ISSN 1725-2539

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 88

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

49. Jahrgang
25. März 2006


Inhalt

 

I   Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte

Seite

 

*

Verordnung (EG) Nr. 486/2006 des Rates vom 20. März 2006 zur Durchführung des Übereinkommens über die Zollfreiheit für integrierte Multichip-Schaltungen (MCP) durch Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif

1

 

 

Verordnung (EG) Nr. 487/2006 der Kommission vom 24. März 2006 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

3

 

*

Verordnung (EG) Nr. 488/2006 der Kommission vom 24. März 2006 zur Festsetzung der Wechselkurse für Beträge mit struktur- oder umweltpolitischer Zielsetzung für das Jahr 2006

5

 

*

Verordnung (EG) Nr. 489/2006 der Kommission vom 24. März 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 hinsichtlich der Faserhanfsorten, die für Direktzahlungen in Betracht kommen

7

 

*

Richtlinie 2006/35/EG der Kommission vom 24. März 2006 zur Änderung der Anhänge I bis IV der Richtlinie 2000/29/EG des Rates über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse

9

 

*

Richtlinie 2006/36/EG der Kommission vom 24. März 2006 zur Änderung der Richtlinie 2001/32/EG zur Anerkennung pflanzengesundheitlich besonders gefährdeter Schutzgebiete innerhalb der Gemeinschaft und zur Aufhebung der Richtlinie 92/76/EWG

13

 

 

II   Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte

 

 

Kommission

 

*

Entscheidung der Kommission vom 13. Mai 2003 über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Kahla Porzellan GmbH und der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 1520)  ( 1 )

16

 

*

Entscheidung der Kommission vom 16. November 2004 über eine Beihilferegelung Deutschlands zugunsten von Kornbranntweinbrennereien (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004)3953)  ( 1 )

50

 

*

Entscheidung der Kommission vom 24. März 2006 über Schutzmaßnahmen gegenüber bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, mit Ursprung in Madagaskar (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 888)  ( 1 )

63

 

 

In Anwendung von Titel V des Vertrags über die Europäische Union erlassene Rechtsakte

 

*

Gemeinsamer Standpunkt 2006/242/GASP des Rates vom 20. März 2006 zur Konferenz 2006 zur Überprüfung des Übereinkommens über das Verbot von biologischen Waffen und Toxinwaffen (BWÜ)

65

 

*

Gemeinsame Aktion 2006/243/GASP des Rates vom 20. März 2006 zur Unterstützung der Tätigkeiten der Vorbereitungskommission der Organisation des Vertrags für das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) im Bereich Ausbildung und Kapazitätsaufbau für die Verifikation und im Rahmen der Umsetzung der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

68

 

*

Gemeinsamer Standpunkt 2006/244/GASP des Rates vom 20. März 2006 betreffend die Beteiligung der Europäischen Union an der Organisation für die Entwicklung der Energiewirtschaft auf der koreanischen Halbinsel (KEDO)

73

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte

25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 486/2006 DES RATES

vom 20. März 2006

zur Durchführung des Übereinkommens über die Zollfreiheit für integrierte Multichip-Schaltungen (MCP) durch Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 133,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates (1) wurden eine Nomenklatur für Waren (nachstehend „Kombinierte Nomenklatur“ genannt) und die vertragsmäßigen Zollsätze des Gemeinsamen Zolltarifs festgelegt.

(2)

Mit dem Beschluss 2005/964/EG (2) schloss der Rat im Namen der Europäischen Gemeinschaft das Übereinkommen über die Zollfreiheit für integrierte Multichip-Schaltungen (nachstehend „MCP-Übereinkommen“ genannt).

(3)

Diesem Übereinkommen zufolge sind die für MCP geltenden Zölle und anderen Abgaben auf Null zu senken.

(4)

Der Generalsekretär des Rates der Europäischen Union hat als vertragsgemäßer Depositar die Annahmeurkunden von vier Vertragsparteien erhalten. Diese vier Vertragsparteien haben in Übereinstimmung mit Nummer 7 Buchstabe a des Übereinkommens vereinbart, dass das Übereinkommen am 1. April 2006 in Kraft treten wird.

(5)

Das Übereinkommen sollte daher durch Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 durchgeführt werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates wird in Anhang I Teil 1 unter Titel II „Besondere Bestimmungen“ der Buchstabe G „Zollfreiheit für integrierte Multichip-Schaltungen (MCP)“ mit dem im Anhang zu dieser Verordnung enthaltenen Wortlaut eingefügt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. April 2006.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 20. März 2006

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

U. PLASSNIK


(1)  ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1989/2004 (ABl. L 344 vom 20.11.2004, S. 5).

(2)  ABl. L 349 vom 31.12.2005, S. 24.


ANHANG

„G.   Zollfreiheit für integrierte Multichip-Schaltungen (MCP)

1.

Für integrierte Multichip-Schaltungen (MCP), die aus zwei oder mehr auf praktisch untrennbare Weise miteinander verbundenen monolithischen integrierten Schaltungen bestehen und auch auf einem oder mehreren isolierenden Trägern, auch mit Leiterrahmen, jedoch mit keinen weiteren aktiven oder passiven Schaltelementen angebracht sein können, wird Zollfreiheit gewährt.

2.

Die Zollbefreiung gilt für die Waren der folgenden Zolltarifpositionen: 8418, 8422, 8450, 8466, 8473, 8517, 8518, 8522, 8523, 8525, 8528, 8529, 8530, 8531, 8535, 8536, 8537, 8538, 8543, 8548, 8708, 9009, 9026, 9031, 9504.

3.

Bei Anmeldung von MCP zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr bei den Zollbehörden des betreffenden Mitgliedstaates muss der Anmelder in Feld 44 des Einheitspapiers die Referenznummer C500 angeben.“


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/3


VERORDNUNG (EG) Nr. 487/2006 DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 3223/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Einfuhrregelung für Obst und Gemüse (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Verordnung (EG) Nr. 3223/94 für die in ihrem Anhang angeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt.

(2)

In Anwendung der genannten Kriterien sind die im Anhang zur vorliegenden Verordnung ausgewiesenen pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 3223/94 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind in der Tabelle im Anhang zur vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 25. März 2006 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

J. L. DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 337 vom 24.12.1994, S. 66. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 386/2005 (ABl. L 62 vom 9.3.2005, S. 3).


ANHANG

zur Verordnung der Kommission vom 24. März 2006 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der im Sektor Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrpreis

0702 00 00

052

97,9

204

52,9

212

102,0

624

101,8

999

88,7

0707 00 05

052

121,0

999

121,0

0709 10 00

624

103,6

999

103,6

0709 90 70

052

77,4

204

53,8

999

65,6

0805 10 20

052

40,8

204

43,0

212

54,3

220

43,9

624

59,3

999

48,3

0805 50 10

052

42,2

624

67,2

999

54,7

0808 10 80

388

76,6

400

127,9

404

92,9

508

82,7

512

76,3

524

62,5

528

79,9

720

80,0

999

84,9

0808 20 50

388

82,6

512

76,3

524

58,2

528

57,2

720

122,5

999

79,4


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EG) Nr. 750/2005 der Kommission (ABl. L 126 vom 19.5.2005, S. 12). Der Code „999“ steht für „Verschiedenes“.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/5


VERORDNUNG (EG) Nr. 488/2006 DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

zur Festsetzung der Wechselkurse für Beträge mit struktur- oder umweltpolitischer Zielsetzung für das Jahr 2006

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2799/98 des Rates vom 15. Dezember 1998 über die agromonetäre Regelung nach Einführung des Euro (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2808/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 mit Durchführungsvorschriften für die agromonetäre Regelung nach Einführung des Euro im Agrarsektor (2), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 3 zweiter Satz,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2808/98 ist der maßgebliche Tatbestand für den Wechselkurs für die Beträge mit struktur- und umweltpolitischen Zielsetzungen der 1. Januar des Jahres, in dem die Entscheidung über die Gewährung der Beihilfe getroffen wird.

(2)

Gemäß Artikel 4 Absatz 3 erster Satz der Verordnung (EG) Nr. 2808/98 entspricht der zu verwendende Wechselkurs dem pro rata temporis berechneten Durchschnitt der Wechselkurse, die in dem Monat anwendbar sind, der dem Zeitpunkt des maßgeblichen Tatbestands vorausgeht —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Für das Jahr 2006 ist der im Anhang aufgeführte Wechselkurs auf die Beträge mit struktur- oder umweltpolitischer Zielsetzung gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2808/98 anzuwenden.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 349 vom 24.12.1998, S. 1.

(2)  ABl. L 349 vom 24.12.1998, S. 36. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1044/2005 (ABl. L 172 vom 5.7.2005, S. 76).


ANHANG

Wechselkurs im Sinne von Artikel 1

(1 EUR = Durchschnitt 1. Dezember 2005—31. Dezember 2005)

0,573458

Zypern-Pfund

28,9712

tschechische Kronen

7,45403

dänische Kronen

15,6466

estnische Kronen

252,791

ungarische Forint

3,4528

litauische Litai

0,696729

lettische Lati

0,4293

maltesische Lire

3,85493

polnische Zloty

37,8743

slowakische Kronen

239,505

slowenische Tolar

9,43950

schwedische Kronen

0,679103

britische Pfund Sterling


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/7


VERORDNUNG (EG) Nr. 489/2006 DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 hinsichtlich der Faserhanfsorten, die für Direktzahlungen in Betracht kommen

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 2019/93, (EG) Nr. 1452/2001, (EG) Nr. 1453/2001, (EG) Nr. 1454/2001, (EG) Nr. 1868/94, (EG) Nr. 1251/1999, (EG) Nr. 1254/1999, (EG) Nr. 1673/2000, (EWG) Nr. 2358/71 und (EG) Nr. 2529/2001 (1), insbesondere auf Artikel 52 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe (2) enthält die Bestimmungen für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, u. a. im Hinblick auf die Bedingungen für die Prüfung des Tetrahydrocannabinol-Gehalts beim Hanfanbau.

(2)

Gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 haben die Mitgliedstaaten der Kommission die Ergebnisse der Tests zur Ermittlung des Tetrahydrocannabinol-Gehalts der im Jahr 2005 ausgesäten Hanfsorten übermittelt. Diese Ergebnisse sollten bei der Erstellung der Liste der Faserhanfsorten, die für Direktzahlungen in den kommenden Wirtschaftsjahren in Betracht kommen, sowie bei der Erstellung der Liste der für das Wirtschaftsjahr 2006/07 zugelassenen Faserhanfsorten berücksichtigt werden. Zur Überprüfung des Tetrahydrocannabinol-Gehalts sollten einige dieser Sorten dem Verfahren B gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 unterzogen werden.

(3)

Die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 ist daher entsprechend zu ändern.

(4)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Verwaltungsausschusses für Direktzahlungen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 wird durch den Text im Anhang der vorliegenden Verordnung ersetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem Wirtschaftsjahr 2006/07.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 270 vom 21.10.2003, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 319/2006 (ABl. L 58 vom 28.2.2006, S. 32).

(2)  ABl. L 141 vom 30.4.2004, S. 18. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 263/2006 (ABl. L 46 vom 16.2.2006, S. 24).


ANHANG

„ANHANG II

FÜR DIREKTZAHLUNGEN IN BETRACHT KOMMENDE FASERHANFSORTEN

a)

Faserhanfsorten

 

Beniko

 

Carmagnola

 

CS

 

Delta-Llosa

 

Delta 405

 

Dioica 88

 

Epsilon 68

 

Fedora 17

 

Felina 32

 

Felina 34 — Félina 34

 

Ferimon — Férimon

 

Fibranova

 

Fibrimon 24

 

Futura 75

 

Juso 14

 

Red Petiole

 

Santhica 23

 

Santhica 27

 

Tiborszállási

 

Uso-31

b)

Für das Wirtschaftsjahr 2006/07 zugelassene Faserhanfsorten

 

Białobrzeskie

 

Chamaeleon (1)

 

Cannakomp

 

Fasamo

 

Fibriko TC

 

Finola (1)

 

Kompolti hibrid TC

 

Kompolti

 

Lipko

 

Silesia (2)

 

UNIKO-B


(1)  Für das Wirtschaftsjahr 2006/07 gilt das Verfahren B von Anhang I.

(2)  Nur in Polen, zugelassen gemäß der Entscheidung 2004/297/EG der Kommission (ABl. L 97 vom 1.4.2004, S. 66).“


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/9


RICHTLINIE 2006/35/EG DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

zur Änderung der Anhänge I bis IV der Richtlinie 2000/29/EG des Rates über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse (1), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe c,

nach Anhörung der betreffenden Mitgliedstaaten,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2000/29/EG enthält Maßnahmen zum Schutz der Mitgliedstaaten gegen die Einschleppung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten oder Drittländern. Sie sieht auch vor, dass bestimmte Gebiete als Schutzgebiete anerkannt werden.

(2)

Aus Informationen Portugals geht hervor, dass Bemisia tabaci Genn. (europäische Populationen) nun in der Region Alentejo und in mehreren Gemeinden der Region Ribatejo e Oeste vorkommt. Diese Teile des portugiesischen Hoheitsgebiets sollten daher nicht mehr als Schutzgebiet im Hinblick auf diesen Schadorganismus anerkannt werden.

(3)

Aus Informationen Sloweniens geht hervor, dass Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. nun in den Regionen Gorenjska und Maribor vorkommt. Diese Regionen sollten daher nicht mehr als Schutzgebiet im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. anerkannt werden.

(4)

Aus Informationen der Slowakei geht hervor, dass Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. nun in bestimmten Gemeinden der Bezirke Dunajská Streda, Levice, Topoľčany, Poltár, Rožňava und Trebišov vorkommt. Diese Gemeinden sollten daher nicht mehr als Schutzgebiet im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. anerkannt werden.

(5)

Italien hat Angaben übermittelt, die belegen, dass Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. nun in mehreren Teilen seines Hoheitsgebiets vorkommt. Diese Teile des italienischen Hoheitsgebiets sollten daher nicht mehr als Schutzgebiet im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. anerkannt werden.

(6)

Litauen hat Angaben übermittelt, die belegen, dass Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV) nun in seinem Hoheitsgebiet vorkommt. Litauen sollte daher nicht mehr als Schutzgebiet hinsichtlich des Beet necrotic yellow vein virus (BNYVV) anerkannt werden.

(7)

Die betreffenden Anhänge der Richtlinie 2000/29/EG sind daher entsprechend zu ändern.

(8)

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Anhänge I bis IV der Richtlinie 2000/29/EG werden entsprechend dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis spätestens 30. April 2006 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Entsprechungstabelle dieser Rechtsvorschriften und der vorliegenden Richtlinie bei.

Sie wenden diese Vorschriften ab 1. Mai 2006 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 169 vom 10.7.2000, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/14/EG der Kommission (ABl. L 34 vom 7.2.2006, S. 24).


ANHANG

Die Anhänge I bis IV der Richtlinie 2000/29/EG werden wie folgt geändert:

1.

Anhang I Teil B wird wie folgt geändert:

a)

Unter Buchstabe a Nummer 1 erhalten die Worte in der Klammer nach der Angabe „P“ folgende Fassung:

„Azoren, Beira Interior, Beira Litoral, Entre Douro e Minho, Madeira, Ribatejo e Oeste (Gemeinden Alcobaça, Alenquer, Bombarral, Cadaval, Caldas da Rainha, Lourinhã, Nazaré, Obidos, Peniche und Torres Vedras) und Trás-os-Montes“;

b)

unter Buchstabe b Nummer 1 wird „LT“ gestrichen.

2.

Anhang II Teil B wird wie folgt geändert:

Unter Buchstabe b Nummer 2 dritte Spalte

a)

werden nach dem Wort „Rimini“ und nach den Worten „Forlì-Cesena“ jeweils die Worte „(ausgenommen das Gebiet der Provinz nördlich der Staatsstraße Nr. 9 — Via Emilia)“ eingefügt;

b)

werden die Worte „Trentino-Alto Adige: autonome Provinz Trento“ gestrichen;

c)

werden nach der Angabe „SI“ die Worte „(ausgenommen die Regionen Gorenjska und Maribor)“ eingefügt;

d)

werden nach der Angabe „SK“ die Worte „(ausgenommen die Gemeinden Blahová, Horné Mýto und Okoč (Bezirk Dunajská Streda), Hronovce und Hronské Kľačany (Bezirk Levice), Veľké Ripňany (Bezirk Topoľčany), Málinec (Bezirk Poltár), Hrhov (Bezirk Rožňava), Kazimír, Luhyňa, Malý Horeš, Svätuše und Zatín (Bezirk Trebišov))“ eingefügt.

3.

Anhang III Teil B wird wie folgt geändert:

Unter Nummern 1 und 2 zweite Spalte

a)

werden nach dem Wort „Rimini“ und nach den Worten „Forlì-Cesena“ jeweils die Worte „(ausgenommen das Gebiet der Provinz nördlich der Staatsstraße Nr. 9 — Via Emilia)“ eingefügt;

b)

werden die Worte „Trentino-Alto Adige: autonome Provinz Trento“ gestrichen;

c)

werden nach der Angabe „SI“ die Worte „(ausgenommen die Regionen Gorenjska und Maribor)“ eingefügt;

d)

werden nach der Angabe „SK“ die Worte „(ausgenommen die Gemeinden Blahová, Horné Mýto und Okoč (Bezirk Dunajská Streda), Hronovce und Hronské Kľačany (Bezirk Levice), Veľké Ripňany (Bezirk Topoľčany), Málinec (Bezirk Poltár), Hrhov (Bezirk Rožňava), Kazimír, Luhyňa, Malý Horeš, Svätuše und Zatín (Bezirk Trebišov))“ eingefügt.

4.

Anhang IV Teil B wird wie folgt geändert:

a)

Unter Nummer 20.1 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

b)

Unter Nummer 20.2 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

c)

Unter Nummer 21 dritte Spalte werden die Worte „Trentino-Alto Adige: autonome Provinz Trento“ gestrichen.

d)

Unter Nummern 21 und 21.3 dritte Spalte

1.

werden nach dem Wort „Rimini“ und nach den Worten „Forlì-Cesena“ jeweils die Worte „(ausgenommen das Gebiet der Provinz nördlich der Staatsstraße Nr. 9 — Via Emilia)“ eingefügt;

2.

werden nach der Angabe „SI“ die Worte „(ausgenommen die Regionen Gorenjska und Maribor)“ eingefügt;

3.

werden nach der Angabe „SK“ die Worte „(ausgenommen die Gemeinden Blahová, Horné Mýto und Okoč (Bezirk Dunajská Streda), Hronovce und Hronské Kľačany (Bezirk Levice), Veľké Ripňany (Bezirk Topoľčany), Málinec (Bezirk Poltár), Hrhov (Bezirk Rožňava), Kazimír, Luhyňa, Malý Horeš, Svätuše und Zatín (Bezirk Trebišov))“ eingefügt.

e)

Unter Nummer 22 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

f)

Unter Nummer 23 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

g)

Unter Nummern 24.1, 24.2 und 24.3 dritte Spalte

erhalten die Worte in der Klammer nach der Angabe „P“ folgende Fassung: „Azoren, Beira Interior, Beira Litoral, Entre Douro e Minho, Madeira, Ribatejo e Oeste (Gemeinden Alcobaça, Alenquer, Bombarral, Cadaval, Caldas da Rainha, Lourinhã, Nazaré, Obidos, Peniche und Torres Vedras) und Trás-os-Montes“.

h)

Unter Nummer 25 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

i)

Unter Nummer 26 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

j)

Unter Nummer 27.1 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

k)

Unter Nummer 27.2 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.

l)

Unter Nummer 30 dritte Spalte wird „LT“ gestrichen.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/13


RICHTLINIE 2006/36/EG DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

zur Änderung der Richtlinie 2001/32/EG zur Anerkennung pflanzengesundheitlich besonders gefährdeter Schutzgebiete innerhalb der Gemeinschaft und zur Aufhebung der Richtlinie 92/76/EWG

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2000/29/EG des Rates vom 8. Mai 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse (1), insbesondere auf Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe h Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 2001/32/EG der Kommission (2) wurden bestimmte Mitgliedstaaten oder bestimmte Gebiete in den Mitgliedstaaten als Schutzgebiete im Hinblick auf bestimmte Schadorganismen anerkannt. In einigen Fällen erfolgte die Anerkennung vorläufig, da die erforderlichen Angaben, die belegen sollten, dass der betreffende Schadorganismus in dem betreffenden Mitgliedstaat oder Gebiet nicht vorkam, nicht übermittelt worden waren.

(2)

In den Fällen, in denen die betreffenden Mitgliedstaaten die erforderlichen Angaben nun übermittelt haben, sollten die fraglichen Gebiete als ständige Schutzgebiete anerkannt werden.

(3)

Bestimmte Regionen Portugals wurden als Schutzgebiete im Hinblick auf Bemisia tabaci Genn. (europäische Populationen) anerkannt.

(4)

Portugal hat Angaben übermittelt die belegen, dass Bemisia tabaci Genn. (europäische Populationen) jetzt in Teilen seines Hoheitsgebiets vorkommt. Diese Teile des portugiesischen Hoheitsgebiets sollten daher nicht länger als Schutzgebiet im Hinblick auf diesen Schadorganismus anerkannt werden.

(5)

Verschiedene Regionen oder Teile von Regionen Österreichs und Italiens sowie das gesamte Hoheitsgebiet von Irland, Litauen, Slowenien und die Slowakei wurden bis 31. März 2006 vorläufig als Schutzgebiete im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. anerkannt.

(6)

Die von Österreich, Italien, Irland, Litauen, Slowenien und der Slowakei übermittelten Angaben lassen es angeraten erscheinen, die für diese Länder erfolgte vorläufige Anerkennung von Schutzgebieten im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. ausnahmsweise um zwei Jahre zu verlängern, damit diese Länder die erforderliche Zeit haben, um Angaben zu übermitteln, die das Nichtvorkommen von Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. belegen, bzw. um ihre Maßnahmen zur Tilgung dieses Schadorganismus abzuschließen.

(7)

Da Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. zudem jetzt in einigen Teilen Italiens, in den Regionen Gorenjska und Maribor in Slowenien und in einigen Gemeinden der Bezirke Dunajská Streda, Levice, Topol’čany, Poltár, Rožňava und Trebišov in der Slowakei vorkommt, sollten diese jeweiligen Teile des italienischen, slowenischen und slowakischen Hoheitsgebiets nicht länger als Schutzgebiete im Hinblick auf Erwinia amylovora (Burr.) Winsl. et al. anerkannt werden.

(8)

Litauen wurde bis 31. März 2006 vorläufig als Schutzgebiet im Hinblick auf das Virus der Vergilbungskrankheit der Beta-Rübe anerkannt.

(9)

Litauen hat Angaben übermittelt, die belegen, dass das Virus der Vergilbungskrankheit der Beta-Rübe in diesem Land jetzt vorkommt. Litauen sollte daher nicht länger als Schutzgebiet im Hinblick auf diesen Schadorganismus anerkannt werden.

(10)

Malta wurde bis 31. März 2006 vorläufig als Schutzgebiet im Hinblick auf das Citrus-tristeza-Virus (europäische Stämme) anerkannt.

(11)

Die von Malta übermittelten Angaben lassen es angeraten erscheinen, die vorläufige Anerkennung des Schutzgebiets für dieses Land im Hinblick auf das Citrus-tristeza-Virus (europäische Stämme) ausnahmsweise um zwei Jahre zu verlängern, damit das Land die erforderliche Zeit hat, um Angaben zu übermitteln, die das Nichtvorkommen von Citrus-tristeza-Virus (europäische Stämme) belegen, bzw. um seine Maßnahmen zur Tilgung dieses Schadorganismus abzuschließen.

(12)

Zypern wurde bis zum 31. März 2006 vorläufig als Schutzgebiet im Hinblick auf Daktulosphaira vitifoliae (Fitch), Ips sexdentatus Börner und Leptinotarsa decemlineata Say anerkannt.

(13)

Die von Zypern übermittelten Angaben lassen es angeraten erscheinen, die vorläufige Anerkennung des Schutzgebiets für dieses Land im Hinblick auf Daktulosphaira vitifoliae (Fitch), Ips sexdentatus Börner und Leptinotarsa decemlineata Say um zwei Jahre zu verlängern, damit das Land die erforderliche Zeit hat, um Angaben zu übermitteln, die das Nichtvorkommen dieser Schadorganismen belegen, bzw. um seine Maßnahmen zur Tilgung dieser Schadorganismen abzuschließen.

(14)

Die Richtlinie 2001/32/EG ist daher entsprechend zu ändern.

(15)

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzenschutz —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2001/32/EG wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

Die im Anhang aufgelisteten Gemeinschaftsgebiete werden in Bezug auf den (die) dort nebenstehend genannten Schadorganismus(-men) als ‚Schutzgebiete‘ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe h Unterabsatz 1 der Richtlinie 2000/29/EG anerkannt.“

2.

Artikel 2 wird gestrichen.

3.

Der Anhang wird wie folgt geändert:

a)

Unter Buchstabe a Nummer 2 werden die Worte in Klammern nach „Portugal“ ersetzt durch die Worte „Azoren, Beira Interior, Beira Litoral, Entre Douro e Minho, Madeira, Ribatejo e Oeste (Gemeinden Alcobaça, Alenquer, Bombarral, Cadaval, Caldas da Rainha, Lourinhã, Nazaré, Obidos, Peniche und Torres Vedras) und Trás-os-Montes“.

b)

Unter Buchstabe a Nummern 3.1, 11 und 13 werden nach dem Wort „Zypern“ die Worte „(bis 31. März 2008)“ eingefügt.

c)

Buchstabe b Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„—

Spanien, Estland, Frankreich (Korsika), Italien (Abruzzi; Basilicata; Calabria; Campania; Friuli-Venezia Giulia; Lazio; Liguria; Marche; Molise; Piedmont; Sardinien; Sizilien; Toskana; Umbria; Valle d’Aosta), Lettland, Portugal, Finnland, Vereinigtes Königreich (Nordirland, Isle of Man und Kanalinseln),

und, bis 31. März 2008, Irland, Italien (Apulia, Emilia-Romagna: Provinzen Forlí-Cesena (ausgenommen das Gebiet nördlich der Landesstraße n. 9 — Via Emilia), Parma, Piacenza, Rimini (ausgenommen das Gebiet nördlich der Landesstraße n. 9 — Via Emilia), Lombardia, Veneto: ausgenommen folgende Gemeinden in der Provinz Rovigo: Rovigo, Polesella, Villamarzana, Fratta Polesine, San Bellino, Badia Polesine, Trecenta, Ceneselli, Pontecchio Polesine, Arquà Polesine, Costa di Rovigo, Occhiobello, Lendinara, Canda, Ficarolo, Guarda Veneta, Frassinelle Polesine, Villanova del Ghebbo, Fiesso Umbertiano, Castelguglielmo, Bagnolo di Po, Giacciano con Baruchella, Bosaro, Canaro, Lusia, Pincara, Stienta, Gaiba, Salara, und in der Provinz Padova die Gemeinden Castelbaldo, Barbona, Piacenza d’Adige, Vescovana, S. Urbano, Boara Pisani, Masi, und in der Provinz Verona die Gemeinden Palù, Roverchiara, Legnago, Castagnaro, Ronco all’Adige, Villa Bartolomea, Oppeano, Terrazzo, Isola Rizza, Angiari), Litauen, Österreich (Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Tirol (Verwaltungsbezirk Lienz), Steiermark, Wien), Slowenien (ausgenommen die Regionen Gorenjska und Maribor), Slowakei (ausgenommen die Gemeinden Blahová, Horné Mýto und Okoč (Bezirk Dunajská Streda), Hronovce und Hronské Kl’ačany (Bezirk Levice), Vel’ké Ripňany (Bezirk Topol’čany), Málinec (Bezirk Poltár), Hrhov (Bezirk Rožňava), Kazimír, Luhyňa, Malý Horeš, Svätuše und Zatín (Bezirk Trebišov)).“

d)

Unter Buchstabe d Nummer 1 wird das Wort „Litauen“ gestrichen.

e)

Unter Buchstabe d Nummer 3 werden nach dem Wort „Malta“ die Worte „(bis 31. März 2008)“ eingefügt.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen bis spätestens 30. April 2006 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und fügen eine Entsprechungstabelle dieser Vorschriften und der vorliegenden Richtlinie bei.

Sie wenden diese Vorschriften ab 1. Mai 2006 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 169 vom 10.7.2000, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/14/EG der Kommission (ABl. L 34 vom 7.2.2006, S. 24).

(2)  ABl. L 127 vom 9.5.2001, S. 38. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/18/EG der Kommission (ABl. L 57 vom 3.3.2005, S. 25).


II Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte

Kommission

25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/16


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 13. Mai 2003

über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Kahla Porzellan GmbH und der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2003) 1520)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/239/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den vorgenannten Artikeln (1), und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Am 16. November 1998 und 24. März 1999 gingen bei der Kommission Beschwerden von Wettbewerbern über die mutmaßlich missbräuchliche Anwendung staatlicher Beihilfen ein, die das Land Thüringen zugunsten der Kahla Porzellan GmbH (Kahla I) und der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH.(Kahla II), beideThüringen, Deutschland, gewährt haben soll.

(2)

Nach einem umfangreichen Schriftwechsel und Zusammenkünften mit Vertretern Deutschlands hat die Kommission am 15. November 2000 wegen der den Unternehmen gewährten Ad-hoc-Beihilfen das förmliche Prüfverfahren eingeleitet. Gleichzeitig wurde Deutschland aufgefordert, ausreichende Angaben zu übermitteln, damit festgestellt werden kann, ob einige Beihilfemaßnahmen mit den genehmigten Beihilferegelungen, nach denen sie angeblich gewährt wurden, in Einklang stehen.

(3)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (2). Die Kommission hat die Beteiligten zur Äußerung zu der betreffenden Beihilfe aufgefordert. Am 31. Juli 2001 erhielt die Kommission Stellungnahmen von Kahla II, die mit Schreiben vom 7. August 2001 an Deutschland weitergeleitet wurden.

(4)

Am 26. März 2001 antwortete Deutschland auf die Anordnung zur Auskunftserteilung, unterbreite Angaben zu den Beihilfen und unterrichtete die Kommission von weiteren Beihilfen zugunsten des Unternehmens, die zuvor nicht angemeldet worden waren. Die Kommission verlangte am 28. Mai 2001 zusätzliche Auskünfte, die sie am 31. Juni 2001 erhielt. Weitere ergänzende Auskünfte wurden am 9. August 2001 erteilt.

(5)

Mit Schreiben vom 30. November 2001 teilte die Kommission Deutschland mit, dass sie das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag auf die Beihilfen, die nicht mit genehmigten Beihilferegelungen, in deren Rahmen sie angeblich gewährt wurden, übereinstimmen, sowie auf die Beihilfen, von denen die Kommission vorher nicht unterrichtet wurde, ausgeweitet hat.

(6)

Am 10. Dezember 2001 wurde der Fall ausführlich mit Vertretern Deutschlands und des Unternehmens erörtert.

(7)

Der Beschluss der Kommission über die Ausweitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht (3). Die Kommission hat die Beteiligten zur Äußerung zu der betreffenden Beihilfe aufgefordert. Die Kommission hat Stellungnahmen vom Beihilfeempfänger (Kahla II) erhalten. Diese Stellungnahmen wurden mit Schreiben vom 6. März 2002 an Deutschland weitergeleitet, dem die Möglichkeit eingeräumt wurde, seinerseits Stellung zu nehmen.

(8)

Am 30. Januar antwortete Deutschland auf den Beschluss zur Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens und übermittelte ausführliche Informationen. Mit Schreiben vom 30. April 2002 wurden zusätzliche Auskünfte verlangt. Deutschland übermittelte seine Antwort mit Schreiben vom 29. Mai 2002, das am selben Tag eingetragen wurde.

(9)

Mit Schreiben vom 28. Februar 2002 erhielt die Kommission eine Stellungnahme von Kahla II, die mit Schreiben vom 6. März 2002 an Deutschland übermittelt wurde. Am 18. März 2002 ging eine neue Beschwerde darüber ein, dass Kahla II weitere Beihilfen erhalten habe. Diese Information wurde mit Schreiben vom 30. April 2002 an Deutschland übermittelt. Die Antwort Deutschlands auf die Beschwerde ging am 29. Mai 2002 ein.

(10)

Am 24. Juli 2002 wurde der Fall erneut mit Vertretern Deutschlands erörtert. Nach diesem Treffen übermittelte Deutschland am 7. August 2002 weitere Erläuterungen. Am 30. Juli 2002 beharrte Kahla II weiterhin auf seinen vorhergegangen Argumenten. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2002, registriert am selben Tag, übermittelte Deutschland eine weitere Stellungnahme.

II.   BESCHREIBUNG

A.   Das Unternehmen

(11)

Bei der Kahla II handelt es sich um das Nachfolgeunternehmen der Kahla I. Sowohl Kahla I als auch Kahla II stellen Geschirr aus Porzellan und Feinkeramik her. Ihr Standort befindet sich in einem Fördergebiet nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag.

(12)

In Einklang mit der deutschen Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (UmwandVO) wurde das Unternehmen am 1. März 1990 durch Umwandlung der VEB Vereinigte Porzellanwerke Kahla in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegründet. Bei einer dieser Gesellschaften handelte es sich um die KAHLA I. Am 23. April 1991 privatisierte die Treuhandanstalt (THA) Kahla I durch Verkauf an Herrn Hoffmann (75,1 % des Stammkapitals) und an Herrn Ueing (24,9 % des Stammkapitals) gegen Entrichtung eines Kaufpreises von 2 DEM. Der Privatisierungszuschlag ging an die einzigen Bieter, nachdem die THA die beabsichtigte Veräußerung im Verzeichnis der von ihr zum Verkauf angebotenen Betriebe (Hoppenstedt) veröffentlicht und Anfragen an Verbände der keramischen Industrie und die Handelskammern gerichtet hatte. Nach Aussagen Deutschlands wäre die Liquidierung des Unternehmens für die THA kostspieliger geworden. Der Privatisierungsvertrag wurde nach deutschen Angaben erst am 11. Dezember 1992 wirksam.

