ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 277

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

65. Jahrgang
27. Oktober 2022


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste) ( 1 )

1

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

 

*

Beschluss (EU) 2022/2066 des Rates vom 21. Februar 2022 über den Abschluss des Protokolls zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) im Namen der Europäischen Union

103

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2022/2067 der Kommission vom 25. Oktober 2022 zur Änderung des Anhangs I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest ( 1 )

106

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2022/2068 der Kommission vom 26. Oktober 2022 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation nach einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates

149

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/2069 der Kommission vom 30. September 2022 zur Genehmigung eines Antrags der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung gemäß der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 6859)

195

 

*

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/2070 der Kommission vom 26. Oktober 2022 über die Nichtaussetzung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 eingeführten endgültigen Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika

208

 

*

Beschluss (EU) 2022/2071 der Europäischen Zentralbank vom 20. Oktober 2022 zu Übergangsbestimmungen für die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank nach der Einführung des Euro in Kroatien (EZB/2022/36)

215

 

 

III   Sonstige Rechtsakte

 

 

EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTSRAUM

 

*

Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 029/22/COL vom 9. Februar 2022 über die Änderung der materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einführung neuer Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 [2022/2072]

218

 

 

Berichtigungen

 

*

Berichtigung der Richtlinie (EU) 2015/719 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG des Rates zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für bestimmte Straßenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr ( ABl. L 115 vom 6.5.2015 )

314

 

*

Berichtigung der Delegierten Verordnung (EU) 2019/625 der Kommission vom 4. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an den Eingang von Sendungen bestimmter für den menschlichen Verzehr bestimmter Tiere und Waren in die Union ( ABl. L 131 vom 17.5.2019 )

315

 

*

Berichtigung der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf die aufsichtliche Behandlung global systemrelevanter Institute mit einer multiplen Abwicklungsstrategie und auf Methoden für die indirekte Zeichnung von Instrumenten, die zur Erfüllung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten berücksichtigungsfähig sind ( ABl. L 275 vom 25.10.2022 )

316

 

*

Berichtigung der Delegierten Verordnung (EU) 2022/825 der Kommission vom 17. März 2022 zur Änderung von Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 über das Arbeitsprogramm zur systematischen Prüfung aller in Biozidprodukten enthaltenen alten Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates ( ABl. L 147 vom 30.5.2022 )

327

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR.

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/1


VERORDNUNG (EU) 2022/2065 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 19. Oktober 2022

über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Dienste der Informationsgesellschaft und insbesondere Vermittlungsdienste sind mittlerweile ein wichtiger Bestandteil der Volkswirtschaft der Union und des Alltags ihrer Bürgerinnen und Bürger. Zwanzig Jahre nach der Annahme des bestehenden, auf derlei Dienste anwendbaren Rechtsrahmens, der in der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) festgelegt ist, bieten neue und innovative Geschäftsmodelle und Dienste wie soziale Netzwerke und Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, Geschäftskunden und Verbrauchern nun die Möglichkeit, auf neuartige Weise Informationen weiterzugeben und darauf zuzugreifen und Geschäftsvorgänge durchzuführen. Eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Union nutzt diese Dienste inzwischen täglich. Der digitale Wandel und die verstärkte Nutzung dieser Dienste haben jedoch auch neue Risiken und Herausforderungen mit sich gebracht, und zwar für den einzelnen Nutzer des jeweiligen Dienstes, die Unternehmen und für die Gesellschaft als Ganzes.

(2)

Die Mitgliedstaaten führen zunehmend nationale Rechtsvorschriften zu den von dieser Verordnung abgedeckten Angelegenheiten ein, oder ziehen dies in Erwägung, und schaffen damit insbesondere Sorgfaltspflichten für Anbieter von Vermittlungsdiensten im Hinblick auf die Art und Weise, wie jene gegen rechtswidrige Inhalte, Online-Desinformation oder andere gesellschaftliche Risiken vorgehen sollten. Unter Berücksichtigung des von Natur aus grenzüberschreitenden Charakters des Internets, das im Allgemeinen für die Bereitstellung dieser Dienste verwendet wird, beeinträchtigen diese unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften den Binnenmarkt, der gemäß Artikel 26 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ein Raum ohne Binnengrenzen ist, in dem der freie Verkehr von Waren und Dienstleistungen sowie die Niederlassungsfreiheit gewährleistet sind. Die Bedingungen für die Erbringung von Vermittlungsdiensten im gesamten Binnenmarkt sollten harmonisiert werden, um Unternehmen Zugang zu neuen Märkten und Chancen zur Nutzung der Vorteile des Binnenmarkts zu verschaffen und gleichzeitig den Verbrauchern und anderen Nutzern eine größere Auswahl zu bieten. Für die Zwecke dieser Verordnung werden gewerbliche Nutzer, Verbraucher und andere Nutzer als „Nutzer“ angesehen.

(3)

Damit das Online-Umfeld sicher, berechenbar und vertrauenswürdig ist und sowohl Bürgerinnen und Bürger der Union als auch andere Personen die ihnen in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) garantierten Grundrechte ausüben können, insbesondere das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, auf unternehmerische Freiheit, das Recht auf Nichtdiskriminierung und die Erreichung eines hohen Verbraucherschutzniveaus, ist unbedingt ein verantwortungsvolles und sorgfältiges Verhalten der Anbieter von Vermittlungsdiensten erforderlich.

(4)

Um das Funktionieren des Binnenmarkts sicherzustellen und zu verbessern, sollten daher auf Unionsebene verbindliche gezielte, einheitliche, wirksame und verhältnismäßige Vorschriften festgelegt werden. Mit dieser Verordnung werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass im Binnenmarkt innovative digitale Dienste entstehen und expandieren können. Die Angleichung der nationalen Regulierungsmaßnahmen bezüglich der Anforderungen an Anbieter von Vermittlungsdiensten auf Unionsebene ist erforderlich, um eine Fragmentierung des Binnenmarkts zu verhindern und zu beenden, für Rechtssicherheit zu sorgen und somit die Unsicherheit für Entwickler zu verringern und die Interoperabilität zu fördern. Durch die technologieneutrale Gestaltung der Anforderungen sollte die Innovation nicht gehemmt, sondern vielmehr gefördert werden.

(5)

Diese Verordnung sollte für die Anbieter bestimmter Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) gelten, also für jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und im individuellen Auftrag eines Nutzers erbrachte Dienstleistung. Im Einzelnen sollte diese Verordnung für die Anbieter von Vermittlungsdiensten gelten, insbesondere für Anbieter einer „reinen Durchleitung“, von „Caching“-Leistungen und von „Hostingdienst“-Diensten, da die Nutzung dieser Dienste – hauptsächlich zu verschiedensten berechtigten und gesellschaftlich vorteilhaften Zwecken – exponentiell angestiegen ist und sie dadurch auch bei der Vermittlung und Verbreitung rechtswidriger oder anderweitig schädlicher Informationen und Tätigkeiten eine immer wichtigere Rolle spielen.

(6)

In der Praxis vermitteln bestimmte Anbieter von Vermittlungsdiensten Dienstleistungen, die auf elektronischem oder nicht elektronischem Wege erbracht werden können, etwa IT-Dienstleistungen auf Distanz oder Transport-, Beherbergungs- oder Lieferdienste. Diese Verordnung sollte nur für Vermittlungsdienste gelten und die Anforderungen unberührt lassen, die im Unionsrecht oder im nationalen Recht für über Vermittlungsdienste vermittelte Produkte oder Dienstleistungen festgelegt sind; dies gilt auch, wenn der Vermittlungsdienst fester Bestandteil einer anderen Dienstleistung ist, bei der es sich nicht um einen Vermittlungsdienst handelt, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union anerkannt wird.

(7)

Um die Wirksamkeit der in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften sowie faire Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu gewährleisten, sollten diese Vorschriften für Anbieter von Vermittlungsdiensten unabhängig von ihrem Niederlassungsort oder ihrem Sitz gelten, sofern sie Dienste in der Union anbieten, belegt durch eine wesentliche Verbindung zur Union.

(8)

Eine solche wesentliche Verbindung zur Union sollte dann als gegeben gelten, wenn der Diensteanbieter eine Niederlassung in der Union hat, oder – in Ermangelung einer solchen Niederlassung – wenn die Zahl von Nutzern in einem oder mehreren Mitgliedstaaten im Verhältnis zu dessen oder deren Bevölkerung erheblich ist, oder auf Basis der Ausrichtung von Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten. Die Ausrichtung von Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten lässt sich anhand aller relevanten Umstände bestimmen, einschließlich Faktoren wie der Verwendung einer in dem betreffenden Mitgliedstaat gebräuchlichen Sprache oder Währung oder der Möglichkeit, Produkte oder Dienstleistungen zu bestellen, oder der Nutzung einer einschlägigen Domäne oberster Stufe. Ferner ließe sich die Ausrichtung von Tätigkeiten auf einen Mitgliedstaat auch aus der Verfügbarkeit einer Anwendung im jeweiligen nationalen App-Store, der Schaltung lokaler Werbung oder von Werbung in einer im betreffenden Mitgliedstaat verwendeten Sprache oder dem Management der Kundenbeziehungen, zum Beispiel durch die Bereitstellung eines Kundendienstes in einer im betreffenden Mitgliedstaat gebräuchlichen Sprache, ableiten. Das Vorhandensein einer wesentlichen Verbindung sollte auch dann angenommen werden, wenn ein Diensteanbieter seine Tätigkeit im Sinne von Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ausrichtet. Die bloße technische Zugänglichkeit einer Website in der Union reicht dagegen nicht aus, damit allein aus diesem Grund eine wesentliche Verbindung angenommen wird.

(9)

Mit dieser Verordnung werden die für Vermittlungsdienste im Binnenmarkt geltenden Vorschriften vollständig harmonisiert, um ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld sicherzustellen, das der Verbreitung rechtswidriger Online-Inhalte und den gesellschaftlichen Risiken, die die Verbreitung von Desinformation oder anderen Inhalten mit sich bringen kann, entgegenwirkt, und in dem die in der Charta verankerten Grundrechte wirksam geschützt und Innovationen gefördert werden. Daher sollten die Mitgliedstaaten keine zusätzlichen nationalen Anforderungen in Bezug auf die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden Bereiche erlassen oder beibehalten, es sei denn, dies ist in dieser Verordnung ausdrücklich vorgesehen, da dies die direkte und einheitliche Anwendung der für die Anbieter von Vermittlungsdiensten geltenden vollständig harmonisierten Vorschriften im Einklang mit den Zielen dieser Verordnung beeinträchtigen würde. Dies sollte die Möglichkeit unberührt lassen, andere nationale Rechtsvorschriften, die für Anbieter von Vermittlungsdiensten gelten, im Einklang mit dem Unionsrecht anzuwenden; dies gilt auch für die Richtlinie 2000/31/EG, insbesondere deren Artikel 3, soweit die nationalen Rechtsvorschriften einem anderen berechtigten öffentlichen Interesse dienen als diese Verordnung.

(10)

Diese Verordnung sollte andere Rechtsakte der Union unberührt lassen, die die Bereitstellung von Diensten der Informationsgesellschaft im Allgemeinen regeln, andere Aspekte der Bereitstellung von Vermittlungsdiensten im Binnenmarkt regeln oder die in dieser Verordnung festgelegten harmonisierten Vorschriften festlegen und ergänzen, wie etwa die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7), einschließlich ihrer Bestimmungen in Bezug auf Video-Sharing-Plattformen, die Verordnungen (EU) 2019/1148, (8), (EU) 2019/1150 (9), (EU) 2021/784 (10) und (EU) 2021/1232 (11) des Europäischen Parlaments und des Rates und die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12) und in einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen und einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren festgelegten Bestimmungen des Unionsrechts.

Ebenso sollte diese Verordnung im Interesse der Klarheit das Unionsrecht über den Verbraucherschutz – insbesondere die Verordnungen (EU) 2017/2394 (13) und (EU) 2019/1020 (14) des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinien 2001/95/EG (15), 2005/29/EG (16), 2011/83/EU (17) und 2013/11/EU (18) des Europäischen Parlaments und des Rates und die Richtlinie 93/13/EWG des Rates (19) – sowie das Unionsrecht über den Schutz personenbezogener Daten – insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) – unberührt lassen.

Daher sollte diese Verordnung auch nicht die Unionsvorschriften im Bereich des Internationalen Privatrechts, insbesondere nicht die Vorschriften über die rechtliche Zuständigkeit sowie über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, wie die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012, und die Vorschriften über das auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht berühren. Der Schutz von Einzelpersonen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten wird einzig durch die Vorschriften des Unionsrechts in diesem Bereich geregelt, insbesondere durch die Verordnung (EU) 2016/679 und die Richtlinie 2002/58/EG. Diese Verordnung sollte auch das Unionsrecht über Arbeitsbedingungen und das Unionsrechts im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen unberührt lassen. Soweit mit diesen Unionsrechtsakten allerdings dieselben Ziele wie mit dieser Verordnung verfolgt werden, sollten die Vorschriften dieser Verordnung für Fragen gelten, die von den genannten anderen Rechtsakten nicht oder nicht vollständig behandelt werden, und Fragen, bei denen diese anderen Rechtsakte den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lassen, bestimmte Maßnahmen auf nationaler Ebene zu ergreifen.

(11)

Es sollte präzisiert werden, dass diese Verordnung das Unionsrecht über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – insbesondere die Richtlinien 2001/29/EG (21), 2004/48/EG (22) und (EU) 2019/790 (23) des Europäischen Parlaments und des Rates, in dem bestimmte Vorschriften und Verfahren festgelegt sind, die unberührt bleiben sollten – nicht berührt.

(12)

Um das Ziel zu erreichen, ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld sicherzustellen, sollte die Definition des Begriffs „rechtswidrige Inhalte“ für die Zwecke dieser Verordnung im Großen und Ganzen den bestehenden Regeln in der Offline-Umgebung entsprechen. Insbesondere sollte der Begriff „rechtswidrige Inhalte“ so weit gefasst werden, dass er Informationen im Zusammenhang mit rechtswidrigen Inhalten, Produkten, Dienstleistungen oder Tätigkeiten umfasst. Insbesondere sollte der Begriff so ausgelegt werden, dass er sich auf Informationen unabhängig von ihrer Form bezieht, die nach geltendem Recht entweder an sich rechtswidrig sind, etwa rechtswidrige Hassrede, terroristische Inhalte oder rechtswidrige diskriminierende Inhalte, oder nach dem geltenden Recht rechtswidrig sind, weil sie mit rechtswidrigen Handlungen zusammenhängen. Beispiele hierfür sind etwa die Weitergabe von Darstellungen sexuellen Missbrauchs von Kindern, die rechtswidrige Weitergabe privater Bilder ohne Zustimmung, Cyber-Stalking, der Verkauf nicht konformer oder gefälschter Produkte, der Verkauf von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen unter Verstoß gegen das Verbraucherschutzrecht, die nicht genehmigte Verwendung urheberrechtlich geschützten Materials, das rechtswidrige Angebot von Beherbergungsdienstleistungen oder der rechtswidrige Verkauf von lebenden Tieren. Im Gegensatz dazu sollte ein Augenzeugenvideo eines potenziellen Verbrechens nicht als rechtswidriger Inhalt betrachtet werden, nur weil es eine rechtswidrige Handlung zeigt, wenn die Aufnahme oder öffentliche Verbreitung eines solchen Videos nach nationalem Recht oder Unionsrecht nicht rechtswidrig ist. In dieser Hinsicht ist es unerheblich, ob die Rechtswidrigkeit der Information oder der Handlung sich aus dem Unionsrecht oder aus mit dem Unionsrecht im Einklang stehendem nationalem Recht ergibt, um welche Art von Rechtsvorschriften es geht und was diese zum Gegenstand haben.

(13)

Aufgrund der besonderen Merkmale der betreffenden Dienste und der daraus folgenden Notwendigkeit, deren Anbietern bestimmte spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen, ist innerhalb der weiter gefassten Kategorie Hostingdiensteanbieter gemäß der Definition in dieser Verordnung die Unterkategorie Online-Plattformen abzugrenzen. Online-Plattformen wie soziale Netzwerke oder Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, sollten als Hostingdiensteanbieter definiert werden, die nicht nur im Auftrag der Nutzer von diesen bereitgestellten Informationen speichern, sondern diese Informationen im Auftrag der Nutzer auch öffentlich verbreiten. Um übermäßig weit gefasste Verpflichtungen zu vermeiden, sollten Hostingdiensteanbieter jedoch nicht als Online-Plattformen betrachtet werden, sofern es sich bei dieser Tätigkeit nur um eine unbedeutende und untrennbar mit einem anderen Dienst verbundene reine Nebenfunktion oder um eine unbedeutende Funktion des Hauptdienstes handelt, wobei die Nebenfunktion oder Funktion aus objektiven und technischen Gründen nicht ohne diesen anderen Hauptdienst genutzt werden kann, und sofern die Integration der Nebenfunktion oder der Funktion in den anderen Dienst nicht dazu dient, die Anwendbarkeit der Vorschriften dieser Verordnung für Online-Plattformen zu umgehen. Ein Kommentarbereich einer Online-Zeitung etwa könnte eine solche Funktion darstellen, die eindeutig eine Nebenfunktion des Hauptdienstes ist, nämlich der Veröffentlichung von Nachrichten unter der redaktionellen Verantwortung des Verlegers. Dagegen sollte die Speicherung von Kommentaren in einem sozialen Netzwerk als Online-Plattformdienst betrachtet werden, wenn klar ist, dass es sich um ein nicht unwesentliches Merkmal des angebotenen Dienstes handelt, auch wenn es eine Nebenleistung zur Veröffentlichung der Beiträge der Nutzer ist. Für die Zwecke dieser Verordnung sollten Cloud-Computing- oder Web-Hostingdienste nicht als Online-Plattform angesehen werden, bei der die öffentliche Verbreitung bestimmter Informationen eine unbedeutende Nebenfunktion oder eine unbedeutende Funktion dieser Dienste darstellt.

Darüber hinaus sollten Cloud-Computing- und Web-Hostingdienste, wenn sie als Infrastruktur dienen – etwa als zugrunde liegender infrastruktureller Speicher- und Rechendienst einer internetbasierten Anwendung, Website oder Online-Plattform – an sich nicht als Mittel zur öffentlichen Verbreitung von Informationen angesehen werden, die im Auftrag eines Nutzers einer von ihnen betriebenen Anwendung, Website oder Online-Plattform gespeichert oder verarbeitet werden.

(14)

Der Begriff „öffentliche Verbreitung“, wie in dieser Verordnung genutzt, sollte die Bereitstellung von Informationen für eine potenziell unbegrenzte Zahl von Personen umfassen, also die Bereitstellung eines leichten Zugangs für die Nutzer im Allgemeinen, ohne dass weiteres Tätigwerden durch den Nutzer, der die Informationen bereitstellt, erforderlich wäre; dabei spielt es keine Rolle, ob diese Personen tatsächlich auf die betreffenden Informationen zugreifen. Dementsprechend sollte in Fällen, in denen eine Registrierung oder die Aufnahme in eine Nutzergruppe erforderlich ist, um Zugang zu Informationen zu erlangen, nur dann von einer öffentlichen Verbreitung der Informationen ausgegangen werden, wenn die Nutzer, die auf die Informationen zugreifen möchten, automatisch registriert oder aufgenommen werden, ohne eine menschliche Entscheidung oder Auswahl, wem Zugang gewährt wird. Interpersonelle Kommunikationsdienste im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates (24), etwa E-Mail oder Instant Messaging-Dienste, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Begriffsbestimmung für Online-Plattformen, da sie für die interpersonelle Kommunikation zwischen einer endlichen Zahl von Personen verwendet werden, die vom Absender der Kommunikation bestimmt wird. Die in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen für Anbieter von Online-Plattformen können jedoch auch für Dienste gelten, die die Bereitstellung von Informationen für eine potenziell unbegrenzte Zahl von Nutzern ermöglichen, die nicht vom Absender der Kommunikation bestimmt wird, beispielsweise über öffentliche Gruppen oder offene Kanäle. Informationen sollten nur dann als öffentlich verbreitet im Sinne dieser Verordnung gelten, wenn diese Verbreitung direkt im Auftrag des Nutzers, der die Informationen bereitgestellt hat, geschieht.

(15)

Fallen einige von einem Anbieter erbrachte Dienste in den Anwendungsbereich dieser Verordnung und andere nicht, oder fallen die von einem Anbieter erbrachten Dienste unter verschiedene Abschnitte dieser Verordnung, so sollten die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung nur für diejenigen Dienste gelten, die in deren Anwendungsbereich fallen.

(16)

Die mit dem horizontalen Rahmen für bedingte Haftungsausschlüsse für Anbieter von Vermittlungsdiensten gemäß der Richtlinie 2000/31/EG geschaffene Rechtssicherheit hat dazu geführt, dass im ganzen Binnenmarkt viele neuartige Dienste entstehen und expandieren konnten. Dieser Rahmen sollte daher bestehen bleiben. Angesichts der Abweichungen bei der Umsetzung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften auf nationaler Ebene und aus Gründen der Klarheit und Kohärenz sollte dieser Rahmen jedoch in diese Verordnung aufgenommen werden. Zudem müssen bestimmte Elemente dieses Rahmens unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union präzisiert werden.

(17)

Mit den in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften über die Haftung der Anbieter von Vermittlungsdiensten sollte nur festgelegt werden, wann der betreffende Anbieter von Vermittlungsdiensten im Zusammenhang mit von den Nutzern bereitgestellten rechtswidrigen Inhalten nicht haftbar gemacht werden kann. Die Vorschriften sollten nicht so ausgelegt werden, dass sie eine positive Grundlage dafür darstellen, festzustellen, wann ein Anbieter haftbar gemacht werden kann; dies ist nach den geltenden Vorschriften des Unionsrechts oder des nationalen Rechts zu bestimmen. Zudem sollten die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse für jegliche Art der Haftung im Zusammenhang mit jeglicher Art von rechtswidrigen Inhalten gelten, unabhängig von dem genauen Gegenstand oder der Art dieser Rechtsvorschriften.

(18)

Die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse sollten nicht gelten, wenn der Anbieter sich nicht darauf beschränkt, die Dienstleistungen auf neutrale Weise und durch die bloße technische und automatische Verarbeitung der vom Nutzer bereitgestellten Informationen zu erbringen, sondern dahin gehend eine aktive Rolle einnimmt, dass er Wissen oder Kontrolle über diese Informationen erhält. Diese Ausschlüsse sollten dementsprechend nicht für die Haftung im Zusammenhang mit Informationen gelten, die nicht vom Nutzer bereitgestellt werden, sondern vom Anbieter des Vermittlungsdienstes selbst, auch wenn diese Informationen im Rahmen der redaktionellen Verantwortung dieses Anbieters entwickelt wurden.

(19)

Vor dem Hintergrund der abweichenden Eigenschaften der Tätigkeiten „reine Durchleitung“, „Caching“ und „Hosting“ sowie der unterschiedlichen Position und Fähigkeiten der Anbieter der betreffenden Dienste ist es erforderlich, die für diese Tätigkeiten geltenden Vorschriften insofern zu unterscheiden, als sie nach dieser Verordnung anderen Anforderungen und Bedingungen unterliegen, und ihr Geltungsbereich nach der Auslegung des Gerichtshofs der Europäischen Union variiert.

(20)

Arbeitet ein Anbieter von Vermittlungsdiensten bewusst mit einem Nutzer zusammen, um rechtswidrige Tätigkeiten auszuüben, sollte nicht davon ausgegangen werden, dass die Dienstleistungen auf neutrale Weise erbracht wurden, und der Anbieter sollte dementsprechend die in dieser Verordnung vorgesehenen Haftungsausschlüsse nicht in Anspruch nehmen können. Dies sollte beispielsweise dann der Fall sein, wenn der Anbieter seine Dienstleistung hauptsächlich zu dem Zweck anbietet, rechtswidrige Tätigkeiten zu erleichtern, indem er beispielsweise seinen Zweck – die Erleichterung rechtswidriger Aktivitäten – klar zum Ausdruck bringt und seine Dienstleistungen für diesen Zweck geeignet sind. Allein die Tatsache, dass ein Dienst verschlüsselte Übertragungen oder ein anderes System anbietet, mit dem die Identifizierung des Nutzers unmöglich wird, sollte für sich genommen nicht als Erleichterung rechtswidriger Tätigkeiten gelten.

(21)

Ein Anbieter sollte die Haftungsausschlüsse für die „reine Durchleitung“ und „Caching“-Leistungen in Anspruch nehmen können, wenn er in keiner Weise mit den übermittelten oder abgerufenen Informationen in Verbindung steht. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass er die von ihm übermittelten oder bereitgestellten Informationen nicht verändert. Unter diese Anforderung sollten jedoch keine Eingriffe technischer Art im Verlauf der Übermittlung oder Bereitstellung fallen, solange sie die Integrität der übermittelten oder bereitgestellten Informationen nicht verändern.

(22)

Um den Haftungsausschluss für Hostingdienste in Anspruch nehmen zu können, sollte der Anbieter zügig tätig werden und rechtswidrige Tätigkeiten oder rechtswidrige Inhalte entfernen oder den Zugang dazu sperren, sobald er tatsächliche Kenntnis davon oder ein entsprechendes Bewusstsein erlangt. Die Entfernung oder Sperrung des Zugangs sollte unter Beachtung der Grundrechte der Nutzer, einschließlich des Rechts auf freie Meinungsäußerung und des Rechts auf Auskunft, erfolgen. Der Anbieter kann diese tatsächliche Kenntnis oder dieses Bewusstsein des rechtswidrigen Charakters von Inhalten unter anderem durch Untersuchungen aus eigener Initiative oder durch Meldungen erlangen, die bei ihm von Personen oder Stellen im Einklang mit dieser Verordnung eingehen, sofern solche Meldungen ausreichend präzise und hinreichend begründet sind, damit ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer die mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte angemessen erkennen und bewerten und gegebenenfalls dagegen vorgehen kann. Eine solche tatsächliche Kenntnis oder ein entsprechendes Bewusstsein kann jedoch nicht allein deshalb als erlangt angesehen werden, weil sich der Anbieter allgemein der Tatsache bewusst ist, dass sein Dienst auch zur Speicherung rechtswidriger Inhalte genutzt wird. Darüber hinaus reicht der Umstand, dass der Anbieter automatisch die in seinen Dienst hochgeladene Informationen indexiert, dass dieser über eine Suchfunktion verfügt oder Informationen auf der Grundlage der Profile oder Präferenzen der Nutzer empfiehlt, nicht aus, um daraus den Schluss zu ziehen, dass dieser Anbieter eine „spezifische“ Kenntnis von rechtswidrigen Tätigkeiten auf dieser Plattform oder von auf dieser Plattform gespeicherten rechtswidrigen Inhalten hat.

(23)

Der Haftungsausschluss sollte nicht zur Anwendung gelangen, wenn der Nutzer der Aufsicht oder Kontrolle des Anbieters eines Hostingdienstes untersteht. Wenn beispielsweise der Anbieter einer Online-Plattform, die es Verbrauchern ermöglicht, Fernabsatzverträge mit Unternehmern abzuschließen, den Preis der Waren oder Dienstleistungen festlegt, die der Unternehmer anbietet, könnte davon ausgegangen werden, dass der Unternehmer unter der Aufsicht oder Kontrolle dieser Online-Plattform handelt.

(24)

Um den wirksamen Schutz der Verbraucher bei Geschäftsvorgängen im Internet über Vermittlungsdienste zu gewährleisten, sollten bestimmte Anbieter von Hostingdiensten, nämlich Online-Plattformen, die Verbrauchern das Abschließen von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, den Haftungsausschluss für Anbieter von Hostingdiensten gemäß dieser Verordnung nicht in Anspruch nehmen können, sofern diese Online-Plattformen die einschlägigen Informationen bezüglich der betreffenden Vorgänge in einer Weise darstellen, die die Verbraucher zu der Annahme veranlasst, dass diese Informationen entweder von der Online-Plattform selbst oder von einem ihrer Aufsicht oder Kontrolle unterstehenden Unternehmer bereitgestellt werden und die Online-Plattformen deshalb Kenntnis von oder Kontrolle über die Informationen haben müssen, selbst wenn dem nicht tatsächlich so ist. Beispiele für ein solches Verhalten könnten sein, dass eine Online-Plattform die Identität des Unternehmers nicht wie von dieser Verordnung gefordert eindeutig anzeigt, dass eine Online-Plattform die Identität oder Kontaktdaten des Unternehmers bis nach Abschluss des Vertrags zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher zurückhält oder dass eine Online-Plattform die Ware oder die Dienstleistung in eigenem Namen anstatt im Namen des Unternehmers, der diese Ware oder Dienstleistung bereitstellen wird, vermarktet. In dieser Hinsicht sollte objektiv und auf Grundlage aller relevanten Umstände ermittelt werden, ob die Darstellung bei einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck erwecken könnte, dass die fraglichen Informationen von der Online-Plattform selbst oder von einem ihrer Aufsicht oder Kontrolle unterstehenden Unternehmer bereitgestellt wurden.

(25)

Die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse sollten die Möglichkeit von Verfügungen unterschiedlicher Art gegen Anbieter von Vermittlungsdiensten unberührt lassen, selbst wenn diese die im Rahmen dieser Ausschlüsse festgelegten Bedingungen erfüllen. Solche Verfügungen könnten insbesondere in im Einklang mit dem Unionsrecht erlassenen gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bestehen, die die Abstellung oder Verhinderung einer Zuwiderhandlung verlangen, einschließlich der Entfernung rechtswidriger Inhalte, die in solchen Anordnungen spezifiziert werden, oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen.

(26)

Um Rechtssicherheit zu schaffen und Abschreckung vor Tätigkeiten zu vermeiden, die Anbieter von allen Kategorien von Vermittlungsdiensten auf freiwilliger Basis zur Erkennung und Feststellung von rechtswidrigen Inhalten sowie zum Vorgehen dagegen durchführen können, sollte präzisiert werden, dass die bloße Durchführung solcher Tätigkeiten durch Anbieter nicht dazu führt, dass die Haftungsausschlüsse gemäß dieser Verordnung nicht in Anspruch genommen werden können, sofern diese Tätigkeiten nach Treu und Glauben und sorgfältig durchgeführt werden. Die Bedingung, nach Treu und Glauben und sorgfältig zu handeln, sollte im Einklang mit dem Ziel und den Anforderungen dieser Verordnung ein objektives, nicht diskriminierendes und verhältnismäßiges Vorgehen unter gebührender Berücksichtigung der Rechte und berechtigten Interessen aller Beteiligten sowie erforderliche Schutzmaßnahmen gegen die ungerechtfertigte Entfernung rechtmäßiger Inhalte umfassen. Zu diesem Zweck sollten die betreffenden Anbieter beispielsweise angemessene Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass bei der Verwendung automatisierter Werkzeuge zur Durchführung solcher Maßnahmen die betreffende Technologie ausreichend zuverlässig ist, um die Fehlerquote so weit wie möglich zu begrenzen. Zudem sollte präzisiert werden, dass das bloße Ergreifen von Maßnahmen durch die Anbieter nach Treu und Glauben zur Einhaltung der Anforderungen des Unionsrechts, einschließlich derer gemäß dieser Verordnung im Hinblick auf die Umsetzung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht dazu führen sollte, dass die in dieser Verordnung festgelegten Ausschlüsse nicht in Anspruch genommen werden können. Jegliche dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, die ein Anbieter möglicherweise durchgeführt bzw. ergriffen hat, sollten daher nicht berücksichtigt werden, um zu ermitteln, ob der Anbieter einen Haftungsausschluss in Anspruch nehmen kann, insbesondere in Bezug darauf, ob der Anbieter die Dienstleistung auf neutrale Weise erbringt und die einschlägige Vorschrift daher für ihn gelten kann, ohne dass dies jedoch bedeutet, dass sich der Anbieter zwangsläufig darauf berufen kann. Freiwillige Maßnahmen sollten nicht dazu genutzt werden, die Verpflichtungen von Anbietern von Vermittlungsdiensten gemäß dieser Verordnung zu umgehen.

(27)

Während es bei den in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften über die Haftung der Anbieter von Vermittlungsdiensten vor allem um den Haftungsausschluss für Anbieter von Vermittlungsdiensten geht, ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass trotz der wichtigen Rolle, die solche Anbieter im Allgemeinen einnehmen, das Problem der rechtswidrigen Inhalte und Tätigkeiten im Internet nicht allein durch den Fokus auf deren Haftung und Verantwortung bewältigt werden sollte. Wenn möglich sollten Dritte, die von im Internet übertragenen oder gespeicherten rechtswidrigen Inhalten betroffen sind, versuchen, Konflikte im Zusammenhang mit solchen Inhalten beizulegen, ohne die betreffenden Anbieter von Vermittlungsdiensten zu beteiligen. Die Nutzer sollten für die von ihnen bereitgestellten und möglicherweise über Vermittlungsdienste öffentlich verbreiteten rechtswidrigen Inhalte haften, sofern die geltenden Vorschriften des Unionsrechts und des nationalen Rechts zur Festlegung solcher Haftung dies vorsehen. Gegebenenfalls sollten auch andere Akteure, etwa Gruppenmoderatoren im nicht öffentlichen Online-Umfeld, insbesondere in großen Gruppen, dabei helfen, die Verbreitung rechtswidriger Inhalte im Internet im Einklang mit dem geltenden Recht zu verhindern. Ist es erforderlich, die Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft zu beteiligen, einschließlich der Anbieter von Vermittlungsdiensten, so sollten zudem sämtliche Aufforderungen zu einer solchen Beteiligung oder entsprechende Anordnungen grundsätzlich an den spezifischen Diensteanbieter gerichtet werden, der über die technischen und operativen Fähigkeiten verfügt, gegen bestimmte rechtswidrige Inhalte vorzugehen, um jegliche negativen Auswirkungen auf die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von nicht rechtswidrigen Informationen zu vermeiden und so gering wie möglich zu halten.

(28)

Seit dem Jahr 2000 wurden neue Technologien entwickelt, die für eine bessere Verfügbarkeit, Wirksamkeit, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit, Kapazität und Sicherheit von Systemen für die Übermittlung, „Auffindbarkeit“ und Speicherung von Daten im Internet sorgen, wodurch ein immer komplexeres Online-Ökosystem entstanden ist. In dieser Hinsicht sollte daran erinnert werden, dass Anbieter von Diensten zur Bereitstellung und Vereinfachung der zugrunde liegenden logischen Architektur und des reibungslosen Funktionierens des Internets, einschließlich technischer Hilfsfunktionen, ebenfalls die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse in Anspruch nehmen können, sofern ihre Dienste als „reine Durchleitung“, „Caching“-Leistung oder „Hosting“-Dienst einzuordnen sind. Zu solchen Diensten gehören u. a. lokale Funknetze (WLAN), DNS-Dienste, die Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen und Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, virtuelle private Netzwerke, Online-Suchmaschinen, Cloud-Infrastrukturdienste oder Netzwerke zur Bereitstellung von Inhalten, die Funktionen anderer Anbieter von Vermittlungsdiensten ermöglichen, lokalisieren oder verbessern. Auch Dienste für Kommunikationszwecke und die technischen Mittel für ihre Bereitstellung haben sich stark entwickelt und zur Entstehung von Online-Diensten wie der Internet-Sprachtelefonie (VoIP), Nachrichtenübermittlungsdiensten und webgestützten E-Mail-Diensten geführt, bei denen die Kommunikation über einen Internetzugangsdienst ermöglicht wird. Bei diesen Diensten ist ebenfalls eine Inanspruchnahme der Haftungsausschlüsse möglich, sofern sie als „reine Durchleitung-“, „Caching-“-Leistungen oder „Hosting“-Dienste einzuordnen sind.

(29)

Vermittlungsdienste umfassen ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online stattfinden und sich kontinuierlich weiterentwickeln, um eine rasche, sichere und geschützte Übermittlung von Informationen zu ermöglichen und allen Beteiligten des Online-Ökosystems komfortable Lösungen zu bieten. Vermittlungsdienste einer „reinen Durchleitung“ umfassen beispielsweise allgemeine Kategorien von Diensten wie Internet-Austauschknoten, drahtlose Zugangspunkte, virtuelle private Netze, DNS-Dienste und DNS-Resolver, Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen, Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, Internet-Sprachtelefonie (VoIP) und andere interpersonelle Kommunikationsdienste; während als allgemeine Beispiele für Vermittlungsdienste von „Caching“-Leistungen das alleinige Betreiben von Netzwerken zur Bereitstellung von Inhalten, Reverse-Proxys oder Proxys zur Anpassung von Inhalten genannt werden können. Solche Dienste sind von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung einer reibungslosen und effizienten Übertragung der über das Internet bereitgestellten Informationen. Als Beispiele für „Hostingdienste“ können Cloud-Computing-Dienste, Web-Hostingdienste, entgeltliche Referenzierungsdienste oder Dienste, die den Online-Austausch von Informationen und Inhalten ermöglichen – darunter die Speicherung und der Austausch von Dateien – genannt werden. Vermittlungsdienste können isoliert, als Teil einer anderen Art von Vermittlungsdienst oder gleichzeitig mit anderen Vermittlungsdiensten erbracht werden. Ob es sich bei einem bestimmten Dienst um eine „reine Durchleitung“, eine „Caching“-Leistung oder einen „Hosting“-Dienst handelt, hängt ausschließlich von seinen technischen Funktionen ab, die sich möglicherweise im Laufe der Zeit ändern, und sollte von Fall zu Fall geprüft werden.

(30)

Die Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten – weder de jure noch de facto – einer allgemeinen Überwachungspflicht unterliegen. Dies betrifft nicht die Überwachungspflichten in einem bestimmten Fall und berührt insbesondere nicht die Anordnungen der nationalen Behörden im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften, im Einklang mit dem Unionsrecht, in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union und im Einklang mit den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen. Diese Verordnung sollte in keinem Fall so ausgelegt werden, dass sie eine allgemeine Überwachungspflicht, eine allgemeine Verpflichtung zur aktiven Nachforschung oder eine allgemeine Verpflichtung der Anbieter zum Ergreifen proaktiver Maßnahmen in Bezug auf rechtswidrige Inhalte auferlegt.

(31)

In Abhängigkeit von dem Rechtssystem der Mitgliedstaaten und dem betreffenden Rechtsgebiet können nationale Justiz- oder Verwaltungsbehörden, einschließlich der Strafvollzugsbehörden, die Anbieter von Vermittlungsdiensten anweisen, gegen einzelne oder mehrere bestimmte rechtswidrige Inhalte vorzugehen oder bestimmte Informationen zur Verfügung zu stellen. Die nationalen Rechtsvorschriften, nach denen solche Anordnungen erlassen werden, unterscheiden sich erheblich und die Anordnungen erfolgen zunehmend im grenzüberschreitenden Kontext. Um sicherzustellen, dass derlei Anordnungen – insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext – wirksam und effizient befolgt werden können, damit die betreffenden Behörden ihre Aufgaben erfüllen können und die Anbieter keinen unverhältnismäßigen Belastungen ausgesetzt sind, und dabei Auswirkungen auf die Rechte und berechtigten Interessen von Dritten zu vermeiden, ist es erforderlich, bestimmte Bedingungen, denen diese Anordnungen genügen sollten, und einige zusätzliche Anforderungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung dieser Anordnungen festzulegen. Daher sollten in dieser Verordnung nur bestimmte spezifische Mindestbedingungen harmonisiert werden, die solche Anordnungen erfüllen sollten, damit die Anbieter von Vermittlungsdiensten verpflichtet werden, die einschlägigen Behörden über die Ausführung dieser Anordnungen zu informieren. Daher bietet diese Verordnung weder die Rechtsgrundlage für den Erlass solcher Anordnungen noch regelt sie deren räumlichen Anwendungsbereich oder grenzüberschreitende Durchsetzung.

(32)

Das geltende Unionsrecht oder das nationale Recht, auf dessen Grundlage diese Anordnungen erlassen werden, kann zusätzliche Bedingungen umfassen und sollte auch die Grundlage für die Vollstreckung der jeweiligen Anordnungen bilden. Im Falle der Nichtbefolgung solcher Anordnungen sollte der die Anordnung erlassende Mitgliedstaat diese im Einklang mit seinem nationalen Recht durchsetzen können. Die geltenden nationalen Rechtsvorschriften sollten mit dem Unionsrecht, einschließlich der Charta und der Bestimmungen des AEUV über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in der Union, insbesondere in Bezug auf Online-Glücksspiele und Online-Wetten, im Einklang stehen. Ebenso lässt die Anwendung solcher nationalen Rechtsvorschriften für die Vollstreckung der jeweiligen Anordnungen geltende Rechtsakte der Union oder internationale Übereinkünfte unberührt, die von der Union oder den Mitgliedstaaten in Bezug auf die grenzüberschreitende Anerkennung, Ausführung und Vollstreckung dieser Anordnungen, insbesondere in Zivil- und Strafsachen, geschlossen wurden. Andererseits sollte die Vollstreckung der Verpflichtung, die einschlägigen Behörden über die Ausführung der Anordnungen zu informieren, im Gegensatz zur Vollstreckung der Anordnungen selbst, den in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften unterliegen.

(33)

Der Anbieter von Vermittlungsdiensten sollte die Behörde, die Anordnungen erlassen hat, unverzüglich über etwaige Folgemaßnahmen zu solchen Anordnungen innerhalb der im einschlägigen Unionsrecht oder im nationalen Recht festgelegten Fristen unterrichten.

(34)

Die zuständigen nationalen Behörden sollten solche Anordnungen gegen als rechtswidrig erachtete Inhalte oder Auskunftsanordnungen auf der Grundlage des Unionsrechts oder nationaler Rechtsvorschriften im Einklang mit dem Unionsrecht – insbesondere der Charta – erlassen und sie an Anbieter von Vermittlungsdiensten richten können – auch an Vermittlungsdienste, die in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen sind. Das Unionsrecht im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- oder Strafsachen, einschließlich der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 und einer Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen, sowie das nationale Straf- oder Zivilprozessrecht bleiben von der vorliegenden Verordnung jedoch unberührt. Sehen diese Rechtsvorschriften im Rahmen von Straf- oder Zivilverfahren Bedingungen vor, die zu den in dieser Verordnung vorgesehenen Bedingungen für Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte oder Auskunftsanordnungen hinzukommen oder mit ihnen unvereinbar sind, so könnten die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen nicht zur Anwendung kommen oder angepasst werden. Insbesondere könnte die Verpflichtung des Koordinators für digitale Dienste aus dem Mitgliedstaat der Behörde, die die Anordnung erlassen hat, zur Übermittlung einer Kopie der Anordnung an alle anderen Koordinatoren für digitale Dienste, im Zusammenhang mit Strafverfahren nicht zur Anwendung kommen oder angepasst werden, wenn das geltende nationale Strafprozessrecht dies vorsieht.

Darüber hinaus sollte die Verpflichtung, dass die Anordnung eine Begründung enthalten muss, aus der hervorgeht, warum es sich bei den Informationen um rechtswidrige Inhalte handelt, erforderlichenfalls nach dem geltenden nationalen Strafprozessrecht zur Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten angepasst werden. Schließlich kann die Verpflichtung des Anbieters von Vermittlungsdiensten zur Unterrichtung des Nutzers im Einklang mit den geltenden Vorschriften des Unionsrechts oder nationalen Rechts verzögert werden, insbesondere im Kontext von straf-, zivil- oder verwaltungsrechtlichen Verfahren. Außerdem sollten die Anordnungen im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 und dem in dieser Verordnung festgelegten Verbot allgemeiner Verpflichtungen zur Überwachung von Informationen oder zur aktiven Ermittlung von Tatsachen oder Umständen, die auf rechtswidrige Tätigkeiten hindeuten, erlassen werden. Die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Anforderungen, die für Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte gelten, lassen andere Rechtsakte der Union unberührt, die ähnliche Mechanismen für das Vorgehen gegen bestimmte Arten rechtswidriger Inhalte vorsehen, etwa die Verordnung (EU) 2021/784, die Verordnung (EU) 2019/1020 oder die Verordnung (EU) 2017/2394, mit der spezifische Befugnisse zur Anordnung der Bereitstellung von Informationen an die Verbraucherschutzbehörden der Mitgliedstaaten übertragen werden, während die Bedingungen und Anforderungen, die für Anordnungen zur Bereitstellung von Informationen gelten, andere Rechtsakte der Union unberührt lassen, die ähnliche einschlägige Vorschriften für bestimmte Sektoren vorsehen. Diese Bedingungen und Anforderungen sollten unbeschadet der Vorschriften des anwendbaren nationalen Rechts zur Speicherung und Aufbewahrung im Einklang mit dem Unionsrecht und Ersuchen von Strafverfolgungsbehörden um vertrauliche Behandlung im Zusammenhang mit der Nichtoffenlegung von Informationen gelten. Diese Bedingungen und Anforderungen sollten die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt lassen, von einem Anbieter von Vermittlungsdiensten zu verlangen, eine Zuwiderhandlung im Einklang mit dem Unionsrecht, einschließlich dieser Verordnung, und insbesondere mit dem Verbot allgemeiner Überwachungspflichten zu verhindern.

(35)

Die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Anforderungen sollten spätestens bei der Übermittlung der Anordnung an den betreffenden Anbieter erfüllt sein. Die Anordnung kann deshalb in einer der Amtssprachen der Behörde des betroffenen Mitgliedstaats, die die Anordnung erlässt, erlassen werden. Unterscheidet sich diese Sprache von der Sprache, die der Anbieter von Vermittlungsdiensten angegeben hat, oder von einer anderen Amtssprache der Mitgliedstaaten, die zwischen der Behörde, die die Anordnung erlässt, und dem Anbieter von Vermittlungsdiensten vereinbart wurde, sollte bei der Übermittlung der Anordnung zumindest eine Übersetzung der in dieser Verordnung festgelegten Angaben der Anordnung beigefügt werden. Hat ein Anbieter von Vermittlungsdiensten mit den Behörden eines Mitgliedstaats vereinbart, eine bestimmte Sprache zu verwenden, sollte ihm empfohlen werden, von Behörden in anderen Mitgliedstaaten ausgestellte Anordnungen in derselben Sprache anzunehmen. Die Anordnungen sollten Angaben enthalten, die es dem Adressaten ermöglichen, die Behörde, die die Anordnung erlässt, zu identifizieren – gegebenenfalls einschließlich der Kontaktdaten einer Kontaktstelle innerhalb dieser Behörde – und die Echtheit der Anordnung zu überprüfen.

(36)

Der räumliche Geltungsbereich solcher Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte sollte auf der Grundlage des geltenden Unions- oder nationalen Rechts, das den Erlass der Anordnung ermöglicht, eindeutig festgelegt werden und nicht über das zur Erreichung ihrer Ziele unbedingt erforderliche Maß hinausgehen. In dieser Hinsicht sollte die nationale Justiz- oder Verwaltungsbehörde, bei der es sich um eine Strafverfolgungsbehörde handeln kann, die die Anordnung erlässt, die Ziele der Anordnung im Einklang mit ihrer Rechtsgrundlage gegen die Rechte und berechtigten Interessen aller Dritten abwägen, die von der Anordnung betroffen sein könnten, insbesondere ihre Grundrechte nach der Charta. Insbesondere in einem grenzüberschreitenden Kontext sollten die Auswirkungen der Anordnung grundsätzlich auf das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats beschränkt sein, in dem die Anordnung erlassen wird, es sei denn, die Rechtswidrigkeit der Inhalte ergibt sich unmittelbar aus dem Unionsrecht oder die erlassende Behörde ist der Auffassung, dass die betreffenden Rechte einen größeren räumlichen Geltungsbereich im Einklang mit dem Unionsrecht und dem Völkerrecht, unter Berücksichtigung der Interessen diplomatischer Gepflogenheiten, erfordern.

(37)

Die in dieser Verordnung geregelten Anordnungen zur Bereitstellung von Informationen betreffen die Vorlage spezifischer Informationen über einzelne Nutzer der betreffenden Vermittlungsdienste, die in diesen Anordnungen genannt sind, um festzustellen, ob die Nutzer die anwendbaren Rechtsvorschriften auf Unions- oder nationaler Ebene einhalten. Mit solchen Anordnungen sollten Informationen angefordert werden, mit denen die Identifizierung der Nutzer des betreffenden Dienstes ermöglicht werden soll. Daher fallen Anordnungen bezüglich Informationen über eine Gruppe von Nutzern, die nicht im Einzelnen genannt werden, einschließlich Anordnungen über die Bereitstellung von für statistische Zwecke oder eine faktengestützte Politikgestaltung erforderlichen aggregierten Informationen, nicht unter die Anforderungen dieser Verordnung über die Bereitstellung von Informationen.

(38)

Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte und zur Bereitstellung von Informationen unterliegen den Vorschriften zur Wahrung der Zuständigkeit des Mitgliedstaats, in dem der Anbieter niedergelassen ist, und den Vorschriften zur Festlegung möglicher Ausnahmen von dieser Zuständigkeit in bestimmten Fällen gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2000/31/EG, sofern die Bedingungen des genannten Artikels erfüllt sind. Da sich die betreffenden Anordnungen auf bestimmte rechtswidrige Inhalte bzw. bestimmte Informationen beziehen, beschränken Anordnungen, die an in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Anbieter von Vermittlungsdiensten gerichtet sind, grundsätzlich nicht die Freiheit dieser Anbieter, ihre Dienste grenzüberschreitend zu erbringen. Die Vorschriften des Artikels 3 der Richtlinie 2000/31/EG, einschließlich derer über die Notwendigkeit, Maßnahmen zu rechtfertigen, die aus bestimmten genau festgelegten Gründen eine Ausnahme von der Zuständigkeit des Mitgliedstaats, in dem der Anbieter niedergelassen ist, darstellen und über die Mitteilung solcher Maßnahmen, gelten daher nicht für diese Anordnungen.

(39)

Zu den Anforderungen an die Bereitstellung von Informationen über Rechtsbehelfsmechanismen, die dem Anbieter von Vermittlungsdiensten und dem Nutzer, der die Inhalte bereitgestellt hat, zur Verfügung stehen, zählt die Verpflichtung zur Bereitstellung von Informationen über verwaltungsrechtliche Beschwerdeverfahren und Rechtsbehelfe, einschließlich Rechtsbehelfe gegen Anordnungen von Justizbehörden. Darüber hinaus könnten die Koordinatoren für digitale Dienste nationale Instrumente und Anleitung für Beschwerde- und Rechtsbehelfsmechanismen entwickeln, die in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet gelten, um den Nutzern des Dienstes den Zugang zu solchen Mechanismen zu erleichtern. Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten ferner das Grundrecht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren gemäß Artikel 47 der Charta achten. Durch diese Verordnung sollten daher die einschlägigen nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörden aufgrund des geltenden Unionsrechts oder nationalen Rechts nicht daran gehindert werden, die Wiederherstellung von Inhalten anzuordnen, wenn diese Inhalte im Einklang mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters von Vermittlungsdiensten standen, aber von diesem Anbieter fälschlicherweise als rechtswidrig erachtet und entfernt wurden.

(40)

Um die Ziele dieser Verordnung zu erreichen und insbesondere das Funktionieren des Binnenmarkts zu verbessern und ein sicheres und transparentes Online-Umfeld zu gewährleisten, ist es erforderlich, eindeutige, wirksame, berechenbare und ausgewogene harmonisierte Sorgfaltspflichten für die Anbieter von Vermittlungsdiensten festzulegen. Mit diesen Verpflichtungen sollte insbesondere darauf abgezielt werden, die Verwirklichung verschiedener politischer Ziele wie der Sicherheit und des Vertrauens der Nutzer, einschließlich Verbraucher, minderjähriger Nutzer und Nutzer, die besonders gefährdet sind, Opfer von Hassreden, sexueller Belästigung oder anderen diskriminierenden Handlungen zu werden, zu gewährleisten, die einschlägigen in der Charta verankerten Grundrechte zu schützen, die sinnvolle Rechenschaftspflicht der Anbieter sicherzustellen und die Nutzer sowie andere betroffene Parteien zu stärken und den zuständigen Behörden zugleich die erforderliche Aufsicht zu erleichtern.

(41)

In dieser Hinsicht ist es wichtig, die Sorgfaltspflichten an Beschaffenheit, Umfang und Art der betreffenden Vermittlungsdienste anzupassen. In dieser Verordnung werden daher grundlegende Verpflichtungen festgelegt, die für alle Anbieter von Vermittlungsdiensten gelten, sowie zusätzliche Verpflichtungen für Anbieter von Hostingdiensten und, im Einzelnen, für Anbieter von Online-Plattformen und von sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen. Sofern Anbieter von Vermittlungsdiensten aufgrund der Art ihrer Dienste und ihrer Größe in mehrere verschiedene Kategorien fallen, sollten sie alle im Zusammenhang mit diesen Diensten stehenden entsprechenden Verpflichtungen aus dieser Verordnung erfüllen. Diese harmonisierten Sorgfaltspflichten, die angemessen und nicht willkürlich sein sollten, sind erforderlich, um den ordnungspolitischen Bedenken Rechnung zu tragen, etwa die Wahrung der berechtigten Interessen der Nutzer, die Bekämpfung rechtswidriger Praktiken und den Schutz der in der Charta verankerten Grundrechte. Die Sorgfaltspflichten sind unabhängig von der Frage der Haftung von Anbietern von Vermittlungsdiensten, weshalb sie auch gesondert bewertet werden.

(42)

Um die reibungslose und wirksame Kommunikation in beide Richtungen, gegebenenfalls auch mit Empfangsbestätigung für derartige Kommunikationen, im Zusammenhang mit den Angelegenheiten, die unter diese Verordnung fallen, zu gewährleisten, sollten die Anbieter von Vermittlungsdiensten verpflichtet werden, eine zentrale elektronische Kontaktstelle zu benennen und einschlägige Informationen zu dieser Kontaktstelle zu veröffentlichen und zu aktualisieren, einschließlich der für diese Kommunikation zu verwendenden Sprachen. Die elektronische Kontaktstelle kann auch von vertrauenswürdigen Hinweisgebern und Gewerbetreibenden, die in einer bestimmten Beziehung zum Anbieter von Vermittlungsdiensten stehen, genutzt werden. Im Gegensatz zum gesetzlichen Vertreter sollte die elektronische Kontaktstelle operativen Zwecken dienen und nicht unbedingt einen physischen Standort benötigen. Die Anbieter von Vermittlungsdiensten können dieselbe zentrale Kontaktstelle für die Anforderungen dieser Verordnung wie auch für die Zwecke anderer Rechtsakte der Union benennen. Bei der Angabe der für die Kommunikation zu verwendenden Sprachen sollten die Anbieter von Vermittlungsdiensten dafür sorgen, dass die gewählten Sprachen an sich kein Kommunikationshindernis darstellen. Falls erforderlich, sollten die Anbieter von Vermittlungsdiensten und die Behörden der Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, eine gesonderte Vereinbarung über die bei der Kommunikation zu verwendende Sprache zu treffen oder alternative Mittel zur Überwindung der Sprachbarriere zu suchen, darunter der Einsatz aller verfügbaren technischen Mittel oder interner und externer Humanressourcen.

(43)

Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten außerdem verpflichtet werden, eine zentrale Kontaktstelle für Nutzer zu benennen, die eine schnelle, direkte und wirksame Kommunikation insbesondere über leicht zugängliche Mittel wie Telefonnummern, E-Mail-Adressen, elektronische Kontaktformulare, Chatbots oder Sofortnachrichtenübermittlung ermöglicht. Es sollte ausdrücklich angegeben werden, wenn ein Nutzer mit Chatbots kommuniziert. Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten den Nutzern die Möglichkeit geben, Mittel der direkten und effizienten Kommunikation zu wählen, die nicht ausschließlich auf automatisierten Tools beruhen. Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten alle angemessenen Bemühungen unternehmen, um dafür Sorge zu tragen, dass ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen bereitstehen, damit diese Kommunikation schnell und effizient durchgeführt wird.

(44)

Die Anbieter von Vermittlungsdiensten mit Sitz in einem Drittstaat, die Dienste in der Union anbieten, sollten einen hinreichend bevollmächtigten gesetzlichen Vertreter in der Union benennen und den einschlägigen Behörden Informationen über ihren gesetzlichen Vertreter bereitstellen und diese öffentlich zugänglich machen. Darüber hinaus sollten solche Anbieter von Vermittlungsdiensten zur Einhaltung dieser Verpflichtung sicherstellen, dass der benannte gesetzliche Vertreter über die notwendigen Befugnisse und Ressourcen für die Zusammenarbeit mit den einschlägigen Behörden verfügt. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Anbieter von Vermittlungsdiensten ein Tochterunternehmen derselben Gruppe des Anbieters oder sein Mutterunternehmen benennt, falls dieses Tochter- oder Mutterunternehmen in der Union niedergelassen ist. Dies könnte jedoch unter Umständen nicht der Fall sein, wenn der gesetzliche Vertreter beispielsweise Gegenstand eines Sanierungsverfahrens, eines Konkurses, einer Privatinsolvenz oder einer Unternehmensinsolvenz ist. Durch diese Verpflichtung sollte die wirksame Aufsicht und erforderlichenfalls die Durchsetzung dieser Verordnung in Bezug auf diese Anbieter ermöglicht werden. Es sollte möglich sein, dass ein gesetzlicher Vertreter im Einklang mit dem nationalen Recht von mehr als einem Anbieter von Vermittlungsdiensten beauftragt wird. Die gesetzlichen Vertreter sollten auch als Kontaktstellen fungieren können, sofern die einschlägigen Anforderungen dieser Verordnung eingehalten werden.

(45)

Während die Vertragsfreiheit der Anbieter von Vermittlungsdiensten grundsätzlich geachtet werden sollte, ist es angemessen, für den Inhalt, die Anwendung und die Durchsetzung der allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Anbieter bestimmte Vorschriften festzulegen, um für Transparenz, den Schutz der Nutzer und die Vermeidung von unlauteren oder willkürlichen Ergebnissen zu sorgen. Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutig die Angaben zu den Gründen nennen und auf dem neuesten Stand halten, aus denen sie die Bereitstellung ihrer Dienste beschränken können. Insbesondere sollten sie Angaben zu allen Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Tools enthalten, die zur Moderation von Inhalten eingesetzt werden, einschließlich der algorithmischen Entscheidungsfindung und der menschlichen Überprüfung, sowie die Verfahrensregeln für ihr internes Beschwerdemanagementsystem. Ferner sollten sie Informationen über das Recht bereitstellen, die Nutzung des Dienstes zu beenden. Anbieter von Vermittlungsdiensten können in ihren Nutzungsbedingungen grafische Elemente wie Symbole oder Bilder verwenden, um die Hauptelemente der Informationspflichten nach dieser Verordnung zu veranschaulichen. Die Anbieter sollten die Nutzer ihres Dienstes in geeigneter Weise über wesentliche Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen informieren, z. B. wenn sie die Regeln für die in ihren Diensten zulässigen Informationen ändern, oder über sonstige derartige Änderungen, die sich unmittelbar auf die Fähigkeit der Nutzer auswirken könnten, den Dienst zu nutzen.

(46)

Anbieter von Vermittlungsdiensten, die sich in erster Linie an Minderjährige richten, z. B. aufgrund der Gestaltung oder Vermarktung des Dienstes, oder die überwiegend von Minderjährigen genutzt werden, sollten besondere Anstrengungen unternehmen, um die Erläuterung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen für Minderjährige leicht verständlich zu machen.

(47)

Bei der Gestaltung, Anwendung und Durchsetzung dieser Beschränkungen sollten Anbieter von Vermittlungsdiensten nicht willkürlich und nicht diskriminierend vorgehen und die Rechte und berechtigten Interessen der Nutzer, einschließlich der in der Charta verankerten Grundrechte, berücksichtigen. Beispielsweise sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen insbesondere die Meinungs- und Informationsfreiheit, einschließlich der Freiheit und des Pluralismus der Medien, gebührend berücksichtigen. Alle Anbieter von Vermittlungsdiensten sollten auch die einschlägigen internationalen Standards für den Schutz der Menschenrechte, wie die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte, gebührend berücksichtigen.

(48)

In Anbetracht ihrer besonderen Rolle und Reichweite ist es angebracht, sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen zusätzliche Anforderungen im Hinblick auf Information und Transparenz ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzuerlegen. Folglich sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Amtssprachen aller Mitgliedstaaten bereitstellen, in denen sie ihre Dienste anbieten, und ferner den Nutzern eine kompakte und leicht lesbare Zusammenfassung der wichtigsten Punkte der allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Verfügung stellen. In derartigen Zusammenfassungen sollten die Hauptelemente der Informationspflichten genannt werden, einschließlich der Möglichkeit, sich auf einfache Weise gegen optionale Klauseln zu entscheiden.

(49)

Um ein angemessenes Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, sollten die Anbieter von Vermittlungsdiensten im Einklang mit den harmonisierten Anforderungen dieser Verordnung in maschinenlesbarem Format einen Jahresbericht über die von ihnen betriebene Moderation von Inhalten, einschließlich der Maßnahmen, die sie zur Anwendung und Durchsetzung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen ergreifen, öffentlich zugänglich machen. Um unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden, sollten diese Transparenzberichtspflichten nicht für Anbieter gelten, die Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (25) sind, und bei denen es sich nicht um sehr große Online-Plattformen im Sinne dieser Verordnung handelt.

(50)

Hostingdiensteanbieter spielen beim Umgang mit rechtswidrigen Online-Inhalten eine besonders wichtige Rolle, da sie im Auftrag der Nutzer von diesen übermittelte Informationen speichern und üblicherweise anderen Nutzern – manchmal in großem Umfang – den Zugang zu diesen Informationen ermöglichen. Es ist wichtig, dass sämtliche Hostingdiensteanbieter, ungeachtet ihrer Größe, leicht zugängliche und benutzerfreundliche Melde- und Abhilfeverfahren schaffen, die es erleichtern, dem Hostingdiensteanbieter bestimmte Informationen zu melden, die die meldende Partei als rechtswidrige Inhalte ansieht (im Folgenden „Meldung“), woraufhin der Anbieter entscheiden kann, ob er der Bewertung zustimmt und diese Inhalte entfernen oder den Zugang dazu sperren möchte (im Folgenden „Abhilfe“). Solche Verfahren sollten klar erkennbar sein, sich in der Nähe der betreffenden Informationen befinden und mindestens ebenso leicht zu finden und zu nutzen sein wie die Verfahren zur Meldung von Inhalten, die gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters von Hostingdiensten verstoßen. Sofern die Anforderungen an Meldungen erfüllt sind, sollte es Einzelpersonen oder Einrichtungen möglich sein, mehrere bestimmte mutmaßlich rechtswidrige Inhalte in einem zu melden, damit das wirksame Funktionieren der Melde- und Abhilfeverfahren gewährleistet ist. Im Rahmen des Meldeverfahren sollte es möglich, aber nicht zwingend erforderlich sein, die meldende Person oder Einrichtung zu identifizieren. Bei einigen Arten von gemeldeten Informationen könnte die Identität der meldenden Person oder Einrichtung erforderlich sein, um festzustellen, ob es sich bei den fraglichen Informationen, wie behauptet, um rechtswidrige Inhalte handelt. Die Verpflichtung zur Schaffung eines Melde- und Abhilfeverfahrens sollte etwa für Datenspeicher- und Weitergabedienste, Web-Hostingdienste, Werbeserver und Pastebin-Dienste gelten, sofern sie als von dieser Verordnung erfasste Anbieter von Hostingdiensten einzustufen sind.

(51)

In Anbetracht dessen, dass die in der Charta garantierten Grundrechte aller Betroffenen gebührend berücksichtigt werden müssen, sollten alle Maßnahmen, die ein Anbieter von Hostingdiensten nach Erhalt einer Meldung ergreift, streng zielgerichtet sein, d. h. sie sollten dazu dienen, den Zugang zu den spezifischen Informationen, die als rechtswidrige Inhalte angesehen werden, zu entfernen oder zu sperren, ohne die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit der Nutzer übermäßig zu beeinträchtigen. Meldungen sollten daher grundsätzlich an die Anbieter von Hostingdiensten gerichtet werden, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass sie über die technischen und operativen Fähigkeiten verfügen, gegen diese spezifischen Informationen tätig zu werden. Anbieter von Hostingdiensten, die eine Meldung erhalten, bei der sie aus technischen oder operativen Gründen die konkrete Information nicht löschen können, sollten die Person oder Einrichtung in Kenntnis setzen, von der die Meldung stammt.

(52)

Die Vorschriften zu solchen Melde- und Abhilfeverfahren sollten auf Unionsebene harmonisiert werden, um die rasche, sorgfältige und nicht willkürliche Bearbeitung von Meldungen auf der Grundlage einheitlicher, transparenter und klarer Regeln zu gewährleisten, die belastbare Mechanismen zum Schutz der Rechte und berechtigten Interessen sämtlicher betroffener Parteien unabhängig von dem Mitgliedstaat, in dem diese Parteien ansässig oder niedergelassen sind und von dem betreffenden Rechtsgebiet schaffen, insbesondere zum Schutz ihrer Grundrechte aus der Charta. Zu diesen Grundrechten gehören unter anderem: für Nutzer das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, das Recht auf Nichtdiskriminierung und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf; für Diensteanbieter das Recht auf unternehmerische Freiheit, einschließlich der Vertragsfreiheit; und für von rechtswidrigen Inhalten betroffene Parteien die Menschenwürde, die Rechte des Kindes, das Recht auf Schutz des Eigentums, einschließlich des geistigen Eigentums, und das Recht auf Nichtdiskriminierung. Anbieter von Hostingdiensten sollten auf Meldungen zügig reagieren, insbesondere indem sie der Art der gemeldeten rechtswidrigen Inhalte und der Dringlichkeit, Maßnahmen zu ergreifen, Rechnung tragen. So kann beispielsweise von solchen Anbietern erwartet werden, dass sie unverzüglich handeln, wenn mutmaßlich rechtswidrige Inhalte, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit von Personen darstellen, gemeldet werden. Der Anbieter von Hostingdiensten sollte die Person oder Einrichtung, die den konkreten Inhalt meldet, unverzüglich informieren, nachdem er entschieden hat, ob er auf die Meldung hin tätig wird oder nicht.

(53)

Die Melde- und Abhilfeverfahren sollten die Übermittlung von Meldungen ermöglichen, die hinreichend genau und angemessen begründet sind, damit der betreffende Anbieter von Hostingdiensten in Kenntnis der Sachlage und sorgfältig eine Entscheidung, die mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit vereinbar ist, über die Inhalte, auf die sich die Meldung bezieht, treffen kann, insbesondere darüber, ob diese Inhalte als rechtswidrige Inhalte anzusehen und zu entfernen sind oder der Zugang zu ihnen zu sperren ist. Die Verfahren sollten so beschaffen sein, dass die Hinweise leicht mit einer Begründung versehen werden können, warum die meldende Person oder Einrichtung die Inhalte als rechtswidrig erachtet, sowie mit einer genauen Angabe des Fundorts des betreffenden Inhalts. Eine Meldung, die ausreichende Informationen enthält, um es einem sorgfältig handelnden Anbieter von Hostingdiensten ermöglichen, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass der Inhalt eindeutig rechtswidrig ist, bewirkt, dass von einer tatsächlichen Kenntnis oder einem Bewusstsein in Bezug auf die Rechtswidrigkeit ausgegangen wird. Mit Ausnahme der Übermittlung von Meldungen, die sich auf Straftaten nach den Artikeln 3 bis 7 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (26) beziehen, sollte die meldende Person oder Einrichtung im Zuge dieser Verfahren aufgefordert werden, seine Identität offenzulegen, damit es nicht zu Missbrauch kommt.

(54)

Wenn ein Anbieter von Hostingdiensten mit der Begründung, dass die von den Nutzern bereitgestellten Informationen rechtswidrige Inhalte darstellen oder mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen unvereinbar sind, entscheidet, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen, etwa nach Erhalt einer Meldung oder auf eigene Initiative, zu entfernen oder den Zugang dazu zu sperren oder auf andere Weise ihre Sichtbarkeit oder ihre Monetarisierung zu beschränken, auch unter ausschließlichem Einsatz automatisierter Mittel, so sollte der Anbieter den Nutzer über seine Entscheidung, die Gründe dafür und die verfügbaren Rechtsbehelfsmöglichkeiten zur Beanstandung der Entscheidung im Hinblick auf mögliche negative Folgen für den Nutzer, einschließlich bezüglich der Ausübung seines Grundrechts auf freie Meinungsäußerung, auf klare und leicht verständliche Weise informieren. Diese Verpflichtung sollte unabhängig von den Gründen für die Entscheidung gelten, insbesondere unabhängig davon, ob die Abhilfe durchgeführt wurde, weil die gemeldeten Informationen als rechtswidrige Inhalte oder als nicht mit den geltenden allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar angesehen werden. Wenn die Entscheidung nach Erhalt einer Meldung getroffen wurde, sollte der Anbieter von Hostingdiensten die Identität der Person oder Einrichtung, die die Meldung an den Nutzer übermittelt hat, nur dann offenlegen, wenn diese Information erforderlich ist, um die Rechtswidrigkeit des Inhalts festzustellen, etwa in Fällen von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums.

(55)

Die Beschränkung der Sichtbarkeit kann darin in einer Herabstufung im Ranking oder in Empfehlungssystemen bestehen, aber auch in der Beschränkung der Zugänglichkeit für einen oder mehrere Nutzer oder im Ausschluss des Nutzers von einer Online-Gemeinschaft ohne sein Wissen („shadow banning“, Schattenverbot). Die Monetarisierung von durch den Nutzer bereitgestellten Informationen über Werbeeinnahmen kann durch Aussetzung oder Beendigung der mit diesen Informationen verbundenen Geldzahlung oder Einnahmen beschränkt werden. Die Verpflichtung zur Vorlegung einer Begründung sollte jedoch nicht für irreführende, umfangreiche kommerzielle Inhalte gelten, die durch vorsätzliche Manipulation des Dienstes verbreitet werden, insbesondere durch unauthentische Nutzung des Dienstes, wie die Nutzung von Bots oder Scheinkonten oder eine sonstige irreführende Nutzung des Dienstes. Ungeachtet anderer Möglichkeiten zur Anfechtung der Entscheidung des Anbieters von Hostingdiensten sollte der Nutzer stets ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht gemäß den nationalen Rechtsvorschriften haben.

(56)

Ein Anbieter von Hostingdiensten könnte in bestimmten Fällen, etwa über eine Meldung durch eine meldende Partei oder durch seine eigenen freiwilligen Maßnahmen, Kenntnis von Informationen über bestimmte Tätigkeiten eines Nutzers erhalten, etwa die Bereitstellung bestimmter Arten rechtswidriger Inhalte, die unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände, von der der Anbieter von Hostingdiensten Kenntnis hat, den Verdacht angemessen rechtfertigen, dass dieser Nutzer möglicherweise eine Straftat begangen hat, begeht oder vermutlich begehen wird, die das Leben oder die Sicherheit von Personen in Gefahr bringt, wie eine der in der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (27), der Richtlinie 2011/93/EU oder der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates (28) genannten Straftaten. So könnten beispielsweise bestimmte Inhalte den Verdacht auf eine Gefahr für die Öffentlichkeit begründen, wie z. B. Aufstachelung zum Terrorismus im Sinne des Artikels 21 der Richtlinie (EU) 2017/541. In solchen Fällen sollte der Anbieter von Hostingdiensten die zuständigen Strafverfolgungsbehörden unverzüglich über einen solchen Verdacht informieren. Der Anbieter von Hostingdiensten sollte alle einschlägigen ihm verfügbaren Informationen bereitstellen, gegebenenfalls auch die jeweiligen Inhalte und, sofern verfügbar, den Zeitpunkt, zu dem die Inhalte veröffentlicht wurden, einschließlich der benannten Zeitzone, einer Erläuterung seines Verdachts und der Informationen, die erforderlich sind, um den betreffenden Nutzer ausfindig zu machen und zu identifizieren. Diese Verordnung bildet keine Rechtsgrundlage für die Erstellung von Profilen von Nutzern für eine mögliche Feststellung von Straftaten durch Anbieter von Hostingdiensten. Anbieter von Hostingdiensten sollten auch andere anwendbare Vorschriften des Unionsrechts oder des nationalen Rechts zum Schutz der Rechte und Freiheiten von Einzelpersonen beachten, wenn sie die Strafverfolgungsbehörden informieren.

(57)

Damit keine unverhältnismäßigen Belastungen entstehen, sollten die zusätzlichen Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung für Anbieter von Online-Plattformen, einschließlich Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, nicht für Anbieter gelten, bei denen es sich um Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG handelt. Aus demselben Grund sollten diese zusätzlichen Verpflichtungen auch nicht für Anbieter von Online-Plattformen gelten, die in der Vergangenheit als Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen eingestuft waren, und zwar während eines Zeitraums von 12 Monaten, nachdem sie diesen Status verloren haben. Diese Anbieter sollten nicht von der Verpflichtung ausgenommen werden, auf Ersuchen des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort oder der Kommission Angaben zu der durchschnittlichen monatlichen Zahl aktiver Nutzer zu machen. In Anbetracht dessen, dass sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen eine größere Reichweite und mehr Einfluss darauf haben, wie die Nutzer online Informationen erhalten und kommunizieren, sollten diese Anbieter, ungeachtet dessen, ob sie als Kleinstunternehmen oder kleine Unternehmen gelten oder vor kurzem als solche eingestuft wurden, jedoch nicht unter diese Ausnahmeregelung fallen. Die in der Empfehlung 2003/361/EG enthaltenen Konsolidierungsvorschriften tragen dazu bei, sicherzustellen, dass jeglicher Umgehung dieser zusätzlichen Verpflichtungen vorgebeugt wird. Diese Verordnung hindert Anbieter von Online-Plattformen, die unter diese Ausnahmeregelung fallen, nicht daran, auf freiwilliger Basis ein System einzurichten, das einer oder mehreren dieser Verpflichtungen genügt.

(58)

Die Nutzer sollten in der Lage sein, bestimmte Entscheidungen der Anbieter von Online-Plattformen zur Rechtswidrigkeit von Inhalten oder ihrer Unvereinbarkeit mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich negativ auf sie auswirken, einfach und wirksam zu beanstanden. Die Anbieter von Online-Plattformen sollten daher verpflichtet werden, interne Beschwerdemanagementsysteme einzurichten, die bestimmte Bedingungen erfüllen, die sicherzustellen sollen, dass diese Systeme leicht zugänglich sind und zu raschen, diskriminierungsfreien, nicht willkürlichen und fairen Ergebnissen führen und einer manuellen Überprüfung unterliegen, wenn automatisierte Werkzeuge verwendet werden. Mit diesen Systemen sollte allen Nutzern das Einreichen einer Beschwerde ermöglicht werden, und es sollten keine formalen Anforderungen wie die Verweisung auf spezifische einschlägige Rechtsvorschriften oder die Ausarbeitung rechtlicher Erläuterungen festgelegt werden. Nutzer, die über die Melde- und Abhilfeverfahren gemäß dieser Verordnung oder über das Verfahren zur Meldung von Inhalten, die gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters von Online-Plattformen verstoßen, eine Meldung eingereicht haben, sollten berechtigt sein, das Beschwerdeverfahren zu nutzen, um die Entscheidung des Anbieters von Online-Plattformen zu ihren Meldungen zu beanstanden, und zwar auch dann, wenn sie der Auffassung sind, dass die von diesem Anbieter ergriffenen Maßnahmen nicht angemessen waren. Die Möglichkeit zum Einreichen einer Beschwerde zur Aufhebung der beanstandeten Entscheidungen sollte für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestehen, der ab dem Zeitpunkt berechnet wird, zu dem der Anbieter von Online-Plattformen den Nutzer über die Entscheidung informiert hat.

(59)

Zudem sollte die Möglichkeit vorgesehen werden solche Streitigkeiten, einschließlich jener Streitigkeiten, die über die internen Beschwerdemanagementsysteme nicht zufriedenstellend beigelegt werden konnten, nach Treu und Glauben, außergerichtlich durch zertifizierte Stellen beizulegen, die über die erforderliche Unabhängigkeit sowie die nötigen Mittel und Fachkenntnisse verfügen, ihre Tätigkeiten auf faire, rasche und kosteneffiziente Weise durchzuführen. Die Unabhängigkeit der außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen sollte auch auf der Ebene der mit der Beilegung von Streitigkeiten betrauten natürlichen Personen gewährleistet werden, u. a. durch Regeln für Interessenkonflikte. Die von den außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen erhobenen Gebühren sollten angemessen, zugänglich, attraktiv, kostengünstig für den Verbraucher und verhältnismäßig sein und von Fall zu Fall bewertet werden. Wird eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle von dem zuständigen Koordinator für digitale Dienste zertifiziert, so sollte diese Zertifizierung für alle Mitgliedstaaten gelten. Anbieter von Online-Plattformen sollten die Möglichkeit haben, sich zu weigern, an einem außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren nach dieser Verordnung teilzunehmen, wenn dieselbe Streitigkeit, insbesondere in Bezug auf die betreffenden Informationen und die Gründe für den Erlass der beanstandeten Entscheidung, die Auswirkungen der Entscheidung und die geltend gemachten Gründe für die Beanstandung der Entscheidung, bereits durch ein laufendes Verfahren vor dem zuständigen Gericht oder vor einer anderen zuständigen außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle beigelegt wurde oder bereits Gegenstand eines solchen Verfahrens ist. Nutzer sollten zwischen dem internen Beschwerdeverfahren, einer außergerichtlichen Streitbeilegung und der Möglichkeit, jederzeit Klage vor Gericht zu erheben, wählen können. Da das Ergebnis des außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens nicht bindend ist, sollten die Parteien nicht daran gehindert werden, in Bezug auf dieselbe Streitigkeit Klage vor Gericht zu erheben. Die so geschaffenen Möglichkeiten zur Beanstandung der Entscheidungen von Anbietern von Online-Plattformen sollten die Möglichkeit des gerichtlichen Rechtsbehelfs im Einklang mit den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats in jeder Hinsicht unberührt lassen und sollten somit die Ausübung des Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 47 der Charta nicht beeinträchtigen. Durch die Bestimmungen dieser Verordnung über die außergerichtliche Streitbeilegung sollten die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet werden, solche außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen einzurichten.

(60)

Bei vertraglichen Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmen bezüglich des Erwerbs von Waren oder Dienstleistungen stellt die Richtlinie 2013/11/EU sicher, dass die Verbraucher und Unternehmen in der Union Zugang zu zertifizierten Stellen für alternative Streitbeilegungsverfahren haben. In dieser Hinsicht sollte klargestellt werden, dass die Vorschriften dieser Verordnung über die außergerichtliche Streitbeilegung die genannte Richtlinie unberührt lassen, einschließlich des Rechts der Verbraucher nach dieser Richtlinie, sich jederzeit aus dem Verfahren zurückzuziehen, wenn sie mit der Durchführung oder dem Ablauf des Verfahrens nicht zufrieden sind.

(61)

Abhilfe bei rechtswidrigen Inhalten kann schneller und zuverlässiger erfolgen, wenn Anbieter von Online-Plattformen die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass von vertrauenswürdigen Hinweisgebern, die innerhalb ihres ausgewiesenen Fachgebiets handeln, im Rahmen der von dieser Verordnung geforderten Melde- und Abhilfemechanismen eingereichte Meldungen vorrangig bearbeitet werden, unbeschadet der Verpflichtung, sämtliche über diese Mechanismen eingereichte Meldungen rasch, sorgfältig und in nicht willkürlicher Weise zu bearbeiten und Entscheidungen dazu zu treffen. Dieser Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers sollte vom Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller niedergelassen ist, vergeben und von allen Anbietern von Online-Plattformen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, anerkannt werden. Dieser Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers sollte nur an Einrichtungen, nicht an Einzelpersonen, vergeben werden, die unter anderem nachgewiesen haben, dass sie über besondere Sachkenntnis und Kompetenz im Umgang mit rechtswidrigen Inhalten verfügen und dass sie ihre Tätigkeit sorgfältig, genau und objektiv durchführen. Es kann sich dabei um öffentliche Einrichtungen handeln, bei terroristischen Inhalten etwa die Meldestellen für Internetinhalte der nationalen Strafverfolgungsbehörden oder der Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol), oder um Nichtregierungsorganisationen und private oder halböffentliche Einrichtungen wie Organisationen, die Teil des INHOPE-Meldestellennetzes zur Meldung von Material über sexuellen Kindesmissbrauch sind, oder Organisationen für die Meldung rechtswidriger rassistischer und fremdenfeindlicher Darstellungen im Internet. Um den Mehrwert eines solchen Verfahrens nicht zu mindern, sollte die Gesamtzahl der gemäß dieser Verordnung anerkannten vertrauenswürdigen Hinweisgeber begrenzt werden. Insbesondere wird Wirtschaftsverbänden, die die Interessen ihrer Mitglieder vertreten, empfohlen, den Status vertrauenswürdiger Hinweisgeber zu beantragen, unbeschadet des Rechts privater Einrichtungen oder Personen, mit Anbietern von Online-Plattformen bilaterale Vereinbarungen zu schließen.

(62)

Vertrauenswürdige Hinweisgeber sollten leicht verständliche und ausführliche Berichte über gemäß dieser Verordnung erfolgte Meldungen veröffentlichen. In diesen Berichten sollten Informationen wie die Anzahl der vom Anbieter von Hostingdiensten kategorisierten Meldungen, die Art der Inhalte und die vom Anbieter ergriffenen Maßnahmen genannt werden. Da vertrauenswürdige Hinweisgeber über Sachkenntnis und Kompetenz verfügen, kann davon ausgegangen werden, dass die von ihnen eingereichten Meldungen mit weniger Aufwand und daher schneller bearbeitet werden können als die von anderen Nutzern eingereichten Meldungen. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer kann jedoch unter anderem je nach Art der rechtswidrigen Inhalte, der Qualität der Meldungen und den für die Einreichung solcher Meldungen geltenden technischen Verfahren variieren.

Während beispielsweise im Verhaltenskodex für die Bekämpfung rechtswidriger Hassreden im Internet von 2016 für die teilnehmenden Unternehmen ein Richtwert für die Zeit festgelegt wird, die für die Bearbeitung gültiger Meldungen im Hinblick auf die Entfernung rechtswidriger Hassreden benötigt wird, können die Bearbeitungsfristen für andere Arten rechtswidriger Inhalte je nach den spezifischen Tatsachen und Umständen und der Art der betreffenden rechtswidrigen Inhalte erheblich variieren. Damit der Status eines vertrauenswürdigen Hinweisgebers nicht missbräuchlich verwendet wird, sollte es möglich sein, diesen Status auszusetzen, wenn ein Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort aus berechtigten Gründen eine Untersuchung eingeleitet hat. Die Vorschriften dieser Verordnung in Bezug auf vertrauenswürdige Hinweisgeber sollten nicht so ausgelegt werden, dass sie die Anbieter von Online-Plattformen daran hindern, Meldungen von Einrichtungen oder Einzelpersonen ohne den Status eines vertrauenswürdigen Hinweisgebers im Sinne dieser Verordnung auf ähnliche Weise zu behandeln oder im Einklang mit dem geltenden Recht, einschließlich dieser Verordnung und der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates (29), auf andere Art mit weiteren Einrichtungen zusammenzuarbeiten. Die Bestimmungen dieser Verordnung sollten die Anbieter von Online-Plattformen nicht daran hindern, solche vertrauenswürdigen Hinweisgeber oder ähnliche Verfahren zu nutzen, um rasch und zuverlässig gegen Inhalte vorzugehen, die mit ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen unvereinbar sind, insbesondere gegen Inhalte, die schutzbedürftigen Nutzern, wie etwa Minderjährigen, schaden.

(63)

Der Missbrauch von Online-Plattformen durch die häufige Bereitstellung von offensichtlich rechtswidrigen Inhalten oder die häufige Einreichung von offensichtlich unbegründeten Meldungen oder Beschwerden über die jeweiligen durch diese Verordnung eingerichteten Mechanismen und Systeme führt zu Vertrauensverlust und beeinträchtigt die Rechte und berechtigten Interessen der betroffenen Parteien. Daher ist es erforderlich, angemessene, verhältnismäßige und wirksame Vorkehrungen zum Schutz vor solchem Missbrauch einzurichten, bei denen die Rechte und berechtigten Interessen aller Beteiligten – einschließlich der geltenden, in der Charta verankerten Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere des Rechts auf Meinungsäußerung – geachtet werden müssen. Inhalte sollten als offensichtlich rechtswidrig und Meldungen oder Beschwerden als offensichtlich unbegründet gelten, wenn es für einen Laien ohne inhaltliche Analyse klar ersichtlich ist, dass die Inhalte rechtswidrig bzw. die Meldungen oder Beschwerden unbegründet sind.

(64)

Unter bestimmten Bedingungen sollten Anbieter von Online-Plattformen ihre einschlägigen Dienste für die an missbräuchlichem Verhalten beteiligte Person vorübergehend aussetzen. Die Freiheit der Anbieter von Online-Plattformen, ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen festzulegen und strengere Maßnahmen im Falle offensichtlich rechtswidriger Inhalte im Zusammenhang mit schweren Straftaten wie Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern zu ergreifen, bleibt hiervon unberührt. Aus Transparenzgründen sollte diese Möglichkeit klar und hinreichend präzise in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Online-Plattformen festgelegt werden. Bei diesbezüglichen Entscheidungen der Anbieter von Online-Plattformen sollten stets Rechtsbehelfe möglich sein und sie sollten der Aufsicht des zuständigen Koordinators für digitale Dienste unterliegen. Vor der Entscheidung über die Aussetzung sollten Anbieter von Online-Plattformen eine Warnung erteilen, in der die Gründe für die mögliche Aussetzung und die möglichen Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung des Anbieters der Online-Plattform aufgeführt sind. Mit der Entscheidung über die Aussetzung sollten Anbieter von Online-Plattformen auch die Begründung nach den in dieser Verordnung festgelegten Vorschriften übermitteln. Die Vorschriften dieser Verordnung über Missbrauch sollten Anbieter von Online-Plattformen nicht daran hindern, andere Maßnahmen zu ergreifen, um im Einklang mit dem geltenden Unionsrecht und dem geltenden nationalen Recht gegen die Bereitstellung rechtswidriger Inhalte oder den sonstigen Missbrauch ihrer Dienste, einschließlich durch Verstoß gegen ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die Nutzer vorzugehen. Diese Vorschriften lassen jegliche im Unionsrecht oder im nationalen Recht vorgesehenen Möglichkeiten unberührt, die am Missbrauch beteiligten Personen haftbar zu machen, einschließlich für Schadensersatz.

(65)

Angesichts der besonderen Verantwortung und Pflichten von Anbietern von Online-Plattformen sollten ihnen – neben den von allen Anbietern von Vermittlungsdiensten im Rahmen dieser Verordnung zu erfüllenden Transparenzberichtspflichten – zusätzliche Transparenzberichtspflichten auferlegt werden. Damit festgestellt werden kann, ob eine Online-Plattform oder eine Online-Suchmaschine als sehr große Online-Plattform bzw. als sehr große Online-Suchmaschine anzusehen ist, der im Rahmen dieser Verordnung bestimmte zusätzliche Pflichten auferlegt werden, sollten die Transparenzberichtspflichten von Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen auch bestimmte Pflichten zur Veröffentlichung und Mitteilung von Informationen über die durchschnittliche monatliche Zahl aktiver Nutzer in der Union umfassen.

(66)

Um für Transparenz zu sorgen und die Kontrolle über die Entscheidungen von Anbietern von Online-Plattformen über die Moderation von Inhalten sowie die Überwachung der Verbreitung rechtswidriger Inhalte im Internet zu ermöglichen, sollte die Kommission eine Datenbank führen und veröffentlichen, die die Entscheidungen und Begründungen der Anbieter von Online-Plattformen enthält, mit denen sie Inhalte entfernen oder die Verfügbarkeit von Informationen und den Zugang zu ihnen anderweitig einschränken. Damit die Datenbank stets auf dem neuesten Stand gehalten werden kann, sollten die Anbieter von Online-Plattformen die Entscheidungen und die Begründungen unverzüglich nach einer Entscheidung in einem Standardformat übermitteln, um Aktualisierungen in Echtzeit zu ermöglichen, wenn dies technisch möglich ist und in einem angemessenen Verhältnis zu den Mitteln der betreffenden Online-Plattform steht. Die strukturierte Datenbank sollte den Zugang zu den einschlägigen Informationen und Suchanfragen zu diesen ermöglichen, insbesondere in Bezug auf die Art der betreffenden mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte.

(67)

„Dark Patterns“ auf Online-Schnittstellen von Online-Plattformen sind Praktiken, mit der darauf abgezielt oder tatsächlich erreicht wird, dass die Fähigkeit der Nutzer, eine autonome und informierte Auswahl oder Entscheidung zu treffen, maßgeblich verzerrt oder beeinträchtigt wird. Solche Praktiken können eingesetzt werden, um die Nutzer zu unerwünschten Verhaltensweisen oder ungewollten Entscheidungen zu bewegen, die negative Folgen für sie haben. Anbietern von Online-Plattformen sollte es daher untersagt sein, die Nutzer in die Irre zu führen oder zu etwas zu verleiten und die Autonomie, die Entscheidungsfreiheit oder die Auswahlmöglichkeiten der Nutzer durch den Aufbau, die Gestaltung oder die Funktionen einer Online-Schnittstelle oder eines Teils davon zu verzerren oder zu beeinträchtigen. Dazu sollten unter anderem ausbeuterische Gestaltungsmuster zählen, mit denen die Nutzer zu Handlungen verleitet werden sollen, die dem Anbieter von Online-Plattformen zugutekommen, aber möglicherweise nicht im Interesse der Nutzer sind, und bei denen die Auswahlmöglichkeiten in einer nicht neutralen Weise präsentiert werden, etwa indem bestimmte Auswahlmöglichkeiten durch visuelle, akustische oder sonstige Elemente stärker hervorgehoben werden, wenn die Nutzer aufgefordert werden, eine Auswahl zu treffen.

Ferner sollten hierzu Praktiken zählen, die darin bestehen, einen Nutzer wiederholt aufzufordern, eine Auswahl zu treffen, wenn diese Auswahl bereits getroffen wurde, das Verfahren zur Stornierung eines Dienstes erheblich umständlicher zu gestalten als die entsprechende Anmeldung oder bestimmte Wahlmöglichkeiten schwieriger oder zeitaufwendiger zu gestalten als andere, es unverhältnismäßig schwierig zu machen, Käufe abzubrechen oder sich von einer bestimmten Online-Plattform abzumelden, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, und die Nutzer in die Irre zu führen, indem sie zu Entscheidungen bezüglich Transaktionen verleitet werden, oder die Entscheidungsfindung der Nutzer durch Standardeinstellungen, die sehr schwer zu ändern sind, unverhältnismäßig zu beeinflussen und somit die Autonomie, die Entscheidungsfreiheit oder die Auswahlmöglichkeiten der Nutzer zu verzerren und zu beeinträchtigen. Allerdings sollten die Bestimmungen zur Verhinderung von Dark Patterns nicht so verstanden werden, dass Anbieter daran gehindert werden, direkt mit Nutzern zu interagieren und ihnen neue oder zusätzliche Dienste anzubieten. Rechtmäßige Praktiken – beispielsweise in der Werbung –, die mit dem Unionsrecht im Einklang stehen, sollten an sich nicht als Dark Patterns angesehen werden. Diese Vorschriften über Dark Patterns sollten dahin ausgelegt werden, dass sie verbotene Praktiken erfassen, die in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, soweit diese Praktiken nicht bereits unter die Richtlinie 2005/29/EG oder die Verordnung (EU) 2016/679 fallen.

(68)

Online-Werbung spielt im Online-Umfeld eine wichtige Rolle, auch bei der Bereitstellung von Online-Plattformen, bei denen die Erbringung der Dienste mitunter zur Gänze oder teilweise direkt oder indirekt durch Werbeeinnahmen vergütet wird. Online-Werbung kann erhebliche Risiken bergen – von Werbung, die selbst rechtswidrige Inhalte aufweist, bis hin zu Beiträgen zu finanziellen Anreizen für die Veröffentlichung oder Verstärkung rechtswidriger oder anderweitig schädlicher Online-Inhalte und -Tätigkeiten oder einer diskriminierenden Darstellung von Werbung, die der Gleichbehandlung und Chancengleichheit der Bürgerinnen und Bürger zuwiderläuft. Neben den Anforderungen aus Artikel 6 der Richtlinie 2000/31/EG sollten Anbieter von Online-Plattformen daher verpflichtet werden, sicherzustellen, dass die Nutzer bestimmte individuelle Informationen darüber erhalten, wann und in wessen Auftrag die Werbung angezeigt wird. Sie sollten sicherstellen, dass die Informationen hervorgehoben dargestellt werden, unter anderem durch standardisierte visuelle oder akustische Kennzeichnung, sodass sie für den durchschnittlichen Nutzer klar erkennbar und eindeutig sind, und dass die Informationen an die Art der Online-Schnittstelle des jeweiligen Dienstes angepasst sind. Zudem sollten die Nutzer direkt auf der Online-Schnittstelle, auf der die Werbung angezeigt wird, Zugang zu Informationen darüber erhalten, anhand welcher Hauptparameter bestimmt wird, welche Werbung ihnen angezeigt wird, wobei aussagekräftige Erläuterungen zur zugrunde liegenden Logik bereitgestellt werden sollten, einschließlich der Angabe, wann Profiling genutzt wird.

Diese Erläuterungen sollten Informationen über die für die Anzeige der Werbung verwendete Methode – zum Beispiel dazu, ob es sich um kontextbezogene Werbung oder eine andere Art von Werbung handelt – sowie gegebenenfalls die wichtigsten verwendeten Profiling-Kriterien enthalten. Außerdem sollten die Nutzer in den Erläuterungen über alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zur Änderung dieser Kriterien informiert werden. Die Anforderungen dieser Verordnung an die Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Werbung gelten unbeschadet der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679, insbesondere was das Widerspruchsrecht und die automatisierte Entscheidungsfindung im Einzelfall betrifft, einschließlich des Profiling und insbesondere der Notwendigkeit, vor der Verarbeitung personenbezogener Daten für gezielte Werbung die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen. Zudem gilt sie unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 2002/58/EG, insbesondere in Bezug auf die Speicherung von Informationen auf Endgeräten und den Zugang zu dort gespeicherten Informationen. Schließlich ergänzt diese Verordnung die Anwendung der Richtlinie 2010/13/EU, gemäß der Maßnahmen ergriffen werden müssen, um es Nutzern zu ermöglichen, audiovisuelle kommerzielle Kommunikation in nutzergenerierten Videos als solche zu deklarieren. Sie ergänzt ferner die Pflichten für Unternehmer in Bezug auf die Offenlegung von kommerzieller Kommunikation, die sich aus der Richtlinie 2005/29/EG ergeben.

(69)

Wenn Nutzern Werbung angezeigt wird, die auf Techniken der Personalisierung von Werbung beruht, welche optimiert sind, um ihren Interessen zu entsprechen und möglicherweise auf ihre Schwächen abzuzielen, kann dies besonders schwerwiegende negative Auswirkungen haben. In bestimmten Fällen können sich manipulative Techniken negativ auf ganze Gruppen auswirken und gesellschaftliche Schäden verstärken, beispielsweise indem sie zu Desinformationskampagnen beitragen oder bestimmte Gruppen diskriminieren. Online-Plattformen sind ein Umfeld, das für solche Praktiken besonders anfällig ist, und bergen ein höheres gesellschaftliches Risiko. Daher dürfen Anbieter von Online-Plattformen keine Werbung anzeigen, die auf Profiling gemäß Artikel 4 Nummer 4 der Verordnung (EU) 2016/679 unter Verwendung besonderer Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel 9 Absatz 1 jener Verordnung, einschließlich Profiling-Kategorien auf der Grundlage dieser besonderen Kategorien, beruht. Dieses Verbot gilt unbeschadet der Verpflichtungen, die nach dem Unionsrecht über den Schutz personenbezogener Daten für Anbieter von Online-Plattformen oder andere Diensteanbieter oder Werbetreibende, die an der Verbreitung von Werbung beteiligt sind, gelten.

(70)

Ein zentraler Bestandteil der Geschäftstätigkeiten einer Online-Plattform ist die Art und Weise, in der Informationen priorisiert und auf ihrer Online-Schnittstelle dargestellt werden, um den Zugang zu Informationen für die Nutzer zu erleichtern und zu optimieren. Dies geschieht beispielsweise durch algorithmische Empfehlungen, Einstufung und Priorisierung von Informationen, die durch textliche oder andere visuelle Darstellungen kenntlich gemacht werden, oder durch andere Arten der Kuratierung der von Nutzern bereitgestellten Informationen. Diese Empfehlungssysteme können wesentliche Auswirkungen auf die Fähigkeit der Nutzer haben, Informationen online abzurufen und mit ihnen zu interagieren. So können sie beispielsweise die Suche nach für die Nutzer relevanten Informationen erleichtern und zu einer verbesserten Nutzererfahrung beitragen. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Verstärkung bestimmter Botschaften, der viralen Verbreitung von Informationen und der Anregung zu Online-Verhaltensweisen. Online-Plattformen sollten daher stets sicherstellen, dass die Nutzer angemessen darüber informiert werden, wie sich Empfehlungssysteme auf die Art und Weise auswirken, in der Informationen angezeigt werden, und wie sie die Art und Weise beeinflussen können, in der ihnen Informationen dargestellt werden. Sie sollten die Parameter dieser Empfehlungssysteme klar und leicht verständlich darstellen, um sicherzustellen, dass die Nutzer nachvollziehen können, wie die ihnen angezeigten Informationen priorisiert werden. Diese Parameter sollten mindestens die wichtigsten Kriterien umfassen, anhand derer festgelegt wird, welche Informationen dem Nutzer vorgeschlagen werden, sowie die Gründe, aus denen die einzelnen Kriterien von Bedeutung sind; dies betrifft auch Fälle, in denen Informationen auf der Grundlage von Profiling und dem Online-Verhalten der Nutzer priorisiert werden.

(71)

Der Schutz von Minderjährigen ist ein wichtiges politisches Ziel der Union. Eine Online-Plattform kann als für Minderjährige zugänglich angesehen werden, wenn ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen es Minderjährigen gestatten, den Dienst zu nutzen, wenn ihr Dienst sich an Minderjährige richtet oder überwiegend von Minderjährigen genutzt wird oder wenn dem Anbieter in anderer Weise bekannt ist, dass einige seiner Nutzer minderjährig sind, etwa weil er bereits personenbezogene Daten von Nutzern verarbeitet, aus denen das Alter der Nutzer zu anderen Zwecken hervorgeht. Anbieter von Online-Plattformen, die von Minderjährigen genutzt werden, sollten geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen treffen, etwa indem sie, soweit dies angezeigt ist, ihre Online-Schnittstellen oder Teile davon standardmäßig mit dem höchsten Maß an Privatsphäre und Sicherheit für Minderjährige gestalten oder indem sie Standards für den Schutz von Minderjährigen anwenden oder sich an Verhaltenskodizes zum Schutz von Minderjährigen beteiligen. Sie sollten bewährte Verfahren und die verfügbare Anleitung – etwa jene in der Mitteilung der Kommission mit dem Titel „Eine digitale Dekade für Kinder und Jugendliche: die neue europäische Strategie für ein besseres Internet für Kinder (BIK+)“ – berücksichtigen. Anbieter von Online-Plattformen sollten keine Werbung auf der Grundlage von Profiling unter Verwendung personenbezogener Daten des betreffenden Nutzers anzeigen, wenn sie hinreichende Gewissheit haben, dass der betreffende Nutzer minderjährig ist. Im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679, insbesondere mit dem Grundsatz der Datenminimierung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c jener Verordnung, sollte dieses Verbot den Anbieter der Online-Plattform nicht dazu veranlassen, mehr personenbezogene Daten als die, über die er bereits verfügt, zu speichern, zu erwerben oder zu verarbeiten, um zu beurteilen, ob der betreffende Nutzer minderjährig ist. Mit dieser Verpflichtung sollte daher für Anbieter von Online-Plattformen kein Anreiz dafür geschaffen werden, das Alter der Nutzer zu erfassen, bevor diese die Plattform nutzen. Dies sollte unbeschadet des Unionsrechts über den Schutz personenbezogener Daten gelten.

(72)

Um zu einem sicheren, vertrauenswürdigen und transparenten Online-Umfeld für Verbraucher sowie für andere Beteiligte, etwa konkurrierende Unternehmer oder Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums, beizutragen und Unternehmer vom Verkauf von Produkten und Dienstleistungen unter Verstoß gegen die geltenden Vorschriften abzuhalten, sollten Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, sicherstellen, dass diese Unternehmer nachverfolgt werden können. Der Unternehmer sollte daher verpflichtet sein, den Anbietern von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, bestimmte grundlegende Informationen zur Verfügung zu stellen, auch um für Produkte zu werben oder sie anzubieten. Diese Anforderung sollte auch für Unternehmer gelten, die auf der Grundlage zugrunde liegender Vereinbarungen im Namen von Marken für Produkte werben oder diese anbieten. Diese Anbieter von Online-Plattformen sollten sämtliche Informationen für die Dauer ihrer Vertragsbeziehung mit dem Unternehmer und sechs Monate darüber hinaus sicher speichern, damit etwaige Ansprüche gegenüber dem Unternehmer geltend gemacht oder Anordnungen in Bezug auf den Unternehmer erfüllt werden können.

Diese Verpflichtung ist erforderlich und verhältnismäßig, damit diese Informationen im Einklang mit dem geltenden Recht, einschließlich des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten, von Behörden und privaten Parteien mit einem berechtigten Interesse eingesehen werden können, auch aufgrund von in dieser Verordnung genannten Anordnungen zur Bereitstellung von Informationen. Diese Verpflichtung lässt potenzielle Verpflichtungen unberührt, bestimmte Inhalte auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften der Union oder nationaler Rechtsvorschriften im Einklang mit dem Unionsrecht für längere Zeiträume aufzubewahren. Unbeschadet der in dieser Verordnung festgelegten Begriffsbestimmung sollte jeder auf der Grundlage von Artikel 6a Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/83/EU und Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe f der Richtlinie 2005/29/EG identifizierte Unternehmer – unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt – rückverfolgbar sein, wenn er ein Produkt oder eine Dienstleistung über eine Online-Plattform anbietet. Die Richtlinie 2000/31/EG verpflichtet alle Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft, bestimmte Informationen, die die Identifizierung aller Anbieter ermöglichen, den Nutzern und den zuständigen Behörden einfach, unmittelbar und dauerhaft zugänglich zu machen. Die in dieser Verordnung festgelegten Rückverfolgbarkeitsanforderungen an Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, berühren nicht die Anwendung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates (30), mit der andere legitime Ziele des öffentlichen Interesses verfolgt werden.

(73)

Um eine effiziente und angemessene Anwendung dieser Verpflichtung sicherzustellen, ohne unverhältnismäßige Belastungen aufzuerlegen, sollten Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, sich nach besten Kräften um die Bewertung der Zuverlässigkeit der von den betreffenden Unternehmern bereitgestellten Informationen bemühen, insbesondere durch die Nutzung frei zugänglicher amtlicher Online-Datenbanken oder Online-Schnittstellen, etwa nationaler Handelsregister und des Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystems, oder die betreffenden Unternehmer auffordern, belastbare Unterlagen als Nachweise vorzulegen, etwa Kopien von Identitätsdokumenten, zertifizierte Zahlungskontenauszüge, Unternehmenszertifikate oder Auszüge aus dem Handelsregister. Sie können für die Einhaltung dieser Verpflichtung auch auf andere für die Nutzung auf Distanz verfügbare Quellen zurückgreifen, die vergleichbare Zuverlässigkeit bieten. Die Anbieter der betroffenen Online-Plattformen sollten jedoch nicht verpflichtet werden, übermäßige oder kostspielige Nachforschungen im Internet anzustellen oder unverhältnismäßige Kontrollen vor Ort durchzuführen. Auch sollte nicht davon ausgegangen werden, dass Anbieter, die sich wie von dieser Verordnung gefordert bereits nach besten Kräften bemüht haben, die Zuverlässigkeit der Informationen gegenüber Verbrauchern oder anderen Beteiligten gewährleisten.

(74)

Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, sollten ihre Online-Schnittstelle so gestalten und aufbauen, dass Unternehmer ihren Verpflichtungen gemäß dem einschlägigen Unionsrecht nachkommen können, insbesondere den Anforderungen gemäß Artikel 6 und 8 der Richtlinie 2011/83/EU, Artikel 7 der Richtlinie 2005/29/EG, Artikel 5 und 6 der Richtlinie 2000/31/EG und Artikel 3 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (31). Zu diesem Zweck sollten Anbieter von betroffenen Online-Plattformen sich nach besten Kräften bemühen, zu prüfen, ob die Unternehmer, die ihre Dienste nutzen, die vollständigen Informationen im Einklang mit dem einschlägigen geltenden Unionsrecht auf ihre Online-Schnittstellen hochgeladen haben. Die Anbieter von Online-Plattformen sollten sicherstellen, dass Produkte oder Dienstleistungen nicht angeboten werden, solange diese Informationen nicht vollständig sind. Dies sollte für die Anbieter von betroffenen Online-Plattformen nicht gleichbedeutend sein mit einer allgemeinen Verpflichtung zur Überwachung der von Unternehmern über ihre Dienste angebotenen Produkte oder Dienstleistungen oder mit einer allgemeinen Verpflichtung zur aktiven Nachforschung, insbesondere um die Richtigkeit der von den Unternehmern bereitgestellten Informationen zu prüfen. Die Online-Schnittstellen sollten nutzerfreundlich und für Unternehmer und Verbraucher leicht zugänglich sein. Darüber hinaus sollten die Anbieter der betroffenen Online-Plattformen, nachdem sie dem Unternehmer das Angebot des Produkts oder der Dienstleistung gestattet haben, angemessene Bemühungen unternehmen, um stichprobenartig zu überprüfen, ob die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen in amtlichen, frei zugänglichen und maschinenlesbaren Online-Datenbanken oder Online-Schnittstellen, die in einem Mitgliedstaat oder in der Union verfügbar sind, als rechtswidrig eingestuft wurden. Die Kommission sollte auch die Rückverfolgbarkeit von Produkten durch technologische Lösungen wie digital signierte QR-Codes (Quick Response Codes) oder nicht austauschbare Token fördern. Die Kommission sollte die Entwicklung von Normen und in Ermangelung solcher Normen die Entwicklung marktgestützter Lösungen, die von den betroffenen Parteien akzeptiert werden können, fördern.

(75)

Da sehr große Online-Plattformen aufgrund ihrer Reichweite – insbesondere der Zahl der Nutzer – für die Erleichterung von öffentliche Debatten, Wirtschaftstransaktionen und der öffentlichen Verbreitung von Informationen, Meinungen und Ideen sowie bei der Beeinflussung der Informationsbeschaffung und -übermittlung im Internet eine bedeutende Rolle spielen, ist es notwendig, den Anbietern dieser Plattformen neben den für alle Online-Plattformen geltenden Pflichten besondere Pflichten aufzuerlegen. Aufgrund der entscheidenden Rolle von großen Online-Suchmaschinen, wenn es darum geht, Informationen zu finden und im Internet abrufbar zu machen, müssen diese Verpflichtungen, soweit sie anwendbar sind, auch den Anbietern sehr großer Online-Suchmaschinen auferlegt werden. Diese zusätzlichen Pflichten für Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sind erforderlich, um diesen ordnungspolitischen Bedenken Rechnung zu tragen, da sich durch alternative, weniger restriktive Maßnahmen nicht dieselben Ergebnisse erzielen lassen.

(76)

Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen können gesellschaftliche Risiken bewirken, die sich hinsichtlich Umfang und Auswirkungen von denen kleinerer Plattformen unterscheiden. Anbieter solcher sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen sollten daher höchsten Sorgfaltspflichten unterliegen, die in einem angemessenen Verhältnis zu ihren gesellschaftlichen Auswirkungen stehen. Sobald die Zahl der aktiven Nutzer einer Online-Plattform oder der aktiven Nutzer einer Online-Suchmaschine, berechnet als Durchschnitt über einen Zeitraum von sechs Monaten, in der Union einen erheblichen Bevölkerungsanteil erreicht, können auch die mit der Online-Plattform oder Online-Suchmaschine verbundenen systemischen Risiken in der Union unverhältnismäßige Auswirkungen haben. Von einer solchen erheblichen Reichweite sollte ausgegangen werden, wenn die Zahl eine operative Schwelle von 45 Millionen – 10 % der Bevölkerung in der Union – überschreitet. Diese operative Schwelle sollte stets aktualisiert werden, und daher sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, die Bestimmungen dieser Verordnung durch den Erlass delegierter Rechtsakte zu ergänzen, soweit dies erforderlich ist.

(77)

Um die Reichweite einer bestimmten Online-Plattform oder Online-Suchmaschine zu bestimmen, muss die durchschnittliche Zahl der aktiven Nutzer jedes Dienstes einzeln ermittelt werden. Dementsprechend sollte die Zahl der durchschnittlichen monatlichen aktiven Nutzer einer Online-Plattform alle Nutzer widerspiegeln, die den Dienst in einem bestimmten Zeitraum tatsächlich mindestens einmal in Anspruch nehmen, indem sie Informationen ausgesetzt sind, die über die Online-Schnittstelle der Online-Plattform verbreitet werden, etwa indem sie sie ansehen oder anhören oder Informationen bereitstellen, wie z. B. Unternehmer auf einer Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht.

Für die Zwecke dieser Verordnung beschränkt sich die Inanspruchnahme nicht auf die Interaktion mit Informationen durch Anklicken, Kommentieren, Verlinken, Teilen, Kaufen oder Durchführen von Transaktionen auf einer Online-Plattform. Folglich stimmt das Konzept des aktiven Nutzers nicht zwangsläufig mit dem des registrierten Nutzers eines Dienstes überein. In Bezug auf Online-Suchmaschinen sollte der Begriff des aktiven Nutzers diejenigen umfassen, die Informationen auf der Online-Schnittstelle ansehen, aber nicht etwa die Eigentümer der durch eine Online-Suchmaschine indexierten Websites, da diese den Dienst nicht aktiv in Anspruch nehmen. Die Zahl der aktiven Nutzer eines Dienstes sollte alle einmaligen Nutzer umfassen, die den betreffenden Dienst in Anspruch nehmen. Zu diesem Zweck sollte ein Nutzer, der verschiedene Online-Schnittstellen wie Websites oder Anwendungen verwendet, auch wenn die Dienste über verschiedene URL oder Domänennamen abgerufen werden, nach Möglichkeit nur einmal gezählt werden. Das Konzept des aktiven Nutzers sollte jedoch nicht die gelegentliche Nutzung des Dienstes durch Nutzer anderer Anbieter von Vermittlungsdiensten umfassen, die vom Anbieter der Online-Plattform gespeicherte Informationen durch eine Verknüpfung oder Indexierung durch einen Anbieter von Online-Suchmaschinen indirekt zugänglich machen. Darüber hinaus verpflichtet diese Verordnung Anbieter von Online-Plattformen oder Online-Suchmaschinen nicht dazu, ein spezifisches Online-Tracking von Einzelpersonen durchzuführen. Wenn solche Anbieter in der Lage sind, automatisierte Nutzer wie Bots oder Scraper ohne weitere Verarbeitung personenbezogener Daten und Nachverfolgung außer Acht zu lassen, können sie dies tun. Da sich Marktentwicklungen und technische Entwicklungen auf die Bestimmung der Zahl der aktiven Nutzer auswirken können, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, die Bestimmungen dieser Verordnung durch den Erlass delegierter Rechtsakte zur Festlegung der Methode zur Bestimmung der aktiven Nutzer des Dienstes einer Online-Plattform oder einer Online-Suchmaschine zu ergänzen, wobei erforderlichenfalls die Art des Dienstes und die Art und Weise, wie die Nutzer des Dienstes mit diesem interagieren, berücksichtigt werden sollten.

