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Amtsblatt
der Europäischen Union

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Reihe L


2025/1

8.1.2025

RICHTLINIE (EU) 2025/1 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 27. November 2024

zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2017/1129

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Eine Notlage von Versicherungsunternehmen kann erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft und das soziale Wohlergehen in den Mitgliedstaaten haben, wenn sie zu einer Beeinträchtigung des Schutzes von Versicherungsnehmern, Begünstigten oder Geschädigten führt. Angesichts der Rolle von Rückversicherungsunternehmen in der Wirtschaft, ihrer Verflechtung mit Erstversicherungsunternehmen und den Finanzmärkten im Allgemeinen sowie des relativ konzentrierten Rückversicherungsmarkts ist ein geeigneter Rahmen erforderlich, um eine Notlage oder einen Ausfall solcher Unternehmen in geordneter Weise bewältigen zu können. Deshalb sollte die Sanierung und Abwicklung von Primärversicherungs- und Rückversicherungsunternehmen angegangen werden, wobei ihre jeweiligen Besonderheiten berücksichtigt werden sollten.

(2)

Die globale Finanzkrise von 2008 hat die Schwachstellen und die Verflechtungen innerhalb des Finanzsektors offenbart. Die Notlagen und Ausfälle schienen unter anderem mit der Entwicklung der Finanzmärkte und den spezifischen Eigenschaften von Versicherungs- oder Rückversicherungsaktivitäten in ursächlichem Zusammenhang zu stehen. Als größte Probleme der Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen werden in dieser Hinsicht häufig versicherungstechnische Risiken (d. h. eine unzureichende Schadenrückstellung), Fehlbepreisungen (d. h. unterschätzte Prämien), ein schlechtes Aktiv-Passiv-Management und Investitionsverluste genannt. In diesem Zusammenhang wurden Steuergelder dafür verwendet, die verschlechterte Finanzlage verschiedener Versicherungsunternehmen wieder zu verbessern. Wenngleich mit der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) auf eine Stärkung des Finanzsystems in der Union und der Widerstandsfähigkeit von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen abgezielt wurde, wurde die Möglichkeit eines Ausfalls solcher Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen nicht vollständig ausgeschlossen. Eine hohe Marktvolatilität und anhaltend niedrige Zinssätze könnten sich besonders nachteilig auf die Rentabilität und Solvabilität von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen auswirken. Aufgrund der Anfälligkeit von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gegenüber Markt- und Wirtschaftsentwicklungen ist daher besondere Vorsicht geboten und ein angemessener Rahmen erforderlich, damit potenzielle Verschlechterungen der Finanzlage solcher Unternehmen – auch präventiv – gehandhabt werden können. Jüngst zeigten einige Ausfälle und Beinahe-Ausfälle, insbesondere grenzüberschreitender Art, Schwächen des derzeitigen Rahmens auf, die es im Interesse einer angemessenen Organisation des geordneten Marktaustritts von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu beheben gilt.

(3)

Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die nicht ohne Weiteres innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens und zu vertretbaren Kosten für Versicherungsnehmer, Begünstigte oder Geschädigte substituierbar sind, sind als kritische Funktionen anzusehen, die fortgeführt werden müssen. Solche Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte können auf Unionsebene, auf nationaler oder auf regionaler Ebene kritische Funktionen darstellen. Die Gewährleistung der Kontinuität des Versicherungs- oder Rückversicherungsschutzes ist der Liquidation eines ausfallenden Unternehmens in vielen Fällen vorzuziehen, da diese Kontinuität für Versicherungsnehmer, Begünstigte oder Geschädigte die günstigste Option darstellt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass geeignete Instrumente zur Verfügung stehen, um Ausfällen vorzubeugen und – im Falle von Ausfällen – die negativen Auswirkungen durch die Wahrung der Kontinuität dieser kritischen Funktionen gering zu halten.

(4)

Die Gewährleistung einer wirksamen Abwicklung ausfallender Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen in der Union ist ein wesentliches Element zur Vollendung des Binnenmarkts. Der Ausfall solcher Unternehmen wirkt sich nicht nur auf Versicherungsnehmer und gegebenenfalls auf die Realwirtschaft und die Finanzstabilität auf den Märkten, auf denen diese Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen unmittelbar tätig sind, aus, sondern auch auf das Vertrauen in den Versicherungsbinnenmarkt. Mit der Vollendung des Binnenmarkts auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen haben sich die Wechselwirkungen zwischen den Finanzsystemen der Mitgliedstaaten verstärkt. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sind auf den Finanzmärkten tätig, um ihr Investitionsportfolio und die mit ihren Tätigkeiten verbundenen Risiken zu verwalten. Vor diesem Hintergrund kann die fehlende Möglichkeit der Mitgliedstaaten, den Ausfall eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu bewältigen, für eine vorhersehbare und harmonisierte Abwicklung des betreffenden Unternehmens zu sorgen und dabei wirksam einen weiterreichenden systemischen Schaden zu verhindern, die Stabilität der Finanzmärkte und damit auch den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen untergraben.

(5)

Die globale Finanzkrise von 2008 hat deutlich gemacht, dass ein angemessener Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geschaffen werden muss. Auf internationaler Ebene veröffentlichte der Rat für Finanzstabilität im Oktober 2011 und im Oktober 2014 in einer aktualisierten Fassung ein Dokument zu den Hauptmerkmalen wirksamer Regelungen für die Abwicklung von Finanzinstituten („Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions“), das auch Überlegungen zur Abwicklung von Versicherungsunternehmen umfasste, deren Ausfall von systemischer oder kritischer Erheblichkeit wäre. Im Juni 2016 veröffentlichte der Rat für Finanzstabilität ergänzende Leitlinien zur Entwicklung wirksamer Abwicklungsstrategien und -pläne für systemrelevante Versicherer. Parallel dazu beschloss die Internationale Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden im November 2019 eine Reihe von „Grundsätzen für die Versicherungsaufsicht“ („Insurance Core Principles“) für alle Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, einen gemeinsamen Rahmen für international tätige Versicherungsgruppen („Common Framework for Internationally Active Insurance Groups“), in dem die Standards für die präventive Sanierungsplanung festgelegt sind, sowie Maßnahmen, die Behörden gegenüber Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen zu ergreifen haben, deren Marktaustritt und Abwicklung bevorstehen. Diese Entwicklungen sollten bei der Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung ausfallender Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen berücksichtigt werden.

(6)

Viele Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sind über nationale Grenzen hinweg tätig. Ein Mangel an Koordinierung und Zusammenarbeit zwischen den Behörden bei der Vorbereitung auf und Bewältigung von Notlagen oder Ausfällen grenzüberschreitend tätiger Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen würde das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten schwächen, zu einem suboptimalen Ergebnis für Versicherungsnehmer, Begünstigte und Geschädigte führen und die Glaubwürdigkeit des Versicherungsbinnenmarkts beeinträchtigen.

(7)

Derzeit sind die Verfahren für die Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen auf Unionsebene nicht harmonisiert. Vielmehr bestehen im Hinblick auf die nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die den Ausfall von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen regeln, erhebliche inhaltliche und verfahrenstechnische Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten. Darüber hinaus dürften die Insolvenzverfahren für Unternehmen möglicherweise nicht immer zweckmäßig für Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sein, da diese Verfahren womöglich nicht immer gewährleisten, dass kritische Funktionen zugunsten der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Geschädigten, der Realwirtschaft oder der Finanzstabilität insgesamt angemessen fortgeführt werden.

(8)

Es ist notwendig, die Kontinuität der kritischen Funktionen ausfallender bzw. wahrscheinlich ausfallender Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu gewährleisten und gleichzeitig die Auswirkungen von Ausfällen dieser Unternehmen auf die Wirtschaft oder das Finanzsystem so gering wie möglich zu halten. Deshalb muss ein Rahmen geschaffen werden, mit dem den Behörden ein zuverlässiges Instrumentarium an die Hand gegeben wird, das ihnen ein rechtzeitiges und rasches Eingreifen bei ausfallenden oder wahrscheinlich ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ermöglicht. Ein solcher Rahmen sollte sicherstellen, dass Verluste vorrangig von den Anteilseignern und erst nachrangig von den Gläubigern getragen werden, unter der Voraussetzung, dass kein Gläubiger größere Verluste trägt, als er im Fall einer Liquidation des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im regulären Insolvenzverfahren im Einklang mit dem Grundsatz, dass kein Gläubiger schlechter gestellt werden sollte als bei regulären Insolvenzverfahren“ (im Folgenden „Grundsatz ‚keine Schlechterstellung von Gläubigern‘“) zu tragen gehabt hätte. Um sicherzustellen, dass die Behandlung, die betroffene Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und andere Gläubiger erfahren hätten, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, genau befolgt wird, sollten alle relevanten Ereignisse berücksichtigt werden, die entweder durch die Eröffnung eines regulären Insolvenzverfahrens oder vor dessen Eröffnung ausgelöst würden sowie alle relevanten Ereignisse, die mit der Eröffnung dieses Verfahrens in Zusammenhang stehen, einschließlich der Ereignisse im Zusammenhang mit dem Schutz von Geschädigten gemäß der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) in Bezug auf Schäden infolge von Unfällen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens.

(9)

Aufbauend auf der Richtlinie 2009/138/EG sollte der festzulegende Rahmen es den Behörden ermöglichen, die Kontinuität des Versicherungsschutzes von Versicherungsnehmern, Begünstigten und Geschädigten zu gewährleisten, gegebenenfalls rentable Tätigkeiten und Portfolios des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu übertragen und Verluste auf faire und vorhersehbare Art und Weise zu verteilen. Mit dieser Zielsetzung sollte dazu beigetragen werden, unnötige Verluste oder soziale Notlagen für Versicherungsnehmer, Begünstigte und Geschädigte zu vermeiden, negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft und die Finanzmärkte einzugrenzen und die Kosten für die Steuerzahler möglichst gering zu halten.

(10)

Durch die Überarbeitung der Richtlinie 2009/138/EG und insbesondere die Einführung risikosensiblerer Kapitalanforderungen, einer verstärkten Aufsicht, einer verbesserten Liquiditätsüberwachung und besserer makroprudenzieller Politikinstrumente sollten die Wahrscheinlichkeit von Ausfällen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen weiter verringert und die Resilienz dieser Unternehmen gegenüber wirtschaftlichen Stresssituationen – verursacht durch systemische Störungen oder durch unternehmensspezifische Umstände – erhöht werden. Nichtsdestoweniger können finanzielle Notlagen trotz des Bestehens eines soliden und robusten Aufsichtsrahmens nicht vollständig ausgeschlossen werden. Die Mitgliedstaaten sollten daher vorbereitet sein und über angemessene Sanierungs- und Abwicklungsinstrumente verfügen, um sowohl Systemkrisen als auch Ausfälle einzelner Unternehmen zu bewältigen. Diese Instrumente sollten auch Mechanismen umfassen, die den Behörden eine effektive Handhabung ausfallender oder wahrscheinlich ausfallender Unternehmen ermöglichen. Bei der Nutzung dieser Instrumente und bei der Ausübung dieser Befugnisse sollten die Umstände des Ausfalls berücksichtigt werden.

(11)

Einige Mitgliedstaaten haben bereits Anforderungen bezüglich der präventiven Sanierungsplanung sowie Mechanismen zur Abwicklung ausfallender Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen eingeführt. Allerdings dürfte das Fehlen unionsweit einheitlicher Voraussetzungen, Befugnisse und Verfahren für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ein Hemmnis für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts darstellen und die Zusammenarbeit zwischen nationalen Behörden beim Umgang mit notleidenden oder ausfallenden grenzüberschreitend tätigen Unternehmensgruppen erschweren. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen nationale Behörden aufgrund verschiedener Ansätze nicht über dasselbe Maß an Kontrolle oder über die gleichen Abwicklungsmöglichkeiten für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen verfügen. Diese Unterschiede bei den Sanierungs- und Abwicklungsregelungen könnten die Gleichheit der Rahmenbedingungen beeinträchtigen und möglicherweise zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen führen. Dieses Hindernis sollte beseitigt werden, und es sollten Vorschriften erlassen werden, die eine Schwächung des Binnenmarkts verhindern. Zu diesem Zweck sollten Bestimmungen über präventive Maßnahmen im Hinblick auf die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gemeinsamen Mindestharmonisierungsregeln unterworfen werden. Zur Gewährleistung der Kohärenz mit den bestehenden Rechtsvorschriften der Union im Bereich der Versicherungsdienstleistungen sollten die präventiven Sanierungs- und Abwicklungsregelungen für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen gelten, die den in der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Aufsichtsanforderungen unterliegen.

(12)

Der Ausfall eines einer Gruppe angehörenden Unternehmens kann sich rasch auf die Solvabilität und die Geschäftstätigkeit der gesamten Gruppe auswirken. Deshalb müssen Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungs- und Abwicklungsplanung für Gruppen festgelegt werden. Darüber hinaus sollten die Behörden über wirksame Mittel verfügen, um gegenüber diesen Unternehmen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, in deren Rahmen der finanziellen Solidität aller Unternehmen der Gruppe Rechnung getragen wird, Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit bei Unternehmensgruppen abzubauen und – insbesondere in einem grenzüberschreitenden Kontext – ein kohärentes Abwicklungskonzept für die gesamte Gruppe zu erstellen. Die Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungs- und Abwicklungsplanung und auf die Abwicklungsfähigkeit sowie die Abwicklungsregelungen sollten daher auch für Mutterunternehmen, Holdinggesellschaften und andere Unternehmen der Gruppe gelten, einschließlich Zweigniederlassungen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die außerhalb der Union niedergelassen sind.

(13)

Um sicherzustellen, dass die Sanierungs- und Abwicklungsplanung und die tatsächliche Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die Teil von Finanzkonglomeraten sind, oder von Versicherungsgruppen, die ihrerseits Finanzkonglomerate oder Teil von Finanzkonglomeraten sind, ordnungsgemäß durchgeführt werden können und um den Verwaltungsaufwand zu verringern, sollten Verpflichtungen zum Informationsaustausch zwischen den für Banken bzw. für Versicherungsunternehmen zuständigen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden festgelegt werden und der Abwicklungsbehörde für Banken im Abwicklungskollegium für eine Versicherungsgruppe, die ein Finanzkonglomerat oder Teil eines Finanzkonglomerats im Sinne der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ist, ein Beobachterstatus eingeräumt werden, und umgekehrt.

(14)

Durch die mit dieser Richtlinie eingeführten neuen Vorschriften verfügen die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. die für Banken zuständigen Abwicklungsbehörden jeweils über einen eigenen Abwicklungsrahmen, der an die Besonderheiten des Versicherungs- und Rückversicherungssektors bzw. des Bankensektors angepasst ist. Der Zeitrahmen für eine Abwicklung im Versicherungs- und Rückversicherungsbereich ist anders als im Bankenbereich. Um einen Ansturm auf eine Bank zu verhindern, müssen der Einheitliche Abwicklungsausschuss und die betreffende nationale Bankenabwicklungsbehörde in der Regel rasch handeln. Dagegen haben die Abwicklungsbehörden für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen häufig den Vorteil, dass sie über mehr Zeit verfügen, um geeignete Lösungen, die für die Versicherungsnehmer am vorteilhaftesten sind, zu finden. Im Versicherungs- und Rückversicherungssektor ist es weniger wahrscheinlich, dass ein mit einem Bankenansturm vergleichbares Ereignis eintritt, und die Folgen eines solchen Ereignisses wären andere als im Bankensektor.

(15)

Die beiden sektoralen Rechtsrahmen haben zu unabhängigen Entscheidungsbefugnissen für die jeweiligen Behörden geführt. Folglich sollten die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. die für Banken zuständigen Abwicklungsbehörden auf gleichberechtigter Basis handeln. Für die Wahrnehmung der Abwicklungsaufgaben ist es von entscheidender Bedeutung, dass die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. die für Banken zuständigen Abwicklungsbehörden sich gegenseitig informieren und nach Treu und Glauben zusammenarbeiten. Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Anforderungen an den Informationsaustausch sollten diese Zusammenarbeit erleichtern. Daher sollten die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. die für Banken zuständigen Abwicklungs- und Aufsichtsbehörden die für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben als notwendig erachteten Informationen unverzüglich austauschen.

(16)

Um sicherzustellen, dass die Abwicklungsbehörden im Laufe eines Verfahrens rechtzeitig und in strukturierter Weise informiert und konsultiert werden, sodass sie ihr Mandat in sachkundig und konsequent wahrnehmen können, sollten die für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. die für Banken zuständigen Abwicklungsbehörden als Beobachter zu den Sitzungen der Abwicklungskollegien der jeweils anderen Partei eingeladen werden. Dies ist besonders wichtig im Zusammenhang mit der präventiven Sanierungs- und Abwicklungsplanung sowie zur Bewertung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, und schließlich, wenn Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf ein oder mehrere Unternehmen, die Teil von Finanzkonglomeraten sind, ergriffen werden. Die Kommission sollte die einschlägigen Bestimmungen dieser Richtlinie fünf Jahre nach ihrem Inkrafttreten überprüfen, sodass sie auf den gewonnenen Erfahrungen aufbauen kann.

(17)

Es gilt sicherzustellen, dass der Sanierungs- und Abwicklungsrahmen zweckmäßig und wirksam ist und Unternehmen und Behörden weder unnötigen Verwaltungsaufwand noch unnötige Kosten verursacht. Bei der Umsetzung eines solchen Sanierungs- und Abwicklungsrahmens sollte daher auf ein angemessenes Verhältnis zur Art, zum Umfang und zur Komplexität des betreffenden Unternehmens sowie zu seinen Tätigkeiten und Dienstleistungen geachtet werden. Darüber hinaus sollte den Unterschieden zwischen der Sanierung einerseits und der Abwicklung andererseits Rechnung getragen werden. Was den Anwendungsbereich der Anforderungen in Bezug auf die Sanierungs- und Abwicklungsplanung anbelangt, sollten die Behörden auf der Grundlage risikobasierter Kriterien festlegen, welche Unternehmen umfassenden oder vereinfachten Anforderungen hinsichtlich der Planung unterliegen. Um das Vertrauen in den Versicherungs- und Rückversicherungsbinnenmarkt zu stärken und gleiche Wettbewerbsbedingungen zu fördern, sollte durch die Festlegung einer marktweiten Mindestabdeckungsquote für den Lebensversicherungs- und Lebensrückversicherungsmarkt bzw. für den Nichtlebensversicherung- und Nichtlebensrückversicherungsmarkt für ein Mindestmaß an Vorbereitung gesorgt werden. Beim Anwendungsbereich der Anforderungen in Bezug auf die Abwicklungsplanung sollten die Behörden festlegen, bei welchen Unternehmen es im Vergleich zu anderen Unternehmen innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs wahrscheinlicher ist, dass Abwicklungsmaßnahmen im Falle eines Ausfalls im öffentlichen Interesse liegen, oder welche Unternehmen kritische Funktionen wahrnehmen.

(18)

Aus demselben Grund sollten die Behörden gegebenenfalls je nach Unternehmen unterschiedliche oder erheblich eingeschränkte Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungs- und Abwicklungsplanung und auf die Informationspflichten anwenden und Aktualisierungen in geringerer Häufigkeit verlangen. Bei der Anwendung solcher vereinfachten Anforderungen sollten die Behörden der Art, dem Umfang, der Komplexität und der Substituierbarkeit der Geschäftstätigkeit des betreffenden Unternehmens, seiner Beteiligungsstruktur und Rechtsform, seinem Risikoprofil und seinem Grad der Verflechtung mit anderen regulierten Unternehmen oder mit dem Finanzsystem im Allgemeinen Rechnung tragen. Die Behörden sollten zudem berücksichtigen, ob der Ausfall und die anschließende Liquidation des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im regulären Insolvenzverfahren wahrscheinlich erhebliche negative Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer, die Finanzmärkte, andere Unternehmen oder die Wirtschaft insgesamt haben würden. Die Behörden sollten der durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) errichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) (im Folgenden „EIOPA“) einmal jährlich einen Bericht über die Anwendung vereinfachter Anforderungen vorlegen.

(19)

Im Interesse eines geordneten Abwicklungsverfahrens und zur Vermeidung von Interessenkonflikten sollten die Mitgliedstaaten Verwaltungsbehörden oder mit Befugnissen der öffentlichen Verwaltung ausgestattete Behörden benennen, die die im Zusammenhang mit dem Sanierungs- und Abwicklungsrahmen anfallenden Funktionen und Aufgaben wahrnehmen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass diesen Abwicklungsbehörden angemessene Ressourcen zugewiesen werden. Benennt ein Mitgliedstaat eine Abwicklungsbehörde, die auch andere Funktionen wahrnimmt, so sollten angemessene strukturelle Vorkehrungen getroffen werden, um diese Funktionen von den Funktionen im Zusammenhang mit der Abwicklung zu trennen und die operative Unabhängigkeit sicherzustellen. Durch diese Trennung sollten die Behörden in ihrer Abwicklungsfunktion nicht daran gehindert werden, Zugang zu sämtlichen Informationen zu erhalten, die sie für die Wahrnehmung ihrer Pflichten gemäß dem Sanierungs- und Abwicklungsrahmen oder für die Zusammenarbeit mit anderen an der Anwendung des Sanierungs- und Abwicklungsrahmens beteiligten Behörden benötigen.

(20)

Angesichts der Folgen, die der Ausfall eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens für Versicherungsnehmer, das Finanzsystem und die Volkswirtschaft eines Mitgliedstaats haben könnte, sowie der etwaigen Notwendigkeit, bei der Bewältigung dieses Ausfalls auf öffentliche Gelder zurückzugreifen, sollten die Finanzministerien oder andere einschlägige Ministerien in den Mitgliedstaaten frühzeitig eng in den Prozess des Krisenmanagements und der Krisenbewältigung einbezogen werden.

(21)

Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass Gruppen oder gegebenenfalls einzelne Unternehmen präventive Sanierungspläne mit den Maßnahmen ausarbeiten, die sie infolge einer erheblichen Verschlechterung ihrer Finanzlage, die ihre Existenzfähigkeit bedrohen könnte, zur Wiederherstellung ihrer finanziellen Stabilität ergreifen würden, und diese Pläne regelmäßig aktualisieren. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten daher eine Reihe quantitativer und qualitativer Indikatoren für die Aktivierung der in diesen präventiven Sanierungsplänen vorgesehenen Abhilfemaßnahmen bestimmen. Solche Indikatoren sollten Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen dabei unterstützen, Abhilfemaßnahmen im besten Interesse ihrer Versicherungsnehmer und im Einklang mit dem Risikomanagementsystem des Unternehmens zu ergreifen, ohne dass damit neue aufsichtsrechtliche Anforderungen festgelegt würden. Diese Richtlinie sollte die Unternehmen daher weder daran hindern noch ihnen vorschreiben, in ihre präventiven Sanierungspläne Elemente einer Verschlechterung der Eigenkapitalposition aufzunehmen, die einer eine Nichteinhaltung der in Titel I Kapitel VI Abschnitt 4 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Solvabilitätskapitalanforderung vorgelagert sind. Präventive Sanierungspläne, die alle wesentlichen Rechtsträger innerhalb der Gruppe abdecken, sollten detailliert sein und auf realistischen Annahmen beruhen, die auf eine Reihe tragfähiger und schwerwiegender Szenarien anwendbar sind. Diese präventiven Sanierungspläne sollten integraler Bestandteil des Governance-Systems der einzelnen Unternehmen sein. Bei der Ausarbeitung dieser präventiven Sanierungspläne können bestehende Instrumente berücksichtigt werden, einschließlich der unternehmenseigenen Risiko- und Solvabilitätsbeurteilung, der Notfallpläne und der Pläne für das Liquiditätsrisikomanagement. Die Verpflichtung zur Erstellung eines präventiven Sanierungsplans sollte jedoch in verhältnismäßiger Weise angewandt werden und die Verpflichtung zur Ausarbeitung und Vorlage eines realistischen Sanierungsplans gemäß Artikel 138 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG unberührt lassen. Gegebenenfalls können die Elemente des präventiven Sanierungsplans bei der Ausarbeitung des realistischen Sanierungsplans gemäß Artikel 138 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG berücksichtigt werden oder als Grundlage für diesen dienen.

(22)

Es gilt, ein angemessenes Maß an Vorsorge für Krisensituationen zu gewährleisten. Oberste Mutterunternehmen oder einzelne Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollten daher verpflichtet werden, den Aufsichtsbehörden ihre präventiven Sanierungspläne zwecks einer vollumfänglichen Bewertung vorzulegen, in deren Rahmen auch geprüft wird, ob diese Pläne umfassend sind und sich dafür eignen, die Existenzfähigkeit eines Unternehmens oder einer Gruppe selbst in Zeiten starker finanzieller Belastungen zügig wiederherzustellen. Legt ein Unternehmen einen nicht angemessenen präventiven Sanierungsplan vor, sollten die Aufsichtsbehörden befugt sein, diesem Unternehmen die Ergreifung von Maßnahmen vorzuschreiben, die zur Beseitigung der wesentlichen Mängel des Plans erforderlich sind.

(23)

Die Abwicklungsplanung ist eine wesentliche Komponente eines wirksamen Abwicklungsverfahrens. Abwicklungsbehörden sollten daher über alle Informationen verfügen, die sie benötigen, um kritische Funktionen zu ermitteln und deren Fortführung sicherzustellen. Die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen verfügen in Bezug auf ihre eigene Funktionsweise und die sich daraus ergebenden Probleme über einen Informationsvorsprung, weshalb die Abwicklungsbehörden Abwicklungspläne erstellen sollten, die unter anderem auf den von den betroffenen Unternehmen übermittelten Informationen beruhen. Zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands sollten die Abwicklungsbehörden die erforderlichen Informationen in erster Linie von den Aufsichtsbehörden einholen.

(24)

Kleine und nicht komplexe Unternehmen sollten weder zur Erstellung gesonderter präventiver Sanierungspläne verpflichtet sein noch der Abwicklungsplanung unterliegen, es sei denn, ein solches Unternehmen stellt auf nationaler oder regionaler Ebene ein besonderes Risiko dar.

(25)

Damit die möglichen Wechselwirkungen zwischen Abhilfe- und Abwicklungsmaßnahmen abgeschätzt und die Krisenvorsorge und Abwicklungsfähigkeit von Gruppen verbessert werden können, sollte jede Behandlung von Gruppen in Bezug auf die präventive Sanierungs- und Abwicklungsplanung für alle der Gruppenaufsicht unterliegenden Unternehmen der Gruppe gelten. Die präventiven Sanierungs- und Abwicklungspläne sollten den finanziellen, technischen und unternehmerischen Strukturen der betreffenden Gruppe sowie dem Grad ihrer internen Verflechtung Rechnung tragen.

(26)

Präventive Sanierungs- und Abwicklungspläne für Gruppen sollten für die gesamte betreffende Gruppe erstellt werden und Maßnahmen sowohl für das oberste Mutterunternehmen als auch für einzelne Tochterunternehmen dieser Gruppe enthalten. Der Umfang, in dem Tochterunternehmen in den präventiven Sanierungs- und Abwicklungsplänen für ihre jeweilige Gruppe berücksichtigt werden, sollte jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Relevanz für die Gruppe, die Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und das Finanzsystem in den Mitgliedstaaten, in denen diese Tochterunternehmen tätig sind, stehen. Die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen eine Gruppe Tochterunternehmen hat, sollten in die Ausarbeitung jeglicher Abwicklungspläne einbezogen werden. Die betreffenden Behörden sollten im Rahmen des Aufsichts- bzw. Abwicklungskollegiums alle erforderlichen Anstrengungen unternehmen, um zu einer gemeinsamen Entscheidung über die Bewertung und Annahme dieser Pläne zu gelangen. Das Nichtzustandekommen einer gemeinsamen Entscheidung im Rahmen von Aufsichts- oder Abwicklungskollegien sollte eine angemessene Krisenvorsorge jedoch nicht beeinträchtigen. In diesen Fällen sollte jede für ein Tochterunternehmen zuständige Aufsichtsbehörde für die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Tochterunternehmen einen präventiven Sanierungsplan verlangen können und eine eigene Bewertung dieses Plans vornehmen können. Aus denselben Gründen sollte jede für ein Tochterunternehmen zuständige Abwicklungsbehörde für die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Tochterunternehmen einen Abwicklungsplan erstellen und diesen aktualisieren. Individuelle präventive Sanierungs- und Abwicklungspläne für Unternehmen, die Teil einer Gruppe sind, sollten nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen erstellt werden und auf denselben Standards beruhen, die auf vergleichbare Unternehmen in dem betreffenden Mitgliedstaat Anwendung finden. Werden individuelle präventive Sanierungs- und -Abwicklungspläne für Unternehmen, die Teil einer Gruppe sind, erstellt, so sollten die betreffenden Behörden soweit möglich Kohärenz mit den präventiven Sanierungs- und Abwicklungsplänen für den Rest der Gruppe anstreben.

(27)

Abwicklungsbehörden, die keine Einwände gegen eine gemeinsame Entscheidung haben, können untereinander eine gemeinsame Entscheidung über einen Gruppenabwicklungsplan treffen, sowie zur Ermittlung der wesentlichen Hindernisse und erforderlichenfalls zur Bewertung der vom obersten Mutterunternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen und der von den Behörden zum Abbau oder zur Beseitigung der Hindernisse vorgeschriebenen Maßnahmen.

(28)

Damit alle betreffenden Behörden umfassend und ständig informiert sind, sollten die Aufsichtsbehörden den betreffenden Abwicklungsbehörden etwaige präventive Sanierungspläne sowie diesbezügliche Änderungen und die Abwicklungsbehörden den betreffenden Aufsichtsbehörden etwaige Abwicklungspläne sowie diesbezügliche Änderungen übermitteln.

(29)

Die Abwicklungsbehörden sollten befugt sein, von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auf der Grundlage einer Bewertung von deren Abwicklungsfähigkeit direkt oder indirekt über die Aufsichtsbehörde eine Änderung von deren Struktur und Organisation zu verlangen. Darüber hinaus sollten die Abwicklungsbehörden notwendige und zugleich verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen können, um wesentliche Hindernisse für die Anwendung der Abwicklungsinstrumente abzubauen oder zu beseitigen und die Abwicklungsfähigkeit der betreffenden Unternehmen sicherzustellen. Die Abwicklungsbehörden sollten die Abwicklungsfähigkeit von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auf Ebene jener Unternehmen bewerten, bei denen erwartet wird, dass Abwicklungsmaßnahmen gemäß dem Gruppenabwicklungsplan ergriffen werden. Die Fähigkeit der Abwicklungsbehörden, Änderungen der Struktur und Organisation von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zu verlangen und Maßnahmen zu ergreifen, um wesentliche Hindernisse für die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten abzubauen oder zu beseitigen und die Abwicklungsfähigkeit betreffender Unternehmen sicherzustellen, sollte nicht über das Maß hinausgehen, das zur Vereinfachung der Struktur und der Tätigkeiten des betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zwecks Verbesserung seiner Abwicklungsfähigkeit erforderlich ist.

(30)

Die Durchführung der in einem präventiven Sanierungsplan oder einem Abwicklungsplan vorgesehenen Maßnahmen könnte Auswirkungen auf das Personal von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen haben. Diese Pläne sollten daher, soweit zweckmäßig, Verfahren zur Information und Konsultation der Arbeitnehmervertreter während des gesamten Sanierungs- und Abwicklungsverfahrens umfassen. Im Rahmen dieser Verfahren sollten Tarifverträge, sonstige Vereinbarungen der Sozialpartner sowie nationale und Unionsrechtsvorschriften über die Einbeziehung von Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretern in die Verfahren zur Umstrukturierung von Unternehmen berücksichtigt werden.

(31)

Die wirksame Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen oder Unternehmen einer Gruppe, die unionsweit agieren, erfordert die Zusammenarbeit zwischen Aufsichts- und Abwicklungsbehörden im Rahmen der Kollegien der Aufsichtsbehörden und der Abwicklungskollegien in allen Phasen des Verfahrens, d. h. von der Ausarbeitung der präventiven Sanierungs- und Abwicklungspläne bis hin zur tatsächlichen Abwicklung eines Unternehmens. Sind sich die Behörden über im Hinblick auf Gruppen oder Unternehmen zu fassende Beschlüsse uneins, so sollte als letztes Mittel der EIOPA die Rolle einer Vermittlungsstelle zukommen.

(32)

Während der Sanierungs- und der präventiven Phase sollten die Anteilseigner die volle Verantwortung für und Kontrolle über das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen behalten. Sie sollten die Verantwortung allerdings nicht mehr haben, sobald das Unternehmen abgewickelt wird. Der Abwicklungsrahmen sollte daher sicherstellen, dass Abwicklungen rechtzeitig eingeleitet werden, d. h. bevor ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen seiner Bilanz oder seinen Zahlungsströmen nach insolvent ist, bevor sein Eigenkapital vollständig aufgezehrt ist und bevor es nicht mehr in der Lage ist, seinen Zahlungsverpflichtungen bei Fälligkeit nachzukommen. Eine Abwicklung sollte eingeleitet werden, wenn eine Aufsichtsbehörde nach Konsultation der Abwicklungsbehörde bzw. eine Abwicklungsbehörde nach Konsultation der Aufsichtsbehörde feststellt, dass ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt und ein solcher Ausfall nicht innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen abgewendet werden könnte. Ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollte als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend angesehen werden, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt: i) Das Unternehmen verstößt oder verstößt wahrscheinlich gegen die in Titel I Kapitel VI Abschnitt 5 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegte Mindestkapitalanforderung, und es besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht darauf, dass es diese Anforderung wieder einhalten wird; ii) das Unternehmen erfüllt die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr oder es verstößt in schwerwiegender Weise gegen seine Verpflichtungen aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, denen es unterliegt, oder es wird wahrscheinlich in naher Zukunft in schwerwiegender Weise gegen seine Verpflichtungen aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, denen es unterliegt, verstoßen, sodass der Entzug seiner Zulassung gerechtfertigt wäre; iii) die Vermögenswerte des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens unterschreiten die Höhe seiner Verbindlichkeiten, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird; iv) das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ist nicht in der Lage oder wird in naher Zukunft wahrscheinlich nicht mehr in der Lage sein, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten, einschließlich Zahlungen an Versicherungsnehmer oder Begünstigte bei Fälligkeit, zu begleichen; oder v) das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen benötigt eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln.

(33)

Um eine klare Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen den Aufsichts- und den Abwicklungsbehörden zu gewährleisten, sollte festgelegt werden, dass, sobald eine Abwicklungsmaßnahme von der Abwicklungsbehörde ergriffen wurde, letztlich die Abwicklungsbehörde für die wirksame Umsetzung dieser Abwicklungsmaßnahme verantwortlich ist. Daher sollte die Aufsichtsbehörde ab diesem Zeitpunkt davon absehen, ohne vorherige Zustimmung der Abwicklungsbehörde Maßnahmen in Bezug auf das in Abwicklung befindliche Unternehmen zu ergreifen. Ebenso sollte die Abwicklungsbehörde befugt sein, im Zusammenhang mit einer Abwicklung jede von der Aufsichtsbehörde ergriffene Maßnahme zu beenden, wenn die Fortsetzung dieser Maßnahme die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten beeinträchtigen würde.

(34)

Der Einsatz von Abwicklungsinstrumenten und -befugnissen könnte die Rechte von Anteilseignern und Gläubigern von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen beeinträchtigen. Insbesondere wird durch die Befugnis der Abwicklungsbehörden, Anteile an einem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder sämtliche oder einen Teil der Vermögenswerte eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens ohne Zustimmung der Anteilseigner auf einen privaten Erwerber zu übertragen, in die Eigentumsrechte der Anteilseigner eingegriffen. Darüber hinaus könnte die Befugnis, darüber zu befinden, welche Verbindlichkeiten aus einem ausfallenden Unternehmen übertragen werden, um die Fortführung seiner Dienstleistungen zu sicherzustellen und nachteilige Auswirkungen auf Versicherungsnehmer, Begünstigte und Geschädigte, die Realwirtschaft oder die Finanzstabilität insgesamt zu vermeiden, die Gleichbehandlung der Gläubiger beeinträchtigen. Abwicklungsinstrumente sollten daher nur auf jene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen angewandt werden, die ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen, und auch nur dann, wenn dies den Abwicklungszielen von allgemeinem Interesse dienlich und angemessen ist, wobei das Ziel des Schutzes der kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten gebührend zu berücksichtigen ist. Das Einzelinteresse einer bestimmten Person oder Vereinigung sollte nicht schwerer wiegen als die generelle Ausgewogenheit des kollektiven Interesses der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten des betreffenden Unternehmens.

(35)

Insbesondere sollten Abwicklungsinstrumente nur dann angewandt werden, wenn das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen nicht im regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden kann, ohne dass dadurch der Schutz der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten übermäßig beeinträchtigt, oder das Finanzsystem destabilisiert würde oder die rasche Übertragung und Fortführung kritischer Funktionen verhindert würden, und wenn nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht auf eine alternative Lösung unter Einbeziehung der Privatwirtschaft besteht, wie sie etwa eine Kapitalerhöhung durch die vorhandenen Anteilseigner oder durch Dritte darstellen würde, die ausreichen würde, um die Existenzfähigkeit des Unternehmens vollständig wiederherzustellen, ohne dass sich dies auf bestehende Versicherungs- oder Rückversicherungsforderungen auswirken würde. Sicherungssysteme für Versicherungen, die für ein Unternehmen gelten, das die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren oder eine Abwicklung erfüllt, sollten bei der Feststellung, ob die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten im öffentlichen Interesse erforderlich ist, berücksichtigt werden. Jeder sich aus einer Abwicklungsmaßnahme ergebende Eingriff in die Rechte von Anteilseignern und Gläubigern sollte mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) vereinbar sein. Insbesondere wenn Gläubiger derselben Klasse im Zuge einer Abwicklungsmaßnahme unterschiedlich behandelt werden, sollte eine solche unterschiedliche Behandlung aus Gründen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt sein, in einem angemessenen Verhältnis zu den bekämpften Risiken stehen und weder direkt noch indirekt aus Gründen der Staatsangehörigkeit diskriminierend sein.

(36)

Die Abwicklungsbehörden sollten über ein gewisses Maß an Flexibilität zur angemessenen Abwägung der Abwicklungsziele verfügen, wobei die Art und Umstände des jeweiligen Falles angemessen zu berücksichtigen sind.

(37)

Die Abwicklungsbehörden sollten bei der Verfolgung der Abwicklungsziele prüfen, wie sich die Abwicklungskosten am besten minimieren lassen. Eine möglichst geringe Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln ist ein Abwicklungsziel, allerdings zählt die Inanspruchnahme einer solchen Unterstützung zu den Abwicklungskosten. Die Minimierung der Kosten sollte jedoch nicht als gesondertes Abwicklungsziel betrachtet werden, sondern als ein Grundsatz, von dem sich die Abwicklungsbehörden bei der Entscheidung darüber leiten lassen sollten, wie die Abwicklungsziele am besten erreicht werden können.

(38)

Bei der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen sollten die Abwicklungsbehörden alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass Abwicklungsmaßnahmen gemäß dem Grundsatz ergriffen werden, dass Versicherungs- und Rückversicherungsforderungen erst nachrangig betroffen sind, nachdem Anteilseigner und andere Gläubiger ihren Anteil an den Verlusten getragen haben. Darüber hinaus sollten die Abwicklungsbehörden sicherstellen, dass die Kosten für die Abwicklung eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens so gering wie möglich gehalten werden und Gläubiger derselben Klasse in gleicher Weise behandelt werden.

(39)

Bei der Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten, Schuldtiteln und anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten sollte ein interner Verlustabsorptionsmechanismus Anwendung finden. In Verbindung mit Übertragungsinstrumenten, die darauf abzielen, die Kontinuität des Versicherungsschutzes zugunsten von Versicherungsnehmern, Begünstigten und Geschädigten zu gewährleisten, sollte dieser Mechanismus sicherstellen, dass die Abwicklungsziele erreicht und die Auswirkungen eines Ausfalls eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens auf die Versicherungsnehmer weitgehend in Grenzen gehalten werden. In extremen Fällen könnte die Abwicklung eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens jedoch die Anwendung spezifischer nationaler Regelungen erfordern, insbesondere ein Sicherungssystem für Versicherungen oder einen Abwicklungsfonds, in deren Rahmen zusätzliche Ressourcen für die Verlustabsorption und Restrukturierung bereitgestellt werden, oder – als letztes Mittel – eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Die Schutzbestimmungen, die zum Schutz der Gläubiger erforderlich sind, sollten auch das Bestehen solcher spezifischen nationalen Regelungen widerspiegeln, die wiederum mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen im Einklang stehen müssen. Vor der Gewährung einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln sollte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung angewandt werden.

(40)

Es sollte nicht unverhältnismäßig in die Eigentumsrechte eingegriffen werden. Betroffene Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und sonstige Gläubiger von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sollten daher keine größeren Verluste erleiden, als ihnen zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung bei einer Liquidation des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens entstanden wären. Dieser Grundsatz „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ spiegelt das durch Artikel 17 der Charta geschützte Grundrecht auf Eigentum wider. Dieses Recht sollte im administrativen Abwicklungsverfahren geschützt werden, indem sichergestellt wird, dass alle betroffenen Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigten, Anspruchsberechtigten oder sonstigen Gläubiger nicht schlechter gestellt werden als im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens. Die Bewertung der Behandlung, die Versicherungsnehmer, Anspruchsberechtigte und Geschädigte in einem solchen Fall erfahren hätten, sollte alle Zahlungen umfassen, die Versicherungsnehmer, Anspruchsberechtigte und Geschädigte gegebenenfalls aus Sicherungssystemen für Versicherungen und von Entschädigungsstellen gemäß der Richtlinie 2009/103/EG erhalten hätten. Im Fall einer teilweisen Übertragung von Vermögenswerten eines in Abwicklung befindlichen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens auf einen privaten Erwerber oder ein Brückenunternehmen sollte der verbleibende Teil des in Abwicklung befindlichen Unternehmens gemäß dem regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden. Die im Liquidationsverfahren eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens noch verbleibenden Anteilseigner und Gläubiger sollten befugt sein, im Rahmen des Liquidationsverfahrens zur Erfüllung oder Erstattung ihrer Ansprüche Zahlungen in einer Höhe zu verlangen, die mindestens dem Betrag entspricht, den sie im Fall einer Liquidation des gesamten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im regulären Insolvenzverfahren zurückerhalten hätten.

(41)

Zum Schutz der Rechte von Anteilseignern und Gläubigern, einschließlich Versicherungsnehmern, Begünstigten und Anspruchsberechtigten, sollten klare Verpflichtungen in Bezug auf die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens und in Bezug auf die Bewertung der Behandlung festgelegt werden, die Anteilseigner und Gläubiger, einschließlich Versicherungsnehmer, Begünstigte und Anspruchsberechtigte, im Fall einer Liquidation des Unternehmens im regulären Insolvenzverfahren erfahren hätten. Daher muss festgelegt werden, dass vor Ergreifung einer Abwicklungsmaßnahme eine faire und realistische Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens vorgenommen wird. Gegen eine solche Bewertung müssen Rechtsmittel eingelegt werden können. Angesichts der Beschaffenheit von Abwicklungsmaßnahmen und deren engen Zusammenhangs mit der genannten Bewertung sollten Rechtsmittel jedoch nur dann eingelegt werden können, wenn sie sich gleichzeitig auch gegen den Abwicklungsbeschluss richten. Darüber hinaus muss festgelegt werden, dass nach Anwendung der Abwicklungsinstrumente ein Vergleich zwischen der tatsächlichen Behandlung von Anteilseignern und Gläubigern, einschließlich Versicherungsnehmern, Begünstigten und Anspruchsberechtigten, und der Behandlung anzustellen ist, die sie im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erfahren hätten. Ein solcher Ex-post-Vergleich sollte auch unabhängig vom Abwicklungsbeschluss anfechtbar sein. Anteilseigner und Gläubiger, die weniger erhalten haben, als sie im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens erhalten hätten, sollten Anspruch auf Zahlung der Differenz haben.

(42)

Wenn Abwicklungsmaßnahmen ergriffen werden, könnten die Versicherungsnehmer einige oder alle in ihren jeweiligen Verträgen vorgesehenen Leistungen behalten und müssten nicht unbedingt einen neuen Versicherungsvertrag abschließen. Im Falle der Liquidation eines Unternehmens im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens könnte ein Vertragswechsel den Versicherungsnehmern Wiederbeschaffungskosten verursachen. Insbesondere im Falle langfristiger Versicherungsverträge könnten die Marktbedingungen und die eigenen Merkmale der Versicherungsnehmer sowie zusätzliche Kosten wie Maklerprovision und Abschlussgebühren zu erheblichen Kosten für jene Versicherungsnehmer führen, die ihre Verträge ersetzen müssen. Bei der Veranschlagung dieser Wiederbeschaffungskosten im Rahmen des Grundsatzes „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ ist davon auszugehen, dass der Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags mit einer vergleichbaren Deckung zu marktüblichen Preisen innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach der Abwicklungsmaßnahme erfolgt.

(43)

Es ist wichtig, dass Verluste sofort beim Ausfall eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens ausgewiesen werden. Die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten ausfallender Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollte auf fairen, vorsichtigen und realistischen Annahmen zum Zeitpunkt der Nutzung der Abwicklungsinstrumente beruhen. Der Wert der Verbindlichkeiten sollte bei der Bewertung jedoch nicht durch die finanzielle Lage des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens beeinflusst werden. Bewertungen, die als Grundlage für die Wahl und Gestaltung der Abwicklungsmaßnahmen dienen, sollten mit dem geltenden aufsichtsrechtlichen Rahmen im Einklang stehen; im Zuge der Abwicklung könnten jedoch gezielte Änderungen an den Grundsätzen vorgenommen werden, auf denen dieser Rahmen beruht, insbesondere wenn die Annahme, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung betreiben wird, nicht erfüllt ist. In Fällen von besonderer Dringlichkeit sollte es möglich sein, dass die Abwicklungsbehörden eine rasche Bewertung der Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens vornehmen. Diese Bewertung sollte vorläufigen Charakter haben und solange gelten, bis eine unabhängige Bewertung vorgenommen wird. Die EIOPA sollte einen Rahmen mit den bei der Durchführung solcher Bewertungen anzuwendenden Grundsätzen festlegen und verschiedene spezifische Methoden zulassen, die je nach Sachlage von den Abwicklungsbehörden bzw. von den unabhängigen Bewertern anzuwenden sind.

(44)

Bei der Anwendung von Abwicklungsmaßnahmen sollten die Abwicklungsbehörden die in den Abwicklungsplänen vorgesehenen Maßnahmen berücksichtigen und befolgen, es sei denn, die Abwicklungsbehörden gelangen unter Berücksichtigung der Sachlage zu der Bewertung, dass die Abwicklungsziele sich mit Maßnahmen, die in den Abwicklungsplänen nicht vorgesehen sind, besser erreichen lassen.

(45)

Die Abwicklungsinstrumente sollten darauf ausgerichtet und dazu geeignet sein, auf ein breites Spektrum weitgehend unvorhersehbarer Szenarien angewendet zu werden, wobei mögliche Unterschiede zwischen der Krise eines einzelnen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens und einer umfassenderen systemischen Krise zu berücksichtigen sind. Die Abwicklungsinstrumente sollten daher jedes dieser Szenarien abdecken, einschließlich des geordneten Abwicklungsmanagements eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens bis zur Einstellung dessen Betriebs, der Veräußerung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder der Veräußerung von Anteilen an diesem Unternehmen, der Errichtung eines Brückenunternehmens, der Trennung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des ausfallenden Unternehmens von dessen wertgeminderten oder ausfallgefährdeteren Portfolios und der Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten und anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens.

(46)

In spezifischen Fällen, in denen bestimmte Unternehmen der Gruppe für ein in Abwicklung befindliches Unternehmen Dienstleistungen erbringen, die entscheidend für die Gewährleistung der Kontinuität des Versicherungsschutzes sind, sollte die Abwicklungsbehörde die Befugnis haben, sicherzustellen, dass die von einem solchen Anbieter wesentlicher Dienstleistungen bereitgestellten Waren und Dienstleistungen weiterhin bereitgestellt werden, falls sich dessen Finanzlage infolge des Ausfalls eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens innerhalb derselben Gruppe verschlechtert und die Ausübung einer solchen Befugnis erforderlich ist, um die Kontinuität des durch andere Unternehmen der Gruppe geleisteten Versicherungsschutzes zu wahren. Diese Befugnisse könnten die Anwendung von Abwicklungsbefugnissen und -instrumenten auf den Anbieter wesentlicher Dienstleistungen umfassen.

(47)

Wurden Abwicklungsinstrumente eingesetzt, um Versicherungsportfolios auf ein solides Unternehmen zu übertragen, bei dem es sich um einen privaten Erwerber oder ein Brückenunternehmen handeln kann, so sollte der verbleibende Teil des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist liquidiert werden. Die Länge dieser Frist sollte davon abhängen, ob das ausfallende Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Dienstleistungen erbringen oder Unterstützung leisten muss, damit der private Erwerber oder das Brückenunternehmen die ihm im Wege dieser Übertragung anvertrauten Tätigkeiten oder Dienstleistungen erbringen kann.