(13)

Die folgenden Geschäftsdaten wurden von Deutschland übermittelt (Umsatz und Betriebsergebnis in Mio. DEM):

Tabelle 1

 

1991

1992

1993

Beschäftigte

1 561

827

696

Umsatz

25,4

29,3

27,9

Betriebsergebnis

–29,5

–25,8

–13,4

(14)

Am 9. August 1993 meldete das Unternehmen Gesamtvollstreckung an. Das Gesamtvollstreckungsverfahren wurde am 29. September 1993 eingeleitet.

(15)

Nach Angaben Deutschlands suchte der Gesamtvollstreckungsverwalter seit Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach Investoren zwecks Übernahme des Anlagevermögens. Nach Ansicht des Gesamtvollstreckungsverwalters würde der günstigste Preis für das Anlagevermögen dadurch erzielt werden, dass das Unternehmen als seine Geschäftstätigkeit fortführendes Unternehmen verkauft würde.

(16)

Im November 1993 gründete ein privater Investor, Herr G. Raithel, Kahla II. Im Januar 1994 veräußerte der Gesamtvollstreckungsverwalter die Grundstücke, Maschinen und Anlagen sowie das Vorratsvermögen des Unternehmens Kahla I in Gesamtvollstreckung an Herrn G. Raithel. Es wurden 380 Beschäftigte übernommen.

(17)

Der Gesamtpreis belief sich ursprünglich auf 7,391 Mio. DEM. Der Vertrag wurde am 5. Oktober 1994 dahin geändert, dass der Preis in Höhe von 2,05 Mio. DEM für die Anlagen, der durch einen Zuschuss von 2,5 Mio. DEM finanziert werden sollte (siehe Maßnahme 15), bei Unterzeichnung des geänderten Vertrags zu entrichten war. Gesetzliche Rechte, Warenzeichen, eingetragene Muster und Know-how wurden für 1 DEM übertragen. Die Kundenliste und der Auftragsbestand wurden unentgeltlich übertragen. Der sich auf 2,136 Mio. DEM belaufende Preis für die Lagerbestände sollte in zehn Raten ab 1. März 1994 entrichtet werden. Der Grundbesitz sollte abgabenfrei für 3,205 Mio. DEM veräußert werden, zahlbar innerhalb von 14 Tagen.

(18)

Nach Aussagen Deutschlands erfolgten bis 1996 Teilzahlungen. Ein Betrag von 1 Mio. DEM wurde schließlich 1999 gezahlt, nachdem der Gesamtvollstreckungsverwalter eine Grundschuld auf einen Teil des Grundbesitzes aufgehoben hatte. Der letztlich bezahlte Gesamtpreis belief sich auf 6,727 Mio. DEM. Nach Angaben Deutschlands war die Minderung des Preises für Vorräte um 0,664 Mio. DEM auf Schäden zurückzuführen, die nach dem Verkauf festgestellt wurden. Die verfügbaren Informationen zeigen, dass die Veräußerung in erster Linie durch staatliche Beihilfen finanziert wurde. Eigenmittel ohne jedes Beihilfeelement beliefen sich auf lediglich 55 000 DEM.

(19)

Die Veräußerung des Grundbesitzes wurde am 18. Juli 1994 (4) von der THA und am 19. Oktober 1995 von ihrer Rechtsnachfolgerin, der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), genehmigt.

(20)

Der Kaufvertrag sah zudem vor, dass die landeseigene Thüringer Industriebeteiligungs GmbH & Co. KG („TIB“), ein staatseigenes Unternehmen, das vom Freistaat Thüringen gegründet und durch eine Stiftung von diesem kontrolliert wird, eine stille Beteiligung von 49 % an Kahla II übernehmen würde. Dies erfolgte am 5. März 1994.

(21)

Deutschland legte folgende Angaben über die Geschäftstätigkeit des Unternehmens vor (Umsatz und Betriebsergebnis im Mio. DEM):

Tabelle 2

 

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Beschäftigte

380

369

327

323

307

327

322

Umsatz

23

29

32

39

34

35,8

41,6

Betriebsergebnis[…] (5)

 

 

 

 

 

 

 

B.   Finanzmaßnahmen

a)   Finanzmaßnahmen zugunsten von Kahla I

(22)

Folgende Finanzmaßnahmen wurden für Kahla I von deren Gründung bis zum Konkurs von der öffentlichen Hand gewährt (in Mio. DEM):

Tabelle 3

Maßnahmen zugunsten von Kahla I

 

Betrag

Maßnahmen vor der Privatisierung

1

 

THA

Ausfuhrbürgschaft

4,5

Maßnahmen im Rahmen der Privatisierung

2

23.04.1991

THA

Übernahme von Altlasten

37,7

3

23.04.1991

THA

Übernahme von Altschulden

31,1

4

23.04.1991

THA

Bürgschaften

24,9

Maßnahmen nach der Privatisierung

5

12.1991

Land

Direkte Investitionszuschüsse

1,825

6

5.10.1992

THA

Darlehen

4,3

7

1.12.1992

THA

Darlehen

1,8

8

1993

THA

Erlöse aus der Verwertung der Grundstücke

5,676

9

 

Stadtsparkasse Jena

Kredite

3,9

10

1992–1995

Land

Investitionszulagen

0,035

Insgesamt

115,736

(23)

Maßnahme 1: Eine vor der Privatisierung gewährte Ausfuhrbürgschaft, die nach Angaben Deutschlands niemals in Anspruch genommen wurde.

(24)

Maßnahmen 2 und 3: Übernahme der Schulden durch die THA aus den Krediten der Dresdner Bank AG von vor dem 1. Juli 1990 und aus von der THA vor der Privatisierung gewährten Darlehen.

(25)

Maßnahme 4: Deutschland gibt an, dass diese Bürgschaften der THA zur Besicherung von Investitionen, einer Verlustdeckung und der Kredite der Dresdner Bank AG gewährt wurden. Für diese Bürgschaften stellte das Unternehmen verschiedene Sicherheiten, auf deren Inanspruchnahme die THA nach Einleitung der Gesamtvollstreckung verzichtete. Als zusätzliche Sicherheit wurde der THA das Recht eingeräumt, die nicht unmittelbar betriebsnotwendigen Grundstücke des Unternehmens zu verwerten. Diese Grundstücke wurden mit 13,3 Mio. DEM bewertet. Die zu erzielenden Erlöse sollten für die Tilgung der von der THA verbürgten Kredite eingesetzt werden. Deutschland räumt ein, dass die mit diesen Bürgschaften besicherten Kredite mit Einverständnis der THA nie zurückgezahlt wurden. Zum Zeitpunkt ihrer Inanspruchnahme beliefen sich diese Bürgschaften inklusive Zinsen auf eine Gesamtsumme von 24,9 Mio. DEM.

(26)

Maßnahme 5: Im Dezember 1991 erhielt das Unternehmen vom Land Thüringen Investitionszuschüsse in Höhe von 1,825 Mio. DEM.

(27)

Maßnahme 6: Am 5. Oktober 1992 bewilligte die THA zur Vermeidung der Insolvenz ein Darlehen in Höhe von 4,2 Mio. DEM.

(28)

Maßnahme 7: Die THA stellte ebenfalls zur Vermeidung der Insolvenz am 1. Dezember 1992 ein weiteres Darlehen in Höhe von 1,8 Mio. DEM bereit.

(29)

Maßnahme 8: Die Erlöse aus der in Maßnahme 3 genannten Verwertung der Unternehmensgrundstücke betrugen insgesamt 5,676 Mio. DEM. Im Jahre 1993 wurden 3,4 Mio. DEM der Gesamterlöse Kahla I zur Verfügung gestellt und nicht für die Tilgung der von der Treuhand verbürgten Kredite verwendet. Deutschland gibt an, dass die Zahlung dieses Betrags an die THA zwar verschoben wurde, jedoch nicht auf die Rückzahlung verzichtet, da der Gesamtbetrag in Höhe von 5,676 Mio. DEM in die Konkursmasse aufgenommen wurde. Demzufolge beliefen sich die Treuhand-Mittel, die dem Unternehmen zugute kamen und nicht für die Tilgung von Krediten verwendet wurden, auf insgesamt 5,676 Mio. DEM. Deutschland hat diese Tatsache nicht bestritten.

(30)

Maßnahme 9: Zwei Kredite der Kreis- und Stadtsparkasse Jena über insgesamt 3,9 Mio. DEM. Diese Kredite mit einem Zinssatz von 13,25 % bzw. 17,25 % wurden mit Grundschulden in Höhe von 10 Mio. DEM besichert.

(31)

Maßnahme 10: Im Zeitraum 1992 bis 1995 wurden Investitionszulagen in Höhe von 0,035 Mio. DEM gezahlt.

(32)

Insgesamt hat Kahla I von der öffentlichen Hand finanzielle Unterstützung in Höhe von 115,736 Mio. DEM erhalten. Trotz dieser finanziellen Unterstützung wurde am 29. September 1993 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Deutschland gibt an, dass die THA als Teil der Konkursmasse Verbindlichkeiten in Höhe von 41,2 Mio. DEM eingetragen hat. In diesem Betrag sind die Maßnahmen 3, 6, 7 und 8, einschließlich Zinsen, enthalten.

(33)

Am 27. September 1993 entschied die THA, auf die Inanspruchnahme der vom Unternehmen gestellten Sicherheiten für die Bürgschaften im Zusammenhang mit Maßnahme 4 zu verzichten. Am 18. Juli 1994 verzichtete die THA bzw. ihre Nachfolgeorganisation, die BvS, auf ihre rechtlich verbriefte Übernahme des Grund und Bodens. Nach Angaben Deutschlands hätte dies Ausgleichsleistungen an andere Gläubiger und daher Mehrkosten zur Folge gehabt.

b)   Finanzmaßnahmen zugunsten von KAHLA II

(34)

Folgende Finanzmaßnahmen wurden für Kahla II von deren Gründung bis zum Jahr 1999 von der öffentlichen Hand gewährt (in Mio. DEM):

Tabelle 4

Maßnahmen zugunsten von Kahla II

 

Betrag

Maßnahmen 1994 – 1996

11

5.4.1994

TIB

Beteiligung

1,975

12

5.4.1994

TIB

Partiarisches Darlehen

6,0

13

25.3.1994

Land

90 %ige Kreditbürgschaft (18-22)

 

14

25.3.1994

Land

90 %ige Bürgschaft für ein Darlehen über 6,5 Mio. DEM durch eine Privatbank

5,85

15

10.5.1994

Land

Zuschuss KMU-Investitionssicherung

2,5

16

4./5.6.1994

DtA- Eigenkapitalhilfe

Darlehen

0,2

17

5./6.1994

ERP-Existenzgründung

Darlehen

1,8

18

3./4.1995

ERP-Aufbau

Darlehen 1

2,0

19

3./4.1995

KfW-Mittelstand

Darlehen

1,0

20

6./26.4.1995

DtA-Umwelt

Darlehen

1,73

21

7./26.4.1995

ERP-Energiespar

Darlehen

3,45

22

3./25.4.1996

ERP-Aufbau

Darlehen 2

2,0

23

13.2.1996

Land

90 %ige Bürgschaft für ein Darlehen über 1 Mio. DEM durch eine Privatbank

0,9

24

1994-1996/97

Land

Direkte Investitionszuschüsse

3,36

25

1994-1996

Land

Investitionszulagen

0,838

26

1994-1996

Arbeitsamt

AFG-Zuschüsse

1,549

27

1994-1996

 

Verschiedene Zuschüsse

0,492

Maßnahmen ab 1997

28

1997-1999

Land

Direkte Investitionszuschüsse

1,67

29

1997-1999

Land

Investitionszulagen

0,365

30

3./5.1999

Land

90 %ige Bürgschaft für ein Darlehen über 2,32 Mio. DEM durch eine Privatbank

0,042

31

1997-1999

Arbeitsamt

AFG-Zuschüsse

0,851

32

1997-1999

 

Verschiedene Zuschüsse

0,352

33

1994-1999

 

Sonderabschreibung

0,104

Insgesamt

39,028

(35)

Maßnahme 11: Im März 1994 übernahm die TIB gegen Entrichtung von 1,975 Mio. DEM 49 % der Anteile an Kahla II. Am 31. Dezember 1999 beendete die TIB ihre Beteiligung an dem Unternehmen und übertrug ihre Anteile an der Kahla II auf Herrn G. Raithel und dessen Sohn, Herrn H. Raithel, die dafür […] (6)zahlten.

(36)

Maßnahme 12: Im März 1994 reichte die TIB ein partiarisches Darlehen in Höhe von 6 Mio. DEM aus. Deutschland erklärt, dass dieses Darlehen der TIB keine zusätzlichen Stimmrechte verleiht. Das Darlehen war mit 12 % zu verzinsen, wobei die Höhe der Zinsen auf 50 % des Jahresüberschusses begrenzt war. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass Kahla II erst ab 1996 bescheidene Gewinne zu erwirtschaften begann. Es wurde keine Risikoprämie vereinbart. Deutschland gibt an, dass das Darlehen am 29. Dezember 1999 zuzüglich Zinsen in Höhe von 1,631 Mio. DEM zurückgezahlt wurde.

(37)

Maßnahmen 13 und 23: Das Land Thüringen übernahm im März 1994 für eine 90 %ige Ausfallbürgschafte für Investitionskredite bis zu einer Höhe von 13,5 Mio. DEM. Als die Kredite schließlich eingebracht wurden, deckte die Bürgschaft nach Maßnahme 13 die Kredite 18 bis 22. Die Bürgschaft nach Maßnahme 23 deckte einen Kredit, den eine Privatbank im Februar 1996 in Höhe von 1 Mio. DEM zu einem Zinssatz von 6,1 % gewährt hatte.

(38)

Maßnahme 14: Eine weitere vom Land Thüringen im März 1994 geleistete 90 %ige Ausfallbürgschaft für Betriebskapitalkredite in Höhe von 6,5 Mio. DEM. Der Kredit wurde tatsächlich im September 1995 von einer Privatbank zu einem Zinssatz von 8,5 % gewährt. Diese Bürgschaft wurde schrittweise herabgesetzt und lief am 31. Dezember 1999 aus.

(39)

Für diese Bürgschaften zahlte das Unternehmen eine Gebühr von 0,75 % p. a., die ab Juni 1995 auf 0,5 % gesenkt wurde.

(40)

Maßnahme 15: Ein Zuschuss für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von ursprünglich 2 Mio. DEM, später von 2,5 Mio. DEM, der am 10. Mai 1994 gewährt wurde.

(41)

Maßnahme 16: Ein Eigenkapitalhilfe-Darlehen („EKH-Darlehen“) über 0,2 Mio. DEM, das Herrn Raithel, dem Investor, angeblich nach einer Beihilferegelung (7) im Juni 1994 im Zusammenhang mit der Gründung von Kahla II gewährt wurde. Dieser Regelung zufolge hatte der Investor diesen Betrag dem Unternehmen in Form von Eigenkapital bereitzustellen. Nach Angaben Deutschlands wurde das Darlehen am 30. September 2001 zurückgezahlt.

(42)

Maßnahme 17: Im Mai 1994 ein Darlehen in Höhe von 1,8 Mio. DEM, das angeblich nach dem ERP-Existenzgründungsprogramm (8) gewährt wurde.

(43)

Maßnahme 18: Ein Investitionsdarlehen in Höhe von 2 Mio. DEM, das angeblich nach dem ERP-Aufbauprogramm im März 1995 (9) gewährt wurde.

(44)

Maßnahme 19: Ein Investitionsdarlehen in Höhe von 1 Mio. DEM, das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau im März 1993 (10) gewährt wurde.

(45)

Maßnahme 20: Ein Investitionsdarlehen in Höhe von 1,73 Mio. DEM, das im April 1995 nach dem DtA-Umweltprogramm gewährt wurde.

(46)

Maßnahme 21: Ein Investitionsdarlehen in Höhe von 3,45 Mio. DEM, das angeblich nach dem ERP-Umweltprogramm im April 1995 (11) gewährt wurde.

(47)

Da die Marktzinsen sanken, wurde am 30. März 1998 der ausstehende Betrag der Darlehen im Rahmen der Maßnahmen 18-21 in Höhe von 7,329 Mio. DEM in ein Marktdarlehen der Hypovereinsbank umgewandelt. Der Zinssatz für dieses neue Darlehen lag bei 5,9 % und lag damit über dem geltenden Referenzzinssatz von 5,49 %. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die 90 %ige Bürgschaft aus Maßnahme 13 für dieses neue Marktdarlehen zur Verfügung gestellt wurde.

(48)

Maßnahme 22: Ein Investitionsdarlehen in Höhe von 2 Mio. DEM, das angeblich nach dem ERP-Aufbauprogramm im März 1996 (12) gewährt wurde.

(49)

Maßnahme 23: Siehe Randnummer (37).

(50)

Maßnahme 24: Im Oktober 1994 erhielt Kahla II vom Land Thüringen Investitionszuschüsse in Höhe von 3,36 Mio. DEM für Investitionen im Zeitraum 1994 bis 1996 (13).

(51)

Maßnahme 25: Zwischen 1994 und 1996 erhielt das Unternehmen Investitionszulagen in Höhe von 0,838 Mio. DEM (14).

(52)

Maßnahme 26: Zuschüsse zur Förderung der Beschäftigung in Höhe von 1,549 Mio. DEM in den Jahren 1994 bis 1996.

(53)

Maßnahme 27: Zwischen 1994 und 1996 erhielt das Unternehmen Zuschüsse für die Teilnahme an Messen in Höhe von 122 414 DEM, Zuschüsse für Werbung in Höhe von 0,03 Mio. DEM, FuE-Zuschüsse in Höhe von 0,318 Mio. DEM und Zuschüsse zur Eingliederung von Arbeitnehmern in Höhe von 0,021 Mio. DEM.

(54)

Maßnahme 28: Weitere Investitionszuschüsse in Höhe von 1,67 Mio. DEM wurden im Dezember 1996 für die Jahre 1997 bis 1999 bewilligt.

(55)

Maßnahme 29: Das Unternehmen erhielt Investitionszulagen in Höhe von 0,365 Mio. DEM für die Jahre 1997 bis 1999.

(56)

Maßnahme 30: Ein Darlehen in Höhe von 2,32 Mio. DEM wurde im Mai 1999 von einer Privatbank gewährt; dieses Darlehen wurde ebenfalls von der 90 %igen Ausfallbürgschaft gedeckt, die im März 1994 vom Land Thüringen für Investitionskredite bis zu 13,5 Mio. DEM gewährt wurde (siehe Maßnahmen 13 und 23). Dieses Darlehen wurde zu einem Zinssatz von 4,6 % gewährt.

(57)

Maßnahme 31: Weitere Zuschüsse zur Förderung der Beschäftigung in Höhe von 0,851 Mio. DEM.

(58)

Maßnahme 32: Gemäß den Jahresberichten erhielt das Unternehmen zwischen 1997 und 1999 Zuschüsse für die Beteiligung an Messen, für Werbung und zur Eingliederung von Arbeitnehmern in Höhe von 342 910 DEM sowie Zuschüsse für Personalkosten im Zusammenhang mit FuE-Aktivitäten in Höhe von 8 602 DEM. Damit belief sich die Gesamtsumme der Zuschüsse auf 0,352 Mio. DEM.

(59)

Ferner erklärte Deutschland nach der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens, das Unternehmen habe eine Regelung in Anspruch genommen, die es erlaubt, Investitionen zunächst in höherem Maße abzuschreiben und im Laufe der Jahre zu reduzieren (Sonderabschreibung). Deutschland räumt ein, dass diese Maßnahme in der Tat einen Vorteil für das Unternehmen dargestellt habe, da damit nicht nur Verluste in den ersten Jahren verbunden waren, sondern auch geringere Steuerzahlungen. Der dem Staat durch die Steuerminderungen entstandene Einnahmeverlust muss ebenfalls als Finanzierungsmaßnahme des Staates zugunsten von Kahla II (nachstehend: Maßnahme 33) betrachtet werden.

C.   Das Vorhaben

(60)

Nach Angaben Deutschlands wurde am 25. März 1994 ein Plan für die Finanzierung des Bedarfs von Kahla II erstellt. Die ursprünglich geplanten Kosten wurden geringfügig um etwa 2 Mio. DEM reduziert. Eine detaillierte Aufstellung wird in Tabelle 5 gegeben, die den von Deutschland übermittelten Angaben entnommen wurde (in Mio. DEM):

Tabelle 5

Kosten

Geplant

Durchgeführt

(1994-1996)

Grundbesitz:

3,200

3,200

Gebäude:

 

 

Maschinen/Anlagen

2,050

2,050

Waren:

2,136

1,472

Erneuerung Maschinen

14,650

14,977

Immaterielle Vermögenswerte

 

 

Betriebskapital:

14,854

12,709

Insgesamt

36,890

34,408

(61)

Um diese Kosten zu decken, wurde im März 1994 ein Finanzierungsplan erstellt, der danach mehrmals geändert wurde. Tabelle 6 wurde den von Deutschland übermittelten Angaben entnommen Die kursiv gedruckten Maßnahmen betreffen angebliche private Mittel. (in Mio. DEM):

Tabelle 6

Maßnahme

Finanzierungsplan

25.3.1994

26.4.1995

25.4.1996

Durchgeführt

11

TIB-Beteiligung

1,950

1,975

1,975

1,975

12

partiarisches Darlehen (TIB)

6,000

6,000

6,000

6,000

15

KMU-Zuschuss

2,000

2,500

2,500

2,500

 

Darlehen

13,500

 

 

 

18

KfW-ERP-Aufbauprogramm

 

2,000

2,000

2,000

19

KfW-Mittelstandsprogramm

 

1,000

1,000

1,000

20

DtA-Umweltprogramm

 

1,730

1,730

1,730

21

ERP-Energiesparprogramm

 

3,450

3,450

3,450

22

KfW-ERP-Aufbauprogramm

 

 

2,000

2,000

 

Bankdarlehen

 

5,320

3,320

1,000

(14)

Betriebsmittelkredit von Banken

6,500

6,500

6,500

6,500

24

Investitionszuschüsse

3,370

3,340

3,340

3,360

25

Investitionszulagen

1,020

1,020

1,020

0,838

 

Herr Raithel (Eigentümer)

2,550

0,055

0,055

0,055

16

DtA- Eigenkapitalhilfe

 

0,200

0,200

0,200

17

KfW-ERP-Existenzgründungsprogramm

 

1,800

1,800

1,800

 

Insgesamt

36,890

36,890

36,890

34,408

(62)

Es wird festgestellt, dass die TIB-Beteiligung (Maßnahme 11) im Jahr 1995 gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Betrag um 0,25 Mio. DEM erhöht wurde. Es wird ferner festgestellt, dass der ursprüngliche Plan Darlehen in Höhe von 13,5 Mio. DEM vorsah. Für diese Darlehen sowie für einen Betriebsmittelkredit einer privaten Bank in Höhe von 6,5 Mio. DEM übernahm das Land 90 %ige Bürgschaften (Maßnahmen 13 und 14). Im Jahr 1994 wurde der Betriebsmittelkredit eingebracht. Die Darlehen in Höhe von insgesamt 13,5 Mio. DEM wurden im Jahr 1995 gewährt (Maßnahmen 18-22) und durch die 90 %ige Bürgschaft effektiv gedeckt.

(63)

Hinsichtlich der angeblichen privaten Mittel wird festgestellt, dass der ursprünglich vorgesehene Beitrag des Investors von 2,555 Mio. DEM auf 2,055 Mio. DEM reduziert wurde, d.h. um 0,5 Mio. DEM. Der „KMU-Zuschuss“ (Maßnahme 15) wurde um 0,5 Mio. DEM erhöht, also genau um den Betrag, um den der Beitrag des Investors verringert wurde. Als der angebliche Beitrag des privaten Investors tatsächlich eingebracht wurde, bestand dieser außerdem aus einem Barbetrag von 0,055 Mio. DEM aus den Eigenmitteln des Investors und zwei Darlehen in Höhe von 2 Mio. DEM, die von staatlichen Banken auf der Grundlage genehmigter Beihilferegelungen (Maßnahmen 16 und 17) gewährt wurden.

(64)

Es wird festgestellt, dass Tabelle 6, wie sie von Deutschland übermittelt wurde, keinen Verweis auf die im Rahmen der Maßnahmen 26 und 27 gewährten Zuschüsse und auf die Sonderabschreibungsregelung enthält, die das Unternehmen nach Angaben Deutschlands in Anspruch nehmen konnte (Maßnahme 33). In einer gesonderten Tabelle, die am 30. Januar 2002 übermittelt wurde, gab Deutschland an, dass die in den Jahren 1994 und 1995 abgeschriebenen Investitionen sich auf insgesamt 3,603 Mio. DEM beliefen.

(65)

Deutschland übermittelte folgende weitere Tabelle mit verschiedenen Investitionen, die das Unternehmen in den Jahren 1997 und 1998 getätigt hat (in Mio. DEM):

Tabelle 7

Kosten

Geplant

Durchgeführt

Maschinen/Anlagen

5,580

 

Immaterielle Vermögenswerte

0,150

 

Insgesamt

5,730

6,769

(66)

Die Finanzierung dieser Kosten ist in Tabelle 8, wie sie von Deutschland übermittelt wurde, im Einzelnen dargestellt (in Mio. DEM):

Tabelle 8

Maßnahme

Finanzierung

Geplant

Durchgeführt

 

Eigenbeitrag

1,318

2,406

28

Investitionszuschüsse

1,670

1,670

29

Investitionszulagen

0,279

0,292

 

Sonstige Quellen

2,400

2,400

 

Insgesamt

5,730

6,769

(67)

Es wird festgestellt, dass Tabelle 8, wie sie von Deutschland übermittelt wurde, keinen Verweis auf die Zuschüsse im Rahmen der Maßnahmen 31 und 32 enthält. Für die Finanzierung der Kosten in Tabelle 7 gibt Deutschland jedoch an, dass das Unternehmen im Rahmen der Sonderabschreibungsregelung (Maßnahme 33) Investitionen in Höhe von bis zu 0,743 Mio. DEM abgeschrieben habe. Dieser letztgenannte Betrag ist vermutlich im Posten „Sonstige Quellen“ in Tabelle 8 einhalten.

(68)

Deutschland hat ferner einen weiteren Investitionsplan (15) übermittelt, in dem die zwischen 1994 und 2000 getätigten Investitionen sowie die zwischen 2000 und 2003 zu tätigenden Investitionen im Einzelnen aufgeführt sind. Dieser Plan nennt eine große Anzahl vor allem von Maschinen und Anlagen, in die das Unternehmen investiert hat. Die Gesamtkosten für den Zeitraum 1994-2000 sind in Tabelle 9, wie sie von Deutschland übermittelt wurde, dargestellt (in Mio. DEM):

Tabelle 9

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Insges.

8,504

4,540

1,933

1,846

4,923

1,370

0,790

23,906

(69)

Die Kommission stellt fest, dass dieser letztgenannte Investitionsplan einen Teil der in den Tabellen 5 bis 8 beschriebenen Investitionen zusammenfasst. In diesem Zusammenhang belaufen sich die im Zeitraum 1994-1996 getätigten Investitionen auf insgesamt 14,977 Mio. DEM. Dies entspricht den in Tabelle 5 unter dem Posten „Erneuerung von Maschinen“ dargestellten, tatsächlich durchgeführten Investitionen. Für die Jahre 1997 und 1998 entspricht der Gesamtbetrag der Investitionen den gemäß Tabelle 7 getätigten Investitionen.

D.   Marktanalyse

(70)

Sowohl Kahla I als auch Kahla II produzieren Geschirr aus Feinkeramik und Porzellan für den Haushaltssektor. Kahla II expandierte und produziert heute auch für den gewerblichen Bereich, insbesondere für Hotels und für Dekorationszwecke. Die Erzeugnisse werden auch exportiert.

(71)

Im Sektor Tafel- und Zierporzellan besteht ein intensiver Warenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten. Während Zierporzellan in ganz Europa hergestellt wird, sind die Tafelporzellanhersteller stark regional konzentriert in Nordbayern (Deutschland), in Staffordshire (Vereinigtes Königreich) und im Limousin (Frankreich). Neben einer Vielzahl von KMU bestehen auch zahlreiche Großunternehmen. Zu letzteren gehören Villeroy&Boch (Deutschland/Luxemburg), Hutschenreuther und Rosenthal (Deutschland) sowie Royal Doulton und Wedgewood (Vereinigtes Königreich), auf die mehr als ein Drittel der Gesamtproduktion in der Gemeinschaft entfällt. Zur Deckung des speziellen Bedarfs des Hotel- und Gaststättengewerbes entstand der „Hotelporzellansektor“ mit seinem eigens entworfenen soliden Porzellan. Das Vereinigte Königreich, Deutschland und Italien sind die Haupterzeuger- und Verbraucherländer. Die enge Beziehung zum Endverbraucher und die notwendige Konkurrenz beim Design haben diese sehr arbeitsintensive Branche mit ihrer enormen Produktpalette besonders geprägt. Die Verkäufe an Drittländer übersteigen nominal die Einfuhren der Gemeinschaft, doch im Volumen liegen die Einfuhren über den Ausfuhren, vor allem wegen der extrem billigen Einfuhren aus China (16).

(72)

In der Porzellanbranche bestehen Überkapazitäten. Fertigung und Verbrauch verzeichneten zwischen 1984 und 1991 ein anhaltendes Wachstum, dem in den Jahren 1992 und 1993 Rückschläge folgten. Eine für 1994 erwartete Erholung trat nicht ein. Die Handelsbilanz der letzten Jahre war positiv, aber der Anteil der Importe hat deutlich zugenommen, besonders bei Haushaltsgeschirr. Der Exportzuwachs kann den Wettbewerbsdruck in diesem Sektor nicht ausgleichen. Vielmehr verschärfen sich die angespannte Wettbewerbslage und die Kapazitätsüberschüsse durch Marktneueinsteiger aus Südostasien und Osteuropa (vor allem der Tschechischen Republik und Ungarn), die von ihren Handelsabkommen mit der Europäischen Union profitieren, noch weiter verschärfen (17).

III.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG UND AUSWEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(73)

Bei der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hat die Kommission die Finanzmaßnahmen zugunsten von Kahla I und Kahla II im Lichte des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag und des Artikels 61 Absatz 1 EWR-Abkommen untersucht. Die Maßnahmen umfassten staatliche Mittel und verfälschten den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten oder drohten ihn zu verfälschen und verschafften diesen Unternehmen Vorteile. In ihrer vorläufigen Würdigung waren Kahla I und Kahla II nach Ansicht der Kommission Unternehmen in Schwierigkeiten. Die Kommission bezweifelte ferner, dass der Staat sich wie ein marktwirtschaftlicher Unternehmer verhalten hatte, als er diesen Unternehmen finanzielle Mittel zuführte. In einer vorläufigen Würdigung wurden solche Maßnahmen als staatliche Beihilfe betrachtet.

(74)

Da die Kommission ernsthafte Zweifel hatte, ob diese Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, leitete sie wegen der Ad-hoc-Beihilfen an Kahla I und Kahla II das förmliche Prüfverfahren ein. Außerdem behauptete Deutschland, dass zahlreiche Beihilfemaßnahmen nach genehmigten Beihilferegelungen gewährt worden seien. Nach den der Kommission vorliegenden Angaben war sie nicht in der Lagen, zu entscheiden, ob diese Maßnahmen mit den genehmigten Beihilferegelungen, nach denen sie angeblich gewährt wurden, übereinstimmten. Daher hat die Kommission im Rahmen der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens eine Anordnung zur Auskunftserteilung an Deutschland gerichtet, um diesen Punkt zu klären.

(75)

Die als Antwort auf diese Anordnung zur Auskunftserteilung übermittelten Informationen zerstreuten lediglich im Falle einiger angeblich nach einer genehmigten Beihilferegelung gewährten Maßnahmen die Zweifel der Kommission daran, dass es sich um bestehende Beihilfen handelt. Ferner stellte die Kommission bei mehreren Maßnahmen Einzelheiten fest, über die sie zuvor nicht informiert worden war. Folglich weitete die Kommission das förmliche Prüfverfahren aus, um die Maßnahmen, die offensichtlich noch immer nicht mit genehmigten Beihilferegelungen in Einklang stehen, sowie die Maßnahmen, über die sie erst nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens unterrichtet worden war, zu beurteilen.

IV.   BEMERKUNGEN DEUTSCHLANDS

(76)

In seinem Schreiben vom 11. November 1999 vertrat Deutschland die Ansicht, keine der vorstehenden Finanzmaßnahmen habe der Kommission notifiziert werden müssen. Deutschland macht geltend, dass Kahla II im Februar 1994 neu gegründet und die Geschäftstätigkeit von Kahla I nicht fortgeführt wurde. Nach deutschen Aussagen befindet sich die Kahla II nicht in Schwierigkeiten. Während des gesamten Verfahrens hat Deutschland auf diesem Punkt bestanden. Zur Untermauerung dieser Argumentation legte Deutschland zunächst zwei von Beratern erstellte Berichte vom 29. November 1993 und vom 11. Januar 1994 vor. Nach der Ausweitung des formalen Prüfverfahrens übermittelte Deutschland einen von einem weiteren Berater erstellten Bericht vom 21. Januar 2002 vor.