(78)

Angesichts der für Plattformtätigkeiten typischen Netzwerkeffekte kann sich die Nutzerbasis einer Online-Plattform oder einer Online-Suchmaschine rasch erweitern und die Dimension einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine mit den damit verbundenen Auswirkungen auf den Binnenmarkt erreichen. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die Online-Plattform oder die Online-Suchmaschine über einen kurzen Zeitraum exponentiell wächst oder aufgrund einer breiten globalen Präsenz und ihres Umsatzes Netzwerkeffekte sowie Skalen- und Verbundeffekte vollständig nutzen kann. Insbesondere ein hoher Jahresumsatz oder eine hohe Marktkapitalisierung können darauf hindeuten, dass sich die Nutzerreichweite schnell erhöht. In diesen Fällen sollte der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort oder die Kommission den Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine zu einer häufigeren Berichterstattung über die Anzahl der aktiven Nutzer verpflichten können, um den Zeitpunkt, zu dem die Plattform als sehr große Online-Plattform bzw. sehr große Online-Suchmaschine im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist, rechtzeitig bestimmen zu können.

(79)

Die Art und Weise, in der sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen genutzt werden können, hat großen Einfluss auf die Online-Sicherheit, die öffentliche Meinungsbildung und den öffentlichen Diskurs sowie den Online-Handel. Die Gestaltung der Dienste ist im Allgemeinen auf eine Optimierung ihres oft werbegestützten Geschäftsmodells ausgerichtet und kann Anlass zu gesellschaftlichen Bedenken geben. Es bedarf einer wirksamen Regulierung und Durchsetzung, damit die Risiken und der gesellschaftliche und wirtschaftliche Schaden, die möglicherweise entstehen können, wirksam ermittelt und gemindert werden können. Im Rahmen dieser Verordnung sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen daher prüfen, welche systemischen Risiken mit der Gestaltung, Funktionsweise und Nutzung ihrer Dienste sowie mit einem möglichen Missbrauch durch die Nutzer verbunden sind, und sollten unter Achtung der Grundrechte angemessene Gegenmaßnahmen treffen. Bei der Bestimmung der Bedeutung möglicher negativer Wirkungen und Auswirkungen sollten die Anbieter die Schwere der möglichen Auswirkungen und die Wahrscheinlichkeit all dieser systemischen Risiken berücksichtigen. So könnten sie beispielsweise prüfen, ob die möglichen negativen Auswirkungen eine große Zahl von Personen betreffen können, ihre mögliche Unumkehrbarkeit oder wie schwierig es ist, die möglichen Auswirkungen zu beheben und die vorherige Situation wiederherzustellen.

(80)

Dabei sollten vier Kategorien systemischer Risiken von Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen eingehend geprüft werden. Eine erste Kategorie betrifft die Risiken, die durch Verbreitung rechtswidriger Inhalte entstehen können, darunter die Verbreitung von Darstellungen von sexuellem Missbrauch von Kindern oder von rechtswidriger Hassrede oder andere Arten von Missbrauch ihrer Dienste für Straftaten sowie rechtswidrige Tätigkeiten wie ein nach Unions- oder nationalem Recht untersagter Verkauf von Waren oder Dienstleistungen, wie z. B. gefährlicher oder gefälschter Güter oder rechtswidrig gehandelter Tiere. Eine solche Verbreitung oder solche Aktivitäten können beispielsweise ein erhebliches systemisches Risiko darstellen, wenn sich der Zugang zu rechtswidrigen Inhalten über Konten mit besonders großer Reichweite oder andere Möglichkeiten der Verstärkung rasch und weit verbreitet. Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten das Risiko der Verbreitung rechtswidriger Inhalte unabhängig davon bewerten, ob die Informationen auch mit ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen unvereinbar sind oder nicht. Diese Bewertung lässt die persönliche Verantwortlichkeit des Nutzers sehr großer Online-Plattformen oder der Inhaber von Websites, die von sehr großen Online-Suchmaschinen indexiert werden, für eine mögliche Rechtswidrigkeit ihrer Tätigkeit nach geltendem Recht unberührt.

(81)

Eine zweite Kategorie betrifft die tatsächlichen oder absehbaren Auswirkungen des Dienstes auf die Ausübung der durch die Charta der Grundrechte geschützten Grundrechte, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Menschenwürde, Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Freiheit und des Pluralismus der Medien, Recht auf Achtung des Privatlebens, Datenschutz, Recht auf Nichtdiskriminierung, Rechte des Kindes und Verbraucherschutz. Diese Risiken können beispielsweise auf die Gestaltung der algorithmischen Systeme sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen oder auf den Missbrauch ihres Dienstes für die Übermittlung missbräuchlicher Nachrichten oder auf andere Methoden zur Verhinderung der freien Meinungsäußerung oder zur Behinderung des Wettbewerbs zurückzuführen sein. Bei der Bewertung der Risiken für die Rechte des Kindes sollten die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen beispielsweise prüfen, wie leicht es für Minderjährige ist, die Gestaltung und die Funktionsweise des Dienstes zu verstehen und in welcher Weise Minderjährige durch ihren Dienst Inhalten ausgesetzt sein können, die ihre Gesundheit oder ihre körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung beeinträchtigen können. Solche Risiken können beispielsweise im Zusammenhang mit der Gestaltung von Online-Schnittstellen entstehen, die absichtlich oder unabsichtlich die Schwächen und Unerfahrenheit von Minderjährigen ausnutzen oder die zu Suchtverhalten führen können.

(82)

Eine dritte Kategorie von Risiken betrifft die tatsächlichen oder absehbaren negativen Auswirkungen auf demokratische Prozesse, die gesellschaftliche Debatte und Wahlprozesse sowie auf die öffentliche Sicherheit.

(83)

Eine vierte Risikokategorie ergibt sich aus ähnlichen Bedenken in Bezug auf die Gestaltung, die Funktionsweise oder die Nutzung sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen, auch durch Manipulation, mit tatsächlichen oder absehbaren negativen Auswirkungen auf den Schutz der öffentlichen Gesundheit oder von Minderjährigen und schwerwiegenden negativen Folgen für das körperliche und geistige Wohlbefinden einer Person oder in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt. Solche Risiken können sich auch aus koordinierten Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit oder aus der Gestaltung von Online-Schnittstellen, die verhaltensbezogene Abhängigkeiten der Nutzer stimulieren können, ergeben.

(84)

Bei der Bewertung solcher systemischen Risiken sollten sich die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen auf die Systeme oder andere Elemente konzentrieren, die zu den Risiken beitragen können, einschließlich aller algorithmischen Systeme, die relevant sein können, insbesondere ihre Empfehlungssysteme und Werbesysteme, wobei die entsprechenden Datenerhebungs- und -nutzungspraktiken zu berücksichtigen sind. Sie sollten auch prüfen, ob ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen und deren Durchsetzung sowie ihre Verfahren zur Moderation von Inhalten und die entsprechenden technischen Instrumente und zugewiesenen Ressourcen angemessen sind. Bei der Bewertung der in dieser Verordnung ermittelten systemischen Risiken sollten sich diese Anbieter auch auf die Informationen konzentrieren, die zwar nicht rechtswidrig sind, aber zu den in dieser Verordnung ermittelten systemischen Risiken beitragen. Solche Anbieter sollten daher besonders darauf achten, wie ihre Dienste zur Verbreitung oder Verstärkung irreführender oder täuschender Inhalte, einschließlich Desinformation, genutzt werden. Wenn die algorithmische Verstärkung von Informationen zu den systemischen Risiken beiträgt, sollten diese Anbieter dies in ihren Risikobewertungen gebührend berücksichtigen. Wo Risiken lokal begrenzt sind oder sprachliche Unterschiede bestehen, sollten diese Anbieter dies auch bei ihren Risikobewertungen berücksichtigen. Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten insbesondere prüfen, wie die Gestaltung und Funktionsweise ihres Dienstes sowie die vorsätzliche und häufig koordinierte Manipulation und Nutzung ihrer Dienste oder die systemische Verletzung ihrer Nutzungsbedingungen zu diesen Risiken beitragen. Solche Risiken können beispielsweise auf die unauthentische Nutzung des Dienstes, wie die Einrichtung von Scheinkonten, die Nutzung von Bots oder die irreführende Nutzung eines Dienstes und andere automatisierte oder teilautomatisierte Verhaltensweisen zurückzuführen sein, die zu einer schnellen und umfangreichen öffentlichen Verbreitung von Informationen führen können, die rechtswidrige Inhalte darstellen oder mit den Geschäftsbedingungen einer Online-Plattform oder einer Online-Suchmaschine unvereinbar sind und zu Desinformationskampagnen beitragen.

(85)

Um es zu ermöglichen, dass nachfolgende Risikobewertungen aufeinander aufbauen und die Entwicklung der ermittelten Risiken aufzeigen, sowie um Untersuchungen und Durchsetzungsmaßnahmen zu erleichtern, sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen alle Belege für die von ihnen durchgeführten Risikobewertungen, wie etwa Informationen über deren Vorbereitung, zugrunde liegende Daten und Daten über die Tests ihrer algorithmischen Systeme, aufbewahren.

(86)

Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten die erforderlichen Instrumente einsetzen, um die bei den Risikobewertungen festgestellten systemischen Risiken unter Achtung der Grundrechte sorgfältig zu mindern. Alle Maßnahmen sollten mit den Sorgfaltspflichten aus dieser Verordnung im Einklang stehen sowie angemessen und wirksam zur Minderung der festgestellten spezifischen systemischen Risiken beitragen. Sie sollten in Anbetracht der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine verhältnismäßig sein und der Notwendigkeit Rechnung tragen, unnötige Beschränkungen für die Nutzung ihrer Dienste zu vermeiden, wobei mögliche negative Auswirkungen auf die Grundrechte angemessen zu berücksichtigen sind. Diese Anbieter sollten die Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit besonders berücksichtigen.

(87)

Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten im Rahmen solcher Risikominderungsmaßnahmen beispielsweise in Betracht ziehen, die erforderliche Gestaltung, Funktion oder Funktionsweise ihres Dienstes, wie etwa die Gestaltung der Online-Schnittstelle, anzupassen. Sie sollten ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen nach Bedarf und im Einklang mit den Bestimmungen dieser Verordnung über die allgemeinen Geschäftsbedingungen anpassen und anwenden. Weitere geeignete Maßnahmen könnten die Anpassung ihrer Systeme und internen Verfahren zur Moderation von Inhalten oder die Anpassung ihrer Entscheidungsprozesse und Ressourcen, einschließlich des Personals für die Moderation von Inhalten, seiner Ausbildung und seines lokalen Fachwissens, umfassen. Dies betrifft insbesondere die Geschwindigkeit und Qualität der Bearbeitung von Meldungen. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise im Verhaltenskodex für die Bekämpfung rechtswidriger Hassreden im Internet aus dem Jahr 2016 ein Referenzwert für die Bearbeitung gültiger Meldungen über die Entfernung rechtswidriger Hassreden von weniger als 24 Stunden festgelegt. Anbieter sehr großer Online-Plattformen, insbesondere solcher, die in erster Linie für die öffentliche Verbreitung pornografischer Inhalte genutzt werden, sollten all ihren Verpflichtungen aus dieser Verordnung in Bezug auf rechtswidrige Inhalte, die Gewalt im Internet darstellen, einschließlich rechtswidriger pornografischer Inhalte, sorgfältig nachkommen, insbesondere im Hinblick darauf, dass Opfer ihre Rechte in Bezug auf Inhalte, die die nicht einvernehmliche Weitergabe von intimem oder manipuliertem Material darstellen, durch die rasche Bearbeitung von Meldungen und die Entfernung solcher Inhalte unverzüglich wirksam ausüben können. Für andere Arten rechtswidriger Inhalte können abhängig von den Fakten, Umständen und Arten der betreffenden rechtswidrigen Inhalte längere oder kürzere Fristen für die Bearbeitung von Meldungen erforderlich sein. Diese Anbieter können zudem die Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Hinweisgebern einleiten oder verstärken und Schulungsmaßnahmen und den Austausch mit Zusammenschlüssen vertrauenswürdiger Hinweisgeber organisieren.

(88)

Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten auch in Bezug auf die Maßnahmen, die sie ergreifen, um ihre algorithmischen Systeme, nicht zuletzt ihre Empfehlungssysteme, zu testen und erforderlichenfalls anzupassen, sorgfältig vorgehen. Möglicherweise müssen sie die negativen Auswirkungen personalisierter Empfehlungen mindern und die in ihren Empfehlungen verwendeten Kriterien korrigieren. Die von den Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen verwendeten Werbesysteme können auch ein Katalysator für systemische Risiken sein. Diese Anbieter sollten Korrekturmaßnahmen, wie z. B. die Beendigung von Werbeeinnahmen für bestimmte Informationen, oder andere Maßnahmen wie eine Verbesserung der Sichtbarkeit verlässlicher Informationsquellen oder eine strukturellere Anpassung ihrer Werbesysteme in Erwägung ziehen. Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen müssen möglicherweise ihre internen Verfahren oder die interne Überwachung ihrer Tätigkeiten verstärken, insbesondere um systemische Risiken zu ermitteln, und häufigere oder gezieltere Risikobewertungen im Zusammenhang mit neuen Funktionen durchführen. Insbesondere bei über verschiedene Online-Plattformen oder Online-Suchmaschinen geteilten Risiken sollten sie mit anderen Anbietern zusammenarbeiten, etwa durch Einführung von Verhaltenskodizes oder anderen Selbstregulierungsmaßnahmen oder die Beteiligung an bestehenden einschlägigen Kodizes oder Maßnahmen. Sie sollten auch Sensibilisierungsmaßnahmen in Erwägung ziehen, insbesondere bei Risiken im Zusammenhang mit Desinformationskampagnen.

(89)

Insbesondere wenn sich ihre Dienste in erster Linie an Minderjährige richten oder überwiegend von diesen genutzt werden, sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen bei Maßnahmen wie der Anpassung der Gestaltung ihres Dienstes und ihrer Online-Schnittstelle dem Wohl von Minderjährigen Rechnung tragen. Sie sollten sicherstellen, dass ihre Dienste so organisiert sind, dass Minderjährige problemlos auf die in dieser Verordnung vorgesehenen Mechanismen zugreifen können, gegebenenfalls einschließlich Melde-, Abhilfe- und Beschwerdemechanismen. Sie sollten ferner Maßnahmen ergreifen, um Minderjährige vor Inhalten zu schützen, die ihre körperliche, geistige oder sittliche Entwicklung beeinträchtigen können, und Instrumente bereitstellen, die einen kontrollierten Zugang zu solchen Informationen ermöglichen. Bei der Auswahl der geeigneten Minderungsmaßnahmen können die Anbieter gegebenenfalls bewährte Verfahren der Branche berücksichtigen, unter anderem solche, die durch Zusammenarbeit im Bereich Selbstregulierung festgelegt wurden, wie Verhaltenskodizes und sollten den Leitlinien der Kommission Rechnung tragen.

(90)

Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten sicherstellen, dass ihr Konzept für die Risikobewertung und -minderung auf den besten verfügbaren Informationen und wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und dass sie ihre Annahmen mit den Gruppen überprüfen, die von den Risiken und den von ihnen ergriffenen Maßnahmen am stärksten betroffen sind. Zu diesem Zweck sollten sie, soweit angemessen, bei ihren Risikobewertungen und bei der Gestaltung ihrer Risikominderungsmaßnahmen Vertreter der Nutzer und der möglicherweise von ihren Diensten betroffenen Gruppen sowie unabhängige Sachverständige und zivilgesellschaftliche Organisationen einbeziehen. Sie sollten bestrebt sein, solche Konsultationen in ihre Methoden zur Bewertung der Risiken und zur Gestaltung von Risikominderungsmaßnahmen zu integrieren, gegebenenfalls einschließlich Erhebungen, Fokusgruppen, Rundtischgesprächen und anderen Konsultations- und Gestaltungsmethoden. Bei der Bewertung, ob eine Maßnahme angemessen, verhältnismäßig und wirksam ist, sollte ein besonderes Augenmerk auf das Recht auf freie Meinungsäußerung gelegt werden.

(91)

In Krisenzeiten kann es erforderlich sein, dass Anbieter sehr großer Online-Plattformen zusätzlich zu den Maßnahmen, die sie im Hinblick auf ihre sonstigen Verpflichtungen aus dieser Verordnung ergreifen würden, dringend bestimmte spezifische Maßnahmen ergreifen. In diesem Zusammenhang sollte davon ausgegangen werden, dass eine Krise eintritt, wenn außergewöhnliche Umstände eintreten, die zu einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit in der Union oder in wesentlichen Teilen der Union führen können. Solche Krisen könnten auf bewaffnete Konflikte oder terroristische Handlungen, einschließlich neu entstehender Konflikte oder terroristischer Handlungen, Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürme sowie auf Pandemien und andere schwerwiegende grenzüberschreitende Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit zurückzuführen sein. Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, auf Empfehlung des Europäisches Gremium für digitale Dienste (im Folgenden „Gremium“) von Anbietern sehr großer Online-Plattformen und Anbietern sehr großer Suchmaschinen zu verlangen, dringend eine Krisenreaktion einzuleiten. Zu den Maßnahmen, die diese Anbieter ermitteln und in Erwägung ziehen können, zählen beispielsweise die Anpassung der Verfahren zur Moderation von Inhalten und die Aufstockung der Ressourcen für die Moderation von Inhalten, die Anpassung der allgemeinen Geschäftsbedingungen, der einschlägigen algorithmischen Systeme und der Werbesysteme, die weitere Intensivierung der Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Hinweisgebern, die Durchführung von Sensibilisierungsmaßnahmen und die Förderung vertrauenswürdiger Informationen sowie die Anpassung der Gestaltung ihrer Online-Schnittstellen. Es sollten die erforderlichen Anforderungen festgelegt werden, um sicherzustellen, dass solche Maßnahmen innerhalb eines sehr kurzen Zeitrahmens ergriffen werden und dass der Krisenreaktionsmechanismus nur genutzt wird, wenn und soweit dies unbedingt erforderlich ist und die im Rahmen dieses Mechanismus getroffenen Maßnahmen wirksam und verhältnismäßig sind, wobei den Rechten und berechtigten Interessen aller betroffenen Parteien gebührend Rechnung zu tragen ist. Die Anwendung des Mechanismus sollte die anderen Bestimmungen dieser Verordnung, wie etwa die Bestimmungen über Risikobewertungen und Risikominderungsmaßnahmen und deren Durchsetzung sowie die Bestimmungen über Krisenprotokolle, unberührt lassen.

(92)

Da eine Überprüfung durch unabhängige Sachverständige notwendig ist, sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen einer Rechenschaftspflicht hinsichtlich der Einhaltung der Pflichten aus dieser Verordnung und gegebenenfalls zusätzlicher Verpflichtungszusagen im Rahmen von Verhaltenskodizes und Krisenprotokollen unterliegen, was durch unabhängige Prüfungen sichergestellt werden sollte. Um sicherzustellen, dass die Prüfungen wirksam, effizient und rechtzeitig durchgeführt werden, sollten die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen den Organisationen, die die Prüfungen durchführen, die erforderliche Zusammenarbeit und Unterstützung leisten, indem sie dem Prüfer unter anderem Zugang zu allen relevanten Daten und Räumlichkeiten gewähren, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung erforderlich sind, einschließlich gegebenenfalls Daten im Zusammenhang mit algorithmischen Systemen, und indem sie mündliche oder schriftliche Anfragen beantworten. Zudem sollten die Prüfer andere objektive Informationsquellen nutzen können, wie z. B. Studien zugelassener Forscher. Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten die Durchführung der Prüfung nicht beeinträchtigen. Die Prüfungen sollten im Einklang mit bewährten Verfahren der Industrie und einer hohen Berufsethik und Objektivität durchgeführt werden, gegebenenfalls unter gebührender Berücksichtigung von Prüfungsnormen und -kodizes. Die Prüfer sollten die Vertraulichkeit, Sicherheit und Integrität der Informationen sicherstellen, die sie bei der Erfüllung ihrer Aufgaben erhalten, einschließlich Geschäftsgeheimnissen. Diese Sicherstellung sollte kein Mittel sein, die Anwendbarkeit von Prüfvorschriften dieser Verordnung zu umgehen. Die Prüfer sollten über die erforderlichen Kenntnisse im Bereich des Risikomanagements sowie über die technische Kompetenz für die Prüfung von Algorithmen verfügen. Sie sollten unabhängig sein, damit sie ihre Aufgaben auf angemessene und vertrauenswürdige Weise wahrnehmen können. Sie sollten die grundlegenden Unabhängigkeitsanforderungen für verbotene prüfungsfremde Dienstleistungen, Wechsel der Prüfungsgesellschaft und nicht an Bedingungen geknüpfte Gebühren erfüllen. Sind ihre Unabhängigkeit und technische Kompetenz nicht über jeden Zweifel erhaben, sollten sie ihre Funktion niederlegen oder auf den Prüfauftrag verzichten.

(93)

Der Prüfbericht sollte begründet werden, um eine aussagekräftige Bilanz über die durchgeführten Tätigkeiten und die erzielten Schlussfolgerungen ziehen zu können. Er sollte Informationen darüber enthalten, welche Maßnahmen die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen zur Erfüllung ihrer Pflichten im Rahmen dieser Verordnung getroffen haben, und gegebenenfalls Verbesserungsvorschläge für diese Maßnahmen aufführen. Der Prüfbericht sollte dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort, der Kommission und dem Gremium nach Eingang des Prüfungsberichts übermittelt werden. Die Anbieter sollten auch unverzüglich nach Abschluss jeden der Berichte über die Risikobewertung und die Risikominderungsmaßnahmen sowie den Bericht über die Umsetzung der Prüfungen des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine übermitteln, aus dem hervorgeht, wie sie den Empfehlungen aus der Prüfung nachgekommen sind. Der Prüfbericht sollte einen Bestätigungsvermerk enthalten, der auf den Schlussfolgerungen aus den Prüfbelegen beruht. Ein „positiver Vermerk“ sollte erstellt werden, wenn alle Belege zeigen, dass der Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine die Pflichten aus dieser Verordnung oder die gegebenenfalls im Rahmen eines Verhaltenskodex oder Krisenprotokolls eingegangenen Verpflichtungszusagen erfüllt, insbesondere durch die Ermittlung, Bewertung und Minderung der mit ihrem System und ihren Diensten verbundenen systemischen Risiken. Ein „positiver Vermerk“ sollte durch Anmerkungen ergänzt werden, wenn der Prüfer Bemerkungen hinzufügen möchte, die keine wesentlichen Auswirkungen auf das Prüfergebnis haben. Ein „negativer Vermerk“ sollte erstellt werden, wenn der Prüfer der Ansicht ist, dass der Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine diese Verordnung nicht einhält oder die eingegangenen Verpflichtungszusagen nicht erfüllt. Falls in dem Bestätigungsvermerk keine Schlussfolgerung für spezifische Elemente, die Teil des Prüfungsumfangs sind, gezogen werden konnte, sollten die Gründe hierfür angegeben werden. Falls zutreffend, sollte der Bericht eine Beschreibung spezifischer Elemente enthalten, die nicht geprüft werden konnten, sowie eine Erklärung, warum diese nicht geprüft werden konnten.

(94)

Die Verpflichtungen zur Bewertung und Minderung von Risiken sollten in jedem Einzelfall dazu führen, dass die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen die Konzipierung ihrer Empfehlungssysteme bewerten und gegebenenfalls anpassen müssen, beispielsweise indem sie Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung von Vorurteilen ergreifen, die zur Diskriminierung schutzbedürftiger Personen führen, insbesondere wenn eine derartige Anpassung im Einklang mit dem Datenschutzrecht steht und wenn die Informationen auf der Basis besonderer Kategorien personenbezogener Daten nach Artikel 9 der Verordnung (EU) 2016/679 personalisiert sind. Zusätzlich und ergänzend zu den Transparenzpflichten, die für Online-Plattformen in Bezug auf ihre Empfehlungssysteme gelten, sollten die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen konsequent sicherstellen, dass den Nutzern ihres Dienstes für die wichtigsten Parameter ihrer Empfehlungssysteme alternative Optionen zur Verfügung stehen, die nicht auf Profiling im Sinne der Verordnung (EU) 2016/679 beruhen. Diese Auswahl sollte direkt von der Online-Schnittstelle aus zugänglich sein, auf der die Empfehlungen vorgelegt werden.

(95)

Von sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen genutzte Werbesysteme sind mit besonderen Risiken verbunden und machen angesichts ihres Umfangs und der Tatsache, dass sie die Nutzer auf der Grundlage ihres Verhaltens innerhalb und außerhalb der Online-Schnittstelle der Plattform oder der Suchmaschine gezielt erreichen können, eine weitergehende öffentliche und regulatorische Aufsicht erforderlich. Sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen sollten Archive für Werbung, die auf ihren Online-Schnittstellen angezeigt wird, öffentlich zugänglich machen, um die Aufsicht und die Forschung zu neu entstehenden Risiken im Zusammenhang mit der Online-Verbreitung von Werbung zu unterstützen; dies betrifft etwa rechtswidrige Werbung oder manipulative Techniken und Desinformation mit realen und absehbaren negativen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit, den gesellschaftlichen Diskurs, die politische Teilhabe und die Gleichbehandlung. Die Archive sollten den Inhalt der Werbung – u. a. den Namen des Produkts, der Dienstleistung oder Marke und den Gegenstand der Werbung – sowie damit verbundene Daten zum Werbetreibenden und, falls diese nicht mit ihm identisch ist, zur natürlichen oder juristischen Person, die für die Werbung bezahlt hat, und zur Bereitstellung der Werbung enthalten, insbesondere was gezielte Werbung betrifft. Diese Informationen sollten Angaben sowohl zu den Kriterien für die Zielausrichtung als auch zu den Kriterien für die Bereitstellung enthalten, insbesondere, wenn Werbung für schutzbedürftige Personen, wie etwa Minderjährige, bereitgestellt wird.

(96)

Im Interesse einer angemessenen Überwachung und Bewertung der Erfüllung der Pflichten aus dieser Verordnung durch sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen können der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort oder die Kommission Zugang zu bestimmten Daten oder die Meldung dieser Daten verlangen; dies gilt auch für Daten betreffend Algorithmen. Dazu können beispielsweise Daten zählen, die erforderlich sind, um die mit den Systemen der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine verbundenen Risiken und mögliche Schäden zu bewerten, sowie Daten zur Genauigkeit, Funktionsweise und Prüfung von algorithmischen Systemen für die Moderation von Inhalten, Empfehlungs- oder Werbesysteme, einschließlich gegebenenfalls Daten und Algorithmen zu Schulungen, oder Daten zu Verfahren und Ergebnissen der Moderation von Inhalten oder von internen Beschwerdemanagementsystemen im Sinne dieser Verordnung. Solche Anträge auf Zugang zu Daten sollten nicht Anträge auf Vorlage spezifischer Informationen über einzelne Nutzer zum Zwecke der Feststellung der Einhaltung anderer geltender Rechtsvorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten durch diese Nutzer umfassen. Untersuchungen von Forschern zur Entwicklung und Bedeutung systemischer Online-Risiken sind von besonderer Bedeutung, um Informationsasymmetrien zu beseitigen, für ein resilientes Risikominderungssystem zu sorgen und Informationen für Anbieter von Online-Plattformen, Anbieter von Online-Suchmaschinen, Koordinatoren für digitale Dienste, andere zuständige Behörden, die Kommission und die Öffentlichkeit bereitzustellen.

(97)

Diese Verordnung enthält daher einen Rahmen für die Verpflichtung, die Daten sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen für zugelassene Fortscher, die einer Forschungseinrichtung im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie (EU) 2019/790 angeschlossen sind, zugänglich zu machen, wozu für die Zwecke dieser Verordnung auch Organisationen der Zivilgesellschaft gehören können, die wissenschaftliche Forschung mit dem vorrangigen Ziel betreiben, ihren Auftrag im öffentlichen Interesse zu unterstützen. Alle Anträge auf Zugang zu Daten innerhalb dieses Rahmens sollten verhältnismäßig sein und Rechte und legitime Interessen angemessen schützen, darunter personenbezogene Daten, Geschäftsgeheimnisse und andere vertrauliche Informationen der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine und sonstiger Beteiligter, einschließlich der Nutzer. Um jedoch sicherzustellen, dass das Ziel dieser Verordnung erreicht wird, sollte die Berücksichtigung der geschäftlichen Interessen der Anbieter nicht dazu führen, dass der Zugang zu Daten verweigert wird, die für das spezifische Forschungsziel auf der Grundlage einer Anfrage im Rahmen dieser Verordnung erforderlich sind. In diesem Zusammenhang sollten Anbieter unbeschadet der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates (32) für einen angemessenen Zugang für Forscher sorgen, erforderlichenfalls auch durch technische Schutzmaßnahmen, z. B. durch Datenräume. Anträge auf Zugang zu Daten könnten beispielsweise die Anzahl der Aufrufe oder gegebenenfalls andere Arten des Zugangs von Nutzern zu Inhalten vor deren Entfernung durch die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen betreffen.

(98)

Sind diese Daten öffentlich zugänglich, sollten solche Anbieter außerdem Forscher, die eine angemessene Untergruppe von Kriterien erfüllen, nicht daran hindern, diese Daten zu Forschungszwecken zu nutzen, wenn diese zur Aufspürung, zur Ermittlung und zum Verständnis systemischer Risiken beitragen. Sie sollten solchen Forschern, einschließlich – soweit technisch möglich – in Echtzeit, Zugang zu öffentlich zugänglichen Daten gewähren, z. B. zu aggregierten Interaktionen mit Inhalten von öffentlichen Seiten, öffentlichen Gruppen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, einschließlich Daten zu Wahrnehmung und Interaktion, wie z. B. die Anzahl der Reaktionen, Teilungen und Kommentare von Nutzern des Dienstes. Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen sollten dazu angehalten werden, mit Forschern zusammenzuarbeiten und einen breiteren Zugang zu Daten für die Überwachung gesellschaftlicher Belange durch freiwillige Bemühungen zu gewähren, unter anderem durch Verpflichtungen und Verfahren, die im Rahmen von Verhaltenskodizes oder Krisenprotokollen vereinbart wurden. Diese Anbieter und Forscher sollten dem Schutz personenbezogener Daten besondere Aufmerksamkeit widmen und sicherstellen, dass jede Verarbeitung personenbezogener Daten mit der Verordnung (EU) 2016/679 im Einklang steht. Anbieter sollten personenbezogene Daten anonymisieren oder pseudonymisieren, es sei denn, dies würde den verfolgten Forschungszweck unmöglich machen.

(99)

Angesichts der Komplexität der Funktionsweise der genutzten Systeme und der mit ihnen verbundenen systemischen Risiken für die Gesellschaft sollten Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen eine Compliance-Funktion einrichten, die von ihren operativen Funktionen unabhängig sein sollte. Der Leiter der Compliance-Funktion sollte direkt dem Leitungsorgan dieser Anbieter unterstehen, auch in Bezug auf Fragen der Nichteinhaltung dieser Verordnung. Die Compliance-Beauftragten, die Teil der Compliance-Funktion sind, sollten über die erforderlichen Qualifikationen, Kenntnisse, Erfahrung und Fähigkeiten verfügen, um Maßnahmen umzusetzen und die Einhaltung dieser Verordnung innerhalb der Organisation der Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen zu überwachen. Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen sollten sicherstellen, dass die Compliance-Funktion ordnungsgemäß und frühzeitig in alle mit dieser Verordnung zusammenhängenden Fragen eingebunden wird, auch in die Strategie und spezifischen Maßnahmen zur Risikobewertung und -minderung sowie gegebenenfalls in die Bewertung der Einhaltung der Verpflichtungszusagen dieser Anbieter im Rahmen der von ihnen angenommenen Verhaltenskodizes oder Krisenprotokolle.

(100)

Angesichts der zusätzlichen Risiken im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten und ihren zusätzlichen Pflichten im Rahmen dieser Verordnung sollten zusätzliche Transparenzanforderungen speziell für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen gelten, insbesondere die Pflicht zur umfassenden Berichterstattung über die vorgenommenen Risikobewertungen und die anschließend gemäß dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen.

(101)

Die Kommission sollte in Bezug auf Personal, Fachwissen und finanzielle Ausstattung über die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Sinne dieser Verordnung notwendigen Mittel verfügen. Um die Verfügbarkeit der Ressourcen sicherzustellen, die für eine angemessene Beaufsichtigung auf Unionsebene im Rahmen dieser Verordnung erforderlich sind, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten befugt sein sollten, von in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Anbietern eine Aufsichtsgebühr für die von ihren Behörden wahrgenommenen Aufsichts- und Durchsetzungsaufgaben zu erheben, sollte die Kommission auf sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen eine Aufsichtsgebühr erheben, deren Höhe jährlich festgelegt werden sollte. Der Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühr sollte auf der Grundlage des Gesamtbetrags der Kosten ermittelt werden, die der Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufsichtsaufgaben im Rahmen dieser Verordnung entstehen, wie nach vernünftigem Ermessen im Voraus geschätzt. Dieser Betrag sollte Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung der besonderen Befugnisse und Aufgaben der Beaufsichtigung, Untersuchung, Durchsetzung und Überwachung in Bezug auf Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen umfassen, einschließlich der Kosten im Zusammenhang mit der Benennung sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen oder mit der Einrichtung, der Wartung und dem Betrieb der in dieser Verordnung vorgesehenen Datenbanken.

Dazu sollten auch Kosten im Zusammenhang mit Einrichtung, Wartung und Betrieb der grundlegenden Informations- und institutionellen Infrastruktur für die Zusammenarbeit zwischen den Koordinatoren für digitale Dienste, dem Gremium und der Kommission gehören, wobei zu berücksichtigen ist, dass sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen aufgrund ihrer Größe und Reichweite einen erheblichen Einfluss auf die für den Betrieb dieser Infrastrukturen erforderlichen Ressourcen haben. Bei der Schätzung der Gesamtkosten sollten die im Vorjahr angefallenen Aufsichtskosten berücksichtigt werden, gegebenenfalls einschließlich der Kosten, die über die im Vorjahr erhobenen jährlichen Aufsichtsgebühren hinausgehen. Die externen zweckgebundenen Einnahmen aus den jährlichen Aufsichtsgebühren könnten zur Finanzierung zusätzlicher Humanressourcen wie Vertragsbedienstete und abgeordnete nationale Sachverständige sowie anderer Ausgaben im Zusammenhang mit der Erfüllung dieser der Kommission durch diese Verordnung übertragenen Aufgabe verwendet werden. Die jährliche Aufsichtsgebühr, die von Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen zu erheben ist, sollte in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des Dienstes stehen, die sich aus der Zahl der aktiven Nutzer des Dienstes in der Union ergibt. Darüber hinaus sollte die individuelle jährliche Aufsichtsgebühr eine Obergrenze für jeden Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Anbieters des benannten Dienstes oder der benannten Dienste nicht überschreiten.

(102)

Zur Erleichterung einer wirksamen und einheitlichen Anwendung der Pflichten aus dieser Verordnung, für deren Umsetzung möglicherweise technische Mittel erforderlich sind, ist es wichtig, freiwillige Normen, die bestimmte technische Verfahren umfassen, zu unterstützen, soweit die Industrie dazu beitragen kann, genormte Mittel zur Unterstützung von Anbietern von Vermittlungsdiensten bei der Einhaltung dieser Verordnung zu entwickeln, z. B. durch die Möglichkeit, Mitteilungen etwa über Anwendungsprogrammierschnittstellen zu übermitteln, oder Normen betreffend die allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Prüfungsnormen oder Normen in Bezug auf eine bessere Interoperabilität von Werbearchiven. Darüber hinaus könnten solche Normen Normen in Bezug auf Online-Werbung, Empfehlungssysteme, Zugänglichkeit und den Schutz Minderjähriger im Internet umfassen. Es steht den Anbietern von Vermittlungsdiensten frei, solche Normen anzunehmen, aber deren Annahme ist nicht gleichbedeutend mit der Einhaltung dieser Verordnung. Besonders für relativ kleine Anbieter von Vermittlungsdiensten könnten solche Normen nützlich sein, da sie bewährte Verfahren vorgeben. Bei den Normen könnte gegebenenfalls zwischen verschiedenen Arten rechtswidriger Inhalte oder verschiedenen Arten von Vermittlungsdiensten unterschieden werden.

(103)

Die Kommission und das Gremium sollten die Erstellung von freiwilligen Verhaltenskodizes sowie die Umsetzung der Bestimmungen dieser Kodizes als Beitrag zur Anwendung dieser Verordnung fördern. Die Kommission und das Gremium sollten darauf hinwirken, dass in den Verhaltenskodizes eindeutig die Art der Ziele des öffentlichen Interesses festgelegt ist, die angestrebt werden, dass sie Verfahren zur unabhängigen Bewertung der Umsetzung dieser Ziele enthalten und dass die Rolle der einschlägigen staatlichen Stellen eindeutig festgelegt ist. Besondere Aufmerksamkeit sollte der Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Sicherheit, den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie dem Verbot der Auferlegung allgemeiner Überwachungspflichten gelten. Die Umsetzung der Verhaltenskodizes sollte messbar sein und der öffentlichen Aufsicht unterliegen, doch sollte dies den Freiwilligkeitscharakter dieser Kodizes und die Wahlfreiheit der Interessenträger hinsichtlich ihrer Beteiligung nicht beeinträchtigen. Unter bestimmten Umständen kann es wichtig sein, dass sehr große Online-Plattformen bestimmte Verhaltenskodizes gemeinsam erstellen und diese einhalten. Diese Verordnung hält andere Anbieter in keiner Weise davon ab, durch Beteiligung an denselben Verhaltenskodizes dieselben Sorgfaltsstandards einzuhalten, bewährte Verfahren zu übernehmen und die Leitlinien der Kommission und des Gremiums anzuwenden.

(104)

In dieser Verordnung sollten bestimmte Bereiche bestimmt werden, die für solche Verhaltenskodizes in Betracht kommen. Insbesondere sollten Risikominderungsmaßnahmen für bestimmte Arten rechtswidriger Inhalte Gegenstand von Selbst- und Koregulierungsvereinbarungen sein. Ein weiteres relevantes Thema sind die möglichen negativen Auswirkungen systemischer Risiken auf Gesellschaft und Demokratie, etwa aufgrund von Desinformation oder manipulativen und missbräuchlichen Tätigkeiten, oder negative Auswirkungen auf Minderjährige. Dazu zählen koordinierte Tätigkeiten zur Verstärkung von Informationen einschließlich Desinformation, etwa durch Nutzung von Bots oder Scheinkonten für die Erstellung vorsätzlich unrichtiger oder irreführender Informationen, die mitunter auch mit einer Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein können und für schutzbedürftige Nutzer wie z. B. Minderjährige besonders schädlich sind. In diesen Bereichen kann die Beteiligung einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine an einem Verhaltenskodex und dessen Einhaltung als geeignete Risikominderungsmaßnahme angesehen werden. Weigert sich ein Anbieter einer Online-Plattform oder einer Online-Suchmaschine ohne angemessene Begründung, sich auf Aufforderung der Kommission an der Anwendung eines solchen Verhaltenskodex zu beteiligen, könnte dies hinsichtlich der Feststellung möglicher Zuwiderhandlungen der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine im Rahmen dieser Verordnung berücksichtigt werden. Die bloße Beteiligung an einem bestimmten Verhaltenskodex oder Umsetzung eines solchen sollte an sich nicht als Einhaltung dieser Verordnung gelten.

(105)

Die Verhaltenskodizes sollten die Zugänglichkeit sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht erleichtern, um ihre vorhersehbare Nutzung durch Menschen mit Behinderungen zu erleichtern. Insbesondere könnten die Verhaltenskodizes sicherstellen, dass die Informationen in einer wahrnehmbaren, bedienbaren, verständlichen und robusten Art und Weise präsentiert werden und dass die gemäß dieser Verordnung bereitgestellten Formulare und Maßnahmen in einer Weise zur Verfügung gestellt werden, die für Menschen mit Behinderungen leicht auffindbar und zugänglich ist.

(106)

Die Bestimmungen über Verhaltenskodizes in dieser Verordnung könnten als Grundlage für bereits bestehende Selbstregulierungsmaßnahmen auf Unionsebene dienen, darunter die Verpflichtungserklärung für mehr Produktsicherheit („Product Safety Pledge“), die gemeinsame Absichtserklärung über den Verkauf gefälschter Waren über das Internet, der Verhaltenskodex zur Bekämpfung rechtswidriger Hassrede im Internet sowie der Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation. Wie im Aktionsplan für Demokratie angekündigt, wurde entsprechend der Anleitung der Kommission der Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation gestärkt.

(107)

An der Bereitstellung von Online-Werbung sind im Allgemeinen mehrere Akteure beteiligt, darunter Vermittlungsdienste, die die Werbetreibenden mit dem Anbieter, der die Werbung veröffentlicht, zusammenbringen. Die Verhaltenskodizes sollten die für Werbung festgelegten Transparenzpflichten von Anbietern von Online-Plattformen, sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen gemäß dieser Verordnung unterstützen und ergänzen, um für flexible und wirksame Mechanismen zur Unterstützung und Verbesserung der Einhaltung dieser Pflichten zu sorgen, insbesondere was die Modalitäten für die Übermittlung der relevanten Informationen betrifft. Dies sollte auch die Erleichterung der Übermittlung von Informationen über den Werbetreibenden umfassen, der die Werbung bezahlt, wenn sie sich von der natürlichen oder juristischen Person unterscheidet, in deren Namen die Werbung auf der Online-Schnittstelle einer Online-Plattform angezeigt wird. Die Verhaltenskodizes sollten auch Maßnahmen enthalten, mit denen sichergestellt wird, dass aussagekräftige Informationen über die Monetarisierung von Daten in der gesamten Wertschöpfungskette angemessen ausgetauscht werden. Durch die Beteiligung einer Vielzahl von Interessenträgern sollte sichergestellt sein, dass diese Verhaltenskodizes breite Unterstützung erfahren, technisch solide und wirksam sind und höchsten Standards hinsichtlich der Nutzerfreundlichkeit entsprechen, damit die Ziele der Transparenzpflichten erreicht werden. Um die Wirksamkeit der Verhaltenskodizes zu gewährleisten, sollte die Kommission bei der Ausarbeitung der Verhaltenskodizes Bewertungsmechanismen einbeziehen. Gegebenenfalls kann die Kommission die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte oder den Europäischen Datenschutzbeauftragten auffordern, zu dem jeweiligen Verhaltenskodex Stellung zu nehmen.

(108)

Zusätzlich zum Krisenreaktionsmechanismus für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen kann die Kommission zur Erstellung freiwilliger Krisenprotokolle auffordern, um eine rasche, kollektive und grenzüberschreitende Reaktion im Online-Umfeld zu koordinieren. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn Online-Plattformen für eine schnelle Verbreitung von rechtswidrigen Inhalten oder Desinformation missbraucht werden oder eine rasche Verbreitung verlässlicher Informationen erforderlich ist. Angesichts der wichtigen Rolle sehr großer Online-Plattformen bei der Verbreitung von Informationen auf gesellschaftlicher und internationaler Ebene sollten die Anbieter solcher Plattformen dazu aufgefordert werden, spezielle Krisenprotokolle zu erstellen und anzuwenden. Solche Krisenprotokolle sollten nur für einen begrenzten Zeitraum aktiviert werden, und die getroffenen Maßnahmen sollten sich auf das für die Bewältigung der außergewöhnlichen Umstände absolut notwendige Maß beschränken. Diese Maßnahmen sollten mit dieser Verordnung im Einklang stehen und nicht zu einer allgemeinen Verpflichtung der teilnehmenden Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen führen, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Fakten oder Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Inhalte hindeuten.

(109)

Um eine angemessene Aufsicht und Durchsetzung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten mindestens eine Behörde benennen, die mit der Überwachung der Anwendung und mit der Durchsetzung dieser Verordnung beauftragt wird, unbeschadet der Möglichkeit, eine bestehende Behörde zu benennen, und ungeachtet ihrer Rechtsform nach dem nationalen Recht. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch je nach konstitutioneller, organisatorischer und administrativer Struktur des Landes mehr als einer zuständigen Behörde bestimmte Aufsichts- oder Durchsetzungsaufgaben und -zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Verordnung übertragen können, etwa für einzelne Wirtschaftszweige, und zwar auch bestehenden Behörden wie z. B. den Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation oder die Medien oder den Verbraucherschutzbehörden. Alle zuständigen Behörden sollten in der Ausübung ihrer Aufgaben zur Erreichung der Ziele dieser Verordnung beitragen, nämlich dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts für Vermittlungsdienste, in dem die harmonisierten Vorschriften für ein sicheres, berechenbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld, das Innovationen begünstigt, und insbesondere die für die verschiedenen Kategorien von Anbietern von Vermittlungsdiensten geltenden Sorgfaltspflichten, wirksam überwacht und durchgesetzt werden, damit sichergestellt wird, dass die in der Charta verankerten Grundrechte, einschließlich des Grundsatzes des Verbraucherschutzes, wirksam geschützt werden. Diese Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, den zuständigen Behörden die Aufgabe zu übertragen, über die Rechtmäßigkeit spezifischer Inhalte zu entscheiden.

(110)

Angesichts der grenzüberschreitenden Natur der relevanten Dienste und des breiten Spektrums der mit dieser Verordnung eingeführten Pflichten sollte eine mit der Überwachung der Anwendung und erforderlichenfalls der Durchsetzung dieser Verordnung betraute Behörde in jedem Mitgliedstaat als Koordinator für digitale Dienste benannt werden. Ist mehr als eine zuständige Behörde mit der Überwachung der Anwendung sowie der Durchsetzung dieser Verordnung betraut, sollte dennoch nur eine Behörde in diesem Mitgliedstaat als Koordinator für digitale Dienste benannt werden. Der Koordinator für digitale Dienste sollte hinsichtlich aller Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Verordnung als zentrale Kontaktstelle für die Kommission, das Gremium, die Koordinatoren für digitale Dienste der anderen Mitgliedstaaten sowie für andere zuständige Behörden des jeweiligen Mitgliedstaates fungieren. Wurden in einem bestimmten Mitgliedstaat mehrere zuständige Behörden mit Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung betraut, so sollte sich der Koordinator für digitale Dienste im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften und unbeschadet der unabhängigen Bewertung der anderen zuständigen Behörden bei der Festlegung der jeweiligen Aufgaben mit diesen Behörden abstimmen und mit ihnen zusammenarbeiten. Während hiermit keine hierarchische Überordnung über andere zuständige Behörden in der Ausübung ihrer Aufgaben verbunden ist, sollte der Koordinator für digitale Dienste die wirksame Einbeziehung aller einschlägigen zuständigen Behörden sicherstellen und fristgerecht über ihre Bewertung im Kontext der Zusammenarbeit bei der Überwachung und Durchsetzung auf Unionsebene Bericht erstatten. Außerdem sollte der Mitgliedstaat zusätzlich zu den in dieser Verordnung vorgesehenen spezifischen Mechanismen für die Zusammenarbeit auf Unionsebene gegebenenfalls die Zusammenarbeit zwischen dem Koordinator für digitale Dienste und anderen auf nationaler Ebene benannten zuständigen Behörden sicherstellen, und zwar durch geeignete Instrumente wie die Zusammenlegung von Ressourcen, gemeinsame Taskforces, gemeinsame Untersuchungen und gegenseitige Amtshilfe.

(111)

Der Koordinator für digitale Dienste und andere gemäß dieser Verordnung benannte zuständige Behörden spielen eine entscheidende Rolle bei der Gewährleistung der Wirksamkeit der Rechte und Pflichten aus dieser Verordnung und bei der Verwirklichung ihrer Ziele. Daher muss sichergestellt werden, dass diese Behörden über die erforderlichen Mittel, einschließlich finanzieller und personeller Ressourcen, verfügen, um alle in ihre Zuständigkeit fallenden Anbieter von Vermittlungsdiensten im Interesse aller Unionsbürger zu überwachen. Angesichts der Vielfalt von Anbietern von Vermittlungsdiensten und ihrer Verwendung fortgeschrittener Technologie bei der Bereitstellung ihrer Dienste ist es ferner von größter Bedeutung, dass der Koordinator für digitale Dienste und die einschlägigen zuständigen Behörden über die erforderliche Zahl von Mitarbeitern und Experten mit Fachkenntnissen und über die erforderlichen fortgeschrittenen technischen Mittel für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügen und dass sie die dafür erforderlichen Finanzressourcen selbstständig verwalten. Außerdem sollte bei der Zurverfügungstellung von Ressourcen der Größe, der Komplexität und den potenziellen gesellschaftlichen Auswirkungen der ihrer Zuständigkeit unterstehenden Anbieter von Vermittlungsdiensten sowie der Reichweite ihrer Dienste in der ganzen Union Rechnung getragen werden. Diese Verordnung lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, Finanzierungsmechanismen einzurichten, die auf einer Aufsichtsgebühr beruhen, welche nach nationalem Recht im Einklang mit dem Unionsrecht von Anbietern von Vermittlungsdiensten erhoben wird, sofern diese ihre Hauptniederlassung in dem betreffenden Mitgliedstaat haben, sie strikt auf das Maß beschränkt sind, das zur Deckung der Kosten für die Erfüllung der den zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung übertragenen Aufgaben – mit Ausnahme der der Kommission übertragenen Aufgaben – erforderlich und verhältnismäßig ist, und hinsichtlich der Erhebung und Verwendung solcher Aufsichtsgebühren eine angemessene Transparenz gewährleistet ist.

(112)

Die im Rahmen dieser Verordnung benannten zuständigen Behörden sollten ferner völlig unabhängig von privaten und öffentlichen Einrichtungen handeln und sie sollten weder verpflichtet sein noch die Möglichkeit haben, Anweisungen, auch von der Regierung, einzuholen oder entgegenzunehmen, unbeschadet der spezifischen Pflichten zur Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden, dem Koordinator für digitale Dienste, dem Gremium und der Kommission. Andererseits sollte die Unabhängigkeit dieser Behörden nicht bedeuten, dass sie keinen verhältnismäßigen Rechenschaftspflichtmechanismen hinsichtlich der allgemeinen Tätigkeiten der Koordinatoren für digitale Dienste, wie etwa ihrer finanziellen Ausgaben oder der Berichterstattung an die nationalen Parlamente, unterliegen können, soweit dies mit der nationalen Verfassung im Einklang steht und die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung nicht beeinträchtigt. Die Anforderung der Unabhängigkeit sollte nicht die Ausübung der gerichtlichen Überprüfung oder die Möglichkeit verhindern, andere nationale Behörden, einschließlich gegebenenfalls Strafverfolgungsbehörden, Krisenmanagementbehörden oder Verbraucherschutzbehörden, zu konsultieren oder einen regelmäßigen Gedankenaustausch mit ihnen zu führen, um sich gegenseitig über laufende Untersuchungen zu unterrichten, ohne die Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse zu beeinträchtigen.

(113)

Die Mitgliedstaaten können einer bestehenden nationalen Behörde die Funktion des Koordinators für digitale Dienste oder bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit der Überwachung der Anwendung und mit der Durchsetzung dieser Verordnung übertragen, soweit diese benannte Behörde unter anderem in Bezug auf ihre Unabhängigkeit die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt. Zudem ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht untersagt, Funktionen innerhalb einer bestehenden Behörde im Einklang mit dem Unionsrecht zusammenzufassen. Die betreffenden Maßnahmen können unter anderem das Verbot umfassen, den Präsidenten oder ein Mitglied eines Organs einer bestehenden Behörde vor dem Ende seiner nur aus dem Grund zu entlassen, dass eine institutionelle Reform durchgeführt wurde, bei der verschiedene Funktionen innerhalb einer Behörde zusammengefasst werden, wenn keine Bestimmungen vorhanden sind, die gewährleisten, dass diese Entlassungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit dieser Mitglieder nicht gefährden.

(114)

Die Mitgliedstaaten sollten dem Koordinator für digitale Dienste und jeder anderen im Rahmen dieser Verordnung benannten zuständigen Behörde ausreichende Befugnisse und Mittel zuweisen, um die Wirksamkeit der Untersuchungen und Durchsetzung im Einklang mit den ihnen übertragenen Aufgaben sicherzustellen. Dies beinhaltet die Befugnis der zuständigen Behörden, im Einklang mit dem nationalen Recht einstweilige Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Gefahr eines ernsthaften Schadens besteht. Diese einstweiligen Maßnahmen, die Anordnungen zur Beendigung oder Behebung einer bestimmten mutmaßlichen Zuwiderhandlung umfassen können, sollten nicht über das hinausgehen, was notwendig ist, um sicherzustellen, dass ein ernsthafter Schaden bis zur endgültigen Entscheidung verhindert wird. Insbesondere sollte der Koordinator für digitale Dienste Informationen, die sich in seinem Gebiet befinden, ermitteln und einholen können, auch im Rahmen gemeinsamer Untersuchungen, wobei der Tatsache angemessen Rechnung zu tragen ist, dass Aufsichts- und Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf Anbieter, die der rechtlichen Zuständigkeit eines anderes Mitgliedstaats oder der Kommission unterliegen, vom Koordinator für digitale Dienste dieses anderen Mitgliedstaats, gegebenenfalls im Einklang mit den Verfahren für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, oder gegebenenfalls von der Kommission beschlossen werden sollten.

(115)

Die Mitgliedstaaten sollten in ihrem nationalen Recht die Bedingungen und Grenzen der Ausübung der Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnisse ihrer Koordinatoren für digitale Dienste und gegebenenfalls anderer zuständiger Behörden im Rahmen dieser Verordnung detailliert festlegen und dabei die Bestimmungen des Unionsrechts, insbesondere dieser Verordnung und der Charta, einhalten.

(116)

Bei der Ausübung dieser Befugnisse sollten die zuständigen Behörden die anwendbaren nationalen verfahrensrechtlichen und materiellen Bestimmungen einhalten, darunter z. B. die Verpflichtung, vor dem Betreten bestimmter Räumlichkeiten eine gerichtliche Genehmigung einzuholen und die Privilegien der Angehörigen von Rechtsberufen zu achten. Durch diese Bestimmungen sollten insbesondere die Achtung der Grundrechte auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, einschließlich der Verteidigungsrechte, und des Rechts auf Achtung des Privatlebens sichergestellt werden. Als geeigneter Anhaltspunkt könnten in diesem Zusammenhang die für die Verfahren der Kommission gemäß dieser Verordnung vorgesehenen Garantien dienen. Vor jeder endgültigen Entscheidung sollte ein faires und unparteiisches Verfahren garantiert sein, einschließlich des Anspruchs der betroffenen Personen auf rechtliches Gehör und auf Akteneinsicht, wobei die Vertraulichkeit sowie Berufs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren und die Entscheidungen aussagekräftig zu begründen sind. Dies sollte Dringlichkeitsmaßnahmen in angemessen begründeten Fällen und bei geeigneten Bedingungen und Verfahrensvorkehrungen jedoch nicht ausschließen. Zudem sollte die Ausübung von Befugnissen unter anderem in einem angemessenen Verhältnis zur Art der Zuwiderhandlung oder der mutmaßlichen Zuwiderhandlung und des dadurch verursachten tatsächlichen oder potentiellen Gesamtschadens stehen. Die zuständigen Behörden sollten alle relevanten Fakten und Umstände des Falles berücksichtigen, darunter auch Informationen, die von zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten eingeholt wurden.

(117)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Verstöße gegen die Pflichten aus dieser Verordnung auf wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Weise sanktioniert werden können, wobei die Art, Schwere, Häufigkeit und Dauer des Verstoßes, das verfolgte öffentliche Interesse, Umfang und Art der ausgeübten Tätigkeiten sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Zuwiderhandelnden zu berücksichtigen sind. Insbesondere sollte bei Sanktionen berücksichtigt werden, ob der betreffende Anbieter der Vermittlungsdienste seine Pflichten aus dieser Verordnung systematisch oder wiederholt nicht erfüllt, sowie gegebenenfalls die Zahl der betroffenen Nutzer, ob er vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat und ob er in mehreren Mitgliedstaaten tätig ist. Ist in dieser Verordnung ein Höchstbetrag für Geldbußen oder Zwangsgelder vorgesehen, so sollte dieser Höchstbetrag für jede einzelne Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung und unbeschadet der Anpassung der Geldbußen und Zwangsgelder für spezifische Zuwiderhandlungen gelten. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die aufgrund von Zuwiderhandlungen verhängten Geldbußen oder Zwangsgelder in jedem einzelnen Fall wirksam, angemessen und abschreckend sind, indem sie nationale Vorschriften und Verfahren im Einklang mit dieser Verordnung festlegen, wobei sämtlichen Kriterien in Bezug auf die allgemeinen Bedingungen für das Verhängen von Geldbußen oder Zwangsgeldern Rechnung zu tragen ist.

(118)

Im Interesse einer wirksamen Durchsetzung der in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen sollten natürliche Personen oder Vertretungsorganisationen in dem Hoheitsgebiet, in dem sie die Dienstleistung in Anspruch genommen haben, jede Beschwerde hinsichtlich der Einhaltung dieser Verpflichtungen beim Koordinator für digitale Dienste einreichen können, unbeschadet der Vorschriften dieser Verordnung über die Zuweisung von Zuständigkeiten und der geltenden Vorschriften für die Behandlung von Beschwerden im Einklang mit den nationalen Grundsätzen der guten Verwaltungspraxis. Beschwerden könnten einen faktengetreuen Überblick über die Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Verordnung durch einen bestimmten Anbieter von Vermittlungsdiensten geben und könnten auch Informationen über übergreifende Probleme für den Koordinator für digitale Dienste enthalten. Der Koordinator für digitale Dienste sollte andere zuständige nationale Behörden und, soweit eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit erforderlich ist, den Koordinator für digitale Dienste eines anderen Mitgliedstaates einbeziehen, insbesondere den Koordinator des Mitgliedstaates, in dem der betreffende Anbieter der Vermittlungsdienste seine Niederlassung hat.

(119)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Koordinatoren für digitale Dienste wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen treffen können, um bestimmten besonders schweren und dauerhaften Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung entgegenzuwirken. Insbesondere wenn diese Maßnahmen die Rechte und Interessen von Dritten berühren können, was besonders bei Einschränkungen des Zugangs zu Online-Schnittstellen der Fall sein kann, sollte dafür gesorgt werden, dass die Maßnahmen weiteren Schutzmaßnahmen unterliegen. Insbesondere sollten möglicherweise betroffene Dritte Anspruch auf rechtliches Gehör haben, und diese Anordnungen sollten nur erteilt werden, wenn nach anderen Unionsvorschriften oder nach nationalem Recht keine Befugnisse zur Durchführung solcher Maßnahmen in angemessener Weise zur Verfügung stehen, etwa um kollektive Verbraucherinteressen zu schützen, für eine umgehende Entfernung von Websites, die Kinderpornographie enthalten oder verbreiten, zu sorgen oder den Zugang zu Diensten, die von Dritten für Zuwiderhandlungen gegen Rechte des geistigen Eigentums missbraucht werden, zu unterbinden.

(120)

Eine solche Anordnung für eine Zugangsbeschränkung sollte nicht über das für die Verwirklichung ihres Ziels erforderliche Maß hinausgehen. Sie sollte daher befristet sein und sich grundsätzlich an einen Anbieter von Vermittlungsdiensten richten, wie etwa den betreffenden Hosting- oder Internetdiensteanbieter, das betreffende Register oder die betreffende Registrierungsstelle für Domänennamen, da diese Stellen angemessen in der Lage sind, dieses Ziel zu erreichen, ohne den Zugang zu legalen Informationen unangemessen zu beschränken.

(121)

Unbeschadet der Bestimmungen über den Haftungsausschluss gemäß dieser Verordnung in Bezug auf die auf Ersuchen eines Nutzers übermittelten oder gespeicherten Informationen sollte der Anbieter für Schäden von Nutzern der Dienste haften, die durch Verstöße des jeweiligen Anbieters von Vermittlungsdiensten gegen die in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen verursacht werden. Eine solche Entschädigung sollte im Einklang mit den Vorschriften und Verfahren des anwendbaren nationalen Rechts und unbeschadet anderer im Rahmen der Verbraucherschutzvorschriften verfügbarer Rechtsbehelfsmöglichkeiten erfolgen.

(122)

Der Koordinator für digitale Dienste sollte beispielsweise auf seiner Website regelmäßige Berichte über die gemäß dieser Verordnung durchgeführten Tätigkeiten veröffentlichen. Der Bericht sollte insbesondere in einem maschinenlesbaren Format veröffentlicht werden und einen Überblick über die eingegangenen Beschwerden und die Folgemaßnahmen dazu beinhalten, wie zum Beispiel die Gesamtzahl der eingegangenen Beschwerden und die Anzahl der Beschwerden, die zur Einleitung einer förmlichen Untersuchung oder zur Weiterleitung an andere Koordinatoren für digitale Dienste geführt haben, ohne jedoch personenbezogene Daten zu nennen. Da der Koordinator für digitale Dienste über das Informationsaustauschsystem auch über Anordnungen zu Maßnahmen gegen rechtswidrige Inhalte oder zur Bereitstellung von Informationen gemäß dieser Verordnung informiert wird, sollte er in seinem jährlichen Bericht auch die Zahl und die Kategorien solcher Anordnungen von Justiz- und Verwaltungsbehörden gegenüber Anbietern von Vermittlungsdiensten in seinem Mitgliedstaat angeben.

(123)

Im Interesse der Klarheit, Einfachheit und Wirksamkeit sollten die Befugnisse für die Überwachung und Durchsetzung der Verpflichtungen aus dieser Verordnung den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats übertragen werden, in dem sich die Hauptniederlassung des Anbieters von Vermittlungsdiensten befindet, d. h. in dem der Anbieter seine Hauptverwaltung oder seinen eingetragenen Sitz hat, an dem die wichtigsten finanziellen Funktionen und die operative Kontrolle ausgeübt werden. Anbieter, die nicht in der Union niedergelassen sind, aber Dienste in der Union erbringen und daher in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen, sollten angesichts der Funktion der gesetzlichen Vertreter im Rahmen dieser Verordnung der Zuständigkeit des Mitgliedstaates unterliegen, in dem sie ihren gesetzlichen Vertreter bestellt haben. Im Interesse einer wirksamen Anwendung dieser Verordnung sollten jedoch alle Mitgliedstaaten oder gegebenenfalls die Kommission zuständig sein, wenn Anbieter keinen gesetzlichen Vertreter benannt haben. Diese Zuständigkeit kann von einer der zuständigen Behörden oder der Kommission übernommen werden, sofern der Anbieter wegen desselben Sachverhalts nicht Gegenstand eines Durchsetzungsverfahrens durch eine andere zuständige Behörde oder die Kommission ist. Um die Einhaltung des Grundsatzes ne bis in idem zu gewährleisten und insbesondere zu vermeiden, dass ein und derselbe Verstoß gegen die in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen mehr als einmal geahndet wird, sollte jeder Mitgliedstaat, der beabsichtigt, seine Zuständigkeit in Bezug auf solche Anbieter auszuüben, unverzüglich alle anderen Behörden, einschließlich der Kommission, über das für die Zwecke dieser Verordnung eingerichtete Informationsaustauschsystem unterrichten.

(124)

Angesichts ihrer potenziellen Auswirkungen und der Herausforderungen, die mit ihrer wirksamen Überwachung verbunden sind, bedarf es besonderer Vorschriften für die Überwachung und Durchsetzung in Bezug auf Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen. Die Kommission sollte – gegebenenfalls mit Unterstützung der zuständigen nationalen Behörden – für die Überwachung und öffentliche Durchsetzung systemischer Aspekte, wie etwa Aspekte mit weitreichenden Auswirkungen auf die kollektiven Interessen der Nutzer, zuständig sein. Daher sollte die Kommission die ausschließliche Zuständigkeit für die Überwachung und Durchsetzung der zusätzlichen Verpflichtungen in Bezug auf den Umgang mit systemischen Risiken haben, die Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen gemäß dieser Verordnung auferlegt werden. Die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission sollte bestimmte Verwaltungsaufgaben, die gemäß dieser Verordnung den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats der Niederlassung übertragen werden, wie etwa die Vorabüberprüfung von Forschern, unberührt lassen.

(125)

Die Zuständigkeit zur Überwachung und Durchsetzung anderer Sorgfaltspflichten als der zusätzlichen Verpflichtungen in Bezug auf den Umgang mit systemischen Risiken, die Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen gemäß dieser Verordnung auferlegt werden, sollte sowohl bei der Kommission als auch bei den zuständigen nationalen Behörden liegen. Zum einen könnte die Kommission in vielen Fällen besser in der Lage sein, gegen systemische Verstöße dieser Anbieter, wie z. B. solche, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen, gegen schwere wiederholte Verstöße oder gegen das Versäumnis, von dieser Verordnung geforderte wirksame Mechanismen einzurichten, vorzugehen. Zum anderen könnten die zuständigen Behörden in dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptniederlassung eines Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine befindet, besser in der Lage sein, gegen einzelne Verstöße dieser Anbieter, die keine systemischen oder grenzüberschreitenden Probleme verursachen, vorzugehen. Im Interesse der Effizienz, zur Vermeidung von Doppelarbeit und zur Gewährleistung der Einhaltung des Grundsatzes ne bis in idem sollte es der Kommission obliegen, zu beurteilen, ob sie es für angemessen hält, diese geteilten Zuständigkeiten in einem bestimmten Fall auszuüben; und sobald sie ein Verfahren eingeleitet hat, sollten die Mitgliedstaaten nicht mehr in der Lage sein, dies zu tun. Die Mitgliedstaaten sollten sowohl untereinander als auch mit der Kommission eng zusammenarbeiten, und die Kommission sollte eng mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass das mit dieser Verordnung geschaffene Überwachungs- und Durchsetzungssystem reibungslos funktioniert und wirksam ist.

(126)

Die Vorschriften dieser Verordnung über die Zuweisung von Zuständigkeiten sollten die Bestimmungen des Unionsrechts und die nationalen Vorschriften des internationalen Privatrechts über die gerichtliche Zuständigkeit sowie das anwendbare Recht in Zivil- und Handelssachen – wie z. B. Klagen von Verbrauchern vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Wohnsitz haben, im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts – unberührt lassen. Was die den Anbietern von Vermittlungsdiensten durch diese Verordnung auferlegte Verpflichtung betrifft, die erlassende Behörde über die Ausführung von Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte und von Anordnungen zur Bereitstellung von Informationen zu informieren, so sollten die Vorschriften über die Zuweisung von Zuständigkeiten nur für die Überwachung der Durchsetzung dieser Verpflichtung gelten, nicht aber für andere Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Anordnung, wie etwa die Zuständigkeit für den Erlass der Anordnung.

(127)

Angesichts der grenzüberschreitenden und sektorübergreifenden Bedeutung von Vermittlungsdiensten ist ein hohes Maß an Zusammenarbeit erforderlich, um die konsequente Anwendung dieser Verordnung und die Verfügbarkeit der einschlägigen Informationen für die Ausübung der Durchsetzungsaufgaben über das Informationsaustauschsystem sicherzustellen. Diese Zusammenarbeit kann – unbeschadet spezifischer gemeinsamer Untersuchungen – je nach den anstehenden Problemen unterschiedliche Formen annehmen. In jedem Fall muss der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort eines Anbieters von Vermittlungsdiensten die anderen Koordinatoren für digitale Dienste über Probleme, Untersuchungen und Maßnahmen, die gegenüber diesem Anbieter ergriffen werden, informieren. Darüber hinaus sollte der Koordinator für digitale Dienste am Bestimmungsort – wenn eine zuständige Behörde in einem Mitgliedstaat einschlägige Informationen für eine Untersuchung besitzt, die von den zuständigen Behörden im Mitgliedstaat der Niederlassung durchgeführt wird, oder in der Lage ist, solche Informationen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden und zu denen die zuständigen Behörden im Mitgliedstaat der Niederlassung keinen Zugang haben, zu erheben – den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort zeitnah unterstützen, unter anderem durch die Ausübung seiner Untersuchungsbefugnisse im Einklang mit den geltenden nationalen Verfahren und der Charta. Der Adressat dieser Untersuchungsmaßnahmen sollte ihnen Folge leisten und bei Nichtbefolgung haftbar sein, und die zuständigen Behörden im Mitgliedstaat der Niederlassung sollten die im Wege der gegenseitigen Amtshilfe erhobenen Informationen in Anspruch nehmen können, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen.

(128)

Der Koordinator für digitale Dienste am Bestimmungsort sollte insbesondere auf der Grundlage eingegangener Beschwerden oder gegebenenfalls von Beiträgen anderer nationaler zuständiger Behörden oder des Gremiums im Fall von Angelegenheiten, an denen mindestens drei Mitgliedstaaten beteiligt sind, den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort ersuchen können, Untersuchungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen in Bezug auf einen seiner Zuständigkeit unterstehenden Anbieter zu ergreifen. Solche Ersuchen um Maßnahmen sollten sich auf stichhaltige Beweise stützen, die das Vorliegen eines mutmaßlichen Verstoßes mit negativen Auswirkungen auf die kollektiven Interessen der Nutzer des Dienstes in dem betreffenden Mitgliedstaat oder mit negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft belegen. Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort sollte sich auf gegenseitige Amtshilfe stützen oder den Koordinator für digitale Dienste, der das Ersuchen gestellt hat, um eine gemeinsame Untersuchung bitten können, falls weitere Informationen für eine Entscheidung benötigt werden; dies gilt unbeschadet der Möglichkeit, die Kommission um eine Bewertung der Angelegenheit zu ersuchen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass es sich um einen systematischen Verstoß durch eine sehr große Online-Plattform oder eine sehr große Online-Suchmaschine handeln könnte.

(129)

Das Gremium sollte die Angelegenheit an die Kommission verweisen können, wenn Uneinigkeit hinsichtlich der Bewertungen oder der getroffenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen besteht oder wenn im Anschluss an ein Ersuchen um grenzüberschreitende Zusammenarbeit oder an eine gemeinsame Untersuchung keine Maßnahmen gemäß dieser Verordnung vereinbart werden konnten. Ist die Kommission anhand der von den betroffenen Behörden bereitgestellten Informationen der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen, einschließlich der vorgeschlagenen Höhe der Geldbußen, die wirksame Durchsetzung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten nicht gewährleisten können, sollte sie entsprechend ihre ernsthaften Zweifel äußern und den zuständigen Koordinator für digitale Dienste auffordern können, die Angelegenheit neu zu bewerten und innerhalb einer bestimmten Frist die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen. Diese Möglichkeit gilt unbeschadet der allgemeinen Aufgabe der Kommission, die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang mit den Verträgen zu überwachen und erforderlichenfalls durchzusetzen.

(130)

Zur Erleichterung grenzüberschreitender Aufsichtstätigkeiten und Untersuchungen im Hinblick auf die in dieser Verordnung festgelegten Pflichten, an denen mehrere Mitgliedstaaten beteiligt sind, sollten die Koordinatoren für digitale Dienste am Niederlassungsort andere Koordinatoren für digitale Dienste über das Informationsaustauschsystem zur Teilnahme an einer gemeinsamen Untersuchung in Bezug auf eine mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung einladen können. Andere Koordinatoren für digitale Dienste und gegebenenfalls andere zuständige Behörden sollten sich an der vom Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort vorgeschlagenen gemeinsamen Untersuchung beteiligen können, es sei denn, Letzterer ist der Ansicht, dass eine übermäßige Anzahl an teilnehmenden Behörden unter Berücksichtigung der Merkmale der mutmaßlichen Zuwiderhandlung und der Abwesenheit direkter Auswirkungen auf die Nutzer in diesen Mitgliedstaaten die Wirksamkeit der Untersuchung beeinträchtigen könnte. Gemeinsame Untersuchungstätigkeiten können vielfältige Maßnahmen umfassen, die vom Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort im Einklang mit den Verfügbarkeiten der teilnehmenden Behörden zu koordinieren sind, etwa koordinierte Datenerhebung, Zusammenlegung von Ressourcen, Taskforces, koordinierte Auskunftsverlangen oder gemeinsame Nachprüfungen von Räumlichkeiten. Alle zuständigen Behörden, die an einer gemeinsamen Untersuchung teilnehmen, sollten mit dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort zusammenarbeiten, auch durch die Ausübung ihrer Untersuchungsbefugnisse in ihrem Hoheitsgebiet im Einklang mit den geltenden nationalen Verfahren. Die gemeinsame Untersuchung sollte innerhalb einer bestimmten Frist mit einem Abschlussbericht abgeschlossen werden, in dem die Beiträge aller teilnehmenden zuständigen Behörden berücksichtigt werden. Ferner kann das Gremium, falls dies von mindestens drei Koordinatoren für digitale Dienste am Bestimmungsort beantragt wird, einem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort die Einleitung einer gemeinsamen Untersuchung empfehlen und Hinweise zu deren Organisation erteilen. Um Blockierungen zu verhindern, sollte das Gremium in bestimmten Fällen die Kommission mit der Angelegenheit befassen können, z. B. wenn der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort sich weigert, die Untersuchung einzuleiten, und das Gremium mit der Begründung nicht einverstanden ist.

(131)

Im Interesse einer einheitlichen Anwendung dieser Verordnung ist es erforderlich, auf Unionsebene eine unabhängige Beratungsgruppe, ein Europäisches Gremium für digitale Dienste, einzusetzen, das die Kommission unterstützt und zur Koordinierung der Tätigkeiten der Koordinatoren für digitale Dienste beiträgt. Das Gremium sollte die Koordinatoren für digitale Dienste – sofern benannt – umfassen, wobei die Koordinatoren für digitale Dienste jedoch die Möglichkeit haben sollten, ad hoc auch Vertreter anderer zuständiger Behörden, denen bestimmte Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung zugewiesen wurden, zu Sitzungen einzuladen oder zu ernennen, wenn dies aufgrund der Zuweisung von Aufgaben und Zuständigkeiten auf nationaler Ebene erforderlich ist. Nehmen mehrere Personen aus einem Mitgliedstaat teil, sollte sich das Stimmrecht auf einen Vertreter je Mitgliedstaat beschränken.

(132)

Das Gremium sollte dazu beitragen, mit Blick auf eine einheitliche Anwendung dieser Verordnung eine gemeinsame Sichtweise der Union zu entwickeln, und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden unterstützen, etwa durch Beratung der Kommission und der Koordinatoren für digitale Dienste zu geeigneten Untersuchungs- und Durchsetzungsmaßnahmen, insbesondere gegenüber den Anbietern sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen und unter besonderer Berücksichtigung der Freiheit der Anbieter von Vermittlungsdiensten, Dienste in der gesamten Union anzubieten. Zudem sollte das Gremium zur Entwicklung relevanter Vorlagen und Verhaltenskodizes sowie zur Analyse neu aufkommender allgemeiner Trends in der Entwicklung digitaler Dienste in der Union beitragen, unter anderem durch die Abgabe von Stellungnahmen oder Empfehlungen zu Fragen im Zusammenhang mit Normen.

(133)

Zu diesem Zweck sollte das Gremium Stellungnahmen, Aufforderungen und Empfehlungen an die Koordinatoren für digitale Dienste oder andere zuständige nationale Behörden abgeben können. Wenngleich diese nicht rechtlich bindend sind, sollte eine Entscheidung, davon abzuweichen, ordnungsgemäß begründet werden und könnte von der Kommission bei der Prüfung der Einhaltung dieser Verordnung durch den betreffenden Mitgliedstaat berücksichtigt werden.

(134)

Das Gremium sollte Vertreter der Koordinatoren für digitale Dienste und gegebenenfalls anderer zuständiger Behörden umfassen und unter dem Vorsitz der Kommission stehen, um die ihm vorgelegten Angelegenheiten aus umfassender europäischer Perspektive bewerten zu können. Angesichts möglicher weiterreichender Aspekte, die auch für andere Regulierungsrahmen auf Unionsebene von Bedeutung sein können, sollte das Gremium mit anderen Einrichtungen, Ämtern, Agenturen und Beratungsgruppen der Union zusammenarbeiten können, die z. B. in den Bereichen Gleichbehandlung, einschließlich Geschlechtergleichstellung, und Nichtdiskriminierung, Datenschutz, elektronische Kommunikation, audiovisuelle Dienste, Aufdeckung und Untersuchung von Betrug zulasten des Unionshaushalts im Zusammenhang mit Zöllen, Verbraucherschutz oder Wettbewerbsrecht tätig sind, soweit dies für die Ausübung der Aufgaben erforderlich ist.

(135)

Die Kommission sollte den Vorsitz des Gremiums führen, aber nicht über Stimmrechte verfügen. Durch den Vorsitz sollte die Kommission sicherstellen, dass die Tagesordnung der Sitzungen im Einklang mit den Anträgen der Mitglieder des Gremiums sowie der Geschäftsordnung und den in dieser Verordnung festgelegten Aufgaben des Gremiums festgelegt wird.

(136)

Zur Unterstützung der Tätigkeiten des Gremiums sollte es auf die Kenntnisse und personellen Ressourcen der Kommission und der zuständigen nationalen Behörden zurückgreifen können. Die besonderen operativen Regelungen für die interne Arbeitsweise des Gremiums sollten in der Geschäftsordnung des Gremiums näher festgelegt werden.

(137)

Da sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen aufgrund ihrer Reichweite und Auswirkungen erhebliche Bedeutung haben, könnte die fehlende Einhaltung der ihnen obliegenden spezifischen Pflichten Auswirkungen auf eine erhebliche Zahl von Nutzern in verschiedenen Mitgliedstaaten haben und zu großen gesellschaftlichen Schäden führen; gleichzeitig kann eine solche fehlende Einhaltung besonders schwierig zu erkennen und zu behandeln sein. Aus diesem Grund sollte die Kommission in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren für digitale Dienste und dem Gremium Sachkenntnis und Kapazitäten der Union in Bezug auf die Überwachung sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen entwickeln. Die Kommission sollte daher diese Behörden koordinieren und deren Sachkenntnis und Ressourcen in Anspruch nehmen können, z. B. durch die dauerhafte oder vorübergehende Analyse spezifischer Trends oder Probleme, die in Bezug auf eine oder mehrere sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen auftreten. Die Mitgliedstaaten sollten bei der Entwicklung solcher Fähigkeiten mit der Kommission zusammenarbeiten, gegebenenfalls auch durch die Entsendung von Personal, und zur Schaffung einer gemeinsamen Aufsichtskapazität der Union beitragen. Um die Sachkenntnis und Kapazitäten auf Unionsebene zu entwickeln, kann die Kommission außerdem die Sachkenntnis und Kapazitäten der mit dem Beschluss der Kommission vom 26. April 2018 zur Einsetzung einer Expertengruppe für die Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft eingesetzten Beobachtungsstelle für die Online-Plattformwirtschaft, einschlägiger Expertengremien sowie Exzellenzzentren in Anspruch nehmen. Die Kommission kann Experten mit spezifischer Sachkenntnis, darunter insbesondere zugelassene Forscher, Vertreter von Agenturen und Einrichtungen der Union, Vertreter der Industrie, Nutzerverbände oder Vereinigungen der Zivilgesellschaft, internationale Organisationen, Experten aus dem Privatsektor sowie andere Interessenträger einladen.

(138)

Die Kommission sollte Zuwiderhandlungen auf eigene Initiative im Einklang mit den in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnissen untersuchen können, unter anderem durch Beantragung des Zugangs zu Daten, durch Anforderung von Informationen oder durch Durchführung von Nachprüfungen sowie durch Inanspruchnahme der Unterstützung der Koordinatoren für digitale Dienste. Deutet die Überwachung einzelner mutmaßlicher Zuwiderhandlungen von Anbietern sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen durch die zuständigen nationalen Behörden auf systemische Probleme hin, wie etwa Probleme mit weitreichenden Auswirkungen auf die kollektiven Interessen der Nutzer des betreffenden Dienstes, so sollten die Koordinatoren für digitale Dienste die Möglichkeit haben, auf der Grundlage eines hinreichend begründeten Antrags die Kommission mit diesen Problemen zu befassen. Eine solche Anfrage sollte mindestens alle erforderlichen Tatsachen und Umstände enthalten, die die mutmaßliche Zuwiderhandlung und deren systemischen Charakter untermauern. Je nach Ergebnis ihrer eigenen Bewertung sollte die Kommission die erforderlichen Untersuchungs- und Durchsetzungsmaßnahmen gemäß dieser Verordnung ergreifen können, einschließlich gegebenenfalls der Einleitung einer Untersuchung oder der Ergreifung einstweiliger Maßnahmen.

(139)

Um ihre Aufgaben wirksam ausüben zu können, sollte die Kommission über einen Ermessensspielraum bezüglich der Entscheidung verfügen, Verfahren gegen Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen einzuleiten. Wenn die Kommission das Verfahren eingeleitet hat, sollte es den Koordinatoren für digitale Dienste am Niederlassungsort untersagt sein, ihre Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnisse in Bezug auf das fragliche Verhalten des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine auszuüben, um Doppelmaßnahmen, Uneinheitlichkeit und Risiken unter dem Gesichtspunkt des Verbots der Doppelbestrafung (ne bis in idem) zu vermeiden. Die Kommission sollte jedoch um einzelne oder gemeinsame Beiträge der Koordinatoren für digitale Dienste zur Untersuchung bitten können. Im Einklang mit der Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit sollte sich der Koordinator für digitale Dienste nach Kräften bemühen, begründete und verhältnismäßige Anfragen der Kommission im Zusammenhang mit einer Untersuchung zu erfüllen. Darüber hinaus sollten der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort sowie das Gremium und gegebenenfalls alle andere Koordinatoren für digitale Dienste der Kommission alle erforderlichen Informationen und Unterstützungsleistungen bereitstellen, damit diese ihre Aufgaben wirksam erfüllen kann, einschließlich der Informationen, die im Kontext von Datenerhebungen oder Datenzugängen erhoben wurden, soweit dies nicht durch die Rechtsgrundlage, anhand der die Informationen erhoben wurden, ausgeschlossen wird. Im Gegenzug sollte die Kommission den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und das Gremium über die Ausübung ihrer Befugnisse informieren, insbesondere, wenn sie beabsichtigt, ein Verfahren einzuleiten und ihre Untersuchungsbefugnisse auszuüben. Außerdem sollte die Kommission, wenn sie ihre vorläufigen Feststellungen, einschließlich der Fragen zu denen sie Einwände erhebt, gegenüber den betroffenen Anbietern einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine mitteilt, diese auch dem Gremium mitteilen. Das Gremium sollte seine Ansichten zu den Einwänden und Bewertungen der Kommission äußern; die Kommission sollte diese Stellungnahme bei der Begründung ihrer endgültigen Entscheidung berücksichtigen.

(140)

Da Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung dieser Verordnung durch Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen mit besonderen Herausforderungen verbunden sein können und wirksame Maßnahmen angesichts ihres Umfangs und ihrer Auswirkungen und der möglicherweise resultierenden Schäden gleichzeitig sehr wichtig sind, sollte die Kommission über wirksame Untersuchungs- und Durchsetzungsbefugnisse verfügen, um in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung Untersuchungs-, Durchsetzungs- und Überwachungsmaßnahmen treffen zu können, wobei das Grundrecht auf Anhörung und Akteneinsicht im Kontext des Durchsetzungsverfahrens, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die Rechte und Interessen der Beteiligten umfassend zu berücksichtigen sind.

(141)

Die Kommission sollte die Informationen anfordern können, die erforderlich sind, um die wirksame Umsetzung und Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtungen in der gesamten Union sicherzustellen. Insbesondere sollte die Kommission Zugang zu allen einschlägigen Unterlagen, Daten und Informationen haben, die für die Einleitung und Durchführung von Untersuchungen und die Überwachung der Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten einschlägigen Pflichten erforderlich sind, unabhängig davon, in wessen Besitz sich die betreffenden Unterlagen, Daten oder Informationen befinden und ungeachtet ihrer Form oder ihres Formats, ihres Speichermediums oder des genauen Orts der Speicherung. Die Kommission sollte den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine sowie gegebenenfalls alle anderen natürlichen oder juristischen Personen, die zu Zwecken ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln und Kenntnis von Informationen über die mutmaßliche Zuwiderhandlung oder die Zuwiderhandlung haben dürften, direkt im Wege eines hinreichend begründeten Auskunftsverlangens dazu verpflichten können, ihr alle einschlägigen Belege, Daten und Informationen vorzulegen. Darüber hinaus sollte die Kommission einschlägige Informationen für die Zwecke dieser Verordnung bei jeder Behörde, Einrichtung oder Agentur innerhalb des Mitgliedstaates einholen können. Die Kommission sollte Zugang zu Dokumenten, Daten, Informationen, Datenbanken und Algorithmen relevanter Personen sowie diesbezügliche Erläuterungen – im Wege der Ausübung von Untersuchungsbefugnissen wie Auskunftsverlangen oder Befragungen – verlangen und alle natürlichen oder juristischen Personen, die nützliche Informationen besitzen könnten, mit deren Zustimmung befragen und die gemachten Aussagen mit allen technischen Mitteln aufnehmen können. Zudem sollte die Kommission befugt sein, die für die Durchsetzung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung erforderlichen Nachprüfungen durchzuführen. Diese Untersuchungsbefugnisse sollen die Möglichkeit der Kommission ergänzen, Koordinatoren für digitale Dienste und andere Behörden der Mitgliedstaaten um Unterstützung zu ersuchen, etwa durch Bereitstellung von Informationen oder die Ausübung ihrer Befugnisse.

(142)

Einstweilige Maßnahmen können ein wichtiges Instrument sein, um sicherzustellen, dass die zu untersuchende Zuwiderhandlung nicht während einer Untersuchung die Gefahr eines schweren Schadens für die Nutzer nach sich zieht. Sie sind ein wichtiges Mittel, um Entwicklungen zu vermeiden, die durch einen Beschluss der Kommission am Ende des Verfahrens nur sehr schwer wieder rückgängig zu machen wären. Die Kommission sollte daher befugt sein, im Rahmen eines Verfahrens, das im Hinblick auf den möglichen Erlass eines Beschlusses wegen Nichteinhaltung eingeleitet wurde, per Beschluss einstweilige Maßnahmen zu verhängen. Diese Befugnis sollte in Fällen gelten, in denen die Kommission auf den ersten Blick eindeutig einen Verstoß des Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gegen die sich aus dieser Verordnung ergebenden Verpflichtungen festgestellt hat. Ein Beschluss, mit dem einstweilige Maßnahmen auferlegt werden, sollte nur für einen bestimmten Zeitraum gelten, entweder bis zum Abschluss des Verfahrens durch die Kommission oder für einen festgelegten Zeitraum, der – sofern erforderlich und angemessen – verlängerbar ist.

(143)

Die Kommission sollte geeignete Maßnahmen ergreifen können, um die wirksame Umsetzung und Einhaltung der in dieser Verordnung genannten Verpflichtungen zu überwachen. So sollten unabhängige externe Sachverständige und Rechnungsprüfer bestellet werden können, die die Kommission bei dieser Aufgabe unterstützen – gegebenenfalls auch Sachverständige zuständiger Behörden der Mitgliedstaaten wie Datenschutz- oder Verbraucherschutzbehörden. Bei der Bestellung der Rechnungsprüfer sollte die Kommission für ausreichend Rotation sorgen.

(144)

Die Einhaltung der einschlägigen Pflichten aus dieser Verordnung sollte durch Geldbußen und Zwangsgelder durchgesetzt werden können. Zu diesem Zweck sollten im Einklang mit den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Verbots der doppelten Strafverfolgung Geldbußen und Zwangsgelder in angemessener Höhe auch für die Nichteinhaltung verfahrensrechtlicher Pflichten und Bestimmungen festgelegt werden, vorbehaltlich angemessener Verjährungsfristen. Die Kommission und die einschlägigen nationalen Behörden sollten ihre Durchsetzungsbemühungen abstimmen, damit sichergestellt ist, dass diese Grundsätze beachtet werden. Insbesondere sollte die Kommission allen Geldbußen und Sanktionen Rechnung tragen, die im Wege einer endgültigen Entscheidung in einem Verfahren wegen einer Zuwiderhandlung gegen andere Vorschriften der Union oder der Mitgliedstaaten wegen desselben Sachverhalts gegen dieselbe juristische Person verhängt wurden, damit sichergestellt ist, dass die insgesamt verhängten Geldbußen und Sanktionen angemessen sind und der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung entsprechen. Alle Beschlüsse, die die Kommission auf der Grundlage dieser Verordnung fasst, unterliegen der Überprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Einklang mit dem AEUV. Der Gerichtshof der Europäischen Union sollte im Einklang mit Artikel 261 AEUV über die Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung von Geldbußen und Zwangsgeldern verfügen.

(145)

Angesichts der potenziellen erheblichen gesellschaftlichen Auswirkungen einer Zuwiderhandlung gegen die zusätzlichen Pflichten in Bezug auf den Umgang mit systemischen Risiken, die nur für sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen gelten, und um diesen ordnungspolitischen Bedenken Rechnung zu tragen, ist ein System für die erweiterte Beaufsichtigung aller Maßnahmen, die zur wirksamen Beendigung und Behebung von Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung ergriffen werden, erforderlich. Daher sollte die Kommission, sobald eine Zuwiderhandlung gegen eine der Bestimmungen dieser Verordnung, die ausschließlich für sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen gelten, festgestellt und erforderlichenfalls geahndet wurde, den Anbieter einer solchen Plattform oder einer solchen Suchmaschine auffordern, einen detaillierten Aktionsplan zu erstellen, um die Auswirkungen der Zuwiderhandlung für die Zukunft zu beheben, und diesen Aktionsplan innerhalb eines von der Kommission festzulegenden Zeitrahmens den Koordinatoren für digitale Dienste, der Kommission und dem Gremium mitteilen. Die Kommission sollte unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Gremiums feststellen, ob die in dem Aktionsplan enthaltenen Maßnahmen ausreichend sind, um die Zuwiderhandlung zu beheben, unter anderem unter Berücksichtigung, ob die Einhaltung der einschlägigen Verhaltenskodizes zu den vorgeschlagenen Maßnahmen gehört. Die Kommission sollte auch alle nachfolgenden Maßnahmen des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gemäß seinem Aktionsplan überwachen, unter anderem unter Berücksichtigung einer unabhängigen Prüfung des Anbieters. Ist die Kommission nach der Umsetzung des Aktionsplans weiterhin der Auffassung, dass die Zuwiderhandlung noch nicht vollständig behoben ist, oder wurde der Aktionsplan nicht vorgelegt oder hält sie den Aktionsplan für ungeeignet, so sollte sie alle Untersuchungs- und Durchsetzungsmaßnahmen gemäß dieser Verordnung ergreifen können, einschließlich der Befugnis Zwangsgelder zu verhängen und ein Verfahrens zur Sperrung des Zugangs zu dem betreffenden Dienst einzuleiten.

(146)

Der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine und andere Personen, die von der Ausübung der Befugnisse der Kommission betroffen sind und deren Interessen durch einen Beschluss berührt werden könnten, sollten vor dem Erlass des Beschlusses Gelegenheit zur Äußerung haben, und die erlassenen Beschlüsse sollten auf breiter Basis bekannt gegeben werden. Neben der Wahrung der Verteidigungsrechte der Beteiligten, insbesondere des Rechts auf Akteneinsicht, ist auch der Schutz vertraulicher Informationen unabdingbar. Zudem sollte die Kommission unter Wahrung der Vertraulichkeit der Informationen sicherstellen, dass alle ihrem Beschluss zugrunde liegenden Informationen in einem Umfang veröffentlicht werden, der es dem Adressaten des Beschlusses ermöglicht, die zugrunde liegenden Fakten und Überlegungen zu verstehen.

(147)

Um die einheitliche Anwendung und Durchsetzung dieser Verordnung zu gewährleisten, muss sichergestellt werden, dass nationale Behörden, einschließlich nationaler Gerichte, über alle erforderlichen Informationen verfügen, um sicherstellen zu können, dass ihre Entscheidungen nicht im Widerspruch zu einem von der Kommission im Rahmen dieser Verordnung erlassenen Beschluss stehen. Dies gilt unbeschadet des Artikels 267 AEUV.

(148)

Die wirksame Durchsetzung und Überwachung dieser Verordnung erfordert einen nahtlosen Informationsaustausch in Echtzeit zwischen den Koordinatoren für digitale Dienste, dem Gremium und der Kommission auf der Grundlage der in dieser Verordnung festgelegten Informationsflüsse und Verfahren. Dies kann gegebenenfalls auch den Zugang anderer zuständiger Behörden zu diesem System rechtfertigen. Da die ausgetauschten Informationen vertraulich sein oder personenbezogene Daten beinhalten können, sollten sie gleichzeitig vor unbefugtem Zugriff geschützt bleiben, im Einklang mit den Zwecken, zu denen die Informationen erhoben wurden. Daher sollte jede Kommunikation zwischen diesen Behörden auf der Grundlage eines zuverlässigen und gesicherten Informationsaustauschsystems erfolgen, dessen Einzelheiten in einem Durchführungsrechtsakt festgelegt werden sollten. Das Informationsaustauschsystem kann auf bestehende Instrumente des Binnenmarkts gestützt sein, insofern diese die Ziele dieser Verordnung in kostenwirksamer Weise erfüllen können.

(149)

Unbeschadet des Rechts der Nutzer, sich an einen Vertreter gemäß der Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlament und des Rates (33) zu wenden oder jede andere Art von Vertretung nach nationalem Recht in Anspruch zu nehmen, sollten die Nutzer auch das Recht haben, eine juristische Person oder eine öffentliche Stelle mit der Ausübung ihrer in dieser Verordnung vorgesehenen Rechte zu beauftragen. Zu diesen Rechten können die Rechte im Zusammenhang mit der Einreichung von Meldungen, der Anfechtung der Entscheidungen von Anbietern von Vermittlungsdiensten und der Einlegung von Beschwerden gegen Anbieter wegen Zuwiderhandlungen gegen diese Verordnung gehören. Bestimmte Stellen, Organisationen und Vereinigungen verfügen über besondere Sachkenntnis und Kompetenz bei der Aufdeckung und Meldung fehlerhafter oder ungerechtfertigter Entscheidungen zur Moderation von Inhalten, und ihre Beschwerden im Namen der Nutzer des betreffenden Dienstes können sich positiv auf die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit im Allgemeinen auswirken. Daher sollten die Anbieter von Online-Plattformen diese Beschwerden unverzüglich bearbeiten.

(150)

Im Interesse der Wirksamkeit und Effizienz sollte die Kommission eine allgemeine Bewertung dieser Verordnung vornehmen. Bei dieser allgemeinen Bewertung sollten unter anderem der Anwendungsbereich der unter diese Verordnung fallenden Dienste, das Zusammenspiel mit anderen Rechtsakten, die Auswirkungen dieser Verordnung auf das Funktionieren des Binnenmarkts, insbesondere in Bezug auf digitale Dienste, die Umsetzung der Verhaltenskodizes, die Verpflichtung einen in der Union niedergelassenen Gesetzlicher Vertreter zu benennen, die Auswirkungen der Verpflichtungen auf kleine Unternehmen und Kleinstunternehmen, die Wirksamkeit des Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismus sowie die Auswirkungen auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit behandelt werden. Um unverhältnismäßige Belastungen zu vermeiden und die dauerhafte Wirksamkeit dieser Verordnung zu gewährleisten, sollte die Kommission außerdem innerhalb von drei Jahren nach Anwendungsbeginn der Verordnung eine Bewertung der Auswirkungen der in dieser Verordnung enthaltenen Verpflichtungen auf kleine und mittlere Unternehmen sowie innerhalb von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten eine Bewertung des Umfangs der von der Verordnung erfassten Dienste, insbesondere für sehr große Online-Plattformen und für sehr große Online-Suchmaschinen, und des Zusammenspiels mit anderen Rechtsakten vornehmen.

(151)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden, in denen sie Vorlagen für Form, Inhalt und sonstige Einzelheiten der Berichte über die Moderation von Inhalten festlegt, die Höhe der jährlichen Aufsichtsgebühr für Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen bestimmt und die praktischen Modalitäten für die Einleitung von Verfahren festlegt, die Anhörungen und die ausgehandelte Offenlegung von Informationen, die im Zusammenhang mit der Beaufsichtigung, Untersuchung, Durchsetzung und Überwachung in Bezug auf Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen durchgeführt werden, sowie die praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise des Informationsaustauschsystems und seine Interoperabilität mit anderen einschlägigen Systemen festlegt. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (34) ausgeübt werden.

(152)

Zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zur Ergänzung dieser Verordnung in Bezug auf die Kriterien für die Bestimmung sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen, die Verfahrensschritte, die Prüfungsmethoden und die Berichtsvorlagen für die Prüfungen, die technischen Spezifikationen für Zugangsanträge und die genaue Methodik und Verfahren für die Festsetzung der Aufsichtsgebühr zu erlassen. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt, die mit den Grundsätzen im Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (35) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(153)

Diese Verordnung wahrt die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Grundrechte sowie die Grundrechte, die allgemeine Grundsätze des Unionsrechts darstellen. Diese Verordnung sollte daher im Einklang mit diesen Grundrechten ausgelegt und angewandt werden, einschließlich der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit sowie der Pressefreiheit und -pluralität. Bei der Ausübung der in dieser Verordnung vorgesehenen Befugnisse sollten alle beteiligten Behörden im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei einem Konflikt zwischen verschiedenen Grundrechten die betreffenden Rechte in ausgewogener Weise berücksichtigen.

(154)

Angesichts des Umfangs und der Auswirkungen von gesellschaftliche Risiken, die durch sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen verursacht werden können, der Notwendigkeit, diese Risiken vorrangig anzugehen, und die Kapazität, notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, ist es gerechtfertigt, den Zeitrahmen, nach dem diese Verordnung beginnt für Anbieter solcher Dienste zu gelten, zu beschränken.

(155)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich zu einem ordnungsgemäß funktionierenden Binnenmarkt beizutragen und ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld zu schaffen, in dem die in der Charta verankerten Grundrechte angemessen geschützt werden, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, da sie allein nicht in der Lage sind, die erforderliche Harmonisierung und Zusammenarbeit und Koordinierung zu erreichen, sondern vielmehr wegen des territorialen und persönlichen Geltungsbereichs auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(156)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates (36) angehört und hat am 10. Februar 2021 eine Stellungnahme (37) abgegeben —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

(1)   Ziel dieser Verordnung ist es, durch die Festlegung harmonisierter Vorschriften für ein sicheres, vorhersehbares und vertrauenswürdiges Online-Umfeld, in dem Innovationen gefördert und die in der Charta verankerten Grundrechte, darunter der Grundsatz des Verbraucherschutzes, wirksam geschützt werden, einen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts für Vermittlungsdienste zu leisten.

(2)   In dieser Verordnung werden harmonisierte Vorschriften für die Erbringung von Vermittlungsdiensten im Binnenmarkt festgelegt. Insbesondere wird Folgendes festgelegt:

a)

ein Rahmen für die bedingte Haftungsbefreiung der Anbieter von Vermittlungsdiensten;

b)

Vorschriften über besondere Sorgfaltspflichten, die auf bestimmte Kategorien von Anbietern von Vermittlungsdiensten zugeschnitten sind;

c)

Vorschriften über die Durchführung und Durchsetzung dieser Verordnung, einschließlich der Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für Vermittlungsdienste, die für Nutzer mit Niederlassungsort oder Sitz in der Union angeboten werden, ungeachtet des Niederlassungsortes des Anbieters dieser Vermittlungsdienste.

(2)   Diese Verordnung gilt weder für Dienstleistungen, die keine Vermittlungsdienste sind, noch für Anforderungen, die an eine solche Dienstleistung gestellt werden, ungeachtet dessen, ob die Dienstleistung durch Inanspruchnahme eines Vermittlungsdienstes erbracht wird.

(3)   Diese Verordnung hat keine Auswirkungen auf die Anwendung der Richtlinie 2000/31/EG.

(4)   Diese Verordnung lässt die Vorschriften anderer Rechtsakte der Union unberührt, die andere Aspekte der Erbringung von Vermittlungsdiensten im Binnenmarkt regeln oder diese Verordnung präzisieren und ergänzen, insbesondere folgende:

a)

die Richtlinie 2010/13/EU,

b)

die Unionsvorschriften auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte,

c)

die Verordnung (EU) 2021/784,

d)

die Verordnung (EU) 2019/1148,

e)

die Verordnung (EU) 2019/1150,

f)

die Unionsvorschriften auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes und der Produktsicherheit, einschließlich der Verordnungen (EU) 2017/2394 und (EU) 2019/1020 und der Richtlinien 2001/95/EG und 2013/11/EU,

g)

die Unionsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten, insbesondere die Verordnung (EU) 2016/679 und die Richtlinie 2002/58/EG,

h)

die Unionsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, insbesondere die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 oder Rechtsakte der Union zur Festlegung der rechtlichen Regeln für vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht,

i)

die Unionsvorschriften im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere eine Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen,

j)

eine Richtlinie zur Festlegung einheitlicher Regeln für die Bestellung von Vertretern zu Zwecken der Beweiserhebung in Strafverfahren.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Dienst der Informationsgesellschaft“ einen Dienst im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535;

b)

„Nutzer“ jede natürliche oder juristische Person, die einen Vermittlungsdienst in Anspruch nimmt, insbesondere um Informationen zu erlangen oder zugänglich zu machen;

c)

„Verbraucher“ jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;

d)

„in der Union Dienstleistungen anbieten“ die Schaffung der Möglichkeit für natürliche oder juristische Personen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zur Nutzung der Dienste eines Anbieters von Vermittlungsdiensten, der eine wesentliche Verbindung zur Union hat;

e)

„wesentliche Verbindung zur Union“ eine Verbindung eines Anbieters von Vermittlungsdiensten mit der Union entweder aufgrund seiner Niederlassung in der Union oder anhand besonderer faktischer Kriterien wie

einer erheblichen Zahl von Nutzern in einem oder mehreren Mitgliedstaaten im Verhältnis zu dessen oder deren Bevölkerung; oder

der Ausrichtung von Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten;

f)

„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob sie in privatem oder öffentlichem Eigentum steht, die für die Zwecke ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit entweder selbst oder durch eine andere in ihrem Namen oder Auftrag handelnde Person tätig wird;

g)

„Vermittlungsdienst“ eine der folgenden Dienstleistungen der Informationsgesellschaft:

i)

eine „reine Durchleitung“, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder den Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln,

ii)

eine „Caching“-Leistung, die darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln, wobei eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung dieser Informationen zu dem alleinigen Zweck erfolgt, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten,

iii)

ein „Hosting“-Dienst, der darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in dessen Auftrag zu speichern;

h)

„rechtswidrige Inhalte“ alle Informationen, die als solche oder durch ihre Bezugnahme auf eine Tätigkeit, einschließlich des Verkaufs von Produkten oder der Erbringung von Dienstleistungen, nicht im Einklang mit dem Unionsrecht oder dem Recht eines Mitgliedstaats stehen, ungeachtet des genauen Gegenstands oder der Art der betreffenden Rechtsvorschriften;

i)

„Online-Plattform“ einen Hostingdienst, der im Auftrag eines Nutzers Informationen speichert und öffentlich verbreitet, sofern es sich bei dieser Tätigkeit nicht nur um eine unbedeutende und reine Nebenfunktion eines anderen Dienstes oder um eine unbedeutende Funktion des Hauptdienstes handelt, die aus objektiven und technischen Gründen nicht ohne diesen anderen Dienst genutzt werden kann, und sofern die Integration der Funktion der Nebenfunktion oder der unbedeutenden Funktion in den anderen Dienst nicht dazu dient, die Anwendbarkeit dieser Verordnung zu umgehen;

j)

„Online-Suchmaschine“ einen Vermittlungsdienst, der es Nutzern ermöglicht, in Form eines Stichworts, einer Spracheingabe, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe Anfragen einzugeben, um prinzipiell auf allen Websites oder auf allen Websites in einer bestimmten Sprache eine Suche zu einem beliebigen Thema vorzunehmen und Ergebnisse in einem beliebigen Format, in dem Informationen im Zusammenhang mit dem angeforderten Inhalt zu finden sind, angezeigt zu bekommen;

k)

„öffentliche Verbreitung“ die Bereitstellung von Informationen für eine potenziell unbegrenzte Zahl von Dritten im Auftrag des Nutzers, der die Informationen bereitgestellt hat;

l)

„Fernabsatzvertrag“ einen Fernabsatzvertrag im Sinne des Artikels 2 Nummer 7 der Richtlinie 2011/83/EU;

m)

„Online-Schnittstelle“ eine Software, darunter auch Websites oder Teile davon sowie Anwendungen, einschließlich Mobil-Apps;

n)

„Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort“ den Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem sich der Hauptsitz eines Anbieters eines Vermittlungsdienstes befindet oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist;

o)

„Koordinator für digitale Dienste am Bestimmungsort“ den Koordinator für digitale Dienste eines Mitgliedstaats, in dem der Vermittlungsdienst erbracht wird;

p)

„aktiver Nutzer einer Online-Plattform“ einen Nutzer des Dienstes, der eine Online-Plattform nutzt, indem er die Online-Plattform damit beauftragt, Informationen zur Verfügung zu stellen, oder der den Inhalten der Online-Plattform ausgesetzt ist, die diese zur Verfügung stellt und über ihre Online-Schnittstelle verbreitet;

q)

„aktiver Nutzer einer Online-Suchmaschine“ einen Nutzer des Dienstes, der eine Suchanfrage an eine Online-Suchmaschine stellt und dem auf ihrer Online-Schnittstelle dargestellten indexierten Informationen ausgesetzt ist;

r)

„Werbung“ Informationen, die dazu bestimmt sind, die Botschaft einer juristischen oder natürlichen Person zu verbreiten, unabhängig davon, ob damit gewerbliche oder nichtgewerbliche Zwecke verfolgt werden, und die von einer Online-Plattform auf ihrer Online-Schnittstelle gegen Entgelt speziell zur Bekanntmachung dieser Informationen dargestellt werden;

s)

„Empfehlungssystem“ ein vollständig oder teilweise automatisiertes System, das von einer Online-Plattform verwendet wird, um auf ihrer Online-Schnittstelle den Nutzern bestimmte Informationen vorzuschlagen oder diese Informationen zu priorisieren, auch infolge einer vom Nutzer veranlassten Suche, oder das auf andere Weise die relative Reihenfolge oder Hervorhebung der angezeigten Informationen bestimmt;

t)

„Moderation von Inhalten“ die – automatisierten oder nicht automatisierten – Tätigkeiten der Anbieter von Vermittlungsdiensten, mit denen insbesondere rechtswidrige Inhalte oder Informationen, die von Nutzern bereitgestellt werden und mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters unvereinbar sind, erkannt, festgestellt und bekämpft werden sollen, darunter auch Maßnahmen in Bezug auf die Verfügbarkeit, Anzeige und Zugänglichkeit der rechtswidrigen Inhalte oder Informationen, z. B. Herabstufung, Demonetisierung, Sperrung des Zugangs oder Entfernung, oder in Bezug auf die Fähigkeit der Nutzer, solche Informationen bereitzustellen, z. B. Schließung oder Aussetzung des Kontos eines Nutzers;

u)

„allgemeine Geschäftsbedingungen“ alle Klauseln, ungeachtet ihrer Bezeichnung oder Form, die die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Anbieter von Vermittlungsdiensten und den Nutzern regeln;

v)

„Menschen mit Behinderungen“ Menschen mit Behinderungen gemäß Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates (38);

w)

„kommerzielle Kommunikation" kommerzielle Kommunikation im Sinne von Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie 2000/31/EG;

x)

„Umsatz“ die von einem Unternehmen im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (39) erzielten Umsätze.

KAPITEL II

HAFTUNG DER ANBIETER VON VERMITTLUNGSDIENSTEN

Artikel 4

„Reine Durchleitung“

(1)   Bei der Durchführung eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln oder Zugang zu einem Kommunikationsnetz zu vermitteln, haftet der Diensteanbieter nicht für die übermittelten oder abgerufenen Informationen, sofern er

a)

die Übermittlung nicht veranlasst,

b)

den Adressaten der übermittelten Informationen nicht auswählt und

c)

die übermittelten Informationen nicht auswählt oder verändert.

(2)   Die Übermittlung von Informationen und die Vermittlung des Zugangs nach Absatz 1 umfassen auch die automatische kurzzeitige Zwischenspeicherung der übermittelten Informationen, soweit dies nur zur Durchführung der Übermittlung im Kommunikationsnetz geschieht und die Informationen nicht länger gespeichert werden, als es für die Übermittlung üblicherweise erforderlich ist.

(3)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlangt, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern.

Artikel 5

„Caching“

(1)   Bei der Durchführung eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer bereitgestellte Informationen in einem Kommunikationsnetz zu übermitteln, haftet der Diensteanbieter nicht für die automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die dem alleinigen Zweck dient, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter oder sicherer zu gestalten, sofern seitens des Anbieters folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

er verändert die Informationen nicht,

b)

er beachtet die Bedingungen für den Zugang zu den Informationen,

c)

er beachtet die Regeln für die Aktualisierung der Informationen, die weithin in der Branche anerkannt und verwendet werden,

d)

er beeinträchtigt die zulässige Anwendung von Technologien zur Sammlung von Daten über die Nutzung der Informationen, die weithin in der Branche anerkannt und verwendet werden, nicht und

e)

er handelt zügig, um von ihm gespeicherte Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sobald er tatsächliche Kenntnis davon erhält, dass die Informationen am ursprünglichen Ausgangsort der Übermittlung aus dem Netz entfernt wurden oder der Zugang zu ihnen gesperrt wurde oder eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde die Entfernung oder Sperrung angeordnet hat.

(2)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlangt, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern.

Artikel 6

Hosting

(1)   Bei der Durchführung eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der in der Speicherung der von einem Nutzer bereitgestellten Informationen besteht, haftet der Diensteanbieter nicht für die im Auftrag eines Nutzers gespeicherten Informationen, sofern er

a)

keine tatsächliche Kenntnis von einer rechtswidrigen Tätigkeit oder rechtswidrigen Inhalten hat und sich in Bezug auf Schadenersatzansprüche auch keiner Tatsachen oder Umstände bewusst ist, aus denen eine rechtswidrige Tätigkeit oder rechtswidrige Inhalte offensichtlich hervorgeht, oder

b)

sobald er diese Kenntnis oder dieses Bewusstsein erlangt, zügig tätig wird, um den Zugang zu den rechtswidrigen Inhalten zu sperren oder diese zu entfernen.

(2)   Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Nutzer dem Diensteanbieter untersteht oder von ihm beaufsichtigt wird.

(3)   Absatz 1 findet keine Anwendung auf die verbraucherschutzrechtliche Haftung von Online-Plattformen, die Verbrauchern das Abschließen von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, wenn die Online-Plattform die spezifischen Einzelinformationen dazu darstellt oder die betreffende Einzeltransaktion anderweitig in einer Weise ermöglicht, bei der ein durchschnittlicher Verbraucher davon ausgehen kann, dass die Information oder das Produkt oder die Dienstleistung, die bzw. das Gegenstand der Transaktion ist, entweder von der Online-Plattform selbst oder von einem ihrer Aufsicht unterstehenden Nutzer bereitgestellt wird.

(4)   Dieser Artikel lässt die Möglichkeit unberührt, dass eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde nach dem Rechtssystem eines Mitgliedstaats vom Diensteanbieter verlangt, eine Zuwiderhandlung abzustellen oder zu verhindern.

Artikel 7

Freiwillige Untersuchungen auf Eigeninitiative und Einhaltung der Rechtsvorschriften

Die Anbieter von Vermittlungsdiensten kommen für die in den Artikeln 4, 5 und 6 genannten Haftungsausschlüsse auch dann in Betracht, wenn sie auf Eigeninitiative nach Treu und Glauben und sorgfältig freiwillige Untersuchungen durchführen oder andere Maßnahmen zur Erkennung, Feststellung und Entfernung rechtswidriger Inhalte oder zur Sperrung des Zugangs zu rechtswidrigen Inhalten treffen oder die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Anforderungen des Unionsrechts und des nationalen Rechts im Einklang mit dem Unionsrecht und insbesondere den Anforderungen dieser Verordnung nachzukommen.

Artikel 8

Keine allgemeine Verpflichtung zur Überwachung oder aktiven Nachforschung

Anbietern von Vermittlungsdiensten wird keine allgemeine Verpflichtung auferlegt, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten.

