Absätze 3, 4 und 5 sollten entsprechend für Widerklagen gelten.

(17)

Macht der Beklagte während des Verfahrens ein Recht auf Aufrechnung geltend, so sollte diese Forderung nicht als Widerklage im Sinne dieser Verordnung gelten. Daher sollte der Beklagte nicht verpflichtet sein, das in Anhang I vorgegebene Klageformblatt A für die Inanspruchnahme eines solchen Rechts zu verwenden.

(18)

Der Empfangsmitgliedstaat für die Zwecke der Anwendung des Artikels 6 sollte der Mitgliedstaat sein, in dem die Zustellung oder in den die Versendung eines Schriftstücks erfolgt. Damit die Kosten verringert und die Fristen verkürzt werden, sollten Unterlagen den Parteien vorzugsweise durch Postdienste mit Empfangsbestätigung zugestellt werden, aus der das Datum des Empfangs hervorgeht.

(19)

Eine Partei kann die Annahme eines Schriftstücks zum Zeitpunkt der Zustellung oder durch Rücksendung innerhalb einer Woche verweigern, wenn dieses nicht in einer Sprache abgefasst ist, die die Partei versteht oder die Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates ist, (wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll oder an den das Schriftstück gesandt werden soll) und ihm auch keine Übersetzung in diese Sprache beiliegt.

(20)

Bei der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme sollten die Mitgliedstaaten vorbehaltlich der nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das Gericht seinen Sitz hat ist, den Einsatz moderner Kommunikationsmittel fördern. Das Gericht sollte sich für die einfachste und kostengünstigste Art und Weise der Beweisaufnahme entscheiden.

(21)

Die praktische Hilfestellung, die die Parteien beim Ausfüllen der Formblätter erhalten sollen, sollte Informationen zur technischen Verfügbarkeit und zum Ausfüllen der Formblätter umfassen.

(22)

Informationen zu Verfahrensfragen können auch vom Gerichtspersonal nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts erteilt werden.

(23)

Angesichts des Ziels dieser Verordnung, Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Rechtssachen zu vereinfachen und zu beschleunigen, sollte das Gericht auch in den Fällen, in denen diese Verordnung keine Frist für einen bestimmten Verfahrensabschnitt vorsieht, so schnell wie möglich tätig werden.

(24)

Die Berechnung der in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen sollte nach Maßgabe der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (10) erfolgen.

(25)

Zur schnelleren Durchsetzung geringfügiger Forderungen sollte das Urteil ohne Rücksicht auf seine Anfechtbarkeit und ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar sein, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(26)

Immer wenn in dieser Verordnung auf Rechtsmittel Bezug genommen wird, sollten alle nach dem einzelstaatlichen Recht möglichen Rechtsmittel umfasst sein.

(27)

Dem Gericht muss eine Person angehören, die nach nationalem Recht dazu ermächtigt ist, als Richter tätig zu sein.

(28)

Wenn das Gericht eine Frist setzt, sollte es die betroffene Partei über die Folgen der Nichtbeachtung dieser Frist informieren.

(29)

Die unterlegene Partei sollte die Kosten des Verfahrens tragen. Die Kosten des Verfahrens sollten nach einzelstaatlichem Recht festgesetzt werden. Angesichts der Ziele der Einfachheit und der Kosteneffizienz sollte das Gericht anordnen, dass eine unterlegene Partei lediglich die Kosten des Verfahrens tragen muss, einschließlich beispielsweise sämtlicher Kosten, die aufgrund der Tatsache anfallen, dass sich die Gegenpartei durch einen Rechtsanwalt oder sonstigen Rechtsbeistand hat vertreten lassen, oder sämtlicher Kosten für die Zustellung oder Übersetzung von Dokumenten, die im Verhältnis zum Streitwert stehen oder die notwendig waren.

(30)

Um die Anerkennung und Vollstreckung zu erleichtern, sollte ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt werden und vollstreckbar sein, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.

(31)

Es sollte Mindeststandards für die Überprüfung eines Urteils in den Fällen geben, in denen der Beklagte nicht imstande war, die Forderung zu bestreiten.

(32)

Im Hinblick auf die Ziele der Einfachheit und Kosteneffizienz sollte die Partei, die ein Urteil vollstrecken lassen will, in dem Vollstreckungsmitgliedstaat — außer bei den Stellen, die gemäß dem einzelstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats für das Vollstreckungsverfahren zuständig sind — keine Postanschrift nachweisen und auch keinen bevollmächtigten Vertreter haben müssen.

(33)

Kapitel III dieser Verordnung sollte auch auf die Kostenfestsetzungsbeschlüsse durch Gerichtsbedienstete aufgrund eines im Verfahren nach dieser Verordnung ergangenen Urteils Anwendung finden.

(34)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (11) erlassen werden.

(35)

Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit Aktualisierungen oder technischen Änderungen der in den Anhängen vorgegebenen Formblätter zu erlassen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung bzw. Streichung von nicht wesentlichen Bestimmungen und eine Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen der vorliegenden Verordnung bewirken, sind diese Maßnahmen gemäß dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen.

(36)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines Verfahrens zur Vereinfachung und Beschleunigung von Streitigkeiten mit geringem Streitwert in grenzüberschreitenden Rechtssachen und die Reduzierung der Kosten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(37)

Das Vereinigte Königreich und Irland haben gemäß Artikel 3 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands mitgeteilt, dass sie sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten.

(38)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend und nicht auf Dänemark anwendbar ist —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND UND ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen eingeführt, damit Streitigkeiten in grenzüberschreitenden Rechtssachen mit geringem Streitwert einfacher und schneller beigelegt und die Kosten hierfür reduziert werden können. Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen steht den Rechtssuchenden als eine Alternative zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Verfahren zur Verfügung.

Mit dieser Verordnung wird außerdem die Notwendigkeit von Zwischenverfahren zur Anerkennung und Vollstreckung der in anderen Mitgliedstaaten im Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteile beseitigt.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für grenzüberschreitende Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt, wenn der Streitwert der Klage ohne Zinsen, Kosten und Auslagen zum Zeitpunkt des Eingangs beim zuständigen Gericht 2 000 EUR nicht überschreitet. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“).

(2)   Diese Verordnung ist nicht anzuwenden auf:

a)

den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen,

b)

die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts,

c)

Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche und ähnliche Verfahren,

d)

die soziale Sicherheit,

e)

die Schiedsgerichtsbarkeit,

f)

das Arbeitsrecht,

g)

die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen, mit Ausnahme von Klagen wegen Geldforderungen, oder

h)

die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verletzung der Ehre.

(3)   In dieser Verordnung bedeutet der Begriff „Mitgliedstaat“ die Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks.

Artikel 3

Grenzüberschreitende Rechtssachen

(1)   Eine grenzüberschreitende Rechtssache im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.

(2)   Der Wohnsitz bestimmt sich nach den Artikeln 59 und 60 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001.

(3)   Maßgeblicher Augenblick zur Feststellung, ob eine grenzüberschreitende Rechtssache vorliegt, ist der Zeitpunkt, zu dem das Klageformblatt beim zuständigen Gericht eingeht.

KAPITEL II

DAS EUROPÄISCHE VERFAHREN FÜR GERINGFÜGIGE FORDERUNGEN

Artikel 4

Einleitung des Verfahrens

(1)   Der Kläger leitet das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen ein, indem er das in Anhang I vorgegebene Klageformblatt A ausgefüllt direkt beim zuständigen Gericht einreicht oder diesem auf dem Postweg übersendet oder auf anderem Wege übermittelt, der in dem Mitgliedstaat, in dem das Verfahren eingeleitet wird, zulässig ist, beispielsweise per Fax oder e-Mail. Das Klageformblatt muss eine Beschreibung der Beweise zur Begründung der Forderung enthalten; gegebenenfalls können ihm als Beweismittel geeignete Unterlagen beigefügt werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Übermittlungsarten sie zulassen. Diese Mitteilung wird von der Kommission bekannt gemacht.

(3)   Fällt die erhobene Klage nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, so unterrichtet das Gericht den Kläger darüber. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin nicht zurück, so verfährt das Gericht mit ihr nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.

(4)   Sind die Angaben des Klägers nach Ansicht des Gerichts unzureichend oder nicht klar genug, oder ist das Klageformblatt nicht ordnungsgemäß ausgefüllt und ist die Klage nicht offensichtlich unbegründet oder nicht offensichtlich unzulässig, so gibt das Gericht dem Kläger Gelegenheit, das Klageformblatt zu vervollständigen oder zu berichtigen oder ergänzende Angaben zu machen oder Unterlagen vorzulegen oder die Klage zurückzunehmen, und setzt hierfür eine Frist fest. Das Gericht verwendet dafür das in Anhang II vorgegebene Formblatt B.

Ist die Klage offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig oder versäumt es der Kläger, das Klageformblatt fristgerecht zu vervollständigen oder zu berichtigen, so wird die Klagezurück- bzw. abgewiesen.

(5)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass das Klageformblatt bei allen Gerichten, in denen das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen eingeleitet werden kann, erhältlich ist.

Artikel 5

Durchführung des Verfahrens

(1)   Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen wird schriftlich durchgeführt. Das Gericht hält eine mündliche Verhandlung ab, wenn es diese für erforderlich hält oder wenn eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Das Gericht kann einen solchen Antrag ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass in Anbetracht der Umstände des Falles ein faires Verfahren offensichtlich auch ohne mündliche Verhandlung sichergestellt werden kann. Die Ablehnung ist schriftlich zu begründen. Gegen die Abweisung des Antrags ist kein gesondertes Rechtsmittel zulässig.

(2)   Nach Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Klageformblatts füllt das Gericht Teil I des in Anhang III vorgegebenen Standardantwortformblatts C aus.

Es stellt dem Beklagten gemäß Artikel 13 eine Kopie des Klageformblatts und gegebenenfalls der Beweisunterlagen zusammen mit dem entsprechend ausgefüllte n Antwortformblatt zu. Diese Unterlagen sind innerhalb von 14 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäß ausgefüllten Klageformblatts abzusenden.

(3)   Der Beklagte hat innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Klageformblattsund des Antwortformblatts zu antworten, indem er Teil II des Formblatts C ausfüllt und es gegebenenfalls mit als Beweismittel geeigneten Unterlagen an das Gericht zurücksendet oder indem er auf andere geeignete Weise ohne Verwendung des Antwortformblatts antwortet.

(4)   Innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Antwort des Beklagten ist eine Kopie der Antwort gegebenenfalls zusammen mit etwaigen als Beweismittel geeigneten Unterlagen an den Kläger abzusenden.

(5)   Macht der Beklagte in seiner Antwort geltend, dass der Wert einer nicht lediglich auf eine Geldzahlung gerichteten Klage die in Artikel 2 Absatz 1 festgesetzten Wertgrenze übersteigt, so entscheidet das Gericht innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Antwort an den Kläger, ob die Forderung in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fällt. Gegen diese Entscheidung ist ein gesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

(6)   Etwaige Widerklagen, die mittels Formblatt A zu erheben sind, sowie etwaige Beweisunterlagen werden dem Kläger gemäß Artikel 13 zugestellt. Die Unterlagen sind innerhalb von 14 Tagen nach deren Eingang bei Gericht abzusenden.

Der Kläger hat auf eine etwaige Widerklage innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung zu antworten.

(7)   Überschreitet die Widerklage die in Artikel 2 Absatz 1 festgesetzte Wertgrenze, so werden die Klage und die Widerklage nicht nach dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen, sondern nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird, behandelt.

Artikel 2 und Artikel 4 sowie die Absätze 3, 4 und 5 des vorliegenden Artikels gelten entsprechend für Widerklagen.

Artikel 6

Sprachen

(1)   Das Klageformblatt, die Antwort, etwaige Widerklagen, die etwaige Antwort auf eine Widerklage und eine etwaige Beschreibung etwaiger Beweisunterlagen sind in der Sprache oder einer der Sprachen des Gerichts vorzulegen.

(2)   Werden dem Gericht weitere Unterlagen nicht in der Verfahrenssprache vorgelegt, so kann das Gericht eine Übersetzung der betreffenden Unterlagen nur dann anfordern, wenn die Übersetzung für den Erlass des Urteils erforderlich erscheint.

(3)   Hat eine Partei die Annahme eines Schriftstücks abgelehnt, weil es nicht in

a)

der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaats oder — wenn es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt — der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Ortes, an dem die Zustellung erfolgen soll oder an den das Schriftstück gesandt werden soll, oder

b)

einer Sprache, die der Empfänger versteht,

abgefasst ist, so setzt das Gericht die andere Partei davon in Kenntnis, damit diese eine Übersetzung des Schriftstücks vorlegt.

Artikel 7

Abschluss des Verfahrens

(1)   Innerhalb von 30 Tagen, nachdem die Antworten des Beklagten oder des Klägers unter Einhaltung der Frist des Artikels 5 Absatz 3 oder Absatz 6 eingegangen sind, erlässt das Gericht ein Urteil oder verfährt wie folgt:

a)

Es fordert die Parteien innerhalb einer bestimmten Frist, die 30 Tage nicht überschreiten darf, zu weiteren die Klage betreffenden Angaben auf,

b)

es führt eine Beweisaufnahme nach Artikel 9 durch,

c)

es lädt die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung vor, die innerhalb von 30 Tagen nach der Vorladung stattzufinden hat.

(2)   Das Gericht erlässt sein Urteil entweder innerhalb von 30 Tagen nach einer etwaigen mündlichen Verhandlung oder nach Vorliegen sämtlicher Entscheidungsgrundlagen. Das Urteil wird den Parteien gemäß Artikel 13 zugestellt.

(3)   Ist bei dem Gericht innerhalb der in Artikel 5 Absatz 3 oder Absatz 6 gesetzten Frist keine Antwort der betreffenden Partei eingegangen, so erlässt das Gericht zu der Klage oder der Widerklage ein Urteil.

Artikel 8

Mündliche Verhandlung

Das Gericht kann eine mündliche Verhandlung über Video-Konferenz oder unter Zuhilfenahme anderer Mittel der Kommunikationstechnologie abhalten, wenn die entsprechenden technischen Mittel verfügbar sind.

Artikel 9

Beweisaufnahme

(1)   Das Gericht bestimmt die Beweismittel und den Umfang der Beweisaufnahme, die im Rahmen der für die Zulässigkeit von Beweisen geltenden Bestimmungen für sein Urteil erforderlich sind. Es kann die Beweisaufnahme mittels schriftlicher Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen oder schriftlicher Parteivernehmung zulassen. Des Weiteren kann es die Beweisaufnahme über Video-Konferenz oder mit anderen Mitteln der Kommunikationstechnologie zulassen, wenn die entsprechenden technischen Mittel verfügbar sind.

(2)   Das Gericht kann Sachverständigenbeweise oder mündliche Aussagen nur dann zulassen, wenn dies für sein Urteil erforderlich ist. Dabei trägt es den Kosten Rechnung.

(3)   Das Gericht wählt das einfachste und am wenigsten aufwändige Beweismittel.

Artikel 10

Vertretung der Parteien

Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt oder einen sonstigen Rechtsbeistand ist nicht verpflichtend.

Artikel 11

Hilfestellung für die Parteien

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Parteien beim Ausfüllen der Formblätter praktische Hilfestellung erhalten können.

Artikel 12

Aufgaben des Gerichts

(1)   Das Gericht verpflichtet die Parteien nicht zu einer rechtlichen Würdigung der Klage.

(2)   Das Gericht unterrichtet die Parteien erforderlichenfalls über Verfahrensfragen.

(3)   Soweit angemessen, bemüht sich das Gericht um eine gütliche Einigung der Parteien.

