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Amtsblatt |
DE Reihe L |
2024/2810 |
14.11.2024 |
RICHTLINIE (EU) 2024/2810 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 23. Oktober 2024
über Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien in Gesellschaften, die eine Zulassung ihrer Anteile zum Handel an einem multilateralen Handelssystem beantragen
(Text von Bedeutung für den EWR)
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 50 Absatz 1, Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g und Artikel 114,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Um die Attraktivität der Börsennotierung an Handelsplätzen, die in erster Linie für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von Interesse sind, wie etwa KMU-Wachstumsmärkte und andere multilaterale Handelssysteme (multilateral trading facilities, im Folgenden „MTF“), zu erhöhen und KMU damit besser in die Lage zu versetzen, Mittel an MTFs zu beschaffen, und um die Bedingungen für Gesellschaften, die eine Zulassung zum Handel im Binnenmarkt beantragen, vergleichbarer zu machen, müssen regulierungsbedingte Hindernisse für den Zugang zu MTFs angegangen werden. |
(2) |
Die Angst davor, die Kontrolle über die Gesellschaft zu verlieren, ist ein wichtiger Grund für kontrollierende Aktionäre, nicht an einem öffentlichen Markt wie einem MTF aktiv zu werden. Für kontrollierende Aktionäre bedeutet die Zulassung zum Handel in der Regel eine Verwässerung der Eigentumsverhältnisse, wodurch ihr Einfluss auf wichtige Anlageentscheidungen und operative Entscheidungen abnimmt. Insbesondere für kontrollierende Aktionäre von Start-ups und Gesellschaften mit langfristigen Projekten mit erheblichen Vorlaufkosten kann es von besonderer Bedeutung sein, die Kontrolle über die Gesellschaft zu behalten, um ihre Visionen weiterverfolgen zu können, ohne allzu großen Marktschwankungen ausgesetzt zu sein. |
(3) |
Gesellschaften sollten vorbehaltlich der im Unionsrecht und im nationalen Recht festgelegten Schutzmaßnahmen in der Lage sein, Kapital- und Governance-Strukturen zu wählen, die ihrer Entwicklungsphase am besten entsprechen, auch indem sie es kontrollierenden Aktionären ermöglichen, die Kontrolle über die Gesellschaft auch nach Zulassung zum Handel an MTFs, wozu auch KMU-Wachstumsmärkte gehören, zu behalten und gleichzeitig die Vorteile des Handels in diesen MTFs zu nutzen, sofern die Rechte von Aktionären, die Aktien mit einer geringeren Anzahl an Stimmen je Aktie halten, gewahrt werden. |
(4) |
Eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien ist eine Form von kontrollverstärkendem Mechanismus, der es kontrollierenden Aktionären ermöglichen kann, die Entscheidungsgewalt in der Gesellschaft zu behalten und sich zugleich über öffentliche Märkte zu finanzieren. Eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien umfasst mindestens zwei verschiedene Aktiengattungen, die jeweils mit einer unterschiedlichen Anzahl von Stimmen je Aktie verknüpft sind. Bei einer solchen Struktur ist mindestens eine der Aktiengattungen mit einer geringeren Anzahl von Stimmen je Aktie verknüpft als eine (oder mehrere) andere Gattung(en) stimmberechtigter Aktien. Eine mit einer höheren Anzahl von Stimmen verknüpfte Aktie ist eine Mehrstimmrechtsaktie. Eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien im Sinne der vorliegenden Richtlinie ist keine Struktur, bei der die unterschiedlichen Stimmrechte ausschließlich durch die unterschiedlichen Nennwerte der Aktien bestimmt werden. |
(5) |
Jeder kontrollverstärkende Mechanismus, der eine Hebelwirkung der Stimmrechte bewirkt und keine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien ist, etwa stimmrechtslose Aktien und Aktien mit einem Vetorecht bei bestimmten Entscheidungen, sollte nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen. |
(6) |
Treueaktien sind für einen Aktionär, der die Aktien für einen festgelegten Zeitraum hält und bestimmte Bedingungen erfüllt, mit zusätzlichen Stimmen verbunden. Treueaktien sind somit ein kontrollverstärkender Mechanismus, der eher dafür ausgelegt ist, das langfristige Halten der Aktien durch die Aktionäre zu fördern als die Attraktivität der Finanzierung über öffentliche Märkte zu erhöhen. Treueaktien in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie aufzunehmen, ist daher nicht angemessen. |