Artikel 9

Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte

(1)   Nach Eingang einer Anordnung zum Vorgehen gegen einen oder mehrere bestimmte rechtswidrige Inhalte, die von den zuständigen nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörden auf der Grundlage des geltenden Unionsrechts oder des nationalen Rechts im Einklang mit dem Unionsrecht erlassen wurde, informieren die Anbieter von Vermittlungsdiensten der eine Anordnung erlassenden Behörde oder einer anderen in der Anordnung genannten Behörde unverzüglich über die Ausführung der Anordnung, und geben an, ob und wann sie die Anordnung ausgeführt haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass eine in Absatz 1 genannte Anordnung bei der Übermittlung an den Diensteanbieter mindestens die folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

diese Anordnung enthält Folgendes:

i)

eine Angabe der Rechtsgrundlage nach Maßgabe des Unionsrechts oder des nationalen Rechts für die Anordnung,

ii)

eine Begründung, warum es sich bei den Informationen um rechtswidrige Inhalte handelt, mit Bezugnahme auf eine oder mehrere besondere Bestimmungen des Unionsrechts oder des nationalen Rechts im Einklang mit dem Unionsrecht,

iii)

Informationen zur Identifizierung der anordnenden Behörde,

iv)

klare Angaben, anhand deren der Anbieter von Vermittlungsdiensten die betreffenden rechtswidrigen Inhalte ermitteln und ausfindig machen kann, beispielsweise eine oder mehrere präzise URL-Adressen, und, soweit erforderlich, weitere Angaben,

v)

Angaben über Rechtsbehelfsmechanismen, die dem Anbieter von Vermittlungsdiensten und dem Nutzer, der den Inhalt bereitgestellt hat, zur Verfügung stehen,

vi)

unter Umständen Angaben dazu, welche Behörde über die Ausführung der Anordnung zu informieren ist;

b)

der räumliche Geltungsbereich dieser Anordnung ist auf der Grundlage der geltenden Vorschriften des Unionsrechts und des nationalen Rechts, einschließlich der Charta, und, falls anwendbar, der allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts auf das zur Erreichung ihres Ziels unbedingt erforderliche Maß beschränkt;

c)

diese Anordnung wird in einer der vom Anbieter von Vermittlungsdiensten gemäß Artikel 11 Absatz 3 angegebenen Sprachen oder in einer anderen Amtssprache der Mitgliedstaaten, auf die sich die die Anordnung erlassende Behörde und dieser Anbieter geeinigt haben, übermittelt und an die von diesem Anbieter gemäß Artikel 11 benannte elektronische Kontaktstelle geschickt; ist die Anordnung nicht in der vom Anbieter von Vermittlungsdiensten angegebenen Sprache oder in einer anderen bilateral vereinbarten Sprache abgefasst, so kann die Anordnung in der Sprache der erlassenden Behörde übermittelt werden, sofern ihr zumindest eine Übersetzung der unter den Buchstaben a und b dieses Absatzes genannten Elemente in eine solche angegebene oder bilateral vereinbarte Sprache beigefügt ist.

(3)   Die die Anordnung erlassende Behörde oder die unter Umständen darin angegebene Behörde übermittelt sie zusammen mit jeglichen vom Anbieter von Vermittlungsdiensten erhaltenen Angaben über die Ausführung dieser Anordnung dem Koordinator für digitale Dienste im Mitgliedstaat der erlassenden Behörde.

(4)   Nach Erhalt der Anordnung von der Justiz- oder Verwaltungsbehörde übermittelt der Koordinator für digitale Dienste des betroffenen Mitgliedstaats allen anderen Koordinatoren für digitale Dienste unverzüglich über das nach Artikel 85 eingerichtete System eine Kopie der in Absatz 1 genannten Anordnung.

(5)   Spätestens zum Zeitpunkt der Befolgung der Anordnung oder gegebenenfalls zu dem Zeitpunkt, den die erlassende Behörde in ihrer Anordnung angegeben hat, informieren Anbieter von Vermittlungsdiensten den betroffenen Nutzer über die erhaltene Anordnung und deren Ausführung. Diese Unterrichtung des Nutzers umfasst eine Begründung, die existierenden Rechtsbehelfsmöglichkeiten und eine Beschreibung des räumlichen Geltungsbereichs der Anordnung gemäß Absatz 2.

(6)   Die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen und Anforderungen lassen das nationale Zivil- und Strafprozessrecht unberührt.

Artikel 10

Auskunftsanordnungen

(1)   Nach Eingang einer Auskunftsanordnung in Bezug auf bestimmte Informationen über einen oder mehrere bestimmte einzelne Nutzer, die von den zuständigen nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörden auf der Grundlage des geltenden Unionsrechts oder des nationalen Rechts im Einklang mit dem Unionsrecht erlassen wurde, informieren die Anbieter von Vermittlungsdiensten der erlassenden Behörde oder einer anderen in der Anordnung genannten Behörde unverzüglich über den Erhalt der Anordnung und die Ausführung der Anordnung, und geben an, ob und wann sie die Anordnung ausgeführt haben.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass eine in Absatz 1 genannte Anordnungen bei der Übermittlung an den Diensteanbieter mindestens die folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

diese Anordnung enthält Folgendes:

i)

eine Angabe der Rechtsgrundlage nach Maßgabe des Unionsrechts oder des nationalen Rechts für die Anordnung;

ii)

Informationen zur Identifizierung der erlassenden Behörde;

iii)

klare Angaben, anhand deren der Anbieter von Vermittlungsdiensten den bzw. die bestimmten Empfänger ermitteln können, zu dem Informationen angefordert werden, etwa einen oder mehrere Kontonamen oder eindeutige Kennungen;

iv)

eine Begründung, wozu die Informationen benötigt werden und warum die Auskunftsanordnung erforderlich und verhältnismäßig ist, um festzustellen, ob die Nutzer des Vermittlungsdienstes das geltende Unionsrecht oder nationale Recht im Einklang mit dem Unionsrecht einhalten, es sei denn, eine solche Begründung kann aus Gründen der Verhütung, Ermittlung, Erkennung und Verfolgung von Straftaten nicht gegeben werden;

v)

Angaben über Rechtsbehelfsmechanismen, die dem Diensteanbieter und den betreffenden Nutzern zur Verfügung stehen;

vi)

unter Umständen Angaben dazu, welche Behörde über die Ausführung der Anordnung zu informieren ist;

b)

diese Anordnung verpflichtet den Diensteanbieter nur zur Bereitstellung von Informationen, die er ohnehin bereits für die Zwecke der Erbringung des Dienstes erfasst hat und die seiner Verfügungsgewalt unterliegen;

c)

diese Anordnung wird in einer der vom Anbieter von Vermittlungsdiensten gemäß Artikel 11 Absatz 3 angegebenen Sprachen oder in einer anderen Amtssprache der Mitgliedstaaten, auf die sich die die Anordnung erlassende Behörde und der Diensteanbieter geeinigt haben, übermittelt und an die vom Anbieter gemäß Artikel 11 benannte elektronische Kontaktstelle geschickt. Ist die Anordnung nicht in der vom Anbieter von Vermittlungsdiensten angegebenen Sprache oder in einer anderen bilateral vereinbarten Sprache abgefasst, so kann die Anordnung in der Sprache der erlassenden Behörde übermittelt werden, sofern ihr zumindest eine Übersetzung der unter den Buchstaben a und b dieses Absatzes genannten Elemente in eine solche angegebene oder bilateral vereinbarte Sprache beigefügt ist.

(3)   Die die Anordnung erlassende Behörde oder die unter Umständen darin angegebene Behörde übermittelt sie dem Koordinator für digitale Dienste im Mitgliedstaat der erlassenden Behörde zusammen mit den vom Anbieter von Vermittlungsdiensten erhaltenen Angaben über die Ausführung dieser Anordnung.

(4)   Nach Erhalt der Anordnung von der Justiz- oder Verwaltungsbehörde übermittelt der Koordinator für digitale Dienste des betroffenen Mitgliedstaats allen Koordinatoren für digitale Dienste unverzüglich über das nach Artikel 85 eingerichtete System eine Kopie der in Absatz 1 genannten Anordnung.

(5)   Spätestens zum Zeitpunkt der Befolgung der Anordnung oder gegebenenfalls zu dem Zeitpunkt, den die erlassende Behörde in ihrer Anordnung angegeben hat informieren Anbieter von Vermittlungsdiensten den betreffenden Nutzer über den Erhalt der Anordnung und über deren Ausführung. Diese Unterrichtung des Nutzers umfasst eine Begründung und die existierenden Rechtsbehelfsmöglichkeiten gemäß Absatz 2.

(6)   Die in diesem Artikel festgelegten Bedingungen und Anforderungen lassen das nationale Zivil- und Strafprozessrecht unberührt.

KAPITEL III

SORGFALTSPFLICHTEN FÜR EIN TRANSPARENTES UND SICHERES ONLINE-UMFELD

ABSCHNITT 1

Bestimmungen für alle Anbieter von Vermittlungsdiensten

Artikel 11

Kontaktstellen für die Behörden der Mitgliedstaaten, die Kommission und den Vorstand

(1)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten benennen eine zentrale Kontaktstelle, damit sie auf elektronischem Wege unmittelbar mit den Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und dem in Artikel 61 genannten Gremium in Bezug auf die Anwendung dieser Verordnung kommunizieren können.

(2)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten veröffentlichen die Informationen, die nötig sind, um ihre zentrale Kontaktstelle leicht zu ermitteln und mit ihr zu kommunizieren. Diese Informationen müssen leicht zugänglich sein und stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

(3)   In den in Absatz 2 genannten Informationen machen die Anbieter von Vermittlungsdiensten Angaben zu der bzw. den Amtssprachen der Mitgliedstaaten, die – zusätzlich zu einer Sprache, die von möglichst vielen Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern verstanden wird – zur Kommunikation mit ihrer Kontaktstelle verwendet werden können und zu denen mindestens eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats gehören muss, in dem der Anbieter von Vermittlungsdiensten seine Hauptniederlassung hat oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist.

Artikel 12

Kontaktstellen für Nutzer der Dienste

(1)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten benennen eine zentrale Kontaktstelle, die es den Nutzern ermöglicht, direkt und schnell mit ihnen zu kommunizieren, und zwar auf elektronischem Wege und in einer benutzerfreundlichen Weise, indem sie den Nutzern auch die Wahl des Kommunikationsmittels überlassen, das nicht ausschließlich auf automatisierten Instrumenten beruhen darf.

(2)   Zusätzlich zu den Verpflichtungen nach der Richtlinie 2000/31/EG veröffentlichen die Anbieter von Vermittlungsdiensten die Informationen, die erforderlich sind, damit die Nutzer die zentralen Kontaktstellen der Anbieter von Vermittlungsdiensten leicht ermitteln und mit ihnen kommunizieren können. Diese Informationen müssen leicht zugänglich sein und stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden.

Artikel 13

Gesetzlicher Vertreter

(1)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten, die keine Niederlassung in der Union haben, aber Dienstleistungen in der Union anbieten, benennen schriftlich eine juristische oder natürliche Person, die in einem der Mitgliedstaaten, in denen sie ihre Dienste anbieten, als ihr gesetzlicher Vertreter fungiert.

(2)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten bevollmächtigen ihre gesetzlichen Vertreter, sodass diese zusätzlich oder anstelle der Diensteanbieter von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Gremium zu allen Fragen in Anspruch genommen werden können, die für die Entgegennahme, Einhaltung und Durchsetzung von Beschlüssen im Zusammenhang mit dieser Verordnung erforderlich sind. Die Anbieter von Vermittlungsdiensten statten ihren gesetzlichen Vertreter mit den notwendigen Befugnissen und hinreichenden Ressourcen aus, damit er wirksam und zeitnah mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und dem Gremium zusammenarbeiten und den Beschlüssen nachkommen kann.

(3)   Es ist möglich, den benannten gesetzlichen Vertreter für Verstöße gegen Pflichten aus dieser Verordnung haftbar zu machen; die Haftung und die rechtlichen Schritte, die gegen den Anbieter von Vermittlungsdiensten eingeleitet werden können, bleiben hiervon unberührt.

(4)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten melden dem Koordinator für digitale Dienste in dem Mitgliedstaat, in dem ihr gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, den Namen, die Postanschrift, die E-Mail-Adresse und die Telefonnummer ihres gesetzlichen Vertreters. Sie sorgen dafür, dass diese Angaben öffentlich verfügbar, leicht zugänglich, richtig und stets aktuell sind.

(5)   Die Benennung eines gesetzlichen Vertreters in der Union gemäß Absatz 1 gilt nicht als Niederlassung in der Union.

Artikel 14

Allgemeine Geschäftsbedingungen

(1)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten machen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen Angaben zu etwaigen Beschränkungen in Bezug auf die von den Nutzern bereitgestellten Informationen, die sie im Zusammenhang mit der Nutzung ihres Dienstes auferlegen. Diese Angaben enthalten Angaben zu allen Leitlinien, Verfahren, Maßnahmen und Werkzeuge, die zur Moderation von Inhalten eingesetzt werden, einschließlich der algorithmischen Entscheidungsfindung und der menschlichen Überprüfung, sowie zu den Verfahrensregeln für ihr internes Beschwerdemanagementsystem. Sie werden in klarer, einfacher, verständlicher, benutzerfreundlicher und eindeutiger Sprache abgefasst und in leicht zugänglicher und maschinenlesbarer Form öffentlich zur Verfügung gestellt.

(2)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten informieren die Nutzer über etwaige wesentliche Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen.

(3)   Richtet sich ein Vermittlungsdienst in erster Linie an Minderjährige oder wird er überwiegend von Minderjährigen genutzt, so erläutert der Anbieter von Vermittlungsdiensten die Bedingungen und jegliche Einschränkungen für die Nutzung des Dienstes so, dass Minderjährige sie verstehen können.

(4)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten gehen bei der Anwendung und Durchsetzung der in Absatz 1 genannten Beschränkungen sorgfältig, objektiv und verhältnismäßig vor und berücksichtigen dabei die Rechte und berechtigten Interessen aller Beteiligten sowie die Grundrechte der Nutzer, die in der Charta verankert sind, etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Freiheit und den Pluralismus der Medien und andere Grundrechte und -freiheiten.

(5)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Suchmaschinen stellen den Nutzern eine kompakte, leicht zugängliche und maschinenlesbare Zusammenfassung der allgemeinen Geschäftsbedingungen einschließlich der verfügbaren Rechtsbehelfe und Rechtsbehelfsmechanismen in klarer und eindeutiger Sprache zur Verfügung.

(6)   Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen im Sinne von Artikel 33 veröffentlichen ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Amtssprachen aller Mitgliedstaaten, in denen sie ihre Dienste anbieten.

Artikel 15

Transparenzberichtspflichten der Anbieter von Vermittlungsdiensten

(1)   Die Anbieter von Vermittlungsdiensten stellen mindestens einmal jährlich in einem maschinenlesbaren Format und auf leicht zugängliche Art und Weise klare, leicht verständliche Berichte über die die von ihnen in dem betreffenden Zeitraum durchgeführte Moderation von Inhalten öffentlich zur Verfügung. Diese Berichte enthalten – soweit zutreffend – insbesondere folgende Angaben:

a)

bei Anbietern von Vermittlungsdiensten die Anzahl der von Behörden der Mitgliedstaaten erhaltenen Anordnungen einschließlich der gemäß den Artikeln 9 und 10 erlassenen Anordnungen, aufgeschlüsselt nach der Art der betroffenen rechtswidrigen Inhalte, dem die Anordnung erlassenden Mitgliedstaat und der Medianzeit, die benötigt wurde, um die die Anordnung erlassende Behörde bzw. die anderen in der Anordnung angegebenen Behörden über den Eingang der Anordnung zu unterrichten und der Anordnung nachzukommen;

b)

bei Hostingdiensteanbietern die Anzahl der nach Artikel 16 gemachten Meldungen, aufgeschlüsselt nach der Art der betroffenen mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte, die Anzahl der durch vertrauenswürdige Hinweisgeber übermittelten Meldungen, alle aufgrund der Meldungen ergriffenen Maßnahmen, unterschieden danach, ob dies auf gesetzlicher Grundlage oder gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters erfolgt ist, die Anzahl der ausschließlich automatisch verarbeiteten Meldungen und die Mediandauer bis zur Ergreifung der Maßnahmen;

c)

bei Anbietern von Vermittlungsdiensten aussagekräftige und verständliche Informationen über die auf Eigeninitiative des Anbieters durchgeführte Moderation von Inhalten einschließlich der Nutzung automatisierter Werkzeuge, der Maßnahmen zur Schulung und Unterstützung der für die Moderation von Inhalten zuständigen Personen, der Anzahl und Art der ergriffenen Maßnahmen, die sich auf die Verfügbarkeit, Erkennbarkeit und Zugänglichkeit der von den Nutzern bereitgestellten Informationen auswirken, und der Fähigkeit der Nutzer, solche Informationen über den Dienst bereitzustellen, und anderer entsprechender Beschränkungen des Dienstes; die gemeldeten Informationen werden nach der Art der rechtswidrigen Inhalte oder des Verstoßes gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Diensteanbieters, nach der zur Aufspürung verwendeten Methode und der Art der angewendeten Beschränkung aufgeschlüsselt;

d)

bei Anbietern von Vermittlungsdiensten die Anzahl der Beschwerden, die gemäß den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Anbieters über die internen Beschwerdemanagementsysteme und darüber hinaus – bei Anbietern von Online-Plattformen – gemäß Artikel 20 eingegangen sind, die Grundlage dieser Beschwerden, die zu diesen Beschwerden getroffenen Entscheidungen, die bis zur Entscheidung benötigte Mediandauer und die Anzahl der Fälle, in denen diese Entscheidungen rückgängig gemacht wurden.

e)

die etwaige Verwendung automatisierter Mittel zur Moderation von Inhalten, mit einer qualitativen Beschreibung, mit Angabe der genauen Zwecke, mit Indikatoren für die Genauigkeit und mit der möglichen Fehlerquote der bei der Erfüllung dieser Zwecke verwendeten automatisierten Mittel und mit angewandten Schutzvorkehrungen.

(2)   Absatz 1 des vorliegenden Artikels gilt nicht für Anbieter von Vermittlungsdiensten, bei denen es sich um Kleinst- oder Kleinunternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG handelt und die nicht als sehr große Online-Plattform im Sinne von Artikel 33 dieser Verordnung gelten.

(3)   Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen sie Vorlagen für Form, Inhalt und sonstige Einzelheiten der Berichte nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels einschließlich harmonisierter Berichtszeiträume festlegt. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 88 genannten Beratungsverfahren erlassen.

ABSCHNITT 2

Zusätzliche Bestimmungen für Hostingdiensteanbieter, einschließlich Online-Plattformen

Artikel 16

Melde- und Abhilfeverfahren

(1)   Die Hostingdiensteanbieter richten Verfahren ein, nach denen Personen oder Einrichtungen ihnen das Vorhandensein von Einzelinformationen in ihren Diensten melden können, die die betreffende Person oder Einrichtung als rechtswidrige Inhalte ansieht. Diese Verfahren müssen leicht zugänglich und benutzerfreundlich sein und eine Übermittlung von Meldungen ausschließlich auf elektronischem Weg ermöglichen.

(2)   Mit den in Absatz 1 genannten Verfahren muss das Übermitteln hinreichend genauer und angemessen begründeter Meldungen erleichtert werden. Dazu ergreifen die Hostingdiensteanbieter die erforderlichen Maßnahmen, um die Übermittlung von Meldungen zu ermöglichen und zu erleichtern, die alle folgenden Elemente enthalten:

a)

eine hinreichend begründete Erläuterung, warum die betreffende Person oder Einrichtung die fraglichen Informationen als rechtswidrige Inhalte ansieht;

b)

eine eindeutige Angabe des genauen elektronischen Speicherorts dieser Informationen, etwa die präzise URL-Adresse bzw. die präzisen URL-Adressen, oder, soweit erforderlich, weitere, hinsichtlich der Art der Inhalte und der konkreten Art des Hostingdienstes zweckdienliche Angaben zur Ermittlung der rechtswidrigen Inhalte;

c)

den Namen und die E-Mail-Adresse der meldenden Person oder Einrichtung, es sei denn, es handelt sich um Informationen, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie eine in den Artikeln 3 bis 7 der Richtlinie 2011/93/EU genannte Straftat betreffen;

d)

eine Erklärung darüber, dass die meldende Person oder Einrichtung in gutem Glauben davon überzeugt ist, dass die in der Meldung enthaltenen Angaben und Anführungen richtig und vollständig sind.

(3)   Die im vorliegenden Artikel genannten Meldungen bewirken, dass für die Zwecke des Artikels 6 von einer tatsächlichen Kenntnis oder einem Bewusstsein in Bezug auf die betreffende Einzelinformation ausgegangen wird, wenn sie es einem sorgfältig handelnden Anbieter von Hostingdiensten ermöglichen, ohne eingehende rechtliche Prüfung festzustellen, dass die einschlägige Tätigkeit oder Information rechtswidrig ist.

(4)   Enthält die Meldung die elektronische Kontaktangabe der meldenden Person oder Einrichtung, so schickt der Hostingdiensteanbieter dieser Person oder Einrichtung unverzüglich eine Empfangsbestätigung.

(5)   Ferner teilt der Anbieter der betreffenden Person oder Einrichtung unverzüglich seine Entscheidung in Bezug auf die gemeldeten Informationen mit und weist dabei auf die möglichen Rechtsbehelfe gegen diese Entscheidung hin.

(6)   Die Hostingdiensteanbieter bearbeiten alle Meldungen, die sie im Rahmen der in Absatz 1 genannten Verfahren erhalten, und entscheiden zeitnah, sorgfältig, frei von Willkür und objektiv über die gemeldeten Informationen. Wenn sie zu dieser Bearbeitung oder Entscheidungsfindung automatisierte Mittel einsetzen, machen sie in ihrer Mitteilung nach Absatz 5 auch Angaben über den Einsatz dieser Mittel.

Artikel 17

Begründung

(1)   Die Hostingdiensteanbieter legen allen betroffenen Nutzern eine klare und spezifische Begründung für alle folgenden Beschränkungen vor, die mit der Begründung verhängt werden, dass es sich bei den vom Nutzer bereitgestellten Informationen um rechtswidrige Inhalte handelt oder diese nicht mit ihren Nutzungsbedingungen vereinbar sind:

a)

etwaige Beschränkungen der Anzeige bestimmter Einzelinformationen, die vom Nutzer bereitgestellt werden, einschließlich Entfernung von Inhalten, Sperrung des Zugangs zu Inhalten oder Herabstufung von Inhalten;

b)

Aussetzung, Beendigung oder sonstige Beschränkung von Geldzahlungen;

c)

Aussetzung oder Beendigung der gesamten oder teilweisen Bereitstellung des Dienstes;

d)

Aussetzung oder Schließung des Kontos des Nutzers.

(2)   Absatz 1 findet nur Anwendung, wenn dem Anbieter die einschlägigen elektronischen Kontaktangaben bekannt sind. Er findet spätestens ab dem Datum Anwendung, zu dem die Beschränkung verhängt wird, ungeachtet dessen, warum oder wie sie verhängt wurde.

Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn es sich um einen irreführenden, umfangreichen kommerziellen Inhalt handelt.

(3)   Die in Absatz 1 genannte Begründung muss mindestens folgende Angaben enthalten:

a)

Angaben darüber, ob die Entscheidung die Entfernung der Information, die Sperrung des Zugangs zu der Information, die Herabstufung der Information oder die Einschränkung der Anzeige der Information oder die Aussetzung oder Beendigung von Zahlungen in Verbindung mit dieser Information betrifft oder mit der Entscheidung andere in Absatz 1 genannte Maßnahmen im Zusammenhang mit der Information verhängt werden, und den etwaigen räumlichen Geltungsbereich der Entscheidung und die Dauer ihrer Gültigkeit;

b)

die Tatsachen und Umstände, auf denen die Entscheidung beruht, gegebenenfalls einschließlich Angaben darüber, ob die Entscheidung infolge einer nach Artikel 16 gemachten Meldung oder infolge freiwilliger Untersuchungen auf Eigeninitiative getroffen wurde sowie, falls unbedingt notwendig, die Identität der meldenden Person;

c)

gegebenenfalls Angaben darüber, ob automatisierte Mittel zur Entscheidungsfindung verwendet wurden, einschließlich Angaben darüber, ob die Entscheidung in Bezug auf Inhalte getroffen wurde, die mit automatisierten Mitteln erkannt oder festgestellt wurden;

d)

falls die Entscheidung mutmaßlich rechtswidrige Inhalte betrifft, einen Verweis auf die Rechtsgrundlage und Erläuterungen, warum die Informationen auf dieser Grundlage als rechtswidrige Inhalte angesehen werden;

e)

falls die Entscheidung auf der mutmaßlichen Unvereinbarkeit der Informationen mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Hostingdiensteanbieters beruht, einen Verweis auf die betreffende vertragliche Bestimmung und Erläuterungen, warum die Informationen als damit unvereinbar angesehen werden;

f)

klare und benutzerfreundliche Informationen über die dem Nutzer gegen die Maßnahme zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe, insbesondere – je nach Sachlage – interne Beschwerdemanagementverfahren, außergerichtliche Streitbeilegung und gerichtliche Rechtsmittel.

(4)   Die von den Hostingdiensteanbietern nach diesem Artikel übermittelten Informationen müssen klar und leicht verständlich und so genau und spezifisch sein, wie dies unter den gegebenen Umständen nach vernünftigem Ermessen möglich ist. Die Informationen müssen insbesondere so beschaffen sein, dass der betreffende Nutzer damit nach vernünftigem Ermessen in der Lage ist, die in Absatz 3 Buchstabe f genannten Rechtsbehelfe wirksam wahrzunehmen.

(5)   Dieser Artikel gilt nicht für in Artikel 9 genannte Anordnungen.

Artikel 18

Meldung des Verdachts auf Straftaten

(1)   Erhält ein Hostingdiensteanbieter Kenntnis von Informationen, die den Verdacht begründen, dass eine Straftat, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person oder von Personen darstellt, begangen wurde, begangen wird oder begangen werden könnte, so teilt er seinen Verdacht unverzüglich den Strafverfolgungs- oder Justizbehörden des betreffenden Mitgliedstaats oder der betreffenden Mitgliedstaaten mit und stellt alle vorliegenden einschlägigen Informationen zur Verfügung.

(2)   Kann der Hostingdiensteanbieter den betreffenden Mitgliedstaat nicht mit hinreichender Gewissheit ermitteln, so unterrichtet er die Strafverfolgungsbehörden des Mitgliedstaats, in dem er niedergelassen ist oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, oder Europol oder beide Stellen.

Für die Zwecke dieses Artikels gilt als betreffender Mitgliedstaat der Mitgliedstaat, in dem die Straftat begangen wurde, begangen wird oder begangen werden könnte, oder der Mitgliedstaat, in dem der Verdächtige seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat, oder der Mitgliedstaat, in dem das Opfer seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat.

ABSCHNITT 3

Zusätzliche Bestimmungen für Anbieter von Online-Plattformen

Artikel 19

Ausnahme für Kleinst- und Kleinunternehmen

(1)   Der vorliegende Abschnitt gilt mit Ausnahme von Artikel 24 Absatz 3 nicht für Anbieter von Online-Plattformen, bei denen es sich um Kleinst- oder Kleinunternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG handelt.

Wenn Unternehmen den Status eines Kleinst- oder Kleinunternehmens gemäß der Empfehlung 2003/361/EG verlieren, findet der vorliegende Abschnitt mit Ausnahme von Artikel 24 Absatz 3 auch in den 12 Monaten nach dem Verlust dieses Status gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Empfehlung keine Anwendung auf Anbieter von Online-Plattformen, es sei denn, sie sind sehr große Online-Plattformen im Sinne des Artikels 33.

(2)   Abweichend von Absatz 1 findet der vorliegende Abschnitt Anwendung auf Anbieter von Online-Plattformen, die im Sinne des Artikels 33 als sehr große Online-Plattformen eingestuft wurden, unabhängig davon, ob sie als Kleinst- oder Kleinunternehmen gelten.

Artikel 20

Internes Beschwerdemanagementsystem

(1)   Die Anbieter von Online-Plattformen gewähren den Nutzern einschließlich meldenden Personen oder Einrichtungen während eines Zeitraums von mindestens sechs Monaten nach einer Entscheidung gemäß diesem Absatz Zugang zu einem wirksamen internen Beschwerdemanagementsystem, das eine elektronische und kostenlose Einreichung von Beschwerden gegen die Entscheidung des Anbieters einer Online-Plattform nach Erhalt der Meldung oder gegen folgende Entscheidungen des Anbieters einer Online-Plattform ermöglicht, die damit begründet worden sind, dass die von den Nutzern bereitgestellten Informationen rechtswidrige Inhalte darstellen oder mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattform unvereinbar sind:

a)

Entscheidungen, ob die Information entfernt oder der Zugang dazu gesperrt oder die Anzeige der Information beschränkt wird;

b)

Entscheidungen, ob die Erbringung des Dienstes gegenüber den Nutzern vollständig oder teilweise ausgesetzt oder beendet wird;

c)

Entscheidungen, ob das Konto des Nutzers ausgesetzt oder geschlossen wird;

d)

Entscheidungen, ob Geldzahlungen im Zusammenhang mit von den Nutzern bereitgestellten Informationen ausgesetzt, beendet oder die Fähigkeit der Nutzer zu deren Monetarisierung anderweitig eingeschränkt werden.

(2)   Der Tag, an dem der Nutzer gemäß Artikel 16 Absatz 5 oder Artikel 17 von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wird, gilt als Beginn des in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Zeitraums von mindestens sechs Monaten.

(3)   Die Anbieter von Online-Plattformen stellen sicher, dass ihre internen Beschwerdemanagementsysteme leicht zugänglich und benutzerfreundlich sind und die Einreichung hinreichend präziser und angemessen begründeter Beschwerden ermöglichen und erleichtern.

(4)   Die Anbieter von Online-Plattformen bearbeiten Beschwerden, die über ihr internes Beschwerdemanagementsystem eingereicht werden, zeitnah, diskriminierungsfrei, sorgfältig und frei von Willkür. Enthält eine Beschwerde ausreichende Gründe für die Annahme, dass die Entscheidung, auf eine Meldung hin nicht tätig zu werden, unbegründet ist oder dass die Informationen, auf die sich die Beschwerde bezieht, weder rechtswidrig sind noch gegen die allgemeinen Geschäftsbedingungen verstoßen, oder enthält sie Informationen, aus denen hervorgeht, dass das Verhalten des Beschwerdeführers keine Aussetzung oder Kündigung des Dienstes oder Schließung des Kontos rechtfertigt, so macht der Anbieter der Online-Plattform seine in Absatz 1 genannte Entscheidung unverzüglich rückgängig.

(5)   Die Anbieter von Online-Plattformen teilen den Beschwerdeführern unverzüglich ihre begründete Entscheidung mit, die sie in Bezug auf die Informationen, auf die sich die Beschwerde bezieht, getroffen haben, und weisen die Beschwerdeführer auf die Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung gemäß Artikel 21 und auf andere verfügbare Rechtsbehelfe hin.

(6)   Die Anbieter von Online-Plattformen stellen sicher, dass die in Absatz 5 genannten Entscheidungen unter der Aufsicht angemessen qualifizierten Personals und nicht allein mit automatisierten Mitteln getroffen werden.

Artikel 21

Außergerichtliche Streitbeilegung

(1)   Nutzer, einschließlich meldender Personen oder Einrichtungen, die von den in Artikel 20 Absatz 1 genannten Entscheidungen betroffen sind, haben das Recht, zur Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit diesen Entscheidungen sowie mit Beschwerden, die nicht mit den Mitteln des in dem Artikel genannten internen Beschwerdemanagementsystems gelöst wurden, eine gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels zertifizierte außergerichtliche Streitbeilegungsstelle zu wählen.

Die Anbieter von Online-Plattformen stellen sicher, dass die Informationen über die in Unterabsatz 1 genannte Möglichkeit der Nutzer hinsichtlich des Zugangs zu einer außergerichtlichen Streitbeilegung in klarer und benutzerfreundlicher Form auf ihrer Online-Schnittstelle leicht zugänglich sind.

Unterabsatz 1 lässt das Recht des betroffenen Nutzers unberührt, im Einklang mit dem anwendbaren Recht zur Beanstandung der Entscheidungen von Anbietern von Online-Plattformen jederzeit vor Gericht zu ziehen.

(2)   Beide Parteien arbeiten nach Treu und Glauben mit der ausgewählten zertifizierten außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle zusammen, um die Streitigkeit beizulegen.

Die Anbieter von Online-Plattformen können die Zusammenarbeit mit einer solchen außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle verweigern, wenn ein Streit bezüglich derselben Informationen und derselben Gründe für die mutmaßliche Rechtswidrigkeit der Inhalte oder ihre mutmaßliche Unvereinbarkeit mit den allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits beigelegt wurde.

Die zugelassene außergerichtliche Streitbeilegungsstelle ist nicht befugt, den Parteien eine bindende Streitbeilegung aufzuerlegen.

(3)   Der Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem die außergerichtliche Streitbeilegungsstelle niedergelassen ist, lässt diese Stelle auf deren Antrag hin für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren, der verlängert werden kann, zu, nachdem die Stelle nachgewiesen hat, dass sie alle folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

sie ist unparteiisch und unabhängig, einschließlich finanziell unabhängig, von Anbietern von Online-Plattformen und von Nutzern der von diesen Plattformen erbrachten Dienste und auch von den meldenden Personen oder Einrichtungen;

b)

sie hat die erforderliche Sachkenntnis in Bezug auf Fragen, die sich in einem oder mehreren bestimmten Bereichen rechtswidriger Inhalte ergeben, oder in Bezug auf die Anwendung und Durchsetzung der allgemeinen Geschäftsbedingungen einer oder mehrerer Arten von Online-Plattformen, sodass die Stelle einen wirksamen Beitrag zur Beilegung einer Streitigkeit leisten kann;

c)

ihre Mitglieder werden auf eine Weise vergütet, die nicht mit dem Ergebnis des Verfahrens im Zusammenhang steht;

d)

die angebotene außergerichtliche Streitbeilegung ist über elektronische Kommunikationsmittel leicht zugänglich, und es besteht die Möglichkeit, die Streitbeilegung online einzuleiten und die erforderlichen einschlägigen Dokumente online einzureichen;

e)

sie ist in der Lage, Streitigkeiten rasch, effizient und kostengünstig in mindestens einer der Amtssprachen der Organe der Union beizulegen;

f)

die angebotene außergerichtliche Streitbeilegung erfolgt nach klaren und fairen Verfahrensregeln, die leicht und öffentlich zugänglich sind und die mit dem geltenden Recht, einschließlich dieses Artikels, vereinbar sind.

Der Koordinator für digitale Dienste gibt folgendes in der Zulassung an:

a)

die besonderen Angelegenheiten gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b, in denen die Stelle Sachkenntnis besitzt, und

b)

die Amtssprache bzw. die Amtssprachen der Organe der Union, in der bzw. denen die Stelle in der Lage ist, Streitigkeiten gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe e beizulegen.

(4)   Die zugelassenen außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen erstatten dem Koordinator für digitale Dienste, der sie zugelassen hat, jährlich Bericht über ihre Tätigkeit und geben dabei zumindest die Zahl der bei ihnen eingegangenen Streitfälle, die Informationen über die Ergebnisse dieser Streitfälle, die durchschnittliche Dauer der Streitbeilegung und etwaige Mängel oder Schwierigkeiten an. Auf Anforderung des Koordinators für digitale Dienste erteilen sie zusätzliche Auskünfte.

Die Koordinatoren für digitale Dienste erstellen alle zwei Jahre einen Bericht über das Funktionieren der von ihnen zugelassenen außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen. Dieser Bericht umfasst insbesondere

a)

eine Liste mit der Anzahl der bei den einzelnen zugelassenen außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen pro Jahr eingegangenen Streitfälle;

b)

Angaben über die Ergebnisse der bei ihnen eingegangenen Streitfälle und über die durchschnittliche Dauer der Streitbeilegung;

c)

eine Darlegung und Erläuterung der etwaigen systematischen oder branchenbezogenen Mängel oder Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Arbeitsweise dieser Stellen;

d)

eine Darlegung der bewährten Verfahren in Bezug auf diese Arbeitsweise;

e)

etwaige Empfehlungen zur Verbesserung dieser Arbeitsweise.

Die zugelassenen außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen stellen den Parteien innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch 90 Kalendertage nach Eingang der Beschwerde, ihre Entscheidungen zur Verfügung. Im Fall hochkomplexer Streitfälle kann die zugelassene außergerichtliche Streitbeilegungsstelle den Zeitraum von 90 Kalendertagen nach eigenem Ermessen um einen weiteren Zeitraum verlängern, der 90 Tage nicht überschreiten darf, sodass sich die maximale Gesamtdauer auf 180 Tage beläuft.

(5)   Entscheidet die außergerichtliche Streitbeilegungsstelle die Streitigkeit zugunsten des Nutzers, einschließlich der meldenden Person oder Einrichtung, so trägt der Anbieter der Online-Plattform sämtliche von der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle erhobenen Gebühren und erstattet dem Nutzer, einschließlich der Person oder Einrichtung, alle sonstigen angemessenen Kosten, die er bzw. sie im Zusammenhang mit der Streitbeilegung gezahlt haben. Entscheidet die außergerichtliche Streitbeilegungsstelle die Streitigkeit zugunsten des Anbieters der Online-Plattform, so ist der Nutzer, einschließlich der meldenden Person oder Einrichtung, nicht verpflichtet, Gebühren oder sonstige Kosten zu erstatten, die der Anbieter der Online-Plattform im Zusammenhang mit der Streitbeilegung gezahlt hat oder noch zahlen muss, es sei denn, die außergerichtliche Streitbeilegungsstelle gelangt zu der Erkenntnis, dass der Nutzer eindeutig böswillig gehandelt hat.

Die von der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle von den Anbietern von Online-Plattformen erhobenen Gebühren müssen angemessen sein und dürfen in keinem Fall die der Streitbeilegungsstelle entstandenen Kosten übersteigen. Für Nutzer ist die Streitbeilegung kostenlos oder für eine Schutzgebühr verfügbar sein.

Die zugelassenen außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen geben dem Nutzer, einschließlich der meldenden Personen oder Einrichtungen, und dem Anbieter der Online-Plattform die Gebühren oder das zur Gebührenfestsetzung verwendete Verfahren vor der Einleitung der Streitbeilegung bekannt.

(6)   Die Mitgliedstaaten können für die Zwecke des Absatzes 1 außergerichtliche Streitbeilegungsstellen einrichten oder die Tätigkeiten einiger oder aller außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen, die sie gemäß Absatz 3 zugelassen haben, unterstützen.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre nach Unterabsatz 1 unternommenen Handlungen ihre Koordinatoren für digitale Dienste nicht darin beeinträchtigen, die betreffenden Stellen gemäß Absatz 3 zuzulassen.

(7)   Ein Koordinator für digitale Dienste, der eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle zugelassen hat, widerruft diese Zulassung, wenn er infolge einer Untersuchung, die er auf eigene Initiative oder aufgrund von von Dritten erhaltenen Informationen durchführt, feststellt, dass die betreffende außergerichtliche Streitbeilegungsstelle die in Absatz 3 genannten Bedingungen nicht mehr erfüllt. Bevor er diese Zulassung widerruft, gibt der Koordinator für digitale Dienste dieser Stelle Gelegenheit, sich zu den Ergebnissen seiner Untersuchung und zu dem beabsichtigten Widerruf der Zulassung der außergerichtlichen Streitbeilegungsstelle zu äußern.

(8)   Die Koordinatoren für digitale Dienste teilen der Kommission die außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen mit, die sie gemäß Absatz 3 zugelassen haben, gegebenenfalls einschließlich der in Unterabsatz 2 jenes Absatzes genannten Spezifikationen, sowie die außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen, deren Zulassung sie widerrufen haben. Die Kommission veröffentlicht auf einer eigens hierfür eingerichteten und leicht zugänglichen Website eine Liste dieser Stellen, einschließlich der genannten Spezifikationen, und hält diese auf dem neuesten Stand.

(9)   Dieser Artikel lässt die Richtlinie 2013/11/EU sowie die alternativen Streitbeilegungsverfahren und -stellen für Verbraucher, die nach jener Richtlinie eingerichtet wurden, unberührt.

Artikel 22

Vertrauenswürdige Hinweisgeber

(1)   Die Anbieter von Online-Plattformen ergreifen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, damit Meldungen, die von in ihrem ausgewiesenen Fachgebiet tätigen vertrauenswürdigen Hinweisgebern über die in Artikel 16 genannten Mechanismen übermittelt werden, vorrangig behandelt und unverzüglich bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden.

(2)   Der Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers nach dieser Verordnung wird auf Antrag einer Stelle vom Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller niedergelassen ist, einem Antragsteller zuerkannt, der nachgewiesen hat, dass er alle folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

die Stelle hat besondere Sachkenntnis und Kompetenz in Bezug auf die Erkennung, Feststellung und Meldung rechtswidriger Inhalte;

b)

sie ist unabhängig von jeglichen Anbietern von Online-Plattformen;

c)

sie übt ihre Tätigkeiten zur Übermittlung von Meldungen sorgfältig, genau und objektiv aus.

(3)   Vertrauenswürdige Hinweisgeber veröffentlichen mindestens einmal jährlich leicht verständliche und ausführliche Berichte über die während des betreffenden Zeitraums gemäß Artikel 16 eingereichten Meldungen. In dem Bericht wird mindestens die Anzahl der Meldungen nach folgenden Kategorien aufgeführt:

a)

Identität des Hostingdiensteanbieters,

b)

Art der gemeldeten mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte,

c)

vom Anbieter ergriffene Maßnahmen.

Diese Berichte enthalten eine Erläuterung der Verfahren, mit denen sichergestellt wird, dass der vertrauenswürdige Hinweisgeber seine Unabhängigkeit bewahrt.

Vertrauenswürdige Hinweisgeber übermitteln dem Koordinator für digitale Dienste diese Berichte und machen sie öffentlich zugänglich. Die Informationen in diesen Berichten dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.

(4)   Die Koordinatoren für digitale Dienste teilen der Kommission und dem Gremium die Namen, Anschriften und E-Mail-Adressen der Stellen mit, denen sie den Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers nach Absatz 2 zuerkannt haben bzw. deren Status als vertrauenswürdige Hinweisgeber sie im Einklang mit Absatz 6 aufgehoben oder im Einklang mit Absatz 7 aberkannt haben.

(5)   Die Kommission veröffentlicht die in Absatz 4 genannten Angaben in einem leicht zugänglichen und maschinenlesbaren Format in einer öffentlich zugänglichen Datenbank und hält diese auf dem neuesten Stand.

(6)   Hat ein Anbieter von Online-Plattformen Informationen, aus denen hervorgeht, dass ein vertrauenswürdiger Hinweisgeber über die in Artikel 16 genannten Mechanismen eine erhebliche Anzahl nicht hinreichend präziser, ungenauer oder unzureichend begründeter Meldungen übermittelt hat, was auch Informationen einschließt, die im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Beschwerden über die in Artikel 20 Absatz 4 genannten internen Beschwerdemanagementsysteme erfasst wurden, so übermittelt er dem Koordinator für digitale Dienste, der der betreffenden Stelle den Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers zuerkannt hat, diese Informationen zusammen mit den nötigen Erläuterungen und Nachweisen. Bei Erhalt der Information des Anbieters von Online-Plattformen und in dem Fall, dass der Koordinator für digitale Dienste der Ansicht ist, dass es berechtigte Gründe für die Einleitung einer Untersuchung gibt, wird der Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers für den Zeitraum der Untersuchung aufgehoben. Diese Untersuchung wird unverzüglich durchgeführt.

(7)   Der Koordinator für digitale Dienste, der einer Stelle den Status des vertrauenswürdigen Hinweisgebers zuerkannt hat, widerruft diesen Status, wenn er infolge einer Untersuchung, die er auf eigene Initiative oder aufgrund von Informationen durchführt, die er von Dritten erhalten hat, auch der von einem Anbieter von Online-Plattformen nach Absatz 6 vorgelegten Informationen, feststellt, dass die betreffende Stelle die in Absatz 2 genannten Bedingungen nicht mehr erfüllt. Bevor er diesen Status widerruft, gibt der Koordinator für digitale Dienste der Stelle Gelegenheit, sich zu den Ergebnissen seiner Untersuchung und zu dem beabsichtigten Widerruf des Status der Stelle als vertrauenswürdiger Hinweisgeber zu äußern.

(8)   Die Kommission gibt nach Anhörung des Gremiums, soweit erforderlich, Leitlinien heraus, um die Anbieter von Online-Plattformen und die Koordinatoren für digitale Dienste bei der Anwendung der Absätze 2, 6 und 7 zu unterstützen.

Artikel 23

Maßnahmen und Schutz vor missbräuchlicher Verwendung

(1)   Die Anbieter von Online-Plattformen setzen die Erbringung ihrer Dienste für Nutzer, die häufig und offensichtlich rechtswidrige Inhalte bereitstellen, für einen angemessenen Zeitraum nach vorheriger Warnung aus.

(2)   Die Anbieter von Online-Plattformen setzen die Bearbeitung von Meldungen und Beschwerden, die über die in den Artikeln 16 und 20 genannten Melde- und Abhilfeverfahren bzw. interne Beschwerdemanagementsysteme von Personen oder Stellen oder von Beschwerdeführern eingehen, die häufig offensichtlich unbegründete Meldungen oder Beschwerden einreichen, für einen angemessenen Zeitraum nach vorheriger Warnung aus.

(3)   Bei der Entscheidung über die Aussetzung bewerten die Anbieter von Online-Plattformen von Fall zu Fall zeitnah, sorgfältig und in objektiver Weise, ob der Nutzer, die Person, die Einrichtung oder der Beschwerdeführer an einer in den Absätzen 1 und 2 genannten missbräuchlichen Verwendung beteiligt ist, wobei sie alle einschlägigen Tatsachen und Umstände berücksichtigen, die aus den dem Anbieter von Online-Plattformen vorliegenden Informationen ersichtlich sind. Zu solchen Umständen gehören zumindest:

a)

die absolute Anzahl der offensichtlich rechtswidrigen Inhalte oder der offensichtlich unbegründeten Meldungen oder Beschwerden, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums bereitgestellt bzw. eingereicht wurden;

b)

deren relativer Anteil an der Gesamtzahl der in einem bestimmten Zeitraum bereitgestellten Einzelinformationen oder innerhalb eines bestimmten Zeitraums gemachten Meldungen;

c)

die Schwere der Fälle der missbräuchlichen Verwendung, einschließlich der Art der rechtswidrigen Inhalte, und deren Folgen;

d)

die von dem Nutzer, der Person, der Einrichtung oder dem Beschwerdeführer verfolgten Absichten, sofern diese Absichten ermittelt werden können.

(4)   Die Anbieter von Online-Plattformen legen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen klar und ausführlich ihre Regeln für den Umgang mit der in den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels genannten missbräuchlichen Verwendung dar und nennen Beispiele für Tatsachen und Umstände, die sie bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eine missbräuchliche Verwendung darstellt, berücksichtigen, und für die Dauer der Aussetzung.

Artikel 24

Transparenzberichtspflichten der Anbieter von Online-Plattformen

(1)   Zusätzlich zu den in Artikel 15 genannten Informationen nehmen die Anbieter von Online-Plattformen in die in jenem Artikel genannten Berichte folgende Informationen auf:

a)

Anzahl der Streitigkeiten, die den in Artikel 21 genannten außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen vorgelegt wurden, Ergebnisse der Streitbeilegung und Mediandauer bis zum Abschluss der Streitbeilegungsverfahren sowie Anteil der Streitigkeiten, bei denen die Anbieter von Online-Plattform die Entscheidungen der Stelle umgesetzt haben;

b)

Anzahl der Aussetzungen nach Artikel 23, wobei zwischen Aussetzungen wegen offensichtlich rechtswidriger Inhalte, wegen Übermittlung offensichtlich unbegründeter Meldungen und wegen Einreichung offensichtlich unbegründeter Beschwerden zu unterscheiden ist.

(2)   Bis zum 17. Februar 2023 und danach mindestens alle sechs Monate veröffentlichen Anbieter für jede Online-Plattform oder Online-Suchmaschine in einem öffentlich zugänglichen Bereich ihrer Online-Schnittstelle Informationen über die durchschnittliche monatliche Zahl ihrer aktiven Nutzer in der Union, berechnet als Durchschnitt der vergangenen sechs Monate und nach der Methode, die in den in Artikel 33 Absatz 3 genannten delegierten Rechtsakten festgelegt wird, wenn diese delegierten Rechtsakte erlassen wurden.

(3)   Die Anbieter von Online-Plattformen oder Online-Suchmaschinen übermitteln dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und der Kommission auf deren Verlangen und unverzüglich die in Absatz 2 genannten Informationen, die zum Zeitpunkt dieses Verlangens aktualisiert werden. Dieser Koordinator für digitale Dienste oder die Kommission kann vom Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine zusätzliche Informationen über die in jenem Absatz genannte Berechnung sowie Erläuterungen und Begründungen in Bezug auf die verwendeten Daten verlangen. Diese Informationen dürfen keine personenbezogenen Daten enthalten.

(4)   Hat der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort auf der Grundlage der gemäß den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels erhaltenen Informationen Grund zu der Annahme, dass ein Anbieter einer Online-Plattform oder einer Online-Suchmaschine den in Artikel 33 Absatz 1 festgelegten Schwellenwert der durchschnittlichen monatlichen aktiven Nutzer in der Union erreicht, so teilt er dies der Kommission mit.

(5)   Die Anbieter von Online-Plattformen übermitteln der Kommission unverzüglich die in Artikel 17 Absatz 1 genannten Entscheidungen und Begründungen für die Aufnahme in eine öffentlich zugängliche, von der Kommission verwaltete maschinenlesbare Datenbank. Die Anbieter von Online-Plattformen stellen sicher, dass die übermittelten Informationen keine personenbezogenen Daten enthalten.

(6)   Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen sie Vorlagen für Form, Inhalt und sonstige Einzelheiten der Berichte nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels festlegt. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 88 genannten Beratungsverfahren erlassen.

Artikel 25

Gestaltung und Organisation der Online-Schnittstelle

(1)   Anbieter von Online-Plattformen dürfen ihre Online-Schnittstellen nicht so konzipieren, organisieren oder betreiben, dass Nutzer getäuscht, manipuliert oder anderweitig in ihrer Fähigkeit, freie und informierte Entscheidungen zu treffen, maßgeblich beeinträchtigt oder behindert werden.

(2)   Das Verbot in Absatz 1 gilt nicht für Praktiken, die unter die Richtlinie 2005/29/EG oder die Verordnung (EU) 2016/679 fallen.

(3)   Die Kommission kann Leitlinien für die Anwendung von Absatz 1 auf eine bestimmte Praxis herausgeben, insbesondere in Bezug darauf,

a)

dass bestimmte Auswahlmöglichkeiten stärker hervorgehoben werden, wenn der Nutzer eine Entscheidung treffen muss,

b)

dass der Nutzer wiederholt aufgefordert wird, eine Auswahl zu treffen, obwohl eine solche Auswahl bereits getroffen wurde, insbesondere durch die Einblendung eines Fensters, mit der die Nutzererfahrung beeinträchtigt wird,

c)

dass das Verfahren zur Beendigung eines Dienstes schwieriger als das Verfahren zur Anmeldung bei diesem Dienst gestaltet wird.

Artikel 26

Werbung auf Online-Plattformen

(1)   Die Anbieter von Online-Plattformen, die Werbung auf ihren Online-Schnittstellen darstellen, stellen sicher, dass Nutzer für jede einzelne Werbung, die jedem einzelnen Nutzer dargestellt wird, in der Lage sind, in klarer, präziser und eindeutiger Weise und in Echtzeit Folgendes zu erkennen:

a)

dass es sich bei den Informationen um Werbung handelt, einschließlich durch hervorgehobene Kennzeichnungen, die Standards gemäß Artikel 44 folgen können,

b)

die natürliche oder juristische Person, in deren Namen die Werbung angezeigt wird,

c)

die natürliche oder juristische Person, die für die Werbung bezahlt hat, wenn sich diese Person von der in Buchstabe b genannten natürlichen oder juristischen Person unterscheidet,

d)

aussagekräftige, über die Werbung direkt und leicht zugängliche Informationen über die wichtigsten Parameter zur Bestimmung der Nutzer, denen die Werbung angezeigt wird, und darüber, wie diese Parameter unter Umständen geändert werden können.

(2)   Die Anbieter von Online-Plattformen bieten den Nutzern eine Funktion, mit der sie erklären können, ob der von ihnen bereitgestellte Inhalt eine kommerzielle Kommunikation darstellt oder eine solche kommerzielle Kommunikation enthält.

Gibt ein Nutzer eine Erklärung gemäß diesem Absatz ab, so stellt der Anbieter der Online-Plattform sicher, dass die anderen Nutzer klar und eindeutig und in Echtzeit, einschließlich durch hervorgehobene Kennzeichnungen, die Standards gemäß Artikel 44 folgen können, feststellen können, dass der von dem Nutzer bereitgestellte Inhalt eine kommerzielle Kommunikation wie in dieser Erklärung beschrieben darstellt oder enthält.

(3)   Die Anbieter von Online-Plattformen dürfen Nutzern keine Werbung anzeigen, die auf Profiling gemäß Artikel 4 Nummer 4 der Verordnung (EU) 2016/679 unter Verwendung besonderer Kategorien personenbezogener Daten gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 beruht.

Artikel 27

Transparenz der Empfehlungssysteme

(1)   Anbieter von Online-Plattformen, die Empfehlungssysteme verwenden, müssen in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen in klarer und verständlicher Sprache die wichtigsten Parameter, die in ihren Empfehlungssystemen verwendet werden, sowie alle Möglichkeiten für die Nutzer, diese wichtigen Parameter zu ändern oder zu beeinflussen, darlegen.

(2)   Im Rahmen der in Absatz 1 genannten wichtigen Parameter wird erläutert, warum dem Nutzer bestimmte Informationen vorgeschlagen werden. Sie umfassen mindestens Folgendes:

a)

die Kriterien, die für die Bestimmung der Informationen, die dem Nutzer vorgeschlagen werden, am wichtigsten sind,

b)

die Gründe für die relative Bedeutung dieser Parameter.

(3)   Stehen mehrere Optionen gemäß Absatz 1 für Empfehlungssysteme zur Verfügung, anhand deren die relative Reihenfolge der den Nutzern bereitgestellten Informationen bestimmt wird, so machen die Anbieter von Online-Plattformen auch eine Funktion zugänglich, die es dem Nutzer ermöglicht, seine bevorzugte Option jederzeit auszuwählen und zu ändern. Diese Funktion ist von dem spezifischen Abschnitt der Online-Schnittstelle der Online-Plattform, in dem die Informationen vorrangig sind, unmittelbar und leicht zugänglich.

Artikel 28

Online-Schutz Minderjähriger

(1)   Anbieter von Online-Plattformen, die für Minderjährige zugänglich sind, müssen geeignete und verhältnismäßige Maßnahmen ergreifen, um für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen innerhalb ihres Dienstes zu sorgen.

(2)   Anbieter von Online-Plattformen dürfen auf ihrer Schnittstelle keine Werbung auf der Grundlage von Profiling gemäß Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 unter Verwendung personenbezogener Daten des Nutzers darstellen, wenn sie hinreichende Gewissheit haben, dass der betreffende Nutzer minderjährig ist.

(3)   Zur Einhaltung der in diesem Artikel festgelegten Verpflichtungen sind die Anbieter von Online-Plattformen nicht verpflichtet, zusätzliche personenbezogene Daten zu verarbeiten, um festzustellen, ob der Nutzer minderjährig ist.

(4)   Die Kommission kann nach Anhörung des Ausschusses Leitlinien herausgeben, um die Anbieter von Online-Plattformen bei der Anwendung von Absatz 1 zu unterstützen.

ABSCHNITT 4

Bestimmungen für Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen

Artikel 29

Ausnahme für Kleinst- und Kleinunternehmen

(1)   Der vorliegende Abschnitt gilt nicht für Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, bei denen es sich um Kleinst- oder Kleinunternehmen gemäß der Empfehlung 2003/361/EG handelt.

Wenn Unternehmen den Status eines Kleinst- oder Kleinunternehmens gemäß der Empfehlung 2003/361/EG verlieren, findet der vorliegende Abschnitt auch in den 12 Monaten nach dem Verlust dieses Status gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Empfehlung keine Anwendung auf Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, es sei denn, sie sind sehr große Online-Plattformen im Sinne des Artikels 33.

(2)   Abweichend von Absatz 1 findet der vorliegende Abschnitt Anwendung auf Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, die im Sinne des Artikels 33 als sehr große Online-Plattformen eingestuft wurden, unabhängig davon, ob sie als Kleinst- oder Kleinunternehmen gelten.

Artikel 30

Nachverfolgbarkeit von Unternehmern

(1)   Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, stellen sicher, dass Unternehmer diese Online-Plattformen nur dann benutzen können, um bei Verbrauchern in der Union für ihre Produkte oder Dienstleistungen zu werben und ihnen diese anzubieten, wenn sie vor der Benutzung ihrer Dienste zu diesen Zwecken folgende Informationen erhalten haben, soweit dies auf den Unternehmer zutrifft:

a)

Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers,

b)

Kopie des Identitätsdokuments des Unternehmers oder eine andere elektronische Identifizierung im Sinne des Artikels 3 der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (40),

c)

Angaben zum Zahlungskonto des Unternehmers,

d)

falls der Unternehmer in einem Handelsregister oder einem ähnlichen öffentlichen Register eingetragen ist, das Handelsregister, in dem er eingetragen ist, und seine Handelsregisternummer oder eine gleichwertige in diesem Register verwendete Kennung,

e)

Selbstbescheinigung des Unternehmers, in der sich dieser verpflichtet, nur Produkte oder Dienstleistungen anzubieten, die den geltenden Vorschriften des Unionsrechts entsprechen.

(2)   Nach Erhalt der in Absatz 1 genannten Informationen und bevor er dem betreffenden Unternehmer die Nutzung seiner Dienste gestattet, bemüht sich der Anbieter der Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, nach besten Kräften darum, zu prüfen, ob die in Absatz 1 Buchstaben a bis e genannten Informationen verlässlich und vollständig sind, indem er frei zugängliche amtliche Online-Datenbanken abfragt oder Online-Schnittstellen nutzt, die von einem Mitgliedstaat oder der Union zur Verfügung gestellt werden, oder indem er vom Unternehmer Nachweise aus verlässlichen Quellen verlangt. Für die Zwecke dieser Verordnung haften die Unternehmer für die Richtigkeit der übermittelten Informationen.

In Bezug auf Unternehmer, die bereits die Dienste von Anbietern von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, für die in Absatz 1 genannten Zwecke am 17. Februar 2024 nutzen, bemühen sich die Anbieter nach besten Kräften darum, von diesen Unternehmern innerhalb von 12 Monaten die in der Liste aufgeführten Informationen zu erhalten. Übermitteln diese Unternehmer die Informationen nicht innerhalb dieser Frist, so setzen die Anbieter die Erbringung ihrer Dienstleistungen für diese Unternehmer aus, bis sie alle Informationen zur Verfügung gestellt haben.

(3)   Erhält der Anbieter der Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, ausreichend Hinweise darauf oder hat er Grund zu der Annahme, dass eine in Absatz 1 genannte Einzelinformation, die er vom betreffenden Unternehmer erhalten hat, unrichtig, unvollständig oder nicht auf dem aktuellen Stand ist, fordert der Anbieter den Unternehmer auf, unverzüglich oder innerhalb der im Unionsrecht und im nationalen Recht festgelegten Frist Abhilfe zu schaffen.

Versäumt es der Unternehmer, diese Informationen zu berichtigen oder zu vervollständigen, so setzt der Anbieter der Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, seine Dienste in Bezug auf das Angebot von Produkten oder Dienstleistungen für Verbraucher in der Union für den Unternehmer zügig aus, bis dieser der Aufforderung vollständig nachgekommen ist.

(4)   Unbeschadet des Artikels 4 der Verordnung (EU) 2019/1150 hat ein Unternehmen, wenn ihm ein Anbieter einer Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, die Nutzung seines Dienstes gemäß Absatz 1 verweigert oder die Bereitstellung seines Dienstes gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels aussetzt, das Recht, eine Beschwerde gemäß den Artikeln 20 und 21 der vorliegenden Verordnung einzureichen.

(5)   Der Anbieter der Online-Plattform, der Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, speichert die nach den Absätzen 1 und 2 erhaltenen Informationen für die Dauer von sechs Monaten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem betreffenden Unternehmer in sicherer Weise. Anschließend löscht er die Informationen.

(6)   Unbeschadet des Absatzes 2 dieses Artikels gibt der Anbieter der Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, die Informationen nur dann an Dritte weiter, wenn sie nach geltendem Recht, einschließlich der in Artikel 10 genannten Anordnungen und der Anordnungen, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder der Kommission zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß dieser Verordnung erlassen werden, dazu verpflichtet sind.

(7)   Der Anbieter der Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, stellt den Nutzern die in Absatz 1 Buchstaben a, d und e genannten Informationen in klarer, leicht zugänglicher und verständlicher Weise auf seiner Online-Plattform zur Verfügung. Diese Informationen müssen zumindest auf der Online-Schnittstelle der Online-Plattform verfügbar sein, auf der die Informationen über das Produkt oder den Dienst bereitgestellt werden.

Artikel 31

Konformität durch Technikgestaltung

(1)   Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, stellen sicher, dass ihre Online-Schnittstelle so konzipiert und organisiert ist, dass die Unternehmer ihren Verpflichtungen in Bezug auf vorvertragliche Informationen, Konformität und Produktsicherheitsinformationen nach geltendem Unionsrecht nachkommen können.

Insbesondere gewährleistet der Anbieter, dass seine Online-Schnittstelle es den Unternehmern ermöglicht, Informationen zu Namen, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des Wirtschaftsakteurs im Sinne von Artikel 3 Nummer 13 der Verordnung (EU) 2019/1020 und anderen Rechtsvorschriften der Union bereitzustellen.

(2)   Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmen ermöglichen, stellen sicher, dass ihre Online-Schnittstelle so konzipiert und organisiert ist, dass Unternehmer zumindest Folgendes bereitstellen können:

a)

die Informationen, die für eine klare und eindeutige Identifizierung der Produkte oder Dienstleistungen erforderlich sind, die den Verbrauchern in der Union über die Dienste der Anbieter beworben oder angeboten werden,

b)

ein Zeichen zur Identifizierung des Unternehmers, etwa die Marke, das Symbol oder das Logo, und,

c)

falls vorgeschrieben, die Informationen in Bezug auf die Etikettierung und Kennzeichnung im Einklang mit den Vorschriften des geltenden Unionsrechts über Produktsicherheit und Produktkonformität.

(3)   Anbieter von Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, bemühen sich nach besten Kräften darum, zu bewerten, ob solche Unternehmer die in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen bereitgestellt haben, bevor sie diesen gestatten, ihre Produkte oder Dienstleistungen auf diesen Plattformen anzubieten. Nachdem er dem Unternehmer gestattet hat, Produkte oder Dienstleistungen auf seiner Online-Plattform anzubieten, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, bemüht sich der Anbieter, in angemessener Weise darum, stichprobenartig in einer amtlichen, frei zugänglichen und maschinenlesbaren Online-Datenbank oder Online-Schnittstelle zu prüfen, ob die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen als rechtswidrig eingestuft wurden.

Artikel 32

Recht auf Information

(1)   Erhält ein Anbieter einer Online-Plattform, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglicht, unabhängig von den verwendeten Mitteln Kenntnis, dass ein rechtswidriges Produkt oder eine rechtswidrige Dienstleistung von einem Unternehmer über seine Dienste Verbrauchern in der Union angeboten wurde, so informiert er – sofern ihm deren Kontaktdaten vorliegen – die Verbraucher, die das rechtswidrige Produkt oder die rechtswidrige Dienstleistung über seine Dienste erworben haben über Folgendes:

a)

die Tatsache, dass das Produkt oder die Dienstleistung rechtswidrig ist

b)

die Identität des Unternehmers und

c)

die einschlägigen Rechtsbehelfe.

Die Pflicht nach Unterabsatz 1 gilt nur für den Erwerb von rechtswidrigen Produkten oder Dienstleistungen in den vergangenen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anbieter von der Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt hat.

(2)   Verfügt der Anbieter der Online-Plattformen, die Verbrauchern den Abschluss von Fernabsatzverträgen mit Unternehmern ermöglichen, in der in Absatz 1 genannten Situation nicht über die Kontaktdaten aller betroffenen Verbraucher, so macht dieser Anbieter die Informationen über das rechtswidrige Produkt oder die rechtswidrige Dienstleistung, die Identität des Unternehmers und die einschlägigen Rechtsbehelfe auf seiner Online-Schnittstelle öffentlich und leicht zugänglich.

ABSCHNITT 5

Zusätzliche Verpflichtungen in Bezug auf den Umgang mit systemischen Risiken für Anbieter von sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen

Artikel 33

Sehr große Online-Plattformen und sehr große Online-Suchmaschinen

(1)   Dieser Abschnitt gilt für Online-Plattformen und Online-Suchmaschinen, die eine durchschnittliche monatliche Zahl von mindestens 45 Millionen aktiven Nutzern in der Union haben und die gemäß Absatz 4 als sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen benannt sind.

(2)   Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 87, um die in Absatz 1 genannte durchschnittliche monatliche Zahl der aktiven Nutzer in der Union anzupassen, falls die Bevölkerung der Union gegenüber ihrer Bevölkerung im Jahr 2020 oder – nach einer Anpassung durch einen delegierten Rechtsakt – gegenüber ihrer Bevölkerung in dem Jahr, in dem der letzte delegierte Rechtsakt erlassen wurde, um mindestens 5 % zu- oder abnimmt. In diesem Fall passt sie die Zahl so an, dass sie 10 % der Bevölkerung der Union in dem Jahr entspricht, in dem sie den delegierten Rechtsakt erlässt, und zwar so auf- oder abgerundet, dass die Zahl in Millionen ausgedrückt werden kann.

(3)   Die Kommission kann – nach Anhörung des Gremiums – delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 87 erlassen, um für die Zwecke von Absatz 1 des vorliegenden Artikels und von Artikel 24 Absatz 2 die Bestimmungen dieser Verordnung zu ergänzen, indem sie die Methode zur Berechnung der durchschnittlichen monatlichen Zahl der aktiven Nutzer in der Union ergänzt und sicherstellt, dass die Methode den Markt- und Technologieentwicklungen Rechnung trägt.

(4)   Die Kommission erlässt nach Konsultation des Mitgliedstaats der Niederlassung oder nach Berücksichtigung der vom Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort gemäß Artikel 24 Absatz 4 bereitgestellten Informationen einen Beschluss, mit dem für die Zwecke dieser Verordnung die Online-Plattform oder die Online-Suchmaschine als sehr große Online-Plattform oder sehr große Online-Suchmaschine benannt wird, deren durchschnittliche monatliche Zahl aktiver Nutzer mindestens der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Zahl entspricht. Die Kommission fasst ihren Beschluss auf der Grundlage der vom Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine gemeldeten Daten gemäß Artikel 24 Absatz 2 oder der gemäß Artikel 24 Absatz 3 verlangten Informationen oder etwaiger anderer der Kommission zur Verfügung stehender Informationen.

Kommt der Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine den Bestimmungen des Artikels 24 Absatz 2 oder der Aufforderung des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort oder der Aufforderung der Kommission gemäß Artikel 24 Absatz 3 nicht nach, so hindert dies die Kommission nicht daran, diesen Anbieter gemäß diesem Absatz als Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine zu benennen.

Stützt die Kommission ihren Beschluss auf andere Informationen, die ihr gemäß Unterabsatz 1 vorliegen, oder auf zusätzliche Informationen, die gemäß Artikel 24 Absatz 3 angefordert werden, so gibt sie dem betroffenen Anbieter der Online-Plattforme oder der Online-Suchmaschine zehn Arbeitstage, um zu den vorläufigen Feststellungen der Kommission, dass sie die Online-Plattform oder die Online-Suchmaschine als sehr große Online-Plattform bzw. sehr große Online-Suchmaschine zu benennen beabsichtigt, Stellung zu nehmen. Die Kommission trägt den Stellungnahmen des betroffenen Anbieters gebührend Rechnung.

Nimmt der Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine nicht gemäß Unterabsatz 3 Stellung, so hindert dies die Kommission nicht daran, diese Online-Plattform oder diese Online-Suchmaschine auf der Grundlage anderer ihr zur Verfügung stehenden Informationen als sehr große Online-Plattform bzw. sehr große Online-Suchmaschine zu benennen.

(5)   Die Kommission hebt die Benennung auf, wenn die Online-Plattform oder die Online-Suchmaschine während eines ununterbrochenen Zeitraums von einem Jahr nicht über eine durchschnittliche monatliche Zahl aktiver Nutzer verfügt, die der in Absatz 1 genannten Zahl entspricht oder darüber liegt.

(6)   Die Kommission teilt dem betroffenen Anbieter der Online-Plattform oder der Online-Suchmaschine, dem Gremium und dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort ihre Beschlüsse gemäß den Absätzen 4 und 5 unverzüglich mit.

Die Kommission sorgt dafür, dass die Liste der benannten sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird, und hält diese Liste auf dem neuesten Stand. Nach Ablauf von vier Monaten nach der in Unterabsatz 1 genannten Mitteilung an den Anbieter finden die Pflichten dieses Abschnitts auf die betroffenen sehr großen Online-Plattformen und sehr großen Online-Suchmaschinen Anwendung bzw. keine Anwendung mehr.

Artikel 34

Risikobewertung

(1)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen ermitteln, analysieren und bewerten sorgfältig alle systemischen Risiken in der Union, die sich aus der Konzeption oder dem Betrieb ihrer Dienste und seinen damit verbundenen Systemen, einschließlich algorithmischer Systeme, oder der Nutzung ihrer Dienste ergeben.

Sie führen die Risikobewertungen bis zu dem in Artikel 33 Absatz 6 Unterabsatz 2 genannten Anwendungsbeginn und danach mindestens einmal jährlich, in jedem Fall aber vor der Einführung von Funktionen durch, die voraussichtlich kritische Auswirkungen auf die gemäß diesem Artikel ermittelten Risiken haben. Diese Risikobewertung erfolgt spezifisch für ihre Dienste und verhältnismäßig zu den systemischen Risiken unter Berücksichtigung ihrer Schwere und Wahrscheinlichkeit und umfasst die folgenden systemischen Risiken:

a)

Verbreitung rechtswidriger Inhalte über ihre Dienste;

b)

etwaige tatsächliche oder vorhersehbare nachteilige Auswirkungen auf die Ausübung der Grundrechte, insbesondere des in Artikel 1 der Charta verankerten Grundrechts auf Achtung der Menschenwürde, des in Artikel 7 der Charta verankerten Grundrechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens, des in Artikel 8 der Charta verankerten Grundrechts auf Schutz personenbezogener Daten, des in Artikel 11 der Charta verankerten Grundrechts auf die Meinungs- und Informationsfreiheit, einschließlich Medienfreiheit und -pluralismus auf das in Artikel 21 der Charta verankerte Grundrecht auf Nichtdiskriminierung, die in Artikel 24 der Charta verankerten Rechte des Kindes und den in Artikel 38 der Charta verankerten umfangreichen Verbraucherschutz;

c)

alle tatsächlichen oder absehbaren nachteiligen Auswirkungen auf die gesellschaftliche Debatte und auf Wahlprozesse und die öffentliche Sicherheit;

d)

alle tatsächlichen oder absehbaren nachteiligen Auswirkungen in Bezug auf geschlechtsspezifische Gewalt, den Schutz der öffentlichen Gesundheit und von Minderjährigen sowie schwerwiegende nachteilige Folgen für das körperliche und geistige Wohlbefinden einer Person.

(2)   Bei der Durchführung der Risikobewertung berücksichtigen die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen insbesondere, ob und wie die folgenden Faktoren die in Absatz 1 genannten systemischen Risiken beeinflussen:

a)

die Gestaltung ihrer Empfehlungssysteme und anderer relevanter algorithmischer Systeme;

b)

ihre Systeme zur Moderation von Inhalten;

c)

die anwendbaren allgemeinen Geschäftsbedingungen und ihre Durchsetzung;

d)

Systeme zur Auswahl und Anzeige von Werbung;

e)

die datenbezogene Praxis des Anbieters.

Bei den Bewertungen wird auch analysiert, ob und wie die Risiken gemäß Absatz 1 durch vorsätzliche Manipulation ihres Dienstes, auch durch unauthentische Verwendung oder automatisierte Ausnutzung des Dienstes, sowie durch die Verstärkung und die Möglichkeit der raschen und weiten Verbreitung von rechtswidrigen Inhalten und von Informationen, die mit ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen unvereinbar sind, beeinflusst werden.

Bei der Bewertung werden spezifische regionale oder sprachliche Aspekte auch dann berücksichtigt, wenn sie für einen Mitgliedstaat spezifisch sind.

(3)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen bewahren die entsprechenden Dokumente der Risikobewertungen mindestens drei Jahre nach Durchführung der Risikobewertungen auf und übermitteln sie der Kommission und dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort bei Bedarf.

Artikel 35

Risikominderung

(1)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen ergreifen angemessene, verhältnismäßige und wirksame Risikominderungsmaßnahmen, die auf die gemäß Artikel 34 ermittelten besonderen systemischen Risiken zugeschnitten sind, wobei die Auswirkungen solcher Maßnahmen auf die Grundrechte besonders zu berücksichtigen sind. Hierzu können unter Umständen gehören:

a)

Anpassung der Gestaltung, der Merkmale oder der Funktionsweise ihrer Dienste einschließlich ihrer Online-Schnittstellen;

b)

Anpassung der allgemeinen Geschäftsbedingungen und ihrer Durchsetzung;

c)

Anpassung der Verfahren zur Moderation von Inhalten, einschließlich der Geschwindigkeit und Qualität der Bearbeitung von Meldungen zu bestimmten Arten rechtswidriger Inhalte, und, soweit erforderlich, rasche Entfernung der gemeldeten Inhalte oder Sperrung des Zugangs dazu, insbesondere in Bezug auf rechtswidrige Hetze oder Cybergewalt; sowie Anpassung aller einschlägigen Entscheidungsprozesse und der für die Moderation von Inhalten eingesetzten Mittel;

d)

Erprobung und Anpassung ihrer algorithmischen Systeme, einschließlich ihrer Empfehlungssysteme;

e)

Anpassung ihrer Werbesysteme und Annahme von gezielten Maßnahmen zur Beschränkung oder Anpassung der Anzeige von Werbung in Verbindung mit dem von ihnen erbrachten Dienst;

f)

Stärkung der internen Prozesse, der Ressourcen, der Prüfung, der Dokumentation oder der Beaufsichtigung ihrer Tätigkeiten, insbesondere im Hinblick auf die Erkennung systemischer Risiken;

g)

Beginn oder Anpassung der Zusammenarbeit mit vertrauenswürdigen Hinweisgebern gemäß Artikel 22 und der Umsetzung der Entscheidungen von außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen gemäß Artikel 21;

h)

Beginn oder Anpassung der Zusammenarbeit mit anderen Anbietern von Online-Plattformen oder Online-Suchmaschinen anhand der in Artikel 45 und Artikel 48 genannten Verhaltenskodizes bzw. Krisenprotokolle;

i)

Sensibilisierungsmaßnahmen und Anpassung ihrer Online-um Nutzern mehr Informationen zu geben;

j)

gezielte Maßnahmen zum Schutz der Rechte des Kindes, darunter auch Werkzeuge zur Altersüberprüfung und zur elterlichen Kontrolle sowie Werkzeuge, die es Minderjährigen ermöglichen sollen, Missbrauch zu melden bzw. Unterstützung zu erhalten;

k)

Sicherstellung, dass eine Einzelinformation, unabhängig davon, ob es sich um einen erzeugten oder manipulierten Bild-, Ton- oder Videoinhalt handelt, der bestehenden Personen, Gegenständen, Orten oder anderen Einrichtungen oder Ereignissen merklich ähnelt und einer Person fälschlicherweise als echt oder wahrheitsgemäß erscheint, durch eine auffällige Kennzeichnung erkennbar ist, wenn sie auf ihren Online-Schnittstellen angezeigt wird, und darüber hinaus Bereitstellung einer benutzerfreundlichen Funktion, die es den Nutzern des Dienstes ermöglicht, solche Informationen anzuzeigen.

(2)   Das Gremium veröffentlicht in Zusammenarbeit mit der Kommission einmal jährlich einen umfassenden Bericht. Der Bericht enthält folgende Informationen:

a)

Ermittlung und Bewertung der auffälligsten wiederkehrenden systemischen Risiken, die von Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen gemeldet oder über andere Informationsquellen, insbesondere aus den gemäß den Artikeln 39, 40 und 42 bereitgestellten Informationen, ermittelt wurden;

b)

bewährte Verfahren für Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen zur Minderung der ermittelten systemischen Risiken.

Dieser Bericht enthält Angaben über systemische Risiken, aufgeschlüsselt nach den Mitgliedstaaten, in denen sie gegebenenfalls auftraten, und – falls zweckmäßig – in der Union als Ganzes.

(3)   Die Kommission kann in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren für digitale Dienste Leitlinien für die Anwendung des Absatzes 1 in Bezug auf besondere Risiken herausgeben, um insbesondere bewährte Verfahren vorzustellen und mögliche Maßnahmen zu empfehlen, wobei sie die möglichen Auswirkungen der Maßnahmen auf die in der Charta verankerten Grundrechte aller Beteiligten gebührend berücksichtigt. Im Hinblick auf die Ausarbeitung dieser Leitlinien führt die Kommission öffentliche Konsultationen durch.

Artikel 36

Krisenreaktionsmechanismus

(1)   Im Krisenfall kann die Kommission auf Empfehlung des Gremiums einen Beschluss erlassen, in dem ein oder mehrere Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen aufgefordert werden, eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

a)

eine Bewertung, ob und, wenn ja, in welchem Umfang und wie der Betrieb und die Nutzung ihrer Dienste erheblich zu einer schwerwiegenden Bedrohung im Sinne von Absatz 2 beitragen oder voraussichtlich beitragen werden;

b)

die Ermittlung und Anwendung von gezielten, wirksamen und verhältnismäßigen Maßnahmen, etwa Maßnahmen gemäß Artikel 35 Absatz 1 oder Artikel 48 Absatz 2, um einen solchen Beitrag zu der gemäß Buchstabe a ermittelten schwerwiegenden Bedrohung zu verhindern, zu beseitigen oder zu begrenzen;

c)

Berichterstattung an die Kommission bis zu einem bestimmten im Beschluss festgelegten Zeitpunkt oder in regelmäßigen Abständen über die unter Buchstabe a genannten Bewertungen, über den genauen Inhalt, die Durchführung und die qualitativen und quantitativen Auswirkungen der gemäß Buchstabe b ergriffenen gezielten Maßnahmen sowie über alle anderen Fragen im Zusammenhang mit diesen Bewertungen oder Maßnahmen, wie in dem Beschluss festgelegt;

Bei der Ermittlung und Anwendung von Maßnahmen gemäß Buchstabe b berücksichtigt bzw. berücksichtigen der bzw. die Diensteanbieter gebührend die Schwere der in Absatz 2 genannten schwerwiegenden Bedrohung, die Dringlichkeit der Maßnahmen und die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Rechte und berechtigten Interessen aller betroffenen Parteien, einschließlich des möglichen Versäumnisses, bei den Maßnahmen die in der Charta verankerten Grundrechte zu achten.

(2)   Für die Zwecke dieses Artikels gilt eine Krise als eingetreten, wenn außergewöhnliche Umstände eintreten, die zu einer schwerwiegenden Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Gesundheit in der Union oder in wesentlichen Teilen der Union führen können.

(3)   Bei der Beschlussfassung nach Absatz 1 stellt die Kommission sicher, dass alle folgenden Anforderungen erfüllt sind:

a)

die in dem Beschluss geforderten Maßnahmen sind unbedingt erforderlich, gerechtfertigt und verhältnismäßig, insbesondere in Bezug auf die Schwere der in Absatz 2 genannten schwerwiegenden Bedrohung, die Dringlichkeit der Maßnahmen und die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen auf die Rechte und berechtigten Interessen aller betroffenen Parteien, einschließlich des möglichen Versäumnisses, bei den Maßnahmen die in der Charta verankerten Grundrechte zu achten;

b)

in dem Beschluss wird eine angemessene Frist festgelegt, innerhalb deren die in Absatz 1 Buchstabe b genannten gezielten Maßnahmen zu treffen sind, wobei insbesondere der Dringlichkeit dieser Maßnahmen und der für ihre Vorbereitung und Durchführung erforderlichen Zeit Rechnung zu tragen ist;

c)

die in dem Beschluss geforderten Maßnahmen sind auf eine Dauer von höchstens drei Monaten begrenzt.

(4)   Nach der Annahme des Beschlusses nach Absatz 1 ergreift die Kommission unverzüglich folgende Maßnahmen:

a)

sie teilt den Beschluss dem Anbieter bzw. den Anbietern mit, an den bzw. die der Beschluss gerichtet ist;

b)

sie macht den Beschluss öffentlich zugänglich; und

c)

sie setzt das Gremium von dem Beschluss in Kenntnis, fordert es auf, dazu Stellung zu nehmen, und hält es über alle weiteren Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Beschluss auf dem Laufenden.

(5)   Die Wahl der gemäß Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 7 Unterabsatz 2 zu treffenden gezielten Maßnahmen verbleibt bei dem Anbieter bzw. den Anbietern, an den bzw. die sich der Beschluss der Kommission richtet.

(6)   Die Kommission kann von sich aus oder auf Ersuchen des Anbieters mit dem Anbieter in einen Dialog treten, um festzustellen, ob die in Absatz 1 Buchstabe b genannten geplanten oder durchgeführten Maßnahmen angesichts der besonderen Umstände des Anbieters wirksam und verhältnismäßig sind, um die verfolgten Ziele zu erreichen. Insbesondere stellt die Kommission sicher, dass die vom Diensteanbieter gemäß Absatz 1 Buchstabe b ergriffenen Maßnahmen den in Absatz 3 Buchstaben a und c genannten Anforderungen entsprechen.

(7)   Die Kommission überwacht die Anwendung der gezielten Maßnahmen, die gemäß dem in Absatz 1 genannten Beschluss getroffen wurden, auf der Grundlage der in Absatz 1 Buchstabe c genannten Berichte und aller sonstigen einschlägigen Informationen, einschließlich der Informationen, die sie gemäß Artikel 40 oder 67 anfordern kann, wobei sie der Entwicklung der Krise Rechnung trägt. Die Kommission erstattet dem Gremium regelmäßig, mindestens jedoch monatlich, über diese Überwachung Bericht.

Ist die Kommission der Auffassung, dass die geplanten oder durchgeführten gezielten Maßnahmen gemäß Absatz 1 Buchstabe b nicht wirksam oder verhältnismäßig sind, so kann sie den Anbieter durch Erlass eines Beschlusses nach Anhörung des Gremiums auffordern, die Ermittlung oder Anwendung dieser gezielten Maßnahmen zu überprüfen.

(8)   Wenn dies angesichts der Entwicklung der Krise angemessen ist, kann die Kommission auf Empfehlung des Gremiums den in Absatz 1 oder Absatz 7 Unterabsatz 2 genannten Beschluss ändern, indem sie

a)

den Widerruf des Beschlusses und – falls angezeigt – die Aufforderung an die sehr große Online-Plattform oder sehr große Online-Suchmaschine, die gemäß Absatz 1 Buchstabe b oder Absatz 7 Unterabsatz 2 ermittelten und umgesetzten Maßnahmen nicht mehr anwendet, insbesondere wenn die Gründe für solche Maßnahmen nicht mehr vorliegen;

b)

den in Absatz 3 Buchstabe c genannten Zeitraum um höchstens drei Monate verlängert;

c)

die bei der Anwendung der Maßnahmen gesammelten Erfahrungen, insbesondere das mögliche Versäumnis, bei den Maßnahmen die in der Charta verankerten Grundrechte zu achten, berücksichtigt.

(9)   Die Anforderungen der Absätze 1 bis 6 gelten für den in diesem Artikel genannten Beschluss und dessen Änderung.

(10)   Die Kommission trägt etwaigen Stellungnahmen des Gremiums gemäß den Empfehlungen in diesem Artikel weitestgehend Rechnung.

(11)   Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat nach der Annahme von Beschlüssen gemäß diesem Artikel jährlich, in jedem Fall jedoch drei Monate nach dem Ende der Krise, über die Anwendung der aufgrund dieser Beschlüsse getroffenen spezifischen Maßnahmen Bericht.

Artikel 37

Unabhängige Prüfung

(1)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen werden mindestens einmal jährlich auf eigene Kosten einer unabhängigen Prüfung unterzogen, bei der die Einhaltung folgender Pflichten und Verpflichtungszusagen bewertet wird:

a)

die in Kapitel III festgelegten Pflichten,

b)

die Verpflichtungszusagen, die gemäß den in den Artikeln 45 und 46 genannten Verhaltenskodizes und den in Artikel 48 genannten Krisenprotokollen gemacht wurden.

(2)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen leisten den Organisationen, die die Prüfungen gemäß diesem Artikel durchführen, die erforderliche Unterstützung und arbeiten mit ihnen zusammen, damit sie diese Prüfungen wirksam, effizient und rechtzeitig durchführen können, unter anderem indem sie ihnen Zugang zu allen relevanten Daten und Räumlichkeiten gewähren und mündliche oder schriftliche Fragen beantworten. Sie dürfen die Durchführung der Prüfung nicht behindern, übermäßig beeinflussen oder untergraben.

Diese Prüfungen sorgen in Bezug auf die Informationen, die sie von den Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen und Dritten im Rahmen der Prüfungen, auch nach Abschluss der Prüfungen, erhalten, für ein angemessenes Maß an Vertraulichkeit und die Einhaltung der Geheimhaltungspflicht. Die Einhaltung dieser Anforderung darf sich jedoch nicht nachteilig auf die Durchführung der Prüfungen und anderer Bestimmungen dieser Verordnung, insbesondere der Bestimmungen über Transparenz, Überwachung und Durchsetzung, auswirken. Soweit es für die Zwecke der Transparenzberichtspflichten gemäß Artikel 42 Absatz 4 erforderlich ist, sind dem Bericht über die Durchführung der Prüfung gemäß den Absätzen 4 und 6 dieses Artikels Fassungen des Prüfberichts beizufügen, die keine Informationen enthalten, die nach angemessenem Ermessen als vertraulich angesehen werden könnten.

(3)   Die Prüfungen gemäß Absatz 1 werden von Stellen durchgeführt, die

a)

von dem Anbieter der betreffenden sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine und jeder juristischen Person, die mit diesem Anbieter in Verbindung steht, unabhängig sind und sich in keinen Interessenkonflikten mit diesen befinden; insbesondere

i)

in den 12 Monaten vor Beginn der Prüfung keine prüfungsfremden Leistungen im Zusammenhang mit den geprüften Sachverhalten für den Anbieter der betreffenden sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine und für mit diesem in Verbindung stehende juristische Personen erbracht haben und sich verpflichtet haben, ihnen diese Dienstleistungen in den 12 Monaten nach Abschluss der Prüfung nicht zu erbringen,

ii)

für den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine und für mit ihm in Verbindung stehende juristische Personen während eines Zeitraums von mehr als zehn aufeinanderfolgenden Jahren keine Prüfungsleistungen gemäß diesem Artikel erbracht haben,

iii)

die Prüfung nicht gegen Honorare durchführen, die vom Ergebnis der Prüfung abhängen;

b)

nachgewiesene Sachkenntnis auf dem Gebiet des Risikomanagements sowie technische Kompetenzen und Kapazitäten haben,

c)

nachweislich mit Objektivität und gemäß der Berufsethik arbeiten, insbesondere aufgrund der Einhaltung von Verhaltenskodizes oder der einschlägigen Normen.

(4)   Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen stellen sicher, dass die Stellen, die die Prüfungen durchführen, für jede Prüfung einen Prüfbericht anfertigen. Dieser Bericht enthält eine schriftliche Begründung sowie mindestens Folgendes:

a)

Name, Anschrift und Kontaktstelle des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine, der geprüft wird, und Zeitraum, auf den sich die Prüfung bezieht,

b)

Name und Anschrift der Stelle bzw. der Stellen, die die Prüfung durchführt bzw. durchführen,

c)

Interessenerklärung,

d)

Beschreibung der konkret geprüften Elemente und der angewandten Methode,

e)

Beschreibung und Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse aus der Prüfung,

f)

Auflistung der Dritten, die im Rahmen der Prüfung konsultiert wurden,

g)

Stellungnahme der Prüfer dazu, ob der geprüfte Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine den in Absatz 1 genannten Pflichten und Verpflichtungszusagen nachgekommen ist, und zwar entweder „positiv“, „positiv mit Anmerkungen“ oder „negativ“,

h)

falls die Stellungnahme nicht „positiv“ ist, operative Empfehlungen für besondere Maßnahmen im Hinblick auf die Einhaltung aller Pflichten und Verpflichtungszusagen und den empfohlenen Zeitrahmen dafür.

(5)   War die Stelle, die die Prüfung durchgeführt hat, nicht in der Lage, bestimmte Elemente zu prüfen oder auf der Grundlage ihrer Untersuchungen eine Stellungnahme abzugeben, so muss der Prüfbericht eine Erläuterung der Umstände und der Gründe enthalten, aus denen diese Elemente nicht geprüft werden konnten.

(6)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen, die keinen “positiven“ Prüfbericht erhalten, tragen die an sie gerichteten operativen Empfehlungen gebührend Rechnung und ergreifen die erforderlichen Maßnahmen zu deren Umsetzung. Sie nehmen innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Empfehlungen einen Bericht über die Umsetzung der Prüfergebnisse an, in dem sie diese Maßnahmen darlegen. Falls sie die operativen Empfehlungen nicht umsetzen, begründen sie dies in dem Bericht und legen die alternativen Maßnahmen dar, die sie ergriffen haben, um festgestellte Verstöße zu beheben.

(7)   Der Kommission ist dazu befugt, gemäß Artikel 87 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Verordnung durch Festlegung der erforderlichen Vorschriften für die Durchführung der Prüfungen gemäß diesem Artikel zu ergänzen, insbesondere in Bezug auf die erforderlichen Vorschriften über die Verfahrensschritte, die Prüfungsmethoden und die Berichtsvorlagen für die gemäß diesem Artikel durchgeführten Prüfungen. In den delegierten Rechtsakten wird etwaigen freiwilligen Prüfungsnormen gemäß Artikel 44 Absatz 1 Buchstabe e Rechnung getragen.

Artikel 38

Empfehlungssysteme

Zusätzlich zu den in Artikel 27 festgelegten Anforderungen legen die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen, die Empfehlungssysteme verwenden, mindestens eine Option für jedes ihrer Empfehlungssysteme vor, die nicht auf Profiling gemäß Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/679 beruht.

Artikel 39

Zusätzliche Transparenz der Online-Werbung

(1)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen, die Werbung auf ihren Online-Schnittstellen anzeigen, stellen die in Absatz 2 genannten Angaben in einem spezifischen Bereich ihrer Online-Schnittstelle zusammen und machen diese über Anwendungsprogrammierschnittstellen für den gesamten Zeitraum, in dem sie eine Werbung anzeigen, und ein Jahr lang nach der letzten Anzeige der Werbung auf ihren Online-Schnittstellen mithilfe eines durchsuchbaren und verlässlichen Werkzeugs, das mit mehreren Kriterien abgefragt werden kann, öffentlich zugänglich. Sie stellen sicher, dass das Archiv keine personenbezogenen Daten der Nutzer enthält, denen die Werbung angezeigt wurde oder hätte angezeigt werden können, und angemessene Bemühungen unternehmen, um sicherzustellen, dass die Informationen präzise und vollständig sind.

(2)   Das Archiv enthält zumindest alle folgenden Angaben:

a)

den Inhalt der Werbung, einschließlich des Namens des Produkts, der Dienstleistung oder der Marke und des Gegenstands der Werbung;

b)

die natürliche oder juristische Person, in deren Namen die Werbung angezeigt wird;

c)

die natürliche oder juristische Person, die für die Werbung bezahlt hat, wenn sich diese Person von der in Buchstabe b genannten Person unterscheidet,

d)

den Zeitraum, in dem die Werbung angezeigt wurde;

e)

ob die Werbung gezielt einer oder mehreren bestimmten Gruppen von Nutzern angezeigt werden sollte, und falls ja, welche Hauptparameter zu diesem Zweck verwendet wurden, einschließlich der wichtigsten Parameter, die gegebenenfalls zum Ausschluss einer oder mehrerer solcher bestimmter Gruppen verwendet werden;

f)

die auf den sehr großen Online-Plattformen gemäß Artikel 26 Absatz 2 veröffentlichte und ermittelte kommerzielle Kommunikation;

g)

die Gesamtzahl der erreichten Nutzer und gegebenenfalls aggregierte Zahlen aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaat für die Gruppe oder Gruppen von Nutzern, an die die Werbung gezielt gerichtet war.

(3)   In Bezug auf Absatz 2 Buchstaben a, b und c darf das Archiv die in diesen Buchstaben genannten Informationen nicht enthalten, wenn ein Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine den Zugang zu einer bestimmten Werbung aufgrund mutmaßlicher Rechtswidrigkeit oder Unvereinbarkeit mit seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen entfernt oder gesperrt hat. In diesem Fall enthält das Archiv für die in Rede stehende Werbung die Informationen gemäß Artikel 17 Absatz 3 Buchstaben a bis e bzw. Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i.

Die Kommission kann nach Konsultation des Gremiums, der einschlägigen zugelassenen Forscher gemäß Artikel 40 und der Öffentlichkeit Leitlinien zur Struktur, Organisation und Funktionsweise der in diesem Artikel genannten Archive herausgeben.

Artikel 40

Datenzugang und Kontrolle

(1)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen gewähren dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort oder der Kommission auf deren begründetes Verlangen innerhalb einer darin genannten angemessenen Frist Zugang zu den Daten, die für die Überwachung und Bewertung der Einhaltung dieser Verordnung erforderlich sind.

(2)   Die Koordinatoren für digitale Dienste und die Kommission verwenden die Daten, auf die gemäß Absatz 1 zugegriffen wurde, ausschließlich zur Überwachung und Bewertung der Einhaltung dieser Verordnung, und sie berücksichtigen dabei gebührend die Rechte und Interessen der betroffenen Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen und Nutzer, einschließlich des Schutzes personenbezogener Daten, des Schutzes vertraulicher Informationen, insbesondere von Geschäftsgeheimnissen, und der Aufrechterhaltung der Sicherheit ihres Dienstes.

(3)   Für die Zwecke des Absatzes 1 erläutern die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen auf Verlangen des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort oder der Kommission die Gestaltung, die Logik, die Funktionsweise und die Tests ihrer algorithmischen Systeme einschließlich ihrer Empfehlungssysteme.

(4)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen gewähren auf begründetes Verlangen des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort innerhalb einer darin genannten angemessenen Frist zugelassenen Forschern, die die Anforderungen in Absatz 8 dieses Artikels erfüllen, Zugang zu Daten zum ausschließlichen Zweck der Durchführung von Forschungsarbeiten, die zur Aufspürung, zur Ermittlung und zum Verständnis systemischer Risiken in der Union gemäß Artikel 34 Absatz 1 beitragen, auch in Bezug auf die Bewertung der Angemessenheit, der Wirksamkeit und der Auswirkungen der Risikominderungsmaßnahmen gemäß Artikel 35.

(5)   Innerhalb von 15 Tagen nach Eingang eines Verlangens gemäß Absatz 4 können Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort ersuchen, das Verlangen zu ändern, wenn sie sich aus einem der beiden folgenden Gründe außerstande sehen, Zugang zu den angeforderten Daten zu gewähren:

a)

sie haben keinen Zugriff auf die Daten;

b)

die Gewährung des Zugangs zu den Daten führt zu erheblichen Schwachstellen bei der Sicherheit ihres Dienstes oder beim Schutz vertraulicher Informationen, insbesondere von Geschäftsgeheimnissen.

(6)   Änderungsanträge nach Absatz 5 müssen Vorschläge für eine oder mehrere Alternativen enthalten, wie der Zugang zu den angeforderten Daten oder zu anderen Daten gewährt werden kann, die für die Zwecke des Verlangens angemessen und ausreichend sind.

Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort entscheidet innerhalb von 15 Tagen über den Änderungsantrag und teilt dem Anbieter der sehr großen Online-Plattforme oder sehr großen Online-Suchmaschine den betreffenden Beschluss sowie das gegebenenfalls geänderte Verlangen mit der neuen Frist für dessen Erfüllung mit.

(7)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen erleichtern und gewähren den Zugang zu Daten gemäß den Absätzen 1 und 4 über geeignete Schnittstellen, die in dem Verlangen angegeben sind, einschließlich Online-Datenbanken oder Anwendungsprogrammierschnittstellen.

(8)   Auf hinreichend begründeten Antrag von Forschern erkennt der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort solchen Forschern für spezifische im Antrage genannte Forschungsarbeiten den Status von ‚zugelassenen Forschern‘ zu und reicht bei einem Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine ein begründetes Verlangen auf Datenzugang gemäß Absatz 4 ein, sofern die Forscher nachweisen, dass sie alle folgenden Bedingungen erfüllen:

a)

sie sind einer Forschungseinrichtung im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2019/790 angeschlossen;

b)

sie sind unabhängig von kommerziellen Interessen;

c)

ihr Antrag gibt Aufschluss über die Finanzierung der Forschung;

d)

sie sind in der Lage, die mit jedem Verlangen verbundenen besonderen Anforderungen an die Datensicherheit und die Vertraulichkeit einzuhalten und personenbezogene Daten zu schützen, und sie beschreiben in ihrem Verlangen die angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen, die sie hierzu getroffen haben;

e)

in ihrem Antrag wird nachgewiesen, dass der Zugang zu den Daten und die beantragten Fristen für die Zwecke ihrer Forschungsarbeiten notwendig und verhältnismäßig sind und dass die erwarteten Ergebnisse dieser Forschung zu den in Absatz 4 genannten Zwecken beitragen werden;

f)

die geplanten Forschungstätigkeiten werden zu den in Absatz 4 genannten Zwecken durchgeführt;

g)

sie haben sich dazu verpflichtet, ihre Forschungsergebnisse innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Abschluss der Forschungsarbeiten und unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen der Nutzer des betreffenden Dienstes im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 kostenlos öffentlich zugänglich zu machen.

Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort unterrichtet die Kommission und das Gremium über den Eingang von Verlangen gemäß diesem Absatz.

(9)   Forscher können ihr Verlangen auch beim Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats der Forschungsorganisation, der sie angeschlossen sind, einreichen. Nach Eingang des Verlangens gemäß diesem Absatz führt der Koordinator für digitale Dienste eine Anfangsbewertung durch, ob die jeweiligen Forscher alle in Absatz 8 genannten Bedingungen erfüllen. Der jeweilige Koordinator für digitale Dienste übermittelt anschließend das Verlangen zusammen mit den von den jeweiligen Forschern eingereichten Belegen und der Anfangsbewertung an den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort. Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort trifft die Entscheidung, ob einem Forscher unverzüglich der Status eines „zugelassenen Forschers“ zuerkannt wird.

Während der bereitgestellten ersten Bewertung gebührend Rechnung zu tragen ist, liegt die endgültige Entscheidung über die Zuerkennung des Status eines „zugelassenen Forschers“ gemäß Absatz 8 in der Zuständigkeit des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort.

(10)   Der Koordinator für digitale Dienste, der den Status eines zugelassenen Forschers zuerkannt und bei Anbietern sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen das begründete Verlangen auf Datenzugang zugunsten eines zugelassenen Forschers eingereicht hat, trifft eine Entscheidung über die Beendigung des Zugangs, wenn er nach einer Untersuchung von sich aus oder auf der Grundlage von Informationen Dritter feststellt, dass der zugelassene Forscher die in Absatz 8 genannten Bedingungen nicht mehr erfüllt, und unterrichtet den betroffenen Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine über die Entscheidung. Vor der Beendigung des Zugangs erteilt der Koordinator für digitale Dienste dem zugelassenen Forscher die Gelegenheit, zu den Untersuchungsergebnissen und zu der Absicht, den Zugang zu beenden, Stellung zu nehmen.

(11)   Die Koordinatoren für digitale Dienste am Niederlassungsort teilen dem Gremium die Namen und Kontaktangaben der natürlichen Personen oder Einrichtungen, denen sie gemäß Absatz 8 den Status eines ‚„zugelassenen Forschers“ zuerkannt haben, sowie den Zweck der Forschungsarbeiten, für die der Antrag gestellt wurde, mit oder sie übermitteln dem Gremium diese Informationen, wenn der Datenzugang gemäß Absatz 10 beendet wurde.

(12)   Die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen gewähren unverzüglich Zugang zu Daten, einschließlich – soweit dies technisch möglich ist – zu Daten in Echtzeit vorausgesetzt, die Daten sind Forschern, auch Forschern, die mit gemeinnützigen Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen verbunden sind, die die in Absatz 8 Buchstaben b, c, d und e genannten Bedingungen erfüllen und die Daten ausschließlich zu Forschungszwecken verwenden, die zur Aufdeckung, Identifizierung und zum Verständnis systemischer Risiken in der Union gemäß Artikel 34 Absatz 1 beitragen, über ihre Online-Schnittstelle öffentlich zugänglich.

(13)   Die Kommission erlässt nach Anhörung des Gremiums delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Verordnung zur Festlegung der technischen Bedingungen, unter denen die Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchdienste Daten gemäß den Absätzen 1 und 4 zur Verfügung stellen müssen, und der Zwecke, für die die Daten verwendet werden dürfen. In diesen delegierten Rechtsakten werden die besonderen Bedingungen festgelegt, nach denen eine solche Datenweitergabe an Forscher im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 erfolgen darf und die einschlägigen objektiven Indikatoren sowie die Verfahren und erforderlichenfalls die unabhängigen Beratungsmechanismen zur Unterstützung der Datenweitergabe, wobei die Rechte und Interessen der Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen und der Nutzer zu berücksichtigen sind, einschließlich des Schutzes vertraulicher Informationen, insbesondere von Geschäftsgeheimnissen, und der Aufrechterhaltung der Sicherheit ihres Dienstes.

Artikel 41

Compliance-Abteilung

(1)   Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen richten eine Compliance-Abteilung ein, die unabhängig von ihren operativen Abteilungen ist und aus einem oder mehreren Compliance-Beauftragten besteht, einschließlich des Leiters der Compliance-Abteilung. Diese Compliance-Abteilung verfügt über ausreichend Autorität, Befugnisse und Ressourcen sowie über Zugang zum Leitungsorgan des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine, um die Einhaltung dieser Verordnung durch den betreffenden Anbieter zu überwachen.

(2)   Das Leitungsorgan des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine stellt sicher, dass die Compliance-Beauftragten über die zur Erfüllung der in Absatz 3 genannten Aufgaben erforderlichen beruflichen Qualifikationen, Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten verfügen.

Das Leitungsorgan des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine stellt sicher, dass es sich bei dem Leiter der Compliance-Abteilung um eine unabhängige Führungskraft handelt, die eigens für die Compliance-Abteilung zuständig ist.

Der Leiter der Compliance-Abteilung untersteht direkt dem Leitungsorgan des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine und kann Bedenken äußern und dieses Organ warnen, falls in Artikel 34 genannte Risiken oder die Nichteinhaltung dieser Verordnung den Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine betreffen oder betreffen könnten, unbeschadet der Zuständigkeiten des Leitungsorgans in seinen Aufsichts- und Leitungsfunktionen.

Der Leiter der Compliance-Abteilung darf nicht ohne vorherige Zustimmung des Leitungsorgans des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine abgelöst werden.

(3)   Compliance-Beauftragte haben folgende Aufgaben:

a)

Zusammenarbeit mit dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und mit der Kommission für die Zwecke dieser Verordnung;

b)

Gewährleistung, dass alle in Artikel 34 genannten Risiken ermittelt und ordnungsgemäß gemeldet werden, und dass angemessene, verhältnismäßige und wirksame Risikominderungsmaßnahmen gemäß Artikel 35 ergriffen werden;

c)

Organisation und Beaufsichtigung der Tätigkeiten des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine im Zusammenhang mit der unabhängigen Prüfung gemäß Artikel 37;

d)

Information und Beratung des Managements und der Mitarbeiter des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine über die einschlägigen Verpflichtungen aus dieser Verordnung;

e)

Überwachung, dass der Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine seinen Verpflichtungen aus dieser Verordnung nachkommt;

f)

gegebenenfalls Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungszusagen, die der Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine im Rahmen der Verhaltenskodizes gemäß den Artikeln 45 und 46 oder der Krisenprotokolle gemäß Artikel 48 gemacht hat.

(4)   Anbieter sehr großer Online-Plattform oder sehr großer Online-Suchmaschinen teilen dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und der Kommission die Namen und die Kontaktangaben des Leiters der Compliance-Abteilung mit.

(5)   Das Leitungsorgan des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine übernimmt die Festlegung, Beaufsichtigung und Haftung der bzw. für die Umsetzung der Unternehmensführungsregelungen des Anbieters, die für die Unabhängigkeit der Compliance-Abteilung sorgen, einschließlich der Aufgabenverteilung innerhalb der Organisation des Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine, der Vermeidung von Interessenkonflikten und des verantwortungsvollen Umgangs mit den gemäß Artikel 34 ermittelten systemischen Risiken.

(6)   Das Leitungsorgan billigt und überprüft regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich, die Strategien und Maßnahmen für das Angehen, das Management, die Überwachung und die Minderung der gemäß Artikel 34 ermittelten Risiken, denen die sehr große Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine ausgesetzt ist oder ausgesetzt sein könnte.

(7)   Das Leitungsorgan widmet der Prüfung der mit dem Risikomanagement verbundenen Maßnahmen ausreichend Zeit. Es beteiligt sich aktiv an den Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Risikomanagement und sorgt dafür, dass für das Management der gemäß Artikel 34 ermittelten Risiken angemessene Ressourcen zugewiesen werden.

Artikel 42

Transparenzberichtspflichten

(1)   Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen veröffentlichen spätestens zwei Monate nach dem in Artikel 33 Absatz 6 Unterabsatz 2 genannten Anwendungsbeginn und danach mindestens alle sechs Monate die in Artikel 15 genannten Berichte.

(2)   Die von Anbietern sehr großer Online-Suchmaschinen veröffentlichten Berichte gemäß Absatz 1 dieses Artikels enthalten zusätzlich zu den in Artikel 15 und Artikel 24 Absatz 1 genannten Informationen folgende Angaben:

a)

die personellen Ressourcen, die der Anbieter einer sehr großen Online-Plattform für die Moderation von Inhalten in Bezug auf den in der Union angebotenen Dienst – aufgeschlüsselt nach jeder einschlägigen Amtssprache der Mitgliedstaaten – einsetzt, einschließlich für die Einhaltung der Verpflichtungen gemäß der Artikel 16 und 22 sowie für die Einhaltung der Verpflichtungen gemäß Artikel 20;

b)

die Qualifikationen und Sprachkenntnisse der Personen, die die unter Buchstabe a genannten Tätigkeiten durchführen, sowie die Schulung und Unterstützung dieses Personals;

c)

die Indikatoren für die Genauigkeit und damit zusammenhängende Informationen gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe e, aufgeschlüsselt nach jeder Amtssprache der Mitgliedstaaten.

Die Berichte werden mindestens in einer der Amtssprachen der Mitgliedstaaten veröffentlicht.

(3)   Zusätzlich zu den in Artikel 24 Absatz 2 genannten Informationen nehmen Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen die durchschnittliche monatliche Zahl der Nutzer für jeden Mitgliedstaat in die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Berichte auf.

(4)   Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen übermitteln dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und der Kommission spätestens drei Monate nach Eingang des Prüfberichts gemäß Artikel 37 Absatz 4 unverzüglich nach Abschluss folgende Unterlagen und machen sie öffentlich zugänglich:

a)

einen Bericht über die Ergebnisse der Risikobewertung gemäß Artikel 34,

b)

die gemäß Artikel 35 Absatz 1 getroffenen besonderen Abhilfemaßnahmen,

c)

den in Artikel 37 Absatz 4 genannten Prüfbericht,

d)

den in Artikel 37 Absatz 6 genannten Bericht über die Umsetzung der Prüfergebnisse,

e)

gegebenenfalls Informationen über die Konsultationen, die der Anbieter zur Unterstützung der Risikobewertungen und der Gestaltung der Risikominderungsmaßnahmen durchgeführt hat.

(5)   Ist ein Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine der Auffassung, dass die Veröffentlichung von Informationen gemäß Absatz 4 zur Offenlegung vertraulicher Informationen dieses Anbieters oder der Nutzer führen, erhebliche Schwachstellen für die Sicherheit seines Dienstes verursachen, die öffentliche Sicherheit beeinträchtigen oder Nutzern schaden könnte, so kann der Anbieter diese Informationen aus den öffentlich zugänglichen Berichten entfernen. In diesem Fall übermittelt der Anbieter dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und der Kommission die vollständigen Berichte zusammen mit einer Begründung für die Entfernung der Informationen aus den öffentlich zugänglichen Berichten.

Artikel 43

Aufsichtsgebühren

(1)   Die Kommission erhebt von den Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen bei ihrer Benennung gemäß Artikel 33 eine jährliche Aufsichtsgebühr.

(2)   Der Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühren deckt die geschätzten Kosten, die der Kommission im Zusammenhang mit ihren Aufsichtsaufgaben im Rahmen dieser Verordnung entstehen, insbesondere die Kosten im Zusammenhang mit der Benennung gemäß Artikel 33, der Einrichtung, der Pflege und dem Betrieb der Datenbank gemäß Artikel 24 Absatz 5 und dem Informationsaustauschsystem gemäß Artikel 85, den Befassungen gemäß Artikel 59, der Unterstützung des Ausschusses gemäß Artikel 62 und den Aufsichtsaufgaben gemäß Artikel 56 und Kapitel IV Abschnitt 4.

(3)   Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen wird jährlich eine Aufsichtsgebühr für jeden Dienst berechnet, für den sie gemäß Artikel 33 benannt wurden.

Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der Höhe der jährlichen Aufsichtsgebühr für jeden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine. Beim Erlass dieser Durchführungsrechtsakte wendet die Kommission die in dem in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannten delegierten Rechtsakt festgelegte Methodik an und beachtet die in Absatz 5 des vorliegenden Artikels genannten Grundsätze. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 88 genannten Beratungsverfahren erlassen.

(4)   Die Kommission erlässt gemäß Artikel 87 delegierte Rechtsakte und legt die detaillierte Methodik und entsprechende Verfahren für Folgendes fest:

a)

die Festlegung der Kosten gemäß Absatz 2;

b)

die Festlegung der einzelnen jährlichen Aufsichtsgebühren gemäß Absatz 5 Buchstaben b und c;

c)

die Festlegung des maximalen Gesamtgrenzwerts gemäß Absatz 5 Buchstabe c; und

d)

die für die Durchführung der Zahlung erforderlichen Einzelheiten.

Beim Erlass dieser delegierten Rechtsakte beachtet die Kommission die in Absatz 5 des vorliegenden Artikels genannten Grundsätze.

(5)   Der Durchführungsrechtsakt gemäß Absatz 3 und der delegierte Rechtsakt gemäß Absatz 4 entsprechen den folgenden Grundsätzen:

a)

bei der Schätzung des Gesamtbetrags der jährlichen Aufsichtsgebühr werden die im Vorjahr angefallenen Kosten berücksichtigt;

b)

die jährliche Aufsichtsgebühr steht im Verhältnis zur durchschnittlichen monatlichen Zahl der aktiven Nutzer in der Union jeder gemäß Artikel 33 benannten sehr großen Online-Plattform oder jeder sehr großen Online-Suchmaschine;

c)

der Gesamtbetrag der jährlichen Aufsichtsgebühr, die einem bestimmten Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Suchmaschine in Rechnung gestellt wird, darf in keinem Fall 0,05 % seiner weltweiten Jahresnettoeinnahmen im vorangegangenen Geschäftsjahr übersteigen.