Artikel 13

Zustellung von Unterlagen

(1)   Unterlagen werden durch Postdienste mit Empfangsbestätigung zugestellt, aus der das Datum des Empfangs hervorgeht.

(2)   Ist eine Zustellung gemäß Absatz 1 nicht möglich, so kann die Zustellung auf eine der Arten bewirkt werden, die in den Artikeln 13 und 14 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 festgelegt sind.

Artikel 14

Fristen

(1)   Setzt das Gericht eine Frist fest, so ist die betroffene Partei über die Folgen der Nichteinhaltung dieser Frist zu informieren.

(2)   Das Gericht kann die Fristen nach Artikel 4 Absatz 4, Artikel 5 Absätze 3 und 6 und Artikel 7 Absatz 1 ausnahmsweise verlängern, wenn dies notwendig ist, um die Rechte der Parteien zu wahren.

(3)   Kann das Gericht die Fristen nach Artikel 5 Absätze 2 bis 6 sowie Artikel 7 ausnahmsweise nicht einhalten, veranlasst es so bald wie möglich die nach diesen Vorschriften erforderlichen Verfahrensschritte.

Artikel 15

Vollstreckbarkeit des Urteils

(1)   Das Urteil ist ungeachtet eines möglichen Rechtsmittelsvollstreckbar. Es darf keine Sicherheitsleistung verlangt werden.

(2)   Artikel 23 ist auch anzuwenden, wenn das Urteil in dem Mitgliedstaat zu vollstrecken ist, in dem es ergangen ist.

Artikel 16

Kosten

Die unterlegene Partei trägt die Kosten des Verfahrens. Das Gericht spricht der obsiegenden Partei jedoch keine Erstattung für Kosten zu, soweit sie nicht notwendig waren oder in keinem Verhältnis zu der Klage stehen.

Artikel 17

Rechtsmittel

(1)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, ob ihr Verfahrensrecht ein Rechtsmittel gegen ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil zulässt und innerhalb welcher Frist das Rechtsmittel einzulegen ist. Diese Mitteilung wird von der Kommission bekannt gemacht.

(2)   Artikel 16 gilt auch für das Rechtsmittelverfahren.

Artikel 18

Mindeststandards für die Überprüfung des Urteils

(1)   Der Beklagte ist berechtigt, beim zuständigen Gericht des Mitgliedstaats, in dem das Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangen ist, eine Überprüfung des Urteils zu beantragen, sofern

a)

i)

ihm das Klageformblatt oder die Ladung zur Verhandlung ohne persönliche Empfangsbestätigung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zugestellt wurde und

ii)

die Zustellung ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können,

oder

b)

der Beklagte aufgrund höherer Gewalt oder aufgrund außergewöhnlicher Umstände ohne eigenes Verschulden daran gehindert war, das Bestehen der Forderung zu bestreiten,

wobei in beiden Fällen vorausgesetzt wird, dass er unverzüglich tätig wird.

(2)   Lehnt das Gericht die Überprüfung mit der Begründung ab, dass keiner der in Absatz 1 genannten Gründe zutrifft, so bleibt das Urteil in Kraft.

Entscheidet das Gericht, dass die Überprüfung aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe gerechtfertigt ist, so ist das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil nichtig.

Artikel 19

Anwendbares Verfahrensrecht

Sofern diese Verordnung nichts anderes bestimmt, gilt für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen das Verfahrensrecht des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird.

KAPITEL III

ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT

Artikel 20

Anerkennung und Vollstreckung

(1)   Ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil wird in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.

(2)   Auf Antrag einer Partei fertigt das Gericht eine Bestätigung unter Verwendung des in Anhang IV vorgegebenen Formblatts D zu einem im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenen Urteil ohne zusätzliche Kosten aus.

Artikel 21

Vollstreckungsverfahren

(1)   Unbeschadet der Bestimmungen dieses Kapitels gilt für das Vollstreckungsverfahren das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats.

Jedes im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil wird unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie ein im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenes Urteil.

(2)   Die Partei, die die Vollstreckung beantragt, muss Folgendes vorlegen:

a)

eine Ausfertigung des Urteils, die die Voraussetzungen für den Nachweis seiner Echtheit erfüllt; und

b)

eine Ausfertigung der Bestätigung im Sinne des Artikels 20 Absatz 2 sowie, falls erforderlich, eine Übersetzung davon in die Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats oder — falls es in diesem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt — nach Maßgabe der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats in die Verfahrenssprache oder eine der Verfahrenssprachen des Ortes, an dem die Vollstreckung betrieben wird, oder in eine sonstige Sprache, die der Vollstreckungsmitgliedstaat zulässt. Jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen der Organe der Europäischen Union er neben seiner oder seinen eigenen für das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen zulässt. Der Inhalt des Formblatts D ist von einer Person zu übersetzen, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt ist.

(3)   Für die Vollstreckung eines Urteils, das in dem europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat erlassen worden ist, darf von der Partei, die die Vollstreckung beantragt, nicht verlangt werden, dass sie im Vollstreckungsstaat über

a)

einen bevollmächtigten Vertreter oder

b)

eine Postanschrift

außer bei den Vollstreckungsagenten verfügt.

(4)   Von einer Partei, die in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung eines im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Urteils beantragt, darf weder wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer noch wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts im Vollstreckungsmitgliedstaat eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung auch immer, verlangt werden.

Artikel 22

Ablehnung der Vollstreckung

(1)   Auf Antrag der Person, gegen die die Vollstreckung gerichtet ist, wird die Vollstreckung vom zuständigen Gericht im Vollstreckungsmitgliedstaat abgelehnt, wenn das im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangene Urteil mit einem früheren in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland ergangenen Urteil unvereinbar ist, sofern

a)

das frühere Urteil zwischen denselben Parteien wegen desselben Streitgegenstandes ergangen ist,

b)

das frühere Urteil im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangen ist oder die Voraussetzungen für die Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat erfüllt und

c)

die Unvereinbarkeit im gerichtlichen Verfahren des Mitgliedstaats, in dem das Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangen ist, nicht geltend gemacht wurde und nicht geltend gemacht werden konnte.

(2)   Keinesfalls darf ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil im Vollstreckungsmitgliedstaat in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Artikel 23

Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung

Hat eine Partei ein im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen ergangenes Urteil angefochten oder ist eine solche Anfechtung noch möglich oder hat eine Partei eine Überprüfung nach Artikel 18 beantragt, so kann das zuständige Gericht oder die zuständige Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat auf Antrag der Partei, gegen die sich die Vollstreckung richtet,

a)

das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränken

b)

die Vollstreckung von der Leistung einer von dem Gericht zu bestimmenden Sicherheit abhängig machen oder

c)

unter außergewöhnlichen Umständen das Vollstreckungsverfahren aussetzen.

KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 24

Information

Die Mitgliedstaaten arbeiten insbesondere im Rahmen des gemäß der Entscheidung 2001/470/EG eingerichteten Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen zusammen, um die Öffentlichkeit und die Fachwelt über das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen, einschließlich der Kosten, zu informieren.

Artikel 25

Angaben zu den zuständigen Gerichten, den Kommunikationsmitteln und den Rechtsmitteln

(1)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission bis zum 1. Januar 2008 mit,

a)

welche Gerichte dafür zuständig sind, ein Urteil im europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen zu erlassen;

b)

welche Kommunikationsmittel für die Zwecke des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen zulässig sind und den Gerichten nach Artikel 4 Absatz 1 zur Verfügung stehen;

c)

ob nach ihrem Verfahrensrecht Rechtsmittel im Sinne des Artikels 17 eingelegt werden können, und bei welchem Gericht sie eingelegt werden können;

d)

welche Sprachen nach Artikel 21 Absatz 2 Buchstabe b zugelassen sind; und

e)

welche Behörden für die Vollstreckung zuständig sind und welche Behörden für die Zwecke der Anwendung des Artikels 23 zuständig sind.

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über alle späteren Änderungen dieser Angaben.

(2)   Die Kommission macht die nach Absatz 1 mitgeteilten Angaben durch Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union und durch alle anderen geeigneten Mittel öffentlich zugänglich.

Artikel 26

Durchführungsmaßnahmen

Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung, einschließlich durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen, die eine Aktualisierung oder eine technische Änderung der Formblätter in den Anhängen bewirken, werden nach dem in Artikel 27 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.

Artikel 27

Ausschuss

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 28

Überprüfung

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis zum 1. Januar 2014 einen detaillierten Bericht über die Überprüfung des Funktionierens des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen, einschließlich der Wertgrenze einer Klage gemäß Artikel 2 Absatz 1, vor. Dieser Bericht enthält eine Bewertung des Funktionierens des Verfahrens und eine erweiterte Folgenabschätzung für jeden Mitgliedstaat.

Zu diesem Zweck, und damit gewährleistet ist, dass die vorbildliche Praxis in der Europäischen Union gebührend berücksichtigt wird und die Grundsätze der besseren Rechtsetzung zum Tragen kommen, stellen die Mitgliedstaaten der Kommission Angaben zum grenzüberschreitenden Funktionieren des europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen zur Verfügung. Diese Angaben beziehen sich auf die Gerichtsgebühren, die Schnelligkeit des Verfahrens, die Effizienz, die Benutzerfreundlichkeit und die internen Verfahren für geringfügige Forderungen der Mitgliedstaaten.

Dem Bericht der Kommission werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt.

Artikel 29

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2009, mit Ausnahme des Artikels 25, der ab dem 1. Januar 2008 gilt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 11. Juli 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 88 vom 11.4.2006, S. 61.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. Dezember 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. Juni 2007.

(3)  ABl. L 160 vom 30.6.2000, S. 37.

(4)  ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr.1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

(5)  ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 25.

(6)  ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 15. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1869/2005 der Kommission (ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 6).

(7)  ABl. L 399 vom 30.12.2006, S. 1.

(8)  ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.

(9)  ABl. C 53 vom 3.3.2005, S. 1.

(10)  ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1.

(11)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).


ANHANG I

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ANHANG II

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ANHANG III

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ANHANG IV

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31.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 199/23


VERORDNUNG (EG) Nr. 862/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Juli 2007

zu Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 311/76 des Rates über die Erstellung von Statistiken über ausländische Arbeitnehmer

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 285 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In den Schlussfolgerungen des Rates „Justiz und Inneres“ vom 28. und 29. Mai 2001 vertrat der Rat die Ansicht, dass in Bezug auf die gemeinsame Analyse und den verbesserten Austausch von Asyl- und Wanderungsstatistiken ein umfassender und kohärenter Rahmen für zukünftige Maßnahmen zur Verbesserung der Statistiken erforderlich ist.

(2)

Im April 2003 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament über einen Aktionsplan zur Sammlung und Analyse von Gemeinschaftsstatistiken im Bereich Migration. Sie enthielt unter anderem eine Reihe wichtiger Änderungen, mit denen die Vollständigkeit und der Harmonisierungsgrad dieser Statistiken verbessert werden sollte. Im Rahmen des Aktionsplans beabsichtigte die Kommission, Rechtsvorschriften für Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und Asyl vorzuschlagen.

(3)

Der Europäische Rat von Thessaloniki vom 19. und 20. Juni 2003 stellte in seinen Schlussfolgerungen fest, dass für die Sammlung und Analyse von Informationen über Wanderung und Asyl in der Europäischen Union wirksamere Mechanismen benötigt werden.

(4)

Das Europäische Parlament vertrat in seiner Entschließung vom 6. November 2003 (3) zu der vorstehend genannten Mitteilung der Kommission die Auffassung, dass Rechtsvorschriften erforderlich sind, um die Erstellung der umfassenden Statistiken sicherzustellen, die für die Entwicklung einer gerechten und wirksamen gemeinschaftlichen Migrationspolitik benötigt werden. In der Entschließung wird das Vorhaben der Kommission, Rechtsvorschriften über Wanderungs- und Asylstatistiken vorzuschlagen, unterstützt.

(5)

Durch die Erweiterung der Europäischen Union wurden die Probleme im Zusammenhang mit Migration um eine geografische und politische Dimension erweitert. Die Forderung nach präzisen, aktuellen und harmonisierten statistischen Daten wird seither verstärkt gestellt. Auch der Bedarf an statistischen Daten über Beruf, Bildung, Qualifikationen und Art der Tätigkeit von Migranten nimmt zu.

(6)

Für die Entwicklung von Rechtsvorschriften und Politiken der Gemeinschaft im Zusammenhang mit Zuwanderung, Asyl und freiem Personenverkehr sowie für die Überwachung ihrer Durchführung sind harmonisierte und vergleichbare Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und Asyl unentbehrlich.

(7)

Es ist notwendig, den Austausch statistischer Daten über Asyl und Wanderung zu verstärken und die Qualität der gemeinschaftlichen statistischen Erhebungen und ihrer Ergebnisse, die bislang auf „Gentlemen’s Agreements“ beruhten, zu verbessern.

(8)

Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass in der gesamten Europäischen Union Informationen zur Überwachung der Entwicklung und Umsetzung der Rechtsvorschriften und Politiken der Gemeinschaft zur Verfügung stehen. Im Allgemeinen ist mit der derzeitigen Praxis die regelmäßige, rechtzeitige und zügige Lieferung und Verbreitung harmonisierter Daten in einheitlicher Weise nicht hinreichend gewährleistet.

(9)

Schätzungen über die Zahl der Personen, die sich unrechtmäßig in den Mitgliedstaaten aufhalten, fallen nicht unter diese Verordnung. Die Mitgliedstaaten sollten derartige Schätzungen oder Daten über solche Personen nicht an die Kommission (Eurostat) übermitteln, auch wenn diese Personen in den Bevölkerungsbeständen bei Erhebungen enthalten sein können.

(10)

Soweit möglich wurden die für die Zwecke dieser Verordnung verwendeten Definitionen aus den Empfehlungen der Vereinten Nationen bezüglich der Statistiken über die internationale Wanderung, den Empfehlungen der Vereinten Nationen für die Volks- und Wohnungszählung in der Region Europa oder dem EG-Recht übernommen und sollten nach den entsprechenden Verfahren aktualisiert werden.

(11)

Infolge des neuen Bedarfs der Gemeinschaft an Statistiken über Wanderung und Asyl sind die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 311/76 des Rates vom 9. Februar 1976 über die Erstellung von Statistiken über ausländische Arbeitnehmer (4) hinfällig geworden.

(12)

Die Verordnung (EWG) Nr. 311/76 sollte daher aufgehoben werden.

(13)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Aufstellung gemeinsamer Regeln für die Erhebung und Erstellung von Gemeinschaftsstatistiken über Wanderung und internationalen Schutz, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs der Maßnahmen besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(14)

Die Verordnung (EG) Nr. 322/97 des Rates vom 17. Februar 1997 über die Gemeinschaftsstatistiken (5) stellt den Bezugsrahmen für die Bestimmungen der vorliegenden Verordnung dar. Sie fordert insbesondere die Einhaltung von Standards in Bezug auf Unparteilichkeit, Zuverlässigkeit, Objektivität, wissenschaftliche Unabhängigkeit, Kostenwirksamkeit und statistische Geheimhaltung.

(15)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (6) beschlossen werden.

(16)

Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, die Definitionen zu aktualisieren, über Datengruppen und weitere Untergliederungen zu entscheiden und die Regeln für die Genauigkeits- und Qualitätsstandards festzulegen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung und ihre Ergänzung durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen.