(7) |
Die nationalen Bestimmungen zu Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. Während einige Mitgliedstaaten Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien erlauben, sind sie in anderen verboten. In einigen Mitgliedstaaten ist dieses Verbot auf Gesellschaften, deren Aktien öffentlich gehandelt werden beschränkt, in anderen gilt es für Gesellschaften jeder Art. Diese Unterschiede zwischen den nationalen Regelungen behindern den freien Kapitalverkehr im Binnenmarkt und führen zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen zwischen Gesellschaften in verschiedenen Mitgliedstaaten. Gesellschaften aus einem Mitgliedstaat, in dem Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien untersagt sind, müssen in einen anderen Mitgliedstaat oder sogar in ein Drittland ausweichen, wenn sie eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einführen möchten, um für ihre Aktien eine Zulassung zum Handel an einem Markt zu beantragen, was für sie mit höheren Kosten verbunden ist. Aufgrund dieser höheren Kosten könnten sich Gesellschaften in einigen Fällen gegen die Finanzierung über öffentliche Märkte entscheiden, was wiederum ihre Finanzierungsmöglichkeiten einschränken könnte. Solche Erwägungen spielen insbesondere bei KMU und Start-ups, die nicht über die zur Deckung dieser Kosten erforderlichen Mittel verfügen, eine Rolle. |
(8) |
Um es Gesellschaften zu ermöglichen, die Zulassung zum Handel an einem MTF zu beantragen, ohne dass ihre kontrollierenden Aktionäre Kontrolle abgeben müssten, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vorsehen, dass die Gesellschaften Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einführen oder ändern können, um die Zulassung zum Handel an einem MTF zu beantragen. Diese Möglichkeit sollte nicht an die Bedingung geknüpft werden, dass erweiterte wirtschaftliche Rechte für Aktien gewährt werden, die keine Mehrstimmrechtsaktien sind. |
(9) |
Während eine Zulassung zum Handel an geregelten Märkten für größere und reifere Gesellschaften angemessener ist, sind MTFs im Allgemeinen besser für KMU geeignet. Außerdem wurden KMU-Wachstumsmärkte, eine Unterform der MTFs, speziell als Handelsplätze für KMU konzipiert, mit rechtlichen Anforderungen, die den Besonderheiten von KMU Rechnung tragen. Gleichwohl sind nicht alle Gesellschaften, deren Papiere in MTFs notiert sind, KMU. Nach der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (3) muss es sich für die Registrierung eines MTFs als KMU-Wachstumsmarkt bei mindestens 50 % der Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel an jenem MTF zugelassen sind, um KMU handeln. Aufgrund der generell höheren Liquidität der Papiere von Gesellschaften, die keine KMU sind, eröffnet sich für die MTFs durch deren Zulassung die Möglichkeit, höhere Handelsgebühren einzunehmen und so ihr Geschäftsmodell rentabel zu halten. Um Klarheit für die Anleger zu gewährleisten, unterliegen zurzeit jedoch alle Emittenten an KMU-Wachstumsmärkten unabhängig von ihrer Größe denselben Regeln. Gleiches gilt für alle Emittenten in anderen MTFs. Es ist daher angebracht, dass die Einführung des Rechts, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder diese zu ändern, für alle in Anhang II der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) genannten Kategorien von Gesellschaften gilt, soweit letztere nach nationalem Recht Aktien ausgeben und die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem MTF beantragen können. |
(10) |
Die Mitgliedstaaten sollten nationale Bestimmungen erlassen oder beibehalten dürfen, die es den Gesellschaften ermöglichen, auch für andere Zwecke als die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern. Hierzu gehört unter anderem, dass es Gesellschaften gestattet wird, Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder diese Strukturen zu ändern, wenn sie eine Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt beantragen, oder dass sichergestellt wird, dass Gesellschaften, deren Aktien nicht öffentlich gehandelt werden, Strukturen mit Mehrstimmrechtsanteilen auch dann einführen oder ändern können, wenn keine Zulassung ihrer Aktien zum Handel beantragt werden soll. Dies schließt auch Fälle ein, in denen Gesellschaften von einem MTF an einen geregelten Markt wechseln und dabei an Mehrstimmrechtsaktien festhalten. Die Mitgliedstaaten sollten auch in der Lage sein, Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien zu anderen Zwecken als der Beantragung der Zulassung von Aktien zum Handel an einem MTF zu verbieten oder einzuschränken. |
