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Amtsblatt
der Europäischen Union

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Serie L


2023/2657

23.11.2023

DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2023/2657 DER KOMMISSION

vom 6. November 2023

zur Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Benthiavalicarb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 78 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 2008/44/EG der Kommission (2) wurde der Wirkstoff Benthiavalicarb in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (3) aufgenommen.

(2)

In Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommene Wirkstoffe gelten als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt und sind in Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (4) aufgeführt.

(3)

Die Genehmigung für den Wirkstoff Benthiavalicarb gemäß Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 läuft am 15. November 2024 aus.

(4)

Ein Antrag auf Erneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff Benthiavalicarb wurde Polen, dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat, und Frankreich, dem mitberichterstattenden Mitgliedstaat, gemäß Artikel 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 der Kommission (5) innerhalb der in dem genannten Artikel festgesetzten Frist übermittelt.

(5)

Der Antragsteller hat dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat, dem mitberichterstattenden Mitgliedstaat, der Kommission und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „Behörde“) die gemäß Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 erforderlichen ergänzenden Dossiers vorgelegt. Der Antrag wurde vom Bericht erstattenden Mitgliedstaat für zulässig befunden.

(6)

Der Bericht erstattende Mitgliedstaat hat in Absprache mit dem mitberichterstattenden Mitgliedstaat einen Bewertungsbericht im Hinblick auf die Erneuerung erstellt und ihn am 31. Oktober 2017 der Behörde und der Kommission vorgelegt.

(7)

Die Behörde hat die ergänzende Kurzfassung des Dossiers der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie hat außerdem den Bewertungsbericht im Hinblick auf die Erneuerung an den Antragsteller und die Mitgliedstaaten zur Stellungnahme weitergeleitet und eine öffentliche Konsultation dazu auf den Weg gebracht. Die Behörde hat die eingegangenen Stellungnahmen an die Kommission weitergeleitet.

(8)

Am 23. August 2021 übermittelte die Behörde der Kommission ihre Schlussfolgerung (6) (im Folgenden „Schlussfolgerung der Behörde“) dazu, ob angenommen werden kann, dass Benthiavalicarb die Genehmigungskriterien gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfüllt.

(9)

In der genannten Schlussfolgerung ermittelte die Behörde bestimmte kritische Problembereiche. Sie stellte insbesondere fest, dass Benthiavalicarb ein karzinogenes Potenzial aufweist, was mit dem Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur im Einklang steht, den Stoff als karzinogen der Kategorie 1B einzustufen (7). Des Weiteren gelangte die Behörde zu dem Schluss, dass Benthiavalicarb endokrinschädliche Eigenschaften besitzt, die schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, wie in Anhang II Abschnitt 3.6.5 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ausgeführt. Laut der Behörde ist zu erwarten, dass die Rückstände an Benthiavalicarb den in Anhang II Abschnitt 3.6.5 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Wert überschreiten werden, weshalb die entsprechende Anforderung nicht erfüllt ist.

(10)

In ihrer Beurteilung, ob Benthiavalicarb gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zur Bekämpfung einer ernsten, nicht durch andere verfügbare Mittel einschließlich nichtchemischer Methoden abzuwehrenden Gefahr für die Pflanzengesundheit notwendig ist, zog die Behörde den Schluss, dass trotz einer möglicherweise unzureichenden Anzahl chemischer Alternativen für einige Verwendungen von Benthiavalicarb und in einigen Mitgliedstaaten auch einige nichtchemische Methoden zur Verfügung stehen und dass die Bekämpfung der Schädlinge bei bestimmten Kulturen durch eine Kombination chemischer mit nichtchemischen Methoden möglich sein kann. Zudem wurde nach Ansicht der Kommission keine ernste Gefahr für die Pflanzengesundheit festgestellt. Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Kriterien für die Anwendung der Ausnahme gemäß Artikel 4 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht erfüllt sind.

(11)

Die Kommission legte dem Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel am 24. Mai 2023 ihren Entwurf eines Berichts im Hinblick auf die Erneuerung der Genehmigung für Benthiavalicarb und am 11. Juli 2023 einen Entwurf der vorliegenden Verordnung vor.

(12)

Die Kommission forderte den Antragsteller auf, zur Schlussfolgerung der Behörde und zu dem Entwurf eines Berichts im Hinblick auf die Erneuerung Stellung zu nehmen. Die daraufhin vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(13)

Die im Rahmen der Risikobewertung von Benthiavalicarb entstandenen Bedenken konnten jedoch trotz der vom Antragsteller vorgebrachten Argumente nicht ausgeräumt werden.

(14)

Damit konnte nicht nachgewiesen werden, dass in Bezug auf einen oder mehrere repräsentative Verwendungszwecke mindestens eines Pflanzenschutzmittels, das Benthiavalicarb enthält, die Genehmigungskriterien gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfüllt sind. Die Genehmigung für den Wirkstoff Benthiavalicarb sollte daher nicht erneuert werden.