(48)

In jedem Mitgliedstaat sollten Finanzierungsmechanismen eingerichtet werden, über die Versicherungsnehmer, Begünstigte und Anspruchsberechtigte der in diesem Mitgliedstaat zugelassenen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen entschädigt werden. Es sollten Finanzierungsmechanismen zur Begleichung der Forderungen anderer Gläubiger und Anteilseigner nach dem Grundsatz „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ zur Verfügung stehen, sofern dies erforderlich ist, um die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu vermeiden. Diese Forderungen sollten im Einklang mit der Rangfolge der Gläubiger im regulären Insolvenzverfahren berechnet werden, wodurch verhindert wird, dass Anteilseigner oder andere Gläubiger entschädigt werden, bevor Versicherungsnehmer, Begünstigte oder Anspruchsberechtigte vollständig entschädigt werden. Zwar sollte eine direkte Absorption der Verluste eines Versicherungsunternehmens vermieden werden, es sollte jedoch möglich sein, derartige Finanzierungsmechanismen als letztes Mittel zur Deckung anderer Kosten im Zusammenhang mit dem Einsatz von Abwicklungsinstrumenten zu nutzen, soweit dies zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich ist und sofern die Abwicklungsgrundsätze uneingeschränkt beachtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten beschließen können, dass Finanzierungsmechanismen genutzt werden können, um Verluste von Versicherungsnehmern, Begünstigten und Anspruchsberechtigten aufzufangen. In einem solchen Fall würde das ausfallende Unternehmen aus dem Markt ausscheiden und alle oder ein Teil der Portfolios von Versicherungsverträgen würden im Rahmen des Instruments der Unternehmensveräußerung oder auf ein Brückenunternehmen übertragen oder weiterhin in dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen gehalten, falls dieses in ein geordnetes Abwicklungsmanagement überführt wird. In jedem Fall sollten die Forderungen der Anteilseigner herabgeschrieben werden, bevor Abwicklungsfinanzierungsmechanismen zur Verlustabsorption genutzt werden können. Angesichts der Vielfalt der Versicherungsmärkte sollte den Mitgliedstaaten eine gewisse Flexibilität in Bezug auf die Einzelheiten der Außenfinanzierung eingeräumt werden, solange ausreichende Liquidität verfügbar ist, um eine Entschädigung innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens zu gewährleisten. Ein Mitgliedstaat sollte nur in diesem Mitgliedstaat zugelassenen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sowie Zweigniederlassungen von Drittlandsunternehmen in der Union, die sich in seinem Hoheitsgebiet befinden, eine Beitragspflicht auferlegen.

(49)

Mit dem Instrument der Unternehmensveräußerung sollten die Abwicklungsbehörden die Veräußerung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder einzelner Geschäftsbereiche davon ohne Zustimmung der Anteilseigner an einen oder mehrere Erwerber vornehmen können. Bei der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung sollten die Behörden auf eine offene, transparente und nichtdiskriminierende Art und Weise Vorkehrungen für die Vermarktung dieses Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder einzelner Geschäftsbereiche davon treffen, wobei ein möglichst hoher Verkaufspreis erzielt werden sollte. Wenn ein solches Verfahren aus Dringlichkeitsgründen unmöglich ist, sollten die Behörden Schritte unternehmen, um die schädlichen Auswirkungen auf Wettbewerb und Binnenmarkt zu beheben.

(50)

Bei der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung sollten alle Nettoerlöse aus der Übertragung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens dem im Liquidationsverfahren befindlichen Unternehmen zugutekommen. Bei der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung sollten alle Nettoerlöse aus der Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln des in Abwicklung befindlichen Unternehmens den Inhabern dieser Anteile oder anderer Eigentumstitel zugutekommen, vorausgesetzt die Versicherungsnehmer und anderen Gläubiger des Unternehmens wurden als erste entschädigt, soweit deren Forderungen ohne vollständige Entschädigung herabgeschrieben wurden. Die Erlöse sollten abzüglich der Kosten aus dem Ausfall des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens und aus dem Abwicklungsverfahren berechnet werden.

(51)

Informationen in Bezug auf die Vermarktung eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens und die Verhandlungen mit potenziellen Käufern vor der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung sind wahrscheinlich vertraulich und könnten ein Risiko für das Vertrauen in den Versicherungsmarkt darstellen. Es ist daher wichtig sicherzustellen, dass die in der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) vorgeschriebene Offenlegung solcher Informationen gegenüber der Öffentlichkeit für den Zeitraum, der für die Planung und Strukturierung der Abwicklung des betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens erforderlich ist, aufgeschoben werden kann.

(52)

Ein Brückenunternehmen ist ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das ganz oder teilweise im Eigentum einer oder mehrerer öffentlicher Stellen steht oder von der Abwicklungsbehörde kontrolliert wird. Der Hauptzweck eines Brückenunternehmens besteht darin sicherzustellen, dass die Versicherungsnehmer des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens weiterhin kritische Funktionen in Anspruch nehmen können. Ein Brückenunternehmen sollte daher als existenzfähiges Geschäft fortgeführt und, sobald die Bedingungen dafür geeignet sind, an den Markt zurückgeführt oder, sofern es nicht mehr existenzfähig ist, liquidiert werden.

(53)

Das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten sollte es den Behörden ermöglichen, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens zu deren Beseitigung, Verwaltung oder Abwicklung auf eine gesonderte Vermögensverwaltungsgesellschaft zu übertragen. Zur Verhinderung eines ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteils für das ausfallende Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollte das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, dessen Hauptzweck darin besteht, eine Bestandsübertragung zu erleichtern, nur in Verbindung mit anderen Instrumenten eingesetzt werden.

(54)

Wirksame Abwicklungsregelungen sollten sicherstellen, dass Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen so abgewickelt werden können, dass die negativen Auswirkungen eines Ausfalls auf Versicherungsnehmer, Steuerzahler, Realwirtschaft und Finanzstabilität so gering wie möglich gehalten werden. Durch Herabschreibungen oder Umwandlungen sollte sichergestellt werden, dass, bevor Versicherungs- oder Rückversicherungsforderungen betroffen sind, zunächst Anteilseigner und Gläubiger eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens Verluste tragen und einen angemessenen Teil der sich aus dem Ausfall des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens ergebenden Kosten übernehmen, sobald Abwicklungsbefugnisse ausgeübt werden. Mit dem Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung sollte somit ein stärkerer Anreiz für Anteilseigner und Gläubiger von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sowie bis zu einem gewissen Grad für deren Versicherungsnehmer geschaffen werden, die finanzielle Lage des jeweiligen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens unter normalen Umständen zu verfolgen.

(55)

Es ist wichtig sicherzustellen, dass die Abwicklungsbehörden unter verschiedenen Umständen über die notwendige Flexibilität verfügen, um ein in Abwicklung befindliches Unternehmen in ein geordneten Abwicklungsmanagement zu überführen, seine Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten zu den besten Bedingungen für die Versicherungsnehmer zu übertragen oder verbleibende Verluste zuzuweisen. Daher sollte festgelegt werden, dass die Abwicklungsbehörden das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung sowohl dann anwenden können sollten, wenn eine Abwicklung des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im Rahmen eines geordneten Abwicklungsmanagements angestrebt wird, als auch dann, wenn kritische Versicherungsdienste übertragen werden, während der verbleibende Teil des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens seine Tätigkeit einstellt und liquidiert wird. Im Interesse der Kontinuität eines wesentlichen Teils des Versicherungsschutzes könnte in diesem Zusammenhang die Umstrukturierung von Versicherungsverbindlichkeiten gerechtfertigt sein, wenn dies als im besten Interesse der Versicherungsnehmer liegend betrachtet wird.

(56)

Besteht eine realistische Aussicht, dass die Existenzfähigkeit des Unternehmens wiederhergestellt werden kann und den Versicherungsnehmern im Zuge des Abwicklungsverfahrens keine Verluste entstehen, könnte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung eingesetzt werden, damit das in Abwicklung befindliche Unternehmen seine Geschäftstätigkeit fortführen kann. In diesem Fall sollte die Abwicklung durch Herabschreibung oder Umwandlung mit einer Neubesetzung der Geschäftsleitung einhergehen, es sei denn, die Beibehaltung der Geschäftsleitung ist angebracht und für das Erreichen der Abwicklungsziele erforderlich.

(57)

Es ist nicht angemessen, das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf Ansprüche anzuwenden, sofern diese abgesichert, besichert oder auf andere Art und Weise garantiert sind, da eine solche Herabschreibung oder Umwandlung unwirksam sein oder potenziell negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben könnte. Damit gewährleistet werden kann, dass das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung wirksam ist und seine Ziele erreicht werden, ist es wünschenswert, dass es auf ein möglichst breites Spektrum unbesicherter Verbindlichkeiten eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens angewandt werden kann. Allerdings ist es zweckmäßig, bestimmte Arten unbesicherter Verbindlichkeiten vom Anwendungsbereich des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung auszunehmen. Um die Kontinuität kritischer Funktionen sicherzustellen, sollte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung nicht auf bestimmte Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder auf kommerzielle Forderungen im Zusammenhang mit den für das alltägliche Funktionieren des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens kritischen Gütern und Dienstleistungen angewandt werden. Um Rentenansprüche und Rentenbeträge zu wahren, die Pensionsfonds und Rententreuhändern geschuldet werden, sollte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung nicht auf die Verbindlichkeiten des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens gegenüber einem Altersversorgungssystem angewandt werden. Um die Gefahr einer systemischen Ansteckung zu verringern, sollte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung ebenso wenig auf Verbindlichkeiten aus einer Beteiligung an Zahlungsverkehrssystemen mit einer Restlaufzeit von weniger als sieben Tagen oder auf Verbindlichkeiten gegenüber Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Wertpapierfirmen – es sei denn, diese sind Teil derselben Gruppe – mit einer ursprünglichen Laufzeit von weniger als sieben Tagen angewandt werden.

(58)

Eines der Hauptziele der Abwicklung besteht im Schutz des kollektiven Interesses von Versicherungsnehmern, Begünstigten und Anspruchsberechtigten. Auf Versicherungs- und Rückversicherungsforderungen sollte das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung daher nur als letztes Mittel angewandt werden, wobei die Abwicklungsbehörden die Folgen einer möglichen Herabschreibung von Forderungen aus Versicherungsverträgen, die von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen oder kleinen und mittleren Unternehmen gehalten werden, sorgfältig prüfen sollten.

(59)

Die Abwicklungsbehörden sollten Verbindlichkeiten unter bestimmten Umständen vollständig oder teilweise von der Herabschreibung oder Umwandlung ausschließen können, sofern diese Verbindlichkeiten nicht innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens herabgeschrieben oder umgewandelt werden können, sofern der Ausschluss für das Erreichen der Abwicklungsziele unbedingt erforderlich und verhältnismäßig ist oder sofern die Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung eine Wertvernichtung verursachen würde, bei der die von anderen Gläubigern zu tragenden Verluste höher wären, als wenn diese Verbindlichkeiten nicht ausgeschlossen würden. Wird ein solcher Ausschluss angewandt, kann der Umfang der Herabschreibung oder Umwandlung anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten erweitert werden, um diesen Ausschluss zu berücksichtigen, sofern der Grundsatz „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ beachtet wird. Gleichzeitig sollten die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sein, Abwicklungen aus ihrem allgemeinen Haushalt zu finanzieren.

(60)

Bei der Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung auf Versicherungsverträge sollten die Abwicklungsbehörden beachten, dass die nach geltendem Recht vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen nach der Umstrukturierung des Vertrags eingehalten werden. Dies sollte die Abwicklungsbehörde nicht daran hindern, das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf Versicherungsforderungen anzuwenden, die vor dem Tag der Abwicklungsmaßnahme entstanden sind.

(61)

Im Allgemeinen sollten die Abwicklungsbehörden das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf eine Art und Weise anwenden, die die gleichrangige Behandlung (pari passu) der Gläubiger und die gesetzliche Rangfolge der Forderungen im Rahmen des gültigen Insolvenzrechts gewährleistet. Die Verluste sollten deshalb zunächst durch Instrumente der aufsichtsrechtlichen Eigenmittel absorbiert und den Anteilseignern entweder durch Löschen oder Übertragen der Anteile oder durch eine starke Verwässerung zugewiesen werden. Sofern dies nicht ausreicht, sollten nachrangige Verbindlichkeiten umgewandelt oder herabgeschrieben werden. Vorrangige Verbindlichkeiten sollten nur dann umgewandelt oder herabgeschrieben werden, wenn nachrangige Verbindlichkeiten vollständig umgewandelt oder herabgeschrieben wurden. Die Herabsetzung des Nennwerts des Instruments oder der Verbindlichkeit bzw. die Umwandlung der Verbindlichkeit infolge der Ausübung von Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen sollte nur nach dem Recht des Mitgliedstaats der Abwicklungsbehörde, die die Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse ausgeübt hat, angefochten werden können.

(62)

Ausnahmen von Verbindlichkeiten, unter anderem für Zahlungsverkehrs- und Abrechnungssysteme, Arbeitnehmer- oder Handelsgläubiger oder bei Vorrangstellungen, sollten gleichermaßen in Drittländern und in der Union gelten. Um sicherzustellen, dass Verbindlichkeiten in Drittländern herabgeschrieben oder umgewandelt werden können, muss festgelegt werden, dass diese Möglichkeit in vertraglichen Bestimmungen, die dem Recht von Drittländern unterliegen, anerkannt wird. Eine solche vertragliche Form sollte nicht für Verbindlichkeiten vorgeschrieben sein, die von der Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung ausgenommen sind, oder in Fällen, in denen das Recht des Drittlandes oder eine mit jenem Drittland geschlossene bindende Vereinbarung der Abwicklungsbehörde des betreffenden Mitgliedstaats ermöglicht, das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung anzuwenden.

(63)

Anteilseigner und Gläubiger sollten, soweit erforderlich, zum Verlustzuweisungsmechanismus eines ausfallenden Unternehmens beitragen. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb sicherstellen, dass Tier 1, Tier 2 und Tier 3 Kapitalinstrumente die Verluste zum Zeitpunkt der Nichttragfähigkeit des emittierenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens voll absorbieren. Folglich sollten die Abwicklungsbehörden gehalten sein, diese Instrumente voll herabzuschreiben oder sie gegebenenfalls zum Zeitpunkt der Nichttragfähigkeit des Unternehmens und vor Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen in Tier Instrumente umzuwandeln. Zu diesem Zweck sollte der Zeitpunkt der Nichttragfähigkeit des Unternehmens entweder als der Zeitpunkt verstanden werden, zu dem die betreffende Abwicklungsbehörde bestimmt, dass das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt, oder als der Zeitpunkt, zu dem die betreffende Abwicklungsbehörde beschließt, dass das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ohne Herabschreibung oder Umwandlung dieser Kapitalinstrumente nicht mehr existenzfähig wäre. Diese Anforderungen sollten in den Bedingungen für das jeweilige Instrument und in allen Prospekten oder Angebotsunterlagen vermerkt werden, die im Zusammenhang mit den Instrumenten veröffentlicht oder bereitgestellt werden.

(64)

Damit eine wirksame Durchführung der Abwicklung gewährleistet werden kann, sollten die Abwicklungsbehörden über alle erforderlichen rechtlichen Befugnisse verfügen, die in unterschiedlicher Zusammensetzung bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente ausgeübt werden können. Diese rechtlichen Befugnisse sollten unter anderem die Befugnis, Anteile an einem ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen bzw. Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten dieses Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger, z. B. ein anderes Unternehmen oder ein Brückenunternehmen, zu übertragen, die Befugnis, Anteile herabzuschreiben oder zu löschen oder Verbindlichkeiten eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens herabzuschreiben oder umzuwandeln, die Befugnis, die Geschäftsleitung zu ersetzen, sowie die Befugnis, für die Begleichung von Forderungen ein vorübergehendes Moratorium zu verhängen, umfassen. Darüber hinaus sind zusätzliche Befugnisse erforderlich, darunter die Befugnis, von anderen Teilen der Gruppe die Fortführung wesentlicher Dienstleistungen zu verlangen.

(65)

Es ist nicht erforderlich, die genauen Mittel zu vorzuschreiben, mit denen die Abwicklungsbehörden bei einem ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen intervenieren sollten. Die Abwicklungsbehörden sollten entscheiden können, ob sie die Kontrolle mittels direkter Intervention bei diesem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder mittels einer Ausführungsanordnung übernehmen. Dabei sollten sie je nach Sachlage entscheiden.

(66)

Es müssen Verfahrensanforderungen festgelegt werden, mit denen sichergestellt wird, dass Abwicklungsmaßnahmen ordnungsgemäß gemeldet und veröffentlicht werden. Informationen, die die Abwicklungsbehörden und ihre professionellen Berater während des Abwicklungsverfahrens erhalten, sind jedoch wahrscheinlich vertraulich und sollten daher vor der Veröffentlichung des Abwicklungsbeschlusses einer wirksamen Geheimhaltungsregelung unterliegen. Bei allen bereitgestellten Informationen in Bezug auf einen noch nicht gefassten Beschluss, beispielsweise darüber, ob die Abwicklungsvoraussetzungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Laufe des Verfahrens, muss davon ausgegangen werden, dass sie Auswirkungen auf die öffentlichen und privaten Interessen haben, die von den Maßnahmen betroffen sind. Deshalb muss sichergestellt werden, dass geeignete Mechanismen für die Wahrung der Vertraulichkeit entsprechender Informationen, einschließlich des Inhalts und der Einzelheiten der Sanierungs- und Abwicklungspläne und des Ergebnisses von in diesem Zusammenhang vorgenommenen Bewertungen, existieren.

(67)

Der Informationsaustausch zwischen Abwicklungsbehörden und Steuerbehörden sollte nicht verhindert werden. Ein solcher Informationsaustausch sollte mit dem nationalen Recht im Einklang stehen und – sofern die Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat stammen – nur mit ausdrücklicher Zustimmung der jeweiligen Behörde, von der die Informationen stammen, erfolgen können.

(68)

Die Abwicklungsbehörden sollten über zusätzliche Befugnisse verfügen, um die Wirksamkeit der Übertragung von Anteilen oder Schuldtiteln bzw. Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten auf einen erwerbenden Dritten oder ein Brückenunternehmen sicherzustellen. Um die Übertragung von Versicherungs- oder Rückversicherungsforderungen zu erleichtern, ohne gleichzeitig das allgemeine Risikoprofil des entsprechenden Portfolios sowie der damit verbundenen versicherungstechnischen Rückstellungen und Kapitalanforderungen zu beeinträchtigen, sollte der aus Rückversicherungsverträgen erwachsende wirtschaftliche Nutzen erhalten bleiben. Die Abwicklungsbehörden sollten daher die Möglichkeit haben, Versicherungs- oder Rückversicherungsforderungen zusammen mit den entsprechenden Rückversicherungsrechten zu übertragen. Zu diesem Zweck sollten sie unter anderem die Befugnis, Drittparteienrechte an den übertragenen Instrumenten oder Vermögenswerten aufzuheben, die Befugnis, Verträge rechtlich durchzusetzen, sowie die Befugnis haben, für die Kontinuität von Vereinbarungen gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger der übertragenen Vermögenswerte und Anteile Sorge zu tragen. Auch das Recht einer Vertragspartei, einen Vertrag mit einem in Abwicklung befindlichen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder mit einem Unternehmen dessen Gruppe aus anderen Gründen als der Abwicklung des ausfallenden Unternehmens zu beenden, sollte unberührt bleiben. Darüber hinaus sollten die Abwicklungsbehörden über die zusätzliche Befugnis verfügen, von dem verbleibenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das im Wege eines regulären Insolvenzverfahren liquidiert wird, die Erbringung von Dienstleistungen zu fordern, die dem Unternehmen, auf das die Vermögenswerte oder Anteile mittels des Instruments für die Unternehmensveräußerung oder des Instruments des Brückenunternehmens übertragen wurden, die Wahrnehmung seiner Geschäftstätigkeit ermöglichen.

(69)

Nach Artikel 47 der Charta hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Deshalb sollten die von Abwicklungsbehörden gefassten Beschlüsse rechtsmittelfähig sein.

(70)

Von Abwicklungsbehörden ergriffene Krisenmanagementmaßnahmen können komplexe wirtschaftliche Bewertungen und einen breiten Ermessensspielraum erfordern. Abwicklungsbehörden verfügen besonders über das Fachwissen, das sie für die Durchführung dieser Bewertungen und für die Festlegung der angemessenen Nutzung des Ermessensspielraums benötigen. Daher ist es wichtig sicherzustellen, dass die von den Abwicklungsbehörden in diesem Zusammenhang vorgenommenen komplexen wirtschaftlichen Bewertungen von den nationalen Gerichten bei der Überprüfung der jeweiligen Krisenmanagementmaßnahmen als Grundlage verwendet werden. Die Komplexität dieser Bewertungen sollte die nationalen Gerichte jedoch nicht davon abhalten, zu untersuchen, ob das Beweismaterial, auf das sich die Abwicklungsbehörde gestützt hat, sachlich präzise, zuverlässig und kohärent ist, ob es alle relevanten Informationen enthält, die bei der Bewertung einer komplexen Situation berücksichtigt werden sollten, und ob es zur Begründung der aus ihm gezogenen Schlussfolgerungen geeignet ist.

(71)

Damit dringliche Situationen bewältigt werden können, ist vorzusehen, dass das Einlegen eines Rechtsmittels nicht die automatische Aussetzung der Wirkung der angefochtenen Entscheidung bewirkt und dass die Entscheidung der Abwicklungsbehörde sofort vollstreckbar ist, wenn angenommen werden muss, dass ihre Aussetzung dem öffentlichen Interesse zuwiderliefe.

(72)

Dritte, die im Zuge der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen durch die Behörden in gutem Glauben Vermögenswerte, Verträge, Rechte und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens erworben haben, gilt es zu schützen. Ebenso muss die Stabilität der Finanzmärkte gewährleistet werden. Das Einlegen eines Rechtsmittels gegen einen Abwicklungsbeschluss sollte daher nachfolgende Verwaltungsakte oder Transaktionen, die aufgrund eines aufgehobenen Beschlusses abgeschlossen wurden, unberührt lassen. In diesen Fällen sollten die Rechtsmittel gegen unrechtmäßige Beschlüsse auf die Entschädigung der betroffenen Personen beschränkt sein.

(73)

Aufgrund schwerwiegender Risiken für die Finanzstabilität in einem betreffenden Mitgliedstaat und in der Union müssen gegebenenfalls dringend Krisenmanagementmaßnahmen getroffen werden. Deshalb sollten nach nationalem Recht vorgesehene Verfahren für den Antrag auf vorab erteilte gerichtliche Zustimmung zu einer Krisenmanagementmaßnahme sowie für die gerichtliche Prüfung eines solchen Antrags beschleunigt erfolgen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die betreffende Behörde ihren Beschluss unmittelbar nach der Genehmigung durch das Gericht fassen kann. Diese Möglichkeit sollte unbeschadet des Rechts interessierter Parteien bestehen, beim Gericht eine Aufhebung des Beschlusses zu beantragen. Sie sollte jedoch nur für einen begrenzten Zeitraum nach der Ergreifung der Krisenmanagementmaßnahme durch die Abwicklungsbehörde gewährt werden, damit die Anwendung des Abwicklungsbeschlusses nicht übermäßig verzögert wird.

(74)

Für eine wirksame Abwicklung und zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten ist es erforderlich, dass für den Zeitraum, in dem eine Abwicklungsbehörde ihre Abwicklungsbefugnisse wahrnimmt oder Abwicklungsinstrumente anwendet, kein reguläres Insolvenzverfahren für ein ausfallendes Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen eingeleitet oder fortgeführt wird, außer auf Initiative bzw. mit Zustimmung der Abwicklungsbehörde. Deshalb muss festgelegt werden, dass bestimmte vertragliche Verpflichtungen für einen begrenzten Zeitraum ausgesetzt werden können, damit die Abwicklungsbehörden die Abwicklungsinstrumente anwenden können. Diese Möglichkeit sollte jedoch nicht für Verpflichtungen im Zusammenhang mit von einem Mitgliedstaat gemäß der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (8) benannten Systemen, einschließlich zentraler Gegenparteien, gelten. Durch die Richtlinie 98/26/EG wird das mit der Teilnahme an Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen einhergehende Risiko herabgesetzt, und zwar insbesondere durch eine Verringerung der Beeinträchtigung, die die Insolvenz eines Teilnehmers eines solchen Systems hervorrufen würde. Es muss sichergestellt werden, dass diese Schutzvorkehrungen in Krisensituationen weiterhin greifen und dass für die Betreiber von Zahlungs- und Wertpapierabrechnungssystemen und andere Marktteilnehmer ein angemessenes Maß an Sicherheit bestehen bleibt. Eine Krisenpräventions- bzw. Krisenmanagementmaßnahme für sich sollte daher nicht als Insolvenzverfahren im Sinne der Richtlinie 98/26/EG gelten, sofern die jeweiligen wesentlichen vertraglichen Verpflichtungen weiterhin erfüllt werden.

(75)

Es muss sichergestellt werden, dass Abwicklungsbehörden bei der Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auf einen privaten Erwerber oder ein Brückenunternehmen ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um zu übertragende Kontrakte zu ermitteln. Abwicklungsbehörden sollten daher die Möglichkeit haben, die Rechte der Gegenparteien auf Glattstellung, vorzeitige Fälligstellung oder sonstige Kündigung von Finanzkontrakten einzuschränken, bis die Übertragung erfolgt ist. Diese Einschränkungen sollten es den Abwicklungsbehörden ermöglichen, sich ein realistisches Bild von der Bilanz des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens – ohne die mit einer umfangreichen Ausübung von Kündigungsrechten einhergehenden Änderungen im Hinblick auf Wert und Anwendungsbereich – zu verschaffen, und überdies zur Vermeidung von Marktinstabilität beitragen. Eingriffe in die vertraglichen Rechte der Gegenparteien sollten jedoch auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt werden. Von den Abwicklungsbehörden auferlegte Einschränkungen der Kündigungsrechte sollten daher nur für Krisenmanagementmaßnahmen oder unmittelbar mit der Anwendung solcher Maßnahmen verbundene Ereignisse gelten. Kündigungsrechte, die sich aus einem anderen Ausfall ergeben, einschließlich eines Zahlungsausfalls oder nicht erfolgter Einschusszahlungen, sollten hiervon unberührt bleiben.

(76)

Im Falle einer Übertragung einiger, aber nicht aller Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten eines ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens müssen legitime Kapitalmarktvereinbarungen gewahrt werden. Daher sollten Schutzbestimmungen festgelegt werden, die die Aufgliederung verbundener Verbindlichkeiten oder verbundener Rechte und Kontrakte verhindern, einschließlich Kontrakten mit derselben Gegenpartei, die durch Sicherheitsvereinbarungen, Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungsvereinbarungen, Close-out-Saldierungsvereinbarungen und strukturierte Finanzierungsvereinbarungen gedeckt sind. Wenn solche Schutzbestimmungen anwendbar sind, sollten die Abwicklungsbehörden verpflichtet sein, alle in einer geschützten Vereinbarung miteinander verbundenen Kontrakte zu übertragen oder sie insgesamt bei dem verbleibenden Teil des ausfallenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu belassen. Mit diesen Schutzbestimmungen soll erreicht werden, dass die gesetzliche Eigenkapitalbehandlung von Risikopositionen, die für die Zwecke der Richtlinie 2009/138/EG einer Saldierungsvereinbarung unterliegen, nicht berührt wird.

(77)

Um einem betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Finanzstabilität zu bieten, sollte ein Moratorium für Rückkaufsrechte der Versicherungsnehmer eingeführt werden. Durch ein solches Moratorium und die sich daraus ergebende Finanzstabilität des betreffenden Unternehmens sollte den Abwicklungsbehörden ausreichend Zeit eingeräumt werden, um das Unternehmen zu bewerten und zu beurteilen, welche Abwicklungsinstrumente angewandt werden sollten. Ein solches Moratorium sollte zudem die Gleichbehandlung der Versicherungsnehmer gewährleisten und somit etwaige nachteilige finanzielle Auswirkungen auf jene Versicherungsnehmer verhindern, die nicht zu den ersten gehören würden, die ihre Police zurückkaufen. Da eines der Ziele der Abwicklung in der Kontinuität des Versicherungsschutzes besteht, sollten die Versicherungsnehmer weiterhin alle in den betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsverträgen vorgesehenen obligatorischen Zahlungen leisten, einschließlich im Falle von Rentenverträgen.

(78)

Indem sichergestellt wird, dass die Abwicklungsbehörden über die gleichen Abwicklungsinstrumente und -befugnisse verfügen, wird ein koordiniertes Vorgehen im Falle des Ausfalls einer grenzüberschreitend tätigen Gruppe erleichtert. Allerdings sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Zusammenarbeit zu fördern und fragmentierten nationalen Reaktionen vorzubeugen. Um sich im Falle der Abwicklung eines Unternehmens einer Gruppe auf ein Gruppenabwicklungskonzept einigen zu können, sollten die Abwicklungsbehörden daher gehalten sein, einander zu konsultieren und in Abwicklungskollegien zusammenzuarbeiten. Um ein Forum für den Austausch und die Erzielung einer solchen Einigung zu schaffen, sollten um den Kern der bereits bestehenden Aufsichtskollegien Abwicklungskollegien eingerichtet werden, wobei auch Abwicklungsbehörden sowie zuständige Ministerien, die EIOPA und gegebenenfalls die für die Sicherungssysteme für Versicherungen zuständigen Behörden einbezogen werden sollten. Die Abwicklungskollegien sollten keine Entscheidungsgremien, sondern vielmehr Foren darstellen, die die Entscheidungsfindung durch die nationalen Behörden erleichtern, wobei es Aufgabe der betreffenden nationalen Behörden sein sollte, gemeinsame Entscheidungen zu treffen.

(79)

Unter Berücksichtigung der regulatorischen Entwicklungen als Reaktion auf die weltweite Finanzkrise, der seit dieser Krise gewonnenen Erfahrungen und der Anwendung dieser Richtlinie sollte die Kommission nach Konsultation der EIOPA dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vorlegen, in dem die Angemessenheit gemeinsamer Mindeststandards für Sicherungssysteme für Versicherungen in der Union bewertet wird. Dieser Bericht sollte mindestens Folgendes umfassen: eine Bewertung des aktuellen Stands in Bezug auf Sicherungssysteme für Versicherungen in den Mitgliedstaaten (Abdeckungsniveau, Art der abgedeckten Versicherung, Auslöser); eine Analyse der politischen Optionen, einschließlich der verschiedenen Möglichkeiten, wie die Sicherungssysteme für Versicherungen für die Fortführung oder Liquidierung von Versicherungspolicen genutzt werden können, wobei den Unterschieden zwischen den Versicherungsprodukten verschiedener Mitgliedstaaten gebührend Rechnung zu tragen ist; eine Bewertung der Notwendigkeit, eine Mindestgrundlage für Sicherungssysteme für Versicherungen in der gesamten Union einzuführen, und gegebenenfalls eine Darlegung der zu deren Einführung erforderlichen Schritte. Dem Bericht wird erforderlichenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag beigefügt.

(80)

Bei der Abwicklung grenzüberschreitend tätiger Gruppen sollten das Erfordernis, Verfahren anzuwenden, bei denen die Bedenklichkeit der Situation berücksichtigt wird und effiziente, faire und rechtzeitige Lösungen für die Gruppe insgesamt gefunden werden, einerseits und das Erfordernis, Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in allen Mitgliedstaaten, in denen die Gruppe tätig ist, zu schützen, andererseits gegeneinander abgewogen werden. Deshalb sollten die verschiedenen Abwicklungsbehörden ihre Ansichten im Abwicklungskollegium austauschen, wobei alle Abwicklungsmaßnahmen, die von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagen werden, von verschiedenen Abwicklungsbehörden im Zusammenhang mit den Gruppenabwicklungsplänen erarbeitet und erörtert werden sollten. Damit – soweit möglich – rasch gemeinsame Entscheidungen getroffen werden können, sollten die Abwicklungskollegien auch die Standpunkte der Abwicklungsbehörden all jener Mitgliedstaaten einbeziehen, in denen die Gruppe tätig ist.

(81)

Bei Abwicklungsmaßnahmen der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde sollten stets die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, in denen die Gruppe tätig ist. Die Abwicklungsbehörden des Mitgliedstaats, in dem ein Tochterunternehmen niedergelassen ist, sollten daher in der Lage sein, als letztes Mittel und in hinreichend begründeten Fällen Einwände gegen die Entscheidungen der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde zu erheben, wenn diese Abwicklungsbehörden der Auffassung sind, dass die Abwicklungsmaßnahmen – entweder im Hinblick auf das Erfordernis, Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in diesem Mitgliedstaat zu schützen, oder aufgrund der für vergleichbare Unternehmen in diesem Mitgliedstaat geltenden Verpflichtungen – nicht angemessen sind.

(82)

Gruppenabwicklungskonzepte sollten eine koordinierte Abwicklung erleichtern, wodurch für alle Unternehmen einer Gruppe am ehesten das bestmögliche Ergebnis erzielt werden dürfte. Deshalb sollten die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden Gruppenabwicklungskonzepte vorschlagen und diese dem Abwicklungskollegium vorlegen. Abwicklungsbehörden, die mit einem Gruppenabwicklungskonzept nicht einverstanden sind oder unabhängige Abwicklungsmaßnahmen ergreifen wollen, sollten der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und den anderen von dem Gruppenabwicklungskonzept betroffenen Abwicklungsbehörden die Gründe für ihren Standpunkt sowie die Einzelheiten etwaiger unabhängiger Abwicklungsmaßnahmen mitteilen, die sie zu ergreifen beabsichtigen. Eine Behörde, die beschließt, von dem Gruppenabwicklungskonzept abzuweichen, sollte den potenziellen Auswirkungen dieses Abweichens auf Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in den Mitgliedstaaten, in denen sich die anderen Abwicklungsbehörden befinden, sowie den potenziellen Folgen dieses Abweichens auf andere Teile der Gruppe gebührend Rechnung tragen.

(83)

Zur Gewährleistung eines koordinierten Vorgehens auf Gruppenebene sollten die Abwicklungsbehörden gehalten sein, im Rahmen eines Gruppenabwicklungskonzepts auf Unternehmen der Gruppe, die die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllen, das gleiche Instrument anzuwenden. Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden sollten daher befugt sein, das Instrument des Brückenunternehmens auf Gruppenebene anzuwenden, um eine gesamte Gruppe zu stabilisieren, und Eigentumstitel an Tochterunternehmen auf das Brückenunternehmen zu übertragen, damit diese Tochterunternehmen unter angemessenen Marktbedingungen entweder als Paket oder einzeln weiter veräußert werden können. Darüber hinaus sollten die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden befugt sein, das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf Ebene des Mutterunternehmens anzuwenden.

(84)

Eine wirksame Abwicklung international tätiger Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und -unternehmensgruppen erfordert die Zusammenarbeit zwischen den Abwicklungsbehörden in Mitgliedstaaten und Drittländern. Zu diesem Zweck sollte die EIOPA, sofern dies aufgrund der vorliegenden Situation gerechtfertigt ist, befugt sein, gemäß Artikel 33 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 nicht bindende Rahmenvereinbarungen über die Zusammenarbeit mit Drittlandsbehörden auszuarbeiten und zu schließen. Aus demselben Grund sollte es nationalen Behörden gestattet sein, im Einklang mit den von der EIOPA geschlossenen Rahmenvereinbarungen über die Zusammenarbeit bilaterale Vereinbarungen mit Drittlandsbehörden zu schließen. Durch die Ausarbeitung solcher bilateralen Vereinbarungen sollte eine wirksame Planung, Entscheidungsfindung und Koordinierung im Hinblick auf solche international tätigen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sichergestellt werden. Damit für gleiche Wettbewerbsbedingungen gesorgt wird, sollten solche bilateralen Vereinbarungen auf Gegenseitigkeit beruhen, wobei Abwicklungsbehörden die Verfahren jeweils anderer Abwicklungsbehörden anerkennen und durchsetzen, sofern keine Ausnahme gilt, aufgrund deren eine Anerkennung von Abwicklungsverfahren von Drittländern abgelehnt werden kann.

(85)

Abwicklungsbehörden sollten sowohl in Bezug auf Tochterunternehmen von in der Union oder in Drittländern niedergelassenen Gruppen als auch in Bezug auf Zweigniederlassungen von in der Union oder in Drittländern niedergelassenen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen zusammenarbeiten. Tochterunternehmen von in Drittländern niedergelassenen Gruppen sind in der Union niedergelassene Unternehmen und unterliegen daher uneingeschränkt dem Unionsrecht, einschließlich der Anwendung jeglicher Abwicklungsinstrumente. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch weiterhin das Recht haben, in Bezug auf Zweigniederlassungen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in Drittländern tätig zu werden, wenn die Anerkennung der Abwicklungsverfahren des Drittlands und ihre Anwendung auf eine Zweigniederlassung die Realwirtschaft oder die Finanzstabilität in der Union gefährden würde oder Versicherungsnehmer in der Union keine Gleichbehandlung mit Versicherungsnehmern in Drittländern genießen würden. Unter den genannten Umständen sollten die Mitgliedstaaten das Recht haben, nach Konsultation ihrer jeweiligen Abwicklungsbehörden die Anerkennung von Abwicklungsverfahren von Drittländern abzulehnen.

(86)

Die Umsetzung dieser Richtlinie sollte kein Hindernis dafür sein, dass neben dem Sanierungs- und Abwicklungsrahmen gleichzeitig nationale Sicherungssysteme für Versicherungen bestehen, unabhängig davon wie diese nationalen Sicherungssysteme für Versicherungen finanziert werden. Die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und -befugnissen auf ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen sollte kein Hindernis dafür sein, dass Versicherungsnehmer, Begünstigte und andere Anspruchsberechtigte eine Entschädigung über diese nationalen Sicherungssysteme erhalten.

(87)

Die EIOPA sollte die Konvergenz der Praktiken von Abwicklungsbehörden fördern, indem sie Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 herausgibt. Darin sollte sie insbesondere Folgendes darlegen: a) weitere Einzelheiten zu den Kriterien für die Anwendung vereinfachter Anforderungen auf bestimmte Unternehmen; b) verschiedene Szenarien für die präventiven Sanierungspläne und eine Liste der mindestens erforderlichen qualitativen und quantitativen Indikatoren; c) die Kriterien für die Ermittlung kritischer Funktionen; d) weitere Aspekte und Kriterien für die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit; e) die Einzelheiten der Maßnahmen zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit sowie die Umstände, unter denen die einzelne Maßnahme angewendet werden kann; und f) die Art und Weise, wie Informationen für die Zwecke der Geheimhaltungspflichten in zusammengefasster oder allgemeiner Form bereitgestellt werden sollten.

(88)

Technische Standards für den Finanzdienstleistungssektor sollten eine konsistente Harmonisierung und einen angemessenen Schutz von Versicherungsnehmern, Anlegern und Verbrauchern in der gesamten Union fördern. Da die EIOPA über hochgradig spezialisiertes Fachwissen verfügt, wäre es sinnvoll und angemessen, ihr die Aufgabe zu übertragen, Entwürfe für technische Regulierungs- und Durchführungsstandards, die keine politischen Entscheidungen erfordern, auszuarbeiten und der Kommission vorzulegen.

(89)

Die Kommission sollte – soweit in dieser Richtlinie vorgesehen – im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV von der EIOPA im Einklang mit den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 ausgearbeitete Entwürfe technischer Regulierungsstandards erlassen, in denen Folgendes festgelegt wird: a) die Kriterien, aufgrund deren ein Unternehmen einer präventiven Sanierungsplanung unterworfen wird, die Methoden zur Bestimmung der Marktanteile für die Zwecke der Sanierungsplanung und die Informationen, die in den präventiven Sanierungsplänen enthalten sein müssen; b) der Inhalt der Abwicklungspläne sowie der Inhalt der Gruppenabwicklungspläne; c) verschiedene Bewertungselemente, einschließlich der Umstände, unter denen eine Person für die Zwecke der Durchführung einer Bewertung als unabhängig gilt, der Methoden zur Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Abwicklung, der Trennung verschiedener Bewertungen, der Methode zur Berechnung des in vorläufige Bewertungen aufzunehmenden Puffers für zusätzliche Verluste, der Methoden und Grundsätze der Bewertung von aus Derivaten entstehenden Verbindlichkeiten sowie der Methode zur Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung; d) der Inhalt der Vertragsklauseln, die in dem Recht eines Drittlands unterliegenden Finanzkontrakten aufzunehmen sind; e) die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien. Die Kommission sollte – soweit in dieser Richtlinie vorgesehen – im Wege von Durchführungsrechtsakten gemäß Artikel 291 AEUV von der EIOPA im Einklang mit Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 ausgearbeitete Entwürfe technischer Durchführungsstandards erlassen, in denen die Verfahren, der Umfang und eine Mindestauswahl an Standardformularen und Mustern für die Bereitstellung der für die Zwecke von Abwicklungsplänen und die Mitwirkung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens erforderlichen Informationen festgelegt werden.

(90)

Die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (9), die Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (10) und die Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) enthalten Vorschriften zum Schutz der Anteilsinhaber und Gläubiger von Unternehmen, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinien fallen. In Fällen, in denen Abwicklungsbehörden rasch handeln müssen, könnten diese Vorschriften wirksame Abwicklungsmaßnahmen und eine wirksame Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und -befugnissen durch die Abwicklungsbehörden behindern. Deshalb sollten die Ausnahmeregelungen der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (12) und der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) auf Maßnahmen ausgeweitet werden, die im Zusammenhang mit der Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ergriffen werden. Um für alle Beteiligten größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollten diese Ausnahmen klar definiert und eng gefasst sein und nur in Anspruch genommen werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt und die für eine Abwicklung erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

(91)

Um allen betreffenden Behörden einen angemessenen Informationsaustausch und einen angemessenen Zugang zu Informationen zu ermöglichen, muss sichergestellt werden, dass die Abwicklungsbehörden in allen einschlägigen Gremien vertreten sind und dass die EIOPA über das Fachwissen verfügt, das für die Wahrnehmung der Aufgaben im Zusammenhang mit der Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen erforderlich ist. Deshalb sollte die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 dahin geändert werden, dass Abwicklungsbehörden als zuständige Behörden im Sinne der genannten Verordnung benannt werden. Eine solche Gleichsetzung von Abwicklungsbehörden und zuständigen Behörden steht im Einklang mit der der EIOPA in Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 übertragenen Aufgabe, zur Entwicklung und Abstimmung von Sanierungs- und Abwicklungsplänen beizutragen und sich aktiv daran zu beteiligen.

(92)

Es muss sichergestellt werden, dass Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die Personen, die die Geschäfte dieser Unternehmen tatsächlich kontrollieren, sowie ihre Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgane ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Abwicklung solcher Unternehmen nachkommen. Ebenso muss sichergestellt werden, dass diese Unternehmen, die Personen, die deren Geschäfte tatsächlich kontrollieren, sowie ihre Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgane unionsweit einer ähnlichen Behandlung unterliegen. Die Mitgliedstaaten sollten daher verpflichtet werden, verwaltungsrechtliche Sanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen vorzusehen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Diese verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen sollten in Bezug auf die Adressaten, die bei der Anwendung einer solchen verwaltungsrechtlichen Sanktion oder einer anderen Verwaltungsmaßnahme zu berücksichtigenden Kriterien, die Bekanntmachung verwaltungsrechtlicher Sanktionen oder anderer Verwaltungsmaßnahmen, die wesentlichen Sanktionierungsbefugnisse sowie in Bezug auf die Höhe der von den Verwaltungen verhängten Geldbußen bestimmte grundlegende Anforderungen erfüllen. Die EIOPA sollte unter strenger Einhaltung des Berufsgeheimnisses eine zentrale Datenbank betreiben, in der alle ihr von den Aufsichtsbehörden und den Abwicklungsbehörden gemeldeten verwaltungsrechtlichen Sanktionen, anderen Verwaltungsmaßnahmen und Informationen über Rechtsmittel erfasst werden.

(93)

Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, Vorschriften über verwaltungsrechtliche Sanktionen oder andere Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf dem nationalen Strafrecht unterliegende Verstöße gegen diese Richtlinie festzulegen. Die Aufrechterhaltung strafrechtlicher Sanktionen anstelle von verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen gegenüber solchen Verstößen sollte jedoch nicht die Möglichkeiten der Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden einschränken oder in anderer Weise beeinträchtigen, bereits frühzeitig mit den Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, Zugang zu ihren Informationen zu erhalten und mit ihnen Informationen auszutauschen, und zwar auch dann, wenn die zuständigen Justizbehörden bereits mit der Verfolgung der betreffenden Verstöße befasst wurden.

(94)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Harmonisierung der Vorschriften und Verfahren für die Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, von den Mitgliedstaaten allein nicht in ausreichendem Maße verwirklicht werden kann, sondern sich aufgrund der möglichen unionsweiten Auswirkungen des Ausfalls eines Unternehmens besser auf Unionsebene verwirklichen lässt, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(95)

Die Aufsichtsbehörden und die Abwicklungsbehörden sollten, wenn sie aufgrund dieser Richtlinie Entscheidungen oder Maßnahmen treffen, den Auswirkungen dieser Entscheidungen und Maßnahmen auf Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in den anderen Mitgliedstaaten stets gebührend Rechnung tragen und die Bedeutung eines Tochterunternehmens oder grenzüberschreitender Tätigkeiten für Versicherungsnehmer, den Finanzsektor und die Wirtschaft des Mitgliedstaats, in dem dieses Tochterunternehmen niedergelassen ist bzw. in dem diese Tätigkeiten erbracht werden, berücksichtigen, und zwar auch dann, wenn das betreffende Tochterunternehmen oder die betreffenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten für die Gruppe von geringerer Wichtigkeit sind.

(96)

Binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten dieser Richtlinie sollte die Kommission, aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen, nach Konsultation der EIOPA eine eingehendere Bewertung vornehmen und dem Europäischen Parlament und dem Rat ausführlich darüber Bericht erstatten und dabei den Schwerpunkt auf ausgewählte Aspekte der Anwendung dieser Richtlinie legen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

TITEL I

GEGENSTAND UND ANWENDUNGSBEREICH, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND BENENNUNG DER ABWICKLUNGSBEHÖRDEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   In dieser Richtlinie werden Vorschriften und Verfahren für die Sanierung und Abwicklung folgender Unternehmen festgelegt:

a)

in der Union niedergelassene Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die in den Anwendungsbereich von Artikel 2 der Richtlinie 2009/138/EG fallen;

b)

in der Union niedergelassene Mutterversicherungs- und -rückversicherungsunternehmen;

c)

in der Union niedergelassene Versicherungsholdinggesellschaften und gemischte Finanzholdinggesellschaften;

d)

Mutterversicherungsholdinggesellschaften in einem Mitgliedstaat und gemischte Mutterfinanzholdinggesellschaften in einem Mitgliedstaat;

e)

Unions-Mutterversicherungsholdinggesellschaften und gemischte Unions-Mutterfinanzholdinggesellschaften;

f)

in einem Drittland niedergelassene Zweigniederlassungen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die die Bedingungen der Artikel 75 bis 80 erfüllen.

In der vorliegenden Richtlinie werden ferner Vorschriften und Verfahren festgelegt, die für Anbieter wesentlicher Dienstleistungen gelten, wenn das betreffende Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen abgewickelt wird.

Bei der Festlegung und Anwendung der Anforderungen dieser Richtlinie und bei der Anwendung der einzelnen ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente auf ein in Unterabsatz 1 oder Unterabsatz 2 genanntes Unternehmen berücksichtigen die Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden die Art der Geschäftstätigkeiten dieses Unternehmens, seine Beteiligungsstruktur, seine Rechtsform, sein Risikoprofil, seine Größe, seinen Rechtsstatus und seine Verflechtung mit anderen Instituten oder dem Finanzsystem im Allgemeinen sowie den Umfang und die Komplexität seiner Tätigkeiten.

(2)   Die Mitgliedstaaten können Vorschriften erlassen oder beibehalten, die strenger als die in dieser Richtlinie und den auf ihrer Grundlage erlassenen delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten vorgesehenen Vorschriften sind oder zu diesen sind hinzukommen, vorausgesetzt, dass diese Vorschriften allgemein gelten und nicht im Widerspruch zu dieser Richtlinie und den auf ihrer Grundlage erlassenen delegierten Rechtsakten oder Durchführungsrechtsakten stehen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Abwicklung“ die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder eines Instruments nach Artikel 26 Absatz 7, um ein oder mehrere Abwicklungsziele nach Artikel 18 Absatz 2 zu erreichen;

2.

„Versicherungsunternehmen“ ein Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG;

3.

„Rückversicherungsunternehmen“ ein Rückversicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 4 der Richtlinie 2009/138/EG;

4.

„Versicherungsholdinggesellschaft“ eine Versicherungsholdinggesellschaft im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2009/138/EG;

5.

„gemischte Finanzholdinggesellschaft“ eine gemischte Finanzholdinggesellschaft im Sinne von Artikel 2 Nummer 15 der Richtlinie 2002/87/EG;

6.

„Mutterversicherungsholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat“ eine Versicherungsholdinggesellschaft, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und kein Tochterunternehmen eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, einer Versicherungsholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft ist, das bzw. die in demselben Mitgliedstaat zugelassen ist oder errichtet wurde;

7.

„Unions-Mutterversicherungsholdinggesellschaft“ eine Mutterversicherungsholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat, die kein Tochterunternehmen eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, einer anderen Versicherungsholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft ist, das bzw. die in einem Mitgliedstaat zugelassen ist oder errichtet wurde;

8.

„gemischte Mutterfinanzholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat“ eine gemischte Finanzholdinggesellschaft, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen ist und selbst kein Tochterunternehmen eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, einer Versicherungsholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft ist, das bzw. die in demselben Mitgliedstaat zugelassen ist oder errichtet wurde;

9.

„gemischte Unions-Mutterfinanzholdinggesellschaft“ eine gemischte Mutterfinanzholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat, die kein Tochterunternehmen eines in einem Mitgliedstaat zugelassenen Unternehmens oder einer anderen, in einem Mitgliedstaat errichteten Versicherungsholdinggesellschaft oder gemischten Finanzholdinggesellschaft ist;

10.

„Gruppe“ eine Gruppe im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 2009/138/EG;

11.

„Abwicklungsziele“ die in Artikel 18 Absatz 2 genannten Abwicklungsziele;

12.

„Abwicklungsbehörde“ eine gemäß Artikel 3 von einem Mitgliedstaat benannte Behörde;

13.

„Aufsichtsbehörde“ eine Aufsichtsbehörde im Sinne von Artikel 13 Nummer 10 der Richtlinie 2009/138/EG;

14.

„Abwicklungsinstrument“ eines der in Artikel 26 Absatz 3 genannten Abwicklungsinstrumente;

15.

„Abwicklungsbefugnis“ eine der in den Artikeln 42 bis 54 genannten Befugnisse;

16.