(77)

Deutschland stellte zunächst fest, dass die Mehrheit der Finanzmaßnahmen der öffentlichen Einrichtungen nicht als Beihilfe betrachtet werden sollten, weil die staatlichen Behörden wie ein marktwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt hätten, als sie Kahla II finanzielle Hilfe zusagten. Die übrigen Finanzmaßnahmen zugunsten von Kahla II, die nicht unter den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors fallen würden, sind Deutschland zufolge entweder durch genehmigte Beihilferegelungen abgedeckt oder als De-minimis-Beihilfen anzusehen. Deutschland übermittelte ausführliche Informationen und Unterlagen.

(78)

Nach der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens erkannte Deutschland an, dass einige Maßnahmen Beihilfen darstellen könnten und einige nicht unter die in der Mitteilung der Kommission über „de minimis“-Beihilfen (18) und der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „de minimis“-Beihilfen (19) enthaltenen De-minimis-Regeln oder genehmigte Beihilferegelungen fallen könnten. Deutschland vertrat jedoch die Auffassung, in diesem Fall sei die Beihilfe als Investitionsbeihilfe, die die regionalen Förderhöchstgrenzen einhalten. Ferner übermittelte Deutschland mehrere Investitionspläne und ergänzende Informationen zu diesem Thema, einschließlich einer Schätzung der Beihilfeintensität der Maßnahmen.

(79)

Abschließend trug Deutschland vor, dass die Kommission, falls sie keines der angeführten Argumente akzeptiere,– insbesondere für Maßnahme 26 – prüfen sollte, ob die Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beschäftigungsbeihilfe betrachtet werden könnte.

(80)

In seinem Schreiben vom 1. Oktober 2002 erklärte Deutschland, entgegen aller vorherigen Argumente, dass, falls die Kommission Kahla II als ein Unternehmen in Schwierigkeiten betrachten sollte, die fraglichen Beihilfemaßnahmen als Umstrukturierungsbeihilfen auf Basis der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (20) (Umstrukturierungsleitlinien) beurteilt werden sollten.

V.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(81)

Nach der Einleitung und Ausweitung des Verfahrens erhielt die Kommission Stellungnahmen von Kahla II, die an Deutschland mit Schreiben vom 7. August 2001 und 6. März 2002 übermittelt wurden. Die von Kahla II vorgetragenen Argumente stimmen weitgehend mit denen Deutschlands überein.

(82)

Ferner ging eine neue Beschwerde darüber ein, dass Kahla II weitere Beihilfen erhalten haben solle. Diese Information wurde mit Schreiben vom 30. April 2002 an Deutschland übermittelt. Am 29. Mai 2002 antwortete Deutschland und trug vor, das Unternehmen habe keine anderen Zuschüsse erhalten als diejenigen, über die die Kommission unterrichtet worden sei.

(83)

Am 30. Juli 2002 übermittelte Kahla II der Kommission eine weitere Stellungnahme, die keine neuen Tatsachen oder Beweise enthielt, in der Deutschland jedoch darauf auf seinen vorhergehenden Argumenten bestand, dass das Unternehmen sich niemals in Schwierigkeiten befunden habe, dass bestimmte Maßnahmen nicht als Beihilfe zu betrachten seien und dass die Ad-hoc-Beihilfen als vereinbare regionale Beihilfen betrachtet werden müssten.

VI.   WÜRDIGUNG

A.   Das Unternehmen

(84)

Bei der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens konnte die Kommission aufgrund der vorliegenden Angaben nicht entscheiden, ob Kahla I und Kahla II unabhängige Unternehmen waren oder inwieweit die Kahla II als Fortführung eines Unternehmens oder als Auffanglösung anzusehen ist. Daher wurde Deutschland aufgefordert, genügend Angaben vorzulegen, um diesen Punkt zu klären.

(85)

In der Ausweitung des formalen Prüfverfahrens kam die Kommission zu dem Schluss, dass Kahla I und Kahla II verschiedene rechtliche Einheiten sind. Kahla II wurde als Auffanggesellschaft betrachtet, da sie von Hern G. Raithel als Mantelgesellschaft gegründet wurde, um die Tätigkeiten der in Abwicklung befindlichen Kahla I fortzuführen und deren Vermögenswerte zu übernehmen. In den vorliegenden Unterlagen wird Kahla II oft als Auffanggesellschaft bezeichnet, und die Kommission stellte fest, dass eine Änderung der Kontrolle, der Eigentumsverhältnisse und der Rechtspersönlichkeit stattgefunden hat. Deutschland hat dieser Ansicht nicht widersprochen.

(86)

Die Veräußerung der Vermögenswerte an Kahla II erfolgte nicht in einer offenen und bedingungsfreien Ausschreibung. Deutschland erklärt, die Marktteilnehmer seien darüber informiert gewesen, dass die Vermögenswerte zur Veräußerung angeboten wurden. Deutschland zufolge wurde nach Verhandlungen mit zwei potenziellen Investoren Herr G. Raithel vom Gesamtvollstreckungsverwalter als bester Bieter ausgewählt. Nach Angaben des Gesamtvollstreckungsverwalters waren die Gründe für diese Wahl sowohl die Erfahrung des Bieters auf dem Porzellanmarkt als auch die Tatsache, dass er ein wesentlich höheres Angebot gemacht habe als der andere Bieter, der Deutschland zufolge 1 DEM geboten habe. Die Kommission stellt jedoch fest, dass Herr G. Raithel zwar in der Tat mehr als 1 DEM geboten habe, dieser angebotene Preis aber durch staatliche Mittel finanziert werden sollte. Dennoch geht aus den verfügbaren Informationen hervor, dass Herr G. Raithel 55 000 DEM aus Eigenmitteln und damit mehr als 1 DEM eingebracht habe. Auf Grundlage der verfügbaren Informationen folgt die Kommission der Ansicht Deutschlands, dass Herr G. Raithel der beste Bieter war.

(87)

Die Kommission erkennt an, dass der Wert des Grundstücks von Kahla I auf einem Gutachten unabhängiger Sachverständiger beruhte. Deutschland erklärte, der Wert für Anlagen und Vorratsvermögen - insgesamt rd. 3,5 Mio. DEM – sei nicht auf Basis eines Gutachtens ermittelt worden, da es praktische Probleme gegeben habe und ein Großteil der Anlagen in schlechtem Zustand gewesen sei und habe ersetzt werden müssen. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass kein Grund besteht zu bezweifeln, dass der für die Vermögenswerte von Kahla I bezahlte Preis nicht dem Marktpreis entsprach.

(88)

Was den anschließenden Verkauf des 49%igen Anteils der TIB an Kahla II betrifft, so wird in den folgenden Abschnitten analysiert, ob dieser dem Verhalten eines marktwirtschaftlichen Unternehmers entspricht. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Veräußerung dieses Anteils an Herrn G. Raithel und seinen Sohn am 31. Dezember 1999 nicht in einer offenen, transparenten und unbeschränkten Ausschreibung erfolgt ist.

(89)

Die TIB ist ein landeseigenes Finanzinstitut. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Gerichsthofs der Europäischen Gemeinschaften und der Politik der Kommission ist die Kommission der Ansicht, dass der Verkaufspreis für eine öffentliche Beteiligung keine Elemente einer staatlichen Beihilfe enthält, sofern das Verkaufsobjekt im Rahmen eines offenen, an keine Bedingungen geknüpften und nichtdiskriminierenden Ausschreibungsverfahrens angeboten wird. Allerdings sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, dieses Verfahren bei der Veräußerung öffentlicher Beteiligungen zu befolgen.

(90)

Wird kein solches Verfahren durchgeführt, kann der Verkaufspreis Elemente staatlicher Beihilfe enthalten. Daher kann die Kommission gegebenenfalls prüfen, ob der Verkaufspreis dem Wert der öffentlichen Beteiligung in angemessener Weise entspricht. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass der Preis für die an Herrn G. Raithel und seinen Sohn veräußerten Anteile höher war als der Preis, den die TIB selbst fast sechs Jahre zuvor bezahlt hatte. Es wird ferner festgestellt, dass der Anteil eine Minderheitsbeteiligung darstellte. Abschließend ist hervorzuheben, dass im Zusammenhang mit der Einleitung oder der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens kein Beteiligter eine Beschwerde darüber eingelegt hat, willkürlich aus der Veräußerung ausgeschlossen worden zu sein, und kein Beteiligter ein Angebot für die Beteiligung vorgelegt hat. Folglich gibt es nach Auffassung der Kommission beim Verkauf dieser Beteiligung keine Anhaltspunkte für eine Beihilfe.

B.   Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag

(91)

Kahla I und Kahla II wurden Finanzhilfen aus staatlichen Mitteln gewährt, die beiden Unternehmen Vorteile gegenüber ihren Mitwettbewerbern verschafften. Die in den Unterlagen enthaltenen Tatsachen zeigen, dass, unter staatlicher Kontrolle stehende Einrichtungen Darlehen gewähren und Beteiligungen an Privatunterhehmen, wie die TIB an Kahla II, ihre Aktivitäten klar dem Staat zuzurechnen sind. In diesem Zusammenhang wird auf einen Bericht eines Beraters vom 29. November 1993 Bezug genommen, gemäß welchem das gesamte Umstrukturierungskonzept von Kahla im Licht der Bemühungen der regionalen Regierung, Arbeitsplätze bei Kahla zu sichern, gesehen werden muss (21). Da der Porzellanmarkt ein wettbewerbsintensiver europäischer Produktmarkt mit Überkapazität ist, drohen finanzielle Vorteile, die einem Unternehmen gegenüber seinen Mitwettbewerbern eine vorteilhafte Position verschaffen, den Wettbewerb zu verfälschen und beeinträchtigen den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

(92)

Was Kahla I betrifft, so kommt die Kommission in der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens zu dem Schluss, dass die Maßnahmen 2, 3 und 9 keine Beihilfen darstellen. Die übrigen von Deutschland gewährten Maßnahmen werden immer noch als Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag angesehen. Deutschland hat dieser Ansicht nicht widersprochen, welche folglich aufrecht erhalten wird.

(93)

Was Kahla II betrifft, so ist Deutschland nach wie vor der Meinung, dass es sich um ein neues Unternehmen handelt, das die unternehmerische Kontinuität von Kahla I nicht gewährleistet und das sich nie in Schwierigkeiten befand. Deshalb haben die öffentlichen Behörden bei der Gewährung ihrer finanziellen Unterstützung wie ein marktwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt. Die Kommission wird zunächst prüfen, ob die öffentlichen Einrichtungen, die Kahla II finanzielle Hilfe zur Verfügung stellten, als marktwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt haben. Zum Zweiten wird die Kommission die Frage der Schwierigkeiten des Unternehmens untersuchen.

(94)

Deutschland hat zwei von Beratern erstellte Berichte vorgelegt, um seine These zu untermauern, dass die öffentlichen Einrichtungen, die Kahla II finanzielle Hilfe zur Verfügung stellten, als marktwirtschaftlich orientierte Kapitalgeber gehandelt haben.

(95)

Wir in Rn 91 dargelegt schlägt der erste Bericht vom 29. November 1993 mit Blick auf die Bemühungen der Landesregierung, die Arbeitsplätze bei Kahla zu erhalten, einen Umstrukturierungsplan für die Auffanggesellschaft vor (22). Die Umstrukturierung sollte im Zeitraum 1994 bis 1997 stattfinden und Gesamtkosten in Höhe von 18,779 Mio. DEM umfassen. Die Gewinnschwelle sollte 1996 mit einem positiven Ergebnis in Höhe von 0,101 Mio. DEM erreicht werden.

(96)

Der zweite Bericht wurde am 11. Januar 1994 für die TIB erstellt, bevor diese ihren 49 %igen Anteil am Unternehmen übernahm. Die Studie erläutert, Ziel der TIB sei die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in Thüringen (23). In der Studie wird darauf hingewiesen, dass die Wiederherstellung der Rentabilität nur durch eine Umstrukturierung mit Unterstützung der öffentlichen Behörden erreicht werden könnte. Die Gewinnschwelle sollte 1996 mit einem positiven Ergebnis in Höhe von 1,394 Mio. DEM erreicht werden. Außerdem hieß es in der Studie, dass das öffentliche Engagement zugunsten von Kahla II hohe Risiken beinhaltete und es wurde jegliche Möglichkeit ausgeschlossen, dass das Unternehmen eine finanzielle Unterstützung vor 1998 zurückzahlen kann.

(97)

In Anbetracht dieser Berichte kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die staatlichen Finanzinstitute – insbesondere die TIB – nicht als marktwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt haben, als sie Kahla II finanzielle Hilfe zusagten. Diese Berichte belegen eindeutig, dass das Ziel der Landesregierung und ihrer Finanzinstitute darin lag, Arbeitsplätze zu erhalten. Dies ist nicht das Hauptziel eines marktwirtschaftlichen Unternehmers. Darüber hinaus sehen die Berichte für mindestens zwei Jahre Verluste vor und analysieren keinerlei mögliche Gegenleistung für die Beteiligung der Behörden, wie dies bei jedem marktwirtschaftlichen Unternehmer hätte der Fall sein müssen.

(98)

Insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung der TIB kann die Kommission nur ihren Standpunkt beibehalten, dass diese nicht in Einklang mit dem Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors ist und folglich als Beihilfe zu betrachten ist. Die Tatsache, dass die TIB ihren Anteil fünf Jahre später an die Mehrheitseigner G. Raithel und seinen Sohn veräußerte, und zwar zu einem höheren Preis, als sie im Jahr 1994 selbst bezahlt hatte, ändert nichts an dieser Schlussfolgerung. Das Verhalten der TIB muss ex ante unter Berücksichtigung der potenziellen Risiken und der erwarteten Einnahmen beurteilt werden. Auf der Grundlage der damals verfügbaren Berichte waren diese Risiken hoch (24), es wurden jedoch keine Maßnahmen getroffen, um ihnen zu begegnen. Ferner wurde keine Analyse künftiger Einnahmen durchgeführt. Darüber hinaus ist der von der TIB tatsächlich gemachte Gewinn gering.

(99)

Entgegen den Aussagen Deutschland, sind die Bedingungen der TIB-Beteiligung nicht vergleichbar mit den Bedingungen des privaten Kapitalgebers, Raithel. Raithel hat angeblich 2,055 Mio. DEM in das Unternehmen investiert. Es stammten jedoch nur 0,055 Mio. DEM aus seinen privaten Eigenmitteln. Die verbleibenden 2 Mio. DEM stammten aus staatlichen Mitteln in der Form von 2 Darlehen, die Raithel gewährt wurden (Maßnahmen 16 und 17). Darüber hinaus, war eines der Darlehen (Maßnahme 16) in eine Garantie des Bundes gegenüber der gewährenden Deutschen Ausgleichsbank einbezogen, das andere Darlehen (Maßnahme 17) durch eine erstrangige Grundschuld auf das Grundstück von Kahla II (25). Die TIB hat dagegen 1,975 Mio. DEM aus ihren Eigenmitteln dem Unternehmen in Form einer Beteiligung zur Verfügung gestellt. Dieser Betrag stellte Eigenkapital da, das im Falle der Insolvenz nachrangig bedient wird. Das von der TIB übernommene Risiko ist somit deutlich höher als das Risiko des privaten Kapitalgebers. Wie in Randnummer 111 dargestellt werden wird, hatte Herr G. Raithel darüber hinaus das Recht, sich vom Vertrag zurückzuziehen, wenn die TIB-Beteiligung und/oder andere Maßnahmen nicht eingebracht werden, während die TIB nicht über solche Rechte verfügte. Die TIB-Beteiligung steht daher nicht in Einklang mit dem Prinzip des privaten Kapitalgebers.

(100)

Was die übrigen von Deutschland getroffenen Maßnahmen betrifft, so hätte ein marktwirtschaftlicher Unternehmer angesichts der besonderen Situation des Unternehmens und der Tatsache, dass dieses in einem Markt tätig ist, der von strukturellen Überkapazitäten gekennzeichnet ist, nur unter Bedingungen finanzielle Unterstützung gewährt, die diesen Fakten Rechnung tragen.

(101)

Die Kommission wird zunächst die von der TIB und von staatseigenen Banken gewährten Kredite untersuchen. Diese Kredite sind in Tabelle 10 zusammenfassend dargestellt.

Tabelle 10

Maßnahme

Betrag

(DEM)

Zinssatz

Referenzzinssatz

Sicherheiten

12

6 Mio.

12 % (26)

6,62 %

16

0,2 Mio.

0 %-5 % (27)

6,62 %

Garantie des Bundes

17

1,8 Mio.

5,5 %

6,62 %

erstrangige Grundschuld auf Grundbesitz für 1,8 Mio. DEM; subsidiär Grundschuld auf Grundbesitz für 20 Mio. DEM

18

2 Mio.

6,5 %

8,28 %

zweitrangige Grundschuld auf Grundbesitz für 1.8 Mio. DEM, zweitrangige und drittrangige Grundschuld über 20 Mio. DEM, Abtretung von Maschinen und Rechten gegenüber Dritten, Abtretung von Lagerbeständen, Abtretung von Forderungen gegen Kunden, 90 %ige Bürgschaft des Landes Thüringen

19

1 Mio.

6,75 %

8,28 %

Wie Maßnahme 18

20

1,73 Mio.

6,65 %

8,28 %

Wie Maßnahme 18

21

3,45 Mio.

6,65 %

8,28 %

Wie Maßnahme 18

22

2 Mio.

5 %

7,33 %

Wie Maßnahme 18

(102)

Tabelle 10 belegt, dass die staatlichen Finanzinstitute nicht als marktwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt haben. Insbesondere mit Blick auf das partiarische Darlehen der TIB (Maßnahme 12) wird festgestellt, dass der vereinbarte Zinssatz 12 % betrug, aber die Höhe der Zinsen auf 50 % des Jahresüberschusses begrenzt war. In den Berichten war bereits betont worden, dass Kahla II mindestens während der ersten beiden Jahre keinerlei Gewinne erwirtschaften würde. Dies ist in der Tat eingetreten. Kein erhöhter Zinssatz ist vereinbart worden, um für die Jahre, für die Zinszahlungen unwahrscheinlich waren, zu kompensieren. Folglich hat die TIB bewusst ein partiarisches Darlehen gewährt, das mit keinerlei zusätzlichen Stimmrechten verbunden war, ohne irgendwelche Sicherheiten zu verlangen und zu einem Zinssatz von 0 % für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren. Keine Risikoprämie wurde für die Kompensierung der Risiken vereinbart, die in dem Bericht, auf dessen Grundlage das partiarische Darlehen (und die Beteiligung) gewährt wurden, vorhergesehen wurden. Was die verbleibenden Darlehen betrifft, so zeigt die Tabelle, dass sie alle zu einem niedrigeren Zinssatz als dem Referenzzinssatz gewährt wurden. Außerdem kamen Sicherheiten, soweit sie gestellt wurden, entweder von den Behörden, oder es wurden wiederholt für alle Darlehen dieselben Vermögenswerte als Sicherheit herangezogen. Diese Vermögensgegenstände sind nicht unabhängig bewertet worden, so dass ihr tatsächlicher Wert zweifelhaft ist. Es muß außerdem in Erinnerung gerufen werden, dass diese Vermögensgegenstände mit staatlicher Unterstützung finanziert wurden.

(103)

Der Bürgschaftsvertrag sah vor, dass, nachgeordnet, eine Bürgschaft in Höhe von 0,7 Mio. DEM von Herrn G. Raithel bereitgestellt werden sollte, es sei denn, es könnte nachgewiesen werden, dass er eine persönliche Bürgschaft für das EKH-Darlehen (Maßnahmen 16) bereitgestellt hat. Der Darlehensvertrag für Maßnahme 16 weist auf keinerlei Bereitstellung einer persönlichen Bürgschaft hin, sondern auf eine Garantie des Bundes. Die Kommission wurde jedoch nie darüber informiert, dass diese Bürgschaft in Höhe von 0,7 Mio. DEM jemals bereitgestellt wurde. Vielmehr wurde das Darlehen nach Kenntnis der Kommission durch eine Garantie des Bundes und gerade nicht durch eine persönliche Bürgschaft abgesichert. Selbst wenn sie bereitgestellt worden wäre, wäre sie nachrangig hinter allen anderen Sicherheiten und würde nur einen sehr viel geringeren Teil des möglicherweise hohen Ausfallrisikos abdecken. Angesichts dessen kann die Kommission nur zu dem Schluss kommen, dass die staatlichen Banken und Institute nicht als marktwirtschaftlich handelnde Marktteilnehmer gehandelt haben. Zudem bezeichnet Deutschland die Darlehen unter den Maßnahmen 16-22 selbst als Beihilfe (28), wenn auch als bestehende Beihilfe. Die Kommission ist ebenso wie Deutschland der Ansicht, dass sie Beihilfen darstellen. Ihre Einstufung als bestehende Beihilfen wird in den folgenden Abschnitten geprüft.

(104)

Was die Zuschüsse (Maßnahmen 15, 24-29, 31-32) betrifft, so hätte nach Ansicht der Kommission kein marktwirtschaftlicher Unternehmer nicht-rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Deutschland hat diese Tatsache nicht bestritten. Hinsichtlich der 90 %igen Landesbürgschaften (Maßnahmen 13, 14, 23 und 30) schließlich räumt Deutschland selbst ein, dass diese Beihilfen darstellen. Angesichts des damit verbundenen hohen Risikos und des Fehlens eines angemessenen Risikozuschlags, teilt die Kommission diese Ansicht in vollem Umfang. Es besteht also keine Notwendigkeit, diese Frage weiter zu untersuchen. Deutschland zufolge fallen diese Bürgschaften unter die De-minimis-Regelung. Dies wird in Abschnitt D der Würdigung geprüft.

(105)

Angesichts dessen kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die staatlichen Finanzinstitute Kahla II die Unterstützung unter Bedingungen gewährt habe, die denen eines marktwirtschaftlichen Unternehmers vergleichbar wären. Folglich werden alle Maßnahmen Deutschlands nach wie vor als Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag betrachtet.

(106)

Kahla II ist eine Auffanglösung, also ein neu gegründetes Unternehmen, das die Vermögenswerte eines in Gesamtvollstreckung befindlichen Unternehmens übernommen hat. Obwohl sie neu gegründete Unternehmen sind, können Auffanglösungen, die speziell in Ostdeutschland geschaffen wurden, als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden. Der Grund dafür liegt darin, dass diese Mantelgesellschaften die Vermögenswerte eines in Gesamtvollstreckung befindlichen Unternehmens übernehmen und deren Tätigkeit fortführen, und zwar in der Regel ohne zuvor irgendeine akzeptable Umstrukturierungen durchzuführen. Auffanglösungen „erben“ demnach eine Reihe struktureller Mängel und benötigen substanzielle Veränderungen, um in einer Marktwirtschaft tätig sein zu können. Zu diesen Veränderungen gehören Investitionen für den Ersatz und die Modernisierung alter Maschinen und Anlagen, Veränderungen in der Unternehmensstruktur (traditionell große Konglomerate, die im Rahmen einer Planwirtschaft tätig waren), Personalabbau (ostdeutsche Konglomerate arbeiteten in der Regel mit zu vielen Arbeitskräften), eine neue Produktorientierung, Marketing etc. Außerdem muss das Vertrauen von Kunden, Lieferanten und Kreditinstituten wieder aufgebaut werden, da die Auffanggesellschaft Nachfolgerin eines gescheiterten Unternehmens ist. In diesem Sinne sind sie nicht mit anderen neugegründeten Unternehmen vergleichbar.

(107)

Die Anpassung geschieht in der Regel durch eine Umstrukturierung, die in den meisten Fällen staatliche Beihilfen einbezieht. Unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Neuen Länder hat die Kommission ein flexibles und großzügiges Konzept gebilligt, das es den Auffanglösungen ermöglicht, bis Ende 1999 Umstrukturierungsbeihilfen in Anspruch zu nehmen. Diese Vorgehensweise ist in Fußnote 10 der Umstrukturierungsleitlinien (1999) kodifiziert (29). Aufgrund ihrer besonderen Situation bilden Auffanggesellschaften eine Ausnahme von der Regel, dass neugegründete Unternehmen gemäß den Umstrukturierungsleitlinien nicht für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht kommen.

(108)

Im Rahmen eines anderen Verfahrens (30) hatte Deutschland mit Schreiben vom 5. März und 6. Mai 1999 explizit festgestellt, dass Kahla II ein Unternehmen in Schwierigkeiten darstelle. Zwei Jahre später widersprach Deutschland jedoch mit Schreiben vom 26. September 2001 seinen vorherigen Angaben und stellte fest, Kahla II habe sich niemals in Schwierigkeiten befunden. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren vertritt Deutschland die Ansicht, dass Kahla II nicht als ein Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden könnte, da nicht alle in den Umstrukturierungsleitlinien genannten Bedingungen erfüllt seien.

(109)

Die Kommission bemerkt, dass die Umstrukturierungsleitlinien keine präzise Definition eines Unternehmens in Schwierigkeiten geben, jedoch nennen typische Symptome. Im Falle von Kahla II ist das unter Punkt 2.1 der Umstrukturierungsleitlinien (1994) genannte allgemeine Kriterium, nach dem bestimmt wird, ob sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, erfüllt: Unternehmen in Schwierigkeiten sind Unternehmen, „die sich nicht aus eigener Kraft oder mit Mitteln der Anteilseigner oder mit Fremdkapital erholen können.“ Dies wird in den zur Zeit der Gründung von Kahla II und zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe (dem für die Würdigung relevanten Zeitpunkt) verfügbaren Berichten (31) festgestellt; darin wird Kahla II als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet und eine Umstrukturierung für die Wiederherstellung der Rentabilität beschrieben (32). Ex post wird dies durch die Tatsache bestätigt, dass das Unternehmen nach den verfügbaren Informationen niemals Finanzmittel von Banken ohne staatliche Beihilfe erhalten hat (33).

(110)

Tatsächlich sind einige der in den Umstruktuierungsleitlinien dargestellten Indikatoren nicht für Auffanglösungen vorgesehen, da diese Neugründungen darstellen, bei denen die Geschäftsentwicklung in der Vergangenheit nicht geprüft werden kann. Folglich leiden sie zum Zeitpunkt ihrer Gründung nicht an Symptomen wie rückläufige Rentabilität oder zunehmende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lager, verminderter Cash-flow, zunehmende Zinsbelastung etc. Hier erinnert die Kommission daran, dass Auffanglösungen die Ausnahme von der Regel darstellen, dass neu gegründete Unternehmen nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden können und daher keine Umstrukturierungsbeihilfen erhalten können.

(111)

Andererseits sind andere Indikatoren tatsächlich auf Auffanglösungen anwendbar, insbesondere der niedrige Nettobuchwert. Im Falle der Kahla II erinnert die Kommission daran, dass diese die Nachfolgerin eines in Gesamtvollstreckung befindlichen Unternehmens ist und daher vermutlich das Vertrauen einer Reihe von Kunden, Zulieferern und Finanzinstituten verloren hat. So war sogar der Erwerb der Vermögensgegenstände abhängig von staatlicher Unterstützung. Der Kaufvertrag über die Vermögensgegenstände von Kahla I sah vor, dass der neue Investor, Herr G. Raithel, das Recht zum Rücktritt von dem Vertrag hat, wenn die Finanzierung, die verschiedene staatliche Maßnahmen beinhaltete (wie die TIB-Beteiligung und staatliche Darlehen) nicht gesichert war (34). Ferner hat Kahla II die Vermögenswerte der Kahla I übernommen, die niemals eine erfolgreiche Umstrukturierung vornahm und aufgrund dieser Tatsache Gesamtvollstreckung anmelden musste. Ex post wird deutlich, dass strukturelle Probleme übertragen wurden, da Kahla II ohne staatliche Unterstützung keine private Finanzierung erhalten hat.

(112)

Ein weiterer Indikator ist die zu große Zahl der Beschäftigten. Da die für Auffanglösungen gewährte staatliche Unterstützung in der Regel daran gebunden ist, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben, bringt sie für eine gewisse Zeitspanne die zusätzliche Erschwernis mit sich, dass eine gewisse Anzahl von Arbeitsplätzen bestehen bleiben muss. Wie in den in Randnummer 91 genannten Berichten belegt wird, bestand das Hauptziel der Landesregierung darin, Arbeitsplätze zu erhalten. In den folgenden Jahren reduzierte Kahla II die Zahl ihrer Beschäftigten. Folglich kann daraus abgeleitet werden, dass sie zu Beginn zu viele Beschäftigte hatte.

(113)

Da Auffanglösungen außerdem gezwungen sind, Umstrukturierungen vorzunehmen, um in einer Marktwirtschaft tätig sein zu können, kommt es in den ersten Jahren zu Verlusten, der Cash-flow wird in den ersten Jahren nicht steigen und die notwendigen Investitionen bringen hohe Schulden- und Zinsbelastung mit sich. Dies war auch bei Kahla II der Fall. Deutschland hat zwar niemals den Prozess, den Kahla II durchlaufen hat, als Umstrukturierung für ein Unternehmen in Schwierigkeiten bezeichnet, die Kommission stellt jedoch fest, dass in beiden Berichten vom November 1993 und Januar 1994 eine Umstrukturierung vorgeschlagen wurde, die für die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens notwendig sei. Ferner wird Kahla II in einem Bericht von Projekt Management Eschbach (PME), der von Deutschland im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren vorgelegt wurde (35), als ein Unternehmen beschrieben, das sich in einem Umstrukturierungsprozess befindet, der nicht vor 1996 abgeschlossen sein würde (36). Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass ein solcher Prozess für ein gesundes Unternehmen nicht typisch ist.

(114)

Deutschland ist ferner der Ansicht, dass die Verluste, die Kahla II während der ersten Jahre entstanden, lediglich auf die Anwendung einer Sonderabschreibungsregelung zurückzuführen seien (Maßnahme 33). Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass aufgrund der Anwendung dieser Abschreibungsregelung zwar womöglich höhere Verluste gemacht wurden, das Unternehmen jedoch ohne staatliche Unterstützung sicher wesentlich höhere Verluste erlitten hätte und vermutlich vom Markt verschwunden wäre. Es wird festgestellt, dass die staatliche Unterstützung in den von Deutschland vorgelegten Berichten aus den Jahren 1993 und 1994 als entscheidend für das Bestehen des Unternehmens und die Wiederherstellung der Rentabilität betrachtet wurde.

(115)

Zur Untermauerung seines Arguments, Kahla II habe sich niemals in Schwierigkeiten befunden, hat Deutschland einen Bericht vorgelegt, der am 21. Januar 2002 von einem Berater erstellt wurde.

Tabelle 11

 

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

Umsatz (Mio. DEM)

23,19

28,95

31,46

39,10

34,34

35,81

41,60

Betriebsergebnis vor Steuern (Mio. DEM)

[…] (37)

Cash-flow (Mio. DEM)

[…]

Lagerbestände

[…]

Kapazitätsauslastung %

[…]

Eigenkapital %

[…]

Fremdkapital %

[…]

(116)

Die Kommission stellt fest, dass Tabelle 11 eine Ex-post-Evaluierung der Unternehmensgeschichte darstellt. Es ist hilfreich festzustellen, dass die wichtigsten Prognosen der im Jahr 1994 verfügbaren Berichte korrekt waren: Mindestens in den ersten zwei Jahren sollten Verluste gemacht werden. Die Kommission muss jedoch ihre Würdigung ex-ante vornehmen, also feststellen, ob Deutschland seit 1994 seiner Verpflichtung gemäß dem EG-Vertrag nachgekommen sind und die Beihilfe notifiziert hat. Wäre Deutschland seinen Verpflichtungen nachgekommen, hätte die Kommission ihre Würdigung auf der Grundlage der zu dieser Zeit verfügbaren Berichte erstellt. Wie in Randnummern 95, 96 und 113 bereits festgestellt, basieren diese Berichte auf der Prämisse, dass das Unternehmen seine Rentabilität wiederherstellen musste, und kamen zu dem Schluss, dass für die Realisierung dieses Ziels staatliche Unterstützung absolut entscheidend war. Vor dem Hintergrund dieser Berichte hätte die Kommission Kahla II (eine Auffanglösung) entsprechend ihrer ständigen Praxis als ein Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet. Diese Schlussfolgerung kann nicht ex post dadurch geändert werden, dass diese Schwierigkeiten dank der Gewährung erheblicher Beihilfen in einer verkürzten Zeitspanne überwunden wurden.

(117)

Insgesamt kommt die Kommission auf der Basis der zum relevanten Zeitpunkt verfügbaren Berichte zu dem Schluss, dass Kahla II nicht in der Lage war, sich aus eigener Kraft oder mit Finanzmitteln zu marktüblichen Bedingungen zu erholen. Die Kommission stellt insbesondere fest, dass Deutschland diese Tatsache bereits im Jahr 1999 ausdrücklich eingeräumt hat. Zudem wäre das Unternehmen ohne staatliche Unterstützung vermutlich vom Markt verschwunden. Die Tatsache, dass nicht jeder einzelne in den Umstrukturierungsleitlinien genannte Indikator auf Kahla II anwendbar ist, ist nicht von Bedeutung: Diese Leitlinien enthalten eine nicht erschöpfende Liste typischer Symptome und keine erschöpfende und kumulative Liste von Kriterien.

(118)

Folglich bleibt die Kommission bei ihrer Auffassung, dass Kahla II im Zeitraum von 1994 bis Ende 1996 ein Unternehmen in Schwierigkeiten darstellte, bis erstmals, höchstwahrscheinlich dank der gewährten Beihilfe, ein leicht positives Ergebnis erzielt wurde und der Anteil des Eigenkapitals zu steigen begann. Die Kommission ist der Ansicht, dass die mangelnde private Finanzierung ohne staatliche Unterstützung und die verfügbaren Daten diesen Standpunkt erhärten.

