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Amtsblatt
der Europäischen Union

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Serie L


2024/577

14.2.2024

BESCHLUSS (GASP) 2024/577 DES RATES

vom 12. Februar 2024

zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29,

auf Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 31. Juli 2014 hat der Rat den Beschluss 2014/512/GASP (1) angenommen.

(2)

Am 24. Februar 2022 hat der Präsident der Russischen Föderation eine Militäroperation in der Ukraine angekündigt, und die russischen Streitkräfte haben einen grundlosen und ungerechtfertigten Angriff auf die Ukraine begonnen. Diese militärische Aggression stellt eine eklatante Verletzung der territorialen Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine sowie einen Verstoß gegen das in Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen (VN) verankerte Verbot der Anwendung von Gewalt dar, das eine zwingende Regel des Völkerrechts ist, und gegen andere Grundsätze der VN-Charta dar.

(3)

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat in ihrer am 2. März 2022 verabschiedeten Resolution ES-11/1 die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine unter Verstoß gegen Artikel 2 Absatz 4 der VN-Charta auf das Schärfste missbilligt. In ihrer am 12. Oktober 2022 verabschiedeten Resolution ES-11/4 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen — Kenntnis nehmend von der Erklärung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen vom 29. September 2022, in der er daran erinnerte, dass jede aus der Androhung oder Anwendung von Gewalt resultierende Annexion des Hoheitsgebiets eines Staates durch einen anderen Staat eine Verletzung der Grundsätze der Charta und des Völkerrechts darstellt — die von der Russischen Föderation in Regionen innerhalb der international anerkannten Grenzen der Ukraine veranstalteten illegalen sogenannten Referenden und den auf diese Referenden folgenden Versuch der rechtswidrigen Annexion der ukrainischen Regionen Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja verurteilt.

(4)

In ihrer Resolution A/RES/ES-11/5 vom 15. November 2022 brachte die Generalversammlung der Vereinten Nationen ihre ernste Besorgnis angesichts der Verluste an Menschenleben, der Vertreibung von Zivilpersonen, der Zerstörung von Infrastruktur und natürlichen Ressourcen, des Verlusts von öffentlichem und privatem Eigentum sowie der wirtschaftlichen Katastrophe, die durch die Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine verursacht wurde, zum Ausdruck und erkannte an, dass die Russische Föderation für alle in der Ukraine begangenen oder gegen die Ukraine gerichteten Völkerrechtsverletzungen, einschließlich ihrer Aggression unter Verstoß gegen die VN-Charta, sowie für alle Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die internationalen Menschenrechtsnormen zur Rechenschaft gezogen werden muss und die rechtlichen Folgen aller ihrer völkerrechtswidrigen Handlungen tragen muss, so auch durch Wiedergutmachung der durch diese Handlungen verursachten Schäden, einschließlich Sachschäden.

(5)

In ihrer Resolution A/ES-11/L.7 vom 23. Februar 2023 forderte die Generalversammlung der Vereinten Nationen außerdem die an dem bewaffneten Konflikt beteiligten Parteien zur vollen Einhaltung ihrer Verpflichtung aus dem humanitären Völkerrecht auf und forderte die sofortige Einstellung der Angriffe auf die kritischen Infrastrukturen der Ukraine und aller vorsätzlichen Angriffe auf zivile Objekte, einschließlich Wohnhäusern, Schulen und Krankenhäusern.

(6)

Der Internationale Gerichtshof (IGH) hat in seiner verbindlichen Entscheidung vom 16. März 2022 über die Anordnung vorläufiger Maßnahmen in der Rechtssache betreffend Völkermordvorwürfe nach der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords (Ukraine/Russische Föderation) festgestellt, „dass die Ukraine ein legitimes Recht darauf hat, keinen Militäroperationen der Russischen Föderation unterworfen zu werden“ (Rn. 60 der Entscheidung) und dass eine Beeinträchtigung dieses Rechts „einen nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen kann“ (Rn. 74 der Entscheidung). Er fügte hinzu, dass jede militärische Operation, insbesondere eine Operation im Umfang, wie sie von der Russischen Föderation im Hoheitsgebiet der Ukraine durchgeführt wird, unweigerlich zu Verlust von Menschenleben, psychischen und körperlichen Schäden sowie zu Sach- und Umweltschäden führt (2). Der IGH hat die Russische Föderation angewiesen, die Militäroperationen, die sie seit dem 24. Februar 2022 im Hoheitsgebiet der Ukraine durchführt, unverzüglich zu beenden.