„zuständige Ministerien“ die Finanzministerien oder andere Ministerien der Mitgliedstaaten, die auf nationaler Ebene je nach den nationalen Zuständigkeiten für wirtschafts-, finanz- und haushaltspolitische Entscheidungen zuständig sind und die nach Artikel 3 Absatz 7 benannt wurden;

17.

„Geschäftsleitung“ die Person oder Personen, die das Unternehmen tatsächlich leitet bzw. leiten und für das Tagesgeschäft des Unternehmens verantwortlich und diesbezüglich gegenüber dem Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan rechenschaftspflichtig ist bzw. sind;

18.

„grenzüberschreitende Gruppe“ eine Gruppe, deren einzelne Unternehmen in mehr als einem Mitgliedstaat niedergelassen sind;

19.

„außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln“ eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV – oder eine sonstige öffentliche finanzielle Unterstützung auf supranationaler Ebene, die, wenn sie auf nationaler Ebene geleistet würde, als staatliche Beihilfe gälte –, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Existenzfähigkeit, Liquidität oder Solvabilität eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens oder einer Gruppe, der ein solches Unternehmen angehört, gewährt wird;

20.

„Unternehmen der Gruppe“ oder „Unternehmen einer Gruppe“ eine juristische Person, die Teil einer Gruppe ist;

21.

„für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde“ eine für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2009/138/EG;

22.

„präventiver Sanierungsplan“ einen gemäß Artikel 5 erstellten und fortgeschriebenen präventiven Sanierungsplan;

23.

„präventiver Gruppensanierungsplan“ einen gemäß Artikel 7 erstellten und fortgeschriebenen präventiven Gruppensanierungsplan;

24.

„bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten“ bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten im Sinne von Artikel 152aa Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG;

25.

„kritische Funktionen“ von einem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen für Dritte erbrachte Tätigkeiten, Dienstleistungen oder Geschäfte, die nicht innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens oder zu vertretbaren Kosten ersetzt werden können und deren Nichterbringung aufgrund der Unfähigkeit eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf das Finanzsystem oder die Realwirtschaft in einem oder mehreren Mitgliedstaaten haben würde, darunter insbesondere die Auswirkungen infolge der Beeinträchtigung des sozialen Wohlergehens einer großen Zahl von Versicherungsnehmern, Begünstigten und Geschädigten oder infolge systemischer Störungen oder infolge des Verlusts des allgemeinen Vertrauens in die Erbringung von Versicherungsdienstleistungen;

26.

„Kerngeschäftsbereiche“ Geschäftsbereiche und damit verbundene Dienste, die für ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder eine Gruppe, der ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen angehört, wesentliche Quellen der Einnahmen, der Gewinne oder des Franchise-Werts darstellen;

27.

„Finanzierungsmechanismus“ einen Mechanismus, der von einem Mitgliedstaat gemäß Artikel 81 eingerichtet wurde, um sicherzustellen, dass die Abwicklungsbehörde die Abwicklungsinstrumente wirksam anwendet und die Abwicklungsbefugnisse wirksam ausübt;

28.

„Eigenmittel“ Eigenmittel im Sinne von Artikel 87 der Richtlinie 2009/138/EG;

29.

„Abwicklungsmaßnahme“ eine Entscheidung gemäß Artikel 19 oder Artikel 20 über die Abwicklung eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens, die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer oder mehrerer Abwicklungsbefugnisse;

30.

„Abwicklungsplan“ einen gemäß Artikel 9 erstellten Abwicklungsplan für ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen;

31.

„Gruppenabwicklung“

a)

entweder Abwicklungsmaßnahmen auf der Ebene eines Mutterunternehmens oder eines der Gruppenaufsicht unterliegenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder

b)

die Koordinierung der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen durch Abwicklungsbehörden in Bezug auf Unternehmen der Gruppe;

32.

„Gruppenabwicklungsplan“ einen gemäß den Artikeln 10 und 11 erstellten Plan für eine Gruppenabwicklung;

33.

„für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde“ die Abwicklungsbehörde in dem Mitgliedstaat, in dem sich die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde befindet;

34.

„Gruppenabwicklungskonzept“ einen gemäß Artikel 73 für die Zwecke einer Gruppenabwicklung ausgearbeiteten Plan;

35.

„Abwicklungskollegium“ ein gemäß Artikel 70 eingerichtetes Kollegium;

36.

„Europäisches Abwicklungskollegium“ ein gemäß Artikel 71 eingerichtetes Kollegium;

37.

„gemischte Versicherungsholdinggesellschaft“ eine gemischte Versicherungsholdinggesellschaft im Sinne von Artikel 212 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 2009/138/EG;

38.

„reguläre Insolvenzverfahren“ Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Liquidators oder Verwalters zur Folge haben und nach nationalem Recht üblicherweise auf Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Anwendung finden, sei es speziell auf die betroffenen Unternehmen oder generell auf natürliche oder juristische Personen;

39.

„Schuldtitel“ Anleihen und andere Formen übertragbarer Schuldtitel, Instrumente, mit denen eine Schuld begründet oder anerkannt wird, und Instrumente, die einen Anspruch auf den Erwerb von Schuldtiteln begründen;

40.

„Versicherungsforderung“ eine Versicherungsforderung im Sinne von Artikel 268 Absatz 1 Buchstabe g der Richtlinie 2009/138/EG;

41.

„Mutterunternehmen“ ein Mutterunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 15 der Richtlinie 2009/138/EG;

42.

„Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen“ den Rechtsrahmen, der durch die Artikel 107, 108 und 109 AEUV sowie durch alle aufgrund von Artikel 108 Absatz 4 oder Artikel 109 AEUV erlassenen Verordnungen und sonstigen Unionsrechtsakte, einschließlich Leitlinien, Mitteilungen und Bekanntmachungen, vorgegeben wird;

43.

„Liquidation“ die Verwertung von Vermögenswerten eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens;

44.

„Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten“ den Mechanismus für die Durchführung einer Übertragung von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens gemäß Artikel 30 durch eine Abwicklungsbehörde auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft;

45.

„Vermögensverwaltungsgesellschaft“ eine juristische Person, die die in Artikel 30 Absatz 2 genannten Anforderungen erfüllt;

46.

„Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung“ den Mechanismus für die Ausübung der Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse gemäß Artikel 35 durch eine Abwicklungsbehörde in Bezug auf Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

47.

„Instrument der Unternehmensveräußerung“ den Mechanismus für die Durchführung einer Übertragung der von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegebenen Anteile bzw. anderen Eigentumstitel oder der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens auf einen Erwerber, bei dem es sich nicht um ein Brückenunternehmen handelt, gemäß Artikel 31 durch eine Abwicklungsbehörde;

48.

„Brückenunternehmen“ eine juristische Person, die die Anforderungen nach Artikel 32 Absatz 2 erfüllt;

49.

„Instrument des Brückenunternehmens“ den Mechanismus für die Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln, die von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegeben wurden, oder von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Brückenunternehmens gemäß Artikel 32 auf ein Brückenunternehmen;

50.

„Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements“ den Mechanismus, mit dem einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen der Abschluss neuer Versicherungs- oder Rückversicherungsverträge untersagt wird und die Tätigkeiten eines solchen Unternehmens bis zur Beendigung seiner Tätigkeiten und dessen Liquidation im regulären Insolvenzverfahren gemäß Artikel 27 auf die ausschließliche Verwaltung seines bestehenden Portfolios beschränkt werden;

51.

„Eigentumstitel“ Anteile, andere Instrumente zur Übertragung von Eigentumsrechten, Instrumente, die in Anteile oder Eigentumstitel umgewandelt werden können oder ein Recht auf den Erwerb von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln begründen, und Instrumente, die einen Rechtsanspruch auf Anteile oder andere Eigentumstitel darstellen;

52.

„Anteilseigner“ einen Inhaber von Eigentumstiteln;

53.

„Übertragungsbefugnisse“ die in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe e oder f genannten Befugnisse, Anteile, andere Eigentumstitel, Schuldtitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten – auch in beliebiger Kombination – von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen auf einen übernehmenden Rechtsträger zu übertragen;

54.

„zentrale Gegenpartei“ (CCP) eine CCP im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (14).

55.

„Derivat“ ein Derivat im Sinne von Artikel 2 Nummer 5 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012;

56.

„Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse“ die in Artikel 35 Absatz 2 und Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben g bis k genannten Befugnisse;

57.

„besicherte Verbindlichkeit“ eine Verbindlichkeit, bei der der Anspruch des Gläubigers auf Zahlung oder auf eine andere Form der Leistung durch ein Pfand oder pfandrechtsähnliches Zurückbehaltungsrecht oder durch eine Sicherungsvereinbarung abgesichert ist, einschließlich Verbindlichkeiten aus Pensionsgeschäften und anderen Sicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung;

58.

„Tier 1 Instrumente“ Basiseigenmittelbestandteile, die die in Artikel 94 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Bedingungen erfüllen;

59.

„Tier 2 Instrumente“ Basiseigenmittelbestandteile und ergänzende Eigenmittelbestandteile, die die in Artikel 94 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Bedingungen erfüllen;

60.

„Tier 3 Instrumente“ Basiseigenmittelbestandteile und ergänzende Eigenmittelbestandteile, die die in Artikel 94 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Bedingungen erfüllen;

61.

„berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten“ die Verbindlichkeiten und Kapitalinstrumente, die nicht als Tier 1, Tier 2 oder Tier 3 Instrumente eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens gelten und die nicht gemäß Artikel 35 Absätze 5 bis 8 vom Anwendungsbereich des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung ausgenommen sind;

62.

„Sicherungssystem für Versicherungen“ ein von einem Mitgliedstaat offiziell anerkanntes System, das durch Beiträge von Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder Versicherungsnehmern finanziert wird und die teilweise oder vollständige Zahlung von berücksichtigungsfähigen Versicherungsforderungen an berechtigte Versicherungsnehmer, versicherte Parteien und Begünstigte gewährleistet oder die Kontinuität von Versicherungspolicen sicherstellt, wenn ein Versicherungsunternehmen nicht in der Lage ist oder voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seinen aus Versicherungsverträgen erwachsenden Verpflichtungen und Zusagen nachzukommen;

63.

„relevante Kapitalinstrumente“ Tier 1, Tier 2 oder Tier 3 Instrumente;

64.

„Umwandlungsquote“ den Faktor, der die Zahl der Anteile oder anderen Eigentumstitel bestimmt, in die eine Verbindlichkeit einer spezifischen Kategorie unter Bezugnahme entweder auf ein einziges Instrument dieser Kategorie oder auf eine bestimmte Einheit des Werts einer Schuld umgewandelt wird;

65.

„betroffener Gläubiger“ einen Gläubiger, dessen Forderung sich auf eine Verbindlichkeit bezieht, die durch die Ausübung der Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse im Zuge der Verwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung gekürzt oder in Anteile oder andere Eigentumstitel umgewandelt wird;

66.

„übernehmender Rechtsträger“ den Rechtsträger, auf den Anteile, sonstige Eigentumstitel, Schuldtitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten – auch in beliebiger Kombination – eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens übertragen werden;

67.

„Geschäftstag“ jeden Tag außer Samstag, Sonntag und gesetzlichen Feiertagen in dem betreffenden Mitgliedstaat;

68.

„Kündigungsrecht“ das Recht, einen Vertrag zu kündigen, das Recht auf vorzeitige Fälligstellung, Glattstellung, Aufrechnung oder Saldierung von Verbindlichkeiten oder eine ähnliche Bestimmung, die gestattet oder bewirkt, dass eine Verpflichtung einer Vertragspartei ausgesetzt oder geändert wird oder erlischt, oder eine Bestimmung, durch die eine normalerweise entstehende vertragliche Verpflichtung nicht mehr entstehen kann;

69.

„in Abwicklung befindliches Unternehmen“ ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen, gegenüber dem eine Abwicklungsmaßnahme ergriffen wird;

70.

„oberstes Mutterunternehmen“ ein Mutterunternehmen in einem Mitgliedstaat einer Gruppe, das gemäß Artikel 213 Absatz 2 Buchstabe a oder b der Richtlinie 2009/138/EG der Gruppenaufsicht unterliegt und kein Tochterunternehmen eines anderen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, einer Versicherungsholdinggesellschaft oder einer gemischten Finanzholdinggesellschaft ist, das bzw. die in einem Mitgliedstaat zugelassen ist oder errichtet wurde;

71.

„Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen“ ein Drittland-Versicherungsunternehmen oder ein Drittland-Rückversicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummern 3 und 6 der Richtlinie 2009/138/EG;

72.

„Drittlandsabwicklungsverfahren“ eine nach dem Recht eines Drittlands vorgesehene Maßnahme zur Handhabung des Ausfalls eines Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmens oder eines Drittland-Mutterunternehmens, die in ihren Zielen und zu erwartenden Ergebnissen mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Abwicklungsmaßnahmen vergleichbar ist;

73.

„Unions-Zweigniederlassung eines Drittlandsunternehmens“ eine in einem Mitgliedstaat befindliche Zweigniederlassung eines Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmens;

74.

„einschlägige Drittlandsbehörde“ eine Drittlandsbehörde, die Funktionen wahrnimmt, die mit den von Abwicklungsbehörden oder Aufsichtsbehörden aufgrund dieser Richtlinie wahrgenommenen Funktionen vergleichbar sind;

75.

„Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung“ eine Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (15);

76.

„Saldierungsvereinbarung“ eine Vereinbarung, der zufolge eine Reihe von Forderungen oder Verpflichtungen in eine einzige Nettoforderung umgewandelt werden kann, einschließlich Close-Out-Saldierungsvereinbarungen, bei denen bei Eintreten eines (gleich wie und gleich wo definierten) Durchsetzungsereignisses die Verpflichtungen der Parteien vorzeitig fällig werden oder beendet werden, und in eine einzige Nettoforderung umgewandelt oder durch eine solche ersetzt werden; hierunter fallen auch die „Aufrechnung infolge Beendigung“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n Ziffer i der Richtlinie 2002/47/EG und die „Aufrechnung“ im Sinne von Artikel 2 Buchstabe k der Richtlinie 98/26/EG;

77.

„Aufrechnungsvereinbarung“ eine Vereinbarung, der zufolge zwei oder mehrere Forderungen oder Verpflichtungen zwischen dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen und einer Gegenpartei gegeneinander aufgerechnet werden können;

78.

„Finanzkontrakte“ Finanzkontrakte im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 100 der Richtlinie 2014/59/EU;

79.

„Krisenpräventionsmaßnahme“ die Ausübung von Befugnissen zur Anweisung eines Unternehmens, Unzulänglichkeiten oder Hindernisse für die Sanierungsfähigkeit gemäß Artikel 6 Absatz 5 der vorliegenden Richtlinie zu beseitigen, die Ausübung von Befugnissen zum Abbau oder zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit gemäß Artikel 15 bzw. 16 der vorliegenden Richtlinie, die Anwendung von Maßnahmen gemäß Artikel 137, Artikel 138 Absätze 3 und 5, Artikel 139 Absatz 3 und Artikel 140 der Richtlinie 2009/138/EG und die Anwendung einer Präventivmaßnahme gemäß Artikel 141 der Richtlinie 2009/138/EG;

80.

„Krisenmanagementmaßnahme“ eine Abwicklungsmaßnahme oder die Bestellung eines Sonderverwalters nach Artikel 44 oder einer Person nach Artikel 54 Absatz 1;

81.

„benannte nationale makroprudenzielle Behörde“ die Behörde, die mit der Durchführung der makroprudenziellen Politik nach Empfehlung B Nummer 1 der Empfehlung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. Dezember 2011 zu dem makroprudenziellen Mandat der nationalen Behörden (ESRB/2011/3) betraut ist;

82.

„geregelter Markt“ einen geregelten Markt im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 21 der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (16);

83.

„Kreditinstitut“ ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (17);

84.

„Wertpapierfirma“ eine Wertpapierfirma im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013;

85.

„kleines und nicht komplexes Unternehmen“ ein kleines und nicht komplexes Unternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 10a der Richtlinie 2009/138/EG;

86.

„Anbieter wesentlicher Dienstleistungen“ ein Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen wie IT-Dienste, Versorgungsdienste sowie Anmietung, Bewirtschaftung und Instandhaltung von Gebäuden bereitstellt, die zur Fortführung des Geschäftsbetriebs eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder zur Gewährleistung der Kontinuität des Versicherungsschutzes erforderlich sind, und Teil derselben Gruppe wie dieses Unternehmen ist;

87.

„Tochterunternehmen“ ein Tochterunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 16 der Richtlinie 2009/138/EG;

88.

„Unions-Tochterunternehmen“ ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, das Tochterunternehmen eines Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmens oder eines Drittland-Mutterunternehmens ist;

89.

„Zweigniederlassung“ eine Zweigniederlassung im Sinne von Artikel 13 Nummer 11 der Richtlinie 2009/138/EG;

90.

„Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan“ ein Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan im Sinne von Artikel 1 Nummer 43 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission (18);

91.

„Finanzkonglomerat“ ein Finanzkonglomerat im Sinne von Artikel 2 Nummer 14 der Richtlinie 2002/87/EG.

Artikel 3

Benennung der Abwicklungsbehörden und zuständigen Ministerien

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder in Ausnahmefällen mehrere Abwicklungsbehörden, die ermächtigt sind, die Abwicklungsinstrumente anzuwenden und die Abwicklungsbefugnisse auszuüben.

(2)   Abwicklungsbehörden sind die nationalen Zentralbanken, die zuständigen Ministerien, Verwaltungsbehörden oder Behörden, denen Befugnisse der öffentlichen Verwaltung übertragen wurden.

(3)   Wird eine Abwicklungsbehörde mit anderen Funktionen, einschließlich Aufsichtsfunktionen, betraut, so sind angemessene strukturelle Vorkehrungen zu treffen, um Interessenkonflikte zwischen den Funktionen der Abwicklungsbehörde gemäß dieser Richtlinie und Aufsichtsfunktionen oder sonstigen Funktionen zu vermeiden, unbeschadet der Verpflichtungen zum Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit nach Maßgabe des Absatzes 6.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass diese Vorkehrungen eine wirksame operative Unabhängigkeit gewährleisten, einschließlich einer Trennung des Personals, der Berichtswege und der Entscheidungsverfahren der Abwicklungsbehörde von sämtlichen Aufsichts- oder sonstigen Funktionen dieser Abwicklungsbehörde.

(4)   Die in Absatz 3 genannten Anforderungen schließen nicht aus,

a)

dass die Berichtswege auf der obersten Ebene oder der höheren Führungsebene einer Einrichtung, die verschiedene Funktionen oder Behörden vereint, zusammenlaufen;

b)

dass das Personal unter vorab festgelegten Bedingungen sowohl für die Abwicklungsfunktion als auch für die sonstigen Funktionen, einschließlich Aufsichtsfunktionen, eingesetzt wird, um eine zeitweise bestehende hohe Arbeitsbelastungen zu bewältigen, oder dass die Abwicklungsbehörde auf das Fachwissen des gemeinsamen Personals zurückgreifen kann.

(5)   Abwicklungsbehörden beschließen und veröffentlichen interne Vorschriften zur Verhinderung von Interessenkonflikten unter Einhaltung der in den Absätzen 3 und 4 festgelegten Anforderungen, einschließlich der Vorschriften über das Berufsgeheimnis und den Informationsaustausch zwischen den einzelnen Funktionsbereichen.

(6)   Sowohl für den Fall, dass es sich bei der Abwicklungsbehörde und der Aufsichtsbehörde um getrennte Stellen handelt, als auch für den Fall, dass die Aufsichts- und die Abwicklungsfunktionen von ein und derselben Stelle ausgeübt werden, schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass die Behörden, die diese Funktionen ausüben, und die Personen, die diese Funktionen in ihrem Namen ausüben, bei der Vorbereitung, Planung und Anwendung von Abwicklungsentscheidungen eng zusammenarbeiten.

(7)   Jeder Mitgliedstaat benennt ein einziges Ministerium als zuständiges Ministerium gemäß dieser Richtlinie. Soweit angebracht stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ein geeignetes Verfahren zur Koordinierung mit anderen einbezogenen Ministerien eingerichtet wird.

(8)   Handelt es sich bei der Abwicklungsbehörde in einem Mitgliedstaat nicht um das zuständige Ministerium, so unterrichtet die Abwicklungsbehörde das zuständige Ministerium unverzüglich über die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Entscheidungen und führt, sofern im nationalen Recht nichts anderes festgelegt ist, keine Entscheidungen mit unmittelbaren finanziellen Auswirkungen ohne die Zustimmung dieses zuständigen Ministeriums durch.

(9)   Benennt ein Mitgliedstaat mehr als eine Abwicklungsbehörde, so übermittelt er der Kommission und der EIOPA eine vollständig begründete Mitteilung hierüber, stellt eine klare Aufteilung der Funktionen und Zuständigkeiten zwischen diesen Behörden sowie eine angemessene Koordinierung zwischen ihnen sicher und benennt eine einzige Behörde als Kontaktstelle für die Zwecke der Zusammenarbeit und Koordinierung mit den einschlägigen Behörden anderer Mitgliedstaaten.

(10)   Die Mitgliedstaaten informieren die EIOPA darüber, welche nationale Behörde bzw. nationalen Behörden als Abwicklungsbehörden benannt wurde bzw. wurden, und teilen ihr gegebenenfalls die Kontaktstelle mit und informieren sie darüber, welche spezifischen Funktionen und Zuständigkeiten sie wahrnehmen. Die EIOPA veröffentlicht eine Liste der Abwicklungsbehörden und der Kontaktstellen.

(11)   Unbeschadet des Artikels 67 können die Mitgliedstaaten die Haftung der Abwicklungsbehörde, der Aufsichtsbehörde und ihres jeweiligen Personals nach nationalem Recht für ihre Handlungen und Unterlassungen im Zuge der Ausübung der ihnen mit dieser Richtlinie übertragenen Funktionen beschränken.

TITEL II

VORBEREITUNG

KAPITEL I

Präventive Sanierungsplanung und Abwicklungsplanung

Abschnitt 1

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 4

Vereinfachte Anforderungen für bestimmte Unternehmen

(1)   Unter Berücksichtigung der Auswirkungen, die der Ausfall eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens aufgrund der Art seiner Geschäftstätigkeit, seiner Beteiligungsstruktur, seiner Rechtsform, seines Risikoprofils, seiner Größe, seines Rechtsstatus, seiner Verflechtungen mit anderen regulierten Unternehmen oder dem Finanzsystem im Allgemeinen, des Umfangs und der Komplexität seiner Tätigkeiten haben könnte, sowie der Wahrscheinlichkeit, dass sein Ausfall und seine anschließende Liquidation im regulären Insolvenzverfahren erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte, auf andere Unternehmen, auf Versicherungsnehmer, auf die Finanzierungsbedingungen oder auf die Gesamtwirtschaft haben wird, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Aufsichts- und Abwicklungsbehörden festlegen, ob für bestimmte Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Gruppen in Bezug auf folgende Punkte vereinfachte Anforderungen gelten können:

a)

den Inhalt und die Einzelheiten der präventiven Sanierungspläne gemäß den Artikeln 5 bis 8 und der Abwicklungspläne gemäß den Artikeln 9 bis 12;

b)

den Zeitpunkt, bis zu dem die ersten präventiven Sanierungspläne und Abwicklungspläne zu erstellen sind, und die Häufigkeit der Aktualisierung dieser Pläne, die geringer sein kann als die in Artikel 5 Absatz 4, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 5 und Artikel 11 Absatz 3 vorgesehene Häufigkeit;

c)

den Inhalt und den Detaillierungsgrad der von den Unternehmen gemäß Artikel 5 Absatz 6, Artikel 7 Absatz 3, Artikel 10 Absatz 2 und Artikel 12 Absatz 1 verlangten Informationen;

d)

den Detaillierungsgrad der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit gemäß den Artikeln 13 und 14.

(2)   Die EIOPA veröffentlicht bis zum 29. Juli 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010, in denen die im einleitenden Teil von Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Kriterien näher bestimmt werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten schreiben den Aufsichtsbehörden bzw. den Abwicklungsbehörden vor, der EIOPA jährlich und für jeden Mitgliedstaat gesondert alle folgenden Informationen zu übermitteln:

a)

die Zahl der Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Gruppen, die der präventiven Sanierungsplanung und Abwicklungsplanung gemäß den Artikeln 5, 7, 9 und 10 unterliegen;

b)

die Zahl der Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Gruppen, die den vereinfachten Anforderungen nach Absatz 1 unterliegen;

c)

quantitative Informationen über die Anwendung der im einleitenden Teil von Absatz 1 genannten Kriterien;

d)

eine Beschreibung der vereinfachten Anforderungen, die auf der Grundlage der im einleitenden Teil von Teil 1 genannten Kriterien angewandt wurden, im Vergleich zu den vollständigen Anforderungen verbunden mit Angaben zum Volumen an Kapitalanforderungen, der Prämieneinnahmen, der versicherungstechnischen Rückstellungen und der Vermögenswerte, jeweils gemessen als prozentualer Anteil am Gesamtvolumen der Kapitalanforderungen, Prämieneinnahmen, der versicherungstechnischen Rückstellungen und der Vermögenswerte der Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen der Mitgliedstaaten bzw. sämtlicher Gruppen.

(4)   Die EIOPA veröffentlicht jährlich und für jeden Mitgliedstaat gesondert die in Absatz 3 Buchstaben a bis d genannten Informationen zusammen mit einer Bewertung etwaiger Unterschiede bei der Umsetzung von Absatz 1 auf nationaler Ebene.

Abschnitt 2

Präventive Sanierungsplanung

Artikel 5

Präventive Sanierungspläne

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die nicht Teil einer Gruppe sind, die der präventiven Sanierungsplanung gemäß Artikel 7 unterliegt, und welche die in Absatz 2 oder 3 des vorliegenden Artikels festgelegten Kriterien erfüllen, einen präventiven Sanierungsplan erstellen und aktualisieren. In diesem präventiven Sanierungsplan sind die Maßnahmen enthalten, die das betreffende Unternehmen ergreifen muss, um seine Finanzlage wiederherzustellen, wenn diese sich erheblich verschlechtert hat.

Die Erstellung, Aktualisierung und Anwendung präventiver Sanierungspläne werden als Teil des Governance-Systems im Sinne von Artikel 41 der Richtlinie 2009/138/EG betrachtet.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörde Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen Anforderungen zur präventiven Sanierungsplanung in Abhängigkeit von ihrer Größe, ihrem Geschäftsmodell, ihrem Risikoprofil, ihrer Verflechtungen und ihrer Substituierbarkeit, ihrer Bedeutung für die Wirtschaft der Mitgliedstaaten, in denen sie tätig sind, und ihrer grenzüberschreitenden Tätigkeiten, insbesondere ihren bedeutenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten, vorschreibt.

Die Aufsichtsbehörden stellen sicher, dass mindestens 60 % des Lebensversicherungs- und Lebensrückversicherungsmarktes des Mitgliedstaats und mindestens 60 % seines Nichtlebensversicherungsmarktes und Nichtlebensrückversicherungsmarktes Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungsplanung gemäß diesem Artikel unterliegen, wobei der Anteil am Lebensversicherungsmarkt anhand der versicherungstechnischen Bruttorückstellungen und der Anteil am Nichtlebensversicherungsmarkt anhand der gebuchten Bruttobeiträge ermittelt wird.

Bei der Berechnung der Marktabdeckungsquote nach Unterabsatz 2 können die Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen einer Gruppe berücksichtigt werden, wenn diese Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen Teil einer Gruppe sind, deren oberstes Mutterunternehmen einen präventiven Gruppensanierungsplan erstellt und aktualisiert.

(3)   Jedes Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das einem Abwicklungsplan unterliegt, muss Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungsplanung unterliegen.

Kleine und nicht komplexe Unternehmen unterliegen nicht den Anforderungen in Bezug auf die präventive Sanierungsplanung, es sei denn, eine Aufsichtsbehörde ist der Auffassung, dass ein solches Unternehmen auf nationaler oder regionaler Ebene ein besonderes Risiko darstellt.

(4)   Die Aufsichtsbehörden stellen sicher, dass Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen ihre präventiven Sanierungspläne mindestens alle zwei Jahre aktualisieren und jedenfalls

a)

nach einer Änderung der Rechts- oder Organisationsstruktur des Unternehmens, seiner Geschäftstätigkeit oder seiner Finanzlage, die eine wesentliche Auswirkung auf den präventiven Sanierungsplan haben könnte oder eine wesentliche Änderung dieses Plans erforderlich macht;

b)

wenn eine wesentliche Änderung der Finanzlage des Unternehmens vorhersehbar wird, die sich wesentlich auf die Wirksamkeit des Plans auswirken oder anderweitig eine Überarbeitung des präventiven Sanierungsplans erforderlich machen könnte.

(5)   In den präventiven Sanierungsplänen darf nicht von der Möglichkeit des Zugangs zu einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln oder vom Erhalt einer solchen Unterstützung ausgegangen werden.

(6)   Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass präventive Sanierungspläne Folgendes enthalten:

a)

eine zusammenfassende Darstellung der wesentlichen Elemente des Plans, einschließlich wesentlicher Änderungen, die seit Vorlage des letzten Plans eingetreten sind;

b)

eine Beschreibung des Unternehmens oder der Gruppe, einschließlich einer Zusammenfassung aller wesentlichen Änderungen, die seit Vorlage des letzten Plans eingetreten sind;

c)

eine Reihe von Indikatoren nach Absatz 8;

d)

eine Beschreibung der Art und Weise, wie der präventive Sanierungsplan erstellt, aktualisiert und angewandt wird;

e)

ein Spektrum von Abhilfemaßnahmen;

f)

eine Kommunikationsstrategie;

g)

wenn das Unternehmen in den letzten zehn Jahren gegen die in Titel I Kapitel VI Abschnitt 4 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegte Solvenzkapitalanforderung verstoßen und einen Sanierungsplan gemäß Artikel 138 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG vorgelegt hat, diesen Sanierungsplan sowie eine Bewertung der Maßnahmen, die ergriffen wurden, um die Einhaltung der Solvenzkapitalanforderung durch das Unternehmen wiederherzustellen.

(7)   Die Mitgliedstaaten verpflichten die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen dazu, Glaubwürdigkeit und Durchführbarkeit ihrer präventiven Sanierungspläne, insbesondere im Hinblick auf die in Absatz 8 genannte Reihe von Indikatoren und Abhilfemaßnahmen, anhand einer Reihe von Szenarien erheblicher makroökonomischer und finanzieller Belastung zu bewerten, die für die spezifischen Bedingungen des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens relevant sind, die systemweite Ereignisse, idiosynkratische Belastungsereignisse mit wahrscheinlich wesentlichen Auswirkungen auf ihr Aktiva-Passiva-Profil sowie Kombinationen solcher Belastungsereignisse einschließen.

(8)   Die Mitgliedstaaten verpflichten die Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen dazu, sicherzustellen, dass ihre präventiven Sanierungspläne eine Reihe qualitativer und quantitativer Indikatoren enthalten, mit deren Hilfe festgestellt wird, wann Abhilfemaßnahmen geprüft oder ergriffen werden sollten. Diese Indikatoren können unter anderem Kriterien umfassen, die sich auf Kapital, Liquidität, Qualität der Vermögenswerte, Rentabilität, Marktbedingungen, makroökonomische Bedingungen und operationelle Ereignisse beziehen. Indikatoren für die Kapitalposition umfassen zumindest Verstöße gegen die Solvenzkapitalanforderung nach Titel I Kapitel VI Abschnitt 4 der Richtlinie 2009/138/EG.

Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass jeder Verstoß gegen die Solvenzkapitalanforderung zu angemessenen Abhilfemaßnahmen des betreffenden Unternehmens im Einklang mit dem präventiven Sanierungsplan führt.

Die Mitgliedstaaten verpflichten die Aufsichtsbehörden dazu, sicherzustellen, dass Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen geeignete Vorkehrungen für die regelmäßige Überwachung der in Unterabsatz 1 genannten Indikatoren treffen.

(9)   Beschließt ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, eine in seinem präventiven Sanierungsplan enthaltene Abhilfemaßnahme zu ergreifen oder von einer solchen Abhilfemaßnahme abzusehen, obwohl ein in Absatz 8 Unterabsatz 1 genannter Indikator erfüllt ist, so teilt es dies der Aufsichtsbehörde unverzüglich mit.

(10)   Das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan eines in Absatz 1 genannten Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens bewertet und genehmigt den präventiven Sanierungsplan, bevor es ihn der Aufsichtsbehörde zur Überprüfung vorlegt.

(11)   Die EIOPA gibt bis zum 29. Januar 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 heraus, in denen Folgendes näher bestimmt wird:

a)

in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken die in Absatz 7 des vorliegenden Artikels genannte Reihe von Szenarien;

b)

die in Absatz 8 des vorliegenden Artikels genannten qualitativen und quantitativen Indikatoren.

(12)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um Folgendes näher zu bestimmen:

a)

die in Absatz 2 Unterabsatz 1 genannten Kriterien, insbesondere für die grenzüberschreitenden Tätigkeiten;

b)

die Methoden zur Ermittlung der Marktanteile nach Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3;

c)

die Informationen, die ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen in den präventiven Sanierungsplan aufzunehmen hat, einschließlich der in Absatz 6 Buchstabe e genannten Abhilfemaßnahmen und deren Umsetzung.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2026 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 6

Überprüfung und Bewertung der präventiven Sanierungspläne durch die Aufsichtsbehörden

(1)   Die Aufsichtsbehörden überprüfen innerhalb von neun Monaten nach Vorlage eines präventiven Sanierungsplans diesen Plan und bewerten, inwieweit er die in Artikel 5 festgelegten Anforderungen sowie folgende weitere Anforderungen erfüllt:

a)

Die Anwendung der in dem Plan vorgeschlagenen Regelungen ist mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, die Überlebensfähigkeit und die Finanzlage des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen;

b)

der Plan und die darin enthaltenen spezifischen Optionen können in finanziellen Belastungsszenarien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zügig und wirksam umgesetzt werden;

c)

der Plan und die darin enthaltenen spezifischen Optionen können mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu beitragen, erhebliche negative Auswirkungen auf das Finanzsystem so weit wie möglich zu vermeiden, und zwar auch in Szenarien, die anderen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen Anlass geben würden, im selben Zeitraum präventive Sanierungspläne durchzuführen.

(2)   Die Aufsichtsbehörden übermitteln den Abwicklungsbehörden sämtliche präventiven Sanierungspläne, die bei ihnen eingehen. Innerhalb der in Absatz 1 festgelegten Frist können die Abwicklungsbehörden den präventiven Sanierungsplan im Hinblick auf darin enthaltene Maßnahmen prüfen, die sich nachteilig auf die Abwicklungsfähigkeit des betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens auswirken können, und der Aufsichtsbehörde diesbezüglich Empfehlungen geben.

(3)   Bei Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen mit bedeutenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten übermittelt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats auf deren Ersuchen den präventiven Sanierungsplan. Die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats kann den präventiven Sanierungsplan im Hinblick auf darin enthaltene Maßnahmen prüfen, die sich nachteilig auf Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft oder die Finanzstabilität in ihrem Mitgliedstaat auswirken können, und kann der Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats diesbezüglich Empfehlungen geben. Die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats legt eine begründete Antwort zu ihrer Entscheidung vor, den Empfehlungen zu folgen oder nicht zu folgen. Berücksichtigt die Aufsichtsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats die Empfehlungen der Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats nicht angemessen, so kann die Aufsichtsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats die Angelegenheit gemäß Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 an die EIOPA verweisen.

(4)   Gelangt eine Aufsichtsbehörde nach Prüfung des präventiven Sanierungsplans zu der Einschätzung, dass dieser wesentliche Unzulänglichkeiten aufweist oder dass seiner Durchführung wesentliche Hindernisse entgegenstehen, so teilt sie dem betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen den Inhalt ihrer Bewertung mit und fordert das betreffende Unternehmen auf, innerhalb von zwei Monaten einen überarbeiteten Plan vorzulegen, in dem dargelegt wird, wie diese Unzulänglichkeiten bzw. Hindernisse beseitigt werden. Auf Ersuchen des betreffenden Unternehmens kann die Frist von zwei Monaten mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde um einen Monat verlängert werden.

Bevor ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen dazu aufgefordert wird, einen überarbeiteten präventiven Sanierungsplan vorzulegen, gibt die Aufsichtsbehörde dem Unternehmen die Möglichkeit, zu dieser Anforderung Stellung zu nehmen.

Ist die Aufsichtsbehörde der Auffassung, dass die Unzulänglichkeiten und Hindernisse mit dem überarbeiteten Plan nicht angemessen beseitigt wurden, kann sie das Unternehmen anweisen, bestimmte Änderungen an dem Plan vorzunehmen.

(5)   Legt das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen keinen überarbeiteten präventiven Sanierungsplan vor oder gelangt die Aufsichtsbehörde zu dem Schluss, dass die in ihrer ursprünglichen Bewertung festgestellten Unzulänglichkeiten oder Hindernisse mit dem überarbeiteten präventiven Sanierungsplan nicht in angemessener Weise behoben werden, und können die Unzulänglichkeiten oder Hindernisse durch die Anweisung, bestimmte Änderungen an dem Plan vorzunehmen, nicht angemessen beseitigt werden, so fordert die Aufsichtsbehörde das Unternehmen auf, innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens Änderungen zu ermitteln, die es an seiner Geschäftstätigkeit vornehmen kann, um die Unzulänglichkeiten des präventiven Sanierungsplans oder die Hindernisse für seine Durchführung zu beseitigen.

Ermittelt das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen innerhalb des von der Aufsichtsbehörde vorgegebenen Zeitrahmens keine solchen Änderungen oder gelangt die Aufsichtsbehörde zu der Einschätzung, dass die Unzulänglichkeiten oder Hindernisse mit den von dem Unternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen nicht angemessen beseitigt würden, so kann die Aufsichtsbehörde das Unternehmen mit einer begründeten Entscheidung anweisen, Maßnahmen zu treffen, die die Aufsichtsbehörde – unter Berücksichtigung der Schwere der Unzulänglichkeiten und Hindernisse und der Auswirkungen der Maßnahmen auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens – als erforderlich und verhältnismäßig betrachtet.

Diese Entscheidung wird dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen schriftlich mitgeteilt und kann Gegenstand von Rechtsmitteln sein.

Artikel 7

Präventive Gruppensanierungspläne

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde befugt ist, vorzuschreiben, dass das oberste Mutterunternehmen einer Gruppe einen präventiven Gruppensanierungsplan erstellt und der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde vorlegt.

Präventive Gruppensanierungspläne bestehen aus einem präventiven Sanierungsplan für die gesamte Gruppe unter der Führung des obersten Mutterunternehmens. Im präventiven Gruppensanierungsplan werden Abhilfemaßnahmen angegeben, deren Durchführung auf Ebene des obersten Mutterunternehmens und auf Ebene der einzelnen Tochterunternehmen erforderlich sein kann, um ihre Finanzlage wiederherzustellen, wenn diese sich erheblich verschlechtert hat.

Die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde schreibt das in Unterabsatz 1 genannte Erfordernis auf der Grundlage der in Artikel 5 Absatz 2 oder 3 genannten Kriterien vor.

(2)   Der präventive Gruppensanierungsplan enthält Abhilfemaßnahmen, die in einem für die Gruppe oder ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen der Gruppe angenommenen Belastungsszenarium eine Stabilisierung der Gruppe oder eines einzelnen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens der Gruppe bewirken können, um gegen die Ursachen der Belastung anzugehen oder diese zu beseitigen und die Finanzlage der Gruppe oder des Unternehmens, das Teil der betreffenden Gruppe ist, wiederherzustellen, wobei gleichzeitig der Finanzlage anderer Unternehmen der Gruppe Rechnung zu tragen ist.

Der präventive Gruppensanierungsplan enthält Vorkehrungen zur Gewährleistung der Koordinierung und Einheitlichkeit der verhältnismäßigen Maßnahmen, die auf Ebene der Gruppe und der Unternehmen der Gruppe zu ergreifen sind.

(3)   Der präventive Gruppensanierungsplan und sämtliche Pläne, die für einzelne Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen erstellt werden, werden gemäß Artikel 5 Absätze 5 bis 8 erstellt und gemäß Artikel 5 Absatz 4 aktualisiert.

Gemäß Artikel 5 Absatz 8 Unterabsatz 3 werden geeignete Vorkehrungen für die regelmäßige Überwachung der Indikatoren getroffen.

Der präventive Gruppensanierungsplan enthält Angaben zu möglichen Hindernissen für die Durchführung von Abhilfemaßnahmen innerhalb der Gruppe, einschließlich Hindernissen auf Ebene der einzelnen vom Plan erfassten Unternehmen, sowie Angaben zu möglichen wesentlichen Hindernissen praktischer oder rechtlicher Art, die einer umgehenden Übertragung von Eigenmitteln, der Rückzahlung von Verbindlichkeiten oder der Rückerstattung von Vermögenswerten innerhalb der Gruppe entgegenstehen.

(4)   Die Aufsichtsbehörden können Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen oder die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c und d genannten Unternehmen verpflichten, präventive Sanierungspläne zu erstellen und vorzulegen, wenn kein präventiver Gruppensanierungsplan vorliegt.

(5)   Gelangt betreffende Aufsichtsbehörde zu der Bewertung, dass ein Unternehmen angesichts seiner Bedeutung in dem betreffenden Mitgliedstaat und der Verpflichtungen, denen vergleichbare Unternehmen in diesem Mitgliedstaat unterliegen, in dem präventiven Gruppensanierungsplan nicht ausreichend berücksichtigt wird, so kann sie die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde auf der Grundlage einer mit Gründen versehenen Stellungnahme ersuchen, das oberste Mutterunternehmen oder die Versicherungsholdinggesellschaft an der Spitze zu verpflichten, einen überarbeiteten präventiven Gruppensanierungsplan vorzulegen, in dem die von der betreffenden Aufsichtsbehörde geäußerten Bedenken berücksichtigt werden. Wurde ein überarbeiteter präventiver Gruppensanierungsplan vorgelegt und gelangt die betreffende Aufsichtsbehörde zu der Bewertung, dass dieser überarbeitete Plan ihren Bedenken nicht ausreichend Rechnung trägt, so kann sie die betreffenden Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen oder die betreffenden in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c und d genannten Unternehmen dazu verpflichten, einen präventiven Sanierungsplan zu erstellen und vorzulegen. In diesem Fall übermittelt die Aufsichtsbehörde der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu dieser Bewertung. Anschließend legt sie der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde den präventiven Sanierungsplan vor.

(6)   Die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde übermittelt unter der Voraussetzung, dass die in Artikel 66 festgelegten Geheimhaltungspflichten eingehalten werden, die präventiven Gruppensanierungspläne an

a)

die EIOPA;

b)

die zuständigen Aufsichtsbehörden, die gemäß Artikel 248 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG Mitglieder des Kollegiums der Aufsichtsbehörden sind oder daran teilnehmen;

c)

die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde;

d)

die Abwicklungsbehörden der Tochterunternehmen;

e)

die gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannte zuständige Abwicklungsbehörde und die zuständige Behörde im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, wenn es sich bei der Gruppe um ein Finanzkonglomerat handelt oder die Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats ist.

(7)   Das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des Unternehmens, das den präventiven Gruppensanierungsplan nach Absatz 1 oder den präventiven Sanierungsplan nach Absatz 4 oder 5 erstellt, bewertet und genehmigt den betreffenden Plan, bevor es ihn der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde oder gegebenenfalls der Aufsichtsbehörde zur Überprüfung vorlegt.

(8)   Bei der Erstellung präventiver Sanierungspläne kann ein Unions-Tochterunternehmen alle Gruppenpläne zur präventiven Sanierung berücksichtigen, die von den Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen oder, soweit anwendbar, von Drittland-Mutterunternehmen, deren Tochterunternehmen es ist, erstellt wurden.

Artikel 8

Überprüfung und Bewertung der präventiven Gruppensanierungspläne durch die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde

(1)   Die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde überprüft nach Konsultation der zuständigen Aufsichtsbehörden, die Mitglieder des in Artikel 248 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Kollegiums der Aufsichtsbehörden sind oder daran teilnehmen, den präventiven Gruppensanierungsplan und bewertet, inwieweit er den in Artikel 7 festgelegten Anforderungen und Kriterien genügt. Die Bewertung erfolgt nach dem in Artikel 6 und im vorliegenden Artikel festgelegten Verfahren und innerhalb der in Artikel 6 Absatz 1 festgelegten Frist, wobei die potenziellen Auswirkungen der Abhilfemaßnahmen auf Versicherungsnehmer, auf die Realwirtschaft und auf die Finanzstabilität in allen Mitgliedstaaten, in denen die Gruppe tätig ist, zu berücksichtigen sind.

(2)   Die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde bemüht sich, im Kollegium der Aufsichtsbehörden, das gemäß Artikel 248 der Richtlinie 2009/138/EG eingerichtet wurde, zu einer gemeinsamen Entscheidung nach Artikel 17 der vorliegenden Richtlinie zu gelangen über:

a)

die Überprüfung und Bewertung des präventiven Gruppensanierungsplans;

b)

die Frage, ob für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, die Teil der Gruppe sind, gemäß Artikel 7 Absatz 4 oder 5 der vorliegenden Richtlinie ein präventiver Sanierungsplan auf Einzelunternehmensbasis zu erstellen ist;

c)

die Anwendung der in Artikel 6 Absätze 4 und 5 der vorliegenden Richtlinie genannten Maßnahmen.

Abschnitt 3

Abwicklungsplanung

Artikel 9

Abwicklungspläne

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden nach Konsultation der Aufsichtsbehörde für jedes Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das nicht Teil einer Gruppe ist, die der Abwicklungsplanung gemäß den Artikeln 10 und 11 unterliegt, und das die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels festgelegten Kriterien erfüllt, einen eigenen Abwicklungsplan erstellen. Der Abwicklungsplan enthält die Abwicklungsmaßnahmen, die die Abwicklungsbehörde treffen kann, wenn das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt.

(2)   Die Abwicklungsbehörden erstellen Abwicklungspläne für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, bei denen es ihrer Bewertung nach im Vergleich zu anderen Unternehmen in ihrem Zuständigkeitsbereich wahrscheinlicher ist, dass eine Abwicklungsmaßnahme bei Ausfall des betreffenden Unternehmens im öffentlichen Interesse gemäß Artikel 19 Absatz 5 liegt, oder die nach der Bewertung der Behörden eine kritische Funktion erfüllen. Bei diesen Bewertungen werden mindestens die Notwendigkeit, die Abwicklungsziele zu erreichen, sowie die Größe, das Geschäftsmodell, das Risikoprofil, die Verflechtungen, die Substituierbarkeit und insbesondere die grenzüberschreitenden Tätigkeiten des Unternehmens berücksichtigt.

Auf der Grundlage der in Unterabsatz 1 genannten Bewertung stellen die Abwicklungsbehörden sicher, dass mindestens 40 % des Lebensversicherungsmarktes und Lebensrückversicherungsmarktes des Mitgliedstaats und 40 % seines Nichtlebensversicherungsmarktes und Nichtlebensrückversicherungsmarktes der Abwicklungsplanung unterliegen, wobei der Anteil am Lebensversicherungsmarkt anhand der versicherungstechnischen Bruttorückstellungen und der Anteil am Nichtlebensversicherungsmarkt anhand der gebuchten Bruttobeiträge ermittelt wird. Bei der Berechnung der Marktabdeckungsquote können die Tochterunternehmen einer Gruppe berücksichtigt werden, wenn diese Tochterunternehmen in dem Gruppenabwicklungsplan erfasst sind.

Kleine und nicht komplexe Unternehmen unterliegen nicht den Anforderungen in Bezug auf die Abwicklungsplanung, es sei denn, die Abwicklungsbehörde ist der Auffassung, dass ein solches Unternehmen auf nationaler oder regionaler Ebene ein besonderes Risiko darstellt.

(3)   Bei Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen mit bedeutenden grenzüberschreitenden Tätigkeiten übermitteln die Abwicklungsbehörden des Herkunftsmitgliedstaats den Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden des Aufnahmemitgliedstaats den Entwurf des Abwicklungsplans. Die Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden des Aufnahmemitgliedstaats können den Entwurf des Abwicklungsplans im Hinblick auf darin enthaltene Maßnahmen prüfen, die sich nachteilig auf die Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft oder die Finanzstabilität in ihrem Mitgliedstaat auswirken könnten, und können der Abwicklungsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats Empfehlungen zu diesen Fragen unterbreiten. Die Abwicklungsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats legt eine begründete Antwort zu ihrer Entscheidung vor, den Empfehlungen zu folgen oder nicht. Berücksichtigt die Abwicklungsbehörde des Herkunftsmitgliedstaats die Empfehlungen der Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats nicht angemessen, so kann die Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde des Aufnahmemitgliedstaats die Angelegenheit gemäß Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 an die EIOPA verweisen.

(4)   Bei der Festlegung der Optionen für die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und -befugnissen werden in den Abwicklungsplänen einschlägige Abwicklungsszenarien berücksichtigt, einschließlich des Szenariums, in dem der Ausfall des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens idiosynkratischer Natur ist, und des Szenariums, in dem der Ausfall zu Zeiten allgemeiner finanzieller Instabilität oder systemweiter Ereignisse eintritt.

In den Abwicklungsplänen wird von keiner außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln – außer der etwaigen Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder Finanzierungsmechanismen – ausgegangen.

(5)   Abwicklungsbehörden überprüfen Abwicklungspläne und aktualisieren sie erforderlichenfalls mindestens alle zwei Jahre und jedenfalls

a)

nach jeder wesentlichen Änderung der Rechts- oder Organisationsstruktur des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, seiner Geschäftstätigkeit oder seiner Finanzlage, die sich wesentlich auf die Wirksamkeit des Plans auswirken könnte oder in sonstiger Weise eine Änderung des Abwicklungsplans erforderlich machen würde;

b)

wenn eine wesentliche Änderung der Finanzlage des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens vorhersehbar wird, die sich wesentlich auf die Wirksamkeit des Plans auswirken oder anderweitig eine Überarbeitung des Abwicklungsplans erforderlich machen könnte.

Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen sowie Aufsichtsbehörden teilen den Abwicklungsbehörden unverzüglich alle Ereignisse mit, die eine Überarbeitung oder Aktualisierung des Abwicklungsplans erforderlich machen.

(6)   Unbeschadet des Artikels 4 sind in den Abwicklungsplänen Optionen für die Anwendung der Abwicklungsinstrumente und die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen in Bezug auf das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen darzulegen. Die Abwicklungspläne enthalten, sofern angemessen und möglich in quantifizierter Form, alles Folgende:

a)

eine zusammenfassende Darstellung der Hauptbestandteile des Plans;

b)

eine zusammenfassende Darstellung der seit Vorlage der letzten abwicklungsrelevanten Informationen eingetretenen wesentlichen Veränderungen innerhalb des Unternehmens;

c)

Ausführungen dazu, wie kritische Funktionen und Kerngeschäftsbereiche im erforderlichen Umfang rechtlich und wirtschaftlich von anderen Funktionen getrennt werden könnten, um ihre Fortführung nach einem Ausfall des Unternehmens sicherzustellen;

d)

eine Beschreibung der Vermögenswerte, die voraussichtlich als Sicherheit anerkannt werden könnten;

e)

eine Schätzung des Zeitrahmens für die Durchführung jedes wesentlichen Aspekts des Plans;

f)

eine detaillierte Darstellung der nach Artikel 13 vorgenommenen Bewertung der Abwicklungsfähigkeit, einschließlich der Bewertung der Durchführbarkeit und Glaubwürdigkeit der Liquidation im regulären Insolvenzverfahren;

g)

eine Beschreibung etwaiger nach Artikel 15 verlangter Maßnahmen zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit, die im Rahmen der nach Artikel 13 vorgenommenen Bewertung festgestellt wurden;

h)

eine Erläuterung der Finanzierungsmöglichkeiten für die Abwicklungsoptionen, wobei von keiner außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln – außer der etwaigen Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder Finanzierungsmechanismen – ausgegangen wird;

i)

eine detaillierte Beschreibung der verschiedenen Abwicklungsstrategien, die in den unterschiedlichen Szenarien und dem entsprechenden Zeitrahmen angewandt werden könnten;

j)

Erläuterungen zu kritischen wechselseitigen Abhängigkeiten;

k)

eine Analyse der Auswirkungen des Abwicklungsplans für die Mitarbeiter des Unternehmens, einschließlich einer Bewertung damit verbundener Kosten, und eine Beschreibung der vorgesehenen Verfahren zur Anhörung des Personals während des Abwicklungsprozesses, gegebenenfalls unter Berücksichtigung nationaler Systeme für den Dialog mit Sozialpartnern;

l)

einen Plan für die Kommunikation mit den Medien und der Öffentlichkeit;

m)

eine Beschreibung der wesentlichen Prozesse und Systeme zur Fortführung des Geschäftsbetriebs des Unternehmens;

n)

gegebenenfalls Stellungnahmen des Unternehmens zu dem Abwicklungsplan.

Die zusammenfassende Darstellung der Hauptbestandteile des Plans wird dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen offengelegt.

(7)   Die Abwicklungsbehörde übermittelt die Abwicklungspläne mit allen Änderungen an die betreffenden Aufsichtsbehörden.

(8)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um den Inhalt des Abwicklungsplans näher zu bestimmen.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2026 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

(9)   Die EIOPA gibt bis zum 29. Januar 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 heraus, in denen die Kriterien für die Ermittlung kritischer Funktionen näher bestimmt werden.

Artikel 10

Gruppenabwicklungspläne

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden befugt sind, Gruppenabwicklungspläne für Gruppen, die der Abwicklungsplanung unterliegen, auf der Grundlage der in Artikel 9 Absatz 2 festgelegten Bedingungen zu erstellen.

(2)   Im Gruppenabwicklungsplan

a)

werden die Abwicklungsmaßnahmen dargelegt, die in Bezug auf jedes Unternehmen zu treffen sind, wenn zur Gewährleistung der Kontinuität kritischer Funktionen Maßnahmen erforderlich sind;

b)

wird geprüft, in welchem Umfang die Abwicklungsinstrumente angewandt und Abwicklungsbefugnisse koordiniert ausgeübt werden könnten, und werden mögliche Hindernisse für eine koordinierte Abwicklung angegeben;

c)

werden, sofern einer Gruppe Unternehmen angehören, die in Drittländern eingetragen sind, geeignete Regelungen für die Zusammenarbeit und Koordinierung mit den jeweiligen Behörden dieser Drittländer und die Auswirkungen für die Abwicklung innerhalb der Union angegeben;

d)

werden Maßnahmen, einschließlich einer rechtlichen und wirtschaftlichen Trennung bestimmter Funktionen oder Geschäftsbereiche, angegeben, die erforderlich sind, um unter Berücksichtigung gegenseitiger Abhängigkeiten innerhalb der Gruppe eine Abwicklung auf Gruppenebene zu erleichtern;

e)

werden für Gruppenabwicklungsmaßnahmen verfügbare Finanzierungsquellen angegeben und – falls die Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder Finanzierungsmechanismen erforderlich wäre – Grundsätze für die Aufteilung der Finanzierungsverantwortung zwischen Finanzierungsquellen in mehreren Mitgliedstaaten dargelegt, wobei von keiner außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln ausgegangen wird;

f)

werden die in Artikel 9 Absatz 6 genannten Elemente aufgeführt.

(3)   Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde übermittelt die Gruppenabwicklungspläne mit allen Änderungen an die betreffenden Aufsichtsbehörden und, sofern es sich bei der Gruppe um ein Finanzkonglomerat handelt oder die Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats ist, an die gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannte zuständige Abwicklungsbehörde und die zuständige Behörde im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013.

(4)   Die Abwicklungsbehörden können für Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen oder für die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c und d genannten Unternehmen Abwicklungspläne erstellen, sofern kein Gruppenabwicklungsplan vorliegt.

(5)   Bei der Erstellung von Abwicklungsplänen können die Abwicklungsbehörden von Unions-Tochterunternehmen die Abwicklungsstrategie berücksichtigen, die von den betreffenden Drittlandsbehörden für die Gruppen verfolgt wird, für die diese Abwicklungsbehörden zuständig sind.

Hält die Abwicklungsbehörde eine solche Abwicklungsstrategie für glaubwürdig und durchführbar, so kann sie dieser Abwicklungsstrategie und ihren möglichen Folgen für das betreffende Unions-Tochterunternehmen in ihrem Abwicklungsplan angemessen Rechnung tragen. Dies darf die Erreichung der Abwicklungsziele nach Artikel 18 nicht gefährden.

(6)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen unter Berücksichtigung der Vielfalt der Geschäftsmodelle von Gruppen im Binnenmarkt der Inhalt von Gruppenabwicklungsplänen festgelegt wird.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2026 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 11

Anforderungen und Verfahren für Gruppenabwicklungspläne

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass oberste Mutterunternehmen der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde die Informationen übermitteln, die nach Artikel 12 verlangt werden können. Diese Informationen betreffen das oberste Mutterunternehmen und, soweit erforderlich, jedes Unternehmen der Gruppe, einschließlich der in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b bis e genannten Unternehmen.

Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde übermittelt unter der Voraussetzung, dass die in dieser Richtlinie festgelegten Geheimhaltungspflichten eingehalten werden, die nach Maßgabe dieses Absatzes bereitgestellten relevanten Informationen an

a)

die EIOPA;

b)

die Abwicklungsbehörden, die Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind;

c)

die zuständigen Aufsichtsbehörden, die gemäß Artikel 248 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG Mitglieder des Kollegiums der Aufsichtsbehörden sind oder daran teilnehmen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden in Abwicklungskollegien gemeinsam mit den in Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b genannten Abwicklungsbehörden und nach Konsultation der betreffenden Aufsichtsbehörden, die Mitglieder des in Artikel 248 Absatz 3 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Kollegiums der Aufsichtsbehörden sind oder daran teilnehmen, Gruppenabwicklungspläne erstellen und aktualisieren. Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden können bei der Ausarbeitung und Aktualisierung der Gruppenabwicklungspläne nach eigenem Ermessen und unter der Voraussetzung, dass sie die Geheimhaltungspflichten nach Artikel 80 der vorliegenden Richtlinie erfüllen, Abwicklungsbehörden von Drittländern einbeziehen, in denen die Gruppe Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen oder Versicherungsholdinggesellschaften oder bedeutende Zweigniederlassung gemäß Artikel 248 Absatz 8 der Richtlinie 2009/138/EG gegründet hat.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Gruppenabwicklungspläne mindestens alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls aktualisiert werden und jedenfalls

a)

nach jeder Änderung der Rechts- oder Organisationsstruktur, der Geschäftstätigkeit oder der Finanzlage der Gruppe – einschließlich jedes Unternehmens der Gruppe –, die sich wesentlich auf den Plan auswirken oder dessen Änderung erforderlich machen könnte;

b)

wenn eine wesentliche Änderung ihrer Finanzlage vorhersehbar wird, die sich wesentlich auf die Wirksamkeit des Plans auswirken oder anderweitig eine Überarbeitung des Abwicklungsplans erforderlich machen könnte.

(4)   Die Annahme des Gruppenabwicklungsplans erfolgt in Form einer in Artikel 17 genannten gemeinsamen Entscheidung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und der Abwicklungsbehörden, die für die Tochterversicherungs- und -rückversicherungsunternehmen und die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b bis e genannten Unternehmen zuständig sind.

Artikel 12

Für die Zwecke von Abwicklungsplänen und die Mitwirkung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens erforderliche Informationen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen bzw. das oberste Mutterunternehmen zu verpflichten,

a)

im nötigen Umfang bei der Erstellung von Abwicklungsplänen oder Gruppenabwicklungsplänen mitzuwirken;

b)

ihnen unmittelbar oder über die Aufsichtsbehörde alle zur Erstellung und Durchführung von Abwicklungsplänen oder Gruppenabwicklungsplänen erforderlichen Informationen zu übermitteln.

(2)   Die Aufsichtsbehörden in den betreffenden Mitgliedstaaten prüfen in Zusammenarbeit mit den Abwicklungsbehörden, ob einige oder alle der in Absatz 1 genannten Informationen bereits vorliegen, und stellen diese Informationen den betreffenden Abwicklungsbehörden zur Verfügung. Die Abwicklungsbehörden holen diese bereits vorliegenden Informationen von Aufsichtsbehörden ein, bevor sie Informationen von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen anfordern.

(3)   Die EIPOA arbeitet Entwürfe technischer Durchführungsstandards zur Festlegung von Verfahren und einer Mindestauswahl an Standardformularen und Mustern für die Bereitstellung der Informationen nach diesem Artikel und zur Festlegung des Inhalts dieser Informationen aus.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 29. Juli 2026 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die technischen Durchführungsstandards nach Unterabsatz 1 gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zu erlassen.

KAPITEL II

Abwicklungsfähigkeit

Artikel 13

Bewertung der Abwicklungsfähigkeit

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden nach Konsultation der Aufsichtsbehörde bewerten, inwieweit Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die nicht Teil einer Gruppe sind, abwicklungsfähig sind, wobei von keiner außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln – außer, sofern verfügbar und anwendbar, der Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder etwaigen Finanzierungsmechanismen – ausgegangen wird.

Ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen gilt als abwicklungsfähig, wenn es durchführbar und glaubwürdig ist, dass dieses Unternehmen im regulären Insolvenzverfahren liquidiert werden kann oder von der Abwicklungsbehörde durch Anwendung der Abwicklungsinstrumente und Ausübung der Abwicklungsbefugnisse abgewickelt werden kann.

(2)   Gelangt eine Abwicklungsbehörde zu der Einschätzung, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich sein könnte, weil die Abwicklungsziele bei einer Liquidation im regulären Insolvenzverfahren nicht im selben Umfang erreicht würden, so führt sie die folgenden aufeinanderfolgenden Schritte durch:

a)

Sie wählt eine bevorzugte Abwicklungsmaßnahme aus, die angesichts der Struktur und des Geschäftsmodells des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens geeignet ist, die Abwicklungsziele zu erreichen;

b)

sie bewertet, ob eine wirksame Anwendung der ausgewählten Abwicklungsmaßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchführbar ist, und ermittelt potenzielle Hindernisse für ihre Umsetzung;

c)

sie bewertet die Glaubwürdigkeit der ausgewählten Abwicklungsmaßnahme unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Auswirkungen der Abwicklung auf die Finanzsysteme oder die Realwirtschaft der Mitgliedstaaten oder der Union und des Schutzes der kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten, um die Kontinuität kritischer Funktionen des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu gewährleisten.

(3)   Die Abwicklungsbehörden bewerten die in Absatz 1 genannte Abwicklungsfähigkeit zum gleichen Zeitpunkt und für die Zwecke der Erstellung und Aktualisierung des Abwicklungsplans gemäß Artikel 9. Bei der in Absatz 1 genannten Bewertung prüfen die Abwicklungsbehörden mindestens die im Anhang festgelegten Dimensionen der Abwicklungsfähigkeit.

(4)   Für die Zwecke der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit können die Abwicklungsbehörden die Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen auffordern, alle erforderlichen Informationen vorzulegen.

(5)   Die EIOPA gibt bis zum 29. Januar 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 heraus, in denen die für die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen oder Gruppen gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels und Artikel 14 der vorliegenden Richtlinie zu prüfenden Aspekte und Kriterien näher bestimmt werden.

Artikel 14

Bewertung der Abwicklungsfähigkeit von Gruppen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden gemeinsam mit den für die Tochterunternehmen zuständigen Abwicklungsbehörden nach Konsultation der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde und der für diese Tochterunternehmen zuständigen Aufsichtsbehörden bewerten, inwieweit Gruppen abwicklungsfähig sind, wobei von keiner außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln – außer, sofern verfügbar und anwendbar, der Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder etwaigen Finanzierungsmechanismen – ausgegangen wird.

(2)   Eine Gruppe gilt als abwicklungsfähig, wenn es durchführbar und glaubwürdig ist, dass die Abwicklungsbehörden Unternehmen der Gruppe entweder im regulären Insolvenzverfahren liquidieren oder, sofern Unternehmen der Gruppe problemlos und zeitnah voneinander getrennt werden können, die Gruppe durch Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und Ausübung von Abwicklungsbefugnissen in Bezug auf einzelne Unternehmen der Gruppe abwickeln oder die Gruppe durch andere im nationalen Recht vorgesehene Mittel abwickeln.

Die in Artikel 70 genannten Abwicklungskollegien berücksichtigen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit der Gruppe.

(3)   Gelangt eine Abwicklungsbehörde zu der Einschätzung, dass eine Abwicklungsmaßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich sein könnte, weil die Abwicklungsziele bei einer Liquidation im regulären Insolvenzverfahren nicht im selben Umfang erreicht würden, so führt sie die folgenden aufeinanderfolgenden Schritte durch:

a)

Sie wählt bevorzugte Abwicklungsmaßnahmen aus, die angesichts der Struktur und des Geschäftsmodells der Gruppe geeignet sind, die Abwicklungsziele zu erreichen;

b)

sie bewertet, ob eine wirksame Anwendung der ausgewählten Abwicklungsmaßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durchführbar ist, und ermittelt potenzielle Hindernisse für ihre Umsetzung;

c)

sie bewertet die Glaubwürdigkeit der ausgewählten Abwicklungsmaßnahme unter Berücksichtigung der wahrscheinlichen Auswirkungen der Abwicklung auf die Finanzsysteme oder die Realwirtschaft der Mitgliedstaaten oder der Union und des Schutzes der kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten, um die Kontinuität kritischer Funktionen der Gruppe zu gewährleisten.

(4)   Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden bewerten die Abwicklungsfähigkeit von Gruppen zum gleichen Zeitpunkt und für die Zwecke der Erstellung und Aktualisierung der Gruppenabwicklungspläne gemäß Artikel 10. Die Bewertung erfolgt im Rahmen des Entscheidungsprozesses nach Artikel 11. Bei der in Absatz 1 genannten Bewertung prüfen die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden mindestens die im Anhang festgelegten Dimensionen der Abwicklungsfähigkeit.

(5)   Für die Zwecke der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit kann die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde die Unternehmen der Gruppe auffordern, alle erforderlichen Informationen vorzulegen.

Artikel 15

Befugnis zum Abbau oder zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörde es dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen und der betreffenden Aufsichtsbehörde schriftlich mitteilt, wenn sich aus der gemäß Artikel 13 oder 14 vorgenommenen Bewertung ergibt, dass wesentliche Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens bestehen.

(2)   Die Anforderung an die Abwicklungsbehörden zur Erstellung von Abwicklungsplänen und an die jeweiligen Abwicklungsbehörden, eine gemeinsame Entscheidung gemäß Artikel 17 über die in Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 11 Absatz 4 genannten Gruppenabwicklungspläne zu treffen, wird im Anschluss an die in Absatz 1 genannte Mitteilung ausgesetzt, bis die Maßnahmen zur Beseitigung der wesentlichen Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit von der Abwicklungsbehörde gemäß Absatz 3 akzeptiert oder gemäß Absatz 4 beschlossen worden sind.

(3)   Innerhalb von vier Monaten nach Erhalt einer in Absatz 1 genannten Mitteilung schlägt das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen der Abwicklungsbehörde mögliche Maßnahmen zum Abbau oder zur Beseitigung der in der Mitteilung genannten wesentlichen Hindernisse vor.

Im Zeitplan für die Durchführung dieser vom Unternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen wird den Gründen für die wesentlichen Hindernisse Rechnung getragen.

Die Abwicklungsbehörde bewertet nach Anhörung der Aufsichtsbehörde, ob diese Maßnahmen geeignet sind, die wesentlichen Hindernisse wirksam abzubauen oder zu beseitigen.

(4)   Abwicklungsbehörden, die feststellen, dass die von einem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen gemäß Absatz 3 vorgeschlagenen Maßnahmen das betreffende Hindernis nicht wirksam abbauen oder beseitigen, verpflichten das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen entweder auf direktem Wege oder indirekt über die Aufsichtsbehörde, eine der in Absatz 5 genannten alternativen Maßnahmen zu ergreifen, und teilen diese Maßnahmen dem Unternehmen schriftlich mit, das innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Mitteilung einen Plan zur Erfüllung dieser Anforderungen vorschlägt.

Bei der Festlegung alternativer Maßnahmen legen die Abwicklungsbehörden dar, weshalb die von dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen die Hindernisse für die Abwicklungsfähigkeit nicht beseitigen können und inwiefern die vorgeschlagenen alternativen Maßnahmen im Hinblick auf die Beseitigung dieser Hindernisse verhältnismäßig sind. Die Abwicklungsbehörden berücksichtigen die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Geschäftstätigkeit des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, seine Stabilität und seine Fähigkeit, einen Beitrag zur Wirtschaft zu leisten.

(5)   Für die Zwecke von Absatz 4 sind die Abwicklungsbehörden befugt, mindestens eine der folgenden alternativen Maßnahmen zu ergreifen:

a)

Vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen kann verlangt werden, innerhalb der Gruppe bestehende Finanzierungsvereinbarungen zu ändern oder deren Fehlen zu überdenken oder innerhalb der Gruppe oder mit Dritten Dienstleistungsvereinbarungen zu schließen;

b)

vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen kann verlangt werden, seine maximalen individuellen und aggregierten Risikopositionen zu begrenzen;

c)

es können spezifische oder regelmäßige zusätzliche Informationspflichten vorgesehen werden, die für Abwicklungszwecke relevant sind;

d)

vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen kann verlangt werden, bestimmte Vermögenswerte zu veräußern oder Verbindlichkeiten umzustrukturieren;

e)

vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen kann die Einschränkung oder Einstellung bestimmter bestehender oder geplanter Tätigkeiten verlangt werden;

f)

die Entwicklung neuer oder bestehender Geschäftsbereiche bzw. die Veräußerung neuer oder bestehender Produkte kann eingeschränkt oder unterbunden werden;

g)

vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen kann verlangt werden, die Rückversicherungsstrategie zu ändern;

h)

es können Änderungen der rechtlichen oder operativen Strukturen des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder eines unmittelbar oder mittelbar seiner Kontrolle unterstehenden Unternehmens der Gruppe verlangt werden, um die Komplexität zu reduzieren und dadurch sicherzustellen, dass kritische Funktionen durch Anwendung der Abwicklungsinstrumente rechtlich und operativ von anderen Funktionen getrennt werden können;

i)

vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder einem Mutterunternehmen kann verlangt werden, eine Mutterversicherungsholdinggesellschaft in einem Mitgliedstaat oder eine Unions-Mutterversicherungsholdinggesellschaft zu gründen;

j)

handelt es sich bei dem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen um ein Tochterunternehmen einer gemischten Versicherungsholdinggesellschaft, kann verlangt werden, dass die gemischte Versicherungsholdinggesellschaft zur Kontrolle des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens eine getrennte Versicherungsholdinggesellschaft errichtet, soweit dies erforderlich ist, um die Abwicklung des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens zu erleichtern und zu verhindern, dass die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen sich negativ auf die nicht im Finanzsektor operierenden Teile der Gruppe auswirken.

(6)   Vor Festlegung jeglicher in Absatz 5 genannten alternativen Maßnahmen prüft die Abwicklungsbehörde nach Konsultation der Aufsichtsbehörde gebührend die potenziellen Auswirkungen einer solchen Maßnahme auf die Solidität und Stabilität der laufenden Geschäfte des betreffenden Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens und auf den Binnenmarkt.

(7)   Für eine Mitteilung oder Entscheidung gemäß Absatz 1 oder 4 gilt Folgendes:

a)

Sie enthält die Gründe für die jeweilige Bewertung oder Feststellung;

b)

gegen sie müssen Rechtsbehelf eingelegt werden können.

Darüber hinaus wird in einer Entscheidung gemäß Absatz 4 dargelegt, inwiefern die Mitteilung oder Entscheidung dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gemäß Absatz 4 Unterabsatz 2 genügt.

(8)   Die EIOPA gibt bis zum 29. Juli 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 heraus, in denen die in Absatz 5 des vorliegenden Artikels vorgesehenen Maßnahmen und die Umstände, unter denen sie zur Anwendung gelangen können, näher bestimmt werden.

Artikel 16

Befugnis zum Abbau oder zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit: Behandlung von Gruppen

(1)   Eine für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde prüft gemeinsam mit den für die Tochterunternehmen zuständigen Abwicklungsbehörden nach Konsultation des gemäß Artikel 248 der Richtlinie 2009/138/EG eingesetzten Kollegiums der Aufsichtsbehörden die in Artikel 14 genannte Bewertung innerhalb des Abwicklungskollegiums und ergreift alle angemessenen Schritte, um zu einer in Artikel 17 genannten gemeinsamen Entscheidung über die Anwendung der gemäß Artikel 15 Absatz 4 bestimmten Maßnahmen in Bezug auf alle relevanten Unternehmen der Gruppe zu gelangen.

(2)   Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde erstellt in Zusammenarbeit mit der für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und der EIOPA gemäß Artikel 25 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 einen Bericht und legt ihn dem oberste Mutterunternehmen und den für die Tochterunternehmen zuständigen Abwicklungsbehörden vor, die ihn den Tochterunternehmen, für die sie zuständig sind, weiterleiten. In dem Bericht, der nach Anhörung der Aufsichtsbehörden ausgearbeitet wird, werden die wesentlichen Hindernisse für die wirksame Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und die wirksame Ausübung von Abwicklungsbefugnissen in Bezug auf die Gruppe analysiert. Im Bericht werden verhältnismäßige und gezielte Maßnahmen empfohlen, die nach Ansicht der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde erforderlich oder angemessen sind, um diese Hindernisse zu beseitigen, wobei die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf das Geschäftsmodell der Gruppe zu berücksichtigen sind.

(3)   Das oberste Mutterunternehmen kann innerhalb von vier Monaten nach Eingang des Berichts dazu Stellung nehmen und der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde alternative Maßnahmen zum Abbau oder zur Beseitigung der im Bericht angegebenen Hindernisse vorschlagen.

Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde bewertet nach Anhörung der für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde, ob diese Maßnahmen geeignet sind, die wesentlichen Hindernisse wirksam abzubauen oder zu beseitigen.

(4)   Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde teilt den Behörden, die Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind oder daran teilnehmen, jede vom obersten Mutterunternehmen vorgeschlagene Maßnahme mit. Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde und die für die Tochterunternehmen zuständigen Abwicklungsbehörden unternehmen nach Konsultation der Aufsichtsbehörden alles in ihrer Macht Stehende, um innerhalb des Abwicklungskollegiums zu einer in Artikel 17 genannten gemeinsamen Entscheidung hinsichtlich der Ermittlung wesentlicher Hindernisse und erforderlichenfalls hinsichtlich der Bewertung der vom obersten Mutterunternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen und der von den Behörden zum Abbau oder zur Beseitigung der Hindernisse geforderten Maßnahmen zu gelangen. Dabei berücksichtigen sie die potenziellen Auswirkungen der Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten, in denen die Gruppe tätig ist.

KAPITEL III

Gemeinsame Entscheidungen

Artikel 17

Gemeinsame Entscheidungen

(1)   Für die Gruppenaufsicht zuständige Behörden, Aufsichtsbehörden, für die Gruppenabwicklung zuständige Behörden und Abwicklungsbehörden bemühen sich, die in Artikel 8 Absatz 2, Artikel 11 Absatz 4 bzw. Artikel 16 Absatz 4 genannten gemeinsamen Entscheidungen innerhalb von vier Monaten zu treffen nach dem Tag

a)

der Übermittlung des präventiven Gruppensanierungsplans durch die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde gemäß Artikel 7 Absatz 6;

b)

der Übermittlung der in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2 genannten Informationen durch die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde;

c)

der Übermittlung jeglicher Stellungnahmen oder des Vorschlags alternativer Maßnahmen durch das oberste Mutterunternehmen, oder des Ablaufs der in Artikel 16 Absatz 3 genannten Frist, je nachdem, welcher Zeitpunkt früher liegt.

Die EIOPA kann die für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörden, Aufsichtsbehörden, für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden und Abwicklungsbehörden auf Antrag einer Aufsichtsbehörde oder einer Abwicklungsbehörde im Einklang mit Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 dabei unterstützen, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen.

(2)   Wird innerhalb der in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz genannten Frist keine gemeinsame Entscheidung über eine der folgenden Angelegenheiten getroffen, so entscheidet die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde bzw. die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde darüber selbst:

a)

die Überprüfung und Bewertung des präventiven Gruppensanierungsplans;

b)

alle Maßnahmen, die das oberste Mutterunternehmen gemäß Artikel 6 Absätze 4 und 5 zu ergreifen hat;

c)

den Gruppenabwicklungsplan;

d)

die in Artikel 16 genannten Maßnahmen.

Die Entscheidung der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde bzw. der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde ist umfassend zu begründen und trägt den Standpunkten und Vorbehalten Rechnung, die andere Aufsichts- bzw. Abwicklungsbehörden während der in Absatz 1 Unterabsatz 1 genannten Frist vorgebracht haben. Die Entscheidung wird dem obersten Mutterunternehmen und den anderen betreffenden Behörden übermittelt.

(3)   Gelangen die Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden innerhalb der in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz genannten Frist nicht zu einer gemeinsamen Entscheidung über eine der folgenden Angelegenheiten, so entscheidet jede Aufsichtsbehörde bzw. Abwicklungsbehörde eines Tochterunternehmens darüber selbst:

a)

die Frage, ob für das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das ihrer Rechtshoheit unterliegt, gemäß Artikel 8 Absatz 2 ein präventiver Sanierungsplan auf Einzelunternehmensbasis erstellt werden soll;

b)

die Anwendung der in Artikel 6 Absätze 4 und 5 genannten Maßnahmen auf Ebene der Tochterunternehmen;

c)

die Ermittlung der wesentlichen Hindernisse und erforderlichenfalls die Bewertung der vom obersten Mutterunternehmen vorgeschlagenen Maßnahmen und der von den Behörden zum Abbau oder zur Beseitigung dieser Hindernisse verlangten Maßnahmen nach Artikel 16 Absatz 1.

(4)   Liegt innerhalb der in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz dieses Artikels genannten Frist keine in Artikel 11 Absatz 4 genannte gemeinsame Entscheidung der Abwicklungsbehörden über die Annahme des Gruppenabwicklungsplans vor, entscheidet jede für ein Tochterunternehmen zuständige Abwicklungsbehörde selbst, erstellt einen Abwicklungsplan für die ihrer Rechtshoheit unterliegenden Unternehmen und aktualisiert ihn. Jede Abwicklungsbehörde teilt ihre Entscheidung den anderen Mitgliedern des Abwicklungskollegiums mit.

(5)   Jede Entscheidung von Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden gemäß den Absätzen 3 oder 4 ist umfassend zu begründen und trägt den Standpunkten und Vorbehalten der anderen Aufsichtsbehörden, Abwicklungsbehörden, für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörden oder für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden Rechnung.

(6)   Aufsichtsbehörden oder Abwicklungsbehörden, die keine Einwände gegen eine in den Absätzen 3 und 4 genannte Entscheidung erheben, können eine gemeinsame Entscheidung über einen präventiven Gruppensanierungsplan oder einen Gruppenabwicklungsplan für ihrer Rechtshoheit unterliegende Unternehmen der Gruppe treffen.

(7)   Hat bis zum Ablauf der in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz genannten Frist eine der betreffenden Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 die EIOPA mit einer Angelegenheit befasst, so stellt die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde, die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde oder die zuständige Aufsichts- bzw. Abwicklungsbehörde ihre Entscheidung nach Absatz 2, 3 und 4 des vorliegenden Artikels in Erwartung eines Beschlusses der EIOPA gemäß Artikel 19 Absatz 3 der genannten Verordnung zurück und trifft ihre Entscheidung anschließend im Einklang mit dem Beschluss der EIOPA. Die in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz dieses Artikels genannte Frist gilt als Schlichtungsphase gemäß Artikel 19 Absatz 2 der genannten Verordnung. Die EIOPA trifft ihre Entscheidung innerhalb eines Monats. Nach Ablauf der in Absatz 1 Unterabsatz 1 Einleitungssatz genannten Frist oder nach Erreichen einer gemeinsamen Entscheidung kann die EIOPA nicht mehr mit der Angelegenheit befasst werden. Trifft die EIOPA innerhalb eines Monats nach ihrer Befassung keine Entscheidung, so gilt die Entscheidung der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde, der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde bzw. der für die Gruppe oder das Tochterunternehmen auf Einzelebene zuständigen Aufsichts- oder Abwicklungsbehörde.

(8)   Die in Artikel 8 Absatz 2, Artikel 11 Absatz 4, Artikel 16 Absatz 4 und Absatz 6 des vorliegenden Artikels genannten gemeinsamen Entscheidungen sowie die in den Absätzen 2, 3 und 4 genannten Entscheidungen werden von den Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden in den betreffenden Mitgliedstaaten als endgültig anerkannt und angewandt.

(9)   Werden gemeinsame Entscheidungen gemäß Artikel 11 Absatz 4 und – in Bezug auf Gruppenabwicklungspläne – gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels getroffen und gelangt eine Abwicklungsbehörde zu der Bewertung, dass sich der Gegenstand einer Meinungsverschiedenheit bezüglich Gruppenabwicklungsplänen auf die haushaltspolitischen Zuständigkeiten des eigenen Mitgliedstaats auswirkt, leitet die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde eine Neubewertung des Gruppenabwicklungsplans ein.

TITEL III

ABWICKLUNG

KAPITEL I

Abwicklungsziele, Voraussetzungen für eine Abwicklung und allgemeine Grundsätze

Artikel 18

Abwicklungsziele

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden bei Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und bei Ausübung von Abwicklungsbefugnissen den in Absatz 2 genannten Abwicklungszielen Rechnung tragen und diejenigen Instrumente und Befugnisse auswählen, mit denen sich die für den jeweiligen Einzelfall relevanten Ziele am besten erreichen lassen.

(2)   Die Abwicklungsziele sind:

a)

der Schutz der kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer, Begünstigten und Anspruchsberechtigten;

b)

die Wahrung der Finanzstabilität, insbesondere durch Verhinderung von Ansteckung und durch Aufrechterhaltung der Marktdisziplin;

c)

die Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen;

d)

der Schutz öffentlicher Mittel durch geringere Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln.

Bei der Verfolgung des in Unterabsatz 1 Buchstabe c genannten Abwicklungsziels wählen die Abwicklungsbehörden diejenigen Ansätze in Bezug auf kritische Funktionen aus, die die Kontinuität des Versicherungsschutzes für die Versicherungsnehmer am besten wahren.

Bei der Verfolgung des in Unterabsatz 1 Buchstabe d genannten Abwicklungsziels räumen die Abwicklungsbehörden der Nutzung anderer Finanzierungsquellen als dem Haushalt der Mitgliedstaaten, einschließlich Finanzierungsmechanismen gemäß Artikel 81 und Sicherungssystemen für Versicherungen, soweit diese nach dem anwendbaren Recht für diesen Zweck zur Verfügung stehen, so weit wie möglich Vorrang ein.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sich die Abwicklungsbehörden bei der Verfolgung der Abwicklungsziele darum bemühen, die Kosten der Abwicklung möglichst gering zu halten und die Vernichtung von Werten zu vermeiden, es sei denn, dies ist zur Verwirklichung der Abwicklungsziele erforderlich.

(3)   Die Abwicklungsziele sind von gleichrangiger Bedeutung, und die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden sie je nach Art und Umständen des jeweiligen Falls angemessen abwägen.

Artikel 19

Voraussetzungen für eine Abwicklung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen nur dann treffen, wenn alle nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Abwicklungsbehörde oder die Abwicklungsbehörde hat nach Anhörung der Aufsichtsbehörde festgestellt, dass das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt;

b)

nach vernünftigem Ermessen besteht keine Aussicht, dass der Ausfall des Unternehmens innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens durch alternative Maßnahmen der Privatwirtschaft oder durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen, einschließlich präventiver und korrektiver Maßnahmen, abgewendet werden kann;

c)

eine Abwicklungsmaßnahme ist im öffentlichen Interesse erforderlich.

(2)   Ergreift eine Abwicklungsbehörde eine Abwicklungsmaßnahme, so erlässt die Aufsichtsbehörde bis zur Beendigung dieser Abwicklungsmaßnahme keine Maßnahmen in Bezug auf das in Abwicklung befindliche Unternehmen, es sei denn, die Abwicklungsbehörde stimmt diesen Maßnahmen zu.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden nach Konsultation der Aufsichtsbehörde über die erforderlichen Instrumente verfügen, um die Feststellung gemäß Absatz 1 Buchstabe a treffen zu können, wozu insbesondere ein angemessener Zugang zu allen relevanten Informationen gehört. Die Aufsichtsbehörde stellt der Abwicklungsbehörde unverzüglich alle einschlägigen Informationen zur Verfügung, die diese zur Vornahme ihrer Bewertung anfordert.

(4)   Ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen gilt als ausfallend oder wahrscheinlich ausfallend, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt:

a)

Das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen verstößt oder verstößt wahrscheinlich gegen die in Titel I Kapitel VI Abschnitt 5 der Richtlinie 2009/138/EG genannte Mindestkapitalanforderung, und es besteht nach vernünftigem Ermessen keine Aussicht darauf, dass es diese Anforderung wieder einhalten wird;

b)

das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen erfüllt die Zulassungsvoraussetzungen nicht mehr oder verstößt in schwerwiegender Weise gegen seine Verpflichtungen aus den Rechts- und Verwaltungsvorschriften, denen es unterliegt, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass das Unternehmen seine Verpflichtungen in naher Zukunft ernstlich in einer Weise verletzt, die den Entzug der Zulassung rechtfertigen würde;

c)

Die Vermögenswerte des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens unterschreiten die Höhe seiner Verbindlichkeiten, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird.

d)

das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ist nicht in der Lage, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten, einschließlich Zahlungen an Versicherungsnehmer oder Begünstigte, bei Fälligkeit zu begleichen, oder es liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass sich das Unternehmen in naher Zukunft in einer solchen Situation befinden wird;

e)

es bedarf einer außerordentlichen finanziellen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln.

(5)   Für die Zwecke von Absatz 1 Buchstabe c ist eine Abwicklungsmaßnahme als im öffentlichen Interesse liegend zu betrachten, wenn sie für die Erreichung eines oder mehrerer der Abwicklungsziele erforderlich und mit Blick auf diese Ziele verhältnismäßig ist und wenn diese Ziele bei einer Liquidation des Unternehmens im regulären Insolvenzverfahren, einschließlich durch Inanspruchnahme von auf dieses Unternehmen anwendbaren Sicherungssystemen für Versicherungen, sofern die Voraussetzungen für ein reguläres Insolvenzverfahren erfüllt sind, nicht im selben Umfang erreicht würden.

Artikel 20

Voraussetzungen für eine Abwicklung in Bezug auf Mutterunternehmen und Holdinggesellschaften

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b bis e genannte Unternehmen ergreifen können, wenn das Unternehmen die in Artikel 19 Absatz 1 festgelegten Voraussetzungen entsprechend erfüllt.

(2)   Werden die Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen einer gemischten Versicherungsholdinggesellschaft direkt oder indirekt von einer Zwischenversicherungsholdinggesellschaft gehalten, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Abwicklungsmaßnahmen für die Zwecke einer Gruppenabwicklung in Bezug auf die Zwischenversicherungsholdinggesellschaft ergriffen werden, und ergreifen keine Abwicklungsmaßnahmen für die Zwecke einer Gruppenabwicklung in Bezug auf die gemischte Versicherungsholdinggesellschaft.

(3)   Vorbehaltlich der Bestimmungen des Absatzes 2 können Abwicklungsbehörden Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c bis e genannte Unternehmen auch dann ergreifen, wenn diese Unternehmen die in Absatz 1 dieses Artikels festgelegten Bedingungen zwar nicht erfüllen, aber alle nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Ein oder mehrere Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen erfüllen die in Artikel 19 Absatz 1 festgelegten Bedingungen;

b)

die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen sind so beschaffen, dass ihr Ausfall ein anderes Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen der Gruppe oder die Gruppe als Ganzes in Gefahr bringt, oder Gruppen sind nach dem Insolvenzrecht des Mitgliedstaats als Ganzes zu behandeln;

c)

Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben c bis e genannten Unternehmen sind für die Abwicklung des Tochterversicherungs- oder -rückversicherungsunternehmen oder für die Abwicklung der Gruppe als Ganzes erforderlich.

Artikel 21

Verfahren im Falle von Unternehmen, die nicht von Abwicklungsmaßnahmen betroffen sind

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, die die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a und b festgelegten Bedingungen, aber nicht die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe c festgelegte Bedingung erfüllen, einem Liquidationsverfahren im Sinne von Artikel 268 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 2009/138/EG oder einem anderen Verfahren nach nationalem Recht unterliegen, das von den zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 268 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/138/EG eröffnet und überwacht wird, um einen geordneten Marktaustritt zu gewährleisten.

Artikel 22

Allgemeine Grundsätze für die Abwicklung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden bei der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und bei der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen alle geeigneten Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass die getroffene Abwicklungsmaßnahme im Einklang mit nachstehenden Grundsätzen erfolgt:

a)

Verluste werden zuerst von den Anteilseignern des in Abwicklung befindlichen Unternehmens getragen;

b)

nach den Anteilseignern tragen die Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Unternehmens die Verluste in der Rangfolge der Forderungen im regulären Insolvenzverfahren, sofern in dieser Richtlinie nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist;

c)

das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan und die Geschäftsleitung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens werden ersetzt, es sei denn, die vollständige oder teilweise Beibehaltung des betreffenden Organs oder der Geschäftsleitung wird für die Erreichung der Abwicklungsziele als notwendig erachtet;

d)

das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan und die Geschäftsleitung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens leisten die für die Erreichung der Abwicklungsziele erforderliche Unterstützung;

e)

natürliche und juristische Personen haften zivil- oder strafrechtlich im Rahmen ihrer Verantwortung für den Ausfall des in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

f)

Gläubiger derselben Klasse werden – vorbehaltlich anders lautender Bestimmungen dieser Richtlinie – gleichbehandelt;

g)

kein Anteilseigner oder Gläubiger hat größere Verluste zu tragen, als er im Fall einer Liquidation des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im regulären Insolvenzverfahren nach Maßgabe der Schutzbestimmungen der Artikel 55 bis 57 zu tragen gehabt hätte;

h)

die Abwicklungsmaßnahmen werden nach Maßgabe der in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutzbestimmungen getroffen.

(2)   Ist das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen Teil einer Gruppe, wenden die Abwicklungsbehörden Abwicklungsinstrumente so an und üben Abwicklungsbefugnisse so aus, dass insbesondere in den Ländern, in denen die Gruppe tätig ist, folgende Auswirkungen minimiert werden:

a)

die Auswirkungen auf andere Unternehmen der Gruppe und auf die Gruppe als Ganzes;

b)

die negativen Auswirkungen auf Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in der Union und in den Mitgliedstaaten.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen bei der Anwendung der Abwicklungsinstrumente und der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen sicher, dass diese mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen in Einklang stehen.

(4)   Bei Anwendung von Abwicklungsinstrumenten gilt das Unternehmen, auf das diese Instrumente angewandt werden, als Gegenstand eines Konkursverfahrens oder eines entsprechenden Insolvenzverfahrens im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates (19).

(5)   Bei Anwendung der Abwicklungsinstrumente und bei Ausübung von Abwicklungsbefugnissen sind die Arbeitnehmervertreter, soweit angemessen, von den Abwicklungsbehörden zu informieren und anzuhören.

(6)   Die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen durch die Abwicklungsbehörden erfolgt unbeschadet der Bestimmungen über die Vertretung der Arbeitnehmer in Leitungsorganen gemäß dem nationalen Recht oder den nationalen Gepflogenheiten.

KAPITEL II

Bewertung

Artikel 23

Bewertung für Abwicklungszwecke

(1)   Die Abwicklungsbehörden stellen sicher, dass jede Abwicklungsmaßnahme auf der Grundlage einer Bewertung erfolgt, und gewährleisten eine faire, vorsichtige und realistische Bewertung der Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Rechte und Pflichten eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens.

(2)   Bevor die Abwicklungsbehörde die Abwicklung eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens einleitet, sorgt sie für eine erste Bewertung, bei der bestimmt wird, ob die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind.

(3)   Hat die Abwicklungsbehörde die Abwicklung eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens beschlossen, sorgt sie für eine zweite Bewertung, um

a)

eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, welche Abwicklungsmaßnahme sinnvollerweise eingeleitet werden sollte;

b)

zu gewährleisten, dass zum Zeitpunkt der Anwendung der Abwicklungsinstrumente alle etwaigen Verluste dieses Unternehmens in vollem Umfang erfasst sind;

c)

eine fundierte Entscheidung über den Umfang der Löschung oder Verwässerung von Eigentumstiteln zu treffen;

d)

eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, in welchem Umfang etwaige unbesicherte Verbindlichkeiten, einschließlich Schuldtiteln, herabgeschrieben oder umgewandelt werden sollen;

e)

bei Anwendung des Instruments des Brückenunternehmens eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, welche Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Rechte und Verpflichtungen oder Eigentumstitel auf das Brückenunternehmen übertragen werden können und wie hoch die Gegenleistung sein darf, die an das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder gegebenenfalls an die Inhaber der Eigentumstitel gezahlt werden kann;

f)

bei Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung eine fundierte Entscheidung darüber zu treffen, welche Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Rechte und Verpflichtungen oder Eigentumstitel auf den erwerbenden Dritten übertragen werden können, und eine Informationsgrundlage zu schaffen, anhand derer die Abwicklungsbehörde beurteilen kann, was für die Zwecke des Artikels 31 unter kommerziellen Bedingungen zu verstehen ist.

(4)   Die in Absatz 3 genannte Bewertung muss mit Artikel 75 der Richtlinie 2009/138/EG in Einklang stehen. Diese Bewertung kann jedoch, soweit angemessen, angepasst werden, damit sie widerspiegelt, dass die Annahme, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung betreibt, nicht erfüllt ist, und damit sie den besonderen Umständen im Zusammenhang mit der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten Rechnung trägt.

(5)   Gegen die in den Absätzen 2 und 3 genannten Bewertungen kann ein Rechtsbehelf gemäß Artikel 67 nur dann eingelegt werden, wenn dieser sich auch auf die Entscheidung zur Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder zur Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bezieht.

Artikel 24

Vorgaben für die Bewertung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Artikel 23 genannten Bewertungen

a)

von einer Person vorgenommen werden, die von jeder öffentlichen Behörde und von dem in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen unabhängig ist;

b)

von der Abwicklungsbehörde vorgenommen werden, wenn sie nicht von einer unter Buchstabe a genannten Person durchgeführt werden können.

(2)   Die in Artikel 23 genannten Bewertungen sind als endgültig zu betrachten, wenn sie von einer in Absatz 1 Buchstabe a genannten Person vorgenommen werden und alle Vorgaben der Absätze 3 bis 5 erfüllt sind.

(3)   Unbeschadet des Rechtsrahmens der Union für staatliche Beihilfen stützt sich die endgültige Bewertung auf vorsichtige Annahmen und darf nicht davon ausgehen, dass ab dem Zeitpunkt, zu dem Abwicklungsmaßnahmen ergriffen werden, eine außerordentliche finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln gewährt wird.

(4)   Eine endgültige Bewertung wird durch folgende Informationen, die sich im Besitz des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens befinden, ergänzt:

a)

einen aktualisierten Jahresabschluss und eine aktualisierte wirtschaftliche Bewertung des Unternehmens im Einklang mit der Richtlinie 2009/138/EG;

b)

einen Bericht über die Finanzlage des Unternehmens, einschließlich, soweit angebracht, einer Bewertung der in Titel I Kapitel VI Abschnitt 2 der Richtlinie 2009/138/EG genannten versicherungstechnischen Rückstellungen des Unternehmens durch eine unabhängige versicherungsmathematische Funktion;

c)

jegliche zusätzlichen Informationen über Markt- und Buchwert der Vermögenswerte, der in Titel I Kapitel VI Abschnitt 2 der Richtlinie 2009/138/EG genannten versicherungstechnischen Rückstellungen und sonstiger Verbindlichkeiten des Unternehmens.

(5)   Eine endgültige Bewertung enthält Angaben zur Unterteilung der Gläubiger in Klassen entsprechend ihrem Rang nach dem anwendbaren Insolvenzrecht. Die endgültige Bewertung enthält ferner eine Schätzung der Behandlung, die jede Klasse von Anteilseignern und Gläubigern hätte erwarten können, wenn das betreffende Unternehmen im regulären Insolvenzverfahren liquidiert worden wäre.

Die in Unterabsatz 1 genannte Schätzung berührt nicht die in Artikel 56 genannte Bewertung.

(6)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, um Folgendes festzulegen:

a)

die Umstände, unter denen eine Person für die Zwecke von Absatz 1 als sowohl von der Abwicklungsbehörde als auch dem in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen unabhängig zu betrachten ist;

b)

die Methoden, anhand deren der Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens bei einer Abwicklung zu schätzen ist;

c)

die Trennung der nach den Artikeln 23 und 56 vorgenommenen Bewertungen.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2027 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 25

Vorläufige und endgültige Bewertungen

(1)   Wenn eine in Artikel 23 genannte Bewertung die in Artikel 24 Absatz 2 genannten Vorgaben nicht erfüllt, ist sie als vorläufig zu betrachten.

Vorläufige Bewertungen sehen einen Puffer für zusätzliche Verluste vor und enthalten eine angemessene Begründung für diesen Puffer.

(2)   Leitet eine Abwicklungsbehörde gestützt auf eine vorläufige Bewertung eine Abwicklungsmaßnahme ein, so sorgt sie dafür, dass so bald wie möglich eine endgültige Bewertung vorgenommen wird.

Diese Abwicklungsbehörden stellen sicher, dass die in Unterabsatz 1 genannte endgültige Bewertung

a)

die vollständige Erfassung sämtlicher Verluste des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens in seinen Büchern ermöglicht;

b)

fundierte Informationen für eine Entscheidung über die Wiederheraufschreibung der Forderungen von Gläubigern oder die Erhöhung des Werts der zu entrichtende Gegenleistung gemäß Absatz 3 liefert.

(3)   Wird der Nettovermögenswert des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens in der endgültigen Bewertung höher eingeschätzt als in der vorläufigen Bewertung, darf die Abwicklungsbehörde

a)

den Wert der herabgeschriebenen oder umstrukturierten Forderungen betroffener Gläubiger erhöhen;

b)

von einem Brückenunternehmen verlangen, dass es für die Vermögenswerte, Verbindlichkeiten, Rechte und Verpflichtungen an das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder gegebenenfalls an die Inhaber der Eigentumstitel eine weitere Gegenleistung entrichtet.

(4)   Die EIPOA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen für die Zwecke von Absatz 1 die Methode festgelegt wird, anhand deren die in vorläufige Bewertungen aufzunehmende Puffer für zusätzliche Verluste zu berechnen sind.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2027 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

KAPITEL III

Abwicklungsinstrumente

Abschnitt 1

Allgemeine Grundsätze

Artikel 26

Allgemeine Grundsätze für Abwicklungsinstrumente

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden über die Befugnisse verfügen, die erforderlich sind, um die Abwicklungsinstrumente auf ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen anzuwenden, das die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt.

(2)   Beschließt eine Abwicklungsbehörde, ein Abwicklungsinstrument auf ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen anzuwenden, und würde die Abwicklungsmaßnahme zu Verlusten für die Gläubiger und insbesondere die Versicherungsnehmer oder zu einer Umstrukturierung oder Umwandlung ihrer Forderungen führen, übt die Abwicklungsbehörde die Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Einklang mit Artikel 35 unmittelbar vor oder zeitgleich mit der Anwendung des Abwicklungsinstruments aus.

Etwaige Erlöse, die erzielt werden, nachdem alle angemessenen Ausgaben erstattet wurden, die in Verbindung mit der Anwendung der Abwicklungsinstrumente oder der Ausübung einer Abwicklungsbefugnis infolge der Anwendung eines Abwicklungsinstruments gemäß Absatz 5 ordnungsgemäß getätigt wurden, dienen zunächst der Entschädigung der Versicherungsnehmer und anderer Gläubiger des Unternehmens, soweit deren Forderungen ohne vollständige Entschädigung herabgeschrieben wurden.