(17)

Der durch den Beschluss 89/382/EWG, Euratom des Rates vom 19. Juni 1989 zur Einsetzung eines Ausschusses für das Statistische Programm der Europäischen Gemeinschaften (7) eingesetzte Ausschuss für das Statistische Programm wurde gemäß Artikel 3 des genannten Beschlusses gehört —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

Diese Verordnung stellt gemeinsame Regeln für die Erhebung und Erstellung von Gemeinschaftsstatistiken auf, und zwar über:

a)

die Zuwanderung in die Hoheitsgebiete und die Abwanderung aus den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten, einschließlich der Ströme aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats in das eines anderen Mitgliedstaats sowie der Ströme zwischen einem Mitgliedstaat und dem Hoheitsgebiet eines Drittstaats;

b)

die Staatsangehörigkeit und das Geburtsland der Personen, deren üblicher Aufenthaltsort sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten befindet;

c)

die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren und -prozesse in den Mitgliedstaaten, bei denen es um Zuwanderung, Erteilung von Aufenthaltstiteln, Staatsangehörigkeit, Asyl und andere Formen des internationalen Schutzes sowie die Bekämpfung der illegalen Einwanderung geht.

Artikel 2

Definitionen

(1)   Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

a)

„üblicher Aufenthaltsort“ den Ort, an dem eine Person normalerweise ihre täglichen Ruhephasen verbringt, ungeachtet vorübergehender Abwesenheit zur Erholung, zum Urlaub, zum Besuch von Freunden und Verwandten, zu geschäftlichen Zwecken, zur medizinischen Behandlung oder zur religiösen Pilgerfahrt oder, wenn diese Daten nicht vorliegen, den Ort des rechtlichen oder eingetragenen Wohnsitzes;

b)

„Zuwanderung“ die Handlung, durch die eine Person ihren üblichen Aufenthaltsort für einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten bzw. von voraussichtlich mindestens zwölf Monaten in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verlegt, nachdem sie zuvor ihren üblichen Aufenthaltsort in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hatte;

c)

„Abwanderung“ die Handlung, durch die eine Person, die zuvor ihren üblichen Aufenthaltsort im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hatte, ihren üblichen Aufenthaltsort in diesem Mitgliedstaat für einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten bzw. von voraussichtlich mindestens zwölf Monaten aufgibt;

d)

„Staatsangehörigkeit“ die besondere rechtliche Bindung zwischen einer Person und ihrem Heimatstaat; sie wird durch Geburt oder durch Einbürgerung erworben, unabhängig davon, ob diese durch Erklärung, Einbürgerungsoption, Eheschließung oder auf einem anderen Weg gemäß den nationalen Rechtsvorschriften erfolgt;

e)

„Geburtsland“ das Land des Wohnorts der Mutter zum Zeitpunkt der Geburt (in den derzeitigen Grenzen, wenn hierzu Angaben vorliegen) oder anderenfalls das Land, in dem die Geburt stattgefunden hat (in den derzeitigen Grenzen, wenn hierzu Angaben vorliegen);

f)

„Zuwanderer“ eine Person, die eine Zuwanderung vornimmt;

g)

„Abwanderer“ eine Person, die eine Abwanderung vornimmt;

h)

„langfristig Aufenthaltsberechtigter“ einen langfristig Aufenthaltsberechtigten im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (8);

i)

„Drittstaatsangehöriger“ jede Person, die nicht Unionsbürger im Sinne des Artikels 17 Absatz 1 des Vertrags ist, einschließlich Staatenloser;

j)

„Antrag auf internationalen Schutz“ einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Artikels 2 Buchstabe g der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (9);

k)

„Flüchtlingseigenschaft“ die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 2 Buchstabe d der Richtlinie 2004/83/EG;

l)

„subsidiärer Schutzstatus“ den subsidiären Schutzstatus im Sinne des Artikels 2 Buchstabe f der Richtlinie 2004/83/EG;

m)

„Familienangehörige“ Familienangehörige im Sinne des Artikels 2 Buchstabe i der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (10);

n)

„vorübergehender Schutz“ den vorübergehenden Schutz im Sinne des Artikels 2 Buchstabe a der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (11);

o)

„unbegleitete Minderjährige“ unbegleitete Minderjährige im Sinne des Artikels 2 Buchstabe i der Richtlinie 2004/83/EG;

p)

„Außengrenzen“ die Außengrenzen im Sinne des Artikels 2 Nummer 2 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (12);

q)

„Drittstaatsangehörige, denen die Einreise verweigert wird“, Drittstaatsangehörige, denen die Einreise an der Außengrenze verweigert wird, weil sie nicht alle Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 erfüllen und nicht zu den Personengruppen zählen, auf die in Artikel 5 Absatz 4 jener Verordnung Bezug genommen wird;

r)

„Drittstaatsangehörige, deren illegaler Aufenthalt festgestellt wird“, Drittstaatsangehörige, bei denen offiziell festgestellt wird, dass sie sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten und die die Voraussetzungen für den Aufenthalt oder den Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat nicht oder nicht mehr erfüllen;

s)

„Neuansiedlung“ die Überstellung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen — aufgrund einer Bewertung ihrer Bedürfnisse nach internationalem Schutz und einer dauerhaften Lösung — in einen Mitgliedstaat, in dem sie sich mit einem sicheren Rechtsstatus aufhalten dürfen.

(2)   Die Mitgliedstaaten berichten der Kommission (Eurostat) über die Benutzung und die voraussichtlichen Auswirkungen von Schätzungen oder anderen Verfahren zur Anpassung von auf nationalen Definitionen beruhenden Statistiken, damit sie den harmonisierten Definitionen des Absatzes 1 entsprechen.

(3)   Für das Berichtsjahr 2008 können die der Kommission (Eurostat) nach dieser Verordnung zur Verfügung gestellten Statistiken auf alternativen (nationalen) Definitionen beruhen. In diesen Fällen teilen die Mitgliedstaaten der Kommission (Eurostat) diese alternativen Definitionen mit.

(4)   Sind für einen Mitgliedstaat eine oder mehrere der in den Definitionen des Absatzes 1 genannten Rechtsvorschriften nicht bindend, sollte dieser Mitgliedstaat Statistiken zur Verfügung stellen, die den gemäß dieser Verordnung geforderten Statistiken vergleichbar sind, wenn sie nach den bestehenden Rechts- und/oder Verwaltungsverfahren zur Verfügung gestellt werden können.

Artikel 3

Statistiken über internationale Wanderung, Wohnbevölkerung und den Erwerb der Staatsangehörigkeit

(1)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über die Zahl der:

a)

Zuwanderer in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats in folgender Untergliederung:

i)

Staatsangehörigkeit (in Gruppen) nach Alter und Geschlecht;

ii)

Geburtsland (in Gruppen) nach Alter und Geschlecht;

iii)

Land des letzten üblichen Aufenthaltsorts (in Gruppen) nach Alter und Geschlecht;

b)

Abwanderer aus dem Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats in folgender Untergliederung:

i)

Staatsangehörigkeit (in Gruppen);

ii)

Alter;

iii)

Geschlecht;

iv)

Länder des nächsten üblichen Aufenthaltsorts (in Gruppen);

c)

Personen mit üblichem Aufenthaltsort in dem betreffenden Mitgliedstaat am Ende des Berichtszeitraums in folgender Untergliederung:

i)

Staatsangehörigkeit (in Gruppen) nach Alter und Geschlecht;

ii)

Geburtsland (in Gruppen) nach Alter und Geschlecht;

d)

Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats haben und die Staatsangehörigkeit des Mitgliedstaats während des Berichtsjahrs erworben haben und die zuvor Staatsbürger eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats bzw. staatenlos waren, untergliedert nach Alter und Geschlecht sowie nach der früheren Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen bzw. danach, ob die Person zuvor staatenlos war.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Statistiken beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

Artikel 4

Statistiken über internationalen Schutz

(1)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über die Zahl der:

a)

Personen, die während des Berichtszeitraums einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben oder als Familienangehörige in einen solchen Antrag einbezogen sind;

b)

Personen, für die am Ende des Berichtszeitraums der zuständigen nationalen Stelle Anträge auf internationalen Schutz zur Prüfung vorliegen;

c)

während des Berichtszeitraums zurückgezogenen Anträge auf internationalen Schutz.

Diese Statistiken sind nach Alter und Geschlecht sowie nach der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen zu untergliedern. Sie beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalendermonat und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Berichtsmonats übermittelt. Der erste Berichtsmonat ist der Januar 2008.

(2)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über die Zahl der:

a)

Personen, die von erstinstanzlichen Entscheidungen betroffen sind, mit denen Anträge auf internationalen Schutz abgelehnt wurden, wie etwa Entscheidungen, mit denen Anträge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wurden, und Entscheidungen im prioritären und beschleunigten Verfahren, und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

b)

Personen, die von erstinstanzlichen Entscheidungen betroffen sind, mit denen die Flüchtlingseigenschaft zu- oder aberkannt wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

c)

Personen, die von erstinstanzlichen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der subsidiäre Schutzstatus zu- oder aberkannt wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

d)

Personen, die von erstinstanzlichen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der vorübergehende Schutz gewährt oder entzogen wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

e)

Personen, die von sonstigen erstinstanzlichen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach nationalem Recht mit Bezug auf den internationalen Schutz gewährt oder entzogen wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten während des Berichtszeitraums getroffen wurden.

Diese Statistiken sind nach Alter und Geschlecht sowie nach der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen zu untergliedern. Sie beziehen sich auf Berichtszeiträume von drei Kalendermonaten und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Berichtszeitraums übermittelt. Der erste Berichtszeitraum ist Januar bis März 2008.

(3)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über die Zahl:

a)

der Personen, die um internationalen Schutz nachgesucht haben und die von der zuständigen nationalen Stelle während des Berichtszeitraums als unbegleitete Minderjährige betrachtet werden;

b)

der Personen, die von endgültigen Entscheidungen betroffen sind, mit denen Anträge auf internationalen Schutz abgelehnt wurden, wie etwa Entscheidungen, mit denen Anträge als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wurden, und Entscheidungen im prioritären und beschleunigten Verfahren, und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten im Rechtsmittelverfahren während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

c)

der Personen, die von endgültigen Entscheidungen betroffen sind, mit denen die Flüchtlingseigenschaft zu- oder aberkannt wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten im Rechtsmittelverfahren während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

d)

der Personen, die von endgültigen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der subsidiäre Schutzstatus zu- oder aberkannt wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten im Rechtsmittelverfahren während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

e)

der Personen, die von endgültigen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der vorübergehende Schutz gewährt oder entzogen wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten im Rechtsmittelverfahren während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

f)

der Personen, die von sonstigen endgültigen Entscheidungen betroffen sind, mit denen der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach nationalem Recht mit Bezug auf den internationalen Schutz gewährt oder entzogen wird und die von Verwaltungseinrichtungen oder Gerichten im Rechtsmittelverfahren während des Berichtszeitraums getroffen wurden;

g)

der Personen, denen während des Berichtszeitraums die Genehmigung erteilt wurde, sich im Rahmen eines nationalen oder gemeinschaftlichen Neuansiedlungsprogramms in dem Mitgliedstaat aufzuhalten, sofern in diesem Mitgliedstaat ein solches Programm läuft.

Diese Statistiken sind nach Alter und Geschlecht sowie nach der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen zu untergliedern. Sie beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

(4)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) die folgenden Statistiken über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (13):

a)

die Zahl der Gesuche um Wiederaufnahme bzw. Aufnahme eines Asylbewerbers;

b)

die Bestimmungen, auf die die Gesuche nach Buchstabe a gestützt wurden;

c)

die über die Gesuche nach Buchstabe a getroffenen Entscheidungen;

d)

die Zahl der Überstellungen, die das Ergebnis der Entscheidungen nach Buchstabe c sind;

e)

die Zahl der Auskunftsersuchen.

Diese Statistiken beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

Artikel 5

Statistiken über die Bekämpfung der illegalen Einreise und des illegalen Aufenthalts

(1)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über die Zahl der:

a)

Drittstaatsangehörigen, denen die Einreise in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats an der Außengrenze verweigert wird;

b)

Drittstaatsangehörigen, bei denen festgestellt wird, dass sie sich nach den nationalen Zuwanderungsvorschriften illegal im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten.

Die Statistiken nach Buchstabe a sind gemäß Artikel 13 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 zu untergliedern.

Die Statistiken nach Buchstabe b sind nach Alter und Geschlecht sowie nach der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen zu untergliedern.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Statistiken beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

Artikel 6

Statistiken über Aufenthaltstitel und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen

(1)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über:

a)

die Zahl der Aufenthaltstitel, die Drittstaatsangehörigen erteilt wurden, in folgender Untergliederung:

i)

während des Berichtszeitraums erteilte Titel, mit denen der betreffenden Person erstmals der Aufenthalt genehmigt wurde, untergliedert nach der Staatsangehörigkeit, dem Grund für die Erteilung des Aufenthaltstitels und der Gültigkeitsdauer des Titels;

ii)

während des Berichtszeitraums erteilte Titel, die aufgrund einer Änderung des Zuwandererstatus einer Person oder des Motivs ihres Aufenthalts gewährt wurden, untergliedert nach der Staatsangehörigkeit, dem Grund für die Erteilung des Aufenthaltstitels und der Gültigkeitsdauer des Titels;

iii)

am Ende des Berichtszeitraums gültige Titel (Zahl der erteilten Titel, die weder zurückgenommen wurden noch abgelaufen sind), untergliedert nach der Staatsangehörigkeit, dem Grund für die Erteilung des Aufenthaltstitels und der Gültigkeitsdauer des Titels;

b)

die Zahl der langfristig Aufenthaltsberechtigten am Ende des Berichtszeitraums, untergliedert nach der Staatsangehörigkeit.

(2)   Sehen die nationalen Rechtsvorschriften und Verwaltungspraktiken eines Mitgliedstaats vor, dass anstelle von Aufenthaltstiteln spezielle Visa für längere Aufenthalte erteilt werden können oder ein besonderer Zuwandererstatus zuerkannt werden kann, so ist die Zahl dieser Visa und der Zuerkennungen des Zuwandererstatus in den in Absatz 1 genannten Statistiken anzugeben.

(3)   Die in Absatz 1 genannten Statistiken beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

Artikel 7

Statistiken über Rückführungen

(1)   Die Mitgliedstaaten liefern der Kommission (Eurostat) Statistiken über:

a)

die Zahl der Drittstaatsangehörigen, deren illegaler Aufenthalt im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats festgestellt wird und gegen die eine Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung ergangen ist, mit der der illegale Aufenthalt festgestellt und eine Verpflichtung zum Verlassen des Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats auferlegt wird, untergliedert nach der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen;

b)

die Zahl der Drittstaatsangehörigen, die das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufgrund einer Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung nach Buchstabe a tatsächlich verlassen haben, untergliedert nach der Staatsangehörigkeit der zurückgeführten Personen.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Statistiken beziehen sich auf Berichtszeiträume von einem Kalenderjahr und werden der Kommission (Eurostat) innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Berichtsjahrs übermittelt. Das erste Berichtsjahr ist das Jahr 2008.

(3)   Die in Absatz 1 genannten Statistiken umfassen nicht Drittstaatsangehörige, die nach Maßgabe des in der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vorgesehenen Mechanismus von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat überstellt werden.

Artikel 8

Zusätzliche Untergliederungen

(1)   Die Kommission kann Maßnahmen im Zusammenhang mit der Definition der nachfolgenden zusätzlichen Untergliederungen für die folgenden Statistiken erlassen:

a)

für die gemäß Artikel 4 insgesamt geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

dem Jahr der Antragstellung;

b)

für die gemäß Artikel 4 Absatz 4 geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

der Zahl der von dem Gesuch, der Entscheidung und der Überstellung betroffenen Personen;

c)

für die gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe a geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

dem Alter;

ii)

dem Geschlecht;

d)

für die gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

den Gründen für die Festnahme;

ii)

dem Ort der Festnahme;

e)

für die gemäß Artikel 6 geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

dem Jahr der ersten Erteilung des Aufenthaltstitels;

ii)

dem Alter;

iii)

dem Geschlecht;

f)

für die gemäß Artikel 7 geforderten Statistiken Untergliederungen nach:

i)

dem Grund für die Entscheidung, mit der eine Verpflichtung zum Verlassen des Hoheitsgebiets auferlegt wird;

ii)

dem Alter;

iii)

dem Geschlecht.