(7)

Der Europäische Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 14. und 15. Dezember 2023 erneut entschieden den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, der eine offenkundige Verletzung der VN-Charta darstellt, verurteilt und die unverbrüchliche Unterstützung der Union für die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen und das naturgegebene Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung gegen den Angriff Russlands bekräftigt.

(8)

Im Einklang mit den Zielen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik umfasst die Unterstützung auch Hilfe für Bevölkerungsgruppen, Länder und Regionen, die mit vom Menschen verursachten Katastrophen konfrontiert sind, wie sie die Ukraine und ihre Bevölkerung durch den Angriffskrieg Russlands erleiden.

(9)

Angesichts der ernsten Lage und als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und solange die rechtswidrigen Handlungen der Russischen Föderation weiterhin gegen zwingende Regeln des Völkerrechts, insbesondere gegen das in Artikel 2 Absatz 4 der VN-Charta verankerte Verbot der Anwendung von Gewalt, oder gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen, ist es angezeigt, alle von der Union verhängten Maßnahmen aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus ist es angezeigt, zusätzliche Sondermaßnahmen zur Unterstützung der Ukraine sowie zu ihrer Erholung und ihrem Wiederaufbau zu ergreifen, und zwar im Einklang mit den Zielen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere der Festigung und Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich des humanitären Völkerrechts, der Erhaltung des Friedens, der Verhütung von Konflikten, der Stärkung der internationalen Sicherheit, des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Unterstützung der Bevölkerungsgruppen, die von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind.

(10)

Der Rat hat am 28. Februar 2022 den Beschluss (GASP) 2022/335 (3) zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP angenommen, wonach Transaktionen im Zusammenhang mit der Verwaltung von Reserven sowie von Vermögenswerten der russischen Zentralbank einschließlich Transaktionen mit juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, verboten sind. Am 9. März 2022 hat der Rat den Beschluss (GASP) 2022/395 (4) angenommen, um dieses Verbot im Hinblick auf den russischen National Wealth Fund (nationaler Vermögensfonds) miteinzubeziehen. Das Verbot ist in Artikel 1a Absatz 4 des Beschlusses 2014/512/GASP festgelegt und spiegelt sich auch in Artikel 5a Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates (5) wider. Infolge dieser Verbote sind die einschlägigen Vermögenswerte, die von Finanzinstituten in den Mitgliedstaaten gehalten werden, immobilisiert.

(11)

Wie in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 26. und 27. Oktober 2023 hervorgehoben, müssen in Abstimmung mit den Partnern und im Einklang mit den geltenden vertraglichen Verpflichtungen sowie mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht entscheidende Fortschritte in der Frage erzielt werden, wie von privaten Rechtsträgern gehaltene außerordentliche Einnahmen, die direkt aus Russlands immobilisierten Vermögenswerten stammen, in die Unterstützung der Ukraine sowie in ihre Erholung und ihren Wiederaufbau geleitet werden könnten. In seinen Schlussfolgerungen forderte der Europäische Rat den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden „Hoher Vertreter“) und die Kommission auf, die Arbeiten zur Unterbreitung von Vorschlägen zu beschleunigen.

(12)

Was die Koordinierung mit den Partnern anbelangt, so bekräftigten die Staats- und Regierungschefs der G7 in ihrer Erklärung vom 6. Dezember 2023, dass entscheidende Fortschritte erforderlich sind, um außerordentliche Einnahmen privater Rechtsträger, die direkt aus Russlands immobilisierten staatlichen Vermögenswerten stammen, gemäß den geltenden vertraglichen Verpflichtungen und im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften in die Unterstützung der Ukraine zu leiten.

(13)

In diesem Zusammenhang ist es angezeigt, das Verbot von Transaktionen im Hinblick auf die Verwaltung von Reserven und Vermögenswerten der russischen Zentralbank in einigen Punkten zu präzisieren und weitere Maßnahmen einzuführen.