Die Umwandlung berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten in Kapitalinstrumente darf nur in den Fällen auf Versicherungsforderungen angewandt werden, in denen die Abwicklungsbehörde begründet, dass die Abwicklungsziele nicht durch andere Abwicklungsinstrumente erreicht werden können oder dass die Umwandlung von Versicherungsforderungen zu einem besseren Schutz der Versicherungsnehmer führen würde als die Anwendung anderer Abwicklungsinstrumente und die Herabschreibung ihrer Forderungen.

(3)   Bei den Abwicklungsinstrumenten handelt es sich um

a)

das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements;

b)

das Instrument der Unternehmensveräußerung;

c)

das Instrument des Brückenunternehmens;

d)

das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten;

e)

das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung.

Die Abwicklungsbehörden können die Abwicklungsinstrumente einzeln oder in beliebiger Kombination anwenden, nicht jedoch im Falle des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, das nur in Verbindung mit einem anderen Abwicklungsinstrument angewandt wird.

(4)   Werden nur das Instrument der Unternehmensveräußerung und das Instrument des Brückenunternehmens angewandt, um die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens nur teilweise zu übertragen, so wird der verbleibende Teil des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b bis e genannten Unternehmens, dessen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten übertragen wurden, im regulären Insolvenzverfahren liquidiert. Diese Liquidation erfolgt innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens unter Berücksichtigung des etwaigen Erfordernisses, dass der verbleibende Teil des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b bis e genannten Unternehmens gemäß Artikel 45 Dienstleistungen erbringt oder Unterstützung leistet, um es dem übernehmenden Rechtsträger zu ermöglichen, die aufgrund der Übertragung auf ihn übergegangenen Tätigkeiten und Dienstleistungen durchzuführen, sowie jeglicher weiteren Gründe dafür, dass die Fortführung des verbleibenden Teils des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b bis e genannten Unternehmens erforderlich ist, um die Abwicklungsziele zu erreichen oder die in Artikel 22 festgelegten Grundsätze zu befolgen.

(5)   Die Abwicklungsbehörde und Finanzierungsmechanismen gemäß Artikel 81 oder die Abwicklungsbehörde im Namen eines Finanzierungsmechanismus können sich alle angemessenen Ausgaben, die in Verbindung mit der Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder der Ausübung einer Abwicklungsbefugnis ordnungsgemäß getätigt wurden, auf eine oder mehrere der folgenden Weisen erstatten lassen:

a)

als Abzug von einer vom Empfänger an das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder gegebenenfalls an die Inhaber der Anteile oder anderen Eigentumstitel entrichteten Gegenleistung und

b)

von dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen als bevorrechtigter Gläubiger;

c)

aus Erlösen, die infolge der Beendigung der Tätigkeiten des Brückenunternehmens, der Vermögensverwaltungsgesellschaft oder des im geordneten Abwicklungsmanagement befindlichen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens als bevorrechtigter Gläubiger erzielt werden.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Vorschriften des nationalen Insolvenzrechts über die Anfechtbarkeit oder Unwirksamkeit von Rechtshandlungen zum Nachteil von Gläubigern nicht für die in Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder in Ausübung einer Abwicklungsbefugnis vorgenommene Übertragung von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen auf ein anderes Unternehmen gelten.

(7)   Die Mitgliedstaaten können den Abwicklungsbehörden zusätzliche Instrumente und Befugnisse übertragen, die angewandt bzw. ausgeübt werden können, wenn ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt, sofern

a)

diese zusätzlichen Instrumente und Befugnisse bei Anwendung auf eine grenzüberschreitende Gruppe kein Hindernis für eine wirksame Gruppenabwicklung darstellen;

b)

diese Instrumente und Befugnisse im Einklang mit den Abwicklungszielen und allgemeinen Grundsätzen für die Abwicklung nach Artikel 22 stehen.

(8)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden – insofern eines oder mehrere der Abwicklungsinstrumente auf ein Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 aufgrund dessen spezifischer Rechtsform als Unternehmen auf Gegenseitigkeit oder Genossenschaft nicht anwendbar ist bzw. sind – über die Befugnisse verfügen, die erforderlich sind, um Instrumente anzuwenden, die – auch hinsichtlich ihrer Wirkung – den in Absatz 3 des vorliegenden Artikels aufgelisteten Instrumenten so ähnlich wie möglich sind.

Abschnitt 2

Das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements

Artikel 27

Das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, für das sich in Abwicklung befindliche Unternehmen ein geordnetes Abwicklungsmanagement zur Beendigung der Tätigkeiten dieses Unternehmens anzuordnen und dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen den Abschluss neuer Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte zu untersagen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass, wenn die Aufsichtsbehörde die Zulassung entzogen hat, das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, auf das das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements angewandt wurde, unmittelbar nach Anwendung dieses Instruments die in Titel I Kapitel VI Abschnitt 5 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegte Mindestkapitalanforderung erfüllt.

(3)   Hat die Aufsichtsbehörde die Zulassung entzogen, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen im Rahmen des Instruments des geordneten Abwicklungsmanagements weiterhin den allgemeinen Vorschriften und Zielen der Versicherungsaufsicht gemäß Titel I Kapitel III der Richtlinie 2009/138/EG unterliegt, bis es seine Tätigkeiten gemäß Absatz 8 des vorliegenden Artikels beendet.

(4)   Die Abwicklungsbehörden stellen sicher, dass ein im geordneten Abwicklungsmanagement befindliches Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen in der Lage ist, angemessen ausgebildetes und kompetentes Personal zu halten, um die ordnungsgemäße Fortsetzung seiner Versicherungstätigkeiten im Run-Off-Management bis zu seiner Liquidation zu gewährleisten.

(5)   Die Abwicklungsbehörden überwachen in enger Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden die Cashflows sowie die Kosten und Ausgaben eines in Abwicklung befindlichen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens, um seinen Wert und seine Marktfähigkeit zu erhalten.

(6)   Die Abwicklungsbehörden bewerten in enger Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden geplante Änderungen der Zusammensetzung der Vermögenswerte, überwachen aufmerksam Rückversicherungsvereinbarungen und verlangen mindestens vierteljährliche unabhängige versicherungsmathematische Überprüfungen der versicherungstechnischen Rückstellungen und Rücklagen.

(7)   Die Abwicklungsbehörden können bei Anwendung des Instruments des geordneten Abwicklungsmanagements jegliche Vergütungen für Eigenkapital und Instrumente, die als Eigenkapital behandelt werden, einschließlich Dividendenzahlungen, beschränken oder verbieten und können jegliche Zahlung von variablen Vergütungen und freiwilligen Rentenleistungen beschränken oder verbieten.

(8)   Die Abwicklungsbehörden treffen die Entscheidung, ein im Solvent-Run-Off-Management befindliches Unternehmen zu liquidieren, sobald unabhängig davon, was zuerst der Fall ist, einer der folgenden Fälle eintritt:

a)

alle oder im Wesentlichen alle Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten des im geordneten Abwicklungsmanagement befindlichen Unternehmens werden an einen erwerbenden Dritten veräußert;

b)

die Vermögenswerte des im geordneten Abwicklungsmanagement befindlichen Unternehmens werden vollständig liquidiert und seine Verbindlichkeiten vollständig beglichen;

(9)   Wird das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements angewandt und ist der Nettovermögenswert des im geordneten Abwicklungsmanagement befindlichen Unternehmens negativ geworden, so beurteilt die Abwicklungsbehörde, ob das Unternehmen im regulären Insolvenzverfahren liquidiert oder ein anderes Abwicklungsinstrument angewandt wird.

Wird die in Titel I Kapitel VI Abschnitt 5 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegte Mindestkapitalanforderung nicht erfüllt, so beurteilt die Abwicklungsbehörde in enger Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde, ob das Unternehmen im regulären Insolvenzverfahren liquidiert oder ein anderes Abwicklungsinstrument angewandt werden sollte.

Abschnitt 3

Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, Unternehmensveräußerung und Brückenunternehmen

Artikel 28

Grundsätze für die Anwendung der Instrumente der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, der Unternehmensveräußerung und des Brückenunternehmens

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden vorbehaltlich des Artikels 31 Absätze 5 und 6 und des Artikels 67 befugt sind, das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, das Instrument der Unternehmensveräußerung und das Instrument des Brückenunternehmens anzuwenden, ohne dass die Zustimmung der Anteilseigner des in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder eines Dritten mit Ausnahme des Erwerbers oder des Brückenunternehmens erforderlich ist und dass andere als die in Artikel 29 festgelegten Verfahrensvorschriften nach dem Gesellschaftsrecht oder Wertpapierrecht einzuhalten sind.

(2)   Vorbehaltlich des Artikels 26 Absätze 2 und 5 wird jede Gegenleistung des Erwerbers oder des Brückenunternehmens

a)

den Eigentümern der Anteile oder anderer Eigentumstitel zugeführt, wenn diese Anteile oder anderen Eigentumstitel, die von dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegeben wurden, von den Inhabern dieser Anteile oder Titel auf den Erwerber oder das Brückenunternehmen übertragen worden sind;

b)

dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen zugeführt, wenn die Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens teilweise oder vollständig auf den Erwerber oder das Brückenunternehmen übertragen worden sind.

(3)   Vorbehaltlich des Artikels 26 Absätze 2 und 5 muss jede Gegenleistung der in Artikel 30 Absatz 2 genannten Vermögensverwaltungsgesellschaft in Bezug auf die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten, die direkt vom in Abwicklung befindlichen Unternehmen erworben wurden, diesem zugutekommen. Die Gegenleistung kann in Form von Schuldtiteln erbracht werden, die von der Vermögensverwaltungsgesellschaft ausgegeben werden.

(4)   Übertragungen, die mit Hilfe des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, des Instruments der Unternehmensveräußerung oder des Instruments des Brückenunternehmens vorgenommen werden, unterliegen den Schutzbestimmungen von Titel III Kapitel V.

(5)   Die Abwicklungsbehörden können das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, das Instrument der Unternehmensveräußerung und das Instrument des Brückenunternehmens erneut nutzen, um ergänzende Übertragungen vorzunehmen, wenn dies zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich ist.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Erwerber oder Brückenunternehmen gemäß Absatz 1, soweit angebracht, die Mitglieds- und Zugangsrechte des in Abwicklung befindlichen Unternehmens in Bezug auf Zahlungs-, Clearing- und Abrechnungssysteme, Wertpapierbörsen und Sicherungssysteme für Versicherungen weiter ausüben dürfen, vorausgesetzt, dieser Erwerber oder dieses Brückenunternehmen erfüllt die Mitglieds- und Teilnahmebedingungen dieser Systeme.

Wenn nicht alle in Unterabsatz 1 aufgeführten Kriterien erfüllt sind, stellen die Mitgliedstaaten – soweit angebracht – sicher, dass

a)

die Mitgliedschaft oder Teilnahme an Zahlungs-, Clearing- und Abrechnungssystemen, Wertpapierbörsen und Sicherungssystemen für Versicherungen nicht aus dem Grund verweigert wird, dass der Erwerber oder das Brückenunternehmen kein von einer Ratingagentur erteiltes Rating besitzt oder dass dieses Rating nicht den Ratingniveaus entspricht, die für die Gewährung des Zugangs zu solchen Systemen erforderlich sind;

b)

im Falle, dass der Erwerber oder das Brückenunternehmen die Mitgliedschafts- oder Teilnahmebedingungen des Zahlungs-, Clearing- oder Abrechnungssystems, der Wertpapierbörse oder des Sicherungssystems für Versicherungen nicht erfüllen, die in Unterabsatz 1 genannten Rechte in einem von den Abwicklungsbehörden festgelegten Zeitraum von höchstens 24 Monaten, der auf Antrag des Erwerbers oder des Brückenunternehmens bei der Abwicklungsbehörde verlängert werden kann, ausgeübt werden.

(7)   Unbeschadet der Bestimmungen von Titel III Kapitel V haben Anteilseigner oder Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Unternehmens und andere Dritte, deren Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten nicht mit Hilfe des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, des Instruments der Unternehmensveräußerung oder des Instruments des Brückenunternehmens übertragen werden, keine Rechte oder Ansprüche in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten oder in Bezug auf das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan oder die Geschäftsleitung des Brückenunternehmens oder in Bezug auf die Vermögensverwaltungsgesellschaft.

Artikel 29

Verfahrensvorschriften für die Veräußerung von Unternehmen, Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten im Abwicklungsfall

(1)   Vorbehaltlich des Absatzes 3 stellen die Mitgliedstaaten in Fällen, in denen die Abwicklungsbehörden beabsichtigen, das Instrument der Unternehmensveräußerung anzuwenden oder ein Brückenunternehmen oder dessen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten zu veräußern, sicher, dass das in Abwicklung befindliche Unternehmen, das Brückenunternehmen oder die betreffenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten, Anteile oder anderen Eigentumstitel gemäß den in Absatz 2 festgelegten Anforderungen vermarktet werden. Bei Sammelrechten, -vermögen und -verbindlichkeiten kann die Vermarktung getrennt erfolgen.

(2)   Unbeschadet des Rechtsrahmens der Union für staatliche Beihilfen muss die Vermarktung nach Absatz 1 folgende Anforderungen erfüllen:

a)

Sie ist so transparent wie möglich und darf die Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten, Anteile oder anderen Eigentumstitel des Unternehmens oder Brückenunternehmens, die eine Abwicklungsbehörde zu übertragen beabsichtigt, nicht sachlich falsch darstellen;

b)

sie darf weder zu einer unzulässigen Begünstigung noch einer Benachteiligung potenzieller Erwerber führen;

c)

bei ihr müssen Interessenkonflikte ausgeschlossen sein;

d)

bei ihr darf keinem potenziellen Erwerber ein unlauterer Vorteil gewährt werden;

e)

bei ihr ist der Notwendigkeit einer raschen Durchführung der Abwicklungsmaßnahme Rechnung zu tragen;

f)

bei ihr wird, soweit möglich, angestrebt, einen möglichst hohen Verkaufspreis für die betroffenen Anteile oder anderen Eigentumstitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten zu erzielen.

Diese Anforderungen hindern die Abwicklungsbehörden nicht daran, gezielt an bestimmte potenzielle Erwerber heranzutreten.

Eine Offenlegung der Vermarktung eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens oder des Brückenunternehmens, die anderenfalls nach Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 erforderlich wäre, kann im Einklang mit Artikel 17 Absatz 4 oder 5 der genannten Verordnung aufgeschoben werden.

(3)   Die Abwicklungsbehörden können eine begründete Entscheidung erlassen, der Anforderung zur Vermarktung einer Veräußerung nicht nachzukommen, wenn sie feststellen, dass die Einhaltung der in Absatz 2 festgelegten Anforderungen eines oder mehrere der Abwicklungsziele wahrscheinlich untergraben würde.

Artikel 30

Das Instrument der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden befugt sind, Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder eines Brückenunternehmens auf eine oder mehrere Vermögensverwaltungsgesellschaften zu übertragen.

(2)   Für die Zwecke des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten ist eine Vermögensverwaltungsgesellschaft eine juristische Person, die

a)

ganz oder teilweise im Eigentum einer oder mehrerer öffentlicher Stellen steht, bei denen es sich auch um die Abwicklungsbehörde handeln kann, und von der Abwicklungsbehörde kontrolliert wird und

b)

eigens für die Übernahme bestimmter oder aller Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten eines oder mehrerer in Abwicklung befindlicher Unternehmen oder eines Brückenunternehmens errichtet wurde.

(3)   Die Vermögensverwaltungsgesellschaft verwaltet die auf sie übertragenen Portfolios mit dem Ziel, deren Wert bis zur Veräußerung oder geordneten Liquidation zu maximieren.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass beim Betrieb einer Vermögensverwaltungsgesellschaft folgende Anforderungen erfüllt werden:

a)

Die betreffende Abwicklungsbehörde hat ihre Zustimmung zu den Gründungsdokumenten der Vermögensverwaltungsgesellschaft erteilt;

b)

je nach Eigentumsstruktur der Vermögensverwaltungsgesellschaft bestellt die betreffende Abwicklungsbehörde das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan der Vermögensverwaltungsgesellschaft oder stimmt der Bestellung zu;

c)

die betreffende Abwicklungsbehörde stimmt der Vergütung der Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans zu und legt deren Zuständigkeiten fest;

d)

die betreffende Abwicklungsbehörde stimmt der Strategie und dem Risikoprofil der Vermögensverwaltungsgesellschaft zu.

(5)   Die Abwicklungsbehörden dürfen die in Absatz 1 spezifizierte Befugnis zur Übertragung von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten nur in Verbindung mit anderen Abwicklungsinstrumenten und nur in einer der folgenden Situationen ausüben:

a)

Die Liquidation der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten im regulären Insolvenzverfahren könnte aufgrund der Lage auf dem spezifischen Markt für diese Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten negative Auswirkungen auf einen oder mehrere Finanzmärkte haben;

b)

die Übertragung ist erforderlich, um die Anwendung des Instruments des geordneten Abwicklungsmanagements zu erleichtern oder das ordnungsgemäße Funktionieren des in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder eines Brückenunternehmens zu gewährleisten;

c)

die Übertragung ist erforderlich, um höchstmögliche Liquidationserlöse zu erzielen.

(6)   Bei Anwendung des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten legen die Abwicklungsbehörden im Einklang mit Artikel 23 und im Einklang mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen die Gegenleistung für die Übertragung von Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten auf die Vermögensverwaltungsgesellschaft fest. Die Gegenleistung kann einen Nominalwert oder einen negativen Wert haben.

(7)   Haben die Abwicklungsbehörden das Instrument des Brückenunternehmens angewandt, können Vermögensverwaltungsgesellschaften nach Anwendung des Instruments des Brückenunternehmens Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten vom Brückenunternehmen erwerben.

(8)   Die Abwicklungsbehörden können Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens mehr als einmal auf eine oder mehrere Vermögensverwaltungsgesellschaften übertragen und Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten von einer oder mehreren Vermögensverwaltungsgesellschaften auf das in Abwicklung befindliche Unternehmen zurückübertragen, sofern eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

a)

Die Möglichkeit einer Rückübertragung der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten ist in der Urkunde, mit der die Übertragung erfolgt ist, ausdrücklich vorgesehen;

b)

die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten sind nicht den Klassen von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten zuzurechnen, die in der Urkunde, mit der die Übertragung erfolgt ist, angegeben sind, oder sie erfüllen die dort genannten Übertragungsvoraussetzungen nicht.

In den in Unterabsatz 1 unter den Buchstaben a und b genannten Fällen kann die Rückübertragung innerhalb etwaiger Fristen und unter Einhaltung etwaiger sonstiger Bedingungen stattfinden, die in der betreffenden Urkunde für den entsprechenden Zweck festgelegt sind.

Das in Abwicklung befindliche Unternehmen ist verpflichtet, alle gemäß Unterabsatz 1 Buchstaben a und b übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten zurückzunehmen.

(9)   Die Ziele einer Vermögensverwaltungsgesellschaft bringen keinerlei Verpflichtung oder Verantwortung für Anteilseigner oder Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Unternehmens mit sich. Die Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans oder der Geschäftsleitung der Vermögensverwaltungsgesellschaft haften gegenüber diesen Anteilseignern oder Gläubigern nicht für Handlungen oder Unterlassungen in Erfüllung ihrer Pflichten, es sei denn, diese Handlungen oder Unterlassungen sind nach nationalem Recht mit grober Fahrlässigkeit oder schwerwiegendem Fehlverhalten verbunden, welche unmittelbar die Rechte dieser Anteilseigner oder Gläubiger beeinträchtigen.

Die Mitgliedstaaten können die Haftung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft und der Mitglieder ihres Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans oder ihrer Geschäftsleitung für Handlungen und Unterlassungen in Erfüllung ihrer Pflichten weiter beschränken.

Artikel 31

Das Instrument der Unternehmensveräußerung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden über die Befugnis verfügen, Folgendes auf einen Erwerber, der kein Brückenunternehmen ist, zu übertragen:

a)

von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegebene Anteile oder andere Eigentumstitel;

b)

alle oder einzelne Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens.

(2)   Eine Übertragung nach Absatz 1 erfolgt zu kommerziellen Bedingungen unter Berücksichtigung der Umstände und im Einklang mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen.

Die Abwicklungsbehörden unternehmen alle geeigneten Schritte, um die Übertragung zu kommerziellen Bedingungen vornehmen zu können, die mit der nach Artikel 23 durchgeführten Bewertung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Einklang stehen.

(3)   Die Abwicklungsbehörden können die vorgenommenen Übertragungen mit Zustimmung des Erwerbers rückgängig machen, wenn dies aufgrund der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt ist. Das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder die ursprünglichen Eigentümer sind verpflichtet, übertragene Anteile oder andere Eigentumstitel oder Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten zurückzunehmen.

(4)   Im Falle einer in Absatz 1 genannten Übertragung müssen die Erwerber über eine entsprechende Zulassung zur Ausübung des von ihnen erworbenen Geschäfts verfügen. Die Aufsichtsbehörden stellen sicher, dass Anträge auf eine solche Zulassung im Zusammenhang mit der Übertragung rechtzeitig geprüft werden.

(5)   Abweichend von den Artikeln 57 bis 62 der Richtlinie 2009/138/EG führt die Aufsichtsbehörde des Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens im Falle, dass eine Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln durch Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung zu einem in Artikel 57 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG genannten Erwerb oder einer dort genannten Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung an einem solchen Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen führen würde, die nach diesen Artikeln erforderliche Bewertung rechtzeitig so durch, dass die Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung nicht verzögert und die Erreichung der Abwicklungsziele mittels der Abwicklungsmaßnahme nicht verhindert wird.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Falle, dass die Aufsichtsbehörde die in Absatz 5 genannte Bewertung zum Zeitpunkt der Übertragung noch nicht abgeschlossen hat, Folgendes gilt:

a)

Die Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln an den Erwerber hat unmittelbare Rechtswirkung;

b)

während des Bewertungszeitraums und während einer Veräußerungsfrist nach Buchstabe f wird das mit solchen Anteilen oder anderen Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht des Erwerbers ausgesetzt und ausschließlich der Abwicklungsbehörde übertragen, die nicht verpflichtet ist, die Stimmrechte auszuüben, und die in keiner Weise für die Ausübung oder den Verzicht auf die Ausübung der Stimmrechte haftet;

c)

während des Bewertungszeitraums und während einer Veräußerungsfrist nach Buchstabe f gelten die in Artikel 62 der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Sanktionen und anderen Maßnahmen bei Verstößen gegen Anforderungen bezüglich des Erwerbs oder der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen nicht für eine solche Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln;

d)

sobald die Aufsichtsbehörde ihre Bewertung abgeschlossen hat, teilt sie der Abwicklungsbehörde und dem Erwerber schriftlich mit, ob sie der Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln auf den Erwerber zustimmt oder gemäß Artikel 58 Absatz 4 der Richtlinie 2009/138/EG Einspruch dagegen erhebt;

e)

stimmt die Aufsichtsbehörde der Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln auf den Erwerber zu, so gilt das mit diesen Anteilen oder Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht, unmittelbar nachdem die Abwicklungsbehörde und der Erwerber von der Aufsichtsbehörde eine Mitteilung über deren Zustimmung erhalten haben, als vollständig auf den Erwerber übertragen;

f)

lehnt die Aufsichtsbehörde die Übertragung von Anteilen oder anderen Eigentumstitel an den Erwerber ab,

i)

bleibt das mit diesen Anteilen oder Eigentumstiteln verbundene Stimmrecht nach Buchstabe b uneingeschränkt gültig;

ii)

kann die Abwicklungsbehörde vom Erwerber verlangen, diese Anteile oder anderen Eigentumstitel innerhalb einer von ihr unter Berücksichtigung der herrschenden Marktbedingungen festgelegten Veräußerungsfrist zu veräußern;

iii)

kann im Falle, dass der Erwerber der Aufforderung nach Ziffer ii nicht nachkommt, die Aufsichtsbehörde mit Zustimmung der Abwicklungsbehörde gegen den Erwerber die in Artikel 62 der Richtlinie 2009/138/EG vorgesehenen Sanktionen und anderen Maßnahmen bei Verstößen gegen die Anforderungen bezüglich des Erwerbs und der Veräußerung qualifizierter Beteiligungen verhängen.

(7)   Im Hinblick auf die Ausübung des Rechts, im Einklang mit der Richtlinie 2009/138/EG Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat zu erbringen oder sich in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, wird der Erwerber als Fortführung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens betrachtet und darf Rechte des in Abwicklung befindlichen Unternehmen in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten weiter ausüben.

Artikel 32

Instrument des Brückenunternehmens

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden über die Befugnis verfügen, Folgendes auf ein Brückenunternehmen zu übertragen:

a)

Anteile oder andere Eigentumstitel, die von einem oder mehreren in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegeben wurden;

b)

alle oder einzelne Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines oder mehrerer in Abwicklung befindlicher Unternehmen.

(2)   Bei dem Brückenunternehmen handelt es sich um eine juristische Person, die alle nachstehend aufgeführten Anforderungen erfüllt:

a)

Es steht ganz oder teilweise im Eigentum einer oder mehrerer öffentlicher Stellen, bei denen es sich auch um die Abwicklungsbehörde oder gegebenenfalls das Sicherungssystem für Versicherungen handeln kann, und wird von der Abwicklungsbehörde kontrolliert;

b)

es wird eigens für die Entgegennahme und den Besitz bestimmter oder aller Anteile oder anderer Eigentumstitel, die von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegeben wurden, oder bestimmter oder aller Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines oder mehrerer in Abwicklung befindlicher Unternehmen im Hinblick auf die Erreichung der Abwicklungsziele und die Veräußerung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens errichtet.

(3)   Bei Anwendung des Instruments des Brückenunternehmens stellen die Abwicklungsbehörden sicher, dass der Gesamtwert der auf das Brückenunternehmen übertragenen Verbindlichkeiten den Gesamtwert der von dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen übertragenen Rechte und Vermögenswerte nicht übersteigt.

(4)   Nach Anwendung des Instruments des Brückenunternehmens können die Abwicklungsbehörden, wenn dies aufgrund der Umstände gerechtfertigt ist, die vorgenommenen Übertragungen rückgängig machen, und das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder die ursprünglichen Eigentümer sind, wenn dies durch die Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt ist, verpflichtet, übertragene Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten, Anteile oder andere Eigentumstitel zurückzunehmen, wenn

a)

die Möglichkeit einer Rückübertragung der jeweiligen Anteile oder anderen Eigentumstitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten ausdrücklich in der Urkunde, mit der die Übertragung erfolgt ist, vorgesehen ist;

b)

die jeweiligen Anteile oder anderen Eigentumstitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten nicht den Klassen von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln, Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten zuzurechnen sind, die in der Urkunde, mit der die Übertragung erfolgt ist, angegeben sind, oder wenn sie die darin genannten Übertragungsvoraussetzungen nicht erfüllen.

Die in Unterabsatz 1 genannte Rückübertragung kann innerhalb etwaiger Fristen und unter Einhaltung etwaiger sonstiger Bedingungen stattfinden, die in der Urkunde, mit der die Übertragung erfolgt ist, angegeben sind.

(5)   Nach Anwendung des Instruments des Brückenunternehmens können die Abwicklungsbehörden Anteile oder andere Eigentumstitel oder Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten vom Brückenunternehmen auf einen erwerbenden Dritten übertragen.

(6)   Ein Brückenunternehmen wird als Fortführung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens betrachtet und darf Rechte des in Abwicklung befindlichen Unternehmens in Bezug auf die übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten weiter ausüben.

(7)   Die Ziele eines Brückenunternehmens bringen keinerlei Verpflichtung oder Verantwortung für Anteilseigner oder Gläubiger des in Abwicklung befindlichen Unternehmens mit sich. Die Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans oder der Geschäftsleitung des Brückenunternehmens haften gegenüber diesen Anteilseignern oder Gläubigern nicht für Handlungen oder Unterlassungen in Erfüllung ihrer Pflichten, es sei denn, die betreffenden Handlungen oder Unterlassungen stellen nach nationalem Recht eine grobe Fahrlässigkeit oder ein grobes Fehlverhalten dar, das unmittelbar die Rechte dieser Anteilseigner oder Gläubiger beeinträchtigt.

Die Mitgliedstaaten können die Haftung eines Brückenunternehmens und der Mitglieder seines Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans oder seiner Geschäftsleitung für Handlungen und Unterlassungen in Erfüllung ihrer Pflichten nach Maßgabe der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften weiter einschränken.

Artikel 33

Betrieb eines Brückenunternehmens

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass beim Betrieb eines Brückenunternehmens folgende Anforderungen eingehalten werden:

a)

Die Abwicklungsbehörde hat ihre Zustimmung zu den Gründungsdokumenten des Brückenunternehmens erteilt;

b)

je nach Eigentumsstruktur des Brückenunternehmens bestellt die Abwicklungsbehörde das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des Brückenunternehmens oder stimmt der Bestellung zu;

c)

die Abwicklungsbehörde stimmt der Vergütung der Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans zu und legt deren Zuständigkeiten fest;

d)

die Abwicklungsbehörde stimmt der Strategie und dem Risikoprofil des Brückenunternehmens zu;

e)

das Brückenunternehmen wird im Einklang mit der Richtlinie 2009/138/EG zugelassen und verfügt über die nach dem anwendbaren nationalen Recht erforderliche Zulassung zur Fortführung der Tätigkeiten bzw. Erbringung der Dienstleistungen, die es aufgrund einer Übertragung nach Artikel 42 übernimmt;

f)

das Brückenunternehmen erfüllt die Anforderungen der Richtlinie 2009/138/EG und unterliegt der darin vorgesehenen Aufsicht;

g)

der Betrieb des Brückenunternehmens steht im Einklang mit dem Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen, und die Abwicklungsbehörde kann entsprechend Einschränkungen seines Betriebs festlegen.

Ungeachtet des Unterabsatzes 1 Buchstaben e und f kann das Brückenunternehmen, falls dies zur Verwirklichung der Abwicklungsziele erforderlich ist, eingerichtet und zugelassen werden, ohne der Richtlinie 2009/138/EG für einen kurzen Zeitraum zum Zeitpunkt der Aufnahme seines Betriebs zu genügen. Die Abwicklungsbehörde stellt zu diesem Zweck einen entsprechenden Antrag an die Aufsichtsbehörde. Beschließt die Aufsichtsbehörde, die Zulassung zu erteilen, gibt sie den Zeitraum der Freistellung des Brückenunternehmens von der Erfüllung der Anforderungen der Richtlinie 2009/138/EG an. Dieser Zeitraum darf 24 Monate nicht überschreiten.

(2)   Vorbehaltlich etwaiger Beschränkungen aufgrund von Wettbewerbsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten betreibt die Geschäftsleitung des Brückenunternehmens das Brückenunternehmen mit der Absicht, die Abwicklungsziele zu erreichen und das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder die übertragenen Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten an einen oder mehrere private Erwerber zu veräußern, sobald die Marktbedingungen angemessen sind.

(3)   Die Abwicklungsbehörden treffen die Entscheidung, dass es sich bei einem Unternehmen nicht mehr um ein Brückenunternehmen handelt, sobald einer der folgenden Fälle eintritt:

a)

Das Brückenunternehmen verschmilzt mit einem anderen Unternehmen;

b)

das Brückenunternehmen erfüllt die Anforderungen des Artikels 32 Absatz 2 nicht mehr;

c)

alle oder weitgehend alle Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten des Brückenunternehmens sind an einen erwerbenden Dritten verkauft;

d)

vollständige Liquidation der Vermögenswerte des Brückenunternehmens und vollständige Begleichung seiner Verbindlichkeiten.

(4)   Vorbehaltlich Artikel 26 Absätze 2 und 5 fließen die im Zusammenhang mit der Einstellung des Betriebs des Brückenunternehmens erzielten Erlöse den Anteilseignern des Brückenunternehmens zu.

Artikel 34

Übertragung auf Sicherungssysteme für Versicherungen

(1)   Abweichend von den Artikeln 32 und 33 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass einem geeigneten Sicherungssystem für Versicherungen die Aufgaben und Rechte eines Brückenunternehmens zugewiesen werden. Unter Wahrung der Interessen der Versicherungsnehmer und der Kontinuität der Versicherungsbeziehungen und unter Gewährleistung, dass Ansprüche erfüllt und die Ziele dieser Richtlinie weiterhin angemessen erreicht werden, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Folgendes auf dieses Sicherungssystem für Versicherungen übertragen wird:

a)

Anteile oder andere Eigentumstitel, die von einem oder mehreren in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegeben wurden, oder

b)

alle oder einzelne Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines oder mehrerer in Abwicklung befindlicher Unternehmen.

Die Abwicklungsbehörden stellen sicher, dass der Gesamtwert der auf das Sicherungssystem für Versicherungen übertragenen Verbindlichkeiten den Gesamtwert der von dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen übertragenen Rechte und Vermögenswerte nicht übersteigt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein Sicherungssystem für Versicherungen, dem die Aufgaben und Rechte eines Brückenunternehmens zugewiesen wurden, folgende Anforderungen erfüllt:

a)

Die Abwicklungsbehörde hat die Gründungsdokumente des Brückenunternehmens genehmigt;

b)

die Abwicklungsbehörde genehmigt die Vergütung der Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans und legt deren Zuständigkeiten fest;

c)

das Brückenunternehmen schließt keine neuen Versicherungsverträge ab und ändert bestehende Versicherungsverträge nicht in einer Weise, die die Versicherungsansprüche gegen das Brückenunternehmen erhöhen könnte;

d)

das Sicherungssystem für Versicherungen unterliegt allgemeinen Vorschriften und Zielen der Versicherungsaufsicht, um einen angemessenen Schutz der Versicherungsnehmer zu gewährleisten.

Unterabsatz 1 Buchstabe b gilt nicht für ein Sicherungssystem für Versicherungen, dem die Aufgaben und Rechte eines Brückenunternehmens zugewiesen wurden, wenn übertragene Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumsrechte von den anderen Vermögenswerten, Rechten und Verbindlichkeiten des Sicherungssystems für Versicherungen getrennt sind und keine Vergütung von den übertragenen Vermögenswerten gezahlt wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Finanzierung eines Sicherungssystems für Versicherungen, dem die Aufgaben und Rechte eines Brückenunternehmens zugewiesen wurden, angemessen ist, um die Versicherungsbeziehungen zu wahren und die Begleichung von Versicherungsforderungen zu gewährleisten.

Abschnitt 4

Das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung

Artikel 35

Zielsetzung und Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung anwenden können, um die Abwicklungsziele für einen der folgenden Zwecke zu erreichen:

a)

Rekapitalisierung eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens, das die in Artikel 19 Absatz 1 und Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt, soweit dies ausreicht, um das Instrument des geordneten Abwicklungsmanagements anzuwenden und die Zulassung des Unternehmens gemäß der Richtlinie 2009/138/EG aufrechtzuerhalten;

b)

Umwandlung in Eigenkapital oder Herabsetzung des Nennwerts von Forderungen, einschließlich Versicherungsforderungen, oder Schuldtiteln, die

i)

auf ein Brückenunternehmen übertragen werden oder

ii)

im Rahmen des Instruments der Ausgliederung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten oder des Instruments der Unternehmensveräußerung übertragen werden.

Bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung auf Versicherungsforderungen können die Abwicklungsbehörden auch die Bedingungen der entsprechenden Versicherungsverträge umstrukturieren, um die Abwicklungsziele wirksamer zu erreichen. Dabei berücksichtigen die Abwicklungsbehörden die Auswirkungen auf die kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden den Betrag bestimmen, um den Kapitalinstrumente, Schuldtitel und andere berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten für die in Absatz 1 genannten Zwecke auf der Grundlage der gemäß Artikel 23 vorgenommenen Bewertung herabzuschreiben oder umzuwandeln sind.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf alle Verbindlichkeiten von in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen anwenden können, wobei diese ihre Rechtsform beibehalten können oder erforderlichenfalls eine Änderung ihrer Rechtsform in Erwägung gezogen werden kann.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung auf alle Kapitalinstrumente und alle Verbindlichkeiten von in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen angewandt werden kann, die nicht gemäß den Absätzen 5 bis 8 des vorliegenden Artikels vom Anwendungsbereich dieses Instruments ausgeschlossen sind.

(5)   Die Abwicklungsbehörden üben das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung nicht in Bezug auf folgende Verbindlichkeiten aus, unabhängig davon, ob diese dem Recht eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats unterliegen:

a)

besicherte Verbindlichkeiten;

b)

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, ausgenommen Unternehmen, die Teil derselben Gruppe sind, mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als sieben Tagen;

c)

Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als sieben Tagen gegenüber Systemen oder Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden, oder gegenüber deren Teilnehmern, die aus der Teilnahme an einem solchen System resultieren, oder gegenüber zentralen Gegenparteien, die in der Union gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 zugelassen sind, und zentralen Gegenparteien aus Drittländern, die von der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) eingerichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ESMA) gemäß Artikel 25 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 anerkannt wurden;

d)

Verbindlichkeiten gegenüber

i)

Beschäftigten aufgrund ausstehender Lohnforderungen, Rentenleistungen oder anderer fester Vergütungen, ausgenommen variable Vergütungsbestandteile, die nicht tarifvertraglich geregelt sind;

ii)

Geschäfts- oder Handelsgläubigern aufgrund der Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen wie IT-Dienste, Versorgungsdienste sowie Anmietung, Bewirtschaftung und Instandhaltung von Gebäuden an ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen, die zur Fortführung des Geschäftsbetriebs dieses Unternehmens oder zur Gewährleistung der Kontinuität des Versicherungsschutzes erforderlich sind;

iii)

Steuer- und Sozialversicherungsbehörden, sofern es sich nach dem anwendbaren Recht um vorrangige Verbindlichkeiten handelt;

iv)

Sicherungssystemen für Versicherungen aus nach geltendem nationalem Recht fälligen Beiträgen.

e)

Verbindlichkeiten aus der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung gemäß der Richtlinie 2009/103/EG.

(6)   Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Abwicklungsbehörden das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung nicht anwenden dürfen in Bezug auf

a)

Verbindlichkeiten aus gegenwärtigen und künftigen Versicherungsforderungen, die gemäß Artikel 275 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2009/138/EG durch Vermögenswerte gedeckt sind;

b)

Verbindlichkeiten aus privaten Krankenversicherungsverträgen oder privaten Langzeitpflegeversicherungsverträgen, die als Alternative zu der im gesetzlichen Sozialversicherungssystem vorgesehenen Krankenpflichtversicherung oder Langzeitpflegepflichtversicherung erbracht werden; der Ausschluss gilt nur für den Teil der betreffenden Verbindlichkeit, der den verpflichtenden Teil des gesetzlichen Sozialversicherungssystems ersetzt.

(7)   Absatz 5 Buchstabe a und Absatz 6 Buchstabe a hindern die Abwicklungsbehörden nicht daran, soweit dies angezeigt ist, das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung in Bezug auf einen beliebigen Teil einer besicherten Verbindlichkeit oder einer Verbindlichkeit anzuwenden, für die eine Sicherheit gestellt wurde, die den Wert der Vermögenswerte, des als Sicherheit gestellten Pfands, des Zurückbehaltungsrechts oder der Sicherheit, gegen die sie besichert ist, übersteigt, oder auf einen beliebigen Teil der Verbindlichkeiten nach Absatz 6 Buchstabe a anzuwenden, der den Wert der in das besondere Verzeichnis gemäß Artikel 276 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG eingetragenen Vermögenswerte übersteigt.

(8)   In Ausnahmefällen können die Abwicklungsbehörden bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung bestimmte Verbindlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung vollständig oder teilweise ausschließen, sofern

a)

für diese Verbindlichkeiten trotz redlicher Bemühungen der Abwicklungsbehörde eine Herabschreibung oder Umwandlung innerhalb einer angemessenen Frist nicht möglich ist,

b)

der Ausschluss zwingend erforderlich und angemessen ist, um die Kontinuität der kritischen Funktionen und Kerngeschäftsbereiche sicherzustellen, sodass die Fähigkeit des in Abwicklung befindlichen Unternehmens, die wichtigsten Geschäfte, Dienste und Transaktionen fortzusetzen, aufrechterhalten wird,

c)

der Ausschluss zwingend erforderlich und angemessen ist, um die Gefahr einer ausgedehnten Ansteckung abzuwenden, die die Wirtschaft eines Mitgliedstaats oder der Union erheblich beeinträchtigen könnte,

d)

die Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung auf diese Verbindlichkeiten zu einer Wertvernichtung führen würde, bei der die von anderen Gläubigern zu tragenden Verluste höher wären, als wenn diese Verbindlichkeiten von der Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung ausgeschlossen würden, oder

e)

der Ausschluss zwingend erforderlich und verhältnismäßig ist, um sicherzustellen, dass Dritte für ihre Personen- und Sachschäden entschädigt werden, die durch Versicherungsverträge im Zusammenhang mit der zivilrechtlichen Haftung gedeckt sind, sofern diese Verträge nach dem anwendbaren Recht verpflichtend vorgeschrieben sind.

(9)   Bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung berücksichtigen die Abwicklungsbehörden, dass Versicherungsverträge, deren Bedingungen gemäß Absatz 1 Unterabsatz 2 umstrukturiert wurden, nach der Umstrukturierung die nach dem anwendbaren Recht verbindliche Mindestdeckungssumme einhalten.

Artikel 36

Behandlung von Anteilseignern bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung in Bezug auf Anteilseigner eine oder beide der folgenden Maßnahmen treffen:

a)

Löschung der bestehenden Anteile oder anderen Eigentumstitel oder Übertragung auf Gläubiger, deren Ansprüche umgewandelt wurden;

b)

sofern aus der Bewertung nach Artikel 23 hervorgeht, dass das in Abwicklung befindliche Unternehmen einen positiven Nettowert hat, Verwässerung der bestehenden Beständen an Anteilen und anderen Eigentumstiteln durch Umwandlung relevanter Kapitalinstrumente oder Schuldtitel des in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens in Anteile oder andere Eigentumstitel durch Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung.

Hinsichtlich Unterabsatz 1 Buchstabe b wird die Umwandlung zu einer Umwandlungsquote durchgeführt, die zu einer erheblichen Verwässerung der bestehenden Bestände an Anteilen und anderen Eigentumstiteln führt.

(2)   Bei der Überlegung, welche der in Absatz 1 genannten Maßnahmen zu treffen ist, berücksichtigen die Abwicklungsbehörden

a)

die nach Artikel 23 durchgeführte Bewertung,

b)

den Betrag, um den nach Feststellung der Abwicklungsbehörde Tier 1 Posten reduziert und die relevanten Kapitalinstrumente nach Artikel 38 Absatz 1 herabzuschreiben oder umzuwandeln sind.

(3)   Abweichend von den Artikeln 57 bis 62 der Richtlinie 2009/138/EG führen die Aufsichtsbehörden im Falle, dass die Umwandlung von Kapitalinstrumenten, Schuldtiteln, die das in Abwicklung befindliche Unternehmen begeben hat, oder anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens zum Erwerb oder zur Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung an einem Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 57 Absatz 1 der genannten Richtlinie führen würde, die nach diesen Artikeln erforderliche Bewertung rechtzeitig so durch, dass die Umwandlung von Kapitalinstrumenten nicht verzögert oder die Erreichung der Abwicklungsziele mittels der Abwicklungsmaßnahme nicht verhindert wird.

(4)   Hat die für dieses Unternehmen zuständige Aufsichtsbehörde die Bewertung nach Maßgabe des Absatzes 3 zum Zeitpunkt der Anwendung der Umwandlung der Kapitalinstrumente nicht abgeschlossen, so findet auf jeglichen Erwerb oder jegliche Erhöhung einer qualifizierten Beteiligung durch einen Erwerber, die sich aufgrund der Umwandlung der Kapitalinstrumente ergeben, Artikel 31 Absatz 6 Anwendung.

Artikel 37

Satz für die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung und bei Ausübung der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe h genannten Befugnis auf unterschiedliche Kategorien von Kapitalinstrumenten und Verbindlichkeiten unterschiedliche Umwandlungsquoten anwenden können, wobei sie nach einem oder beiden der nachstehend genannten Grundsätze vorgehen:

a)

Die Umwandlungsquote entschädigt den betroffenen Gläubiger angemessen für jegliche Verluste, die ihm durch die Anwendung der Herabschreibungs- und Umwandlungsbefugnisse entstanden sind;

b)

auf Verbindlichkeiten, die nach dem anwendbaren Insolvenzrecht als vorrangig eingestuft werden, wird eine höhere Umwandlungsquote angewandt als auf nachrangige Verbindlichkeiten.

Artikel 38

Zusätzliche Bestimmungen zum Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Die Abwicklungsbehörden wenden das Instrument der Herabschreibung und Umwandlung im Einklang mit der Rangfolge der Forderungen im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens wie folgt an:

a)

Tier 1 Posten werden als Erstes proportional zu den Verlusten bis zu ihrer Kapazitätsgrenze herabgesetzt, und die Abwicklungsbehörde ergreift in Bezug auf Inhaber von Tier 1 Instrumenten eine oder beide der in Artikel 36 Absatz 1 spezifizierten Maßnahmen;

b)

der Nennwert von Tier 2 Instrumenten wird – je nachdem, welcher Wert niedriger ist – in dem zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlichen Maß oder bis zur Kapazitätsgrenze der relevanten Kapitalinstrumente herabgeschrieben oder in Tier 1 Instrumente umgewandelt oder beides;

c)

der Nennwert von Tier 3 Instrumenten wird – je nachdem, welcher Wert niedriger ist – in dem zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlichen Maß oder bis zur Kapazitätsgrenze der relevanten Kapitalinstrumente herabgeschrieben oder in Tier 1 Instrumente umgewandelt oder beides;

d)

der Nennwert oder ausstehende Restbetrag der restlichen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten wird im Einklang mit der Rangfolge der Forderungen im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens, einschließlich der Rangfolge von Versicherungsforderungen gemäß Artikel 275 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG, in dem zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlichen Maß herabgeschrieben oder in Tier 1 Instrumente umgewandelt oder beides.

Stellt sich heraus, dass die Höhe der Herabschreibung, die auf der Grundlage der in Artikel 25 genannten vorläufigen Bewertung vorgenommen wurde, im Vergleich zu der in Artikel 24 Absatz 2 genannten endgültigen Bewertung über die Anforderungen hinausgeht, kann ein Aufwertungsmechanismus angewandt werden, um die Ansprüche der Gläubiger und anschließend der Anteilseigner im erforderlichen Umfang zu befriedigen.

Bei der Entscheidung darüber, ob Verbindlichkeiten herabzuschreiben oder in Eigenkapital umzuwandeln sind, dürfen die Abwicklungsbehörden nicht eine Kategorie von Verbindlichkeiten umwandeln und gleichzeitig eine nachrangige Kategorie von Verbindlichkeiten nicht umwandeln oder herabschreiben.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass sämtliche Forderungen aus Eigenmittelbestandteilen nach ihrem nationalen Recht über das reguläre Insolvenzverfahren einen niedrigeren Rang einnehmen als Forderungen, die sich nicht aus Eigenmittelbestandteilen ergeben. Wird ein Instrument nur teilweise als Eigenmittelbestandteile anerkannt, so wird für die Zwecke dieses Unterabsatzes das gesamte Instrument als Forderung aus Eigenmittelbestandteilen behandelt und nimmt einen niedrigeren Rang ein als Forderungen, die sich nicht aus Eigenmittelbestandteilen ergeben.

(2)   Wird der Nennwert eines relevanten Kapitalinstruments, eines Schuldtitels oder anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten herabgeschrieben, so gilt Folgendes:

a)

Die Herabsetzung infolge der Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung ist – vorbehaltlich einer Aufwertung gemäß dem in Absatz 1 genannten Erstattungsmechanismus – von Dauer;

b)

abgesehen von etwaigen bereits angefallenen Verbindlichkeiten und einer etwaigen Haftung für Schäden, die sich aus einem in Hinblick auf die Rechtmäßigkeit der Ausübung der Herabschreibungsbefugnis eingelegten Rechtsmittel ergeben kann, besteht bei oder in Verbindung mit dem Betrag des Instruments, der herabgeschrieben worden ist, gegenüber dem Inhaber des relevanten Kapitalinstruments, des Schuldtitels oder anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten keinerlei Verbindlichkeit mehr;

c)

kein Inhaber des relevanten Kapitalinstruments, des Schuldtitels oder einer anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeit erhält eine andere als in Absatz 3 vorgesehene Entschädigung.

(3)   Die Abwicklungsbehörden können in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen dazu verpflichten, zur Umwandlung der betreffenden Kapitalinstrumente, Schuldtitel oder anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten gemäß Absatz 1 Buchstaben b und c Tier 1 Instrumente an die Inhaber der betreffenden Kapitalinstrumente, Schuldtitel oder anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten auszugeben.

Die betreffenden Kapitalinstrumente, Schuldtitel oder anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten können umgewandelt werden, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:

a)

Die Tier 1 Instrumente werden vom Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, von dem in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b bis e genannten Unternehmen oder vom Mutterunternehmen mit Zustimmung der zuständigen Abwicklungsbehörde begeben;

b)

die Tier 1 Instrumente werden vor jeder etwaigen Emission von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln ausgegeben, die das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen für die Zwecke der Bereitstellung von Eigenmitteln durch den Staat oder eine staatliche Stelle vornimmt;

c)

die Tier 1 Instrumente werden nach Wahrnehmung der Umwandlungsbefugnis unverzüglich zugeteilt und übertragen;

d)

die Umwandlungsquote, anhand deren die Anzahl der in Bezug auf jedes relevante Kapitalinstrument, jeden Schuldtitel oder jede andere berücksichtigungsfähige Verbindlichkeit bereitgestellten Tier 1 Instrumenten bestimmt wird, steht im Einklang mit Artikel 37.

(4)   Damit die Tier 1 Instrumente gemäß Absatz 3 bereitgestellt werden können, kann die Abwicklungsbehörde von den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen verlangen, dass sie jederzeit über die erforderliche vorherige Genehmigung zur Ausgabe der relevanten Anzahl von Tier 1 Instrumenten verfügen.