(2)   Die in Absatz 1 genannten zusätzlichen Untergliederungen werden nur getrennt und ohne Kreuzklassifizierungen mit den nach den Artikeln 4 bis 7 geforderten Untergliederungen zur Verfügung gestellt.

(3)   Bei ihrer Entscheidung, ob zusätzliche Untergliederungen erforderlich sind, berücksichtigt die Kommission den Bedarf an solchen Informationen für die Zwecke der Entwicklung und Überwachung der Gemeinschaftspolitiken sowie die Verfügbarkeit geeigneter Datenquellen und die damit verbundenen Kosten.

Verhandlungen über zusätzliche Untergliederungen, die zur Anwendung der Artikel 4 bis 7 erforderlich sein können, werden spätestens am 20. August 2009 aufgenommen. Zusätzliche Untergliederungen werden frühestens im Berichtsjahr 2010 vorgenommen.

Artikel 9

Datenquellen und Qualitätsstandards

(1)   Je nach Verfügbarkeit der Datenquellen in dem jeweiligen Mitgliedstaat und gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und Praktiken beruhen die Statistiken auf den folgenden Datenquellen:

a)

Verzeichnisse von Verwaltungsmaßnahmen und gerichtlichen Maßnahmen;

b)

Register über Verwaltungsmaßnahmen;

c)

Register der Personenbevölkerung oder einer bestimmten Untergruppe der Bevölkerung;

d)

Volkszählungen;

e)

Stichprobenerhebungen;

f)

sonstige geeignete Quellen.

Als Teil des statistischen Prozesses können statistische Schätzverfahren angewandt werden, die sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse gründen und hinlänglich belegt sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission (Eurostat) Bericht über die verwendeten Datenquellen, die Gründe für die Auswahl dieser Quellen sowie die Auswirkungen der Wahl der Datenquellen auf die Qualität der Statistiken und über die angewandten Schätzverfahren und halten die Kommission (Eurostat) über Änderungen daran auf dem Laufenden.

(3)   Auf Ersuchen der Kommission (Eurostat) übermitteln die Mitgliedstaaten ihr alle zur Bewertung der Qualität, der Vergleichbarkeit und der Vollständigkeit der statistischen Angaben erforderlichen Informationen.

(4)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission (Eurostat) unverzüglich über Überarbeitungen und Berichtigungen der gemäß dieser Verordnung bereitgestellten Statistiken sowie über eventuelle Änderungen bei den verwendeten Methoden und Datenquellen.

(5)   Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Definition der geeigneten Formate zur Datenübermittlung werden nach dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren erlassen.

Artikel 10

Durchführungsmaßnahmen

(1)   Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen zur Festlegung der Regeln für die geeigneten Formate zur Datenübermittlung nach Artikel 9 werden nach dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren erlassen.

(2)   Die folgenden zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen, die eine Änderung ihrer nicht wesentlichen Bestimmungen u. a. durch ihre Ergänzung bewirken, werden nach dem in Artikel 11 Absatz 3 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen:

a)

Aktualisierung der Definitionen des Artikels 2 Absatz 1,

b)

Definition der Kategorien von Gruppen für das Geburtsland, Gruppen für das Land des letzten und des nächsten gewöhnlichen Aufenthaltsorts und Gruppen für die Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikels 3 Absatz 1,

c)

Definition der Kategorien der Gründe für die Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a,

d)

Definition der zusätzlichen Untergliederungen und der Gliederungstiefe bei den in Artikel 8 vorgesehenen Variablen,

e)

Festlegung der Regeln für die Genauigkeits- und Qualitätsstandards.

Artikel 11

Ausschuss

(1)   Beim Erlass der Durchführungsmaßnahmen wird die Kommission von dem durch den Beschluss 89/382/EWG, Euratom eingesetzten Ausschuss für das Statistische Programm unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Der Zeitraum nach Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG wird auf drei Monate festgesetzt.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.

Artikel 12

Bericht

Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 20. August 2012 und danach alle drei Jahre einen Bericht über die gemäß dieser Verordnung erstellten Statistiken und deren Qualität.

Artikel 13

Aufhebung

Die Verordnung (EWG) Nr. 311/76 wird aufgehoben.

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 11. Juli 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 185 vom 8.8.2006, S. 31.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. März 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 12. Juni 2007.

(3)  ABl. C 83 E vom 2.4.2004, S. 94.

(4)  ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 1.

(5)  ABl. L 52 vom 22.2.1997, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(6)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(7)  ABl. L 181 vom 28.6.1989, S. 47.

(8)  ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44.

(9)  ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12.

(10)  ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.

(11)  ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.

(12)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(13)  ABl. L 222 vom 5.9.2003, S. 3.


31.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 199/30


VERORDNUNG (EG) Nr. 863/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Juli 2007

über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a und Artikel 66,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. Oktober 2004 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (2) zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union („Agentur“).

(2)

Ein Mitgliedstaat, der sich in einer Lage befindet, die verstärkte technische oder operative Unterstützung an seinen Außengrenzen erfordert, kann unbeschadet des Artikels 64 Absatz 2 des Vertrags und gemäß den Artikeln 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 bei der Agentur im Falle der Beteiligung anderer Mitgliedstaaten Hilfestellung durch Koordinierung anfordern.

(3)

Ein wirksamer Schutz der Außengrenzen durch Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung trägt zur Bekämpfung der illegalen Zuwanderung und des Menschenhandels sowie zur Vorbeugung jeglicher Bedrohung der inneren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit und der internationalen Beziehungen der Mitgliedstaaten bei. Grenzkontrollen liegen nicht nur im Interesse des Mitgliedstaats, an dessen Außengrenzen sie erfolgen, sondern auch im Interesse sämtlicher Mitgliedstaaten, die die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft haben.

(4)

Die Verantwortung für die Kontrolle der Außengrenzen obliegt den Mitgliedstaaten. Da die Mitgliedstaaten bisweilen beim Schutz ihrer Außengrenzen vor schwierigen Situationen stehen, insbesondere im Fall des Zustroms einer großen Anzahl von Drittstaatsangehörigen an bestimmten Stellen der Außengrenzen, die versuchen, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen, kann es erforderlich sein, Mitgliedstaaten mit angemessenen und ausreichenden Mitteln, insbesondere mit Personal, zu unterstützen.

(5)

Die derzeit auf europäischer Ebene bestehenden Möglichkeiten der effektiven praktischen Unterstützung bei der Personenkontrolle an den Außengrenzen und der Überwachung der Außengrenzen werden als unzureichend betrachtet, insbesondere in den Fällen, in denen sich Mitgliedstaaten dem Zustrom einer großen Anzahl von Drittstaatsangehörigen gegenübersehen, die versuchen, illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten daher, im Rahmen der Agentur, die Entsendung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke aus besonders ausgebildeten Experten anderer Mitgliedstaaten in ihr eigenes Hoheitsgebiet zur befristeten Unterstützung ihrer nationalen Grenzschutzbeamten anfordern können. Die Entsendung der Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke wird zur Förderung der Solidarität und gegenseitigen Unterstützung der Mitgliedstaaten beitragen.

(7)

Die Entsendung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke, die für einen begrenzten Zeitraum Unterstützung leisten sollen, sollte in Ausnahme- und Notsituationen erfolgen. Derartige Situationen würden entstehen, wenn ein Mitgliedstaat sich einem massiven Zustrom von Drittstaatsangehörigen gegenübersieht, die versuchen, illegal in sein Hoheitsgebiet einzureisen, was unverzügliches Handeln erfordert, und wenn die Entsendung eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke zu einer angemessenen Reaktion beitragen würde. Die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke sind nicht dafür vorgesehen, über lange Zeit Unterstützung zu leisten.

(8)

Die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke sind von den geplanten Aufgaben, der Verfügbarkeit und der Häufigkeit der Einsätze abhängig. Zur Gewährleistung der wirksamen Arbeit der Soforteinsatzteams sollten die Mitgliedstaaten eine angemessene Zahl von Grenzschutzbeamten (den „Soforteinsatzpool“), insbesondere entsprechend der Spezialisierung und Größe ihrer eigenen Grenzschutzorganisationen, bereitstellen. Die Mitgliedstaaten sollten daher nationale Expertenpools bilden, um zu einer größeren Wirksamkeit dieser Verordnung beizutragen. Die unterschiedliche Größe der Mitgliedstaaten und die technische Spezialisierung ihrer Grenzschutzorganisationen sollten von der Agentur berücksichtigt werden.

(9)

Bewährte Vorgehensweisen aus vielen Mitgliedstaaten beweisen, dass die Effizienz der Planung und Durchführung von Operationen deutlich verbessert werden kann, wenn die Anforderungsprofile (Fähigkeiten und Qualifikationen) der verfügbaren Grenzschutzbeamten vor der Entsendung bekannt sind. Die Agentur sollte daher die Anforderungsprofile und die Gesamtzahl der für die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke bereitzustellenden Grenzschutzbeamten festlegen.

(10)

Es sollte ein Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke eingerichtet werden, der sowohl der Agentur als auch den Mitgliedstaaten ausreichende Flexibilität gewährt und ein hohes Maß an Effizienz und Wirksamkeit bei der Durchführung von Operationen sicherstellt.

(11)

Die Agentur sollte unter anderem die Zusammenstellung, die Ausbildung und die Entsendung der Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke koordinieren. Daher ist es notwendig, in die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 neue Bestimmungen über die Aufgabe der Agentur im Hinblick auf diese Teams aufzunehmen.

(12)

Wenn ein Mitgliedstaat sich einem massiven Zustrom von Drittstaatsangehörigen gegenübersieht, die versuchen, illegal in sein Hoheitsgebiet einzureisen, oder einer außerordentlichen Situation, die die Erledigung nationaler Aufgaben erheblich beeinträchtigt, kann er die Bereitstellung seiner Grenzschutzbeamten für eine Entsendung ablehnen.

(13)

Damit die Zusammenarbeit mit den nationalen Grenzschutzbeamten wirkungsvoll ist, sollten die Teammitglieder während ihres Einsatzes in dem Hoheitsgebiet des ihre Unterstützung anfordernden Mitgliedstaats Aufgaben im Zusammenhang mit der Personenkontrolle an den Außengrenzen und der Überwachung der Außengrenzen wahrnehmen können.

(14)

Außerdem sollte die Effizienz von der Agentur koordinierter gemeinsamer Operationen dadurch weiter erhöht werden, dass abgestellte Beamte anderer Mitgliedstaaten vorübergehend ermächtigt werden, Aufgaben im Zusammenhang mit der Personenkontrolle an den Außengrenzen und der Überwachung der Außengrenzen wahrzunehmen.

(15)

Daher ist es ebenfalls notwendig, in die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 neue Bestimmungen über die Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten aufzunehmen, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats auf dessen Ersuchen hin im Rahmen der Agentur eingesetzt werden.

(16)

Diese Verordnung trägt zur korrekten Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (3) bei. Daher sollten die Teammitglieder und abgestellten Beamten bei der Durchführung der Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung Personen nicht aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung diskriminieren. Die bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse getroffenen Maßnahmen sollten, gemessen an den damit verfolgten Zielen, verhältnismäßig sein.

(17)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind. Sie sollte unter Beachtung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten in den Bereichen internationaler Schutz und Nichtzurückweisung angewandt werden.

(18)

Diese Verordnung sollte unter umfassender Einhaltung der sich aus dem internationalen Seerecht ergebenden Verpflichtungen, insbesondere bezüglich Such- und Rettungsmaßnahmen, angewandt werden.

(19)

Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (4) gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Mitgliedstaaten in Anwendung dieser Verordnung.

(20)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (5) dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (6) zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen genannten Bereich fallen.

(21)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 der Beschlüsse 2004/849/EG (7) und 2004/860/EG (8) des Rates genannten Bereich fallen.

(22)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand nach den Bestimmungen des Dritten Teils Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ergänzt, sollte Dänemark gemäß Artikel 5 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten nach Erlass dieser Verordnung beschließen, ob es sie in nationales Recht umsetzt.

(23)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (9), nicht beteiligt. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für das Vereinigte Königreich nicht bindend oder anwendbar ist.

(24)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (10) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Irland nicht bindend oder anwendbar ist.

(25)

In dieser Verordnung sind die Bestimmungen von Artikel 6 Absätze 8 und 9, insoweit sie sich auf den Zugang zum Schengener Informationssystem beziehen, Bestimmungen, die im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 und Artikel 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 auf dem Schengen-Besitzstand beruhen oder anderweitig damit zusammenhängen —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Mechanismus eingerichtet, um in Form von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke (im Folgenden als „Teams“ bezeichnet) für die rasche operative und zeitlich befristete Unterstützung eines darum ersuchenden Mitgliedstaats zu sorgen, der einem plötzlichen und außergewöhnlichen Druck ausgesetzt ist, insbesondere durch den Zustrom einer großen Anzahl von Drittstaatsangehörigen an bestimmten Stellen der Außengrenzen, die versuchen, illegal in sein Hoheitsgebiet einzureisen. Mit dieser Verordnung wird auch festgelegt, welche Aufgaben und Befugnisse die Teammitglieder während Operationen in einem anderen Mitgliedstaat wahrnehmen dürfen.

(2)   Mit dieser Verordnung wird die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 infolge der Einrichtung des Mechanismus nach Absatz 1 und im Hinblick auf die Festlegung der Aufgaben und Befugnisse geändert, die Grenzschutzbeamte von Mitgliedstaaten, die an gemeinsamen Operationen und Pilotprojekten in einem anderen Mitgliedstaat beteiligt sind, wahrnehmen sollen.

(3)   Die notwendige technische Unterstützung wird dem anfordernden Mitgliedstaat gemäß den Artikeln 7 und 8 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 gewährt.

Artikel 2

Anwendungsbereich

Diese Verordnung gilt unbeschadet der Rechte der Flüchtlinge und Personen, die um internationalen Schutz ersuchen, insbesondere hinsichtlich der Nichtzurückweisung.

KAPITEL I

SOFORTEINSATZTEAMS FÜR GRENZSICHERUNGSZWECKE

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„die Agentur“ die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union;

2.

„Teammitglieder“ Grenzschutzbeamte der Mitgliedstaaten, die in den Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke Dienst tun und nicht Grenzschutzbeamte des Einsatzmitgliedstaats sind;

3.

„anfordernder Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, dessen zuständige Behörden die Agentur ersuchen, die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke in seinem Hoheitsgebiet einzusetzen;

4.

„Einsatzmitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke stattfindet;

5.

„Herkunftsmitgliedstaat“ den Mitgliedstaat, zu dessen Grenzschutz ein Teammitglied gehört.

Artikel 4

Zusammensetzung und Entsendung der Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke

(1)   Die Zusammensetzung der Teams wird von der Agentur gemäß Artikel 8b der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 in der durch die vorliegende Verordnung geänderten Fassung festgelegt. Ihr Einsatz erfolgt nach Artikel 8d der genannten Verordnung.

