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Amtsblatt
der Europäischen Union

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Serie L


2024/588

19.2.2024

DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2024/588 DER KOMMISSION

vom 6. Februar 2024

betreffend den Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative „European Cannabis Initiative“ (Europäische Cannabis-Initiative) gemäß der Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Nur der englische Text ist verbindlich)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative (1), insbesondere auf Artikel 6 Absätze 2 und 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 12. Januar 2024 wurde bei der Kommission ein Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative „European Cannabis Initiative“ (Europäische Cannabis-Initiative) eingereicht.

(2)

Zuvor war bereits am 6. November 2023 ein Antrag auf Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative mit demselben Titel bei der Kommission eingereicht worden.

(3)

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2023 (C(2023) 8548 final) teilte die Kommission der Organisatorengruppe gemäß Artikel 6 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2019/788 mit, dass in Bezug auf den am 6. November 2023 eingereichten Registrierungsantrag die Anforderungen für die Registrierung gemäß Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstaben a, d und e der genannten Verordnung erfüllt seien und Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung nicht anwendbar sei. Des Weiteren erklärte die Kommission jedoch, dass die Initiative, was das erste und das zweite der vier Ziele anbelangt, nicht die Anforderung des Artikels 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2019/788 erfülle. Im ersten Ziel wird die Kommission aufgefordert, die Mitgliedstaaten aufzufordern, eine auf die Menschenrechte ausgerichtete Cannabispolitik zu fördern, die straf- und verwaltungsrechtliche Sanktionen für die Nutzung, den Besitz und den Anbau der Pflanze und ihrer Folgeprodukte für persönliche Zwecke durch Erwachsene ausschließt. Während Artikel 83 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Rechtsgrundlage für die Festlegung von Mindestvorschriften für Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension (einschließlich des illegalen Drogenhandels) schafft, geht jedoch der Ausschluss bestimmter Verhaltensweisen von einer Kriminalisierung über die Festlegung von Mindestvorschriften hinaus. Ferner ist in den Verträgen keine entsprechende Rechtsgrundlage für den Ausschluss verwaltungsrechtlicher Sanktionen für solche Verhaltensweisen vorgesehen. Auch das zweite Ziel, mit dem die Kommission aufgefordert wird, nicht in Entscheidungen der Mitgliedstaaten einzugreifen, die sie aufgrund ihrer nationalen Situation zur Regelung eines legalen Markts für den Konsum von Cannabis durch Erwachsene erlassen, liegt offenkundig außerhalb der Befugnisse der Kommission, Rechtsvorschriften vorzuschlagen, da dieses Ziel nicht zur Errichtung und zum Funktionieren des Binnenmarkts beitragen würde, wie in Artikel 114 AEUV vorgesehen. In Bezug auf das dritte und vierte Ziel kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese nicht offenkundig außerhalb ihrer Befugnis liegen, einen Vorschlag für einen EU-Rechtsakt zur Umsetzung der Verträge vorzulegen

(4)

Die Kommission teilte den Organisatoren daher gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) 2019/788 mit, dass sie die Initiative entweder ändern könnten, um der Bewertung der Kommission Rechnung zu tragen, oder die ursprüngliche Initiative gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 2 derselben Verordnung beibehalten oder zurückziehen könnten.

(5)

Am 12. Januar 2024 reichte die Organisatorengruppe eine geänderte Initiative ein.

(6)

Laut den Organisatoren werden mit der geänderten Initiative drei Ziele verfolgt: Zunächst fordern die Organisatoren die Kommission auf, eine transeuropäische Bürgerversammlung zu politischen Strategien zu Cannabis in einem größeren Kontext einzuberufen, um eine einheitliche Sanktionsskala in der gesamten EU, die Kohärenz der Politik der Mitgliedstaaten, Möglichkeiten zur Diskussion der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger miteinander und mit den Organen über dieses heikle Thema zu erörtern. Mit dem zweiten Ziel fordern die Organisatoren die Kommission auf, den Zugang zu medizinischem Cannabis auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und von Patientenerfahrungen zu fördern und Patienten den Transport von Cannabis und seinen für therapeutische Zwecke verschriebenen Derivaten in der gesamten EU zu ermöglichen, um die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf Gesundheit zu gewährleisten. Drittens fordern die Organisatoren die Kommission auf, die erforderlichen Ressourcen für die Erforschung von Cannabis — auch in der Pflanzenheilkunde und der traditionellen Medizin — für seine therapeutischen Zwecke bereitzustellen und sie auf internationaler Ebene zu teilen.

(7)

Das zweite und das dritte Ziel entsprechen dem dritten und vierten Ziel der am 6. November 2023 vorgelegten Initiative.

(8)

Ein Anhang der geänderten Initiative enthält weitere Einzelheiten zu dem Gegenstand, den Zielen und dem Hintergrund der Initiative. Darin wird erläutert, dass die Union schrittweise gemeinsame Standpunkte zu innovativen Konzepten für eine auf die Menschenrechte ausgerichtete Drogenpolitik angenommen hat und dass mehrere Mitgliedstaaten in ihren nationalen Strategien, die sich mit dem nichtmedizinischen und nichtwissenschaftlichen Einsatz von Cannabis befassen, erhebliche Änderungen vorgenommen haben. Unter Bezugnahme auf den Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates (2) wird festgestellt, dass der Beschluss nicht mehr im Einklang mit den jüngsten Entwicklungen im Bereich der Drogenkontrolle stehe und internationale und nationale Empfehlungen nicht widerspiegele, darunter auch nicht jene in einem Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte von 2023. In diesem Anhang wird auch auf die EU-Drogenstrategie Bezug genommen und festgestellt, dass fehlende nennenswerte Fortschritte bei der Eindämmung illegaler Betäubungsmittel in ganz Europa eine radikale Überlegung des Ansatzes erforderlich machten, da dieser seit Jahrzehnten nicht zu einer Verringerung der Drogennachfrage und des Drogenangebots geführt habe.