C.   Beihilfen, die angeblich durch genehmigte Beihilferegelungen abgedeckt sind

(119)

Ein Teil der Beihilfemaßnahmen zugunsten von Kahla I und Kahla II wurde angeblich nach genehmigten Beihilferegelungen gewährt. Da die Kommission ernsthaft bezweifelte, dass diese Beihilfemaßnahmen mit den Beihilferegelungen, nach denen sie angeblich gewährt wurden, übereinstimmen, forderte sie Deutschland mittels einer Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (38) auf, ihr alle zur Beurteilung notwendigen Unterlagen, Angaben und Daten zu übermitteln. Soweit die von Deutschland übermittelten Informationen ungenügend sind, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass diese Maßnahmen von dem relevanten Programm gedeckt sind, ist die Kommission daher dazu befugt, auf Basis der verfügbaren Informationen zu entscheiden.

(120)

In der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahmen 1, 4, 5, 6, 7 und 10 zugunsten von Kahla I bestehende Beihilfen darstellen, die nicht nochmals zu bewerten sind. Die Kommission bekräftigt ihre Ansicht, dass Maßnahme 8 nicht im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährt wurde und als Ad-hoc-Beihilfe zu bewerten ist.

(121)

Hinsichtlich Kahla II kommt die Kommission bei der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens zu dem Schluss, dass die Maßnahmen 28 und 29 zugunsten von Kahla II bestehende Beihilfen darstellen, die von der Kommission nicht nochmals zu bewerten sind. Die Kommission bekräftigt ihre Ansicht, dass Maßnahmen 11, 12 und 20 nicht im Rahmen einer von der Kommission genehmigten Regelung gewährt wurden. Was die verbleibenden angeblich nach einer genehmigten Beihilferegelung gewährten Maßnahmen betrifft, so wird die Kommission die bei der Einleitung und Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens vorgenommenen vorläufigen Würdigungen teilweise überprüfen.

(122)

Maßnahmen 13, 14, 23 und 30: Diese 90 %igen staatlichen Bürgschaften basierten auf einer Regelung, die niemals bei der Kommission angemeldet wurde. Die Regelung wurde unter der Nummer NN 46/97 eingetragen und niemals von der Kommission genehmigt. Wie in der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens festgestellt, sind diese Bürgschaften also als Ad-hoc-Beihilfen zu bewerten. Ferner stellte die Kommission in ihrer Entscheidung über die Bürgschaftsrichtlinien des Landes Thüringen (39) die Thüringens Verpflichtung fest, diese nicht angemeldete Regelung nicht weiter anzuwenden.

(123)

Hinsichtlich des Beihilfeelements dieser Bürgschaften behauptet Deutschland, einer Vereinbarung zwischen Deutschland und der Kommission zufolge solle sich das Beihilfeelement der Bürgschaft auf 0,5 % des von der Bürgschaft gedeckten Betrags belaufen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass diese Vereinbarung 80 %ige staatliche Bürgschaften betrifft, die mit genehmigten Beihilferegelungen in Einklang stehen. Die vorliegenden Bürgschaften überschreiten diese Grenze um 10 % und wurden nicht im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährt, sondern unter einer nicht angemeldeten Regelung, die niemals von der Kommission genehmigt wurde. Ferner schloss die Vereinbarung Unternehmen in Schwierigkeiten aus ihrem Anwendungsbereich aus. Folglich kann der Satz von 0,5 % entgegen den Angaben Deutschlands nicht auf diese Bürgschaften angewendet werden.

(124)

Bezüglich der Bürgschaften im Rahmen der Maßnahmen 13, 14 und 23. Aufgrund der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (40) gilt Folgendes: „Ist bei der Übernahme der Garantie sehr wahrscheinlich, dass der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, z. B. weil er in finanziellen Schwierigkeiten ist, so kann der Wert der Garantie genauso hoch sein wie der Betrag, der durch die Garantie effektiv gedeckt ist“. Wie im Abschnitt B der Würdigung (Randnummern 106-118) dargelegt wurde, war Kahla II zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Maßnahmen ein Unternehmen in Schwierigkeiten. Das bedeutet, dass bei Bürgschaften, die bis 1996 gewährt wurden, das Beihilfeelement dieser Bürgschaften möglicherweise 90 % der entsprechenden Kredite beträgt.

(125)

Was Maßnahme 30 betrifft, die zu einem Zeitpunkt gewährt wurde, zu dem sich das Unternehmen nicht mehr in Schwierigkeiten befand, ist Deutschland erneut der Auffassung, dass auf der Grundlage der in Randnummer 123 genannten Vereinbarung mit der Kommission das Beihilfeäquivalent bei 0,5 % festgelegt werden solle. Die Kommission erinnert jedoch daran, dass diese Vereinbarung 80 %ige staatliche Bürgschaften betrifft, die im Rahmen genehmigter Beihilferegelungen gewährt wurden. In vorliegenden Fall überschritt die Bürgschaft die 80 %-Grenze um 10 % und wurde nicht im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung gewährt. Folglich kann das Beihilfeäquivalent von 0,5 % hier nicht angewendet werden. Zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Bürgschaft hatte das Land Thüringen zugestimmt, die Bürgschaften von der Entscheidung der Kommission über die Bürgschaftsrichtlinien des Landes Thüringen (41) abhängig zu machen, nach der bei 80 %igen Bürgschaften, die im Rahmen genehmigter Beihilferegelungen gewährt werden, das Beihilfeelement zwischen 0,5 % und 2 % festgelegt werden sollte. Obwohl auch diese Entscheidung 80 %ige Bürgschaften betrifft, die im Rahmen genehmigter Beihilferegelungen gewährt werden, ist es nach Ansicht der Kommission angemessen, diese Regelung hier analog anzuwenden. Unter Berücksichtigung der Tatsache jedoch, dass die Bürgschaft einen Großteil der den Darlehen inhärenten Risiken abdeckte, welches durch den geringen von der privaten Bank festgelegten Zinssatz reflektiert wird, wird die Kommission den in dieser Regelung zugelassenen Höchstsatz von 2 % für Bürgschaften anwenden.

(126)

In ähnlicher Weise hält es die Kommission für angemessen, ein Beihilfeelement von 2 % auf die 90 %ige Bürgschaft nach Maßnahme 13 anzuwenden, und zwar ab dem 30. März 1998, als die Darlehen gemäß den Maßnahmen 18-21 in ein Marktdarlehen umgewandelt wurden. Der Zinssatz des Marktdarlehens belief sich auf 5,90 %. Bevor die Darlehen gemäß den Maßnahmen 18 bis 21 umgewandelt wurden, betrug ihr Zinssatz zwischen 6,5 % und 6,75 %. Die aus staatlichen Mitteln erhaltenen Darlehen wurden somit genau zu dem Zeitpunkt in ein privates Darlehen umgewandelt, als es für das Unternehmen möglich war, einen niedrigeren Zinssatz für ein privates Darlehen am Markt zu erhalten als es für die aus staatlichen Mitteln erhaltenen Darlehen bezahlen müsste. In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, dass diese Umwandlung nur möglich war, weil für dieses neue Darlehen eine 90 %ige staatliche Bürgschaft bereitgestellt wurde.

(127)

Deutschland zufolge fallen diese Bürgschaften unter die De-minimis-Regelung. Die Anwendung der De-minimis-Regelung wird in Abschnitt D der Würdigung geprüft.

(128)

Maßnahme 15: Ein Zuschuss in Höhe von 2,5 Mio. DEM wurde angeblich im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung (42) gewährt. In ihrer Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens stellte die Kommission irrtümlicher Weise fest, dass diese Regelung nur für KMU vorgesehen sei. Deutschland hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch Großunternehmen unter bestimmten Bedingungen für Beihilfen im Rahmen dieser Regelung in Betracht kommen. In der Regelung werden jedoch explizit Unternehmen in Schwierigkeiten aus ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen.

(129)

Die Kommission hat kürzlich eine negative Entscheidung hinsichtlich dieser Regelung wegen Missbrauchs getroffen, da sie unter anderem auf Unternehmen in Schwierigkeiten angewendet wurde (43). In ihrer Entscheidung stellte die Kommission ausdrücklich fest, dass Deutschland Kahla II zu den Unternehmen in Schwierigkeiten gezählt hatte, die diese Regelung entgegen den von der Kommission genehmigten Sonderbestimmungen in Anspruch genommen hatten. In ihrer Entscheidung bezüglich der genannten Regelung stellte die Kommission fest, dass ihre Entscheidung über die Regelung unabhängig von ihrer Entscheidung im vorliegenden Fall sei, in dessen Kontext die individuelle Anwendung geprüft wurde. In der vorliegenden Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass Kahla II zur Zeit der Gewährung dieser Beihilfemaßnahme ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. Folglich wird der Standpunkt aufrecht erhalten, dass diese Beihilfe als neue Beihilfe zu betrachten ist.

(130)

Maßnahme 16: Ein Darlehen in Höhe von 0,2 Mio. DEM wurde angeblich im Rahmen eines genehmigten Eigenkapitalhilfeprogramms (44) bewilligt. Dieses Programm war nur für KMU bestimmt. Da Kahla II jedoch mehr als 250 Beschäftige hatte und daher zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Maßnahme nicht als KMU eingestuft wurde, steht die Beihilfe offensichtlich nicht mit der Regelung in Einklang. Deutschland wies kürzlich darauf hin, dass das Darlehen nicht dem Unternehmen gewährt wurde, sondern Herrn G. Raithel. In der Genehmigung der Regelung, in deren Rahmen das Darlehen gewährt wurde, hat die Kommission festgelegt, dass die Investoren eine solche Unterstützung nur unter der Bedingung erhalten, dass sie diese als Kapital in das Unternehmen einbringen. Dies hat Herr G. Raithel getan. Folglich war der Zweck dieses Darlehens die Unterstützung eines Unternehmens, obwohl es direkt einer Privatperson gewährt wurde. Daher ist das Darlehen als neue Beihilfe zugunsten von Kahla II zu bewerten.

(131)

Maßnahmen 17, 18, 19 und 22: Die Kommission ist bei der Prüfung zu dem Schluss gelangt, dass die in der Regelung, nach der diese Darlehen gewährt wurden (45), dargelegten Bedingungen im vorliegenden Fall erfüllt sind. Folglich stellen diese Kredite bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals von der Kommission zu bewerten sind.

(132)

Maßnahme 21: Dieses Darlehen wurde angeblich im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung (46) gewährt. Die Regelung sah jedoch Darlehen in einer Höhe von maximal 2 Mio. DEM für Unternehmen in den Neuen Ländern vor. Das vorliegende Darlehen überschreitet diese Grenze. Folglich kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die in der relevanten Regelung dargelegten Bedingungen erfüllt sind. Unter Berücksichtigung der Zinsvergünstigung, des geminderten Werts der gestellten Sicherheiten und der Gewährung einer 90 %igen Bürgschaft, die fast das gesamte Ausfallrisiko deckt, ist die Kommission der Auffassung, dass dieses Darlehen zum Zeitpunkt ihrer Gewährung möglicherweise in seiner vollen Höhe Beihilfe darstellte.

(133)

Die Maßnahmen 24 und 25 wurden im Rahmen genehmigter Beihilferegelungen gewährt, und zwar zwecks Deckung der in Tabelle 5 im Einzelnen dargestellten Investitionen. Darüber hinaus geht aus den von Deutschland übermittelten Informationen hervor, dass ein Teil der im Rahmen der Sonderabschreibungsregelung (Maßnahme 33) gewährten Investitionsbeihilfe ebenfalls der Deckung dieser Investitionen diente. Deutschland hat belegt, dass all diese Maßnahmen mit den Regelungen, nach denen sie angeblich gewährt wurden, übereinstimmen. Folglich stellen die Maßnahmen 24, 25 und 33 bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals von der Kommission zu bewerten sind.

(134)

Maßnahme 26: Zuschüsse zur Förderung der Beschäftigung in Verbindung mit Umweltinvestitionen, die angeblich nach einer genehmigten Regelung gewährt wurden, gelten nicht als Beihilfe (47). Wie jedoch in der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens festgestellt wurde, war die Regelung – was ihre Umweltelemente betrifft – für die Beseitigung von Umweltgefahren in staatlichen Unternehmen vorgesehen. Die Zuschüsse sind somit eindeutig nicht in Einklang mit dem Programm, auf Basis dessen sie angeblich gewährt wurden. Mit Schreiben vom 29. Juli 1994 (48) erklärte Deutschland der Kommission, wie diese Vorschrift auszulegen sei. Deutschland stellte eindeutig fest, dass solche Maßnahmen nur in Gemeinden, Städten etc. durchgeführt werden könnten. Treuhandunternehmen kämen vor ihrer Privatisierung ebenfalls für diese Beihilfe in Betracht, da sie bis zu diesem Zeitpunkt als staatliche Unternehmen zu betrachten seien (49). Die Kommission vertrat die Ansicht, dass diese Maßnahmen keine Beihilfen darstellen, weil sie keinem Unternehmen einen Vorteil verschafften (50).

(135)

Kahla II war jedoch zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Maßnahmen ein privates Unternehmen und kam somit für die Beihilfe nicht in Betracht. Außerdem erinnert die Kommission daran, dass ein Teil dieser Zuschüsse vom Land Thüringen gewährt wurden, wohingegen der einschlägigen Regelung zufolge nur die Bundesanstalt für Arbeit berechtigt war, solche Zuschüsse zu gewähren. Folglich kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass diese Maßnahmen bestehende Beihilfen darstellen (51).

(136)

Nach der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens änderte Deutschland seine Argumentation und behauptete, dass diese Maßnahmen dem Unternehmen keinen Vorteil verschafft hätten. Zunächst gab Deutschland an, die Maßnahmen seien für die Entsorgung alter Anlagen gewährt worden, was angeblich für die Umwelt von Bedeutung gewesen sei. Die Kommission kann jedoch nicht akzeptieren, dass die Entsorgung alter Anlagen keinen Vorteil für das Unternehmen dargestellt habe. Arbeiten dieser Art führten notwendigerweise zu einer Vergrößerung der verfügbaren Fläche und einer Steigerung des Werts des Unternehmens.

(137)

Deutschland behauptete kürzlich, die Maßnahmen seien für die Beseitigung von im Juli 1990 entstandenen Umweltgefahren vorgesehen gewesen. Der Praxis der Kommission zufolge stellen solche Maßnahmen keine Beihilfe dar. Deutschland hat jedoch keinen Beweis dafür erbracht, dass irgendwelche Gefahren bestanden hätten, die vor Juli 1990 entstanden seien. Außerdem wurden solche Gefahren angeblich von Kahla I beseitigt, die diese Unterstützung bereits im Jahr 1991 (Maßnahme 2) in Höhe des zur Beseitigung der Gefahren notwendigen Betrags in Anspruch genommen hat. Deutschland hat niemals einen Nachweis dafür erbracht, dass die Umweltgefahren immer noch nicht beseitigt waren, als die Vermögensgegenstände von Kahla I verkauft wurden. Selbst wenn dies der Fall war, hätte der Erwerber angemessen überprüfen müssen, dass die Vermögensgegenstände frei von solchen Gefahren waren. Wenn dies nicht der Fall war, hat er keine angemessen Sorgfalt walten lassen, und es ist somit nicht akzeptabel, dass später staatliche Unterstützung für diesen Zweck beansprucht wird. Wenn eine angemessene Überprüfung stattgefunden hätte, wäre die Existenz solcher Gefahren und die Notwendigkeit, Mittel für die Beseitigung beiseite zu legen, im Kaufpreis berücksichtigt worden, aber nicht später einem Anspruch auf staatliche Unterstützung.

(138)

Deutschland trug auch vor, dass das Unternehmen, hätte es gewusst, dass diese Maßnahmen Beihilfen darstellen, die betreffenden Arbeiten vielleicht nicht durchgeführt hätte oder sein internes Personal oder weniger Personal oder anderes Personal eingesetzt hätte. Deutschland behauptet, die Tatsache, dass die Kommission die Regelung nicht als Beihilfen eingestuft und diese genehmigt habe, sei Anlass genug für die berechtigte Erwartung gewesen, dass die Maßnahmen keine Beihilfen darstellten. Die Kommission kann dieses Argument nicht akzeptieren, da ihre Genehmigung der Regelung auf der Basis der Notifizierung und der von Deutschland übermittelten zusätzlichen Informationen vorgenommen wurde. Daher kann Deutschland nicht bewusst entgegen der Notifizierung handeln und Verstöße gegen rechtmäßige Erwartungen geltend machen. Auch der Begünstigte kann solche Erwartungen nicht geltend machen, wenn in der deutschen Regelung eindeutig vorgesehen ist, dass diese Maßnahmen nicht im Interesse eines einzelnen Unternehmens durchgeführt werden können und dass ausschließlich die Bundesanstalt für Arbeit berechtigt war, solche Zuschüsse zu gewähren, und hier ein Teil der Unterstützung durch das Land Thüringen erbracht wurde.

(139)

Deutschland brachte abschließend vor, dass diese Zuschüsse eine allgemeine Maßnahme darstellen, von der alle Unternehmen in Deutschland ohne Diskriminierung profitieren können. Die Kommission stellt jedoch fest, dass diese Behauptung allen zuvor übermittelten Informationen widerspricht. Aus den Bestimmungen des deutschen Gesetzes (§ 249h AFG) und allen der Kommission übermittelten Dokumente, die der Kommission ermöglichten, das Programm nicht als Beihilfe einzustufen und zu genehmigen, geht eindeutig hervor, dass nicht alle Unternehmen von solchen Maßnahmen profitieren können. Im Gegenteil beziehen sich das deutsche Gesetz und alle von Deutschland übermittelten Dokumente, die der Kommission eine Beurteilung der Bestimmungen ermöglichen sollten, auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und schließen ausdrücklich Maßnahmen zugunsten eines einzelnen Unternehmens aus. Diese Bestimmung birgt eine eindeutig selektive Komponente, die impliziert, dass die Maßnahme nicht als eine allgemeine Maßnahme bewertet werden kann.

(140)

Maßnahme 27: Zuschüsse für verschiedene Zwecke, die in den Jahren 1995 und 1996 gewährt wurden. Da keine Rechtsgrundlage angeführt wurde, bewertete die Kommission die Zuschüsse vorläufig als neue Beihilfen. Deutschland behauptete dann, Zuschüsse für Forschung und Entwicklung in Höhe von 0,318 Mio. DEM seien im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung (52) gewährt worden. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen stimmen diese Beihilfen mit dieser Regelung überein und stellen damit bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals zu bewerten sind.

(141)

Hinsichtlich der Zuschüsse zur Eingliederung von Arbeitnehmern in Höhe von 0,021 Mio. DEM vertritt Deutschland die Auffassung, dass diese keine Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, da sie nur für die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen vorgesehen waren. Die Kommission stellt jedoch fest, dass nur solche Maßnahmen keine Beihilfe darstellen, die gemäß den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (53) (Beschäftigungsleitlinien) auf der Grundlage objektiver Kriterien für Einzelpersonen gelten, ohne bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige zu begünstigen. Trotz der Anordnung zur Auskunftserteilung speziell diesen Punkt betreffend, hat Deutschland in dieser Hinsicht keine Belege erbracht. Folglich gelangt die Kommission auf Grundlage der übermittelten Informationen zu dem Schluss, dass diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellten.

(142)

Die verbleibenden Zuschüsse für die Beteiligung an Messen in Höhe von 0,122 Mio. DEM sowie die Zuschüsse für Werbung in Höhe von 0,030 Mio. DEM fallen angeblich unter die De-minimis-Regelung. Im Folgenden wird geprüft, ob sie mit der De-minimis-Regelung übereinstimmen.

(143)

Maßnahmen 28 und 29: Wie in der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens dargelegt wurde, werden diese Maßnahmen auf der Grundlage der verfügbaren Informationen als bestehende Beihilfen bewertet. Darüber hinaus geht aus den von Deutschland übermittelten Informationen hervor, dass ein Teil der im Rahmen der Sonderabschreibungsregelung (Maßnahme 33) gewährten Investitionsbeihilfe ebenfalls der Deckung dieser Investitionen diente. Deutschland hat belegt, dass all diese Maßnahmen mit den Regelungen, nach denen sie angeblich gewährt wurden, übereinstimmen. Sie stellen demnach bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals von der Kommission zu bewerten sind.

(144)

Maßnahme 31: Weitere Zuschüsse zur Förderung der Beschäftigung, die nach einer genehmigten Beihilferegelung (54) gewährt wurden. Aufgrund der von Deutschland übermittelten Angaben ist die Kommission der Auffassung, dass diese Zuschüsse mit der Regelung, nach der sie gewährt wurden, übereinstimmen. Folglich stellen sie bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals von der Kommission zu bewerten sind.

(145)

Maßnahme 32: Zuschüsse für verschiedene Zwecke. Da keine Rechtsgrundlage angeführt wurde, bewertete die Kommission die Zuschüsse vorläufig als neue Beihilfen. Deutschland behauptet jedoch, die Zuschüsse für Forschung und Entwicklung in Höhe von 0,009 Mio. DEM seien im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung (55) gewährt worden. Dieses Programm ist jedoch nur für KMU bestimmt. Nach den verfügbaren Informationen war Kahla II zwischen 1997 und 1999 zu keinem Zeitpunkt als KMU einzustufen, hauptsächlich da der Grenzwert von 250 Beschäftigen nie eingehalten wurde, auch nicht nach Abzug der Anzahl der Auszubildenden. Folglich fallen die Beihilfen offenbar nicht unter die Regelung, nach der sie angeblich gewährt wurden und sind als neue Beihilfen zu bewerten.

(146)

Hinsichtlich der Zuschüsse zur Eingliederung von Arbeitnehmern erklärte Deutschland erneut, dass diese keine Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen, da sie für die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen vorgesehen waren. Wie im Falle der nach Maßnahme 27 genannten Zuschüsse hat Deutschland jedoch auch hier, trotz der Anordnung zur Auskunftserteilung speziell betreffend diesen Punkt, keinen Beleg in dieser Hinsicht erbracht. Den Angaben in den Jahresberichten des Unternehmens (56) zufolge belaufen sich die Zuschüsse zur Eingliederung auf 0,119 Mio. DEM für die Jahre 1997 und 1998 und auf einen Anteil in unbekannter Höhe der im Jahresbericht 1999 aufgeführten Zuschüsse für Messe und Einarbeitung in Höhe von 0,121 Mio. DEM für 1999. Folglich gelangt die Kommission auf der Basis der vorhandenen Informationen zu dem Schluss, dass diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellten.

(147)

Die verbleibenden Zuschüsse für die Beteiligung an Messen und Zuschüsse für Werbung in Höhe von 0,103 Mio. DEM für 1997 und 1998 sowie einem Anteil in unbekannter Höhe der im Jahresbericht 1999 aufgeführten Zuschüsse für Messe und Einarbeitung in Höhe von 0,121 Mio. DEM für 1999 fallen angeblich unter die De-minimis-Regelung. Im Abschnitt D der Würdigung wird geprüft, ob sie mit der De-minimis-Regelung übereinstimmen.

(148)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen stellen die Maßnahmen 17, 18, 19, 22, 24, 25, ein Teil der Maßnahme 27, die Maßnahmen 28, 29, 31 sowie Maßnahme 33 bestehende Beihilfen dar, die nicht nochmals von der Kommission zu bewerten sind.

D.   Angebliche De-minimis-Maßnahmen

(149)

Die Maßnahmen 13, 14, 23, ein Teil der Maßnahme 27, Maßnahme 30 sowie ein Teil der Maßnahme 32 fallen angeblich unter die De-minimis-Regelung (57). Dieser Regelung zufolge beträgt der maximale Gesamtbetrag der De-minimis-Beihilfe 100 000 EUR innerhalb von drei Jahren ab dem Zeitpunkt der ersten De-minimis-Beihilfe. Dieser Betrag umfasst alle Arten von öffentlichen Beihilfen, die als De-minimis-Beihilfe gewährt werden, und berührt nicht die Möglichkeit, dass der Empfänger aufgrund von der Kommission genehmigten Regelungen andere Beihilfen erhält. Die relevanten Zeiträume sind 25. März 1994 bis 25. März 1997 und 25. März 1997 bis 25. März 2000.

(150)

Im ersten Zeitraum von 1994 bis 1997 fallen die Maßnahmen 13, 14, 23 und ein Teil der Maßnahme 27 angeblich unter die De-minimis-Regelung.

(151)

Obwohl der angeblich unter die De-minimis-Regelung fallende Teil der im Rahmen der Maßnahme 27 gewährten Zuschüsse, nämlich Zuschüsse für die Teilnahme an Messen in Höhe von 122 000 DEM und Zuschüsse für Werbung in Höhe von 30 000 DEM, insgesamt 152 000 DEM (77 716 EUR) beträgt, sollte dieser Betrag mit dem Beihilfeäquivalent der unter den Maßnahmen 13, 14 und 23 gewährten Bürgschaften kumuliert werden. Wie in Randnummer 124 festgestellt, kann der Wert der Bürgschaft genauso hoch sein wie der Betrag, der durch die Bürgschaft effektiv gedeckt ist (58). Dies bedeutet, dass das Beihilfeelement dieser Bürgschaften zum Zeitpunkt ihrer Gewährung möglicherweise 90 % der entsprechenden Kredite beträgt, was weit über die De-minimis-Regelung hinausgeht. Folglich kann nicht akzeptiert werden, dass alle diese Maßnahmen unter die De-minimis-Regelung fallen.

(152)

Für den Zeitraum 1997 bis 2000, fallen die Bürgschaft unter Maßnahme 30 und ein Teil der Maßnahme 32 angeblich unter die De-minimis-Regelung.

(153)

Was die unter Maßnahme 30 gewährte Bürgschaft betrifft, so kann das Beihilfeelement auf 41 760 DEM festgelegt werden, wenn wie in Randnummer 125 erläutert ein Beihilfeäquivalent von 2 % angewendet wird. Der Teil der Maßnahme 32, der angeblich unter die De-minimis-Regelung fällt, umfasst Zuschüsse für die Beteiligung an Messen in Höhe von 294 000 DEM und Zuschüsse für Kostensenkungen in Höhe von 114 000 DEM. Ferner sollte der neue Wert der Bürgschaft nach Maßnahme 13 ab dem Zeitpunkt, zu dem sie die Marktdarlehen deckte, hinzugerechnet werden. Wie in Randnummer 47 erläutert, beliefen sich diese Darlehen auf insgesamt 7,329 Mio. DEM. Wird auch hier ein Beihilfeäquivalent von 2 % auf den Betrag der durch die Bürgschaft gedeckten Darlehen angewendet, ergibt dies ein Beihilfeelement von 131 922 DEM. Folglich belaufen sich die angeblich unter die De-minimis-Regelung fallenden Maßnahmen im Zeitraum 1997-1999 auf insgesamt 581 682 DEM. Dieser Betrag liegt weit über der Grenze der De-minimis-Regelung.

(154)

In Anbetracht dessen kann die Kommission nicht akzeptieren, dass all diese Maßnahmen unter die De-minimis-Regelung fallen. Folglich stellen sie eine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

E.   Neue Beihilfen

(155)

In Anbetracht vorstehender Ausführungen werden Maßnahme 8 zugunsten von Kahla I sowie die Maßnahmen 11, 12, 13, 14, 15, 16, 20, 21, 23, 26, 27, 30 und 32 zugunsten von Kahla II als neue Beihilfen bewertet. Auf der Grundlage der verfügbaren Angaben kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass sie im Einklang mit genehmigten Beihilferegelungen stehen.

F.   Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt

(156)

Im EG-Vertrag sind einige Ausnahmen vom Grundsatz der allgemeinen Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt vorgesehen. Die in Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag angeführten Ausnahmebestimmungen sind im vorliegenden Fall nicht anzuwenden, da die Beihilfemaßnahmen weder Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, noch Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, noch Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Die Möglichkeiten der Freistellung von der grundsätzlichen Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt sind in Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) und c) EG-Vertrag geregelt. Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) erlaubt der Kommission, Beihilfen für die wirtschaftliche Entwicklung bestimmter Gebiete zu genehmigen. Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) sieht die Genehmigung staatlicher Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, vor. Die Kommission hat verschiedene Leitlinien veröffentlicht, in denen die Bedingungen exakt dargelegt sind, unter denen Beihilfen auf der Grundlage dieser Bestimmung genehmigt werden können.

(157)

Deutschland bestreitet nicht, dass die Beihilfen zugunsten von Kahla I, obwohl sich das betroffene Unternehmen in einem Gebiet befindet, wo regionale Beihilfen im Einklang mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag gewährt werden können, im Rahmen der Umstrukturierungsleitlinien (1994) zu bewerten sind, da das vorrangige Ziel der Beihilfen nicht regionaler Natur war, sondern die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität eines Unternehmens in Schwierigkeiten betraf. Die Kommission erinnert an dieser Stelle daran, dass nur die im Rahmen der Maßnahme 8 gewährte Beihilfe zu bewerten ist.

(158)

Hinsichtlich Kahla II behauptet Deutschland, dass das Ziel der Maßnahmen, die als Beihilfen bewertet wurden, die nicht durch genehmigte Beihilferegelungen gedeckt sind oder nicht unter die De-minimis-Regelung fallen, regionaler Natur war. Die Kommission erinnert an dieser Stelle daran, dass die zu bewertenden Ad-hoc-Beihilfen die Maßnahmen 11, 12, 13, 14, 15, 16, 20, 21, 23, 26, 27, 30 und 32 umfassen.

(159)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (59) ( Regionalleitlinien) für die Bewertung der Vereinbarkeit der zwischen 1994 und 1996 gewährten Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nicht anwendbar sind. In Fußnote 10 dieser Leitlinien wird festgelegt: „Die Ad-hoc-Beihilfen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten unterliegen besonderen Vorschriften und werden nicht als eigentliche Regionalbeihilfen behandelt.“ Diese besonderen Vorschriften sind die Umstrukturierungsleitlinien

(160)

Die Kommission stellt fest, dass die derzeitigen Regionalleitlinien zu dem Zeitpunkt, als die Beihilfe gewährt wurde, nicht anwendbar waren. Die zum Zeitpunkt der Gewährung geltenden Regelungen, die in Fußnote 2 dieser Leitlinien genannt werden, legen jedoch ebenfalls eindeutig fest, dass eine solche Beihilfe nicht gewährt werden darf, wenn damit gegen die besonderen Vorschriften für Beihilfen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten verstoßen wird. Wie in dem vorstehenden Abschnitt B der Würdigung (Randnummern 106-118) erläutert, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Kahla II bis 1996 ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. Folglich können die Ad-hoc-Beihilfen nicht nach diesen Vorschriften bewertet werden. Dies wird auch anhand der Art der Kosten deutlich, die durch die Beihilfen gedeckt wurden. Die Kommission erinnert an Tabelle 5, nach der 80 % der Ausgaben für die Erneuerung von Maschinen und Betriebskapital aufgewendet wurden, typische Ausgaben im Rahmen einer Umstrukturierung, nicht jedoch im Rahmen eines Investitionsprojekts.

(161)

In Anbetracht dessen kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die gesamten bis 1996 zugunsten von Kahla II gewährten Ad-hoc-Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Regionalbeihilfen betrachtet werden können.

(162)

Deutschland trug kürzlich vor, dass die Beihilfen nach Maßnahme 26 als Beschäftigungsbeihilfen betrachtet werden sollten. Die Beschäftigungsleitlinien (60) sehen Beihilfen für die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor. Nach Angaben Deutschlands wurden die Zuschüsse für die Entsorgung eines Teils der Anlagen von Kahla II verwendet. Diese Arbeiten wurden von Arbeitslosen durchgeführt und führten damit zur vorübergehenden Beschäftigung von Arbeitslosen. Sie führten jedoch nicht zu einer dauerhaften Beschäftigung an sich. Auch kann diese Beihilfe nicht als eine Beihilfe zur Erhaltung von Arbeitsplätzen angesehen werden, da in dem Unternehmen ein erheblicher Personalabbau stattfand ( von 380 im Jahr 1994 auf 327 im Jahr 1996). Darüber hinaus belegen die Erklärungen Deutschlands zur Nutzung der Beihilfe, nämlich zeitweilige Beschäftigung von Arbeitslosen, eindeutig die Auffassung, dass bei Kahla II keine Arbeitsplätze erhalten wurden.]Daher ist die Kommission der Auffassung, dass Maßnahme 26 auf der Grundlage der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen nicht als Beschäftigungsbeihilfe genehmigt werden kann. Diese Auffassung der Kommission hat auch in Bezug auf vor dem Inkrafttreten der Leitlinien gewährte Beihilfen Bestand, da die Beschäftigungsleitlinien lediglich eine bereits bestehende Praxis materialisieren und Beschäftigungsbeihilfe jedenfalls nicht genehmigt werden kann, wenn Arbeitsplätze weder geschaffen noch erhalten werden.]

(163)

Da sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der Gewährung der Ad-hoc-Beihilfe in Schwierigkeiten befand, ist nun zu prüfen, ob die Beihilfe zugunsten von Kahla II bis 1996 und die Beihilfe zugunsten von Kahla I nach den Umstrukturierungsleitlinien als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Kommission ist der Auffassung, dass keine der anderen gemeinschaftlichen Leitlinien, wie zum Beispiel die Leitlinien für Beihilfen zur Förderung von Forschung und Entwicklung, des Umweltschutzes, kleiner und mittlerer Unternehmen oder der Ausbildung Anwendung finden kann. Da alle Beihilfemaßnahmen gewährt wurden, bevor die überarbeitete Fassung der Umstrukturierungsleitlinien in Kraft trat, sind die Leitlinien vom 23. Dezember 1994 anzuwenden (61). Die Erfüllung der wichtigsten in diesen Leitlinien festgelegten Bedingungen wird der Reihe nach bewertet.

(164)

Umstrukturierungsbeihilfen sind in der Regel eine Kombination aus Betriebsbeihilfen zur Deckung von Verlusten, sozialen Kosten, Betriebskapital etc. zusammen mit materiellen Investitionen. Dies kann anhand der Zweckbestimmung der Beihilfemaßnahmen zugunsten von Kahla I und der Maßnahmen, die bis 1996 zugunsten von Kahla II gewährt wurden, eindeutig geprüft werden (62).