(2)   Auf Vorschlag des Exekutivdirektors der Agentur beschließt der Verwaltungsrat der Agentur mit Dreiviertelmehrheit über die Anforderungsprofile und die Gesamtzahl der für die Teams bereitzustellenden Grenzschutzbeamten (Soforteinsatzpool). Dasselbe Verfahren kommt bei späteren Änderungen in Bezug auf die Anforderungsprofile und die Gesamtzahl der Grenzschutzbeamten des Soforteinsatzpools zur Anwendung. Die Mitgliedstaaten leisten über einen nationalen Expertenpool ausgehend von den verschiedenen festgelegten Anforderungsprofilen einen Beitrag zum Soforteinsatzpool, indem sie Grenzschutzbeamte entsprechend den erforderlichen Anforderungsprofilen benennen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen die Grenzschutzbeamten auf Ersuchen der Agentur für die Entsendung zur Verfügung, es sei denn, sie befinden sich in einer außerordentlichen Situation, die die Erledigung nationaler Aufgaben erheblich beeinträchtigt. Die Autonomie des Herkunftsmitgliedstaats im Hinblick auf die Auswahl des Personals und die Dauer seiner Entsendung bleibt unberührt.

(4)   Die Kosten für die in Absatz 1 genannten Maßnahmen trägt die Agentur gemäß Artikel 8h der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004.

Artikel 5

Anweisungen für die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke

(1)   Während des Einsatzes der Teams erteilt der Einsatzmitgliedstaat entsprechend dem Einsatzplan nach Artikel 8e der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 den Teams Anweisungen.

(2)   Die Agentur kann über ihren Koordinierungsbeamten nach Artikel 8g der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 dem Einsatzmitgliedstaat ihren Standpunkt zu diesen Anweisungen übermitteln. In diesem Fall berücksichtigt der Einsatzmitgliedstaat diesen Standpunkt.

(3)   Der Einsatzmitgliedstaat gewährt nach Artikel 8g der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 dem Koordinierungsbeamten jede notwendige Unterstützung, wozu auch gehört, dass dieser während des gesamten Einsatzes uneingeschränkten Zugang zu den Teams erhält.

Artikel 6

Aufgaben und Befugnisse der Teammitglieder

(1)   Die Teammitglieder müssen alle Aufgaben und Befugnisse für Grenzübertrittskontrollen oder Grenzüberwachung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 wahrnehmen können und die für die Verwirklichung der Ziele der genannten Verordnung erforderlich sind. Die Einzelheiten für jeden Einsatz werden gemäß Artikel 8e der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 im Einsatzplan für den betreffenden Einsatz festgelegt.

(2)   Die Teammitglieder üben ihre Aufgaben und Befugnisse unter uneingeschränkter Wahrung der Menschenwürde aus. Die bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse getroffenen Maßnahmen müssen, gemessen an den damit verfolgten Zielen, verhältnismäßig sein. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse dürfen die Teammitglieder Personen nicht aus Gründen des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung diskriminieren.

(3)   Die Teammitglieder dürfen nur unter den Anweisungen und grundsätzlich nur in Gegenwart von Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen.

(4)   Die Teammitglieder müssen während der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse ihre eigene Uniform tragen. Um sie als Teilnehmer eines Einsatzes der Teams auszuweisen, tragen sie auf ihrer Uniform eine blaue Armbinde mit den Zeichen der Europäischen Union und der Agentur. Um sich gegenüber den nationalen Behörden des Einsatzmitgliedstaats und seinen Bürgern ausweisen zu können, tragen die Teammitglieder stets einen Sonderausweis nach Artikel 8 bei sich, der auf Aufforderung vorzulegen ist.

(5)   Die Teammitglieder dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse gemäß dem nationalen Recht des Herkunftsmitgliedstaats zulässige Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung mit sich führen. Der Einsatzmitgliedstaat kann jedoch das Führen bestimmter Dienstwaffen, Munition oder Ausrüstung untersagen, vorausgesetzt seine eigenen Rechtsvorschriften sehen das gleiche Verbot für die eigenen Grenzschutzbeamten vor. Der Einsatzmitgliedstaat unterrichtet die Agentur vor dem Einsatz der Teams über zulässige Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung und über die Bedingungen für ihre Benutzung. Die Agentur stellt diese Informationen allen an dem Einsatz beteiligten Mitgliedstaaten zur Verfügung.

(6)   Die Teammitglieder dürfen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse mit Zustimmung des Herkunfts- und des Einsatzmitgliedstaats, in Anwesenheit von Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats und gemäß dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats Gewalt anwenden, einschließlich des Einsatzes von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung.

(7)   Abweichend von Absatz 6 dürfen Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung zum Zwecke der Notwehr und der Nothilfe für Teammitglieder oder andere Personen gemäß dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats eingesetzt werden.

(8)   Für die Zwecke dieser Verordnung kann der Einsatzmitgliedstaat die Teammitglieder ermächtigen, seine nationalen und europäischen Datenbanken abzufragen, die für Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung erforderlich sind. Die Teammitglieder fragen nur diejenigen Daten ab, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse erforderlich sind. Der Einsatzmitgliedstaat unterrichtet die Agentur vor dem Einsatz der Teams über die nationalen und europäischen Datenbanken, die abgefragt werden können. Die Agentur stellt diese Informationen allen an dem Einsatz beteiligten Mitgliedstaaten zur Verfügung.

(9)   Die Datenbankabfrage nach Absatz 8 erfolgt im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats im Bereich des Datenschutzes.

(10)   Entscheidungen zur Verweigerung der Einreise gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 werden nur von den Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats getroffen.

Artikel 7

Status, Rechte und Pflichten der Teammitglieder

(1)   Die Teammitglieder bleiben Beamte des nationalen Grenzschutzes ihrer Herkunftsmitgliedstaaten und werden von diesen besoldet.

(2)   Die für den Soforteinsatzpool nach Artikel 4 zur Verfügung gestellten Grenzschutzbeamten nehmen an den für ihre Aufgaben und Befugnisse relevanten Aufbaulehrgängen sowie an den regelmäßigen Übungen teil, die von der Agentur gemäß Artikel 8c der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 durchgeführt werden.

(3)   Die Grenzschutzbeamten erhalten für die Dauer ihrer Teilnahme an den von der Agentur durchgeführten Lehrgängen und Übungen sowie für die Zeit ihres Einsatzes als Teammitglieder gemäß Artikel 8h der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 Tagegelder einschließlich der Unterbringungskosten.

Artikel 8

Sonderausweis

(1)   Die Agentur stellt in Zusammenarbeit mit dem Einsatzmitgliedstaat für die Teammitglieder ein Dokument in der Amtssprache des Einsatzmitgliedstaats und in einer anderen Amtssprache der Organe der Europäischen Union als Ausweis und Nachweis ihres Rechts, die Aufgaben und Befugnisse gemäß Artikel 6 Absatz 1 wahrzunehmen, aus. Das Dokument enthält folgende Angaben zum Teammitglied:

a)

Name und Staatsangehörigkeit,

b)

Dienstgrad und

c)

ein digitalisiertes Foto jüngeren Datums.

(2)   Nach Abschluss des Einsatzes des Teams ist das Dokument der Agentur zurückzugeben.

Artikel 9

Anwendbares Recht

(1)   Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse nach Artikel 6 Absatz 1 halten die Teammitglieder das Gemeinschaftsrecht und das nationale Recht des Einsatzmitgliedstaats ein.

(2)   Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse nach Artikel 6 Absatz 1 bleiben die Teammitglieder den Disziplinarmaßnahmen ihres Herkunftsmitgliedstaats unterworfen.

(3)   Besondere Vorschriften für das Führen und den Einsatz von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung sowie über die Anwendung von Gewalt sind in Artikel 6 Absätze 5, 6 und 7 festgelegt.

(4)   Besondere Vorschriften über die zivilrechtliche Haftung und die strafrechtliche Verantwortlichkeit sind in den Artikeln 10 bzw. 11 festgelegt.

Artikel 10

Zivilrechtliche Haftung

(1)   Beim Einsatz von Teammitgliedern in einem Einsatzmitgliedstaat haftet dieser Mitgliedstaat entsprechend seinen nationalen Rechtsvorschriften für die von diesen während ihrer Operationen verursachten Schäden.

(2)   Wurde der Schaden durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht, so kann sich der Einsatzmitgliedstaat an den Herkunftsmitgliedstaat wenden, um von diesem die Erstattung der an die Geschädigten oder ihre Rechtsnachfolger gezahlten Beträge zu verlangen.

(3)   Unbeschadet der Ausübung seiner Rechte gegenüber Dritten verzichtet jeder Mitgliedstaat darauf, für erlittene Schäden gegenüber dem Einsatzmitgliedstaat oder jedem anderen Mitgliedstaat Schadenersatzforderungen geltend zu machen, es sei denn, der Schaden wurde durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht.

(4)   Jede Streitigkeit zwischen den Mitgliedstaaten bezüglich der Anwendung der Absätze 2 und 3, die nicht durch Verhandlungen zwischen diesen geklärt werden kann, wird gemäß Artikel 239 des Vertrags von diesen beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig gemacht.

(5)   Unbeschadet der Ausübung ihrer Rechte gegenüber Dritten trägt die Agentur die Kosten für während des Einsatzes entstandene Schäden an Ausrüstungen der Agentur, es sei denn, der Schaden wurde durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht.

Artikel 11

Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Während des Einsatzes der Teams werden Teammitglieder in Bezug auf Straftaten, die gegen sie oder von ihnen begangen werden, wie Beamte des Einsatzmitgliedstaats behandelt.

KAPITEL II

ÄNDERUNG DER VERORDNUNG (EG) Nr. 2007/2004

Artikel 12

Änderungen

Die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 Absatz 4 wird gestrichen.

2.

Der folgende Artikel wird eingefügt:

„Artikel 1a

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

‚Außengrenzen der Mitgliedstaaten‘ die Land- und Seegrenzen der Mitgliedstaaten sowie ihre Flug- und Seehäfen, auf die die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts über das Überschreiten der Außengrenzen durch Personen Anwendung finden;

2.

‚Einsatzmitgliedstaat‘ einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Einsatz eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke, eine gemeinsame Operation oder ein Pilotprojekt stattfindet;

3.

‚Herkunftsmitgliedstaat‘ den Mitgliedstaat, zu dessen Grenzschutz ein Teammitglied oder der abgestellte Beamte gehört;

4.

‚Teammitglieder‘ Grenzschutzbeamte der Mitgliedstaaten, die in den Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke Dienst tun und nicht Grenzschutzbeamte des Einsatzmitgliedstaats sind;

5.

‚anfordernder Mitgliedstaat‘ einen Mitgliedstaat, dessen zuständige Behörden die Agentur ersuchen, die Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke in seinem Hoheitsgebiet einzusetzen;

6.

‚abgestellte Beamte‘ die Beamten des Grenzschutzes anderer Mitgliedstaaten als des Einsatzmitgliedstaats, die an gemeinsamen Operationen und Pilotprojekten teilnehmen.“

3.

In Artikel 2 Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

„g)

Einsatz von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke in den Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über einen Mechanismus zur Bildung von Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates hinsichtlich dieses Mechanismus und der Regelung der Aufgaben und Befugnisse von abgestellten Beamten (11).

4.

Artikel 8 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Die Agentur kann technische Ausrüstungsgegenstände zur Kontrolle und Überwachung der Außengrenzen erwerben, die von ihren Experten und im Rahmen der Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke während ihres Einsatzes verwendet werden.“

5.

Folgende Artikel werden eingefügt:

„Artikel 8a

Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke

Auf Ersuchen eines Mitgliedstaats, der einem plötzlichen und außergewöhnlichen Druck ausgesetzt ist, insbesondere durch den Zustrom einer großen Anzahl von Drittstaatsangehörigen an bestimmten Stellen der Außengrenzen, die versuchen, illegal in sein Hoheitsgebiet einzureisen, kann die Agentur zeitlich befristet ein oder mehrere Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke (im Folgenden als ‚Team(s)‘ bezeichnet) im Hoheitsgebiet des anfordernden Mitgliedstaats für den angemessenen Zeitraum nach Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 einsetzen.

Artikel 8b

Zusammensetzung der Teams

(1)   In dem in Artikel 8a beschriebenen Fall teilen die Mitgliedstaaten auf Ersuchen der Agentur unverzüglich die Zahl, die Namen und die Profile der Grenzschutzbeamten ihres nationalen Pools mit, die sie innerhalb von fünf Tagen als Mitglieder eines Teams zur Verfügung stellen können. Die Mitgliedstaaten stellen die Grenzschutzbeamten auf Ersuchen der Agentur für die Entsendung zur Verfügung, es sei denn, sie befinden sich in einer außerordentlichen Situation, die die Erledigung nationaler Aufgaben erheblich beeinträchtigt.

(2)   Bei der Zusammenstellung eines Teams berücksichtigt der Exekutivdirektor die besonderen Umstände, denen sich der anfordernde Mitgliedstaat gegenübersieht. Das Team wird in Übereinstimmung mit dem Einsatzplan nach Artikel 8e zusammengestellt.

Artikel 8c

Lehrgänge und Übungen

Die Agentur bietet den dem Soforteinsatzpool gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 863/2007 angehörenden Grenzschutzbeamten Aufbaulehrgänge an, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse relevant sind, und führt mit diesen Grenzschutzbeamten regelmäßige Übungen entsprechend dem im Jahresarbeitsprogramm der Agentur festgelegten Plan für Aufbaulehrgänge und Übungen durch.

Artikel 8d

Entscheidung über den Einsatz der Teams

(1)   Ein Ersuchen um Entsendung von Teams gemäß Artikel 8a enthält eine Beschreibung der Lage, der etwaigen Ziele und des voraussichtlichen Bedarfs für den Einsatz. Falls erforderlich, kann der Exekutivdirektor Experten der Agentur entsenden, um die Lage an den Außengrenzen des anfordernden Mitgliedstaats einzuschätzen.

(2)   Der Exekutivdirektor unterrichtet den Verwaltungsrat unverzüglich über das Ersuchen eines Mitgliedstaats um Entsendung von Teams.

(3)   Bei der Entscheidung über das Ersuchen eines Mitgliedstaats berücksichtigt der Exekutivdirektor die Ergebnisse der Risikoanalysen der Agentur sowie alle sonstigen sachdienlichen Informationen, die von dem anfordernden oder einem anderen Mitgliedstaat übermittelt werden.

(4)   Der Exekutivdirektor trifft die Entscheidung über das Ersuchen um Entsendung von Teams so rasch wie möglich, spätestens aber fünf Arbeitstage nach Eingang des Ersuchens. Er teilt dem anfordernden Mitgliedstaat und dem Verwaltungsrat gleichzeitig seine Entscheidung schriftlich mit. In der Entscheidung werden die wichtigsten Gründe genannt, auf denen sie beruht.

(5)   Entscheidet der Exekutivdirektor, ein oder mehrere Teams zu entsenden, so erstellen die Agentur und der anfordernde Mitgliedstaat unverzüglich einen Einsatzplan gemäß Artikel 8e.

(6)   Sobald der Einsatzplan vereinbart ist, informiert der Exekutivdirektor die Mitgliedstaaten über die erforderliche Anzahl und die Anforderungsprofile der Grenzschutzbeamten, die in den Teams eingesetzt werden sollen. Dies wird den gemäß Artikel 8f benannten nationalen Kontaktstellen schriftlich mitgeteilt; ihnen wird auch mitgeteilt, wann der geplante Einsatz stattfinden soll. Außerdem wird ihnen eine Kopie des Einsatzplans übermittelt.

(7)   Ist der Exekutivdirektor abwesend oder verhindert, so werden die Entscheidungen über die Entsendung der Teams vom stellvertretenden Exekutivdirektor getroffen.

(8)   Die Mitgliedstaaten stellen die Grenzschutzbeamten auf Ersuchen der Agentur für die Entsendung zur Verfügung, es sei denn, sie befinden sich in einer außerordentlichen Situation, die die Erledigung nationaler Aufgaben erheblich beeinträchtigt.

(9)   Der Einsatz der Teams erfolgt spätestens fünf Arbeitstage nach dem Tag, an dem der Exekutivdirektor und der anfordernde Mitgliedstaat den Einsatzplan vereinbart haben.