(6)   Die einzelnen jährlichen Aufsichtsgebühren, die gemäß Absatz 1 in Rechnung gestellt werden, stellen externe zweckgebundene Einnahmen im Sinne von Artikel 21 Absatz 5 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (41) dar.

(7)   Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich Bericht über den Gesamtbetrag der Kosten, die für die Erfüllung der Aufgaben gemäß dieser Verordnung entstanden sind, und über den Gesamtbetrag der einzelnen jährlichen Aufsichtsgebühren, die im Vorjahr erhoben wurden.

ABSCHNITT 6

Sonstige Bestimmungen über Sorgfaltspflichten

Artikel 44

Normen

(1)   Die Kommission konsultiert das Gremium und unterstützt und fördert die Entwicklung und Umsetzung freiwilliger Normen, die einschlägige europäische und internationale Normungsgremien zumindest in Bezug auf folgende Bereiche festlegen:

a)

elektronische Übermittlung von Meldungen nach Artikel 16;

b)

Vorlagen, Gestaltungs- und Verfahrensnormen für eine benutzerfreundliche Kommunikation mit den Nutzern über Beschränkungen, die sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen und deren Änderungen ergeben;

c)

elektronische Übermittlung von Meldungen durch vertrauenswürdige Hinweisgeber nach Artikel 22, auch über Anwendungsprogrammierschnittstellen;

d)

besondere Schnittstellen, einschließlich Anwendungsprogrammierschnittstellen, welche die Erfüllung in den Artikeln 39 und 40 festgelegten Pflichten erleichtern;

e)

Prüfung sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen gemäß Artikel 37;

f)

Interoperabilität der in Artikel 39 Absatz 2 genannten Werbearchive;

g)

Datenübermittlung zwischen Werbevermittlern im Rahmen der Transparenzpflichten nach Artikel 26 Absatz 1 Buchstaben b, c und d;

h)

technische Maßnahmen, die die Einhaltung der in dieser Verordnung enthaltenen Verpflichtungen in Bezug auf Werbung ermöglichen, einschließlich der Verpflichtungen in Bezug auf eine deutlich sichtbare Kennzeichnung von Werbung und kommerzieller Kommunikation gemäß Artikel 26;

i)

Auswahlschnittstellen und Darstellung von Informationen über die Hauptparameter verschiedener Arten von Empfehlungssystemen gemäß den Artikeln 27 und 38;

j)

Normen für gezielte Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger im Internet.

(2)   Die Kommission unterstützt die Überarbeitung der Normen unter Berücksichtigung der Entwicklung der Technik und des Verhaltens der Nutzer der betreffenden Dienste. Die einschlägigen Informationen über die Überarbeitung der Normen müssen öffentlich verfügbar und leicht zugänglich sein.

Artikel 45

Verhaltenskodizes

(1)   Die Kommission und das Gremium fördern und erleichtern die Ausarbeitung von freiwilligen Verhaltenskodizes auf Unionsebene, um zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Verordnung beizutragen, wobei sie insbesondere den besonderen Herausforderungen Rechnung tragen, die mit der Bekämpfung verschiedener Arten rechtswidriger Inhalte und systemischer Risiken im Einklang mit dem Unionsrecht, insbesondere in Bezug auf den Wettbewerb und den Schutz personenbezogener Daten, verbunden sind.

(2)   Treten erhebliche systemische Risiken im Sinne des Artikels 34 Absatz 1 auf, die mehrere sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen betreffen, kann die Kommission die betreffenden Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder die betreffenden Anbieter sehr großer Online-Suchmaschinen und gegebenenfalls andere Anbieter sehr großer Online-Plattformen, sehr großer Online-Suchmaschinen, von Online-Plattformen und von Vermittlungsdiensten sowie zuständige Behörden, Organisationen der Zivilgesellschaft und andere einschlägige Akteure auffordern, sich an der Ausarbeitung von Verhaltenskodizes zu beteiligen; dabei können unter anderem auch Verpflichtungen zur Ergreifung spezifischer Risikominderungsmaßnahmen sowie ein Rahmen für die regelmäßige Berichterstattung über alle ergriffenen Maßnahmen und deren Ergebnisse festgelegt werden.

(3)   Bei der Umsetzung der Absätze 1 und 2 setzen sich die Kommission und das Gremium sowie gegebenenfalls andere Stellen dafür ein, dass in den Verhaltenskodizes die damit verfolgten spezifischen Ziele klar dargelegt werden und wesentliche Leistungsindikatoren enthalten sind, um die Verwirklichung dieser Ziele zu messen, und dass die Kodizes den Bedürfnissen und Interessen aller Beteiligten, und insbesondere der Bürger, auf Unionsebene gebührend Rechnung tragen. Darüber hinaus bemühen sich die Kommission und das Gremium, dass die Beteiligten der Kommission und ihren jeweiligen Koordinatoren für digitale Dienste am Niederlassungsort regelmäßig über alle ergriffenen Maßnahmen und deren Ergebnisse Bericht erstatten, gemessen anhand der wesentlichen Leistungsindikatoren in den Kodizes. Die wesentlichen Leistungsindikatoren und die Berichtspflichten tragen den Größen- und Kapazitätsunterschieden der einzelnen Beteiligten Rechnung.

(4)   Die Kommission und das Gremium bewerten, ob die Verhaltenskodizes den in den Absätzen 1 und 3 genannten Zielen entsprechen, und überwachen und bewerten regelmäßig die Erreichung der damit verfolgten Ziele und berücksichtigen dabei die gegebenenfalls darin enthaltenen wesentlichen Leistungsindikatoren. Sie veröffentlichen ihre Schlussfolgerungen.

Die Kommission und das Gremium fördern und erleichtern zudem die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Verhaltenskodizes.

Im Falle eines systematischen Verstoßes gegen die Verhaltenskodizes können die Kommission und das Gremium die Unterzeichner der Verhaltenskodizes auffordern, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Artikel 46

Verhaltenskodizes für Online-Werbung

(1)   Die Kommission fördert und erleichtert die Ausarbeitung von freiwilligen Verhaltenskodizes auf Unionsebene durch Anbieter von Online-Plattformen und andere einschlägige Diensteanbieter, einschließlich Anbieter von Vermittlungsdiensten für Online-Werbung, andere Akteuren entlang der Wertschöpfungskette der programmgesteuerten Werbung oder Organisationen, die Nutzer vertreten, und Organisationen der Zivilgesellschaft oder einschlägige Behörden, um über die Anforderungen der Artikel 26 und 39 hinaus zu mehr Transparenz für Akteure entlang der Wertschöpfungskette der Online-Werbung beizutragen.

(2)   Die Kommission setzt sich dafür ein, dass mit den Verhaltenskodizes eine wirksame Informationsübermittlung unter uneingeschränkter Achtung der Rechte und Interessen aller Beteiligten sowie ein wettbewerbsorientiertes, transparentes und faires Umfeld in der Online-Werbung im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht, insbesondere in Bezug auf den Wettbewerb und den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, angestrebt werden. Die Kommission setzt sich dafür ein, dass sich die Verhaltenskodizes mindestens auf Folgendes erstrecken:

a)

die Übermittlung von Informationen, die sich im Besitz von Anbietern von Vermittlungsdiensten für Online-Werbung befinden, an die Nutzer hinsichtlich der Anforderungen gemäß Artikel 26 Absatz 1 Buchstaben b, c und d;

b)

die Übermittlung von Informationen, die sich im Besitz von Anbietern von Vermittlungsdiensten für Online-Werbung befinden, an die Archive gemäß Artikel 39;

c)

aussagekräftige Informationen über die Monetarisierung von Daten.

(3)   Die Kommission fördert die Ausarbeitung von Verhaltenskodizes bis zum 18. Februar 2025 und ihre Anwendung bis zum 18. August 2025.

(4)   Die Kommission fordert alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette der Online-Werbung nach Absatz 1 auf, die in den Verhaltenskodizes festgelegten Verpflichtungen zu fördern und sie einzuhalten.

Artikel 47

Verhaltenskodizes in Bezug auf die Barrierefreiheit

(1)   Die Kommission fördert und erleichtert die Ausarbeitung von Verhaltenskodizes auf Unionsebene mit Beteiligung von Anbietern von Online-Plattformen und anderen einschlägigen Diensteanbietern, Organisationen, die Nutzer vertreten, Organisationen der Zivilgesellschaft oder einschlägigen Behörden, um eine uneingeschränkte und wirksame gleichberechtigte Beteiligung zu fördern, indem der Zugang zu Online-Diensten verbessert wird, die durch ihre ursprüngliche Konzeption oder spätere Anpassung den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen Rechnung tragen.

(2)   Die Kommission setzt sich dafür ein, dass mit den Verhaltenskodizes das Ziel verfolgt wird, die Barrierefreiheit dieser Dienste im Einklang mit dem Unionsrecht und den nationalen Rechtsvorschriften sicherzustellen, um ihre vorhersehbare Nutzung durch Menschen mit Behinderungen zu maximieren. Die Kommission setzt sich dafür ein, dass sich die Verhaltenskodizes mindestens auf folgende Ziele beziehen:

a)

Konzeption und Anpassung von Diensten, um sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden;

b)

Erläuterung, wie die Dienste die geltenden Anforderungen an die Barrierefreiheit erfüllen, und Bereitstellung dieser Informationen für die Öffentlichkeit in einer Weise, dass sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind;

c)

Bereitstellung von Informationen, Formulare und Maßnahmen nach dieser Verordnung in einer Weise, dass sie leicht auffindbar, leicht verständlich und für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

(3)   Die Kommission fördert die Ausarbeitung von Verhaltenskodizes bis zum 18. Februar 2025 und ihre Anwendung bis zum 18. August 2025.

Artikel 48

Krisenprotokolle

(1)   Das Gremium kann der Kommission empfehlen, gemäß den Absätzen 2, 3 und 4 die Ausarbeitung von freiwilligen Krisenprotokollen zur Bewältigung von Krisensituationen einzuleiten Diese Situationen sind strikt auf außergewöhnliche Umstände beschränkt, die die öffentliche Sicherheit oder Gesundheit beeinträchtigen.

(2)   Die Kommission fördert und erleichtert die Beteiligung von Anbietern sehr großer Online-Plattformen, sehr großer Online-Suchmaschinen und gegebenenfalls anderer Online-Plattformen oder anderer Online-Suchmaschinen sich an der Ausarbeitung, Erprobung und Anwendung dieser Krisenprotokolle zu beteiligen. Die Kommission ist bestrebt, sicherzustellen, dass diese Krisenprotokolle eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen umfassen:

a)

hervorgehobene Darstellung von Informationen über die Krisensituation, die von den Behörden der Mitgliedstaaten oder auf Unionsebene oder je nach Krisenkontext von anderen einschlägigen zuverlässigen Stellen bereitgestellt werden;

b)

Gewährleistung, dass der Anbieter von Vermittlungsdiensten eine spezifische Kontaktstelle für das Krisenmanagement benennt; gegebenenfalls kann dies die in Artikel 11 genannte elektronische Kontaktstelle sein, oder – bei Anbietern einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine – der in Artikel 41 genannte Compliance-Beauftragte;

c)

gegebenenfalls Anpassung der Ressourcen, die für die Erfüllung der Verpflichtungen gemäß den Artikeln 16, 20, 22, 23 und 35 vorgesehen sind, an den durch die Krisensituation entstandenen Bedarf.

(3)   Die Kommission bezieht gegebenenfalls die Behörden der Mitgliedstaaten in die Ausarbeitung, Erprobung und Überwachung der Anwendung der Krisenprotokolle ein, und kann auch die Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union einbeziehen. Die Kommission kann gegebenenfalls auch Organisationen der Zivilgesellschaft oder andere einschlägige Organisationen in die Ausarbeitung der Krisenprotokolle einbeziehen.

(4)   Die Kommission setzt sich dafür ein, dass alle folgenden Elemente in den Krisenprotokollen klar dargelegt werden:

a)

die spezifischen Parameter zur Bestimmung der besonderen außergewöhnlichen Umstände, denen mit dem Krisenprotokoll begegnet werden soll, und die damit verfolgten Ziele;

b)

die Rolle der einzelnen Beteiligten und die Maßnahmen, die sie in Vorbereitung und nach Aktivierung des Krisenprotokolls zu ergreifen haben;

c)

ein klares Verfahren, um zu bestimmen, wann das Krisenprotokoll zu aktivieren ist;

d)

ein klares Verfahren zur Bestimmung des Zeitraums, in dem die nach Aktivierung des Krisenprotokolls zu ergreifenden Maßnahmen durchzuführen sind und der strikt auf das zur Bewältigung der besonderen außergewöhnlichen Umstände erforderliche Maß beschränkt ist;

e)

Schutzvorkehrungen zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Ausübung der in der Charta verankerten Grundrechte, insbesondere der Meinungs- und Informationsfreiheit und des Rechts auf Nichtdiskriminierung;

f)

ein Verfahren für die öffentliche Berichterstattung über alle ergriffenen Maßnahmen, ihre Dauer und ihre Ergebnisse nach Beendigung der Krisensituation.

(5)   Ist die Kommission der Auffassung, dass ein Krisenprotokoll der Krisensituation nicht wirksam begegnet oder die Ausübung der in Absatz 4 Buchstabe e genannten Grundrechte nicht schützt, fordert sie die Beteiligten auf, das Krisenprotokoll zu überarbeiten, auch durch die Ergreifung zusätzlicher Maßnahmen.

KAPITEL IV

UMSETZUNG, ZUSAMMENARBEIT, SANKTIONEN UND DURCHSETZUNG

ABSCHNITT 1

Zuständige Behörden und nationale Koordinatoren für digitale Dienste

Artikel 49

Zuständige Behörden und Koordinatoren für digitale Dienste

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen eine oder mehrere zuständige Behörden, die für die Beaufsichtigung der Anbieter von Vermittlungsdiensten und die Durchsetzung dieser Verordnung zuständig sind (im Folgenden „zuständige Behörden“).

(2)   Die Mitgliedstaaten benennen eine der zuständigen Behörden als ihren Koordinator für digitale Dienste. Der Koordinator für digitale Dienste ist für alle Fragen im Zusammenhang mit der Überwachung und Durchsetzung dieser Verordnung in diesem Mitgliedstaat zuständig, es sei denn, der betreffende Mitgliedstaat hat bestimmte besondere Aufgaben oder Sektoren anderen zuständigen Behörden übertragen. Der Koordinator für digitale Dienste ist in jedem Fall dafür zuständig, die Koordinierung dieser Angelegenheiten auf nationaler Ebene sicherzustellen und zu einer wirksamen und einheitlichen Überwachung und Durchsetzung dieser Verordnung in der gesamten Union beizutragen.

Zu diesem Zweck arbeiten die Koordinatoren für digitale Dienste untereinander sowie mit anderen nationalen zuständigen Behörden, dem Gremium und der Kommission zusammen, unbeschadet der Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Mechanismen für die Zusammenarbeit und einen regelmäßigen Meinungsaustausch zwischen dem Koordinator für digitale Dienste und anderen nationalen Behörden vorzusehen, sofern dies für die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben von Bedeutung ist.

Benennt ein Mitgliedstaat neben dem Koordinator für digitale Dienste eine oder mehrere zuständige Behörden, so stellt er sicher, dass die jeweiligen Aufgaben dieser Behörden und des Koordinators für digitale Dienste klar definiert sind und dass sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben eng und wirksam zusammenarbeiten.

(3)   Die Mitgliedstaaten benennen die Koordinatoren für digitale Dienste bis zum 17. Februar 2024.

Die Mitgliedstaaten machen die Namen ihrer als Koordinator für digitale Dienste benannten zuständigen Behörden und Informationen darüber, wie sie kontaktiert werden können, öffentlich zugänglich und teilen diese der Kommission und dem Gremium mit. Der betreffende Mitgliedstaat teilt der Kommission und dem Gremium den Namen der anderen in Absatz 2 genannten zuständigen Behörden sowie deren jeweilige Aufgaben mit.

(4)   Die in den Artikeln 50, 51 und 56 festgelegten Bestimmungen für die Koordinatoren für digitale Dienste gelten auch für alle anderen zuständigen Behörden, die die Mitgliedstaaten gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels benennen.

Artikel 50

Anforderungen an Koordinatoren für digitale Dienste

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre Koordinatoren für digitale Dienste ihre Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung unparteiisch, transparent und zeitnah erfüllen. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ihren Koordinatoren für digitale Dienste alle erforderlichen Ressourcen zur Ausführung ihrer Aufgaben zur Verfügung stehen, einschließlich ausreichender technischer, finanzieller und personeller Ressourcen für eine angemessene Beaufsichtigung aller in ihren Zuständigkeitsbereich fallenden Anbieter von Vermittlungsdiensten. Jeder Mitgliedstaat sorgt dafür, dass sein Koordinator für digitale Dienste seinen Haushalt innerhalb dessen Gesamtobergrenzen ausreichend autonom verwalten kann, damit die Unabhängigkeit des Koordinators für digitale Dienste nicht beeinträchtigt wird.

(2)   Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Befugnisse gemäß dieser Verordnung handeln die Koordinatoren für digitale Dienste völlig unabhängig. Sie arbeiten frei von äußeren Einflüssen und dürfen weder direkt noch indirekt Weisungen von anderen Behörden oder privaten Stellen einholen oder entgegennehmen.

(3)   Absatz 2 dieses Artikels lässt die Aufgaben der Koordinatoren für digitale Dienste innerhalb des in dieser Verordnung vorgesehenen Überwachungs- und Durchsetzungssystems und die Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden gemäß Artikel 49 Absatz 2 unberührt. Absatz 2 dieses Artikels steht der Ausübung der gerichtlichen Kontrolle nicht entgegen, und er berührt ferner nicht die angemessenen Rechenschaftspflichten in Bezug auf die allgemeinen Tätigkeiten der Koordinatoren für digitale Dienste, wie Finanzausgaben oder Berichterstattung an die nationalen Parlamente, sofern diese Pflichten die Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung nicht untergraben.

Artikel 51

Befugnisse der Koordinatoren für digitale Dienste

(1)   Soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung erforderlich ist, verfügen die Koordinatoren für digitale Dienste über folgende Untersuchungsbefugnisse in Bezug auf Verhaltensweisen von Anbietern von Vermittlungsdiensten, die in die Zuständigkeit ihres Mitgliedstaats fallen:

a)

die Befugnis, von diesen Anbietern sowie von allen anderen Personen, die zu Zwecken ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln und Kenntnis von Informationen über eine mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung haben dürften, einschließlich Organisationen, die die Prüfungen gemäß Artikel 37 und Artikel 75 Absatz 2 durchführen, zu verlangen, dass sie diese Informationen unverzüglich übermitteln,

b)

die Befugnis, in allen Räumlichkeiten, die diese Anbieter oder diese Personen zu Zwecken ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit nutzen, Nachprüfungen durchzuführen oder eine Justizbehörde in ihrem Mitgliedstaat zur Anordnung solcher Nachprüfungen aufzufordern, oder andere Behörden aufzufordern, dies zu tun, um Informationen über eine mutmaßliche Zuwiderhandlung unabhängig vom Speichermedium zu untersuchen, sicherzustellen oder Kopien davon anzufertigen oder zu erhalten,

c)

die Befugnis, alle Mitarbeiter oder Vertreter dieser Anbieter oder Personen aufzufordern, Erklärungen zu allen Informationen im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung abzugeben, und die Antworten mit ihrer Einwilligung mit beliebigen technischen Mitteln aufzuzeichnen.

(2)   Soweit dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung erforderlich ist, verfügen die Koordinatoren für digitale Diente über folgende Durchsetzungsbefugnisse gegenüber Anbietern von Vermittlungsdiensten, die in die Zuständigkeit ihres Mitgliedstaats fallen:

a)

die Befugnis, die Verpflichtungszusagen dieser Anbieter in Bezug auf die Einhaltung dieser Verordnung anzunehmen und diese Verpflichtungszusagen für bindend zu erklären,

b)

die Befugnis zur Anordnung der Einstellung von Zuwiderhandlungen und gegebenenfalls Verhängung von Abhilfemaßnahmen, die in einem angemessenen Verhältnis zur Zuwiderhandlung stehen und erforderlich sind, um die Zuwiderhandlung wirksam zu beenden, oder zur Aufforderung einer Justizbehörde in ihrem Mitgliedstaat, dies zu tun,

c)

die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen oder zur Aufforderung einer Justizbehörde in ihrem Mitgliedstaat, dies zu tun, gemäß Artikel 52 wegen Nichteinhaltung dieser Verordnung, auch der nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels erlassenen Untersuchungsanordnungen,

d)

die Befugnis zur Verhängung eines Zwangsgelds oder zur Aufforderung einer Justizbehörde in ihrem Mitgliedstaat, dies zu tun, gemäß Artikel 52, um sicherzustellen, dass eine Zuwiderhandlung nach einem gemäß Buchstabe b dieses Unterabsatzes erlassenen Beschluss oder die Nichtbefolgung einer der gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels erlassenen Untersuchungsanordnungen beendet wird;

e)

die Befugnis, einstweilige Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr eines schwerwiegenden Schadens zu ergreifen oder die zuständigen nationalen Justizbehörden in ihrem Mitgliedstaat hierzu aufzufordern.

In Bezug auf Unterabsatz 1 Buchstaben c und d verfügen die Koordinatoren für digitale Dienste auch gegenüber den anderen in Absatz 1 genannten Personen bei Nichtbefolgung von Anordnungen, die ihnen gemäß dem genannten Absatz erteilt wurden, über die in diesen Buchstaben genannten Durchsetzungsbefugnisse. Sie üben diese Durchsetzungsbefugnisse erst aus, nachdem sie diesen anderen Personen rechtzeitig alle einschlägigen Informationen im Zusammenhang mit solchen Anordnungen zur Kenntnis bringen, einschließlich des Geltungszeitraums, der Geldbußen oder Zwangsgelder, die wegen Nichtbefolgung verhängt werden können, und der Rechtsbehelfsmöglichkeiten.

(3)   Soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Verordnung erforderlich ist, haben die Koordinatoren für digitale Dienste in Bezug auf Anbieter von Vermittlungsdiensten, die in die Zuständigkeit ihres Mitgliedstaats fallen, in Fällen, in denen alle anderen Befugnisse nach diesem Artikel zur Einstellung einer Zuwiderhandlung ausgeschöpft sind, die Zuwiderhandlung nicht behoben wurde oder anhält und einen schwerwiegenden Schaden verursacht, der durch die Ausübung anderer Befugnisse nach Unionsrecht oder nationalem Recht nicht vermieden werden kann, die Befugnis, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

a)

vom Leitungsorgan desjenigen Anbieters zu verlangen, dass es die Lage unverzüglich prüft, einen Aktionsplan annimmt und vorlegt, in dem die zur Einstellung der Zuwiderhandlung erforderlichen Maßnahmen dargelegt werden, sicherstellt, dass der Anbieter diese Maßnahmen ergreift, und über die getroffenen Maßnahmen Bericht erstattet,

b)

ist der Koordinator für digitale Dienste der Auffassung, dass ein Anbieter von Vermittlungsdiensten die in Buchstabe a genannten Anforderungen nicht ausreichend erfüllt hat, dass die Zuwiderhandlung nicht behoben wurde oder anhält und einen schwerwiegenden Schaden verursacht und dass die Zuwiderhandlung eine Straftat darstellt, die das Leben oder die Sicherheit von Personen bedroht, so fordert er die zuständige Justizbehörde seines Mitgliedstaats auf, anzuordnen, dass der Zugang der Nutzer zu dem von der Zuwiderhandlung betroffenen Dienst oder – nur wenn dies technisch nicht möglich ist – zur Online-Schnittstelle des Anbieters von Vermittlungsdiensten, auf der die Zuwiderhandlung erfolgt, vorübergehend eingeschränkt wird.

Sofern der Koordinator für digitale Dienste nicht gemäß Artikel 82 auf Verlangen der Kommission tätig wird, gibt er vor der Übermittlung der in Unterabsatz 1 Buchstabe b dieses Absatzes genannten Aufforderung Beteiligten Gelegenheit, innerhalb einer Frist von mindestens zwei Wochen schriftlich dazu Stellung zu nehmen, wobei er die beabsichtigten Maßnahmen darlegt und den bzw. die Adressaten der Aufforderung nennt. Der Anbieter von Vermittlungsdiensten, der Adressat bzw. die Adressaten und jeder andere Dritte, der ein berechtigtes Interesse nachweist, ist bzw. sind berechtigt, an dem Verfahren vor der zuständigen Justizbehörde teilzunehmen. Jede angeordnete Maßnahme muss der Art, Schwere, Wiederholung und Dauer der Zuwiderhandlung angemessen sein, ohne den Zugang der Nutzer des betreffenden Dienstes zu rechtmäßigen Informationen ungebührlich einzuschränken.

Die Beschränkung des Zugangs gilt für einen Zeitraum von vier Wochen, wobei die zuständige Justizbehörde in ihrer Anordnung die Möglichkeit hat, dem Koordinator für digitale Dienste zu gestatten, diesen Zeitraum bis zu einer von dieser Justizbehörde festgelegten Höchstzahl von weiteren Zeiträumen derselben Dauer zu verlängern. Der Koordinator für digitale Dienste verlängert den Zeitraum nur, wenn er unter Berücksichtigung der Rechte und Interessen aller von dieser Beschränkung betroffenen Parteien und aller relevanten Umstände, einschließlich aller Informationen, die der Anbieter von Vermittlungsdiensten, der Adressat bzw. die Adressaten und jeder andere Dritte, der bzw. die ein berechtigtes Interesse nachgewiesen hat bzw. haben, ihm zur Verfügung stellen kann, der Auffassung ist, dass die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

der Anbieter von Vermittlungsdiensten hat es versäumt, die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung der Zuwiderhandlung zu ergreifen,

b)

die vorübergehende Beschränkung schränkt den Zugang der Nutzer zu rechtmäßigen Informationen nicht ungebührlich ein, wobei die Zahl der betroffenen Nutzer und die Frage, ob es geeignete und leicht zugängliche Alternativen gibt, zu berücksichtigen sind.

Ist der Koordinator für digitale Dienste der Auffassung, dass die in Unterabsatz 3 Buchstaben a und b dargelegten Bedingungen erfüllt sind, kann aber dennoch die Frist gemäß Unterabsatz 3 nicht weiter verlängern, so richtet er eine neue Aufforderung gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b an die zuständige Justizbehörde.

(4)   Die in den Absätzen 1, 2 und 3 aufgeführten Befugnisse gelten unbeschadet des Abschnitts 3.

(5)   Die von den Koordinatoren für digitale Dienste in Ausübung ihrer in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Befugnisse ergriffenen Maßnahmen müssen wirksam, abschreckend und verhältnismäßig sein, wobei insbesondere die Art, Schwere, Wiederholung und Dauer der Zuwiderhandlung oder der mutmaßlichen Zuwiderhandlung, auf den sich diese Maßnahmen beziehen, sowie gegebenenfalls die wirtschaftliche, technische und operative Leistungsfähigkeit des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten zu berücksichtigen sind.

(6)   Die Mitgliedstaaten legen spezifische Bedingungen und Verfahren für die Ausübung der Befugnisse gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 fest und stellen sicher, dass jede Ausübung dieser Befugnisse angemessenen Garantien unterliegt, die im anwendbaren nationalen Recht unter Einhaltung der Charta und der allgemeinen Grundsätze des EU-Rechts festgelegt sind. Insbesondere dürfen diese Maßnahmen nur im Einklang mit dem Recht auf Achtung des Privatlebens und mit den Verteidigungsrechten, einschließlich des Rechts auf rechtliches Gehör und auf Akteneinsicht, und vorbehaltlich des Rechts aller betroffenen Parteien auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf getroffen werden.

Artikel 52

Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über Sanktionen, die bei Zuwiderhandlungen der Anbieter von Vermittlungsdiensten, die in ihre Zuständigkeit fallen, gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen im Einklang mit Artikel 51 erforderlichen Maßnahmen.

(2)   Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen mit und melden ihr unverzüglich alle diesbezüglichen Änderungen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Höchstbetrag der Geldbußen, die bei Nichteinhaltung einer in dieser Verordnung festgelegten Verpflichtung verhängt werden können, 6 % des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten im vorangegangenen Geschäftsjahr beträgt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Höchstbetrag der Geldbußen, die bei Bereitstellung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Informationen, beim Versäumnis einer Antwort oder der Berichtigung unrichtiger, unvollständiger oder irreführender Informationen sowie bei der Nichtduldung einer Nachprüfung verhängt werden können, 1 % des weltweiten Jahresumsatzes des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten oder der betreffenden Person im vorangegangenen Geschäftsjahr beträgt.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Höchstbetrag eines Zwangsgelds 5 % des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes oder der durchschnittlichen weltweiten Tageseinnahmen des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten im vorangegangenen Geschäftsjahr, berechnet ab dem in dem betreffenden Beschluss genannten Datum, beträgt.

Artikel 53

Beschwerderecht

Die Nutzer sowie jegliche Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen, die mit der Wahrnehmung der mit dieser Verordnung übertragenen Rechte beauftragt sind, haben das Recht, beim Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dem der Nutzer des Dienstes sich aufhält oder niedergelassen ist, Beschwerde gegen Anbieter von Vermittlungsdiensten wegen einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung einzulegen. Der Koordinator für digitale Dienste prüft die Beschwerde und leitet sie gegebenenfalls an den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort weiter; falls er es für angebracht hält, fügt er eine Stellungnahme hinzu. Fällt die Beschwerde in die Zuständigkeit einer anderen zuständigen Behörde in seinem Mitgliedstaat, leitet der Koordinator für digitale Dienste, der die Beschwerde erhält, sie an diese Behörde weiter. Während dieser Verfahren haben beide Parteien das Recht, angehört zu werden und angemessen über den Stand der Beschwerde nach Maßgabe des nationalen Rechts unterrichtet zu werden.

Artikel 54

Entschädigung

Nutzer haben das Recht, im Einklang mit dem EU-Recht und nationalen Recht Schadenersatz von Anbietern von Vermittlungsdiensten für etwaige Schäden oder Verluste zu fordern, die aufgrund eines Verstoßes dieser Anbieter gegen die Verpflichtungen gemäß dieser Verordnung entstanden sind.

Artikel 55

Tätigkeitsberichte

(1)   Die Koordinatoren für digitale Dienste erstellen Jahresberichte über ihre Tätigkeiten im Rahmen dieser Verordnung, einschließlich der Zahl der eingegangenen Beschwerden gemäß Artikel 53 und einer Übersicht über entsprechende Folgemaßnahmen. Die Koordinatoren für digitale Dienste machen die Jahresberichte vorbehaltlich der geltenden Vorschriften über die Vertraulichkeit von Informationen gemäß Artikel 84 in einem maschinenlesbaren Format der Öffentlichkeit zugänglich und übermitteln sie der Kommission und dem Gremium.

(2)   Der Jahresbericht enthält ferner folgende Angaben:

a)

Anzahl und Gegenstand der Anordnungen zum Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte und der Auskunftsanordnungen, die gemäß den Artikeln 9 und 10 von einer nationalen Justiz- oder Verwaltungsbehörde des Mitgliedstaats des Koordinators für digitale Dienste erlassen wurden,

b)

die Befolgung dieser Anordnungen, wie dem Koordinator für digitale Dienste gemäß den Artikeln 9 und 10 mitgeteilt.

(3)   Hat ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 49 mehrere zuständige Behörden benannt, so stellt er sicher, dass der Koordinator für digitale Dienste einen einzigen Bericht über die Tätigkeiten aller zuständigen Behörden erstellt und dass der Koordinator für digitale Dienste alle einschlägigen Informationen und Unterstützung von den entsprechenden anderen zuständigen Behörden erhält.

ABSCHNITT 2

Zuständigkeit, koordinierte Untersuchungen und Kohärenzmechanismen

Artikel 56

Zuständigkeit

(1)   Abgesehen von den Befugnissen gemäß Absatz 2, 3 und 4 verfügt der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptniederlassung des Anbieters von Vermittlungsdiensten befindet über ausschließliche Befugnisse diese Verordnung zu überwachen und durchzusetzen.

(2)   Die Kommission verfügt über ausschließliche Befugnisse Kapitel III Abschnitt 5 u überwachen und durchzusetzen.

(3)   Die Kommission verfügt über Befugnisse diese Verordnung gegenüber Anbietern sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen zu überwachen und durchzusetzen, wobei es sich um andere Befugnisse als die in Kapitel III Abschnitt 5 dieser Verordnung genannten handelt.

(4)   Hat die Kommission kein Verfahren wegen desselben Verstoßes eingeleitet, verfügt der Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptniederlassung des Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine befindet, über die Befugnisse die Verpflichtungen dieser Verordnung in Bezug auf diese Anbieter, sofern sie nicht in Kapitel III Abschnitt 5 festgelegt sind zu überwachen und durchzusetzen.

(5)   Die Mitgliedstaaten und die Kommission sorgen in enger Zusammenarbeit für die Überwachung und Durchsetzung der Bestimmungen dieser Verordnung.

(6)   Hat ein Anbieter von Vermittlungsdiensten, der keine Niederlassung in der EU, verfügt der Mitgliedstaat, in dem dessen gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, oder die Kommission gemäß den Absätzen 1 und 4 dieses Artikels gegebenenfalls über die Befugnisse die einschlägigen Verpflichtungen gemäß dieser Verordnung zu überwachen und durchzusetzen.

(7)   Benennt ein Anbieter von Vermittlungsdiensten keinen gesetzlichen Vertreter gemäß Artikel 13, so verfügen alle Mitgliedstaaten und im Falle eines Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine die Kommission über diese Befugnisse gemäß diesem Artikel zu überwachen und durchzusetzen.

Beabsichtigt ein Koordinator für digitale Dienste, seine Befugnisse gemäß diesem Absatz auszuüben, so unterrichtet er alle anderen Koordinatoren für digitale Dienste und die Kommission und stellt sicher, dass die in der Charta verankerten geltenden Garantien eingehalten werden, insbesondere um zu vermeiden, dass ein und dasselbe Verhalten mehr als einmal wegen Zuwiderhandlung gegen die in dieser Verordnung festgelegten Pflichten sanktioniert wird. Beabsichtigt die Kommission, ihre Befugnisse gemäß diesem Absatz auszuüben, unterrichtet sie alle anderen Koordinatoren für digitale Dienste von dieser Absicht. Ist eine Unterrichtung gemäß diesem Absatz erfolgt, so leiten die anderen Mitgliedstaaten keine Verfahren wegen desselben Verstoßes wie dem in der Unterrichtung genannten ein.

Artikel 57

Gegenseitige Amtshilfe

(1)   Im Hinblick auf eine einheitliche und effiziente Anwendung dieser Verordnung arbeiten die Koordinatoren für digitale Dienste und die Kommission eng zusammen und leisten einander gegenseitige Amtshilfe. Die gegenseitige Amtshilfe umfasst insbesondere den Informationsaustausch gemäß diesem Artikel und die Pflicht des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort, alle Koordinatoren für digitale Dienste am Bestimmungsort, das Gremium und die Kommission über die Einleitung von Untersuchungen und die Absicht, eine endgültige Entscheidung in Bezug auf einen spezifischen Anbieter von Vermittlungsdiensten zu treffen, einschließlich seiner Bewertung, zu unterrichten.

(2)   Für die Zwecke einer Untersuchung kann der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort andere Koordinatoren für digitale Dienste auffordern, spezifische Informationen über einen bestimmten Anbieter von Vermittlungsdiensten, über die sie verfügen, bereitzustellen oder ihre in Artikel 51 Absatz 1 genannten Untersuchungsbefugnisse in Bezug auf spezifische Informationen, die sich in ihrem Mitgliedstaat befinden, auszuüben. Gegebenenfalls kann der Koordinator für digitale Dienste, der eine solche Aufforderung erhält, andere zuständige Behörden oder andere Behörden des betreffenden Mitgliedstaats mit einbeziehen.

(3)   Der Koordinator für digitale Dienste, an den eine Aufforderung gemäß Absatz 2 ergeht, kommt dieser Aufforderung nach und unterrichtet den Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedsstaats der Niederlassung unverzüglich und spätestens zwei Monate nach deren Eingang über die ergriffenen Maßnahmen, es sei denn,

a)

der Umfang des Gegenstands der Aufforderung ist mit Blick auf den Zweck der Untersuchung nicht ausreichend spezifiziert, nicht ausreichend begründet oder nicht angemessen, oder

b)

weder der Koordinator für digitale Dienste, an den die Aufforderung ergeht, noch eine andere Behörde dieses Mitgliedstaats verfügt über die angeforderten Informationen oder hat den Zugang zu diesen Informationen, oder

c)

der Aufforderung kann nicht nachgekommen werden, ohne dass dadurch gegen Unionsrecht oder nationales Recht verstoßen wird,

Der Koordinator für digitale Dienste, der eine solche Aufforderung erhält, begründet seine Ablehnung durch eine mit Gründen versehene Antwort innerhalb der in Unterabsatz 1 genannten Frist.

Artikel 58

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Koordinatoren für digitale Dienste

(1)   Hat ein Koordinator für digitale Dienste am Bestimmungsort Grund zu der Annahme, dass ein Anbieter von Vermittlungsdiensten auf eine Weise gegen diese Verordnung verstoßen hat, die sich negativ auf die Nutzer des Dienstes im Mitgliedstaat des Koordinators für digitale Dienste auswirkt, so kann er – sofern die Kommission nicht aufgrund derselben mutmaßlichen Zuwiderhandlung eine Untersuchung eingeleitet hat – den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort auffordern, die Angelegenheit zu prüfen und die erforderlichen Untersuchungs- und Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen.

(2)   Auf Aufforderung von mindestens drei Koordinatoren für digitale Dienste am Bestimmungsort, die Grund zu der Annahme haben, dass ein spezifischer Anbieter von Vermittlungsdiensten gegen diese Verordnung auf eine Weise verstoßen hat, die sich negativ auf Nutzer in ihren Mitgliedstaaten auswirkt, kann das Gremium – sofern die Kommission nicht aufgrund derselben Zuwiderhandlung eine Untersuchung eingeleitet hat – den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort auffordern, die Angelegenheit zu prüfen und die erforderlichen Untersuchungs- und Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen.

(3)   Eine Aufforderung gemäß Absatz 1 oder 2 muss hinreichend begründet sein und zumindest folgende Informationen enthalten:

a)

die Kontaktstelle des betreffenden Anbieters von Vermittlungsdiensten gemäß Artikel 11;

b)

eine Beschreibung der einschlägigen Fakten, der betreffenden Bestimmungen dieser Verordnung und der Gründe, aufgrund derer der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, oder das Gremium vermutet, dass der Anbieter gegen diese Verordnung verstoßen hat, einschließlich der Beschreibung der negativen Auswirkungen der mutmaßlichen Zuwiderhandlung;

c)

alle sonstigen Informationen, die der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, oder das Gremium für relevant hält, gegebenenfalls einschließlich Informationen, die auf eigene Initiative zusammengetragen wurden, oder Vorschläge für spezifische Untersuchungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen, einschließlich einstweiliger Maßnahmen.

(4)   Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort trägt der Aufforderung gemäß der Absätze 1 oder 2 dieses Artikels weitestgehend Rechnung. Ist er der Auffassung, dass er nicht über ausreichende Informationen verfügt, um der Aufforderung Folge zu leisten, und hat er Grund zu der Annahme, dass der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, oder das Gremium zusätzliche Informationen bereitstellen könnte, so kann der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort entweder diese Informationen gemäß Artikel 57 anfordern oder eine gemeinsame Untersuchung gemäß Artikel 60 Absatz 1 einleiten, an der mindestens der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung erteilt hat, teilnimmt. Die Frist gemäß Absatz 5 dieses Artikels ruht, bis diese zusätzlichen Informationen vorliegen oder bis die Einladung zur Teilnahme an der gemeinsamen Untersuchung abgelehnt wurde.

(5)   Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort teilt dem Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, und dem Gremium unverzüglich, in jedem Fall aber spätestens zwei Monate nach Eingang der Aufforderung gemäß Absatz 1 oder 2, die Bewertung der mutmaßlichen Zuwiderhandlung sowie eine Erläuterung etwaiger Untersuchungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen mit, die in diesem Zusammenhang ergriffen wurden oder geplant sind, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen.

Artikel 59

Befassung der Kommission

(1)   Geht keine Mitteilung innerhalb der in Artikel 58 Absatz 5 festgelegten Frist ein, oder stimmt der Ausschuss der Bewertung oder den gemäß Artikel 58 Absatz 5 ergriffenen oder geplanten Maßnahmen nicht zu, sowie in den in Artikel 60 Absatz 3 genannten Fällen kann das Gremium die Kommission unter Vorlage aller einschlägigen Informationen mit der Angelegenheit befassen. Diese Informationen umfassen mindestens die an den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort gerichtete Aufforderung oder Empfehlung, die Bewertung dieses Koordinators für digitale Dienste, die Gründe für die Nichtzustimmung und alle zusätzlichen Informationen zur Unterstützung der Befassung der Kommission.

(2)   Die Kommission gibt innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Befassung gemäß Absatz 1 eine Bewertung der Angelegenheit ab, nachdem sie den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort konsultiert hat.

(3)   Ist die Kommission gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels der Ansicht, dass die Bewertung oder die gemäß Artikel 58 Absatz 5 ergriffenen oder geplanten Untersuchungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen nicht mit dieser Verordnung vereinbar oder nicht ausreichend sind, um ihre wirksame Durchsetzung zu gewährleisten, teilt sie dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und dem Gremium ihren Standpunkt mit und fordert den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort auf, die Angelegenheit zu überprüfen.

Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort ergreift die erforderlichen Untersuchungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen, um die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen, wobei er den Standpunkten und dem Überprüfungsantrag der Kommission weitestgehend Rechnung trägt. Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort unterrichtet die Kommission sowie den antragstellenden Koordinator für digitale Dienste oder das Gremium, die Maßnahmen gemäß Artikel 58 Absatz 1 oder 2 ergriffen haben, innerhalb von zwei Monaten nach der Beantragung der Überprüfung über die ergriffenen Maßnahmen.

Artikel 60

Gemeinsame Untersuchungen

(1)   Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort kann unter Beteiligung eines oder mehrerer anderer betreffenden Koordinatoren für digitale Dienste gemeinsame Untersuchungen einleiten und leiten:

a)

von Amts wegen, um eine mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung durch einen bestimmten Anbieter von Vermittlungsdiensten in mehreren Mitgliedstaaten zu untersuchen oder

b)

auf Empfehlung des Gremiums, das auf Antrag von mindestens drei Koordinatoren für digitale Dienste handelt, die – auf der Grundlage eines begründeten Verdachts – eine Zuwiderhandlung durch einen bestimmten Anbieter von Vermittlungsdiensten vermuten, durch die Nutzer in ihren Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden.

(2)   Ein Koordinator für digitale Dienste, der nachweist, dass er ein berechtigtes Interesse an der Teilnahme an einer gemeinsamen Untersuchung gemäß Absatz 1 hat, kann eine solche beantragen. Die gemeinsame Untersuchung wird innerhalb von drei Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen, sofern die Teilnehmer nichts anderes vereinbaren.

Der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort teilt seinen vorläufigen Standpunkt zu der mutmaßlichen Zuwiderhandlung spätestens einen Monat nach Ablauf der in Unterabsatz 1 genannten Frist allen Koordinatoren für digitale Dienste, der Kommission und dem Gremium mit. In dem vorläufigen Standpunkt werden die Ansichten aller Koordinatoren für digitale Dienste, die an der gemeinsamen Untersuchung teilnehmen, berücksichtigt. Gegebenenfalls werden in diesem vorläufigen Standpunkt auch die vorgesehenen Durchsetzungsmaßnahmen dargelegt.

(3)   Das Gremium kann die Kommission gemäß Artikel 59 mit der Angelegenheit befassen, wenn

a)

der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort seinen vorläufigen Standpunkt nicht innerhalb der in Absatz 2 genannten Frist mitgeteilt hat;

b)

das Gremium mit dem vorläufigen Standpunkt des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort im Wesentlichen nicht übereinstimmt; oder

c)

der Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort die gemeinsame Untersuchung nach der Empfehlung des Gremiums gemäß Absatz 1 Buchstabe b nicht unverzüglich eingeleitet hat.

(4)   Bei der Durchführung der gemeinsamen Untersuchung arbeiten die Koordinatoren für digitale Dienste in guter Absicht zusammen, wobei sie gegebenenfalls die Angaben des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort und die Empfehlung des Gremiums berücksichtigen. Die an der gemeinsamen Untersuchung beteiligten Koordinatoren für digitale Dienste am Bestimmungsort sind berechtigt, auf Ersuchen oder nach Konsultation des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort ihre Untersuchungsbefugnisse gemäß Artikel 51 Absatz 1 in Bezug auf die von der mutmaßlichen Zuwiderhandlung betroffenen Anbieter von Vermittlungsdiensten mit Blick auf Informationen und Räumlichkeiten in ihrem Hoheitsgebiet auszuüben.

ABSCHNITT 3

Europäisches Gremium für digitale Dienste

Artikel 61

Europäisches Gremium für digitale Dienste

(1)   Es wird eine unabhängige Beratergruppe der Koordinatoren für digitale Dienste für die Beaufsichtigung der Anbieter von Vermittlungsdiensten mit der Bezeichnung „Europäisches Gremium für digitale Dienste“ (im Folgenden „Gremium“) eingerichtet.

(2)   Das Gremium berät die Koordinatoren für digitale Dienste und die Kommission im Einklang mit dieser Verordnung, um folgende Ziele zu erreichen:

a)

Beitrag zur einheitlichen Anwendung dieser Verordnung und zur wirksamen Zusammenarbeit der Koordinatoren für digitale Dienste und der Kommission in Angelegenheiten, die unter diese Verordnung fallen;

b)

Koordinierung und Mitwirkung an Leitlinien und Analysen der Kommission, der Koordinatoren für digitale Dienste und anderer zuständiger Behörden zu neu auftretenden Fragen in Bezug auf Angelegenheiten, die unter diese Verordnung fallen, im gesamten Binnenmarkt;

c)

Unterstützung der Koordinatoren für digitale Dienste und der Kommission bei der Beaufsichtigung sehr großer Online-Plattformen.

Artikel 62

Struktur des Gremiums

(1)   Das Gremium setzt sich aus den Koordinatoren für digitale Dienste zusammen, die durch hochrangige Beamte vertreten werden. Benennt ein Mitgliedstaat oder benennen mehrere Mitgliedstaaten keinen Koordinator für digitale Dienste hindert dies das Gremium nicht daran, seine Aufgaben nach dieser Verordnung wahrzunehmen. Sofern dies im nationalen Recht vorgesehen ist, können sich neben dem Koordinator für digitale Dienste auch andere zuständige Behörden, die mit spezifischen operativen Zuständigkeiten für die Anwendung und Durchsetzung dieser Verordnung betraut sind, an der Arbeit des Gremiums beteiligen. Weitere nationale Behörden können zu den Sitzungen eingeladen werden, wenn die erörterten Fragen für sie von Belang sind.

(2)   Den Vorsitz des Gremiums führt die Kommission. Die Kommission beruft die Sitzungen ein und bereitet die Tagesordnung im Einklang mit den Aufgaben des Gremiums gemäß dieser Verordnung und im Einklang mit seiner Geschäftsordnung vor. Wird das Gremium ersucht, eine Empfehlung gemäß dieser Verordnung anzunehmen, so stellt sie dieses Ersuchen den anderen Koordinatoren für digitale Dienste unverzüglich über das Informationsaustauschsystem gemäß Artikel 85 bereit.

(3)   Jeder Mitgliedstaat verfügt über eine Stimme. Die Kommission hat kein Stimmrecht.

Das Gremium nimmt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit an. Bei der Annahme seiner Empfehlung an die Kommission nach Artikel 36 Absatz 1 Unterabsatz 1, stimmt das Gremium innerhalb von 48 Stunden ab, nachdem der Vorsitzende des Gremiums das Ersuchen gestellt hat.

(4)   Die Kommission leistet administrative und analytische Unterstützung für die Tätigkeiten des Gremiums gemäß dieser Verordnung.

(5)   Das Gremium kann Sachverständige und Beobachter zu seinen Sitzungen einladen und mit anderen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie Beratergruppen und gegebenenfalls mit externen Sachverständigen zusammenarbeiten. Das Gremium macht der Öffentlichkeit die Ergebnisse dieser Zusammenarbeit zugänglich.

(6)   Das Gremium kann interessierte Kreise konsultieren und stellt die Ergebnisse dieser Konsultation öffentlich zur Verfügung.

(7)   Das Gremium gibt sich nach Zustimmung der Kommission eine Geschäftsordnung.

Artikel 63

Aufgaben des Gremiums

(1)   Soweit dies zur Erreichung der in Artikel 61 Absatz 2 genannten Ziele erforderlich ist, nimmt das Gremium insbesondere folgende Aufgaben wahr:

a)

Unterstützung der Koordinierung gemeinsamer Untersuchungen;

b)

Unterstützung der zuständigen Behörden bei der Analyse der Berichte und Ergebnisse von Prüfungen sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen, die gemäß dieser Verordnung zu übermitteln sind;

c)

Abgabe von Stellungnahmen, Empfehlungen oder Ratschlägen an die Koordinatoren für digitale Dienste im Einklang mit dieser Verordnung, wobei insbesondere die Dienstleistungsfreiheit der Anbieter von Vermittlungsdiensten zu berücksichtigen ist;

d)

Beratung der Kommission hinsichtlich der in Artikel 66 genannten Maßnahmen und Abgabe von Stellungnahmen in Bezug auf sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen gemäß dieser Verordnung;

e)

Unterstützung und Förderung der Entwicklung und Umsetzung europäischer Normen, Leitlinien, Berichte, Vorlagen und Verhaltenskodizes in Zusammenarbeit mit den einschlägigen Interessenträgern gemäß dieser Verordnung, u. a. durch Abgabe von Stellungnahmen oder Empfehlungen zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit Artikel 44, sowie Bestimmung neu auftretender Fragen in Bezug auf Angelegenheiten, die unter diese Verordnung fallen.

(2)   Die Koordinatoren für digitale Dienste und gegebenenfalls andere zuständige Behörden, die den vom Gremium an sie gerichteten Stellungnahmen, Aufforderungen oder Empfehlungen nicht folgen, geben bei der Berichterstattung gemäß dieser Verordnung oder bei der Annahme ihrer einschlägigen Beschlüsse gegebenenfalls die Gründe dafür, einschließlich einer Erläuterung zu den Untersuchungen und Maßnahmen, die sie durchgeführt haben, an.

ABSCHNITT 4

Beaufsichtigung, Untersuchung, Durchsetzung und Überwachung in Bezug auf Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen

Artikel 64

Entwicklung von Sachkenntnis und Kapazitäten

(1)   Die Kommission entwickelt in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren für digitale Dienste und dem Gremium Sachkenntnis und Kapazitäten der Union, gegebenenfalls auch durch die Entsendung von Personal der Mitgliedstaaten.

(2)   Darüber hinaus koordiniert die Kommission, in Zusammenarbeit mit den Koordinatoren für digitale Dienste und dem Gremium die Bewertung systemischer und neu aufkommender Probleme in Bezug auf sehr große Online-Plattformen oder sehr große Online-Suchmaschinen in der gesamten Union mit Blick auf Angelegenheiten, die unter diese Verordnung fallen.

(3)   Die Kommission kann die Koordinatoren für digitale Dienste, das Gremium und andere Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die über einschlägige Sachkenntnis verfügen, ersuchen, sie bei der Bewertung systemischer und neu auftretender Probleme in der gesamten Union im Rahmen dieser Verordnung zu unterstützen.

(4)   Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Kommission, insbesondere über ihre jeweiligen Koordinatoren für digitale Dienste und gegebenenfalls andere zuständige Behörden zusammen, auch indem sie ihre Sachkenntnis und Kapazitäten zur Verfügung stellen.

Artikel 65

Durchsetzung von Pflichten der Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen

(1)   Für die Zwecke der Untersuchung der Einhaltung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten durch die Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen kann die Kommission die in diesem Abschnitt festgelegten Untersuchungsbefugnisse bereits ausüben, bevor sie ein Verfahren gemäß Artikel 66 Absatz 2 einleitet. Sie kann diese Befugnisse von Amts wegen oder auf Antrag gemäß Absatz 2 dieses Artikels ausüben.

(2)   Hat ein Koordinator für digitale Dienste Grund zu der Annahme, dass ein Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gegen die Bestimmungen des Kapitels III Abschnitt 5 verstoßen hat oder systematisch gegen Bestimmungen dieser Verordnung verstößt und diese Zuwiderhandlung schwerwiegende Auswirkungen auf die Nutzer in seinem Mitgliedstaat hat, so kann er über das in Artikel 85 genannte Informationsaustauschsystem eine Aufforderung an die Kommission richten, die Angelegenheit zu prüfen.

(3)   Eine Aufforderung gemäß Absatz 2 muss hinreichend begründet sein und zumindest folgende Informationen enthalten:

a)

die Kontaktstelle des betreffenden Anbieters der sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine gemäß Artikel 11;

b)

eine Beschreibung der einschlägigen Fakten, der betreffenden Bestimmungen dieser Verordnung und der Gründe, aufgrund derer der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, vermutet, dass der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gegen diese Verordnung verstoßen hat, einschließlich einer Beschreibung der Fakten, die belegen, dass die Zuwiderhandlung systemischer Art ist;

c)

alle sonstigen Informationen, die der Koordinator für digitale Dienste, der die Aufforderung übermittelt hat, für relevant hält, einschließlich gegebenenfalls Informationen, die er auf eigene Initiative hin zusammengetragen hat.

Artikel 66

Einleitung von Verfahren durch die Kommission und Zusammenarbeit bei Untersuchungen

(1)   Die Kommission kann Verfahren im Hinblick auf den möglichen Erlass von Beschlüssen gemäß den Artikeln 73 und 74 in Bezug auf das einschlägige Verhalten des Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine einleiten, wenn dieser im Verdacht steht, gegen Bestimmungen dieser Verordnung verstoßen zu haben.

(2)   Beschließt die Kommission, ein Verfahren nach Absatz 1 dieses Artikels einzuleiten, so teilt sie dies allen Koordinatoren für digitale Dienste und dem Gremium über das in Artikel 85 genannte Informationsaustauschsystem sowie dem betreffenden Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine mit.

Die Koordinatoren für digitale Dienste übermitteln der Kommission unverzüglich nach ihrer Unterrichtung über die Einleitung des Verfahrens alle Informationen über die fragliche Zuwiderhandlung, über die sie verfügen.

Die Einleitung eines Verfahrens gemäß Absatz 1 dieses Artikels durch die Kommission entbindet den Koordinator für digitale Dienste und gegebenenfalls alle zuständigen Behörden von ihren Artikel 56 Absatz 4 dieser Verordnung vorgesehenen Befugnissen für die Überwachung und Durchsetzung der Verpflichtungen gemäß.

(3)   Bei der Ausübung ihrer Untersuchungsbefugnisse gemäß dieser Verordnung kann die Kommission die individuelle oder gemeinsame Unterstützung von Koordinatoren für digitale Dienste, die von der mutmaßlichen Zuwiderhandlung betroffen sind, einschließlich des Koordinators für digitale Dienste am Niederlassungsort, anfordern. Die Koordinatoren für digitale Dienste, bei denen ein solcher Antrag eingegangen ist, und jede andere zuständige Behörde – sofern sie vom Koordinator für digitale Dienste beteiligt wurde – arbeiten aufrichtig und zügig mit der Kommission zusammen und sind berechtigt, ihre Untersuchungsbefugnisse gemäß Artikel 51 Absatz 1 in Bezug auf den Anbieter der betreffenden sehr große Online-Plattform oder der betreffenden sehr großen Online-Suchmaschine im Hinblick auf Informationen, Personen und Räumlichkeiten im Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaats und im Einklang mit dem Antrag auszuüben.

(4)   Die Kommission stellt dem Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort und dem Gremium sämtliche relevanten Informationen über die Ausübung der in den Artikeln 67 bis 72 genannten Befugnisse bereit und teilt ihm ihre vorläufige Beurteilung gemäß Artikel 79 Absatz 1 mit. Das Gremium legt der Kommission seine Ansichten zu der vorläufigen Beurteilung innerhalb einer gemäß Artikel 79 Absatz 2 festgelegten Frist vor. Die Kommission trägt den Ansichten des Gremiums bei ihrer Entscheidung weitestgehend Rechnung.

Artikel 67

Auskunftsverlangen

(1)   Zur Wahrnehmung der ihr in diesem Abschnitt übertragenen Aufgaben kann die Kommission durch einfaches Verlangen oder im Wege eines Beschlusses von dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine sowie von allen anderen natürlichen oder juristischen Personen, die zu Zwecken ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handeln und Kenntnis von Informationen über eine mutmaßliche Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung haben dürften, einschließlich Organisationen, die die Prüfungen gemäß Artikel 37 und Artikel 75 Absatz 2 durchführen, die Übermittlung dieser Informationen innerhalb einer angemessenen Frist verlangen.

(2)   Bei der Übermittlung eines einfachen Auskunftsverlangens an den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder an eine andere Person gemäß Absatz 1 gibt die Kommission die Rechtsgrundlage und den Zweck des Verlangens an, führt auf, welche Informationen erforderlich sind, und setzt die Frist für die Übermittlung der Informationen und nennt die in Artikel 74 vorgesehenen Geldbußen für den Fall, dass unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben gemacht werden.

(3)   Verlangt die Kommission im Wege eines Beschlusses, dass der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder eine andere Person gemäß Absatz 1 Informationen übermittelt, gibt sie die Rechtsgrundlage und den Zweck des Verlangens an, führt auf, welche Informationen erforderlich sind, und setzt die Frist für die Übermittlung der Informationen. Ferner nennt sie darin die in Artikel 74 vorgesehenen Geldbußen bzw. nennt oder verhängt darin die in Artikel 76 vorgesehenen Zwangsgelder. Darüber hinaus wird darin auf das Recht hingewiesen, den Beschluss vom Gerichtshof der Europäischen Union überprüfen zu lassen.

(4)   Die Anbieter der betreffenden sehr großen Online-Plattform oder sehr großen Online-Suchmaschine oder eine andere Person gemäß Absatz 1 oder deren Vertreter und, im Falle von juristischen Personen, Gesellschaften oder Unternehmen oder wenn sie keine Rechtspersönlichkeit besitzen, die nach Gesetz oder Satzung zu ihrer Vertretung berufenen Personen stellen die angeforderten Informationen im Namen des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder einer anderen Person gemäß Absatz 1 bereit. Ordnungsgemäß bevollmächtigte Rechtsanwälte können die Informationen im Namen ihrer Mandanten erteilen. Letztere bleiben in vollem Umfang dafür verantwortlich, dass die erteilten Informationen vollständig, sachlich richtig und nicht irreführend sind.

(5)   Auf Verlangen der Kommission stellen die Koordinatoren für digitale Dienste und andere zuständige Behörden der Kommission alle Informationen zur Verfügung, die sie zur Wahrnehmung der ihr in diesem Abschnitt übertragenen Aufgaben benötigt.

(6)   Die Kommission übermittelt den Koordinatoren für digitale Dienste nach der Übermittlung des einfachen Verlangens oder des Beschlusses gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels umgehend eine Kopie des Verlangens oder Beschlusses über das in Artikel 85 genannte Informationsaustauschsystem.

Artikel 68

Befugnis zur Befragung und Aufnahme von Aussagen

(1)   Zur Wahrnehmung der ihr in diesem Abschnitt übertragenen Aufgaben kann die Kommission jede natürliche oder juristische Person befragen, die der Befragung zum Zweck der Einholung von Informationen über den Gegenstand einer Untersuchung der mutmaßlichen Zuwiderhandlung zustimmt. Die Kommission ist berechtigt, diese Befragungen mit geeigneten technischen Mitteln aufzuzeichnen.

(2)   Wird die Befragung nach Absatz 1 nicht in den Räumlichkeiten der Kommission durchgeführt, unterrichtet die Kommission den Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Befragung stattfindet. Auf Verlangen dieses Koordinators für digitale Dienste können dessen Bedienstete die mit der Befragung beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen unterstützen.

Artikel 69

Befugnis zur Durchführung von Nachprüfungen

(1)   Zur Wahrnehmung der ihr in diesem Abschnitt übertragenen Aufgaben kann die Kommission alle erforderlichen Nachprüfungen in den Räumlichkeiten des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder einer anderen Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 durchführen.

(2)   Die mit den Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen sind befugt,

a)

alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person zu betreten,

b)

die Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung unabhängig von jeweiligen Datenträger zu prüfen,

c)

Kopien oder Auszüge gleich in welcher Form aus diesen Büchern und sonstigen Aufzeichnungen anzufertigen oder zu verlangen,

d)

von dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person Zugang zu Informationen über die Organisation, die Funktionsweise, das IT-System, die Algorithmen, die Datenverwaltung und die Geschäftspraktiken sowie Erläuterungen dazu zu verlangen und diese Erläuterungen aufzuzeichnen oder zu dokumentieren,

e)

alle Räumlichkeiten, die der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder die betreffende andere Person zu Zwecken seiner/ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit nutzt, sowie alle Bücher und sonstigen Aufzeichnungen für die Dauer der Nachprüfung und in dem für die Nachprüfung erforderlichen Ausmaß zu versiegeln,

f)

alle Vertreter oder Bediensteten des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person zur Abgabe von Erklärungen zu Sachverhalten oder Unterlagen aufzufordern, die mit dem Gegenstand und dem Zweck der Nachprüfung in Zusammenhang stehen, und die Antworten aufzuzeichnen,

g)

Fragen im Zusammenhang mit dem Gegenstand und dem Zweck der Nachprüfung an diese Vertreter oder Bediensteten zu richten und die Antworten aufzuzeichnen.

(3)   Nachprüfungen können mit Unterstützung von Prüfern oder Sachverständigen, die von der Kommission gemäß Artikel 72 Absatz 2 benannt werden, sowie mit Unterstützung des Koordinators für digitale Dienste oder anderer zuständiger nationaler Behörden des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt werden soll, durchgeführt werden.

(4)   Sind die angeforderten Bücher oder sonstigen Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung nicht vollständig vorgelegt worden oder die Antworten auf die nach Maßgabe von Absatz 2 gestellten Fragen unrichtig, unvollständig oder irreführend üben die mit Nachprüfungen beauftragten Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen ihre Befugnisse unter Vorlage eines schriftlichen Auftrags aus, in dem der Gegenstand und der Zweck der Nachprüfung genannt sind und auf die in den Artikeln 74 und 76 vorgesehenen Sanktionen für den Fall hingewiesen wird. Die Kommission unterrichtet den Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt werden soll, rechtzeitig vor der Nachprüfung davon.

(5)   Bei Nachprüfungen können die Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen, die von ihr benannten Prüfer oder Sachverständigen, der Koordinator für digitale Dienste oder die anderen zuständigen Behörden des Mitgliedstaates, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt wird, von dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person Erläuterungen zu der Organisation, der Funktionsweise, dem IT-System, den Algorithmen, der Datenverwaltung und dem Geschäftsgebaren verlangen und können ihr Schlüsselpersonal befragen.

(6)   Der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder die betreffende andere natürliche oder juristische Person ist verpflichtet, die Nachprüfungen zu dulden, die die Kommission durch Beschluss angeordnet hat. In dem Beschluss werden Gegenstand und Zweck der Nachprüfung aufgeführt, das Datum des Beginns der Nachprüfung festgelegt, die in den Artikeln 74 und 76 vorgesehenen Sanktionen angegeben sowie auf das Recht hingewiesen, den Beschluss vom Gerichtshof der Europäischen Union überprüfen zu lassen. Die Kommission konsultiert den Koordinator für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt werden soll, bevor dieser Beschluss gefasst wird.

(7)   Die Bediensteten des Koordinators für digitale Dienste des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt werden soll, und die anderen von ihm ermächtigten oder benannten Personen unterstützen auf Ersuchen dieses Koordinators für digitale Dienste oder der Kommission die Bediensteten der Kommission und die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen aktiv bei der Nachprüfung. Sie verfügen hierzu über die in Absatz 2 aufgeführten Befugnisse.

(8)   Stellen die Bediensteten der Kommission oder die anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen fest, dass sich der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder die betreffende andere Person einer nach Maßgabe dieses Artikels angeordneten Nachprüfung widersetzt, gewährt der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Nachprüfung durchgeführt werden soll, diesen Bediensteten oder anderen ermächtigten Personen auf deren Ersuchen und im Einklang mit den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates die erforderliche Unterstützung – auch in Form von Zwangsmaßnahmen einer zuständigen Strafverfolgungsbehörde, falls dies nach nationalem Recht zulässig ist –, damit sie die Nachprüfung durchführen können.

(9)   Erfordert die in Absatz 8 vorgesehene Unterstützung im Einklang mit dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats eine Genehmigung einer nationalen Justizbehörde, beantragt der Koordinator für digitale Dienste dieses Mitgliedstaats die Genehmigung auf Ersuchen der Bediensteten der Kommission und der anderen von ihr ermächtigten Begleitpersonen. Die Genehmigung kann auch vorsorglich beantragt werden.

(10)   Wird die Genehmigung nach Absatz 9 beantragt, prüft die nationale Justizbehörde, die mit dem jeweiligen Fall befasst wurde, ob der Beschluss der Kommission, mit dem die Nachprüfung angeordnet wird, echt ist und ob die geplanten Zwangsmaßnahmen im Hinblick auf den Gegenstand der Nachprüfung weder willkürlich noch unverhältnismäßig sind. Bei der Durchführung einer solchen Nachprüfung kann die nationale Justizbehörde die Kommission direkt oder über die Koordinatoren für digitale Dienste des betreffenden Mitgliedstaats um ausführliche Erläuterungen ersuchen insbesondere zu den Gründen, aus denen die Kommission einen Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung vermutet, sowie der Schwere der mutmaßlichen Zuwiderhandlung und der Art der Beteiligung des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person. Die nationale Justizbehörde darf jedoch weder die Notwendigkeit der Nachprüfung infrage stellen noch Auskünfte aus der Verfahrensakte der Kommission verlangen. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses der Kommission unterliegt ausschließlich der Prüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union.

Artikel 70

Einstweilige Maßnahmen

(1)   Im Rahmen eines Verfahrens, das zum Erlass eines Beschlusses wegen Nichteinhaltung gemäß Artikel 73 Absatz 1 führen kann, kann die Kommission bei Dringlichkeit aufgrund der Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Nutzer auf der Grundlage einer prima facie festgestellten Zuwiderhandlung im Wege eines Beschlusses einstweilige Maßnahmen gegen den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine anordnen.

(2)   Ein Beschluss gemäß Absatz 1 hat eine befristete Geltungsdauer und kann – sofern erforderlich und angemessen – verlängert werden.

Artikel 71

Verpflichtungszusagen

(1)   Bietet der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine während des Verfahrens nach diesem Abschnitt Verpflichtungszusagen an, mit denen die Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung sichergestellt werden soll, kann die Kommission diese Verpflichtungszusagen für den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine im Wege eines Beschlusses für bindend erklären und feststellen, dass für ein Tätigwerden der Kommission kein Anlass mehr besteht.

(2)   Die Kommission kann das Verfahren auf Antrag oder von Amts wegen wieder aufnehmen,

a)

wenn eine materielle Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, auf den sich der Beschluss stützte,

b)

wenn der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gegen seine Verpflichtungszusagen verstößt oder

c)

wenn der Beschluss auf unvollständigen, unrichtigen oder irreführenden Angaben des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder einer anderen Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 beruhte.

(3)   Ist die Kommission der Auffassung, dass die von dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine angebotenen Verpflichtungszusagen die wirksame Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung nicht sicherstellen können, lehnt sie diese Verpflichtungszusagen bei Abschluss des Verfahrens in einem mit Gründen versehenen Beschluss ab.

Artikel 72

Überwachungsmaßnahmen

(1)   Zur Wahrnehmung der ihr in diesem Abschnitt übertragenen Aufgaben kann die Kommission die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die wirksame Umsetzung und Einhaltung dieser Verordnung durch Anbieter sehr großer Online-Plattformen oder sehr großer Online-Suchmaschinen zu überwachen. Die Kommission kann anordnen, dass sie Zugang zu ihren Datenbanken und Algorithmen gewähren und entsprechende Erläuterungen dazu geben. Zu diesen Maßnahmen kann gehören, dass dem Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine die Verpflichtung auferlegt wird, alle Dokumente aufzubewahren, die für die Bewertung der Umsetzung und Einhaltung der Verpflichtungen gemäß dieser Verordnung als notwendig erachtet werden.

(2)   Die Maßnahmen gemäß Absatz 1 können die Benennung unabhängiger externer Sachverständiger und Prüfer sowie die Benennung von Sachverständigen und Prüfern der zuständigen nationalen Behörden mit Zustimmung der betreffenden Behörde umfassen, die die Kommission bei der Überwachung der wirksamen Umsetzung und Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung unterstützen und der Kommission spezifisches Fachwissen oder Kenntnisse zur Verfügung stellen.

Artikel 73

Nichteinhaltung

(1)   Die Kommission erlässt einen Beschluss wegen Nichteinhaltung, wenn sie feststellt, dass der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine eine oder mehrere der folgenden Anforderungen nicht erfüllt:

a)

die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung,

b)

gemäß Artikel 70 angeordnete einstweilige Maßnahmen,

c)

gemäß Artikel 71 bindende Verpflichtungszusagen.

(2)   Vor Erlass des Beschlusses gemäß Absatz 1 teilt die Kommission dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine ihre vorläufige Beurteilung mit. In dieser vorläufigen Beurteilung erläutert die Kommission, welche Maßnahmen sie zu ergreifen beabsichtigt bzw. der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine ergreifen sollte, um der vorläufigen Beurteilung wirksam Rechnung zu tragen.

(3)   In dem gemäß Absatz 1 erlassenen Beschluss ordnet die Kommission an, dass der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die Einhaltung des Beschlusses nach Absatz 1 innerhalb einer darin genannten angemessenen Frist sicherzustellen und Informationen über die Maßnahmen zu übermitteln, die dieser Anbieter zu ergreifen beabsichtigt, um dem Beschluss nachzukommen.

(4)   Der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine übermittelt der Kommission bei deren Umsetzung eine Beschreibung der Maßnahmen, die er ergriffen hat, um die Einhaltung des Beschlusses nach Absatz 1 sicherzustellen.

(5)   Stellt die Kommission fest, dass die Bedingungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind, schließt sie die Untersuchung mit einem Beschluss ab. Der Beschluss ist sofort anwendbar.

Artikel 74

Geldbußen

(1)   In ihrem in Artikel 73 genannten Beschluss kann die Kommission gegen den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 6 % seines im vorangegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtjahresumsatzes verhängen, wenn sie feststellt, dass der Anbieter vorsätzlich oder fahrlässig

a)

gegen die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung verstößt,

b)

einem Beschluss, mit dem einstweilige Maßnahmen gemäß Artikel 70 angeordnet werden, nicht nachkommt oder

c)

eine Verpflichtungszusage, die durch einen Beschluss gemäß Artikel 71 für bindend erklärt wurde, nicht einhält.

(2)   Die Kommission kann gegen den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder eine andere natürliche oder juristische Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 im Wege eines Beschlusses Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von 1 % der Gesamtjahreseinnahmen oder des weltweiten Gesamtjahresumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr verhängen, wenn dieser bzw. diese vorsätzlich oder fahrlässig

a)

in Beantwortung eines einfachen oder im Wege eines Beschlusses ergangenen Verlangens gemäß Artikel 67 unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben macht,

b)

ein im Wege eines Beschlusses ergangenes Auskunftsverlangen nicht innerhalb der gesetzten Frist beantwortet,

c)

unrichtige, unvollständige oder irreführende Angaben eines Beschäftigten nicht innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist berichtigt oder vollständige Informationen nicht erteilt oder verweigert,

d)

sich einer Nachprüfung gemäß Artikel 69 verweigert,

e)

die von der Kommission gemäß Artikel 72 erlassenen Maßnahmen nicht einhält oder

f)

die Bedingungen für die Einsicht in die Akten der Kommission gemäß Artikel 79 Absatz 4 nicht erfüllt.

(3)   Vor Erlass des Beschlusses gemäß Absatz 2 teilt die Kommission dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder einer anderen Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 ihre vorläufige Beurteilung mit.

(4)   Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt die Kommission Art, Schwere, Dauer und Wiederholung der Zuwiderhandlung sowie bei gemäß Absatz 2 verhängten Geldbußen die im Verfahren verursachte Verzögerung.

Artikel 75

Erweiterte Beaufsichtigung von Maßnahmen zur Behebung von Zuwiderhandlungen gegen in Kapitel III Abschnitt 5 festgelegte Pflichten

(1)   Wenn die Kommission einen Beschluss gemäß Artikel 73 in Bezug auf eine Zuwiderhandlung durch einen Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine gegen eine der Bestimmungen von Kapitel III Abschnitt 5 annimmt, nutzt sie das System der erweiterten Beaufsichtigung gemäß dem vorliegenden Artikel. Dabei trägt sie etwaigen Stellungnahmen des Gremiums gemäß diesem Artikel weitestgehend Rechnung.

(2)   In dem Beschluss gemäß Artikel 73 fordert die Kommission den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine auf, dem Koordinator für digitale Dienste, der Kommission und dem Gremium innerhalb einer angemessenen, in dem Beschluss festgelegten Frist einen Aktionsplan zu übermitteln, in dem die Maßnahmen dargelegt sind, die notwendig und hinreichend sind, um die Zuwiderhandlung zu beenden oder Abhilfe zu schaffen. Diese Maßnahmen umfassen die Verpflichtungszusage, eine unabhängige Prüfung der Umsetzung der anderen Maßnahmen gemäß Artikel 37 Absätze 3 und 4 durchzuführen, und wobei die Identität der Prüfer sowie das Verfahren, der Zeitplan und die Nachbereitung der Prüfung anzugeben sind. Die Maßnahmen können auch die Verpflichtungszusage umfassen, sich an einem einschlägigen Verhaltenskodex gemäß Artikel 45 zu beteiligen.

(3)   Innerhalb eines Monats nach Erhalt des Aktionsplans übermittelt das Gremium der Kommission seine Stellungnahme zu dem Aktionsplan. Innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Stellungnahme entscheidet die Kommission, ob die im Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, um die Zuwiderhandlung zu beenden oder Abhilfe zu schaffen, und setzt eine angemessene Frist für seine Umsetzung. Bei dieser Entscheidung berücksichtigt sie die etwaige Verpflichtungszusage zur Einhaltung der einschlägigen Verhaltenskodizes. Anschließend überwacht die Kommission die Umsetzung des Aktionsplans. Zu diesem Zweck übermittelt der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine der Kommission den Prüfbericht, nachdem er verfügbar ist, und hält die Kommission über die unternommenen Schritte zur Umsetzung des Aktionsplans auf dem Laufenden. Wenn dies für eine solche Überwachung erforderlich ist, kann die Kommission den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine auffordern, innerhalb einer von der Kommission festgelegten angemessenen Frist zusätzliche Angaben zu machen.

Die Kommission hält das Gremium und die Koordinatoren für digitale Dienste über die Umsetzung des Aktionsplans und über ihre Überwachung der Umsetzung auf dem Laufenden.

(4)   Die Kommission kann die erforderlichen Maßnahmen im Einklang mit dieser Verordnung, insbesondere Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe e und Artikel 82 Absatz 1, ergreifen, wenn

a)

der betreffende Anbieter der sehr großen Online-Plattform oder der sehr großen Online-Suchmaschine es versäumt, innerhalb der vorgegebenen Frist einen Aktionsplan, den Prüfbericht, aktuelle Informationen oder die angeforderten zusätzlichen Angaben vorzulegen,

b)

die Kommission den vorgeschlagenen Aktionsplan ablehnt, weil sie der Ansicht ist, dass die darin vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Zuwiderhandlung zu beenden oder Abhilfe zu schaffen, oder

c)

die Kommission auf der Grundlage des Prüfberichts, etwaiger aktueller Informationen oder zusätzlicher Angaben oder sonstiger ihr zur Verfügung stehender sachdienlicher Informationen der Auffassung ist, dass die Umsetzung des Aktionsplans nicht ausreicht, um die Zuwiderhandlung zu beenden oder Abhilfe zu schaffen.

Artikel 76

Zwangsgelder

(1)   Die Kommission kann – im Wege eines Beschlusses – gegen den betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder gegebenenfalls eine andere Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 ein Zwangsgeld pro Tag bis zu einem Höchstbetrag von 5 % der im vorangegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tageseinnahmen oder des im vorangegangenen Geschäftsjahr weltweit erzielten durchschnittlichen Jahresumsatzes, berechnet ab dem im Beschluss genannten Tag, verhängen, um ihn/sie dazu zu zwingen,

a)

in Beantwortung eines Beschlusses zum Auskunftsverlangen gemäß Artikel 67 richtige und vollständige Informationen zu übermitteln,

b)

eine Nachprüfung zu dulden, die die Kommission im Wege eines Beschlusses gemäß Artikel 69 angeordnet hat,

c)

einem Beschluss nachzukommen, mit dem einstweilige Maßnahmen gemäß Artikel 70 Absatz 1 angeordnet werden,

d)

Verpflichtungszusagen nachzukommen, die im Wege eines Beschlusses gemäß Artikel 71 Absatz 1 für bindend erklärt wurden,

e)

einem Beschluss gemäß Artikel 73 Absatz 1 und, falls zutreffend, den darin enthaltenen Anforderungen an den Aktionsplan gemäß Artikel 75 nachzukommen.

(2)   Ist der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder eine andere Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 der Verpflichtung nachgekommen, die mit dem Zwangsgeld durchgesetzt werden sollte, kann die Kommission den endgültigen Betrag des Zwangsgelds auf einen niedrigeren Betrag als den in dem ursprünglichen Beschluss festsetzen.

Artikel 77

Verjährungsfrist für die Verhängung von Sanktionen

(1)   Für die der Kommission mit den Artikeln 74 und 76 übertragenen Befugnisse gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.

(2)   Die Frist läuft ab dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung begangen worden ist. Im Fall andauernder oder wiederholter Zuwiderhandlungen läuft die Frist jedoch ab dem Tag, an dem die Zuwiderhandlung beendet wird.

(3)   Jede Maßnahme der Kommission oder des Koordinators für digitale Dienste zum Zwecke der Untersuchung oder Verfolgung einer Zuwiderhandlung unterbricht die Verjährungsfrist für die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern. Zu den Maßnahmen, die die Verjährungsfrist unterbrechen, gehören insbesondere

a)

Auskunftsverlangen der Kommission oder eines Koordinators für digitale Dienste,

b)

Nachprüfungen,

c)

die Eröffnung eines Verfahrens durch die Kommission gemäß Artikel 66 Absatz 1.

(4)   Nach jeder Unterbrechung beginnt die Frist von Neuem. Die Verjährungsfrist für die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern endet jedoch spätestens an dem Tag, an dem ein Zeitraum verstrichen ist, der der doppelten Verjährungsfrist entspricht, ohne dass die Kommission eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld verhängt hat. Diese Frist wird um den Zeitraum verlängert, in dem die Verjährungsfrist gemäß Absatz 5 ausgesetzt wurde.

(5)   Die Verjährungsfrist für die Durchsetzung von Geldbußen oder Zwangsgeldern ruht, solange zu dem Beschluss der Kommission ein Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union anhängig ist.

Artikel 78

Verjährungsfrist für die Durchsetzung von Sanktionen

(1)   Für die Befugnisse der Kommission zur Durchsetzung von Beschlüssen gemäß den Artikeln 74 und 76 gilt eine Verjährungsfrist von fünf Jahren.

(2)   Die Verjährungsfrist läuft ab dem Tag, an dem der Beschluss rechtskräftig wird.

(3)   Die Verjährungsfrist für die Durchsetzung von Sanktionen wird durch Folgendes unterbrochen:

a)

die Bekanntgabe eines Beschlusses, durch den der ursprüngliche Betrag der Geldbuße oder des Zwangsgelds geändert oder ein Antrag auf eine solche Änderung abgelehnt wird,

b)

jede auf zwangsweise Beitreibung der Geldbuße oder des Zwangsgelds gerichtete Maßnahme der Kommission oder eines Mitgliedstaats, der auf Ersuchen der Kommission handelt.

(4)   Nach jeder Unterbrechung beginnt die Frist von Neuem.

(5)   Die Verjährungsfrist für die Durchsetzung von Sanktionen ruht, solange

a)

eine Zahlungsfrist bewilligt ist,

b)

die Zwangsvollstreckung durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union oder eine Entscheidung eines nationalen Gerichts ausgesetzt ist.

Artikel 79

Anspruch auf rechtliches Gehör und Recht auf Akteneinsicht

(1)   Bevor die Kommission einen Beschluss gemäß Artikel 73 Absatz 1, Artikel 74 oder Artikel 76 erlässt, gibt sie dem betreffenden Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder einer anderen Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 Gelegenheit, sich zu Folgendem zu äußern:

a)

der vorläufigen Beurteilung der Kommission, einschließlich der Beschwerdepunkte, und

b)

den Maßnahmen, die die Kommission in Anbetracht der vorläufigen Beurteilung gemäß Buchstabe a zu treffen beabsichtigt.

(2)   Der betreffende Anbieter einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder eine andere Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 kann innerhalb einer von der Kommission in ihrer vorläufigen Beurteilung gesetzten angemessenen Frist, die mindestens 14 Tage beträgt, zu der vorläufigen Beurteilung der Kommission Stellung nehmen.

(3)   Die Kommission stützt ihre Beschlüsse ausschließlich auf Beschwerdepunkte, zu denen sich die betroffenen Parteien äußern konnten.

(4)   Die Verteidigungsrechte der betroffenen Parteien werden während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt. Sie haben vorbehaltlich des berechtigten Interesses des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine oder der betreffenden anderen Person an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse das Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission im Rahmen einer einvernehmlichen Einsichtnahme. Die Kommission ist befugt, im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien Beschlüsse über die Bedingungen im Zusammenhang mit der Offenlegung zu fassen. Vom Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission ausgenommen sind vertrauliche Informationen und interne Dokumente der Kommission, des Gremiums, der Koordinatoren für digitale Dienste, anderer zuständiger Behörden oder anderer öffentlicher Behörden der Mitgliedstaaten. Insbesondere ist die Korrespondenz zwischen der Kommission und den Behörden der Mitgliedstaaten von der Akteneinsicht ausgenommen. Dieser Absatz steht der Offenlegung und Verwendung der für den Nachweis einer Zuwiderhandlung notwendigen Informationen durch die Kommission in keiner Weise entgegen.

(5)   Die gemäß den Artikeln 67, 68 und 69 erlangten Informationen dürfen ausschließlich für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden.

Artikel 80

Veröffentlichung von Beschlüssen

(1)   Die Kommission veröffentlicht die Beschlüsse, die sie gemäß Artikel 70 Absatz 1 und Artikel 71 Absatz 1 sowie gemäß den Artikeln 73 bis 76 erlässt. Bei dieser Veröffentlichung gibt sie die Namen der Parteien, den wesentlichen Inhalt des Beschlusses und die gegebenenfalls verhängten Sanktionen an.

(2)   Die Veröffentlichung trägt den Rechten und berechtigten Interessen des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine, jeder anderen Person gemäß Artikel 67 Absatz 1 und etwaiger Dritter am Schutz ihrer vertraulichen Informationen Rechnung.

Artikel 81

Ermessensnachprüfung durch den Gerichtshof der Europäischen Union

Nach Artikel 261 AEUV hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung von Beschlüssen, mit denen die Kommission Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt hat. Er kann die verhängten Geldbußen oder Zwangsgelder aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

Artikel 82

Beschränkung der Anträge auf Akteneinsicht und Zusammenarbeit mit nationalen Gerichten

(1)   Wurden alle Befugnisse nach diesem Abschnitt zur Einstellung einer Zuwiderhandlung gegen diese Verordnung ausgeschöpft, aber die Zuwiderhandlung hält an und verursacht einen schwerwiegenden Schaden, der durch die Ausübung anderer Befugnisse nach Unionsrecht oder nationalem Recht nicht vermieden werden kann, kann die Kommission den Koordinator für digitale Dienste am Niederlassungsort des betreffenden Anbieters einer sehr großen Online-Plattform oder einer sehr großen Online-Suchmaschine auffordern, gemäß Artikel 51 Absatz 3 tätig zu werden.

Bevor die Kommission eine solche Aufforderung an den Koordinator für digitale Dienste richtet, gibt sie Beteiligten Gelegenheit, innerhalb einer Frist von mindestens 14 Arbeitstagen schriftlich dazu Stellung zu nehmen, wobei sie die beabsichtigten Maßnahmen beschreibt und den bzw. die Adressaten der Aufforderung nennt.

(2)   Wenn die kohärente Anwendung dieser Verordnung dies erfordert, kann die Kommission von Amts wegen der in Artikel 51 Absatz 3 genannten zuständigen Justizbehörde eine schriftliche Stellungnahme übermitteln. Mit Zustimmung der betreffenden Justizbehörde kann sie auch mündlich Stellung nehmen.

Ausschließlich zur Vorbereitung ihrer Stellungnahme kann die Kommission diese Justizbehörde auffordern, ihr alle für die Beurteilung des Falles erforderlichen Unterlagen zu übermitteln oder für deren Übermittlung zu sorgen.

(3)   Entscheidet ein nationales Gericht in einer Angelegenheit, die bereits Gegenstand eines Beschlusses der Kommission nach dieser Verordnung ist, erlässt dieses nationale Gericht keine Entscheidung, die diesem Beschluss der Kommission zuwiderläuft. Die nationalen Gerichte vermeiden es auch, Entscheidungen zu erlassen, die einem Beschluss zuwiderlaufen könnten, den die Kommission in einem von ihr nach dieser Verordnung eingeleiteten Verfahren zu erlassen beabsichtigt. Zu diesem Zweck kann das nationale Gericht prüfen, ob es notwendig ist, das vor ihm anhängige Verfahren auszusetzen. Dies gilt unbeschadet von Artikels 267 AEUV.

Artikel 83

Durchführungsrechtsakte im Zusammenhang mit dem Eingreifen der Kommission

In Bezug auf das Eingreifen der Kommission gemäß diesem Abschnitt kann die Kommission Durchführungsrechtsakte zu den praktischen Modalitäten für Folgendes erlassen:

a)

die Verfahren gemäß den Artikeln 69 bis 72,

b)

die Anhörungen gemäß Artikel 79,

c)

die einvernehmliche Offenlegung von Informationen gemäß Artikel 79.

Bevor Maßnahmen gemäß Absatz 1 ergriffen werden, veröffentlicht die Kommission einen Entwurf dieser Maßnahmen und fordert alle Beteiligten auf, innerhalb der darin festgelegten Frist, die mindestens einen Monat beträgt, dazu Stellung zu nehmen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 88 genannten Beratungsverfahren erlassen.

ABSCHNITT 5

Gemeinsame Durchsetzungsbestimmungen

Artikel 84

Berufsgeheimnis

Unbeschadet des Austauschs und der Verwendung der Informationen gemäß diesem Kapitel geben die Kommission, das Gremium, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und ihre jeweiligen Beamten, Bediensteten und sonstigen Personen, die unter ihrer Aufsicht tätig sind, sowie die anderen beteiligten natürlichen oder juristischen Personen, einschließlich der gemäß Artikel 72 Absatz 2 benannten Prüfer und Sachverständigen, keine Informationen preis, die sie bei der Anwendung dieser Verordnung erlangt oder ausgetauscht haben und die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen.

Artikel 85

Informationsaustauschsystem

(1)   Die Kommission errichtet und pflegt ein zuverlässiges und sicheres Informationsaustauschsystem für die Kommunikation zwischen den Koordinatoren für digitale Dienste, der Kommission und dem Gremium. Andere zuständige Behörden können Zugang zu diesem System erhalten, wenn dies für die Durchführung der ihnen im Einklang mit dieser Verordnung übertragenen Aufgaben erforderlich ist.

(2)   Die Koordinatoren für digitale Dienste, die Kommission und das Gremium nutzen das Informationsaustauschsystem für alle Mitteilungen gemäß dieser Verordnung.

(3)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise des Informationsaustauschsystems und seine Interoperabilität mit anderen einschlägigen Systemen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 88 genannten Beratungsverfahren erlassen.

Artikel 86

Vertretung

(1)   Unbeschadet der Richtlinie (EU) 2020/1828 oder jeder anderen Art von Vertretung nach nationalem Recht haben die Nutzer von Vermittlungsdiensten zumindest das Recht, eine Einrichtung, Organisation oder Vereinigung mit der Wahrnehmung der mit dieser Verordnung übertragenen Rechte in ihrem Namen zu beauftragen, sofern die Einrichtung, Organisation oder Vereinigung alle folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

Sie verfolgt keine Gewinnerzielungsabsicht.

b)

Sie wurde nach dem Recht eines Mitgliedstaats ordnungsgemäß gegründet.

c)

Aus ihren satzungsmäßigen Zielen ergibt sich ein berechtigtes Interesse daran, die Einhaltung dieser Verordnung sicherzustellen.

(2)   Die Anbieter von Online-Plattformen ergreifen die erforderlichen technischen und organisatorischen Maßnahmen, damit Beschwerden, die von Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels im Namen der Nutzer über die in Artikel 20 Absatz 1 genannten Mechanismen übermittelt werden, vorrangig und umgehend bearbeitet werden und darüber entschieden wird.

ABSCHNITT 6

Delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte

Artikel 87

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß den Artikeln 24, 33, 37, 40 und 43 wird der Kommission für fünf Jahre ab dem 16. November 2022 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß den Artikeln 24, 33, 37, 40 und 43 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß den Artikeln 24, 33, 37, 40 und 43 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um drei Monate verlängert.

Artikel 88

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss („Ausschuss für digitale Dienste“) unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

KAPITEL V

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 89

Änderung der Richtlinie 2000/31/EG

(1)   Die Artikel 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG werden gestrichen.

(2)   Bezugnahmen auf die Artikel 12 bis 15 der Richtlinie 2000/31/EG gelten jeweils als Bezugnahmen auf die Artikel 4, 5, 6 und 8 dieser Verordnung.

Artikel 90

Änderung der Richtlinie (EU) 2020/1828

In Anhang I der Richtlinie (EU) 2020/1828 wird folgende Nummer angefügt:

„(68)

Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste) und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste) (ABl. L 277 vom 27.10.2022, S. 1.“

Artikel 91

Überprüfung

(1)   Bis zum 18. Februar 2027 bewertet die Kommission die potenziellen Auswirkungen dieser Verordnung auf die Entwicklung und das Wirtschaftswachstum kleiner und mittlerer Unternehmen und erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss darüber Bericht.

Bis zum 17. November 2025 bewertet die Kommission Folgendes und erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss darüber Bericht:

a)

die Anwendung von Artikel 33, einschließlich des Umfangs der Anbieter von Vermittlungsdiensten, die unter die Verpflichtungen nach Kapitel III Abschnitt 5 dieser Verordnung fallen,

b)

die Art und Weise wie diese Verordnung Berührungspunkte mit anderen Rechtsakten, insbesondere den in Artikel 2 Absätze 3 und 4 genannten Rechtsakten aufweist.

(2)   Bis zum 17. November 2027 und danach alle fünf Jahre bewertet die Kommission diese Verordnung und erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss darüber Bericht.

In diesem Bericht wird insbesondere Folgendes behandelt:

a)

die Anwendung von Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a und b,

b)

der Beitrag dieser Verordnung zur Vertiefung und zum effizienten Funktionieren des Binnenmarkts für Vermittlungsdienste, insbesondere im Hinblick auf die grenzüberschreitende Erbringung digitaler Dienste,

c)

die Anwendung der Artikel 13, 16, 20, 21, 45 und 46,

d)

der Umfang der Verpflichtungen für Klein- und Kleinstunternehmen,

e)

die Wirksamkeit der Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismen,

f)

die Auswirkungen auf die Achtung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und auf Auskunft.

(3)   Den in den Absätzen 1 und 2 genannten Berichten wird bei Bedarf ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(4)   Die Kommission bewertet in dem in Absatz 2 genannten Bericht auch die Jahresberichte über die Tätigkeiten der Koordinatoren für digitale Dienste, die der Kommission und dem Gremium gemäß Artikel 55 Absatz 1 vorzulegen sind, und erstattet darüber Bericht.

(5)   Für die Zwecke des Absatzes 2 übermitteln die Mitgliedstaaten und das Gremium auf Verlangen der Kommission Informationen.

(6)   Bei den in Absatz 2 genannten Bewertungen berücksichtigt die Kommission die Standpunkte und Feststellungen des Europäischen Parlaments, des Rates und anderer einschlägiger Stellen oder Quellen und widmet den kleinen und mittleren Unternehmen und der Stellung neuer Wettbewerber besondere Aufmerksamkeit.

(7)   Bis zum 18. Februar 2027 nimmt die Kommission nach Konsultation des Gremiums und unter Berücksichtigung der ersten Jahre der Anwendung der Verordnung eine Bewertung der Arbeitsweise des Gremiums und der Anwendung von Artikel 43 vor und erstattet dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss darüber Bericht. Auf der Grundlage der Ergebnisse und unter weitestgehender Berücksichtigung der Stellungnahme des Gremiums wird diesem Bericht eventuell ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung in Bezug auf die Struktur des Gremiums beigefügt.

Artikel 92

Bevorstehenden Anwendung für Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen.

Diese Verordnung gilt für Anbieter sehr großer Online-Plattformen und sehr großer Online-Suchmaschinen, die gemäß Artikel 33 Absatz 4 benannt wurden, ab dem Datum vier Monaten nach der Mitteilung an den betreffenden Anbieter gemäß Artikel 33 Absatz 6, wenn dieses Datum vor dem 17. Februar 2024 liegt.

Artikel 93

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Diese Verordnung gilt ab dem 17. Februar 2024.

Artikel 24 Absätze 2, 3 und 6, Artikel 33 Absätze 3 bis 6, Artikel 37 Absatz 7, Artikel 40 Absatz 13 und Kapitel IV Abschnitte 4, 5, und 6 gelten jedoch ab dem 16. November 2022.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 19. Oktober 2022.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. BEK


(1)   ABl. C 286 vom 16.7.2021, S. 70.

(2)   ABl. C 440 vom 29.10.2021, S. 67.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 5. Juli 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 4. Oktober 2022.

(4)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).

(5)  Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).

(7)  Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1).

(8)  Verordnung (EU) 2019/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).

(10)  Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte (ABl. L 172 vom 17.5.2021, S. 79).

(11)  Verordnung (EU) 2021/1232 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juli 2021 über eine vorübergehende Ausnahme von bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2002/58/EG hinsichtlich der Verwendung von Technologien durch Anbieter nummernunabhängiger interpersoneller Kommunikationsdienste zur Verarbeitung personenbezogener und anderer Daten zwecks Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Internet (ABl. L 274 vom 30.7.2021, S. 41).

(12)  Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37).

(13)  Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004, (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 1).

(14)  Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/2011 (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1).

(15)  Richtlinie 2001/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. Dezember 2001 über die allgemeine Produktsicherheit (ABl. L 11 vom 15.1.2002, S. 4).

(16)  Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).

(17)  Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).

(18)  Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63).

(19)  Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29).

(20)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(21)  Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10).

(22)  Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. L 157 vom 30.4.2004, S. 45).

(23)  Richtlinie (EU) 2019/790 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG (ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 92).

(24)  Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).

(25)  Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(26)  Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1).

(27)  Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1).

(28)  Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(29)  Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53).

(30)  Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung (ABl. L 104 vom 25.3.2021, S. 1).

(31)  Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. L 80 vom 18.3.1998, S. 27).

(32)  Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1).

(33)  Richtlinie (EU) 2020/1828 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2020 über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 409 vom 4.12.2020, S. 1).

(34)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(35)   ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(36)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(37)   ABl. C 149 vom 27.4.2021, S. 3.

(38)  Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).

(39)  Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1).

(40)  Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).

(41)  Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/103


BESCHLUSS (EU) 2022/2066 DES RATES

vom 21. Februar 2022

über den Abschluss des Protokolls zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) im Namen der Europäischen Union

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Unterabsatz 2 Buchstabe a Ziffer v und Artikel 218 Absatz 7,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Im Einklang mit dem Beschluss (EU) 2021/1117 des Rates (2) wurde das Protokoll zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) (3) (im Folgenden „Protokoll“) am 29. Juni 2021 vorbehaltlich seines Abschlusses zu einem späteren Zeitpunkt unterzeichnet.

(2)

Das Protokoll wird ab dem Datum seiner Unterzeichnung vorläufig angewandt.

(3)

Ziel des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (4) (im Folgenden „Abkommen“) und des Protokolls ist es, die Union und die Gabunische Republik (im Folgenden „Gabun“) in die Lage zu versetzen, enger zusammenzuarbeiten, um die Entwicklung einer nachhaltigen Fischereipolitik und eine verantwortungsvolle Nutzung der Fischereiressourcen in der Fischereizone Gabuns und im Atlantischen Ozean weiter zu fördern und gleichzeitig zu angemessenen Arbeitsbedingungen im Fischereisektor beizutragen.

(4)

Das Protokoll sollte genehmigt werden.

(5)

Mit Artikel 9 des Abkommens wird ein mit der Überwachung der Durchführung des Abkommens betrauter Gemischter Ausschuss eingesetzt. Ferner kann der Gemischte Ausschuss gemäß Artikel 19 Absatz 5 des Protokolls bestimmte Änderungen des Protokolls annehmen. Um die Annahme bezüglich solcher Änderungen zu erleichtern, sollte die Kommission ermächtigt werden, sie unter Berücksichtigung bestimmter materiell- und verfahrensrechtlicher Bedingungen nach einem vereinfachten Verfahren im Namen der Union zu genehmigen.

(6)

Der Standpunkt der Union zu den vorgeschlagenen Änderungen des Protokolls sollte vom Rat festgelegt werden. Die vorgeschlagenen Änderungen sollten von der Kommission im Namen der Union genehmigt werden, sofern diese Änderungen nicht von einer Sperrminorität von Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union abgelehnt werden.

(7)

Das Protokoll sollte angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Fischereitätigkeiten der Union in der Fischereizone Gabuns und der Notwendigkeit, die Unterbrechung dieser Tätigkeiten so kurz wie möglich zu halten, so bald wie möglich in Kraft treten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das Protokoll zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) (im Folgenden „Protokoll“) wird im Namen der Union genehmigt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates nimmt die in Artikel 26 des Protokolls vorgesehene Notifikation im Namen der Union vor.

Artikel 3

Die Kommission wird gemäß dem im Anhang dieses Beschlusses aufgeführten Verfahren ermächtigt, im Namen der Union die Änderungen des Protokolls zu genehmigen, die der nach Artikel 9 des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft eingesetzte Gemischte Ausschuss verabschiedet.

Artikel 4

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 21. Februar 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. DENORMANDIE


(1)  Zustimmung vom 14. Dezember 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Beschluss (EU) 2021/1117 des Rates vom 28. Juni 2021 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — und die vorläufige Anwendung des Protokolls zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) (ABl. L 242 vom 8.7.2021, S. 3).

(3)   ABl. L 242 vom 8.7.2021, S. 5.

(4)   ABl. L 109 vom 26.4.2007, S. 3.


ANHANG

VERFAHREN FÜR DIE GENEHMIGUNG DER VOM GEMISCHTEN AUSSCHUSS ZU VERABSCHIEDENDEN ÄNDERUNGEN DES PROTOKOLLS

Wird der Gemischte Ausschuss gemäß Artikel 19 Absatz 5 des Protokolls zur Durchführung des partnerschaftlichen Fischereiabkommens zwischen der Gabunischen Republik und der Europäischen Gemeinschaft (2021-2026) (im Folgenden „Protokoll“) ersucht, Änderungen des Protokolls anzunehmen, ist die Kommission ermächtigt, die vorgeschlagenen Änderungen unter folgenden Bedingungen im Namen der Union zu genehmigen:

1.

Die Kommission stellt sicher, dass die Genehmigung im Namen der Union

a)

den Zielen der Gemeinsamen Fischereipolitik entspricht;

b)

mit den einschlägigen Vorschriften übereinstimmt, die von den regionalen Fischereiorganisationen verabschiedet wurden, und der gemeinsamen Bewirtschaftung durch Küstenstaaten Rechnung trägt;

c)

den jüngsten statistischen, biologischen und anderen einschlägigen Informationen, die der Kommission übermittelt wurden, Rechnung trägt.

2.

Bevor die Kommission vorgeschlagene Änderungen im Namen der Union genehmigt, legt sie diese rechtzeitig vor der betreffenden Sitzung des Gemischten Ausschusses dem Rat vor.

3.

Die Übereinstimmung der vorgeschlagenen Änderungen mit den Bedingungen unter Nummer 1 wird vom Rat überprüft.

4.

Die Kommission genehmigt die vorgeschlagenen Änderungen im Namen der Union, sofern diese Änderungen nicht von einer der Sperrminorität im Rat entsprechenden Zahl von Mitgliedstaaten gemäß Artikel 16 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union abgelehnt werden. Bei Vorliegen einer solchen Sperrminorität lehnt die Kommission die vorgeschlagenen Änderungen im Namen der Union ab.

5.

Sollte bei weiteren Sitzungen des Gemischten Ausschusses, auch vor Ort, keine Einigung über die vorgeschlagenen Änderungen erzielt werden können, so wird die Angelegenheit gemäß dem Verfahren der Nummern 2 bis 4 erneut dem Rat vorgelegt, damit neue Elemente in den Standpunkt der Union einfließen können.

6.

Die Kommission wird ersucht, rechtzeitig alle Schritte zu unternehmen, die als Folgemaßnahmen zu der Entscheidung des Gemischten Ausschusses über die vorgeschlagenen Änderungen notwendig sind, gegebenenfalls auch die Veröffentlichung der betreffenden Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union und die Vorlage aller für die Durchführung dieser Entscheidung erforderlichen Vorschläge.

7.

In Bezug auf andere Fragen, die keine Änderungen des Protokolls gemäß Artikel 19 Absatz 5 des Protokolls betreffen, wird der von der Union im Gemischten Ausschuss zu vertretende Standpunkt im Einklang mit den Verträgen und den bewährten Arbeitsmethoden festgelegt.


VERORDNUNGEN

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/106


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/2067 DER KOMMISSION

vom 25. Oktober 2022

zur Änderung des Anhangs I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“) (1), insbesondere auf Artikel 71 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Afrikanische Schweinepest ist eine ansteckende Viruserkrankung, die gehaltene Schweine und Wildschweine befällt und schwerwiegende Auswirkungen auf die betroffene Tierpopulation sowie die Rentabilität der Landwirtschaft haben kann, was zu Störungen von Verbringungen von Sendungen dieser Tiere und ihrer Erzeugnisse innerhalb der Union sowie von Ausfuhren in Drittländer führen kann.

(2)

Die Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 der Kommission (2) wurde im Rahmen der Verordnung (EU) 2016/429 erlassen und enthält besondere Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest, die von den in ihrem Anhang I aufgeführten Mitgliedstaaten (im Folgenden „betroffene Mitgliedstaaten“) in den in demselben Anhang aufgeführten Sperrzonen I, II und III für einen begrenzten Zeitraum anzuwenden sind.

(3)

Die in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 als Sperrzonen I, II und III aufgeführten Gebiete beruhen auf der Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in der Union. Nachdem sich die Seuchenlage in Deutschland und Italien geändert hatte, wurde Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 zuletzt durch die Durchführungsverordnung (EU) 2022/1911 der Kommission (3) geändert. Seit der Annahme der genannten Durchführungsverordnung hat sich die Seuchenlage in Bezug auf diese Seuche in bestimmten betroffenen Mitgliedstaaten geändert.

(4)

Jegliche Änderungen der Sperrzonen I, II und III in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 sollten sich auf die Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in den von dieser Seuche betroffenen Gebieten und die allgemeine Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in dem betroffenen Mitgliedstaat, auf das Risikoniveau hinsichtlich der weiteren Ausbreitung dieser Seuche sowie auf wissenschaftlich fundierte Grundsätze und Kriterien für die geografische Abgrenzung von Zonen aufgrund der Afrikanischen Schweinepest und die Leitlinien der Union stützen, die mit den Mitgliedstaaten im Rahmen des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel vereinbart wurden und auf der Website der Kommission (4) öffentlich zugänglich sind. Diese Änderungen sollten auch internationalen Standards wie dem Gesundheitskodex für Landtiere (5) der Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) und den von den zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten vorgelegten Begründungen für die Abgrenzung der Zonen Rechnung tragen.

(5)

Die Delegierte Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission (6) ergänzt die Vorschriften für die Bekämpfung der gelisteten Seuchen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2016/429, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission (7) als Seuchen der Kategorien A, B und C definiert sind. Insbesondere sieht Artikel 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 bestimmte Maßnahmen zur Einstufung eines Tieres oder einer Gruppe von Tieren als Verdachtsfall oder bestätigter Fall einer gelisteten Seuche, darunter der Afrikanischen Schweinepest, vor.

(6)

Die Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission (8) ergänzt die Vorschriften für die Bekämpfung der gelisteten Seuchen gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstaben a, b und c der Verordnung (EU) 2016/429, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 als Seuchen der Kategorien A, B und C definiert sind. Insbesondere sind in den Artikeln 63 bis 66 der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 bestimmte Maßnahmen vorgesehen, die im Falle einer amtlichen Bestätigung eines Ausbruchs einer Seuche der Kategorie A bei wild lebenden Tieren, einschließlich der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen, zu ergreifen sind. Im Rahmen dieser Maßnahmen sind insbesondere die Einrichtung einer infizierten Zone sowie Verbote der Verbringung von wild lebenden Tieren gelisteter Arten und von daraus gewonnenen Erzeugnissen tierischen Ursprungs vorgesehen.

(7)

Im Mai 2022 hat Italien die Kommission über die derzeitige Lage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in seinem Hoheitsgebiet nach einem Verdachtsfall dieser Seuche bei einem Wildschwein in der Provinz Rieti, in der Region Latium, unterrichtet. Unter Anwendung des Vorsorgeprinzips behandelte die zuständige Behörde des genannten Mitgliedstaats den Verdachtsfall der Afrikanischen Schweinepest so, als handelte es sich um einen bestätigten Fall der Afrikanischen Schweinepest, und richtete eine infizierte Zone ein, wie im Fall der amtlichen Bestätigung der genannten Seuche in der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 und der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 vorgesehen.

(8)

Im Oktober 2022 teilte Italien der Kommission mit, dass die kontinuierlichen und ausführlichen Seuchenbekämpfungsmaßnahmen sowie die passive Überwachung von gehaltenen Schweinen und Wildschweinen belegen, dass das Virus der Afrikanischen Schweinepest in der Provinz Rieti nicht zirkuliert, und dass die zuständige italienische Behörde den Schluss ziehen kann, dass der Verdachtsfall der Afrikanischen Schweinepest in der Provinz Rieti nicht als bestätigter Fall der Afrikanischen Schweinepest im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 betrachtet werden sollte, da, obwohl in den Ergebnissen von an dem Tier durchgeführten Tests eine Nukleinsäure des Seuchenerregers nachgewiesen wurde, das Tier keine klinischen Anzeichen für die Seuche aufwies und epidemiologische Verbindungen zu anderen Verdachtsfällen oder bestätigten Fällen ausgeschlossen wurden.

(9)

Außerdem ist es seit dem Erlass der Durchführungsverordnung (EU) 2022/1911 zu neuen Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen in Deutschland gekommen. Darüber hinaus hat sich die Seuchenlage in bestimmten als Sperrzonen I und III in Polen aufgeführten Gebieten in Bezug auf gehaltene Schweine und Wildschweine verbessert.

(10)

Im Oktober 2022 wurden mehrere Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen im Bundesland Brandenburg in Deutschland in einem Gebiet festgestellt, das in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 derzeit als Sperrzone II aufgeführt ist und sich in unmittelbarer Nähe eines in dem genannten Anhang derzeit als Sperrzone I aufgeführten Gebiets im Bundesland Brandenburg befindet. Durch diese neuen Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen erhöht sich das Risiko, was sich in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 widerspiegeln sollte. Daher sollten die derzeitigen Grenzen der Sperrzonen I und II geändert werden, um diesen jüngsten Ausbrüchen Rechnung zu tragen.

(11)

Nach diesen jüngsten Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen im Bundesland Brandenburg in Deutschland und unter Berücksichtigung der derzeitigen Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in der Union wurde die Abgrenzung der Zonen in diesem Mitgliedstaat gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 neu bewertet und aktualisiert. Darüber hinaus wurden auch die bestehenden Risikomanagementmaßnahmen neu bewertet und aktualisiert. Diese Änderungen sollten sich in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 widerspiegeln.

(12)

Außerdem sollten angesichts der Wirksamkeit der Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest bei gehaltenen Schweinen in bestimmten in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 aufgeführten Sperrzonen III, die in Polen gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission und insbesondere gemäß deren Artikeln 22, 25 und 40 sowie in Übereinstimmung mit den Risikominderungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest gemäß dem WOAH-Kodex ergriffen wurden, bestimmte Gebiete in den Woiwodschaften Lubelskie, Podkarpackie, Wielkopolskie und Lubuskie in Polen, die in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 derzeit als Sperrzonen III aufgeführt sind, in dem genannten Anhang nun als Sperrzonen II aufgeführt werden, da in den genannten Sperrzonen III in den letzten zwölf Monaten keine Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest bei gehaltenen Schweinen aufgetreten sind, während die Seuche bei Wildschweinen weiterhin auftritt. Die genannten Sperrzonen III sollten unter Berücksichtigung der derzeitigen Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest nun als Sperrzonen II aufgeführt werden.

(13)

Ferner sollten angesichts der Wirksamkeit der Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest bei gehaltenen Schweinen in den in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 aufgeführten Sperrzonen I, die in Polen gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2020/687 und insbesondere gemäß deren Artikeln 64, 65 und 67 sowie in Übereinstimmung mit den Risikominderungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest gemäß dem WOAH-Kodex ergriffen wurden, bestimmte Gebiete in den Woiwodschaften Podkarpackie, Łódzkie und Śląskie in Polen, die in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 derzeit als Sperrzonen I aufgeführt sind, nun aus den Sperrzonen I in dem genannten Anhang gestrichen werden, da in diesen Sperrzonen I in den letzten zwölf Monaten keine Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest bei gehaltenen Schweinen und Wildschweinen aufgetreten sind. Die Sperrzonen I sollten nun aus dem genannten Anhang gestrichen werden, um der derzeitigen Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest Rechnung zu tragen.

(14)

Auch sollten auf der Grundlage der von Italien übermittelten Informationen und Begründungen, insbesondere unter Berücksichtigung des Abschlusses der epidemiologischen Untersuchungen und der Wirksamkeit der Seuchenbekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest sowie der derzeit günstigen Lage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen in der Region Latium und der von Italien ordnungsgemäß durchgeführten Seuchenbekämpfungsmaßnahmen, die Sperrzonen I und II in der Provinz Rieti nun aus Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 gestrichen werden, um der derzeitigen Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in diesem Mitgliedstaat Rechnung zu tragen.

(15)

Um den jüngsten Entwicklungen der Seuchenlage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in der Union Rechnung zu tragen und die mit der Ausbreitung dieser Seuche verbundenen Risiken proaktiv anzugehen, sollten in Deutschland und Polen neue, ausreichend große Sperrzonen abgegrenzt und als Sperrzonen I und II in Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 aufgenommen werden. Außerdem sollten in Bezug auf Polen bestimmte Teile der Sperrzone I aus dem genannten Anhang gestrichen werden. Da sich die Lage in Bezug auf die Afrikanische Schweinepest in der Union laufend ändert, wurde bei der Abgrenzung dieser neuen Sperrzonen der Seuchenlage in den umliegenden Gebieten Rechnung getragen.

(16)

Angesichts der Dringlichkeit der Seuchenlage in der Union in Bezug auf die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest ist es wichtig, dass die mit der vorliegenden Durchführungsverordnung an Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 vorzunehmenden Änderungen so bald wie möglich wirksam werden.

(17)

Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 erhält die Fassung des Anhangs der vorliegenden Verordnung.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 25. Oktober 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 84 vom 31.3.2016, S. 1.