(11) |
Die Einführung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien oder deren Änderung für die Zwecke der Zulassung zum Handel erfordert in der Regel eine Änderung der Satzung einer Gesellschaft. Um eine gerechte Behandlung der Aktionäre zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Einführung oder Änderung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel sowie jede spätere Änderung einer solchen Struktur in einer Weise, die sich auf die Stimmrechte auswirkt, einem Beschluss der Hauptversammlung der Aktionäre (im Folgenden „Hauptversammlung“) unterliegt, der mindestens einer qualifizierten Mehrheit nach den Vorgaben des nationalen Rechts bedarf. Sind mehrere Aktiengattungen vorhanden, so sollte bei solchen Beschlüssen für jede Aktiengattung, deren Rechte betroffen sind, eine gesonderte Abstimmung durchgeführt werden. |
(12) |
Den Gesellschaften sollte hinsichtlich des Zeitpunkts für die Einführung oder Änderung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien Flexibilität eingeräumt werden, sofern mit dieser Einführung oder Änderung bezweckt wird, die Zulassung zum Handel an einem MTF zu beantragen. Die Mitgliedstaaten sollten Gesellschaften nicht daran hindern, vor dem Zeitpunkt der Zulassung der Aktien zum Handel an einem MTF Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder diese zu ändern. Allerdings sollten die Mitgliedstaaten vorschreiben können, dass die erweiterten Stimmrechte, d. h. die zusätzlichen Stimmrechte, die Mehrstimmrechtsaktien im Vergleich zu anderen Aktiengattungen bieten, nur ausgeübt werden dürfen, wenn die Aktien der Gesellschaft zum Handel an einem MTF zugelassen sind. Bis zur Zulassung zum Handel sollten Mehrstimmrechtsaktien in diesem Fall die gleichen Stimmrechte beinhalten wie andere Aktiengattungen der Gesellschaft. Dadurch würde sichergestellt, dass Mehrstimmrechtsaktien speziell die Zulassung zum Handel an einem MTF fördern. |
(13) |
Durch eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien könnte sich das Risiko erhöhen, dass die kontrollierenden Aktionäre aus der betreffenden Gesellschaft private Vorteile ziehen. Mitgliedstaaten, die bereits Mehrstimmrechtsaktien erlauben, sehen Maßnahmen zum Schutz von Aktionären vor, die Aktien mit einer geringeren Anzahl von Stimmen je Aktie halten. Aufgrund von nationalen Besonderheiten und Unterschieden beim Gesellschaftsrecht weichen die in den verschiedenen Mitgliedstaaten bestehenden Schutzmaßnahmen voneinander ab. Ungeachtet dieser Abweichungen und angesichts der Ziele des Binnenmarkts, wie sie insbesondere in Artikel 50 Absatz 2 Buchstabe g des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) niedergelegt sind, sollten die Ansätze im nationalen Recht für Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien — was den Schutz der Interessen von Aktionären anbelangt, die Aktien mit einer geringeren Anzahl von Stimmen je Aktie halten — für Gesellschaften, die von ihrem Recht nach dieser Richtlinie, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern, Gebrauch machen, abgestimmt werden. |
(14) |
Im Rahmen des abgestimmten Ansatzes für Gesellschaften, die von ihrem Recht nach der vorliegenden Richtlinie Gebrauch machen, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern, sollten die Mitgliedstaaten eine gerechte Behandlung von Aktionären gewährleisten, indem sie für die Gestaltung der Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien eine Beschränkung einführen, wonach ein maximales Verhältnis für die Anzahl der mit Mehrstimmrechtsaktien verknüpften Stimmen gegenüber der Stimmenanzahl der Aktien mit den geringsten Stimmrechten vorgegeben wird. Alternativ sollten die Mitgliedstaaten unbeschadet der Richtlinie (EU) 2017/1132 eine Beschränkung für Beschlüsse der Hauptversammlung vorsehen, die einer qualifizierter Mehrheit der abgegebenen Stimmen bedürfen — mit Ausnahme von Beschlüssen über die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Gesellschaft