Artikel 8e

Einsatzplan

(1)   Der Exekutivdirektor und der anfordernde Mitgliedstaat vereinbaren einen Einsatzplan, in dem die genauen Bedingungen des Einsatzes der Teams niedergelegt sind. Er enthält:

a)

eine Beschreibung der Lage mit der Vorgehensweise und den Zielen des Einsatzes einschließlich des Operationsziels;

b)

die voraussichtliche Dauer des Einsatzes der Teams;

c)

das geografische Zuständigkeitsgebiet in dem anfordernden Mitgliedstaat, in dem die Teams eingesetzt werden;

d)

eine Beschreibung der Aufgaben und besonderen Anweisungen für die Teammitglieder einschließlich der zulässigen Abfrage von Datenbanken und der zulässigen Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung in dem Einsatzmitgliedstaat;

e)

die Zusammensetzung der Teams für Grenzsicherungszwecke;

f)

Name und Dienstgrad der für die Zusammenarbeit mit den Teams zuständigen Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats, insbesondere jener Grenzschutzbeamten, die während der Dauer des Einsatzes die Befehlsgewalt über die Teams innehaben, sowie die Stellung der Teams in der Befehlskette;

g)

die gemäß Artikel 8 zusammen mit den Teams zu entsendende technische Ausrüstung.

(2)   Änderungen und Anpassungen des Einsatzplans setzen das Einverständnis des Exekutivdirektors und des anfordernden Mitgliedstaats voraus. Eine Kopie des geänderten oder angepassten Einsatzplans wird von der Agentur unverzüglich an die beteiligten Mitgliedstaaten übermittelt.

Artikel 8f

Nationale Kontaktstellen

Die Mitgliedstaaten benennen eine nationale Kontaktstelle für die Kommunikation mit der Agentur in allen Angelegenheiten, die die Teams betreffen. Die nationale Kontaktstelle muss jederzeit erreichbar sein.

Artikel 8g

Koordinierungsbeamter

(1)   Der Exekutivdirektor benennt aus dem Personal der Agentur einen oder mehrere Experten, die als Koordinierungsbeamte fungieren. Er unterrichtet den Einsatzmitgliedstaat über die Benennung.

(2)   Der Koordinierungsbeamte handelt in Bezug auf alle Aspekte des Einsatzes der Teams im Namen der Agentur. Der Koordinierungsbeamte hat insbesondere die Aufgabe,

a)

als Schnittstelle zwischen der Agentur und dem Einsatzmitgliedstaat zu fungieren;

b)

als Schnittstelle zwischen der Agentur und den Teammitgliedern zu fungieren und Letztere im Auftrag der Agentur in allen Fragen, die mit den Einsatzbedingungen der Teams zusammenhängen, zu unterstützen;

c)

die korrekte Durchführung des Einsatzplans zu überwachen;

d)

der Agentur über alle Aspekte des Einsatzes der Teams zu berichten.

(3)   Gemäß Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe f kann der Exekutivdirektor den Koordinierungsbeamten ermächtigen, dabei behilflich zu sein, etwaige Streitfragen hinsichtlich der Durchführung des Einsatzplans und hinsichtlich der Entsendung der Teams zu lösen.

(4)   Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nimmt der Koordinierungsbeamte Anweisungen ausschließlich von der Agentur entgegen.

Artikel 8h

Kosten

(1)   Die Agentur trägt in vollem Umfang die folgenden Kosten, die den Mitgliedstaaten durch die Bereitstellung ihrer Grenzschutzbeamten für die in den Artikeln 8a und 8c genannten Zwecke entstehen:

a)

Kosten für die Reise vom Herkunftsmitgliedstaat zum Einsatzmitgliedstaat und vom Einsatzmitgliedstaat zum Herkunftsmitgliedstaat;

b)

Impfkosten;

c)

Kosten für besondere Versicherungen;

d)

Kosten für die Gesundheitsfürsorge;

e)

Tagegelder einschließlich der Unterbringungskosten;

f)

Kosten für die technische Ausrüstung der Agentur.

(2)   Die Durchführungsbestimmungen für die Zahlung der Tagegelder an die Teammitglieder werden vom Verwaltungsrat festgelegt.“

6.

Artikel 10 wird durch folgende Artikel ersetzt:

„Artikel 10

Aufgaben und Befugnisse der abgestellten Beamten

(1)   Die abgestellten Beamten müssen alle Aufgaben und Befugnisse für Grenzübertrittskontrollen oder Grenzüberwachung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (12) wahrnehmen können und die für die Verwirklichung der Ziele der genannten Verordnung erforderlich sind.

(2)   Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse halten die abgestellten Beamten das Gemeinschaftsrecht und das nationale Recht des Einsatzmitgliedstaats ein.

(3)   Die abgestellten Beamten dürfen nur unter den Anweisungen und grundsätzlich nur in Gegenwart von Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats Aufgaben und Befugnisse wahrnehmen.

(4)   Die abgestellten Beamten müssen während der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse ihre eigene Uniform tragen. Um sie als Teilnehmer einer gemeinsamen Operation oder eines Pilotprojekts auszuweisen, tragen sie auf ihrer Uniform eine blaue Armbinde mit den Zeichen der Europäischen Union und der Agentur. Um sich gegenüber den nationalen Behörden des Einsatzmitgliedstaats und seinen Bürgern ausweisen zu können, tragen die abgestellten Beamten stets einen Sonderausweis nach Artikel 10a bei sich, der auf Aufforderung vorzulegen ist.

(5)   Abweichend von Absatz 2 dürfen die abgestellten Beamten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse gemäß dem nationalen Recht des Herkunftsmitgliedstaats zulässige Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung mit sich führen. Der Einsatzmitgliedstaat kann jedoch das Führen bestimmter Dienstwaffen, Munition oder Ausrüstung untersagen, vorausgesetzt seine eigenen Rechtsvorschriften sehen das gleiche Verbot für die eigenen Grenzschutzbeamten vor. Der Einsatzmitgliedstaat unterrichtet die Agentur vor dem Einsatz der abgestellten Beamten über zulässige Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung und über die Bedingungen für ihre Benutzung. Die Agentur stellt diese Informationen den Mitgliedstaaten zur Verfügung.

(6)   Abweichend von Absatz 2 dürfen die abgestellten Beamten bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse mit Zustimmung des Herkunfts- und des Einsatzmitgliedstaats in Anwesenheit von Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats und gemäß dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats Gewalt anwenden, einschließlich des Einsatzes von Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung.

(7)   Abweichend von Absatz 6 dürfen Dienstwaffen, Munition und Ausrüstung zum Zwecke der Notwehr und der Nothilfe für abgestellte Beamte oder andere Personen gemäß dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats eingesetzt werden.

(8)   Für die Zwecke dieser Verordnung kann der Einsatzmitgliedstaat die abgestellten Beamten ermächtigen, seine nationalen und europäischen Datenbanken abzufragen, die für Grenzübertrittskontrollen und Grenzüberwachung erforderlich sind. Die abgestellten Beamten fragen nur diejenigen Daten ab, die für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse erforderlich sind. Der Einsatzmitgliedstaat unterrichtet die Agentur vor dem Einsatz der abgestellten Beamten über die nationalen und europäischen Datenbanken, die abgefragt werden können. Die Agentur stellt diese Informationen allen an dem Einsatz beteiligten Mitgliedstaaten zur Verfügung.

(9)   Die Datenbankabfrage nach Absatz 8 erfolgt im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht des Einsatzmitgliedstaats im Bereich des Datenschutzes.

(10)   Entscheidungen zur Verweigerung der Einreise gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 werden nur von den Grenzschutzbeamten des Einsatzmitgliedstaats getroffen.

Artikel 10a

Sonderausweis

(1)   Die Agentur stellt in Zusammenarbeit mit dem Einsatzmitgliedstaat für die abgestellten Beamten ein Dokument in der Amtssprache des Einsatzmitgliedstaats und in einer anderen Amtssprache der Organe der Europäischen Union als Ausweis und Nachweis ihres Rechts, die Aufgaben und Befugnisse nach Artikel 10 Absatz 1 wahrzunehmen, aus. Das Dokument enthält folgende Angaben zum abgestellten Beamten:

a)

Name und Staatsangehörigkeit,

b)

Dienstgrad und

c)

ein digitalisiertes Foto jüngeren Datums.

(2)   Nach Abschluss der gemeinsamen Operation oder des Pilotprojekts ist das Dokument der Agentur zurückzugeben.

Artikel 10b

Zivilrechtliche Haftung

(1)   Beim Einsatz von abgestellten Beamten in einem Einsatzmitgliedstaat haftet dieser Mitgliedstaat entsprechend seinen nationalen Rechtsvorschriften für die von ihnen während ihrer Operationen verursachten Schäden.

(2)   Wurde der Schaden durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht, so kann sich der Einsatzmitgliedstaat an den Herkunftsmitgliedstaat wenden, um von diesem die Erstattung der an die Geschädigten oder ihre Rechtsnachfolger gezahlten Beträge zu verlangen.

(3)   Unbeschadet der Ausübung seiner Rechte gegenüber Dritten verzichtet jeder Mitgliedstaat darauf, für erlittene Schäden gegenüber dem Einsatzmitgliedstaat oder jedem anderen Mitgliedstaat Schadenersatzforderungen geltend zu machen, es sei denn, der Schaden wurde durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht.

(4)   Jede Streitigkeit zwischen den Mitgliedstaaten bezüglich der Anwendung der Absätze 2 und 3, die nicht durch Verhandlungen zwischen diesen geklärt werden kann, wird gemäß Artikel 239 des Vertrags von diesen beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anhängig gemacht.

(5)   Unbeschadet der Ausübung ihrer Rechte gegenüber Dritten trägt die Agentur die Kosten für während des Einsatzes entstandene Schäden an Ausrüstungen der Agentur, es sei denn, der Schaden wurde durch grobe Fahrlässigkeit oder vorsätzlich verursacht.

Artikel 10c

Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Während der Durchführung einer gemeinsamen Operation oder eines Pilotprojekts werden abgestellte Beamte in Bezug auf Straftaten, die gegen sie oder von ihnen begangen werden, wie Beamte des Einsatzmitgliedstaats behandelt.

KAPITEL III

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 13

Bewertung

Die Kommission bewertet die Anwendung dieser Verordnung ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten und übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht, erforderlichenfalls mit Vorschlägen zur Änderung dieser Verordnung.

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 11. Juli 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 26. April 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 12. Juni 2007.

(2)  ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1.

(3)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(4)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Richtlinie geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(5)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(6)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(7)  Beschluss 2004/849/EG des Rates vom 25. Oktober 2004 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens (ABl. L 368 vom 15.12.2004, S. 26).

(8)  Beschluss 2004/860/EG des Rates vom 25. Oktober 2004 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens (ABl. L 370 vom 17.12.2004, S. 78).

(9)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(10)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(11)  ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 30.“

(12)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.“


ANHANG

Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission betonen, dass im Falle einer plötzlichen und außerordentlichen Belastung an den Außengrenzen, die den Einsatz eines Soforteinsatzteams für Grenzsicherungszwecke erfordert, und möglicher hierzu unzureichender finanzieller Mittel im Haushalt der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) alles Mögliche zur Sicherung der Finanzen geprüft werden sollte, um die Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten. Die Kommission wird mit höchster Dringlichkeit prüfen, ob Mittel möglicherweise neu zugeteilt werden können. Falls ein Beschluss der Haushaltsbehörde erforderlich wird, wird die Kommission in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Haushaltsordnung (vor allem Artikel 23 und 24) ein Verfahren einleiten, um einen rechtzeitigen Beschluss der beiden Teile der Haushaltsbehörde bezüglich der Bereitstellung zusätzlicher Mittel für FRONTEX zum Einsatz eines Soforteinsatzteams zu gewährleisten. Die Haushaltsbehörde sagt zu, angesichts der Dringlichkeit so schnell wie möglich zu handeln.


31.7.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 199/40


VERORDNUNG (EG) Nr. 864/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Juli 2007

über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c und Artikel 67,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 25. Juni 2007 gebilligten gemeinsamen Entwurfs (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Gemeinschaft hat sich zum Ziel gesetzt, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zur schrittweisen Schaffung eines solchen Raums muss die Gemeinschaft im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen, Maßnahmen erlassen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind.

(2)

Nach Artikel 65 Buchstabe b des Vertrags schließen diese Maßnahmen auch solche ein, die die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten fördern.

(3)

Auf seiner Tagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere hat der Europäische Rat den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen und anderen Entscheidungen von Justizbehörden als Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen unterstützt und den Rat und die Kommission ersucht, ein Maßnahmenprogramm zur Umsetzung dieses Grundsatzes anzunehmen.

(4)

Der Rat hat am 30. November 2000 ein gemeinsames Maßnahmenprogramm der Kommission und des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (3) angenommen. Nach dem Programm können Maßnahmen zur Harmonisierung der Kollisionsnormen dazu beitragen, die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen zu vereinfachen.

(5)

In dem vom Europäischen Rat am 5. November 2004 angenommenen Haager Programm (4) wurde dazu aufgerufen, die Beratungen über die Regelung der Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse („Rom II“) energisch voranzutreiben.

(6)

Um den Ausgang von Rechtsstreitigkeiten vorhersehbarer zu machen und die Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht sowie den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen zu fördern, müssen die in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts unabhängig von dem Staat, in dem sich das Gericht befindet, bei dem der Anspruch geltend gemacht wird, dieselben Verweisungen zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts vorsehen.

(7)

Der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung sollten mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (5) (Brüssel I) und den Instrumenten, die das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht zum Gegenstand haben, in Einklang stehen.

(8)

Diese Verordnung ist unabhängig von der Art des angerufenen Gerichts anwendbar.

(9)

Forderungen aufgrund von „acta iure imperii“ sollten sich auch auf Forderungen gegen im Namen des Staates handelnde Bedienstete und auf die Haftung für Handlungen öffentlicher Stellen erstrecken, einschließlich der Haftung amtlich ernannter öffentlicher Bediensteter. Sie sollten daher vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.

(10)

Familienverhältnisse sollten die Verwandtschaft in gerader Linie, die Ehe, die Schwägerschaft und die Verwandtschaft in der Seitenlinie umfassen. Die Bezugnahme in Artikel 1 Absatz 2 auf Verhältnisse, die mit der Ehe oder anderen Familienverhältnissen vergleichbare Wirkungen entfalten, sollte nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sich das angerufene Gericht befindet, ausgelegt werden.

(11)

Der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden definiert. Im Sinne dieser Verordnung sollte der Begriff des außervertraglichen Schuldverhältnisses daher als autonomer Begriff verstanden werden. Die in dieser Verordnung enthaltenen Regeln des Kollisionsrechts sollten auch für außervertragliche Schuldverhältnisse aus Gefährdungshaftung gelten.

(12)

Das anzuwendende Recht sollte auch für die Frage gelten, wer für eine unerlaubte Handlung haftbar gemacht werden kann.

(13)

Wettbewerbsverzerrungen im Verhältnis zwischen Wettbewerbern aus der Gemeinschaft sind vermeidbar, wenn einheitliche Bestimmungen unabhängig von dem durch sie bezeichneten Recht angewandt werden.

(14)

Das Erfordernis der Rechtssicherheit und die Notwendigkeit, in jedem Einzelfall Recht zu sprechen, sind wesentliche Anforderungen an einen Rechtsraum. Diese Verordnung bestimmt die Anknüpfungskriterien, die zur Erreichung dieser Ziele am besten geeignet sind. Deshalb sieht diese Verordnung neben einer allgemeinen Regel Sonderregeln und, in bestimmten Fällen, eine „Ausweichklausel“ vor, die ein Abweichen von diesen Regeln erlaubt, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat aufweist. Diese Gesamtregelung schafft einen flexiblen Rahmen kollisionsrechtlicher Regelungen. Sie ermöglicht es dem angerufenen Gericht gleichfalls, Einzelfälle in einer angemessenen Weise zu behandeln.