Artikel 39

Wirkung der Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Anwendung des in Artikel 35 Absatz 1 genannten Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung und bei Ausübung der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstaben g bis k genannten Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse durch eine Abwicklungsbehörde die Herabsetzung des Nennwerts oder ausstehenden Restbetrags, die Umwandlung oder die Löschung wirksam wird und für das in Abwicklung befindliche Unternehmen sowie für die betroffenen Gläubiger und Anteilseigner unmittelbar bindend ist.

(2)   Die Abwicklungsbehörde führt alle Verwaltungs- und Verfahrensschritte durch, die für die Anwendung des Instruments der Herabschreibung und Umwandlung erforderlich sind, oder verlangt deren Durchführung, einschließlich des Folgenden:

a)

Änderung aller betreffenden Register;

b)

Delisting bzw. Entfernung aus dem Handel von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln oder Schuldtiteln;

c)

Listing bzw. Zulassung zum Handel von neu ausgegebenen Anteilen oder anderen Eigentumstiteln;

d)

erneutes Listing oder erneute Zulassung aller herabgeschriebenen Schuldtitel, ohne dass ein Prospekt gemäß der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) veröffentlicht werden muss.

(3)   Setzt eine Abwicklungsbehörde den Nennwert oder ausstehenden Restbetrag einer Verbindlichkeit unter Wahrnehmung der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe g genannten Befugnis auf null herab, gelten die betreffende Verbindlichkeit und etwaige daraus resultierende Verpflichtungen oder Ansprüche, die zum Zeitpunkt der Ausübung der Befugnis noch nicht angefallen sind, als erfüllt und können in einem späteren, das in Abwicklung befindliche Unternehmen oder ein etwaiges Nachfolgeunternehmen betreffenden Liquidationsverfahren nicht geltend gemacht werden.

(4)   Kürzt eine Abwicklungsbehörde den Nennwert oder ausstehenden Restbetrag einer Verbindlichkeit in Ausübung der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe g genannten Befugnis nur teilweise,

a)

gilt die Schuld als in Höhe des gekürzten Betrags beglichen;

b)

ist das betreffende Instrument oder die Vereinbarung, durch die die ursprüngliche Verbindlichkeit begründet wurde, weiterhin auf den verbleibenden Nennwert oder den noch ausstehenden Restbetrag der Verbindlichkeit anwendbar, vorbehaltlich einer der Herabsetzung des Nennwerts entsprechenden Änderung des zahlbaren Zinsbetrags und etwaiger weiterer Änderungen der Bedingungen, die die Abwicklungsbehörde in Ausübung der in Artikel 42 Absatz 1 Buchstabe l genannten Befugnis vorsehen könnte.

Artikel 40

Herabschreibung oder Umwandlung von Verbindlichkeiten aus Derivaten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden die Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse in Bezug auf eine Verbindlichkeit aus einem Derivat nur bei oder nach der Glattstellung der Derivate ausüben. Bei Inkrafttreten der Abwicklung sind die Abwicklungsbehörden befugt, alle Derivatekontrakte zu diesem Zweck zu kündigen und glattzustellen. Wurde eine Verbindlichkeit aus Derivaten von der Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung gemäß Artikel 35 Absatz 8 ausgeschlossen, so sind die Abwicklungsbehörden nicht verpflichtet, den Derivatekontrakt zu kündigen oder glattzustellen.

(2)   Unterliegen Transaktionen mit Derivaten einer Saldierungsvereinbarung, bestimmt die Abwicklungsbehörde oder ein unabhängiger Sachverständiger als Teil der Bewertung nach Artikel 23 den Nettowert der aus diesen Transaktionen resultierenden Verbindlichkeit gemäß den Bedingungen der Saldierungsvereinbarung.

(3)   Den Wert von Verbindlichkeiten aus Derivaten bestimmen die Abwicklungsbehörden anhand von sämtlichen folgenden Punkten:

a)

angemessenen Methoden zur Bestimmung des Werts von Derivatekategorien, einschließlich Transaktionen, die Saldierungsvereinbarungen unterliegen;

b)

Grundsätzen für die Festlegung des Zeitpunkts, zu dem der Wert einer Derivateposition festgestellt werden sollte;

c)

geeigneten Methoden für den Vergleich der Wertvernichtung, die aus der Glattstellung und der Herabschreibung oder Umwandlung der Derivate resultieren würde, mit der Höhe der Verluste, die für die Derivate bei einer Herabschreibung oder Umwandlung entstehen würden.

(4)   Die EIOPA arbeitet nach Konsultation der ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen die in Absatz 3 genannten Methoden und Grundsätze für die Bewertung von Verbindlichkeiten aus Derivaten festgelegt werden. Bei Transaktionen mit Derivaten, die einer Saldierungsvereinbarung unterliegen, berücksichtigt die EIOPA die in der Saldierungsvereinbarung festgelegten Methoden für die Glattstellung.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2027 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 41

Beseitigung verfahrenstechnischer Hindernisse für die Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung verlangen die Mitgliedstaaten gegebenenfalls, dass die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen jederzeit in ausreichendem Umfang autorisiertes Stammkapital oder andere Tier 1 Instrumente vorhalten, sodass diese Unternehmen nicht daran gehindert werden, genügend neue Anteile oder andere Eigentumstitel auszugeben, um sicherzustellen, dass die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Anteile oder andere Eigentumstitel wirksam durchgeführt werden kann.

Die Abwicklungsbehörden bewerten die Einhaltung der Anforderung nach Unterabsatz 1 im Zuge der Ausarbeitung und Fortschreibung der Abwicklungspläne gemäß Artikel 9 und Artikel 10.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass einer Umwandlung von Verbindlichkeiten in Anteile oder andere Eigentumstitel keine verfahrenstechnischen Hindernisse entgegenstehen, die sich aus Gründungsdokumenten oder Satzung ergeben könnten, einschließlich Vorkaufsrechten für Anteilseigner oder des Erfordernisses der Zustimmung der Anteilseigner zu einer Kapitalerhöhung.

KAPITEL IV

Abwicklungsbefugnisse

Artikel 42

Allgemeine Befugnisse

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um die Abwicklungsinstrumente auf die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen anzuwenden, die die in Artikel 19 Absatz 1 bzw. Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllen. Abwicklungsbehörden müssen insbesondere über folgende Abwicklungsbefugnisse verfügen, die sie einzeln oder in Kombination anwenden können:

a)

die Befugnis, von jeder Person sämtliche Informationen zu verlangen, die die Abwicklungsbehörde benötigt, um eine Abwicklungsmaßnahme zu beschließen und vorzubereiten, einschließlich Aktualisierungen und Nachträgen zu den in den Abwicklungsplänen gelieferten Angaben sowie Informationen, die durch Vor-Ort-Prüfungen beschafft werden;

b)

die Befugnis, die Kontrolle über ein in Abwicklung befindliches Unternehmen zu übernehmen und sämtliche den Anteilseignern, anderen Eigentümern und dem Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des in Abwicklung befindlichen Unternehmens übertragenen Rechte und Befugnisse auszuüben;

c)

die Befugnis, den Abschluss neuer Versicherungs- oder Rückversicherungsgeschäfte zu untersagen, ein in Abwicklung befindliches Unternehmen einem ordnungsgemäßen geordneten Abwicklungsmanagement zu unterziehen und seine Tätigkeiten zu beenden;

d)

die Befugnis, einem Brückenunternehmen, das gegründet und zugelassen wurde, ohne der Richtlinie 2009/138/EG für den in Artikel 33 Absatz 1 Unterabsatz 2 der vorliegenden Richtlinie genannten kurzen Zeitraum zu genügen, zu gestatten, neue Versicherungs- oder Rückversicherungsgeschäfte abzuschließen oder bestehende Geschäfte zu erneuern;

e)

die Befugnis, Anteile oder andere von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegebene Eigentumstitel zu übertragen;

f)

die Befugnis, Rechte, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens auf ein anderes Unternehmen zu übertragen, soweit das andere Unternehmen dem zustimmt;

g)

die Befugnis, Versicherungsforderungen umzustrukturieren oder den Nennwert oder ausstehenden Restbetrag von Schuldtiteln und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, einschließlich Versicherungsforderungen, eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens herabzusetzen, einschließlich ihn auf null herabzusetzen;

h)

die Befugnis, Schuldtitel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, einschließlich Versicherungsforderungen, eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens in Stammanteile oder andere Eigentumstitel eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens, eines relevanten Mutterunternehmens oder eines Brückenunternehmens, auf das Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens übertragen werden, umzuwandeln;

i)

die Befugnis, die von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegebenen Schuldtitel zu löschen, außer im Fall von besicherten Verbindlichkeiten im Sinne von Artikel 35 Absatz 5;

j)

die Befugnis, den Nennwert von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens herabzusetzen, einschließlich ihn auf null herabzusetzen, und diese Anteile oder anderen Eigentumstitel zu löschen;

k)

die Befugnis, von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen oder einem relevanten Mutterunternehmen die Ausgabe neuer Anteile, anderer Eigentumstitel oder anderer Kapitalinstrumente, einschließlich Vorzugsaktien und anderer bedingt wandelbarer Instrumente, zu verlangen;

l)

die Befugnis, die Fälligkeit der von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen ausgegebenen Schuldtitel und anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten oder den aufgrund der entsprechenden Schuldtitel und anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten zahlbaren Zinsbetrag oder den Zeitpunkt, an dem die Zinsen zu zahlen sind, zu ändern, und zwar auch durch eine zeitlich befristete Aussetzung der Zahlungen;

m)

die Befugnis, Finanzkontrakte oder Derivate glattzustellen und zu kündigen;

n)

die Befugnis, das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan und die Geschäftsleitung eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens zu entlassen bzw. zu ersetzen;

o)

die Befugnis, die Aufsichtsbehörde aufzufordern, den Käufer einer qualifizierten Beteiligung in Abweichung von den in Artikel 58 der Verordnung 2009/138/EG genannten Fristen zügig zu bewerten.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die von der Aufsichtsbehörde ergriffenen Maßnahmen beendet werden, wenn ihre Aufrechterhaltung die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten behindern würde.

(3)   Die Mitgliedstaaten treffen alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass für die Abwicklungsbehörden bei Anwendung der Abwicklungsinstrumente und Ausübung der Abwicklungsbefugnisse keine der folgenden Anforderungen gelten, die anderenfalls aufgrund des nationalen Rechts, eines nach nationalem Recht geschlossenen Vertrags oder anderer Bestimmungen anwendbar wären:

a)

vorbehaltlich des Artikels 3 Absatz 8 und des Artikels 67 Absatz 1 die Auflage, die Genehmigung oder Zustimmung bestimmter öffentlicher oder privater Personen, einschließlich der Anteilseigner, Gläubiger oder Versicherungsnehmer des in Abwicklung befindlichen Unternehmens, einzuholen;

b)

Verfahrensvorschriften, die vor Ausübung der Befugnis die Unterrichtung bestimmter Personen vorsehen, einschließlich Vorschriften zur Veröffentlichung von Bekanntmachungen oder Prospekten oder zur Hinterlegung oder Registrierung von Dokumenten bei einer anderen Behörde.

Die Anforderungen der Artikel 63 und 65 sowie alle etwaigen Meldepflichten, die im Rechtsrahmen der Union für staatliche Beihilfen bestehen, bleiben von Unterabsatz 1 Buchstabe b unberührt.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden im Falle, dass eine der in Absatz 1 aufgelisteten Befugnisse auf ein Unternehmen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 aufgrund dessen spezifischer Rechtsform als Unternehmen auf Gegenseitigkeit oder Genossenschaft nicht anwendbar ist, über Befugnisse verfügen, die – auch hinsichtlich ihrer Wirkung – den in Absatz 1 dieses Artikels aufgelisteten Befugnissen so ähnlich wie möglich sind.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei der Wahrnehmung der in Absatz 4 festgelegten Befugnisse durch die Abwicklungsbehörden für die betroffenen Personen, einschließlich Anteilseignern, Gläubigern, Versicherungsnehmern und Gegenparteien, die Schutzbestimmungen gemäß Kapitel V oder Schutzbestimmungen mit gleicher Wirkung zur Anwendung kommen.

Artikel 43

Zusätzliche Befugnisse

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden bei Ausübung einer Abwicklungsbefugnis befugt sind,

a)

vorbehaltlich des Artikels 60 Maßnahmen zu ergreifen, um übertragene Finanzinstrumente, Rechte, Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten von jeglicher Verpflichtung oder Belastung zu befreien;

b)

Rechte zum Erwerb jeglicher zusätzlichen Anteile oder anderen Eigentumstitel aufzuheben;

c)

der betreffenden Behörde vorzuschreiben, die Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt oder die amtliche Notierung von Finanzinstrumenten gemäß der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (22) aufzuheben oder auszusetzen;

d)

Maßnahmen zu ergreifen, damit der übernehmende Rechtsträger im Hinblick auf jegliche Rechte oder Verpflichtungen des in Abwicklung befindlichen Unternehmens oder im Zusammenhang mit von ihm ergriffenen Maßnahmen so behandelt wird, als sei er das in Abwicklung befindliche Unternehmen, wobei dies vorbehaltlich der Anwendung des in Artikel 31 genannten Instruments der Unternehmensveräußerung und des in Artikel 32 genannten Instruments des Brückenunternehmens auch für Rechte oder Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an einer Marktinfrastruktur gilt;

e)

dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen oder dem übernehmenden Rechtsträger vorzuschreiben, der anderen Seite Informationen zuzuleiten und Unterstützung zu gewähren;

f)

die Bedingungen eines Vertrags, bei dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen Vertragspartei ist, aufzuheben oder zu ändern oder einen übernehmenden Rechtsträger an dessen Stelle als Vertragspartei einzusetzen;

g)

Rückversicherungsrechte für übertragene Versicherungs- oder Rückversicherungsforderungen ohne Zustimmung des Rückversicherungsunternehmens zu übertragen, wenn die Abwicklungsbehörde mit diesen Rückversicherungsrechten zusammenhängende Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens vollständig oder teilweise auf ein anderes Unternehmen überträgt.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe a gelten nach dieser Richtlinie gewährte Entschädigungsansprüche nicht als Verpflichtung oder Belastung.

(2)   Die Abwicklungsbehörden machen von den unter Absatz 1 genannten Befugnissen nur Gebrauch, wenn dies ihrer Auffassung nach zur Wirksamkeit einer Abwicklungsmaßnahme oder zur Erreichung eines oder mehrerer Abwicklungsziele beiträgt.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden bei der Ausübung einer Abwicklungsbefugnis zur Ergreifung von Kontinuitätsmaßnahmen befugt sind, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass die Abwicklungsmaßnahme wirksam ist und die übertragene Tätigkeit gegebenenfalls vom übernehmenden Rechtsträger ausgeübt werden kann. Diese Kontinuitätsmaßnahmen umfassen insbesondere:

a)

die Fortführung der vom in Abwicklung befindlichen Unternehmen eingegangenen Verträge, wobei der übernehmende Rechtsträger in Bezug auf alle übertragenen Finanzinstrumente, Rechte, Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten in die Rechte und Pflichten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens eintritt und in allen einschlägigen Vertragsunterlagen anstelle des in Abwicklung befindlichen Unternehmens ausdrücklich oder implizit genannt wird;

b)

im Hinblick auf alle übertragenen Finanzinstrumente, Rechte, Vermögenswerte oder Verbindlichkeiten die Ersetzung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens durch den übernehmenden Rechtsträger in sämtlichen Gerichtsverfahren.

(4)   Die in Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe d und Absatz 3 Buchstabe b genannten Befugnisse lassen Folgendes unberührt:

a)

das Recht eines Mitarbeiters des in Abwicklung befindlichen Unternehmens, seinen Arbeitsvertrag zu kündigen;

b)

vorbehaltlich der Artikel 49, 50 und 51 alle etwaigen Rechte einer Vertragspartei, von den in diesem Vertrag vorgesehenen Rechten Gebrauch zu machen, einschließlich des Rechts auf Kündigung, wenn der Vertrag dies bei einer Handlung oder Unterlassung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens vor der entsprechenden Übertragung oder des übernehmenden Rechtsträgers nach der betreffenden Übertragung vorsieht.

Artikel 44

Sonderverwaltung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden einen Sonderverwalter bestellen können, der das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan des in Abwicklung befindlichen Unternehmens ablöst. Die Mitgliedstaaten stellen zudem sicher, dass der Sonderverwalter über die für die Ausübung seiner Funktionen erforderlichen Qualifikationen, Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass eine Abwicklungsbehörde mehrere Sonderverwalter bestellen kann.

(2)   Der Sonderverwalter verfügt über alle Befugnisse der Anteilseigner und des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans des in Abwicklung befindlichen Unternehmens. Der Sonderverwalter übt diese Befugnisse unter der Kontrolle der Abwicklungsbehörde aus. Die Abwicklungsbehörde kann die Befugnisse des Sonderverwalters beschränken oder vorschreiben, dass bestimmte Handlungen einer vorherigen Zustimmung bedürfen.

Die Abwicklungsbehörde gibt die in Absatz 1 genannte Bestellung sowie die an diese Bestellung geknüpften Bedingungen öffentlich bekannt.

(3)   Der Sonderverwalter ist gesetzlich verpflichtet, die zur Verwirklichung der Abwicklungsziele erforderlichen Schritte zu ergreifen und Abwicklungsmaßnahmen der Abwicklungsbehörde umzusetzen. Diese gesetzliche Pflicht hat im Falle von Widersprüchen oder Konflikten mit anderen in der Satzung des Unternehmens oder im nationalen Recht vorgesehenen Verwaltungspflichten Vorrang.

(4)   Die Mitgliedstaaten verpflichten den Sonderverwalter, der Abwicklungsbehörde, die ihn bestellt hat, in regelmäßigen, von der Abwicklungsbehörde festzulegenden Abständen sowie zu Beginn und zum Ende seines Mandats Bericht zu erstatten. In diesen Berichten wird die Finanzlage des in Abwicklung befindlichen Unternehmens detailliert dargelegt und werden die Gründe für die getroffenen Maßnahmen genannt.

(5)   Der Sonderverwalter wird für höchstens ein Jahr bestellt. Dieser Zeitraum kann verlängert werden, wenn die Abwicklungsbehörde feststellt, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Sonderverwalters weiterhin gegeben sind.

(6)   Die Abwicklungsbehörde kann den Sonderverwalter jederzeit abberufen.

Artikel 45

Befugnisse bezüglich der Bereitstellung von operationellen Diensten und Einrichtungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, von einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen oder einem Unternehmen, das derselben Gruppe angehört, die Bereitstellung von operationellen Diensten und Einrichtungen zu verlangen, die ein übernehmender Rechtsträger für den Betrieb des auf ihn übertragenen Geschäfts benötigt, und zwar auch, wenn ein in Abwicklung befindliches Unternehmen oder ein relevantes Unternehmen der Gruppe einem regulären Insolvenzverfahren unterzogen wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um sicherzustellen, dass Waren und Dienstleistungen, die ein Anbieter wesentlicher Dienstleistungen einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen direkt oder indirekt bereitstellt, von diesem weiterhin bereitgestellt werden können, nachdem eine Abwicklungsmaßnahme ergriffen wurde, wenn

a)

die Vermögenswerte des Anbieters wesentlicher Dienstleistungen die Höhe seiner Verbindlichkeiten unterschreiten, oder objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird, oder

b)

der Anbieter wesentlicher Dienstleistungen nicht in der Lage ist, seine Schulden oder sonstigen Verbindlichkeiten bei Fälligkeit zu begleichen, oder objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich der Anbieter wesentlicher Dienstleistungen in naher Zukunft in einer solchen Situation befinden wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre Abwicklungsbehörden zur Durchsetzung von Verpflichtungen befugt sind, die Unternehmen einer Gruppe mit Sitz in ihrem Hoheitsgebiet gemäß Absatz 1 von Abwicklungsbehörden anderer Mitgliedstaaten auferlegt werden.

(4)   Die in den Absätzen 1 und 3 genannten operationellen Dienste und Einrichtungen werden zu folgenden Bedingungen bereitgestellt:

a)

wurden die operationellen Dienste und Einrichtungen dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen vor Einleitung der Abwicklungsmaßnahme im Rahmen einer Vereinbarung bereitgestellt, während der Geltungsdauer dieser Vereinbarung zu den gleichen Bedingungen;

b)

liegt keine Vereinbarung vor oder ist die Vereinbarung abgelaufen, zu angemessenen Bedingungen.

Artikel 46

Befugnis zur Durchsetzung von Krisenmanagementmaßnahmen anderer Mitgliedstaaten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei einer Übertragung von Anteilen, anderen Eigentumstiteln oder Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten, bei der Vermögenswerte in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Abwicklungsbehörde belegen sind oder Rechte oder Verbindlichkeiten unter das Recht eines anderen Mitgliedstaats als dem der Abwicklungsbehörde fallen, die Übertragung nach dem Recht dieses anderen Mitgliedstaats wirksam wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen der Abwicklungsbehörde, die die Übertragung vorgenommen hat oder vornehmen will, jede angemessene Unterstützung zur Verfügung, um sicherzustellen, dass die Anteile oder anderen Eigentumstitel oder die Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten in Einklang mit allen geltenden nationalen Bestimmungen auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass keine rechtliche Bestimmung des Mitgliedstaats, in dem die Vermögenswerte belegen sind, und keine für die Anteile, anderen Eigentumstitel, Rechte oder Verbindlichkeiten geltende rechtliche Bestimmung Anteilseigner, Gläubiger und Dritte, die von einer in Absatz 1 genannten Übertragung von Anteilen, anderen Eigentumstiteln, Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten betroffen sind, dazu berechtigt, die Übertragung zu verhindern, anzufechten oder außer Kraft zu setzen.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Nennwert von Kapitalinstrumenten, Schuldtiteln oder anderen berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten herabgesetzt wird oder solche Verbindlichkeiten oder Instrumente im Einklang mit der Ausübung von Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen durch eine Abwicklungsbehörde eines anderen Mitgliedstaats auf ein in Abwicklung befindliches Unternehmen umgewandelt werden, wenn die betreffenden Verbindlichkeiten oder Instrumente

a)

dem Recht eines anderen Mitgliedstaats als dem der Abwicklungsbehörde, die von den Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat, unterliegen;

b)

Gläubigern mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Abwicklungsbehörde, die von den Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat, geschuldet sind.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass keine gesetzliche Bestimmung eines anderen Mitgliedstaats als dem Mitgliedstaat der Abwicklungsbehörde, die von den Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat, Anteilseigner und Gläubiger, die von der Wahrnehmung der in Absatz 4 genannten Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse betroffen sind, dazu berechtigt, die Herabsetzung des Nennwerts des Instruments oder der Verbindlichkeit bzw. deren Umwandlung anzufechten.

(6)   Jeder einzelne Mitgliedstaat stellt sicher, dass nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats der Abwicklungsbehörde sämtliche folgenden Elemente festgelegt werden:

a)

das Recht für Anteilseigner, Gläubiger und Dritte, eine in Absatz 1 dieses Artikels genannte Übertragung von Anteilen, anderen Eigentumstiteln, Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten durch Einlegung eines Rechtsmittels gemäß Artikel 67 anzufechten;

b)

das Recht für Gläubiger, die Herabsetzung des Nennwerts oder die Umwandlung eines Instruments oder einer Verbindlichkeit, die unter Absatz 4 Buchstaben a oder b fallen, durch Einlegung eines Rechtsmittels gemäß Artikel 67 anzufechten;

c)

die in Kapitel V genannten Schutzbestimmungen für partielle Übertragungen in Bezug auf die in Absatz 1 genannten Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten.

Artikel 47

Befugnis in Bezug auf in Drittländern belegene oder dem Recht von Drittländern unterliegende Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten, Anteile oder andere Eigentumstitel

(1)   Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass die Abwicklungsbehörden in Fällen, in denen sich die Abwicklungsmaßnahme auch auf Vermögenswerte erstreckt, die in einem Drittland belegen sind, oder auf Anteile, andere Eigentumstitel, Rechte oder Verbindlichkeiten, die dem Recht eines Drittlands unterliegen, verlangen können, dass

a)

die Person, die das in Abwicklung befindliche Unternehmen kontrolliert, und der übernehmende Rechtsträger alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Abwicklungsmaßnahme wirksam wird;

b)

die Person, die das in Abwicklung befindliche Unternehmen kontrolliert, die Anteile, andere Eigentumstitel, Vermögenswerte oder Rechte hält oder die Verbindlichkeiten im Namen des übernehmenden Rechtsträgers begleicht, bis die Abwicklungsmaßnahme wirksam wird;

c)

die angemessenen Ausgaben, die dem übernehmenden Rechtsträger bei der Durchführung einer der unter den Buchstaben a und b dieses Absatzes vorgeschriebenen Maßnahmen ordnungsgemäß entstehen, auf eine in Artikel 26 Absatz 5 angegebene Weise bestritten werden.

(2)   Um mögliche Maßnahmen gemäß Absatz 1 zu erleichtern, schreiben die Mitgliedstaaten in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen vor, in die entsprechenden Vereinbarungen vertragliche Bestimmungen aufzunehmen, durch die die Anteilseigner, Gläubiger oder Parteien der die Verbindlichkeit begründenden Vereinbarung anerkennen, dass die Verbindlichkeit unter Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse fallen kann, und sich damit einverstanden erklären, eine Herabsetzung des Nennwerts oder des Restbetrags, eine Umwandlung oder eine Löschung, die eine Abwicklungsbehörde unter Wahrnehmung dieser Befugnisse vornimmt, zu akzeptieren.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden von in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen verlangen können, diesen Abwicklungsbehörden ein begründetes Rechtsgutachten eines unabhängigen Rechtsexperten vorzulegen, in dem die rechtliche Durchsetzbarkeit und Wirksamkeit derartiger vertraglicher Bestimmungen bestätigt wird.

(3)   Wenn eine Abwicklungsbehörde zu der Bewertung gelangt, dass es unabhängig davon, ob die Person, die das in Abwicklung befindliche Unternehmen im Einklang mit Absatz 1 Buchstabe a kontrolliert, alle nötigen Schritte unternommen hat, sehr unwahrscheinlich ist, dass die Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf bestimmte in einem Drittland belegene Vermögenswerte oder bestimmte Anteile, andere Eigentumstitel, Rechte oder Verbindlichkeiten, die dem Recht eines Drittlands unterliegen, greift, verzichtet die Abwicklungsbehörde auf die Abwicklungsmaßnahme. Hat die Abwicklungsbehörde die Abwicklungsmaßnahme bereits angeordnet, so ist sie in Bezug auf die betreffenden Vermögenswerte, Anteile, anderen Eigentumstitel, Rechte oder Verbindlichkeiten nichtig.

Artikel 48

Ausschluss bestimmter vertraglicher Bedingungen

(1)   Eine in Bezug auf ein Unternehmen getroffene Krisenpräventionsmaßnahme oder Krisenmanagementmaßnahme, einschließlich des Eintretens eines unmittelbar mit der Anwendung einer solcher Maßnahme verbundenen Ereignisses, gilt gemäß einem von dem betreffenden Unternehmen eingegangenen Vertrag an sich nicht als Durchsetzungsereignis im Sinne der Richtlinie 2002/47/EG oder als Insolvenzverfahren im Sinne der Richtlinie 98/26/EG, sofern die wesentlichen Verpflichtungen nach diesem Vertrag, einschließlich Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen, und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden.

Eine Krisenpräventionsmaßnahme oder Krisenmanagementmaßnahme an sich gilt zudem im Rahmen eines Vertrags nicht als Durchsetzungsereignis im Sinne der Richtlinie 2002/47/EG oder Insolvenzverfahren im Sinne der Richtlinie 98/26/EG, sofern der Vertrag

a)

von einem Tochterunternehmen eingegangen wurde und das Mutterunternehmen oder ein Unternehmen der Gruppe die Verpflichtungen aus diesem Vertrag garantiert oder auf andere Art und Weise unterstützt oder

b)

von einem Unternehmen einer Gruppe eingegangen wurde und der Vertrag Cross-Default-Klauseln enthält.

(2)   Wenn die Abwicklungsverfahren von Drittländern gemäß Artikel 76 anerkannt werden oder, in Ermangelung einer solchen Anerkennung, wenn eine Abwicklungsbehörde dies entscheidet, gelten Abwicklungsverfahren von Drittländern für die Zwecke dieses Artikels als Krisenmanagementmaßnahme.

(3)   Sofern die wesentlichen Verpflichtungen aus dem Vertrag, einschließlich der Zahlungs- und Lieferverpflichtung, und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden, berechtigt eine Krisenpräventionsmaßnahme oder eine Krisenmanagementmaßnahme, einschließlich eines unmittelbar mit der Anwendung einer solchen Maßnahme verbundenen Ereignisses, an sich niemanden,

a)

Kündigungs-, Aussetzungs-, Änderungs-, Verrechnungs- oder Aufrechnungsrechte auszuüben, auch wenn der Vertrag

i)

von einem Tochterunternehmen eingegangen wurde und der Vertrag Verpflichtungen enthält, die von einem Unternehmen der Gruppe garantiert oder auf andere Art und Weise unterstützt werden,

ii)

von einem Unternehmen der Gruppe eingegangen wurde und der Vertrag Cross-Default-Klauseln enthält;

b)

in den Besitz von Eigentum eines der betreffenden in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen oder eines Unternehmens der Gruppe in Bezug auf einen Vertrag, der Cross-Default-Klauseln enthält, zu gelangen, Kontrolle darüber auszuüben oder Ansprüche aus einer Sicherheit geltend zu machen;

c)

etwaige vertragliche Rechte eines der betreffenden in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen oder eines Unternehmens der Gruppe in Bezug auf einen Vertrag, der Cross-Default-Klauseln enthält, zu beeinträchtigen.

(4)   Das Recht einer Person, eine in Absatz 3 Buchstaben a, b oder c genannte Handlung vorzunehmen, bleibt von den Absätzen 1, 2 und 3 unberührt, wenn das Recht aus einem anderen Ereignis als der Krisenpräventionsmaßnahme, der Krisenmanagementmaßnahme oder aufgrund eines unmittelbar mit der Anwendung einer solchen Maßnahme verbundenen Ereignisses entsteht.

(5)   Eine Aussetzung oder Beschränkung gemäß Artikel 49 oder Artikel 50 stellt keine Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung im Sinne der Absätze 1 und 3 des vorliegenden Artikels und des Artikels 51 Absatz 1 dar.

(6)   Die Bestimmungen dieses Artikels gelten als Eingriffsnormen im Sinne des Artikels 9 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (23).

Artikel 49

Befugnis zur Aussetzung bestimmter Pflichten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, jede etwaige Zahlungs- oder Lieferverpflichtung aus Verträgen, bei denen ein in Abwicklung befindliches Unternehmen Vertragspartei ist, auszusetzen, und zwar ab der öffentlichen Bekanntmachung der Aussetzung gemäß Artikel 65 Absatz 3 bis Mitternacht des auf diese Bekanntmachung folgenden Geschäftstags in dem Mitgliedstaat, in dem die Abwicklungsbehörde des in Abwicklung befindlichen Unternehmens ihren Sitz hat.

(2)   Eine Zahlungs- oder Lieferverpflichtung, deren Fälligkeit in den in Absatz 1 genannten Aussetzungszeitraum fällt, wird unmittelbar nach Ablauf des Aussetzungszeitraums fällig.

(3)   Werden die Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens aus einem Vertrag im Einklang mit Absatz 1 ausgesetzt, werden die sich aus diesem Vertrag ergebenden Zahlungs- oder Lieferverpflichtungen der Gegenparteien des in Abwicklung befindlichen Unternehmens für den gleichen Zeitraum ausgesetzt.

(4)   Von einer Aussetzung gemäß Absatz 1 ausgenommen sind Zahlungs- und Lieferverpflichtungen gegenüber

a)

Systemen und Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden;

b)

zentralen Gegenparteien, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie von der ESMA gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannten zentralen Gegenparteien aus Drittländern.

(5)   Die Abwicklungsbehörden berücksichtigen bei der Ausübung einer Befugnis gemäß diesem Artikel die möglichen Auswirkungen der Ausübung dieser Befugnis.

Die Abwicklungsbehörden setzen den Umfang dieser Befugnis unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falls fest.

Artikel 50

Befugnis zur Beschränkung der Durchsetzung von Sicherungsrechten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, den abgesicherten Gläubigern eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens ab der öffentlichen Bekanntmachung der Beschränkung gemäß Artikel 65 Absatz 3 bis Mitternacht des auf diese Bekanntmachung folgenden Geschäftstags in dem Mitgliedstaat, in dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen seinen Sitz hat, in Bezug auf beliebige Vermögenswerte des Unternehmens die Durchsetzung von Sicherungsrechten zu untersagen.

(2)   Von einer Beschränkung gemäß Absatz 1 ausgenommen sind

a)

Sicherungsrechte von Systemen oder Betreibern von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden;

b)

zentralen Gegenparteien, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie von der ESMA gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannten zentralen Gegenparteien aus Drittländern.

(3)   Findet Artikel 62 Anwendung, stellen die Abwicklungsbehörden sicher, dass alle Beschränkungen, die im Rahmen der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels festgelegten Befugnis verhängt werden, für alle Unternehmen der Gruppe, in Bezug auf die eine Abwicklungsmaßnahme eingeleitet wird, konsistent sind.

Artikel 51

Befugnis zur vorübergehenden Aussetzung von Kündigungsrechten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, die Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit einem in Abwicklung befindlichen Unternehmen auszusetzen, und zwar ab der öffentlichen Bekanntmachung der Aussetzung im Einklang mit Artikel 65 Absatz 3 bis Mitternacht des auf diese Bekanntmachung folgenden Geschäftstags in dem Mitgliedstaat, in dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen seinen Sitz hat, sofern die Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, die Kündigungsrechte einer Partei eines Vertrags mit dem Tochterunternehmen eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens auszusetzen, wenn eine der folgenden Situationen zutrifft:

a)

die Wahrnehmung der sich aus dem Vertrag ergebenden Verpflichtungen werden von dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen garantiert oder auf andere Art und Weise unterstützt;

b)

die Kündigungsrechte gemäß diesem Vertrag beruhen ausschließlich auf der Insolvenz oder der Finanzlage des in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

c)

für den Fall, dass eine Übertragungsbefugnis in Bezug auf das in Abwicklung befindliche Unternehmen ausgeübt wurde oder ausgeübt werden kann:

i)

wenn alle mit diesem Vertrag verbundenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf den übernehmenden Rechtsträger übertragen und von ihm übernommen wurden oder werden können oder

ii)

die Abwicklungsbehörde auf eine andere Weise für einen angemessenen Schutz dieser Verpflichtungen sorgt.

Die Aussetzung der Kündigungsrechte wird ab der öffentlichen Bekanntmachung im Einklang mit Artikel 65 Absatz 3 wirksam und gilt bis Mitternacht des auf diese Bekanntmachung folgenden Geschäftstags in dem Mitgliedstaat, in dem das Tochterunternehmen des in Abwicklung befindlichen Unternehmens seinen Sitz hat.

(3)   Eine Aussetzung gemäß Absatz 1 oder 2 gilt nicht für

a)

Systeme oder Betreiber von Systemen, die gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt wurden oder

b)

zentralen Gegenparteien, die gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in der Union zugelassen sind, sowie von der ESMA gemäß Artikel 25 der genannten Verordnung anerkannten zentralen Gegenparteien aus Drittländern.

(4)   Eine Person kann vor Ablauf des in Absatz 1 oder 2 genannten Zeitraums von einem im Rahmen eines Vertrags bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch machen, wenn sie von der Abwicklungsbehörde die Mitteilung erhält, dass die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten nicht

a)

auf ein anderes Unternehmen übertragen werden oder

b)

unter Herabschreibungs- oder Umwandlungsbefugnisse im Einklang mit Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a fallen.

(5)   Macht eine Abwicklungsbehörde von der in Absatz 1 oder 2 des vorliegenden Artikels genannten Befugnis zur Aussetzung von Kündigungsrechten Gebrauch und ist keine Mitteilung gemäß Absatz 4 des vorliegenden Artikels ergangen, können diese Kündigungsrechte bei Ablauf des Aussetzungszeitraums vorbehaltlich des Artikels 48 wie folgt wahrgenommen werden:

a)

In Fällen, in denen die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten auf ein anderes Unternehmen übertragen wurden, darf eine Gegenpartei nur bei einem etwaigen andauernden oder nachfolgenden Durchsetzungsereignis des übernehmenden Rechtsträgers den Bedingungen dieses Vertrags entsprechend von diesen Kündigungsrechten Gebrauch machen;

b)

wenn die unter den Vertrag fallenden Rechte und Verbindlichkeiten bei dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen verbleiben und die Abwicklungsbehörde auf diesen Vertrag nicht das Instrument der Herabschreibung oder Umwandlung für den in Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a genannten Zweck angewendet hat, kann eine Gegenpartei bei Ablauf des Aussetzungszeitraums im Einklang mit Absatz 1 des vorliegenden Artikels den Bedingungen dieses Vertrags entsprechend von Kündigungsrechten Gebrauch machen.

Artikel 52

Vertragliche Anerkennung von Befugnissen zur Aussetzung bei der Abwicklung

(1)   Die Mitgliedstaaten schreiben den in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen vor, in jeden Finanzkontrakt, den sie eingehen und der dem Recht eines Drittlands unterliegt, eine Klausel aufzunehmen, mit der die Vertragsparteien anerkennen, dass der Finanzkontrakt Gegenstand der Ausübung von Befugnissen durch die Abwicklungsbehörde sein kann, um Rechte und Pflichten gemäß den Artikeln 49, 50 und 51 auszusetzen oder zu beschränken, und dass sie durch die Anforderungen des Artikels 48 gebunden sind.

(2)   Die Mitgliedstaaten können auch vorschreiben, dass oberste Mutterunternehmen sicherstellen, dass ihre Tochterunternehmen in einem Drittland, bei denen es sich um in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen handelt, in den in Absatz 1 genannten Finanzkontrakten Bestimmungen aufnehmen, um auszuschließen, dass die Ausübung der Befugnis nach Absatz 1, Rechte und Pflichten des obersten Mutterunternehmens auszusetzen oder zu beschränken, durch die Abwicklungsbehörde eine frühzeitige Kündigung, Aussetzung, Änderung, Verrechnung, Ausübung von Aufrechnungsrechten oder Durchsetzung von Sicherungsrechten in Bezug auf diese Verträge rechtfertigt.

(3)   Absatz 1 gilt für jegliche Finanzkontrakte, die

a)

nach Inkrafttreten der Vorschriften, die auf nationaler Ebene zur Umsetzung dieses Artikels angenommen wurden, eine neue Verpflichtung schaffen oder eine bestehende Verpflichtung wesentlich ändern;

b)

die Ausübung eines oder mehrerer Kündigungsrechte oder Rechte zur Durchsetzung von Sicherungsrechten vorsehen, für die Artikel 48, 49, 50 oder 51 gelten würde, falls der Finanzkontrakt dem Recht eines Mitgliedstaats unterläge.

(4)   Der Umstand, dass ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen die in Absatz 1 genannten vertraglichen Bedingungen nicht in seine Finanzkontrakte aufnimmt, hindert die Abwicklungsbehörde nicht daran, die in den Artikeln 48, 49, 50 oder 51 genannten Befugnisse in Bezug auf diese Finanzkontrakte auszuüben.

(5)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen der Inhalt der in Absatz 1 genannten Vertragsklausel festgelegt wird, wobei sie den unterschiedlichen Geschäftsmodellen der dort genannten Unternehmen Rechnung trägt.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2027 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 53

Befugnis zur vorübergehenden Aussetzung von Rücktauschrechten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden befugt sind, Rücktauschrechte von Versicherungsnehmern in Bezug auf Lebensversicherungsverträge des in Abwicklung befindlichen Unternehmens vorübergehend zu beschränken oder auszusetzen, sofern die wesentlichen Verpflichtungen nach den Verträgen, insbesondere Zahlungsverpflichtungen zugunsten der Versicherungsnehmer, Begünstigten oder Geschädigten, weiterhin erfüllt werden.

(2)   Die Befugnis nach Absatz 1 darf nur so lange ausgeübt werden, wie dies erforderlich ist, um die Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente zu erleichtern. Diese Befugnis gilt für den Zeitraum, der in der gemäß Artikel 65 Absatz 3 veröffentlichten Bekanntmachung der Aussetzung angegeben ist.

Artikel 54

Wahrnehmung der Abwicklungsbefugnisse

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden die Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Unternehmen übernehmen können, um

a)

das in Abwicklung befindliche Unternehmen mit allen Befugnissen seiner Anteilseigner und seines Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans betreiben und die Tätigkeiten und Dienstleistungen des Unternehmens erbringen zu können;

b)

Vermögenswerte und Eigentum des in Abwicklung befindlichen Unternehmens zu verwalten und darüber zu verfügen.

Die Kontrolle nach Unterabsatz 1 kann direkt durch die Abwicklungsbehörde oder indirekt durch eine von der Abwicklungsbehörde bestellte Person oder von ihr bestellte Personen ausgeübt werden. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Stimmrechte aufgrund von Anteilen oder anderen Eigentumstiteln des in Abwicklung befindlichen Unternehmens während der Abwicklung nicht ausgeübt werden können.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden vorbehaltlich des Rechts auf Einlegung eines Rechtsbehelfs nach Artikel 67 Abwicklungsmaßnahmen im Wege einer Ausführungsanordnung entsprechend den nationalen Verwaltungszuständigkeiten und -verfahren durchführen können, ohne Kontrolle über das in Abwicklung befindliche Unternehmen auszuüben.

(3)   Die Abwicklungsbehörden entscheiden auf Einzelfallbasis, ob es angezeigt ist, die Abwicklungsmaßnahme mit den in Absatz 1 oder Absatz 2 genannten Mitteln durchzuführen und tragen dabei den Abwicklungszielen und den allgemeinen Grundsätzen für die Abwicklung nach Artikel 22, der spezifischen Situation des betreffenden in Abwicklung befindlichen Unternehmens und der Erforderlichkeit, die wirksame Abwicklung grenzübergreifend tätiger Gruppen zu erleichtern, Rechnung.

(4)   Die Abwicklungsbehörden gelten nach nationalem Recht nicht als Schattengeschäftsführer oder als faktische Geschäftsführer.

KAPITEL V

Schutzbestimmungen

Artikel 55

Behandlung der Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigten, Anspruchsberechtigten und anderen Gläubiger bei partiellen Übertragungen und Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente – außer in einer Situation im Sinne von Absatz 2 des vorliegenden Artikels – und bei lediglich partieller Übertragung der Rechte, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Unternehmens durch die Abwicklungsbehörden die Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigten, Anspruchsberechtigten und anderen Gläubiger, deren Forderungen nicht übertragen wurden, zur Begleichung ihrer Forderungen eine Zahlung in mindestens der Höhe erhalten, die sie erhalten hätten, wenn das in Abwicklung befindliche Unternehmen zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde, im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens liquidiert worden wäre.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei Anwendung eines oder mehrerer Abwicklungsinstrumente und bei Anwendung des Instruments der Herabschreibung oder Umwandlung durch die Abwicklungsbehörden bei Anteilseignern, Versicherungsnehmern, Begünstigten, Anspruchsberechtigten und anderen Gläubigern, deren Forderungen herabgeschrieben oder in Eigenkapital umgewandelt wurden, keine größeren Verluste entstehen, als sie ihnen entstanden wären, wenn das in Abwicklung befindliche Unternehmen zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde, im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens liquidiert worden wäre.

Artikel 56

Bewertung einer unterschiedlichen Behandlung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen zur Bewertung der Frage, ob die Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigten, Anspruchsberechtigten und anderen Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, sicher, dass möglichst bald nach Durchführung der Abwicklungsmaßnahme oder -maßnahmen eine unabhängige Person eine Bewertung vornimmt. Diese Bewertung erfolgt getrennt von der Bewertung nach Artikel 23.

(2)   Bei der Bewertung nach Absatz 1 wird festgestellt,

a)

wie Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und andere Gläubiger, oder die einschlägigen Sicherungssysteme für Versicherungen, behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen, für das die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurden, zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre;

b)

wie Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und andere Gläubiger im Rahmen der Abwicklung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens tatsächlich behandelt wurden;

c)

ob Unterschiede zwischen der Behandlung gemäß Buchstabe a und der Behandlung gemäß Buchstabe b bestehen.

(3)   Die Bewertung erfolgt

a)

unter der Annahme, dass für das in Abwicklung befindliche Unternehmen, für das die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen durchgeführt wurde bzw. wurden, zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre;

b)

unter der Annahme, dass die Abwicklungsmaßnahme oder die Abwicklungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden wäre bzw. wären;

c)

unter Berücksichtigung einer wirtschaftlich plausiblen Schätzung der Wiederbeschaffungskosten, einschließlich Makler- und Abschlussgebühren, der bereits erworbenen Policen für geeignete Kohorten von Versicherungsnehmern zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde;

d)

ohne Berücksichtigung jeglicher außerordentlichen finanziellen Unterstützung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens aus öffentlichen Mitteln.

(4)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen die Methode für die Durchführung der im vorliegenden Artikel genannten Bewertung festgelegt wird, insbesondere die Methode, nach der bewertet wird, wie Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und andere Gläubiger behandelt worden wären, wenn für das in Abwicklung befindliche Unternehmen zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung im Sinne von Artikel 64 getroffen wurde, das reguläre Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre, und die Methode für die Schätzung der Wiederbeschaffungskosten.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2027 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 57

Schutzbestimmungen für Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte und andere Gläubiger

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass, wenn die Bewertung gemäß Artikel 56 zu dem Ergebnis führt, dass einem in Artikel 55 genannten Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigten, Anspruchsberechtigten oder anderen Gläubiger oder, soweit angebracht, dem Sicherungssystem für Versicherungen gemäß dem anwendbaren nationalen Recht größere Verluste entstanden sind, als sie bei einer Liquidation im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens entstanden wären, der betreffende Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte oder andere Gläubiger oder das betreffende Sicherungssystem für Versicherungen das Recht auf Auszahlung des Differenzbetrags hat.

Artikel 58

Schutzbestimmungen für Gegenparteien bei partiellen Übertragungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen einen angemessenen Schutz folgender Vereinbarungen und der Gegenparteien folgender Vereinbarungen sicher:

a)

Sicherungsvereinbarungen, denen zufolge eine Person im Wege der Sicherheit eine tatsächliche oder mögliche Beteiligung an den Vermögenswerten oder Rechten, die Gegenstand einer Übertragung sind, hält, und zwar unabhängig davon, ob diese Beteiligung durch spezifische Vermögenswerte oder Rechte oder mittels einer „Floating Charge“ oder einer ähnlichen Vereinbarung besichert ist;

b)

Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, bei denen eine Sicherheit zur Besicherung oder Unterlegung der Leistung spezifischer Verpflichtungen mittels einer Übertragung des vollständigen Eigentums an den Vermögenswerten vom Sicherheitengeber auf den Sicherheitennehmer unter der Bedingung gestellt wird, dass der Sicherheitennehmer die Vermögenswerte rücküberträgt, wenn die genannten Verpflichtungen erfüllt werden;

c)

Aufrechnungsvereinbarungen, denen zufolge zwei oder mehrere Forderungen oder Verpflichtungen zwischen dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen und einer Gegenpartei gegeneinander aufgerechnet werden können;

d)

Saldierungsvereinbarungen;

e)

fondsgebundene Policen oder andere getrennte Portfolios;

f)

Rückversicherungsvereinbarungen;

g)

strukturierte Finanzierungsvereinbarungen, einschließlich Verbriefungen und zu Absicherungszwecken verwendeter Instrumente, die einen festen Bestandteil des Deckungspools bilden und die nach einzelstaatlichem Recht besichert sind, und die Gewährung und das Halten einer Sicherheit durch eine Partei der Vereinbarung oder einen Treuhänder, Bevollmächtigten oder Beauftragten beinhalten.

Welche Art des Schutzes angemessen ist, wird für die unter Unterabsatz 1 Buchstaben a bis g genannten Vereinbarungen spezifiziert und im Einklang mit den Artikeln 59 bis 62 gewählt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 genannten Schutzmaßnahmen in folgenden Fällen Anwendung finden:

a)

Eine Abwicklungsbehörde überträgt einen Teil, nicht aber die Gesamtheit der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens an ein anderes Unternehmen oder, im Zuge der Anwendung eines Abwicklungsinstruments, von einem Brückenunternehmen oder einer Vermögensverwaltungsgesellschaft auf eine andere Person;

b)

eine Abwicklungsbehörde übt die in Artikel 43 Absatz 1 Buchstabe f genannten Befugnisse aus.

(3)   Die Anforderung nach Absatz 1 gilt unabhängig von der Zahl der an den Vereinbarungen beteiligten Parteien und unabhängig davon, ob die Vereinbarungen

a)

durch Vertrag, durch Trusts oder auf andere Weise zustande kamen oder sich durch Ausübung des Rechts automatisch ergeben;

b)

sich aufgrund des Rechts eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittlandes ergeben oder insgesamt oder teilweise durch dieses geregelt sind.

Artikel 59

Schutz von Vereinbarungen über Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungsvereinbarungen, Saldierungsvereinbarungen und Rückversicherungsvereinbarungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein angemessener Schutz für Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungs- und Saldierungsvereinbarungen und Rückversicherungsvereinbarungen besteht, sodass eine Übertragung eines Teils, nicht aber der Gesamtheit der Rechte und Verbindlichkeiten, die gemäß Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungsvereinbarungen, Saldierungsvereinbarungen oder Rückversicherungsvereinbarungen zwischen dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen und einer anderen Person geschützt sind, sowie eine durch Rückgriff auf zusätzliche Befugnisse erfolgende Änderung oder Beendigung von Rechten und Verbindlichkeiten, die gemäß solcher Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungsvereinbarungen, Saldierungsvereinbarungen oder Rückversicherungsvereinbarungen geschützt sind, vermieden werden.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 werden Rechte und Verbindlichkeiten als einem Schutz für Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, Aufrechnungsvereinbarungen, Saldierungsvereinbarungen und Rückversicherungsvereinbarungen unterliegend behandelt, wenn die Parteien der Vereinbarung zur Aufrechnung oder zur Saldierung dieser Rechte und Verbindlichkeiten befugt sind.