sowie der von diesen Organen zu fassenden operativen Beschlüsse, die der Hauptversammlung zur Billigung vorgelegt werden —, indem vorgeschrieben wird, dass die qualifizierte Mehrheit auf der Grundlage der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen und entweder des in der Hauptversammlung vertretenen Gesellschaftskapitals oder der Anzahl der in der Hauptversammlung vertretenen Aktien oder aber auf der Grundlage der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen und der in jeder von dem Beschluss betroffenen Aktiengattung abgegebenen Stimmen berechnet wird. Für die Zwecke der vorliegenden Richtlinie sollte gelten, dass eine Aktiengattung als von einem Beschluss betroffen gilt, wenn sich dieser Beschluss negativ auf die Rechte der Aktionäre dieser spezifischen Aktiengattung auswirkt. |
(15) |
Es sollte im Ermessen der Mitgliedstaaten stehen, zusätzliche Schutzmaßnahmen einzuführen und beizubehalten, um einen angemessenen Schutz der Interessen der Aktionäre, die keine Mehrstimmrechtsaktien halten, zu gewährleisten, beispielsweise in Form von Verfallsklauseln. Ob solche Schutzmaßnahmen angezeigt sind, sollten die Mitgliedstaaten mit Blick darauf überprüfen, ob sie einen wirksamen Schutz der Interessen solcher Aktionäre gewährleisten; zugleich sollten sie sicherstellen, dass die Schutzmaßnahmen dem Zweck von Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien, darunter die Möglichkeit der Inhaber von Mehrstimmrechtsaktien, auf wichtige Entscheidungen wie die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane der Gesellschaft und somit auf die operativen Entscheidungen der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, nicht zuwiderlaufen. Wenn die Mitgliedstaaten der Kommission die wichtigsten Maßnahmen des nationalen Rechts, die auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen wurden, mitteilen, sollten sie auch jegliche zusätzlich ergriffenen Schutzmaßnahmen mitteilen, einschließlich etwaiger Änderungen der Schutzmaßnahmen. Die Kommission hat die durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) errichtete Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, ESMA) über etwaige zusätzliche Schutzmaßnahmen zu unterrichten. |
(16) |
Die Offenlegung präziser und umfassender Informationen über Gesellschaften bildet die Grundlage für das Anlegervertrauen und ist eine Voraussetzung für fundierte Anlageentscheidungen. Solch eine fundierte Anlageentscheidung ist sowohl für den Anlegerschutz als auch die Markteffizienz notwendig. Die Mitgliedstaaten sollten Gesellschaften, die von ihrem Recht nach dieser Richtlinie Gebrauch machen, eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern, daher vorschreiben, dass sie zum Zeitpunkt der Zulassung zum Handel an einem MTF Angaben zu ihrer Aktienstruktur in einem Prospekt oder Zulassungsdokument veröffentlichen, sofern eine Gesellschaft im Einklang mit nationalem Rechte einen solchen Prospekt oder ein solches Dokument veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten sollten Gesellschaften, die von ihrem Recht nach dieser Richtlinie Gebrauch machen, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern, ferner vorschreiben, diese Angaben zu ihrer Aktienstruktur in einem etwaigen gesetzlich vorgeschriebenen Jahresfinanzbericht zu veröffentlichen, sobald ihre Aktien zum Handel zugelassen sind, sofern diese Angaben bisher noch nicht veröffentlicht worden sind oder sich seit der letzten Veröffentlichung geändert haben. |
(17) |
Was die Angaben zur Aktienstruktur einer Gesellschaft anbelangt, die in Prospekten, Zulassungsunterlagen oder Jahresfinanzberichten aufzunehmen sind, so sollten die Mitgliedstaaten vorschreiben, dass die Gesellschaften angeben müssen, ob die Übertragbarkeit von Aktien eingeschränkt ist. Solche Angaben sollten auch etwaige Stimmrechtsbeschränkungen, einschließlich Begrenzungen der Stimmrechte von Inhabern eines bestimmten prozentualen Anteils oder einer bestimmten Stimmenzahl, zeitliche Beschränkungen für die Ausübung der Stimmrechte oder Systeme, bei denen die mit den Aktien verbundenen finanziellen Rechte von der Inhaberschaft getrennt sind, enthalten. Darüber hinaus sollten Gesellschaften, die von ihrem Recht nach dieser Richtlinie Gebrauch machen, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen oder eine solche Struktur zu ändern, die Identität der Inhaber von Mehrstimmrechtsaktien, die mehr als 5 % der Stimmrechte aller Aktien der Gesellschaft ausmachen (im Folgenden „Großaktionäre“), sowie gegebenenfalls der natürlichen oder juristischen Personen, die zur Ausübung von Stimmrechten im Namen von Großaktionären berechtigt sind, offenlegen, sofern sie jeweils der Gesellschaft bekannt sind. Dies würde Anlegern als Teil der breiten Öffentlichkeit fundierte Entscheidungen ermöglichen und dadurch ihr Vertrauen in gut funktionierende Kapitalmärkte stärken. Möchten die kontrollierenden Aktionäre einer Gesellschaft die Entscheidungsgewalt in der Gesellschaft behalten, obwohl sie sich über einen öffentlichen Markt finanziert, so sind unter anderem Angaben zu den Großaktionären erforderlich, damit potenzielle Anleger fundierte Anlageentscheidungen treffen können. Bezieht sich diese Offenlegung auf natürliche Personen, so sollten sich die Angaben zur Identität auf deren Namen beschränken. |
(18) |
Um die Transparenz, das Verständnis der Öffentlichkeit und fundierte Anlageentscheidungen zu fördern, sollten die Aktien von Gesellschaften mit Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien eindeutig gekennzeichnet werden. Diese Kennzeichnung könnte beispielsweise dadurch erfolgen, dass in der Bezeichnung der Aktien solcher Gesellschaften eine Kennung aufgenommen wird, die von Marktbetreibern oder Wertpapierfirmen, die ein MTF betreiben, verwendet wird. Die ESMA sollte Entwürfe technischer Regulierungsstandards ausarbeiten, um eine konsequente Harmonisierung zu gewährleisten, und dabei marktüblichen Standards und gut funktionierenden Praktiken Rechnung tragen. In diesen Entwürfen technischer Regulierungsstandards sollte lediglich die Kennzeichnung solcher Aktien festgelegt und somit nicht in die nationalen Systeme der Aktienklassifizierung eingegriffen werden. Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, diese Richtlinie durch den Erlass der genannten Entwürfe technischer Regulierungsstandards im Wege delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV und im Einklang mit den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen. |
(19) |
Es ist auch von Bedeutung, dass die erweiterten Stimmrechte, die mit in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallenden Mehrstimmrechtsaktien verbunden sind, nicht dazu genutzt werden, die Gesellschaften an der Einhaltung der anwendbaren Unionsvorschriften im Bereich Umwelt oder Grundrechte zu hindern. |
(20) |
Diese Richtlinie lässt den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere in Bezug auf die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), unberührt. |
(21) |
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Ausweitung der Finanzierungsmöglichkeiten von Gesellschaften und die Erhöhung der Attraktivität von MTFs, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern sich vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahmen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. |
(22) |
Um Marktentwicklungen und Entwicklungen in anderen Bereichen des Unionsrechts oder den Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit der Umsetzung dieser Richtlinie Rechnung zu tragen, sollte die Kommission die Richtlinie innerhalb von vier Jahren nach ihrem Inkrafttreten überprüfen, um unter anderem zu bewerten, ob eine Ausweitung ihres Anwendungsbereichs angemessen ist. |
(23) |
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten (7) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Bei dieser Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt. |
(24) |
Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) konsultiert und hat am 6. Februar 2023 eine Stellungnahme (9) abgegeben –– |
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich
(1) Mit dieser Richtlinie werden gemeinsame Vorschriften für Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien in Gesellschaften festgelegt, die die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem multilateralen Handelssystem (multilateral trading facilities, im Folgenden „MTF“), einschließlich KMU-Wachstumsmärkten, beantragen und deren Aktien nicht bereits zum Handel an einem MTF oder an einem geregelten Markt zugelassen sind.