(14)

Insbesondere sollte klargestellt werden, dass Transaktionen im Rahmen des Bilanzmanagements im Zusammenhang mit Vermögenswerten und Reserven der russischen Zentralbank oder im Zusammenhang mit Vermögenswerten und Reserven juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie der russische National Wealth Fund, nicht unter das seit dem 28. Februar 2022 geltende Verbot von Transaktionen fallen. Bei den weiterhin zulässigen Transaktionen im Rahmen des Bilanzmanagements handelt es sich insbesondere um die Reinvestition von Barbeständen, die sich aufgrund immobilisierter Coupon- oder Dividenden- und Tilgungszahlungen und fällig werdender Einlagen akkumulieren, im Einklang mit einer umsichtigen Anlagepolitik und gemäß den geltenden rechtlichen Anforderungen.

(15)

Andere Transaktionen, insbesondere direkte oder indirekte Transfers an bzw. zugunsten der russischen Zentralbank oder an bzw. zugunsten juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie dem russischen National Wealth Fund, sollten weiterhin verboten bleiben.

(16)

Das Verbot solcher anderer Transaktionen führt zu einer außerordentlichen und unerwarteten Akkumulation von Barbeständen in den Bilanzen der Zentralverwahrer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), die bei der Abwicklung und zentralen Kontenführung im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten in der Union eine Schlüsselposition einnehmen. Diese Akkumulation ist auf die immobilisierten Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie dem russischen National Wealth Fund, zurückzuführen, da Kapitalbetrag- und Zinszahlungen, Couponzahlungen sowie Zahlungen von Dividenden oder sonstigen Einkünften aus Wertpapieren an die russische Zentralbank und diese Personen, Organisationen und Einrichtungen verboten sind.

(17)

Die Zentralverwahrer befinden sich in einer besonderen Situation, die sich von anderen Finanzinstituten unterscheidet, da die Barbestände von oder bei Kunden von Zentralverwahrern in der Regel vor Ende des Tages von den Zentralverwahrern übertragen werden und für die Kunden keine Erträge abwerfen. Die Barbestände, die von den Zentralverwahrern im Zusammenhang mit den Vermögenswerten der russischen Zentralbank oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie dem russischen National Wealth Fund, gehalten werden und sich aufgrund der restriktiven Maßnahmen akkumulieren, erfordern in der Folge eine umsichtige Verwaltung durch die Zentralverwahrer. Aus dieser Verwaltungstätigkeit erwachsen unerwartete und außerordentliche Einnahmen.

(18)

Unerwartete und außerordentliche Einnahmen, die unter diesen Beschluss fallen, müssen der Zentralbank Russlands nach den geltenden Vorschriften selbst nach Aufhebung des Transaktionsverbots nicht zur Verfügung gestellt werden. Somit stellen sie keine staatlichen Vermögenswerte dar. Aus diesem Grund sind die Vorschriften zum Schutz staatlicher Vermögenswerte nicht auf diese Einnahmen anwendbar.

(19)

Da diese unerwarteten und außerordentlichen Einnahmen zwangsläufig aus der Umsetzung der restriktiven Maßnahmen resultieren, insbesondere aus dem Verbot nach Artikel 1a Absatz 4 des Beschlusses 2014/512/GASP und Artikel 5a Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, können die Zentralverwahrer zudem nicht erwarten, einen ungerechtfertigten und unbeabsichtigten wirtschaftlichen Nutzen hieraus zu ziehen. Auf der Grundlage des legitimen Ziels, die Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere die Festigung und Förderung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte und der Grundsätze des Völkerrechts, einschließlich des humanitären Völkerrechts, der Erhaltung des Friedens, der Verhütung von Konflikten, der Stärkung der internationalen Sicherheit, des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Unterstützung der Bevölkerungsgruppen, die von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind, zu verfolgen, ist es daher angemessen und erforderlich, dafür zu sorgen, dass die von den Zentralverwahrern erzielten unerwarteten und außerordentlichen Gewinne, die sich im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten dieses Beschlusses und dem Zeitpunkt, zu dem die befristeten restriktiven Maßnahmen in Bezug auf Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank eingestellt werden, akkumuliert haben, der Ukraine zugutekommen. Darüber hinaus wird durch die Maßnahmen im Rahmen dieses Beschlusses eine übermäßige Belastung von Zentralverwahrern vermieden. Die Maßnahmen stehen daher uneingeschränkt im Einklang mit den in der Charta der Grundrechte anerkannten Grundrechten und -freiheiten, insbesondere Artikel 17 und 52, da sie gerechtfertigt und im Hinblick auf die damit verfolgten Ziele angemessen sind.