(2)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 der Kommission vom 7. April 2021 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ABl. L 129 vom 15.4.2021, S. 1).

(3)  Durchführungsverordnung (EU) 2022/1911 der Kommission vom 6. Oktober 2022 zur Änderung des Anhangs I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ABl. L 261 vom 7.10.2022, S. 6).

(4)  Arbeitsunterlage SANTE/7112/2015/Rev. 3 „Grundsätze und Kriterien für die geografische Definition der ASP-Regionalisierung“. https://ec.europa.eu/food/animals/animal-diseases/control-measures/asf_en.

(5)  OIE-Gesundheitskodex für Landtiere, 29. Ausgabe, 2021. Bände I und II, ISBN 978-92-95115-40-8; https://www.woah.org/en/what-we-do/standards/codes-and-manuals/terrestrial-code-online-access/.

(6)  Delegierte Verordnung (EU) 2020/689 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften betreffend Überwachung, Tilgungsprogramme und den Status „seuchenfrei“ für bestimmte gelistete und neu auftretende Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020, S. 211).

(7)  Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 der Kommission vom 3. Dezember 2018 über die Anwendung bestimmter Bestimmungen zur Seuchenprävention und -bekämpfung auf Kategorien gelisteter Seuchen und zur Erstellung einer Liste von Arten und Artengruppen, die ein erhebliches Risiko für die Ausbreitung dieser gelisteten Seuchen darstellen (ABl. L 308 vom 4.12.2018, S. 21).

(8)  Delegierte Verordnung (EU) 2020/687 der Kommission vom 17. Dezember 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich Vorschriften für die Prävention und Bekämpfung bestimmter gelisteter Seuchen (ABl. L 174 vom 3.6.2020, S. 64).


ANHANG

Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) 2021/605 erhält folgende Fassung:

„ANHANG I

SPERRZONEN

TEIL I

1.   Deutschland

Die folgenden Sperrzonen I in Deutschland:

Bundesland Brandenburg:

Landkreis Dahme-Spreewald:

Gemeinde Alt Zauche-Wußwerk,

Gemeinde Byhleguhre-Byhlen,

Gemeinde Märkische Heide, mit den Gemarkungen Alt Schadow, Neu Schadow, Pretschen, Plattkow, Wittmannsdorf, Schuhlen-Wiese, Bückchen, Kuschkow, Gröditsch, Groß Leuthen, Leibchel, Glietz, Groß Leine, Dollgen, Krugau, Dürrenhofe, Biebersdorf und Klein Leine,

Gemeinde Neu Zauche,

Gemeinde Schwielochsee mit den Gemarkungen Groß Liebitz, Guhlen, Mochow und Siegadel,

Gemeinde Spreewaldheide,

Gemeinde Straupitz,

Landkreis Märkisch-Oderland:

Gemeinde Müncheberg mit den Gemarkungen Müncheberg, Eggersdorf bei Müncheberg und Hoppegarten bei Müncheberg,

Gemeinde Bliesdorf mit den Gemarkungen Kunersdorf — westlich der B167 und Bliesdorf — westlich der B167

Gemeinde Märkische Höhe mit den Gemarkungen Reichenberg und Batzlow,

Gemeinde Wriezen mit den Gemarkungen Haselberg, Frankenfelde, Schulzendorf, Lüdersdorf Biesdorf, Rathsdorf — westlich der B 167 und Wriezen — westlich der B167

Gemeinde Buckow (Märkische Schweiz),

Gemeinde Strausberg mit den Gemarkungen Hohenstein und Ruhlsdorf,

Gemeine Garzau-Garzin,

Gemeinde Waldsieversdorf,

Gemeinde Rehfelde mit der Gemarkung Werder,

Gemeinde Reichenow-Mögelin,

Gemeinde Prötzel mit den Gemarkungen Harnekop, Sternebeck und Prötzel östlich der B 168 und der L35,

Gemeinde Oberbarnim,

Gemeinde Bad Freienwalde mit der Gemarkung Sonnenburg,

Gemeinde Falkenberg mit den Gemarkungen Dannenberg, Falkenberg westlich der L 35, Gersdorf und Kruge,

Gemeinde Höhenland mit den Gemarkungen Steinbeck, Wollenberg und Wölsickendorf,

Landkreis Barnim:

Gemeinde Joachimsthal östlich der L220 (Eberswalder Straße), östlich der L23 (Töpferstraße und Templiner Straße), östlich der L239 (Glambecker Straße) und Schorfheide (JO) östlich der L238,

Gemeinde Friedrichswalde mit der Gemarkung Glambeck östlich der L 239,

Gemeinde Althüttendorf,

Gemeinde Ziethen mit den Gemarkungen Groß Ziethen und Klein Ziethen westlich der B198,

Gemeinde Chorin mit den Gemarkungen Golzow, Senftenhütte, Buchholz, Schorfheide (Ch), Chorin westlich der L200 und Sandkrug nördlich der L200,

Gemeinde Britz,

Gemeinde Schorfheide mit den Gemarkungen Altenhof, Werbellin, Lichterfelde und Finowfurt,

Gemeinde (Stadt) Eberswalde mit der Gemarkungen Finow und Spechthausen und der Gemarkung Eberswalde südlich der B167 und westlich der L200,

Gemeinde Breydin,

Gemeinde Melchow,

Gemeinde Sydower Fließ mit der Gemarkung Grüntal nördlich der K6006 (Landstraße nach Tuchen), östlich der Schönholzer Straße und östlich Am Postweg,

Hohenfinow südlich der B167,

Landkreis Uckermark:

Gemeinde Passow mit den Gemarkungen Briest, Passow und Schönow,

Gemeinde Mark Landin mit den Gemarkungen Landin nördlich der B2, Grünow und Schönermark,

Gemeinde Angermünde mit den Gemarkungen Frauenhagen, Mürow, Angermünde nördlich und nordwestlich der B2, Dobberzin nördlich der B2, Kerkow, Welsow, Bruchhagen, Greiffenberg, Günterberg, Biesenbrow, Görlsdorf, Wolletz und Altkünkendorf,

Gemeinde Zichow,

Gemeinde Casekow mit den Gemarkungen Blumberg, Wartin, Luckow-Petershagen und den Gemarkungen Biesendahlshof und Casekow westlich der L272 und nördlich der L27,

Gemeinde Hohenselchow-Groß Pinnow mit der Gemarkung Hohenselchow nördlich der L27,

Gemeinde Tantow,

Gemeinde Mescherin außer der Gemarkung Neurochlitz östlich der B2, dieser folgend bis zur Gemarkungsgrenze Rosow, weiter in nordwestlicher Richtung bis Rosow, weiter auf der K7311 zur Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern, dieser folgend in östlicher Richtung bis zur polnischen Grenze,

Gemeinde Gartz (Oder) mit der Gemarkung Geesow westlich der B2 sowie den Gemarkungen Gartz und Hohenreinkendorf nördlich der L27 und der B2 bis zur Kastanienallee, dort links abbiegend dem Schülerweg folgend bis Höhe Bahnhof, von hier in östlicher Richtung den Salveybach kreuzend bis zum Tantower Weg, diesen in nördlicher Richtung bis zu Stettiner Straße, diese weiter folgend bis zur B2, dieser in nördlicher Richtung folgend,

Gemeinde Pinnow nördlich und westlich der B2,

Landkreis Oder-Spree:

Gemeinde Storkow (Mark),

Gemeinde Spreenhagen mit den Gemarkungen Braunsdorf, Markgrafpieske, Lebbin und Spreenhagen,

Gemeinde Grünheide (Mark) mit den Gemarkungen Kagel, Kienbaum und Hangelsberg,

Gemeinde Fürstenwalde westlich der B 168 und nördlich der L 36,

Gemeinde Rauen,

Gemeinde Wendisch Rietz bis zur östlichen Uferzone des Scharmützelsees und von der südlichen Spitze des Scharmützelsees südlich der B246,

Gemeinde Reichenwalde,

Gemeinde Bad Saarow mit der Gemarkung Petersdorf und der Gemarkung Bad Saarow-Pieskow westlich der östlichen Uferzone des Scharmützelsees und ab nördlicher Spitze westlich der L35,

Gemeinde Tauche mit der Gemarkung Werder,

Gemeinde Steinhöfel mit den Gemarkungen Jänickendorf, Schönfelde, Beerfelde, Gölsdorf, Buchholz, Tempelberg und den Gemarkungen Steinhöfel, Hasenfelde und Heinersdorf westlich der L36 und der Gemarkung Neuendorf im Sande nördlich der L36,

Landkreis Spree-Neiße:

Gemeinde Turnow-Preilack mit der Gemarkung Turnow,

Gemeinde Drachhausen,

Gemeinde Schmogrow-Fehrow,

Gemeinde Drehnow,

Gemeinde Teichland mit den Gemarkungen Maust und Neuendorf,

Gemeinde Guhrow,

Gemeinde Werben,

Gemeinde Dissen-Striesow,

Gemeinde Briesen,

Gemeinde Drebkau mit den Gemarkungen Jehserig, Schorbus, Domsdorf, Drebkau, Laubst, Leuthen, Siewisch, Casel und Greifenhain,

Gemeinde Kolkwitz mit den Gemarkungen Klein Gaglow nördl. der BAB 15, Kolkwitz, Gulben, Papitz, Babow, Eichow, Krieschow, Limberg, Glinzig, Milkersdorf und Hähnchen,

Gemeinde Burg (Spreewald)

Kreisfreie Stadt Cottbus außer den Gemarkungen Kahren, Gallinchen, Groß Gaglow und der Gemarkung Kiekebusch südlich der BAB,

Landkreis Oberspreewald-Lausitz:

Gemeinde Neupetershain,

Gemeinde Lauchhammer,

Gemeinde Schwarzheide,

Gemeinde Schipkau,

Gemeinde Senftenberg mit den Gemarkungen Brieske, Niemtsch, Senftenberg, Reppist, Hosena, Großkoschen, Kleinkoschen und Sedlitz,

die Gemeinde Schwarzbach mit der Gemarkung Biehlen,

Gemeinde Neu-Seeland mit den Gemarkungen Lieske, Bahnsdorf und Lindchen,

Gemeinde Großräschen mit den Gemarkungen Dörrwalde und Allmosen,

Gemeinde Tettau,

Landkreis Elbe-Elster:

Gemeinde Großthiemig,

Gemeinde Hirschfeld,

Gemeinde Gröden,

Gemeinde Schraden,

Gemeinde Merzdorf,

Gemeinde Röderland mit der Gemarkung Wainsdorf, Prösen, Stolzenhain a.d. Röder,

Gemeinde Plessa mit der Gemarkung Plessa,

Landkreis Prignitz:

Gemeinde Groß Pankow mit den Gemarkungen Baek, Tangendorf, Tacken, Hohenvier, Strigleben, Steinberg und Gulow,

Gemeinde Perleberg mit der Gemarkung Schönfeld,

Gemeinde Karstädt mit den Gemarkungen Postlin, Strehlen, Blüthen, Klockow, Premslin, Glövzin, Waterloo, Karstädt, Dargardt, Garlin und die Gemarkungen Groß Warnow, Klein Warnow, Reckenzin, Streesow und Dallmin westlich der Bahnstrecke Berlin/Spandau-Hamburg/Altona,

Gemeinde Gülitz-Reetz,

Gemeinde Putlitz mit den Gemarkungen Lockstädt, Mansfeld und Laaske,

Gemeinde Triglitz,

Gemeinde Marienfließ mit der Gemarkung Frehne,

Gemeinde Kümmernitztal mit der Gemarkungen Buckow, Preddöhl und Grabow,

Gemeinde Gerdshagen mit der Gemarkung Gerdshagen,

Gemeinde Meyenburg,

Gemeinde Pritzwalk mit der Gemarkung Steffenshagen,

Bundesland Sachsen:

Landkreis Bautzen

Gemeinde Arnsdorf, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Cunewalde,

Gemeinde Demitz-Thumitz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Doberschau-Gaußig,

Gemeinde Göda, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Großharthau, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Großpostwitz/O.L.,

Gemeinde Hochkirch, sofern nicht bereits der Sperrzone II,

Gemeinde Kubschütz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Neukirch/Lausitz,

Gemeinde Obergurig,

Gemeinde Schmölln-Putzkau,

Gemeinde Sohland a. d. Spree,

Gemeinde Stadt Bautzen, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Bischhofswerda, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Radeberg, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Schirgiswalde-Kirschau,

Gemeinde Stadt Wilthen,

Gemeinde Steinigtwolmsdorf,

Stadt Dresden:

Stadtgebiet, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Landkreis Meißen:

Gemeinde Diera-Zehren, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Glaubitz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Hirschstein,

Gemeinde Käbschütztal,

Gemeinde Klipphausen, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Niederau, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Nünchritz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Röderaue, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Gröditz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Lommatzsch,

Gemeinde Stadt Meißen, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Stadt Nossen außer Ortsteil Nossen,

Gemeinde Stadt Riesa,

Gemeinde Stadt Strehla,

Gemeinde Stauchitz,

Gemeinde Wülknitz, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Gemeinde Zeithain,

Landkreis Mittelsachsen:

Gemeinde Reinsberg,

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge:

Gemeinde Bannewitz,

Gemeinde Dürrröhrsdorf-Dittersbach,

Gemeinde Kreischa,

Gemeinde Lohmen,

Gemeinde Müglitztal,

Gemeinde Stadt Dohna,

Gemeinde Stadt Freital,

Gemeinde Stadt Heidenau,

Gemeinde Stadt Hohnstein,

Gemeinde Stadt Neustadt i. Sa.,

Gemeinde Stadt Pirna,

Gemeinde Stadt Rabenau mit den Ortsteilen Lübau, Obernaundorf, Oelsa, Rabenau und Spechtritz,

Gemeinde Stadt Stolpen,

Gemeinde Stadt Tharandt mit den Ortsteilen Fördergersdorf, Großopitz, Kurort Hartha, Pohrsdorf und Spechtshausen,

Gemeinde Stadt Wilsdruff, sofern nicht bereits Teil der Sperrzone II,

Bundesland Mecklenburg-Vorpommern:

Landkreis Vorpommern Greifswald

Gemeinde Penkun,

Gemeinde Nadrensee,

Gemeinde Krackow,

Gemeinde Glasow,

Gemeinde Grambow,

Landkreis Ludwigslust-Parchim:

Gemeinde Barkhagen mit den Ortsteilen und Ortslagen: Altenlinden, Kolonie Lalchow, Plauerhagen, Zarchlin, Barkow-Ausbau, Barkow,

Gemeinde Blievenstorf mit dem Ortsteil: Blievenstorf,

Gemeinde Brenz mit den Ortsteilen und Ortslagen: Neu Brenz, Alt Brenz,

Gemeinde Domsühl mit den Ortsteilen und Ortslagen: Severin, Bergrade Hof, Bergrade Dorf, Zieslübbe, Alt Dammerow, Schlieven, Domsühl, Domsühl-Ausbau, Neu Schlieven,

Gemeinde Gallin-Kuppentin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Kuppentin, Kuppentin-Ausbau, Daschow, Zahren, Gallin, Penzlin,

Gemeinde Ganzlin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Dresenow, Dresenower Mühle, Twietfort, Ganzlin, Tönchow, Wendisch Priborn, Liebhof, Gnevsdorf,

Gemeinde Granzin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Lindenbeck, Greven, Beckendorf, Bahlenrade, Granzin,

Gemeinde Grabow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Fresenbrügge, Grabow, Griemoor, Heidehof, Kaltehof, Winkelmoor,

Gemeinde Groß Laasch mit den Ortsteilen und Ortslagen: Groß Laasch,

Gemeinde Kremmin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Beckentin, Kremmin,

Gemeinde Kritzow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Schlemmin, Kritzow,

Gemeinde Lewitzrand mit dem Ortsteil und Ortslage: Matzlow-Garwitz (teilweise),

Gemeinde Lübz mit den Ortsteilen und Ortslagen: Bobzin, Broock, Broock Ausbau, Hof Gischow, Lübz, Lutheran, Lutheran Ausbau, Riederfelde, Ruthen, Wessentin, Wessentin Ausbau,

Gemeinde Neustadt-Glewe mit den Ortsteilen und Ortslagen: Hohes Feld, Kiez, Klein Laasch, Liebs Siedlung, Neustadt-Glewe, Tuckhude, Wabel,

Gemeinde Obere Warnow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Grebbin und Wozinkel, Gemarkung Kossebade teilweise, Gemarkung Herzberg mit dem Waldgebiet Bahlenholz bis an die östliche Gemeindegrenze, Gemarkung Woeten unmittelbar östlich und westlich der L16,

Gemeinde Parchim mit den Ortsteilen und Ortslagen: Dargelütz, Neuhof, Kiekindemark, Neu Klockow, Möderitz, Malchow, Damm, Parchim, Voigtsdorf, Neu Matzlow,

Gemeinde Passow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Unterbrüz, Brüz, Welzin, Neu Brüz, Weisin, Charlottenhof, Passow,

Gemeinde Plau am See mit den Ortsteilen und Ortslagen: Reppentin, Gaarz, Silbermühle, Appelburg, Seelust, Plau-Am See, Plötzenhöhe, Klebe, Lalchow, Quetzin, Heidekrug,

Gemeinde Rom mit den Ortsteilen und Ortslagen: Lancken, Stralendorf, Rom, Darze, Paarsch,

Gemeinde Spornitz mit den Ortsteilen und Ortslagen: Dütschow, Primark, Steinbeck, Spornitz,

Gemeinde Werder mit den Ortsteilen und Ortslagen: Neu Benthen, Benthen, Tannenhof, Werder.

2.   Estland

Die folgenden Sperrzonen I in Estland:

Hiiu maakond.

3.   Griechenland

Die folgenden Sperrzonen I in Griechenland:

in the regional unit of Drama:

the community departments of Sidironero and Skaloti and the municipal departments of Livadero and Ksiropotamo (in Drama municipality),

the municipal department of Paranesti (in Paranesti municipality),

the municipal departments of Kokkinogeia, Mikropoli, Panorama, Pyrgoi (in Prosotsani municipality),

the municipal departments of Kato Nevrokopi, Chrysokefalo, Achladea, Vathytopos, Volakas, Granitis, Dasotos, Eksohi, Katafyto, Lefkogeia, Mikrokleisoura, Mikromilea, Ochyro, Pagoneri, Perithorio, Kato Vrontou and Potamoi (in Kato Nevrokopi municipality),

in the regional unit of Xanthi:

the municipal departments of Kimmerion, Stavroupoli, Gerakas, Dafnonas, Komnina, Kariofyto and Neochori (in Xanthi municipality),

the community departments of Satres, Thermes, Kotyli, and the municipal departments of Myki, Echinos and Oraio and (in Myki municipality),

the community department of Selero and the municipal department of Sounio (in Avdira municipality),

in the regional unit of Rodopi:

the municipal departments of Komotini, Anthochorio, Gratini, Thrylorio, Kalhas, Karydia, Kikidio, Kosmio, Pandrosos, Aigeiros, Kallisti, Meleti, Neo Sidirochori and Mega Doukato (in Komotini municipality),

the municipal departments of Ipio, Arriana, Darmeni, Archontika, Fillyra, Ano Drosini, Aratos and the Community Departments Kehros and Organi (in Arriana municipality),

the municipal departments of Iasmos, Sostis, Asomatoi, Polyanthos and Amvrosia and the community department of Amaxades (in Iasmos municipality),

the municipal department of Amaranta (in Maroneia Sapon municipality),

in the regional unit of Evros:

the municipal departments of Kyriaki, Mandra, Mavrokklisi, Mikro Dereio, Protokklisi, Roussa, Goniko, Geriko, Sidirochori, Megalo Derio, Sidiro, Giannouli, Agriani and Petrolofos (in Soufli municipality),

the municipal departments of Dikaia, Arzos, Elaia, Therapio, Komara, Marasia, Ormenio, Pentalofos, Petrota, Plati, Ptelea, Kyprinos, Zoni, Fulakio, Spilaio, Nea Vyssa, Kavili, Kastanies, Rizia, Sterna, Ampelakia, Valtos, Megali Doxipara, Neochori and Chandras (in Orestiada municipality),

the municipal departments of Asvestades, Ellinochori, Karoti, Koufovouno, Kiani, Mani, Sitochori, Alepochori, Asproneri, Metaxades, Vrysika, Doksa, Elafoxori, Ladi, Paliouri and Poimeniko (in Didymoteixo municipality),

in the regional unit of Serres:

the municipal departments of Kerkini, Livadia, Makrynitsa, Neochori, Platanakia, Petritsi, Akritochori, Vyroneia, Gonimo, Mandraki, Megalochori, Rodopoli, Ano Poroia, Katw Poroia, Sidirokastro, Vamvakophyto, Promahonas, Kamaroto, Strymonochori, Charopo, Kastanousi and Chortero and the community departments of Achladochori, Agkistro and Kapnophyto (in Sintiki municipality),

the municipal departments of Serres, Elaionas and Oinoussa and the community departments of Orini and Ano Vrontou (in Serres municipality),

the municipal departments of Dasochoriou, Irakleia, Valtero, Karperi, Koimisi, Lithotopos, Limnochori, Podismeno and Chrysochorafa (in Irakleia municipality).

4.   Lettland

Die folgenden Sperrzonen I in Lettland:

Dienvidkurzemes novada, Grobiņas pagasts, Nīcas pagasta daļa uz ziemeļiem no apdzīvotas vietas Bernāti, autoceļa V1232, A11, V1222, Bārtas upes, Otaņķu pagasts, Grobiņas pilsēta,

Ropažu novada Stopiņu pagasta daļa, kas atrodas uz rietumiem no autoceļa V36, P4 un P5, Acones ielas, Dauguļupes ielas un Dauguļupītes.

5.   Litauen

Die folgenden Sperrzonen I in Litauen:

Kalvarijos savivaldybė,

Klaipėdos rajono savivaldybė: Agluonėnų, Dovilų, Gargždų, Priekulės, Vėžaičių, Kretingalės ir Dauparų-Kvietinių seniūnijos,

Marijampolės savivaldybė išskyrus Šumskų ir Sasnavos seniūnijos,

Palangos miesto savivaldybė,

Vilkaviškio rajono savivaldybė: Bartninkų, Gražiškių, Keturvalakių, Pajevonio, Virbalio, Vištyčio seniūnijos.

6.   Ungarn

Die folgenden Sperrzonen I in Ungarn:

Békés megye 950950, 950960, 950970, 951950, 952050, 952750, 952850, 952950, 953050, 953150, 953650, 953660, 953750, 953850, 953960, 954250, 954260, 954350, 954450, 954550, 954650, 954750, 954850, 954860, 954950, 955050, 955150, 955250, 955260, 955270, 955350, 955450, 955510, 955650, 955750, 955760, 955850, 955950, 956050, 956060, 956150 és 956160 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Bács-Kiskun megye 600150, 600850, 601550, 601650, 601660, 601750, 601850, 601950, 602050, 603250, 603750 és 603850 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Budapest 1 kódszámú, vadgazdálkodási tevékenységre nem alkalmas területe,

Csongrád-Csanád megye 800150, 800160, 800250, 802220, 802260, 802310 és 802450 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Fejér megye 400150, 400250, 400351, 400352, 400450, 400550, 401150, 401250, 401350, 402050, 402350, 402360, 402850, 402950, 403050, 403450, 403550, 403650, 403750, 403950, 403960, 403970, 404650, 404750, 404850, 404950, 404960, 405050, 405750, 405850, 405950,

406050, 406150, 406550, 406650 és 406750 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Győr-Moson-Sopron megye 100550, 100650, 100950, 101050, 101350, 101450, 101550, 101560 és 102150 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Jász-Nagykun-Szolnok megye 750150, 750160, 750260, 750350, 750450, 750460, 754450, 754550, 754560, 754570, 754650, 754750, 754950, 755050, 755150, 755250, 755350 és 755450 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Komárom-Esztergom megye 250150, 250250, 250450, 250460, 250550, 250650, 250750, 251050, 251150, 251250, 251350, 251360, 251650, 251750, 251850, 252250, kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Pest megye 571550, 572150, 572250, 572350, 572550, 572650, 572750, 572850, 572950, 573150, 573250, 573260, 573350, 573360, 573450, 573850, 573950, 573960, 574050, 574150, 574350, 574360, 574550, 574650, 574750, 574850, 574860, 574950, 575050, 575150, 575250, 575350, 575550, 575650, 575750, 575850, 575950, 576050, 576150, 576250, 576350, 576450, 576650, 576750, 576850, 576950, 577050, 577150, 577350, 577450, 577650, 577850, 577950, 578050, 578150, 578250, 578350, 578360, 578450, 578550, 578560, 578650, 578850, 578950, 579050, 579150, 579250, 579350, 579450, 579460, 579550, 579650, 579750, 580250 és 580450 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe.

7.   Polen

Die folgenden Sperrzonen I in Polen:

w województwie kujawsko — pomorskim:

powiat rypiński,

powiat brodnicki,

powiat grudziądzki,

powiat miejski Grudziądz,

powiat wąbrzeski,

w województwie warmińsko-mazurskim:

gminy Wielbark i Rozogi w powiecie szczycieńskim,

w województwie podlaskim:

gminy Wysokie Mazowieckie z miastem Wysokie Mazowieckie, Czyżew i część gminy Kulesze Kościelne położona na południe od linii wyznaczonej przez linię kolejową w powiecie wysokomazowieckim,

gminy Miastkowo, Nowogród, Śniadowo i Zbójna w powiecie łomżyńskim,

gminy Szumowo, Zambrów z miastem Zambrów i część gminy Kołaki Kościelne położona na południe od linii wyznaczonej przez linię kolejową w powiecie zambrowskim,

gminy Grabowo, Kolno i miasto Kolno, Turośl w powiecie kolneńskim,

w województwie mazowieckim:

powiat ostrołęcki,

powiat miejski Ostrołęka,

gminy Bielsk, Brudzeń Duży, Bulkowo, Drobin, Gąbin, Łąck, Nowy Duninów, Radzanowo, Słupno, Staroźreby i Stara Biała w powiecie płockim,

powiat miejski Płock,

powiat ciechanowski,

gminy Baboszewo, Dzierzążnia, Joniec, Nowe Miasto, Płońsk i miasto Płońsk, Raciąż i miasto Raciąż, Sochocin w powiecie płońskim,

powiat sierpecki,

gmina Bieżuń, Lutocin, Siemiątkowo i Żuromin w powiecie żuromińskim,

część powiatu ostrowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

gminy Dzieżgowo, Lipowiec Kościelny, Mława, Radzanów, Strzegowo, Stupsk, Szreńsk, Szydłowo, Wiśniewo w powiecie mławskim,

powiat przasnyski,

powiat makowski,

powiat pułtuski,

część powiatu wyszkowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

część powiatu węgrowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

część powiatu wołomińskiego niewymieniona w części II załącznika I,

gminy Mokobody i Suchożebry w powiecie siedleckim,

gminy Dobre, Jakubów, Kałuszyn, Stanisławów w powiecie mińskim,

gminy Bielany i gmina wiejska Sokołów Podlaski w powiecie sokołowskim,

powiat gostyniński,

w województwie podkarpackim:

gmina Krempna w powiecie jasielskim,

część powiatu ropczycko — sędziszowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

gminy Pruchnik, Rokietnica, Roźwienica, w powiecie jarosławskim,

gminy Fredropol, Krasiczyn, Krzywcza, Przemyśl, część gminy Orły położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 77, część gminy Żurawica na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 77 w powiecie przemyskim,

powiat miejski Przemyśl,

gminy Gać, Jawornik Polski, Kańczuga, część gminy Zarzecze położona na południe od linii wyznaczonej przez rzekę Mleczka w powiecie przeworskim,

powiat łańcucki,

gminy Trzebownisko, Głogów Małopolski, część gminy Świlcza położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 94 i część gminy Sokołów Małopolski położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 875 w powiecie rzeszowskim,

gmina Raniżów w powiecie kolbuszowskim,

część powiatu dębickiego niewymieniona w części II załącznika I,

w województwie świętokrzyskim:

gminy Nowy Korczyn, Solec–Zdrój, Wiślica, Stopnica, Tuczępy, Busko Zdrój w powiecie buskim,

powiat kazimierski,

powiat skarżyski,

część powiatu opatowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

część powiatu sandomierskiego niewymieniona w części II załącznika I,

gminy Bogoria, Osiek, Staszów i część gminy Rytwiany położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 764, część gminy Szydłów położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 756 w powiecie staszowskim,

gminy Pawłów, Wąchock, część gminy Brody położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 9 oraz na południowy — zachód od linii wyznaczonej przez drogi: nr 0618T biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania w miejscowości Lipie, drogę biegnącą od miejscowości Lipie do wschodniej granicy gminy i część gminy Mirzec położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 744 biegnącą od południowej granicy gminy do miejscowości Tychów Stary a następnie przez drogę nr 0566T biegnącą od miejscowości Tychów Stary w kierunku północno — wschodnim do granicy gminy w powiecie starachowickim,

powiat ostrowiecki,

gminy Fałków, Ruda Maleniecka, Radoszyce, Smyków, Słupia Konecka, część gminy Końskie położona na zachód od linii kolejowej, część gminy Stąporków położona na południe od linii kolejowej w powiecie koneckim,

gminy Bodzentyn, Bieliny, Łagów, Morawica, Nowa Słupia, część gminy Raków położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogi nr 756 i 764, część gminy Chęciny położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 762, część gminy Górno położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej granicy gminy łączącą miejscowości Leszczyna — Cedzyna oraz na południe od linii wyznaczonej przez ul. Kielecką w miejscowości Cedzyna biegnącą do wschodniej granicy gminy, część gminy Daleszyce położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 764 biegnącą od wschodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą łączącą miejscowości Daleszyce — Słopiec — Borków, dalej na północ od linii wyznaczonej przez tę drogę biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 764 do przecięcia z linią rzeki Belnianka, następnie na północ od linii wyznaczonej przez rzeki Belnianka i Czarna Nida biegnącej do zachodniej granicy gminy w powiecie kieleckim,

gminy Działoszyce, Michałów, Pińczów, Złota w powiecie pińczowskim,

gminy Imielno, Jędrzejów, Nagłowice, Sędziszów, Słupia, Sobków, Wodzisław w powiecie jędrzejowskim,

gminy Moskorzew, Radków, Secemin, część gminy Włoszczowa położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 742 biegnącą od północnej granicy gminy do miejscowości Konieczno i dalej na zachód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Konieczno — Rogienice — Dąbie — Podłazie, część gminy Kluczewsko położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej granicy gminy i łączącą miejscowości Krogulec — Nowiny — Komorniki do przecięcia z linią rzeki Czarna, następnie na północ od linii wyznaczonej przez rzekę Czarna biegnącą do przecięcia z linią wyznaczoną przez drogę nr 742 i dalej na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 742 biegnącą od przecięcia z linią rzeki Czarna do południowej granicy gminy w powiecie włoszczowskim,

w województwie łódzkim:

gminy Łyszkowice, Kocierzew Południowy, Kiernozia, Chąśno, Nieborów, część gminy wiejskiej Łowicz położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 92 biegnącej od granicy miasta Łowicz do zachodniej granicy gminy oraz część gminy wiejskiej Łowicz położona na wschód od granicy miasta Łowicz i na północ od granicy gminy Nieborów w powiecie łowickim,

gminy Cielądz, Rawa Mazowiecka z miastem Rawa Mazowiecka w powiecie rawskim,

gminy Bolimów, Głuchów, Godzianów, Lipce Reymontowskie, Maków, Nowy Kawęczyn, Skierniewice, Słupia w powiecie skierniewickim,

powiat miejski Skierniewice,

gminy Mniszków, Paradyż, Sławno i Żarnów w powiecie opoczyńskim,

gminy Czerniewice, Inowłódz, Lubochnia, Rzeczyca, Tomaszów Mazowiecki z miastem Tomaszów Mazowiecki, Żelechlinek w powiecie tomaszowskim,

gmina Przedbórz w powiecie radomszczańskim, w województwie pomorskim:

gminy Ostaszewo, miasto Krynica Morska oraz część gminy Nowy Dwór Gdański położona na południowy — zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 55 biegnącą od południowej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 7, następnie przez drogę nr 7 i S7 biegnącą do zachodniej granicy gminy w powiecie nowodworskim,

gminy Lichnowy, Miłoradz, Malbork z miastem Malbork, część gminy Nowy Staw położna na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 55 w powiecie malborskim,

gminy Mikołajki Pomorskie, Stary Targ i Sztum w powiecie sztumskim,

powiat gdański,

Miasto Gdańsk,

powiat tczewski,

powiat kwidzyński,

w województwie lubuskim:

gmina Lubiszyn w powiecie gorzowskim,

gmina Dobiegniew w powiecie strzelecko — drezdeneckim,

w województwie dolnośląskim:

gminy Dziadowa Kłoda, Międzybórz, Syców, Twardogóra, część gminy wiejskiej Oleśnica położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr S8, część gminy Dobroszyce położona na wschód od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od północnej do południowej granicy gminy w powiecie oleśnickim,

gminy Jordanów Śląski, Kobierzyce, Mietków, Sobótka, część gminy Żórawina położona na zachód od linii wyznaczonej przez autostradę A4, część gminy Kąty Wrocławskie położona na południe od linii wyznaczonej przez autostradę A4 w powiecie wrocławskim,

część gminy Domaniów położona na południowy zachód od linii wyznaczonej przez autostradę A4 w powiecie oławskim,

gmina Wiązów w powiecie strzelińskim,

część powiatu średzkiego niewymieniona w części II załącznika I,

miasto Świeradów — Zdrój w powiecie lubańskim,

gminy Pielgrzymka, miasto Złotoryja, część gminy wiejskiej Złotoryja położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od północnej granicy gminy w miejscowości Nowa Wieś Złotoryjska do granicy miasta Złotoryja oraz na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 382 biegnącą od granicy miasta Złotoryja do wschodniej granicy gminy w powiecie złotoryjskim,

gmina Mirsk w powiecie lwóweckim,

gminy Janowice Wielkie, Mysłakowice, Stara Kamienica w powiecie karkonoskim,

część powiatu miejskiego Jelenia Góra położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 366,

gminy Bolków, Męcinka, Mściwojów, Paszowice, miasto Jawor w powiecie jaworskim,

gminy Dobromierz, Jaworzyna Śląska, Marcinowice, Strzegom, Żarów w powiecie świdnickim,

gminy Dzierżoniów, Pieszyce, miasto Bielawa, miasto Dzierżoniów w powiecie dzierżoniowskim,

gminy Głuszyca, Mieroszów w powiecie wałbrzyskim,

gmina Nowa Ruda i miasto Nowa Ruda w powiecie kłodzkim,

gminy Kamienna Góra, Marciszów i miasto Kamienna Góra w powiecie kamiennogórskim,

w województwie wielkopolskim:

gminy Koźmin Wielkopolski, Rozdrażew, miasto Sulmierzyce, część gminy Krotoszyn położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogi: nr 15 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 36, nr 36 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 15 do skrzyżowana z drogą nr 444, nr 444 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 36 do południowej granicy gminy w powiecie krotoszyńskim,

gminy Brodnica, część gminy Dolsk położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 434 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 437, a nastęnie na wschód od drogi nr 437 biegnącej od skrzyżowania z drogąnr 434 do południowej granicy gminy, część gminy Śrem położóna na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 310 biegnącą od zachodniej granicy gminy do miejscowości Śrem, następnie na wschód od drogi nr 432 w miejscowości Śrem oraz na wschód od drogi nr 434 biegnącej od skrzyżowania z drogą nr 432 do południowej granicy gminy w powiecie śremskim,

gminy Borek Wielkopolski, Piaski, Pogorzela, w powiecie gostyńskim,

gmina Grodzisk Wielkopolski i część gminy Kamieniec położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 308 w powiecie grodziskim,

gmina Czempiń w powiecie kościańskim,

gminy Kleszczewo, Kostrzyn, Kórnik, Pobiedziska, Mosina, miasto Puszczykowo, część gminy wiejskiej Murowana Goślina położona na południe od linii kolejowej biegnącej od północnej granicy miasta Murowana Goślina do północno-wschodniej granicy gminy w powiecie poznańskim,

gmina Kiszkowo i część gminy Kłecko położona na zachód od rzeki Mała Wełna w powiecie gnieźnieńskim,

powiat czarnkowsko-trzcianecki,

część gminy Wronki położona na północ od linii wyznaczonej przez rzekę Wartę biegnącą od zachodniej granicy gminy do przecięcia z droga nr 182, a następnie na wschód od linii wyznaczonej przez drogi nr 182 oraz 184 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 182 do południowej granicy gminy w powiecie szamotulskim,

gmina Budzyń w powiecie chodzieskim,

gminy Mieścisko, Skoki i Wągrowiec z miastem Wągrowiec w powiecie wągrowieckim,

powiat pleszewski,

gmina Zagórów w powiecie słupeckim,

gmina Pyzdry w powiecie wrzesińskim,

gminy Kotlin, Żerków i część gminy Jarocin położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogi nr S11 i 15 w powiecie jarocińskim,

powiat ostrowski,

powiat miejski Kalisz,

powiat kaliski,

powiat turecki,

gminy Rzgów, Grodziec, Krzymów, Stare Miasto, Rychwał w powiecie konińskim,

powiat kępiński,

powiat ostrzeszowski,

w województwie opolskim:

gminy Domaszowice, Pokój, część gminy Namysłów położona na północ od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od wschodniej do zachodniej granicy gminy w powiecie namysłowskim,

gminy Wołczyn, Kluczbork, Byczyna w powiecie kluczborskim,

gminy Praszka, Gorzów Śląski część gminy Rudniki położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 42 biegnącą od zachodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 43 i na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 43 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 42 w powiecie oleskim,

gmina Grodkóww powiecie brzeskim,

gminy Komprachcice, Łubniany, Murów, Niemodlin, Tułowice w powiecie opolskim,

powiat miejski Opole,

w województwie zachodniopomorskim:

gminy Nowogródek Pomorski, Barlinek, Myślibórz, część gminy Dębno położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 126 biegnącą od zachodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 23 w miejscowości Dębno, następnie na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 23 do skrzyżowania z ul. Jana Pawła II w miejscowości Cychry, następnie na północ od ul. Jana Pawła II do skrzyżowania z ul. Ogrodową i dalej na północ od linii wyznaczonej przez ul. Ogrodową, której przedłużenie biegnie do wschodniej granicy gminy w powiecie myśliborskim,

gmina Stare Czarnowo w powiecie gryfińskim,

gmina Bielice, Kozielice, Pyrzyce w powiecie pyrzyckim,

gminy Bierzwnik, Krzęcin, Pełczyce w powiecie choszczeńskim,

część powiatu miejskiego Szczecin położona na zachód od linii wyznaczonej przez rzekę Odra Zachodnia biegnącą od północnej granicy gminy do przecięcia z drogą nr 10, następnie na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 10 biegnącą od przecięcia z linią wyznaczoną przez rzekę Odra Zachodnia do wschodniej granicy gminy,

gminy Dobra (Szczecińska), Police w powiecie polickim,

w województwie małopolskim:

powiat brzeski,

powiat gorlicki,

powiat proszowicki,

część powiatu nowosądeckiego niewymieniona w części II załącznika I,

gminy Czorsztyn, Krościenko nad Dunajcem, Ochotnica Dolna w powiecie nowotarskim,

powiat miejski Nowy Sącz,

powiat tarnowski,

powiat miejski Tarnów,

część powiatu dąbrowskiego niewymieniona w części III załącznika I.

8.   Slowakei

Die folgenden Sperrzonen I in der Slowakei:

in the district of Nové Zámky, Sikenička, Pavlová, Bíňa, Kamenín, Kamenný Most, Malá nad Hronom, Belá, Ľubá, Šarkan, Gbelce, Bruty, Mužla, Obid, Štúrovo, Nána, Kamenica nad Hronom, Chľaba, Leľa, Bajtava, Salka, Malé Kosihy,

in the district of Veľký Krtíš, the municipalities of Ipeľské Predmostie, Veľká nad Ipľom, Hrušov, Kleňany, Sečianky,

in the district of Levice, the municipalities of Keť, Čata, Pohronský Ruskov, Hronovce, Želiezovce, Zalaba, Malé Ludince, Šalov, Sikenica, Pastovce, Bielovce, Ipeľský Sokolec, Lontov, Kubáňovo, Sazdice, Demandice, Dolné Semerovce, Vyškovce nad Ipľom, Preseľany nad Ipľom, Hrkovce, Tupá, Horné Semerovce, Hokovce, Slatina, Horné Turovce, Veľké Turovce, Šahy, Tešmak, Plášťovce, Ipeľské Uľany, Bátovce, Pečenice, Jabloňovce, Bohunice, Pukanec, Uhliská,

in the district of Krupina, the municipalities of Dudince, Terany, Hontianske Moravce, Sudince, Súdovce, Lišov,

the whole district of Ružomberok,

in the region of Turčianske Teplice, municipalties of Turček, Horná Štubňa, Čremošné, Háj, Rakša, Mošovce,

in the district of Martin, municipalties of Blatnica, Folkušová, Necpaly,

in the district of Dolný Kubín, the municipalities of Kraľovany, Žaškov, Jasenová, Vyšný Kubín, Oravská Poruba, Leštiny, Osádka, Malatiná, Chlebnice, Krivá,

in the district of Tvrdošín, the municipalities of Oravský Biely Potok, Habovka, Zuberec,

in the district of Žarnovica, the municipalities of Rudno nad Hronom, Voznica, Hodruša-Hámre,

the whole district of Žiar nad Hronom, except municipalities included in zone II.

9.   Italien

Die folgenden Sperrzonen I in Italien:

Piedmont Region:

in the province of Alessandria, the municipalities of Casalnoceto, Oviglio, Tortona, Viguzzolo, Frugarolo, Bergamasco, Castellar Guidobono, Berzano Di Tortona, Cerreto Grue, Carbonara Scrivia, Casasco, Carentino, Frascaro, Paderna, Montegioco, Spineto Scrivia, Villaromagnano, Pozzolo Formigaro, Momperone, Merana, Monleale, Terzo, Borgoratto Alessandrino, Casal Cermelli, Montemarzino, Bistagno, Castellazzo Bormida, Bosco Marengo, Castelspina, Volpeglino, Alice Bel Colle, Gamalero, Volpedo, Pozzol Groppo, Sarezzano,

in the province of Asti, the municipalities of Olmo Gentile, Nizza Monferrato, Incisa Scapaccino, Roccaverano, Castel Boglione, Mombaruzzo, Maranzana, Castel Rocchero, Rocchetta Palafea, Castelletto Molina, Castelnuovo Belbo, Montabone, Quaranti, Fontanile, Calamandrana, Bruno, Sessame, Monastero Bormida, Bubbio, Cassinasco, Serole, Loazzolo, Cessole, Vesime, San Giorgio Scarampi,

in the province of Cuneo, the municipalities of Bergolo, Pezzolo Valle Uzzone, Cortemilia, Levice, Castelletto Uzzone, Perletto,

Liguria Region:

in the province of Genova, the Municipalities of Rovegno, Rapallo, Portofino, Cicagna, Avegno, Montebruno, Santa Margherita Ligure, Favale Di Malvaro, Recco, Camogli, Moconesi, Tribogna, Fascia, Uscio, Gorreto, Fontanigorda, Neirone, Rondanina, Lorsica, Propata;

in the province of Savona, the municipalities of Cairo Montenotte, Quiliano, Dego, Altare, Piana Crixia, Giusvalla, Albissola Marina, Savona,

Emilia-Romagna Region:

in the province of Piacenza, the municipalities of Ottone, Zerba,

Lombardia Region:

in the province of Pavia, the municipalities of Rocca Susella, Montesegale, Menconico, Val Di Nizza, Bagnaria, Santa Margherita Di Staffora, Ponte Nizza, Brallo Di Pregola, Varzi, Godiasco, Cecima,

Lazio Region:

in the province of Rome,

North: the municipalities of Riano, Castelnuovo di Porto, Capena, Fiano Romano, Morlupo, Sacrofano, Magliano Romano, Formello, Campagnano di Roma, Anguillara;

West: the municipality of Fiumicino;

South: the municipality of Rome between the boundaries of the municipality of Fiumicino (West), the limits of Zone 3 (North), the Tiber river up to the intersection with the Grande Raccordo Anulare GRA Highway, the Grande Raccordo Anulare GRA Highway up to the intersection with A24 Highway, A24 Highway up to the intersection with Viale del Tecnopolo, viale del Tecnopolo up to the intersection with the boundaries of the municipality of Guidonia Montecelio;

East: the municipalities of Guidonia Montecelio, Montelibretti, Palombara Sabina, Monterotondo, Mentana, Sant’Angelo Romano, Fonte Nuova.

TEIL II

1.   Bulgarien

Die folgenden Sperrzonen II in Bulgarien:

the whole region of Haskovo,

the whole region of Yambol,

the whole region of Stara Zagora,

the whole region of Pernik,

the whole region of Kyustendil,

the whole region of Plovdiv, excluding the areas in Part III,

the whole region of Pazardzhik, excluding the areas in Part III,

the whole region of Smolyan,

the whole region of Dobrich,

the whole region of Sofia city,

the whole region of Sofia Province,

the whole region of Blagoevgrad excluding the areas in Part III,

the whole region of Razgrad,

the whole region of Kardzhali,

the whole region of Burgas,

the whole region of Varna excluding the areas in Part III,

the whole region of Silistra,

the whole region of Ruse,

the whole region of Veliko Tarnovo,

the whole region of Pleven,

the whole region of Targovishte,

the whole region of Shumen,

the whole region of Sliven,

the whole region of Vidin,

the whole region of Gabrovo,

the whole region of Lovech,

the whole region of Montana,

the whole region of Vratza.

2.   Deutschland

Die folgenden Sperrzonen II in Deutschland:

Bundesland Brandenburg:

Landkreis Oder-Spree:

Gemeinde Grunow-Dammendorf,

Gemeinde Mixdorf

Gemeinde Schlaubetal,

Gemeinde Neuzelle,

Gemeinde Neißemünde,

Gemeinde Lawitz,

Gemeinde Eisenhüttenstadt,

Gemeinde Vogelsang,

Gemeinde Ziltendorf,

Gemeinde Wiesenau,

Gemeinde Friedland,

Gemeinde Siehdichum,

Gemeinde Müllrose,

Gemeinde Briesen,

Gemeinde Jacobsdorf

Gemeinde Groß Lindow,

Gemeinde Brieskow-Finkenheerd,

Gemeinde Ragow-Merz,

Gemeinde Beeskow,

Gemeinde Rietz-Neuendorf,

Gemeinde Tauche mit den Gemarkungen Stremmen, Ranzig, Trebatsch, Sabrodt, Sawall, Mitweide, Lindenberg, Falkenberg (T), Görsdorf (B), Wulfersdorf, Giesensdorf, Briescht, Kossenblatt und Tauche,

Gemeinde Langewahl,

Gemeinde Berkenbrück,

Gemeinde Steinhöfel mit den Gemarkungen Arensdorf und Demitz und den Gemarkungen Steinhöfel, Hasenfelde und Heinersdorf östlich der L 36 und der Gemarkung Neuendorf im Sande südlich der L36,

Gemeinde Fürstenwalde östlich der B 168 und südlich der L36,

Gemeinde Diensdorf-Radlow,

Gemeinde Wendisch Rietz östlich des Scharmützelsees und nördlich der B 246,

Gemeinde Bad Saarow mit der Gemarkung Neu Golm und der Gemarkung Bad Saarow-Pieskow östlich des Scharmützelsees und ab nördlicher Spitze östlich der L35,

Landkreis Dahme-Spreewald:

Gemeinde Jamlitz,

Gemeinde Lieberose,

Gemeinde Schwielochsee mit den Gemarkungen Goyatz, Jessern, Lamsfeld, Ressen, Speichrow und Zaue,

Landkreis Spree-Neiße:

Gemeinde Schenkendöbern,

Gemeinde Guben,

Gemeinde Jänschwalde,

Gemeinde Tauer,

Gemeinde Peitz,

Gemeinde Kolkwitz mit der Gemarkung Klein Gaglow südl. der BAB 15,

Gemeinde Turnow-Preilack mit der Gemarkung Preilack,

Gemeinde Teichland mit der Gemarkung Bärenbrück,

Gemeinde Heinersbrück,

Gemeinde Forst,

Gemeinde Groß Schacksdorf-Simmersdorf,

Gemeinde Neiße-Malxetal,

Gemeinde Jämlitz-Klein Düben,

Gemeinde Tschernitz,

Gemeinde Döbern,

Gemeinde Felixsee,

Gemeinde Wiesengrund,

Gemeinde Spremberg,

Gemeinde Welzow,

Gemeinde Neuhausen/Spree,

Gemeinde Drebkau mit der Gemarkung Kausche,

Kreisfreie Stadt Cottbus mit den Gemarkungen Kahren, Gallinchen, Groß Gaglow und der Gemarkung Kiekebusch südlich der BAB 15,

Landkreis Märkisch-Oderland:

Gemeinde Bleyen-Genschmar,

Gemeinde Neuhardenberg

Gemeinde Golzow,

Gemeinde Küstriner Vorland,

Gemeinde Alt Tucheband,

Gemeinde Reitwein,

Gemeinde Podelzig,

Gemeinde Gusow-Platkow,

Gemeinde Seelow,

Gemeinde Vierlinden,

Gemeinde Lindendorf,

Gemeinde Fichtenhöhe,

Gemeinde Lietzen,

Gemeinde Falkenhagen (Mark),

Gemeinde Zeschdorf,

Gemeinde Treplin,

Gemeinde Lebus,

Gemeinde Müncheberg mit den Gemarkungen Jahnsfelde, Trebnitz, Obersdorf, Münchehofe und Hermersdorf,

Gemeinde Märkische Höhe mit der Gemarkung Ringenwalde,

Gemeinde Bliesdorf mit der Gemarkung Metzdorf und Gemeinde Bliesdorf — östlich der B167 bis östlicher Teil, begrenzt aus Richtung Gemarkungsgrenze Neutrebbin südlich der Bahnlinie bis Straße „Sophienhof“ dieser westlich folgend bis „Ruesterchegraben“ weiter entlang Feldweg an den Windrädern Richtung „Herrnhof“, weiter entlang „Letschiner Hauptgraben“ nord-östlich bis Gemarkungsgrenze Alttrebbin und Kunersdorf — östlich der B167,

Gemeinde Bad Freienwalde mit den Gemarkungen Altglietzen, Altranft, Bad Freienwalde, Bralitz, Hohenwutzen, Schiffmühle, Hohensaaten und Neuenhagen,

Gemeinde Falkenberg mit der Gemarkung Falkenberg östlich der L35,

Gemeinde Oderaue,

Gemeinde Wriezen mit den Gemarkungen Altwriezen, Jäckelsbruch, Neugaul, Beauregard, Eichwerder, Rathsdorf — östlich der B167 und Wriezen — östlich der B167,

Gemeinde Neulewin,

Gemeinde Neutrebbin,

Gemeinde Letschin,

Gemeinde Zechin,

Landkreis Barnim:

Gemeinde Lunow-Stolzenhagen,

Gemeinde Parsteinsee,

Gemeinde Oderberg,

Gemeinde Liepe,

Gemeinde Hohenfinow (nördlich der B167),

Gemeinde Niederfinow,

Gemeinde (Stadt) Eberswalde mit den Gemarkungen Eberswalde nördlich der B167 und östlich der L200, Sommerfelde und Tornow nördlich der B167,

Gemeinde Chorin mit den Gemarkungen Brodowin, Chorin östlich der L200, Serwest, Neuehütte, Sandkrug östlich der L200,

Gemeinde Ziethen mit der Gemarkung Klein Ziethen östlich der Serwester Dorfstraße und östlich der B198,

Landkreis Uckermark:

Gemeinde Angermünde mit den Gemarkungen Crussow, Stolpe, Gellmersdorf, Neukünkendorf, Bölkendorf, Herzsprung, Schmargendorf und den Gemarkungen Angermünde südlich und südöstlich der B2 und Dobberzin südlich der B2,

Gemeinde Schwedt mit den Gemarkungen Criewen, Zützen, Schwedt, Stendell, Kummerow, Kunow, Vierraden, Blumenhagen, Oderbruchwiesen, Enkelsee, Gatow, Hohenfelde, Schöneberg, Flemsdorf und der Gemarkung Felchow östlich der B2,

Gemeinde Pinnow südlich und östlich der B2,

Gemeinde Berkholz-Meyenburg,

Gemeinde Mark Landin mit der Gemarkung Landin südlich der B2,

Gemeinde Casekow mit der Gemarkung Woltersdorf und den Gemarkungen Biesendahlshof und Casekow östlich der L272 und südlich der L27,

Gemeinde Hohenselchow-Groß Pinnow mit der Gemarkung Groß Pinnow und der Gemarkung Hohenselchow südlich der L27,

Gemeinde Gartz (Oder) mit der Gemarkung Friedrichsthal und den Gemarkungen Gartz und Hohenreinkendorf südlich der L27 und der B2 bis Kastanienallee, dort links abbiegend dem Schülerweg folgend bis Höhe Bahnhof, von hier in östlicher Richtung den Salveybach kreuzend bis zum Tantower Weg, diesen in nördlicher Richtung bis zu Stettiner Straße, diese weiter folgend bis zur B2, dieser in nördlicher Richtung folgend,

Gemeinde Mescherin mit der Gemarkung Neurochlitz östlich der B2, dieser folgend bis zur Gemarkungsgrenze Rosow, weiter in nordwestlicher Richtung bis Rosow, weiter auf der K7311 zur Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern, dieser folgend in östlicher Richtung bis zur polnischen Grenze,

Gemeinde Passow mit der Gemarkung Jamikow,

Kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder),

Landkreis Prignitz:

Gemeinde Karstädt mit den Gemarkungen Neuhof und Kribbe und den Gemarkungen Groß Warnow, Klein Warnow, Reckenzin, Streesow und Dallmin östlich der Bahnstrecke Berlin/Spandau-Hamburg/Altona,

Gemeinde Berge,

Gemeinde Pirow mit den Gemarkungen Hülsebeck, Pirow, Bresch und Burow,

Gemeinde Putlitz mit den Gemarkungen Sagast, Nettelbeck, Porep, Lütkendorf, Putlitz, Weitgendorf und Telschow,

Gemeinde Marienfließ mit den Gemarkungen Jännersdorf, Stepenitz und Krempendorf,

Landkreis Oberspreewald-Lausitz:

Gemeinde Senftenberg mit der Gemarkung Peickwitz,

Gemeinde Hohenbocka,

Gemeinde Grünewald,

Gemeinde Hermsdorf,

Gemeinde Kroppen,

Gemeinde Ortrand,

Gemeinde Großkmehlen,

Gemeinde Lindenau,

Gemeinde Frauendorf,

Gemeinde Ruhland,

Gemeinde Guteborn

Gemeinde Schwarzbach mit der Gemarkung Schwarzbach,

Bundesland Sachsen:

Landkreis Bautzen:

Gemeinde Arnsdorf nördlich der B6,

Gemeinde Burkau,

Gemeinde Crostwitz,

Gemeinde Demitz-Thumitz nördlich der S111,

Gemeinde Elsterheide,

Gemeinde Frankenthal,

Gemeinde Göda nördlich der S111,

Gemeinde Großdubrau,

Gemeinde Großharthau nördlich der B6,

Gemeinde Großnaundorf,

Gemeinde Haselbachtal,

Gemeinde Hochkirch nördlich der B6,

Gemeinde Königswartha,

Gemeinde Kubschütz nördlich der B6,

Gemeinde Laußnitz,

Gemeinde Lichtenberg,

Gemeinde Lohsa,

Gemeinde Malschwitz,

Gemeinde Nebelschütz,

Gemeinde Neukirch,

Gemeinde Neschwitz,

Gemeinde Ohorn,

Gemeinde Oßling,

Gemeinde Ottendorf-Okrilla,

Gemeinde Panschwitz-Kuckau,

Gemeinde Puschwitz,

Gemeinde Räckelwitz,

Gemeinde Radibor,

Gemeinde Ralbitz-Rosenthal,

Gemeinde Rammenau,

Gemeinde Schwepnitz,

Gemeinde Spreetal,

Gemeinde Stadt Bautzen nördlich der S111 bis Abzweig S 156 und nördlich des Verlaufs S 156 bis Abzweig B6 und nördlich des Verlaufs der B 6 bis zur östlichen Gemeindegrenze,

Gemeinde Stadt Bernsdorf,

Gemeinde Stadt Bischofswerda nördlich der B6 nördlich der S111,

Gemeinde Stadt Elstra,

Gemeinde Stadt Großröhrsdorf,

Gemeinde Stadt Hoyerswerda,

Gemeinde Stadt Kamenz,

Gemeinde Stadt Königsbrück,

Gemeinde Stadt Lauta,

Gemeinde Stadt Pulsnitz,

Gemeinde Stadt Radeberg nördlich der B6,

Gemeinde Stadt Weißenberg,

Gemeinde Stadt Wittichenau,

Gemeinde Steina,

Gemeinde Wachau,

Stadt Dresden:

Stadtgebiet nördlich der BAB4 bis zum Verlauf westlich der Elbe, dann nördlich der B6,

Landkreis Görlitz,

Landkreis Meißen:

Gemeinde Diera-Zehren östlich der Elbe,

Gemeinde Ebersbach,

Gemeinde Glaubitz östlich des Grödel-Elsterwerdaer-Floßkanals,

Gemeinde Klipphausen östlich der S177,

Gemeinde Lampertswalde,

Gemeinde Moritzburg,

Gemeinde Niederau östlich der B101,

Gemeinde Nünchritz östlich der Elbe und südlich des Grödel-Elsterwerdaer-Floßkanals,

Gemeinde Priestewitz,

Gemeinde Röderaue östlich des Grödel-Elsterwerdaer-Floßkanals,

Gemeinde Schönfeld,

Gemeinde Stadt Coswig,

Gemeinde Stadt Gröditz östlich des Grödel-Elsterwerdaer-Floßkanals,

Gemeinde Stadt Großenhain,

Gemeinde Stadt Meißen östlich des Straßenverlaufs der S177 bis zur B6, dann B6 bis zur B101, ab der B101 Elbtalbrücke Richtung Norden östlich der Elbe,

Gemeinde Stadt Radebeul,

Gemeinde Stadt Radeburg,

Gemeinde Thiendorf,

Gemeinde Weinböhla,

Gemeinde Wülknitz östlich des Grödel-Elsterwerdaer-Floßkanals,

Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge:

Gemeinde Stadt Wilsdruff nördlich der BAB4 zwischen den Abfahren Wilsdruff und Dreieck Dresden-West,

Bundesland Mecklenburg-Vorpommern:

Landkreis Ludwigslust-Parchim:

Gemeinde Balow mit dem Ortsteil: Balow,

Gemeinde Brunow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Bauerkuhl,

Brunow (bei Ludwigslust), Klüß, Löcknitz (bei Parchim),

Gemeinde Dambeck mit dem Ortsteil und der Ortslage:

Dambeck (bei Ludwigslust),

Gemeinde Ganzlin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Barackendorf, Hof Retzow, Klein Damerow, Retzow, Wangelin,

Gemeinde Gehlsbach mit den Ortsteilen und Ortslagen: Ausbau Darß, Darß, Hof Karbow, Karbow, Karbow-Ausbau, Quaßlin, Quaßlin Hof, Quaßliner Mühle, Vietlübbe, Wahlstorf

Gemeinde Groß Godems mit den Ortsteilen und Ortslagen:

Groß Godems, Klein Godems,

Gemeinde Karrenzin mit den Ortsteilen und Ortslagen: Herzfeld, Karrenzin, Karrenzin-Ausbau, Neu Herzfeld, Repzin, Wulfsahl,

Gemeinde Kreien mit den Ortsteilen und Ortslagen: Ausbau Kreien,

Hof Kreien, Kolonie Kreien, Kreien, Wilsen,

Gemeinde Kritzow mit dem Ortsteil und der Ortslage: Benzin,

Gemeinde Lübz mit den Ortsteilen und Ortslagen: Burow, Gischow, Meyerberg,

Gemeinde Möllenbeck mit den Ortsteilen und Ortslagen: Carlshof, Horst, Menzendorf, Möllenbeck,

Gemeinde Muchow mit dem Ortsteil und Ortslage: Muchow,

Gemeinde Parchim mit dem Ortsteil und Ortslage: Slate,

Gemeinde Prislich mit den Ortsteilen und Ortslagen: Marienhof, Neese, Prislich, Werle,

Gemeinde Rom mit dem Ortsteil und Ortslage: Klein Niendorf,

Gemeinde Ruhner Berge mit den Ortsteilen und Ortslagen: Dorf Poltnitz, Drenkow, Griebow, Jarchow, Leppin, Malow, Malower Mühle, Marnitz, Mentin, Mooster, Poitendorf, Poltnitz, Suckow, Tessenow, Zachow,

Gemeinde Siggelkow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Groß Pankow, Klein Pankow, Neuburg, Redlin, Siggelkow,

Gemeinde Stolpe mit den Ortsteilen und Ortslagen: Barkow, Granzin, Stolpe Ausbau, Stolpe,

Gemeinde Ziegendorf mit den Ortsteilen und Ortslagen: Drefahl, Meierstorf, Neu Drefahl, Pampin, Platschow, Stresendorf, Ziegendorf,

Gemeinde Zierzow mit den Ortsteilen und Ortslagen: Kolbow, Zierzow.

3.   Estland

Die folgenden Sperrzonen II in Estland:

Eesti Vabariik (välja arvatud Hiiu maakond).

4.   Lettland

Die folgenden Sperrzonen II in Lettland:

Aizkraukles novads,

Alūksnes, novada Alsviķu, Annas, Ilzenes, Jaunalūksnes, Jaunlaicenes, Kalncempju, Liepnas, Malienas, Mālupes, Mārkalnes, Pededzes, Veclaicenes, Zeltiņu, Ziemera pagasts, Jaunannas pagasta daļa uz ziemeļrietumiem no Pededzes upes, Alūksnes pilsēta,

Augšdaugavas novads,

Ādažu novads,

Balvu, novada Baltinavas, Bērzpils, Briežuciema, Krišjāņu, Kupravas, Lazdukalna, Lazdulejas, Medņevas, Rugāju, Susāju, Šķilbēnu, Tilžas, Vectilžas, Vecumu, Žīguru, Viļakas pilsēta,

Bauskas novads,

Cēsu novads,

Dienvidkurzemes novada Aizputes, Cīravas, Lažas, Durbes, Dunalkas, Tadaiķu, Vecpils, Bārtas, Sakas, Bunkas, Priekules, Gramzdas, Kalētu, Virgas, Dunikas, Vaiņodes, Gaviezes, Rucavas, Vērgales, Medzes pagasts, Nīcas pagasta daļa uz dienvidiem no apdzīvotas vietas Bernāti, autoceļa V1232, A11, V1222, Bārtas upes, Embūtes pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa P116, P106, autoceļa no apdzīvotas vietas Dinsdurbe, Kalvenes pagasta daļa uz rietumiem no ceļa pie Vārtājas upes līdz autoceļam A9, uz dienvidiem no autoceļa A9, uz rietumiem no autoceļa V1200, Kazdangas pagasta daļa uz rietumiem no ceļa V1200, P115, P117, V1296, Aizputes, Durbes, Pāvilostas, Priekules pilsēta,

Dobeles novads,

Gulbenes, novada Beļavas, Daukstu, Druvienas, Galgauskas, Jaungulbenes, Lejasciema, Lizuma, Līgo, Rankas, Stāmerienas, Stradu, Tirzas pagasts, Litenes pagasta daļa uz rietumiem no Pededzes upes, Gulbenes pilsēta,

Jelgavas novads,

Jēkabpils novads,

Krāslavas novads,

Kuldīgas novada Alsungas, Gudenieku, Kurmāles, Rendas, Kabiles, Vārmes, Pelču, Snēpeles, Turlavas, Laidu pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa V1296, Ēdoles pagasta daļa uz rietumiem no autoceļa V1269, V1271, V1288, P119, Īvandes pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa P119, Rumbas pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa P120, Kuldīgas pilsēta,

Ķekavas novads,

Limbažu novads,

Līvānu novads,

Ludzas novads,

Madonas novads,

Mārupes novads,

Ogres novads,

Olaines novads,

Preiļu, novada Aglonas, Aizkalnes, Pelēču, Preiļu, Riebiņu, Rožkalnu, Saunas, Sīļukalna, Stabulnieku, Upmalas, Vārkavas pagasts, Galēnu pagasta daļa uz rietumiem no autoceļa V740, V595, Rušonas pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa V742, Preiļu pilsēta,

Rēzeknes, novada Audriņu, Bērzgales, Čornajas, Dekšāres, Dricānu, Gaigalavas, Griškānu, Ilzeskalna, Kantinieku, Kaunatas, Lendžu, Mākoņkalna, Nagļu, Nautrēnu, Ozolaines, Ozolmuižas, Pušas, Rikavas, Sakstagala, Sokolku, Stoļerovas, Stružānu, Vērēmu, Viļānu pagasts, Lūznavas pagasta daļa uz austrumiem no autoceļa A13 līdz apdzīvotai vietai Vertukšne, uz austrumiem no Vertukšnes ezera, Maltas pagasta daļa uz austrumiem no autoceļa Vertukšne — Rozentova un uz austrumiem no autoceļa P56, P57, V569, Feimaņu pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa V577, V742, Viļānu pilsēta,

Ropažu novada Garkalnes, Ropažu pagasts, Stopiņu pagasta daļa, kas atrodas uz austrumiem no autoceļa V36, P4 un P5, Acones ielas, Dauguļupes ielas un Dauguļupītes, Vangažu pilsēta,

Salaspils novads,

Saldus novads,

Saulkrastu novads,

Siguldas novads,

Smiltenes novads,

Talsu novads,

Tukuma novads,

Valkas novads,

Valmieras novads,

Varakļānu novads,

Ventspils novada Ances, Popes, Puzes, Tārgales, Vārves, Užavas, Usmas, Jūrkalnes pagasts, Ugāles pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa V1347, uz austrumiem no autoceļa P123, Ziru pagasta daļa uz rietumiem no autoceļa V1269, P108, Piltenes pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa V1310, V1309, autoceļa līdz Ventas upei, Piltenes pilsēta,

Daugavpils valstspilsētas pašvaldība,

Jelgavas valstspilsētas pašvaldība,

Jūrmalas valstspilsētas pašvaldība,

Rēzeknes valstspilsētas pašvaldība.

5.   Litauen

Die folgenden Sperrzonen II in Litauen:

Alytaus miesto savivaldybė,

Alytaus rajono savivaldybė,

Anykščių rajono savivaldybė,

Akmenės rajono savivaldybė,

Birštono savivaldybė,

Biržų miesto savivaldybė,

Biržų rajono savivaldybė,

Druskininkų savivaldybė,

Elektrėnų savivaldybė,

Ignalinos rajono savivaldybė,

Jonavos rajono savivaldybė,

Joniškio rajono savivaldybė,

Jurbarko rajono savivaldybė: Eržvilko, Juodaičių, Seredžiaus, Smalininkų ir Viešvilės seniūnijos,

Kaišiadorių rajono savivaldybė,

Kauno miesto savivaldybė,

Kauno rajono savivaldybė,

Kazlų rūdos savivaldybė: Kazlų Rūdos seniūnija, išskyrus vakarinė dalis iki kelio 2602 ir 183, Plutiškių seniūnija.

Kelmės rajono savivaldybė,

Kėdainių rajono savivaldybė,

Klaipėdos rajono savivaldybė: Judrėnų, Endriejavo ir Veiviržėnų seniūnijos,

Kupiškio rajono savivaldybė,

Kretingos rajono savivaldybė,

Lazdijų rajono savivaldybė,

Mažeikių rajono savivaldybė,

Molėtų rajono savivaldybė: Alantos, Balninkų, Čiulėnų, Inturkės, Joniškio, Luokesos, Mindūnų, Suginčių ir Videniškių seniūnijos,

Pagėgių savivaldybė,

Pakruojo rajono savivaldybė,

Panevėžio rajono savivaldybė,

Panevėžio miesto savivaldybė,

Pasvalio rajono savivaldybė,

Radviliškio rajono savivaldybė,

Rietavo savivaldybė,

Prienų rajono savivaldybė,

Plungės rajono savivaldybė,

Raseinių rajono savivaldybė,

Rokiškio rajono savivaldybė,

Skuodo rajono savivaldybė,

Šakių rajono savivaldybė: Kriūkų, Lekėčių ir Lukšių seniūnijos,

Šalčininkų rajono savivaldybė,

Šiaulių miesto savivaldybė,

Šiaulių rajono savivaldybė,

Šilutės rajono savivaldybė,

Širvintų rajono savivaldybė: Čiobiškio, Gelvonų, Jauniūnų, Kernavės, Musninkų ir Širvintų seniūnijos,

Šilalės rajono savivaldybė,

Švenčionių rajono savivaldybė,

Tauragės rajono savivaldybė,

Telšių rajono savivaldybė,

Trakų rajono savivaldybė,

Ukmergės rajono savivaldybė: Deltuvos, Lyduokių, Pabaisko, Pivonijos, Siesikų, Šešuolių, Taujėnų, Ukmergės miesto, Veprių, Vidiškių ir Žemaitkiemo seniūnijos,

Utenos rajono savivaldybė,

Varėnos rajono savivaldybė,

Vilniaus miesto savivaldybė,

Vilniaus rajono savivaldybė: Avižienių, Bezdonių, Buivydžių, Dūkštų, Juodšilių, Kalvelių, Lavoriškių, Maišiagalos, Marijampolio, Medininkų, Mickūnų, Nemenčinės, Nemenčinės miesto, Nemėžio, Pagirių, Riešės, Rudaminos, Rukainių, Sudervės, Sužionių, Šatrininkų ir Zujūnų seniūnijos,

Visagino savivaldybė,

Zarasų rajono savivaldybė.

6.   Ungarn

Die folgenden Sperrzonen II in Ungarn:

Békés megye 950150, 950250, 950350, 950450, 950550, 950650, 950660, 950750, 950850, 950860, 951050, 951150, 951250, 951260, 951350, 951450, 951460, 951550, 951650, 951750, 952150, 952250, 952350, 952450, 952550, 952650, 953250, 953260, 953270, 953350, 953450, 953550, 953560, 953950, 954050, 954060, 954150, 956250, 956350, 956450, 956550, 956650 és 956750 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Borsod-Abaúj-Zemplén megye valamennyi vadgazdálkodási egységének teljes területe,

Fejér megye 403150, 403160, 403250, 403260, 403350, 404250, 404550, 404560, 404570, 405450, 405550, 405650, 406450 és 407050 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Hajdú-Bihar megye valamennyi vadgazdálkodási egységének teljes területe,

Heves megye valamennyi vadgazdálkodási egységének teljes területe,

Jász-Nagykun-Szolnok megye 750250, 750550, 750650, 750750, 750850, 750970, 750980, 751050, 751150, 751160, 751250, 751260, 751350, 751360, 751450, 751460, 751470, 751550, 751650, 751750, 751850, 751950, 752150, 752250, 752350, 752450, 752460, 752550, 752560, 752650, 752750, 752850, 752950, 753060, 753070, 753150, 753250, 753310, 753450, 753550, 753650, 753660, 753750, 753850, 753950, 753960, 754050, 754150, 754250, 754360, 754370, 754850, 755550, 755650 és 755750 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Komárom-Esztergom megye: 250350, 250850, 250950, 251450, 251550, 251950, 252050, 252150, 252350, 252450, 252460, 252550, 252650, 252750, 252850, 252860, 252950, 252960, 253050, 253150, 253250, 253350, 253450 és 253550 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Nógrád megye valamennyi vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Pest megye 570150, 570250, 570350, 570450, 570550, 570650, 570750, 570850, 570950, 571050, 571150, 571250, 571350, 571650, 571750, 571760, 571850, 571950, 572050, 573550, 573650, 574250, 577250, 580050 és 580150 kódszámú vadgazdálkodási egységeinek teljes területe,

Szabolcs-Szatmár-Bereg megye valamennyi vadgazdálkodási egységének teljes területe.

7.   Polen

Die folgenden Sperrzonen II in Polen:

w województwie warmińsko-mazurskim:

gminy Kalinowo, Stare Juchy, Prostki oraz gmina wiejska Ełk w powiecie ełckim,

powiat elbląski,

powiat miejski Elbląg,

część powiatu gołdapskiego niewymieniona w części III załącznika I,

powiat piski,

powiat bartoszycki,

część powiatu oleckiego niewymieniona w części III załącznika I,

część powiatu giżyckiego niewymieniona w części III załącznika I,

powiat braniewski,

powiat kętrzyński,

powiat lidzbarski,

gminy Dźwierzuty Jedwabno, Pasym, Świętajno, Szczytno i miasto Szczytno w powiecie szczycieńskim,

powiat mrągowski,

część powiatu węgorzewskiego niewymieniona w części III załącznika I,

powiat olsztyński,

powiat miejski Olsztyn,

powiat nidzicki,

gminy Kisielice, Susz, Zalewo w powiecie iławskim,

część powiatu ostródzkiego niewymieniona w części III załącznika I,

gmina Iłowo — Osada, część gminy wiejskiej Działdowo położona na południe od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od wchodniej do zachodniej granicy gminy, część gminy Płośnica położona na południe od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od wchodniej do zachodniej granicy gminy, część gminy Lidzbark położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 544 biegnącą od wschodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 541 oraz na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 541 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 544 w powiecie działdowskim,

w województwie podlaskim:

powiat bielski,

powiat grajewski,

powiat moniecki,

powiat sejneński,

gminy Łomża, Piątnica, Jedwabne, Przytuły i Wizna w powiecie łomżyńskim,

powiat miejski Łomża,

powiat siemiatycki,

powiat hajnowski,

gminy Ciechanowiec, Klukowo, Szepietowo, Kobylin-Borzymy, Nowe Piekuty, Sokoły i część gminy Kulesze Kościelne położona na północ od linii wyznaczonej przez linię kolejową w powiecie wysokomazowieckim,

gmina Rutki i część gminy Kołaki Kościelne położona na północ od linii wyznaczonej przez linię kolejową w powiecie zambrowskim,

gminy Mały Płock i Stawiski w powiecie kolneńskim,

powiat białostocki,

powiat suwalski,

powiat miejski Suwałki,

powiat augustowski,

powiat sokólski,

powiat miejski Białystok,

w województwie mazowieckim:

gminy Domanice, Korczew, Kotuń, Mordy, Paprotnia, Przesmyki, Siedlce, Skórzec, Wiśniew, Wodynie, Zbuczyn w powiecie siedleckim,

powiat miejski Siedlce,

gminy Ceranów, Jabłonna Lacka, Kosów Lacki, Repki, Sabnie, Sterdyń w powiecie sokołowskim,

powiat łosicki,

powiat sochaczewski,

powiat zwoleński,

powiat kozienicki,

powiat lipski,

powiat radomski

powiat miejski Radom,

powiat szydłowiecki,

gminy Lubowidz i Kuczbork Osada w powiecie żuromińskim,

gmina Wieczfnia Kościelna w powicie mławskim,

gminy Bodzanów, Słubice, Wyszogród i Mała Wieś w powiecie płockim,

powiat nowodworski,

gminy Czerwińsk nad Wisłą, Naruszewo, Załuski w powiecie płońskim,

gminy: miasto Kobyłka, miasto Marki, miasto Ząbki, miasto Zielonka, część gminy Tłuszcz ograniczona liniami kolejowymi: na północ od linii kolejowej biegnącej od wschodniej granicy gminy do miasta Tłuszcz oraz na wschód od linii kolejowej biegnącej od północnej granicy gminy do miasta Tłuszcz, część gminy Jadów położona na północ od linii kolejowej biegnącej od wschodniej do zachodniej granicy gminy w powiecie wołomińskim,

powiat garwoliński,

gminy Boguty — Pianki, Brok, Zaręby Kościelne, Nur, Małkinia Górna, część gminy Wąsewo położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 60, część gminy wiejskiej Ostrów Mazowiecka położona na południe od miasta Ostrów Mazowiecka i na południe od linii wyznaczonej przez drogę 60 biegnącą od zachodniej granicy miasta Ostrów Mazowiecka do zachodniej granicy gminy w powiecie ostrowskim,

część gminy Sadowne położona na północny- zachód od linii wyznaczonej przez linię kolejową, część gminy Łochów położona na północny — zachód od linii wyznaczonej przez linię kolejową w powiecie węgrowskim,

gminy Brańszczyk, Długosiodło, Rząśnik, Wyszków, część gminy Zabrodzie położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr S8 w powiecie wyszkowskim,

gminy Cegłów, Dębe Wielkie, Halinów, Latowicz, Mińsk Mazowiecki i miasto Mińsk Mazowiecki, Mrozy, Siennica, miasto Sulejówek w powiecie mińskim,

powiat otwocki,

powiat warszawski zachodni,

powiat legionowski,

powiat piaseczyński,

powiat pruszkowski,

powiat grójecki,

powiat grodziski,

powiat żyrardowski,

powiat białobrzeski,

powiat przysuski,

powiat miejski Warszawa,

w województwie lubelskim:

powiat bialski,

powiat miejski Biała Podlaska,

powiat janowski,

powiat puławski,

powiat rycki,

powiat łukowski,

powiat lubelski,

powiat miejski Lublin,

powiat lubartowski,

powiat łęczyński,

powiat świdnicki,

powiat biłgorajski,

powiat hrubieszowski,

powiat krasnostawski,

powiat chełmski,

powiat miejski Chełm,

powiat tomaszowski,

powiat kraśnicki,

powiat opolski,

powiat parczewski,

powiat włodawski,

powiat radzyński,

powiat miejski Zamość,

powiat zamojski,

w województwie podkarpackim:

powiat stalowowolski,

powiat lubaczowski,

gminy Medyka, Stubno, część gminy Orły położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 77, część gminy Żurawica na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 77 w powiecie przemyskim,

powiat jarosławski,

gmina Kamień w powiecie rzeszowskim,

gminy Cmolas, Dzikowiec, Kolbuszowa, Majdan Królewski i Niwiska powiecie kolbuszowskim,

powiat leżajski,

powiat niżański,

powiat tarnobrzeski,

gminy Adamówka, Sieniawa, Tryńcza, Przeworsk z miastem Przeworsk, Zarzecze w powiecie przeworskim,

gmina Ostrów, część gminy Sędziszów Małopolski położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4,

część gminy Czarna położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4, część gminy Żyraków położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4, część gminy wiejskiej Dębica położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4 w powiecie dębickim,

część powiatu mieleckiego niewymieniona w części III załącznika I,

w województwie małopolskim:

gminy Nawojowa, Piwniczna Zdrój, Rytro, Stary Sącz, część gminy Łącko położona na południe od linii wyznaczonej przez rzekę Dunajec w powiecie nowosądeckim,

gmina Szczawnica w powiecie nowotarskim,

w województwie pomorskim:

gminy Dzierzgoń i Stary Dzierzgoń w powiecie sztumskim,

gmina Stare Pole, część gminy Nowy Staw położna na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 55 w powiecie malborskim,

gminy Stegny, Sztutowo i część gminy Nowy Dwór Gdański położona na północny — wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 55 biegnącą od południowej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 7, następnie przez drogę nr 7 i S7 biegnącą do zachodniej granicy gminy w powiecie nowodworskim,

w województwie świętokrzyskim:

gmina Tarłów i część gminy Ożarów położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 74 biegnącą od miejscowości Honorów do zachodniej granicy gminy w powiecie opatowskim,

część gminy Brody położona wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 9 i na północny — wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 0618T biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania w miejscowości Lipie oraz przez drogę biegnącą od miejscowości Lipie do wschodniej granicy gminy i część gminy Mirzec położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 744 biegnącą od południowej granicy gminy do miejscowości Tychów Stary a następnie przez drogę nr 0566T biegnącą od miejscowości Tychów Stary w kierunku północno — wschodnim do granicy gminy w powiecie starachowickim,

gmina Gowarczów, część gminy Końskie położona na wschód od linii kolejowej, część gminy Stąporków położona na północ od linii kolejowej w powiecie koneckim,

gminy Dwikozy i Zawichost w powiecie sandomierskim,

w województwie lubuskim:

gminy Bogdaniec, Deszczno, Kłodawa, Kostrzyn nad Odrą, Santok, Witnica w powiecie gorzowskim,

powiat miejski Gorzów Wielkopolski,

gminy Drezdenko, Strzelce Krajeńskie, Stare Kurowo, Zwierzyn w powiecie strzelecko — drezdeneckim,

powiat żarski,

powiat słubicki,

gminy Brzeźnica, Iłowa, Gozdnica, Małomice Wymiarki, Żagań i miasto Żagań w powiecie żagańskim,

powiat krośnieński,

powiat zielonogórski

powiat miejski Zielona Góra,

powiat nowosolski,

powiat sulęciński,

powiat międzyrzecki,

powiat świebodziński,

powiat wschowski,

w województwie dolnośląskim:

powiat zgorzelecki,

gminy Gaworzyce, Grębocice, Polkowice i Radwanice w powiecie polkowickim,

część powiatu wołowskiego niewymieniona w części III załącznika I,

gmina Jeżów Sudecki w powiecie karkonoskim,

gminy Rudna, Ścinawa, miasto Lubin i część gminy Lubin niewymieniona w części III załącznika I w powiecie lubińskim,

gmina Malczyce, Miękinia, Środa Śląska, część gminy Kostomłoty położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4, część gminy Udanin położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr A4 w powiecie średzkim,

gmina Wądroże Wielkie w powiecie jaworskim,

gminy Kunice, Legnickie Pole, Prochowice, Ruja w powiecie legnickim,

gminy Wisznia Mała, Trzebnica, Zawonia, część gminy Oborniki Śląskie położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 340 w powiecie trzebnickim,

gminy Leśna, Lubań i miasto Lubań, Olszyna, Platerówka, Siekierczyn w powiecie lubańskim,

powiat miejski Wrocław,

gminy Czernica, Długołęka, Siechnice, część gminy Żórawina położona na wschód od linii wyznaczonej przez autostradę A4, część gminy Kąty Wrocławskie położona na północ od linii wyznaczonej przez autostradę A4 w powiecie wrocławskim,

gminy Jelcz — Laskowice, Oława z miastem Oława i część gminy Domaniów położona na północny wschód od linii wyznaczonej przez autostradę A4 w powiecie oławskim,

gmina Bierutów, miasto Oleśnica, część gminy wiejskiej Oleśnica położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr S8, część gminy Dobroszyce położona na zachód od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od północnej do południowej granicy gminy w powiecie oleśnickim,

gmina Cieszków, Krośnice, część gminy Milicz położona na wschód od linii łączącej miejscowości Poradów — Piotrkosice — Sulimierz — Sułów — Gruszeczka w powiecie milickim,

część powiatu bolesławieckiego niewymieniona w części III załącznika I,

powiat głogowski,

gmina Niechlów w powiecie górowskim,

gmina Świerzawa, Wojcieszów, część gminy Zagrodno położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Jadwisin — Modlikowice Zagrodno oraz na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 382 biegnącą od miejscowości Zagrodno do południowej granicy gminy w powiecie złotoryjskim,

gmina Gryfów Śląski, Lubomierz, Lwówek Śląski, Wleń w powiecie lwóweckim,

gminy Czarny Bór, Stare Bogaczowice, Walim, miasto Boguszów — Gorce, miasto Jedlina — Zdrój, miasto Szczawno — Zdrój w powiecie wałbrzyskim,

powiat miejski Wałbrzych,

gmina Świdnica, miasto Świdnica, miasto Świebodzice w powiecie świdnickim,

w województwie wielkopolskim:

gminy Siedlec, Wolsztyn, część gminy Przemęt położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Borek — Kluczewo — Sączkowo — Przemęt — Błotnica — Starkowo — Boszkowo — Letnisko w powiecie wolsztyńskim,

gmina Wielichowo, Rakoniewice, Granowo, część gminy Kamieniec położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 308 w powiecie grodziskim,

powiat międzychodzki,

powiat nowotomyski,

powiat obornicki,

część gminy Połajewo na położona na południe od drogi łączącej miejscowości Chraplewo, Tarnówko-Boruszyn, Krosin, Jakubowo, Połajewo — ul. Ryczywolska do północno-wschodniej granicy gminy w powiecie czarnkowsko-trzcianeckim,

powiat miejski Poznań,

gminy Buk, Czerwonak, Dopiewo, Komorniki, Rokietnica, Stęszew, Swarzędz, Suchy Las, Tarnowo Podgórne, część gminy wiejskiej Murowana Goślina położona na północ od linii kolejowej biegnącej od północnej granicy miasta Murowana Goślina do północno-wschodniej granicy gminy w powiecie poznańskim,

gminy

część powiatu szamotulskiego niewymieniona w części I i III załącznika I,

gmina Pępowo w powiecie gostyńskim,

gminy Kobylin, Zduny, część gminy Krotoszyn położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogi: nr 15 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 36, nr 36 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 15 do skrzyżowana z drogą nr 444, nr 444 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 36 do południowej granicy gminy w powiecie krotoszyńskim,

gmina Wijewo w powiecie leszczyńskim,

w województwie łódzkim:

gminy Białaczów, Drzewica, Opoczno i Poświętne w powiecie opoczyńskim,

gminy Biała Rawska, Regnów i Sadkowice w powiecie rawskim,

gmina Kowiesy w powiecie skierniewickim,

w województwie zachodniopomorskim:

gmina Boleszkowice i część gminy Dębno położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 126 biegnącą od zachodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 23 w miejscowości Dębno, następnie na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 23 do skrzyżowania z ul. Jana Pawła II w miejscowości Cychry, następnie na południe od ul. Jana Pawła II do skrzyżowania z ul. Ogrodową i dalej na południe od linii wyznaczonej przez ul. Ogrodową, której przedłużenie biegnie do wschodniej granicy gminy w powiecie myśliborskim,

gminy Cedynia, Gryfino, Mieszkowice, Moryń, część gminy Chojna położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogi nr 31 biegnącą od północnej granicy gminy i 124 biegnącą od południowej granicy gminy w powiecie gryfińskim,

gmina Kołbaskowo w powiecie polickim,

w województwie opolskim:

gminy Brzeg, Lubsza, Lewin Brzeski, Olszanka, Skarbimierz w powiecie brzeskim,

gminy Dąbrowa, Dobrzeń Wielki, Popielów w powiecie opolskim,

gminy Świerczów, Wilków, część gminy Namysłów położona na południe od linii wyznaczonej przez linię kolejową biegnącą od wschodniej do zachodniej granicy gminy w powiecie namysłowskim.

8.   Slowakei

Die folgenden Sperrzonen II in der Slowakei:

the whole district of Gelnica except municipalities included in zone III,

the whole district of Poprad

the whole district of Spišská Nová Ves,

the whole district of Levoča,

the whole district of Kežmarok

in the whole district of Michalovce except municipalities included in zone III,

the whole district of Košice-okolie,

the whole district of Rožnava,

the whole city of Košice,

in the district of Sobrance: Remetské Hámre, Vyšná Rybnica, Hlivištia, Ruská Bystrá, Podhoroď, Choňkovce, Ruský Hrabovec, Inovce, Beňatina, Koňuš,

the whole district of Vranov nad Topľou,

the whole district of Humenné except municipalities included in zone III,

the whole district of Snina,

the whole district of Prešov except municipalities included in zone III,

the whole district of Sabinov except municipalities included in zone III,

the whole district of Svidník, except municipalities included in zone III,

the whole district of Stropkov, except municipalities included in zone III,

the whole district of Bardejov,

the whole district of Stará Ľubovňa,

the whole district of Revúca,

the whole district of Rimavská Sobota except municipalities included in zone III,

in the district of Veľký Krtíš, the whole municipalities not included in part I,

the whole district of Lučenec,

the whole district of Poltár,

the whole district of Zvolen, except municipalities included in zone III,

the whole district of Detva,

the whole district of Krupina, except municipalities included in zone I,

the whole district of Banska Stiavnica,

in the district of Žiar nad Hronom the municipalities of Hronská Dúbrava, Trnavá Hora,

the whole district of Banska Bystica, except municipalities included in zone III,

the whole district of Brezno,

the whole district of Liptovsky Mikuláš,

the whole district of Trebišov.

9.   Italien

Die folgenden Sperrzonen II in Italien:

Piedmont Region:

in the Province of Alessandria, the municipalities of Cavatore, Castelnuovo Bormida, Cabella Ligure, Carrega Ligure, Francavilla Bisio, Carpeneto, Costa Vescovato, Grognardo, Orsara Bormida, Pasturana, Melazzo, Mornese, Ovada, Predosa, Lerma, Fraconalto, Rivalta Bormida, Fresonara, Malvicino, Ponzone, San Cristoforo, Sezzadio, Rocca Grimalda, Garbagna, Tassarolo, Mongiardino Ligure, Morsasco, Montaldo Bormida, Prasco, Montaldeo, Belforte Monferrato, Albera Ligure, Bosio, Cantalupo Ligure, Castelletto D’orba, Cartosio, Acqui Terme, Arquata Scrivia, Parodi Ligure, Ricaldone, Gavi, Cremolino, Brignano-Frascata, Novi Ligure, Molare, Cassinelle, Morbello, Avolasca, Carezzano, Basaluzzo, Dernice, Trisobbio, Strevi, Sant’Agata Fossili, Pareto, Visone, Voltaggio, Tagliolo Monferrato, Casaleggio Boiro, Capriata D’orba, Castellania, Carrosio, Cassine, Vignole Borbera, Serravalle Scrivia, Silvano D’orba, Villalvernia, Roccaforte Ligure, Rocchetta Ligure, Sardigliano, Stazzano, Borghetto Di Borbera, Grondona, Cassano Spinola, Montacuto, Gremiasco, San Sebastiano Curone, Fabbrica Curone, Spigno Monferrato, Montechiaro d’Acqui, Castelletto d’Erro, Ponti, Denice,

in the province of Asti, the municipality of Mombaldone,

Liguria Region:

in the province of Genova, the municipalities of Bogliasco, Arenzano, Ceranesi, Ronco Scrivia, Mele, Isola Del Cantone, Lumarzo, Genova, Masone, Serra Riccò, Campo Ligure, Mignanego, Busalla, Bargagli, Savignone, Torriglia, Rossiglione, Sant’Olcese, Valbrevenna, Sori, Tiglieto, Campomorone, Cogoleto, Pieve Ligure, Davagna, Casella, Montoggio, Crocefieschi, Vobbia;

in the province of Savona, the municipalities of Albisola Superiore, Celle Ligure, Stella, Pontinvrea, Varazze, Urbe, Sassello, Mioglia,

Lazio Region:

the Area of the Municipality of Rome within the administrative boundaries of the Local Heatlh Unit „ASL RM1“.

TEIL III

1.   Bulgarien

Die folgenden Sperrzonen III in Bulgarien:

in Blagoevgrad region:

the whole municipality of Sandanski

the whole municipality of Strumyani

the whole municipality of Petrich,

the Pazardzhik region:

the whole municipality of Pazardzhik,

the whole municipality of Panagyurishte,

the whole municipality of Lesichevo,

the whole municipality of Septemvri,

the whole municipality of Strelcha,

in Plovdiv region

the whole municipality of Hisar,

the whole municipality of Suedinenie,

the whole municipality of Maritsa

the whole municipality of Rodopi,

the whole municipality of Plovdiv,

in Varna region:

the whole municipality of Byala,

the whole municipality of Dolni Chiflik.

2.   Italien

Die folgenden Sperrzonen III in Italien:

Sardinia Region: the whole territory.

3.   Lettland

Die folgenden Sperrzonen III in Lettland:

Dienvidkurzemes novada Embūtes pagasta daļa uz ziemeļiem autoceļa P116, P106, autoceļa no apdzīvotas vietas Dinsdurbe, Kalvenes pagasta daļa uz austrumiem no ceļa pie Vārtājas upes līdz autoceļam A9, uz ziemeļiem no autoceļa A9, uz austrumiem no autoceļa V1200, Kazdangas pagasta daļa uz austrumiem no ceļa V1200, P115, P117, V1296,

Kuldīgas novada Rudbāržu, Nīkrāces, Padures, Raņķu, Skrundas pagasts, Laidu pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa V1296, Ēdoles pagasta daļa uz austrumiem no autoceļa V1269, V1271, V1288, P119, Īvandes pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa P119, Rumbas pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa P120, Skrundas pilsēta,

Ventspils novada Zlēku pagasts, Ugāles pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa V1347, uz rietumiem no autoceļa P123, Ziru pagasta daļa uz austrumiem no autoceļa V1269, P108, Piltenes pagasta daļa uz dienvidiem no autoceļa V1310, V1309, autoceļa līdz Ventas upei,

Alūksnes novada Jaunannas pagasta daļa uz dienvidaustrumiem no Pededzes upes,

Balvu novada Kubulu, Vīksnas, Bērzkalnes, Balvu pagasts, Balvu pilsēta,

Gulbenes novada Litenes pagasta daļa uz austrumiem no Pededzes upes,

Preiļu novada Silajāņu pagasts, Galēnu pagasta daļa uz austrumiem no autoceļa V740, V595, Rušonas pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa V742,

Rēzeknes novada Silmalas pagasts, Lūznavas pagasta daļa uz rietumiem no autoceļa A13 līdz apdzīvotai vietai Vertukšne, uz rietumiem no Vertukšnes ezera, Maltas pagasta daļa uz rietumiem no autoceļa Vertukšne — Rozentova un uz rietumiem no autoceļa P56, P57, V569, Feimaņu pagasta daļa uz ziemeļiem no autoceļa V577, V742.

4.   Litauen

Die folgenden Sperrzonen III in Litauen:

Jurbarko rajono savivaldybė: Jurbarko miesto seniūnija, Girdžių, Jurbarkų Raudonės, Skirsnemunės, Veliuonos ir Šimkaičių seniūnijos,

Molėtų rajono savivaldybė: Dubingių ir Giedraičių seniūnijos,

Marijampolės savivaldybė: Sasnavos ir Šunskų seniūnijos,

Šakių rajono savivaldybė: Barzdų, Gelgaudiškio, Griškabūdžio, Kidulių, Kudirkos Naumiesčio, Sintautų, Slavikų, Sudargo, Šakių, Plokščių ir Žvirgždaičių seniūnijos.

Kazlų rūdos savivaldybė: Antanavos, Jankų ir Kazlų Rūdos seniūnijos: vakarinė dalis iki kelio 2602 ir 183,

Vilkaviškio rajono savivaldybė: Gižų, Kybartų, Klausučių, Pilviškių, Šeimenos ir Vilkaviškio miesto seniūnijos.

Širvintų rajono savivaldybė: Alionių ir Zibalų seniūnijos,

Ukmergės rajono savivaldybė: Želvos seniūnija,

Vilniaus rajono savivaldybė: Paberžės seniūnija.

5.   Polen

Die folgenden Sperrzonen III in Polen:

w województwie zachodniopomorskim:

gminy Banie, Trzcińsko — Zdrój, Widuchowa, część gminy Chojna położona na wschód linii wyznaczonej przez drogi nr 31 biegnącą od północnej granicy gminy i 124 biegnącą od południowej granicy gminy w powiecie gryfińskim,

w województwie warmińsko-mazurskim:

część powiatu działdowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

część powiatu iławskiego niewymieniona w części II załącznika I,

powiat nowomiejski,

gminy Dąbrówno, Grunwald i Ostróda z miastem Ostróda w powiecie ostródzkim,

gmina Banie Mazurskie, część gminy Gołdap położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę bignącą od zachodniej granicy gminy i łączącą miejscowości Pietraszki — Grygieliszki — Łobody — Bałupiany — Piękne Łąki do skrzyżowania z drogą nr 65, następnie od tego skrzyżowania na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 65 biegnącą do skrzyżowania z drogą nr 650 i dalej na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 650 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 65 do miejscowości Wronki Wielkie i dalej na zachód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Wronki Wielkie — Suczki — Pietrasze — Kamionki — Wilkasy biegnącą do południowej granicy gminy w powiecie gołdapskim,

część gminy Pozdezdrze położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od zachodniej do południowej granicy gminy i łączącą miejscowości Stręgiel — Gębałka — Kuty — Jakunówko — Jasieniec, część gminy Budry położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej do południowej granicy gminy i łączącą miejscowości Skalisze — Budzewo — Budry — Brzozówko w powiecie węgorzewskim,

część gminy Kruklanki położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od północnej do wschodniej granicy gminy i łączącą miejscowości Jasieniec — Jeziorowskie — Podleśne w powiecie giżyckim,

część gminy Kowale Oleckie położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od północnej do południowej granicy gminy i łączącą miejscowości Wierzbiadnki — Czerwony Dwór — Mazury w powiecie oleckim,

w województwie podkarpackim:

gminy Borowa, Czermin, Radomyśl Wielki, Wadowice Górne w powiecie mieleckim,

w województwie lubuskim:

gminy Niegosławice, Szprotawa w powiecie żagańskim,

w województwie wielkopolskim:

gminy Krzemieniewo, Lipno, Osieczna, Rydzyna, Święciechowa, Włoszakowice w powiecie leszczyńskim,

powiat miejski Leszno,

gminy Kościan i miasto Kościan, Krzywiń, Śmigiel w powiecie kościańskim,

część gminy Dolsk położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 434 biegnącą od północnej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 437, a następnie na zachód od drogi nr 437 biegnącej od skrzyżowania z drogą nr 434 do południowej granicy gminy, część gminy Śrem położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 310 biegnącą od zachodniej granicy gminy do miejscowości Śrem, następnie na zachód od drogi nr 432 w miejscowości Śrem oraz na zachód od drogi nr 434 biegnącej od skrzyżowania z drogą nr 432 do południowej granicy gminy w powiecie śremskim,

gminy Gostyń, Krobia i Poniec w powiecie gostyńskim,

część gminy Przemęt położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Borek — Kluczewo — Sączkowo — Przemęt — Błotnica — Starkowo — Boszkowo — Letnisko w powiecie wolsztyńskim,

powiat rawicki,

gmina Pniewy, część gminy Duszniki położona na północ od linii wyznaczonej przez autostradę A2 oraz na zachód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej granicy gminy, łączącą miejscowości Ceradz Kościelny — Grzebienisko — Wierzeja — Wilkowo, biegnącą do skrzyżowania z autostradą A2, część gminy Kaźmierz położona zachód od linii wyznaczonej przez rzekę Sarna, część gminy Ostroróg położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 184 biegnącą od południowej granicy gminy do skrzyżowania z drogą nr 116 oraz na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 116 biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 184 do zachodniej granicy gminy, część gminy Szamotuły położona na zachód od linii wyznaczonej przez rzekę Sarna biegnącą od południowej granicy gminy do przecięcia z drogą nr 184 oraz na zachód od linii wyznaczonej przez drogęn r 184 biegnącą od przecięcia z rzeką Sarna do północnej granicy gminy w powiecie szamotulskim,

w województwie dolnośląskim:

część powiatu górowskiego niewymieniona w części II załącznika I,

część gminy Lubin położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 335 biegnącą od zachodniej granicy gminy do granicy miasta Lubin oraz na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 333 biegnącą od granicy miasta Lubin do południowej granicy gminy w powiecie lubińskim

gminy Prusice, Żmigród, część gminy Oborniki Śląskie położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 340 w powiecie trzebnickim,

część gminy Zagrodno położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Jadwisin — Modlikowice — Zagrodno oraz na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 382 biegnącą od miejscowości Zagrodno do południowej granicy gminy, część gminy wiejskiej Złotoryja położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od północnej granicy gminy w miejscowości Nowa Wieś Złotoryjska do granicy miasta Złotoryja oraz na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 382 biegnącą od granicy miasta Złotoryja do wschodniej granicy gminy w powiecie złotoryjskim

gmina Gromadka w powiecie bolesławieckim,

gminy Chocianów i Przemków w powiecie polkowickim,

gminy Chojnów i miasto Chojnów, Krotoszyce, Miłkowice w powiecie legnickim,

powiat miejski Legnica,

część gminy Wołów położona na wschód od linii wyznaczonej przez lnię kolejową biegnącą od północnej do południowej granicy gminy, część gminy Wińsko położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 36 biegnącą od północnej do zachodniej granicy gminy, część gminy Brzeg Dolny położona na wschód od linii wyznaczonej przez linię kolejową od północnej do południowej granicy gminy w powiecie wołowskim,

część gminy Milicz położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Poradów — Piotrkosice — Sulimierz-Sułów — Gruszeczka w powiecie milickim,

w województwie świętokrzyskim:

gminy Gnojno, Pacanów w powiecie buskim,

gminy Łubnice, Oleśnica, Połaniec, część gminy Rytwiany położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 764, część gminy Szydłów położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogę nr 756 w powiecie staszowskim,

gminy Chmielnik, Masłów, Miedziana Góra, Mniów, Łopuszno, Piekoszów, Pierzchnica, Sitkówka-Nowiny, Strawczyn, Zagnańsk, część gminy Raków położona na zachód od linii wyznaczonej przez drogi nr 756 i 764, część gminy Chęciny położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę nr 762, część gminy Górno położona na północ od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej granicy gminy łączącą miejscowości Leszczyna — Cedzyna oraz na północ od linii wyznczonej przez ul. Kielecką w miejscowości Cedzyna biegnącą do wschodniej granicy gminy, część gminy Daleszyce położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę nr 764 biegnącą od wschodniej granicy gminy do skrzyżowania z drogą łączącą miejscowości Daleszyce — Słopiec — Borków, dalej na południe od linii wyznaczonej przez tę drogę biegnącą od skrzyżowania z drogą nr 764 do przecięcia z linią rzeki Belnianka, następnie na południe od linii wyznaczonej przez rzeki Belnianka i Czarna Nida biegnącej do zachodniej granicy gminy w powiecie kieleckim,

powiat miejski Kielce,

gminy Krasocin, część gminy Włoszczowa położona na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 742 biegnącą od północnej granicy gminy do miejscowości Konieczno i dalej na wschód od linii wyznaczonej przez drogę łączącą miejscowości Konieczno — Rogienice — Dąbie — Podłazie, część gminy Kluczewsko położona na południe od linii wyznaczonej przez drogę biegnącą od wschodniej granicy gminy i łączącą miejscowości Krogulec — Nowiny — Komorniki do przecięcia z linią rzeki Czarna, następnie na południe od linii wyznaczonej przez rzekę Czarna biegnącą do przecięcia z linią wyznaczoną przez drogę nr 742 i dalej na wschód od linii wyznaczonej przez drogę nr 742 biegnącą od przecięcia z linią rzeki Czarna do południowej granicy gminyw powiecie włoszczowskim,

gmina Kije w powiecie pińczowskim,

gminy Małogoszcz, Oksa w powiecie jędrzejowskim,

w województwie małopolskim:

gminy Dąbrowa Tarnowska, Radgoszcz, Szczucin w powiecie dąbrowskim.

6.   Rumänien

Die folgenden Sperrzonen III in Rumänien:

Zona orașului București,

Județul Constanța,

Județul Satu Mare,

Județul Tulcea,

Județul Bacău,

Județul Bihor,

Județul Bistrița Năsăud,

Județul Brăila,

Județul Buzău,

Județul Călărași,

Județul Dâmbovița,

Județul Galați,

Județul Giurgiu,

Județul Ialomița,

Județul Ilfov,

Județul Prahova,

Județul Sălaj,

Județul Suceava

Județul Vaslui,

Județul Vrancea,

Județul Teleorman,

Judeţul Mehedinţi,

Județul Gorj,

Județul Argeș,

Judeţul Olt,

Judeţul Dolj,

Județul Arad,

Județul Timiș,

Județul Covasna,

Județul Brașov,

Județul Botoșani,

Județul Vâlcea,

Județul Iași,

Județul Hunedoara,

Județul Alba,

Județul Sibiu,

Județul Caraș-Severin,

Județul Neamț,

Județul Harghita,

Județul Mureș,

Județul Cluj,

Județul Maramureş.

7.   Slowakei

Die folgenden Sperrzonen III in der Slowakei:

The whole district of Vranov and Topľou,

In the district of Humenné: Lieskovec, Myslina, Humenné, Jasenov, Brekov, Závadka, Topoľovka, Hudcovce, Ptičie, Chlmec, Porúbka, Brestov, Gruzovce, Ohradzany, Slovenská Volová, Karná, Lackovce, Kochanovce, Hažín nad Cirochou, Závada, Nižná Sitnica, Vyšná Sitnica, Rohožník, Prituľany, Ruská Poruba, Ruská Kajňa,

In the district of Michalovce: Strážske, Staré, Oreské, Zbudza, Voľa, Nacina Ves, Pusté Čemerné, Lesné, Rakovec nad Ondavou, Petrovce nad Laborcom, Trnava pri Laborci, Vinné, Kaluža, Klokočov, Kusín, Jovsa, Poruba pod Vihorlatom, Hojné, Lúčky,Závadka, Hažín, Zalužice, Michalovce, Krásnovce, Šamudovce, Vŕbnica, Žbince, Lastomír, Zemplínska Široká, Čečehov, Jastrabie pri Michalovciach, Iňačovce, Senné, Palín, Sliepkovce, Hatalov, Budkovce, Stretava, Stretávka, Pavlovce nad Uhom, Vysoká nad Uhom, Bajany,

In the district of Rimavská Sobota: Jesenské, Gortva, Hodejov, Hodejovec, Širkovce, Šimonovce, Drňa, Hostice, Gemerské Dechtáre, Jestice, Dubovec, Rimavské Janovce, Rimavská Sobota, Belín, Pavlovce, Sútor, Bottovo, Dúžava, Mojín, Konrádovce, Čierny Potok, Blhovce, Gemerček, Hajnáčka,

In the district of Gelnica: Hrišovce, Jaklovce, Kluknava, Margecany, Richnava,

In the district Of Sabinov: Daletice,

In the district of Prešov: Hrabkov, Krížovany, Žipov, Kvačany, Ondrašovce, Chminianske Jakubovany, Klenov, Bajerov, Bertotovce, Brežany, Bzenov, Fričovce, Hendrichovce, Hermanovce, Chmiňany, Chminianska Nová Ves, Janov, Jarovnice, Kojatice, Lažany, Mikušovce, Ovčie, Rokycany, Sedlice, Suchá Dolina, Svinia, Šindliar, Široké, Štefanovce, Víťaz, Župčany,

the whole district of Medzilaborce,

In the district of Stropkov: Havaj, Malá Poľana, Bystrá, Mikové, Varechovce, Vladiča, Staškovce, Makovce, Veľkrop, Solník, Korunková, Bukovce, Krišľovce, Jakušovce, Kolbovce,

In the district of Svidník: Pstruša,

In the district of Zvolen: Očová, Zvolen, Sliač, Veľká Lúka, Lukavica, Sielnica, Železná Breznica, Tŕnie, Turová, Kováčová, Budča, Hronská Breznica, Ostrá Lúka, Bacúrov, Breziny, Podzámčok, Michalková, Zvolenská Slatina, Lieskovec,

In the district of Banská Bystrica: Sebedín-Bečov, Čerín, Dúbravica, Oravce, Môlča, Horná Mičiná, Dolná Mičiná, Vlkanová, Hronsek, Badín, Horné Pršany, Malachov, Banská Bystrica,

The whole district of Sobrance except municipalities included in zone II.


27.10.2022   

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Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/149


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/2068 DER KOMMISSION

vom 26. Oktober 2022

zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation nach einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (1) (im Folgenden „Grundverordnung“), insbesondere auf Artikel 11 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/477 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 über mögliche Maßnahmen der Europäischen Union im Fall einer gleichzeitigen Anwendung von Antidumping- bzw. Antisubventionsmaßnahmen und Schutzmaßnahmen (2), insbesondere auf Artikel 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

1.1.   Vorherige Untersuchungen und geltende Maßnahmen

(1)

Mit der Verordnung (EU) 2016/1328 (3) führte die Europäische Kommission einen Antidumpingzoll auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China (im Folgenden „VR China“ oder „China“) und der Russischen Föderation (im Folgenden „Russland“) (im Folgenden „die ursprünglichen Maßnahmen“) ein. Die Untersuchung, die zur Einführung der ursprünglichen Maßnahmen führte, wird nachstehend als „Ausgangsuntersuchung“ bezeichnet.

(2)

Die derzeit geltenden Antidumpingzölle liegen für die VR China bei 19,7 % auf Einfuhren von in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen, 20,5 % auf Einfuhren von nicht in die Stichprobe einbezogenen mitarbeitenden Unternehmen und 22,1 % auf Einfuhren aller anderen Unternehmen, und für Russland zwischen 18,7 % und 34 % auf Einfuhren von in die Stichprobe einbezogenen ausführenden Herstellern, während für alle anderen Unternehmen ein Zollsatz von 36,1 % gilt.

1.2.   Antrag auf Auslaufüberprüfung

(3)

Nach Veröffentlichung einer Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen (4) ging bei der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) ein Überprüfungsantrag gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung ein.

(4)

Der Überprüfungsantrag wurde am 3. Mai 2021 im Sinne des Artikels 5 Absatz 4 der Grundverordnung im Namen des kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Wirtschaftszweigs der Union vom Verband der Europäischen Stahlhersteller (European Steel Association — im Folgenden „Eurofer“ oder „Antragsteller“) gestellt. Der Überprüfungsantrag wurde damit begründet, dass beim Außerkrafttreten der Maßnahmen mit einem erneuten Auftreten des Dumpings und einem Anhalten oder erneuten Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu rechnen sei.

1.3.   Einleitung einer Auslaufüberprüfung

(5)

Die Kommission kam nach Anhörung des nach Artikel 15 Absatz 1 der Grundverordnung eingesetzten Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise vorliegen, um eine Auslaufüberprüfung einzuleiten, und leitete somit am 3. August 2021 eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung in Bezug auf die Einfuhren kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der VR China und in Russland (im Folgenden „betroffene Länder“) in die Union ein. Sie veröffentlichte eine entsprechende Bekanntmachung über die Verfahrenseinleitung im Amtsblatt der Europäischen Union (5) (im Folgenden „Einleitungsbekanntmachung“).

1.4.   Untersuchungszeitraum der Überprüfung und Bezugszeitraum

(6)

Die Untersuchung des Anhaltens oder erneuten Auftretens des Dumpings bezog sich auf den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 (im Folgenden „Untersuchungszeitraum der Überprüfung“). Die Untersuchung der Entwicklungen, die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Schädigung relevant waren, betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums der Überprüfung (im Folgenden „Bezugszeitraum“).

1.5.   Interessierte Parteien

(7)

In der Einleitungsbekanntmachung wurden die interessierten Parteien aufgefordert, sich zwecks Mitarbeit an der Untersuchung mit der Kommission in Verbindung zu setzen. Außerdem unterrichtete die Kommission gezielt den Antragsteller, alle ihr bekannten Unionshersteller, die ihr bekannten Hersteller in der VR China und in Russland, die Behörden der VR China und Russlands sowie die ihr bekannten Einführer, Verwender und Händler über die Einleitung der Auslaufüberprüfung und bat sie um ihre Mitarbeit.

1.6.   Stellungnahmen zur Einleitung

(8)

Die interessierten Parteien hatten Gelegenheit, zur Einleitung der Auslaufüberprüfung Stellung zu nehmen und eine Anhörung durch die Kommission und/oder die Anhörungsbeauftragte für Handelsverfahren zu beantragen. Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von drei ausführenden Herstellern in Russland, von der russischen Regierung, einem unabhängigen Einführer und einem Verwender ein.

(9)

In ihren Stellungnahmen zur Einleitung brachten die drei russischen ausführenden Hersteller vor, der Antragsteller habe keine ausreichenden und verlässlichen Beweise dafür vorgelegt, dass ein Anhalten oder erneutes Auftreten des schädigenden Dumpings durch Einfuhren aus Russland wahrscheinlich sei. Darüber hinaus behaupteten die russische Regierung, die russischen ausführenden Hersteller, der unabhängige Einführer und ein Verwender, es bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union und den Einfuhren kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse aus China und Russland. Die verschiedenen Parteien argumentierten, dass die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union, sofern sie bestand, auf andere Faktoren als die schädigenden Einfuhren aus Russland und China zurückzuführen sei, da die Mengen der Einfuhren kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse aus den betroffenen Ländern unerheblich seien.