(165)

Was die Beihilfen zugunsten von Kahla I betrifft, wurde der Kommission, wie in der Einleitung und Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens betont, niemals ein Umstrukturierungsplan vorgelegt wurde. Bei Fehlen eines Umstrukturierungsplans sind die Bedingungen, die für eine Genehmigung der Umstrukturierung in Einklang mit den Umstrukturierungsleitlinien erforderlich sind, insbesondere die Existenz eines fundierten Umstrukturierungplans bei Gewährung der Beihilfe, nicht erfüllt (63). Folglich muss die nach Maßnahme 8 gewährte Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar bewertet werden.

(166)

Zu den Beihilfen, die zwischen 1994 und 1996 zugunsten von Kahla II gewährt wurden, stellte die Kommission in der Einleitung und der Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens fest, dass es Hinweise darauf gab, dass das Unternehmen eine Umstrukturierung vorgenommen hatte. Die von Deutschland übermittelten Berichte beschreiben eine Maßnahmen für die Wiederherstellung der Lebensfähigkeit: neue Produktorientierung, Personalabbau, Ersatz für alte Maschinen und Anlagen, Schließung von Produktionseinrichtungen, Investitionen mit dem Ziel, technische Standards und Umweltnormen einhalten zu können, und Aufbau eines Vertriebsnetzes. Während des förmlichen Prüfverfahrens gab Deutschland an, dass diese Maßnahmen Teil des ersten Unternehmenskonzepts waren, das später weiterentwickelt wurde, und lehnte es ab, diese Maßnahmen als Umstrukturierungsplan zu bezeichnen. In seinem Schreiben vom 1. Oktober 2002 erklärte Deutschland schließlich, dass, falls die Kommission Kahla II als ein Unternehmen in Schwierigkeiten betrachte, diese Maßnahmen als ein Umstrukturierungsplan anzusehen seien.

(167)

Es ist jedoch nicht ersichtlich, welches der übermittelten Dokumente als der relevante Umstrukturierungsplan betrachtet werden soll. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der erste Bericht vor der Durchführung des Verkaufs der Vermögensgegenstände erstellt wurde und außerdem ausschließlich für die TIB bestimmt war, um über die Zweckmäßigkeit der Übernahme einer Beteiligung an dem Unternehmen zu entscheiden. Obwohl beide eine Reihe von Maßnahmen vorschlugen, die für die Lebensfähigkeit des Unternehmens notwendig waren, wurden diese Maßnahmen Deutschland zufolge von dem Investor weiterentwickelt. Wenn diese Berichte als Umstrukturierungsplan betrachtet würden, wird die Tatsache, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht die endgültige Fassung des Plans darstellen, besonders bei der Untersuchung der Kosten der vorgeschlagenen Maßnahmen deutlich. Der erste Bericht sah Gesamtkosten in Höhe von 30,945 Mio. DEM vor, die aus Investitionen, Erwerb der Vermögensgegenstände, Verlustabdeckung und Zinszahlungen für Darlehen bestanden. Der zweite Bericht schlug Umstrukturierungsmaßnahmen in einer Gesamthöhe von 27,727 Mio. DEM bestehend aus Investitionen (einschließlich der Übernahme der Vermögensgegenstände), Verlustabdeckung und Betriebskapital vor. Weder die im ersten Bericht vorgesehenen Kosten, noch die im zweiten Bericht vorgesehenen stimmen mit denen von Deutschland im „Investitionsplan“ beschriebenen und in Tabelle 5 detailliert dargestellten Kosten, auf dessen Grundlage die Beihilfe angeblich gewährt wurde, überein. In beiden Berichten übergeht die Liste der zur Finanzierung dieser Kosten vorgesehenen Maßnahmen zahlreiche Beihilfemaßnahmen, die dem Unternehmen tatsächlich gewährt wurden (vgl. Tabelle 4), was ebenso auf den „Investitionsplan“ zutrifft (Tabelle 5). Wenn eines dieser Dokumente als Umstrukturierungsplan angesehen würde, kann die Kommission folglich nur zu dem Schluss kommen, dass der Plan entweder nicht der endgültige Plan war oder das Unternehmen überschüssige Beihilfen bekommen hat.

(168)

Selbst wenn diese Dokumente als Umstrukturierungsplan betrachtet werden könnten, können sie also nicht als endgültige Fassung eines solchen Plans angesehen werden. Es ist außerdem nicht ersichtlich, in welchem Maße die vorgeschlagenen Schritte tatsächlich umgesetzt wurden.

(169)

Um die Erfüllung der in den Umstrukturierungsleitlinien festgelegten Kriterien festzustellen, benötigt die Kommission einerseits exakte Angaben dazu, welche Umstrukturierungsschritte unternommen wurden, um die langfristige Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen (64). Ungeachtet wiederholter Aufforderungen der Kommission hat Deutschland niemals die endgültige Fassung eines Umstrukturierungsplans für Kahla II übermittelt oder Angaben dazu gemacht, welche Umstrukturierungsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt wurden. Da er nicht vorliegt, können die Kriterien dieser Leitlinien nicht geprüft werden.

(170)

Andererseits stellt die Kommission fest, dass der private Beitrag zu den Gesamtkosten nicht als erheblich betrachtet werden kann. Es muss in Erinnerung gerufen werden, dass die Kommission Deutschland förmlich aufgefordert hat, Informationen über jeglichen von einem privaten Investor gemachten oder zu machenden Beitrag zu übermitteln. In seinem Schreiben vom 1. Oktober 2002 listet Deutschland die angebliche private Finanzierung laut dem Bericht vom 29. November 1993 auf. Sie besteht aus eine Beteiligung von Herrn G. Raithel in Höhe von 2,055 Mio. DEM, 0,986 Mio. DEM Zinszahlungen aus den Darlehen an Herrn G. Raithel, cash flow in Höhe von 2,217 Mio. DEM und dem Kapitalbeitrag der TIB in Höhe von 7,975 Mio. DEM.

(171)

Der angebliche Beitrag des Investors bestand aus zwei zinsvergünstigten Darlehen der öffentlichen Hand (Maßnahmen 16 und 17) mit einer Gesamthöhe von 2 Mio. DEM und 0,055 Mio. DEM, die der Investor dem Unternehmen aus eigenen Mitteln als Eigenkapital zugeführt hat. Nur der letztere Beitrag war rein privater Natur. Das Darlehen in Höhe von 0,2 Mio. DEM gemäß Maßnahme 16 war durch eine Garantie des Bundes abgesichert. Das Darlehen in Höhe von 1,8 Mio. DEM gemäß Maßnahme 17 war durch eine Grundschuld auf das Betriebsgrundstück von Kahla II abgesichert. Der Kauf dieser Vermögenswerte wurde durch staatliche Beihilfen finanziert. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Darlehen aus staatlichen Mitteln gewährt wurden und unter Berücksichtigung der bereitgestellten Sicherheiten, können die Darlehen unter Maßnahme 16 und 17 eindeutig nicht als der Beitrag eines privaten Investors betrachtet werden. In Bezug auf die neuen angeblichen Zinszahlungen in Höhe von 0,986 Mio. DEM, hat die Kommission nie irgendwelche Informationen erhalten. Vermutlich beziehen sie sich auf die Zinszahlung von Herrn G. Raithel für die beiden Darlehen gemäß den Maßnahmen 16 und 17. Diese Zinszahlungen finanzieren jedoch keine Umstrukturierungskosten. Betreffend den cash flow stellt die Kommission fest, dass ein geplanter Gewinn, der von dem Unternehmen erwirtschaftet werden soll, nicht als ein erheblicher Beitrag im Sinne der Umstrukturierungsleitlinien betrachtet werden. Die Kommission ist außerdem nicht darüber informiert, ob dieser cash flow tatsächlich erwirtschaftet wurde oder ob er für die Abdeckung von Umstrukturierungskosten verwendet wurde.

(172)

Da das Unternehmen begann, einen gewissen Gewinn zu erwirtschaften, wandelte der Investor am 30. März 1998 einen Teil der öffentlichen Darlehen in private Darlehen um. Dieser Beitrag war jedoch zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung ungewiss und wurde erst nach der Umstrukturierung eingebracht. Es kann daher angenommen werden, dass der nachfolgende Beitrag nur Dank der Verbesserung der finanziellen Situation des Unternehmens infolge der staatlichen Beihilfen möglich war. Die Kommission merkt außerdem an, dass der Beitrag nur Dank einer 90 %igen Bürgschaft, die zur Abdeckung dieser Darlehen bereitgestellt wurde, möglich war (65). Darüber hinaus hat dies wiederum stattgefunden, nachdem die Umstrukturierung beendet war, es war zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen unklar und es ist unklar, welche Ressourcen zu diesem Zweck benutz wurden. Schließlich kann bei Fehlen einer Gesamtaufstellung der Umstrukturierungskosten nicht gefolgert werden, dass der private Beitrag erheblich war.

(173)

Umstrukturierungsbeihilfen können nur auf Grundlage eines schlüssigen Umstrukturierungsplans gewährt werden, der auch Maßnahmen zum Ausgleich möglicher negativer Effekte der Beihilfe und einen erheblichen Beitrag aus privaten Mitteln umfasst. Da es, trotz Anordnung zur Auskunftserteilung, keinen Anhaltspunkt gibt, dass die Beihilfe unter diesen Voraussetzungen gewährt wurden, gibt es somit in der Tat einen Hinweis, dass diese Bedingungen nicht erfüllt sind. Folglich stellen Ad-hoc-Beihilfen, die Kahla II bis 1996 gewährt wurden, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Umstrukturierungsbeihilfen dar.

(174)

Angesichts dessen kann die Kommission nicht zu dem Schluss kommen, dass die Ad-hoc-Beihilfen, die Kahla II bis 1996 gewährt wurden, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden können.

(175)

In Anbetracht der erzielten bescheidenen positiven Betriebsergebnisse ist die Kommission der Auffassung, dass Kahla II ab 1997 nicht mehr als ein Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden kann. Entsprechend dem Antrag Deutschlands bewertet die Kommission die zugunsten von Kahla II gewährten Beihilfen im Rahmen der Regionalleitlinien. Die Kommission erinnert daran, dass dies lediglich die Maßnahmen 30 und 32 betrifft, die als Ad-hoc-Beihilfen zu bewerten sind, da die verbleibenden Maßnahmen bestehende Beihilfen darstellen.

(176)

Den Regionalleitlinien zufolge kann eine einzelne Ad-hoc-Beihilfe zugunsten nur eines Unternehmens erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb in dem betroffenen Markt haben, trägt jedoch möglicherweise nur geringfügig zur regionalen Entwicklung bei. Sie fallen im Allgemeinen unter punktuelle oder sektorale industriepolitische Maßnahmen und weichen vom Sinn und Zweck der eigentlichen Regionalbeihilfepolitik ab. Folglich erfüllen diese Beihilfen die in den Regionalleitlinien erwähnten Voraussetzungen nicht, solange nicht das Gegenteil nachgewiesen wird. Die Kommission stellt fest, dass der Porzellanmarkt saturiert ist und die Porzellanbranche an Überkapazitäten leidet. Dies ergänzt die negativen Annahmen bezüglich der Ad-hoc-Beihilfen, da jede Investitionsbeihilfe wahrscheinlich negative Auswirkungen auf den Sektor hätte.

(177)

Regionalbeihilfen haben entweder produktive Investitionen (Erstinvestitionen) oder die investitionsgebundene Schaffung von Arbeitsplätzen zum Ziel. Unter Erstinvestition ist die Anlageinvestition bei der Errichtung einer neuen Betriebsstätte, bei der Erweiterung einer bestehenden Betriebsstätte oder bei der Vornahme einer grundlegenden Änderung des Produkts oder des Produktionsverfahrens einer bestehenden Betriebsstätte (durch Rationalisierung, Produktumstellung oder Modernisierung) zu verstehen.

(178)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass ein Teil der betreffenden Beihilfen (Maßnahme 32) aus Zuschüssen besteht, die angeblich für Forschung und Entwicklung, Eingliederung von Arbeitnehmern, Beteiligung an Messen und Kostensenkungen gewährt wurden. Solche Ausgaben stellen keine Investitionen dar. Andererseits ist Maßnahme 30 eine Bürgschaft für ein Darlehen, das für Investitionen hätte genutzt werden können, wobei dieser Punkt von Deutschland jedoch niemals geltend gemacht wurde.

(179)

Die Kommission hat Deutschland ausdrücklich und förmlich aufgefordert, eine Beschreibung der getätigten oder zu tätigen Investitionen bereitzustellen. Zur Prüfung der Frage, ob eine Erstinvestition getätigt wurde, hat Deutschland lediglich die in den Tabellen 7 und 9 dargestellten Investitionspläne vorgelegt. Deutschland hat keinerlei Beschreibung des angeblichen Investitionsvorhabens übermittelt. Nach diesen Plänen wurden Maschinen erworben und Investitionen in bestehende Anlagen getätigt. Da keine weitere Erklärung abgegeben wurde, kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass diese Investitionen mit einer Erweiterung der Betriebsstätte oder der Vornahme einer grundlegenden Änderung des Produkts oder des Produktionsverfahrens in Zusammenhang stehen.

(180)

Selbst wenn dies der Fall wäre, kann sich die Kommission darüber hinaus in diesem Zusammenhang auf keinerlei Informationen stützen. Folglich können die beihilfefähigen Gesamtkosten nicht bestimmt werden. Daher ist es unmöglich festzustellen, ob die maximal zulässige Beihilfeintensität von 35 % im Hinblick auf die Kumulierung mit den übrigen von genehmigten Beihilferegelungen gedeckten Investitionsbeihilfen (Maßnahmen 28, 29 und ein Teil von Maßnahme 33) eingehalten wird.

(181)

Ferner muss Punkt 4.2 der Regionalleitlinien zufolge der Beitrag des Beihilfeempfängers zu ihrer Finanzierung mindestens 25 % betragen, um zu gewährleisten, dass die produktiven Investitionen rentabel und gesund sind. Dieser Mindestbeitrag darf keine Beihilfe enthalten. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn ein zinsgünstiges oder ein staatlich verbürgtes Darlehen vorliegt, das staatliche Beihilfeelemente enthält.

(182)

Die Kommission hat Deutschland ausdrücklich und förmlich aufgefordert, es über jeglichen vom Investor gemachten oder zu machenden Beitrag zu informieren. Den verfügbaren Angaben zufolge hat der Investor am 30. März 1998 die öffentlichen Darlehen in Marktdarlehen umgewandelt. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass diese Darlehen als ein privater Beitrag ohne jede Beihilfe bewertet werden können, da sie mit zuvor gewährten Beihilfemaßnahmen in Zusammenhang stehen. Ferner waren auch diese Marktdarlehen weiterhin von einer 90 %igen staatlichen Bürgschaft gedeckt. Tabelle 8 zufolge belief sich der Eigenbeitrag zu den angeblich zwischen 1997 und 1998 getätigten Investitionen auf insgesamt 2,406 Mio. DEM. Es wurde jedoch keine Erläuterung bezüglich der Herkunft dieses Beitrags zur Verfügung gestellt. In Ermangelung einer solchen Erläuterung kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass der Beitrag des Beihilfeempfängers mindestens 25 % der gesamten Investitionskosten betrug.

(183)

Diese Maßnahmen können auch nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Betriebsbeihilfen betrachtet werden, da die in den Regionalleitlinien festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind. Diesen Bedingungen zufolge können derartige Beihilfen gewährt werden, wenn sie aufgrund ihres Beitrags zur Regionalentwicklung und ihrer Art nach gerechtfertigt sind und ihre Höhe den auszugleichenden Nachteilen angemessen ist. Deutschland hat keinen dieser Punkte belegt. Deutschland hat ferner nicht belegt, dass die Beihilfe zeitlich begrenzt und degressiv gestaffelt ist.

(184)

Zusammenfassend kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die ab 1997 von Kahla II angeblich getätigten Investitionen beihilfefähige Investitionen im Sinne der Regionalleitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung darstellen. Zudem liegt kein Beweis dafür vor, dass 25 % der Gesamtkosten keine Beihilfe enthielten und vom Beihilfeempfänger gedeckt wurden. Abschließend kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Beihilfe positive Auswirkungen auf die Region oder den Markt hatte. Folglich kann die Kommission nicht feststellen, dass die Beihilfen im Sinne der Regionalleitlinien als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar bewertet werden können.

(185)

Die Kommission stellt fest, dass Deutschland die Beihilfe unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt hat. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen kann die Kommission nicht zu dem Schluss gelangen, dass die Ad-hoc-Beihilfen zugunsten von Kahla I und Kahla II als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(186)

Gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (66) müssen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen zurückgefordert werden, es sei denn die Rückforderung der Beihilfe stünde im Widerspruch mit irgendeinem Prinzip des Gemeinschaftsrechts. Dies ist nach Auffassung der Kommission hier nicht der Fall Insbesondere zeigen die Fakten dieses Falls nicht, dass der Begünstigte berechtigte Erwartungen geltend machen könnte.

(187)

Daher sollten alle illegalen und unvereinbaren Beihilfen, die Kahla I und Kahla II gewährt wurden, zurückgefordert werden. Was die Beihilfemaßnahmen betrifft, die bereits zurückbezahlt wurden, so sollte dennoch in dem Maße eine Rückforderung stattfinden, wie der zurückbezahlte Betrag geringer ist als der einschließlich der Zinszahlung zum gültigen Referenzzinssatz für regionale Beihilfen geschuldete Betrag.

(188)

Die zurückzufordernde Beihilfe sollte Zinsen von dem Zeitpunkt an umfassen, ab dem die Beihilfe dem Begünstigtem zur Verfügung stand, bis zum Zeitpunkt der Rückforderung. Die Zinsen sollen auf Grundlage des Referenzzinssatzes, der für die Berechnung des Subventionsäquivalents von regionalen Beihilfen verwendet wird, erfolgen -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

1.   Die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Kahla Porzellan GmbH betreffend Maßnahme 8: Die Erlöse aus der Verwertung der Unternehmensgrundstücke, die für die Tilgung der von der Treuhand verbürgten Kredite verwendet werden sollten ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

2.   Die folgenden staatlichen Beihilfen Deutschlands zugunsten der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar:

a)

Maßnahme 11: eine Kapitalbeteiligung der TIB;

b)

Maßnahme 12: ein partiarisches Darlehen der TIB;

c)

Maßnahmen 13, 14, 23 und 30: 90%ige Bürgschaften des Landes Thüringen;

d)

Maßnahme 15: ein Zuschuss des Landes Thüringen;

e)

Maßnahme 16: ein Eigenkapitalhilfe-Darlehen einer staatlichen Bank;

f)

Maßnahme 21: ein Darlehen einer staatlichen Bank;

g)

Maßnahme 26: Zuschüsse zur Förderung der Beschäftigung;

h)

Maßnahme 27: Maßnahmen zur Eingliederung von Arbeitnehmern, für die Beteiligung an Messen und für Werbung;

i)

Maßnahme 32: Maßnahmen für Forschung und Entwicklung, für die Eingliederung von Arbeitnehmern, die Beteiligung an Messen und für Kostensenkungen.

Artikel 2

1.   Deutschland ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannten, rechtswidrig zur Verfügung gestellten Beihilfen vom Empfänger zurückzufordern. Wenn diese Maßnahmen bereits zurückgezahlt wurden, findet eine Rückforderung insoweit statt, wie der zurückbezahlte Betrag geringer ist als der Betrag einschließlich der Zinszahlung auf Basis des zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen für regionale Beihilfen gültigen Referenzzinssatzes.

2.   Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich nach den nationalen Verfahren, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen. Die zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Referenzzinssatzes berechnet.

Artikel 3

Deutschland teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 13. Mai 2003

Für die Kommission

Mario MONTI

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 185 vom 30.6.2001, S. 45 und ABl. C 26 vom 30.1.2002, S. 19.

(2)  ABl. C 185 vom 30.6.2001, S. 45.

(3)  ABl. C 26 vom 30.1.2002, S. 19.

(4)  Im Falle des Konkurses von früheren Treuhandunternehmen wurde der Grundbesitz auf die THA rückübertragen, die ihrerseits dessen Wert in die Konkursmasse einbringen musste.

(5)  Betriebsgeheimnis. Indexiert (bezogen auf das Jahr 1994) :

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

– 100

– 181

3

70

78

11

186

(6)  Betriebsgeheimnis, 30-40 % höher als der von der TIB zuerst bezahlte Preis.

(7)  N 213/93, ABl. C 302 vom 9.11.1993, S.6.

(8)  N 108c/1994, SG(94) D/17293 vom 1.12.1994, ABl. C 390 vom 31.12.1994, S.14.

(9)  N 108b/1994, SG(94) D/17293 vom 1.12.1994, ABl. C 390 vom 31.12.1994, S.13.

(10)  KfW-Mittelstandsprogramm, NN 109/93, SG (94), D/372 vom 14.01.94, ABl. C 373 vom 29.12.1994, S.3.

(11)  ERP-Umweltprogramm, N 563d/94, SG(94), D/17530 vom 5.12.1994ABl. C 390 vom 31.12.1994,S.16..

(12)  Vgl. Fußnote 7.

(13)  23. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur, N 157/94, SG (94) D/ 11038, 1.8.1994.

(14)  N 561/92, SG (92) D/16623 vom 24.11.1992 und N 494/A/1995, SG (95) D/17154, 27.12.1995.

(15)  Übermittelt als Anhang 17 zum Schreiben vom 15. März 2001, eingetragen von der Kommission am 26. März 2001 (A/32477).

(16)  Angaben von der Web-Seite der Cerame-Unie (http://www.cerameunie.org).

(17)  Panorama der EU-Industrie 1997, 9-20; NACE (Revision 1). Siehe auch Entscheidung 1999/157/EG der Kommission in der Sache C 35/97, Triptis Porzellan GmbH (ABl. L 52 vom 27.2.1999, S.48).

(18)  ABl. C 68 vom 6.3.1996, S. 9.

(19)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30.

(20)  ABl. C 368 vomm 23.12.1994, S.12 und ABl. C 288 vom 9.10.1999, S. 2.

(21)  „Das Konzept der Auffanggesellschaft Kahla muss unter den speziellen strukturpolitischen Bedingungen des Landes Thüringen gesehen werden, insbesondere unter dem Aspekt der Bemühungen der Landesregierung, im Rahmen von Förderungsmöglichkeiten bestehende Arbeitsplätze zu erhalten“, Bericht von Röls Bühler Stüpges Hauck & Partner, übermittelt als Anlage 1 zum Schreiben vom 31. Januar 2000, eingetragen am 3. April 2000 unter der Nummer A/32839.

(22)  Vgl. Fußnote 19.

(23)  „Zielsetzung der TIB ist die Erhaltung und Schaffung industrieller Arbeitsplätze im Freistaat Thüringen“, Bericht von Arthur Andersen, übermittelt als Anlage 2 zum Schreiben vom 31.März 2000, eingetragen am 3.April 2000 unter der Nummer A732839.

(24)  „Es bestehen jedoch eine Vielzahl von Risiken, die zum Scheitern des Konzepts führen können“ und „Eine Entscheidung für eine Beteiligung an der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH kann daher grundsätzlich befürwortet werden, wenn man sich des verbleibenden, hohen Risikos bewusst ist. Es bedeutet zugleich aber auch eine Absage an andere thüringische Porzellanhersteller, um den Erfolg des Konzepts nicht weiter zu gefährden“, Bericht von Arthur Andersen ( siehe Fn 23).

(25)  Es sei daran erinnert, dass der Erwerb der Vermögensgegenstände von Kahla II überwiegen durch Beihilfen finanziert wurde.

(26)  Das Darlehen hatte einen Zinssatz von 12 %. Die Zinszahlungen waren jedoch auf 50 % der Jahresgewinne begrenzt.

(27)  Während der ersten drei Jahre wurden die Zinsen durch die Bundesregierung übernommen. Der Zinssatz betrug im 4. Jahr 2 %, im 5. Jahr 3 % und im 6. Jahr 5 %.

(28)  Nach der Ausweitung des Verfahrens änderte Deutschland seine Auffassung und betrachtete die Darlehen unter den Maßnahmen 16 und 17 nicht als Beihilfe, da sie, obwohl angeblich unter einem genehmigten Beihilfeprogramm gewährt, direkt an Herrn G. Raithel gezahlt wurden.

(29)  Obwohl diese, wie in Randnummer 163 erläutert, nicht auf die Beihilfen, die im Zeitraum zwischen 1994 und 1996 gewährt wurden, anwendbar sind. Fußnote 10 der Umstrukturierungsleitlinien (1999) kodifiziert die Vorgehensweise der Kommission, indem sie folgendes feststellt: Die einzige Ausnahme von der Regel, dass neugegründete Unternehmen nicht für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht kommen, „sind Fälle derjenigen Unternehmen, die bis zum 31. Dezember 1999 von der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben im Rahmen ihres Privatisierungsauftrags abgewickelt werden oder aus einer Vermögensübernahme hervorgegangen sind sowie ähnliche Fälle in den neuen Bundesländern“.

(30)  C 69/98, SG (98) D/ 11285 vom 4. Dezember 1998.

(31)  „Die Berechnungen des Geschäftsplanes zeigen, dass die Auffanggesellschaft (…) nicht in der Lage (ist), die im Verhältnis zum geplanten Umsatz enormen Finanzierungskosten den Umstrukturierungsprozess alleine zu tragen“. Bericht von Röls Bühler Stüpges Hauck & Partner (siehe Fn 21).

(32)  „Ziel unserer Arbeiten sollte sein, die Sanierungsfähigkeit und Sanierungswürdigkeit des in der Auffanggesellschaft fortgeführten Unternehmens unter besonderer Berücksichtigung der dauerhaft erhaltbaren Arbeitsplätze und der von der TIB als potentiellem Gesellschafter zur Verfügung zu stellenden Finanzmittel zu beurteilen“, Bericht von Arthur Andersen (siehe Fn 23).

(33)  Alle Darlehen von Privatbanken, über die die Kommission unterrichtet wurde, wurden durch 90 %ige staatliche Bürgschaften gedeckt.

(34)  „Der Käufer hat das Recht ohne weitere Kostenfolge (…) vom gesamten Vertrag zurückzutreten, wenn (…) die nachfolgende Finanzierung nicht bis zum 31.12.1994 zugesagt ist; dies gilt auch, wenn die Finanzierung nur teilweise zustande kommt“. Die finanzielle Maßnahmen in diesem Vertrag betreffen ERP- und KfW-Darlehen in Höhe von 2,5 Mio. DEM, eine TIB-Beteiligung in Höhe von 7,95 Mio. DEM, Bankdarlehen in Höhe von 13,35 Mio. DEM und eine 90 %ige Landesbürgschaft in Höhe von 20 Mio. DEM (Kaufvertrag zwischen dem Verwalter von Kahla I und Günter Raithel, verhandelt am 26.1.1994).

(35)  C 36/2000, Graf von Henneberg Porzellan GmbH.

(36)  „Da auch Kahla sich aktuell im Wiederaufbau befinde und zur Konsolidierung sicherlich noch das volle Jahr 1996 benötige, sei an eine frühere Verlagerung von Produktionsmengen kaum zu denken“. Bericht von PME vom 24.8.1995.

(37)  Betriebsgeheimnis. Siehe Tabelle in Rdn. (21).

(38)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(39)  NN 25/95, SG (96) D/ 11031 vom 16.12.1996.

(40)  ABl. C 71 vom 11.3.2000, S. 14, Punkt 3.2.

(41)  NN25/95, SG (96) D/11031 vom 16.12.1996.

(42)  N 408/93, SG (93) D/ 19245, 26.11.1993 (ABl. C 213 vom 19.8.1992, S. 2).

(43)  C 69/98, SG (2002) D/34461 vom 19.6.2002 (bisher nicht veröffentlicht).

(44)  ERP-Eigenkapitalhilfeprogramm, N 213/93, SG (93) D/16665 vom 13.10.1993.

(45)  ERP-Existenzgründungsprogramm, N 108c/1994, (siehe Fn 6).

ERP-Aufbauprogramm, N 108b/1994, (siehe Fn 7).

KfW-Mittelstandsprogramm, NN 109/93, SG (94), (siehe Fn 8).

(46)  ERP-Umweltprogramm N 563d/94, (siehe Fn 9).

(47)  NN 117/92, SG (95) D/ 341 vom 13.1.1995.

(48)  Eingetragen am 29.7.1994 unter der Nummer A/33865.

(49)  „Träger der Massnahmen nach § 124 h AFG im Bereich Umweltsanierung und Umweltverbesserung sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, vor allem die Gebietskörperschaften (Städte, Kreise, Gemeinde u.a.), sowie Regibetriebe der Threuhandanstalt“. Schreiben vom 29.7.1994, ( siehe Fn 52).

(50)  „Das bedeutet, dass Massnahmen die im Interesse eines Unternehmens sind, nicht forderfähig sind“ Schreiben vom 29.7.1994, zitiert in Fn 52.

(51)  Vgl. auch Entscheidung im Fall C 36/2000, SG (2001) D/ 292014.

(52)  N 660/93, SG D/21632 vom 31.12.1993 und N 477/91, SG (91) D/22704 vom 25.11.1991.

(53)  ABl. C 334 vom 12.12.1995, S. 4.

(54)  NN 107/97, in Kraft seit 1. April 1997, genehmigt mit Schreiben SG (98) 1049 vom 6.2.1993.

(55)  NN 331/96, SG (97) D/ 482 vom 23.01.1997.

(56)  Berichte über die Prüfung der Jahresabschlüsse von Kahla/Thüringen Porzellan GmbH für die Jahre 1997, 1998 und 1999.

(57)  siehe Fn 16 und 17.

(58)  a.a.O.,siehe Fn 37.

(59)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(60)  siehe Fn 50.

(61)  Unter Punkt 7.5 der Umstrukturierungsleitlinien (1999) heißt es: „Alle Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, die ohne Genehmigung der Kommission und somit in Widerspruch zu Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt werden, wird die Kommission wie folgt auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt hin prüfen“, und zwar „auf Grundlage der Leitlinien, die zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung galten“.

(62)  Vgl. insbesondere Tabelle 5.

(63)  Urteil des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften vom 22. März 2000 in der Rs. C-17/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2001, S. I-2481, Rn. 27.

(64)  siehe Fn 59.

(65)  Der Darlehensvertrag sah als Sicherheiten subsidiär dieselben Grundschulden wie in Tabelle 10 dargestellt und subsidiär die Abtretung der Risiko-Lebensversicherung von Herrn G. Raithel in Höhe von 1,8 Mio. DEM.

(66)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/50


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 16. November 2004

über eine Beihilferegelung Deutschlands zugunsten von Kornbranntweinbrennereien

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004)3953)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/240/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den vorgenannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung ihrer Bemerkungen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 22. November 2000 haben sechs deutsche gewerbliche Erzeugerbetriebe, die der Arbeitsgemeinschaft gewerblicher Kornbrennereien angehören, im Anschluss an die Änderung des deutschen Branntweinmonopolgesetzes vom 2. Mai 1976 durch das Haushaltssanierungsgesetz („HSanG“) vom 22. Dezember 1999 bei der Kommission Beschwerde eingereicht (2).

(2)

Die Beschwerdeführer wollten feststellen lassen, dass der deutsche Gesetzgeber durch Änderung des Branntweinmonopolgesetzes (3) eine Regelung eingeführt hat, die gegen Artikel 87 EG-Vertrag verstößt, weil sie gewerbliche und landwirtschaftliche Kornbranntweinbrennereien, die bis dahin unterschiedslos Anspruch auf Beihilfe hatten, insofern ungleich behandelt, als nur noch die landwirtschaftlichen Erzeuger beihilfeberechtigt sein sollen. Sie machen geltend, dass die neue Regelung den landwirtschaftlichen Kornbranntweinbrennereien einen unbestreitbaren Vorteil verschafft, der als mit den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln unvereinbare Beihilfe gewertet wird.

(3)

Die Kommission hat Deutschland erstmals am 3. Januar 2001 um nähere Auskünfte zu den beanstandeten Änderungen gebeten. Deutschland antwortete hierauf mit Schreiben vom 14. Februar, wobei es darauf verwies, dass die fraglichen Beihilfemaßnahmen der Kommission bereits 1976 gemeldet worden seien und das neue Gesetz lediglich der Verbesserung des bestehenden Mechanismus diene. Am 16. März 2001 wandte sich die Kommission mit einer Reihe weiterer Fragen an Deutschland, das daraufhin um eine Fristverlängerung bat, die die Kommission mit Schreiben vom 9. April 2001 gewährte.

(4)

Am 24. April 2001 erfolgte die Antwort Deutschlands an die Kommission, die wiederum am 19. November ihre ersten Schlussfolgerungen und Bemerkungen übermittelte. Mit Schreiben vom 19. Dezember 2001 bekräftigte Deutschland seine Ausführungen vom 14. Februar 2001 und versicherte erneut, dass die fraglichen Beihilfen im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft stünden.

(5)

Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 ersuchte die Kommission Deutschland gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften zur Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (4) um Stellungnahme und Unterbreitung zweckdienlicher Vorschläge, wie die Gesetzgebung bezüglich der Beihilfen für Kornbrennereien in Übereinstimmung mit Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag gebracht werden können. Am 19. März 2002 teilte Deutschland der Kommission schriftlich mit, dass es derartige Maßnahmen für nicht erforderlich hielte, weil es den Schlussfolgerungen der Kommission nicht beipflichten könnte. Dies gelte insbesondere für die Schlussfolgerung, wonach Kornbranntwein ein industrielles und kein landwirtschaftliches Erzeugnis sei.