(20)

Es ist daher angezeigt, zusätzliche Maßnahmen in Bezug auf diese unerwarteten und außerordentlichen Einnahmen und Nettogewinne in vollem Einklang mit dem Völkerrecht und dem Unionsrecht einzuführen. Im Einklang mit dem Grundsatz der Rechtssicherheit sollten diese zusätzlichen Maßnahmen ab dem Tag des Inkrafttretens dieses Beschlusses gelten. Ziel der zusätzlichen Maßnahmen sollte es letztendlich sein, die Ukraine sowie ihre Erholung und ihren Wiederaufbau zu unterstützen, insbesondere durch die künftige, von der Kommission (7) vorgeschlagene Fazilität für die Ukraine, im Einklang mit deren Zielen und den Zielen des Beschlusses 2014/512/GASP und entsprechend dem Zweck der restriktiven Maßnahmen und den Zielen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union, einschließlich insbesondere des Ziels der Erhaltung des Friedens, der Verhütung von Konflikten, der Stärkung der internationalen Sicherheit, des Schutzes der Zivilbevölkerung und der Unterstützung der Bevölkerungsgruppen, Länder und Regionen, die mit vom Menschen verursachten Katastrophen konfrontiert sind, wie sie die Ukraine und ihre Bevölkerung durch den Angriffskrieg Russlands erleiden.

(21)

Die Einführung solcher zusätzlicher Maßnahmen zulasten von Zentralverwahrern, die nur sehr geringe Beträge an Vermögenswerten und Reserven der russischen Zentralbank oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie dem russischen National Wealth Fund, halten, wäre nicht gerechtfertigt. Angesichts der sehr geringen Beträge, die hierbei eingeholt werden könnten, würde dies einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für diese Zentralverwahrer bedeuten. Die zusätzlichen Maßnahmen sollten daher nur für Zentralverwahrer gelten, die solche Reserven und Vermögenswerte im Gesamtwert von mehr als 1 Mio. EUR halten.

(22)

In einem ersten Schritt sollten diese Zentralverwahrer außerordentliche Barbestände, die sich aufgrund der immobilisierten Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank akkumulieren, von ihren anderen Tätigkeiten gesondert verbuchen und verwalten und die erzielten Einnahmen auch getrennt verwahren.

(23)

Den Zentralverwahrern sollte es auch untersagt sein, über ihre nach nationalem Recht ermittelten Nettogewinne, nach Abzug der Körperschaftsteuer gemäß der allgemeinen Regelung des betreffenden Mitgliedstaats, zu verfügen, sei es durch Ausschüttung in Form von Dividenden oder in jeglicher anderer Form zugunsten von Anteilseignern oder Dritten. Bis zu dem in Erwägungsgrund 24 genannten Beschluss des Rates kann jeder Zentralverwahrer im Hinblick auf die Risiken und Kosten in Verbindung mit dem Halten von Vermögenswerten und Reserven der russischen Zentralbank bei seiner Aufsichtsbehörde die Freigabe eines Teils dieser Nettogewinne beantragen, um die gesetzlichen Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen zu erfüllen.

(24)

In einem zweiten Schritt sollte der Rat entscheiden können, wie diese Nettogewinne im Einklang mit den geltenden vertraglichen Verpflichtungen sowie im Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht in Abstimmung mit den Partnern in die Unterstützung der Ukraine sowie in ihre Erholung und ihren Wiederaufbau geleitet werden sollten. In diesem Zusammenhang sollte der Rat auch den Betrag dieser Nettogewinne festlegen, die Zentralverwahrer vorläufig einbehalten können sollten, um ihre gesetzlichen Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen zu erfüllen sowie angesichts der Risiken und Kosten in Verbindung mit dem Halten von Vermögenswerten und Reserven der russischen Zentralbank. Zu diesem Zweck sollte der Hohe Vertreter zeitnah einen Vorschlag unterbreiten, um die Maßnahmen der Union zur Unterstützung der Ukraine zu flankieren. Bei der Ausarbeitung dieses Vorschlags wird vom Hohen Vertreter erwartet, dass er die einschlägigen Interessenträger und insbesondere die Europäische Zentralbank konsultiert.