(2) Artikel 5 Absatz 4 gilt auch für Gesellschaften, die über eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien verfügen und deren Aktien bereits zum Handel an einem MTF zugelassen sind.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. |
„Gesellschaft“ eine juristische Person einer der in Anhang II der Richtlinie (EU) 2017/1132 genannten Rechtsformen, die nach nationalem Recht Aktien ausgeben und deren Zulassung zum Handel an einem MTF beantragen darf; |
2. |
„Mehrstimmrechtsaktie“ eine Aktie, die zu einer bestimmten und gesonderten Gattung von Aktien gehören, die mit mehr Stimmen je Aktie verknüpft ist als andere Aktiengattungen, die für Beschlüsse der Hauptversammlung der Aktionäre Stimmrechte verleihen; |
3. |
„Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien“ die Aktienstruktur einer Gesellschaft, die mindestens eine Gattung von Mehrstimmrechtsaktien umfasst; |
4. |
„geregelter Markt“ einen geregelten Markt im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 21 der Richtlinie 2014/65/EU; |
5. |
„multilaterales Handelssystem“ oder „MTF“ ein multilaterales Handelssystem im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 22 der Richtlinie 2014/65/EU; |
6. |
„KMU-Wachstumsmarkt“ einen KMU-Wachstumsmarkt im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 12 der Richtlinie 2014/65/EU. |
Artikel 3
Einführung oder Änderung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien vor der Zulassung zum Handel
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine Gesellschaft, deren Aktien nicht bereits zum Handel an einem geregelten Markt oder in einem MTF zugelassen sind, das Recht hat, für die Zwecke der Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem MTF Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Entscheidung der Gesellschaft, eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen, von der Hauptversammlung der Aktionäre (im Folgenden „Hauptversammlung“) mit mindestens qualifizierter Mehrheit nach den Vorgaben des nationalen Rechts getroffen wird. Die Mitgliedstaaten dürfen die Einführung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien nicht von der Gewährung erweiterter wirtschaftlicher Rechte für Aktien ohne erweiterte Stimmrechte abhängig machen.
Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 ist im Falle mehrerer Aktiengattungen der Beschluss über die Einführung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien auch Gegenstand einer gesonderten Abstimmung innerhalb jeder Aktiengattung, deren Rechte betroffen sind.
(2) Das in Absatz 1 genannte Recht, Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen, beinhaltet das Recht einer Gesellschaft, vor Beantragung der Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem MTF eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien einzuführen.
(3) Die Mitgliedstaaten können die Ausübung der mit Mehrstimmrechtsaktien verbundenen erweiterten Stimmrechte an die Bedingung knüpfen, dass die Aktien der Gesellschaft zum Handel an einem MTF zugelassen werden.
(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die das MTF betreiben, die Zulassung der Aktien einer Gesellschaft zum Handel nicht mit der Begründung verhindert, dass die Gesellschaft eine Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien gemäß Absatz 1 eingeführt hat.
(5) Ferner gilt dieser Artikel entsprechend, wenn eine Gesellschaft, deren Aktien nicht bereits zum Handel an einem geregelten Markt oder an einem MTF zugelassen sind, beschließt, für die Zwecke der Beantragung der Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einem MTF eine vorhandene Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien zu ändern.