(6)

Mit Entscheidung vom 19. Juni 2002 schlug die Kommission Deutschland eine Reihe von zweckdienlichen Maßnahmen zur Neufassung des deutschen Gesetzes über Beihilfen für Kornbrennereien vor. Mit Schreiben vom 19. und 23. Juli 2002 teilte Deutschland der Kommission mit, dass es die den Vorschlag zurückweise und daher nicht willens sei, die zweckdienlichen Maßnahmen innerhalb der gesetzten Fristen durchzuführen.

(7)

Die Kommission hat deshalb gemäß Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 am 16. Oktober 2002 beschlossen, wegen der fraglichen Beihilfemaßnahmen ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten. Der Beschluss wurde am 11. September 2002 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (5), wobei alle Betroffenen aufgefordert wurden, zu den fraglichen Maßnahmen Stellung zu nehmen.

(8)

Deutschland äußerte sich am 12. November 2002 zur Einleitung des Verfahrens.

(9)

Von dritter Seite erhielt die Kommission insgesamt 54 Kommentare, darunter eine Stellungnahme mit rund 2 000 Unterschriften. Die Kommentare wurden am 7. Februar 2003 mit der Bitte um Stellungnahme an Deutschland weitergeleitet Am 26. Februar 2003 bat Deutschland die Kommission um eine Fristverlängerung für seine Antwort, die am 27. Februar gewährt wurde. Die Antwort der Deutschlands ging schließlich mit Schreiben vom 19. März 2003 bei der Kommission ein.

(10)

Am 5. Juni 2003 fand auf Ersuchen Deutschlands ein Treffen statt; hierzu übermittelte Deutschland der Kommission am 4. Juni 2003 ein vorbereitendes Schreiben; am 2. Juli 2003 folgte ein weiteres Schreiben.

(11)

Die Beschwerdeführer äußerten sich schriftlich gegenüber der Kommission am 13. August 2003 im Vorfeld einer Sitzung, die auf ihren Antrag hin am 29. August 2003 stattfand.

(12)

Am 5. März 2004 übermittelte die Kommission Deutschland das Schreiben der Beschwerdeführer vom 13. August 2003. Deutschland antwortete hierauf mit Schreiben vom 5. April 2004.

II.   BESCHREIBUNG DER BETROFFENEN REGELUNG

A.   Das deutsche Branntweinmonopol und seine Entwicklung

(13)

Das deutsche Branntweinmonopol wurde durch das Gesetz vom 8. April 1922 (6) eingeführt und infolge der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften u.a. das Urteil vom 17. Februar 1976 in der Rechtssache 45/75( Rewe-Zentrale) (7) - - durch das Gesetz vom 2. Mai 1976 (8) geändert. Das neue Gesetz vom 2. Mai 1976 über das Branntweinmonopol hat die aus den territorialen Schutzmaßnahmen resultierende Preisstützungspolitik, die im Widerspruch zu Artikel 31 EG-Vertrag (ex-Artikel 37) stand, abgeschafft, um sie durch einen Preisausgleichsmechanismus zu ersetzen.

(14)

Am 9. April 1976 meldete Deutschland das reformierte Branntweinmonopolgesetz (9) gemäß Artikel 93 Absatz 3 (nunmehr Artikel 88 Absatz 3) EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 4 der Verordnung Nr. 26 des Rates vom 4. April 1962zur Anwendung bestimmter Wettbewerbsregeln auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen Erzeugnissen (10) bei der Kommission an. In Artikel 4 der genannten Verordnung heißt es: „Artikel 93 Absatz (1) und Absatz (3) Satz 1 des Vertrags ist auf die Beihilfen anzuwenden, die für die Produktion der in Anhang II des Vertrags [nunmehr und im Folgenden Anhang I EG-Vertrag; Hervorhebung durch die Kommission] aufgeführten Erzeugnisse oder den Handel mit diesen gewährt werden (11). Die Mitgliedstaten haben dem zufolge eine einfache Mitteilungspflicht, ohne dass eine Genehmigung durch die Kommission erforderlich wäre.

(15)

In seinem Anmeldeschreiben wies Deutschland die Kommission darauf hin, dass es seiner gesetzlichen Verpflichtung zum Aufkauf der Produktion inländischer Branntweinhersteller zu einem kostendeckenden Preis auch weiterhin nachkommen werde.

(16)

Bei der Anmeldung 1976 wurde keine Unterscheidung nach der Art der Erzeugnisse, d.h. zwischen neutralem Alkohol und aromatisiertem Alkohol wie etwa Kornbranntwein, getroffen. Die Kommission hat sich seinerzeit nicht zum Wortlaut der Anmeldung geäußert.

(17)

Nach der Gesetzesänderung von 1976 bestand das Monopol im Aufkauf und der Vermarktung von Alkohol durch die dem Finanzministerium unterstellte Bundesmonopolverwaltung für Branntwein („BfB“). Die BfB kauft den Alkohol zu gesetzlich garantierten Preisen, rektifiziert ihn (12) und vertreibt ihn zu Marktpreisen. Hiervon ausgenommen ist Kornbranntwein.

(18)

Für Kornbranntwein wurde der am 14. Juni 1930 gegründeten Deutsche Kornbranntwein-Vermarktung GmbH (DKV) (13) durch das Gesetz vom 2. Mai 1976 eine ähnliche Aufgabe wie der BfB übertragen, jedoch ausschließlich für den Aufkauf und die Vermarktung von Kornbranntwein. Durch das Gesetz von 1976 erhielt die DKV das ausschließliche Recht zur Übernahme des größten Teils der heimischen Kornbranntweinproduktion zu gesetzlich garantierten Preisen, die die Kosten der Erzeuger, gleich ob gewerblich oder landwirtschaftlich, decken (14), und zweitens zur Vermarktung des Kornbranntweins zu Marktpreisen, ggf. nach seiner Umwandlung und/oder Rektifikation. Bis zum Jahr 2000 wurden über 80% des in Deutschland erzeugten Kornbranntweins von der DKV und die restlichen 20% von den Brennereien selbst vermarktet (15).

(19)

Die DKV erhält als Gegenleistung für die Erfüllung des ihr in § 82 des Branntweinmonopolgesetzes übertragenen gesetzlichen Auftrags ein Entgelt, das mangels Marktpreises nach den Leitsätzen für die Preisermittlung bei öffentlichen Aufträgen aufgrund von Selbstkosten (LSP) ermittelt wird.

(20)

Die deutschen Kornbranntweinhersteller, die Anspruch auf Beihilfe haben, unterliegen einer Ablieferungspflicht an die DKV in Höhe ihrer Brennrechte, die von den staatlichen Stellen jährlich festgelegt werden. Sie können auch eine größere Menge Alkohol produzieren, doch gibt es dafür keine Preisgarantie mehr. Die landwirtschaftlichen Brennereien sind (im Gegensatz zu den gewerblichen Brennereien aus Gründen, die auf der Hand liegen) gesetzlich verpflichtet, die selbst erzeugten Grundstoffe (Korn) zu verarbeiten und die bei der Destillation anfallende Nebenprodukte in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb weiter zu verwerten, d.h. beispielsweise die bei der Destillation anfallende Schlempe an das Vieh zu verfüttern und die Gülle als Dünger zu verwenden.

(21)

Einige Brennereien/Erzeuger verwerten und vermarkten ihre gesamte oder einen Teil ihrer Produktion jedoch auch selbst, ohne dabei auf die DKV zurückzugreifen. In diesem Fall erhalten sie im Rahmen der ihnen zugeteilten Brennrechte von der DKV den Gegenwert der Kosten für die Rektifikation, Lagerung und Vermarktung, die die DKV gespart hat. Diese Erzeuger sind somit finanziell denjenigen gleichgestellt, die ihre Produktion an die DKV abführen.

(22)

Mit dem HSanG wurden Änderungen an dem Monopol mit dem Ziel einer Beschneidung der Beihilfen vorgenommen. In erster Linie wurde der Kreis der Beihilfeempfänger eingeschränkt und der Zuteilungsmechanismus für die Beihilfen teilweise neu geregelt. Seit Inkrafttreten des HSanG kommen ausschließlich die landwirtschaftlichen Brennereien in den vollen Genuss der alten Regelung, da nämlich gemäß § 40 Absatz 5 des geänderten Branntweinmonopolgesetzes die Brennrechte für die gewerblichen Brennereien für die Betriebsjahre 2000/2001 bis 2005/2006 auf 50 vom Hundert der regelmäßigen Brennrechte festgesetzt wurden (16). Nach der gesetzlich vorgesehenen Übergangsfrist bis 2005/2006 haben nur noch die landwirtschaftlichen Brennereien Anspruch auf Beihilfe.

(23)

Die gewerblichen Brennereien, die gemäß §o58a des durch das HSanG geänderten Branntweinmonopolgesetzes nach dem Betriebsjahr 2006/2007, d.h. ab dem 30. September 2006, überhaupt nicht mehr an dem Monopol teilhaben dürfen, können jedoch schon ab 2001 freiwillig aus dem Monopol ausscheiden. Um die unvermeidlichen Verluste der gewerblichen Brennereien zu kompensieren, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass diejenigen, die vorzeitig aus dem Monopol ausscheiden, Ausgleichzahlungen erhalten sollen. Aus diesem Grund hat ein Großteil der gewerblichen Brennereien für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Monopol optiert.

(24)

Aus Gründen der Gleichbehandlung können laut Gesetz auch landwirtschaftliche Brennereien auf Antrag das Monopol verlassen; sie erhalten dann dieselben Ausgleichsbeträge wie die gewerblichen Brennereien.

(25)

Die DKV soll bis zum 30. September 2006 den ihr per Gesetz vom 2. Mai 1976 übertragenen Auftrag erfüllen; anschließend könnte die BfB ihre Aufgabe übernehmen.

B.   Beschreibung der fraglichen Beihilfen

(26)

Der Abbau des Branntweinimportmonopols in der zweiten Hälfte der 70er Jahre und die Marktöffnung haben unverzüglich zu einer deutlichen Erhöhung der deutschen Branntweinimporte und zugleich zu einem deutlichen Rückgang des Branntweinverkaufspreises geführt, ohne dass sich dieser Preisrückgang auch beim Hersteller bemerkbar gemacht hätte.

(27)

Das Monopol hat sich (über die DKV und die BfB) an die neuen Marktbedingungen angepasst und seine eigenen Verkaufspreise auf ein wettbewerbsfähiges Niveau gesenkt. So ist der Alkoholverkaufspreis von durchschnittlich 333 DEM/hl im Jahre 1976 auf 115 DEM/hl im Zeitraum 1999/2000 zurückgegangen.

(28)

Für 1999/2000 betrug der gesetzliche Übernahmepreis, den die DKV an die Kornbrennereien abzuführen hatte, 263 DEM je hl Alkohol (gegenüber 296 DEM/hl, die die BfG den Herstellern von sonstigem Branntwein zahlt). Dieser Übernahmepreis ist so kalkuliert, dass die Kosten der Erzeuger gedeckt sind. Die Referenzkosten bilden die durchschnittlichen Herstellungskosten eines gewissenhaften Erzeugers für einen Hektoliter Alkohol. Im selben Zeitraum betrug der Verkaufspreis für Kornbranntwein durch die DKV 157 DEM/hl Alkohol (gegenüber 93 DEM/hl für neutralen Alkohol).

(29)

Das Ausgleichssystem hat somit nachweislich zum Ziel, die Folgen eines Fehlbetrags abzufedern, von dem das Branntweinvertriebsmonopol und damit auch auf die DKV betroffen ist. Nach Angaben Deutschlands beliefen sich die den Kornbrennereien für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis zum 30. September 2000 gewährten Zuschüsse auf 36,6 Mio. DEM (18,7 Mio. EUR).

(30)

Die Differenz zwischen dem Übernahme- und dem Verkaufspreis auf dem Markt (Marktpreis) stellt eindeutig eine Beihilfe dar. Dies wird von Deutschland nicht bestritten.

(31)

Das in §58a des Branntweinmonopolgesetzes vorgesehene System soll den Kornbrennereien den Ausstieg aus dem Monopol erleichtern. Wie oben(s. Rdnr. 22) bereits ausgeführt, erhalten Brennereien, die bereit sind, vorzeitig aus dem Monopol auszuscheiden, als Gegenleistung für ihren Ausstieg aus freien Stücken und anstatt der Betriebsbeihilfen zum Ausgleich der Herstellungskosten bis September 2006 degressiv gestaffelte Ausgleichsbeträge, die jeweils in den ersten vier Monaten eines Betriebsjahres ausgezahlt werden. Durch die Ausgleichsbeträge wird Erzeugern, die dies möchten, die Möglichkeit gegeben, sich trotz des Ausscheidens aus dem Monopol weiterhin auf dem so genannten „freien“ Kornbranntweinmarkt zu betätigen (17). Es handelt sich somit um eine Umlenkung bereits vorher bestehender Beihilfen, die von den Erzeugern nach Belieben verwendet werden können.

(32)

Es sei daran erinnert, dass nahezu sämtliche gewerblichen und auch einige landwirtschaftlichen Brennereien diese Alternative gewählt haben.

(33)

Das Defizit aus der Differenz zwischen dem Übernahmepreis und dem Verkauf der Produkte zum Marktpreis in Deutschland wird aus Mitteln des Bundeshaushalts gedeckt. Im Gegenzug wurde deshalb die Alkoholsteuer heraufgesetzt. Es handelt sich um eine Verbrauchsteuer, die sowohl auf heimischen als auch auf importierten Alkohol erhoben wird.

(34)

Zum Ende des Betriebsjahres 1999/2000 (vor Einführung des Gesetzes) gab es 68 gewerbliche und 409 landwirtschaftliche Brennereien, die insgesamt 253 000 Hektoliter Kornbranntwein erzeugten. Am 1. Oktober 2001 waren im Zuge der Reform nur noch 11 gewerbliche Brennereien mit einer Gesamtproduktion von 5 000 Hektolitern auf dem Markt aktiv. Die Zahl der landwirtschaftlichen Brennereien verringerte sich auf 340 mit einer Gesamtproduktion von 142 000 Hektolitern.

(35)

Die 57 gewerblichen Brennereien, die vorzeitig aus dem Monopol ausgeschieden sind, hatten am Ende des Geschäftsjahres 2001/2002 Ausgleichsbeträge in Höhe von insgesamt 5,9 Mio. EUR erhalten, die sechs landwirtschaftlichen Brennereien 0,6 Mio. EUR. Die 47 Brennereien, die ihre Produktion (insgesamt 5 400 Hektoliter Kornbranntwein) selbst vermarkten, haben zu diesem Zweck Beihilfen in Höhe von 315 000 EUR erhalten. Die DKV schließlich erhielt im Geschäftsjahr 2001/2002 einen Zuschuss von 6,6 Mio. EUR.

C.   Bemerkungen dritter

(36)

Nach der Veröffentlichung des Beschlusses über die Verfahrenseröffnung gingen bei der Kommission 54 Stellungnahmen von Seiten Dritter ein, darunter natürliche Personen, Unternehmen, Verbände und Berufsvereinigungen. Die überwiegende Mehrheit (47) lehnt die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen, die den Ausgangspunkt für dieses Verfahren bilden, ab; drei Stellungnahmen war teilweise und vier durchweg positiv.

(37)

Die vier positiven Stellungnahmen stammen von Vertretern der Spirituosenindustrie. Sie sind sogar der Ansicht, dass die Kommission in ihrer Entscheidung über die Verfahrenseröffnung noch nicht weit genug gegangen sei und dass das deutsche Branntweinmonopol grundlegend reformiert werden müsse.

(38)

Alle 35 landwirtschaftlichen Brennereien nehmen eine ablehnende Haltung gegenüber dem Standpunkt der Kommission ein. Bei den meisten handelt es sich um kleine landwirtschaftliche Familienbetriebe. Bestritten wird generell die Auffassung der Kommission, wonach es sich bei Kornbranntwein um ein industrielles Erzeugnis handelt. Ihrer Ansicht nach handelt es sich eindeutig um ein landwirtschaftliches Erzeugnis. Kritisiert wird auch der von der Kommission verwendete Begriff „Kornbranntwein“; zutreffender für das bei der DKV abgelieferte Erzeugnis sei die Bezeichnung „Rohalkohol“ oder auch „Kornrohalkohol“. Der bei der DKV abgelieferte Alkohol sei kein trinkfertiges Erzeugnis, sondern müsse noch weiter verarbeitet bzw. rektifiziert werden. Teilweise wird argumentiert, die Situation der landwirtschaftlichen Erzeuger lasse sich nicht mit der von gewerblichen Betrieben vergleichen, weil sie nicht denselben Zwängen unterworfen seien. In diesem Zusammenhang wird ausführlich auf die verschiedenen Stufen des Herstellungsprozesses von Kornbranntwein eingegangen, der aus einem System der Kreislaufwirtschaft (Kornanbau, Brennerei, Verwendung der Schlempe als Viehfutter, Verwendung der Gülle als Dünger für den Kornanbau) hervorgegangen sei, die eine strikt ökologische Verfahrensweise erfordere. Die landwirtschaftlichen Brennereien sind daher der Ansicht, dass in ihrem Fall weiterhin die für Agrarerzeugnisse geltenden Vorschriften des EG-Vertrages Anwendung finden müssten und sie unweigerlich gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben, die ihren Alkohol an die BfB abführten, benachteiligt wären, wenn stattdessen die strengeren Wettbewerbsregeln des EG-Vertrages auf sie Anwendung fänden. Der Wegfall des Monopols ab dem 1. Januar 2004 würde sie in den sicheren Ruin treiben, da viele von ihnen Investitionen getätigt hätten, denen sie sich dann nicht mehr gewachsen sehen würden. Außerdem sei die Brennerei in einigen Fällen das Herzstück des landwirtschaftlichen Betriebes, weshalb bei ihrem Wegfall der gesamte Betrieb vor dem Aus stehe. Eine Berufsvereinigung, die die landwirtschaftlichen Brennereien vertritt, die den Kornbranntwein selbst vermarkten, stuft den Kornbranntwein ebenfalls als landwirtschaftliches Erzeugnis ein, und meint, dass die Kommission hieran nicht rütteln dürfe. In zahlreichen Kommentaren wird schließlich die Ansicht vertreten, die Beihilfemaßnahmen könnten den Wettbewerb nicht verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen, da der Kornbranntwein ein Alkohol sei, der nur im deutschen Sprachraum hergestellt werden könne.

(39)

Die Arbeitsgemeinschaft gewerblicher Kornbrennereien kritisiert die Verfahrenseröffnung insofern, als darin die Abschaffung sämtlicher Beihilfen gleich welcher Art sowohl zugunsten der landwirtschaftlichen als auch der gewerblichen Brennereien vorgeschlagen wird. Sie habe das Verfahren ins Rollen gebracht, bedauere aber, dass die Kommission die Ausgleichsbeträge für gewerbliche Brennereien, die als Anreiz für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Monopol gedacht waren, in Frage stelle. Die Ausgleichsbeträge stellten nach Ansicht der Beschwerdeführerin keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 88 EG-Vertrag dar. Es handele sich vielmehr um den Gegenwert der Brennrechte, auf die sie im Gegensatz zu den landwirtschaftlichen Brennereien verzichten müssten. Allein schon aus Gründen des Vertrauensschutzes sei die Bewilligung der im HSanG vorgesehenen Ausgleichsbeträge geboten und zudem unerlässlich, um den betroffenen Brennereien bis zum Ablauf der Übergangsfrist Gelegenheit zu geben, ihre Tätigkeit unter wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen umzustellen, zumal die Beträge bei weitem nicht so hoch seien wie die durch das neue Gesetz bedingten Verluste. Außerdem werde der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch die Zahlungen nicht beeinträchtigt, da keine Verfälschung des Wettbewerbs stattfinde, weil alle Mitglieder der Berufsvereinigung die Produktion von Kornbranntwein eingestellt hätten, da es unmöglich sei, sich auf einem subventionierten Markt zu behaupten, ohne selbst Zuschüsse zu erhalten. Dagegen erhält die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt aufrecht, wonach die Beihilfen für die landwirtschaftlichen Brennereien aufgrund der Ungleichbehandlung unrechtmäßig seien. Drei gewerbliche Brennereien haben sich direkt mit der Forderung zu Wort gemeldet, die Bestimmungen des HSanG über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen als Gegenleistung für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Monopol beizubehalten.

(40)

Die übrigen Stellungnahmen, darunter die eines Sachverständigen, der angibt, an den Vorarbeiten zur Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung von Spirituosen (18) beteiligt gewesen zu sein, oder die eines Verbraucherverbandes, der 2 000 Unterschriften gesammelt hat, lehnen den von der Kommission in der Verfahrenseröffnung vertretenen Standpunkt strikt ab, wobei sie sich zumeist derselben Argumente bedienen wie die landwirtschaftlichen Kornbrennereien und insbesondere darauf verweisen, dass Kornbranntwein ein Erzeugnis sei, das weiterhin als Agrarprodukt eingestuft werden müsse, und dass die Kommission die traditionellen Herstellungsmethoden dieses Erzeugnisses nicht in Frage stellen dürfe. Die DKV macht geltend, dass die Kommission, wenn sie in ihrer abschließenden Entscheidung an den von ihr vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen festhalten sollte, bei der Festsetzung der Frist für ihre Umsetzung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und die Übergangsfrist über den 1. Januar 2004 hinaus verlängern müsse, um den betroffenen Unternehmen Gelegenheit zur Umstellung ihrer Tätigkeiten zu geben.

D.   Bemerkungen Deutschlands

(41)

Deutschland bestreitet nicht, dass das System der Erstattung der Herstellungskosten durch die DKV den Charakter von Betriebsbeihilfen hat. Sie vertritt jedoch die Ansicht, dass Kornbranntwein auch weiterhin unter die für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltenden Bestimmungen des EG-Vertrages fallen müsse und von der Kommission nicht wie ein industrielles Erzeugnis behandelt werden dürfe. Sie teile keineswegs die Auffassung der Kommission, wonach die im Rahmen des Monopols hergestellten Getreidedestillate kein unter den Oberbegriff Ethylalkohol fallendes landwirtschaftliches Erzeugnis, sondern eine als Branntwein bezeichnete Spirituose und somit ein industrielles Produkt darstellten. Sie begründet ihren Standpunkt damit, dass der Wortlaut von Anhang I des EG-Vertrages eindeutig sei und der Inhalt eines EG-Vertragestextes nicht durch eine Vorschrift des abgeleiteten Rechts, wie sie die Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 darstelle, in Frage gestellt werden könne.

(42)

Zur Untermauerung seiner Argumentation trägt Deutschland vor, dass der Gerichtshof durch die Bestätigung des nichtdiskriminierenden Charakters der Alkoholsteuer in mehreren Urteilen (u.a. in dem Urteil vom 13. März 1979 in der Rechtssache 91/78, (Hansen GmbH & Co/Hauptzollamt Flensburg (19)) und vom 15. Januar 1985 in der Rechtssache 253/83, (Sektkellerei C.A Kupferberg & Cie KG a.A/Hauptzollamt Mainz) (20) die Vereinbarkeit dieser Steuer mit den Bestimmungen der Artikel 37 und 95 (nunmehr Artikel 31 bzw. 90) (21) und damit indirekt auch der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag anerkannt habe.

(43)

Zu den Ausgleichsbeträgen für Brennereien, die sich für einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Monopol entschieden haben, führt Deutschland aus, dass es sich wegen der langjährigen Einbindung der Brennereien in das Branntweinmonopol um notwendige Anreize handele, nachdem sie klargestellt hat, dass es sich bei den Brennrechten entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht einen Vermögenswert handelt. Außerdem hätten die landwirtschaftlichen Brennereien aus Gründen der Gleichbehandlung ebenso die Möglichkeit, aus dem Monopol auszuscheiden, und zwar unter den gleichen Bedingungen wie die gewerblichen Brennereien.

(44)

Deutschland weist darauf hin, dass - sollte die Kommission bei ihrer Einschätzung bleiben – sowohl im Fall der Betriebsbeihilfen für die im Monopol verbleibenden Brennereien als auch bei den Ausgleichsbeträgen als Gegenleistung für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Monopol eine mehrjährige Übergangsfrist wegen der traditionellen Einbindung der Kornbranntweinhersteller in das Branntweinmonopol und des damit verbundenen Vertrauensschutzes unabdingbar sei. Diese Zeit benötigten die Brennereien, gleich, ob gewerblich oder Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, um ihre Produktionsstrukturen an den freien Markt anzupassen oder ihren Betrieb auf andere Produktionstätigkeiten umzustellen. Deutschland hat daher eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2006 vorgeschlagen. Es hat gegenüber der Kommission konkrete Gründe vorgetragen, warum das von der Kommission im Rahmen der zweckdienlichen Maßnahmen ursprünglich für den 1. Januar 2004 vorgesehene Ende der Übergangsfrist bis mindestens zum Betriebsjahr 2005/2006 verlängert werden sollte. Jede andere Entscheidung würde die Schließung zahlreicher gewerblicher und landwirtschaftlicher Brennereien und den Verlust vieler Arbeitsplätze zur Folge haben.

(45)

Deutschland bestreitet die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach das HSanG vom 22. Dezember 1999 zu einer Diskriminierung der gewerblichen Kornbrennereien geführt habe, da es sich darauf beschränke, das Monopol durch eine minimale Verringerung der Zahl der Beihilfeempfänger sowie mit einer Übergangzeit von sechs Jahren und einem entsprechenden finanziellen Ausgleich, der gleichermaßen an gewerbliche und landwirtschaftliche Brennereien gezahlt wird, umzugestalten.

III.   RECHTLCIHE WÜRDIGUNG

A.   Anwendbarkeit der Wettbewerbregeln:

(46)

Vorstehend wurde erläutert, dass die Verarbeitung von Kornbranntwein organisatorisch von den übrigen unter das Monopol fallenden Alkoholprodukten landwirtschaftlichen Ursprungs getrennt wurde (s. Rdnrn. 16 bis 24). 1930 war eigens für dieses Erzeugnis im Rahmen des Branntweinmonopols eine Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit, die DKV, gegründet worden. Mit dem Gesetz vom 2. Mai 1976 hat Deutschland die Sonderbehandelung von Kornbranntwein durch Beibehaltung der Koexistenz zweier verschiedener Marktorganisationseinrichtungen - BfB und DKV - erneut bestätigt.

(47)

Die Mehrheit der an die BfB abgelieferten Basisalkoholprodukte (Destillate) sind offensichtlich für die Herstellung von neutralem, nicht gebrauchsfertigem Alkohol bestimmt, während sich die der DKV überlassenen Destillate (von Deutschland als „Kornfeindestillat“ bezeichnet) durch ihre aromatischen Eigenschaften auszeichnen und daher für den menschlichen Verzehr geeignet sind.

(48)

Diese Unterscheidung erklärt sich hauptsächlich aus dem Zustand, in dem das Basiserzeugung von den Brennereien an die beiden Vertriebsorganisationen abgegeben wird, und der Qualität des vertriebenen Produkts nach Umwandlung und/oder Rektifikation durch die beiden Stellen.

(49)

Die BfB nimmt überwiegend Rohalkohol ab (u.a. auf Obst-, Kartoffel-, Melasse-, Getreidebasis) und verkauft ihn im Allgemeinen nach Rektifikation und/oder Umwandlung als neutralen Alkohol.

(50)

Die DKV nimmt ein Destillat ab - das „Kornfeindestillat“-, das bereits als Spirituose im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 betrachtet wird. Die von der DKV vorgenommene Rektifikation des Destillats besteht insbesondere in einer Standardisierung des im Endprodukt enthaltenen Alkoholgehalts (32 % bei dem als Korn bezeichneten Erzeugnis und 37,5 % bei Kornbrand).

(51)

In Anhang I des EG-Vertrages in der Fassung der Verordnung Nr. 7a des Rates vom 18. Dezember 1959 zur Aufnahme bestimmter Waren in die Liste des Anhangs II des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (22) geht es um „Äthylalkohol, vergällt oder unvergällt, mit einem beliebigen Alkoholgehalt, hergestellt aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die in Anhang I EG-Vertrag aufgeführt sind (ausgenommen Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke, zusammengesetzte alkoholische Zubereitungen – Essenzen - zur Herstellung von Getränken)“. Dieser Text lässt sich mit Hilfe der Positionen ex ex 22.08 und 22.09 (jetzt 22.07 und 22.08) des Zolltarifschemas auslegen, unter denen Sprit, Branntwein, Likör und andere alkoholische Getränke definiert sind.

(52)

In den Erläuterungen zum Zolltarifschema wird Branntwein, der also nicht von Anhang I erfasst wird, wie folgt definiert: „(...) der (ohne Zusatz von Aromastoffen) durch Destillieren von vergorenen, natürlichen Flüssigkeiten wie Wein, Apfelwein oder von vergorenen Früchten, vergorenem Trester, Getreide oder ähnlichen vergorenen pflanzlichen Erzeugnissen gewonnen wird; er kennzeichnet sich durch einen besonderen Geschmack und ein besonderes Aroma; dies ist darauf zurückzuführen, dass er sekundäre Bestandteile (Ester, Aldehyde, Säuren, höhere Alkohole usw.) enthält, die von der Art der zum Destillieren verwendeten Ausgangsstoffe abhängen.“

(53)

Die Position umfasst auch „Ethylalkohol, unvergällt, mit einem Alkoholgehalt von weniger als 80% […]“. In den Erläuterungen heißt es zu diesem Erzeugnis: „... gleich, ob für Trinkzwecke oder technische Zwecke bestimmt; er unterscheidet sich von den Erzeugnissen unter A [z.B. Branntwein], auch wenn er zu Trinkzwecken geeignet ist, dadurch, dass er keine Aroma gebende Bestandteile enthält.“

(54)

Kornbranntwein ist also ein Branntwein, der durch das Vorhandensein aromatischer Bestandteile gekennzeichnet ist und daher nicht als Ethylalkohol angesehen werden kann. Hierfür spricht im Übrigen auch Punkt C Ziffer 4 der Erläuterungen zu Position ex ex 22.09 (jetzt 22.08, Punkt C, Ziffer 2); darin wird betont, dass zu dieser Position neben Ethylalkohol auch „Whisky und andere Branntweine aus der Destillation von vergorener Getreidemaische (Gersten-, Hafer-, Roggen-, Weizen-, Maismaische usw.)“ gehören.

(55)

In seinen Antworten an die Kommission verwechselt Deutschland Kornalkohol, der unter den oben (s. Rdnr. 53) genannten Bedingungen als Ethylalkohol angesehen werden kann, mit der Spirituose Kornbranntwein. Dem Wortlaut des Branntweinmonopolgesetzes in der Fassung des HSanG vom 22. Dezember 1999 nach zu urteilen hat der deutsche Gesetzgeber in der Tat Kornalkohol und Kornbranntwein unterschiedlich behandelt, eben weil es sich um verschiedenartige Erzeugnisse handelt.

(56)

Die Kommission hält folglich an ihrer Auffassung fest, wonach es sich bei diesen Erzeugnissen um unterschiedliche Produkte handelt; ersteres dient der Herstellung von neutralem Alkohol, während letzteres, um das es bei diesem Verfahren geht, über Aroma und Geschmack gebende Bestandteile verfügt.

(57)

In Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 wird präzisiert, dass sich die Verordnung auf die Begriffsbestimmung, die Bezeichnung und die Aufmachung von Spirituosen bezieht.

(58)

In Artikel 1 Absatz 4 der genannten Verordnung sind die verschiedenen Kategorien von Spirituosen aufgeführt. Unter dem Buchstaben c) ist die „Getreidespirituose“ definiert als

„1.

Die Spirituose, die durch Destillieren aus vergorener Getreidemaische gewonnen wird und die organoleptischen Merkmale der Ausgangsstoffe aufweist.

Die Bezeichnung „Getreidespirituose“ kann für das in Deutschland sowie in den Gebieten der Gemeinschaft mit Deutsch als eine der Amtssprachen hergestellte Getränk durch die Bezeichnung „Korn“ oder „Kornbrand“ ersetzt werden, sofern dieses Getränk in diesen Regionen auf herkömmliche Weise hergestellt wird und wenn die Getreidespirituose ohne Zugabe von Zusatzstoffen dort wie folgt gewonnen wird:

entweder ausschließlich durch Destillieren von vergorener Maische aus dem vollen Korn von Weizen, Gerste, Hafer, Roggen oder Buchweizen mit allen seinen Bestandteilen

oder durch erneutes Destillieren eines gemäß dem ersten Gedankenstrich gewonnenen Destillats.

2.

Um die Bezeichnung „Getreidebrand“ führen zu können, muss die Getreidespirituose durch Destillieren zu weniger als 95 % voll aus vergorener Getreidemaische gewonnen werden und die organoleptischen Merkmale der Ausgangsstoffe aufweisen.“

(59)

Im vorliegenden Fall liefern die Kornbranntweinhersteller bei der DKV ein gemäß dem in der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 beschriebenen Verfahren gewonnenes Erzeugnis ab (Kornfeindestillat), das anschließend von der DKV gegebenenfalls rektifiziert und/oder umgewandelt wird, um es dann zu vermarkten.

(60)

Deutschland ist der Ansicht, dass sich die Kommission nicht auf diesen Text stützen dürfe, weil darin nur Regeln für den Vertrieb von Spirituosen im Interesse des Verbraucherschutzes aufgestellt würden. Die Kommission bestreitet nicht, dass dies der Zweck der Verordnung ist, doch schließt dies keineswegs aus, dass der Text auch zum Zwecke der Beschreibung und Definition von Kornbranntwein als Spirituose herangezogen werden kann, die als solche unmittelbar den Wettbewerbsregeln unterliegt. Die Kommission meint daher, ohne hierzu ein abschließendes Urteil abgeben zu wollen, dass diese dem abgeleiteten Recht entnommene Textpassage ihre Sichtweise in der Frage der Einstufung des fraglichen Erzeugnisses untermauert.