(25)

Für die Durchführung bestimmter Maßnahmen ist ein weiteres Tätigwerden der Union erforderlich.

(26)

Der Beschluss 2014/512/GASP sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

In Artikel 1a des Beschlusses 2014/512/GASP werden folgende Absätze angefügt:

„(7)   Absatz 4 gilt nicht für Transaktionen im Rahmen des Bilanzmanagements im Zusammenhang mit Vermögenswerten und Reserven der russischen Zentralbank oder im Zusammenhang mit Vermögenswerten und Reserven juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die im Namen oder auf Anweisung der russischen Zentralbank handeln, wie dem russischen National Wealth Fund, die am oder nach dem 28. Februar 2022 getätigt werden.

(8)   Ab dem 15. Februar 2024 und solange die restriktiven Maßnahmen nach Absatz 4 aufrechterhalten werden, wenden Zentralverwahrer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, die in Absatz 4 dieses Artikels genannte Vermögenswerte und Reserven mit einem Gesamtwert von mehr als 1 Mio. EUR halten, auf Barbestände, die sich ausschließlich aufgrund der restriktiven Maßnahmen akkumulieren, folgende Vorschriften an:

a)

Diese Barbestände werden gesondert verbucht;

b)

Einnahmen, die sich infolge der unter Buchstabe a genannten Barbestände ab dem 15. Februar 2024 akkumuliert haben oder aus diesen resultieren, werden auf den Finanzkonten der Zentralverwahrer gesondert verbucht;

c)

Nettogewinne, die in Bezug auf die unter Buchstabe b genannten Einnahmen im Einklang mit dem nationalen Recht — einschließlich unter Abzug aller mit der Verwaltung der immobilisierten Vermögenswerte und dem Risikomanagement im Zusammenhang mit den immobilisierten Vermögenswerten verbundenen bzw. sich daraus ergebenden einschlägigen Ausgaben — und nach Abzug der Körperschaftsteuer gemäß der allgemeinen Regelung des betreffenden Mitgliedstaats ermittelt werden, dürfen nicht im Wege der Ausschüttung von Dividenden oder in irgendeiner anderen Form zugunsten von Anteilseignern oder Dritten veräußert werden, bis der Rat auf der Grundlage der Artikel 29 und 30 des Vertrags über die Europäische Union eine mögliche Festsetzung eines finanziellen Beitrags zum Unionshaushalt, der aus diesen Nettogewinnen geleistet wird, und die Einzelheiten dazu einstimmig beschließt, um die Ukraine sowie ihre Erholung und ihren Wiederaufbau gemäß den geltenden vertraglichen Verpflichtungen und im Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht zu unterstützen. Der Rat legt hierbei auch fest, welchen Betrag die Zentralverwahrer vorläufig zusätzlich zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen einbehalten dürfen, unbeschadet der von den betreffenden Zentralverwahrer einzuhaltenden Vorschriften, die in oder gemäß den Unionsrechtsakten über ihren Aufsichtsstatus vorgesehen sind;

d)

bis zur Annahme des in Buchstabe c genannten Beschlusses des Rates kann jeder Zentralverwahrer bei seiner Aufsichtsbehörde Freigaben eines Teils der Nettogewinne gemäß Buchstabe c beantragen, um seine gesetzlichen Eigenkapital- und Risikomanagementanforderungen erfüllen zu können. Die betreffenden Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission im Voraus über jede Genehmigung.“

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 12. Februar 2024.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

H. LAHBIB


(1)  Beschluss 2014/512/GASP des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 13).

(2)  IGH, ENTSCHEIDUNG vom 16. März 2022 in der Rechtssache betreffend Völkermordvorwürfe nach der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords (Ukraine/Russische Föderation), Rn. 74.

(3)  Beschluss (GASP) 2022/335 des Rates vom 28. Februar 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 57 vom 28.2.2022, S. 4).

(4)  Beschluss (GASP) 2022/395 des Rates vom 9. März 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 81 vom 9.3.2022, S. 8).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 1).

(7)  Gesetzgebungsverfahren 2023/0200/COD: Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Fazilität für die Ukraine. Weitere Informationen zum Verfahren sind unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/HIS/?uri=CELEX:52023PC0338 abrufbar.


ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2024/577/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)