(9)

Was das erste Ziel der geänderten Initiative betrifft, so geht die Kommission davon aus, dass sie von der Organisatorengruppe aufgefordert wird, eine transeuropäische Bürgerversammlung oder ein ähnliches Forum einzuberufen, um die Cannabispolitik in einem weiter gefassten Kontext zu erörtern. Die Organisatoren fordern keinen Vorschlag der Kommission für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge.

(10)

Artikel 11 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union und Artikel 1 der Verordnung (EU) 2019/788 verleihen Unionsbürgern das Recht, die Kommission aufzufordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen sie der Auffassung sind, dass ein Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge erforderlich ist.

(11)

Gemäß Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2019/788 ist eine der Bedingungen für die Registrierung, dass „kein Teil der Initiative offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen“.

(12)

Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission in Bezug auf das erste Ziel der geänderten Initiative zu dem Schluss, dass sie die rechtliche Anforderung gemäß Artikel 6 Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2019/788 nicht erfüllt, da die Kommission darin nicht aufgefordert wird, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge vorzulegen.

(13)

Was das zweite Ziel der geänderten Initiative betrifft, so kann die Kommission gemäß Artikel 168 Absatz 6 AEUV eine Empfehlung des Rates für die Zwecke des Artikels 168 AEUV zur öffentlichen Gesundheit vorschlagen. In einer solchen Empfehlung könnten die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, a) den Zugang zu medizinischem Cannabis auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und Patientenerfahrungen zu fördern und b) Patienten den Transport von Cannabis und seinen für therapeutische Zwecke verschriebenen Derivaten in der gesamten EU zu ermöglichen, um die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf Gesundheit zu gewährleisten, solange in beiden Fällen der Umfang auf den legalen Konsum von Cannabis beschränkt ist. Artikel 168 AEUV bietet jedoch keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in diesem Bereich.

(14)

Was das dritte Ziel der geänderten Initiative betrifft, so würden Artikel 173 Absatz 3, Artikel 182 Absatz 1, Artikel 183 und Artikel 188 Absatz 2 AEUV es der Kommission grundsätzlich ermöglichen, einen Rechtsakt der Union zur Zuweisung von Ressourcen für die Forschung vorzuschlagen.

(15)

Aus diesen Gründen wird die vorgelegte Bürgerinitiative in Bezug auf das zweite und dritte Ziel gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/788 teilweise registriert, da nur diese Teile der Initiative nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegen, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge vorzulegen.

(16)

Diese Schlussfolgerung greift der Beurteilung der Frage nicht vor, ob die konkreten materiellen Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Kommission, einschließlich der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Subsidiaritätsprinzip und den Grundrechten, in diesem Fall erfüllt sind.

(17)

Die Organisatorengruppe hat geeignete Nachweise dafür vorgelegt, dass sie die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt, und die Kontaktpersonen gemäß Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung benannt.

(18)

Die Initiative ist weder offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös noch verstößt sie offenkundig gegen die Werte der Union, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union festgeschrieben sind, oder gegen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte.

(19)

Die Initiative „ European Cannabis Initiative“ (Europäische Cannabis-Initiative) sollte daher im Hinblick auf ihr zweites und drittes Ziel teilweise registriert werden. Daher können Unterstützungsbekundungen für diese Initiative, insofern diese beiden Ziele betroffen sind, gesammelt werden.

(20)

Die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für eine Registrierung gemäß Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt sind, bedeutet nicht, dass die Kommission die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Initiative in ihrer registrierten Form bestätigt, für die allein die Organisatorengruppe der Initiative verantwortlich ist. Der Inhalt der Initiative in ihrer registrierten Form spiegelt nur die Ansichten der Organisatorengruppe wider und ist keinesfalls als Ausdruck der Ansichten der Kommission zu betrachten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Europäische Bürgerinitiative mit dem Titel „European Cannabis Initiative“ (Europäische Cannabis-Initiative) wird teilweise registriert.

(2)   Unterstützungsbekundungen für diese geplante Bürgerinitiative dürfen mit Blick auf das zweite und dritte Ziel gesammelt werden, soweit die Bürgerinitiative auf Legislativvorschläge der Kommission zur Umsetzung der Verträge abzielt, mit denen

a)

der Zugang zu medizinischem Cannabis auf der Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen und von Patientenerfahrungen gefördert und Patienten der Transport von Cannabis und seinen für therapeutische Zwecke verschriebenen Derivaten in der gesamten EU ermöglicht wird, um die uneingeschränkte Ausübung des Rechts auf Gesundheit zu gewährleisten;

b)

erforderliche Ressourcen für die Erforschung von Cannabis für therapeutische Zwecke zugewiesen werden.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Organisatorengruppe der Bürgerinitiative „European Cannabis Initiative“ (Europäische Cannabis-Initiative), vertreten durch Francesca CAPUOZZO und Georg WURTH als Kontaktpersonen, gerichtet.

Straßburg, den 6. Februar 2024

Für die Kommission

Věra JOUROVÁ

Vizepräsidentin


(1)   ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 55, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2019/788/oj.

(2)  Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8, ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_framw/2004/757/oj).


ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2024/588/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)