(2)   Wenn dies erforderlich ist, um die Versicherungsnehmer besser zu schützen, indem sichergestellt wird, dass übertragene Versicherungspolicen weiterhin den einschlägigen rechtlichen Anforderungen in Bezug auf verbindliche Mindestdeckungssummen nach dem anwendbaren nationalen Recht genügen, können die Abwicklungsbehörden ungeachtet des Absatzes 1 die Portfolios von Verträgen, die Teil der in Absatz 1 genannten Übertragungen und Vereinbarungen sind, übertragen, ohne andere Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten, die Teil derselben Übertragungen und Vereinbarungen sind, zu übertragen, und können diese Vermögenswerte, Rechte und anderen Verbindlichkeiten übertragen, ändern oder beenden, ohne die Portfolios von Verträgen zu übertragen.

Artikel 60

Schutz von Sicherungsvereinbarungen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein angemessener Schutz für unter eine Sicherungsvereinbarung fallende Verbindlichkeiten besteht, damit Folgendes vermieden wird:

a)

die Übertragung von Vermögenswerten, durch die die Verbindlichkeit besichert ist, es sei denn, die Verbindlichkeit und der Gewinn aus der Sicherheit werden ebenfalls übertragen;

b)

die Übertragung einer besicherten Verbindlichkeit, es sei denn, der Gewinn aus der Sicherheit wird ebenfalls übertragen;

c)

die Übertragung des Gewinns aus der Sicherheit, es sei denn, die besicherte Verbindlichkeit wird ebenfalls übertragen;

d)

die Änderung oder Beendigung einer Sicherungsvereinbarung durch Rückgriff auf zusätzliche Befugnisse, wenn diese Änderung oder Beendigung ein Ende der Besicherung der Verbindlichkeit bewirken würde.

(2)   Wenn dies erforderlich ist, um die Versicherungsnehmer besser zu schützen, indem sichergestellt wird, dass übertragene Versicherungspolicen weiterhin den einschlägigen rechtlichen Anforderungen in Bezug auf verbindliche Mindestdeckungssummen nach dem anwendbaren nationalen Recht genügen, können die Abwicklungsbehörden ungeachtet des Absatzes 1 die Portfolios von Verträgen, die Teil der in Absatz 1 genannten Vereinbarungen sind, übertragen, ohne andere Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten, die Teil derselben Vereinbarungen sind, zu übertragen, und können diese Vermögenswerte, Rechte und anderen Verbindlichkeiten übertragen, ändern oder beenden, ohne die Portfolios von Verträgen zu übertragen.

Artikel 61

Schutz strukturierter Finanzierungsvereinbarungen und anderer getrennter Portfolios

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ein angemessener Schutz für strukturierte Finanzierungsvereinbarungen und andere getrennte Portfolios, einschließlich Vereinbarungen im Sinne von Artikel 58 Absatz 1 Buchstaben e und g, besteht und dadurch Folgendes vermieden wird:

a)

Übertragung eines Teils, nicht aber der Gesamtheit der Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten, die eine strukturierte Finanzierungsvereinbarung oder andere getrennte Portfolios – wozu auch die in Artikel 58 Absatz 1 Buchstaben e und g genannten Vereinbarungen gehören können –, an dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen beteiligt ist, ausmachen oder die Teil davon sind;

b)

Beendigung oder Änderung durch Rückgriff auf zusätzliche Befugnisse der Vermögenswerte, Rechte und Verbindlichkeiten, die eine strukturierte Finanzierungsvereinbarung oder andere getrennte Portfolios – wozu auch die in Artikel 58 Absatz 1 Buchstaben e und g genannten Vereinbarungen gehören können –, an dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen beteiligt ist, ausmachen oder die Teil davon sind.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 können die Abwicklungsbehörden Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten, die Teil derselben Vereinbarung sind, übertragen, ändern oder beenden, wenn dies erforderlich ist, um die in Artikel 18 genannten Abwicklungsziele besser zu erreichen und um insbesondere einen besseren Schutz der Versicherungsnehmer zu gewährleisten.

Artikel 62

Partielle Übertragungen: Schutz von Handels-, Clearing- und Abwicklungssystemen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Anwendung eines Abwicklungsinstruments nicht die Funktionsweise von unter die Richtlinie 98/26/EG fallenden Systemen oder Bestimmungen berührt, wenn die Abwicklungsbehörde entweder

a)

einen Teil, nicht aber die Gesamtheit der Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens auf ein anderes Unternehmen überträgt oder

b)

die in Artikel 43 genannten zusätzlichen Befugnisse nutzt, um die Bedingungen eines Vertrags, bei dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen Vertragspartei ist, aufzuheben oder zu ändern oder einen Begünstigten zur Vertragspartei zu machen.

(2)   Eine Übertragung, Aufhebung oder Änderung gemäß Absatz 1 dieses Artikels darf nicht

a)

einen Übertragungsauftrag nach Artikel 5 der Richtlinie 98/26/EG widerrufen;

b)

die rechtliche Verbindlichkeit von Übertragungsaufträgen und Aufrechnungen nach Maßgabe der Artikel 3 und 5 der Richtlinie 98/26/EG, die Nutzung von Guthaben, Wertpapieren oder Kreditfazilitäten nach Maßgabe des Artikels 4 der genannten Richtlinie oder den Schutz dinglicher Sicherheiten nach Maßgabe des Artikels 9 der genannten Richtlinie ändern oder infrage stellen.

KAPITEL VI

Verfahrenspflichten

Artikel 63

Mitteilungspflichten

(1)   Die Mitgliedstaaten verpflichten das Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgan eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens zur Unterrichtung der Aufsichtsbehörde, wenn das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen der Einschätzung eines solchen Organs zufolge im Sinne von Artikel 19 Absatz 4 ausfällt oder auszufallen droht.

(2)   Die Aufsichtsbehörden unterrichten die betroffenen Abwicklungsbehörden über

a)

alle Mitteilungen, die gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels, gemäß Artikel 136, Artikel 138 Absatz 1 und Artikel 139 Absatz 1 der Richtlinie 2009/138/EG eingegangen sind;

b)

alle Maßnahmen, die die Aufsichtsbehörde im Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse nach Artikel 15 oder 16 der vorliegenden Richtlinie und gemäß Artikel 136a, Artikel 137, Artikel 138 Absätze 3 und 5, Artikel 139 Absatz 3 und den Artikeln 140, 141 und 144 der Richtlinie 2009/138/EG von dem in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen zu ergreifen verlangt;

c)

jede Verlängerung der Frist für die Sanierung gemäß Artikel 138 Absatz 4 der Richtlinie 2009/138/EG.

Die Aufsichtsbehörden übermitteln den Abwicklungsbehörden auch ein Exemplar des Sanierungsplans, den das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e der vorliegenden Richtlinie genannte Unternehmen gemäß Artikel 138 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG vorgelegt hat, ein Exemplar des Finanzierungsplans, den das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e der vorliegenden Richtlinie genannte Unternehmen gemäß Artikel 139 Absatz 2 der Richtlinie 2009/138/EG vorgelegt hat, und gegebenenfalls die Stellungnahme der Aufsichtsbehörden zu diesen Unterlagen.

(3)   Eine Aufsichtsbehörde oder eine Abwicklungsbehörde, die feststellt, dass die in Artikel 19 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Voraussetzungen in Bezug auf ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen erfüllt sind, unterrichtet unverzüglich folgende Behörden, sofern diese nicht identisch sind, von dieser Feststellung:

a)

die Abwicklungsbehörde des Unternehmens;

b)

die Aufsichtsbehörde des Unternehmens;

c)

die Aufsichtsbehörde eines Mitgliedstaats, in dem dieses Unternehmen bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten ausübt;

d)

die Abwicklungsbehörde eines Mitgliedstaats, in dem dieses Unternehmen bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten ausübt;

e)

gegebenenfalls das Sicherungssystem für Versicherungen, dem dieses Unternehmen angehört, wenn dies erforderlich ist, damit das Sicherungssystem für Versicherungen seinen Zweck erfüllen kann;

f)

gegebenenfalls die für die Abwicklung auf Gruppenebene zuständige Behörde;

g)

das zuständige Ministerium;

h)

gegebenenfalls die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde;

i)

den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und die benannte nationale makroprudenzielle Behörde;

j)

die betreffende gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannte zuständige Abwicklungsbehörde sowie die betreffende zuständige Behörde im Sinne der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (24) und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, sofern das Unternehmen Teil eines Finanzkonglomerats ist.

Artikel 64

Entscheidung der Abwicklungsbehörde

(1)   Die Abwicklungsbehörde stellt nach Erhalt einer Mitteilung der Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 63 Absatz 3 oder auf eigene Initiative fest, ob die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 festgelegten Voraussetzungen in Bezug auf das betreffende in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen gegeben sind.

(2)   Die Entscheidung darüber, ob Abwicklungsmaßnahmen hinsichtlich eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens eingeleitet werden sollen, enthält die Gründe für diese Entscheidung.

Die Entscheidung, eine Abwicklungsmaßnahme einzuleiten, enthält darüber hinaus die folgenden Informationen: die Abwicklungsmaßnahme sowie gegebenenfalls die Festlegung, dass Antrag auf Liquidation zu stellen, ein Verwalter zu bestellen oder im Rahmen der geltenden regulären Insolvenzverfahren eine andere Maßnahme oder vorbehaltlich des Artikels 26 Absatz 7 nach dem nationalen Recht eine andere Abwicklungsmaßnahme zu treffen ist.

Artikel 65

Verfahrenspflichten der Abwicklungsbehörden

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden, sobald dies nach dem Ergreifen einer Abwicklungsmaßnahme praktisch möglich ist, den Anforderungen der Absätze 2 und 3 nachkommen.

(2)   Die Abwicklungsbehörden unterrichten das in Abwicklung befindliche Unternehmen und, sofern diese nicht identisch sind, folgende Behörden von der Abwicklungsmaßnahme nach Absatz 1:

a)

die Aufsichtsbehörde des in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

b)

die Aufsichtsbehörde einer Zweigniederlassung des in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

c)

die Zentralbank des Mitgliedstaats, in dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen niedergelassen ist;

d)

gegebenenfalls das Sicherungssystem für Versicherungen, dem das in Abwicklung befindliche Unternehmen angeschlossen ist;

e)

gegebenenfalls die für die Abwicklung auf Gruppenebene zuständige Behörde;

f)

das zuständige Ministerium;

g)

gegebenenfalls die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde;

h)

den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken und die benannte nationale makroprudenzielle Behörde;

i)

die Kommission, die Europäische Zentralbank sowie die EIOPA, die ESMA und die EBA;

j)

sofern es sich bei dem in Abwicklung befindlichen Unternehmen um ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie 98/26/EG handelt, die Betreiber des Systems, an dem es beteiligt ist.

k)

die betreffende gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannte zuständige Abwicklungsbehörde sowie die betreffende zuständige Behörde im Sinne der Richtlinie 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, sofern das in Abwicklung befindliche Unternehmen Teil eines Finanzkonglomerats ist.

(3)   Die Abwicklungsbehörde veröffentlicht eine Abschrift der Anordnung oder des Instruments zur Durchführung der Abwicklungsmaßnahme oder eine Bekanntmachung, in der die Auswirkungen der Abwicklungsmaßnahme, einschließlich der Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer sowie gegebenenfalls die Bedingungen und die Dauer der Aussetzung oder Beschränkung im Sinne der Artikel 49, 50 und 51, zusammengefasst werden, oder sie veranlasst deren Veröffentlichung, und zwar:

a)

auf ihrer offiziellen Website;

b)

auf der Website der Aufsichtsbehörde, sofern diese nicht identisch mit der Abwicklungsbehörde ist, und auf der Website der EIOPA;

c)

auf der Website des in Abwicklung befindlichen Unternehmens;

d)

wenn die Anteile oder andere Eigentumstitel oder Schuldtitel des in Abwicklung befindlichen Unternehmens zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, unter Nutzung der Mittel für die Bekanntgabe der vorgeschriebenen Informationen über das in Abwicklung befindliche Unternehmen im Einklang mit Artikel 21 Absatz 1 der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (25).

(4)   Wenn die Anteile, Eigentumstitel oder Schuldtitel nicht für den Handel auf einem regulierten Markt zugelassen sind, stellt die Abwicklungsbehörde sicher, dass die Unterlagen zum Nachweis der in Absatz 3 genannten Instrumente den Anteilseignern und Gläubigern des in Abwicklung befindlichen Unternehmens übermittelt werden, die aufgrund der Register oder Datenbanken des in Abwicklung befindlichen Unternehmens, auf die die Abwicklungsbehörde Zugriff hat, bekannt sind.

Artikel 66

Geheimhaltung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Anforderungen an das Berufsgeheimnis in Bezug auf die folgenden Personen, Behörden und Stellen verbindlich sind und dass keine vertraulichen Informationen von diesen offengelegt werden:

a)

Abwicklungsbehörden;

b)

Aufsichtsbehörden und EIOPA;

c)

zuständige Ministerien;

d)

gemäß Artikel 44 dieser Richtlinie bestellte Sonderverwalter;

e)

potenzielle Käufer, die von den Aufsichtsbehörden kontaktiert oder von den Abwicklungsbehörden angesprochen wurden, unabhängig davon, ob die Kontaktaufnahme in Vorbereitung der Anwendung des Instruments der Unternehmensveräußerung erfolgt ist, und unabhängig davon, ob die Kontaktaufnahme zu einem Erwerb geführt hat;

f)

Rechnungsprüfer, Wirtschaftsprüfer, Rechtsberater, sonstige professionelle Berater, Bewerter und andere von den Abwicklungsbehörden, den Aufsichtsbehörden, den zuständigen Ministerien oder den unter Buchstabe e genannten potenziellen Käufern unmittelbar oder mittelbar hinzugezogene Experten;

g)

Stellen, die Sicherungssysteme für Versicherungen verwalten;

h)

die für die Finanzierungsmechanismen zuständige Stelle;

i)

Zentralbanken und andere am Abwicklungsprozess beteiligte Behörden;

j)

ein Brückenunternehmen oder eine Vermögensverwaltungsgesellschaft;

k)

jede sonstige Person, die Personen im Sinne der Buchstaben a bis j unmittelbar oder mittelbar, dauerhaft oder zeitweise Dienstleistungen erbringt oder erbracht hat;

l)

vor, während oder nach ihrer Amtszeit die Geschäftsleitung, die Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans und die Mitarbeiter der Stellen oder Unternehmen im Sinne der Buchstaben a bis j dieses Absatzes;

m)

die gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannte zuständige Abwicklungsbehörde und die zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 575/2013.

(2)   Unbeschadet der allgemeinen Gültigkeit der in Absatz 1 genannten Anforderungen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass es den in Absatz 1 genannten Personen untersagt ist, vertrauliche Informationen, die sie in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten oder von einer Aufsichtsbehörde oder Abwicklungsbehörde im Rahmen der Funktionen dieser Behörde erhalten, an andere Personen oder Stellen offenzulegen, es sei denn,

a)

die Offenlegung geschieht im Rahmen der Ausübung ihrer Funktionen nach dieser Richtlinie;

b)

die Offenlegung geschieht in zusammengefasster oder allgemeiner Form, die keine Rückschlüsse auf einzelne in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen zulässt;

c)

die Behörde oder das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen, von dem die Information stammt, hat im Voraus ausdrücklich seine Zustimmung erteilt.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass von den in Absatz 1 genannten Personen die möglichen Folgen einer Offenlegung solcher Informationen für öffentliche Interessen der Finanz-, Währungs- oder Wirtschaftspolitik, für Geschäftsinteressen natürlicher und juristischer Personen, für die Zwecke von Inspektionstätigkeiten, für Untersuchungstätigkeiten und für Prüfungstätigkeiten bewertet werden.

Das Verfahren zur Bewertung der in Unterabsatz 2 genannten Folgen umfasst eine besondere Bewertung der Folgen einer Offenlegung der Inhalte und Einzelheiten von präventiven Sanierungsplänen und Abwicklungsplänen gemäß den Artikeln 5, 7, 9, 10 und 12 und der Ergebnisse aller nach den Artikeln 6, 8 und 13 durchgeführten Bewertungen.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 genannten Personen oder Stellen im Fall eines Verstoßes gegen diesen Artikel zivilrechtlich haftbar sind.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in Absatz 1 Buchstaben a, b, c, g, i und j genannten Personen über interne Vorschriften verfügen, um die Einhaltung der Geheimhaltungspflichten gemäß den Absätzen 1 und 2 zu gewährleisten, einschließlich Vorschriften, wonach die Vertraulichkeit der Informationen zwischen den an der Abwicklung direkt beteiligten Personen und Stellen sichergestellt ist.

(4)   Die Absätze 1 bis 3 hindern nicht

a)

Bedienstete und Experten der in Absatz 1 Buchstaben a bis i genannten Stellen oder Unternehmen daran, Informationen innerhalb der Stelle oder des Unternehmens untereinander auszutauschen;

b)

die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden, einschließlich ihrer Bediensteten und Experten, daran, Informationen untereinander und mit anderen Abwicklungsbehörden in der Union, mit anderen Aufsichtsbehörden in der Union, zuständigen Ministerien, Zentralbanken, Sicherungssystemen für Versicherungen, den für das reguläre Insolvenzverfahren zuständigen Behörden, den Behörden, die durch die Anwendung von makroprudenziellen Bestimmungen für die Erhaltung der Stabilität des Finanzsystems in Mitgliedstaaten zu sorgen haben, den mit der Durchführung von Abschlussprüfungen betrauten Personen, der EIOPA oder vorbehaltlich Artikel 80 mit Drittlandsbehörden, die ähnliche Aufgaben wie Abwicklungsbehörden wahrnehmen, oder vorbehaltlich der strengen Geheimhaltungspflichten, einem potenziellen Käufer zum Zweck der Planung oder Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme auszutauschen;

c)

Abwicklungsbehörden und Steuerbehörden desselben Mitgliedstaats daran, Informationen untereinander auszutauschen, soweit dieser Austausch nach nationalem Recht zulässig ist; stammen diese Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat, so dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Behörde, von der die Informationen stammen, ausgetauscht werden.

(5)   Mitgliedstaaten können den Austausch von Informationen zulassen mit

a)

jeder anderen Person, vorbehaltlich strenger Geheimhaltungspflichten, sofern dies für die Zwecke der Planung oder Durchführung von einer Abwicklungsmaßnahme erforderlich ist;

b)

parlamentarischen Untersuchungsausschüssen in ihren Mitgliedstaaten, Rechnungshöfen in ihren Mitgliedstaaten und anderen mit Ermittlungen beauftragten Stellen in ihrem Mitgliedstaat unter angemessenen Bedingungen;

c)

nationalen Behörden, die für die Aufsicht über Zahlungssysteme zuständig sind, Behörden, die für reguläre Insolvenzverfahren zuständig sind, Behörden, die mit der Beaufsichtigung anderer Unternehmen des Finanzsektors öffentlich betraut sind, Behörden, die für die Aufsicht über Finanzmärkte, Kreditinstitute und Wertpapierfirmen verantwortlich sind, sowie in ihrem Auftrag handelnde Kontrolleure, Behörden der Mitgliedstaaten, die durch die Anwendung von makroprudenziellen Bestimmungen für die Erhaltung der Stabilität des Finanzsystems in Mitgliedstaaten zu sorgen haben, Behörden, die für den Schutz der Stabilität des Finanzsystems zuständig sind und den mit der Durchführung von Abschlussprüfungen betrauten Personen.

(6)   Die Absätze 1 und 5 gelten unbeschadet der nationalen Rechtsvorschriften, die für die Zwecke strafrechtlicher oder zivilrechtlicher Verfahren für die Offenlegung von Informationen gelten.

(7)   Die EIOPA gibt bis zum 29. Januar 2027 Leitlinien gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 heraus, in denen festgelegt wird, wie Informationen für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe b des vorliegenden Artikels in zusammengefasster oder allgemeiner Form bereitgestellt werden sollten.

KAPITEL VII

Rechtsbehelf und Ausschluss anderer Maßnahmen

Artikel 67

Vorab erteilte gerichtliche Zustimmung und Anfechtungsrechte

(1)   Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass Entscheidungen zur Einleitung einer Krisenpräventionsmaßnahme oder einer Krisenmanagementmaßnahme einer vorab zu erteilenden gerichtlichen Zustimmung unterliegen, sofern das in Bezug auf die Entscheidung zur Einleitung einer Krisenmanagementmaßnahme vorgesehene Verfahren für den Antrag auf Zustimmung und die Prüfung durch das Gericht im Einklang mit dem nationalen Recht beschleunigt erfolgt.

(2)   Die Mitgliedstaaten sehen im nationalen Recht das Recht auf Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung zur Einleitung einer Krisenpräventionsmaßnahme oder einer Entscheidung zur Ausübung einer Befugnis gemäß dieser Richtlinie, bei der es sich nicht um eine Krisenmanagementmaßnahme handelt, vor.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede von der Entscheidung zur Einleitung einer Krisenmanagementmaßnahme betroffene Person das Recht hat, diese Entscheidung mit einem Rechtsmittel anzufechten.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Prüfung einer Krisenmanagementmaßnahme beschleunigt erfolgt und die nationalen Gerichte sich bei der eigenen Bewertung auf die wirtschaftlichen Tatsachenbewertungen der Abwicklungsbehörde stützen.

(4)   Für das Recht auf Einlegung eines Rechtsmittels im Sinne von Absatz 3 gelten folgende Anforderungen:

a)

Die Einlegung eines Rechtsmittels bewirkt nicht die automatische Aussetzung der Wirkung der angefochtenen Entscheidung;

b)

die Entscheidung der Abwicklungsbehörde ist sofort vollstreckbar und gibt Anlass zu der widerlegbaren Vermutung, dass eine Aussetzung ihrer Vollstreckung dem öffentlichen Interesse zuwiderliefe.

Wenn dies erforderlich ist, um die Interessen Dritter zu schützen, die im Zuge der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten oder der Ausübung von Abwicklungsbefugnissen durch eine Abwicklungsbehörde in gutem Glauben Anteile, andere Eigentumstitel, Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten eines in Abwicklung befindlichen Unternehmens erworben haben, berührt die Nichtigerklärung der Entscheidung einer Abwicklungsbehörde nicht nachfolgende Verwaltungsakte oder Transaktionen der betreffenden Abwicklungsbehörde, die aufgrund der aufgehobenen Entscheidung der Abwicklungsbehörde erfolgten. In diesem Fall ist rechtliche Abhilfe für den Fall einer unrechtmäßigen Entscheidung oder Maßnahme der Abwicklungsbehörden auf eine Entschädigung des vom Antragsteller infolge der aufgehobenen Entscheidung oder Maßnahme erlittenen Verlusts beschränkt.

Artikel 68

Beschränkungen sonstiger Verfahren

(1)   Unbeschadet des Artikels 64 Absatz 2 Unterabsatz 2 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass für ein in Abwicklung befindliches Unternehmen oder ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen, für das festgestellt wurde, dass die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Voraussetzungen für eine Abwicklung gegeben sind, reguläre Insolvenzverfahren nur auf Initiative der Abwicklungsbehörde eingeleitet werden, und dass eine Entscheidung zur Einleitung eines regulären Insolvenzverfahrens für ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen nur mit der Zustimmung der Abwicklungsbehörde erteilt werden kann.

(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)

die Aufsichtsbehörden und die Abwicklungsbehörden unverzüglich über jeden Antrag auf Einleitung eines regulären Insolvenzverfahrens in Bezug auf ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen informiert werden, und zwar unabhängig davon, ob sich das Unternehmen in Abwicklung befindet oder eine Entscheidung gemäß Artikel 65 Absätze 3 und 4 veröffentlicht wurde;

b)

der Antrag auf Einleitung eines regulären Insolvenzverfahrens nicht beschieden wird, es sei denn, die Mitteilungen nach Buchstabe a sind erfolgt, und einer der beiden folgenden Fälle ist eingetreten:

i)

Die Abwicklungsbehörde hat die für reguläre Insolvenzverfahren zuständigen Behörden darüber unterrichtet, dass sie in Bezug auf das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen keine Abwicklungsmaßnahme plant;

ii)

seit dem Tag des Eingangs der unter Buchstabe a genannten Mitteilungen ist ein Zeitraum von sieben Tagen verstrichen.

(3)   Unbeschadet jeglicher Beschränkung der Durchsetzung von Sicherungsrechten nach Artikel 50 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Abwicklungsbehörden – sofern für die wirksame Anwendung von Abwicklungsinstrumenten und die wirksame Ausübung von Abwicklungsbefugnissen erforderlich – ein Gericht ersuchen können, eine gerichtliche Maßnahme oder ein gerichtliches Verfahren, an dem ein in Abwicklung befindliches Unternehmen beteiligt ist oder beteiligt wird, während eines dem verfolgten Ziel angemessenen Zeitraums auszusetzen.

TITEL IV

GRENZÜBERSCHREITENDE GRUPPENABWICKLUNG

Artikel 69

Allgemeine Grundsätze für die Entscheidungsfindung unter Beteiligung von mehr als einem Mitgliedstaat

Wenn die Mitgliedstaaten Entscheidungen treffen oder Maßnahmen gemäß dieser Richtlinie einleiten, die sich auf einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten auswirken können, stellen sie sicher, dass ihre Behörden die folgenden Grundsätze berücksichtigen:

a)

Bei der Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen werden die Entscheidungen effizient getroffen und die Abwicklungskosten so gering wie möglich gehalten;

b)

Entscheidungen und Maßnahmen werden erforderlichenfalls zügig und mit der gebotenen Dringlichkeit getroffen;

c)

Abwicklungsbehörden, Aufsichtsbehörden und andere Behörden arbeiten zusammen, um sicherzustellen, dass Entscheidungen und Maßnahmen in koordinierter und effizienter Weise getroffen werden;

d)

die Aufgaben und Zuständigkeiten der einschlägigen Behörden in den einzelnen Mitgliedstaaten sind genau festgelegt;

e)

die Interessen, die potenziellen Auswirkungen von Entscheidungen, Maßnahmen oder Untätigkeit sowie die negativen Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer, die Finanzstabilität, die Finanzmittel, Sicherungssysteme für Versicherungen, Finanzierungsmechanismen und die negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen in allen Mitgliedstaaten, in denen das oberste Mutterunternehmen und seine Tochterunternehmen tätig sind oder in denen sie bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten ausüben, werden gebührend berücksichtigt;

f)

das Ziel, für einen Interessenausgleich zwischen den verschiedenen beteiligten Mitgliedstaaten zu sorgen und eine unfaire Benachteiligung oder Bevorzugung der Interessen bestimmter Mitgliedstaaten, wird gebührend berücksichtigt;

g)

wenn Abwicklungsbehörden Abwicklungsmaßnahmen ergreifen, so tragen sie den Gruppenabwicklungsplänen Rechnung und befolgen diese, es sei denn, die Abwicklungsbehörden gelangen unter Berücksichtigung der Sachlage zu der Einschätzung, dass die Abwicklungsziele mit Maßnahmen, die in den Abwicklungsplänen nicht enthalten sind, wirksamer zu erreichen sind;

h)

eine vorgeschlagene Entscheidung oder Maßnahme ist dann transparent, wenn davon auszugehen ist, dass diese Entscheidung oder Maßnahme Auswirkungen auf die Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft, die Finanzstabilität, die Finanzmittel und gegebenenfalls die Sicherungssysteme für Versicherungen und Finanzierungsmechanismen eines betroffenen Mitgliedstaats haben wird.

Artikel 70

Abwicklungskollegien

(1)   Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden richten Abwicklungskollegien ein, die die in den Artikeln 10, 11, 14, 16, 73 und 74 genannten Aufgaben wahrnehmen und gegebenenfalls die Zusammenarbeit und Koordinierung mit Abwicklungsbehörden in Drittländern sicherstellen.

Insbesondere geben die Abwicklungskollegien einen Rahmen für die Wahrnehmung folgender Aufgaben durch die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde, die übrigen Abwicklungsbehörden und gegebenenfalls die betroffenen Aufsichtsbehörden und die für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörden vor:

a)

Austausch von Informationen, die für die Ausarbeitung von Gruppenabwicklungsplänen und für die Ausübung von Abwicklungsbefugnissen in Bezug auf Gruppen relevant sind;

b)

Ausarbeitung von Gruppenabwicklungsplänen;

c)

Bewertung der Abwicklungsfähigkeit von Gruppen gemäß Artikel 14;

d)

Ausübung von Befugnissen zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit von Gruppen gemäß Artikel 16;

e)

Entscheidung über die Erforderlichkeit der Ausarbeitung eines Gruppenabwicklungskonzepts gemäß Artikel 73 oder Artikel 74;

f)

Abschluss der Vereinbarung über ein Gruppenabwicklungskonzept, das gemäß Artikel 73 oder Artikel 74 vorgeschlagen wird;

g)

Koordinierung der öffentlichen Kommunikation von Gruppenabwicklungsstrategien und -konzepten;

h)

Koordinierung der Inanspruchnahme von Sicherungssystemen für Versicherungen oder Finanzierungsmechanismen.

Zudem können Abwicklungskollegien als Diskussionsforen für alle Fragen im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Gruppenabwicklung genutzt werden.

(2)   Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind

a)

die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde;

b)

die Abwicklungsbehörden der einzelnen Mitgliedstaaten, in denen ein der Gruppenaufsicht unterliegendes Tochterunternehmen niedergelassen ist;

c)

die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen ein Mutterunternehmen eines oder mehrerer Unternehmen der Gruppe, d. h. ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b, d oder e genanntes Unternehmen, niedergelassen ist;

d)

die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen die Abwicklungsbehörde Mitglied des Abwicklungskollegiums ist;

e)

die zuständigen Ministerien, wenn es sich bei den Abwicklungsbehörden, die Mitglieder des Abwicklungskollegiums sind, nicht um die zuständigen Ministerien handelt;

f)

gegebenenfalls die Behörde, die für das Sicherungssystem für Versicherungen eines Mitgliedstaats zuständig ist, wenn die Abwicklungsbehörde dieses Mitgliedstaats Mitglied des Abwicklungskollegiums ist;

g)

die EIOPA vorbehaltlich Unterabsatz 2;

h)

die Abwicklungsbehörden in den Mitgliedstaaten, in denen die Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen der Gruppe bedeutende grenzüberschreitende Tätigkeiten ausüben.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe g trägt die EIOPA dazu bei, eine effiziente, wirksame und kohärente Arbeitsweise von Abwicklungskollegien und die Konvergenz der Abwicklungskollegien zu fördern. Die EIOPA wird hierzu zu den Sitzungen des Abwicklungskollegiums eingeladen. Die EIOPA hat keine Stimmrechte.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe h beschränkt sich die Beteiligung der Abwicklungsbehörden darauf, die Ziele eines effizienten Informationsaustauschs zu erreichen.

(3)   Wenn ein in der Union niedergelassenes Mutterunternehmen oder ein in der Union niedergelassenes Unternehmen ein Tochterunternehmen, bei dem es sich um ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen handelt, oder eine Zweigniederlassung in einem Drittland hat, das bzw. die als bedeutend angesehen würde, wenn es bzw. sie in der Union niedergelassen wäre, können die Abwicklungsbehörden der betreffenden Drittländer eingeladen werden, als Beobachter am Abwicklungskollegium teilzunehmen, sofern diese Behörden Geheimhaltungspflichten unterliegen, die nach Auffassung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde den in Artikel 80 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.

(4)   Handelt es sich bei der Gruppe um ein Finanzkonglomerat oder ist die Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats, so werden die betroffenen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2014/59/EU benannten Behörden als Beobachter zum Abwicklungskollegium eingeladen.

(5)   Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde führt den Vorsitz im Abwicklungskollegium. In dieser Eigenschaft

a)

legt sie nach Konsultation der anderen Mitglieder des Abwicklungskollegiums die Einzelheiten und das Verfahren für die Arbeitsweise des Abwicklungskollegiums schriftlich fest;

b)

koordiniert sie sämtliche Tätigkeiten des Abwicklungskollegiums;

c)

beruft sie alle Sitzungen des Abwicklungskollegiums ein, führt in diesen Sitzungen den Vorsitz und informiert die Mitglieder des Abwicklungskollegiums vorab umfassend über die Anberaumung der Sitzungen des Abwicklungskollegiums, die wichtigsten Tagesordnungspunkte und die zu erörternden Fragen;

d)

teilt sie den Mitgliedern des Abwicklungskollegiums mit, welche Sitzungen geplant sind, damit diese um Teilnahme ersuchen können;

e)

entscheidet sie ausgehend vom konkreten Bedarf, welche Mitglieder und Beobachter zur Teilnahme an bestimmten Sitzungen des Abwicklungskollegiums eingeladen werden, wobei sie der Bedeutung der zu erörternden Frage für die betreffenden Mitglieder und Beobachter Rechnung trägt;

f)

unterrichtet sie alle Mitglieder des Kollegiums zeitnah über die Entscheidungen und Ergebnisse im Rahmen der betreffenden Sitzungen.

Ungeachtet des Unterabsatzes 1 Buchstabe e sind die Abwicklungsbehörden immer dann zur Teilnahme an Sitzungen des Abwicklungskollegiums berechtigt, wenn Angelegenheiten auf der Tagesordnung stehen, die der gemeinsamen Beschlussfassung unterliegen oder die im Zusammenhang mit dem Unternehmen einer Gruppe stehen, das sich in ihrem Mitgliedstaat befindet.

(6)   Die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden sind nicht verpflichtet, ein Abwicklungskollegium einzurichten, wenn bereits andere Gruppen oder Kollegien die in Absatz 1 genannten Funktionen und Aufgaben wahrnehmen und sämtliche in diesem Artikel und in Artikel 72 festgelegten Bedingungen und Verfahren, einschließlich der für die Mitgliedschaft und die Teilnahme an Abwicklungskollegien geltenden Bedingungen und Verfahren, erfüllen bzw. einhalten. In einem solchen Fall sind sämtliche in dieser Richtlinie enthaltenen Bezugnahmen auf Abwicklungskollegien als Bezugnahmen auf diese anderen Gruppen oder Kollegien zu verstehen.

(7)   Die EIOPA arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen die konkrete Arbeitsweise der Abwicklungskollegien zur Wahrnehmung der in Absatz 1 genannten Aufgaben festgelegt wird.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 29. Juli 2026 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, diese Richtlinie zu ergänzen, indem sie die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 erlässt.

Artikel 71

Europäische Abwicklungskollegien

(1)   Hat ein Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen oder ein Drittland-Mutterunternehmen in zwei oder mehr Mitgliedstaaten niedergelassene Unions-Tochterunternehmen oder zwei oder mehr Unions-Zweigniederlassungen eines Drittlandsunternehmens, die zwei oder mehr Mitgliedstaaten als bedeutend erachten, können die Abwicklungsbehörden der Mitgliedstaaten, in denen diese Unions-Tochterunternehmen niedergelassen sind bzw. in denen sich diese Unions-Zweigniederlassungen eines Drittlandsunternehmens befinden, ein europäisches Abwicklungskollegium einrichten.

(2)   Das europäische Abwicklungskollegium nimmt die in Artikel 70 genannten Funktionen und Aufgaben in Bezug auf die Unions-Tochterunternehmen und, soweit diese Aufgaben von Bedeutung sind, die Unions-Zweigniederlassungen eines in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Drittlandsunternehmens wahr und arbeitet ferner im Einklang mit den in Artikel 70 festgelegten Vorschriften.

(3)   Hält nur ein in einem Mitgliedstaat niedergelassenes Mutterunternehmen alle Unions-Tochterunternehmen eines Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmens oder eines Drittland-Mutterunternehmens, so geht der Vorsitz des europäischen Abwicklungskollegiums an die Abwicklungsbehörde des Mitgliedstaats, in dem dieses Mutterunternehmen niedergelassen ist.

Ist Unterabsatz 1 nicht anwendbar, so geht der Vorsitz des europäischen Abwicklungskollegiums an die Abwicklungsbehörde des Mitgliedstaats, in dem das Unions-Tochterunternehmen niedergelassen ist, das insgesamt über die meisten bilanzwirksamen Vermögenswerte verfügt.

Artikel 72

Informationsaustausch

(1)   Vorbehaltlich des Artikels 66 übermitteln die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden einander auf Ersuchen alle Informationen, die für die anderen Behörden für die Wahrnehmung der ihnen durch diese Richtlinie übertragenen Funktionen relevant sind.

(2)   Die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde koordiniert den Austausch aller einschlägigen Informationen zwischen den Abwicklungsbehörden. Insbesondere stellt die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde den Abwicklungsbehörden in anderen Mitgliedstaaten alle einschlägigen Informationen zeitnah zur Verfügung, um die Ausübung der in Artikel 70 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben b bis h genannten Aufgaben zu erleichtern.

(3)   Eine Abwicklungsbehörde darf Informationen, die von einer Aufsichtsbehörde oder Abwicklungsbehörde eines Drittlands bereitgestellt wurden, nur weitergeben, wenn diese Aufsichtsbehörde oder Abwicklungsbehörde des Drittlands einer solchen Weitergabe zugestimmt hat.

Artikel 73

Gruppenabwicklung im Zusammenhang mit einem Tochterunternehmen der Gruppe

(1)   Eine Abwicklungsbehörde übermittelt der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde, der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde – sofern es sich nicht um dieselbe Behörde handelt – sowie den Mitgliedern des betreffenden Abwicklungskollegiums unverzüglich die in Absatz 2 aufgeführten Informationen, wenn

a)

die Abwicklungsbehörde die Entscheidung trifft, dass ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, bei dem es sich um ein Tochterunternehmen einer Gruppe handelt, ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, oder

b)

die Abwicklungsbehörde von der Aufsichtsbehörde davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass eine Entscheidung getroffen wurde, dass ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, bei dem es sich um ein Tochterunternehmen einer Gruppe handelt, ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt, oder

c)

eine Abwicklungsbehörde die Entscheidung trifft, dass ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen, bei dem es sich um ein Tochterunternehmen einer Gruppe handelt, die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 festgelegten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt.

(2)   Gemäß Absatz 1 sind folgende Informationen zu übermitteln:

a)

die Entscheidung mit der Feststellung, dass das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt;

b)

die Entscheidung, dass das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 festgelegten Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt;

c)

die Abwicklungsmaßnahmen oder Insolvenzmaßnahmen, die die Abwicklungsbehörde im Fall des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens für zweckmäßig erachtet.

(3)   Bei Erhalt der Mitteilung nach Absatz 1 bewertet die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde nach Konsultation der übrigen Mitglieder des betreffenden Abwicklungskollegiums die voraussichtlichen Auswirkungen, die die Abwicklungsmaßnahmen oder anderen Maßnahmen, die gemäß Absatz 2 Buchstabe c mitgeteilt wurden, voraussichtlich auf die Gruppe und auf Unternehmen der Gruppe in anderen Mitgliedstaaten haben werden, sowie ob die Abwicklungsmaßnahmen oder die anderen Maßnahmen erwarten lassen, dass die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 genannten Abwicklungsvoraussetzungen in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt werden.

(4)   Gelangt die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde zu der Bewertung, dass die Abwicklungsmaßnahmen oder andere Maßnahmen, die gemäß Absatz 2 Buchstabe b mitgeteilt wurden, nicht erwarten lassen, dass die Voraussetzungen gemäß Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt werden, kann die für das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen zuständige Abwicklungsbehörde die von ihr mitgeteilten Abwicklungsmaßnahmen oder die sonstigen Maßnahmen, die sie mitgeteilt hat, treffen.

(5)   Gelangt die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde zu der Bewertung, dass die Abwicklungsmaßnahmen oder anderen Maßnahmen, die gemäß Absatz Buchstabe c mitgeteilt wurden, erwarten lassen, dass die Voraussetzungen gemäß Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt werden, unterbreitet die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde dem Abwicklungskollegium innerhalb von fünf Tagen nach Erhalt der Mitteilung gemäß Absatz 1 einen Vorschlag für ein Gruppenabwicklungskonzept. Diese Frist von fünf Tagen kann mit der Zustimmung der Abwicklungsbehörde, auf die die Mitteilung zurückgeht, verlängert werden.

(6)   Wenn die Bewertung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde nach Ablauf der Frist von fünf Tagen oder einer vereinbarten längeren Frist nach Erhalt der in Absatz 1 genannten Mitteilung nicht vorliegt, kann die Abwicklungsbehörde, auf die diese Mitteilung zurückgeht, die Abwicklungsmaßnahmen oder sonstigen mitgeteilten Maßnahmen, die sie mitgeteilt hat, treffen.

(7)   Im Gruppenabwicklungskonzept im Sinne von Absatz 5

a)

werden die Abwicklungsmaßnahmen umrissen, die die betreffenden Abwicklungsbehörden in Bezug auf das oberste Mutterunternehmen oder bestimmte Unternehmen der Gruppe ergreifen sollten, um die Abwicklungsziele zu erreichen und die allgemeinen Grundsätze für die Abwicklung nach Artikel 22 einzuhalten;

b)

wird festgelegt, wie die unter Buchstabe a genannten Abwicklungsmaßnahmen koordiniert werden sollten;

c)

wird ein Finanzierungsplan aufgestellt, der dem Gruppenabwicklungsplan und den in diesem Gruppenabwicklungsplan festgelegten Grundsätzen für die Aufteilung der Verantwortung im Einklang mit Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe e Rechnung trägt.

(8)   Vorbehaltlich des Absatzes 9 ist das Gruppenabwicklungskonzept Gegenstand einer gemeinsamen Entscheidung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und der Abwicklungsbehörden, die für die Tochterunternehmen zuständig sind, für die das Gruppenabwicklungskonzept gilt.

Gemäß Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 kann die EIOPA die Abwicklungsbehörden auf Antrag einer dieser Behörden dabei unterstützen, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen.

(9)   Eine Abwicklungsbehörde, die mit dem von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Gruppenabwicklungskonzept nicht einverstanden ist oder der Auffassung ist, dass sie zum Schutz der kollektiven Interessen der Versicherungsnehmer, der Realwirtschaft und der Finanzstabilität davon unabhängig andere Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen als die in dem Gruppenabwicklungskonzept vorgeschlagenen in Bezug auf ein in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genanntes Unternehmen ergreifen muss,

a)

legt die Gründe für die Ablehnung des Gruppenabwicklungskonzepts oder die Gründe für die Abweichung davon dar;

b)

unterrichtet die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde und die anderen Abwicklungsbehörden, die unter das Gruppenabwicklungskonzept fallen, über die Gründe nach Buchstabe a;

c)

setzt die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde und die anderen Abwicklungsbehörden, die vom Gruppenabwicklungskonzept betroffen sind, über die Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen in Kenntnis, die sie ergreifen wird.

Bei der Darlegung der Gründe, weshalb sie nicht einverstanden ist, trägt die Abwicklungsbehörde den Gruppenabwicklungsplänen, den potenziellen Auswirkungen der Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen, die sie zu ergreifen gedenkt, auf die Versicherungsnehmer, die Realwirtschaft und die Finanzstabilität in den betreffenden Mitgliedstaaten sowie der potenziellen Wirkung dieser Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen auf andere Teile der Gruppe Rechnung.

(10)   Abwicklungsbehörden, die mit dem von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Gruppenabwicklungskonzept einverstanden sind, können eine gemeinsame Entscheidung über ein Gruppenabwicklungskonzept für Unternehmen der Gruppe in den Mitgliedstaaten dieser Abwicklungsbehörden ohne Mitwirkung der nicht einverstandenen Abwicklungsbehörden treffen.

(11)   Die gemeinsamen Entscheidungen gemäß Absatz 8 und 10 und die im Einklang mit Absatz 9 ergriffenen Abwicklungsmaßnahmen und Maßnahmen werden als endgültig anerkannt und von den Abwicklungsbehörden in den betreffenden Mitgliedstaaten angewandt.

(12)   Die Abwicklungsbehörden ergreifen alle im vorliegenden Artikel genannten Abwicklungsmaßnahmen und Maßnahmen unverzüglich und unter gebührender Berücksichtigung der gebotenen Dringlichkeit.

(13)   Wird ein Gruppenabwicklungskonzept nicht umgesetzt, so arbeiten die Abwicklungsbehörden bei der Ergreifung von Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe innerhalb des Abwicklungskollegiums eng zusammen, um eine koordinierte Abwicklungsstrategie für alle ausfallenden oder wahrscheinlich ausfallenden Unternehmen der Gruppe zu erreichen.

(14)   Abwicklungsbehörden, die eine Abwicklungsmaßnahme in Bezug auf ein Unternehmen einer Gruppe treffen, unterrichten die Mitglieder des Abwicklungskollegiums regelmäßig und umfassend über die betreffenden Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen und ihre laufenden Fortschritte.

Artikel 74

Gruppenabwicklung unter Beteiligung eines obersten Mutterunternehmens

(1)   Trifft eine für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde die Entscheidung, dass ein in ihren Zuständigkeitsbereich fallendes oberstes Mutterunternehmen die Voraussetzungen gemäß Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3erfüllt, übermittelt sie unverzüglich die in Artikel 73 Absatz 2 genannten Informationen an die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und an die anderen Mitglieder des für die betreffende Gruppe zuständigen Abwicklungskollegiums.

Zu den Abwicklungsmaßnahmen oder Insolvenzmaßnahmen nach Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe c kann die Durchführung eines gemäß Artikel 73 Absatz 7 ausgearbeiteten Gruppenabwicklungskonzepts gehören, wenn einer der folgenden Umstände vorliegt:

a)

Aufgrund von gemäß Artikel 73 Absatz 2 Buchstabe c mitgeteilten Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen auf der Ebene des Mutterunternehmens ist es wahrscheinlich, dass die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3 festgelegten Voraussetzungen in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe in einem anderen Mitgliedstaat erfüllt würden;

b)

Abwicklungsmaßnahmen oder sonstige Maßnahmen nur auf der Ebene des Mutterunternehmens reichen nicht aus, um die Lage zu stabilisieren, oder bieten wahrscheinlich keine optimale Lösung;

c)

die Abwicklungsbehörden haben festgestellt, dass ein oder mehrere Tochterunternehmen, für die sie zuständig sind, die in Artikel 19 Absatz 1 oder Artikel 20 Absatz 3genannten Voraussetzungen erfüllen;

d)

Abwicklungsmaßnahmen oder sonstige Maßnahmen auf der Ebene der Gruppe werden den Tochterunternehmen der Gruppe in einer Weise zugutekommen, aufgrund deren ein Gruppenabwicklungskonzept als angemessene Lösung gerechtfertigt ist.

(2)   Umfassen die von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen kein Gruppenabwicklungskonzept, trifft die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde ihre Entscheidung nach Konsultation der Mitglieder des Abwicklungskollegiums.

(3)   Umfassen die von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen ein Gruppenabwicklungskonzept, ist das Gruppenabwicklungskonzept Gegenstand einer gemeinsamen Entscheidung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde und der für die Tochterunternehmen, die von dem Gruppenabwicklungskonzept erfasst sind, zuständigen Abwicklungsbehörden.

Gemäß Artikel 31 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 kann die EIOPA die Abwicklungsbehörden auf Antrag einer dieser Behörden dabei unterstützen, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen.

(4)   Eine Abwicklungsbehörde, die mit dem von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Gruppenabwicklungskonzept nicht einverstanden ist oder davon abweicht oder der Auffassung ist, dass sie aus Gründen der Finanzstabilität davon unabhängig andere Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen als die in dem Gruppenabwicklungskonzept gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben bis e vorgeschlagenen ergreifen muss,

a)

legt detailliert die Gründe für die Ablehnung des Gruppenabwicklungskonzepts oder die Gründe für die Abweichung davon dar;

b)

unterrichtet die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde und die anderen Abwicklungsbehörden, die unter das Gruppenabwicklungskonzept fallen, über die Gründe nach Buchstabe a;

c)

setzt die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde und die anderen Abwicklungsbehörden, die unter das Gruppenabwicklungskonzept fallen, über die Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen in Kenntnis, die sie zu ergreifen gedenkt.

Bei der Darlegung der Gründe, weshalb sie nicht einverstanden ist, trägt die betreffende Abwicklungsbehörde den Gruppenabwicklungsplänen, den potenziellen Auswirkungen der unabhängigen Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen, die sie zu ergreifen gedenkt, auf die Finanzstabilität, Finanzmittel, Sicherungssysteme für Versicherungen und eventuelle Finanzierungsmechanismen in den betreffenden Mitgliedstaaten sowie der potenziellen Wirkung der Abwicklungsmaßnahmen oder anderen Maßnahmen auf andere Teile der Gruppe gebührend Rechnung.

(5)   Abwicklungsbehörden, die mit dem von der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde vorgeschlagenen Gruppenabwicklungskonzept einverstanden sind, können eine gemeinsame Entscheidung über ein Gruppenabwicklungskonzept für Unternehmen der Gruppe in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat ohne Mitwirkung der nicht einverstandenen Abwicklungsbehörden treffen.

(6)   Die gemeinsame Entscheidung gemäß Absatz 3 oder 5 und die in Absatz 4 genannten Abwicklungsmaßnahmen und Maßnahmen werden als endgültig anerkannt und von den Abwicklungsbehörden in den betreffenden Mitgliedstaaten angewandt.

(7)   Die Behörden führen alle in den Absätzen 1 bis 6 genannten Abwicklungsmaßnahmen und Maßnahmen unverzüglich und unter gebührender Berücksichtigung der gebotenen Dringlichkeit durch.

(8)   Wird ein Gruppenabwicklungskonzept nicht umgesetzt, so arbeiten die Abwicklungsbehörden bei der Ergreifung von Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf ein Unternehmen der Gruppe innerhalb des Abwicklungskollegiums eng zusammen, um eine koordinierte Abwicklungsstrategie für alle betroffenen Unternehmen der Gruppe zu erreichen.

(9)   Abwicklungsbehörden, die Abwicklungsmaßnahmen in Bezug auf ein Unternehmen einer Gruppe treffen, unterrichten die Mitglieder des Abwicklungskollegiums regelmäßig und umfassend über die betreffenden Abwicklungsmaßnahmen oder Maßnahmen und ihre aktuellen Fortschritte.