Artikel 4
Schutzmaßnahmen
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesellschaften mit einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien, deren Aktien nach Ausübung ihres Rechts nach Artikel 3 an einem MTF gehandelt werden oder gehandelt werden sollen, über geeignete Schutzmaßnahmen verfügen, um den angemessenen Schutz der Interessen von Aktionären, die keine Mehrstimmrechtsaktien halten, zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten unternehmen zu diesem Zweck Folgendes:
a) |
sie stellen sicher, dass der Beschluss einer Gesellschaft zur Änderung einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien in einer Weise, die die Stimmrechte der Aktien betrifft, auf der Hauptversammlung mit mindestens qualifizierter Mehrheit nach den Vorgaben des nationalen Rechts gefasst wird, und sie stellen sicher, dass bei solchen Beschlüssen für jede Gattung von Aktien, deren Rechte betroffen sind, eine gesonderte Abstimmung durchgeführt wird; |
b) |
sie begrenzen den Einfluss von Mehrstimmrechtsaktien auf den Entscheidungsprozess bei der Hauptversammlung, indem mindestens eine der folgenden Vorgaben eingeführt wird:
|
(2) Die Mitgliedstaaten können weitere Schutzmaßnahmen vorsehen, um zu gewährleisten, dass die Interessen der Aktionäre, die keine Mehrstimmrechtsaktien halten, angemessen geschützt sind. Solche Schutzmaßnahmen können insbesondere Bestimmungen umfassen, die verhindern, dass die mit Mehrstimmrechtsaktien verknüpfen erweiterten Stimmrechte weiterbestehen
a) |
nach ihrer Übertragung an Dritte oder nach Ableben, Verlust der Geschäftsfähigkeit oder Ausscheiden des ursprünglichen Inhabers der Mehrstimmrechtsaktien (übertragungsbasierte Verfallsklausel); |
b) |
nach einem vorab bestimmten Zeitraum (zeitbasierte Verfallsklausel); |
c) |
nach Eintreten eines bestimmten Ereignisses (ereignisbasierte Verfallsklausel). |
Artikel 5
Transparenz
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesellschaften, die über Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien verfügen und deren Aktien nach Ausübung ihres Rechts nach Artikel 3 an einem KMU-Wachstumsmarkt gehandelt werden oder gehandelt werden sollen, die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels aufgeführten Angaben in die folgenden Dokumente aufnehmen:
a) |
den Prospekt gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates (10), der Wachstums-Emissionsprospekt gemäß Artikel 15a jener Verordnung oder das Zulassungsdokument gemäß Artikel 33 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 2014/65/EU, je nachdem, welches Dokument das Unternehmen veröffentlicht; und |
b) |
den Jahresfinanzbericht gemäß Artikel 78 Absatz 2 Buchstabe g der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission (11), falls sich die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten Angaben seit ihrer letzten Veröffentlichung im Prospekt, im EU-Wachstums-Emissionsprospekt oder im Zulassungsdokument gemäß Buchstabe a dieses Absatzes oder im vorangegangenen Jahresfinanzbericht geändert haben. |
(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Gesellschaften, die über Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien verfügen und deren Aktien nach Ausübung ihres Rechts nach Artikel 3 an einem nicht als KMU-Wachstumsmarkt registrierten MTF gehandelt werden oder gehandelt werden sollen, die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels aufgeführten Angaben in die folgenden Dokumente aufnehmen:
a) |
den Prospekt gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2017/1129, den in Artikel 15a der genannten Verordnung genannten EU-Wachstums-Emissionsprospekt oder jegliche nach nationalem Recht oder nach den Vorschriften des betreffenden MTF vorgeschriebene Zulassungsdokumente, wenn das Unternehmen einen solchen Prospekt oder ein solches Dokument veröffentlicht; und |
b) |
jeglichen nach nationalem Recht vorgeschriebenen Jahresfinanzbericht, wenn die in Absatz 3 genannten Angaben nicht bereits im Prospekt, im EU-Wachstums-Emissionsprospekt oder im Zulassungsdokument gemäß Buchstabe a des vorliegenden Absatzes oder im vorangegangenen Jahresfinanzbericht veröffentlicht worden sind oder sich seit ihrer letzten Veröffentlichung geändert haben. |
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Angaben umfassen detaillierte Angaben zu Folgendem:
a) |
zur Aktienstruktur der Gesellschaft unter Angabe der verschiedenen Aktiengattungen, einschließlich der nicht zum Handel zugelassenen Aktien, und für jede Aktiengattung Angaben zu
|
b) |
zu jeder etwaigen Beschränkung für die Übertragung der Aktien, einschließlich der Vereinbarungen zwischen Aktionären, die der Gesellschaft bekannt sind und die solche Beschränkungen nach sich ziehen könnten; |
c) |
zu jeder etwaigen Beschränkung der Stimmrechte der Aktien, einschließlich der Vereinbarungen zwischen Aktionären, die der Gesellschaft bekannt sind und die solche Beschränkungen nach sich ziehen könnten; |
d) |
zur Identität der Inhaber von Mehrstimmrechtsaktien, die mehr als 5 % der Stimmrechte aller Aktien der Gesellschaft ausmachen, sowie gegebenenfalls der natürlichen oder juristischen Personen, die zur Ausübung von Stimmrechten in deren Namen berechtigt sind, sofern sie jeweils der Gesellschaft bekannt sind. |
Für den Fall, dass es sich bei den Aktionären oder den zur Ausübung des Stimmrechts in ihrem Namen berechtigten Personen um natürliche Personen handelt, erfordert die Offenlegung ihrer Identität für die Zwecke des Buchstabens d nur die Angabe ihrer Namen.