(10)

Allerdings, und wie auch in der Einleitungsbekanntmachung dargelegt, führte der Antragsteller ferner an, „die Beseitigung der ursprünglich festgestellten Schädigung sei in erster Linie auf die Antidumpingmaßnahmen zurückzuführen; sollten — bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen — erneut umfangreiche Mengen zu gedumpten Preisen aus den betroffenen Ländern eingeführt werden, so würde der Wirtschaftszweig der Union wahrscheinlich erneut geschädigt“ (6). Im Rahmen der Überprüfung sollte festgestellt werden, ob bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen mit einem Anhalten oder erneuten Auftreten der Schädigung durch gedumpte Einfuhren aus den betroffenen Ländern zu rechnen ist. Die vom Antragsteller zum Zeitpunkt der Einleitung vorgelegten Informationen waren ausreichend, um nachzuweisen, dass die durch die gedumpten Einfuhren verursachte Schädigung erneut auftreten würde, wenn die Mengen der gedumpten Einfuhren wieder ansteigen würden. Deshalb wies die Kommission das Vorbringen der Parteien zum ursächlichen Zusammenhang zurück.

(11)

Die russische Regierung brachte vor, dass der Antragsteller bei der Berechnung des Normalwerts keine ausreichenden Beweise für das erhöhte Dumping gemäß Artikel 5.2 des Antidumping-Übereinkommens vorgelegt habe. Außerdem seien die in der offen zugänglichen Fassung des Antrags auf Auslaufüberprüfung vorgelegten Informationen nicht detailliert genug und enthielten nicht die zur Berechnung der Spanne herangezogenen genauen Zahlen, da die Transport- und Ausfuhrkosten sowie die Preise für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse auf dem russischen Markt und die Berechnungen selbst nur als ungefähre Werte angegeben wurden. Die russische Regierung forderte die Kommission auf, die im Antrag vorgelegten Berechnungen zu prüfen und die Verlässlichkeit dieser Berechnungen zu belegen. Des Weiteren verwies die russische Regierung auf Artikel 6.2 des Antidumping-Übereinkommens und erklärte, dass der Antragsteller dadurch, dass es keine Möglichkeit gebe, den wesentlichen Inhalt der vertraulichen Informationen in angemessener Weise nachzuvollziehen, sowohl die russische Regierung als auch die russischen Hersteller sowie andere interessierte Parteien daran gehindert habe, ihre Interessen in vollem Umfang zu verteidigen, und forderte die Kommission und Eurofer auf, detailliertere Daten zu den Berechnungen der Dumpingspanne vorzulegen.

(12)

In Bezug auf das Vorbringen zur Hinlänglichkeit der Beweise wurde im Überprüfungsantrag anerkannt, dass die russischen Ausfuhren der betroffenen Ware in die Union im Vergleich zum Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung stark zurückgingen. Daher wurde im Antrag die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings anhand der Preise der Ausfuhren in andere Drittländer als die Union bewertet. Die Analyse der Beweise ergab, dass der Antrag genügend Beweise für die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings enthielt.

(13)

Die im Antrag berechnete Dumpingspanne spiegelte das Preisverhalten der russischen ausführenden Hersteller auf Drittlandsmärkten wider und nicht zwingend den genauen Umfang des Dumpings, der in der Untersuchung berechnet wurde. Der Antragsteller legte jedoch im Antrag ausreichende Beweise für den Ausfuhrpreis und den Normalwert vor, die die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings belegen. Der Antragsteller legte ferner eine hinreichend detaillierte Beschreibung der Methode vor, die bei seiner Dumpingberechnung verwendet wurde, um ein angemessenes Verständnis des wesentlichen Inhalts der vertraulichen Informationen zu ermöglichen.

(14)

Zur Ermittlung des Normalwerts der kaltgewalzten Flachstahlerzeugnisse für die russischen ausführenden Hersteller hatte der Antragsteller öffentlich zugängliche und abonnementspflichtige Informationen über die inländischen Verkaufspreise für eine Tonne kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse, die im Bezugszeitraum von den wichtigsten Ausführern auf ihrem Inlandsmarkt in Rechnung gestellt wurden, eingeholt. Die Kommission prüfte und bestätigte den Ausfuhrpreis anhand der Datenbank Global Trade Atlas (im Folgenden „GTA“).

(15)

Da seit Einführung der Antidumpingzölle im Jahr 2016 die überprüfte Ware nur noch in unerheblichem Umfang aus Russland in die Union eingeführt wird, stützte sich der Antragsteller beim Ausfuhrpreis auf mehrere Informationsquellen über die Preise der Ausfuhren russischer kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse in Drittländer im Jahr 2020. Diese Ausfuhrpreise für eine Tonne kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse wurden auf der Grundlage von Marktinformationen über die Preise der Ausfuhren aus Russland ermittelt. Der Ausfuhrpreis wurde anhand des durchschnittlichen GTA-Preises der drei wichtigsten Bestimmungsländer für russische Ausfuhren überprüft und bestätigt.

(16)

Der Antragsteller hatte daher den durchschnittlichen Ausfuhrpreis ab Werk für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse aus Russland mit einem Normalwert auf der Grundlage der russischen Inlandspreise verglichen.

(17)

Bei ihrer vorgeschriebenen Analyse berücksichtigte die Kommission nur diejenigen Aspekte, für die hinreichend genaue und zutreffende Beweise vorgelegt wurden.

(18)

Das Vorbringen der russischen Regierung wurde daher zurückgewiesen.

(19)

Nach Auffassung der Kommission enthielt die im zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier enthaltene nichtvertrauliche Fassung des Antrags alle wesentlichen Beweise und nichtvertraulichen Zusammenfassungen vertraulicher Angaben, die es den interessierten Parteien ermöglichten, ihre Verteidigungsrechte ordnungsgemäß wahrzunehmen. Daher wurde dieses Vorbringen zurückgewiesen.

1.7.   Stichprobe

(20)

In der Einleitungsbekanntmachung wies die Kommission darauf hin, dass sie möglicherweise nach Artikel 17 der Grundverordnung eine Stichprobe der interessierten Parteien bilden werde.

1.7.1.   Bildung einer Stichprobe der Unionshersteller

(21)

In der Einleitungsbekanntmachung teilte die Kommission mit, dass sie eine vorläufige Stichprobe gebildet hatte, die drei Unionshersteller umfasste. Die Kommission bildete die Stichprobe auf der Grundlage der gemeldeten Produktions- und Verkaufsmenge der gleichartigen Ware. Die Stichprobe umfasste drei Unionshersteller, auf die mehr als 30 % der geschätzten Gesamtproduktionsmenge der gleichartigen Ware in der Union und mehr als 20 % der geschätzten Gesamtmenge der Verkäufe entfielen.

(22)

Im Einklang mit Artikel 17 Absatz 2 der Grundverordnung bat die Kommission die interessierten Parteien, zu der vorläufigen Stichprobe Stellung zu nehmen. Es gingen keine Stellungnahmen ein, sodass die vorläufige Stichprobe bestätigt wurde und als repräsentativ für den Wirtschaftszweig der Union angesehen wurde.

1.7.2.   Bildung einer Stichprobe der Einführer

(23)

Um über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden zu können, forderte die Kommission unabhängige Einführer zur Vorlage der im Anhang der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen auf.

(24)

Kein unabhängiger Einführer beantwortete den Stichprobenfragebogen. Daher befand die Kommission, dass sich die Bildung einer Stichprobe erübrigte.

1.7.3.   Bildung einer Stichprobe der ausführenden Hersteller in Russland und China

(25)

Um über die Notwendigkeit der Bildung einer Stichprobe entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden zu können, bat die Kommission alle ausführenden Hersteller in Russland und China um Übermittlung der in der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen. Außerdem ersuchte die Kommission die Behörden Chinas und Russlands darum, etwaige andere ausführende Hersteller, die gegebenenfalls an einer Mitarbeit bei der Untersuchung interessiert sein könnten, zu benennen und/oder zu kontaktieren.

(26)

Bei der Einleitung stellte die Kommission Kopien der Fragebogen in dem zur Einsichtnahme durch interessierte Parteien bestimmten Dossier und auf der Website der GD HANDEL zur Verfügung.

(27)

Keiner der chinesischen ausführenden Hersteller lieferte die geforderten Informationen und/oder erklärte sich mit der Einbeziehung in die Stichprobe einverstanden. Die Kommission unterrichtete die Vertretung der VR China bei der Europäischen Union über ihre Absicht, im Einklang mit Artikel 18 der Grundverordnung die verfügbaren Informationen zugrunde zu legen. Es gingen keine Stellungnahmen ein.

(28)

Da keine chinesischen Hersteller mitarbeiteten, wurden die Feststellungen zu den Einfuhren aus der VR China nach Artikel 18 der Grundverordnung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen getroffen, insbesondere anhand von Handelsstatistiken über Ein- und Ausfuhren (Eurostat, GTA (7) und OECD (8)).

(29)

Drei russische ausführende Hersteller, nämlich PJSC Magnitogorsk Iron and Steel Works (MMK) und seine verbundenen Unternehmen (MMK-Gruppe), PJSG Novolipetsk Steel (NLMK) und seine verbundenen Unternehmen (NLMK-Gruppe) sowie PJSC Severstal (Severstal) und seine verbundenen Unternehmen (SEVERSTAL-Gruppe), stellten die benötigten Informationen zur Verfügung und stimmten ihrer Einbeziehung in die Stichprobe zu. Am 6. September 2021 teilten diese drei ausführenden Hersteller der Kommission jedoch mit, dass sie beschlossen hätten, die Antidumpingfragebogen nicht einzeln zu beantworten, jedoch bei allen anderen Aspekten der Auslaufüberprüfung mit der Kommission zusammenzuarbeiten, etwa im Hinblick auf Stellungnahmen zum Überprüfungsantrag, die Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens der Schädigung und das Unionsinteresse. In der Folge übermittelten die drei russischen ausführenden Hersteller am 13. September 2021 Stellungnahmen zum Antrag auf Auslaufüberprüfung, zum mutmaßlichen Anhalten und zur Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des schädigenden Dumpings und zum Unionsinteresse. Sie forderten die Kommission auf, die zusammen mit den Stellungnahmen übermittelten unternehmensspezifischen Daten wie Produktion, Kapazität und Kapazitätsauslastung stichprobenartig zu prüfen.

(30)

Im Anschluss an diesen Austausch unterrichtete die Kommission am 21. September und am 19. November 2021 die genannten ausführenden Hersteller darüber, dass sie bei ihnen von einer mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit ausgeht, und unterrichtete sie über ihre Absicht, Artikel 18 der Grundverordnung anzuwenden und ihre Feststellungen im Rahmen der Untersuchung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu treffen. Die Kommission unterrichtete auch die russischen Behörden über ihre Absicht, nach Artikel 18 der Grundverordnung die verfügbaren Informationen heranzuziehen.

(31)

Am 30. September und am 29. November 2021 gingen bei der Kommission Stellungnahmen der drei russischen ausführenden Hersteller zur Anwendung des Artikels 18 der Grundverordnung ein. Sie widersprachen der Bewertung ihrer Bereitschaft zur Mitarbeit durch die Kommission und bekräftigten ihre Absicht, bei anderen Aspekten der Überprüfung, etwa im Hinblick auf das Anhalten oder erneute Auftreten der Schädigung, die Wahrscheinlichkeit eines weiteren schädigenden Dumpings und das Unionsinteresse mitzuarbeiten. Sie forderten die Kommission erneut auf, die von ihnen übermittelten Daten zu Produktion, Kapazität und Kapazitätsauslastung zu überprüfen.

(32)

Die russischen ausführenden Hersteller versäumten es in diesem Zusammenhang, in ihren Antworten auf den Fragebogen die angeforderten Informationen zu übermitteln. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die russischen ausführenden Hersteller nur bruchstückhafte Informationen vorlegten, die sich auf die Produktion, Kapazität und Produktionsmenge beschränkten und nicht durch sachdienliche Nachweise untermauert waren. Da die ausführenden Hersteller der Kommission keine ausreichenden und verlässlichen Informationen vorlegten, um zu einer hinreichend genauen Feststellung zu gelangen, verwendete die Kommission die Informationen aus dem in Erwägungsgrund 30 beschriebenen Dossier. In jedem Fall verwendete die Kommission die von den drei russischen Herstellern übermittelten Informationen, soweit dies möglich war.

(33)

Die Kommission übersandte der Regierung der Volksrepublik China (im Folgenden „chinesische Regierung“) einen Fragebogen zum Vorliegen nennenswerter Verzerrungen in der VR China im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung.

(34)

Die Kommission sandte ferner Fragebogen an die in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller. Dieselben Fragebogen wurden am Tag der Untersuchungseinleitung auch online (9) bereitgestellt. Darüber hinaus sandte die Kommission dem Verband der Unionshersteller, Eurofer, einen Fragebogen zu.

(35)

Antworten auf den Fragebogen gingen von den drei Unionsherstellern der Stichprobe und von Eurofer ein.

1.7.4.   Überprüfung

(36)

Die Kommission holte alle Informationen ein, die sie zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens von Dumping und Schädigung sowie zur Ermittlung des Unionsinteresses benötigte, und überprüfte sie. Aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie und der daraufhin ergriffenen Maßnahmen zum Umgang mit dem Ausbruch (im Folgenden „COVID-19-Bekanntmachung“) (10) war die Kommission nicht in der Lage, Kontrollbesuche in den Betrieben der mitarbeitenden Unternehmen durchzuführen. Stattdessen führte die Kommission per Videokonferenz Fernabgleiche der von den folgenden Unternehmen übermittelten Informationen durch:

 

    Unionshersteller

Voestalpine Stahl GmbH, Österreich

ThyssenKrupp Steel Europe AG, Deutschland

ArcelorMittal Belgium, Belgien

1.8.   Weiteres Verfahren

(37)

Am 19. August 2022 erfolgte seitens der Kommission die Unterrichtung über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen, aufgrund deren die für Einfuhren aus der VR China und Russland geltenden Antidumpingzölle aufrechterhalten werden sollten. Alle Parteien erhielten Gelegenheit, zur Unterrichtung Stellung zu nehmen.

(38)

Die Stellungnahmen der interessierten Parteien wurden von der Kommission geprüft und — soweit angezeigt — berücksichtigt. Die Parteien, die einen entsprechenden Antrag stellten, wurden gehört.

2.   ÜBERPRÜFTE WARE, BETROFFENE WARE UND GLEICHARTIGE WARE

2.1.   Überprüfte Ware

(39)

Bei der überprüften Ware handelt es sich um dieselbe Ware wie in der Ausgangsuntersuchung, nämlich um flachgewalzte Erzeugnisse aus Eisen oder nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl (ausgenommen aus nicht rostendem Stahl) beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen und nur kaltgewalzt, die derzeit unter den KN-Codes ex 7209 15 00 (TARIC-Code 7209150090), 7209 16 90, 7209 17 90, 7209 18 91, ex 7209 18 99 (TARIC-Code 7209189990), ex 7209 25 00 (TARIC-Code 7209250090), 7209 26 90, 7209 27 90, 7209 28 90, 7211 23 30, ex 7211 23 80 (TARIC-Codes 7211238019, 7211238095 und 7211238099), ex 7211 29 00 (TARIC-Codes 7211290019 und 7211290099), 7225 50 80 und 7226 92 00 eingereiht werden (im Folgenden „überprüfte Ware“).

(40)

Die folgenden Warentypen sind von der Definition der überprüften Ware ausgenommen:

Elektrobleche aus Eisen oder nicht legiertem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen, nur kaltgewalzt, auch in Rollen (Coils), beliebiger Dicke,

Schwarzbleche aus Eisen oder nicht legiertem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen, in Rollen (Coils), mit einer Dicke von weniger als 0,35 mm, geglüht,

flachgewalzte Erzeugnisse aus anderem legiertem Stahl beliebiger Breite, aus Silicium-Elektrostahl, und

flachgewalzte Erzeugnisse aus legiertem Stahl, nur kaltgewalzt, aus Schnellarbeitsstahl.

(41)

Kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse werden aus warmgewalzten Coils hergestellt. Beim Prozess des Kaltwalzens wird ein — zuvor warmgewalztes und gebeiztes — Blech oder Band durch eine Kaltwalze (d. h. bei einer Temperatur unterhalb der Erweichungstemperatur des Metalls) geführt. Kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse werden nach Maßgabe bestimmter Spezifikationen oder geschützter Spezifikationen von Endverwendern hergestellt. Sie können in verschiedener Form geliefert werden: als Coils (geölt oder nicht geölt), zugeschnitten (Blech) oder als schmale Bänder. Kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse sind ein industrieller Einsatzstoff, der von den Endverwendern für eine Vielzahl von Anwendungen, hauptsächlich im verarbeitenden Gewerbe (Industrie, Verpackung, Automobilindustrie usw.), aber auch im Baugewerbe bezogen wird.

2.2.   Betroffene Ware

(42)

Bei der betroffenen Ware, die Gegenstand dieser Untersuchung ist, handelt es sich um die überprüfte Ware mit Ursprung in der VR China und Russland.

2.3.   Gleichartige Ware

(43)

Die im Rahmen der Auslaufüberprüfung durchgeführte Untersuchung bestätigte die in der Ausgangsuntersuchung getroffene Feststellung, dass die folgenden Waren dieselben grundlegenden materiellen Eigenschaften und dieselben grundlegenden Verwendungen aufweisen:

die betroffene Ware bei der Ausfuhr in die Union;

die in der VR China und in Russland hergestellte und auf dem jeweiligen Inlandsmarkt verkaufte überprüfte Ware und

die in der Union vom Wirtschaftszweig der Union hergestellte und verkaufte überprüfte Ware.

(44)

Sie werden daher als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung betrachtet.

3.   DUMPING

3.1.   Volksrepublik China

3.1.1.   Vorbemerkungen

(45)

Im Untersuchungszeitraum der Überprüfung wurden weiterhin bestimmte kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse aus China eingeführt, wenn auch in geringerem Umfang als im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung (d. h. vom 1. April 2014 bis zum 31. März 2015). Eurostat-Daten zufolge machten die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse aus China im Untersuchungszeitraum der Überprüfung weniger als 1 % des Unionsmarktes aus, verglichen mit einem Marktanteil von 10,3 % (11) in der Ausgangsuntersuchung. In absoluten Zahlen führte China im Untersuchungszeitraum der Überprüfung rund 32 000 Tonnen in die Union aus, was einem erheblichen Rückgang gegenüber den rund 732 000 Tonnen (12) entspricht, die im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung in die Union ausgeführt wurden.

(46)

Im Rahmen der Ausgangsuntersuchung stellte die Kommission fest, dass die Ausfuhren der betroffenen Ware aus China auf dem Unionsmarkt in erheblichem Umfang gedumpt waren. Die Dumpingspannen der mitarbeitenden chinesischen Ausführer lagen zwischen 52,7 % und 59,2 %. Aufgrund der Anwendung der Regel des niedrigeren Zolls wurden die Antidumpingzölle auf die Einfuhren aus China deutlich niedriger festgesetzt und lagen zwischen 19,7 % und 22,1 %.

(47)

Wie in Erwägungsgrund 27 festgestellt, arbeitete keiner der chinesischen Ausführer/Hersteller bei der Untersuchung mit. Die Kommission unterrichtete die chinesischen Behörden deshalb darüber, dass sie angesichts der mangelnden Mitarbeit in Bezug auf die Feststellungen zur VR China möglicherweise Artikel 18 der Grundverordnung anwenden werde. Bei der Kommission gingen keine diesbezüglichen Stellungnahmen oder Anträge auf Anhörung durch die Anhörungsbeauftragte ein.

(48)

Daher stützen sich die für die VR China geltenden Feststellungen zur Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens des Dumpings nach Artikel 18 Absatz 1 der Grundverordnung auf die verfügbaren Informationen, insbesondere auf die Informationen im Antrag auf Auslaufüberprüfung und in den Stellungnahmen der interessierten Parteien sowie auf Informationsquellen wie Handelsstatistiken über Ein- und Ausfuhren (Eurostat, den GTA (13), und OECD (14)) und auf von unabhängigen Anbietern von Finanzdaten bereitgestellte Informationen, etwa den von Dun & Bradstreet veröffentlichtem Bericht „Global Financials“ (15).

3.1.2.   Dumping

3.1.2.1.   Verfahren zur Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung für die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der VR China

(49)

Da bei Einleitung der Untersuchung genügend Beweise vorlagen, die hinsichtlich der VR China auf das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung hindeuteten, leitete die Kommission die Untersuchung auf der Grundlage des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung ein.

(50)

Um die Informationen einzuholen, die sie für die Untersuchung der mutmaßlichen nennenswerten Verzerrungen benötigte, übersandte die Kommission der chinesischen Regierung einen Fragebogen. Im Abschnitt 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung bat die Kommission darüber hinaus alle interessierten Parteien, innerhalb von 37 Tagen nach Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union ihren Standpunkt bezüglich der Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung unter Vorlage von Informationen und sachdienlichen Nachweisen darzulegen. Von der chinesischen Regierung gingen keine Antworten auf den Fragebogen ein und innerhalb der Frist wurden keine Beiträge zur Anwendung von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung übermittelt. In der Folge unterrichtete die Kommission die chinesische Regierung mit Verbalnote vom 13. September 2021 darüber, dass sie zur Ermittlung des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen in der VR China die verfügbaren Informationen im Sinne des Artikels 18 der Grundverordnung zugrunde legen werde.

(51)

Im Abschnitt 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung wies die Kommission auch darauf hin, dass angesichts der vorliegenden Beweise nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung im vorliegenden Fall Brasilien als für China geeignetes repräsentatives Drittland in Frage kommt, um den Normalwert anhand unverzerrter Preise oder Vergleichswerte zu ermitteln. Die Kommission erklärte ferner, dass sie andere möglicherweise geeignete Länder nach den Kriterien des Artikels 2 Absatz 6a erster Gedankenstrich der Grundverordnung prüfen werde.

(52)

Am 24. November 2020 informierte die Kommission in Form eines Vermerks (im Folgenden „erster Vermerk“) über die einschlägigen Quellen, die sie zur Ermittlung des Normalwerts heranzuziehen gedachte. Dieser Vermerk enthielt eine Liste aller Produktionsfaktoren — wie Rohstoffe, Arbeit und Energie —, die bei der Herstellung bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse eingesetzt werden. Darüber hinaus benannte die Kommission auf der Grundlage der Kriterien für die Auswahl unverzerrter Preise oder Vergleichswerte mögliche repräsentative Länder, konkret Brasilien, Mexiko, Russland und die Türkei. Bei der Kommission gingen keine Stellungnahmen zum ersten Vermerk ein.

(53)

Am 17. März 2022 unterrichtete die Kommission die interessierten Parteien in Form eines zweiten Vermerks (im Folgenden „zweiter Vermerk“) über die einschlägigen Quellen, die sie zur Ermittlung des Normalwerts heranzuziehen gedachte, und gab darin Brasilien als repräsentatives Land an. Es gingen keine Stellungnahmen ein.

3.1.2.2.   Normalwert

(54)

Nach Artikel 2 Absatz 1 der Grundverordnung stützt sich der Normalwert „normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind“.

(55)

Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung sieht allerdings Folgendes vor: „Wird … festgestellt, dass es nicht angemessen ist, die Inlandspreise und -kosten im Ausfuhrland zu verwenden, weil in diesem Land nennenswerte Verzerrungen im Sinne von Buchstabe b bestehen, so wird der Normalwert ausschließlich anhand von Herstell- und Verkaufskosten, die unverzerrte Preise oder Vergleichswerte widerspiegeln, rechnerisch ermittelt“; dieser „rechnerisch ermittelte Normalwert muss einen unverzerrten und angemessenen Betrag für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne beinhalten“ („Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten“ werden im Folgenden als „VVG-Kosten“ bezeichnet).

(56)

Wie in den folgenden Unterabschnitten dargelegt, gelangte die Kommission in dieser Untersuchung zu dem Schluss, dass auf der Grundlage der vorliegenden Beweise und in Anbetracht der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit seitens der chinesischen Regierung und der chinesischen ausführenden Hersteller die Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung angezeigt war.

3.1.3.   Vorliegen nennenswerter Verzerrungen

(57)

In Untersuchungen zum Stahlsektor in der VR China (16) stellte die Kommission jüngst das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung fest.

(58)

Bei diesen Untersuchungen stellte die Kommission fest, dass erhebliche staatliche Eingriffe in der VR China zu Verzerrungen führen, die einer wirksamen Ressourcenallokation nach Marktgrundsätzen entgegenstehen (17). Insbesondere gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass im Stahlsektor, aus dem der Hauptrohstoff für die Herstellung der überprüften Ware stammt, nicht nur der Anteil an Staatseigentum der VR China im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b erster Gedankenstrich der Grundverordnung nach wie vor erheblich ist (18), sondern dass die chinesische Regierung überdies im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der Grundverordnung durch die staatliche Präsenz in Unternehmen Preise und Kosten beeinflussen kann (19). Darüber hinaus stellte die Kommission fest, dass die Präsenz und das Eingreifen des Staates auf den Finanzmärkten sowie bei der Bereitstellung von Rohstoffen und Inputs eine zusätzliche Verzerrung des Marktes bewirken. Tatsächlich führt das Planungssystem in der VR China insgesamt dazu, dass Ressourcen nicht in Abhängigkeit von den Marktkräften zugewiesen werden, sondern in Sektoren konzentriert sind, die von der chinesischen Regierung als strategische oder anderweitig politisch wichtige Sektoren erachtet werden (20). Die Kommission gelangte ferner zu dem Schluss, dass das chinesische Insolvenzrecht und das chinesische Eigentumsrecht im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b vierter Gedankenstrich der Grundverordnung nicht ordnungsgemäß funktionieren, wodurch insbesondere dann Verzerrungen entstehen, wenn insolvente Unternehmen über Wasser gehalten werden oder wenn es um die Gewährung von Landnutzungsrechten in der VR China geht (21). In gleicher Weise stellte die Kommission Verzerrungen der Lohnkosten im Stahlsektor im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung (22) sowie Verzerrungen auf den Finanzmärkten im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b sechster Gedankenstrich der Grundverordnung, insbesondere hinsichtlich des Zugangs von Unternehmen in der VR China zu Kapital (23), fest.

(59)

Wie bereits in vorherigen Untersuchungen hinsichtlich des Stahlsektors in der VR China prüfte die Kommission auch in dieser Untersuchung, ob es angesichts nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung angemessen ist, die Inlandspreise und -kosten in der VR China heranzuziehen. Dabei stützte sich die Kommission auf die im Dossier verfügbaren Beweise, einschließlich der im Antrag sowie in der (auf öffentlich verfügbaren Quellen basierenden) Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Commission Staff Working Document on Significant Distortions in the Economy of the People’s Republic of China for the Purposes of Trade Defence Investigations“ (24) (im Folgenden „Bericht“) enthaltenen Belege. Im Rahmen der Analyse wurden nicht nur die erheblichen staatlichen Eingriffe in die chinesische Wirtschaft im Allgemeinen untersucht, sondern auch die spezifische Marktsituation im betreffenden Sektor, insbesondere in Bezug auf die überprüfte Ware. Die Kommission ergänzte diese Beweiselemente durch ihre eigenen Untersuchungen zu den verschiedenen Kriterien, die für die Bestätigung des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen in der VR China, wie sie auch in früheren einschlägigen Kommissionsuntersuchungen festgestellt wurden, relevant sind.

(60)

Dem Antrag zufolge wird die chinesische Wirtschaft insgesamt stark von verschiedenen umfassenden Eingriffen der chinesischen Regierung oder anderer Behörden auf verschiedenen Regierungsebenen beeinflusst und geprägt, sodass die Inlandspreise und -kosten der chinesischen Stahlindustrie nicht in dieser Untersuchung herangezogen werden können. Um diesen Standpunkt zu untermauern, wurde in dem Antrag auf die jüngsten Untersuchungen der Kommission im chinesischen Stahlsektor (25) oder auf die Schlussfolgerungen des Globalen Forums zu Stahlüberkapazitäten der G20 (26) verwiesen.

(61)

Insbesondere wurde in dem Antrag darauf hingewiesen, dass vor dem Hintergrund der in der Verfassung der VR China verankerten Doktrin der „sozialistischen Marktwirtschaft“ die Omnipräsenz der Kommunistischen Partei Chinas (im Folgenden „Kommunistische Partei“) und der Einfluss der Regierung auf die Wirtschaft durch strategische Planungsinitiativen wie dem 13. und 14. Fünfjahresplan unterschiedliche (verwaltungsrechtliche, finanzielle und regulatorische) Formen annehmen können.

(62)

Der Antrag enthielt Beispiele für Sachverhalte, die auf das Vorliegen von Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b erster bis sechster Gedankenstrich der Grundverordnung hindeuten. Unter Bezugnahme auf frühere Untersuchungen der Kommission im Stahlsektor, den Bericht und auf Berichte der Behörden von Drittländern (Sonderbeauftragter der Vereinigten Staaten für Handelsfragen) und anderer Institutionen (IWF) brachte der Antragsteller insbesondere Folgendes vor:

Der Markt für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse wird zu einem erheblichen Teil von Unternehmen bedient, die im Eigentum, unter der Kontrolle oder der politischen Aufsicht oder Führung der Behörden der VR China stehen, insbesondere vor dem Hintergrund des Einflusses der Kommunistischen Partei auf private und staatseigene Unternehmen durch die Positionierung von Mitgliedern der Kommunistischen Partei in den Unternehmen sowie angesichts der systematischen Verzahnung von Staats- und Parteiämtern. Der Antragsteller brachte ferner vor, dass sich der Stahlsektor in Bezug auf Produktion und Produktionskapazität zwar jeweils zur Hälfte aus staatseigenen und privaten Unternehmen zusammensetze, aber vier der fünf größten Stahlhersteller staatseigene Unternehmen seien, darunter Baowu, der zweitgrößte Rohstahlhersteller weltweit, der vollständig in staatlichem Eigentum stehe und eng mit der Stahlpolitik der chinesischen Regierung verknüpft sei. Der Antragsteller wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die chinesische Regierung den Plan verfolgt, bis 2025 70 % der Eisen- und Stahlproduktion in zehn Pionierunternehmen zu konzentrieren (eine Strategie, die auch den kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Wirtschaftszweig betrifft), z. B. durch die Übernahme des Herstellers Maanshan Iron & Steel durch Baowu im Jahr 2019.

Die staatliche Präsenz in dem Unternehmen ermögliche es der chinesischen Regierung, Preise oder Kosten zu beeinflussen, insbesondere durch die Ausübung von regulatorischen Befugnissen und die Kontrolle der Führungskräfte in den staatseigenen Unternehmen sowie durch einen zunehmenden Einfluss der Kommunistischen Partei in staatseigenen und privaten Unternehmen, die in den letzten Jahren nachdrücklich aufgefordert wurden, wichtige Entscheidungen der Kommunistischen Partei zu überlassen. Der Antragsteller verwies ferner auf personelle Überschneidungen zwischen dem staatlich kontrollierten Verband China Iron and Steel Association (im Folgenden „CISA“) und dem größten privaten Stahlhersteller, der Shagang-Gruppe, sowie auf die staatliche Präsenz in vorgelagerten Unternehmen, für die Zielvorgaben festgelegt würden, was zu ungewöhnlich niedrigen Kosten für die Stahlindustrie führe.

Durch politische Strategien oder Maßnahmen werde inländischen Lieferanten ein Vorteil verschafft oder das freie Spiel der Marktkräfte auf andere Weise beeinträchtigt, insbesondere durch das Planungssystem, über das Ressourcen vorrangig in bestimmte Wirtschaftszweige wie den Stahlsektor umgeleitet würden. Der Antragsteller veranschaulichte dies durch Zitieren des Entwurfs des 14. Fünfjahresplans für die Stahlindustrie, in dem deren Bedeutung für die chinesische Wirtschaft bekräftigt wird, und durch einen Verweis auf andere Planungs- und strategische Dokumente, die eine Unterstützung für den Stahlsektor vorsehen, z. B. „Made in China 2025“. Der Antragsteller verwies ferner auf andere politische Maßnahmen, die das freie Spiel der Marktkräfte beeinträchtigen, etwa die zahlreichen von der chinesischen Regierung ergriffenen Maßnahmen zur Steuerung der Rohstoffpreise, Ausfuhrquoten, Ausfuhrlizenzpflichten, Ausfuhrzölle oder Umsatzsteuervergütungen durch Differenzierung der Energiepreise. Darüber hinaus werden in dem Antrag die Anreize beschrieben, die die chinesischen Behörden Stahlherstellern bieten, die an der Initiative „Neue Seidenstraße“ teilnehmen, mit der die Präsenz chinesischer Unternehmen auf ausländischen Märkten gefördert werden soll.

Die fehlende oder diskriminierende Anwendung bzw. die unzulängliche Durchsetzung des Insolvenz-, Gesellschafts- oder Eigentumsrechts führe zum Fortbestand oder zur Vermehrung von zahlreichen „Zombie-Unternehmen“, die dazu beitragen, dass vorhandene Kapazitäten weiter ungenutzt bleiben — ein Problem, das insbesondere im Stahlsektor zu spüren sei und sich auch auf den chinesischen Finanz- und Kreditmärkten niederschlage. Darüber hinaus greife der chinesische Staat angesichts des Verbots von privatem Landbesitz in China in die Landnutzung durch den Stahlsektor ein, wie auch die Kommission bereits in früheren Untersuchungen festgestellt hat (27).

Die Lohnkosten seien insofern verzerrt, als es keine freien Verhandlungen gebe und die einzige offiziell anerkannte Gewerkschaft, der Gesamtchinesische Gewerkschaftsbund (im Folgenden „GCGB“), unter der Führung der Kommunistischen Partei stehe. Des Weiteren habe China mehrere grundlegende IAO-Übereinkommen noch immer nicht ratifiziert und das Haushaltsregistrierungssystem wirke sich auf chinesische Arbeitskräfte aus.

Der Zugang zu Finanzmitteln werde von Institutionen gewährt, die politische Ziele umsetzen oder auf andere Weise nicht unabhängig vom Staat handeln, da staatliche und staatlich kontrollierte Banken dominieren, bei denen die chinesische Regierung und die Kommunistische Partei Einfluss auf Personal- und Geschäftsentscheidungen haben und diese nach den industriepolitischen Zielen des Landes ausrichten. Dem Antrag zufolge profitieren chinesische Hersteller kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse massiv von Darlehen zu Sonderbedingungen durch diese Banken. Der Antragsteller wies darauf hin, dass auch Privatbanken bei der Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit die nationale Politik berücksichtigen müssen. Analog zu den Verzerrungen im Bankensektor werden in dem Antrag die dominierende Rolle der mit dem Staat verbundenen Akteure auf dem Anleihemarkt und die wettbewerbsverzerrende Rolle der staatlichen Ratingagenturen oder privater, stark vom Staat beeinflusster Agenturen beschrieben, die den geförderten Wirtschaftszweigen eine Finanzierung zu günstigeren Zinssätzen ermöglichen als denjenigen, die auf nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen operierenden Finanzmärkten zur Verfügung gestanden hätten.

(63)

Wie in Erwägungsgrund 50 dargelegt, nahm die chinesische Regierung zu den im Dossier, einschließlich des Berichts, vorliegenden Beweisen und den vom Antragsteller beigebrachten zusätzlichen Nachweisen für das Bestehen nennenswerter Verzerrungen und/oder zur Angemessenheit der Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung auf den vorliegenden Fall weder Stellung noch legte sie Beweise zur Stützung oder Widerlegung der betreffenden Beweise vor.

(64)

Insbesondere im Sektor der überprüften Ware, d. h. im Stahlsektor, ist der Anteil an Staatseigentum der chinesischen Regierung nach wie vor erheblich. Viele der größten Hersteller kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse sind staatseigene Unternehmen, z. B. Hebei Iron and Steel, Handan Iron and Steel, Baoshan Iron and Steel, Shanghai Meishan Iron and Steel, BX Steel Posco Cold Rolled Sheet, WISCO International Economic and Trading, Maanshan Iron and Steel, Tianjin Rolling One Steel oder Inner Mongolia Baotu Steel Union. Baosteel, ein weiterer großer chinesischer Stahlhersteller, ist Teil der China Baowu Steel Group Co. Ltd. (ehemals Baosteel Group und Wuhan Iron & Steel), dem weltweit größten Stahlhersteller (28), der letztlich zu 100 % im Eigentum der zentralen Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen (State-Owned Asset Supervision and Administration Commission, im Folgenden „SASAC“) steht (29). Zwar gibt es rein nominal schätzungsweise in etwa gleich viele staatseigene und private Unternehmen, jedoch sind vier der fünf chinesischen Stahlhersteller, die zu den zehn größten Stahlherstellern der Welt zählen, staatseigene Unternehmen (30). Zugleich entfielen zwar im Jahr 2016 nur etwa 36 % der gesamten Produktion des Wirtschaftszweigs auf die zehn größten Hersteller, allerdings legte die chinesische Regierung noch im selben Jahr als Zielvorgabe fest, bis 2025 60 % bis 70 % der Stahlherstellung auf etwa zehn Großunternehmen zu konzentrieren (31). Diese Absicht wurde von der chinesischen Regierung im April 2019 bekräftigt, als die Veröffentlichung von Leitlinien zur Konsolidierung der Stahlindustrie angekündigt wurde (32). Eine solche Konsolidierung kann unter Umständen mit erzwungenen Zusammenschlüssen rentabler Privatunternehmen mit leistungsschwachen staatseigenen Unternehmen einhergehen (33). Da die chinesischen Ausführer der überprüften Ware nicht mitarbeiteten, konnte das genaue Verhältnis zwischen privaten und staatseigenen Herstellern kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse nicht ermittelt werden. Auch wenn für den kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Sektor keine spezifischen Informationen verfügbar sind, können die Feststellungen hinsichtlich des Stahlsektors auch für die überprüfte Ware als Anhaltspunkt gelten, da es sich bei dem kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Sektor um einen Teilsektor der Stahlindustrie handelt.

(65)

Die jüngsten chinesischen Strategiedokumente zum Stahlsektor bestätigen, dass die chinesische Regierung dem Sektor nach wie vor eine hohe Bedeutung beimisst und beabsichtigt, in den Sektor einzugreifen, um ihn im Einklang mit der Regierungspolitik zu gestalten. Dies wird deutlich im Entwurf einer richtungsweisenden Stellungnahme des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie zur Förderung einer hochwertigen Entwicklung der Stahlindustrie, in dem eine weitere Konsolidierung der industriellen Basis und erhebliche Verbesserungen bei der Modernisierung der Industriekette gefordert werden (34), oder im 14. Fünfjahresplan zur Entwicklung der Rohstoffindustrie, dem zufolge der Sektor „auf eine Kombination aus Marktführerschaft und staatlicher Förderung setzen“ und „eine Gruppe führender Unternehmen aufbauen wird, die in ökologischer Hinsicht eine Vorreiterrolle einnehmen und sich durch ihre Wettbewerbsfähigkeit auszeichnen“ (35). Ähnliche Beispiele für die Absicht der chinesischen Behörden, die Entwicklungen des Sektors zu überwachen und zu lenken, sind auf Ebene der Provinzen erkennbar, etwa in Shandong, wo nicht nur der „Aufbau einer Stahlindustrieökologie …, die Errichtung von Fertigungsparks, die Ausweitung der industriellen Wertschöpfungskette und die Schaffung von Industrieclustern“ vorgesehen sind, sondern auch gewünscht wird, dass die Stahlindustrie „zum Beispiel für den Wandel und die Modernisierung in unserer Provinz und auch im gesamten Land“ wird (36).

(66)

Im Hinblick auf die Frage, ob die chinesische Regierung Preise und Kosten über die staatliche Präsenz in den Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b zweiter Gedankenstrich der Grundverordnung beeinflussen konnte, war es aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit der Hersteller kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse nicht möglich, systematisch persönliche Verbindungen zwischen den Herstellern der überprüften Ware und der Kommunistischen Partei nachzuweisen. Da es sich bei kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen jedoch um einen Teilsektor des Stahlsektors handelt, sind die verfügbaren Informationen über Stahlhersteller auch für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse relevant. Beispielsweise fungiert der Vorsitzende des Board of Directors von Baowu gleichzeitig als Sekretär des Parteikomitees, während der Generaldirektor der stellvertretende Sekretär des Parteikomitees ist (37). Außerdem hat der Vorsitzende des Board of Directors von Baosteel das Amt des Sekretärs des Parteikomitees inne, während der Geschäftsführer der stellvertretende Sekretär des Parteikomitees ist (38). Generell kann angesichts der allgemeinen Anwendbarkeit der Rechtsvorschriften über die Präsenz der Kommunistischen Partei in Unternehmen nicht davon ausgegangen werden, dass die chinesische Regierung in diesem Teilsektor weniger in der Lage ist als im Stahlsektor im Allgemeinen, durch die staatliche Präsenz in den Unternehmen die Preise und Kosten zu beeinflussen.

(67)

Sowohl staatseigene als auch private Unternehmen im Sektor für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse unterliegen der politischen Aufsicht und ihre Ausrichtung wird vom Staat festgelegt. Die folgenden Beispiele veranschaulichen gut den beschriebenen Trend zu immer stärkeren Eingriffen der chinesischen Regierung im Sektor für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse: Viele Hersteller kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse unterstreichen auf ihren Websites ausdrücklich parteiaufbauende Maßnahmen, haben Parteimitglieder in der Unternehmensleitung und betonen ihre Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei. So gibt es nach Angaben von Baowu innerhalb der Gruppe 301 Ausschüsse der Kommunistischen Partei, und 84 571 Beschäftigte sind Mitglieder der Partei (39). Darüber hinaus erklärt die Gruppe in Bezug auf den Aufbau der Kommunistischen Partei im Unternehmen Folgendes: „Die Integration der Parteiführung durch eine verbesserte Corporate Governance stärken und das moderne Unternehmenssystem verbessern. China Baowu erfüllt uneingeschränkt die Anforderungen der ‚Stellungnahme zur Stärkung der Parteiführung durch Verbesserung der Corporate Governance in zentralen Unternehmen‘... Durch die Anpassung und Verbesserung des Entscheidungssystems für wichtige Angelegenheiten wurden die Entscheidungskompetenz des Parteikomitees, des Board of Directors, der Führungskräfte und anderer Leitungsgremien, die vom Board of Directors genehmigten Inhalte und Formen der Entscheidungsfindung … weiter verbessert. ... Baowu bekennt sich dazu, sowohl den Parteiaufbau als auch die Reform des Unternehmens zu planen, zugleich Parteiorganisationen und operative Stellen zu schaffen und Personal sowohl für die Parteiorganisationen als auch für Parteiangelegenheiten zur Verfügung zu stellen“ (40).

(68)

Darüber hinaus wird im Sektor für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse eine Strategie verfolgt, die inländische Hersteller begünstigt oder die Marktkräfte anderweitig im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b dritter Gedankenstrich der Grundverordnung beeinflusst. Obgleich es sich beim kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Wirtschaftszweig um einen spezialisierten Wirtschaftszweig handelt und im Rahmen der Untersuchung keine gezielten politischen Dokumente zur spezifischen Ausrichtung der Entwicklung dieser Branche als solche identifiziert werden konnten, profitiert diese Branche als Teilsektor des Stahlsektors von den Eingriffen der Regierung im Stahlsektor und davon, dass die Ausrichtung des Stahlsektors von der Regierung vorgegeben wird.

(69)

Die Stahlindustrie wird von der chinesischen Regierung als Schlüsselsektor angesehen (41). Dies wird in den zahlreichen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verabschiedeten Plänen, Richtlinien und anderen Dokumenten mit Schwerpunkt auf der Stahlherstellung bekräftigt, wie beispielsweise in dem während eines erheblichen Teils des Untersuchungszeitraums geltenden Plan zur Anpassung und Modernisierung der Stahlindustrie für 2016-2020. In diesem Plan wurde die Stahlindustrie als „ein wichtiger, grundlegender Sektor der chinesischen Wirtschaft, ein nationaler Grundpfeiler“ bezeichnet (42). Die wichtigsten Aufgaben und Ziele, die in diesem Plan verankert sind, decken alle Aspekte der Entwicklung des Wirtschaftszweigs ab (43). Der im Untersuchungszeitraum der Überprüfung geltende 13. Fünfjahresplan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung (44) sah die Unterstützung von Unternehmen vor, die hochwertige Stahlerzeugnisse herstellen (45). Ein weiterer Schwerpunkt wurde auf die Gewährleistung von Qualität, Haltbarkeit und Zuverlässigkeit gelegt, indem Unternehmen unterstützt werden, die bei der Herstellung reinen Stahls sowie in den Bereichen Präzisionswalzen und Qualitätsverbesserung besondere Technologien einsetzen (46). Ebenso betont die chinesische Regierung im Rahmen des im März 2021 angenommenen 14. Fünfjahresplans, dass die Weiterentwicklung und Modernisierung der Stahlindustrie sowie deren Optimierung und strukturelle Anpassung Priorität haben (47).

(70)

In den Leitlinien zur industriellen Umstrukturierung aus dem Jahr 2019 (48) (im Folgenden „Leitlinien“) ist Stahl als geförderter Wirtschaftszweig aufgeführt. Der andere wichtige Rohstoff, der für die Herstellung von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen verwendet wird, ist Eisenerz. Eisenerz war während eines erheblichen Teils des Untersuchungszeitraums der Überprüfung im Nationalen Plan für mineralische Ressourcen 2016-2020 (National Mineral Resource Plan 2016-2020) enthalten. Der Plan sah unter anderem vor, „die Unternehmenskonzentration und die Entwicklung von großen und mittleren Bergwerken voranzubringen, die auf dem Markt wettbewerbsfähig sind“, „lokale Ressourcen so zu steuern, dass sie auf große Bergbaukonzerne ausgerichtet werden“, „Eisenerzunternehmen zu entlasten und die Wettbewerbsfähigkeit von inländischen Eisenerzunternehmen zu erhöhen“, „die Entwicklung von Bergwerken mit einer Tiefe von 1 000 Metern und kleine Bergwerke für Eisenerz minderer Qualität angemessen zu kontrollieren“.

(71)

Eisenerz wird auch im 13. Fünfjahresplan für Stahl 2016-2020 erwähnt, der während eines erheblichen Teils des Untersuchungszeitraums der Überprüfung galt. Für Eisenerz sieht der Plan vor, „die Explorationsarbeiten der wichtigsten inländischen Mineralvorkommen weiter zu unterstützen, …, eine Reihe bestehender und sehr wettbewerbsfähiger inländischer Eisenerzunternehmen aufgrund einer erweiterten und intensiveren Entwicklung zu unterstützen, … und die Rolle inländischer mineralischer Ressourcen im Bereich (Versorgungs-)Sicherheit zu stärken“.

(72)

Eisenerz wird als strategischer aufstrebender Wirtschaftszweig eingestuft und unterliegt deshalb dem 13. Fünfjahresplan über strategische aufstrebende Wirtschaftszweige. Eisenerz und Ferrolegierungen werden auch alle in dem Leitfaden aufgeführt. Ferrolegierungen werden auch in dem Leitfaden zur Industrieentwicklung und zum Industrietransfer des Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie 2018 (2018 MIIT Guiding Catalogue for Industry Development and Transfer) genannt. Diese Beispiele für den Stahlsektor im Allgemeinen und das Eisenerzgeschäft im Besonderen zeigen die Bedeutung, die die chinesische Regierung diesen Sektoren beimisst, da das Eisenerz einen wichtigen Rohstoff für die Herstellung von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen darstellt. Somit steuert die chinesische Regierung auch die weitere Entwicklung des kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Sektors im Einklang mit einer breiten Palette politischer Instrumente und Richtlinien und kontrolliert die Entwicklung und das Funktionieren des Sektors in praktisch allen Belangen. Daher profitiert der kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellende Wirtschaftszweig von den Vorgaben und Eingriffen der Regierung in Bezug auf den Hauptrohstoff zur Herstellung von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen, nämlich Eisen.

(73)

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die chinesische Regierung die Wirtschaftsbeteiligten mit diversen Maßnahmen dazu anhält, die von der staatlichen Politik vorgegebenen Ziele bezüglich der Unterstützung geförderter Wirtschaftszweige zu erfüllen, wozu auch die Produktion von wesentlichen Rohstoffen für die Herstellung kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse zählt. Derartige Maßnahmen verhindern ein freies Spiel der Marktkräfte.

(74)

Die jetzige Untersuchung förderte keine Beweise dafür zutage, dass die in Erwägungsgrund 55 beschriebene und in Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe b vierter Gedankenstrich der Grundverordnung als Kriterium aufgeführte diskriminierende Anwendung oder unzulängliche Durchsetzung des Insolvenz- und Eigentumsrechts im Sektor für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse sich nicht auf die Hersteller der überprüften Ware auswirken würde.

(75)

Wie bereits in Erwägungsgrund 55 dargelegt, ist der kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellende Sektor auch von den Verzerrungen bei den Lohnkosten im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b fünfter Gedankenstrich der Grundverordnung betroffen. Diese Verzerrungen wirken sich sowohl unmittelbar (bei der Herstellung der überprüften Ware bzw. der wichtigsten Inputs) als auch mittelbar (beim Zugang zu Kapital oder zu Inputs von Unternehmen, für die ebenfalls diese Eigenheiten des chinesischen Arbeitsrechtssystems gelten) auf den Sektor aus (49).

(76)

Im Rahmen der aktuellen Untersuchung wurden ferner keine Beweise dafür vorgelegt, dass sich die staatlichen Eingriffe in das Finanzsystem im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b sechster Gedankenstrich der Grundverordnung, auf die bereits in Erwägungsgrund 55 hingewiesen wurde, nicht auf den kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Sektor auswirken. Somit lässt sich feststellen, dass die erheblichen staatlichen Eingriffe in das Finanzsystem zu stark verzerrten Marktbedingungen auf allen Ebenen führen.

(77)

Schließlich erinnert die Kommission daran, dass es zur Herstellung von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen einer Reihe von Inputs bedarf. Wenn Hersteller von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen diese Inputs beschaffen, unterliegen die von ihnen gezahlten Preise (die als Kosten erfasst werden) natürlich denselben vorstehend beschriebenen systemischen Verzerrungen. So beschäftigen beispielsweise die Lieferanten der Betriebsmittel Arbeitskräfte zu durch Verzerrungen gekennzeichneten Bedingungen. Sie nehmen möglicherweise Kredite auf, die den Verzerrungen im Finanzsektor bzw. bei der Kapitalallokation unterliegen. Darüber hinaus unterliegen sie dem Planungssystem, das sich auf alle staatlichen Ebenen und sämtliche Wirtschaftszweige erstreckt.

(78)

Folglich ist es nicht nur im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung nicht angemessen, die Inlandsverkaufspreise für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse zu verwenden, sondern Gleiches gilt auch für sämtliche Kosten der Inputs (Rohstoffe, Energie, Boden, Finanzierung, Arbeit usw.), denn sie unterliegen ebenfalls Verzerrungen, da die Preisbildung durch erhebliche staatliche Eingriffe beeinflusst wird, wie sie in den Teilen I und II des Berichts beschrieben werden. Tatsächlich sind die beschriebenen staatlichen Eingriffe im Hinblick auf die Allokation von Kapital, Boden, Arbeit, Energie und Rohstoffen in der gesamten VR China festzustellen. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Input, der selbst schon in der VR China unter Einsatz einer Reihe von Produktionsfaktoren hergestellt wurde, ebenfalls nennenswerten Verzerrungen unterliegt. Gleiches gilt für die Inputs zur Herstellung der Inputs und so weiter.

(79)

Von der chinesischen Regierung oder den ausführenden Herstellern wurden in dieser Untersuchung auch keine gegenteiligen Beweise oder Argumente vorgebracht.

(80)

Insgesamt zeigten die vorliegenden Beweise, dass die Preise bzw. Kosten der überprüften Ware, einschließlich der Rohstoff-, Energie- und Arbeitskosten, nicht das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte sind, sondern durch erhebliche staatliche Eingriffe im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung beeinflusst werden, was sich an den tatsächlichen oder möglichen Auswirkungen eines oder mehrerer der dort aufgeführten Sachverhalte festmachen lässt. Angesichts dieser Feststellungen — und der mangelnden Mitarbeit seitens der chinesischen Regierung — gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass es im vorliegenden Fall nicht angemessen ist, bei der Ermittlung des Normalwerts Inlandspreise und -kosten heranzuziehen. Folglich stützte sich die Kommission im Einklang mit Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts ausschließlich auf Herstell- und Verkaufskosten, die unverzerrte Preise oder Vergleichswerte widerspiegeln, d. h. im vorliegenden Fall auf die entsprechenden Herstell- und Verkaufskosten in einem geeigneten repräsentativen Land, wie im folgenden Abschnitt erläutert.

3.1.4.   Repräsentatives Land

3.1.4.1.   Allgemeine Bemerkungen

(81)

Bei der Auswahl des repräsentativen Landes waren folgende Kriterien nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung maßgebend:

Ähnlicher wirtschaftlicher Entwicklungsstand wie in China. Zu diesem Zweck wählte die Kommission Länder aus, die laut Datenbank der Weltbank ein ähnliches Bruttonationaleinkommen pro Kopf aufweisen wie China (50).

Herstellung der überprüften Ware im betreffenden Land (51).

Verfügbarkeit einschlägiger öffentlicher Daten im repräsentativen Land.

Gibt es mehr als ein potenzielles repräsentatives Land, wird gegebenenfalls dasjenige Land bevorzugt, in dem ein angemessener Sozial- und Umweltschutz besteht.

(82)

Wie in den Erwägungsgründen 52 und 53 dargelegt, veröffentlichte die Kommission zwei Vermerke zu den bei der Ermittlung des Normalwerts herangezogenen Quellen. In diesen Vermerken sind die Sachverhalte und Nachweise beschrieben, die den einschlägigen Kriterien zugrunde liegen. Es gingen keine Stellungnahmen der Parteien zu den in diesen beiden Vermerken beschriebenen Sachverhalten und einschlägigen Quellen ein. Im zweiten Aktenvermerk unterrichtete die Kommission die interessierten Parteien über ihre Absicht, Brasilien in diesem Fall als geeignetes repräsentatives Land anzusehen, wenn das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung bestätigt würde.

3.1.4.2.   Ähnlicher wirtschaftlicher Entwicklungsstand wie in der VR China

(83)

Im ersten Vermerk über die Produktionsfaktoren nannte die Kommission Brasilien, Mexiko, Russland und die Türkei als Länder mit einem nach Daten der Weltbank ähnlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand wie in der VR China, d. h. Länder, die alle von der Weltbank auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens als „Länder mit mittlerem Einkommen, obere Einkommenskategorie“ eingestuft werden und in denen bekanntermaßen die Herstellung der überprüften Ware stattfindet.

(84)

Der Antragsteller hatte in seinem Antrag Brasilien als mutmaßlich geeignetes repräsentatives Land vorgeschlagen, da Brasilien mehrere integrierte Stahlhersteller beheimatet und ein hervorragendes Beispiel für einen wettbewerbsfähigen Inlandsmarkt für die wichtigsten Stahlerzeugnisse — einschließlich der überprüften Ware — ist. Der Antragsteller wies in seinem Antrag auch darauf hin, dass alle bei der Herstellung der untersuchten Ware in Brasilien verwendeten Inputs in der Regel aus mehreren Ursprungsländern und zu einem großen Teil aus nicht verzerrten Quellen eingeführt werden.

(85)

Zu den in diesem Aktenvermerk genannten Ländern gingen keine Stellungnahmen ein.

3.1.4.3.   Verfügbarkeit einschlägiger öffentlicher Daten im repräsentativen Land

(86)

Im ersten Aktenvermerk wies die Kommission darauf hin, dass für die Länder, die als Länder identifiziert wurden, in denen die überprüfte Ware hergestellt wird, nämlich Brasilien, Mexiko, Russland und die Türkei, die Verfügbarkeit öffentlicher Daten weiter geprüft werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Verfügbarkeit öffentlicher Finanzdaten von den Herstellern der überprüften Ware.

(87)

In Bezug auf Mexiko benannte die Kommission zwei der im ersten Vermerk genannten Unternehmen als Hersteller. Eines dieser beiden Unternehmen verzeichnete jedoch ab 2016 und auch im Jahr 2020 Verluste. Bei dem anderen Unternehmen stellte sich heraus, dass die Jahresabschlüsse für das Jahr 2020 nicht im Einklang mit Abschlüssen für das Vorjahr (2019) standen; so war der Nettoumsatz 2020 den Feststellungen zufolge etwa siebenmal niedriger als 2019. Es wurden keine Informationen gefunden, die diese Differenz bei den Nettoumsätzen (die sich auch auf die Nettogewinne auswirkten) zwischen 2020 und 2019 erklären konnten. Daher wurden beide Unternehmen als ungeeignet für die Ermittlung der Herstellgemeinkosten, der VVG-Kosten und der Gewinne angesehen. Da der Kommission keine anderen aktenkundigen Informationen über die Präsenz anderer Unternehmen vorlagen, die die überprüfte Ware in Mexiko herstellten und deren Finanzdaten ohne Weiteres verfügbar waren, gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass Mexiko nicht mehr als geeignetes repräsentatives Land eingestuft werden konnte.

(88)

In Bezug auf Russland benannte die Kommission zwei Unternehmen als Hersteller, die im ersten Vermerk genannt wurden und für die öffentlich zugängliche Finanzdaten verfügbar waren. Beide Unternehmen waren 2020 und in den Vorjahren rentabel. Wie in Erwägungsgrund 91 dargelegt, stieß die Kommission jedoch auf eine Reihe von Problemen mit den für Russland verfügbaren Daten, da das Land eine Reihe wichtiger Rohstoffe (beispielsweise Flüssigerdgas), die für die Herstellung der untersuchten Ware verwendet wurden, nicht einführte. Darüber hinaus scheinen die Erdgaspreise in Russland verzerrt zu sein. Daher gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass Russland für diese Untersuchung nicht als geeignetes repräsentatives Land eingestuft werden konnte.

(89)

In Bezug auf die Türkei benannte die Kommission zwei der im ersten Vermerk genannten Unternehmen als Hersteller. Für eines dieser Unternehmen lagen jedoch keine ohne Weiteres verfügbaren aktuellen Jahresabschlüsse vor. Obwohl das andere Unternehmen 2020 und in den Vorjahren rentabel war, hielt die Kommission die Höhe der VVG-Kosten dieses Unternehmens für nicht angemessen, da seine als Prozentsatz der Herstellkosten ausgedrückten VVG-Kosten niedrig (weniger als 2 % im Jahr 2020) oder sogar negativ waren. Die Kommission kam daher zu dem Schluss, dass sie die Daten dieser Unternehmen nicht als unverzerrten und angemessenen Betrag für VVG-Kosten zur Ermittlung des unverzerrten Normalwerts heranziehen konnte. Folglich gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Türkei für diese Untersuchung nicht als geeignetes repräsentatives Land eingestuft werden konnte.

(90)

Schließlich benannte die Kommission in Bezug auf Brasilien im ersten Vermerk fünf Unternehmen, die kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellen. Zwei dieser fünf Unternehmen wiesen jedoch negative VVG-Kosten auf, ausgedrückt als Prozentsatz ihrer Herstellkosten; daher konnten ihre Daten nicht zur Ermittlung des unverzerrten Normalwerts herangezogen werden. Für die anderen drei brasilianischen Unternehmen standen aktuelle öffentliche Finanzdaten zur Verfügung, die Gewinne und einen angemessenen Betrag für VVG-Kosten für das Jahr 2020 zeigten.

(91)

Die Kommission untersuchte auch die Einfuhren der wichtigsten Produktionsfaktoren nach Brasilien, Mexiko, Russland und in die Türkei. Die Analyse der Einfuhrdaten ergab, dass Russland einige wichtige Produktionsfaktoren nicht einführte. Darüber hinaus scheinen die Erdgaspreise in Russland verzerrt zu sein. Des Weiteren ergab die Analyse der Einfuhrdaten, dass die Türkei kein Flüssigerdgas (HS 2711 11 Erdgas, verflüssigt) und nur eine begrenzte Menge Sauerstoff (HS 2804 40 Sauerstoff) einführte. Daher konnten weder Russland noch die Türkei als geeignete repräsentative Länder eingestuft werden.

(92)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen teilte die Kommission den interessierten Parteien im zweiten Vermerk mit, dass sie beabsichtigte, Brasilien als geeignetes repräsentatives Land und drei brasilianische Unternehmen (ArcelorMittal Brazil, CSN und Usiminas) gemäß Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung als Quelle für unverzerrte Preise oder Vergleichswerte zur Berechnung des Normalwerts heranzuziehen.

(93)

Die interessierten Parteien wurden aufgefordert, zur Eignung Brasiliens als repräsentatives Land und von den drei Unternehmen (ArcelorMittal Brazil, CSN und Usiminas) als Hersteller im repräsentativen Land Stellung zu nehmen. Im Anschluss an den zweiten Vermerk gingen keine Stellungnahmen ein.

3.1.4.4.   Niveau des Sozial- und Umweltschutzes

(94)

Nachdem Brasilien angesichts aller genannten Elemente als einziges geeignetes repräsentatives Land ermittelt worden war, erübrigte sich eine Bewertung des Niveaus des Sozial- und Umweltschutzes nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich letzter Satz der Grundverordnung.

3.1.4.5.   Schlussfolgerung

(95)

Die vorstehende Analyse ergab, dass Brasilien alle in Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung festgelegten Kriterien für eine Einstufung als geeignetes repräsentatives Land erfüllte.

3.1.5.   Für die Ermittlung unverzerrter Kosten verwendete Quellen

(96)

In ihrem ersten Vermerk erstellte die Kommission eine Liste der Produktionsfaktoren wie Werkstoffe, Energie und Arbeit, die die ausführenden Hersteller bei der Herstellung der überprüften Ware einsetzen, und forderte die interessierten Parteien auf, Stellung zu nehmen und öffentlich verfügbare Informationen zu unverzerrten Werten der einzelnen im Vermerk genannten Produktionsfaktoren vorzuschlagen.

(97)

Anschließend erklärte die Kommission in ihrem zweiten Vermerk, dass sie bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung den GTA heranziehen werde, um die unverzerrten Kosten der meisten Produktionsfaktoren und insbesondere der Rohstoffe zu bestimmen. Die Kommission erklärte ferner, dass sie die folgenden Quellen für die Ermittlung unverzerrter Energiekosten heranziehen werde: den Strompreis, wie er von einem der größten Stromversorger in Brasilien, dem Unternehmen EDP Brasil, in Rechnung gestellt wurde (52), wohingegen für den Erdgaspreis in Brasilien die in Erwägungsgrund 109 näher erläuterten Daten herangezogen wurden. Darüber hinaus erklärte die Kommission, dass sie zur Ermittlung der unverzerrten Arbeitskosten die IAO-Statistiken heranziehen werde, um die Löhne in Brasilien zu ermitteln. Die IAO-Statistiken (53) enthalten Informationen über die monatlichen Löhne der Beschäftigten (54) und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Brasilien im verarbeitenden Gewerbe (55) im Jahr 2020.

(98)

Im zweiten Vermerk teilte die Kommission den interessierten Parteien außerdem mit, dass sie in Anbetracht der fehlenden Mitarbeit der ausführenden Hersteller in der VR China einige Rohstoffe, auf die hinsichtlich der Herstellkosten nur ein unerheblicher Anteil entfiel, auf der Grundlage der vom Antragsteller im Antrag vorgelegten Informationen als „Verbrauchsmaterialien“ zusammenfassen werde. Darüber hinaus teilte die Kommission mit, dass sie, wenn sie die im geeigneten repräsentativen Land ermittelten unverzerrten Vergleichswerte heranziehe, zur Ermittlung der Verbrauchsmaterialien den auf den Informationen aus dem Antrag beruhenden Prozentsatz auf die neu berechneten Rohstoffkosten anwenden werde.

(99)

Es gingen keine Stellungnahmen ein.

3.1.6.   Unverzerrte Kosten und Vergleichswerte

3.1.6.1.   Produktionsfaktoren

(100)

Die Kommission forderte den Antragsteller auf, Erläuterungen zu den relevanten Produktionsfaktoren zu übermitteln, die für die Produktionsverfahren verwendet wurden, ausgehend von warmgewalztem Halbzeug, und aktualisierte Informationen über die Höhe der Transportkosten für den gesamten Untersuchungszeitraum der Überprüfung vorzulegen. Der Antragsteller legte die erforderlichen Angaben am 17. Februar 2022 vor.

(101)

Unter Berücksichtigung aller Informationen aus dem Antrag und vom Antragsteller in der Folge übermittelten Informationen wurden zur Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung die folgenden Produktionsfaktoren und Quellen ermittelt:

Tabelle 1

Produktionsfaktoren für bestimmte kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse

Produktionsfaktor

Warennummer

Unverzerrter Wert in CNY

Maßeinheit

Rohstoffe

Dolomit

251810 , 251820 und 251830

169,9

Tonnen

Kalkstein

252100

160,8

Tonnen

Luftkalk, ungelöscht

252210

852,8

Tonnen

Eisenerze und ihre Konzentrate

260111 und 260112

1 206,8

Tonnen

Eisenerzeugnisse

720310 und 720390

453 671

Tonnen

Anthrazit und bituminhaltige Steinkohle

270111 und 270112

662

Tonnen

Koks und Schwelkoks, aus Steinkohle

270400

2 027,6

Tonnen

Sauerstoff

280440

8 796,3

Kubikmeter

Ferromangan

720211 und 720219

9 388,2

Tonnen

Ferrochrom

720241 und 720249

9 470,6

Tonnen

Halbzeug aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl

7207

4 256,3

Tonnen

Flachgewalzte Erzeugnisse aus Eisen oder nichtlegiertem Stahl

72081000 ,

72082500 ,

72082610 ,

72082690 ,

72082710 ,

72082790 ,

72083610 ,

72083690 ,

72083700 ,

72083810 ,

72083890 ,

72083910 ,

72083990 ,

72084000 ,

72085100 ,

72085200 ,

72085300 ,

72085400 ,

72089000 ,

72111300 ,

72111400 ,

72111900

4 637,9

Tonnen

Flachgewalzte Erzeugnisse aus anderem legierten Stahl, mit einer Breite von 600 mm oder mehr

72253000 , 72254010 , 72254090

8 539,6

Tonnen

Flachgewalzte Erzeugnisse aus anderem legierten Stahl, mit einer Breite von weniger als 600 mm

72269100

9 081,8

Tonnen

Nebenerzeugnis: Abfälle

Abfälle und Schrott aus Eisen oder Stahl

720430 und 720449

2 383,3

Tonnen

Drehspäne, Frässpäne, Hobelspäne, Schleifspäne, Sägespäne, Feilspäne und Stanz- oder Schneidabfälle aus Eisen oder Stahl

720441

3 269,1

Tonnen

Arbeitskosten

Arbeitskosten

 

24,8

pro Arbeitsstunde

Energie

Strom

 

547,7

kWh

Erdgas

271111 und 271112

1 638

Tonnen

3.1.6.2.   Rohstoffe

(102)

Gemäß den vom Antragsteller in seinem Antrag bereitgestellten Informationen gibt es zwei wichtige Produktionsverfahren zur Herstellung bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse:

Erstes Produktionsverfahren, ausgehend von Rohstoffen unter Verwendung eines Hochofens: In diesem Verfahren besteht der erste Schritt in der Herstellung vollharter kaltgewalzter Flacherzeugnisse aus Rohstoffen (hauptsächlich Eisenerz und Kokskohle), d. h. der Ware, die unmittelbar nach der Durchleitung des warmgewalzten Materials durch das Kaltwalzwerk zur Verringerung der Dicke gewonnen wird. Der zweite Schritt ist die Glühung, die Wiedererhitzung des vollharten kaltgewalzten Flacherzeugnisses zur Wiederherstellung der Stahleigenschaften.

Zweites Verfahren, ausgehend von den Halbzeugen, d. h. den warmgewalzten Flachstahlerzeugnissen: Die Herstellung von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen beginnt mit erworbenen warmgewalzten Flachstahlerzeugnissen in Rollen (Coils) („gebeizte Coils“), auf die der überwältigende Kostenanteil der Inputs entfällt.

(103)

Zur Ermittlung des unverzerrten Preises der Rohstoffe (im Falle des ersten Verfahrens) und der warmgewalzten Flachstahlerzeugnisse (im Falle des zweiten Verfahrens) bei Lieferung bis zum Werk eines Herstellers im repräsentativen Land legte die Kommission den gewogenen durchschnittlichen Preis für die Einfuhr in das repräsentative Land laut GTA zugrunde; diesem wurden Einfuhrzölle und Transportkosten hinzugerechnet. Der Preis für Einfuhren in das repräsentative Land wurde als gewogener Durchschnitt der Stückpreise für Einfuhren aus allen Drittländern mit Ausnahme der VR China und der in Anhang 1 der Verordnung (EU) 2015/755 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Länder, die nicht Mitglied der WTO sind, berechnet (56). Die Kommission beschloss, die Einfuhren aus der VR China in das repräsentative Land auszuklammern, da es, wie in Erwägungsgrund 80 festgestellt, aufgrund nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung nicht angemessen war, die Inlandspreise und -kosten in der VR China heranzuziehen. Da es keine Belege dafür gibt, dass dieselben Verzerrungen sich nicht ebenso sehr auf die zur Ausfuhr bestimmten Waren auswirken, vertrat die Kommission die Ansicht, dass dieselben Verzerrungen auch die Ausfuhrpreise beeinflussten. Nachdem die Einfuhren aus der VR China in das repräsentative Land ausgeschlossen wurden, war die Menge der Einfuhren aus anderen Drittländern weiterhin repräsentativ.

(104)

Auf eine Reihe von Produktionsfaktoren entfiel im Untersuchungszeitraum der Überprüfung nur ein unerheblicher Anteil an den gesamten Rohstoffkosten. Da der dafür verwendete Wert unabhängig von der verwendeten Quelle keine nennenswerten Auswirkungen auf die Berechnung der Dumpingspanne hatte, beschloss die Kommission, diesen Produktionsfaktor als Verbrauchsmaterial zu behandeln. Wie in Erwägungsgrund 98 erläutert, wandte die Kommission den vom Antragsteller in seinem Antrag genannten Prozentsatz an, um unter Zugrundelegung der im geeigneten repräsentativen Land ermittelten unverzerrten Vergleichswerte die Menge der Verbrauchsmaterialien zu ermitteln.

(105)

Hinsichtlich der Einfuhrzölle stellte die Kommission fest, dass Brasilien seine wichtigsten Rohstoffe (Eisenerz aus mehr als fünf Ländern sowie Kohle und Koks) aus mehr als zehn Ländern einführte. Da es bei einer Auslaufüberprüfung nicht darauf ankommt, eine genaue Dumpingspanne zu berechnen, sondern es vielmehr darum geht, die Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens des Dumpings zu ermitteln, berechnete die Kommission die Einfuhrzölle für jeden einzelnen Rohstoff auf der Grundlage repräsentativer Einfuhrmengen aus einer begrenzten Anzahl von Ländern, auf die mindestens 80 % der Gesamteinfuhren der wichtigsten Rohstoffe (Eisenerz, Kohle und Koks) entfielen.

(106)

In Bezug auf die Transportkosten forderte die Kommission in Ermangelung jeglicher Mitarbeit den Antragsteller auf, für den gesamten Untersuchungszeitraum der Überprüfung aktualisierte Informationen über die Höhe der inländischen Transportkosten vorzulegen. Der Antragsteller übermittelte die angeforderten Informationen am 4. bzw. am 17. Februar 2022. Die Kommission gab die inländischen Transportkosten für die Rohstofflieferung als Prozentsatz der tatsächlichen Kosten dieser Rohstoffe an und wandte anschließend denselben Prozentsatz auf die unverzerrten Kosten derselben Rohstoffe an, um die unverzerrten Transportkosten zu ermitteln. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass es angemessen war, das Verhältnis zwischen den Rohstoffkosten des ausführenden Herstellers und den angegebenen Transportkosten als Anhaltspunkt für die Schätzung der unverzerrten Transportkosten für Rohstoffe bei Lieferung bis zum Werk des Unternehmens heranzuziehen.

3.1.6.3.   Arbeitskosten

(107)

Bei der Ermittlung der Löhne in Brasilien stützte sich die Kommission auf die Statistiken der IAO. Die IAO-Statistiken (57) enthalten Informationen über die monatlichen Löhne der Beschäftigten (58) und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Brasilien im verarbeitenden Gewerbe (59) im Jahr 2020.

3.1.6.4.   Strom

(108)

Zur Ermittlung der unverzerrten Stromkosten zog die Kommission den Stromtarif heran, der von einem der größten Stromversorger in Brasilien, dem Unternehmen EDP Brasil (60), gemeldet wurde.

3.1.6.5.   Erdgas

(109)

Der Erdgaspreis in Brasilien basierte auf Daten, welche durch eine Kombination der aus dem GTA abgerufenen Einfuhrmengen und -werte mit den von MacMap zur Verfügung gestellten Tarifdaten die Einfuhrpreise nach entrichteten Zöllen für das eingeführte Gas liefern (61).

3.1.6.6.   Herstellgemeinkosten, VVG-Kosten, Gewinne und Abschreibungen

(110)

Nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung gilt Folgendes: „Der rechnerisch ermittelte Normalwert muss einen unverzerrten und angemessenen Betrag für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne beinhalten.“ Außerdem muss ein Wert für die Herstellgemeinkosten ermittelt werden, um die Kosten zu erfassen, die in den Kosten der oben genannten Produktionsfaktoren nicht enthalten sind.

(111)

Die Kommission nutzte die Finanzdaten von drei brasilianischen Unternehmen (ArcelorMittal Brazil, CSN und Usiminas), den Herstellern im repräsentativen Land, wie in Erwägungsgrund 90 dargelegt.

(112)

In Anbetracht der fehlenden Mitarbeit seitens der chinesischen ausführenden Hersteller stützte sich die Kommission zur Bestimmung eines unverzerrten Werts für die Herstellgemeinkosten im Einklang mit Artikel 18 der Grundverordnung auf die verfügbaren Informationen. Auf der Grundlage der vom Antragsteller in seinem Antrag bereitgestellten Daten ermittelte die Kommission daher das Verhältnis der Herstellgemeinkosten zum Gesamtbetrag der Herstellkosten und der Arbeitskosten. Dieser Prozentsatz wurde dann auf den unverzerrten Wert der Herstellkosten angewandt, um den unverzerrten Wert der Herstellgemeinkosten zu ermitteln.

3.1.7.   Berechnung des Normalwerts

(113)

Auf dieser Grundlage ermittelte die Kommission nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung für jeden Warentyp rechnerisch den Normalwert auf der Stufe ab Werk.

(114)

Zunächst ermittelte die Kommission die unverzerrten Herstellkosten. Da die ausführenden Hersteller nicht mitarbeiteten, stützte sich die Kommission auf die im Überprüfungsantrag enthaltenen Angaben des Antragstellers zum Einsatz der einzelnen Produktionsfaktoren (Werkstoffe und Arbeit) bei der Herstellung der überprüften Ware.

(115)

Nach der Ermittlung der unverzerrten Herstellkosten rechnete die Kommission die Herstellgemeinkosten, VVG-Kosten und Gewinne hinzu (siehe Erwägungsgrund 112). Die Herstellgemeinkosten wurden auf der Grundlage der vom Antragsteller bereitgestellten Daten ermittelt. Die VVG-Kosten und Gewinne wurden anhand der Finanzdaten der drei in Erwägungsgrund 111 genannten brasilianischen Unternehmen (ArcelorMittal Brazil, CSN und Usiminas) ermittelt. Zu den unverzerrten direkten Herstellkosten rechnete die Kommission Folgendes hinzu:

Herstellgemeinkosten, auf die insgesamt 10 % der direkten Herstellkosten ab dem ersten Produktionsverfahren und 2 % der direkten Herstellkosten ab dem zweiten Produktionsverfahren entfielen;

VVG-Kosten und sonstige Kosten, auf die 18,5 % der Umsatzkosten der drei genannten brasilianischen Unternehmen entfielen, und

Gewinne, die sich auf 14,7 % der von den drei genannten brasilianischen Unternehmen erreichten Umsatzkosten beliefen, wurden auf die unverzerrten Gesamtherstellkosten angewandt.

(116)

Auf dieser Grundlage berechnete die Kommission nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung den Normalwert pro Warentyp auf der Stufe ab Werk. Der rechnerisch ermittelte Normalwert lag je nach Produktionsverfahren (siehe Erwägungsgrund 102) im Untersuchungszeitraum der Überprüfung entweder zwischen 1 200 und 1 400 EUR/Tonne oder zwischen 1 500 und 1 700 EUR/Tonne.

3.1.8.   Ausfuhrpreis

(117)

Da die ausführenden Hersteller aus der VR China nicht mitarbeiteten, wurde der Ausfuhrpreis auf der Grundlage der Daten gemäß Artikel 14 Absatz 6 (62) als CIF-Ausfuhrpreis ermittelt.

3.1.9.   Vergleich

(118)

Die Kommission verglich den nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung rechnerisch ermittelten Normalwert mit dem Ausfuhrpreis, der wie oben erläutert ermittelt wurde.

(119)

Soweit es im Interesse eines fairen Vergleichs gerechtfertigt war, nahm die Kommission nach Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung Berichtigungen des Normalwerts und/oder des Ausfuhrpreises zur Berücksichtigung von Unterschieden vor, die die Preise und ihre Vergleichbarkeit beeinflussten. Auf der Grundlage der Informationen des Antragstellers wurden Berichtigungen für See- und Inlandsfracht- und Entladekosten in Höhe von 140,44 EUR/Tonne des Ausfuhrpreises vorgenommen, um ihn auf die Stufe ab Werk zu berichtigen.

3.1.10.   Anhalten des Dumpings

(120)

Auf dieser Grundlage stellte die Kommission fest, dass der Ausfuhrpreis beim ersten Produktionsverfahren ausgehend von den Rohstoffen (siehe Erwägungsgrund 102) um 29,7 % unter dem Normalwert bzw. beim zweiten Produktionsverfahren ausgehend von den Halbzeugen um 8,83 % unter dem Normalwert lag.

(121)

Da die fragliche Menge der Einfuhren jedoch sehr begrenzt war und weniger als 0,5 % der Gesamteinfuhren in die Union und weniger als 1 % des Marktanteils auf dem Unionsmarkt ausmachte, wurden die Preise als nicht repräsentativ angesehen. Aus diesem Grund gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass diese geringen Mengen keine ausreichende Grundlage für Schlussfolgerungen bezüglich des Anhaltens des Dumpings darstellen. Daher untersuchte die Kommission die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings.

3.1.11.   Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings

(122)

Zur Analyse der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings wurden die folgenden zusätzlichen Elemente analysiert: die Ausfuhren in Drittländer, die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserven in China sowie die Attraktivität des Unionsmarktes.

3.1.11.1.   Vergleich zwischen den Preisen der Ausfuhren in Drittländer und den Preisen der Ausfuhren in die Union

(123)

Die Kommission analysierte das Preisgefüge der chinesischen Ausfuhren in Drittländer im Untersuchungszeitraum der Überprüfung. Zu diesem Zweck konsultierte sie öffentlich zugängliche Informationen wie die vom GTA ausgewiesenen chinesischen Ausfuhrstatistiken und rief für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung die Ausfuhrmengen und -werte bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse unter den HS-Codes 7209 15 90, 7209 16 90, 7209 17 90, 7209 18 90, 7209 25 00, 7209 26 00, 7209 27 00, 7209 28 00, 7211 23 00, 7211 29 00, 7225 50 00 und 7226 92 00 ab. Die Ausfuhrmengen (in Tonnen) in alle Länder (einschließlich der Europäischen Union) belaufen sich auf 3 253 368 Tonnen, wovon 31 602 Tonnen oder etwa 1 % in die Union ausgeführt wurden.

(124)

Den chinesischen Ausfuhrstatistiken des GTA zufolge lag der durchschnittliche CIF-Preis der Ausfuhren aus China in andere Länder bei 629 EUR/Tonne; dieser Betrag wurde (nach Abzug von See- und Inlandsfracht- sowie Entladekosten) auf einen Ab-Werk-Preis von 585 EUR/Tonne berichtigt. Der letztgenannte Preis lag im Untersuchungszeitraum der Überprüfung sogar unter dem Preis der Ausfuhren in die EU.

(125)

Daher wurde es als wahrscheinlich angesehen, dass die chinesischen ausführenden Hersteller im Falle des Außerkrafttretens der geltenden Maßnahmen mit dem Verkauf ihrer Ware zu Preisen unterhalb des festgestellten Normalwerts in die Union beginnen würden.

3.1.11.2.   Produktionskapazität und Kapazitätsreserven in der VR China

(126)

Dem Antrag des Antragstellers zufolge gibt es in China mehr als 50 ausführende Hersteller der überprüften Ware. Den vom GTA ausgewiesenen chinesischen Ausfuhrstatistiken zufolge führten die chinesischen ausführenden Hersteller auch in andere Länder der Welt aus.

(127)

Aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit seitens der chinesischen ausführenden Hersteller stützte sich die Kommission bei ihren Feststellungen zur Kapazität der anderen ausführenden Hersteller auf die verfügbaren Informationen und zog die im Antrag auf Auslaufüberprüfung enthaltenen Informationen sowie andere verfügbare Quellen heran, beispielsweise die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1029 der Kommission (63), ein im September 2021 veröffentlichtes Dokument der OECD über die jüngsten Entwicklungen der Stahlerzeugungskapazitäten im Jahr 2021 (64) sowie Daten der World Steel Association für das Jahr 2021 (65).

(128)

Erstens wurde gemäß den im Antrag auf Auslaufüberprüfung enthaltenen Informationen die gesamte chinesische Produktionskapazität auf mehr als 120 Mio. Tonnen geschätzt, während die Produktion und der chinesische Verbrauch im Jahr 2020 jeweils auf 100 Mio. Tonnen geschätzt wurden. Auf dieser Grundlage wurden die Kapazitätsreserven in China im Jahr 2020 auf 20 Mio. Tonnen geschätzt, was als Richtwert für die Kapazitätsreserven im Untersuchungszeitraum der Überprüfung dient und den Gesamtverbrauch der Union auf dem freien Markt (etwa 9,7 Mio. Tonnen) im Untersuchungszeitraum der Überprüfung erheblich übersteigt. Zweitens sah die Durchführungsverordnung (EU) 2021/1029 vor, dass trotz des „außergewöhnlichen Anstieg[s] des Verbrauchs in China“ (siehe Erwägungsgrund 36 der Verordnung (EU) 2021/1029) im Ministerbericht des Globalen Forums zu Stahlüberkapazitäten aus dem Jahr 2020, der sich auf Daten bis 2019 stützt, angemerkt wurde, dass „angesichts der Nachfrageprognose als unmittelbare Folge die Diskrepanz zwischen Kapazität und Nachfrage, ein Indikator für das Risiko eines Überangebots auf dem Markt für Stahl, im Jahr 2020 erheblich auf zumindest 606 Mio. Tonnen anwachsen wird“. Ferner wurde darin festgehalten, dass „dieser entgegengesetzte Trend bei den Überkapazitäten zu Handelsstörungen und drastisch niedrigeren Stahlpreisen führen sowie die wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Stahlindustrie beeinträchtigen kann“. Drittens wurde diese Situation auch in einem Dokument der OECD mit dem Titel „Latest Developments in Steelmaking Capacity in 2021“ (Die jüngsten Entwicklungen der Stahlerzeugungskapazitäten im Jahr 2021) bestätigt. In diesem Dokument wurde nicht nur auf „eine Reihe neuer Investitionen im Zusammenhang mit Chinas Maßnahmen zur Ersetzung veralteter und kleiner Stahlwerke, insbesondere in den östlichen und südlichen Küstengebieten Chinas“, verwiesen, sondern auch auf die Tatsache, dass die chinesische Regierung „Fälle festgestellt hat, in denen einige Stahlwerke ihre Produktionskapazität im Rahmen des Projekts zum Austausch von Kapazitäten ausgebaut haben“. Darüber hinaus wurden in dem OECD-Dokument Investitionen chinesischer Stahlunternehmen in südasiatischen Ländern wie den Philippinen und Indonesien erwähnt. Schließlich können die Daten der World Steel Association für das Jahr 2021, obgleich sie nur Rohstahl betreffen, für die betroffene Ware als Richtwerte angesehen werden, da die Herstellung von kaltgewalztem Stahl im Wesentlichen der zweite Produktionsschritt bei der Stahlherstellung nach der Herstellung von warmgewalztem Stahl ist. In diesem Zusammenhang zeigten die Daten aus dem Jahr 2021 für die Rohstahlproduktion, dass auf China 52,9 % der weltweiten Stahlproduktion entfielen, was auch ein Hinweis auf die enorme Produktionskapazität für die betroffene Ware in der VR China im Jahr 2021 ist.

(129)

Darüber hinaus sind einige wichtige Märkte wie die USA und Indien durch Antidumpingmaßnahmen gegenüber der überprüften Ware geschützt, wodurch der Zugang der chinesischen ausführenden Hersteller eingeschränkt wird.

(130)

Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass die chinesischen Hersteller im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen mit großen Mengen ihrer Kapazitätsreserven zu gedumpten Preisen auf den Unionsmarkt drängen würden.

3.1.11.3.   Attraktivität des Unionsmarktes

(131)

Die Union gehört zu den weltweit größten Märkten für bestimmte kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse.

(132)

Der Antragsteller brachte in seinem Antrag vor, dass die Schutzmaßnahmen der Union für Stahl allein, die für die überprüfte Ware gelten, nicht ausreichen würden, um den Unionsmarkt vor erheblichen Einfuhren zu gedumpten Preisen zu schützen. Da für China keine länderspezifischen Kontingente für die überprüfte Ware festgelegt wurden, haben die chinesischen ausführenden Hersteller Zugang zu einer großen Menge an Restkontingenten, mit denen sie im Falle eines Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen mit ihren Ausfuhren auf den Unionsmarkt drängen könnten. Folglich dürften die chinesischen Ausfuhrmengen im Falle des Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen durch das Restkontingent erheblich steigen und somit den Unionsmarkt überfluten, bevor im Rahmen der Schutzmaßnahme ein Zollsatz außerhalb eines Kontingents anwendbar würde.

(133)

Der Einführer Duferco S.A. (66) erklärte, dass die chinesischen Behörden den Mehrwertsteuernachlass in Höhe von 13 % auf Stahlausfuhren, einschließlich der Einfuhren der überprüften Ware, aufgehoben hätten, um die Stahlproduktion in China zu drosseln (um die CO2-Emissionen Chinas zu verringern) und gleichzeitig die inländische Versorgung Chinas sicherzustellen. Duferco S.A. erklärte, dass infolgedessen die Preise der Einfuhren aus der VR China steigen dürften, wodurch die Attraktivität des Unionsmarktes untergraben würde. Die Kommission konnte dieses Vorbringen jedoch nicht bestätigen, da die Entwicklung der Mengen und Preise auch von vielen anderen Faktoren abhängt, insbesondere von den bestehenden Überkapazitäten und der Attraktivität des Unionsmarktes im Vergleich zu anderen Drittländern.

3.1.11.4.   Schlussfolgerung zur Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens

(134)

Der Unionsmarkt ist sehr attraktiv, da er zu den größten Märkten der Welt gehört. Wie in Tabelle 7 in Erwägungsgrund 202 dargelegt, beliefen sich die gewogenen durchschnittlichen Stückverkaufspreise, welche die in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller unabhängigen Abnehmern auf dem freien Markt in der Union in Rechnung stellten, im Untersuchungszeitraum der Überprüfung auf 622 EUR/Tonne und lagen damit über dem durchschnittlichen Preis für Ausfuhren aus der VR China, der auf einen Ab-Werk-Preis von 585 EUR/Tonne berichtigt wurde (siehe Erwägungsgrund 124). Daher wäre es wahrscheinlich, dass die chinesischen Hersteller bei einem Außerkrafttreten der geltenden Antidumpingmaßnahmen ihre Kapazitätsreserven nutzen und darüber hinaus einige ihrer weniger rentablen Ausfuhrverkäufe aus Drittländern auf den Unionsmarkt umlenken würden.

(135)

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen wurde der Schluss gezogen, dass bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen ein erneutes Auftreten des Dumpings wahrscheinlich ist.

3.2.   Russland

3.2.1.   Vorbemerkungen

(136)

Im Untersuchungszeitraum der Überprüfung kam es weiterhin zu Einfuhren der überprüften Ware aus Russland, wenngleich auf einem deutlich niedrigeren Niveau als im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung (d. h. vom 1. April 2014 bis zum 31. März 2015). Den Comext-Statistiken (Eurostat) zufolge beliefen sich die Einfuhren kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse aus Russland im Untersuchungszeitraum der Überprüfung auf weniger als 3 000 Tonnen im Vergleich zu mehr als 700 000 Tonnen im Zeitraum der Ausgangsuntersuchung. Die Einfuhren kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse aus Russland machten im Untersuchungszeitraum der Überprüfung einen Marktanteil von fast 0 % sowohl am gesamten Unionsmarkt als auch am freien Unionsmarkt aus, verglichen mit einem Marktanteil von 9,8 % im Zeitraum der Ausgangsuntersuchung.

(137)

Wie in Erwägungsgrund 29 erläutert, meldeten sich bei Einleitung der Untersuchung drei russische ausführende Hersteller und erklärten sich zur Mitarbeit bereit. Später teilten sie der Kommission jedoch mit, dass sie nicht beabsichtigten, den Fragebogen für ausführende Hersteller zu beantworten.

(138)

Folglich beruhten nach Artikel 18 der Grundverordnung die Feststellungen bezüglich des Anhaltens sowie der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings auf den verfügbaren Informationen.

3.2.2.   Anhalten des Dumpings bei den Einfuhren im Untersuchungszeitraum der Überprüfung

3.2.2.1.   Normalwert

(139)

Wie in Erwägungsgrund 138 erläutert, stützte sich die Kommission aufgrund der mangelnden Mitarbeit der ausführenden Hersteller in Russland zur Ermittlung des Normalwerts auf die verfügbaren Informationen. Zu diesem Zweck verwendete die Kommission die vom Antragsteller für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung bereitgestellten Daten, die auf den von MEPS International (67) zur Verfügung gestellten Informationen zu den russischen Inlandspreisen für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse in der Wolga-Region beruhten. Auf dieser Grundlage belief sich der Normalwert im Untersuchungszeitraum der Überprüfung auf 702,97 EUR/Tonne.

3.2.2.2.   Ausfuhrpreis

(140)

Die Kommission musste aufgrund der mangelnden Bereitschaft der ausführenden Hersteller in Russland zur Mitarbeit die verfügbaren Informationen heranziehen, um den Ausfuhrpreis zu ermitteln.

(141)

Der Ausfuhrpreis wurde anhand der CIF-Daten von Eurostat bestimmt. Der Ausfuhrpreis belief sich somit auf 755,65 EUR/Tonne.

3.2.2.3.   Vergleich

(142)

Die Kommission verglich den Normalwert und den Ausfuhrpreis der überprüften Ware auf der Stufe ab Werk. Auf der Grundlage der Informationen des Antragstellers wurden Berichtigungen für See- und Inlandsfracht- und Entladekosten in Höhe von 127,84 EUR/Tonne des Ausfuhrpreises vorgenommen, um den Ausfuhrpreis auf die Stufe ab Werk zu berichtigen. Auf dieser Grundlage belief sich der berichtigte Ab-Werk-Preis der Ausfuhren in die Union auf 627,81 EUR/Tonne.

3.2.2.4.   Anhalten des Dumpings

(143)

Dieser Vergleich ergab, dass die Preise der Ausfuhren in die Union, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Werts, 10 % unter dem ermittelten Normalwert lagen.

(144)

Da die Menge der betreffenden Einfuhren jedoch sehr begrenzt war und weniger als 1 % der gesamten Einfuhren in die Union (mit einem Anteil am Unionsmarkt von nahezu 0 %) ausmachte, untersuchte die Kommission auch die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings.

3.2.3.   Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings bei Aufhebung der Maßnahmen

(145)

Die Kommission untersuchte nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung, wie wahrscheinlich ein erneutes Auftreten des Dumpings im Falle des Außerkrafttretens der Maßnahmen wäre. Zu diesem Zweck wurden die folgenden zusätzlichen Aspekte untersucht: die Ausfuhren in Drittländer, die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserven in Russland sowie die Attraktivität des Unionsmarktes.

3.2.3.1.   Ausfuhren in Drittländer

a)    Normalwert

(146)

Der Normalwert wurde nach der in Abschnitt 3.2.2.1 dargelegten Methodik rechnerisch ermittelt.

b)    Ausfuhrpreis

(147)

Der Ausfuhrpreis wurde anhand der Preise der überprüften Ware bei der Ausfuhr in andere Drittländer ermittelt. In diesem Zusammenhang nutzte die Kommission aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit der ausführenden Hersteller die GTA-Datenbank. Der durchschnittliche CIF-Preis der Ausfuhren in Drittländer belief sich im Untersuchungszeitraum der Überprüfung auf 536 EUR/Tonne. Der CIF-Preis der Ausfuhren in Drittländer wurde durch Abzug der Fracht- und Versicherungskosten sowie der inländischen Transportkosten in Russland, die sich auf 127,84 EUR/Tonne beliefen (siehe Erwägungsgrund 141), auf die Stufe ab Werk berichtigt. Auf dieser Grundlage belief sich der berichtigte Ab-Werk-Preis der Ausfuhren in Drittländer auf 408,72 EUR/Tonne.

c)    Preisvergleich

(148)

Die Kommission verglich den in Abschnitt 3.2.2.1 ermittelten Normalwert und den durchschnittlichen Preis der Ausfuhren in Drittländer auf der Stufe ab Werk.

(149)

Dieser Vergleich ergab, dass die Preise der russischen Ausfuhren der überprüften Ware in Drittländer, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Werts, 55 % unter dem ermittelten Normalwert lagen.

(150)

In ihrer Stellungnahme zur Einleitung brachten die drei russischen ausführenden Hersteller vor, dass die Preise der Ausfuhren in Drittmärkte nicht repräsentativer seien als die Preise der Ausfuhren in die Union, da diese Ausfuhren, hauptsächlich in die Türkei, aus billigeren Arten kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse bestünden, was ihre niedrigeren Preise erklären würde. Sie vertraten die Auffassung, dass die von Eurostat gemeldeten hohen russischen Ausfuhrpreise repräsentativ seien und bei der Bewertung herangezogen werden müssten.

(151)

Diesbezüglich stellte die Kommission fest, dass keine Beweise vorgelegt wurden, die die angeblichen Unterschiede bei den Warentypen untermauern würden. Tatsächlich haben die drei russischen ausführenden Hersteller keine Antwort auf den Fragebogen übermittelt, die es der Kommission ermöglichen würde, die in die Union ausgeführten Warentypen zu bewerten. Wie in Erwägungsgrund 138 erläutert, stützte sich die Kommission daher bei ihrer Bewertung auf die verfügbaren Informationen. Zur Ermittlung des Preises der russischen Ausfuhren in Drittländer nutzte sie die GTA-Datenbank als die am besten geeignete Quelle. Selbst wenn die Preise der russischen Ausfuhren in die Union, wie von den drei russischen Ausführern vorgeschlagen, zugrunde gelegt würden, stellte die Kommission in Abschnitt 3.2.2.4 fest, dass die von Eurostat angegebenen Preise der russischen Ausfuhren in die Union, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Werts, in jedem Fall 10 % unter dem ermittelten Normalwert lagen. Das Vorbringen wurde daher zurückgewiesen.

3.2.3.2.   Produktionskapazität und Kapazitätsreserven in Russland

(152)

Aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit der russischen ausführenden Hersteller wurden die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserven in Russland anhand der verfügbaren Informationen und insbesondere anhand der Angaben des Antragstellers für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung ermittelt.

(153)

Den vom Antragsteller vorgelegten Informationen zufolge lag die Gesamtproduktionskapazität der überprüften Ware in Russland im Untersuchungszeitraum der Überprüfung bei über 12 000 000 Tonnen. Nach Schätzung des Antragstellers verfügen die russischen Hersteller über Kapazitätsreserven von rund 2 Mio. Tonnen, die nicht vom Inlandsmarkt aufgenommen werden können. Darüber hinaus führte der Antragsteller an, dass die russischen Hersteller die Produktionskapazität für kaltgewalzten Stahl zwischen 2016 und 2021 um etwa 1 150 000 Tonnen erhöht hätten.

(154)

Die russischen ausführenden Hersteller bestritten die vom Antragsteller vorgelegte Schätzung der Kapazitätsreserven in Russland. In ihrer Stellungnahme zur Einleitung legten sie Daten zur Gesamtproduktionskapazität des kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Wirtschaftszweigs in Russland, zur gesamten Produktionsmenge und zur Kapazitätsauslastung vor. Sie brachten vor, dass der kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellende Wirtschaftszweig in Russland im Jahr 2020 über Kapazitätsreserven von [1,8-2,3] Mio. Tonnen verfügt habe, was nur [4-8] % des gesamten Unionsverbrauchs (32,4 Mio. Tonnen) entspreche. Sie erklärten ferner, dass unter Berücksichtigung des geschätzten Anstiegs des Verbrauchs und der Herstellung kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse in Russland und der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) die freie Kapazität des kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse herstellenden Wirtschaftszweigs in Russland voraussichtlich weiter zurückgehen werde.

(155)

In diesem Zusammenhang übermittelten die russischen ausführenden Hersteller, wie in Erwägungsgrund 32 erläutert, keine Antworten auf den Fragebogen, und die Kommission vertrat die Auffassung, dass diese ausführenden Hersteller nur bruchstückhafte Informationen über Produktion, Kapazität und Produktionsmenge und keine sachdienlichen Nachweise vorlegten, sodass die Kommission die Informationen nicht überprüfen konnte. Da die ausführenden Hersteller keine ausreichenden und verlässlichen Informationen über Produktionskapazität und Produktionsmengen vorlegten, stützte sich die Kommission folglich auf die im Dossier verfügbaren Informationen.

(156)

Darüber hinaus übermittelten die russischen ausführenden Hersteller die Daten zu Produktion, Kapazität und Kapazitätsauslastung nur in einer vertraulichen Fassung ohne eine nichtvertrauliche Zusammenfassung. Wie in der Einleitungsbekanntmachung dargelegt, kann die Kommission dann, wenn eine Partei, die vertrauliche Informationen vorlegt, ihren Antrag auf vertrauliche Behandlung nicht triftig begründen kann oder keine nichtvertrauliche Zusammenfassung der Informationen im vorgeschriebenen Format und in der vorgeschriebenen Qualität vorlegt, solche Informationen unberücksichtigt lassen, sofern nicht anhand geeigneter Quellen in zufriedenstellender Weise nachgewiesen wird, dass die Informationen richtig sind. Da die Informationen zu Produktion, Kapazität und Kapazitätsauslastung nur in einer vertraulichen Fassung übermittelt wurden und die anderen interessierten Parteien daher nicht dazu Stellung nehmen konnten, war es nicht möglich, in zufriedenstellender Weise nachzuweisen, dass die Informationen richtig sind.

(157)

Es gab ohnehin keine wesentlichen Abweichungen zwischen den fraglichen von den russischen ausführenden Herstellern vorgelegten Daten und den vom Antragsteller vorgelegten Daten. Deswegen vertrat die Kommission die Auffassung, dass eine Bewertung auf der Grundlage der von den russischen ausführenden Herstellern vorgelegten Daten nicht zu einer anderen Schlussfolgerung geführt hätte. Daher wies die Kommission die Vorbringen zurück.

(158)

Nach der Unterrichtung stellten die russische Regierung und die ausführenden Hersteller die Feststellungen der Kommission in Frage, wonach die ausführenden Hersteller nicht in vollem Umfang an der Untersuchung mitarbeiteten und dass keine aussagekräftige offen zugängliche Fassung vorgelegt worden war (wie in Erwägungsgrund 156 dargelegt). Daher brachten die ausführenden Hersteller vor, die Kommission habe ihren Ermessensspielraum in dieser Hinsicht missbraucht.

(159)

Die Kommission stellte erstens fest, dass die ausführenden Hersteller die Angaben zur Kapazität pro Unternehmen nur in indexierter Form übermittelten, sodass die Parteien zum exakten Umfang der installierten Kapazität keine Stellung nehmen konnten (es wurden keine Spannen angegeben). In der offen zugänglichen Fassung wurden weder Daten zur Produktion noch zur Kapazitätsauslastung vorgelegt. Daher wiederholte die Kommission ihre Feststellung, dass die öffentlich zugängliche Fassung der Informationen über Produktion, Kapazität und Kapazitätsauslastung von den anderen interessierten Parteien nicht geprüft werden konnte. Zweitens wurden diese Informationen nicht als Teil der Fragebogenantworten übermittelt und konnten nicht mit anderen Teilen der Fragebogen und den zugrunde liegenden Unterlagen abgeglichen werden, die die Unternehmen als Nachweis für die in der Fragebogenantwort übermittelten Informationen vorlegen müssen. Schließlich hielt die Kommission wie in Erwägungsgrund 157 erläutert fest, dass ihre Feststellungen zu den Kapazitätsreserven unverändert geblieben wären, selbst wenn die vorgelegten Daten berücksichtigt würden. Deshalb wies die Kommission diese Vorbringen zurück.

(160)

Die in Russland in Bezug auf die überprüfte Ware verfügbaren Kapazitätsreserven machen im Untersuchungszeitraum der Überprüfung etwa 21 % des gesamten Unionsverbrauchs auf dem freien Markt aus, wenn die Angaben aus dem Antrag herangezogen werden, und etwa 20 %, wenn die Angaben der russischen ausführenden Hersteller herangezogen werden.

(161)

Auf dieser Grundlage gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die russischen ausführenden Hersteller über erhebliche Kapazitätsreserven verfügen, die im Falle eines Auslaufens der Maßnahmen für die Herstellung kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse zur Ausfuhr in die Union genutzt werden könnten.

3.2.3.3.   Attraktivität des Unionsmarktes

(162)

Die Kommission stellte fest, dass die russischen ausführenden Hersteller die überprüfte Ware zu Preisen in Drittländer ausführten, die rund 14 % unter den durchschnittlichen Verkaufspreisen der Unionshersteller auf dem Unionsmarkt lagen. Angesichts dieses Preisniveaus sind Ausfuhren in die Union für die russischen Ausführer potenziell attraktiver als Ausfuhren in alle anderen Länder.

(163)

Attraktiv ist der Unionsmarkt auch angesichts seiner geografischen Nähe und Größe mit einem Gesamtverbrauch von 33 579 173 Tonnen, einschließlich eines Verbrauchs von 9 677 020 Tonnen auf dem freien Markt im Untersuchungszeitraum der Überprüfung.

(164)

Die Menge der Ausfuhren in Drittländer belief sich im Untersuchungszeitraum der Überprüfung auf 580 000 Tonnen, was 6 % des Verbrauchs auf dem freien Unionsmarkt entsprach. Dies stellt eine zusätzliche Menge an kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen dar, die angesichts der Attraktivität des Unionsmarktes im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen auf den Unionsmarkt umgeleitet werden könnten.

(165)

Nach der Unterrichtung brachten die ausführenden Hersteller und die russische Regierung vor, der Unionsmarkt sei für die ausführenden Hersteller aufgrund der Sanktionen nicht mehr attraktiv, und selbst in der Zeit vor den Sanktionen seien die Handelsströme, die Infrastruktur und die Lieferketten bereits zerstört worden, und es werde Jahre dauern, bis sie wiederhergestellt würden.

(166)

Auf das Vorbringen zu Sanktionen wird zwar in den Erwägungsgründen 167 und 172 eingegangen, doch stellte die Kommission fest, dass keine Beweise dafür vorgelegt wurden, dass es Jahre dauern würde, um die Ausfuhren in die Union wiederherzustellen. Indessen bekräftigte die Kommission ihre Feststellung, dass der Unionsmarkt für die russischen ausführenden Hersteller attraktiv ist, und zwar angesichts der deutlich niedrigeren Preise, zu denen die russischen ausführenden Hersteller weiterhin in die übrige Welt ausführen, der geografischen Nähe und Größe des Unionsmarktes sowie der beträchtlichen Mengen von Ausfuhren in Drittländer, die in die Union umgeleitet werden könnten.

(167)

Diese Schlussfolgerung wird durch die jüngsten Ereignisse nicht infrage gestellt. Die Kommission stellte zu diesem Aspekt fest, dass die Union nach der Einleitung der Untersuchung aufgrund der militärischen Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine mehrere Sanktionspakete gegen Russland verhängte, die auch Stahlerzeugnisse und/oder die Stahlunternehmen betrafen, die die geprüfte Ware nach dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung herstellten und ausführten. Das letzte Sanktionspaket, das die geprüfte Ware und/oder die ausführenden Hersteller betrifft, umfasst ein Einfuhrverbot für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse. Dieses Verbot trat am 16. März 2022 in Kraft (68). Da diese Sanktionen an die militärische Aggression und die zugrunde liegende geopolitische Situation geknüpft sind, sind ihr Umfang, ihre Modulation und/oder ihre Dauer unvorhersehbar. Außerdem haben Antidumpingmaßnahmen eine Laufzeit von fünf Jahren. In Anbetracht der vorgenannten Unsicherheiten und der Tatsache, dass der Rat den genauen Umfang und die Dauer der Sanktionen jederzeit ändern kann, kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese Unsicherheiten für ihre Schlussfolgerungen in diesem Verfahren nicht von Belang sind.

3.2.3.4.   Schlussfolgerung zur Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens des Dumpings

(168)

Die Kommission stellte fest, dass die russischen ausführenden Hersteller in Drittländer zu Preisen verkaufen, die unter dem Normalwert liegen.

(169)

Wie in Erwägungsgrund 161 erläutert, waren die Kapazitätsreserven in Russland im Untersuchungszeitraum der Überprüfung beträchtlich und machten in diesem Zeitraum rund 21 % des gesamten Unionsverbrauchs auf dem freien Markt aus und stiegen zwischen 2016 und 2021.

(170)

Darüber hinaus lässt die Attraktivität des Unionsmarktes hinsichtlich Größe, geografischer Nähe und Preisen darauf schließen, dass die russischen Ausfuhren und die Kapazitätsreserven im Falle des Auslaufens der Maßnahmen wahrscheinlich (erneut) in die Union umgelenkt würden.

(171)

Nach der Unterrichtung brachte die russische Regierung vor, dass ein erneutes Auftreten des Dumpings nicht wahrscheinlich sei, da die Einfuhren unbedeutend gewesen seien und die russischen Hersteller aufgrund der Sanktionen ihre Ausfuhren in die Union für einen langen und unbestimmten Zeitraum vollständig eingestellt hätten.

(172)

In Bezug auf die Ausfuhren in die Union erinnerte die Kommission daran, dass sie auf der Grundlage der oben beschriebenen Faktoren festgestellt hat, dass ein erneutes Auftreten des Dumpings wahrscheinlich ist, wobei die derzeitigen Ausfuhrmengen in die Union nicht berücksichtigt wurden, da sie auf eine Situation zurückzuführen sind, die als vorübergehend angesehen wird und sich jederzeit ändern kann. Wie in Erwägungsgrund 167 ausgeführt, stellte die Kommission in Bezug auf die geltenden Sanktionen fest, dass sie für die Schlussfolgerungen in diesem Verfahren nicht von Belang sind, da ihr Umfang, ihre Modulation und/oder ihre Dauer unvorhersehbar sind und sie jederzeit geändert werden können. Daher können die jüngsten Ereignisse, die sich vorübergehend auf die Einfuhren aus Russland in die Union auswirken, nichts an den Feststellungen zum erneuten Auftreten des Dumpings in diesem Fall ändern, und diese Vorbringen wurden zurückgewiesen.

(173)

Folglich gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass ein erneutes Auftreten des Dumpings wahrscheinlich ist, wenn die Maßnahmen nicht verlängert werden.

4.   SCHÄDIGUNG

4.1.   Definition des Wirtschaftszweigs der Union und der Unionsproduktion

(174)

Die gleichartige Ware wurde im Bezugszeitraum von 21 Herstellern in der Union hergestellt. Diese Hersteller bilden den „Wirtschaftszweig der Union“ im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung.

(175)

Die gesamte Unionsproduktion im Untersuchungszeitraum der Überprüfung betrug etwa 30,5 Mio. Tonnen. Die Kommission ermittelte die Zahl auf der Grundlage aller in Bezug auf den Wirtschaftszweig der Union zur Verfügung stehenden Informationen, wie etwa der Informationen, die vom Antragsteller übermittelt worden waren. Wie bereits in Erwägungsgrund 21 erwähnt, wurde eine Stichprobe aus drei Unionsherstellern gebildet, auf die mehr als 30 % der gesamten Unionsproduktion der gleichartigen Ware entfallen.

(176)

Da der Wirtschaftszweig der Union größtenteils vertikal integriert ist und kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse als Ausgangsmaterial für die Herstellung verschiedener hochwertiger nachgelagerter Waren gelten, wurden der Verbrauch im Rahmen des Eigenbedarfs und der Verbrauch auf dem freien Markt getrennt analysiert.

(177)

Die Unterscheidung zwischen Eigenbedarfsmarkt und freiem Markt ist für die Schadensanalyse relevant, weil die für den Eigenbedarf bestimmten Waren nicht unmittelbar mit den Einfuhren konkurrieren und Verrechnungspreise innerhalb der Gruppen nach verschiedenen Preispolitiken festgesetzt werden und daher nicht verlässlich sind. Die für den freien Markt bestimmte Produktion hingegen steht in direktem Wettbewerb mit den Einfuhren der betroffenen Ware, und bei den Preisen handelt es sich um Preise des freien Marktes.

(178)

Um ein möglichst vollständiges Bild vom Wirtschaftszweig der Union zu erhalten, und ähnlich zum Vorgehen in der Ausgangsuntersuchung beschaffte die Kommission Informationen über die gesamte Tätigkeit im Zusammenhang mit kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen und prüfte, ob die Produktion für den Eigenbedarf oder für den freien Markt bestimmt war. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass rund 78 % der Gesamtproduktion der Unionshersteller für den Eigenbedarf bestimmt war.

(179)

Die Kommission untersuchte bestimmte Wirtschaftsindikatoren für den Wirtschaftszweig der Union ausschließlich anhand von Daten für den freien Markt. Diese Indikatoren sind: Verkaufsmenge und Verkaufspreise auf dem Unionsmarkt, Marktanteil, Ausfuhrmengen und -preise sowie Rentabilität. Für andere Indikatoren wie Produktion, Kapazität, Produktivität, Beschäftigung und Löhne beziehen sich die nachstehenden Zahlen auf die gesamte Wirtschaftstätigkeit, sodass eine getrennte Zahlendarstellung nicht gerechtfertigt war.

4.2.   Unionsverbrauch

(180)

Die Kommission ermittelte den Unionsverbrauch auf der Grundlage der Daten, die a) von Eurofer über die Verkäufe der gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union in der Union bereitgestellt wurden und die mit den in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern abgeglichen wurden; und b) der von Eurostat ausgewiesenen Einfuhren der überprüften Ware aus allen Drittländern.

(181)

Der Unionsverbrauch entwickelte sich wie folgt:

Tabelle 2

Unionsverbrauch (in Tonnen)

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Unionsverbrauch insgesamt

39 389 717

38 484 642

31 808 880

33 579 173

Index

(2018 = 100)

100

98

81

85

Eigenbedarfsmarkt

28 207 944

28 129 434

22 651 025

23 902 153

Index

(2018 = 100)

100

100

80

85

Freier Markt

11 181 772

10 355 209

9 157 856

9 677 020

Index

(2018 = 100)

100

93

82

87

Quelle: Von Eurofer bereitgestellte und mit den Antworten auf den Fragebogen der in die Stichprobe einbezogenen Hersteller abgeglichene Daten; Eurostat.