(61)

Deutschland weist in einer seiner Mitteilungen an die Kommission darauf hin, dass der Wortlaut des Anhanges I des EG-Vertrages je nach Sprachversion variiere. So fehle das Wort „Branntwein“ in der englischen und der niederländischen Sprachfassung; hier sei nur die Rede von „Likör“ und „Spirituosen“. Die Kommission bemerkt hierzu, dass die deutsche Sprachfassung und andere Sprachversionen diesbezüglich eindeutig sind und „Branntwein“ dort zweifelsfrei genannt wird. Die Sprachversionen, die, wie die englische und die niederländische, Branntwein nicht ausdrücklich ausnehmen, müssen im Lichte der übrigen Sprachversionen ausgelegt und angewandt werden und können nur so verstanden werden, dass Branntwein zu den anderen alkoholischen Getränken gehört, die ebenfalls vom Anwendungsbereich des Anhangs I ausgenommen sind.

(62)

Im Rahmen der Verwaltung und Weiterentwicklung des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse erließ der Rat am 8. April 2003 die Verordnung (EG) Nr. 670/2003 mit besonderen Maßnahmen für den Markt für Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (23). Mit dieser Verordnung soll erstmals eine gemeinsame Marktorganisation für Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs geschaffen werden.

(63)

In ihrem Beschluss, das Verfahren einzuleiten, hatte die Kommission einige Punkte dieser Verordnung, die sich seinerzeit noch im Beratungsstadium befand, zur Untermauerung ihrer Argumentation herangezogen. Es dürfte nach wie vor interessant sein, die Vorarbeiten zu diesem Rechtsakt sowie den definitiven Wortlaut der Verordnung zu Rate zu ziehen, denn sie stützen gegebenenfalls die Erkenntnis der Kommission, wonach es sich bei Kornbranntwein um ein industrielles Erzeugnis handelt. So wurden in einem ersten Entwurf in Artikel 1 Spirituosen im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. In der Endfassung der Verordnung werden die betreffenden landwirtschaftlichen Erzeugnisse unter Bezugnahme auf Anhang I des EG-Vertrages definiert. In den von Artikel 1 anvisierten Positionen des Zolltarifschemas, für die die Verordnung gilt, ist Branntwein in Form von Kornbranntwein nicht aufgeführt, sondern lediglich unvergällter und vergällter Ethylalkohol und vergällter Branntwein.

(64)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass Kornbranntwein eine vom Anwendungsbereich des Anhangs I des EG-Vertrages ausgeschlossene Spirituose ist, für die daher die EG-Wettbewerbsregeln gelten.

B.   Die fraglichen Maßnahmen sind als bestehende Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag zu werten

(65)

Die Kommission hat nachgewiesen, dass Kornbranntwein ein industrielles Produkt ist, auf das die Bestimmungen der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag Anwendung finden.

(66)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind, „soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, (…) staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“.

(67)

Die fraglichen Maßnahmen verschaffen den Herstellern von Kornbranntwein einen Vorteil, denn sie garantieren ihnen die Deckung der Herstellungskosten im Rahmen der ihnen verliehenen Brennrechte unabhängig von dem Preis, zu dem das Produkt schließlich auf den deutschen Markt kommt. Zur Erinnerung: Kornbranntwein wurde im Zeitraum 1999/2000 zum Preis von 263 DEM/hl von der DKV angekauft, um dann zum Preis von 157 DEM/hl vermarktet zu werden, was im fraglichen Zeitraum Subventionen in Höhe von 36,6 Mio. DEM (18,7 Mio. EUR) entspricht. So können die deutschen Kornbranntweinhersteller ihre Produktion zu finanziellen Konditionen verkaufen, die gegenüber denen, die gelten würden, wenn sie ihre Produktion direkt unter normalen Marktbedingungen - das heißt ohne die erheblichen Subventionen des Monopols - vertreiben müssten, wesentlich günstiger sind.

(68)

In den Fällen, in denen die DKV in den Herstellungsprozess von Kornbranntwein nicht selbst mit eingeschaltet ist, erhalten die betreffenden Erzeuger nach Maßgabe ihrer Brennrechte eine Entschädigung in Höhe der Kosten, die die DKV für die Rektifikation, Vermarktung, Lagerung usw. des Kornbranntweins gespart hat.

(69)

Dank dieser Beihilfen können die deutschen Erzeuger den nicht unter die Brennrechte fallenden Teil der Kornbranntweinproduktion, den sie direkt vertreiben dürfen, zu Preisen verkaufen, die sie nicht verlangen könnten, wenn sie nicht dank des Monopols für die restliche an die DKV abgeführte Produktion einen überhöhten Abnahmepreis erhielten.

(70)

Diese Begünstigung wirkt sich auf die laufenden Herstellungs- und Vermarktungskosten, d.h. auf die Betriebskosten des jeweiligen Unternehmens, aus.

(71)

Einen Vorteil für die Erzeuger stellen auch die so genannten Ausgleichsbeträge dar, die ihnen anstelle der Erstattung der Herstellungskosten gewährt werden, wenn sie vorzeitig aus dem Monopol ausscheiden, damit sie sich gegebenenfalls auf dem „freien“ Kornbranntweinmarkt behaupten können. Die gewährten Mittel ersetzen die Zuschüsse zur Herstellung und Vermarktung eines bestimmten Produkts, kommen aber wesensmäßig Zuschüssen gleich. Dabei ist unerheblich, dass die Ausgleichsbeträge auch für andere Zwecke als für den Verbleib auf dem „freien“ Kornbranntweinmarkt verwendet werden können, beispielsweise zur Schließung oder Umstrukturierung der Brennereien.

(72)

Das HSanG, mit dem der Umfang der Zuschüsse im Rahmen des Branntweinmonopols insgesamt verringert werden soll, will offensichtlich eine ausgewogene Übergangsregelung schaffen, die den Bedürfnissen aller Erzeuger entsprechend ihrer jeweiligen Besonderheiten und Zielsetzungen gerecht wird. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass nicht alle Erzeuger denselben Zwängen ausgesetzt sind; so sind die landwirtschaftlichen Erzeuger beispielsweise gesetzlich verpflichtet, bei der Herstellung nach dem ökologischen Prinzip der Kreislaufwirtschaft zu verfahren.

(73)

Die Ausgleichsbeträge sind nicht an Investitionen gebunden und betreffen somit den laufenden Betrieb der begünstigten Brennereien.

(74)

Finanziert werden die Maßnahmen aus staatlichen Mitteln, gleich, ob es sich um Zuschüsse zu den Herstellungskosten oder um Ausgleichsbeträge handelt. Der Fehlbetrag aus der Differenz zwischen dem Übernahmepreis und dem Verkauf der Produkte zum Marktpreis in Deutschland wird aus Mitteln des Bundeshaushalts gedeckt; dies gilt auch für die Ausgleichsbeträge zugunsten der Erzeuger, die vorzeitig aus dem Monopol ausscheiden.

(75)

Ziel der Maßnahmen ist die Unterstützung der Kornbranntweinproduktion. Sie haben folglich selektiven Charakter.

(76)

Die Maßnahmen verfälschen ganz offensichtlich den Wettbewerb im Gemeinsamen Markt und beeinträchtigen den Handel zwischen Mitgliedstaaten, da die deutschen Erzeuger mit Herstellern anderer Mitgliedstaaten konkurrieren, die vielleicht denselben Alkohol auf dem deutschen Markt vertreiben möchten. Wie von dritter Seite verschiedentlich angemerkt wurde, darf die Bezeichnung Kornbranntwein laut der bereits zitierten Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 ausschließlich „für das in Deutschland sowie in den Gebieten der Gemeinschaft mit Deutsch als einer der Amtssprachen  (24) hergestellte Getränk“ verwendet werden, „sofern dieses Getränk in diesen Regionen auf herkömmliche Weise hergestellt wird...“. Außerdem konkurriert Kornbranntwein mit anderen Branntweinen und Spirituosen aus anderen Mitgliedstaaten. Die Tatsache, dass der Gerichtshof in den Rechtssachen Hansen und Sektkellerei C.A. Kupferberg entschieden hat, dass die Artikel 95 und 37 EWG-Vertrag in dem Sinne auszulegen seien, dass sie der faktischen Verringerung des Verkaufspreises des von der Monopolbehörde verkauften Branntweins nicht entgegenstehen, wenn „auch auf eingeführte Erzeugnisse tatsächlich kein höherer Steuersatz angewendet wird als auf entsprechende inländische Erzeugnisse“, greift der Würdigung der staatlichen Beihilfen durch die Kommission nicht vor.

(77)

Es steht damit außer Frage, dass die fraglichen Maßnahmen geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(78)

Folglich handelt es sich bei den fraglichen Maßnahmen um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag. Da sie die Kosten für den laufenden Betrieb der betreffenden Unternehmen decken sollen, handelt es sich um Betriebsbeihilfen.

(79)

Nach Prüfung der von Deutschland, den Beschwerdeführern und betroffenen Dritten übermittelten Unterlagen stellt die Kommission fest, dass mit dem HSanG vom 22. Dezember 1999 eine Neuregelung des Branntweinmonopols in der Fassung des Gesetzes vom 2. Mai 1976 bezweckt wurde, um die Zuschüsse für die Kornbranntweinherstellung generell abzubauen. Die Kommission konstatiert ferner, dass Deutschland die aus dem Gesetz von 1976 hervorgegangenen Maßnahmen auf der Grundlage der für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltenden Bestimmungen im April 1976 angemeldet hat und die Anmeldung seinerzeit keinen Anlass zu weiteren Bemerkungen gab.

(80)

Gemäß Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag sowie Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 hat die Kommission Deutschland per Entscheidung vom 19. Juni 2002 die Annahme zweckdienlicher Maßnahmen empfohlen, nachdem sie zu dem Schluss gelangt war, dass Kornbranntwein als industrielles Erzeugnis zu betrachten ist und dass die betreffenden Maßnahmen bestehende Beihilfen darstellen, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht mehr vereinbar sind, wogegen Deutschland jedoch Einspruch erhoben hat.

(81)

Die auf das Branntweinmonopolgesetz zurückzuführenden staatlichen Beihilfen einschließlich der Beihilfemaßnahmen für Kornbranntwein aufgrund des Gesetzes vom 2. Mai 1976 waren von Deutschland ordnungsgemäß angemeldet worden war, ohne dass die Kommission damals Vorbehalte bezüglich ihrer Vereinbarkeit mit den Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft geäußert hätte. Deutschland ließ die Kommission seinerzeit wissen, dass es die Maßnahmen umzusetzen gedenke. Es handelt sich folglich um bestehende staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b) Ziffer iii) der Verordnung (EG) Nr. 659/1999.

(82)

In ihrer Entscheidung vom 19. Juni 2002 über zweckdienliche Maßnahmen hat die Kommission die aus dem Gesetz vom 22. Dezember 1999 hervorgegangenen Maßnahmen denn auch nicht als neue Beihilfen eingestuft.

(83)

Der eigentliche Zweck des HSanG vom 22. Dezember 1999 besteht darin, den Kreis der Beihilfeempfänger zu verringern und die Höhe der gewährten Zuschüsse zu senken. Es ändert nichts am Kern des durch das Gesetz vom 2. Mai 1976 eingeführten Systems, wonach die Kosten der Erzeuger unabhängig vom Marktpreis des Kornbranntweins gedeckt werden. Dies gilt auch für die Ausgleichsbeträge, die für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Monopol gewährt werden und eine gewisse Zeit lang die Zuschüsse ersetzen.

(84)

Deshalb musste das HSanG 1999 der Kommission vor seinem Inkrafttreten auch nicht angezeigt werden.

(85)

Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 9. August 1994 in der Rechtssache C 44/03 („Namur-Les assurances du crédit SA“) (25). In diesem Fall hatte eine öffentliche Einrichtung beschlossen, ihre Tätigkeiten auszuweiten, wodurch die öffentlichen Beihilfen, die ihr kraft einer vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführten Gesetzgebung gewährt worden waren, auch dem erweiterten Geschäftsbereich zugute kommen würden. Der Gerichtshof urteilte, dass in einem derartigen Fall nicht die Ansicht vertreten werden könne, dass es sich hier um die Einführung oder Änderung einer Beihilfe im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag handele, da diese Entscheidung zum Tragen komme, ohne dass eine Änderung der durch das Gesetz eingeführten Beihilferegelung vorgenommen werde.

(86)

Daher unterliegen Beihilfen, die aufgrund einer vor Inkrafttreten des Vertrags bestehenden Beihilferegelung gewährt werden, weder der Pflicht zur vorherigen Anmeldung noch dem Durchführungsverbot gemäß Artikel 93 Absatz 3, sondern müssen gemäß Absatz 1 desselben Artikels fortlaufend überprüft werden.

Man kann die Mitgliedstaaten nämlich nicht zwingen - ohne einen Faktor der Rechtsunsicherheit zu schaffen -, der Kommission nicht nur die neuen Beihilfen und die Umgestaltungen von Beihilfen im eigentlichen Sinne, die einem Unternehmen, das Nutznießer einer bestehenden Beihilferegelung ist, gewährt werden, anzuzeigen und ihrer präventiven Kontrolle zu unterstellen, sondern auch alle Maßnahmen, die die Tätigkeit dieses Unternehmens betreffen und sich auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes oder auf den Wettbewerb auswirken können.“

(87)

Die Kommission schließt sich dieser Einschätzung an.

(88)

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission das in der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorgesehene Verfahren eingeleitet.

a)   Vorabmaßnahmen gemäß Verordnung (EG) Nr. 659/1999

(89)

In Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 heißt es unter der Überschrift „Zusammenarbeit nach Artikel 93 Absatz 1 des Vertrags“:

„(1)   Für die Überprüfung bestehender Beihilferegelungen in Zusammenarbeit mit dem betreffenden Mitgliedstaat holt die Kommission nach Artikel 88 Absatz 1 des Vertrags bei diesem alle erforderlichen Auskünfte ein.

(2)   Gelangt die Kommission zur vorläufigen Auffassung, dass eine bestehende Beihilferegelung nicht oder nicht mehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, so setzt sie den betreffenden Mitgliedstaat hiervon in Kenntnis und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von einem Monat …“.

(90)

Mit Schreiben vom 22. Februar 2002 hat die Kommission Deutschland ordnungsgemäß darauf hingewiesen, dass sie nach Prüfung seiner Antworten und der von den Beschwerdeführern übermittelten Fakten zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass die EG-Wettbewerbsregeln auf die fraglichen Beihilfemaßnahmen Anwendung finden und dass die für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltenden Sonderbestimmungen nicht geltend gemacht werden können, da Kornbranntwein ein industrielles Produkt ist, das als solches nicht unter Anhang I des EG-Vertrags fällt.

(91)

Nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass die Maßnahmen Deutschlands zugunsten der Kornbrennereien bestehende Beihilfen darstellen, deren Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des EG-Vertrags zweifelhaft ist, forderte sie Deutschland gemäß Artikel 17 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 auf, sich hierzu binnen eines Monats nach Erhalt des Schreibens vom 22. Februar 2002 zu äußern. Außerdem wurde Deutschland aufgefordert, zweckdienliche Vorschläge zu unterbreiten, um seine Monopolgesetzgebung so abzuändern, dass sie mit den Bestimmungen von Artikel 87 EG-Vertrag vereinbar wird.

(92)

Mit Schreiben vom 19. März 2002 hat Deutschland der Einschätzung der Kommission widersprochen und erneut vorgebracht, dass Kornbranntwein in den Genuss der für landwirtschaftliche Erzeugnisse geltenden Bestimmungen gelangen muss.

b)   Vorschlag zweckdienlicher Maßnahmen

(93)

In Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 heißt es zu den zweckdienlichen Maßnahmen:

Gelangt die Kommission aufgrund der von dem betreffenden Mitgliedstaat nach Artikel 17 übermittelten Auskünfte zu dem Schluss, dass die bestehende Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt nicht oder nicht mehr vereinbar ist, so schlägt sie dem betreffenden Mitgliedstaat zweckdienliche Maßnahmen vor. Der Vorschlag kann insbesondere in folgendem bestehen: a) inhaltliche Änderung der Beihilferegelung oder b) Einführung von Verfahrensvorschriften oder c) Abschaffung der Beihilferegelung“.

(94)

Gemäß Artikel 88 Absatz 1 EG-Vertrag in Verbindung mit Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 hat die Kommission Deutschland im Wege der Entscheidung vom 19. Juni 2002 zweckdienliche Maßnahmen empfohlen, um die einschlägigen Bestimmungen der deutschen Kornbranntweingesetzgebung (Gesetz vom 2. Mai 1976 und Gesetz vom 22. Dezember 1999) in folgendem Sinne zu reformieren:

a)

Landwirtschaftliche und gewerbliche Kornbrennereien dürfen keine Betriebsbeihilfen in Form von Zuschüssen zur Aufrechterhaltung gesetzlich garantierter Preise mehr erhalten.

b)

Ihr Anspruch auf wie auch immer geartete sonstige Beihilfen als Ausgleich für ein etwaiges vorzeitiges Ausscheiden aus dem System darf nicht länger bestehen bleiben.

c)

Die Gesetzesänderungen müssen möglichst rasch vom Betriebsjahr 2002/2003 erfolgen und spätestens zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten sein.

d)

Deutschland unterrichtet die Kommission über die getroffenen zweckdienlichen Maßnahmen mittels eines Berichts, der spätestens zum Ende des ersten Quartals 2003 vorzulegen ist. Ein zweiter Bericht über die tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen ist der Kommission bis spätestens Ende November 2003 zu übermitteln.

C.   Würdigung der von Deutschland zur Rechtfertigung der Beihilfemaßnahmen angeführten Rechtsprechung

(95)

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat sich mehrmals zur Vereinbarkeit der gesetzlichen Bestimmungen über das deutsche Branntweinmonopol mit bestimmten Vorschriften des EG-Vertrags geäußert (vgl. insbesondere die Urteile in den Rechtssachen Hansen und Sektkellerei C.A. Kupferberg, s. Rdnr.42).

(96)

Deutschland beruft sich in seinen Antworten an die Kommission auf diese Rechtsprechung und leitet daraus ab, dass die Bestimmungen des Branntweinmonopolgesetzes vom 2. Mai 1976 bereits vom Gerichtshof geprüft und bestätigt worden seien. Infolgedessen könne das Branntweinmonopolgesetz (in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1999) von der Kommission nicht in Frage gestellt werden, da es vom Gerichtshof nicht beanstandet worden sei.

(97)

Es ist daher angezeigt, auf den Tenor dieser Rechtsprechung näher einzugehen.

(98)

In den in diesem Zusammenhang zitierten Rechtssachen war der Gerichtshof um eine Vorabentscheidung zur Frage der Rechtsgültigkeit der durch das deutsche Branntweinmonopol eingeführten steuerlichen Bestimmungen im Hinblick auf die Artikel 37 und 95 (nunmehr Artikel 31 und 90) EG-Vertrag ersucht worden. Der Gerichtshof hatte sich bei dieser Gelegenheit zur Vereinbarkeit der aus dem Branntweinmonopolgesetz hervorgegangenen steuerlichen Maßnahmen mit den Bestimmungen des EG-Vertrags geäußert.

(99)

In seinem Urteil hat er sich darauf beschränkt, darauf hinzuweisen, dass „bei der Durchführung der Artikel 92 und 93 dem Eingreifen der Kommission ein weiter Spielraum belassen ist, während Artikel 37 unmittelbar gelten soll“, d.h. er hat damit bestätigt, dass die Kommission aufgrund des EG-Vertrags befugt ist, die fraglichen Maßnahmen aus beihilferechtlicher Sicht zu würdigen.

(100)

Der Gerichtshof führt außerdem aus, dass die Artikel 92 und 93 einerseits und Artikel 37 andererseits zwar das gemeinsame Ziel haben zu verhindern, dass die Mitgliedstaaten durch „die Tätigkeit eines staatlichen Monopols oder durch die Gewährung von Beihilfen“ eine Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt oder eine Benachteiligung der Erzeuger oder des Handels anderer Mitgliedstaaten bewirken, dass es sich aber um Bestimmungen handelt, die „unterschiedliche Anwendungsvoraussetzungen haben, die der jeweils von ihnen erfassten Form staatlicher Maßnahmen eigen sind“. Schließlich führte der Gerichtshof aus, dass in dem speziellen Fall nicht geprüft zu werden brauche, inwieweit die Bestimmungen der Artikel 92 und 93 auf die Erzeugung der betreffenden landwirtschaftlichen Produkte und den Handel mit diesen anwendbar seien.

(101)

Aus dieser Begründung kann nicht abgeleitet werden, dass der Gerichtshof den Standpunkt vertreten hat, dass die beihilferechtlichen Bestimmungen des EG-Vertrags auf die im Rahmen des Kornbranntweinmonopols gewährten Zuschüsse nicht anwendbar sind.

(102)

Deutschland erkennt zwar an, dass sich der Gerichtshof nicht direkt zur Rechtmäßigkeit des Monopols mit den Artikeln 92 und 93 geäußert hat, macht aber geltend, dass kein Zweifel bestehe, dass der Gerichtshof das fragliche Produkt als landwirtschaftliches Erzeugnis eingestuft habe, das Gegenstand einer gemeinsamen Marktorganisation sein kann.

(103)

Die Kommission stellt fest, dass sich der Gerichtshof zu den fraglichen staatlichen Beihilfen nicht geäußert hat. Sie steht daher auf dem Standpunkt, dass die Urteile des Gerichtshofes, auf die Deutschland sich in dieser Sache beruft, weder der Einstufung des fraglichen Erzeugnisses noch einer beihilferechtlichen Würdigung der Beihilfen zugunsten deutscher Kornbrennereien vorgreifen. Die zitierte Rechtsprechung ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig.

D.   Vereinbarkeit der Beihilfen

(104)

In Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag sind bestimmte Arten von Beihilfen aufgeführt, die mit dem EG-Vertrag vereinbar sind. Aufgrund der Art und Beschaffenheit der Beihilfen ist jedoch klar, dass die in Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Ausnahmeregelungen im vorliegenden Fall nicht greifen.

(105)

In Artikel 87 Absatz 3 sind die Arten von Beihilfen aufgelistet, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Es ist offensichtlich, dass die fragliche Regelung weder der Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse noch der Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats noch der Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Lebens im Sinne der Ausnahmeregelungen des Artikels 87 Absatz 3 Buchstaben b und d dienen.

(106)

Im Hinblick auf die im Interesse der Regionalentwicklung geschaffenen Ausnahmeregelungen von Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a und c ist zu sagen, dass die fraglichen Beihilfen unterschiedslos für alle Regionen der Deutschlands gelten. Es steht ebenfalls außer Frage, dass die Beihilfen auch nicht dazu bestimmt sind, Maßnahmen im Sinne der Ausnahmeregelung zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige (Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Umweltschutz, Beschäftigung oder Ausbildung entsprechend den einschlägigen Gemeinschaftsrahmen oder Leitlinien der Gemeinschaft zu fördern. Da auch kein anderer Grund im Zusammenhang mit der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige geltend gemacht werden kann, sind die fraglichen Beihilfen daher als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar einzustufen.

(107)

Die Kommission ist dennoch der Auffassung, dass es ganz bestimmte Gründe gibt, die dafür sprechen zu gestatten, dass das in Deutschland praktizierte System noch für eine gewisse Übergangszeit aufrechterhalten wird.

(108)

So haben nach Einleitung des Verfahrens mit Ausnahme der Vertreter der Spirituosenindustrie sämtliche betroffenen Kreise gegen die von der Kommission vorgeschlagene Frist protestiert. Deutschland führte gegenüber der Kommission aus, dass eine Frist von mehreren Jahren unabdingbar sei, damit sich der Abbau der fraglichen Beihilfen unter annehmbaren Bedingungen vollziehen könne, ohne dass die betroffenen Erzeuger, die bisher von dem ordnungsgemäß angemeldeten und von der Kommission jahrzehntelang nicht beanstandeten Subventionssystem profitiert hätten, in ihrer Existenz gefährdet würden.

(109)

Zunächst hat die Kommission zur Kenntnis genommen, dass das Betriebsjahr in der Kornbranntweinherstellung am 1. Oktober eines Jahres beginnt und am 30. September des darauf folgenden Jahres endet. Sie wird dem bei der Festsetzung der Termins Rechnung tragen, zu dem Deutschland die Gesetzesreform umgesetzt haben muss.

(110)

Deutschland hat gegenüber der Kommission überzeugend dargelegt, dass die industriellen und landwirtschaftlichen Brennereien, die bisher die im Rahmen des Monopols hergestellten Destillate an die DKV abgeführt haben und künftig im Rahmen des neuen Systems den Kornbranntwein selbst vermarkten möchten, erhebliche Investitionen vornehmen müssen. Hierzu gehört beispielsweise die Anschaffung neuer Destilliervorrichtungen oder die Errichtung neuer Gebäude und Lagerräume (Stahlbottiche, Holzfässer, Laborgeräte, Falschenabfüllanlage, Lagerraum für die verpackte Ware, Beantragung von Baugenehmigungen usw.). Deutschland schätzt, dass eine Brennerei mit einer Jahresproduktion von 1 000 hl Kornalkohol jährlich mindestens 400 000 EUR für die Vermarktung dieser Menge an Alkohol investieren muss.

(111)

Offensichtlich sind die erforderlichen Umstrukturierungen ohne die Gewährung einer zusätzlichen Frist, während der die bestehende finanzielle Beihilfe, sei es in Form der Erstattung der Produktionskosten oder in Form von Ausgleichsbeträgen, aufrechterhalten wird, nicht machbar. Dies gilt vor allem für die kleinen Destillerien, die die überwiegende Mehrheit der betroffenen Unternehmungen und/oder Agrarbetriebe ausmachen.

(112)

Die Kommission erkennt die Berechtigung der Gesuchs Deutschlands insofern an, als nachgewiesen werden konnte, dass eine abrupte Einstellung der jahrzehntelang gewährten Beihilfen die Existenz eines Großteil der von den Maßnahmen betroffenen Betriebe, vor allem der landwirtschaftlichen Brennereien, gefährden würde. Deshalb sollte eine Übergangsfrist vorgesehen werden, die so bemessen ist, dass die Brennereien ihre Produktion in dieser Zeit auf die neue Situation einstellen können.

(113)

Die Kommission nimmt ebenfalls zur Kenntnis, dass Kornbranntwein mit anderen Erzeugnissen konkurriert, die unter Anhang I des EG-Vertrages fallen und Beihilfen erhalten. Da es sich im vorliegenden Fall jedoch um Betriebsbeihilfen handelt, müssen diese innerhalb einer angemessen Frist eingestellt werden: aufgrund der vorstehenden Ausführungen dürfte eine Beibehaltung der Regelung während weiterer rund zweieinhalb Jahre (bis zum 30. September 2006) in diesem Zusammenhang angemessen sein. Danach muss Deutschland die Regelung mit allen ihren Folgen außer Kraft setzen.

(114)

Die Kommission hält daher Folgendes Fest:

a)

Landwirtschaftliche und gewerbliche Kornbrennereien haben keinen weiteren Anspruch auf Betriebsbeihilfen in Form von Zuschüssen zur Aufrechterhaltung gesetzlich garantierter Preise.

b)

Sie können ebenfalls keinen weiteren Anspruch auf wie auch immer geartete sonstige Beihilfen als Ausgleich für ein etwaiges vorzeitiges Ausscheiden aus dem System geltend machen.

c)

Die Gesetzesänderungen müssen möglichst rasch vom Betriebsjahr 2005/2006 an vorgenommen werden und spätestens am 30. September 2006 in Kraft treten.

d)

Deutschland muss die Kommission über die getroffenen zweckdienlichen Maßnahmen mittels eines Berichts unterrichten, der spätestens zum Ende des zweiten Quartals 2005 vorzulegen ist. Ein zweiter Bericht über die tatsächliche Umsetzung der Maßnahmen ist der Kommission bis Ende 2006 zu übermitteln,

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im deutschen Branntweinmonopolgesetz enthaltene Beihilferegelung zugunsten der Hersteller von Kornbranntwein ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

Deutschland ergreift alle erforderlichen Maßnahmen um die in Artikel 1 genannte Beihilferegelung ab dem 30. September 2006 abzuschaffen.

Artikel 3

Spätestens am 30. Juni 2005 unterrichtet Deutschland die Kommission über die zur Abschaffung der Beihilferegelung beabsichtigten Maßnahmen

Spätestens am 31. Dezember 2006 unterrichtet Deutschland die Kommission über die tatsächliche Anwendung der getroffenen Maßnahmen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 16. November 2004

Für die Kommission

Mario MONTI

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 269 vom 8.11.2003, S. 2.

(2)  Bundesgesetzblatt Jahrgang 1999 Teil I Nr. 58, ausgegeben zu Bonn am 28. Dezember 1999. Durch das Haushaltssanierungsgesetz erfolgte eine generelle Reform des deutschen Branntweinmonopols. Das Gesetz trat am 1. Oktober 2000 in Kraft.

(3)  Branntweinmonopolgesetz vom 2. Mai 1976.

(4)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1; geändert durch die Beitrittsakte 2003.

(5)  ABl. C 308 vom 11.9.2002, S. 6.

(6)  Reichsgesetzblatt I, S. 335, 405.

(7)  Slg. 1976, S.181 (Rdnr. 27). Mit diesem Urteil hat der Gerichtshof insbesondere für Recht erkannt, dass eine Verletzung des Artikels 37 (nunmehr Artikel 31) des Vertrages zu bejahen ist, „wenn die Belastung des eingeführten Erzeugnisses von der des gleichartigen inländischen Erzeugnisses, das unmittelbar oder mittelbar dem Monopol unterworfen ist, abweicht“.

(8)  Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol, Bundesgesetzblatt I N 50 vom 7. Mai 1976, S. 1145.

(9)  Die Anmeldung betraf alle unter das Monopol fallenden Produkte einschließlich Kornbranntwein.

(10)  ABl. 30 vom 20.4.1962, S. 62/993 geändert durch die Verordnung Nr. 49 (ABl. 53 vom 1.7.1962, S. 62/1571).

(11)  Aus Anhang II des Vertrags wurde mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam Anhang I. Der Inhalt blieb jedoch unverändert.

(12)  Rektifikation: Verarbeitung des Alkohols durch Destillation, Filtration oder ein anderes Verfahren…

(13)  Die durch eine Verordnung des Reichsmonopolamtes (heute Bundesmonopolbehörde) 1930 eingesetzte und heute dem Finanzministerium unterstehende Gesellschaft des bürgerlichen Rechts DKV (GmbH) besitzt die ausschließlichen Vertriebsrechte für Kornbranntwein.

(14)  Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 28. Dezember 1999.

(15)  Nach Angaben der DKV wurden im Betriebsjahr 2000/2001, d.h. ein Jahr nach Inkrafttreten des HSanG, 24% und im Betriebsjahr 2001/2002 40,6% der Kornbranntweinproduktion auf dem freien Markt erzeugt.

(16)  Ein Betriebsjahr beginnt jeweils am 1. Oktober eines Jahres und endet am 30. September des darauf folgendes Jahres.

(17)  Der „freie“ Kornbranntweinmarkt machte im Betriebsjahr 2001/2002 40,8% des Marktes aus.

(18)  ABl. L 60 vom 12.6.1989, S. 1; Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates ( ABl. L 284 vom 31.10 2003, S. 1).

(19)  Slg. 1979, S. 935.

(20)  Slg. 1985, S. 157.

(21)  In Artikel 90 (vormals Artikel 95) heißt es: „Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben. Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.“

(22)  ABl. 7 vom 30.1.1961, S. 61/71

(23)  ABl. L 97 vom 15.4.2003, S. 9.

(24)  Hervorhebung von der Kommission hinzugefügt.

(25)  Slg. 1994, S. I-3829.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/63


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 24. März 2006

über Schutzmaßnahmen gegenüber bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, mit Ursprung in Madagaskar

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2006) 888)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2006/241/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 97/78/EG des Rates vom 18. Dezember 1997 zur Festlegung von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten Erzeugnissen (1), insbesondere auf Artikel 22,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Entscheidung 97/517/EG der Kommission vom 1. August 1997 über Schutzmaßnahmen gegenüber bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, mit Ursprung in Madagaskar (2) ist in wesentlichen Punkten geändert worden (3). Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Klarheit empfiehlt es sich daher, die genannte Entscheidung zu kodifizieren.

(2)

Kontrollbesuche der Gemeinschaft in Madagaskar haben ernsthafte Mängel bei der Infrastruktur und Hygiene der Fleischbetriebe sowie die Tatsache aufgezeigt, dass es keine ausreichenden Garantien hinsichtlich der Wirksamkeit der von den zuständigen Behörden durchgeführten Kontrollen gibt. Auch weisen die in Madagaskar zur Gewährleistung der Tiergesundheit getroffenen Maßnahmen schwerwiegende Mängel auf, und die Gemeinschaftsvorschriften wurden nicht eingehalten. Die Erzeugung und Verarbeitung von Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, in diesem Land birgt eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

(3)

Einfuhren von Erzeugnissen tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, aus Madagaskar sollten erst wieder gestattet werden, wenn sichergestellt ist, dass keine Gefahr mehr besteht.

(4)

Die in dieser Entscheidung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Diese Entscheidung gilt für Erzeugnisse tierischen Ursprungs, ausgenommen Fischereierzeugnisse, mit Ursprung in Madagaskar.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten verbieten die Einfuhr der in Artikel 1 genannten Erzeugnisse.

Artikel 3

Die Entscheidung 97/517/EG wird aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Entscheidung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Entscheidung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang II zu lesen.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an alle Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 24. März 2006

Für die Kommission

Markos KYPRIANOU

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 24 vom 30.1.1998, S. 9. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

(2)  ABl. L 214 vom 6.8.1997, S. 54. Entscheidung zuletzt geändert durch die Entscheidung 97/553/EG (ABl. L 228 vom 19.8.1997, S. 31).