(4) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Wertpapierfirmen und Marktbetreiber, die ein MTF betreiben, durch Einhaltung der gemäß Absatz 5 erlassenen technischen Regulierungsstandards sicherstellen, dass die Aktien von Gesellschaften mit Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien, die zum Handel an diesem MTF zugelassen sind, von diesen Wertpapierfirmen und Marktbetreibern eindeutig als solche gekennzeichnet werden. Die Mitgliedstaaten schreiben diesen Gesellschaften außerdem vor, dass sie die betreffenden Wertpapierfirmen und Marktbetreiber im Einklang mit diesen technischen Regulierungsstandards über das Vorliegen von Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien unterrichten müssen.
(5) Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) arbeitet Entwürfe technischer Regulierungsstandards aus, in denen festgelegt wird, wie die in Absatz 4 genannten Wertpapierfirmen und Marktbetreiber die Aktien von Gesellschaften mit Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien kennzeichnen. In diesen Entwürfen technischer Regulierungsstandards wird ferner festgelegt, wie diese Gesellschaften die betreffenden Wertpapierfirmen und Marktbetreiber über das Vorliegen solcher Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien unterrichten müssen. Bei der Ausarbeitung dieser Entwürfe technischer Regulierungsstandards, mit denen eine eindeutige Kennzeichnung gemäß Absatz 4 sichergestellt werden soll, trägt die ESMA den marktüblichen Standards und gut funktionierenden Praktiken zur Ermittlung von Gesellschaften mit Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien Rechnung.
Die ESMA legt diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 5. Dezember 2025 der Kommission vor.
Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in diesem Absatz genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zur Ergänzung dieser Richtlinie zu erlassen.
Artikel 6
Überprüfung
Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 5. Dezember 2028 einen Bericht über die Umsetzung und die Wirksamkeit dieser Richtlinie, einschließlich zu der Frage, ob eine Ausweitung des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie angemessen ist. Zu diesem Zweck legen die Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 5. Dezember 2027 insbesondere Angaben zu Folgendem vor:
a) |
für jeden MTF und jeden geregelten Markt zur Anzahl der Gesellschaften mit einer Struktur mit Mehrstimmrechtsaktien, die am oder vor dem 4. Dezember 2026 zum Handel an jedem MTF oder geregelten Markt zugelassen sind, und der Gesellschaften, die nach diesem Datum zum Handel an diesem MTF oder geregelten Markt zugelassen sind; |
b) |
zur Branche, in der die unter Buchstabe a genannten Gesellschaften tätig waren, und deren Kapitalisierung zum Zeitpunkt der Zulassung zum Handel; |
c) |
zu den Maßnahmen, die die unter Buchstabe a genannten Gesellschaften in Bezug auf Strukturen mit Mehrstimmrechtsaktien zum Schutz der Anleger anwenden, sofern sie dem Mitgliedstaat vorliegen. |
Artikel 7
Umsetzung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 5. Dezember 2026 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen, einschließlich jeglicher Schutzmaßnahmen nach Artikel 4 Absatz 2.
Artikel 8
Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Artikel 9
Adressaten
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu Straßburg am 23. Oktober 2024.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Die Präsidentin
R. METSOLA
Im Namen des Rates
Der Präsident
ZSIGMOND B. P.
(1) ABl. C 184 vom 25.5.2023, S. 103.
(2) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 24. April 2024 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. Oktober 2024.
(3) Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).
(4) Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (ABl. L 169 vom 30.6.2017, S. 46).
(5) Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).
(6) Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).
(7) ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.
(8) Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).
(9) ABl. C 65 vom 22.2.2023, S. 2.
(10) Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12).
(11) Delegierte Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission vom 25. April 2016 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie (ABl. L 87 vom 31.3.2017, S. 1).
ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/2810/oj
ISSN 1977-0642 (electronic edition)