TITEL V

BEZIEHUNGEN ZU DRITTLÄNDERN

Artikel 75

Übereinkünfte mit Drittländern

(1)   Im Einklang mit Artikel 218 AEUV kann die Kommission dem Rat Vorschläge für die Aushandlung von Übereinkünften mit einem oder mehreren Drittländern unterbreiten, in denen die Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen den Abwicklungsbehörden und den betreffenden Drittlandsbehörden auch für den Informationsaustausch im Zusammenhang mit der Planung der Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, Drittland-Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Gruppen festgelegt wird.

(2)   Mit den in Absatz 1 genannten Übereinkünften soll dafür gesorgt werden, dass Verfahren und Modalitäten für die Zusammenarbeit zwischen den Abwicklungsbehörden und den betreffenden Drittlandsbehörden bei der Wahrnehmung einiger oder aller der in Artikel 79 genannten Aufgaben und Befugnisse festgelegt werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten können bilaterale Abkommen mit einem Drittland zu den in den Absätzen 1 und 2 genannten Angelegenheiten eingehen, bis eine Übereinkunft gemäß Absatz 1 mit dem betreffenden Drittland in Kraft tritt, soweit diese bilateralen Abkommen nicht in Widerspruch zu dem vorliegenden Titel stehen.

Artikel 76

Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern

(1)   Dieser Artikel gilt für Abwicklungsverfahren von Drittländern, sofern und solange keine internationale Übereinkunft gemäß Artikel 75 Absatz 1 mit dem betreffenden Drittland in Kraft tritt. Er gilt ferner nach dem Inkrafttreten einer solchen internationalen Übereinkunft mit dem betreffenden Drittland, insofern die Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern nicht durch eine solche Übereinkunft geregelt wird.

(2)   Die betreffende Abwicklungsbehörde entscheidet – außer in den in Artikel 77 genannten Fällen – über die Anerkennung und Durchsetzung von Abwicklungsverfahren von Drittländern in Bezug auf ein Unions-Tochterunternehmen oder eine Unions-Zweigniederlassung eines sich in einem Drittland befindenden Unternehmens oder Mutterunternehmens.

Bei der Entscheidung wird den Interessen jedes Mitgliedstaats, in dem ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder Mutterunternehmen eines Drittlands tätig ist, und insbesondere den potenziellen Auswirkungen der Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern auf die anderen Teile der Gruppe und den Versicherungsnehmern, der Realwirtschaft und der Finanzstabilität in diesen Mitgliedstaaten gebührend Rechnung getragen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden zumindest zu Folgendem berechtigt sind:

a)

Ausübung der Abwicklungsbefugnisse in Bezug auf

i)

Vermögenswerte eines Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmens oder Mutterunternehmens eines Drittlands, die sich in ihrem Mitgliedstaat befinden oder dem Recht ihres Mitgliedstaats unterliegen;

ii)

Rechte oder Verbindlichkeiten eines Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmens, die von der Unions-Zweigniederlassung eines Drittlandsunternehmens in ihrem Mitgliedstaat gebucht werden oder dem Recht ihres Mitgliedstaats unterliegen oder die in ihrem Mitgliedstaat durchsetzbare Forderungen begründen;

b)

Vollzug bzw. Anordnung des Vollzugs einer Übertragung von Anteilen oder Eigentumstiteln an einem im betreffenden Mitgliedstaat niedergelassenen Unions-Tochterunternehmen;

c)

Ausübung der Befugnisse gemäß den Artikeln 49, 50 oder 51 in Bezug auf die Rechte der Parteien eines Vertrags mit einem in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Unternehmen, wenn diese Befugnisse für die Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern erforderlich sind; und

d)

Aufhebung der Durchsetzbarkeit vertraglicher Rechte zur Kündigung oder Beschleunigung von Verträgen oder Beeinträchtigung der vertraglichen Rechte von in Absatz 2 genannten Unternehmen und anderen Unternehmen der Gruppe, wenn diese Rechte sich aus einer Abwicklungsmaßnahme ergeben, die in Bezug auf das Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen, das Mutterunternehmen solcher Unternehmen oder andere Unternehmen der Gruppe – durch die Drittlandsabwicklungsbehörde selbst oder anderweitig gemäß den für Abwicklungsregelungen in dem betreffenden Land geltenden Regulierungs- und Aufsichtsanforderungen – getroffen wird, vorausgesetzt, dass die wesentlichen Verpflichtungen nach dem Vertrag, einschließlich Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen, und die Stellung von Sicherheiten weiterhin erfüllt werden.

(4)   Wenn die einschlägige Drittlandsbehörde feststellt, dass ein Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen, das Tochterunternehmen dieses Mutterunternehmens mit Sitz in dem jeweiligen Drittland ist, die nach dem Recht dieses Drittlands geltenden Bedingungen für eine Abwicklung erfüllt, können Abwicklungsbehörden, soweit dies im öffentlichen Interesse erforderlich ist, in Bezug auf ein Mutterunternehmen Abwicklungsmaßnahmen treffen. Zu diesem Zweck stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Abwicklungsbehörden berechtigt sind, etwaige Abwicklungsbefugnisse in Bezug auf das Mutterunternehmen wahrzunehmen, und Artikel 48 findet Anwendung.

(5)   Die Anerkennung und Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern berührt nicht die regulären Insolvenzverfahren nach nationalem Recht, die gegebenenfalls im Einklang mit dieser Richtlinie anwendbar sind.

Artikel 77

Recht auf Verweigerung der Anerkennung oder Durchsetzung der Abwicklungsverfahren von Drittländern

Die Abwicklungsbehörde kann die Anerkennung oder Durchsetzung von Abwicklungsverfahren von Drittländern gemäß Artikel 76 verweigern, wenn sie der Auffassung ist,

a)

dass sich das betreffende Abwicklungsverfahren des Drittlands negativ auf die Finanzstabilität in dem Mitgliedstaat auswirken würde, in dem sich die Abwicklungsbehörde befindet, oder dass sich das Verfahren negativ auf die Finanzstabilität in einem anderen Mitgliedstaat auswirken kann,

b)

dass unabhängige Abwicklungsmaßnahmen gemäß Artikel 78 in Bezug auf eine Unions-Zweigniederlassung eines Drittlandsunternehmens erforderlich sind, um eines oder mehrere der Abwicklungsziele zu erreichen,

c)

dass Gläubiger nicht dieselbe Behandlung wie Drittlandsgläubiger mit vergleichbaren Rechten im Rahmen des inländischen Abwicklungsverfahrens des Drittlands genießen würden,

d)

dass die Anerkennung oder Durchsetzung des Abwicklungsverfahrens eines Drittlands wesentliche haushaltspolitische Auswirkungen auf den Mitgliedstaat haben würde oder

e)

dass die Auswirkungen dieser Anerkennung oder Durchsetzung im Widerspruch zum nationalen Recht stehen würden.

Artikel 78

Abwicklung von Unions-Zweigniederlassungen von Drittlandsunternehmen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden über die erforderlichen Befugnisse verfügen, um in Bezug auf eine Unions-Zweigniederlassung eines Drittlandsunternehmens tätig werden zu können, wenn diese entweder keinem Abwicklungsverfahren von Drittländern unterliegt oder einem Abwicklungsverfahren von Drittländern unterliegt und einer der Umstände gemäß Artikel 77 zutrifft.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Artikel 48 auf die Ausübung dieser Befugnisse anwendbar ist.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 1 erforderlichen Befugnisse von Abwicklungsbehörden ausgeübt werden können, wenn die Abwicklungsbehörde der Auffassung ist, dass eine Maßnahme im öffentlichen Interesse erforderlich ist und wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Unions-Zweigniederlassung eines Drittlandsunternehmens erfüllt nicht mehr oder erfüllt wahrscheinlich nicht die im nationalen Recht festgelegten Voraussetzungen für ihre Zulassung und die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit im betreffenden Mitgliedstaat, und es besteht keine Aussicht, dass eine Maßnahme der Privatwirtschaft, einer Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen Drittlands dafür sorgt, dass innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens die Anforderungen wieder erfüllt werden oder ein Ausfall der Zweigniederlassung verhindert wird.

b)

Das Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen ist nach Auffassung der Abwicklungsbehörde nicht in der Lage, nicht willens oder wahrscheinlich nicht in der Lage, seinen Verpflichtungen gegenüber Gläubigern in der Union oder den von der Zweigniederlassung eingegangenen oder verbuchten finanziellen Verpflichtungen, etwa Zahlungen an Versicherungsnehmer oder Begünstige, bei Fälligkeit nachzukommen, und die Abwicklungsbehörde geht davon aus, dass innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens kein Abwicklungs- oder Insolvenzverfahren von Drittländern in Bezug auf das betreffende Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen eingeleitet wurde oder wird.

c)

Die jeweilige Drittlandsbehörde hat ein Abwicklungsverfahren eines Drittlands in Bezug auf das Drittland-Versicherungs- oder -Rückversicherungsunternehmen eingeleitet oder hat die Abwicklungsbehörde von ihrer Absicht in Kenntnis gesetzt, ein solches Verfahren einzuleiten.

(3)   Trifft eine Abwicklungsbehörde eine unabhängige Maßnahme in Bezug auf eine Unionszweigstelle eines Drittlandsunternehmens, trägt sie dabei den Abwicklungszielen Rechnung und trifft die Maßnahme im Einklang mit folgenden Grundsätzen und Anforderungen, soweit diese einschlägig sind:

a)

den in Artikel 22 festgelegten Grundsätzen;

b)

den Anforderungen hinsichtlich der Anwendung der in Titel III Kapitel II vorgesehenen Abwicklungsinstrumente.

Artikel 79

Zusammenarbeit mit Drittlandsbehörden

(1)   Dieser Artikel gilt für die Zusammenarbeit mit einem Drittland, sofern und solange keine internationale Übereinkunft gemäß Artikel 75 Absatz 1 mit dem jeweiligen Drittland in Kraft tritt. Er gilt ferner nach dem Inkrafttreten einer solchen internationalen Übereinkunft, soweit der Gegenstand des vorliegenden Artikels nicht durch diese Übereinkunft geregelt wird.

(2)   Die EIOPA kann rechtlich nicht bindende Rahmenkooperationsvereinbarungen mit den jeweiligen Drittlandsbehörden schließen. In den Rahmenkooperationsvereinbarungen werden die Verfahren und Modalitäten des Austauschs der erforderlichen Informationen und der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Behörden festgelegt im Hinblick auf die Wahrnehmung mehrerer oder aller folgenden Aufgaben und die Ausübung mehrerer oder aller folgenden Befugnisse in Bezug auf Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder Gruppen:

a)

Ausarbeitung von Abwicklungsplänen gemäß den Artikeln 9 bis 12 und vergleichbaren Anforderungen nach dem Recht der jeweiligen Drittländer;

b)

Bewertung der Abwicklungsfähigkeit dieser Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Gruppen im Einklang mit den Artikeln 13 und 14 und vergleichbaren Anforderungen nach dem Recht der jeweiligen Drittländer;

c)

Ausübung der Befugnisse zum Abbau bzw. zur Beseitigung von Hindernissen für die Abwicklungsfähigkeit im Einklang mit den Artikeln 15 und 16 und etwaigen vergleichbaren Befugnissen nach dem Recht der jeweiligen Drittländer;

d)

Anwendung der Präventivmaßnahmen im Einklang mit Artikel 141 der Richtlinie 2009/138/EG und vergleichbarer Befugnisse nach dem Recht der jeweiligen Drittländer;

e)

Anwendung der Abwicklungsinstrumente und Ausübung der Abwicklungsbefugnisse und vergleichbarer Befugnisse, die von den jeweiligen Drittlandsbehörden ausgeübt werden können.

(3)   Die Aufsichts- oder Abwicklungsbehörden können gegebenenfalls mit relevanten Drittlandsbehörden Kooperationsvereinbarungen gemäß der in Absatz 2 genannten EIOPA-Rahmenvereinbarung schließen.

(4)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die EIOPA über etwaige Kooperationsvereinbarungen, die Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden im Einklang mit diesem Artikel geschlossen haben.

Artikel 80

Austausch vertraulicher Informationen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Abwicklungsbehörden, Aufsichtsbehörden und zuständige Ministerien vertrauliche Informationen, einschließlich präventiver Sanierungspläne, nur dann mit den jeweiligen Drittlandsbehörden austauschen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Für die betreffenden Drittlandsbehörden gelten Anforderungen und Standards in Bezug auf die Wahrung des Berufsgeheimnisses, die nach Einschätzung aller betroffenen Behörden den Anforderungen des Artikels 66 mindestens gleichwertig sind.

b)

Die Informationen sind für die jeweiligen Drittlandsbehörden erforderlich, um die ihnen nach nationalem Recht obliegenden Abwicklungsaufgaben, die den in dieser Richtlinie vorgesehenen Funktionen vergleichbar sind, auszuüben, und sie werden – vorbehaltlich Buchstabe a – für keine anderen Zwecke verwendet.

Für die Zwecke von Buchstabe a sind für die Behandlung und Übertragung der personenbezogenen Daten an Drittlandsbehörden die geltenden Datenschutzvorschriften der Union und das nationale Datenschutzrecht anwendbar, soweit die Weitergabe von Informationen personenbezogene Daten betrifft.

(2)   Aus einem anderen Mitgliedstaat stammende vertrauliche Informationen legen die Abwicklungsbehörden, Aufsichtsbehörden und zuständigen Ministerien nur dann den jeweiligen Drittlandsbehörden offen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, aus dem die Information stammt, (Ursprungsbehörde) stimmt der Offenlegung zu;

b)

die Information wird nur für die von der Ursprungsbehörde genehmigten Zwecke offengelegt.

Artikel 81

Finanzierungsmechanismen

(1)   Jeder Mitgliedstaat richtet einen oder mehrere Finanzierungsmechanismen ein, um sicherzustellen, dass die Abwicklungsbehörde über angemessene Mittel in Form von im Voraus oder nachträglich von in diesem Mitgliedstaat zugelassenen Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und von Unions-Zweigniederlassungen von Drittlandunternehmen, die im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats ansässig sind, erhobenen Beiträgen oder einer Kombination davon verfügt, um mindestens die Auszahlung des Differenzbetrags an Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte oder andere Gläubiger gemäß Artikel 57 zu decken.

Die Mitgliedstaaten können die Möglichkeit vorsehen, die in Unterabsatz 1 genannten Finanzierungsmechanismen auch zur Deckung anderer Kosten im Zusammenhang mit der Anwendung von Abwicklungsinstrumenten zu nutzen, soweit die Nutzung von Finanzierungsmechanismen für das Erreichen der Abwicklungsziele erforderlich ist.

Die Mitgliedstaaten können für ihre Finanzierungsmechanismen unter Berücksichtigung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (26) dieselbe Verwaltungsstruktur verwenden wie für ihre Sicherungssysteme für Versicherungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Nutzung von Finanzierungsmechanismen den in Artikel 22 genannten Grundsätzen entspricht.

(3)   Übt das in Abwicklung befindliche Unternehmen seine Geschäftstätigkeit innerhalb der Union im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder der Dienstleistungsfreiheit aus, so wird der entsprechende Finanzierungsmechanismus des Mitgliedstaats, in dem das Unternehmen zugelassen ist, genutzt, um Anteilseigner, Versicherungsnehmer, Begünstigte, Anspruchsberechtigte oder andere Gläubiger gemäß Artikel 57 zu entschädigen.

(4)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und der EIOPA die eingerichteten Finanzierungsmechanismen mit.

TITEL VI

SANKTIONEN

Artikel 82

Verwaltungssanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen

(1)   Unbeschadet der in dieser Richtlinie und in der Richtlinie 2009/138/EG festgelegten Befugnisse von Abwicklungs- und Aufsichtsbehörden und des Rechts der Mitgliedstaaten, strafrechtliche Sanktionen vorzusehen und zu verhängen, legen die Mitgliedstaaten Regeln für Verwaltungssanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen fest, die bei einem Verstoß gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften Anwendung finden, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass diese umgesetzt werden.

Beschließt ein Mitgliedstaat, bei Verstößen, die dem nationalen Strafrecht unterliegen, keine Vorschriften für Verwaltungssanktionen oder andere Verwaltungsmaßnahmen festzulegen, teilt er der Kommission die einschlägigen strafrechtlichen Vorschriften mit.

Die vorgesehenen Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Falle eines Verstoßes gegen die Mitglieder des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans und andere natürliche Personen, die dem nationalen Recht zufolge für den Verstoß verantwortlich sind, vorbehaltlich der im nationalen Recht festgelegten Bedingungen Verwaltungssanktionen oder andere Verwaltungsmaßnahmen verhängt werden können.

(3)   Die Befugnis zur Verhängung der in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen liegt je nach Verstoß bei den Abwicklungsbehörden oder bei den Aufsichtsbehörden. Die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden verfügen über alle für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben erforderlichen Informationsbeschaffungs- und Ermittlungsbefugnisse. Um sicherzustellen, dass Verwaltungssanktionen oder andere Verwaltungsmaßnahmen zu den gewünschten Ergebnissen führen, arbeiten die Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden bei der Ausübung ihrer Sanktionsbefugnisse eng zusammen und koordinieren ihre Tätigkeit bei grenzübergreifenden Fällen.

(4)   Die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden üben ihre Verwaltungsbefugnisse zur Verhängung von Sanktionen und anderer Verwaltungsmaßnahmen gemäß dieser Richtlinie und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wie folgt aus:

a)

direkt;

b)

in Zusammenarbeit mit anderen Behörden;

c)

unter ihrer Verantwortung durch Übertragung von Aufgaben an andere Behörden;

d)

durch Antrag bei den zuständigen Justizbehörden.

(5)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gegen Entscheidungen der Abwicklungsbehörden und Aufsichtsbehörden gemäß diesem Titel Rechtsmittel eingelegt werden können.

Artikel 83

Spezifische Bestimmungen zu Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen

(1)   Die Mitgliedstaaten sehen in ihren Rechts- und Verwaltungsvorschriften Verwaltungssanktionen und andere Verwaltungsmaßnahmen wenigstens für die folgenden Situationen vor:

a)

Verstoß gegen Artikel 5 oder 7, durch das Versäumnis, präventive Sanierungspläne und präventive Gruppensanierungspläne zu erstellen, fortzuschreiben und zu aktualisieren;

b)

Verstoß gegen Artikel 12, durch das Versäumnis, alle für die Entwicklung von Abwicklungsplänen erforderlichen Informationen bereitzustellen;

c)

Verstoß gegen Artikel 63 Absatz 1, durch das Versäumnis des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans eines in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens, die Aufsichtsbehörde zu unterrichten, wenn ein solches Unternehmen ausfällt oder wahrscheinlich ausfällt.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in den in Absatz 1 genannten Fällen zu den verwaltungsrechtlichen Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, die verhängt werden können, wenigstens folgende Möglichkeiten gehören:

a)

eine öffentliche Bekanntgabe der natürlichen Person, des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens, eines obersten Mutterunternehmens oder einer anderen juristischen Person, die bzw. das für den Verstoß verantwortlich ist, und die Art des Verstoßes;

b)

eine Anordnung, wonach die verantwortliche natürliche oder juristische Person die Verhaltensweise einzustellen und von einer Wiederholung abzusehen hat;

c)

ein vorübergehendes Verbot für ein Mitglied des Verwaltungs-, Management- oder Aufsichtsorgans oder der Geschäftsleitung des in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmens oder jede andere verantwortliche natürliche Person, in einem in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Unternehmen Aufgaben wahrzunehmen;

d)

im Fall einer juristischen Person Geldbußen von bis zu 10 % des jährlichen Gesamtumsatzes der juristischen Person im vorangegangenen Geschäftsjahr;

e)

im Fall einer natürlichen Person Geldbußen von bis zu 5 000 000 EUR bzw. in den Mitgliedstaaten, in denen der Euro nicht die amtliche Währung ist, dem Gegenwert in der Landeswährung zum 28. Januar 2025;

f)

Geldbußen in höchstens zweifacher Höhe des aus dem Verstoß gezogenen Nutzens, soweit sich dieser beziffern lässt.

Bei juristischen Personen, die Tochterunternehmen eines Mutterunternehmens sind, gilt als relevanter Umsatz für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe d der konsolidierte jährliche Gesamtumsatz des obersten Mutterunternehmens im vorangegangenen Geschäftsjahr.

Artikel 84

Veröffentlichung von Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden auf ihrer offiziellen Website mindestens alle rechtskräftigen Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, die diese Behörden wegen eines Verstoßes gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften verhängen, umgehend öffentlich bekannt machen. Diese Bekanntmachung erfolgt unverzüglich, nachdem die betreffende natürliche oder juristische Person von der Verwaltungssanktion oder anderen Verwaltungsmaßnahme unterrichtet worden ist. Die Bekanntmachung beinhaltet Informationen zu Art und Charakter des Verstoßes sowie zur Identität der natürlichen oder juristischen Person, gegen die die Verwaltungssanktion oder andere Verwaltungsmaßnahme verhängt wurde.

Wenn ein Mitgliedstaat die öffentliche Bekanntmachung angefochtener Verwaltungssanktionen und anderer Verwaltungsmaßnahmen zulässt, veröffentlichen die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden auf ihren offiziellen Websites unverzüglich Informationen über den Stand der jeweiligen Rechtsmittelverfahren und deren Ergebnisse.

(2)   Ist die Abwicklungsbehörde oder Aufsichtsbehörde der Auffassung, dass die Bekanntmachung der Identität der juristischen Personen oder der Identität oder der personenbezogenen Daten natürlicher Personen einer einzelfallbezogenen Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung dieser Daten zufolge unverhältnismäßig wäre, oder würde eine solche Bekanntmachung die Stabilität der Finanzmärkte oder laufende Ermittlungen gefährden, so handelt die Abwicklungsbehörde oder die Aufsichtsbehörde wie folgt:

a)

die Veröffentlichung der Entscheidung zur Verhängung der Verwaltungssanktion oder anderer Verwaltungsmaßnahmen wird so lange aufgeschoben, bis die Gründe für diese Aufschiebung nicht mehr gegeben sind;

b)

die Entscheidung zur Verhängung der Verwaltungssanktion oder anderer Verwaltungsmaßnahmen wird gemäß dem nationalen Recht in anonymer Fassung veröffentlicht, wenn diese anonyme Fassung einen wirksamen Schutz der betreffenden personenbezogenen Daten gewährleistet;

c)

die Entscheidung zur Verhängung der Verwaltungssanktion oder anderer Verwaltungsmaßnahmen wird nicht veröffentlicht, wenn die Abwicklungsbehörde oder die Aufsichtsbehörde der Auffassung ist, dass eine Bekanntmachung gemäß Buchstabe a oder b nicht ausreichen würde, um Folgendes zu gewährleisten:

i)

die Stabilität der Finanzmärkte wird nicht gefährdet;

ii)

bei einer Bekanntmachung dieser Informationen im Falle von Maßnahmen, deren Bedeutung für gering befunden wird, ist die Verhältnismäßigkeit gewahrt.

Die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden stellen sicher, dass jede Bekanntmachung im Sinne dieses Artikels mindestens fünf Jahre lang auf ihrer offiziellen Website zugänglich bleibt. Die in der Bekanntmachung enthaltenen personenbezogenen Daten werden nur so lange auf der offiziellen Website der Abwicklungsbehörde oder der Aufsichtsbehörde geführt, wie dies nach den anwendbaren Datenschutzvorschriften erforderlich ist.

Artikel 85

Betrieb einer zentralen Datenbank durch die EIOPA

(1)   Die Abwicklungsbehörden und die Aufsichtsbehörden unterrichten die EIOPA unter Einhaltung des Berufsgeheimnisses nach Artikel 66 über alle Verwaltungssanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, die sie gemäß Artikel 83 verhängt haben, sowie über den Stand der jeweiligen Rechtsmittelverfahren und deren Ergebnisse.

Die EIOPA betreibt und aktualisiert eine zentrale Datenbank der ihr von den Abwicklungsbehörden gemeldeten Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, deren alleiniger Zweck es ist, den Informationsaustausch zwischen den Abwicklungsbehörden zu ermöglichen, und auf die ausschließlich die Abwicklungsbehörden zugreifen können.

Die EIOPA betreibt und aktualisiert eine zentrale Datenbank der ihr von den Aufsichtsbehörden gemeldeten Sanktionen und anderen Verwaltungsmaßnahmen, deren alleiniger Zweck es ist, den Informationsaustausch zwischen den Aufsichtsbehörden zu ermöglichen, und auf die ausschließlich die Aufsichtsbehörden zugreifen können.

(2)   Die EIOPA betreibt und aktualisiert eine Website mit folgenden Informationen oder Links zu diesen Informationen:

a)

Bekanntmachung der Sanktionen der einzelnen Abwicklungsbehörden;

b)

Bekanntmachung der Sanktionen der einzelnen Aufsichtsbehörden nach Artikel 84;

c)

Zeitraum, für den die Sanktionen der einzelnen Mitgliedstaaten veröffentlicht sind.

Artikel 86

Wirksame Anwendung von Sanktionen und Ausübung der Sanktionsbefugnisse durch die Aufsichtsbehörden und die Abwicklungsbehörden

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichtsbehörden und die Abwicklungsbehörden bei der Festlegung der Art der Verwaltungssanktionen oder anderen Verwaltungsmaßnahmen und der Höhe der Geldbußen allen maßgeblichen Umständen Rechnung tragen, gegebenenfalls einschließlich

a)

der Schwere und der Dauer des Verstoßes;

b)

des Grads der Verantwortlichkeit der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person;

c)

der Finanzkraft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person;

d)

der Höhe der von der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person erzielten Gewinne oder verhinderten Verluste, sofern sich diese Gewinne oder Verluste beziffern lassen;

e)

der Verluste, die Dritten, einschließlich Versicherungsnehmern, durch den Verstoß entstanden sind, soweit sich diese beziffern lassen;

f)

der Bereitschaft der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person zur Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde und der Abwicklungsbehörde;

g)

früherer Verstöße der verantwortlichen natürlichen oder juristischen Person.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe c umfassen die Indikatoren für die Finanzkraft einer natürlichen oder juristischen Person den Gesamtumsatz der verantwortlichen juristischen Person oder die Jahreseinkünfte der verantwortlichen natürlichen Person.

TITEL VII

ÄNDERUNGEN DER RICHTLINIEN 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU, (EU) 2017/1132 UND DER VERORDNUNGEN (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 UND (EU) 2017/1129

Artikel 87

Änderungen der Richtlinie 2002/47/EG

Die Richtlinie 2002/47/EG wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„(6)   Die Artikel 4 bis 7 dieser Richtlinie gelten nicht für Beschränkungen der Durchsetzung von Sicherheitsvereinbarungen oder Beschränkungen der Wirksamkeit von Finanzsicherheitsvereinbarungen in Form eines beschränkten dinglichen Rechts, Glattstellungs-Saldierungsvereinbarungen oder Aufrechnungsvereinbarungen, die aufgrund des Titels IV Kapitel V bzw. Kapitel VI der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) oder des Titels V Kapitel III Abschnitt 3 bzw. Kapitel IV der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (*2) oder des Titels III Kapitel III Abschnitt 4 bzw. Kapitel IV der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*3) auferlegt werden, oder für vergleichbare Beschränkungen, die durch ähnliche Befugnisse im Recht eines Mitgliedstaats auferlegt werden, damit Einrichtungen gemäß Absatz 2 Buchstabe d, für die mindestens den in Titel IV Kapitel VII der Richtlinie 2014/59/EU und in Titel V Kapitel V der Verordnung (EU) 2021/23 genannten Garantien gleichwertige Sicherheiten vorgesehen sind, ordentlich aufgelöst werden können.

(*1)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190)."

(*2)  Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 und der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1)."

(*3)  Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2017/1129 (ABl. L, 2025/1, 8.1.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2025/1/oj).“ "

2.

Artikel 9a erhält folgende Fassung:

„Artikel 9a

Richtlinie 2008/48/EG, Richtlinie 2014/59/EU, Verordnung (EU) 2021/23 und Richtlinie (EU) 2025/1

Diese Richtlinie gilt unbeschadet der Richtlinie 2008/48/EG, der Richtlinie 2014/59/EU, der Verordnung (EU) 2021/23 und der Richtlinie (EU) 2025/1.“

Artikel 88

Änderung der Richtlinie 2004/25/EG

Artikel 4 Absatz 5 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2004/25/EG erhält folgende Fassung:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Artikel 5 Absatz 1 der vorliegenden Richtlinie im Falle einer Anwendung von in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*4), in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (*5) oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*6) vorgesehenen Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen nicht angewandt wird.

Artikel 89

Änderungen der Richtlinie 2007/36/EG

Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 2007/36/EG erhält folgende Fassung:

„(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die vorliegende Richtlinie im Falle einer Anwendung von in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*7), in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (*8) oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*9) vorgesehenen Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen nicht angewandt wird.

Artikel 90

Änderungen der Richtlinie 2014/59/EU

Die Richtlinie 2014/59/EU wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 2 Absatz 1 werden folgende Nummern angefügt:

„110.

‚für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständige Behörde‘ eine Abwicklungsbehörde im Sinne von Artikel 2 Nummer 12 der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*10);

111.

‚Versicherungsaufsichtsbehörde‘ eine Aufsichtsbehörde im Sinne von Artikel 13 Nummer 10 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*11);

112.

‚Finanzkonglomerat‘ ein Finanzkonglomerat im Sinne von Artikel 2 Nummer 14 der Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*12);

(*10)  Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2017/1129 (ABl. L, 2025/1, 8.1.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2025/1/oj)."

(*11)  Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1)."

(*12)  Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1).“ "

2.

In Artikel 7 Absatz 3 wird folgender Buchstabe angefügt:

„e)

die betreffende für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständige Behörde und die betreffende Versicherungsaufsichtsbehörde, wenn es sich bei der Gruppe als Ganzes um ein Finanzkonglomerat handelt oder ein Institut innerhalb der Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats ist.“

3.

In Artikel 14 wird folgender Absatz angefügt:

„(3)   Handelt es sich bei dem Institut oder dem Unternehmen oder der Gruppe um ein Finanzkonglomerat oder ist das Institut oder das Unternehmen oder die Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats, so übermittelt die Abwicklungsbehörde oder die für die Gruppenabwicklung zuständige Behörde die Abwicklungspläne oder Gruppenabwicklungspläne auch an die betreffende für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständige Behörde und die betreffende Versicherungsaufsichtsbehörde.“

4.

In Artikel 81 Absatz 3 wird folgender Buchstabe angefügt:

„l)

den betreffenden Versicherungsaufsichtsbehörden und den betreffenden für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden, sofern das Institut oder das Unternehmen Teil eines Finanzkonglomerats ist.“

5.

In Artikel 83 Absatz 2 wird folgender Buchstabe angefügt:

„l)

die betreffenden Versicherungsaufsichtsbehörden und die betreffenden für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden, sofern das in Abwicklung befindliche Institut Teil eines Finanzkonglomerats ist.“

6.

In Artikel 84 Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

„n)

auf der Grundlage dieses Kapitels informierte oder unterrichtete Versicherungsaufsichtsbehörden und für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständige Behörden.“

7.

In Artikel 88 wird folgender Absatz eingefügt:

„(3a)   Handelt es sich bei dem Institut oder dem Unternehmen oder der Gruppe um ein Finanzkonglomerat oder ist das Institut oder das Unternehmen oder die Gruppe Teil eines Finanzkonglomerats, so werden die betreffenden für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden eingeladen, als Beobachter am Abwicklungskollegium teilzunehmen, sofern diese Behörden Geheimhaltungspflichten unterliegen, die nach Auffassung der für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörde den in Artikel 90 festgelegten Anforderungen gleichwertig sind.“

Artikel 91

Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132

Die Richtlinie (EU) 2017/1132 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 84 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Artikel 49, Artikel 58 Absatz 1, Artikel 68 Absätze 1, 2 und 3, Artikel 70 Absatz 2 Unterabsatz 1 und die Artikel 72 bis 75 und die Artikel 79, 80 und 81 der vorliegenden Richtlinie im Fall einer Anwendung der in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (*13), in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (*14) oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*15) vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen nicht angewandt werden.

(*13)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190)."

(*14)  Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 und der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1)."

(*15)  Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2017/1129 (ABl. L, 2025/1, 8.1.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2025/1/oj).“ "

2.

Artikel 86a wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 3 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)

die Gesellschaft ist Gegenstand von in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU, in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 vorgesehenen Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen.“

b)

Absatz 4 Buchstabe c erhält folgende Fassung:

„c)

Krisenpräventionsmaßnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Nummer 101 der Richtlinie 2014/59/EU, Artikel 2 Nummer 48 der Verordnung (EU) 2021/23 oder Artikel 2 Nummer 79 der Richtlinie (EU) 2025/1.“

3.

Artikel 87 Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das vorliegende Kapitel nicht auf Gesellschaften angewandt wird, die Gegenstand einer Anwendung der in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU, in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 vorgesehenen Abwicklungsinstrumente, -befugnisse und -mechanismen sind.“

4.

Artikel 120 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 4 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)

die Gesellschaft ist Gegenstand von in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU, in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 vorgesehenen Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen.“

b)

Absatz 5 Buchstabe c erhält folgende Fassung:

„c)

Krisenpräventionsmaßnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Nummer 101 der Richtlinie 2014/59/EU oder gemäß Artikel 2 Nummer 48 der Verordnung (EU) 2021/23 oder gemäß Artikel 2 Nummer 79 der Richtlinie (EU) 2025/1.“

5.

Artikel 160a wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 4 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)

die Gesellschaft ist Gegenstand von in Titel IV der Richtlinie 2014/59/EU, in Titel V der Verordnung (EU) 2021/23 oder in Titel III der Richtlinie (EU) 2025/1 vorgesehenen Abwicklungsinstrumenten, -befugnissen und -mechanismen.“

b)

Absatz 5 Buchstabe c erhält folgende Fassung:

„c)

Krisenpräventionsmaßnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Nummer 101 der Richtlinie 2014/59/EU oder gemäß Artikel 2 Nummer 48 der Verordnung (EU) 2021/23 oder gemäß Artikel 2 Nummer 79 der Richtlinie (EU) 2025/1.“

Artikel 92

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010

Die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 4 Nummer 2 Ziffer i erhält folgende Fassung:

„i)

Aufsichtsbehörden im Sinne von Artikel 13 Nummer 10 der Richtlinie 2009/138/EG, Abwicklungsbehörden im Sinne von Artikel 2 Nummer 12 der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*16) und zuständige Behörden im Sinne von Artikel 6 Nummer 8 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates (*17) und gemäß der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates (*18);

(*16)  Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2024 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1094/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2017/1129 (ABl. L, 2025/1, 8.1.2025, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2025/1/oj)."

(*17)  Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 37)."

(*18)  Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (ABl. L 26 vom 2.2.2016, S. 19).“ "

2.

In Artikel 40 Absatz 6 wird folgender Unterabsatz angefügt:

„Für die Zwecke des Tätigwerdens im Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2025/1 kann das in Absatz 1 Buchstabe b genannte Mitglied des Rates der Aufseher gegebenenfalls von einem nicht stimmberechtigten Vertreter der Abwicklungsbehörde des jeweiligen Mitgliedstaats begleitet werden.“

Artikel 93

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012

In Artikel 81 Absatz 3 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 wird folgender Buchstabe angefügt:

„s)

den gemäß Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*19) benannten Abwicklungsbehörden.

Artikel 94

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014

Artikel 88 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 erhält folgende Fassung:

„(6)   Mit diesem Artikel wird es dem Ausschuss, dem Rat, der Kommission, der EZB, den nationalen Abwicklungsbehörden oder den nationalen zuständigen Behörden einschließlich ihrer Bediensteten und Sachverständigen nicht untersagt, zum Zweck der Planung oder Durchführung einer Abwicklungsmaßnahme Informationen untereinander und mit zuständigen Ministerien, Zentralbanken, Einlagensicherungssystemen, Anlegerentschädigungssystemen, den für das reguläre Insolvenzverfahren zuständigen Behörden, den für die Abwicklung von Versicherungsunternehmen zuständigen Behörden, Versicherungsaufsichtsbehörden, Abwicklungsbehörden und zuständigen Behörden nicht teilnehmender Mitgliedstaaten, der EBA oder vorbehaltlich Artikel 33 der vorliegenden Verordnung mit Drittlandsbehörden, die ähnliche Aufgaben wie Abwicklungsbehörden wahrnehmen, oder vorbehaltlich strenger Vertraulichkeitsanforderungen mit einem potenziellen Erwerber auszutauschen.“

Artikel 95

Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129

Artikel 1 Absatz 5 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2017/1129 erhält folgende Fassung:

„c)

Wertpapiere, die aus der Umwandlung oder dem Tausch anderer Wertpapiere, Eigenmittel oder anrechnungsfähiger Verbindlichkeiten durch eine Abwicklungsbehörde aufgrund der Ausübung einer Befugnis gemäß Artikel 53 Absatz 2, Artikel 59 Absatz 2 oder Artikel 63 Absatz 1 oder 2 der Richtlinie 2014/59/EU oder der Ausübung einer Befugnis nach Artikel 39 Absatz 2 oder Artikel 42 Absatz 1 oder 2 der Richtlinie (EU) 2025/1 des Europäischen Parlaments und des Rates (*20) resultieren;

TITEL VIII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 96

Abwicklungsausschuss der EIOPA

(1)   Die EIOPA setzt für die Vorbereitung von EIOPA-Beschlüssen gemäß Artikel 44 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 einschließlich der Beschlüsse zu Entwürfen technischer Regulierungsstandards und Entwürfen technischer Durchführungsstandards für die Aufgaben, die den Abwicklungsbehörden im Einklang mit dieser Richtlinie übertragen werden, einen ständigen internen Ausschuss gemäß Artikel 41 der genannten Verordnung ein. Ein solcher interner Ausschuss setzt sich aus den in Artikel 3 der vorliegenden Richtlinie genannten Abwicklungsbehörden zusammen.

(2)   Für die Zwecke dieser Richtlinie arbeitet die EIOPA mit der EBA und der ESMA im Rahmen des durch Artikel 54 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 und der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 geschaffenen Gemeinsamen Ausschusses der Europäischen Aufsichtsbehörden zusammen.

(3)   Für die Zwecke dieser Richtlinie stellt die EIOPA sicher, dass der Abwicklungsausschuss von anderen in der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 genannten Aufgabenbereichen organisatorisch getrennt ist. Der Abwicklungsausschuss trägt zur Ausarbeitung und Koordinierung von Abwicklungsplänen bei und konzipiert Verfahren für die Abwicklung in Artikel 1 Absatz 1 genannter Unternehmen, die ausfallen.

Artikel 97

Zusammenarbeit mit der EIOPA

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichts- und Abwicklungsbehörden für die Zwecke dieser Richtlinie nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 mit der EIOPA zusammenarbeiten.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Aufsichts- und Abwicklungsbehörden der EIOPA gemäß Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 unverzüglich alle für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen.

Artikel 98

Sicherungssysteme für Versicherungen

Bis zum 29. Januar 2027 legt die Kommission nach Konsultation der EIOPA dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, in dem die Angemessenheit gemeinsamer Mindeststandards für Sicherungssysteme für Versicherungen in der Union bewertet wird. Der Bericht enthält mindestens

a)

eine Bewertung des aktuellen Stands der Sicherungssysteme für Versicherungen in den Mitgliedstaaten (Abdeckungsniveau, Art der abgedeckten Versicherungen, Auslöser);

b)

eine Analyse der politischen Optionen, einschließlich der verschiedenen Möglichkeiten, wie die Sicherungssysteme für Versicherungen für die Fortführung oder Liquidierung von Versicherungspolicen genutzt werden können, wobei den Unterschieden zwischen den Versicherungsprodukten verschiedener Mitgliedstaaten gebührend Rechnung zu tragen ist;

c)

eine Bewertung der Notwendigkeit, erforderlichen Maßnahmen einzuführen, die zur Einführung einer Mindestgrundlage für Sicherungssysteme für Versicherungen in der gesamten Union notwendig sind, und diese gegebenenfalls darzulegen.

Der Bericht wird erforderlichenfalls von einem Gesetzgebungsvorschlag begleitet.

Artikel 99

Überprüfung

Bis zum 29. Januar 2030 legt die Kommission nach Konsultation der EIOPA dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie vor. Der Bericht enthält insbesondere

a)

eine Bewertung, ob und in welchem Umfang die Ziele der vorliegenden Richtlinie in Bezug auf das Funktionieren des Binnenmarkts und die Stärkung des Finanzsystems in der Union vor dem Hintergrund der Markt- und Wirtschaftsentwicklungen erreicht wurden;

b)

eine Bewertung des Stands der Abwicklungsfinanzierungsmechanismen;

c)

eine Bewertung, ob es notwendig ist, harmonisierte Mindestdefinitionen in Bezug auf das Niveau der abgedeckten Policen und die berücksichtigungsfähigen Anspruchsberechtigten und Policen einzuführen und gegebenenfalls die erforderlichen Schritte darzulegen;

d)

eine Analyse der Erfahrungen mit dem Informationsaustausch zwischen den für die Beaufsichtigung oder Abwicklung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen und Kreditinstituten zuständigen Behörden, falls das in Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a bis e genannte Unternehmen Teil eines Finanzkonglomerats ist;

e)

eine Bewertung der Durchführbarkeit und der Voraussetzungen dafür, Finanzkonglomeraten zu gestatten, einen einzigen (präventiven) Gruppensanierungsplan für das gesamte Konglomerat zu erstellen, und Abwicklungsbehörden zu gestatten, für das gesamte Finanzkonglomerat einen einzigen Gruppenabwicklungsplan auszuarbeiten;

f)

eine Analyse der Vorteile einer weiteren Harmonisierung des Rahmens für das Krisenmanagement für Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen.

Der Bericht wird erforderlichenfalls von einem Gesetzgebungsvorschlag begleitet.

Artikel 100

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen spätestens bis zum 29. Januar 2027 die Maßnahmen, die erforderlich sind, um Artikel 1 bis 91, Artikel 96 und Artikel 97 dieser Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Sie wenden diese Maßnahmen ab dem 30. Januar 2027 an.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 101

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Die Artikel 92 bis 95 gelten ab dem 30. Januar 2027.

Artikel 102

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 27. November 2024.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

BÓKA J.


(1)   ABl. C 275 vom 18.7.2022, S. 45.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. April 2024 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 5. November 2024.

(3)  Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1).

(4)  Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263 vom 7.10.2009, S. 11).

(5)  Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 79/267/EWG, 92/49/EWG, 92/96/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG des Rates und der Richtlinien 98/78/EG und 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 35 vom 11.2.2003, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).

(8)  Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45).

(9)  Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 12).

(10)  Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (ABl. L 184 vom 14.7.2007, S. 17).

(11)  Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46).

(12)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

(13)  Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 und der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1).

(14)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(15)  Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten (ABl. L 168 vom 27.6.2002, S. 43).

(16)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(17)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(18)  Delegierte Verordnung (EU) 2015/35 der Kommission vom 10. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 12 vom 17.1.2015, S. 1).

(19)  Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82 vom 22.3.2001, S. 16).

(20)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(21)  Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12).

(22)  Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere zu veröffentlichenden Informationen (ABl. L 184 vom 6.7.2001, S. 1).

(23)  Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6).

(24)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(25)  Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. L 390 vom 31.12.2004, S. 38).

(26)  Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1).


ANHANG

Dimensionen der Abwicklungsfähigkeit

Bei der Bewertung der Abwicklungsfähigkeit prüfen die Abwicklungsbehörden und die für die Gruppenabwicklung zuständigen Behörden unter Berücksichtigung der Art, des Umfangs und der Komplexität des Unternehmens die folgenden Dimensionen:

1.

Operative Kontinuität

a)

das Ausmaß, in dem alle relevanten internen und externen, finanziellen und operationellen wechselseitigen Abhängigkeiten unter Bezugnahme auf alle relevanten Dienste und Funktionen, einschließlich des Personals, ermittelt und Rechtsträgern, kritischen Funktionen, Kerngeschäftsbereichen und damit verbundenen vertraglichen Vereinbarungen zugeordnet wurden;

b)

das Ausmaß, in dem angemessene operationelle Vorkehrungen getroffen wurden, um die Kontinuität der relevanten Dienste, die für die Erhaltung kritischer Funktionen erforderlich sind, und der Kerngeschäftsbereiche, die für die wirksame Umsetzung der Abwicklungsmaßnahme und etwaiger daraus resultierender Umstrukturierungen erforderlich sind, zu gewährleisten, insbesondere durch Erleichterung möglicher Übertragungen von Vermögenswerten, Rechten oder Verbindlichkeiten, Rollen und Personal;

c)

das Ausmaß, in dem die Risiken für die operative Kontinuität bei der Abwicklung umfassend bewertet wurden, einschließlich qualitativer und quantitativer Informationen, die es ermöglichen, den kritischen Charakter relevanter Dienste zu ermitteln, einschließlich der Auswirkungen der Unterbrechung oder Einstellung relevanter Dienste bei der Abwicklung und ihrer Substituierbarkeit;

d)

das Ausmaß, in dem die Risiken für die operative Kontinuität wirksam gemindert wurden, und das Vorhandensein von Maßnahmen zur Verbesserung der Abwicklungsvorsorge, auch im Hinblick auf die Durchsetzung von Kontinuitätsmaßnahmen mit externen Drittanbietern relevanter Dienste;

2.

Zugang zu Finanzmarktinfrastrukturen

das Ausmaß, in dem Unternehmen oder Gruppen die Verfahren und Modalitäten festgelegt haben, die erforderlich sind, um vor, während und nach der Abwicklung den Zugang zu Finanzmarktinfrastrukturen und zu Zahlungs-, Clearing-, Abrechnungs- und Verwahrungsdiensten, die von Intermediären erbracht werden, aufrechtzuerhalten;

3.

Trennbarkeit

a)

das Ausmaß, in dem Unternehmen oder Gruppen Quellen übermäßiger Komplexität ihrer Struktur und ihrer Informationssysteme ermittelt, verringert und erforderlichenfalls beseitigt haben, die ein Risiko für die Durchführung der Abwicklungsmaßnahme darstellen, insbesondere mit dem Ziel, die Trennung und Übertragung von kritischen Funktionen und Kerngeschäftsbereichen zu erleichtern;

b)

das Ausmaß, in dem ein Empfänger oder Erwerber für das Portfolio oder die Geschäftstätigkeit des Unternehmens zur Verfügung steht;

4.

Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität

a)

das Ausmaß, in dem eine Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität besteht, und die Bewertung, ob diese Kapazität für die Umsetzung des Abwicklungsplans ausreicht, einschließlich der Verfügbarkeit von Sicherungssystemen für Versicherungen oder Finanzierungsmechanismen und der Glaubwürdigkeit, dass der Inhaber der Verlustausgleichsfähigkeit in der Lage sein wird, Verluste auszugleichen;

b)

das Ausmaß, in dem angemessene Vorkehrungen zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Anerkennung und Wirksamkeit von Abwicklungsmaßnahmen bestehen;

c)

das Ausmaß, in dem angemessene Governance-Regelungen, interne Prozesse und Management-Informationssysteme vorhanden sind, um die operative Durchführung der Herabschreibung oder Umwandlung, einschließlich der Übertragung von Portfolios, zu unterstützen;

5.

Liquidität und Finanzierung im Abwicklungsfall

a)

das Ausmaß, in dem das Geschäftsmodell des Unternehmens oder der Gruppe zu einem Liquiditätsbedarf bei der Abwicklung führen kann;

b)

das Ausmaß, in dem Prozesse und Kapazitäten i) zur Schätzung des Liquiditäts- und Finanzierungsbedarfs für die Umsetzung der Abwicklungsstrategie, ii) zur Messung und Meldung der Liquidität bei der Abwicklung und iii) zur Ermittlung und Mobilisierung verfügbarer Sicherheiten vorhanden sind, die für die Beschaffung von Finanzmitteln während und nach der Abwicklung genutzt werden können;

6.

Informationssysteme und Datenanforderungen

das Ausmaß, in dem Unternehmen oder Gruppen über angemessene Management-Informationssysteme, Bewertungskapazitäten und technologische Infrastruktur verfügen, um die Informationen bereitzustellen, die für i) die Entwicklung und Aktualisierung von Abwicklungsplänen, ii) die Durchführung einer fairen, vorsichtigen und realistischen Bewertung und iii) die wirksame Anwendung von Abwicklungsmaßnahmen, auch unter sich rasch ändernden Bedingungen, erforderlich sind;

7.

Kommunikation

das Ausmaß, in dem Unternehmen oder Gruppen über Kommunikationspläne zur Gewährleistung einer rechtzeitigen, robusten und kohärenten Information der einschlägigen Interessenträger und zur Unterstützung der Umsetzung der Abwicklungsmaßnahme sowie über Governance-Regelungen zur Gewährleistung einer wirksamen Durchführung dieser Pläne verfügen;

8.

Governance

das Ausmaß, in dem robuste Governance-Prozesse bestehen, die die Vorbereitung und Umsetzung der Abwicklungsmaßnahme erleichtern, einschließlich i) einer zeitnahen Bereitstellung präziser relevanter Informationen auf regelmäßiger und Ad-hoc-Basis, ii) einer wirksamen Aufsicht während der Abwicklungsplanung und im Krisenfall und iii) einer effizienten Entscheidungsfindung zum Zeitpunkt der Abwicklung;

9.

Glaubwürdigkeit und Auswirkungen

a)

das Ausmaß, in dem die Abwicklungsmaßnahme den Abwicklungszielen entspricht und glaubwürdig ist, einschließlich der Bewertung der wahrscheinlichen Auswirkungen auf Versicherungsnehmer, Gläubiger, Gegenparteien und Beschäftigte;

b)

das Ausmaß, in dem die Auswirkungen der Abwicklung des Unternehmens oder der Gruppe auf die Realwirtschaft oder die Finanzstabilität angemessen bewertet werden können und eine Ansteckung eingedämmt werden kann, wobei mögliche Maßnahmen, die Drittlandsbehörden ergreifen können, zu berücksichtigen sind;

c)

das Ausmaß, in dem Regelungen und Mittel vorhanden sind, die die Abwicklung von Gruppen erleichtern könnten, deren Tochterunternehmen in verschiedenen Rechtsordnungen niedergelassen sind.


ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2025/1/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)