(15)

Zwar wird in nahezu allen Mitgliedstaaten bei außervertraglichen Schuldverhältnissen grundsätzlich von der lex loci delicti commissi ausgegangen, doch wird dieser Grundsatz in der Praxis unterschiedlich angewandt, wenn sich Sachverhaltselemente des Falles über mehrere Staaten erstrecken. Dies führt zu Unsicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht.

(16)

Einheitliche Bestimmungen sollten die Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen verbessern und einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Personen, deren Haftung geltend gemacht wird, und Geschädigten gewährleisten. Die Anknüpfung an den Staat, in dem der Schaden selbst eingetreten ist (lex loci damni), schafft einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, und der Person, die geschädigt wurde, und entspricht der modernen Konzeption der zivilrechtlichen Haftung und der Entwicklung der Gefährdungshaftung.

(17)

Das anzuwendende Recht sollte das Recht des Staates sein, in dem der Schaden eintritt, und zwar unabhängig von dem Staat oder den Staaten, in dem bzw. denen die indirekten Folgen auftreten könnten. Daher sollte auch bei Personen- oder Sachschäden als Staat, in dem der Schaden eintritt, der Staat gelten, in dem der Personen- oder Sachschaden tatsächlich eingetreten ist.

(18)

Als allgemeine Regel in dieser Verordnung sollte die „lex loci damni“ nach Artikel 4 Absatz 1 gelten. Artikel 4 Absatz 2 sollte als Ausnahme von dieser allgemeinen Regel verstanden werden; durch diese Ausnahme wird eine besondere Anknüpfung für Fälle geschaffen, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben. Artikel 4 Absatz 3 sollte als „Ausweichklausel“ zu Artikel 4 Absätze 1 und 2 betrachtet werden, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat aufweist.

(19)

Für besondere unerlaubte Handlungen, bei denen die allgemeine Kollisionsnorm nicht zu einem angemessenen Interessenausgleich führt, sollten besondere Bestimmungen vorgesehen werden.

(20)

Die Kollisionsnorm für die Produkthaftung sollte für eine gerechte Verteilung der Risiken einer modernen, hochtechnisierten Gesellschaft sorgen, die Gesundheit der Verbraucher schützen, Innovationsanreize geben, einen unverfälschten Wettbewerb gewährleisten und den Handel erleichtern. Die Schaffung einer Anknüpfungsleiter stellt, zusammen mit einer Vorhersehbarkeitsklausel, im Hinblick auf diese Ziele eine ausgewogene Lösung dar. Als erstes Element ist das Recht des Staates zu berücksichtigen, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in den Verkehr gebracht wurde. Die weiteren Elemente der Anknüpfungsleiter kommen zur Anwendung, wenn das Produkt nicht in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, unbeschadet von Artikel 4 Absatz 2 und der Möglichkeit einer offensichtlich engeren Verbindung mit einem anderen Staat.

(21)

Die Sonderregel nach Artikel 6 stellt keine Ausnahme von der allgemeinen Regel nach Artikel 4 Absatz 1 dar, sondern vielmehr eine Präzisierung derselben. Im Bereich des unlauteren Wettbewerbs sollte die Kollisionsnorm die Wettbewerber, die Verbraucher und die Öffentlichkeit schützen und das reibungslose Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellen. Durch eine Anknüpfung an das Recht des Staates, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder beeinträchtigt zu werden drohen, können diese Ziele im Allgemeinen erreicht werden.

(22)

Außervertragliche Schuldverhältnisse, die aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten nach Artikel 6 Absatz 3 entstanden sind, sollten sich auf Verstöße sowohl gegen nationale als auch gegen gemeinschaftliche Wettbewerbsvorschriften erstrecken. Auf solche außervertraglichen Schuldverhältnisse sollte das Recht des Staates anzuwenden sein, in dessen Gebiet sich die Einschränkung auswirkt oder auszuwirken droht. Wird der Markt in mehr als einem Staat beeinträchtigt oder wahrscheinlich beeinträchtigt, so sollte der Geschädigte seinen Anspruch unter bestimmten Umständen auf das Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts stützen können.

(23)

Für die Zwecke dieser Verordnung sollte der Begriff der Einschränkung des Wettbewerbs Verbote von Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes bezwecken oder bewirken, sowie das Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung in einem Mitgliedstaat oder innerhalb des Binnenmarktes erfassen, sofern solche Vereinbarungen, Beschlüsse, abgestimmte Verhaltensweisen oder Missbräuche nach den Artikeln 81 und 82 des Vertrags oder dem Recht eines Mitgliedstaats verboten sind.

(24)

„Umweltschaden“ sollte eine nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource, wie Wasser, Boden oder Luft, eine Beeinträchtigung einer Funktion, die eine natürliche Ressource zum Nutzen einer anderen natürlichen Ressource oder der Öffentlichkeit erfüllt, oder eine Beeinträchtigung der Variabilität unter lebenden Organismen umfassen.

(25)

Im Falle von Umweltschäden rechtfertigt Artikel 174 des Vertrags, wonach ein hohes Schutzniveau erreicht werden sollte, und der auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen vorrangig an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip beruht, in vollem Umfang die Anwendung des Grundsatzes der Begünstigung des Geschädigten. Die Frage, wann der Geschädigte die Wahl des anzuwendenden Rechts zu treffen hat, sollte nach dem Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts entschieden werden.

(26)

Bei einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums gilt es, den allgemein anerkannten Grundsatz der lex loci protectionis zu wahren. Im Sinne dieser Verordnung sollte der Ausdruck „Rechte des geistigen Eigentums“ dahin interpretiert werden, dass er beispielsweise Urheberrechte, verwandte Schutzrechte, das Schutzrecht sui generis für Datenbanken und gewerbliche Schutzrechte umfasst.

(27)

Die exakte Definition des Begriffs „Arbeitskampfmaßnahmen“, beispielsweise Streikaktionen oder Aussperrung, ist von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat verschieden und unterliegt den innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten. Daher wird in dieser Verordnung grundsätzlich davon ausgegangen, dass das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem die Arbeitskampfmaßnahmen ergriffen wurden, mit dem Ziel, die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber zu schützen.

(28)

Die Sonderbestimmung für Arbeitskampfmaßnahmen nach Artikel 9 lässt die Bedingungen für die Durchführung solcher Maßnahmen nach nationalem Recht und die im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehene Rechtsstellung der Gewerkschaften oder der repräsentativen Arbeitnehmerorganisationen unberührt.

(29)

Für Schäden, die aufgrund einer anderen Handlung als aus unerlaubter Handlung, wie ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen, entstanden sind, sollten Sonderbestimmungen vorgesehen werden.

(30)

Der Begriff des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ist für die Zwecke dieser Verordnung als autonomer Begriff zu verstehen und sollte daher nicht zwangsläufig im Sinne des nationalen Rechts ausgelegt werden. Er sollte die Verletzung der Offenlegungspflicht und den Abbruch von Vertragsverhandlungen einschließen. Artikel 12 gilt nur für außervertragliche Schuldverhältnisse, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags stehen. So sollten in den Fällen, in denen einer Person während der Vertragsverhandlungen ein Personenschaden zugefügt wird, Artikel 4 oder andere einschlägige Bestimmungen dieser Verordnung zur Anwendung gelangen.

(31)

Um den Grundsatz der Parteiautonomie zu achten und die Rechtssicherheit zu verbessern, sollten die Parteien das auf ein außervertragliches Schuldverhältnis anzuwendende Recht wählen können. Die Rechtswahl sollte ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben. Bei der Prüfung, ob eine solche Rechtswahl vorliegt, hat das Gericht den Willen der Parteien zu achten. Die Möglichkeit der Rechtswahl sollte zum Schutz der schwächeren Partei mit bestimmten Bedingungen versehen werden.

(32)

Gründe des öffentlichen Interesses rechtfertigen es, dass die Gerichte der Mitgliedstaaten unter außergewöhnlichen Umständen die Vorbehaltsklausel (ordre public) und Eingriffsnormen anwenden können. Insbesondere kann die Anwendung einer Norm des nach dieser Verordnung bezeichneten Rechts, die zur Folge haben würde, dass ein unangemessener, über den Ausgleich des entstandenen Schadens hinausgehender Schadensersatz mit abschreckender Wirkung oder Strafschadensersatz zugesprochen werden könnte, je nach der Rechtsordnung des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts als mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) dieses Staates unvereinbar angesehen werden.

(33)

Gemäß den geltenden nationalen Bestimmungen über den Schadensersatz für Opfer von Straßenverkehrsunfällen sollte das befasste Gericht bei der Schadensberechnung für Personenschäden in Fällen, in denen sich der Unfall in einem anderem Staat als dem des gewöhnlichen Aufenthalts des Opfers ereignet, alle relevanten tatsächlichen Umstände des jeweiligen Opfers berücksichtigen, insbesondere einschließlich tatsächlicher Verluste und Kosten für Nachsorge und medizinische Versorgung.

(34)

Zur Wahrung eines angemessenen Interessenausgleichs zwischen den Parteien müssen, soweit dies angemessen ist, die Sicherheits- und Verhaltensregeln des Staates, in dem die schädigende Handlung begangen wurde, selbst dann beachtet werden, wenn auf das außervertragliche Schuldverhältnis das Recht eines anderen Staates anzuwenden ist. Der Begriff „Sicherheits- und Verhaltensregeln“ ist in dem Sinne auszulegen, dass er sich auf alle Vorschriften bezieht, die in Zusammenhang mit Sicherheit und Verhalten stehen, einschließlich beispielsweise der Straßenverkehrssicherheit im Falle eines Unfalls.

(35)

Die Aufteilung der Kollisionsnormen auf zahlreiche Rechtsakte sowie Unterschiede zwischen diesen Normen sollten vermieden werden. Diese Verordnung schließt jedoch die Möglichkeit der Aufnahme von Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse in Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in Bezug auf besondere Gegenstände nicht aus.

Diese Verordnung sollte die Anwendung anderer Rechtsakte nicht ausschließen, die Bestimmungen enthalten, die zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts beitragen sollen, soweit sie nicht in Verbindung mit dem Recht angewendet werden können, auf das die Regeln dieser Verordnung verweisen. Die Anwendung der Vorschriften im anzuwendenden Recht, die durch die Bestimmungen dieser Verordnung berufen wurden, sollte nicht die Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, wie sie in den Rechtsinstrumenten der Gemeinschaft wie der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (6) ausgestaltet ist, beschränken.

(36)

Um die internationalen Verpflichtungen, die die Mitgliedstaaten eingegangen sind, zu wahren, darf sich die Verordnung nicht auf internationale Übereinkommen auswirken, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören. Um den Zugang zu den Rechtsakten zu erleichtern, sollte die Kommission anhand der Angaben der Mitgliedstaaten ein Verzeichnis der betreffenden Übereinkommen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichen.

(37)

Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Vorschlag unterbreiten, nach welchen Verfahren und unter welchen Bedingungen die Mitgliedstaaten in Einzel– und Ausnahmefällen in eigenem Namen Übereinkünfte mit Drittländern über sektorspezifische Fragen aushandeln und abschließen dürfen, die Bestimmungen über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht enthalten.

(38)

Da das Ziel dieser Verordnung auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Verordnung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem ebenfalls in diesem Artikel festgelegten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(39)

Gemäß Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands im Anhang zum Vertrag über die Europäische Union und im Anhang zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung.

(40)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für außervertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Sie gilt insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten oder die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“).

(2)   Vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sind

a)

außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem Familienverhältnis oder aus Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht vergleichbare Wirkungen entfalten, einschließlich der Unterhaltspflichten;

b)

außervertragliche Schuldverhältnisse aus ehelichen Güterständen, aus Güterständen aufgrund von Verhältnissen, die nach dem auf diese Verhältnisse anzuwendenden Recht mit der Ehe vergleichbare Wirkungen entfalten, und aus Testamenten und Erbrecht;

c)

außervertragliche Schuldverhältnisse aus Wechseln, Schecks, Eigenwechseln und anderen handelbaren Wertpapieren, sofern die Verpflichtungen aus diesen anderen Wertpapieren aus deren Handelbarkeit entstehen;

d)

außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus dem Gesellschaftsrecht, dem Vereinsrecht und dem Recht der juristischen Personen ergeben, wie die Errichtung durch Eintragung oder auf andere Weise, die Rechts- und Handlungsfähigkeit, die innere Verfassung und die Auflösung von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen, die persönliche Haftung der Gesellschafter und der Organe für die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft, eines Vereins oder einer juristischen Person sowie die persönliche Haftung der Rechnungsprüfer gegenüber einer Gesellschaft oder ihren Gesellschaftern bei der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen;

e)

außervertragliche Schuldverhältnisse aus den Beziehungen zwischen den Verfügenden, den Treuhändern und den Begünstigten eines durch Rechtsgeschäft errichteten „Trusts“;

f)

außervertragliche Schuldverhältnisse, die sich aus Schäden durch Kernenergie ergeben;

g)

außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verleumdung.

(3)   Diese Verordnung gilt unbeschadet der Artikel 21 und 22 nicht für den Beweis und das Verfahren.

(4)   Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff „Mitgliedstaat“ jeden Mitgliedstaat mit Ausnahme Dänemarks.

Artikel 2

Außervertragliche Schuldverhältnisse

(1)   Im Sinne dieser Verordnung umfasst der Begriff des Schadens sämtliche Folgen einer unerlaubten Handlung, einer ungerechtfertigten Bereicherung, einer Geschäftsführung ohne Auftrag („Negotiorum gestio“) oder eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen („Culpa in contrahendo“).

(2)   Diese Verordnung gilt auch für außervertragliche Schuldverhältnisse, deren Entstehen wahrscheinlich ist.

(3)   Sämtliche Bezugnahmen in dieser Verordnung auf

a)

ein schadensbegründendes Ereignis gelten auch für schadensbegründende Ereignisse, deren Eintritt wahrscheinlich ist, und

b)

einen Schaden gelten auch für Schäden, deren Eintritt wahrscheinlich ist.

Artikel 3

Universelle Anwendung

Das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht ist auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedstaats ist.

KAPITEL II

UNERLAUBTE HANDLUNGEN

Artikel 4

Allgemeine Kollisionsnorm

(1)   Soweit in dieser Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind.

(2)   Haben jedoch die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, und die Person, die geschädigt wurde, zum Zeitpunkt des Schadenseintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so unterliegt die unerlaubte Handlung dem Recht dieses Staates.

(3)   Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einem Vertrag — ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.

Artikel 5

Produkthaftung

(1)   Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis im Falle eines Schadens durch ein Produkt folgendes Recht anzuwenden:

a)

das Recht des Staates, in dem die geschädigte Person beim Eintritt des Schadens ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls

b)

das Recht des Staates, in dem das Produkt erworben wurde, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde, oder anderenfalls

c)

das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, falls das Produkt in diesem Staat in Verkehr gebracht wurde.

Jedoch ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Person, deren Haftung geltend gemacht wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn sie das Inverkehrbringen des Produkts oder eines gleichartigen Produkts in dem Staat, dessen Recht nach den Buchstaben a, b oder c anzuwenden ist, vernünftigerweise nicht voraussehen konnte.

(2)   Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass die unerlaubte Handlung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in Absatz 1 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen Staat könnte sich insbesondere aus einem bereits bestehenden Rechtsverhältnis zwischen den Parteien — wie einem Vertrag — ergeben, das mit der betreffenden unerlaubten Handlung in enger Verbindung steht.