(182)

Der Verbrauch auf dem freien Markt stieg im Vergleich zu den 7 122 682 Tonnen, die im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung (1. April 2014 bis 31. März 2015) verbraucht wurden. Im Bezugszeitraum ging der Eigenverbrauch der Union jedoch um rund 15 % zurück, während der Verbrauch auf dem freien Markt der Union um rund 13 % zurückging. Zwischen 2018 und 2019 blieb der Verbrauch auf dem Eigenbedarfsmarkt stabil, während der Verbrauch auf dem freien Markt um 7 % zurückging. Der größte Rückgang war zwischen 2019 und 2020 zu verzeichnen, als sowohl der Verbrauch auf dem freien Markt als auch der Eigenverbrauch erheblich zurückgingen, und zwar um 11 % bzw. 20 %. Dieser Rückgang begann 2019 aufgrund einer allgemeinen Verlangsamung des Wachstums in der Union, wurde jedoch aufgrund des allgemeinen Konjunkturabschwungs infolge der COVID-19-Pandemie verschärft. Die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums im Allgemeinen und im verarbeitenden Gewerbe im Besonderen hatte Auswirkungen auf die Gesamtnachfrage nach Stahl. Dies zeigte sich insbesondere in der Automobilindustrie, die einen erheblichen Teil der Verwender von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen ausmacht. Zwischen dem Jahr 2020 und dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung stiegen sowohl der Eigenverbrauch als auch der Verbrauch auf dem freien Markt um 5 %, ohne jedoch wieder das Niveau von 2018 zu erreichen.

4.3.   Einfuhren aus den betroffenen Ländern und aus der übrigen Welt

4.3.1.   Menge und Marktanteil der Einfuhren aus den betroffenen Ländern und aus der übrigen Welt

(183)

Die Kommission ermittelte die Menge der Einfuhren auf der Grundlage von Eurostat-Daten. Der Marktanteil der Einfuhren wurde — wie aus Tabelle 2 hervorgeht — durch einen Vergleich der Einfuhrmengen mit dem Verbrauch auf dem freien Markt der Union ermittelt.

(184)

Die Einfuhren aus den betroffenen Ländern und der übrigen Welt in die Union entwickelten sich wie folgt:

Tabelle 3

Einfuhrmenge (in Tonnen) und Marktanteil

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Menge der Einfuhren aus den betroffenen Ländern

14 367

4 286

1 435

9 713

Index

(2018 = 100)

100

30

10

68

Marktanteil

0,1  %

0,0  %

0,0  %

0,1  %

Menge der Einfuhren aus der VR China

2 305

1 275

423

7 065

Index

(2018 = 100)

100

55

18

307

Marktanteil VR China

0,0  %

0,0  %

0,0  %

0,1  %

Menge der Einfuhren aus Russland

12 062

3 011

1 012

2 648

Index

(2018 = 100)

100

25

8

22

Marktanteil Russland

0,0  %

0,0  %

0,0  %

0,0  %

Menge der Einfuhren aus der übrigen Welt

2 279 706

2 113 190

1 876 491

2 154 420

Index

(2018 = 100)

100

93

82

95

Marktanteil übrige Welt

20,39  %

20,41  %

20,49  %

22,26  %

Quelle: Eurostat.

(185)

Die Einfuhren aus den betroffenen Ländern lagen im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung noch bei 1,4 Mio. Tonnen und hatten einen Marktanteil von 20 %, sind aber Daten von Eurostat zufolge praktisch vom Unionsmarkt verschwunden. Tatsächlich gingen die Einfuhren aus den betroffenen Ländern im Bezugszeitraum weiter von 14 367 auf 9 713 Tonnen zurück. Obwohl die Einfuhrmengen aus beiden betroffenen Ländern zwischen 2020 und dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung wieder leicht zunahmen, machten sie im Untersuchungszeitraum der Überprüfung — entsprechend dem Anstieg des Verbrauchs im selben Zeitraum — nur einen Marktanteil von 0,1 % aus.

(186)

Die Gesamteinfuhren der überprüften Ware aus anderen Drittländern als den betroffenen Ländern gingen im Bezugszeitraum um 5 % zurück (von 2,28 Mio. Tonnen auf 2,15 Mio. Tonnen). Dies entspricht dem gleichen, in Tabelle 2 dargestellten Abwärtstrend des Verbrauchs auf dem freien Markt der Union, allerdings in geringerem Maße. Darüber hinaus blieb der Marktanteil der Drittländer auf dem freien Markt im Bezugszeitraum konstant (und stieg sogar um fast 2 Prozentpunkte), während der Wirtschaftszweig der Union fast 2 % Marktanteil verlor. Die Versorgung mit kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen auf dem freien Markt war jedoch fragmentiert — keines der anderen Drittländer hielt einen Marktanteil von mehr als 4 % am Unionsmarkt (69).

4.4.   Wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union

4.4.1.   Allgemeine Bemerkungen

(187)

Im Rahmen der Bewertung der wirtschaftlichen Lage des Wirtschaftszweigs der Union wurden alle Wirtschaftsindikatoren, die für die Lage des Wirtschaftszweigs der Union im Bezugszeitraum relevant waren, beurteilt.

(188)

Bei der Ermittlung der Schädigung unterschied die Kommission zwischen makroökonomischen und mikroökonomischen Schadensindikatoren. Die makroökonomischen Indikatoren bewertete die Kommission anhand der Daten in den Fragebogenantworten von Eurofer über die Verkäufe der gleichartigen Ware des Wirtschaftszweigs der Union, die mit den von den in die Stichprobe einbezogenen Unionsherstellern übermittelten Daten abgeglichen wurden. Die mikroökonomischen Indikatoren bewertete die Kommission anhand der Daten in den Fragebogenantworten der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller. Beide Datensätze wurden als repräsentativ für die wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union angesehen.

(189)

Die makroökonomischen Indikatoren sind: Produktion, Produktionskapazität, Kapazitätsauslastung, Verkaufsmenge, Marktanteil, Wachstum, Beschäftigung, Produktivität, Höhe der Dumpingspanne und Erholung von früherem Dumping.

(190)

Bei den mikroökonomischen Indikatoren handelt es sich um: durchschnittliche Stückpreise, Stückkosten, Arbeitskosten, Lagerbestände, Rentabilität, Cashflow, Investitionen, Kapitalrendite und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten.

4.4.2.   Makroökonomische Indikatoren

4.4.2.1.   Produktion, Produktionskapazität und Kapazitätsauslastung

(191)

Die Gesamtproduktion der Union, die Produktionskapazität und die Kapazitätsauslastung entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 4

Produktion, Produktionskapazität und Kapazitätsauslastung

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Produktionsmenge (in Tonnen)

36 298 267

35 686 689

29 229 520

30 520 404

Index

(2018 = 100)

100

98

81

84

Produktionskapazität (in Tonnen)

45 912 036

45 976 102

48 542 510

44 909 450

Index

(2018 = 100)

100

100

106

98

Kapazitätsauslastung (in %)

79

78

60

68

Index

(2018 = 100)

100

98

76

86

Quelle: Eurofer und in die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(192)

Die Produktionsmengen sind seit Beginn des Bezugszeitraums erheblich zurückgegangen. Der Rückgang entspricht weitgehend der Entwicklung und dem Ausmaß des Rückgangs des gesamten Unionsverbrauchs. Die Produktionsmengen gingen im Untersuchungszeitraum der Überprüfung um 16 % zurück.

(193)

Auch die Produktionskapazität sank im Bezugszeitraum leicht und liegt deutlich unter dem Niveau der Ausgangsuntersuchung. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass das Vereinigte Königreich während der Ausgangsuntersuchung noch Mitglied der Union war und seine Produktionskapazitäten in dieser Überprüfung nicht mehr berücksichtigt wurden. Darüber hinaus hat der Wirtschaftszweig der Union Schritte unternommen, um seine Kapazität entsprechend dem Marktverbrauch anzupassen und zu rationalisieren. Somit verbesserte sich die Kapazitätsauslastung im Vergleich zur Ausgangsuntersuchung zunächst. Seit der Verlangsamung des Wachstums in der Union im Jahr 2019 und insbesondere dem Beginn der COVID-19-Pandemie ging die Kapazitätsauslastung im Bezugszeitraum jedoch erneut deutlich zurück, wenngleich sie sich im Untersuchungszeitraum der Überprüfung etwas erholte (während es im Jahr 2020 zu einem Rückgang um beinahe 20 Prozentpunkte gegenüber 2018 kam, betrug der Rückgang im Untersuchungszeitraum der Überprüfung im Vergleich zu 2018 11 Prozentpunkte).

4.4.2.2.   Verkaufsmenge und Marktanteil

(194)

Verkaufsmenge und Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 5

Menge der Verkäufe (in Tonnen) und Marktanteil

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Gesamtverkaufsmenge auf dem Unionsmarkt — freier Markt und Eigenbedarfsmarkt

37 095 644

36 367 167

29 930 954

31 415 040

Index

(2018 = 100)

100

98

81

85

Verkäufe auf dem Eigenbedarfsmarkt und Eigenbedarf

28 207 944

28 129 434

22 651 025

23 902 153

Index

(2018 = 100)

100

100

80

85

Verkäufe auf dem freien Markt

8 887 699

8 237 733

7 279 930

7 512 887

Index

(2018 = 100)

100

93

82

85

Marktanteil der Verkäufe auf dem freien Markt

79  %

80  %

79  %

78  %

Quelle: Eurofer und in die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(195)

Die Gesamtverkäufe in der Union folgten im Bezugszeitraum einem Abwärtstrend mit einem Rückgang um insgesamt 15 %. Dieselben Entwicklungen waren in einer ähnlichen Größenordnung für den Eigenbedarfsmarkt und den freien Markt erkennbar, was dem in Tabelle 2 dargestellten Rückgang des Verbrauchs entspricht.

(196)

Der Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union am freien Markt blieb im gesamten Bezugszeitraum relativ stabil, ging aber im Untersuchungszeitraum der Überprüfung um fast 2 % zurück. Dies entspricht dem Anstieg des Marktanteils von Drittländern im Untersuchungszeitraum der Überprüfung (siehe Tabelle 3).

4.4.2.3.   Wachstum

(197)

Vor dem Hintergrund eines rückläufigen Verbrauchs verlor der Wirtschaftszweig der Union nicht nur Verkaufsmengen in der Union, sondern auch Marktanteile auf dem freien Markt. Der Wirtschaftszweig der Union hatte somit im Bezugszeitraum kein Wachstum zu verzeichnen.

4.4.2.4.   Beschäftigung und Produktivität

(198)

Beschäftigung und Produktivität entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 6

Beschäftigung und Produktivität

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Zahl der Beschäftigten

9 634

9 137

9 773

9 321

Index

(2018 = 100)

100

95

101

97

Produktivität (Tonnen je Beschäftigten)

3 768

3 906

2 991

3 274

Index

(2018 = 100)

100

104

79

87

Quelle: Eurofer und in die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(199)

Dem Wirtschaftszweig der Union ist es nicht gelungen, die Zahl der Beschäftigten, die im Bereich der Herstellung der überprüften Ware tätig waren, zu halten; die Zahl sank zwischen 2018 und dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung um 3 %.

(200)

Die Produktivität der Belegschaft des Wirtschaftszweigs der Union, gemessen als Produktion (in Tonnen) je Beschäftigten, folgte im Bezugszeitraum einem Abwärtstrend (– 13 %). Der erhebliche Produktivitätsrückgang erklärt sich durch den stärkeren Rückgang der Produktionsmenge, der auch mit dem Rückgang der Verkäufe und der Nachfrage nach Waren des Wirtschaftszweigs der Union sowohl auf dem Inlandsmarkt als auch auf den Ausfuhrmärkten zusammenhängt, im Vergleich zum geringeren Rückgang der Zahl der Beschäftigten.

4.4.2.5.   Höhe der Dumpingspanne und Erholung von früherem Dumping

(201)

Alle im Untersuchungszeitraum der Überprüfung ermittelten Dumpingspannen lagen deutlich über der Geringfügigkeitsschwelle. Gleichzeitig war das Volumen der Einfuhren im Untersuchungszeitraum der Überprüfung mit 0,1 % des Unionsverbrauchs sehr begrenzt. Die im Anschluss an die Ausgangsuntersuchung eingeführten Antidumpingmaßnahmen hatten es dem Wirtschaftszweig der Union ermöglicht, sich von früherem Dumping zu erholen, wie aus den Daten für 2018 hervorgeht und durch Erklärungen des Antragstellers im Überprüfungsantrag bestätigt wurde.

4.4.3.   Mikroökonomische Indikatoren

4.4.3.1.   Preise und die Preise beeinflussende Faktoren

(202)

Die gewogenen durchschnittlichen Stückverkaufspreise, die die in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung stellten, und die Herstellkosten entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 7

Verkaufspreise und Herstellkosten in der Union (in EUR/Tonne)

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Durchschnittlicher Stückverkaufspreis in der Union auf dem freien Markt

654

613

553

622

Index

(2018 = 100)

100

94

85

95

Herstellstückkosten

592

617

573

643

Index

(2018 = 100)

100

104

97

109

Quelle: In die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(203)

Im Verlauf des Bezugszeitraums nahmen die Verkaufspreise auf dem Unionsmarkt an unabhängige Parteien (freier Markt) um 5 % ab. Eine detaillierte Analyse zeigt, dass die Verkaufspreise zwischen 2018 und 2020 um 15 % zurückgingen, bevor sie im Untersuchungszeitraum der Überprüfung erneut um 12 % stiegen. Im selben Zeitraum schwankten die Herstellkosten, waren aber im Untersuchungszeitraum der Überprüfung fast 10 % höher als 2018. Abgesehen von 2018 lagen die durchschnittlichen Herstellkosten in allen Jahren über dem durchschnittlichen Verkaufspreis. Obwohl die Verkaufspreise zwischen 2020 und dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung erheblich stiegen, war der Wirtschaftszweig der Union noch nicht in der Lage, den Verkaufspreis auf ein Niveau anzuheben, bei dem die Herstellkosten gedeckt sind.

4.4.3.2.   Arbeitskosten

(204)

Die durchschnittlichen Arbeitskosten der Unionshersteller der Stichprobe entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 8

Durchschnittliche Arbeitskosten je Beschäftigten

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Durchschnittliche Arbeitskosten je Beschäftigten (in EUR)

91 664

97 412

93 113

97 981

Index

(2018 = 100)

100

106

102

107

Quelle: In die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(205)

Im Bezugszeitraum schwankten die durchschnittlichen Arbeitskosten, stiegen jedoch insgesamt um 7 %. Parallel zum Rückgang der Zahl der Beschäftigten sanken auch die Arbeitskosten insgesamt, wenn auch in geringerem Maße.

4.4.3.3.   Lagerbestände

(206)

Die Lagerbestände der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 9

Lagerbestände

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Schlussbestände (in Tonnen)

488 722

429 657

284 572

262 487

Index

(2018 = 100)

100

88

58

54

Schlussbestände als Prozentsatz der Produktion

4

4

3

2

Index

(2018 = 100)

100

88

65

55

Quelle: In die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(207)

Im Bezugszeitraum gingen die Lagerbestände des Wirtschaftszweigs der Union kontinuierlich zurück. Normalerweise folgt jede Veränderung der Bestände an kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen denselben Entwicklungen wie bei der Produktion, die im Bezugszeitraum ebenfalls zurückging (siehe Tabelle 4) (70). Im Bezugszeitraum fanden jedoch bestimmte Umstrukturierungsmaßnahmen in einem der in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen statt, die eine Teilaufspaltung, einschließlich der Lagerbestände, umfassten. Darüber hinaus hatte eines der in die Stichprobe einbezogenen Unternehmen während einer bestimmten Zeit Probleme mit mehreren Geräten, die mehr Verkäufe aus Lagerbeständen erforderlich machten als erwartet. Wie jedoch bereits in der Ausgangsuntersuchung festgestellt, werden die Lagerbestände nicht als aussagekräftiger Schadensindikator für diesen Wirtschaftszweig angesehen, da die meisten gleichartigen Warentypen vom Wirtschaftszweig der Union auf der Grundlage spezifischer Aufträge der Verwender hergestellt werden (71).

4.4.3.4.   Rentabilität, Cashflow, Investitionen, Kapitalrendite und Kapitalbeschaffungsmöglichkeiten

(208)

Rentabilität, Cashflow, Investitionen und Kapitalrendite der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:

Tabelle 10

Rentabilität, Cashflow, Investitionen und Kapitalrendite

 

2018

2019

2020

Untersuchungszeitraum der Überprüfung

Rentabilität der Verkäufe an unabhängige Abnehmer in der Union (in % des Umsatzes)

16,1

–2,8

–14,7

–3,1

Index

(2018 = 100)

100

–17

–92

–20

Cashflow (in EUR)

1 197 337 649

1 024 735 660

744 992 480

822 335 704

Index

(2018 = 100)

100

86

62

69

Investitionen (in EUR)

65 866 851

75 059 376

61 159 498

72 616 722

Index

(2018 = 100)

100

114

93

110

Kapitalrendite (in %)

5

0

–3

–1

Index

(2018 = 100)

100

–8

–69

–12

Quelle: In die Stichprobe einbezogene Unionshersteller.

(209)

Die Kommission ermittelte die Rentabilität der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller als Nettogewinn vor Steuern aus den Verkäufen der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union in Prozent des mit diesen Verkäufen erzielten Umsatzes.

(210)

Aufgrund der Einführung der Antidumpingmaßnahmen konnte der Wirtschaftszweig der Union seine Rentabilität seit dem Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung verbessern und sogar die in dieser Untersuchung festgelegte angestrebte Gewinnspanne überschreiten (72). Nach dem Höchststand im Jahr 2018 führte der Rückgang des Unionsverbrauchs auf dem freien Markt in Verbindung mit sinkenden Verkaufspreisen in den folgenden Jahren (siehe Tabelle 7) jedoch zu Herstellstückkosten, die über dem durchschnittlichen Verkaufspreis lagen. Der Rückgang des Unionsverbrauchs von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen sorgte dafür, dass es dem Wirtschaftszweig der Union nicht möglich war, die Verkaufspreise auf einem Niveau festzusetzen, bei dem zumindest die Herstellkosten gedeckt wären.

(211)

Unter Nettocashflow ist die Fähigkeit der Unionshersteller zu verstehen, ihre Tätigkeiten selbst zu finanzieren. Die Entwicklung des Nettocashflows erfolgte weitgehend im Einklang mit der Rentabilität und erreichte 2018 einen Höchststand, bevor sie 2019 und 2020 erheblich zurückging, bevor sie sich im Untersuchungszeitraum leicht erholte, aber immer noch unter dem Niveau der Jahre 2018 und 2019 lag.

(212)

Die Kapitalrendite ist der Gewinn in Prozent des Nettobuchwerts der Investitionen. Während die Investitionen im Bezugszeitraum insgesamt stiegen, blieben sie im Jahr 2020 und im Untersuchungszeitraum der Überprüfung unter dem Niveau von 2019. Die Kapitalrendite entwickelte sich negativ und folgte derselben Entwicklung wie die Rentabilität.

4.5.   Schlussfolgerung zur Schädigung

(213)

Alle makroökonomischen Indikatoren wie Produktion, Kapazitätsauslastung, Verkaufsmenge auf dem Unionsmarkt (sowohl auf dem Eigenbedarfsmarkt als auch auf dem freien Markt), Marktanteil, Beschäftigung und Produktivität wiesen im Bezugszeitraum eine negative Entwicklung auf. Auch die meisten mikroökonomischen Indikatoren wie Verkaufspreise auf dem freien Markt der Union, Herstellkosten, Rentabilität, Schlussbestände, Cashflow und Kapitalrendite wiesen im Bezugszeitraum eine negative Entwicklung auf. Nur bei den Investitionen war eine positive Entwicklung zu verzeichnen.

(214)

Obgleich es dem Wirtschaftszweig der Union gelang, die Preise im Untersuchungszeitraum der Überprüfung zu erhöhen, wies der Wirtschaftszweig der Union im Untersuchungszeitraum der Überprüfung nach wie vor eine negative Gewinnspanne von – 3,1 % aus. Auch Cashflow und Kapitalrendite verschlechterten sich, sodass es für den Wirtschaftszweig der Union schwieriger ist, Kapital zu beschaffen und zu wachsen.

(215)

Aufgrund der vorstehenden Feststellungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich der Wirtschaftszweig der Union bis 2018 von der durch die gedumpten Einfuhren aus China und Russland in der Vergangenheit verursachten bedeutenden Schädigung im Sinne des Artikels 3 Absatz 5 der Grundverordnung erholt hatte. Im Bezugszeitraum veränderte sich das Schadensbild jedoch wieder zum Schlechteren, und der Wirtschaftszweig der Union befand sich im Untersuchungszeitraum der Überprüfung wieder in einer wirtschaftlich schwierigen und schädigenden Lage.

(216)

Nach der Unterrichtung widersprach die russische Regierung der Schlussfolgerung der Kommission zur Lage des Wirtschaftszweigs der Union im Untersuchungszeitraum der Überprüfung. Der russischen Regierung zufolge hat sich die Lage im Untersuchungszeitraum der Überprüfung im Vergleich zum Vorjahr ausgenommen in Bezug auf die Herstellstückkosten verbessert.

(217)

Aus den Indikatoren ging hervor, dass sich die Lage im Bezugszeitraum verschlechtert hat, obwohl es zutrifft, dass sich einige der Schadensindikatoren, wie auch in der vorstehenden Analyse dargelegt (z. B. in den Erwägungsgründen 193 oder 211), zwischen 2020 und dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung etwas verbessert haben. Die im Untersuchungszeitraum der Überprüfung festgestellte Verbesserung reichte jedoch nicht aus, um den Wirtschaftszweig der Union aus seiner seit 2018 wirtschaftlich prekären Lage zu befreien. Die Kommission wies dieses Vorbringen daher zurück.

(218)

Aufgrund der unerheblichen Mengen der Einfuhren aus den betroffenen Ländern im Bezugszeitraum gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Einfuhren aus China und Russland die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union nicht verursachen konnten.

(219)

Daher prüfte die Kommission darüber hinaus die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der ursprünglich durch die gedumpten Einfuhren aus China und Russland verursachten Schädigung im Falle der Aufhebung der Maßnahmen.

5.   WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ERNEUTEN AUFTRETENS DER SCHÄDIGUNG

(220)

In Erwägungsgrund 215 stellte die Kommission fest, dass sich der Wirtschaftszweig der Union im Untersuchungszeitraum der Überprüfung in einer wirtschaftlich schwierigen Lage befand. In Erwägungsgrund 218 schlussfolgerte die Kommission überdies, dass die im Untersuchungszeitraum der Überprüfung beobachtete Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union angesichts des sehr begrenzten Volumens der Einfuhren aus China und Russland nicht durch diese verursacht worden sein kann. Daher hat die Kommission im Einklang mit Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung analysiert, inwieweit bei einem Auslaufen der Maßnahmen ein erneutes Auftreten der Schädigung durch gedumpte Einfuhren aus China und Russland wahrscheinlich ist.

(221)

In diesem Zusammenhang untersuchte die Kommission die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserven in den betroffenen Ländern, das Verhältnis zwischen den Preisen der Ausfuhren in Drittländer und dem Preisniveau in der Union sowie die Auswirkungen möglicher Einfuhren aus diesen Ländern und ihrer Preise auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Union im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen.

5.1.   Kapazitätsreserven in China und Russland und Attraktivität des Unionsmarktes

(222)

Wie bereits in den Abschnitten 3.1.11.2 und 3.2.3.2 erläutert, verfügen die ausführenden Hersteller in China und Russland über erhebliche Kapazitätsreserven, die zusammen die derzeitigen Produktionsmengen und die Binnennachfrage in diesen Ländern erheblich übersteigen. Diese Kapazitätsreserven könnten bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen zur Herstellung der überprüften Ware zur Ausfuhr in die Union genutzt werden. Die Mengen, die von den chinesischen und russischen ausführenden Herstellern ausgeführt werden könnten, sind im Vergleich zur Größe des Unionsmarktes beträchtlich. Diese Kapazitätsreserven entsprechen mehr als dem Doppelten des gesamten Unionsverbrauchs auf dem freien Markt im Untersuchungszeitraum der Überprüfung.

(223)

Wie in den Abschnitten 3.1.11.1 und 3.2.3.1 erläutert, erfolgten die Ausfuhren der chinesischen und russischen ausführenden Hersteller in ihre wichtigsten Drittmärkte zu Preisen, die deutlich unter dem ermittelten Normalwert lagen und die darüber hinaus unter den durchschnittlichen (angestrebten) Verkaufspreisen der Unionshersteller auf dem Unionsmarkt im Untersuchungszeitraum der Überprüfung lagen. Daher sind angesichts der Preise der Ausfuhren aus China und Russland in andere Drittmärkte Ausfuhren in die Union für die Ausführer aus diesen Ländern potenziell sehr viel attraktiver. Folglich ist nach vernünftigem Ermessen davon auszugehen, dass die russischen und chinesischen ausführenden Hersteller im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen erneut beginnen würden, große Mengen der überprüften Ware in die Union auszuführen. Diese Erwartung wird noch dadurch verstärkt, dass in China und Russland erhebliche Kapazitätsreserven verfügbar sind. Wie in Erwägungsgrund 167 dargelegt, ist zwar derzeit ein Einfuhrverbot der Union für bestimmte Stahlerzeugnisse, die aus Russland ausgeführt werden, einschließlich kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse, in Kraft (73), es ist jedoch wahrscheinlich, dass es sich dabei um eine vorübergehende Maßnahme handeln wird, und es ist nicht möglich, deren Geltungsdauer in Bezug auf die Dauer der Verlängerung der geltenden Maßnahmen vorherzusehen. Diese Maßnahme berührt daher die Schlussfolgerungen zur Attraktivität des Unionsmarktes nicht.

(224)

Die drei russischen ausführenden Hersteller brachten vor, dass der Antragsteller in seinem Antrag die Attraktivität des Unionsmarktes in Bezug auf Russland überschätzt habe. Die russischen Unternehmen gaben an, dass, selbst wenn sie ihre Ausfuhren in Drittländer erhöhen würden, solche Ausfuhren eher für die bevorzugten Handelspartner Russlands als für die Union bestimmt wären. Wie allerdings vom Antragsteller ausgeführt, gibt es keinen Grund, warum die russischen Kapazitätsreserven zur Steigerung der Ausfuhren für die bevorzugten Handelspartner Russlands genutzt werden sollten. Tatsächlich profitieren solche Ausfuhren bereits jetzt von einem Zolltarif von 0 %, sodass sie bereits jetzt zollfrei hätten ausgeführt werden können. Im Gegensatz dazu unterliegen Ausfuhren in die Union derzeit Zöllen, und ein Vergleich der russischen und chinesischen Preise für Drittländer zuzüglich des Antidumpingzolls der Union würde nicht zu einer Unterbietung des Zielpreises führen, während das bei einer Aufhebung des Antidumpingzolls der Fall wäre. Das Argument, dass die Ausfuhren an solche Handelspartner zunehmen würden, ist nicht überzeugend, da keine Veränderung aufgezeigt wurde, die zwischen dem aktuellen und einem in absehbarer Zukunft liegenden Zeitpunkt eintreten könnte und die zu einer Erhöhung der Ausfuhren aus Russland in diese Länder führen würde. Die Kommission wies daher das Vorbringen der russischen Ausführer zurück.

(225)

Nach der Unterrichtung brachten die drei russischen ausführenden Hersteller und die russische Regierung vor, dass ein erneutes Auftreten des schädigenden Dumpings durch Russland unwahrscheinlich sei. Nach Ansicht dieser Parteien gehe aus den Rechtsvorschriften der EU und ihrer Anwendung in der Praxis hervor, dass EU-Sanktionen ein langfristiges politisches Instrument sind, während die Antidumpingmaßnahmen der EU keine im Voraus festgelegte Laufzeit haben (74). Die russischen ausführenden Hersteller brachten vor, es gebe keine Hinweise darauf, dass die Sanktionen gegen Russland gelockert oder aufgehoben würden. Doch selbst wenn die Sanktionen aufgehoben werden sollten, sei der EU-Markt für russische Ausführer aufgrund des hohen Risikos der Einführung schwerwiegender Handelsbeschränkungen nicht attraktiv.

(226)

Wie auch in den Erwägungsgründen 165 und 166 dargelegt, wurden keine Beweise vorgelegt, aus denen hervorgeht, warum der Unionsmarkt in einem Szenario ohne Sanktionen für russische Ausführer weniger attraktiv wäre. Außerdem wird in den Erwägungsgründen 172, 223 und 248 erläutert, weshalb die Kommission festgestellt hat, dass die Sanktionen für die Schlussfolgerungen in diesem Verfahren nicht von Belang sind. Diese Vorbringen wurden daher zurückgewiesen.

5.2.   Auswirkungen auf die Lage des Wirtschaftszweigs der Union

(227)

Um festzustellen, wie sich die Einfuhren aus China und Russland im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen auf den Wirtschaftszweig der Union auswirken würden, führte die Kommission eine vorausschauende und vergleichende Preisanalyse ohne geltende Antidumpingmaßnahmen durch.

(228)

Aufgrund der mangelnden Bereitschaft zur Mitarbeit der ausführenden Hersteller in den betroffenen Ländern in Verbindung mit den sehr geringen Mengen, die aus diesen Ländern in die Union eingeführt wurden, konnten im Untersuchungszeitraum der Überprüfung keine zuverlässigen Einfuhrpreise ermittelt werden. Eine aussagekräftige Berechnung der Preisunterbietung war auf dieser Grundlage daher nicht möglich. Vor diesem Hintergrund nahm die Kommission einen Preisvergleich zwischen dem Durchschnittspreis der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller (ab Werk) und dem entsprechenden gewogenen Durchschnittspreis der überprüften Ware bei Ausfuhren aus China und Russland in Drittländer (75) vor, um den Preis, zu dem die chinesischen und russischen Hersteller voraussichtlich in die Union ausführen würden, zu schätzen.

(229)

Das Ergebnis des Vergleichs wurde ausgedrückt als Prozentsatz des Umsatzes der in die Stichprobe einbezogenen Unionshersteller im Untersuchungszeitraum der Überprüfung. Für Russland ergab sich ein Preisunterschied von fast 13 %. Daher stellte die Kommission fest, dass die russischen Preise im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen die Unionspreise auf einem ähnlichen Niveau auf dem Unionsmarkt unterbieten würden.

(230)

Der gleiche Vergleich für China ergab, dass die Preise der Ausfuhren aus China in Drittländer nicht unter den Unionspreisen lagen. Eine weitere Analyse ergab jedoch, dass diese Preise immer noch unter dem Zielpreis der Union lagen. Unter Zugrundelegung derselben Zielgewinnspanne wie in der Ausgangsuntersuchung (9,9 %) (76) wurde festgestellt, dass Einfuhren aus China auf dem Niveau der Preise der Ausfuhren aus China in Drittländer um 10 % unter dem Zielpreis der Union liegen würden. Es wäre daher wahrscheinlich, dass die Einfuhren aus China bei Außerkrafttreten der Maßnahmen eine Schädigung verursachen würden.

5.3.   Schlussfolgerung

(231)

Auf dieser Grundlage kam die Kommission zu dem Schluss, dass das Außerkrafttreten der Maßnahmen aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem erheblichen Anstieg der gedumpten Einfuhren aus China und Russland zu schädigenden Preisen führen würde, was wahrscheinlich ein erneutes Auftreten der bedeutenden Schädigung zur Folge hätte.

6.   UNIONSINTERESSE

(232)

Nach Artikel 21 der Grundverordnung prüfte die Kommission, ob eine Aufrechterhaltung der geltenden Antidumpingmaßnahmen dem Unionsinteresse insgesamt deutlich zuwiderlaufen würde. Bei der Ermittlung des Unionsinteresses wurden die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, einschließlich der Interessen des Wirtschaftszweigs der Union, der Einführer und der Verwender.

6.1.   Interesse des Wirtschaftszweigs der Union

(233)

Der Wirtschaftszweig der Union ist in 14 Mitgliedstaaten angesiedelt (Deutschland, Slowakische Republik, Italien, Slowenien, Luxemburg, Griechenland, Belgien, Niederlande, Österreich, Finnland, Schweden, Portugal, Ungarn und Spanien). Er beschäftigt in Bezug auf die überprüfte Ware mehr als 9 000 Beschäftigte.

(234)

Obgleich die geltenden Antidumpingmaßnahmen verhinderten, dass in großem Umfang gedumpte Einfuhren aus Russland und China auf den Unionsmarkt gelangten, befand sich der Wirtschaftszweig der Union im Untersuchungszeitraum in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, wie die negativen Entwicklungen der Schadensindikatoren bestätigen.

(235)

Auf dieser Grundlage stellte die Kommission fest, dass ein erneutes Auftreten der ursprünglich durch Einfuhren aus den betroffenen Ländern verursachten Schädigung im Falle eines Außerkrafttretens der Maßnahmen sehr wahrscheinlich ist. Der deutliche Anstieg gedumpter Einfuhren aus Russland und China würde die bereits sehr schwierige wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union verschärfen und seine Existenzfähigkeit ernsthaft gefährden.

(236)

Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass die Aufrechterhaltung der Antidumpingmaßnahmen gegenüber Russland und China im Interesse des Wirtschaftszweigs der Union liegt.

6.2.   Interesse der Verwender und unabhängigen Einführer

(237)

Die Kommission kontaktierte alle ihr bekannten Verwender und unabhängigen Einführer. Keine Verwender oder unabhängigen Einführer meldeten sich und arbeiteten an dieser Untersuchung mit, indem sie den Fragebogen beantworteten.

(238)

Ein unabhängiger Einführer, Duferco S.A., und ein Verwender, ATS S.A., übermittelten eine Stellungnahme zur Einleitung. Nach Angaben von Duferco S.A. sind die Stahlpreise erheblich gestiegen, was zu Engpässen in der Lieferkette geführt habe. Die russische Regierung wies auch auf Verwender und Verbraucher in der Union hin, die unter einem starken Anstieg der Preise für kaltgewalzte Flachstahlerzeugnisse leiden. ATS S.A. und die drei russischen ausführenden Hersteller verweisen auf einen Preisanstieg im ersten Halbjahr 2021, der den Verwendern und Verbrauchern von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen geschadet habe. Darüber hinaus machen die Parteien geltend, dass die geltenden Schutzmaßnahmen gegenüber Einfuhren von Stahlerzeugnissen ein eigenständiges handelspolitisches Schutzinstrument darstellten, das zu einem Preisanstieg und zu einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage beitragen (77).

(239)

In diesem Zusammenhang haben Schutzmaßnahmen eine andere Begründung und Zielsetzung als Antidumpingmaßnahmen. Wie in Erwägungsgrund 132 erläutert, sind die Schutzmaßnahmen nicht ausreichend, um den Unionsmarkt vor erheblichen Einfuhrmengen zu gedumpten Preisen zu schützen. Darüber hinaus stammen die von Duferco S.A zur Stützung seiner Stellungnahme vorgelegten Daten aus den Monaten April und Juli 2021, die die im Untersuchungszeitraum der Überprüfung beobachteten Entwicklungen abdecken. Wie aus der Analyse in Abschnitt 4.4.2 hervorgeht, lag die Kapazitätsauslastung des Wirtschaftszweigs der Union im selben Zeitraum bei nur 68 %, während die Verkaufspreise relativ niedrig waren. Dies deutete darauf hin, dass genügend Spielraum für eine Steigerung der Produktion zu wettbewerbsfähigen Preisen bestand.

(240)

Weder ATS S.A. noch die russischen ausführenden Hersteller legten Beweise zur Untermauerung der Aussagen in ihren Stellungnahmen vor. Wie aus der Analyse in Abschnitt 4.4.3 hervorgeht, bestätigten die Daten für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung, der das erste Halbjahr 2021 umfasst, die Aussagen von ATS S.A. nicht. Tatsächlich lagen die Preise des Wirtschaftszweigs der Union nicht auf einem ungewöhnlich hohen Niveau. Sie lagen unter den Stückkosten und sogar unter den Ausfuhrpreisen einiger Drittländer, darunter China, sowie unter dem Zielpreis des Wirtschaftszweigs der Union.

(241)

Da weder eine der in Erwägungsgrund 238 genannten interessierten Parteien noch ein anderer Verwender oder unabhängiger Einführer den Fragebogen beantwortete oder über die genannten Stellungnahmen hinausgehende weitere Informationen übermittelte, verfügte die Kommission über keine ausreichenden Informationen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahmen dem Interesse der Verwender oder Einführer schaden würde.

6.3.   Schlussfolgerung zum Unionsinteresse

(242)

Aufgrund der vorstehenden Überlegungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass keine zwingenden Gründe des Unionsinteresses gegen die Aufrechterhaltung der geltenden Maßnahmen gegenüber den Einfuhren der überprüften Ware mit Ursprung in Russland und China sprechen.

7.   ANTRÄGE AUF AUSSETZUNG/AUFHEBUNG DER MAẞNAHMEN

(243)

Drei russische ausführende Hersteller und ein Verwender (ATS S.A.) forderten die Aussetzung der geltenden Maßnahmen. Darüber hinaus hatte auch ein im Vereinigten Königreich ansässiger unabhängiger Einführer (Stemcor London Limited) bereits vor der Einleitung der Auslaufüberprüfung eine ähnliche Forderung vorgebracht.

(244)

In den von den verschiedenen Parteien vorgebrachten Argumenten wurde auf den aktuellen, angeblich hohen Preisanstieg in der Union seit Ende 2020, den Rückgang der Einfuhren von kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen aus den betroffenen Ländern und ein angebliches Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage verwiesen. Die zur Stützung dieser Argumente vorgelegten begrenzten Beweise und Daten bezogen sich fast ausschließlich auf einen Zeitraum, der vom Untersuchungszeitraum der Überprüfung abgedeckt wurde. Keine der Parteien hatte zur Untermauerung ihrer Argumente Daten für den Zeitraum nach dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung oder Prognosen für die Zukunft vorgelegt, mit Ausnahme der Verkaufspreise in der Union im dritten Quartal 2021 und des Hinweises auf einen moderaten Abwärtstrend Ende 2021. Die drei russischen ausführenden Hersteller erklärten, dass „eine vorausschauende Analyse künftiger Marktentwicklungen im Zeitraum 2022-2023 ungewiss wäre und eine Vielzahl alternativer, sogar widersprüchlicher Szenarien in Betracht zu ziehen wären. Selbst die komplexesten Wirtschaftsindikatoren können keinen Aufschluss über künftige Entwicklungen geben.“ Daher sei es zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig, auf dieser Grundlage Schlussfolgerungen hinsichtlich des Vorliegens einer vorübergehenden Veränderung der Marktbedingungen zu ziehen.

(245)

Die Kommission verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung Antidumpingmaßnahmen im Interesse der Union ausgesetzt werden können, wenn sich die Marktbedingungen vorübergehend derart ändern, dass es unwahrscheinlich ist, dass aufgrund der Aussetzung wieder eine Schädigung entsteht.

(246)

In Bezug auf den zweiten Aspekt, und wie auch in den Abschnitten über die Schädigung, das erneute Auftreten der Schädigung und das Unionsinteresse dargelegt (Erwägungsgründe 174 ff.), stellte die Kommission fest, dass sich der Wirtschaftszweig der Union im Untersuchungszeitraum der Überprüfung nach wie vor in einer schwierigen Lage befand und dass es ohnehin sehr wahrscheinlich ist, dass die bedeutende Schädigung, die ursprünglich durch gedumpte Einfuhren aus China und Russland zu schädigenden Preisen verursacht wurde, bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen erneut auftreten würde. Darüber hinaus stellte die Kommission keine zwingenden Gründe des Unionsinteresses gegen die Aufrechterhaltung der Maßnahmen fest. Daher konnte die Kommission auf der Grundlage der in dieser Untersuchung verfügbaren Informationen in diesem Stadium nicht zu dem Schluss gelangen, dass eine erneute Schädigung infolge einer Aussetzung unwahrscheinlich wäre und dass es im Interesse der Union läge, die Maßnahmen nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung auszusetzen. Daher wies die Kommission das Vorbringen zurück. Die Kommission behält sich das Recht vor, zu gegebener Zeit die Notwendigkeit einer Aussetzung der Maßnahmen nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung weiter zu prüfen.

(247)

Darüber hinaus brachten die NLMK-Gruppe, die Severstal-Gruppe und die MMK-Gruppe vor, dass es keine Rechtsgrundlage für die Aufrechterhaltung der Maßnahmen gebe, weder als Ergebnis der laufenden Auslaufüberprüfung noch während der gesetzlichen Geltungsdauer der Maßnahmen, da russische Lieferungen kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse in die Union durch Sanktionen vollständig gestoppt worden seien. Die ausführenden Hersteller argumentierten, dass die durch diese Sanktionen bewirkte grundlegende Neuausrichtung der Handelsströme dauerhaft sei. Diesem Argument zufolge würden die Maßnahmen nicht dazu dienen, den Wirtschaftszweig und den Markt der Union vor unlauteren Handelspraktiken ausländischer Ausführer zu schützen, und seien daher nach Artikel 11 Absatz 1 der Grundverordnung nicht erforderlich.

(248)

Die Kommission stellte fest, dass die Union nach der Einleitung der Untersuchung aufgrund der militärischen Aggression der Russischen Föderation gegen die Ukraine mehrere Sanktionspakete gegen Russland verhängte, die auch Stahlerzeugnisse und/oder die Stahlunternehmen betrafen, die die geprüfte Ware nach dem Untersuchungszeitraum der Überprüfung herstellten und ausführten. Entgegen der Behauptung der ausführenden Hersteller kann die derzeitige Situation jedoch nicht als dauerhaft angesehen werden. Wie in der Tat in den Erwägungsgründen 167 und 172 dargelegt, kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese Sanktionen für die Schlussfolgerungen in dieser Untersuchung nicht von Belang sind. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass trotz der derzeitigen Sanktionen Maßnahmen im Sinne des Artikels 11 Absätze 1 und 2 der Grundverordnung weiterhin erforderlich sind.

8.   ANTIDUMPINGMAẞNAHMEN

(249)

Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Kommission zum erneuten Auftreten des Dumpings und der Schädigung und zum Unionsinteresse sollten die Antidumpingmaßnahmen gegenüber kaltgewalzten Flachstahlerzeugnissen aus China und Russland aufrechterhalten werden.

(250)

Es sind besondere Vorkehrungen zur Gewährleistung der Erhebung der unternehmensspezifischen Antidumpingzölle erforderlich. Die Unternehmen, für die ein unternehmensspezifischer Antidumpingzoll gilt, müssen den Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine gültige Handelsrechnung vorlegen. Die Rechnung muss den in Artikel 1 Absatz 3 dieser Verordnung dargelegten Anforderungen entsprechen. Auf Einfuhren, für die keine solche Rechnung vorgelegt wird, sollte der für „alle übrigen Unternehmen“ geltende Antidumpingzoll erhoben werden.

(251)

Auch wenn die Vorlage dieser Rechnung erforderlich ist, damit die Zollbehörden der Mitgliedstaaten die unternehmensspezifischen Antidumpingzölle auf die Einfuhren anwenden können, stellt diese Rechnung nicht das einzige von den Zollbehörden zu berücksichtigende Element dar. So müssen die Zollbehörden der Mitgliedstaaten — auch wenn ihnen eine Rechnung vorgelegt wird, die alle in Artikel 1 Absatz 3 dieser Verordnung dargelegten Anforderungen erfüllt — ihre üblichen Prüfungen durchführen und können, wie in allen anderen Fällen, zusätzliche Dokumente (Versandpapiere usw.) verlangen, um die Richtigkeit der Angaben in der Erklärung zu überprüfen und sicherzustellen, dass die anschließende Anwendung des niedrigeren Zollsatzes unter Einhaltung der Zollvorschriften gerechtfertigt ist.

(252)

Sollten sich die Ausfuhren eines der Unternehmen, die in den Genuss niedrigerer individueller Zollsätze gelangen, nach der Einführung der betreffenden Maßnahmen beträchtlich erhöhen, so könnte allein schon der mengenmäßige Anstieg als Veränderung des Handelsgefüges aufgrund der Einführung von Maßnahmen im Sinne des Artikels 13 Absatz 1 der Grundverordnung interpretiert werden. Unter diesen Umständen kann, sofern die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, eine Umgehungsuntersuchung eingeleitet werden. Im Rahmen dieser Untersuchung kann unter anderem geprüft werden, ob es notwendig ist, den/die individuellen Zollsatz/Zollsätze aufzuheben und stattdessen einen landesweiten Zoll einzuführen.

(253)

Die in dieser Verordnung aufgeführten unternehmensspezifischen Antidumpingzölle gelten ausschließlich für die Einfuhren der überprüften Ware mit Ursprung in den betroffenen Ländern, die von den namentlich genannten juristischen Personen hergestellt werden. Einfuhren der überprüften Ware, die von anderen, im verfügenden Teil dieser Verordnung nicht ausdrücklich genannten Unternehmen (einschließlich der mit den ausdrücklich genannten Unternehmen verbundenen Unternehmen) hergestellt werden, sollten dem für „alle übrigen Unternehmen“ geltenden Zollsatz unterliegen. Für sie sollte keiner der unternehmensspezifischen Antidumpingzölle gelten.

(254)

Ein Unternehmen kann die Anwendung dieser unternehmensspezifischen Antidumpingzollsätze beantragen, falls es später seinen Namen ändert. Der Antrag ist an die Kommission (78) zu richten. Er muss alle sachdienlichen Informationen enthalten, aus denen hervorgeht, dass die Änderung nicht das Recht des Unternehmens berührt, in den Genuss des für dieses Unternehmen geltenden Zollsatzes zu kommen. Wenn die Namensänderung des Unternehmens dieses Recht nicht berührt, wird eine Verordnung über die Namensänderung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(255)

Nach Artikel 109 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (79) wird, wenn ein Betrag infolge einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union erstattet werden muss, der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Kalendertag jedes Monats geltende Zinssatz angewandt, der im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wird.

(256)

Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 der Kommission (80) wurde für einen Zeitraum von drei Jahren eine Schutzmaßnahme für bestimmte Stahlerzeugnisse eingeführt. Die Schutzmaßnahme wurde mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1029 bis zum 30. Juni 2024 verlängert. Die überprüfte Ware fällt in eine der Warenkategorien, die unter diese Schutzmaßnahme fallen. Werden die im Rahmen der Schutzmaßnahme festgelegten Zollkontingente überschritten, würde auf dieselben Einfuhren deshalb sowohl der außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz als auch der Antidumpingzoll fällig. Da sich eine solche Kumulierung von Antidumpingmaßnahmen mit Schutzmaßnahmen stärker auf den Handel auswirken kann als gewünscht, beschloss die Kommission für die Geltungsdauer des Schutzzolls, in Bezug auf die überprüfte Ware eine gleichzeitige Anwendung des Antidumpingzolls und des außerhalb des Kontingents geltenden Zollsatzes zu verhindern.

(257)

Dies bedeutet, dass in Fällen, in denen der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz auf die überprüfte Ware anwendbar wird und die Höhe der Antidumpingzölle gemäß der vorliegenden Verordnung übersteigt, nur der gemäß Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 für außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz erhoben wird. Für die Dauer der gleichzeitigen Anwendung der Schutzzölle und der Antidumpingzölle wird die Erhebung der gemäß der vorliegenden Verordnung eingeführten Zölle ausgesetzt. Wird der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz auf die geprüfte Ware anwendbar und ist dieser in einer Höhe festgesetzt, die niedriger ist als die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Antidumpingzölle, so wird der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz zuzüglich der Differenz zwischen diesem Zoll und den höheren mit der vorliegenden Verordnung eingeführten Antidumpingzöllen erhoben. Der anteilige Betrag der nicht erhobenen Antidumpingzölle wird ausgesetzt.

(258)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des mit Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 eingerichteten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Es wird ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt auf die Einfuhren von flachgewalzten Erzeugnissen aus Eisen oder nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl (ausgenommen aus nicht rostendem Stahl) beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen und nur kaltgewalzt, mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation, die derzeit unter den KN-Codes ex 7209 15 00 (TARIC-Code 7209150090), 7209 16 90, 7209 17 90, 7209 18 91, ex 7209 18 99 (TARIC-Code 7209189990), ex 7209 25 00 (TARIC-Code 7209250090), 7209 26 90, 7209 27 90, 7209 28 90, 7211 23 30, ex 7211 23 80 (TARIC-Codes 7211238019, 7211238095 und 7211238099), ex 7211 29 00 (TARIC-Codes 7211290019 und 7211290099), 7225 50 80 und 7226 92 00 eingereiht werden.

Die folgenden Warentypen sind aus der Definition der betroffenen Ware ausgenommen:

Elektrobleche aus Eisen oder nicht legiertem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen, nur kaltgewalzt, auch in Rollen (Coils), beliebiger Dicke,

Schwarzbleche aus Eisen oder nicht legiertem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen, in Rollen (Coils), mit einer Dicke von weniger als 0,35 mm, geglüht,

flachgewalzte Erzeugnisse aus anderem legiertem Stahl beliebiger Breite, aus Silicium-Elektrostahl, und

flachgewalzte Erzeugnisse aus legiertem Stahl, nur kaltgewalzt, aus Schnellarbeitsstahl.

(2)   Für die in Absatz 1 beschriebene und von den nachstehend aufgeführten Unternehmen hergestellte Ware gelten folgende endgültige Antidumpingzollsätze auf den Nettopreis frei Grenze der Union, unverzollt:

Land

Unternehmen

Antidumpingzollsatz (in %)

TARIC-Zusatzcode

VR China

Angang Steel Company Limited, Anshan

19,7

C097

 

Tianjin Angang Tiantie Cold Rolled Sheets Co. Ltd., Tianjin

19,7

C098

 

Im Anhang aufgeführte andere mitarbeitende Unternehmen

20,5

 

 

Alle übrigen Unternehmen

22,1

C999

Russland

Magnitogorsk Iron & Steel Works OJSC, Magnitogorsk

18,7

C099

 

PAO Severstal, Cherepovets

34

C100

 

Alle übrigen Unternehmen

36,1

C999

(3)   Die Anwendung der unternehmensspezifischen Zollsätze für die in Absatz 2 genannten Unternehmen setzt voraus, dass den Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine gültige Handelsrechnung vorgelegt wird; diese muss eine Erklärung enthalten, die von einer dafür zuständigen, mit Namen und Funktion ausgewiesenen Person des rechnungsstellenden Unternehmens datiert und unterzeichnet wurde und deren Wortlaut wie folgt lautet: „Der/Die Unterzeichnete versichert, dass die auf dieser Rechnung aufgeführten und zur Ausfuhr in die Europäische Union verkauften [Mengenangabe] [überprüfte Ware] von [Name und Anschrift des Unternehmens] ([TARIC-Zusatzcode]) in [betroffenes Land] hergestellt wurden und dass die Angaben auf dieser Rechnung vollständig und richtig sind.“ Wird keine solche Handelsrechnung vorgelegt, findet der für alle übrigen Unternehmen geltende Zollsatz Anwendung.

(4)   Artikel 1 Absatz 2 kann geändert werden, um neue ausführende Hersteller aus der Volksrepublik China hinzuzufügen und für sie den entsprechenden gewogenen durchschnittlichen Antidumpingzollsatz für mitarbeitende Unternehmen, die nicht in die Stichprobe einbezogen wurden, einzuführen. Ein neuer ausführender Hersteller muss Beweise dafür vorlegen, dass

a)

er die in Artikel 1 Absatz 1 beschriebenen Waren mit Ursprung in der Volksrepublik China im Zeitraum zwischen dem 1. April 2014 und dem 31. März 2015 (Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung) nicht ausgeführt hat,

b)

er nicht mit einem Ausführer oder Hersteller verbunden ist, für den die mit dieser Verordnung eingeführten Maßnahmen gelten, und

c)

er nach dem Ende des Untersuchungszeitraums der Ausgangsuntersuchung die überprüfte Ware entweder tatsächlich in die Union ausgeführt hat oder eine unwiderrufliche vertragliche Verpflichtung zur Ausfuhr einer bedeutenden Menge in die Union eingegangen ist.

(5)   Sofern nichts anderes bestimmt ist, finden die geltenden Zollbestimmungen Anwendung.

Artikel 2

(1)   Wird der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz anwendbar auf flachgewalzte Erzeugnisse aus Eisen oder nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl, ausgenommen aus nicht rostendem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen und nur kaltgewalzt, und übersteigt dieser Zollsatz die Höhe des in Artikel 1 Absatz 2 festgesetzten Antidumpingzolls, so wird nur der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz erhoben.

(2)   Im Anwendungszeitraum von Absatz 1 wird die Erhebung von nach dieser Verordnung verhängten Zöllen ausgesetzt.

(3)   Wird der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz anwendbar auf flachgewalzte Erzeugnisse aus Eisen oder nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl, ausgenommen aus nicht rostendem Stahl beliebiger Breite, kaltgewalzt, weder plattiert noch überzogen und nur kaltgewalzt, und ist dieser Zollsatz in einer Höhe festgesetzt, die niedriger ist als der in Artikel 1 Absatz 2 festgesetzte Antidumpingzoll, so wird der in Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 genannte, außerhalb des Kontingents geltende Zollsatz zuzüglich der Differenz zwischen diesem Zoll und dem in Artikel 1 Absatz 2 festgesetzten höheren Antidumpingzoll erhoben.

(4)   Der nach Absatz 3 nicht erhobene Teil des Betrags des Antidumpingzolls wird ausgesetzt.

(5)   Die in den Absätzen 2 und 4 genannten Aussetzungen sind zeitlich auf die Geltungsdauer des für Einfuhren außerhalb des Kontingents geltenden Zolls gemäß Artikel 1 Absatz 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 befristet.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 26. Oktober 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)   ABl. L 83 vom 27.3.2015, S. 11.

(3)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328 der Kommission vom 29. Juli 2016 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. L 210 vom 4.8.2016, S. 1).

(4)   ABl. C 389 vom 16.11.2020, S. 4.

(5)  Bekanntmachung der Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. C 311 vom 3.8.2021, S. 6).

(6)   ABl. C 311 vom 3.8.2021, S. 8. Absatz 4.2.

(7)  https://www.gtis.com/gta/

(8)  https://qdd.oecd.org/subject.aspx?Subject=ExportRestrictions_IndustrialRawMaterials

(9)  https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2538

(10)  Bekanntmachung über die Folgen des Ausbruchs des COVID-19 (Coronavirus) für Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen (2020/C 86/06) (ABl. C 86 vom 16.3.2020, S. 6).

(11)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/181 der Kommission vom 10. Februar 2016 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation (ABl. L 37 vom 12.2.2016, S. 17), Erwägungsgrund 113.

(12)  Siehe vorangehende Fußnote.

(13)  https://www.gtis.com/gta/

(14)  https://qdd.oecd.org/subject.aspx?Subject=ExportRestrictions_IndustrialRawMaterials

(15)  https://ec.altares.eu/

(16)  Durchführungsverordnung (EU) 2022/191 der Kommission vom 16. Februar 2022 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 36 vom 17.2.2022, S. 1); Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239 der Kommission vom 15. Dezember 2021 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter gewerblicher Windkrafttürme aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 450 vom 16.12.2021, S. 59); Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 der Kommission vom 16. April 2021 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter geschweißter Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung in Belarus, der Volksrepublik China und Russland im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 132 vom 19.4.2021, S. 145) und Durchführungsverordnung (EU) 2020/508 der Kommission vom 7. April 2020 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus nicht rostendem Stahl in Tafeln oder Rollen (Coils) mit Ursprung in Indonesien, der Volksrepublik China und Taiwan (ABl. L 110 vom 8.4.2020, S. 3).

(17)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 149-150 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 158-159 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(18)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 115-118 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 122-127 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(19)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 119-122 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 128-132 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508: Das in den chinesischen Rechtsvorschriften vorgesehene Recht der zuständigen Behörden, Schlüsselpositionen im Management staatseigener Unternehmen zu besetzen und Personen aus solchen Positionen abzuberufen, kann als ein sich aus den entsprechenden Eigentumsrechten ergebendes Recht gesehen werden; der Staat kann aber noch über einen weiteren bedeutenden Kanal Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen, nämlich über die in staatseigenen wie auch in privaten Unternehmen bestehenden Zellen der Kommunistischen Partei. Nach dem Unternehmensrecht der VR China muss in jedem Unternehmen (in dem es mindestens drei Parteimitglieder gibt — so sieht es das Statut der Kommunistischen Partei Chinas vor) eine Organisation der Kommunistischen Partei gebildet werden; zudem muss das Unternehmen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Parteiorganisation ihre Tätigkeiten ausüben kann. In der Vergangenheit wurde diese Vorschrift offenbar nicht immer eingehalten bzw. konsequent durchgesetzt. Jedoch macht die Kommunistische Partei spätestens seit 2016 verstärkt ihren Anspruch auf Kontrolle der Geschäftsentscheidungen staatseigener Unternehmen als politisches Prinzip geltend. Auch wird berichtet, dass die Kommunistische Partei Druck auf private Unternehmen dahin gehend ausübt, „Patriotismus“ an oberste Stelle zu setzen und die Parteidisziplin zu wahren. Im Jahr 2017 gab es Berichten zufolge in 70 % der etwa 1,86 Mio. Privatunternehmen Parteizellen, wobei verstärkt darauf gedrungen wurde, dass die Organisationen der Kommunistischen Partei bei Geschäftsentscheidungen der betreffenden Unternehmen das letzte Wort haben sollten. Diese Regeln gelten grundsätzlich in der gesamten chinesischen Wirtschaft und in allen Sektoren, somit auch für die Hersteller von SSCR und die Lieferanten ihrer Inputs.

(20)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 123-129 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 133-138 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(21)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 130-133 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 139-142 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(22)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 134-135 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 143-144 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(23)  Siehe Erwägungsgründe 195-201 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/191, Erwägungsgründe 67-74 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2239, Erwägungsgründe 136-145 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 145-154 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(24)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2017) 483 final/2 vom 20.12.2017, abrufbar unter: https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2017/december/tradoc_156474.pdf.

(25)  Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission vom 5. April 2017 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 92 vom 6.4.2017, S. 68); Durchführungsverordnung (EU) 2017/969 der Kommission vom 8. Juni 2017 zur Einführung endgültiger Ausgleichszölle auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2017/649 der Kommission zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter warmgewalzter Flacherzeugnisse aus Eisen, nicht legiertem Stahl oder anderem legiertem Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 146 vom 9.6.2017, S. 17) und Durchführungsverordnung (EU) 2019/688 der Kommission vom 2. Mai 2019 zur Einführung eines endgültigen Ausgleichszolls auf die Einfuhren bestimmter organisch beschichteter Stahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 18 der Verordnung (EU) 2016/1037 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 116 vom 3.5.2019, S. 39).

(26)  Globales Forum zu Stahlüberkapazitäten, Ministerbericht, 20. September 2018.

(27)  Durchführungsverordnung (EU) 2019/688, Erwägungsgrund 86.

(28)  Siehe: https://worldsteel.org/steel-topics/statistics/top-producers/ (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(29)  Siehe zum Beispiel: www.fitchratings.com/research/corporate-finance/china-baowu-steel-group-corporation-limited-05-03-2021 (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(30)  Bericht — Kapitel 14, S. 358: Die Produktion entfällt zu 51 % auf private und zu 49 % auf staatseigene Unternehmen, die Kapazität zu 44 % auf staatseigene und zu 56 % auf private Unternehmen.

(31)  Abrufbar unter: www.gov.cn/zhengce/content/2016-02/04/content_5039353.htm); https://policycn.com/policy_ticker/higher-expectations-for-large-scale-steel-enterprise/?iframe=1&secret=c8uthafuthefra4e und www.xinhuanet.com/english/2019-04/23/c_138001574.htm (abgerufen am 4. August 2022).

(32)  Verfügbar unter http://www.jjckb.cn/2019-04/23/c_137999653.htm (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(33)  Beispielsweise beim Zusammenschluss zwischen dem Privatunternehmen Rizhao und dem staatseigenen Unternehmen Shandong Iron and Steel im Jahr 2009. Siehe Stahlbericht Peking, S. 58; als weiteres Beispiel lässt sich die Mehrheitsbeteiligung anführen, die die China Baowu Steel Group im Juni 2019 an Magang Steel erwarb, siehe https://www.ft.com/content/a7c93fae-85bc-11e9-a028-86cea8523dc2 (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(34)  Siehe: https://www.miit.gov.cn/gzcy/yjzj/art/2020/art_af1bef04b9624997956b2bff6cdb7383.html (zuletzt abgerufen am 13. Januar 2022).

(35)  Siehe Abschnitt IV, Unterabschnitt 3 des Plans, abrufbar unter: https://www.miit.gov.cn/zwgk/zcwj/wjfb/tz/art/2021/art_2960538d19e34c66a5eb8d01b74cbb20.html (zuletzt abgerufen am 13. Januar 2022).

(36)  Siehe das Vorwort zum 14. Fünfjahresplan zur Entwicklung der Stahlindustrie.

(37)  Siehe Website der Gruppe, abrufbar unter: http://www.baowugroup.com/about/board_of_directors (zuletzt abgerufen am 28. März 2022).

(38)  Siehe Website des Unternehmens, abrufbar unter: https://www.baosteel.com/about/manager (zuletzt abgerufen am 28. März 2022).

(39)  Siehe Website der Gruppe, abrufbar unter: http://www.baowugroup.com/party_building/overview (zuletzt abgerufen am 28. März 2022).

(40)   Ebenda.

(41)  Bericht, Teil III, Kapitel 14, S. 346 ff.

(42)  Einführung in den Plan zur Anpassung und Modernisierung der Stahlindustrie.

(43)  Bericht, Kapitel 14, S. 347.

(44)  13. Fünfjahresplan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Volksrepublik China (2016-2020), abrufbar unter: https://en.ndrc.gov.cn/policies/202105/P020210527785800103339.pdf (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(45)  Bericht — Kapitel 14, S. 349.

(46)  Bericht — Kapitel 14, S. 352.

(47)  Siehe 14. Fünfjahresplan für die nationale wirtschaftliche und soziale Entwicklung und die langfristigen Ziele bis zum Jahr 2035, Teil III, Artikel VIII, abrufbar unter:

https://cset.georgetown.edu/publication/china-14th-five-year-plan/ (zuletzt abgerufen am 4. August 2022).

(48)  Leitlinien zur industriellen Umstrukturierung aus dem Jahr 2019, genehmigt durch den Erlass Nr. 29 der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission der Volksrepublik China vom 27. August 2019; abrufbar unter:

http://www.gov.cn/xinwen/2019-11/06/5449193/files/26c9d25f713f4ed5b8dc51ae40ef37af.pdf (zuletzt abgerufen am 27. Juni 2022).

(49)  Siehe Erwägungsgründe 134-135 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/635 und Erwägungsgründe 143-144 der Durchführungsverordnung (EU) 2020/508.

(50)  World Bank Open Data — Upper Middle Income, https://data.worldbank.org/income-level/upper-middle-income.

(51)  Wird die überprüfte Ware in keinem der Länder mit einem ähnlichen Entwicklungsstand hergestellt, kann als Kriterium auch die Herstellung einer Ware, die derselben allgemeinen Kategorie und/oder demselben Sektor wie die überprüfte Ware zuzurechnen ist, angewandt werden.

(52)  https://www.edp.com.br/distribuicao-es/saiba-mais/informativos/tarifas-aplicadas-a-clientes-atendidos-em-alta-e-media-tensao-(grupo-a), und https://www.edp.com.br/distribuicao-es/saiba-mais/informativos/bandeira-tarifaria

(53)  https://ilostat.ilo.org/

(54)  https://ilostat.ilo.org/data/ https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer36/?lang=en&segment=indicator&id=EAR_4MTH_SEX_ECO_CUR_NB_A.

(55)  https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer38/?lang=en&segment=indicator&id=HOW_TEMP_SEX_ECO_NB_A

(56)  Verordnung (EU) 2015/755 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über eine gemeinsame Regelung der Einfuhren aus bestimmten Drittländern (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 33). Nach Artikel 2 Absatz 7 der Grundverordnung können die Inlandspreise in diesen Ländern nicht zur Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden; außerdem waren diese Einfuhrdaten sowieso unerheblich.

(57)  https://ilostat.ilo.org/

(58)  https://ilostat.ilo.org/data/ https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer36/?lang=en&segment=indicator&id=EAR_4MTH_SEX_ECO_CUR_NB_A

(59)  https://www.ilo.org/shinyapps/bulkexplorer38/?lang=en&segment=indicator&id=HOW_TEMP_SEX_ECO_NB_A

(60)  https://www.edp.com.br/distribuicao-es/saiba-mais/informativos/tarifas-aplicadas-a-clientes-atendidos-em-alta-e-media-tensao-(grupo-a), und https://www.edp.com.br/distribuicao-es/saiba-mais/informativos/bandeira-tarifaria

(61)  www.macmap.org

(62)  Die Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6 enthält Daten über Einfuhren von Waren, die bereits zollamtlich erfasst sind oder Antidumping- oder Antisubventionsmaßnahmen unterliegen, aus den von dem Verfahren betroffenen Ländern und aus anderen Drittländern auf der Ebene der zehnstelligen TARIC-Codes.

(63)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/1029 der Kommission vom 24. Juni 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 der Kommission und zur Verlängerung der Schutzmaßnahme gegenüber den Einfuhren bestimmter Stahlerzeugnisse (ABl. L 225 I vom 25.6.2021, S. 1).

(64)  https://www.oecd.org/industry/ind/latest-developments-in-steelmaking-capacity-2021.pdf

(65)  https://worldsteel.org/steel-topics/statistics/world-steel-in-figures-2022/

(66)  Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter kaltgewalzter Flachstahlerzeugnisse mit Ursprung in der Volksrepublik China und der Russischen Föderation, Einreichung im Namen von Duferco S.A., 27.8.2021, Abschnitt 4.1. China, S. 6-7.

(67)  Global Steel Prices, Indexes & Forecasts | MEPS International

(68)  Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229 vom 31.7.2014, S. 1), in der durch die Verordnung (EU) 2022/428 geänderten Fassung (ABl. L 87 I vom 15.3.2022, S. 13). Die konsolidierte Fassung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, die alle Änderungen im Zusammenhang mit dem Sanktionspaket enthält, ist unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0833-20220413 verfügbar.

(69)  Indien, die Türkei, die Ukraine und die Republik Korea waren im Untersuchungszeitraum der Überprüfung die einzigen Länder mit einem Marktanteil von über 3 %, während nur Taiwan und das Vereinigte Königreich einen Marktanteil von über 2 % hatten.

(70)  Dies wurde auch in der Ausgangsuntersuchung bestätigt, siehe Erwägungsgrund 136 der Durchführungsverordnung (EU) 2016/181.

(71)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/181, Erwägungsgrund 136.

(72)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328.

(73)  Verordnung (EU) 2022/428 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren.

(74)  Den russischen ausführenden Herstellern zufolge setzt die Kommission Antidumpingmaßnahmen als langfristiges Handelsschutzinstrument ein, obwohl eine Antidumpingmaßnahme mit dem Wegfall der Bedingungen, die ihrer Einführung zugrunde liegen, eingestellt werden müsse.

(75)  Dieser Preis wurde auf CIF-Basis ermittelt, wie vom GTA ausgewiesen (https://www.gtis.com/gta/), wobei angemessene Berichtigungen zur Berücksichtigung von nach der Einfuhr angefallenen Kosten vorgenommen wurden.

(76)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/1328, Erwägungsgrund 156.

(77)  Durchführungsverordnung (EU) 2022/978 der Kommission vom 23. Juni 2022 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 zur Einführung einer endgültigen Schutzmaßnahme gegenüber den Einfuhren bestimmter Stahlerzeugnisse (ABl. L 167 vom 24.6.2022, S. 58).

(78)  Europäische Kommission, Generaldirektion Handel, Direktion G, Rue de la Loi 170, 1040 Brüssel, Belgien.

(79)  Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).

(80)  Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 der Kommission vom 31. Januar 2019 zur Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter Stahlerzeugnisse (ABl. L 31 vom 1.2.2019, S. 27).


ANHANG

Nicht in die Stichprobe einbezogene mitarbeitende ausführende Hersteller in der VR China:

Land

Name

TARIC-Zusatzcode

VR China

Hesteel Co., Ltd Tangshan Branch, Tangshan

C103

VR China

Handan Iron & Steel Group Han-Bao Co., Ltd, Handan

C104

VR China

Baoshan Iron & Steel Co., Ltd, Shanghai

C105

VR China

Shanghai Meishan Iron & Steel Co., Ltd, Nanjing

C106

VR China

BX Steel POSCO Cold Rolled Sheet Co., Ltd, Benxi

C107

VR China

Bengang Steel Plates Co., Ltd, Benxi

C108

VR China

WISCO International Economic & Trading Co. Ltd, Wuhan

C109

VR China

Maanshan Iron & Steel Co., Ltd, Maanshan

C110

VR China

Tianjin Rolling-one Steel Co., Ltd, Tianjin

C111

VR China

Zhangjiagang Yangtze River Cold Rolled Sheet Co., Ltd, Zhangjiagang

C112

VR China

Inner Mongolia Baotou Steel Union Co., Ltd, Baotou City

C113


BESCHLÜSSE

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/195


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/2069 DER KOMMISSION

vom 30. September 2022

zur Genehmigung eines Antrags der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung gemäß der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 6859)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (1), insbesondere auf Anhang III Absatz 2 Unterabsatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 91/676/EWG enthält Vorschriften zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen.

(2)

Gemäß Anhang III Absatz 2 der Richtlinie 91/676/EWG müssen Mitgliedstaaten, die beabsichtigen, pro Hektar (ha) mehr als die Menge Dung, die 170 kg Stickstoff enthält, zuzulassen, diese Mengen so festlegen, dass die Erreichung der in Artikel 1 der Richtlinie genannten Ziele nicht beeinträchtigt wird. Lässt ein Mitgliedstaat gemäß Unterabsatz 2 Buchstabe b eine andere Menge zu, so unterrichtet er davon die Kommission, die die Begründung nach dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren prüft.

(3)

Mit der Entscheidung 2005/880/EG (2) genehmigte die Kommission die von den Niederlanden beantragte Ausnahmeregelung im Sinne der Richtlinie 91/676/EWG, mit der es Betrieben mit mindestens 70 % Grünland gestattet wurde, Dung aus Weideviehhaltung bis zu einer Höchstmenge von 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr auszubringen.

(4)

Mit dem Beschluss 2010/65/EU (3) zur Änderung der Entscheidung 2005/880/EG genehmigte die Kommission die von den Niederlanden beantragte Ausnahmeregelung im Sinne der Richtlinie 91/676/EWG dahin gehend, dass es Betrieben mit mindestens 70 % Grünland bis zum 31. Dezember 2013 gestattet wurde, Dung aus Weideviehhaltung bis zu einer Höchstmenge von 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr auszubringen.

(5)

Mit dem Durchführungsbeschluss 2014/291/EU der Kommission (4), dessen Geltungsdauer am 31. Dezember 2017 endete, wurde den Niederlanden eine Ausnahmeregelung im Sinne der Richtlinie 91/676/EWG genehmigt, nach der Betriebe mit mindestens 80 % Grünland Weideviehdung in einer Höchstmenge ausbringen durften, die bei Betrieben auf den Sand- und Lössböden im Süden und im Zentrum des Landes 230 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr und bei Betrieben auf anderen Böden 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr nicht überschritt. 2016 waren von dieser Ausnahmegenehmigung 19 564 landwirtschaftliche Betriebe betroffen, was netto 47 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche der Niederlande entsprach.

(6)

Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2018/820 der Kommission (5), dessen Geltungsdauer am 1. Januar 2020 endete, wurde den Niederlanden eine Ausnahmeregelung im Sinne der Richtlinie 91/676/EWG genehmigt, nach der Betriebe mit mindestens 80 % Grünland Weideviehdung in einer Höchstmenge ausbringen durften, die bei Betrieben auf den Sand- und Lössböden im Süden und im Zentrum des Landes 230 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr und bei Betrieben auf anderen Böden 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr nicht überschritt. 2019 waren von dieser Ausnahmegenehmigung 18 818 landwirtschaftliche Betriebe betroffen, was netto 44,7 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche der Niederlande entsprach.

(7)

Mit dem Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1073 der Kommission (6), dessen Geltungsdauer am 31. Dezember 2021 endete, wurde den Niederlanden eine Ausnahmeregelung genehmigt, nach der Betriebe mit mindestens 80 % Grünland Weideviehdung in einer Höchstmenge ausbringen durften, die bei Betrieben auf den Sand- und Lössböden im Süden und im Zentrum des Landes 230 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr und bei Betrieben auf anderen Böden 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr nicht überschritt. Die Geltungsdauer dieses Durchführungsbeschlusses war auf zwei Jahre begrenzt, um es den Niederlanden zu ermöglichen, eine erweiterte Durchsetzungsstrategie zur Verhinderung von betrügerischen Praktiken bei der Durchführung ihrer Dungmanagementpolitik vollständig umzusetzen. Darüber hinaus wurden zusätzliche Bedingungen aufgenommen, um eine Zunahme der Viehbestände zu verhindern und die Ammoniakemissionen bei der Dungausbringung zu verringern.

(8)

Am 25. Februar 2022 beantragten die Niederlande eine neue Ausnahmeregelung gemäß Anhang III Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 91/676/EWG.

(9)

Gemäß den Daten (7), die von den Niederlanden aufgrund von Artikel 10 der Richtlinie 91/676/EWG mitgeteilt wurden, lagen die mittleren Nitratkonzentrationen im Zeitraum 2016-2019 bei etwa 14 % der Grundwasser-Messstellen in den Niederlanden über 50 mg/l, bei 5 % der Messstellen zwischen 40 und 50 mg/l und bei 73 % unter 25 mg/l. Für den Zeitraum 2016-2019 zeigten die Daten für die Niederlande zudem mittlere Nitratkonzentrationen von weniger als 50 mg/l bei 99 % der Oberflächengewässer-Messstellen und von weniger als 25 mg/l bei 96 % dieser Messstellen. Dennoch waren im Berichtszeitraum 2016-2019 58 % der Oberflächengewässer eutroph und bei 10 % bestand die Gefahr einer Eutrophierung, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden.

(10)

Diese Daten, die im Bericht zu Artikel 10 der Richtlinie 91/676/EWG (8) veröffentlicht wurden, ließen auch deutliche Unterschiede zwischen den niederländischen Provinzen erkennen; eine Reihe von ihnen wiesen besonders belastete Gebiete („Hotspots“) mit hoher Nitratkonzentration im Grundwasser und Eutrophierung auf. In Limburg wiesen 36 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf und 22 % zeigten negative Trends, während 74 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 16 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Nordbrabant wiesen 26 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf und 20 % zeigten negative Trends, während 68 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 7 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Zeeland wiesen 14 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf und 47 % zeigten negative Trends, während 80 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 11 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Südholland waren 54 % der Oberflächengewässer eutroph und 17 % liefen Gefahr zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Nordholland waren 61 % der Oberflächengewässer eutroph und 19 % liefen Gefahr zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Utrecht zeigten 24 % der Grundwasser-Messstellen negative Trends bei den Nitratkonzentrationen, während 43 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 10 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Gelderland wiesen 10 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf und 15 % zeigten negative Trends. In Overijssel wiesen 18 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf und 19 % zeigten negative Trends, während 67 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 4 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Drente wiesen 15 % der Grundwasser-Messstellen mittlere Nitratkonzentrationen von über 50 mg/l auf, während 65 % der Oberflächengewässer eutroph waren und 9 % Gefahr liefen zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Friesland zeigten 23 % der Grundwasser-Messstellen negative Trends bei den Nitratkonzentrationen, während 85 % der Oberflächengewässer eutroph waren. In Groningen waren 52 % der Oberflächengewässer eutroph und 11 % liefen Gefahr zu eutrophieren, wenn keine Maßnahmen ergriffen würden. In Flevoland waren 33 % der Oberflächengewässer eutroph.

(11)

Die von den Niederlanden 2020 und 2021 im Zusammenhang mit der Berichterstattung gemäß dem Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1073 gemeldeten Daten zeigten einen Anstieg der Nitratkonzentrationen im Grundwasser in Gebieten mit Löss-, Sand- und Tonböden. 2021 betrug im Süden und Osten der Sandbodenregion die durchschnittliche Nitratkonzentration im obersten Meter des Grundwassers 67 mg/l. Damit wird der Grenzwert der Union von 50 mg/l überschritten. Seit 2017 hat sich die Nitratkonzentration in diesem Teil der Sandbodenregion verdoppelt. Die durchschnittliche Konzentration im Norden der Sandbodenregion blieb unter dem Grenzwert der Union, erhöhte sich 2021 aber auf 37 mg/l. In der Lössbodenregion war 2020 ein leichter Rückgang der durchschnittlichen Konzentration auf 57 mg/l zu verzeichnen, die jedoch nach wie vor über dem Unionsgrenzwert liegt. In der Tonbodenregion blieben die Nitratkonzentrationen durchgängig unter dem Grenzwert, haben sich jedoch erhöht. In der Torfbodenregion wurden die niedrigsten Konzentrationen gemessen, die 2021 durchschnittlich 14 mg/l betrugen. Den Daten zufolge wies das Wasser aus landwirtschaftlichen Betrieben, die zum Netz für die Überwachung von Ausnahmeregelungen gehören, in der Wurzelzone häufig Nitratkonzentrationen oberhalb der Grenzwerte auf, auch wenn der Mittelwert unter 50 mg/l blieb.

(12)

Die Niederlande führen gemäß Artikel 3 Absatz 5 der Richtlinie 91/676/EWG in ihrem gesamten Hoheitsgebiet ein Aktionsprogramm durch. Am 26. Dezember 2021 verabschiedeten die Niederlande ein neues Aktionsprogramm für den Zeitraum 2022-2025 (9) (7. Nitrat-Aktionsprogramm), das zusätzliche Maßnahmen zur Verringerung der Nährstoffverluste (Stickstoff- und Phosphorverluste) in die Umwelt umfasst und auf einem regional differenzierten Ansatz beruht, der sich nach dem Ausmaß der Nährstoffbelastung und dem Bodentyp richtet. Die Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Zuge der Vorbereitung des 7. Nitrat-Aktionsprogramms von der wissenschaftlichen Beratungskommission für die niederländischen Behörden (Commissie van Deskundigen Meststoffenwet) durchgeführt wurde, ergab jedoch, dass die potenziellen Auswirkungen des Aktionsprogramms nicht ausreichen würden, um die angestrebte Wasserqualität zu erreichen. Am 25. Februar 2022 nahmen die Niederlande einen Nachtrag (10) zum 7. Nitrat-Aktionsprogramm an, in dem auf das Nationale Programm für den ländlichen Raum (11) Bezug genommen wird, das einen integrierten Ansatz für Natur, Wasser und Klima, einschließlich Stickstoffemissionen, vorsieht, um die Umwelt- und Klimaanforderungen der Union zu erfüllen. Mit dem Nachtrag will die niederländische Regierung ihre Ambitionen in konkrete Maßnahmen umsetzen, mit denen die Wasserqualitätsziele in Bezug auf Nährstoffe aus landwirtschaftlichen Quellen erreicht werden sollen.

(13)

Im 7. Nitrat-Aktionsprogramm 2022-2025 und seinem Nachtrag sind die Maßnahmen aufgeführt, die in den einzelnen Regionen erforderlich sind, um die Wasserqualitätsziele in Bezug auf Nitrat und Phosphor aus landwirtschaftlichen Quellen zu erreichen, die in der Richtlinie 91/676/EWG und dem im Rahmen der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12) angenommenen niederländischen Bewirtschaftungsplan für das Einzugsgebiet festgelegt sind. Was die Nitratkonzentrationen im Grundwasser betrifft, so müssen die Regionen Zand Noord, Zand Oost, Westelijk Noord-Brabant, Centraal zeeklei, Zuidwestelijk zeekleigebied und Westelijk zandgebied noch einige Anstrengungen unternehmen, um die Ziele zu erreichen, während die Regionen Gelderse Vallei, Oostelijk Noord-Brabant en Limburg Zand, Lössgebied noch erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen, um diese Ziele zu erreichen. In Bezug auf die Phosphorkonzentrationen in Oberflächengewässern (Eutrophierung) müssen die Regionen Zand Noord, Zand Oost, Westelijk Noord-Brabant, Oostelijk Noord-Brabant en Limburg Zand, Noordelijk zeekleigebied, Centraal zeeklei Zuidwestelijk zeekleigebied noch einige Anstrengungen unternehmen, um die Ziele zu erreichen, während die Regionen Gelderse Vallei, Lössgebied, Westelijk Zeeklei, Westelijk veengebied, Westelijk zandgebied noch erhebliche Anstrengungen unternehmen müssen. Dies steht mit den von den Niederlanden gemäß Artikel 10 der Richtlinie 91/676/EWG gemeldeten Daten im Einklang.

(14)

Die Niederlande werden eine Neuausweisung von durch Nitrat und Phosphor aus landwirtschaftlichen Quellen verunreinigten Gebieten (nährstoffbelastete Gebiete) vornehmen, bei der alle Einzugsgebiete berücksichtigt werden sollen, um Bereiche zu überwachen, in denen das Grundwasser und die Oberflächengewässer eine durchschnittliche Nitratbelastung aufweisen oder es gelegentlich zu Nitratverunreinigungen kommt oder die von Verunreinigungen oder einer tendenziell zunehmenden Belastung bedroht sind, sowie zur Überwachung von Bereichen, in denen eine Eutrophierung vorliegt oder ein Eutrophierungsrisiko besteht. Bei der Ausweisung sollte auch die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, insbesondere die Urteile in den Rechtssachen C-221/03 (13) und C-543/16 (14), berücksichtigt werden. Wenn bis 1. Januar 2024 keine Neuausweisung erfolgt ist, werden alle Gebiete, die einige oder erhebliche Anstrengungen erfordern, als nährstoffbelastete Gebiete ausgewiesen.

(15)

Dieser Antrag auf eine Ausnahmeregelung sollte im Rahmen der umfassenderen EU-Politik im Zusammenhang mit Fragen des Nährstoffmanagements geprüft werden, insbesondere im Hinblick auf die Ziele der Richtlinien 2000/60/EG, 2006/118/EG (15) und 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (16), die ehrgeizigeren Ziele der Lastenteilungsverordnung (17) und des GAP-Strategieplans für die Niederlande (18) sowie die Ziele des europäischen Grünen Deals in Bezug auf die Nährstoffbelastung. Im europäischen Grünen Deal werden Ziele für die Union festgelegt, mit denen Nährstoffverluste verringert und Emissionen anderer Treibhausgase als CO2, d. h. von Methan und Lachgas, die besonders bei der Düngung und Viehhaltung entstehen, begrenzt werden sollen. Insbesondere hat sich die Union in der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ (19) und im Null-Schadstoff-Aktionsplan (20) dazu verpflichtet, die Nährstoffverluste bei gleichbleibender Bodenfruchtbarkeit bis 2030 um 50 % zu verringern, wodurch der Einsatz von Düngemitteln um 20 % reduziert wird, sowie die Ökosystemflächen, bei denen ein Stickstoffeintrag oberhalb der „kritischen Belastung“ gemessen wurde und die Luftverschmutzung die biologische Vielfalt bedroht, um 25 % zu verringern.

(16)

In der Bekanntmachung des Nationalen Programms für den ländlichen Raum vom 10. Juni 2022 (21) stellt die niederländische Regierung Folgendes fest: „In Torfgebieten, Natura-2000-Gebieten, Grundwasserschutzgebieten, gefährdeten Wasserläufen und Pufferzonen um Natura-2000-Gebiete sind die Herausforderungen am größten. In diesen Gebieten werden die Landwirte mit stärkeren betrieblichen Beschränkungen oder geringeren Entwicklungsmöglichkeiten konfrontiert sein. Die Extensivierung der Landwirtschaft ist dann der geeignetste Weg.“ Zudem enthält der Vorschlag eine Verpflichtung zur Schaffung von Übergangszonen im Umkreis von Natura-2000-Gebieten: „Übergangszonen [Pufferzonen um Natura-2000-Gebiete] sind an Natura-2000-Gebiete angrenzende Gebiete, die zur Systemwiederherstellung im Hinblick auf die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in dem betreffenden Natura-2000-Gebiet beitragen“.

(17)

Die Kommission hat den Antrag der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung unter Berücksichtigung der Anforderungen und Ziele der Richtlinie 91/676/EWG und der Erfahrungen mit den zuvor beschlossenen Ausnahmeregelungen sowie im Lichte des 7. Nitrat-Aktionsprogramms und seines Nachtrags geprüft. Ferner wurden die Entwicklungstrends bei der Wasserqualität geprüft und die Ziele des europäischen Grünen Deals berücksichtigt. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen hält es die Kommission für erforderlich, für die Ausnahmeregelung eine vorhersehbare Übergangsfrist von höchstens vier Jahren für Grünlandwirte vorzusehen, bis die im Nachtrag dargelegten geplanten Reformen vollständig im niederländischen Recht verankert sind, und die schrittweise Umsetzung der neuen Reformen zu begleiten. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die Niederlande zur Erreichung der Ziele der Richtlinie 91/676/EWG in den nährstoffbelasteten Gebieten und darüber hinaus zusätzliche strenge Bedingungen erfüllen müssen. Die beantragte Ausnahmeregelung sollte den im Nachtrag und im Nationalen Programm für den ländlichen Raum festgelegten Reformkurs unterstützen.

(18)

Die mit diesem Beschluss gewährte Ausnahmeregelung gilt unbeschadet der Verpflichtungen der Niederlande zur Anwendung der Richtlinie 92/43/EWG des Rates (22) und des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-293/17 (23), insbesondere in Bezug auf die Auslegung von Artikel 6 Absatz 3 jener Richtlinie, sowie zur Anwendung der Richtlinien 2000/60/EG und 2008/56/EG und schließt nicht aus, dass zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden könnten, um die sich aus diesen Richtlinien ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen.

(19)

Es muss unbedingt sichergestellt werden, dass die Genehmigung zusätzlicher Dungmengen pro Hektar und Jahr die Einhaltung anderer Rechtsvorschriften der Union mit Zielen, deren Verwirklichung durch die Stickstoff- und Phosphorbelastung beeinträchtigt werden könnte, nicht verzögert oder gefährdet. Daher sollten einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben in Grundwasserschutzgebieten und in Natura-2000-Gebieten bzw. in den Pufferzonen um Natura-2000-Gebiete im Sinne des niederländischen Nationalen Programms für den ländlichen Raum, deren Größe 2023 festgelegt wird, keine nationalen Genehmigungen für Ausnahmeregelungen erteilt werden dürfen.

(20)

Die Viehdichte ist in den Niederlanden nach wie vor sehr hoch; 2016 war sie die höchste in der Union und fast fünfmal höher als der Unionsdurchschnitt. Den von den Niederlanden vorgelegten Daten zufolge ging der Gesamtviehbestand im Zeitraum 2019-2021 um 2,5 % zurück, während die Zahl der Rinder zunahm.

(21)

Die Gesamtdungproduktion des Jahres 2020 sollte nicht überschritten werden. Diese Obergrenze für die maximale Dungproduktion wird ab 1. Januar 2024 im nationalen Recht verankert sein. Darüber hinaus sollte die Durchführung der im Rahmen des Nationalen Programms für den ländlichen Raum geplanten Reformen zu einer schrittweisen Verringerung der Dungproduktion bis zum Ende der Geltungsdauer des derzeitigen Beschlusses führen.

(22)

Insbesondere im Falle nährstoffbelasteter Gebiete ist es notwendig, das 7. Nitrat-Aktionsprogramm und seinen Nachtrag durch spezifische Maßnahmen zu ergänzen, deren Wirksamkeit im Hinblick auf ein nachhaltiges Nährstoffmanagement auf Betriebsebene und die Verringerung der Nährstoffverluste ins Grundwasser und in Oberflächengewässer anerkannt ist.

(23)

Die Niederlande haben eine erweiterte Durchsetzungsstrategie eingeführt, um für eine bessere Betrugsprävention bei der Umsetzung ihrer Dungmanagementpolitik zu sorgen. Diese Strategie wurde in den Jahren 2020 und 2021 umgesetzt, doch kam es unter anderem wegen der COVID-Pandemie zu Verzögerungen. Die Umsetzung der Strategie gemäß ihren Aktionsschwerpunkten muss wirksam fortgesetzt und auf andere Regionen ausgedehnt werden, in denen der unabhängigen Bewertung zufolge ein erhebliches Risiko der vorsätzlichen Nichteinhaltung der Vorschriften für das Dungmanagement besteht. Der Übergangszeitraum für die geplanten Agrarreformen birgt ebenfalls ein erhöhtes Betrugsrisiko, weshalb die Kontrollen verstärkt werden sollten.

(24)

Die einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben erteilten Genehmigungen sind an bestimmte Bedingungen gebunden, mit denen sichergestellt werden soll, dass innerhalb des Betriebs bedarfsgerecht gedüngt wird und Stickstoff- und Phosphatverluste in Grundwasser und Oberflächengewässer vermieden werden. Die in diesem Beschluss festgelegten Maßnahmen sollten zusätzlich zu den Maßnahmen ergriffen werden, die bereits im Rahmen des 7. Nitrat-Aktionsprogramms und seines Nachtrags durchgeführt werden.

(25)

Die Niederlande müssen alle in Anhang III der Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates (24) festgelegten Maßnahmen zur Reduktion von Ammoniakemissionen umsetzen. Der Bericht über die Auswirkungen der Richtlinie 91/676/EWG auf gasförmige Stickstoffemissionen (25) kam zu dem Schluss, dass die Ausnahmeregelung in einigen Regionen mit hoher Viehdichte zu höheren gasförmigen Emissionen führen kann. Daher sollten geeignete Maßnahmen zur Reduktion der Ammoniakemissionen getroffen werden, einschließlich emissionsarmer Ausbringungstechniken, gegebenenfalls in Kombination mit der Festlegung einer Höchsttemperatur, bei der Dung ausgebracht werden darf, und einer strengen Verpflichtung zur sofortigen Einarbeitung von Dung/Gülle in den Boden bei der Ausbringung auf den Feldern.

(26)

Die in Artikel 4 dieses Beschlusses vorgesehenen Bedingungen gelten als die in nationales Recht umgesetzte Fassung der „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ im Sinne der Artikel 12 und 13 der Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates (26), und die in den Artikeln 5 bis 9 dieses Beschlusses vorgesehenen Bedingungen gelten für Betriebe, denen eine Ausnahmeregelung gewährt wurde, als die in nationales Recht umgesetzte Fassung der „Grundanforderungen an die Betriebsführung“ im Sinne der Artikel 12 und 13 der Verordnung (EU) 2021/2115.

(27)

Die Niederlande müssen die Ziele des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 in Bezug auf die Emissionen und den Abbau von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft einhalten. Eine Nutzung als Acker- statt als Grünland würde zu einem Anstieg der CO2-Emissionen aus dem Boden führen und die Einhaltung von Artikel 4 der Verordnung (EU) 2018/841 des Europäischen Parlaments und des Rates (27) beeinträchtigen.

(28)

Die Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (28) enthält allgemeine Bestimmungen für die Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Union für die Zwecke der EU-Umweltpolitik sowie anderer politischer Maßnahmen oder Tätigkeiten der Union, die sich auf die Umwelt auswirken können. Die im Zusammenhang mit diesem Beschluss erfassten Geodaten sollten mit den Bestimmungen der Richtlinie im Einklang stehen. Zur Verringerung des Verwaltungsaufwands und zur Verbesserung der Datenkohärenz sollten die Niederlande zudem bei der Erhebung der erforderlichen Daten im Rahmen dieses Beschlusses gegebenenfalls auf die Informationen zurückgreifen, die im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems gemäß Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (29) generiert werden.

(29)

Dieser Beschluss tritt am 31. Dezember 2025 außer Kraft.

(30)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 9 der Richtlinie 91/676/EWG eingesetzten Nitratausschusses —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Ausnahmeregelung

Dem mit Schreiben vom 25. Februar 2022 gestellten Antrag der Niederlande auf Genehmigung des Ausbringens von Stickstoff aus Weideviehdung in einer Menge, die über die in Anhang III Absatz 2 Unterabsatz 2 Satz 1 der Richtlinie 91/676/EWG festgelegte Menge hinausgeht, wird im Rahmen einer Übergangsmaßnahme zur Begleitung der Reformen des Landwirtschafts- und Viehhaltungssektors in den Niederlanden im Hinblick auf die Erfüllung der Umwelt- und Klimaanforderungen der EU in Bezug auf Stickstoffemissionen (einschließlich Ammoniak) und Nährstoffe im Wasser (einschließlich der Richtlinie 91/676/EWG) unter den Bedingungen des vorliegenden Beschlusses stattgegeben.

Artikel 2

Geltungsbereich der Ausnahmeregelung

Die vorliegende Ausnahmeregelung gilt für Grünlandbetriebe, denen eine Genehmigung gemäß Artikel 6 erteilt wurde.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck

1.

„Grünlandbetrieb“ einen Haltungsbetrieb, dessen für die Dungausbringung zur Verfügung stehenden Flächen zu mindestens 80 % aus Grünland bestehen;

2.

„Weidevieh“ Rinder (mit Ausnahme von Mastkälbern), Schafe, Ziegen, Pferde, Esel, Rehe und Wasserbüffel;

3.

„landwirtschaftliche Nutzfläche“ Flächen, die der Landwirt aufgrund eines schriftlichen Einzelvertrags besitzt, gepachtet hat oder verwaltet und für deren Bewirtschaftung er unmittelbar verantwortlich ist;

4.

„Grünland“ Dauergrünland oder Wechselgrünland mit einer Standzeit von weniger als fünf Jahren;

5.

„Düngeplan“ eine Berechnung der geplanten Nutzung und Verfügbarkeit von Nährstoffen;

6.

„Düngekonto“ die Nährstoffbilanz basierend auf der tatsächlichen Nutzung und der Aufnahme von Nährstoffen;

7.

„Düngeregister“ ein elektronisches System für die Berichterstattung der Landwirte über den tatsächlichen Nährstoffeinsatz und das Dungmanagement;

8.

„Sandböden im Süden und im Zentrum des Landes“ Sandböden im Süden des Landes und Sandböden im Zentrum des Landes im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der niederländischen Durchführungsvorschriften zum Düngemittelgesetz (30);

9.

„Lössböden“ Lössböden im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 der niederländischen Durchführungsvorschriften zum Düngemittelgesetz;

10.

„Nährstoffe“ Stickstoff und Phosphat.

Artikel 4

Allgemeine Bedingungen für die Ausnahmegewährung

Die Ausnahme wird unter den folgenden Bedingungen gewährt:

(1)

Die Niederlande nehmen spätestens bis zum 1. Januar 2024 eine Neuausweisung vor und erstellen eine neue Karte von durch Nitrat und Phosphor aus landwirtschaftlichen Quellen verunreinigten Gebieten (nährstoffbelastete Gebiete) unter Berücksichtigung aller Einzugsgebiete, um Bereiche zu überwachen, in denen das Grundwasser und die Oberflächengewässer eine durchschnittliche Nitratbelastung aufweisen oder es gelegentlich zu Nitratverunreinigungen kommt oder die von Verunreinigungen oder einer tendenziell zunehmenden Belastung bedroht sind, sowie zur Überwachung von Bereichen, in denen eine Eutrophierung vorliegt oder ein Eutrophierungsrisiko besteht.

Bis zur Neuausweisung, die spätestens bis zum 1. Januar 2024 erfolgt sein muss, gelten übergangsweise die Sandböden im Süden und im Zentrum des Landes und die Lössböden sowie ab dem 1. Januar 2023 die Einzugsgebiete regionaler Gewässer, die in der nationalen Analyse der Wasserqualität (2020) (31) von der niederländischen Agentur für Umweltbewertung (PBL) als Gebiete mit inadäquater Nährstoffsituation (schlechte, geringe oder mäßige Qualität) eingestuft wurden, als nährstoffbelastete Gebiete.

Ab dem 1. Januar 2024 müssen eine endgültige Ausweisung und eine Karte der nährstoffbelasteten Gebiete vorliegen, die mindestens die 2023 ausgewiesenen Gebiete sowie etwaige zusätzliche Gebiete einbeziehen, in denen der Beitrag der Landwirtschaft zur Nährstoffbelastung erheblich ist, d. h. mehr als 19 % über der gesamten Nährstoffbelastung liegt.

Sollten die endgültige Ausweisung und die Karte der nährstoffbelasteten Gebiete am 1. Januar 2024 nicht vorliegen, wird auf die Ausweisung im 7. Nitrat-Aktionsprogramm und in seinem Nachtrag zurückgegriffen, die alle Gebiete erfasst, in denen einige oder erhebliche Anstrengungen erforderlich sind, um in Bezug auf die Nitrat- und die Phosphorkonzentration die Wasserqualitätsziele zu erreichen, die in der Richtlinie 91/676/EWG und dem im Rahmen der Richtlinie 2000/60/EG angenommenen niederländischen Bewirtschaftungsplan für die Einzugsgebiete festgelegt sind.

(2)

Die Niederlande überwachen die Menge des erzeugten Dungs und stellen sicher, dass die Dungproduktion auf nationaler Ebene 489,4 Mio. kg Stickstoff sowie 150,7 Mio. kg Phosphat (im Jahr 2020 erzeugte Menge) nicht übersteigt und dass infolge der im Nachtrag vorgesehenen Reformen die erzeugte Dungmenge schrittweise abnimmt und im Jahr 2025 440 Mio. kg Stickstoff und 135 Mio. kg Phosphat nicht übersteigt.

(3)

Ab dem 1. Januar 2023 erteilen die Niederlande keine Genehmigungen für Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 5 dieses Beschlusses in Natura-2000-Gebieten im Sinne der Richtlinien 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (32) und 92/43/EWG und ab dem 1. Januar 2024 keine Genehmigungen in Pufferzonen im Umkreis von Natura-2000-Gebieten im Sinne des Nationalen Programms für den ländlichen Raum, wenn die kritische Stickstoffbelastung durch Stickstoffdeposition überschritten wird.

(4)

Ab dem 1. Januar 2023 erteilen die Niederlande keine Genehmigungen für Ausnahmeregelungen gemäß Artikel 5 dieses Beschlusses in Grundwasserschutzgebieten. In Gebieten, in denen das Grundwasser durch Nitrat belastet ist, wird in den Grundwasserschutzgebieten bis zum 1. Januar 2024 eine ganze Reihe verbindlicher Maßnahmen zur Verringerung der Nährstoffbelastung durchgeführt.

(5)

Die Niederlande treffen folgende Maßnahmen:

a)

Ab Januar 2023 erstellen alle landwirtschaftlichen Betriebe vor der Vegetationsperiode einen jährlichen Düngeplan. Darin werden die Fruchtfolge auf den bewirtschafteten Flächen und die geplante Ausbringung von Dung und anderen Stickstoff- und Phosphatdüngern angegeben.

b)

Ab dem 1. Januar 2024 muss ein elektronisches Düngeregister vorhanden sein, in dem die Ausbringung mineralischer Düngemittel sowie die Erzeugung und Ausbringung von Dung auf den Flächen erfasst werden. Bis zum 1. Januar 2025 müssen alle landwirtschaftlichen Betriebe das elektronische Register verwenden. Die niederländischen Behörden überwachen und analysieren die Ausbringungsmengen der Düngemittel und beraten die Landwirte über Methoden zur Verringerung der Gesamtausbringungsmengen.

c)

Auf landwirtschaftlichen Flächen entlang Wasserläufen werden Pufferstreifen eingerichtet, in denen das Düngen verboten ist. Dies gilt ab dem 1. Januar 2023 für alle Wasserläufe in landwirtschaftlichen Parzellen in den Niederlanden. Die Pufferstreifen müssen folgendermaßen beschaffen sein:

i)

mindestens 5 Meter breite Pufferstreifen entlang ökologisch empfindlicher Bäche und Oberflächenwasserkörper im Sinne der Richtlinie 2000/60/EG;

ii)

mindestens 3 Meter breite Pufferstreifen entlang aller anderen Wasserläufe auf landwirtschaftlichen Flächen, einschließlich Wassergräben.

Diese Mindestbreiten können im Falle von Flächen mit hohem Anteil an Entwässerungs- und Bewässerungsgräben wie folgt angepasst werden:

3 Meter breite Pufferstreifen entlang Oberflächenwasserkörpern im Sinne der Richtlinie 2000/60/EG, wenn die Gesamtfläche eines 5 Meter breiten Pufferstreifens auf Parzellenebene mehr als 4 % der landwirtschaftlichen Parzelle ausmachen würde. Würde auf Parzellenebene die Gesamtfläche eines 3 Meter breiten Pufferstreifens entlang Oberflächenwasserkörpern im Sinne der Richtlinie 2000/60/EG von höchstens 10 Metern mehr als 4 % der landwirtschaftlichen Parzelle ausmachen, muss der Pufferstreifen nur 1 Meter breit sein.

1 Meter breite Pufferstreifen entlang aller anderen Wasserläufe auf landwirtschaftlichen Flächen, wenn die Gesamtfläche eines 3 Meter breiten Pufferstreifens auf Parzellenebene mehr als 4 % der landwirtschaftlichen Parzelle ausmachen würde. Würde auf Parzellenebene die Gesamtfläche eines 1 Meter breiten Pufferstreifens mehr als 4 % der landwirtschaftlichen Parzelle ausmachen, muss der Pufferstreifen nur 0,5 Meter breit sein.

iii)

Mindestens 1 Meter breite Pufferstreifen entlang Wasserläufen, die im Sommer ausgetrocknet sind (diese Wasserläufe müssen mindestens in der Zeit vom 1. April bis zum 1. Oktober trocken liegen).

d)

Für nährstoffbelastete Flächen gilt folgende Bedingung: Die Gesamtausbringungsmenge organischer und chemischer Düngemittel wird schrittweise gesenkt, sodass die Mengen ab dem 1. Januar 2025 um 20 % unter den im Anhang des 7. Nitrat-Aktionsprogramms veröffentlichten Mengen liegen. Werden bei der geplanten Überarbeitung der Düngenormen niedrigere Werte festgelegt, so haben diese Vorrang.

(6)

Die Niederlande setzen die erweiterte Durchsetzungsstrategie weiter um und stützen sich dabei auf die bei der Umsetzung von Artikel 4 Absatz 3 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2020/1073 gesammelten Erfahrungen. Die erweiterte Durchsetzungsstrategie muss mindestens die folgenden Elemente umfassen:

a)

laufende unabhängige Risikobewertung von Betrugsfällen und Ermittlung von Bereichen und Akteuren der Dungwirtschaft und des Dungmanagements mit einem höheren Risiko der vorsätzlichen Nichteinhaltung der nationalen Vorschriften über Dung, die in den Durchführungsvorschriften zum Düngemittelgesetz (33), dem Beschluss über den Einsatz von Düngemitteln (34) und dem Beschluss über Umweltschutztätigkeiten (35) festgelegt sind, sofern es sich um anbaufreie Zonen handelt;

b)

fortlaufende Umsetzung der erweiterten Durchsetzungsstrategie in De Peel, Gelderse Vallei und Twente, die als Gebiete mit hohem Risiko einer vorsätzlichen Nichteinhaltung der nationalen Dungmanagementvorschriften eingestuft wurden; schrittweise Ausdehnung der erweiterten Durchsetzungsstrategie bis Ende 2025 auf alle anderen Regionen, die der Bewertung zufolge in Hochrisikogebieten liegen, wobei die gewonnenen Erfahrungen und bewährten Verfahren zu berücksichtigen sind;

c)

besonderer Schwerpunkt der Durchsetzungsstrategie auf Hochrisikoakteuren in der Dung-Wertschöpfungskette, einschließlich Zwischenhändlern und Betreibern von Co-Vergärungsanlagen in allen Regionen;

d)

das automatisierte System für die Echtzeit-Rechenschaftspflicht über Dungtransporte ab dem 1. Januar 2023;

e)

weiterhin Anhebung der Inspektions- und Kontrollkapazität auf mindestens 40 % der Kapazität, die für die Feldbesichtigungen der unter eine Genehmigung gemäß Artikel 11 Absatz 2 fallenden Grünlandbetriebe erforderlich ist, einschließlich Zufallskontrollen, und bessere Ausrichtung dieser Kapazität auf die Risikobereiche der Dungwirtschaft und des Dungmanagements;

f)

individuelle Inspektionen bei mindestens 5,5 % der Schweinehaltungsbetriebe pro Jahr.

Artikel 5

Genehmigungsanträge

(1)   Grünlandwirte können bei der zuständigen Behörde eine jährliche Genehmigung für die Ausbringung einer höheren Menge Weideviehdung, einschließlich des von den Tieren selbst ausgeschiedenen Dungs, beantragen, und zwar einer Dungmenge pro Hektar und Jahr, die Folgendes enthält:

a)

für 2022 bis zu 230 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in nährstoffbelasteten Gebieten und bis zu 250 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in anderen Gebieten;

b)

für 2023 bis zu 220 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in nährstoffbelasteten Gebieten und bis zu 240 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in anderen Gebieten;

c)

für 2024 bis zu 210 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in nährstoffbelasteten Gebieten und bis zu 230 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in anderen Gebieten;

d)

für 2025 bis zu 190 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in nährstoffbelasteten Gebieten und bis zu 200 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in anderen Gebieten;

e)

nach dem 31. Dezember 2025 bis zu 170 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr in allen Gebieten.

(2)   Zusammen mit dem Antrag gemäß Absatz 1 legen die Antragsteller eine schriftliche Erklärung dahin gehend vor, dass sie die Bedingungen der Artikel 7, 8 und 9 erfüllen und akzeptieren, dass die Ausbringung sowie der Düngeplan und das Düngekonto gemäß Artikel 7 einer Inspektion nach Artikel 11 dieses Beschlusses unterzogen werden können.

Artikel 6

Genehmigungserteilung

Grünlandbetrieben wird unter den in den Artikeln 7, 8 und 9 festgelegten Bedingungen die Genehmigung erteilt, eine höhere Menge Weideviehdung, einschließlich des von den Tieren selbst ausgeschiedenen Dungs, auszubringen.

Artikel 7

Bedingungen für das Ausbringen von Dung und anderen Düngemitteln in Grünlandbetrieben, für die eine Ausnahmeregelung gilt

(1)   Die Menge Dung aus Weideviehhaltung, die in Grünlandbetrieben jährlich auf den Boden ausgebracht wird, einschließlich des von den Tieren selbst ausgeschiedenen Dungs, darf die in Artikel 5 genannten Mengen nicht überschreiten.

(2)   Phosphathaltige Mineraldünger dürfen in Grünlandbetrieben nicht verwendet werden.

(3)   Der Grünlandbetrieb erstellt bis spätestens 28. Februar einen Düngeplan. Der Plan muss mindestens die in Artikel 7 Absatz 4 des Durchführungsbeschlusses (EU) 2020/1073 aufgeführten Angaben enthalten. Der Düngeplan muss spätestens sieben Tage nach einer Änderung der Bewirtschaftungspraxis des Grünlandbetriebs aktualisiert werden.

(4)   Der Grünlandbetrieb führt für jedes Kalenderjahr ein Düngekonto. Für jedes Kalenderjahr wird für jeden Grünlandbetrieb ein Düngekonto erstellt und geführt, das der zuständigen Behörde bis zum 31. März des folgenden Kalenderjahres vorzulegen ist. Das Düngekonto muss die folgenden Angaben enthalten:

a)

Größe der Anbauflächen;

b)

Anzahl und Art der Nutztiere;

c)

Dungproduktion je Tier;

d)

Menge der vom Grünlandbetrieb zugekauften Düngemittel;

e)

Menge des an Abnehmer gelieferten und somit im Grünlandbetrieb nicht verwendeten Dungs sowie Namen der Abnehmer.

(5)   Der Grünlandbetrieb analysiert für jede in Bezug auf Fruchtfolge und Bodenmerkmale homogene Fläche des Betriebs mindestens alle vier Jahre Bodenproben auf Stickstoff und Phosphor. Je fünf Hektar Fläche ist mindestens eine Analyse erforderlich. Der Düngeplan des Betriebs und die Abhilfemaßnahmen werden auf der Grundlage dieser Analyse angewandt.

(6)   Wird Grünland zwecks Erneuerung umgepflügt, wird die für die Stickstoffausbringung vorgegebene Menge nach dem 31. Mai jedes Kalenderjahres um 50 kg Stickstoff pro Hektar reduziert. Wird Grünland für den Anbau von Mais umgepflügt, wird die für die Stickstoffausbringung vorgegebene Menge um 65 kg Stickstoff pro Hektar reduziert.

(7)   Schließt die Fruchtfolge Leguminosen oder andere Pflanzen ein, die atmosphärischen Stickstoff binden, wird die Ausbringung von Düngemitteln entsprechend reduziert.

(8)   Vor der Aussaat von Gras im Herbst darf kein Dung ausgebracht werden.

Artikel 8

Bedingungen für die Bodenbewirtschaftung in Grünlandbetrieben, für die eine Ausnahmeregelung gilt

(1)   Auf nährstoffbelasteten Flächen werden nach der Maisernte Gras- oder andere Kulturen ausgesät, die während der Wintermonate Bodenbedeckung gewährleisten.

(2)   Zwischenfrüchte dürfen nicht vor dem 1. Februar untergepflügt werden.

(3)   Auf nährstoffbelasteten Flächen darf Grasbewuchs nur im Frühjahr untergepflügt werden, es sei denn

a)

zum Zwecke der Grünlanderneuerung; in diesem Falle muss der Umbruch bis spätestens 31. August erfolgt sein;

b)

zum Setzen von Blumenzwiebeln; in diesem Fall ist der Umbruch im Herbst gestattet.

(4)   Bei allen Bodenarten wird unmittelbar nach dem Grasumbruch eine Kultur mit hohem Stickstoffbedarf ausgesät, und die Düngung beruht auf einer Bodenanalyse auf mineralischen Stickstoff und anderen Parametern, die Richtwerte für die Nitratfreisetzung infolge der Mineralisierung organischen Bodenmaterials bieten.

Artikel 9

Bedingungen im Hinblick auf die Verringerung von Ammoniakemissionen zur Reduzierung von Nährstoffdepositionen im Wasser

(1)   Für Grünlandbetriebe, denen eine Genehmigung gemäß Artikel 6 erteilt wurde, gelten folgende Bedingungen:

a)

Auf Grünland mit Sand- und Lössböden ist Gülle durch oberflächennahe Injektion in den Boden einzubringen.

b)

Auf Grünland mit Ton- und Torfböden ist Gülle durch oberflächennahe Injektion, durch Ausbringung eines Wasser-Gülle-Gemischs im Verhältnis 2:1 im Schleppschuhverfahren oder durch einen Gülleinjektor einzubringen.

c)

Bei einer Außentemperatur von 20 °C oder mehr darf keine Gülle im Schleppschuhverfahren aufgebracht werden.

d)

Auf Ackerflächen ist Gülle im Injektionsverfahren einzubringen oder unmittelbar nach der Ausbringung in einem Arbeitsschritt einzuarbeiten.

e)

Festmist muss unmittelbar nach der Ausbringung in höchstens zwei Arbeitsschritten eingearbeitet werden.

(2)   Die Niederlande bieten allen Grünlandwirten, denen eine Genehmigung erteilt wurde, Schulungen über Maßnahmen zur Verringerung der Ammoniakemissionen an. Die erste Schulung muss vor dem 31. Dezember 2023 stattfinden.

Artikel 10

Überwachung

(1)   Die zuständigen Behörden tragen dafür Sorge, dass Karten erstellt werden, aus denen folgende prozentuale Anteile hervorgehen:

a)

Grünlandbetriebe in jeder Gemeinde, für die Genehmigungen erteilt wurden;

b)

Nutztierbestand in jeder Gemeinde, für den Genehmigungen erteilt wurden;

c)

Nutzflächen in jeder Gemeinde, für die Genehmigungen erteilt wurden.

Diese Karten werden jährlich aktualisiert.

(2)   Die zuständigen Behörden schaffen und verwalten ein Überwachungsnetz für die Entnahme von Proben aus Bodenwasser, Fließgewässern, seichtem Grundwasser und Drainagewasser an Messstellen in Grünlandbetrieben, für die eine Genehmigung erteilt wurde. Dieses Netz liefert Daten über die Nitrat- und Phosphatkonzentration des aus der Wurzelzone abfließenden und in das Grundwasser- und Oberflächengewässersystem eindringenden Wassers.