(15)

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 sollte daher entsprechend geändert werden.

(16)

Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Zeit für den Widerruf der Zulassungen für Benthiavalicarb enthaltende Pflanzenschutzmittel eingeräumt werden.

(17)

Gewährt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Aufbrauchfrist für Pflanzenschutzmittel, die Benthiavalicarb enthalten, so sollte diese Frist spätestens 12 Monate nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung enden.

(18)

Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2023/918 der Kommission (8) wurde die Laufzeit der Genehmigung für Benthiavalicarb bis zum 15. November 2024 verlängert, damit das Erneuerungsverfahren vor dem Auslaufen der Genehmigung für diesen Wirkstoff abgeschlossen werden kann. Da die Nichterneuerung der Genehmigung jedoch vor Ablauf dieser verlängerten Laufzeit beschlossen werden kann, sollte die vorliegende Verordnung ab einem früheren Datum gelten.

(19)

Die vorliegende Verordnung steht der Einreichung eines neuen Antrags auf Genehmigung von Benthiavalicarb gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht entgegen.

(20)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Nichterneuerung der Genehmigung für den Wirkstoff

Die Genehmigung für den Wirkstoff Benthiavalicarb wird nicht erneuert.

Artikel 2

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011

In Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 wird Zeile 163 zu Benthiavalicarb gestrichen.

Artikel 3

Übergangsmaßnahmen

Die Mitgliedstaaten widerrufen spätestens am 13. Juni 2024 die Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Benthiavalicarb als Wirkstoff enthalten.

Artikel 4

Aufbrauchfrist

Etwaige Aufbrauchfristen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einräumen, enden spätestens am 13. Dezember 2024.

Artikel 5

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 6. November 2023

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.

(2)  Richtlinie 2008/44/EG der Kommission vom 4. April 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Benthiavalicarb, Boscalid, Carvon, Fluoxastrobin, Paecilomyces lilacinus und Prothioconazol (ABl. L 94 vom 5.4.2008, S. 13).

(3)  Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1).

(4)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. L 153 vom 11.6.2011, S. 1).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 der Kommission vom 18. September 2012 zur Festlegung der notwendigen Bestimmungen für das Erneuerungsverfahren für Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 252 vom 19.9.2012, S. 26), die gemäß Artikel 17 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/1740 der Kommission vom 20. November 2020 zur Festlegung der notwendigen Bestimmungen für das Erneuerungsverfahren für Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 844/2012 der Kommission (ABl. L 392 vom 23.11.2020, S. 20) für das Verfahren zur Erneuerung der Genehmigung dieses Wirkstoffs weiterhin gilt.

(6)  Peer review of the pesticide risk assessment of the active substance benthiavalicarb (variant assessed benthiavalicarb-isopropyl) (EFSA Journal 2021;19(9):6833; https://doi.org/10.2903/j.efsa.2021.6833).

(7)  Europäische Chemikalienagentur, Ausschuss für Risikobeurteilung (Committee for Risk Assessment, RAC), Opinion proposing harmonised classification and labelling at EU level of benthiavalicarb-isopropyl (ISO); isopropyl [(S)-1-{[(R)-1-(6-fluoro-1,3-benzothiazol-2-yl)ethyl]carbamoyl}-2-methylpropyl]carbamate, EG-Nummer: — CAS-Nummer: 177406-68-7 CLH-O-0000007106-79-01/F, angenommen am 18. März 2022 (https://echa.europa.eu/documents/10162/c334cdfd-3fd8-adff-04a2-9f84dd871f6a)

(8)  Durchführungsverordnung (EU) 2023/918 der Kommission vom 4. Mai 2023 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Ausweitung des Genehmigungszeitraums für die Wirkstoffe Aclonifen, Ametoctradin, Beflubutamid, Benthiavalicarb, Boscalid, Captan, Clethodim, Cycloxydim, Cyflumetofen, Dazomet, Diclofop, Dimethomorph, Ethephon, Fenazaquin, Fluopicolid, Fluoxastrobin, Flurochloridon, Folpet, Formetanat, Helicoverpa armigera Nucleopolyhedrovirus, Hymexazol, Indolyl-Buttersäure, Mandipropamid, Metalaxyl, Metaldehyd, Metam, Metazachlor, Metribuzin, Milbemectin, Paclobutrazol, Penoxsulam, Phenmedipham, Pirimiphos-methyl, Propamocarb, Proquinazid, Prothioconazol, S-Metolachlor, Spodoptera littoralis Nucleopolyhedrovirus, Trichoderma asperellum Stamm T34 und Trichoderma atroviride Stamm I-1237 (ABl. L 119 vom 5.5.2023, S. 160).


ELI: http://data.europa.eu/eli/reg_impl/2023/2657/oj

ISSN 1977-0642 (electronic edition)