Artikel 6

Unlauterer Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendes Verhalten

(1)   Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.

(2)   Beeinträchtigt ein unlauteres Wettbewerbsverhalten ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, ist Artikel 4 anwendbar.

(3)

a)

Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird.

b)

Wird der Markt in mehr als einem Staat beeinträchtigt oder wahrscheinlich beeinträchtigt, so kann ein Geschädigter, der vor einem Gericht im Mitgliedstaat des Wohnsitzes des Beklagten klagt, seinen Anspruch auf das Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts stützen, sofern der Markt in diesem Mitgliedstaat zu den Märkten gehört, die unmittelbar und wesentlich durch das den Wettbewerb einschränkende Verhalten beeinträchtigt sind, das das außervertragliche Schuldverhältnis begründet, auf welches sich der Anspruch stützt; klagt der Kläger gemäß den geltenden Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit vor diesem Gericht gegen mehr als einen Beklagten, so kann er seinen Anspruch nur dann auf das Recht dieses Gerichts stützen, wenn das den Wettbewerb einschränkende Verhalten, auf das sich der Anspruch gegen jeden dieser Beklagten stützt, auch den Markt im Mitgliedstaat dieses Gerichts unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt.

(4)   Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung gemäß Artikel 14 abgewichen werden.

Artikel 7

Umweltschädigung

Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Umweltschädigung oder einem aus einer solchen Schädigung herrührenden Personen- oder Sachschaden ist das nach Artikel 4 Absatz 1 geltende Recht anzuwenden, es sei denn, der Geschädigte hat sich dazu entschieden, seinen Anspruch auf das Recht des Staates zu stützen, in dem das schadensbegründende Ereignis eingetreten ist.

Artikel 8

Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums

(1)   Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.

(2)   Bei außervertraglichen Schuldverhältnissen aus einer Verletzung von gemeinschaftsweit einheitlichen Rechten des geistigen Eigentums ist auf Fragen, die nicht unter den einschlägigen Rechtsakt der Gemeinschaft fallen, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Verletzung begangen wurde.

(3)   Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung nach Artikel 14 abgewichen werden.

Artikel 9

Arbeitskampfmaßnahmen

Unbeschadet des Artikels 4 Absatz 2 ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse in Bezug auf die Haftung einer Person in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber oder der Organisationen, die deren berufliche Interessen vertreten, für Schäden, die aus bevorstehenden oder durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen entstanden sind, das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Arbeitskampfmaßnahme erfolgen soll oder erfolgt ist.

KAPITEL III

UNGERECHTFERTIGTE BEREICHERUNG, GESCHÄFTSFÜHRUNG OHNE AUFTRAG UND VERSCHULDEN BEI VERTRAGSVERHANDLUNGEN

Artikel 10

Ungerechtfertigte Bereicherung

(1)   Knüpft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung, einschließlich von Zahlungen auf eine nicht bestehende Schuld, an ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis — wie einen Vertrag oder eine unerlaubte Handlung — an, das eine enge Verbindung mit dieser ungerechtfertigten Bereicherung aufweist, so ist das Recht anzuwenden, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt.

(2)   Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden und haben die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses, das die ungerechtfertigte Bereicherung zur Folge hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden.

(3)   Kann das anzuwendende Recht nicht nach den Absätzen 1 oder 2 bestimmt werden, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die ungerechtfertigte Bereicherung eingetreten ist.

(4)   Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus ungerechtfertigter Bereicherung eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

Artikel 11

Geschäftsführung ohne Auftrag

(1)   Knüpft ein außervertragliches Schuldverhältnis aus Geschäftsführung ohne Auftrag an ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis — wie einen Vertrag oder eine unerlaubte Handlung — an, das eine enge Verbindung mit dieser Geschäftsführung ohne Auftrag aufweist, so ist das Recht anzuwenden, dem dieses Rechtsverhältnis unterliegt.

(2)   Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden und haben die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat, so ist das Recht dieses Staates anzuwenden.

(3)   Kann das anzuwendende Recht nicht nach den Absätzen 1 oder 2 bestimmt werden, so ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem die Geschäftsführung erfolgt ist.

(4)   Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus Geschäftsführung ohne Auftrag eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Absätzen 1, 2 und 3 bezeichneten Staat aufweist, so ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden.

Artikel 12

Verschulden bei Vertragsverhandlungen

(1)   Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags, unabhängig davon, ob der Vertrag tatsächlich geschlossen wurde oder nicht, ist das Recht anzuwenden, das auf den Vertrag anzuwenden ist oder anzuwenden gewesen wäre, wenn er geschlossen worden wäre.

(2)   Kann das anzuwendende Recht nicht nach Absatz 1 bestimmt werden, so ist das anzuwendende Recht

a)

das Recht des Staates, in dem der Schaden eingetreten ist, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind, oder,

b)

wenn die Parteien zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, das Recht dieses Staates, oder,

c)

wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass das außervertragliche Schuldverhältnis aus Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrags eine offensichtlich engere Verbindung mit einem anderen als dem in den Buchstaben a oder b bezeichneten Staat aufweist, das Recht dieses anderen Staates.

Artikel 13

Anwendbarkeit des Artikels 8

Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ist für die Zwecke dieses Kapitels Artikel 8 anzuwenden.

KAPITEL IV

FREIE RECHTSWAHL

Artikel 14

Freie Rechtswahl

(1)   Die Parteien können das Recht wählen, dem das außervertragliche Schuldverhältnis unterliegen soll:

a)

durch eine Vereinbarung nach Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses;

oder

b)

wenn alle Parteien einer kommerziellen Tätigkeit nachgehen, auch durch eine vor Eintritt des schadensbegründenden Ereignisses frei ausgehandelte Vereinbarung.

Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Umständen des Falles ergeben und lässt Rechte Dritter unberührt.

(2)   Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem anderen als demjenigen Staat belegen, dessen Recht gewählt wurde, so berührt die Rechtswahl der Parteien nicht die Anwendung derjenigen Bestimmungen des Rechts dieses anderen Staates, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.

(3)   Sind alle Elemente des Sachverhalts zum Zeitpunkt des Eintritts des schadensbegründenden Ereignisses in einem oder mehreren Mitgliedstaaten belegen, so berührt die Wahl des Rechts eines Drittstaats durch die Parteien nicht die Anwendung — gegebenenfalls in der von dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts umgesetzten Form — der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts, von denen nicht durch Vereinbarung abgewichen werden kann.

KAPITEL V

GEMEINSAME VORSCHRIFTEN

Artikel 15

Geltungsbereich des anzuwendenden Rechts

Das nach dieser Verordnung auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ist insbesondere maßgebend für

a)

den Grund und den Umfang der Haftung einschließlich der Bestimmung der Personen, die für ihre Handlungen haftbar gemacht werden können;

b)

die Haftungsausschlussgründe sowie jede Beschränkung oder Teilung der Haftung;

c)

das Vorliegen, die Art und die Bemessung des Schadens oder der geforderten Wiedergutmachung;

d)

die Maßnahmen, die ein Gericht innerhalb der Grenzen seiner verfahrensrechtlichen Befugnisse zur Vorbeugung, zur Beendigung oder zum Ersatz des Schadens anordnen kann;

e)

die Übertragbarkeit, einschließlich der Vererbbarkeit, des Anspruchs auf Schadenersatz oder Wiedergutmachung;

f)

die Personen, die Anspruch auf Ersatz eines persönlich erlittenen Schadens haben;

g)

die Haftung für die von einem anderen begangenen Handlungen;

h)

die Bedingungen für das Erlöschen von Verpflichtungen und die Vorschriften über die Verjährung und die Rechtsverluste, einschließlich der Vorschriften über den Beginn, die Unterbrechung und die Hemmung der Verjährungsfristen und der Fristen für den Rechtsverlust.

Artikel 16

Eingriffsnormen

Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der nach dem Recht des Staates des angerufenen Gerichts geltenden Vorschriften, die ohne Rücksicht auf das für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht den Sachverhalt zwingend regeln.

Artikel 17

Sicherheits- und Verhaltensregeln

Bei der Beurteilung des Verhaltens der Person, deren Haftung geltend gemacht wird, sind faktisch und soweit angemessen die Sicherheits- und Verhaltensregeln zu berücksichtigen, die an dem Ort und zu dem Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses in Kraft sind.

Artikel 18

Direktklage gegen den Versicherer des Haftenden

Der Geschädigte kann seinen Anspruch direkt gegen den Versicherer des Haftenden geltend machen, wenn dies nach dem auf das außervertragliche Schuldverhältnis oder nach dem auf den Versicherungsvertrag anzuwendenden Recht vorgesehen ist.

Artikel 19

Gesetzlicher Forderungsübergang

Hat eine Person („der Gläubiger“) aufgrund eines außervertraglichen Schuldverhältnisses eine Forderung gegen eine andere Person („den Schuldner“) und hat ein Dritter die Verpflichtung, den Gläubiger zu befriedigen, oder befriedigt er den Gläubiger aufgrund dieser Verpflichtung, so bestimmt das für die Verpflichtung des Dritten gegenüber dem Gläubiger maßgebende Recht, ob und in welchem Umfang der Dritte die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner nach dem für deren Beziehungen maßgebenden Recht geltend zu machen berechtigt ist.

Artikel 20

Mehrfache Haftung

Hat ein Gläubiger eine Forderung gegen mehrere für dieselbe Forderung haftende Schuldner und ist er von einem der Schuldner vollständig oder teilweise befriedigt worden, so bestimmt sich der Anspruch dieses Schuldners auf Ausgleich durch die anderen Schuldner nach dem Recht, das auf die Verpflichtung dieses Schuldners gegenüber dem Gläubiger aus dem außervertraglichen Schuldverhältnis anzuwenden ist.

Artikel 21

Form

Eine einseitige Rechtshandlung, die ein außervertragliches Schuldverhältnis betrifft, ist formgültig, wenn sie die Formerfordernisse des für das betreffende außervertragliche Schuldverhältnis maßgebenden Rechts oder des Rechts des Staates, in dem sie vorgenommen wurde, erfüllt.

Artikel 22

Beweis

(1)   Das nach dieser Verordnung für das außervertragliche Schuldverhältnis maßgebende Recht ist insoweit anzuwenden, als es für außervertragliche Schuldverhältnisse gesetzliche Vermutungen aufstellt oder die Beweislast verteilt.

(2)   Zum Beweis einer Rechtshandlung sind alle Beweisarten des Rechts des angerufenen Gerichts oder eines der in Artikel 21 bezeichneten Rechte, nach denen die Rechtshandlung formgültig ist, zulässig, sofern der Beweis in dieser Art vor dem angerufenen Gericht erbracht werden kann.

KAPITEL VI

SONSTIGE VORSCHRIFTEN

Artikel 23

Gewöhnlicher Aufenthalt

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung ist der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts von Gesellschaften, Vereinen und juristischen Personen der Ort ihrer Hauptverwaltung.

Wenn jedoch das schadensbegründende Ereignis oder der Schaden aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung herrührt, steht dem Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der Ort gleich, an dem sich diese Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung befindet.

(2)   Im Sinne dieser Verordnung ist der gewöhnliche Aufenthalt einer natürlichen Person, die im Rahmen der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit handelt, der Ort ihrer Hauptniederlassung.

Artikel 24

Ausschluss der Rück- und Weiterverweisung

Unter dem nach dieser Verordnung anzuwendenden Recht eines Staates sind die in diesem Staat geltenden Rechtsnormen unter Ausschluss derjenigen des Internationalen Privatrechts zu verstehen.

Artikel 25

Staaten ohne einheitliche Rechtsordnung

(1)   Umfasst ein Staat mehrere Gebietseinheiten, von denen jede für außervertragliche Schuldverhältnisse ihre eigenen Rechtsnormen hat, so gilt für die Bestimmung des nach dieser Verordnung anzuwendenden Rechts jede Gebietseinheit als Staat.

(2)   Ein Mitgliedstaat, in dem verschiedene Gebietseinheiten ihre eigenen Rechtsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse haben, ist nicht verpflichtet, diese Verordnung auf Kollisionen zwischen den Rechtsordnungen dieser Gebietseinheiten anzuwenden.

Artikel 26

Öffentliche Ordnung im Staat des angerufenen Gerichts

Die Anwendung einer Vorschrift des nach dieser Verordnung bezeichneten Rechts kann nur versagt werden, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung („ordre public“) des Staates des angerufenen Gerichts offensichtlich unvereinbar ist.

Artikel 27

Verhältnis zu anderen Gemeinschaftsrechtsakten

Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung von Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die für besondere Gegenstände Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten.

Artikel 28

Verhältnis zu bestehenden internationalen Übereinkommen

(1)   Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung der internationalen Übereinkommen, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören und die Kollisionsnormen für außervertragliche Schuldverhältnisse enthalten.

(2)   Diese Verordnung hat jedoch in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten Vorrang vor den ausschließlich zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkommen, soweit diese Bereiche betreffen, die in dieser Verordnung geregelt sind.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 29

Verzeichnis der Übereinkommen

(1)   Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission spätestens 11. Juli 2008 die Übereinkommen gemäß Artikel 28 Absatz 1. Kündigen die Mitgliedstaaten nach diesem Stichtag eines dieser Übereinkommen, so setzen sie die Kommission davon in Kenntnis.

(2)   Die Kommission veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union innerhalb von sechs Monaten nach deren Erhalt

i)

ein Verzeichnis der in Absatz 1 genannten Übereinkommen;

ii)

die in Absatz 1 genannten Kündigungen.

Artikel 30

Überprüfungsklausel

(1)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis spätestens 20. August 2011 einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt. Der Bericht umfasst:

i)

eine Untersuchung über Auswirkungen der Art und Weise, in der mit ausländischem Recht in den verschiedenen Rechtsordnungen umgegangen wird, und darüber, inwieweit die Gerichte in den Mitgliedstaaten ausländisches Recht aufgrund dieser Verordnung in der Praxis anwenden;

ii)

eine Untersuchung der Auswirkungen von Artikel 28 der vorliegenden Verordnung im Hinblick auf das Haager Übereinkommen vom 4. Mai 1971 über das auf Verkehrsunfälle anzuwendende Recht.

(2)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss bis spätestens 31. Dezember 2008 eine Untersuchung zum Bereich des auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte anzuwendenden Rechts vor, wobei die Regeln über die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit in den Medien sowie die kollisionsrechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (7) zu berücksichtigen sind.

Artikel 31

Zeitliche Anwendbarkeit

Diese Verordnung wird auf schadensbegründende Ereignisse angewandt, die nach ihrem Inkrafttreten eintreten.

Artikel 32

Zeitpunkt des Beginns der Anwendung

Diese Verordnung gilt ab dem 11. Januar 2009, mit Ausnahme des Artikels 29, der ab dem 11. Juli 2008 gilt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 11. Juli 2007.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LOBO ANTUNES


(1)  ABl. C 241 vom 28.9.2004, S. 1.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 6. Juli 2005 (ABl. C 157 E vom 6.7.2006, S. 371), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 25. September 2006 (ABl. C 289 E vom 28.11.2006, S. 68) und Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. Januar 2007 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Juli 2007 und Beschluss des Rates vom 28. Juni 2007.

(3)  ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.

(4)  ABl. C 53 vom 3.3.2005, S. 1.

(5)  ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

(6)  ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1.

(7)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.


Erklärung der Kommission zur überprüfungsklausel (artikel 30)

Die Kommission wird auf entsprechende Aufforderung durch das Europäische Parlament und den Rat im Rahmen von Artikel 30 der Verordnung Rom II hin, bis spätestens Dezember 2008 eine Untersuchung zu dem auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte anwendbaren Recht vorlegen. Die Kommission wird allen Aspekten Rechnung tragen und erforderlichenfalls geeignete Maßnahmen ergreifen.