(3)  Siehe Anhang I.


ANHANG I

Aufgehobene Entscheidung mit ihrer Änderung

Entscheidung 97/517/EG der Kommission (ABl. L 214 vom 6.8.1997, S. 54)

 

Entscheidung 97/553/EG der Kommission (ABl. L 228 vom 19.8.1997, S. 31)

Nur hinsichtlich der in Artikel 1 enthaltenen Bezugnahme auf die Entscheidung 97/517/EG


ANHANG II

Entsprechungstabelle

Entscheidung 97/517/EG

Vorliegende Entscheidung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 2 erster Absatz

Artikel 2

Artikel 2 zweiter Absatz

Artikel 3

Artikel 3

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 4

Anhang I

Anhang II


In Anwendung von Titel V des Vertrags über die Europäische Union erlassene Rechtsakte

25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/65


GEMEINSAMER STANDPUNKT 2006/242/GASP DES RATES

vom 20. März 2006

zur Konferenz 2006 zur Überprüfung des Übereinkommens über das Verbot von biologischen Waffen und Toxinwaffen (BWÜ)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 15,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Europäische Union betrachtet das Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen (BWÜ) als eine wichtige Komponente im internationalen Nichtweiterverbreitungs- und Abrüstungskontext und als Grundstein der Bemühungen, mit denen verhindert werden soll, dass biologische Agenzien und Toxine jemals als Waffen entwickelt und genutzt werden. Zudem setzt sich die Europäische Union weiterhin für die Entwicklung von Maßnahmen ein, um langfristig die Einhaltung des BWÜ zu überprüfen.

(2)

Der Rat hat am 17. Mai 1999 den Gemeinsamen Standpunkt 1999/346/GASP betreffend Fortschritte hinsichtlich eines rechtsverbindlichen Protokolls zur verstärkten Einhaltung des BWÜ (1) und am 25. Juni 1996 den Gemeinsamen Standpunkt 96/408/GASP betreffend die Vorbereitung auf die Vierte Konferenz zur Überprüfung des BWÜ (2) angenommen.

(3)

Der Rat hat am 17. November 2003 den Gemeinsamen Standpunkt 2003/805/GASP betreffend die weltweite Anwendung und Stärkung von multilateralen Übereinkünften im Bereich der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägermitteln (3) angenommen. In diesem Gemeinsamen Standpunkt ist das BWÜ als eine dieser multilateralen Übereinkünfte aufgeführt.

(4)

Der Europäische Rat hat am 12. Dezember 2003 eine Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen angenommen, die u. a. darauf abzielt, das BWÜ zu stärken, die Reflexion über Verifikationsinstrumente zum Übereinkommen fortzusetzen, die Umsetzung des Übereinkommens auf nationaler Ebene, u. a. durch strafrechtliche Vorschriften, zu unterstützen und seine Einhaltung besser zu gewährleisten.

(5)

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am 28. April 2004 einstimmig die Resolution 1540 (2004) angenommen, in der ausgeführt wird, dass die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägermittel eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt. Die Umsetzung dieser Resolution trägt auch zur Umsetzung des BWÜ bei.

(6)

Der Rat hat am 1. Juni 2004 eine Erklärung zur Unterstützung der Sicherheitsinitiative zur Unterbindung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen abgegeben.

(7)

Die Vertragsstaaten des BWÜ haben am 14. November 2002 einvernehmlich beschlossen, ab 2003 bis zur Sechsten Überprüfungskonferenz, die spätestens Ende 2006 stattfinden soll, drei Jahrestreffen der Vertragsstaaten von jeweils einwöchiger Dauer abzuhalten. Jedem Treffen der Vertragsstaaten soll ein zweiwöchiges Expertentreffen vorangehen; auf der Sechsten Überprüfungskonferenz sollen die Ergebnisse dieser Treffen erörtert und etwaige Maßnahmen beschlossen werden. Die Vertragsstaaten haben beschlossen, dass die Sechste Überprüfungskonferenz 2006 in Genf stattfinden soll und dass zuvor ein Vorbereitungsausschuss zusammentreten soll.

(8)

In einer am 13. Dezember 1982 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommenen Resolution (A/RES/37/98) über chemische und bakteriologische (biologische) Waffen ist der Generalsekretär der Vereinten Nationen ersucht worden, Informationen zu untersuchen, die ihm gegebenenfalls über Aktivitäten, welche eine Verletzung des Genfer Protokolls von 1925 darstellen können, übermittelt werden. Am 26. August 1988 hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen die Resolution 620 angenommen, in der der Generalsekretär unter anderem aufgefordert wird, umgehend Untersuchungen vorzunehmen, wenn ein Verdacht auf einen Einsatz chemischer und bakteriologischer (biologischer) Waffen bzw. von Toxinwaffen, der eine Verletzung des Genfer Protokolls von 1925 darstellen könnte, bekundet wird.

(9)

Die Europäische Union hat am 27. Februar 2006 eine Gemeinsame Aktion betreffend das BWÜ beschlossen, um dem BWÜ weltweite Geltung zu verschaffen und seine Umsetzung durch die Vertragsstaaten zu unterstützen, damit gewährleistet wird, dass diese die internationalen Verpflichtungen aus dem BWÜ in ihre nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften umsetzen.

(10)

Parallel zur Gemeinsamen Aktion hat die Europäische Union einen BWÜ-Aktionsplan festgelegt, in dem sich die Mitgliedstaaten bereit erklärt haben, den Vereinten Nationen im April 2006 Ergebnisberichte über die vertrauensbildenden Maßnahmen und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen Listen der einschlägigen Experten und Laboratorien vorzulegen, um Untersuchungen über einen mutmaßlichen Einsatz chemischer und biologischer Waffen zu erleichtern.

(11)

Mit Blick auf die nächste, vom 20. November bis 8. Dezember 2006 stattfindende BWÜ-Überprüfungskonferenz und die Tagung des Vorbereitungsausschusses vom 26. bis 28. April 2006 ist es angezeigt, den Standpunkt der Europäischen Union zu aktualisieren —

HAT FOLGENDEN GEMEINSAMEN STANDPUNKT ANGENOMMEN:

Artikel 1

Ziel der Europäischen Union ist es, das Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen (BWÜ) weiter zu stärken. Die EU setzt sich weiterhin für die Festlegung wirksamer Verfahren zur Stärkung und Verifizierung der Einhaltung des BWÜ ein. Sie wirkt daher auf einen erfolgreichen Abschluss der 2006 stattfindenden Sechsten Überprüfungskonferenz hin.

Artikel 2

Im Sinne des in Artikel 1 genannten Ziels geht die Europäische Union wie folgt vor:

a)

Sie trägt dazu bei, dass die Funktionsweise des BWÜ, einschließlich der Umsetzung der Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus dem BWÜ, auf der Sechsten Überprüfungskonferenz umfassend überprüft wird.

b)

Sie unterstützt ein weiteres Arbeitsprogramm für den Zeitraum zwischen der Sechsten und der Siebten Überprüfungskonferenz und stellt fest, in welchen Bereichen und mit welchen Vorgehensweisen im Rahmen dieses Arbeitsprogramms weitere Fortschritte erzielt werden können.

c)

Sie tritt für eine Siebte Überprüfungskonferenz des BWÜ spätestens 2011 ein.

d)

Sie trägt auf der Grundlage des durch die früheren einschlägigen Konferenzen geschaffenen Rahmens konsensbildend zu einem erfolgreichen Abschluss der Sechsten Überprüfungskonferenz bei und engagiert sich unter anderem in folgenden wesentlichen Punkten:

i)

Beitritt aller Staaten zum BWÜ, einschließlich der Aufforderung an alle Staaten, die ihm noch nicht beigetreten sind, dem BWÜ umgehend beizutreten und sich rechtlich zu Abrüstung und Nichtweiterverbreitung von biologischen Waffen und von Toxinwaffen zu verpflichten; bis zum Beitritt solcher Staaten zum BWÜ ermutigt sie diese, als Beobachter an den Treffen der Vertragsstaaten des BWÜ teilzunehmen und seine Bestimmungen freiwillig anzuwenden; Engagement dafür, dass das Verbot von biologischen und chemischen Waffen zu einer allgemein verbindlichen Regel des Völkerrechts erklärt wird, auch im Wege einer weltweiten Anwendung des BWÜ;

ii)

vollständige Einhaltung der Verpflichtungen aus dem BWÜ und die tatsächliche Umsetzung durch alle Vertragsstaaten;

iii)

im Hinblick auf eine vollständige Einhaltung aller Bestimmungen des BWÜ durch alle Vertragsstaaten erforderlichenfalls Verstärkung der nationalen Umsetzungsmaßnahmen, einschließlich der strafrechtlichen Vorschriften, und der Kontrolle über pathogene Mikroorganismen und Toxine im Rahmen des BWÜ. Einsatz für die Festlegung wirksamer Verfahren zur Stärkung und Verifizierung der Einhaltung des BWÜ;

iv)

Bemühungen um erhöhte Transparenz durch den verstärkten Austausch von Informationen zwischen den Vertragsstaaten, u. a. durch den jährlichen Informationsaustausch zwischen ihnen (Vertrauensbildende Maßnahmen — VBM), unter Ermittlung von Maßnahmen zur Evaluierung und Förderung der Länder-Bandbreite und des Nutzens des VBM-Mechanismus sowie unter Sondierung der Zweckdienlichkeit einer Ausdehnung seiner Tragweite;

v)

Einhaltung der Verpflichtungen im Rahmen der Resolution 1540 (2004) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, um vor allem die Gefahr zu bannen, dass biologische Waffen oder Toxinwaffen für terroristische Zwecke erworben oder genutzt werden und Terroristen möglicherweise Zugang zu Material, Ausrüstung und Fachwissen erhalten, welches zur Entwicklung und Herstellung von biologischen Waffen und Toxinwaffen genutzt werden könnte;

vi)

die globalen Partnerschaftsprogramme der G8 zur Unterstützung von Abrüstung, Kontrolle und Sicherung von sensitiven Stoffen, Anlagen und Fachkenntnissen;

vii)

Prüfung und Beschlussfassung in Bezug auf das weitere Vorgehen nach den bisherigen Arbeiten im Rahmen des Arbeitsprogramms zwischen den Konferenzen von 2003 bis 2005 und die Bemühungen, das gemeinsame Verständnis und wirksame Maßnahmen in folgenden Bereichen: Annahme der erforderlichen nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der im BWÜ enthaltenen Verbote einschließlich des Erlasses strafrechtlicher Vorschriften; nationale Mechanismen zur Einführung und Gewährleistung der Sicherung und Überwachung pathogener Mikroorganismen und Toxine; Ausweitung der internationalen Möglichkeiten, um bei einem vermuteten Einsatz biologischer Waffen oder von Toxinwaffen oder bei verdächtigen Krankheitsausbrüchen reagieren, Untersuchungen durchführen und die Folgen abmildern zu können; Verstärkung und Ausweitung nationaler und internationaler Bemühungen auf institutioneller Ebene und bestehender Mechanismen zur Überwachung, Erkennung, Diagnose und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen, Tieren und Pflanzen; Inhalt, Verbreitung und Annahme von Verhaltenskodizes für Wissenschaftler; Anerkennung, dass zur besseren Umsetzung des Übereinkommens alle Vertragsparteien in den genannten Bereichen kontinuierliche Anstrengungen unternehmen müssen.

Artikel 3

Im Sinne des Artikels 2 handelt die Europäische Union wie folgt:

a)

Die Mitgliedstaaten einigen sich auf spezifische, konkrete und durchführbare Vorschläge für eine effektive Verbesserung der Umsetzung des BWÜ, welche den Vertragsparteien im Namen der Europäischen Union zur Erörterung auf der Sechsten Überprüfungskonferenz vorgelegt werden.

b)

Gegebenenfalls unternimmt der Vorsitz Demarchen nach Maßgabe von Artikel 18 des Vertrags über die Europäische Union, um

i)

einen universellen Beitritt zum BWÜ zu fördern;

ii)

die Umsetzung des BWÜ durch die Vertragsstaaten auf nationaler Ebene zu fördern;

iii)

die Vertragsstaaten nachdrücklich aufzufordern, eine effektive und umfassende Überprüfung des BWÜ zu unterstützen sowie daran mitzuwirken und dadurch ihr Engagement für diese grundlegende internationale Norm gegen biologische Waffen zu bekräftigen;

iv)

für die oben erwähnten Vorschläge für eine weitere Stärkung des BWÜ, die die Europäische Union den Vertragsstaaten zur Erörterung unterbreitet, zu werben.

c)

Von der Europäischen Union werden über den Vorsitz im Vorfeld und während der Überprüfungskonferenz Erklärungen abgegeben.

Artikel 4

Dieser Gemeinsame Standpunkt wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Artikel 5

Dieser Gemeinsame Standpunkt wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 20. März 2006.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

U. PLASSNIK


(1)  ABl. L 133 vom 28.5.1999, S. 3.

(2)  ABl. L 168 vom 6.7.1996, S. 3.

(3)  ABl. L 302 vom 20.11.2003, S. 34.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/68


GEMEINSAME AKTION 2006/243/GASP DES RATES

vom 20. März 2006

zur Unterstützung der Tätigkeiten der Vorbereitungskommission der Organisation des Vertrags für das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) im Bereich Ausbildung und Kapazitätsaufbau für die Verifikation und im Rahmen der Umsetzung der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 14,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Europäische Rat hat am 12. Dezember 2003 die Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen angenommen, die in Kapitel III eine Liste von Maßnahmen enthält, mit denen die Verbreitung solcher Waffen bekämpft werden soll und die innerhalb der Europäischen Union wie auch in Drittstaaten getroffen werden müssen.

(2)

Die Europäische Union setzt die EU-Strategie zügig um und führt die in deren Kapitel III aufgeführten Maßnahmen durch, indem sie insbesondere Finanzmittel bereitstellt, um spezifische Projekte von multilateralen Einrichtungen zu unterstützen.

(3)

Die Unterzeichnerstaaten des von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. September 1996 angenommenen Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBT) haben die Einsetzung einer mit Rechtsfähigkeit ausgestatteten Vorbereitungskommission beschlossen, der bis zur Errichtung der CTBT-Organisation (CTBTO) die wirkungsvolle Anwendung des CTBT obliegt.

(4)

Der Rat hat am 17. November 2003 den Gemeinsamen Standpunkt 2003/805/GASP betreffend die weltweite Anwendung und Stärkung von multilateralen Übereinkünften im Bereich der Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägermitteln angenommen (1).

(5)

Ein baldiges Inkrafttreten und eine weltweite Anwendung des CTBT und die Stärkung des Überwachungs- und Verifikationssystems der CTBTO-Vorbereitungskommission sind wichtige Ziele der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen.

(6)

Die CTBTO-Vorbereitungskommission, deren Ziele sich mit den in den Erwägungsgründen 4 und 5 genannten Zielen decken, prüft bereits, wie ihr Verifikationssystem durch möglichst rasche Bereitstellung von Expertise und Ausbildung für das Personal der an der Umsetzung des Verifikationssystems beteiligten Unterzeichnerstaaten am besten gestärkt werden kann. Es ist daher angezeigt, die CTBTO-Vorbereitungskommission mit der technischen Durchführung dieser Gemeinsamen Aktion zu beauftragen —

HAT FOLGENDE GEMEINSAME AKTION ANGENOMMEN:

Artikel 1

(1)   Zum Zwecke der sofortigen praktischen Umsetzung einiger Bestandteile ihrer Strategie gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen unterstützt die Europäische Union die Tätigkeiten der CTBTO-Vorbereitungskommission im Bereich Ausbildung und Kapazitätsaufbau für die Verifikation und setzt sich dabei für folgende Ziele ein:

Erhöhung der operativen Leistungsfähigkeit des Verifikationssystems der CTBTO-Vorbereitungskommission;

Verbesserung der Fähigkeit der CTBT-Unterzeichnerstaaten, ihren Verpflichtungen aus dem CTBT nachzukommen und die Vorteile der Teilnahme am Vertragssystem sowie potenzielle zivile und wissenschaftliche Anwendungen uneingeschränkt zu nutzen.

(2)   Das Projekt der CTBTO-Vorbereitungskommission entspricht den Maßnahmen der EU-Strategie und hat Folgendes zum Ziel:

Bereitstellung von Ausbildung zum Aufbau von Kapazitäten, die für das Verifikationssystem der CTBTO-Vorbereitungskommission relevant sind;

Bereitstellung eines elektronischen, interaktiven Zugangs zu Ausbildungskursen und technischen Workshops sowie eines ständigen Zugangs zu Ausbildungsmodulen.

Dieses Projekt kommt allen CTBT-Unterzeichnerstaaten zugute.

Eine ausführliche Beschreibung der Projekte ist im Anhang enthalten.

Artikel 2

(1)   Der Vorsitz, der vom Generalsekretär des Rates/Hohen Vertreter für die GASP unterstützt wird, sorgt unter voller Einbeziehung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für die Umsetzung dieser Gemeinsamen Aktion.

(2)   Die Kommission führt die Aufsicht über die ordnungsgemäße Durchführung des finanziellen Beitrags nach Artikel 3.

(3)   Die technische Durchführung des in Artikel 1 Absatz 2 genannten Projekts wird der CTBTO-Vorbereitungskommission übertragen, die diese Aufgabe unter der Verantwortung des Vorsitzes und unter der Aufsicht des Generalsekretärs/Hohen Vertreters wahrnimmt. Hierfür trifft der Generalsekretär/Hohe Vertreter die notwendigen Vereinbarungen mit der CTBTO-Vorbereitungskommission.

Artikel 3

(1)   Der finanzielle Bezugsrahmen für die Durchführung des in Artikel 1 Absatz 2 genannten Projekts beträgt 1 133 000 EUR.

(2)   Die Verwaltung der in Absatz 1 festgelegten, aus dem Gesamthaushalt der Europäischen Union finanzierten Ausgaben unterliegt den Verfahren und Vorschriften der Gemeinschaft in Haushaltsangelegenheiten mit der Ausnahme, dass eine etwaige Vorfinanzierung nicht im Eigentum der Gemeinschaft verbleibt.

(3)   Zur Ausführung der in Absatz 1 genannten Ausgaben schließt die Kommission entsprechend den Regelungen und Verfahrensregeln der CTBTO ein spezifisches Finanzierungsabkommen mit der CTBTO-Vorbereitungskommission. In diesem wird festgehalten, dass die CTBTO-Vorbereitungskommission dafür Sorge trägt, dass dem EU-Beitrag die seinem Umfang entsprechende öffentliche Beachtung zuteil wird.

Artikel 4

Der Vorsitz, der vom Generalsekretär des Rates/Hohen Vertreter für die GASP unterstützt wird, unterrichtet den Rat auf der Grundlage regelmäßiger Berichte, die von der CTBTO-Vorbereitungskommission ausgearbeitet werden, über die Durchführung dieser Gemeinsamen Aktion. Die Kommission wird dabei in vollem Umfang einbezogen und übermittelt Informationen über die finanziellen Aspekte der Durchführung des in Artikel 1 Absatz 2 beschriebenen Projekts.

Artikel 5

Diese Gemeinsame Aktion tritt am Tag ihrer Annahme in Kraft.

Ihre Geltungsdauer endet 15 Monate nach ihrer Annahme.

Artikel 6

Diese Gemeinsame Aktion wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 20. März 2006.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

U. PLASSNIK


(1)  ABl. L 302 vom 20.11.2003, S. 34.


ANHANG

EU-Unterstützung für die Tätigkeiten der Vorbereitungskommission der Organisation des Vertrags für das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) im Bereich Ausbildung und Kapazitätsaufbau für die Verifikation und im Rahmen der Umsetzung der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen

1.   Beschreibung

Die CTBTO-Vorbereitungskommission richtet ein weltweites Verifikationsregime ein, das 321 Überwachungsstationen, 16 Referenzlaboratorien und das Internationale Datenzentrum (IDC) und die Fähigkeit zur Durchführung von Vor-Ort-Inspektionen (OSI) umfasst. Ein entscheidendes Merkmal des Regimes ist sein dezentraler Aufbau; die in den Stationen erhobenen Daten werden den Unterzeichnerstaaten zusammen mit den Produkten des IDC zur abschließenden Analyse übermittelt und aus einer internationalen Liste werden Teams für Inspektionen vor Ort gebildet. Grundvoraussetzung für das Regime ist daher die Verfügbarkeit von Experten in den Unterzeichnerstaaten, die diese Stationen betreiben und über ihre nationalen Datenzentren (NDC) auf Daten des Internationalen Überwachungssystems (IMS) und IDC-Produkte zurückgreifen, sowie die Verfügbarkeit von Kapazitäten für Vor-Ort-Inspektionen.

Damit die CTBT-Unterzeichnerstaaten ihren Verifikationspflichten aus dem CTBT besser nachkommen und die Vorteile der Teilnahme am Vertragsregime in vollem Umfang nutzen können, hat die CTBTO-Vorbereitungskommission seit ihrer Einsetzung die Bedeutung von Ausbildung und Kapazitätsaufbau betont. Zusätzlich zu den herkömmlichen Ausbildungsmethoden bieten die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine Reihe von Möglichkeiten für eine künftige Intensivierung und Ausweitung des Aufbaus von Kapazitäten.

Das E-Training-Projekt ist weltumspannend. Es wird alle CTBT-Unterzeichnerstaaten erreichen und den befugten Nutzern einen elektronischen, interaktiven Zugang zu Ausbildungskursen und technischen Workshops bieten, sowie einen ständigen Zugang zu Ausbildungsmodulen über das Expert Communication System der CTBTO-Vorbereitungskommission.

2.   Projektbeschreibung

Im November 2005 wurde ein Pilotprojekt mit ausgewählten CTBT-Unterzeichnerstaaten aus allen Regionen zur Erforschung der für Web-Casting und Web-Conferencing sowie für computerunterstütztes Lernen verfügbaren technologischen Optionen eingeleitet. Anhand der Ergebnisse dieser Pilotphase, die vor allem den unterschiedlichen technologischen Umgebungen, in denen E-Training-Methoden angewendet werden sollten, gewidmet ist, werden dann die Methodik, die technische Infrastruktur und die inhaltlichen Kernpunkte der Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten entwickelt.

Das Projekt wird die Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten auf der Grundlage des nachstehenden Konzepts umfassen:

Computerunterstütztes/selbstständiges Lernen

Das computerunterstützte/selbstständige Lernen bietet ein gewisses Maß an Interaktivität und einen ständigen Zugang zu den Ausbildungsmodulen für die hierzu befugten Benutzer. Die Entwicklungsphase ist sehr lang, da das „Drehbuch“ des Lernprogramms erstellt, geprüft, getestet und mehrfach überarbeitet werden muss, bevor es erstmals als Schulungsmaterial freigegeben werden kann. Wenn die Lerninhalte relativ unverändert bleiben, kann dies eine gute Methode darstellen, um einer größeren Zielgruppe auf beständige Weise Ausbildungsmaterial bereitzustellen. So benötigt beispielsweise das Personal der nationalen Datenzentren Grundkenntnisse in Bezug auf die Konzepte und Instrumente, die im Provisorischen Technischen Sekretariat der CTBTO-Vorbereitungskommission zur Anwendung gelangen. Auszubilden ist auch eine Vielzahl von Teilnehmern an den Vor-Ort-Inspektionen (Integrierte Feldübung 2008).

Nach der über bilaterale freiwillige Beiträge finanzierten Pilotphase wird das Projekt in zwei Stufen wie folgt durchgeführt:

Phase 1: Entwicklung eines Prototyps eines E-Learning-Systems und Einführung der edukativen Software

Die Ergebnisse der Pilotphase sollten die Bestimmung eines Konzepts ermöglichen, das den unterschiedlichen Anforderungen der potenziellen Endnutzer sowohl unter technischen als auch unter inhaltlichen Aspekten genügt.

Es werden Prototypen für Module für computerunterstütztes Lernen ausgearbeitet und getestet.

Für den Fernunterricht sollten folgende Komponenten in Betracht gezogen werden:

Online-Ausbildungsmodule zu den Systemelementen;

Ausbildungspakete und Vorträge/Vorlesungen über statische Informationen oder ausgereifte Prozesse;

Bereitstellung von Ausbildungsmaterial, auch technische und politische Dokumentation, über eine Website;

Testsysteme, die den Betreibern der Stationen ermöglichen, Simulationen von Routineverfahren für Betrieb und Wartung durchzuführen;

praktische Ausbildung in Geotool nach Anleitung. Diese kann auch als Teil der Vorbereitung auf einen stärker spezialisierten Ausbildungskurs erfolgen;

Module des Ausbildungszyklus für die Teilnehmer an der Integrierten OSI-Feldübung.

Phase 2: Vollständige Anwendung der edukativen Software

In der zweiten Phase werden alle noch fehlenden Module für computerunterstütztes Lernen entwickelt und angewendet. Die Entwicklung der Inhalte bestimmter Module wird an Partnerinstitutionen in den CTBT-Unterzeichnerstaaten vergeben, die maßgeblich an der Entwicklung der in der CTBTO-Vorbereitungskommission angewandten Techniken und Verfahren beteiligt waren. Den in Phase 2 entwickelten Modulen würde die Erfahrung zugute kommen, die in Phase 1 bei der Prototyp-Entwicklung gesammelt wurde.

Vorgesehen ist in der Entwicklungs- und Anwendungsphase auch eine umfassende Evaluierung zur Feinabstimmung der angewandten Methoden und Technologien auf die verschiedenen Bedürfnisse der potenziellen Endnutzer. Hierzu wird die laufende Evaluierung der Tätigkeiten der CTBTO-Vorbereitungskommission im Bereich Ausbildung und Kapazitätsaufbau um einen spezifischen Evaluierungsmechanismus erweitert. Eine Reihe von CTBT-Unterzeichnerstaaten aus allen Regionen wird aufgefordert, über die gesamte Laufzeit des Projekts eng mit der CTBTO-Vorbereitungskommission zusammenzuarbeiten und Rückmeldungen über die Anwendbarkeit der Produkte für den Kapazitätsaufbau abzugeben. Insbesondere die Projektkomponente „computerunterstütztes Lernen“ wird mehrere Test- und Bewertungszyklen durchlaufen müssen, bevor ein Endprodukt konkret eingesetzt werden kann.

Angestrebte Projektergebnisse

Erhöhung der Anzahl ausgebildeter Experten für das Testen, die Evaluierung und den vorläufigen Betrieb des CTBT-Verifikationsregimes;

bessere Vorbereitung der Teilnehmer durch technische Workshops;

erhöhte Teilnehmerzahl und bessere Verbreitung und Umsetzung der Schlussfolgerungen der technischen Workshops;

bessere Zugänglichkeit der Ausbildungsmodule, ungeachtet der jeweiligen Zeitzone und des technologischen Entwicklungsstands des Empfängerstaates;

Bereitstellung von Ausbildung und Kapazitätsaufbau durch elektronische Mittel an alle CTBT-Unterzeichnerstaaten.

3.   Dauer

Die Dauer der beiden aufeinander folgenden Projektphasen wird auf insgesamt 15 Monate veranschlagt.

4.   Nutzerstaaten

Das E-Training kommt allen CTBT-Unterzeichnerstaaten zugute. Die Fähigkeit dieser Staaten, das CTBT und sein Verifikationsregime umzusetzen und die Vorteile ihrer Teilnahme an den Arbeiten der CTBTO-Vorbereitungskommission in vollem Umfang zu nutzen, ist von wesentlicher Bedeutung für das korrekte Funktionieren des CTBT. Der Sprachenvielfalt unter den Nutzerstaaten ist gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, gegebenenfalls auch durch die Bereitstellung von Fassungen der Ausbildungsmodule in den entsprechenden Sprachen.

5.   Für die Durchführung zuständige Stelle

Die CTBTO-Vorbereitungskommission ist mit der Durchführung des Projekts betraut. Diese erfolgt unmittelbar durch Personal des Provisorischen Technischen Sekretariats der CTBTO-Vorbereitungskommission, Experten der Vertragsstaaten der CTBTO-Vorbereitungskommission oder Auftragnehmer. Wird die Projektdurchführung von Auftragnehmern übernommen, so erfolgt die Beschaffung von Gütern, Arbeit oder Leistungen durch die CTBTO-Vorbereitungskommission im Rahmen dieser Gemeinsamen Aktion entsprechend den geltenden Vorschriften und Verfahren der CTBTO-Vorbereitungskommission, wie sie in der Beitragsvereinbarung der Europäischen Union mit der CTBTO-Vorbereitungskommission im Einzelnen festgelegt sind.

6.   Dritt-Teilnehmer

Das Projekt wird zu 100 % aus dieser Gemeinsamen Aktion finanziert. Experten aus den Vertragsstaaten der CTBTO-Vorbereitungskommission können als Dritt-Teilnehmer gelten. Sie arbeiten nach den Standardvorschriften für den Einsatz von Experten der CTBTO-Vorbereitungskommission.

7.   Voraussichtlich erforderliche Mittel

Der Beitrag der Europäischen Union deckt die vollständige Durchführung der beiden in diesem Anhang beschriebenen Phasen des Projekts ab. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf:

Phase 1 (Mandat, Prototyp-Entwicklung einschließlich des Testeinsatzes der ersten Module):

519 400 EUR

Phase 2 (Entwicklung der noch fehlenden Module, Testeinsatz und Evaluierung der Module mit ausgewählten Teilnehmern):

580 600 EUR

Außerdem wird eine Rückstellung von etwa 3 % der veranschlagten Kosten (insgesamt 33 000 EUR) zur Deckung unvorhergesehener Kosten gebildet.

8.   Finanzieller Bezugsrahmen zur Deckung der Kosten des Projekts

Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf 1 133 000 EUR.


25.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 88/73


GEMEINSAMER STANDPUNKT 2006/244/GASP DES RATES

vom 20. März 2006

betreffend die Beteiligung der Europäischen Union an der Organisation für die Entwicklung der Energiewirtschaft auf der koreanischen Halbinsel (KEDO)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 15,

in Erwägung nachstehender Gründe

(1)

Auf der Grundlage des Gemeinsamen Standpunkts 2001/869/GASP (1) hat sich die Europäische Union an der Organisation für die Entwicklung der Energiewirtschaft auf der koreanischen Halbinsel (KEDO) beteiligt, um zu einer Gesamtlösung im Hinblick auf die Nichtverbreitung von Kernwaffen auf der koreanischen Halbinsel beizutragen.

(2)

Im Rahmen der Strategie der EU gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, die vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2003 angenommen wurde, wird es für besonders bedeutsam erachtet, dass alle Vertragsparteien die Bestimmungen des Vertrags über die Nichtverbreitung von Kernwaffen einhalten.

(3)

Durch ihre Beteiligung an KEDO hat die Europäische Union einen Beitrag zu dem von der Europäischen Union gesetzten Ziel geleistet, eine Gesamtlösung für das Problem der Verbreitung von Kernwaffen auf der koreanischen Halbinsel im Einklang mit den Zielen der Sechs-Parteien-Gespräche herbeizuführen.

(4)

Es besteht Konsens unter den Mitgliedern des Exekutivausschusses der KEDO, das Leichtwasserreaktor-Projekt (LWR) so rasch wie möglich zum Abschluss zu bringen und die KEDO vor Ende 2006 ordentlich aufzulösen.

(5)

Zu diesem Zweck hat die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) die Erneuerung ihres Beitritts zur KEDO ausgehandelt, und zwar mit dem besonderen Anliegen, den beabsichtigten Abschluss des LWR-Projekts und die Auflösung der KEDO zu unterstützen.

(6)

Die bestehenden Modalitäten für die Vertretung der Europäischen Union im KEDO-Exekutivausschuss sollten beibehalten werden. Diesbezüglich sind der Rat und die Kommission übereingekommen, dass für den Fall, dass der KEDO-Exekutivausschuss mit Angelegenheiten befasst wird, die nicht in die Zuständigkeit von Euratom fallen, der Vorsitz des Rates der Europäischen Union das Wort ergreift, um eine Stellungnahme in diesen Angelegenheiten abzugeben.

(7)

Der Gemeinsame Standpunkt 2001/869/GASP ist am 31. Dezember 2005 ausgelaufen und sollte durch einen neuen Gemeinsamen Standpunkt ersetzt werden —

HAT FOLGENDEN GEMEINSAMEN STANDPUNKT ANGENOMMEN:

Artikel 1

Mit diesem Gemeinsamen Standpunkt soll die Europäische Union in die Lage versetzt werden, sich am möglichst raschen Abschluss des LWR-Pojekts und an der ordentlichen Auflösung der KEDO vor Ende 2006 zu beteiligen.

Artikel 2

(1)   In Angelegenheiten, die nicht in die Zuständigkeit von Euratom fallen, wird die Stellungnahme im KEDO-Exekutivausschuss vom Rat festgelegt und vom Vorsitz vorgetragen.

(2)   Aus diesem Grund wird der Vorsitz eng an den Arbeiten des KEDO-Exekutivausschusses beteiligt und unverzüglich über Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unterrichtet, die auf den Tagungen dieses Exekutivausschusses zu erörtern sind.

(3)   Die Kommission erstattet dem Rat unter Leitung des Vorsitzes, der vom Generalsekretär des Rates/Hohen Vertreter für die GASP unterstützt wird, regelmäßig und bei Bedarf Bericht.

Artikel 3

Dieser Gemeinsame Standpunkt wird am Tag seiner Annahme wirksam. Er gilt ab 1. Januar 2006 bis zur Auflösung der KEDO oder bis zum 31. Dezember 2006; der jeweils frühere Zeitpunkt ist maßgebend.

Artikel 4

Dieser Gemeinsame Standpunkt wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 20. März 2006.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

U. PLASSNIK


(1)  ABl. L 325 vom 8.12.2001, S. 1.