(3)   Das Überwachungsnetz umfasst mindestens 300 landwirtschaftliche Betriebe, für die Genehmigungen erteilt wurden, und ist für sämtliche Bodenarten (Ton-, Torf-, Sand- und sandige Lössböden), die Schadstoffkonzentration, die Düngemethoden und die Fruchtfolge repräsentativ. Die Zusammensetzung des Überwachungsnetzes wird während der Geltungsdauer dieses Beschlusses nicht geändert.

(4)   Die zuständigen Behörden überwachen Folgendes:

a)

Wasser in der Wurzelzone, Oberflächengewässer und Grundwasser;

b)

Fortschritte bei der Erreichung der Ziele für die Wasserqualität in Bezug auf Nitrat- und Phosphatkonzentrationen gemäß der Richtlinie 91/676/EWG und dem im Rahmen der Richtlinie 2000/60/EG angenommenen niederländischen Bewirtschaftungsplan für die Einzugsgebiete in nährstoffbelasteten Gebieten.

(5)   Die Niederlande übermitteln der Kommission Daten über die Nitratkonzentrationen in Oberflächengewässern und im Grundwasser sowie über die Phosphatkonzentration und den trophischen Zustand von Oberflächengewässern, und zwar sowohl unter den Bedingungen der Ausnahmeregelung als auch ohne diese Ausnahmeregelung.

Artikel 11

Kontrollen und Inspektionen

(1)   Die zuständigen Behörden führen in Bezug auf alle Genehmigungsanträge Verwaltungskontrollen durch, um die Einhaltung der Bedingungen der Artikel 7, 8 und 9 zu bewerten. Zeigt sich, dass die Bedingungen nicht erfüllt sind, lehnen die zuständigen Behörden den Antrag ab; der Antragsteller wird über die Gründe der Ablehnung informiert.

Die zuständigen Behörden führen bei mindestens 5 % aller Grünlandbetriebe, denen Genehmigungen erteilt wurden, Verwaltungskontrollen durch, die die Flächennutzung, die Bestandszahl und die Dungproduktion betreffen.

(2)   Die zuständigen Behörden stellen ein Programm für risikobasierte Feldbesichtigungen von Grünlandbetrieben, denen eine Genehmigung erteilt wurde, auf, die mit angemessener Häufigkeit durchgeführt werden. Das Programm berücksichtigt die Ergebnisse der Vorjahreskontrollen und die Ergebnisse allgemeiner Zufallskontrollen der Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 91/676/EWG sowie alle anderen Informationen, die möglicherweise auf eine Nichteinhaltung der Bedingungen der Artikel 7, 8 und 9 dieses Beschlusses schließen lassen.

Feldbesichtigungen werden in mindestens 5 % aller Grünlandbetriebe durchgeführt, denen eine Genehmigung erteilt wurde, um die Einhaltung der Bedingungen der Artikel 7, 8 und 9 zu bewerten. Diese Besichtigungen werden durch die Inspektionen und Kontrollen gemäß Artikel 4 Absatz 6 ergänzt.

(3)   Stellt sich in einem beliebigen Jahr heraus, dass ein Grünlandbetrieb, dem eine Genehmigung erteilt wurde, die Bedingungen der Artikel 7, 8 und 9 nicht erfüllt hat, wird der Genehmigungsinhaber nach geltendem nationalen Recht sanktioniert und verliert seinen Anspruch auf Genehmigung im folgenden Jahr.

(4)   Die zuständigen Behörden erhalten alle Befugnisse und Mittel, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Bedingungen für gemäß diesem Beschluss erteilte Genehmigungen zu überprüfen.

Artikel 12

Berichterstattung

(1)   Die zuständigen Behörden legen der Kommission jedes Jahr bis spätestens 30. Juni einen Bericht mit den folgenden Informationen vor:

a)

Düngungsdaten für alle Grünlandbetriebe, denen eine Genehmigung gemäß Artikel 6 erteilt wurde, einschließlich Angaben über Erträge und Bodenarten;

b)

Entwicklungen bei den Bestandszahlen, nach Tierkategorien, in den Niederlanden und in Grünlandbetrieben, denen eine Genehmigung erteilt wurde;

c)

Entwicklungen bei der nationalen Dungproduktion in Bezug auf den Stickstoff- und Phosphatgehalt;

d)

die Anwendung der allgemeinen Bedingungen gemäß Artikel 4;

e)

die Karten gemäß Artikel 10 Absatz 1;

f)

die Ergebnisse der Überwachung des Grundwassers und der Oberflächengewässer auf Stickstoff- und Phosphatkonzentrationen sowie Eutrophierung, einschließlich Angaben zur Entwicklung der Wasserqualität für Oberflächengewässer und Grundwasser, sowohl unter den Bedingungen der Ausnahmeregelung als auch ohne diese Ausnahmeregelung, sowie Angaben zu den Auswirkungen der Ausnahmeregelung auf die Wasserqualität gemäß Artikel 10 Absätze 4 und 5;

g)

eine Bewertung, auf Basis von Betriebskontrollen, der Einhaltung der Genehmigungsbedingungen gemäß den Artikeln 7, 8 und 9 und Informationen über nichtkonforme Betriebe auf Basis der Ergebnisse der Verwaltungskontrollen und Feldbesichtigungen gemäß Artikel 11;

h)

die Umsetzung der in Artikel 4 genannten erweiterten Durchsetzungsstrategie mit einer spezifischen Berichterstattung zu jedem der in Artikel 4 Absatz 6 genannten Elemente.

(2)   Die Geodaten in dem Bericht gemäß Absatz 1 müssen gegebenenfalls die Bestimmungen der Richtlinie 2007/2/EG erfüllen. Für die Erfassung der erforderlichen Daten greifen die Niederlande gegebenenfalls auf die Informationen zurück, die im Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems generiert werden, das gemäß Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 eingerichtet wurde.

Artikel 13

Anwendungszeitraum

Dieser Beschluss gilt bis zum 31. Dezember 2025.

Artikel 14

Adressat

Dieser Beschluss ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 30. September 2022

Für die Kommission

Virginijus SINKEVIČIUS

Mitglied der Kommission


(1)   ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1.

(2)  Entscheidung 2005/880/EG der Kommission vom 8. Dezember 2005 über einen Antrag der Niederlande auf Genehmigung einer Ausnahmeregelung auf der Grundlage der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 324 vom 10.12.2005, S. 89).

(3)  Beschluss 2010/65/EU der Kommission vom 5. Februar 2010 zur Änderung der Entscheidung 2005/880/EG über einen Antrag der Niederlande auf Genehmigung einer Ausnahmeregelung auf der Grundlage der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 35 vom 6.2.2010, S. 18).

(4)  Durchführungsbeschluss 2014/291/EU der Kommission vom 16. Mai 2014 zur Genehmigung eines Antrags der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung gemäß der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 148 vom 20.5.2014, S. 88).

(5)  Durchführungsbeschluss (EU) 2018/820 der Kommission vom 31. Mai 2018 zur Genehmigung eines Antrags der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung gemäß der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrate aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 137 vom 4.6.2018, S. 27).

(6)  Durchführungsbeschluss (EU) 2020/1073 der Kommission vom 17. Juli 2020 zur Genehmigung eines Antrags der Niederlande auf eine Ausnahmeregelung gemäß der Richtlinie 91/676/EWG des Rates zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (ABl. L 234 vom 21.7.2020, S. 20).

(7)  COM(2021) 1000 und SWD(2021) 1001 Teil 28.

(8)  COM(2021) 1000 und SWD(2021) 1001 Teil 28.

(9)  Originaltitel: „7e Nederlandse actieprogramma betreffende de Nitraatrichtlijn (2022-2025)“.

(10)  Originaltitel: „Addendum op het 7e actieprogramma Nitraatrichtlijn“.

(11)  Nationaal Programma Landelijk Gebied.

(12)  Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).

(13)  Urteil des Gerichtshofs vom 22. September 2005, C-221/03, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Königreich Belgien, ECLI:EU:C:2005:573.

(14)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juni 2018, Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland, C-543/16, ECLI:EU:C:2018:481.

(15)  Richtlinie 2006/118/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zum Schutz des Grundwassers vor Verschmutzung und Verschlechterung (ABl. L 372 vom 27.12.2006, S. 19).

(16)  Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).

(17)  Verordnung (EU) 2018/842 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 (ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 26).

(18)  SWD(2020) 93 final — Analysis of links between CAP Reform and Green Deal; SWD(2020) 388 final — Commission recommendations for Netherland’s CAP strategic plan. SWD(2020) 388 final.

(19)   „Vom Hof auf den Tisch“ — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (COM(2020) 381 final).

(20)  COM(2021) 400 final.

(21)  Originaltitel: „Startnotitie — Nationaal Programma Landelijk Gebied — 10 juni 2022 “.

(22)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(23)  Rechtssache C-293/17 Coöperatie Mobilisation for the Environment und Vereniging Leefmilieu (ECLI:EU:C:2018:882).

(24)  Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG (ABl. L 344 vom 17.12.2016, S. 1).

(25)  Auswirkungen der Nitratrichtlinie auf gasförmige N-Emissionen, Einfluss von Maßnahmen im Rahmen des Nitrataktionsprogramms auf gasförmige N-Emissionen, Vertrag ENV.B.1/ETU/2010/0009.

(26)  Verordnung (EU) 2021/2115 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 sowie der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 (ABl. L 435 vom 6.12.2021, S. 1).

(27)  Verordnung (EU) 2018/841 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 und des Beschlusses Nr. 529/2013/EU (ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 1).

(28)  Richtlinie 2007/2/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2007 zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft (INSPIRE) (ABl. L 108 vom 25.4.2007, S. 1).

(29)  Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549).

(30)  Originaltitel „Uitvoeringsregeling Meststoffenwet“.

(31)  https://www.pbl.nl/sites/default/files/downloads/pbl-2020-nationale-analyse-waterkwaliteit-4002_0.pdf.

(32)  Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(33)  Originaltitel „Uitvoeringsregeling Meststoffenwet“.

(34)  Originaltitel „Besluit gebruik meststoffen“.

(35)  Originaltitel „Activiteitenbesluit milieubeheer“.


27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/208


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/2070 DER KOMMISSION

vom 26. Oktober 2022

über die Nichtaussetzung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 eingeführten endgültigen Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern (1) (im Folgenden „Grundverordnung“), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 4,

nach Anhörung des durch Artikel 15 Absatz 2 der genannten Verordnung eingesetzten Ausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 8. Oktober 2019 führte die Kommission mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 (2) (im Folgenden „ursprüngliche Verordnung“) endgültige Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat (im Folgenden HAN oder „betroffene Ware“) mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika (im Folgenden „betroffene Länder“) ein.

(2)

Im Mai 2021 übermittelte Copa-Cogeca (im Folgenden „Antragsteller“), ein Verband von Verwendern der betroffenen Ware, Informationen über eine angebliche vorübergehende Änderung der Marktbedingungen nach der Einführung der endgültigen Maßnahmen. Der ursprüngliche Untersuchungszeitraum (im Folgenden „UZ der Ausgangsuntersuchung“) dauerte vom 1. Juli 2017 bis zum 30. Juni 2018. Der Antragsteller brachte vor, eine solche vorübergehende Änderung rechtfertige die Aussetzung der derzeit geltenden Antidumpingzölle nach Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/1036. Andere Verbände, nämlich die AGBP (Association Générale des Producteurs de Blé) und Intentore (International Ore & Fertilizer Belgium SA), legten ebenfalls Nachweise zur Unterstützung der geforderten Aussetzung der Antidumpingzölle vor. Diese Stellungnahmen enthielten nicht alle erforderlichen Elemente und Nachweise, die die Kommission benötigte, um die Analyse fortzusetzen. Die Kommission hat mit dem Antragsteller Kontakt aufgenommen, um zusätzliche Nachweise für die von ihm behauptete vorübergehende Änderung der Marktbedingungen einzuholen.

(3)

Am 16. November 2021 beschloss die Kommission in Anbetracht der verfügbaren Nachweise, AGBP, Copa-Cogeca und Fertilizers Europe aufzufordern, zusätzliche Informationen für einen Zeitraum nach dem Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung und insbesondere Informationen über die Preise, die Nachfrage in der Union und die Leistung des Wirtschaftszweigs der Union im dritten Quartal 2021 vorzulegen, um die etwaigen Auswirkungen der angeblichen Veränderung der Umstände auf den Unionsmarkt zu untersuchen und um zu bewerten und zu prüfen, ob eine erneute Schädigung infolge der Aussetzung unwahrscheinlich wäre.

(4)

Im Anschluss daran erhielten Copa-Cogeca (welche einige von AGPB vorgebrachte Argumente aufgriff) und der Wirtschaftszweig der Union Gelegenheit zur Stellungnahme.

(5)

Die Kommission prüfte auf der Grundlage der vorstehenden Informationen, ob eine solche Aussetzung gerechtfertigt war. Die betrachteten Aspekte sind nachstehend zusammengefasst.

(6)

Am 20. Juli 2022 unterrichtete die Kommission AGBP, Interore, Copa-Cogeca und Fertilizers Europe über ihre Feststellungen. Allen Parteien wurde nach dieser Unterrichtung eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt. Es gingen Stellungnahmen von Interore, Copa-Cogeca und Fertilizers Europe ein.

2.   UNTERSUCHUNG DER VERÄNDERUNG DER MARKTBEDINGUNGEN

(7)

Nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung können Antidumpingmaßnahmen im Interesse der Union ausgesetzt werden, wenn sich die Marktbedingungen vorübergehend derart geändert haben, dass eine erneute Schädigung aufgrund der Aussetzung unwahrscheinlich ist. Die Kommission erörtert diese Aspekte im Folgenden.

2.1.   Analyse der Veränderung der Marktbedingungen

(8)

Die angeblichen vorübergehenden Änderungen der Marktbedingungen bestanden in einer Knappheit des Angebots auf dem Unionsmarkt, da die Einfuhrmenge sank und der Wirtschaftszweig der Union seine Produktion drosselte. Das zeitweilige Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage führte zu einem steilen Preisanstieg. Die Analyse erstreckte sich auf zwei Teile, nämlich erstens auf einen Vergleich der Marktbedingungen im UZ der Ausgangsuntersuchung und im Jahr 2021 sowie zweitens auf eine Aktualisierung zur Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen im Jahr 2022, für das Daten verfügbar waren.

(9)

Aus Eurostat-Statistiken, die den Zeitraum bis zum Ende des Jahres 2021 abdecken, geht hervor, dass die HAN-Einfuhren seit der Einführung von Maßnahmen stark zurückgingen. Die Einfuhren aus den betroffenen Ländern gingen im Vergleich zum UZ der Ausgangsuntersuchung um 69 % zurück und wurden nur teilweise durch Einfuhren aus anderen Ländern ersetzt. Dies hatte einen Rückgang der Einfuhren aus allen Ursprungsländern um fast 60 % gegenüber den Einfuhrmengen im UZ der Ausgangsuntersuchung zur Folge. Unter der Annahme, dass die Nachfrage in der Union, wie von Copa-Cogeca angegeben, stabil blieb, verringerte sich der Marktanteil der Einfuhren ebenfalls von 43 % auf 19 %. Vergleicht man den UZ der Ausgangsuntersuchung mit dem Jahr 2021, beträgt die Angebotslücke 1,14 Mio. Tonnen.

(10)

In seiner Stellungnahme im Anschluss an die Unterrichtung wies Copa-Cogeca darauf hin, dass die Einfuhren in der ersten Jahreshälfte 2022 um mehr als 250 % gegenüber der ersten Jahreshälfte 2021 zugenommen hätten. Die interessierte Partei wies ferner darauf hin, dass dieser Anstieg mit einem dramatischen Rückgang der Unionsproduktion aufgrund der nachfolgend erörterten Faktoren zusammengefallen sei. Soweit die Einfuhren betroffen sind, wird der Rückgang durch die der Kommission zur Verfügung stehenden Daten bestätigt.

Tabelle 1

Einfuhrmengen

(in Tsd. Tonnen)

 

UZ (1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018)

2018

2019

2020

2021 H1

2021 H2

2022 H1

Alle Einfuhren

1 927

1 998

1 322

1 027

294

499

753

Einfuhren aus Trinidad und Tobago

368

361

401

418

172

217

332

Einfuhren aus Russland

613

688

314

90

15

130

320

Einfuhren aus den Vereinigten Staaten

742

890

222

-

-

-

37

Sonstige Einfuhren

204

59

385

519

107

152

64

Quelle: ursprüngliche Verordnung, Eurostat.

(11)

Zu den möglichen künftigen Entwicklungen bei den Einfuhren stellte die Kommission fest, dass die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ihre HAN-Verkäufe seit 2020 anscheinend auf den Inlandsmarkt konzentriert haben. Die Einfuhren aus Trinidad und Tobago wurden durch die Einführung der endgültigen Antidumpingmaßnahmen im Oktober 2019 offensichtlich nicht beeinträchtigt. Sie gelangten weiterhin in erheblichen Mengen in die Union. Im Jahr 2021 machten diese Einfuhren 50 % (389 000 Tonnen) aller Einfuhren in die Union aus. In den ersten vier Monaten des Jahres 2022 führte Trinidad und Tobago mehr als 234 000 Tonnen in die Union aus, d. h. 54 % mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres (ca. 152 000 Tonnen). Somit dürfte HAN aus Trinidad und Tobago in der Tat noch in erheblichen Mengen in die Union eingeführt werden.

(12)

Was Einfuhren aus Russland betrifft, so gaben Ankündigungen und Sanktionen begründeten Anlass zu der Annahme, dass ein Anstieg der HAN-Einfuhren aus diesem Land äußerst unwahrscheinlich war. In der Tat gab das russische Handels- und Industrieministerium am 4. März 2022 bekannt, es habe den russischen Herstellern empfohlen, die Ausfuhr russischer Düngemittel vorübergehend auszusetzen, bis die Frachtunternehmen ihre (regelmäßige) Tätigkeit wieder aufnehmen und Garantien dafür bieten, dass die russischen Düngemittelausfuhren vollständig durchgeführt werden. (3)

(13)

Darüber hinaus stehen die Hauptaktionäre großer russischer HAN-Hersteller wie Herr Melnitschenko von EuroChem und der Geschäftsführer des Unternehmens, Wladimir Raschewski, Herr Masepin von Uralchem und Mosche Kantor von ACRON auf der Sanktionsliste der EU. Die individuellen Sanktionen haben diese russischen Unternehmen zwar nicht unmittelbar beeinträchtigt, könnten sich aber auf die Einfuhren aus Russland auswirken. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass die Einfuhren aus Russland 2022 in sehr erheblicher Menge (praktisch unvermindert) fortgesetzt wurden. In der ersten Hälfte des Jahres 2022 stiegen die Einfuhren auf den Stand von 2019. Allein im Juni 2022 überstiegen die Einfuhren aus Russland mengenmäßig die Einfuhren der gesamten ersten Jahreshälfte 2021.

(14)

Eine weitere Quelle der Einfuhren in die Union war Belarus, doch wurden diese ebenfalls eingestellt, da der wichtigste belarussische Hersteller, Grodno Azot, seit dem 2. Dezember 2021 auf der Sanktionsliste der EU steht.

(15)

Am 12. März 2022 verkündete der ukrainische Landwirtschaftsminister Roman Leschenko ebenfalls ein Ausfuhrverbot für Düngemittel einschließlich HAN.

(16)

Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen kam die Kommission zu dem Schluss, dass nach vernünftigem Ermessen davon ausgegangen werden kann, dass Trinidad und Tobago die Hauptquelle für HAN-Einfuhren in die Union bleiben wird.

(17)

Der Blick auf die Daten von 2021 zeigt, dass der Wirtschaftszweig der Union angesichts des Rückgangs der Einfuhren und der in Erwägungsgrund (9) als stabil eingeschätzten Nachfrage seine Verkäufe im Vergleich zu denen im UZ der Ausgangsuntersuchung um rund 31 % hätte steigern müssen, was zusätzlichen 821 000 Tonnen entsprochen hätte. Aus den Informationen über das Angebot des Wirtschaftszweigs der Union geht hervor, dass dessen Produktion nach der Einführung der Maßnahmen zwar erheblich stieg, dies jedoch nicht ausreichte, um die verringerten Einfuhrmengen vollständig auszugleichen. Die Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union auf dem Unionsmarkt nahmen um durchschnittlich 17 % zu, was rund 450 000 Tonnen entspricht. Da die Nachfrage nach HAN in der Union, wie in Erwägungsgrund (9) erwähnt, seit dem UZ der Ausgangsuntersuchung relativ stabil blieb, wurde die durch die geringeren Einfuhrmengen verursachte Angebotslücke durch die gestiegenen Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union nicht vollständig gefüllt, sodass ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage entstand, das für 2021 auf etwa 371 000 Tonnen geschätzt wird.

(18)

Die von Copa-Cogeca in seiner Stellungnahme zur Unterrichtung bereitgestellten Daten für 2022 wiederum deuten auf einen dramatischen Produktionsrückgang beim Wirtschaftszweig der Union hin. Die dadurch entstandene Angebotslücke war zu groß, als dass die in Erwägungsgrund (10) erörterte Zunahme der Einfuhren in der ersten Jahreshälfte 2022 sie hätte kompensieren können.

(19)

Daher kann der Schluss gezogen werden, dass nach der Ausgangsuntersuchung ein vorübergehendes Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Unionsmarkt bestand.

(20)

Der HAN-Marktpreis in der Union (im Folgenden „HAN-Preis“) wurde anhand des Durchschnittspreises von HAN 30 ab Tank Rouen ermittelt; dieser stellt den anerkanntesten repräsentativen Marktpreis in Europa dar, zudem ist Frankreich das größte HAN-Verbrauchsland in der Europäischen Union. Der HAN-Preis in der Union stieg in der zweiten Jahreshälfte 2021 stark an. Die Preise erhöhten sich in diesen sechs Monaten auf über das Doppelte und lagen im Dezember 2021 fast viermal so hoch wie im UZ der Ausgangsuntersuchung. Der durchschnittliche HAN-Preis, der im ursprünglichen UZ bei 154 EUR/Tonne lag, belief sich im Dezember 2021 auf 598 EUR/Tonne.

(21)

Hauptgrund für diesen Preisanstieg scheint der Erdgaspreis zu sein, der nach den bei den Unionsherstellern eingeholten Informationen einen erheblichen Anteil der Produktionskosten von HAN ausmacht. Seit dem UZ der Ausgangsuntersuchung stiegen die durchschnittlichen Erdgaspreise in der Union um fast 400 % (4) von 6,53 USD/MMBtu auf 32,23 USD/MMBtu im letzten Quartal 2021.

(22)

Auch die Einfuhrpreise für HAN stiegen, wenngleich in geringerem Maße als die Preise des Wirtschaftszweigs der Union. Im Jahr 2021 lagen die Preise für Einfuhren aus Trinidad und Tobago und aus Russland durchweg unter den veröffentlichten HAN-Marktpreisen. In den ersten beiden Quartalen des Jahres 2022 war dies immer noch der Fall außer bei den Einfuhren aus Trinidad und Tobago, die im zweiten Halbjahr 2022 nur geringfügig höher lagen, als die veröffentlichten HAN-Marktpreise.

Tabelle 2

Einfuhren und veröffentlichte HAN-30-Preise ab Tank Rouen

(in EUR)

 

UZ (1. Juli 2017 bis 30. Juni 2018)

2021 Q1

2021 Q2

2021 Q3

2021 Q4

2022 Q1

2022 Q2

Einfuhren aus Trinidad und Tobago

140

166

229

222

323

569

700

Einfuhren aus Russland

126

147

n. z.

269

302

483

451

Einfuhren aus den Vereinigten Staaten

124

n. z.

n. z.

n. z.

n. z.

n. z.

653

Sonstige Einfuhren

129

164

220

253

303

577

547

Rouen (Frankreich) HAN 30 ab Tank

154

255

237

318

591

695

689

Quelle: ursprüngliche Verordnung, Eurostat und Fertecon.

(23)

Wie in den Erwägungsgründen (17) und (18) dargelegt, kann das Angebot auf dem EU-Markt die Schätzungen zufolge relativ stabile Nachfrage nicht decken. Dies dürfte – zusammen mit einer erheblichen Verteuerung der Rohstoffe – für den Preisanstieg verantwortlich sein.

(24)

Der gestiegene HAN-Preis stellt eine finanzielle Belastung für die Verwender dar, da HAN nicht ohne Weiteres durch andere Stickstoffdünger zu ersetzen ist. HAN ist flüssig, und Landwirte, die HAN kaufen, sind durch die für das Ausbringen der Flüssigkeit notwendige Ausrüstung an die entsprechende Technik gebunden (Lock-in-Effekt). Landwirte, die andere Stickstoffdüngemittel verwenden, benötigen unterschiedliche Ausrüstung. Darüber hinaus ist die von den Landwirten benötigte HAN-Menge ebenfalls unelastisch. Während des Pflanzenzyklus verfügen die Landwirte über eine gewisse Flexibilität beim Zeitpunkt der Anwendung von HAN, aber sie können die HAN-Menge insgesamt nicht zu stark reduzieren, ohne Ernte- und Qualitätseinbußen zu riskieren.

(25)

Aus den oben dargelegten Gründen kam die Kommission zu dem Schluss, dass insofern eine vorübergehende Veränderung der Marktbedingungen seit dem UZ der Ausgangsuntersuchung eingetreten ist, als das Angebot die Nachfrage nicht mehr deckt und die Preise gestiegen sind.

(26)

Nach der Unterrichtung brachten Interore und Copa-Cogeca erneut vor, der Wirtschaftszweig der Union habe aufgrund der hohen Gaspreise in der Union seine Produktion nicht erhöht, um die Einfuhren zu ersetzen, weshalb die Verwender von HAN die Einfuhren aus den USA und Trinidad und Tobago benötigten. Darüber hinaus brachte Copa-Cogeca vor, dass auf dem Unionsmarkt zu wenig Wettbewerb herrsche.

(27)

Wie in Erwägungsgrund (25) dargelegt, räumte die Kommission ein, dass das Angebot die Nachfrage nicht decken konnte und die Preise für HAN gestiegen waren. Da Copa-Cogeca keine Beweise für den zu geringen Wettbewerb vorlegte, wurde dieses Vorbringen zurückgewiesen.

3.   WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ERNEUTEN AUFTRETENS DER SCHÄDIGUNG

(28)

Wie die Auswertung der zusätzlichen Informationen ergab, die von der Kommission von Fertilizers Europe, dem Antragsteller in der Ausgangsuntersuchung, verlangt worden war, um nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung zu prüfen, ob eine erneute Schädigung infolge der Aussetzung unwahrscheinlich ist, befindet sich der Wirtschaftszweig der Union derzeit noch in einer instabilen Lage.

(29)

Trotz des drastischen Anstiegs der HAN-Preise hatte der parallele Anstieg der Erdgaspreise erhebliche negative Auswirkungen auf die Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union. Fertilizer Europe legte für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 Daten über die Kosten des verkauften HAN, die Ab-Werk-Preise sowie Rentabilitätszahlen für Unionshersteller, die 65 % des Wirtschaftszweigs der Union ausmachen, vor. Diese Daten zeigten einen deutlichen Abwärtstrend bei der Rentabilität, was im dritten Quartal 2021 zu einer Situation führte, in der durchschnittlich Verluste in Höhe von 9 % verzeichnet wurden.

(30)

Um ihre Feststellungen zu aktualisieren, hat die Kommission auch Simulationen zur Entwicklung der Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union im Fall einer Aussetzung der geltenden Maßnahmen durchgeführt. Diese Aktualisierung erfolgte auf der Grundlage von Trends bei den Erdgaspreisen (dem bei Weitem größten Kostenfaktor) und den HAN-Preisen zwischen dem ersten Quartal 2021 und dem zweiten Quartal 2022. Anhand dieser Trends wurden die tatsächlichen Herstellkosten und der entsprechende Umsatz des Wirtschaftszweigs der Union aktualisiert, um ein Bild von Herstellkosten und Umsatz bis zum zweiten Quartal 2022 zu vermitteln. Diese Aktualisierung zeigte, dass die Situation, in der der Wirtschaftszweig der Union im dritten Quartal 2021 Verluste schrieb, im ersten Halbjahr 2022 andauerte.

(31)

Auf der Grundlage der Stellungnahmen zur Unterrichtung ist überdies klar, dass die derzeitige Lage des Wirtschaftszweigs der Union schlechter ist als anhand der Simulation vorhergesagt. Während in der Simulation von einer stetigen Produktion und stetigen Verkäufen des Wirtschaftszweigs der Union ausgegangen wurde, würde ein Produktions- und Verkaufseinbruch im Jahr 2022, wie er aus der Darstellung von Copa-Cogeca hervorgeht, die Lage des Wirtschaftszweigs der Union nur verschlimmern. Der Grund hierfür ist die Entwicklung der Erdgas- und der HAN-Preise. Der HAN-Preis entwickelte sich eine Zeit lang positiv und erreichte seinen Höchststand im März 2022 (875 EUR/Tonne). Anschließend sank der HAN-Preis bis auf 595 EUR/Tonne im Juni 2022. Der Kommission liegen keine Hinweise darauf vor, dass die HAN-Preise in den kommenden Monaten steigen werden. Im Gegensatz dazu blieben die Erdgaspreise im letzten Quartal 2021 und in den ersten beiden Quartalen 2022 auf einem hohen Niveau (durchschnittlich 32,34 USD/MMBtu). Zwar kam es im Mai zu einem Rückgang der Erdgaspreise (29,8 USD/MMBtu), doch stiegen sie danach wieder an. Im Juni lagen sie erneut bei 34,4 USD/MMBtu, und es dürfte in Zukunft zu einem noch deutlicheren Anstieg der Preise auf über 50 USD/MMBtu (5) kommen.

(32)

Angesichts dessen waren die Unionshersteller nicht nur nicht in der Lage, die Produktion so weit zu steigern, dass die ausgefallenen Einfuhren im Jahr 2021 vollständig ausgeglichen wurden, sondern mussten die Produktion weiter einschränken, wie eine Reihe partieller Schließungen von Produktionslinien beweist. In seinen Stellungnahmen zur Unterrichtung weist Copa-Cogeca selbst darauf hin, dass die Preise im September 2022 die Kosten für das für die Herstellung von HAN benötigte Gas nicht decken konnten. Da ein Teil der variablen Kosten schon über den Verkaufspreisen für HAN auf dem Unionsmarkt lag und die Fixkosten je Produktionseinheit aufgrund des Produktionsrückgangs erheblich zugenommen hatten, erlitt der Wirtschaftszweig der Union unbestrittenermaßen weiter eine bedeutende Schädigung.

(33)

Nach der Unterrichtung wiederholte Fertilizers Europe, der Gaspreis in der Union werde im vierten Quartal 2022 voraussichtlich hoch bleiben und es sei mit einer weiteren Schädigung des Wirtschaftszweigs durch Einfuhren zu rechnen.

(34)

Nach der Unterrichtung brachte Copa-Cogeca in einer Anhörung vor, die Kommission sollte für ihre Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schädigung die Verkäufe und die Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union nach dem ersten Vorbringen von Copa-Cogeca, d. h. ab Juli 2021, analysieren.

(35)

Hierzu bemerkte die Kommission, dass ein Beschluss zur Aussetzung von Antidumpingmaßnahmen kein statischer Vorgang sein kann. Der Unionsmarkt für HAN hat sich nach dem ersten Vorbringen von Copa-Cogeca als sehr volatil erwiesen, was sich auf die Bewertung der veränderten Marktbedingungen und die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schädigung auswirkte. Die ursprünglich von Copa-Cogeca vorgelegten Informationen wurden daher als veraltet angesehen, und zusätzliche Informationen für notwendig erachtet. Die zusätzlichen Informationen des Wirtschaftszweigs der Union zeigten, dass die Unionshersteller finanzielle Verluste erlitten. Copa-Cogeca räumte in der Tat ein, dass der Wirtschaftszweig der Union im Jahr 2022 geschädigt wird. Copa-Cogeca bemerkt in seiner Stellungnahme zur Unterrichtung in Bezug auf den Wirtschaftszweig der Union selbst, dessen Verkäufe seien 2022 dramatisch gesunken und es sei daher unter den derzeitigen Marktbedingungen nicht rentabel, Erdgas zu HAN zu verarbeiten. Es sei daher logisch, dass nahezu alle HAN-Produktionsanlagen in der EU stillgelegt worden seien.

(36)

Darüber hinaus behauptete Copa-Cogeca in einer Anhörung, die vom Wirtschaftszweig der Union bereitgestellten Rentabilitätsdaten seien nicht ausreichend transparent und repräsentativ. Wie in Erwägungsgrund (29) dargelegt, erhielt die Kommission Daten, welche eine Situation belegen, in der die mitarbeitenden Unionshersteller, auf die der Großteil der Unionsproduktion entfällt, Verluste schreiben. Dieser Rentabilitätswert beruhte auf dem Umsatz und den Kosten der Unionshersteller für HAN. Da diese Informationen vertraulich waren, konnte nur ein aggregierter Wert für alle mitarbeitenden Unionshersteller offengelegt werden. Überdies scheint Copa-Cogeca, wie in den Erwägungsgründen (32) und (35) erwähnt, selbst nicht zu bestreiten, dass der Wirtschaftszweig der Union bedeutend geschädigt wird.

(37)

Nach der Unterrichtung brachte Copa-Cogeca vor, die Beibehaltung der Maßnahmen würde dem Unionsinteresse zuwiderlaufen und sich negativ auf die Lebensmittelproduktion in der Union auswirken. Die Kommission erinnerte daran, dass Maßnahmen nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung im Interesse der Union nur ausgesetzt werden können, wenn eine erneute Schädigung infolge der Aussetzung unwahrscheinlich ist. Aufgrund der Lage des Wirtschaftszweigs der Union im September 2022, die von Copa-Cogeca in seiner in den Erwägungsgründen (32) and (35) above zusammengefassten Stellungnahme zur Unterrichtung eingeräumt wird, erlitt dieser weiterhin finanzielle Verluste und die Schädigung dürfte sich somit im Fall einer Aussetzung der Maßnahmen verschärfen, weshalb die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht erfüllt waren und die Kommission es nicht für erforderlich erachtete, das Unionsinteresse nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung zu bewerten.

(38)

Copa-Cogeca brachte vor, Schutzmaßnahmen seien nicht erforderlich, denn der Wirtschaftszweig der Union sei derzeit nicht in der Lage, HAN herzustellen, da der Gaspreis wesentlich höher sei als der HAN-Preis, weshalb die HAN-Produktion in der Union erheblich zurückgegangen sei.

(39)

Die Kommission wies jedoch darauf hin, dass den von Copa-Cogeca vorlegten Daten zufolge in der Union immer noch HAN produziert wird und der Wirtschaftszweig der Union eine bedeutende Schädigung erleidet. Dieses Vorbringen war daher zurückzuweisen.

4.   SCHLUSSFOLGERUNG

(40)

Die Marktbedingungen haben sich vorübergehend dahin gehend geändert, dass das Angebot an HAN auf dem Unionsmarkt zu erschwinglichen Preisen nicht ausreicht, um die stete Nachfrage zu decken. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die HAN-Einfuhren erheblich zurückgegangen sind und die Unionshersteller die ausgefallenen Einfuhrmengen wegen eines starken Anstiegs der Produktionskosten nicht vollständig ausgleichen können.

(41)

Der treibende Faktor für die derzeitig hohen HAN-Preise sind die gegenwärtigen Rekordpreise für Erdgas. Gas ist der wichtigste Rohstoff für die Herstellung von HAN. Aufgrund dieser extremen Gaspreise geriet der Wirtschaftszweig der Union im dritten Quartal 2021 in die Verlustzone. Der Kostenanstieg konnte aus zwei Gründen nicht an die Kunden weitergereicht werden. Erstens, weil die Landwirte aufgrund der in Erwägungsgrund (24) erwähnten Flexibilität beschlossen, den Kauf von HAN auf die Düngesaison (Frühjahr) zu verschieben. Zweitens wegen des anhaltenden Preisdrucks durch Einfuhren, wie in Tabelle 2 dargestellt. Überdies ist, wie von den interessierten Parteien eingeräumt wird, der Wirtschaftszweig der Union unter den derzeitigen Marktbedingungen nicht in der Lage ist, zu rentablen Preisen zu produzieren und zu verkaufen, weshalb ein großer Teil seiner Produktionskapazität stillgelegt ist. Es gibt auch Hinweise darauf, dass eine Aussetzung die Lage des Wirtschaftszweigs der Union weiter verschlechtern würde. Gedumpte Einfuhren zu niedrigen Preisen aus den betroffenen Ländern, insbesondere Trinidad und Tobago, würden zu einem weiteren Druck auf die Preise des Wirtschaftszweigs der Union und damit möglicherweise zu einem Preisverfall auf dem Unionsmarkt führen.

(42)

Da die Untersuchung der Entwicklungen nach dem UZ ergeben hat, dass der Wirtschaftszweig der Union nach wie vor von einer Schädigung betroffen war, konnte die Kommission nicht den Schluss ziehen, dass sich die Marktbedingungen vorübergehend derart geändert hätten, dass eine erneute Schädigung aufgrund einer Aussetzung nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung unwahrscheinlich wäre. Dieser Beschluss berührt nicht das Recht der Kommission, in dem Fall, dass sich die Lage in Zukunft ändern sollte, einen Beschluss nach Artikel 14 Absatz 4 der Grundverordnung zu erlassen.

(43)

Die Kommission beschloss daher, die mit der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 eingeführten Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika nicht auszusetzen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Bedingungen für die Aussetzung des mit Artikel 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika nach Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2016/1036 sind nicht erfüllt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Brüssel, den 26. Oktober 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)  Durchführungsverordnung (EU) 2019/1688 der Kommission vom 8. Oktober 2019 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland, Trinidad und Tobago und den Vereinigten Staaten von Amerika (ABl. L 258 vom 9.10.2019, S. 21).

(3)  https://www.reuters.com/article/ukraine-crisis-russia-fertilizers-idINL2N2V71JG

(4)  MMBtu: Metric Million British Thermal Unit (Millionen British thermal unit).

(5)  Auf der Grundlage des Preises der niederländischen TTF-Gas-Futures, d. h. dem Lieferpreis an der Title Transfer Facility in den Niederlanden. Der Preis des niederländischen Gashandelsplatzes TTF ist auch der von der Weltbank zur Berechnung des historischen Gaspreises verwendete Marktindex.


27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/215


BESCHLUSS (EU) 2022/2071 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 20. Oktober 2022

zu Übergangsbestimmungen für die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank nach der Einführung des Euro in Kroatien (EZB/2022/36)

DAS DIREKTORIUM DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK —

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 19.1 und Artikel 46.2 erster Gedankenstrich,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2531/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht durch die Europäische Zentralbank (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2532/98 des Rates vom 23. November 1998 über das Recht der Europäischen Zentralbank, Sanktionen zu verhängen (2),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2533/98 des Rates vom 23. November 1998 über die Erfassung statistischer Daten durch die Europäische Zentralbank (3), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/378 der Europäischen Zentralbank vom 22. Januar 2021 über die Auferlegung einer Mindestreservepflicht (EZB/2021/1) (4),

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/379 der Europäischen Zentralbank vom 22. Januar 2021 über die Bilanzpositionen der Kreditinstitute und des Sektors der monetären Finanzinstitute (EZB/2021/2) (5),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Einführung des Euro durch Kroatien am 1. Januar 2023 bedeutet, dass Institute, die sich in Kroatien befinden, ab diesem Zeitpunkt gemäß der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) mindestreservepflichtig sein werden.

(2)

Für die Aufnahme dieser Rechtssubjekte in das Mindestreservesystem des Eurosystems müssen Übergangsbestimmungen erlassen werden, um eine reibungslose Integration ohne unverhältnismäßige Belastung der Institute in den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, einschließlich Kroatiens, zu gewährleisten.

(3)

Aus Artikel 5 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank geht hervor, dass die EZB mit Unterstützung der nationalen Zentralbanken die erforderlichen statistischen Daten von den zuständigen nationalen Behörden oder unmittelbar von den Wirtschaftssubjekten unter anderem erhebt, um rechtzeitig Vorkehrungen auf dem Gebiet der Statistik zu treffen im Hinblick auf die Einführung des Euro durch einen Mitgliedstaat —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Beschlusses gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1).

Artikel 2

Übergangsbestimmungen für in Kroatien befindliche Institute

(1)   Abweichend von Artikel 8 der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) gilt für in Kroatien befindliche Institute übergangsweise eine Mindestreserve-Erfüllungsperiode vom 1. Januar bis zum 7. Februar 2023.

(2)   Die Mindestreservebasis jedes in Kroatien befindlichen Instituts für die übergangsweise geltende Mindestreserve-Erfüllungsperiode wird anhand seiner Bilanz zum 31. Oktober 2022 festgelegt. Die Hrvatska narodna banka hat von in Kroatien befindlichen Instituten zu verlangen, dass diese Institute ihre Mindestreservebasis nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) der Hrvatska narodna banka melden. Die Hrvatska narodna banka hat von in Kroatien befindlichen Instituten, denen gemäß Artikel 9 Absatz 1 oder 2 oder Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) eine Ausnahmeregelung gewährt wird, zu verlangen, dass diese Institute ihre Mindestreservebasis für die übergangsweise geltende Mindestreserve-Erfüllungsperiode anhand ihrer Bilanz zum 30. September 2022 berechnen.

(3)   Für die übergangsweise geltende Mindestreserve-Erfüllungsperiode berechnet ein in Kroatien befindliches Institut oder die Hrvatska narodna banka die Mindestreserven dieses Instituts. Die Partei, welche die Berechnung der Mindestreserven vornimmt, legt der anderen Partei ihre Berechnung vor, wobei sie Letzterer ausreichend Zeit zur Prüfung und zur Vorlage von Berichtigungen einräumt. Beide Parteien bestätigen die berechneten Mindestreserven, einschließlich etwaiger Berichtigungen, spätestens am 20. Dezember 2022. Bestätigt die andere Partei den Mindestreservebetrag nicht bis zum 20. Dezember 2022, gilt dies als Anerkennung des berechneten Betrags für die übergangsweise geltende Mindestreserve-Erfüllungsperiode.

(4)   Artikel 3 Absätze 2 bis 4 dieses Beschlusses gilt entsprechend für Institute, die sich in Kroatien befinden, so dass diese Institute für ihre ersten Mindestreserve-Erfüllungsperioden Verbindlichkeiten gegenüber in Kroatien befindlichen Instituten von ihrer Mindestreservebasis abziehen können, wenngleich diese Institute zum Zeitpunkt der Berechnung der Mindestreserven nicht in der Liste der mindestreservepflichtigen Institute gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) aufgeführt sind.

Artikel 3

Übergangsbestimmungen für in anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute

(1)   Die Mindestreserve-Erfüllungsperiode, die gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) für in anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute gilt, bleibt unberührt von der übergangsweise geltenden Mindestreserve-Erfüllungsperiode für in Kroatien befindliche Institute.

(2)   Institute, die sich in anderen Mitgliedstaaten befinden, deren Währung der Euro ist, können für die Mindestreserve-Erfüllungsperioden vom 21. Dezember 2022 bis zum 7. Februar 2023 und vom 8. Februar bis zum 21. März 2023 Verbindlichkeiten gegenüber in Kroatien befindlichen Instituten von ihrer Mindestreservebasis abziehen, wenngleich diese Institute zum Zeitpunkt der Berechnung der Mindestreserven nicht in der in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) genannten Liste der mindestreservepflichtigen Institute aufgeführt sind.

(3)   In anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute, die beschließen, gemäß Absatz 2 Verbindlichkeiten gegenüber in Kroatien befindlichen Instituten in Abzug zu bringen, berechnen für die Mindestreserve-Erfüllungsperioden vom 21. Dezember 2022 bis zum 7. Februar 2023 und vom 8. Februar bis zum 21. März 2023 ihre Mindestreserven anhand ihrer Bilanz zum 31. Oktober 2022 bzw. zum 31. Dezember 2022 und melden statistische Daten gemäß Anhang III Teil 1 der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2), in welchem in Kroatien befindliche Institute bereits als mindestreservepflichtig im Rahmen des Mindestreservesystems der EZB aufgeführt werden.

Hiervon unberührt bleibt die Verpflichtung der Institute, statistische Daten für die betreffenden Zeiträume gemäß Anhang I Teil 2 Tabelle 1 der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) zu melden, in welcher in Kroatien befindliche Institute noch als in der „übrigen Welt“ befindliche Banken aufgeführt werden.

Die Tabellen werden gemäß den Fristen und Verfahren gemeldet, die in der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) festgelegt sind.

(4)   Für die im Dezember 2022 und Februar 2023 beginnenden Mindestreserve-Erfüllungsperioden berechnen in anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute, denen gemäß Artikel 9 Absatz 1 oder 2 oder Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) eine Ausnahmeregelung gewährt wird und die beschließen, gemäß Absatz 2 Verbindlichkeiten gegenüber in Kroatien befindlichen Instituten in Abzug zu bringen, ihre Mindestreserven anhand ihrer Bilanz zum 30. September 2022 und melden statistische Daten gemäß Anhang III Teil 1 der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2), in welchem in Kroatien befindliche Institute bereits als mindestreservepflichtig im Rahmen des Mindestreservesystems der EZB aufgeführt werden.

Für die im März und im Mai 2023 beginnenden Mindestreserve-Erfüllungsperioden berechnen in anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute, denen gemäß Artikel 9 Absatz 1 oder 2 oder Artikel 9 Absatz 5 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) eine Ausnahmeregelung gewährt wird und die beschließen, gemäß Absatz 2 Verbindlichkeiten gegenüber in Kroatien befindlichen Instituten in Abzug zu bringen, ihre Mindestreserven anhand ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2022 und melden statistische Daten gemäß Anhang III Teil 1 der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2), in welchem in Kroatien befindliche Institute bereits als mindestreservepflichtig im Rahmen des Mindestreservesystems der EZB aufgeführt werden.

Hiervon unberührt bleibt die Verpflichtung der Institute, statistische Daten für die betreffenden Zeiträume gemäß Anhang I Teil 2 Tabelle 1 der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) zu melden, in welcher in Kroatien befindliche Institute noch als in der „übrigen Welt“ befindliche Banken aufgeführt werden.

Die statistischen Informationen werden gemäß den Fristen und Verfahren gemeldet, die in der Verordnung (EU) 2021/379 (EZB/2021/2) festgelegt sind.

Artikel 4

Schlussbestimmungen

(1)   Dieser Beschluss wird am Tag seiner Bekanntgabe an die Adressaten wirksam.

(2)   Er gilt ab dem 1. November 2022.

(3)   Wenn in diesem Beschluss keine spezifischen Bestimmungen vorgesehen sind, gelten die Bestimmungen der Verordnungen (EU) 2021/378 (EZB/2021/1) und (EU) 2021/379 (EZB/2021/2).

Artikel 5

Adressaten

Dieser Beschluss ist an die Hrvatska narodna banka, in Kroatien befindliche Institute und in anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, befindliche Institute gerichtet.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 20. Oktober 2022.

Die Präsidentin der EZB

Christine LAGARDE


(1)   ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 1.

(2)   ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 4.

(3)   ABl. L 318 vom 27.11.1998, S. 8.

(4)   ABl. L 73 vom 3.3.2021, S. 1.

(5)   ABl. L 73 vom 3.3.2021, S. 16.


III Sonstige Rechtsakte

EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTSRAUM

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/218


ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE Nr. 029/22/COL

vom 9. Februar 2022

über die Änderung der materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Einführung neuer Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 [2022/2072]

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (im Folgenden „Überwachungsbehörde“) —

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und Protokoll 26,

gestützt auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (im Folgenden „Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen“), insbesondere auf Artikel 24 und Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b,

gestützt auf Protokoll 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen (im Folgenden „Protokoll 3“), insbesondere auf Teil I Artikel 1 Absatz 1,

IN ERWÄGUNG NACHSTEHENDER GRÜNDE:

Nach Artikel 24 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommens setzt die Überwachungsbehörde die Bestimmungen des EWR-Abkommens betreffend staatliche Beihilfen durch.

Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b des Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommens legt die Überwachungsbehörde Mitteilungen und Leitlinien in den im EWR-Abkommen geregelten Angelegenheiten fest, soweit das EWR-Abkommen oder das Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen dies ausdrücklich vorsehen oder die Überwachungsbehörde dies für notwendig erachtet.

Nach Teil I Artikel 1 Absatz 1 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommen überprüft die Überwachungsbehörde fortlaufend alle in den EFTA-Staaten (1) bestehenden Beihilferegelungen und schlägt ggf. zweckdienliche Maßnahmen vor, die für die fortschreitende Entwicklung oder das Funktionieren des EWR-Abkommens erforderlich sind.

Die Leitlinien der Überwachungsbehörde für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (im Folgenden „Leitlinien der Überwachungsbehörde 2014-2020“) (2) in der geänderten Fassung (3) galten bis zum 31. Dezember 2021.

Die Leitlinien der Überwachungsbehörde 2014-2020 entsprachen den Leitlinien der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (im Folgenden „Leitlinien der Kommission 2014-2020“) (4). Die Leitlinien der Kommission 2014-2020 in der geänderten Fassung (5) galten bis zum 31. Dezember 2021.

Am 27. Januar 2022 hat die Kommission die Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 (im Folgenden „Leitlinien von 2022“) (6) angenommen.

Die Leitlinien von 2022 sind auch für den Europäischen Wirtschaftsraum („EWR“) von Bedeutung.

Die EWR-Vorschriften für staatliche Beihilfen sind im gesamten EWR einheitlich anzuwenden, um die in Artikel 1 des EWR-Abkommens geforderte Homogenität zu erzielen.

Nach Ziffer II unter der Überschrift „ALLGEMEINES“ des Anhangs XV des EWR-Abkommens erlässt die Überwachungsbehörde nach Beratung mit der Kommission Rechtsakte, die den von der Kommission erlassenen Rechtsakten entsprechen.

Die Leitlinien von 2022 können sich auf bestimmte politische Instrumente der Europäischen Union und bestimmte Rechtsakte der Europäischen Union beziehen, die nicht in das EWR-Abkommen aufgenommen wurden. Im Interesse einer einheitlichen Anwendung des Beihilferechts und gleicher Wettbewerbsbedingungen im gesamten EWR legt die Überwachungsbehörde bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Beihilfen mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens in der Regel dieselben Kriterien zugrunde wie die Europäische Kommission.

Die Kommission wurde konsultiert.

Die EFTA-Staaten wurden konsultiert —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen werden durch Einführung neuer Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022 geändert. Die beigefügten Leitlinien von 2022 sind Bestandteil dieser Entscheidung.

(2)   Die Überwachungsbehörde nimmt die Vereinbarkeitsprüfung für alle anmeldepflichtigen Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen, die ab dem 9. Februar 2022 gewährt werden oder gewährt werden sollen, anhand dieser Leitlinien vor. Rechtswidrige Beihilfen werden im Einklang mit den Vorschriften geprüft, die am Tag ihrer Gewährung galten.

Artikel 2

Die Überwachungsbehörde wendet die Leitlinien von 2022 an, unter anderem mit nachstehenden Anpassungen:

a)

Bezugnahmen auf „Mitgliedstaaten“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf „EFTA-Staaten“ (7) oder „EWR-Staaten“.

b)

Soweit angezeigt, versteht die Überwachungsbehörde Bezugnahmen auf die „Europäische Kommission“ als Bezugnahmen auf die „EFTA-Überwachungsbehörde“.

c)

Bezugnahmen auf den „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ oder „AEUV“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf das „EWR-Abkommen“.

d)

Bezugnahmen auf „Beihilfevorschriften der Union“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf „EWR-Beihilfevorschriften“.

e)

Bezugnahmen auf Artikel 107 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Artikel 61 des EWR-Abkommens bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels.

f)

Bezugnahmen auf Artikel 108 AEUV oder Abschnitte dieses Artikels versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Teil I Artikel 1 des Protokolls 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen bzw. die entsprechenden Abschnitte dieses Artikels.

g)

Bezugnahmen auf die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (8) versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshof-Abkommen.

h)

Bezugnahmen auf die Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (9) versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde 195/04/COL.

i)

Bezugnahmen auf die Formulierung „mit dem Binnenmarkt (un)vereinbar“ bzw. „(Un-)Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Formulierung „mit dem EWR-Abkommen (un)vereinbar“ bzw. „(Un-)Vereinbarkeit mit dem EWR-Abkommen“.

j)

Bezugnahmen auf die Formulierung „innerhalb der Union“ bzw. „außerhalb der Union“ oder „aus der Union“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die Formulierung „innerhalb des EWR“ bzw. „außerhalb des EWR“ oder „aus dem EWR“.

k)

Bezugnahmen auf den „Handel innerhalb der Union“ versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf den „Handel innerhalb des EWR“.

l)

Heißt es in den Leitlinien, dass sie in „allen Wirtschaftszweigen“ Anwendung finden, so wendet die Überwachungsbehörde sie auf „alle Wirtschaftszweige oder Teile von Wirtschaftszweigen, die in den Anwendungsbereich des EWR-Abkommens fallen“, an.

m)

Bezugnahmen auf Mitteilungen oder Leitlinien der Kommission versteht die Überwachungsbehörde als Bezugnahmen auf die entsprechenden Leitlinien der Überwachungsbehörde.

Artikel 3

Randnummer 468 der Leitlinien von 2022 erhält folgende Fassung:

„Die Überwachungsbehörde schlägt den EFTA-Staaten gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 1 des Protokolls 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommen die folgenden zweckdienlichen Maßnahmen vor:

a)

Die EFTA-Staaten ändern bestehende Umweltschutz- und Energiebeihilferegelungen, wo erforderlich, um sie spätestens bis zum 31. Dezember 2023 mit diesen Leitlinien in Einklang zu bringen.

b)

Die EFTA-Staaten werden aufgefordert, bis zum 11. April 2022 ihre ausdrückliche, uneingeschränkte Zustimmung zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zu erteilen. Bleibt eine Antwort aus, so geht die Überwachungsbehörde davon aus, dass der betreffende EFTA-Staat den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zustimmt.“

Geschehen zu Brüssel am 9. Februar 2022.

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Arne RØKSUND

Präsident

Zuständiges Mitglied des Kollegiums

Stefan BARRIGA

Mitglied des Kollegiums

Árni Páll ÁRNASON

Mitglied des Kollegiums

Melpo-Menie JOSÉPHIDÈS

Gegenzeichnende Direktorin für

Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten


(1)  Nach Artikel 1 Buchstabe b des Überwachungsbehörde- und Gerichtshof-Abkommens bezeichnet der Begriff „EFTA-Staat“ „die Republik Island, das Königreich Norwegen sowie, unter den in Artikel 1 Absatz 2 des Anpassungsprotokolls zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs festgelegten Voraussetzungen, das Fürstentum Liechtenstein“.

(2)  Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 301/14/COL vom 16. Juli 2014 über die 98. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Festlegung neuer Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. L 131 vom 28.5.2015, S. 1, und EWR-Beilage Nr. 30 vom 28.5.2015, S. 1).

(3)  Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 90/20/COL vom 15. Juli 2020 über die 107. Änderung der verfahrens- und materiellrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen durch Änderung und Verlängerung bestimmter Leitlinien für staatliche Beihilfen (ABl. L 359 vom 29.10.2020, S. 16, und EWR-Beilage Nr. 68 vom 29.10.2020, S. 4).

(4)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. C 200 vom 28.6.2014, S. 1).

(5)  Mitteilung der Kommission über die Verlängerung und Änderung der Leitlinien für Regionalbeihilfen 2014-2020, der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen, der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020, der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten, der Mitteilung — Kriterien für die Würdigung der Vereinbarkeit von staatlichen Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse mit dem Binnenmarkt, der Mitteilung der Kommission — Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation und der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (ABl. C 224 vom 8.7.2020, S. 2).

(6)  C(2022) 481 final, noch nicht im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

(7)   „EFTA-Staaten“ bezieht sich auf Island, Liechtenstein und Norwegen.

(8)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(9)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).


MITTEILUNG DER KOMMISSION

Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2022

1.

EINLEITUNG 225

2.

ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN 227

2.1.

Anwendungsbereich 227

2.2.

Unter diese Leitlinien fallende Beihilfemaßnahmen 227

2.3.

Struktur der Leitlinien 228

2.4.

Begriffsbestimmungen 228

3.

PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 3 BUCHSTABE c AEUV 239

3.1.

Positive Voraussetzung: Die Beihilfe muss die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs fördern 239

3.1.1.

Ermittlung des Wirtschaftszweigs, der durch die Maßnahme gefördert wird, der positiven Auswirkungen der Maßnahme auf die Gesellschaft allgemein und ggf. ihrer Relevanz für spezifische Politikbereiche der Union 239

3.1.2.

Anreizeffekt 240

3.1.3.

Kein Verstoß gegen relevante Bestimmungen des Unionsrechts 241

3.2.

Negative Voraussetzung: Die Beihilfemaßnahme darf die Handelsbeziehungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft 241

3.2.1.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 241

3.2.1.1.

Erforderlichkeit der Beihilfe 241

3.2.1.2.

Geeignetheit 242

3.2.1.2.1.

Geeignetheit im Vergleich zu alternativen Instrumenten 243

3.2.1.2.2.

Geeignetheit im Vergleich zu anderen Beihilfeinstrumenten 243

3.2.1.3.

Angemessenheit 244

3.2.1.3.1.

Kumulierung 245

3.2.1.4.

Transparenz 246

3.2.2.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 247

3.3.

Abwägung der positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen die negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 248

4.

GRUPPEN VON BEIHILFEN 249

4.1.

Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen, u. a. durch die Förderung von erneuerbaren Energien und von Energieeffizienz 249

4.1.1.

Begründung 249

4.1.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 249

4.1.2.1.

Beihilfen für erneuerbare Energien 249

4.1.2.2.

Sonstige Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen und Förderung der Energieeffizienz 250

4.1.3.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 250

4.1.3.1.

Erforderlichkeit der Beihilfe 250

4.1.3.2.

Geeignetheit 251

4.1.3.3.

Beihilfefähigkeit 251

4.1.3.4.

Öffentliche Konsultation 252

4.1.3.5.

Angemessenheit 253

4.1.4.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 256

4.2.

Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden 259

4.2.1.

Begründung der Beihilfe 259

4.2.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 259

4.2.3.

Anreizeffekt 260

4.2.4.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 260

4.2.4.1.

Geeignetheit 260

4.2.4.2.

Angemessenheit 261

4.2.4.3.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 262

4.3.

Beihilfen für saubere Mobilität 262

4.3.1.

Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von sauberen Fahrzeugen und sauberen mobilen Service-Geräten sowie für die Nachrüstung von Fahrzeugen und mobilen Service-Geräten 263

4.3.1.1.

Begründung der Beihilfe 263

4.3.1.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 263

4.3.1.3.

Anreizeffekt 264

4.3.1.4.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 264

4.3.1.4.1.

Geeignetheit 264

4.3.1.4.2.

Angemessenheit 264

4.3.1.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 266

4.3.2.

Beihilfen für den Aufbau von Lade- oder Tankinfrastruktur 267

4.3.2.1.

Begründung der Beihilfe 267

4.3.2.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 267

4.3.2.3.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 268

4.3.2.3.1.

Erforderlichkeit der Beihilfe 268

4.3.2.3.2.

Geeignetheit 268

4.3.2.3.3.

Angemessenheit 268

4.3.2.4.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 269

4.4.

Beihilfen für Ressourceneffizienz und zur Unterstützung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft 271

4.4.1.

Begründung der Beihilfe 271

4.4.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 272

4.4.3.

Anreizeffekt 273

4.4.4.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 274

4.4.4.1.

Erforderlichkeit der Beihilfe 274

4.4.4.2.

Geeignetheit 274

4.4.4.3.

Angemessenheit 274

4.4.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 276

4.5.

Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung 276

4.5.1.

Begründung der Beihilfe 276

4.5.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 277

4.5.3.

Anreizeffekt 278

4.5.4.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 278

4.5.4.1.

Erforderlichkeit der Beihilfe 278

4.5.4.2.

Angemessenheit 278

4.5.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 279

4.6.

Beihilfen für die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz 279

4.6.1.

Begründung der Beihilfe 279

4.6.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 280

4.6.3.

Anreizeffekt 280

4.6.4.

Angemessenheit 281

4.7.

Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben 282

4.7.1.

Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Umweltsteuern oder umweltsteuerähnlichen Abgaben 282

4.7.1.1.

Begründung der Beihilfe 282

4.7.1.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 282

4.7.1.3.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 283

4.7.1.3.1.

Erforderlichkeit 283

4.7.1.3.2.

Geeignetheit 284

4.7.1.3.3.

Angemessenheit 284

4.7.2.

Umweltschutzbeihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben 284

4.7.2.1.

Begründung der Beihilfe 284

4.7.2.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 285

4.7.2.3.

Anreizeffekt 285

4.7.2.4.

Angemessenheit 285

4.7.2.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 286

4.8.

Beihilfen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit 286

4.8.1.

Begründung der Beihilfe 286

4.8.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 286

4.8.3.

Anreizeffekt 287

4.8.4.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 287

4.8.4.1.

Erforderlichkeit 287

4.8.4.2.

Geeignetheit 288

4.8.4.3.

Beihilfefähigkeit 288

4.8.4.4.

Öffentliche Konsultation 289

4.8.4.5.

Angemessenheit 290

4.8.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 290

4.9.

Beihilfen für Energieinfrastruktur 292

4.9.1.

Begründung der Beihilfe 292

4.9.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 294

4.9.3.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 294

4.9.3.1.

Erforderlichkeit und Geeignetheit 294

4.9.3.2.

Angemessenheit der Beihilfe 295

4.9.4.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 295

4.10.

Beihilfen für Fernwärme und Fernkälte 295

4.10.1.

Begründung der Beihilfe 295

4.10.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 296

4.10.3.

Erforderlichkeit und Geeignetheit 296

4.10.4.

Angemessenheit der Beihilfemaßnahme 297

4.10.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung 297

4.11.

Beihilfen in Form einer Ermäßigung der Stromabgaben für energieintensive Unternehmen 298

4.11.1.

Begründung der Beihilfe 298

4.11.2.

Anwendungsbereich: Für die Gewährung von Ermäßigungen infrage kommende Abgaben 299

4.11.3.

Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel 299

4.11.3.1.

Beihilfefähigkeit 299

4.11.3.2.

Angemessenheit der Beihilfemaßnahme 300

4.11.3.3.

Form der staatlichen Beihilfe 300

4.11.3.4.

Energieaudits und Energiemanagementsysteme 301

4.11.3.5.

Übergangsvorschriften 301

4.12.

Beihilfen für die Stilllegung von Kohle-, Torf- oder Ölschieferkraftwerken und die Beendigung des Abbaus von Kohle, Torf oder Ölschiefer 302

4.12.1.

Beihilfen für die vorzeitige Einstellung rentabler Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten 302

4.12.1.1.

Begründung der Beihilfe 302

4.12.1.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 303

4.12.1.3.

Anreizeffekt 303

4.12.1.4.

Erforderlichkeit und Geeignetheit 303

4.12.1.5.

Angemessenheit 303

4.12.1.6.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 304

4.12.2.

Beihilfen für außergewöhnliche Kosten im Zusammenhang mit der Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten 304

4.12.2.1.

Begründung der Beihilfe 304

4.12.2.2.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 304

4.12.2.3.

Erforderlichkeit und Geeignetheit 305

4.12.2.4.

Anreizeffekt und Angemessenheit 305

4.12.2.5.

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel 305

4.13.

Beihilfen für Studien oder Beratungsleistungen zu Klima-, Umweltschutz- und Energiefragen 306

4.13.1.

Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten 306

4.13.2.

Anreizeffekt 306

4.13.3.

Angemessenheit 306

5.

EVALUIERUNG 306

6.

BERICHTERSTATTUNG UND ÜBERWACHUNG 307

7.

ANWENDBARKEIT 308

8.

ÜBERARBEITUNG 308

1.   EINLEITUNG

(1)

Die Kommission hat den europäischen Grünen Deal zu einer ihrer wichtigsten politischen Prioritäten erklärt. Mithilfe dieser Strategie soll die Union, ohne jemanden dabei zurückzulassen, zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft werden, in der im Jahr 2050 keine Netto-Treibhausgasemissionen mehr freigesetzt werden und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt ist. In der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal (1) hat sich die Kommission 2019 ein ehrgeiziges Klimaziel gesetzt: Bis 2050 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen auf null gesenkt werden. Mit Blick auf eine faire, ökologische und prosperierende Wirtschaft und Gesellschaft, die bis 2050 klimaneutral werden soll, hat die Kommission zudem vorgeschlagen, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber den Werten von 1990 zu senken (2). Diese ehrgeizigen Ziele wurden im europäischen Klimagesetz (3) verankert.

(2)

Das Legislativpaket „Fit für 55“ (4) unterstützt die Verwirklichung dieser Ziele und bringt die Union auf den Weg zur bis 2050 angestrebten Klimaneutralität.

(3)

Zur Verwirklichung dieser Ziele — Klimaneutralität, Anpassung an den Klimawandel, Ressourcen- und Energieeffizienz, Umsetzung des Grundsatzes „Energieeffizienz an erster Stelle“, Kreislaufwirtschaft, Null-Schadstoff-Ziel und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt — sowie zur Flankierung des ökologischen Wandels werden erhebliche Anstrengungen und eine angemessene Unterstützung nötig sein. Um die in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal dargelegten ehrgeizigen Ziele zu erreichen, müssen hohe Investitionen, u. a. in erneuerbare Energiequellen, getätigt werden. Laut Schätzungen der Kommission werden im Vergleich zu den Investitionen in den Jahren 2011 bis 2020 zusätzliche jährliche Investitionen von 390 Mrd. EUR erforderlich sein, um die unlängst heraufgesetzten Klima-, Energie- und Verkehrsziele für 2030 zu erreichen (5); für die anderen Umweltziele dürften im Vergleich zu früheren Schätzungen zusätzliche jährliche Investitionen von 130 Mrd. EUR benötigt werden. (6) Um diese enorme Herausforderung zu meistern, müssen kosteneffizient private und öffentliche Mittel für Investitionen mobilisiert werden. Alle Wirtschaftszweige und damit die gesamte Wirtschaft der Union werden betroffen sein.

(4)

Die Wettbewerbspolitik und insbesondere die Vorschriften für staatliche Beihilfen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Union in die Lage zu versetzen und dabei zu unterstützen, die Ziele ihres Grünen Deals zu erreichen. In der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beihilfevorschriften überarbeitet werden sollen, um diese politischen Ziele zu berücksichtigen, einen kostenwirksamen und gerechten Übergang zur Klimaneutralität zu unterstützen und den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen zu erleichtern, dabei aber faire Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt zu gewährleisten. Die vorliegenden Leitlinien tragen dieser Überarbeitung Rechnung.

(5)

Staatliche Beihilfen sind nach Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union grundsätzlich verboten, um (drohende) Verfälschungen des Wettbewerbs im Binnenmarkt und Beeinträchtigungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten zu verhindern. In bestimmten Fällen können staatliche Beihilfen jedoch auf der Grundlage des Artikels 107 Absätze 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sein.

(6)

Die Mitgliedstaaten müssen staatliche Beihilfen nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV anmelden, es sei denn, die Beihilfen erfüllen die Voraussetzungen einer Gruppenfreistellungsverordnung, die von der Kommission nach Artikel 1 der Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates (7) erlassen wurde.

(7)

Die vorliegenden Leitlinien geben Aufschluss darüber, wie die Kommission prüfen wird, ob Beihilfemaßnahmen zur Förderung des Umweltschutzes (einschließlich des Klimaschutzes) und des Energiesektors, die nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV anmeldepflichtig sind, mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Jede Bezugnahme auf „Umweltschutz“ in diesen Leitlinien ist als Bezugnahme auf Umweltschutz einschließlich Klimaschutz zu verstehen.

(8)

Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV kann eine Beihilfemaßnahme für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn zwei Voraussetzungen — eine positive und eine negative — erfüllt sind. Die positive Voraussetzung besagt, dass die Beihilfe die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs fördern muss. Die negative Voraussetzung lautet, dass die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern darf, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(9)

Es ist allgemein anerkannt, dass wettbewerbsbestimmte Märkte in der Regel effiziente Ergebnisse in Bezug auf Preise, Produktion und Ressourcennutzung hervorbringen. Gleichwohl können staatliche Eingriffe erforderlich sein, um die Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige zu fördern, die sich ohne Beihilfen nicht bzw. nicht mit derselben Geschwindigkeit oder unter denselben Bedingungen entwickeln würden. Ein solcher Eingriff trägt somit zu intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum bei.

(10)

Im Zusammenhang mit dem Umweltschutz können externe Umwelteffekte, Informationsmängel und Koordinierungsdefizite trotz regulatorischer Eingriffe dazu führen, dass Kosten und Nutzen einer Wirtschaftstätigkeit von den Marktteilnehmern bei Verbrauchs-, Investitions- und Produktionsentscheidungen nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden. Diese Arten von Marktversagen — d. h. Situationen, in denen nicht damit zu rechnen ist, dass der Markt allein effiziente Ergebnisse hervorbringen wird — führen nicht zur optimalen Wohlfahrt der Verbraucher und der gesamten Gesellschaft, sodass bei den betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne staatliche Unterstützung kein hinreichender Umweltschutz gewährleistet ist.

(11)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Beihilfemaßnahmen, die damit verknüpften Bedingungen, die Gewährungsverfahren und die geförderte Tätigkeit nicht gegen das Umweltrecht der Union verstoßen. Sie sollten ferner dafür Sorge tragen, dass der betroffene Personenkreis Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, wenn über Beihilfen entschieden wird. Außerdem sollten Einzelpersonen und Organisationen die Möglichkeit haben, die Beihilfen oder die Maßnahmen zur Durchführung der Beihilfen bei nationalen Gerichten anzufechten, wenn sie nachweisen können, dass gegen das Umweltrecht der Union verstoßen wurde. (8)

2.   ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

2.1.   Anwendungsbereich

(12)

Diese Leitlinien gelten für staatliche Beihilfen, die gewährt werden, um wirtschaftliche Tätigkeiten in einer Weise zu fördern, die den Umweltschutz verbessert, sowie für Beihilfen zur Förderung wirtschaftlicher Tätigkeiten im Energiesektor, die durch den AEUV geregelt sind, soweit diese Beihilfen unter Abschnitt 2.2 dieser Leitlinien fallen. Somit sind diese Leitlinien auch auf Bereiche anwendbar, für die spezifische Beihilfevorschriften der Union gelten, außer wenn diese spezifischen Vorschriften nichts anderes bestimmen oder auf die betreffende Maßnahme anwendbare Bestimmungen über Umweltschutz- oder Energiebeihilfen enthalten, die gegebenenfalls Vorrang haben. Bei Umweltbeihilfemaßnahmen zugunsten von großen Flughäfen mit einem jährlichen Passagieraufkommen von mehr als 5 Mio. haben die vorliegenden Leitlinien Vorrang vor Randnummer 17 Buchstabe b der Luftverkehrsleitlinien (9).

(13)

Diese Leitlinien finden keine Anwendung auf

a)

staatliche Beihilfen für die Entwicklung und Herstellung umweltfreundlicher Produkte, Maschinen, Anlagen, Geräte und Beförderungsmittel, die mit einem geringeren Einsatz natürlicher Ressourcen betrieben werden sollen, sowie Maßnahmen in Produktionsbetrieben oder anderen Produktionseinheiten zur Verbesserung der Sicherheit oder der Hygiene (10);

b)

staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation, die im Unionsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (11) geregelt sind;

c)

staatliche Beihilfen, die unter die Vorschriften über staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor (12) oder im Fischerei- und Aquakultursektor (13) fallen;

d)

staatliche Beihilfen für Kernenergie.

(14)

Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (14) dürfen keine Umwelt- und Energiebeihilfen erhalten.

(15)

Bei der Prüfung von Beihilfen zugunsten von Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind, wird die Kommission den ausstehenden Rückforderungsbetrag berücksichtigen. (15)

2.2.   Unter diese Leitlinien fallende Beihilfemaßnahmen

(16)

Die Kommission hat einige Gruppen von Umweltschutz- und Energiemaßnahmen ermittelt, deren Förderung durch staatliche Beihilfen unter bestimmten Voraussetzungen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV vereinbar sein kann:

a)

Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen, u. a. durch die Förderung von erneuerbaren Energien und von Energieeffizienz,

b)

Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden,

c)

Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von sauberen Fahrzeugen (für den Luft-, Straßen-, Schienen-, Binnenschiffs- und Seeverkehr) und von sauberen mobilen Service-Geräten sowie für die Nachrüstung von Fahrzeugen und mobilen Service-Geräten,

d)

Beihilfen für den Aufbau der Lade- und Tankinfrastruktur für saubere Fahrzeuge,

e)

Beihilfen für Ressourceneffizienz und zur Unterstützung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft,

f)

Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung,

g)

Beihilfen für die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz,

h)

Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben,

i)

Beihilfen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit,

j)

Beihilfen für Energieinfrastruktur,

k)

Beihilfen für Fernwärme und Fernkälte,

l)

Beihilfen in Form einer Ermäßigung der Stromverbrauchsabgaben für energieintensive Unternehmen,

m)

Beihilfen für die Stilllegung von Kohle-, Torf- oder Ölschieferkraftwerken und die Beendigung des Abbaus von Kohle, Torf oder Ölschiefer,

n)

Beihilfen für Studien oder Beratungsleistungen zu Klima-, Umweltschutz- und Energiefragen.

2.3.   Struktur der Leitlinien

(17)

Kapitel 3 enthält die allgemeinen Vereinbarkeitskriterien für die unter diese Leitlinien fallenden Gruppen von Beihilfen. Die in Abschnitt 3.2.1.3.1 dargelegten Kumulierungsvorschriften finden auf alle unter diese Leitlinien fallenden Gruppen von Beihilfen Anwendung. In Kapitel 4 werden die spezifischen Vereinbarkeitskriterien für die in den verschiedenen Abschnitten des Kapitels behandelten Beihilfemaßnahmen dargelegt. Die in Kapitel 3 festgelegten Vereinbarkeitskriterien finden Anwendung, sofern in den spezifischen Abschnitten des Kapitels 4 keine präziseren Bestimmungen enthalten sind.

(18)

Die in diesen Leitlinien festgelegten Voraussetzungen gelten, wenn nicht anders festgelegt, für Beihilferegelungen und auf der Grundlage einer Beihilferegelung oder ad hoc gewährte Einzelbeihilfen.

2.4.   Begriffsbestimmungen

(19)

Für die Zwecke dieser Leitlinien gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„Ad-hoc-Beihilfe“: Beihilfe, die nicht auf der Grundlage einer Beihilferegelung gewährt wird;

2.

„Beihilfeintensität“: die in Prozent der beihilfefähigen Kosten ausgedrückte Höhe der Bruttobeihilfe vor Abzug von Steuern und sonstigen Abgaben. Werden Beihilfen nicht in Form von Zuschüssen gewährt, bestimmt sich die Höhe der Beihilfe nach ihrem Bruttosubventionsäquivalent. In mehreren Tranchen gezahlte Beihilfen werden nach dem zum Zeitpunkt ihrer Gewährung geltenden Wert berechnet. Im Falle zinsvergünstigter Darlehen (16) wird für die Abzinsung und Berechnung des Beihilfebetrags der zum Zeitpunkt der Gewährung geltende Referenzzinssatz zugrunde gelegt. Die Beihilfeintensität wird für jeden Empfänger einzeln berechnet;

3.

„Fördergebiete“: Gebiete, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe in Anwendung des Artikels 107 Absatz 3 Buchstaben a oder c AEUV in einer genehmigten Fördergebietskarte ausgewiesen sind;

4.

„Systemausgleich“: im Zusammenhang mit Strom: Systemausgleich im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates (17);

5.

„Bilanzkreisverantwortlicher (BKV)“: Bilanzkreisverantwortlicher im Sinne des Artikels 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) 2019/943;

6.

„Biodiversität“: Biodiversität im Sinne des Artikels 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates (18);

7.

„Biokraftstoffe“: Biokraftstoffe im Sinne des Artikels 2 Nummer 33 der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (19);

8.

„Biogas“: Biogas im Sinne des Artikels 2 Nummer 28 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

9.

„flüssige Biobrennstoffe“: flüssige Biobrennstoffe im Sinne des Artikels 2 Nummer 32 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

10.

„Biomasse“: biologisch abbaubarer Teil von Produkten, Abfällen und Reststoffen biologischen Ursprungs im Sinne des Artikels 2 Nummer 24 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

11.

„Biomasse-Brennstoffe“: Biomasse-Brennstoffe im Sinne des Artikels 2 Nummer 27 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

12.

„Kapazitätsmechanismus“: Kapazitätsmechanismus im Sinne des Artikels 2 Nummer 22 der Verordnung (EU) 2019/943;

13.

„CO2-Abscheidung und -Speicherung“ oder „CCS“ (carbon capture and storage): Technologien, mit denen Kohlendioxid (CO2) aus den Emissionen von Industrieanlagen (einschließlich prozessinhärenter Emissionen) oder direkt aus der Umgebungsluft abgeschieden, zu einer Speicherstätte transportiert und zur dauerhaften Speicherung in eine geeignete unterirdische geologische Formation injiziert werden kann;

14.

„CO2-Abscheidung und -Nutzung“ oder „CCU“ (carbon capture and use): Technologien, mit denen CO2 aus den Emissionen von Industrieanlagen (einschließlich prozessinhärenter Emissionen) oder direkt aus der Umgebungsluft abgeschieden und an einen Ort transportiert werden kann, an dem das CO2 vollständig verbraucht bzw. genutzt wird;

15.

„CO2-Abbau“: Tätigkeiten des Menschen, um CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen und dauerhaft in geologischen Speichern, an Land, im Ozean oder in Produkten einzulagern; dazu zählen bestehende oder mögliche menschliche Tätigkeiten zur Verbesserung biologischer oder geochemischer Senken und die CO2-Abscheidung aus der Luft samt Speicherung, nicht aber die natürliche CO2-Aufnahme, die nicht direkt auf menschliche Tätigkeiten zurückzuführen ist;

16.

„Lieferantenverpflichtungsregelung“: eine Regelung, in deren Rahmen für die Bereitstellung von Gütern oder Dienstleistungen Wert geschaffen wird, indem für diese Güter oder Dienstleistungen Zertifikate vergeben und Lieferanten oder Verbraucher verpflichtet werden, Zertifikate zu kaufen;

17.

„saubere mobile Bodenabfertigungsgeräte“: mobile Geräte für Dienstleistungen im Bereich des Luft- oder Seeverkehrs, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursachen;

18.

„saubere mobile Service-Geräte“: saubere mobile Terminalgeräte und saubere mobile Bodenabfertigungsgeräte;

19.

„saubere mobile Terminalgeräte“: für das Be-, Ent- und Umladen von Gütern und intermodalen Ladeeinheiten sowie für Frachtbewegungen im Terminalbereich genutzte mobile Geräte, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen oder — wenn es keine Alternativen ohne direkte CO2-Auspuffemissionen gibt — erheblich geringere direkte CO2-Auspuffemissionen als konventionelle Terminalgeräte verursachen;

20.

„sauberes Fahrzeug“:

a)

in Bezug auf zwei- oder dreirädrige und vierrädrige Fahrzeuge:

i)

ein unter die Verordnung (EU) Nr. 168/2013 fallendes Fahrzeug, für das eine gemäß den in Artikel 24 und Anhang V der genannten Verordnung festgelegten Anforderungen durchgeführte Emissionsprüfung keine CO2-Auspuffemissionen ergeben hat;

b)

in Bezug auf leichte Nutzfahrzeuge:

i)

ein Fahrzeug der Klasse M1, M2 oder N1, für das eine gemäß der Verordnung (EU) 2017/1151 der Kommission (20) durchgeführte Emissionsprüfung keine CO2-Auspuffemissionen ergeben hat;

ii)

ein sauberes Fahrzeug im Sinne des Artikels 4 Nummer 4 Buchstabe a der Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (21);

c)

in Bezug auf schwere Nutzfahrzeuge:

i)

ein emissionsfreies schweres Nutzfahrzeug im Sinne des Artikels 4 Nummer 5 der Richtlinie 2009/33/EG;

ii)

bis zum 31. Dezember 2025: ein emissionsarmes schweres Nutzfahrzeug im Sinne des Artikels 3 Nummer 12 der Verordnung (EU) 2019/1242 des Europäischen Parlaments und des Rates (22);

iii)

bis zum 31. Dezember 2025: ein sauberes Fahrzeug im Sinne des Artikels 4 Nummer 4 Buchstabe b der Richtlinie 2009/33/EG, das nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) 2019/1242 fällt;

d)

in Bezug auf Binnenschiffe:

i)

ein Binnenschiff für den Personen- oder Güterverkehr, das keine direkten CO2-(Auspuff-/Abgas-)Emissionen verursacht;

ii)

ein Binnenschiff für den Personenverkehr mit Hybrid- oder Zweistoffmotor, das im Normalbetrieb mindestens 50 % seiner Energie aus Kraftstoffen, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursachen, oder Batteriestrom bezieht;

iii)

ein Binnenschiff für den Güterverkehr, dessen direkte CO2-Auspuffemissionen pro Tonnenkilometer (g CO2/tkm), berechnet (bzw. bei neuen Schiffen geschätzt) anhand des Energieeffizienz-Betriebsindikators (EEOI) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation, 50 % unter dem durchschnittlichen Bezugswert für CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge (Fahrzeuguntergruppe 5-LH) nach Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1242 liegen.

Bei der Prüfung, ob ein Schiff als sauberes Fahrzeug einzustufen ist, wird die Kommission die Entwicklungen in dem betreffenden Wirtschaftszweig berücksichtigen und zum Beispiel die technischen Bewertungskriterien heranziehen, die in einem nach der Verordnung (EU) 2020/852 erlassenen delegierten Rechtsakt festgelegt wurden und darüber Aufschluss geben, ob eine Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet;

e)

in Bezug auf Seeschiffe:

i)

ein für den Personen- oder Güterverkehr, den Hafenbetrieb oder Hilfstätigkeiten eingesetztes See- oder Küstenschiff, das keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursacht, oder

ii)

ein für den Personen- und Güterverkehr, den Hafenbetrieb oder Hilfstätigkeiten eingesetztes See- und Küstenschiff mit Hybrid- oder Zweistoffmotor, das im Normalbetrieb auf See oder im Hafen mindestens 25 % seiner Energie aus Kraftstoffen, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursachen, oder Batteriestrom bezieht, oder dessen Wert im Energieeffizienzindex (Energy Efficiency Design Index, EEDI) der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation 10 % unter den am 1. April 2022 geltenden EEDI-Anforderungen liegt und das mit Kraftstoffen betrieben werden kann, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen bewirken oder aus erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden, oder

iii)

ein See- oder Küstenschiff für den Frachtverkehr, das ausschließlich für Küsten- und Kurzstreckenseeverkehrsdienste eingesetzt wird, die eine Verlagerung derzeitigen Güterverkehrs vom Landweg auf den Seeweg ermöglichen, und dessen direkte CO2-Auspuffemissionen, berechnet anhand des EEDI, 50 % unter dem durchschnittlichen Bezugswert für CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge (Fahrzeuguntergruppe 5-LH) nach Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/1242 liegen.

Bei der Prüfung, ob ein Schiff als sauberes Fahrzeug einzustufen ist, wird die Kommission die Entwicklungen in dem betreffenden Wirtschaftszweig berücksichtigen und zum Beispiel die technischen Bewertungskriterien heranziehen, die in einem nach der Verordnung (EU) 2020/852 erlassenen delegierten Rechtsakt festgelegt wurden und darüber Aufschluss geben, ob eine Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet;

f)

in Bezug auf Schienenfahrzeuge:

i)

Schienenfahrzeuge, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursachen;

ii)

Schienenfahrzeuge, die keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursachen, wenn sie auf Schienen mit der erforderlichen Infrastruktur betrieben werden, und die einen herkömmlichen Motor einsetzen, wenn eine solche Infrastruktur nicht verfügbar ist (Zweikrafttriebwagen);

g)

in Bezug auf Luftfahrzeuge:

i)

ein Luftfahrzeug, das keine direkten CO2-Auspuffemissionen verursacht;

ii)

ein Luftfahrzeug, dessen Umweltbilanz erheblich besser ist als die eines Luftfahrzeugs mit derselben Startmasse, das eine auf dem Markt weithin verfügbare Alternative darstellt;

21.

„Kraft-Wärme-Kopplung“ (KWK): Kraft-Wärme-Kopplung im Sinne des Artikels 2 Nummer 30 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (23);

22.

„schadstoffbelasteter Standort“: Standort, an dem durch menschliches Einwirken Materialien oder Stoffe nachweislich in einer solchen Konzentration vorkommen, dass von ihnen unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und der künftigen genehmigten Nutzung von Boden, Meeresgrund oder Flüssen eine erhebliche Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt ausgeht;

23.

„Demonstrationsvorhaben“: Demonstrationsvorhaben im Sinne des Artikels 2 Nummer 24 der Verordnung (EU) 2019/943;

24.

„Digitalisierung“: Einführung von Technologien für elektronische Geräte und/oder Systeme, die die Erweiterung von Produktfunktionen, die Entwicklung von Online-Diensten, die Modernisierung von Verfahren oder die Umstellung auf Geschäftsmodelle, die auf der Disintermediation im Bereich der Produktion von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen basieren, ermöglichen und schließlich Transformationen bewirken;

25.

„Beseitigung“: Beseitigung im Sinne des Artikels 3 Nummer 19 der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (24);

26.

„Verteilernetzbetreiber“ (VNB): Verteilernetzbetreiber im Sinne des Artikels 2 Nummer 29 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates (25);

27.

„Fernwärme“ oder „Fernkälte“: Fernwärme oder Fernkälte im Sinne des Artikels 2 Nummer 19 der Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (26);

28.

„Fernwärme- und/oder Fernkältesysteme“: Wärme- und/oder Kälteerzeugungsanlagen, Wärme-/Kältespeicher und ein Verteilnetz, das sowohl ein Primär- (Transport-) als auch ein Sekundärnetz von Rohrleitungen umfasst, für die Wärme- oder Kälteversorgung von Verbrauchern; Bezugnahmen auf „Fernwärme“ sind als Bezugnahmen auf Fernwärme- bzw. Fernkältesysteme zu verstehen, je nachdem, ob über die Netze sowohl Wärme als auch Kälte bereitgestellt werden oder nur eines von beiden bereitgestellt wird;

29.

„Öko-Innovation“: jede Form der Innovation (einschließlich neuer Produktionsverfahren, neuer Produkte oder Dienstleistungen sowie neuer Management- und Geschäftsmethoden), die eine deutliche Verbesserung des Umweltschutzes bewirkt oder bezweckt und die Auswirkungen von Umweltverschmutzung erheblich reduziert; für die Zwecke dieser Begriffsbestimmung gilt Folgendes nicht als Innovation:

a)

Tätigkeiten, mit denen lediglich geringfügige Veränderungen oder Verbesserungen des Umweltschutzes bewirkt werden,

b)

eine Steigerung der Produktions- oder Dienstleistungskapazitäten durch zusätzliche Produktions- oder Logistiksysteme, die den bereits verwendeten sehr ähnlich sind,

c)

Änderungen der Geschäftspraktiken, der Arbeitsabläufe oder Geschäftsbeziehungen, die auf bereits in dem Unternehmen angewandten Organisationsmethoden beruhen,

d)

Änderungen der Geschäftsstrategie,

e)

Fusionen und Übernahmen,

f)

die Einstellung der Anwendung eines Verfahrens,

g)

einfache Ersatz- oder Erweiterungsinvestitionen,

h)

Änderungen, die sich allein aus Veränderungen der Faktorpreise ergeben, neue Kundenausrichtung, regelmäßige saisonale oder sonstige zyklische Veränderungen,

i)

der Handel mit neuen oder erheblich verbesserten Produkten;

30.

„Ökosystem“: Ökosystem im Sinne des Artikels 2 Nummer 13 der Verordnung (EU) 2020/852;

31.

„Energieeffizienz“: Energieeffizienz im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie 2012/27/EU;

32.

„Energiespeicherung“: Energiespeicherung im Sinne des Artikels 2 Nummer 59 der Richtlinie (EU) 2019/944;

33.

„Energiespeicheranlage“: Energiespeicheranlage im Sinne des Artikels 2 Nummer 60 der Richtlinie (EU) 2019/944;

34.

„effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung“: effiziente Fernwärme- und Fernkälteversorgung im Sinne des Artikels 2 Nummer 41 der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates;

35.

„Energie aus erneuerbaren Quellen“: Energie aus erneuerbaren Quellen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001, die in Anlagen erzeugt wird, in denen ausschließlich erneuerbare Energiequellen eingesetzt werden, sowie bezogen auf den Heizwert der Anteil der Energie, der aus erneuerbaren Energiequellen in Hybridanlagen, die auch konventionelle Energiequellen einsetzen, erzeugt wird; dies schließt erneuerbaren Strom ein, der zum Auffüllen von nach dem Zähler angeschlossenen (mit der Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energien oder zusätzlich dazu installierten) Speichersystemen genutzt wird, aber nicht den Strom, der als Ergebnis der Speicherung in Speichersystemen gewonnen wird;

36.

„Energieinfrastruktur“ (27): jede materielle Ausrüstung oder Anlage, die sich in der Union befindet oder die die Union mit einem Drittland oder mehreren Drittländern verbindet und unter eine der folgenden Kategorien fällt:

a)

in Bezug auf Strom:

i)

Übertragungs- und Verteilernetze, wobei „Übertragung“ den Transport (Onshore und Offshore) von elektrischer Energie über ein Höchstspannungs- und Hochspannungsverbundnetz zur Belieferung von Endkunden oder Verteilern, jedoch mit Ausnahme der Versorgung bezeichnet, während „Verteilung“ den Transport (Onshore und Offshore) von elektrischer Energie mit Hoch-, Mittel- oder Niederspannung über Verteilernetze zur Belieferung von Kunden, jedoch mit Ausnahme der Versorgung bezeichnet;

ii)

jede Ausrüstung oder Anlage, die für den sicheren und effizienten Betrieb der unter Ziffer i genannten Netze unentbehrlich ist, einschließlich der Schutz-, Überwachungs- und Steuerungssysteme auf allen Spannungsebenen und in allen Umspannwerken;

iii)

vollständig integrierte Netzkomponenten im Sinne des Artikels 2 Nummer 51 der Richtlinie (EU) 2019/944,

iv)

intelligente Stromnetze, d. h. Systeme und Komponenten für die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien über operative digitale Plattformen, Steuerungssysteme und Sensortechnologien sowohl auf Übertragungs- als auch auf Verteilerebene für ein sichereres, effizienteres und intelligenteres Stromübertragungs- und -verteilernetz, höhere Kapazität für die Integration neuer Erzeugungs-, Speicher- und Verbrauchsformen und die Förderung neuer Geschäftsmodelle und Marktstrukturen;

v)

Offshore-Stromnetze, d. h. alle Ausrüstungen oder Anlagen einer Stromübertragungs- oder Stromverteilungsinfrastruktur im Sinne der Ziffer i, die zwei Zwecken dienen: dem Verbund und der Übertragung oder Verteilung von erneuerbarem Offshore-Strom aus den Offshore-Erzeugungsanlagen in mindestens zwei Länder; dies schließt intelligente Netze sowie küstennahe Offshore-Ausrüstungen oder -Anlagen ein, die für den sicheren und effizienten Betrieb unentbehrlich sind, z. B. Schutz-, Überwachungs- und Steuerungssysteme und erforderliche Umspannwerke, sofern sie auch die technologische Interoperabilität, etwa die Interoperabilität der Schnittstellen verschiedener Technologien, gewährleisten;

b)

in Bezug auf Gas (Erdgas, Biogas — einschließlich Biomethan — und/oder erneuerbares Gas nicht biogenen Ursprungs):

i)

Fern- und Verteilerleitungen für den Transport von Gas, die Bestandteil eines Netzes sind, ausgenommen Hochdruckrohrleitungen, die für die vorgelagerte Verteilung von Erdgas verwendet werden,

ii)

an die unter Ziffer i genannten Hochdruck-Gasleitungen angeschlossene Untergrundspeicher;

iii)

Anlagen für die Übernahme, Speicherung und Rückvergasung oder Dekomprimierung von verflüssigtem oder komprimiertem Gas;

iv)

alle Ausrüstungen oder Anlagen, die für den sicheren und effizienten Betrieb des Systems oder für die Ermöglichung der bidirektionalen Kapazität unentbehrlich sind, einschließlich Verdichterstationen;

v)

intelligente Gasnetze, d. h. jede der folgenden Ausrüstungen oder Anlagen, mit denen die Integration erneuerbarer und CO2-armer Gase (z. B. Wasserstoff oder Gase nicht biogenen Ursprungs) in das Netz ermöglicht und erleichtert werden soll: digitale Systeme und Komponenten für die Integration von Informations- und Kommunikationstechnologien, Steuerungssystemen und Sensortechnologien, die die interaktive und intelligente Überwachung, Messung, Qualitätssteuerung und Verwaltung der Gaserzeugung, -fernleitung, und -verteilung sowie des Gasverbrauchs innerhalb eines Gasnetzes ermöglichen; intelligente Netze können auch Ausrüstung umfassen, die Umkehrflüsse von der Verteilerebene bis zur Fernleitungsebene und die dafür erforderlichen Modernisierungen des bestehenden Netzes ermöglicht;

c)

in Bezug auf Wasserstoff: (28)

i)

Hochdruckfernleitungen für den Wasserstofftransport sowie Verteilerleitungen für die lokale Verteilung von Wasserstoff, die zahlreichen Netznutzern transparent und diskriminierungsfrei Zugang ermöglichen;

ii)

Speicheranlagen, d. h. Anlagen, die zur Speicherung von hochreinem Wasserstoff genutzt werden; diese umfassen den für die Speicherung (nicht aber den für die Produktion) genutzten Teil eines Wasserstoffterminals sowie Anlagen, die ausschließlich den Betreibern von Wasserstoffnetzen für die Ausübung ihrer Tätigkeiten vorbehalten sind. Zu den Wasserstoffspeicheranlagen zählen auch an die unter Ziffer i genannten Hochdruckfern- und Verteilerleitungen für Wasserstoff angeschlossene Untergrundspeicher;

iii)

Anlagen für die Einspeisung, Übernahme, Rückvergasung oder Dekomprimierung von Wasserstoff oder in anderen chemischen Stoffen gebundenem Wasserstoff, um ihn in das Gas- oder Wasserstoffnetz einzuspeisen;

iv)

Terminals, d. h. Anlagen, in denen flüssiger Wasserstoff in gasförmigen Wasserstoff umgewandelt wird, um ihn in das Wasserstoffnetz einzuspeisen. Terminals umfassen die Zusatzeinrichtungen und die vorübergehende Speicherung, die für den Umwandlungsprozess und die anschließende Einspeisung in das Wasserstoffnetz erforderlich sind, nicht aber die für die Speicherung genutzten Teile des Terminals;

v)

Verbindungsleitungen, d. h. ein Wasserstoffnetz (oder ein Teil davon), das (der) eine Grenze zwischen Mitgliedstaaten quert oder überspannt, oder ein Wasserstoffnetz zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zum Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder zum Küstenmeer dieses Mitgliedstaats;

vi)

alle Ausrüstungen oder Anlagen, die für den sicheren und effizienten Betrieb eines Wasserstoffnetzes und bidirektionale Kapazität unentbehrlich sind, einschließlich Verdichterstationen;

d)

in Bezug auf Kohlendioxid: (29)

i)

Rohrleitungen (mit Ausnahme vorgelagerter Rohrleitungsnetze), die verwendet werden, um Kohlendioxid aus mehr als einer Quelle — d. h. von Industrieanlagen (einschließlich Kraftwerken), in denen durch Verbrennung oder andere chemische Reaktionen, an denen fossile oder nichtfossile kohlenstoffhaltige Komponenten beteiligt sind, Kohlendioxidgas erzeugt wird — für die dauerhafte geologische Speicherung von Kohlendioxid im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (30) oder für die Nutzung von Kohlendioxid als Rohstoff oder für die Steigerung der Erträge biologischer Prozesse zu transportieren;

ii)

Anlagen für die Verflüssigung und Speicherung von Kohlendioxid im Hinblick auf dessen Transport oder Speicherung,

iii)

Infrastruktur innerhalb einer geologischen Formation, die für die dauerhafte geologische Speicherung von Kohlendioxid im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 2009/31/EG verwendet wird, sowie damit zusammenhängende Flächen und Injektionsanlagen,

iv)

alle Ausrüstungen und Anlagen, die für den ordnungsgemäßen, sicheren und effizienten Betrieb des betreffenden Systems unentbehrlich sind, einschließlich der Schutz-, Überwachungs- und Steuerungssysteme; dies kann spezifische mobile Ausrüstungen und Anlagen für den Transport oder die Speicherung von Kohlendioxid umfassen, sofern diese der Definition eines sauberen Fahrzeugs entsprechen;

e)

Infrastruktur für die Übertragung und Verteilung von thermischer Energie in Form von Dampf, heißem Wasser oder kalten Flüssigkeiten von zahlreichen Erzeugern/Nutzern unter Nutzung erneuerbarer Energie oder industrieller Abwärme;

f)

Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (31) und Vorhaben von gegenseitigem Interesse im Sinne des Artikels 171 AEUV;

g)

andere Infrastrukturkategorien, unter die Infrastruktur fällt, die eine physische oder drahtlose Übertragung von erneuerbarer oder ohne CO2-Emissionen erzeugter Energie zwischen Erzeugern und Nutzern über zahlreiche Einspeise- und Ausspeisepunkte ermöglicht und zu der Dritte Zugang haben, die nicht zu den Unternehmen des Eigentümers oder Verwalters der Infrastruktur gehören;

37.

„Gesamtenergieeffizienz“: Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Richtlinie 2010/31/EU;

38.

„Energieeinsparungen“: Energieeinsparungen im Sinne des Artikels 2 Nummer 5 der Richtlinie 2012/27/EU;

39.

„Umweltschutz“: jede Maßnahme oder Aktivität, die darauf abzielt, eine Umweltverschmutzung, negative Auswirkung auf die Umwelt oder sonstige Beeinträchtigung der physischen Umgebung (einschließlich Luft, Wasser und Boden), von Ökosystemen oder natürlichen Ressourcen durch menschliche Tätigkeiten zu verringern oder einer solchen vorzubeugen, das Risiko einer solchen Beeinträchtigung zu vermindern, die Biodiversität zu schützen oder wiederherzustellen oder eine effizientere Nutzung natürlicher Ressourcen (z. B. durch Energiesparmaßnahmen, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und andere Techniken zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und anderer Schadstoffe) sowie den Übergang zu Modellen der Kreislaufwirtschaft mit Blick auf eine geringere Inanspruchnahme von Primärrohstoffen und höhere Effizienz zu fördern; dies schließt auch Klimaschutzmaßnahmen und Maßnahmen ein, die es ermöglichen, sich besser an Auswirkungen des Klimawandels anzupassen und dagegen zu wappnen;

40.

„Umweltsteuer oder umweltsteuerähnliche Abgabe“: Steuer oder Abgabe, deren Gegenstand — Produkte oder Dienstleistungen — eine eindeutig negative Auswirkung auf die Umwelt hat oder die bestimmte Tätigkeiten, Waren oder Dienstleistungen belasten soll, damit die Umweltkosten in deren Preis einfließen und/oder damit die Hersteller und die Verbraucher zu umweltfreundlicherem Verhalten angeregt werden;

41.

„Evaluierungsplan“: Dokument zu einer oder mehreren Beihilferegelungen mit den folgenden Mindestangaben:

a)

zu evaluierende Ziele,

b)

Evaluierungsfragen,

c)

Ergebnisindikatoren,

d)

vorgesehene Evaluierungsmethode,

e)

Datenerfassungskriterien,

f)

vorgesehener Zeitplan für die Evaluierung einschließlich des Termins für die Vorlage des Zwischen- und des Abschlussberichts,

g)

Beschreibung des unabhängigen Gremiums, das die Evaluierung durchführen wird, oder der für seine Auswahl herangezogenen Kriterien sowie die Modalitäten für die Bekanntmachung der Evaluierung;

42.

„erweiterte Herstellerverantwortung“: erweiterte Herstellerverantwortung im Sinne des Artikels 2 Nummer 21 der Richtlinie 2008/98/EG;

43.

„Stromerzeuger“: Unternehmen, das Strom für kommerzielle Zwecke erzeugt;

44.

„Treibhausgas“: jedes Gas, das durch Absorption von Wärmestrahlung zum Treibhauseffekt beiträgt, z. B. Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und fluorierte Gase wie Fluorkohlenwasserstoff;

45.

„hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung“: hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung im Sinne des Artikels 2 Nummer 34 der Richtlinie 2012/27/EU;

46.

„Wasserstoffnetzbetreiber“: natürliche oder juristische Person, die die Aufgabe des Netztransports von Wasserstoff übernimmt und für den Betrieb, die Wartung und erforderlichenfalls den Ausbau des Wasserstoffnetzes in einem bestimmten Gebiet und, sofern vorhanden, der Verbindungsleitungen zu anderen Wasserstoffnetzen sowie für die Sicherstellung der langfristigen Fähigkeit des Netzes, eine angemessene Nachfrage nach dem Transport von Wasserstoff zu decken;

47.

„Bilanzkreisabweichung“: Bilanzkreisabweichung im Sinne des Artikels 2 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission;

48.

„Abrechnung von Bilanzkreisabweichungen“: Abrechnung von Bilanzkreisabweichungen im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 der Verordnung (EU) 2017/2195 der Kommission;

49.

„Bilanzkreisabrechnungszeitintervall“: Bilanzkreisabrechnungszeitintervall im Sinne des Artikels 15 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2019/943;

50.

„Einzelbeihilfen“: Ad-hoc-Beihilfen sowie auf der Grundlage einer Beihilferegelung gewährte anmeldepflichtige Beihilfen;

51.

„Abschaltregelung“: auf die Sicherheit der Stromversorgung ausgerichtete Maßnahme, mit der eine stabile Netzfrequenz gewährleistet und kurzfristige Versorgungssicherheitsprobleme unter anderem durch die Abschaltung von Lasten gelöst werden sollen;

52.

„Kleinstunternehmen“: Unternehmen, das die Kriterien für Kleinstunternehmen der Empfehlung der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (32) erfüllt;

53.

„naturbasierte Lösung“: von der Natur inspirierte und darauf aufbauende Lösung, die kosteneffizient ist und gleichzeitig ökologische, soziale und wirtschaftliche Vorteile bietet sowie zum Resilienzaufbau beiträgt, und die durch lokal angepasste, ressourceneffiziente und systembezogene Eingriffe mehr und vielfältigere Natur sowie natürliche Merkmale und Prozesse in Städten, terrestrischen und marinen Landschaften mit sich bringt;

54.

„Netzengpassmaßnahme“: auf die Sicherheit der Stromversorgung ausgerichtete Maßnahme, mit der Defizite des Übertragungs- oder Verteilernetzes ausgeglichen werden sollen;

55.

„Schadstoff“: Schadstoff im Sinne des Artikels 2 Nummer 10 der Verordnung (EU) 2020/852;

56.

„Verursacher“: Verursacher im Sinne der Nummer 3 des Anhangs der Empfehlung 75/436/Euratom, EGKS, EWG des Rates (33);

57.

„Umweltverschmutzung“: Umweltverschmutzung im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie (EU) 2010/75 des Europäischen Parlaments und des Rates (34);

58.

„Verursacherprinzip“: Grundsatz, nach dem die Kosten für die Bewältigung von Umweltverschmutzung von den Verursachern zu tragen sind;

59.

„Vorbereitung zur Wiederverwendung“: Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie 2008/98/EG;

60.

„Ladeinfrastruktur“: feste oder mobile Infrastruktur zur Versorgung von sauberen Fahrzeugen oder sauberen mobilen Service-Geräten mit Strom;

61.

„Verwertung“: Verwertung im Sinne des Artikels 3 Nummer 15 der Richtlinie 2008/98/EG;

62.

„Recycling“: Recycling im Sinne des Artikels 3 Nummer 17 der Richtlinie 2008/98/EG;

63.

„Referenzvorhaben“: Beispielvorhaben, das für das durchschnittliche Vorhaben in einer für eine Beihilferegelung in Betracht kommenden Empfängerkategorie repräsentativ ist;

64.

„Tankinfrastruktur“: feste oder mobile Infrastruktur zur Bereitstellung von Wasserstoff, Erdgas in gasförmiger (komprimiertes Erdgas (CNG)) oder flüssiger Form (Flüssigerdgas (LNG)), Biogas und Biokraftstoffen einschließlich fortschrittlicher Biokraftstoffe sowie synthetischer Kraftstoffe aus erneuerbarer oder CO2-armer Energie;

65.

„Rehabilitierung“: Umweltmanagementmaßnahmen zur Wiederherstellung eines Grads des Funktionierens von Ökosystemen an geschädigten Standorten, die nicht auf die Biodiversität und die Integrität eines bestimmten natürlichen oder halbnatürlichen Referenzökosystems abzielen, sondern auf erneute und dauerhafte Ökosystemdienstleistungen;

66.

„Sanierung“: Umweltmanagementmaßnahmen wie die Entgiftung, Entfernung von Schadstoffbelastungen oder überschüssigen Nährstoffen aus Boden und Wasser, um Ursachen einer Schädigung zu beseitigen;

67.

„erneuerbarer Strom“: Strom aus erneuerbaren Energiequellen im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

68.

„Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft“: Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 Nummer 16 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

69.

„erneuerbare Energie“: Energie aus erneuerbaren Quellen oder erneuerbare Energie im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

70.

„erneuerbarer Wasserstoff“: Wasserstoff, der — im Einklang mit den in der Richtlinie (EU) 2018/2001 dargelegten Methoden für flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe (für den Verkehr) nicht biogenen Ursprungs — aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde;

71.

„flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs“: flüssige oder gasförmige erneuerbare Kraftstoffe für den Verkehr nicht biogenen Ursprungs im Sinne des Artikels 2 Nummer 36 der Richtlinie (EU) 2018/2001;

72.

„Angemessenheit der Ressourcen“: erzeugte Kapazitäten, die als angemessen erachtet werden, um in einem bestimmten Zeitraum die Nachfrage in einer Gebotszone zu decken; dabei wird ein konventioneller statistischer Indikator zugrunde gelegt, der von Organisationen verwendet wird, die von der Union als Institutionen mit maßgeblicher Bedeutung für die Schaffung des Elektrizitätsbinnenmarkts anerkannt sind (z. B. das Europäische Netz der Übertragungsnetzbetreiber (Strom) (ENTSO-E));

73.

„Ressourceneffizienz“: Verringerung der Menge des für eine Produktionseinheit benötigten Inputs oder Ersatz der Primärinputs durch Sekundärinputs;

74.

„Wiederherstellung“: Prozess der Unterstützung der Erholung eines Ökosystems als Mittel zur Erhaltung der Biodiversität und zur Stärkung der Resilienz eines Ökosystems insbesondere gegen den Klimawandel. Die Wiederherstellung von Ökosystemen umfasst Maßnahmen, um den Zustand eines Ökosystems zu verbessern, um ein Ökosystem, das nicht mehr in gutem Zustand ist, neu aufzubauen und wiederherzustellen, und um die Resilienz eines Ökosystems und die Anpassung an den Klimawandel zu verbessern;

75.

„Wiederverwendung“: Wiederverwendung im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2008/98/EG; dies schließt jedes Verfahren ein, bei dem Erzeugnisse oder Bestandteile, die keine Abfälle sind, wieder für denselben Zweck verwendet werden, für den sie ursprünglich bestimmt waren;

76.

„kleine Unternehmen“: Unternehmen, die die Kriterien für kleine Unternehmen der Empfehlung der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen erfüllen;

77.

„kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU): Unternehmen, die die Kriterien der Empfehlung der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen erfüllen;

78.

„kleines Unternehmen mittlerer Kapitalisierung“: Unternehmen, bei dem es sich nicht um ein KMU handelt und das auf der Grundlage einer Berechnung nach Anhang I Artikel 3 bis 6 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission (35) nicht mehr als 499 Mitarbeiter beschäftigt, dessen Jahresumsatz 100 Mio. EUR nicht übersteigt oder dessen Jahresbilanzsumme 86 Mio. EUR nicht übersteigt. Mehrere Unternehmen werden als ein Unternehmen angesehen, wenn eine der in Anhang I Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission genannten Voraussetzungen erfüllt ist;

79.

„intelligentes Laden“: Ladevorgang, bei dem die Stärke des an die Batterie abgegebenen Stroms anhand elektronisch übermittelter Informationen in Echtzeit angepasst wird;

80.

„Intelligenzfähigkeit“: Fähigkeit von Gebäuden oder Gebäudeteilen, ihren Betrieb an die Erfordernisse des Nutzers anzupassen, einschließlich der Optimierung der Energieeffizienz und der Gesamtleistung, und beim Betrieb auf Signale aus dem Netz zu reagieren;

81.

„Standardbilanzkreisverantwortung“: diskriminierungsfreie, technologieübergreifende Bilanzkreisverantwortung, von der nach Artikel 5 der Verordnung (EU) 2019/943 kein Erzeuger ausgenommen ist;

82.

„Beginn der Arbeiten“: die erste feste Verpflichtung (z. B. Bestellung von Ausrüstung oder Beginn der Bauarbeiten), die eine Investition unumkehrbar macht. Der Kauf von Grundstücken oder Vorarbeiten wie die Einholung von Genehmigungen oder die im Vorfeld erfolgende Erstellung von Durchführbarkeitsstudien gelten nicht als Beginn der Arbeiten. Bei Übernahmen ist der „Beginn der Arbeiten“ der Zeitpunkt des Erwerbs der unmittelbar mit der erworbenen Betriebsstätte verbundenen Vermögenswerte;

83.

„strategische Reserve“: Kapazitätsmechanismus, bei dem Stromkapazität (etwa zur Erzeugung, Speicherung oder Laststeuerung) außerhalb des Strommarkts vorgehalten und nur unter bestimmten Umständen eingesetzt wird;

84.

„Gesamtbetriebskosten“: Gesamtkosten des Erwerbs und Besitzes eines Fahrzeugs während dessen Lebensdauer einschließlich der Kosten für Erwerb oder Leasing des Fahrzeugs, Kraftstoff, Wartung und Reparaturen, Versicherung, Finanzierung und Steuern;

85.

„Übertragungsnetzbetreiber“ (ÜNB): Übertragungsnetzbetreiber im Sinne des Artikels 2 Nummer 35 der Richtlinie (EU) 2019/944;

86.

„Fahrzeug“: jede der folgenden Fahrzeugarten:

a)

ein Straßenfahrzeug der Klasse M1, M2, N1, M3, N2, N3 oder L,

b)

ein für den Personen- oder Güterverkehr eingesetztes Binnen-, See- oder Küstenschiff,

c)

ein Schienenfahrzeug,

d)

ein Luftfahrzeug;

87.

„Behandlung“: Behandlung im Sinne des Artikels 3 Nummer 14 der Richtlinie (EG) 2008/98;

88.

„Mindeststeuerbeträge der Union“: die im Unionsrecht vorgesehenen Mindeststeuerbeträge; für Energieerzeugnisse und Strom gelten als Mindeststeuerbeträge der Union die Beträge in Anhang I der Richtlinie 2003/96/EG des Rates (36);

89.

„Unionsnorm“:

a)

verbindliche Unionsnorm für das von einzelnen Unternehmen zu erreichende Umweltschutzniveau, nicht jedoch auf Ebene der Union geltende Normen oder festgelegte Ziele, die für Mitgliedstaaten, aber nicht für einzelne Unternehmen verbindlich sind;

b)

die Verpflichtung, die besten verfügbaren Techniken (BVT) im Sinne der Richtlinie 2010/75/EU einzusetzen und sicherzustellen, dass die Emissionswerte nicht über den Werten liegen, die aus dem Einsatz der BVT resultieren würden; sofern in Durchführungsrechtsakten zur Richtlinie 2010/75/EU oder zu anderen anwendbaren Richtlinien mit den BVT assoziierte Emissionswerte (37) festgelegt wurden, gelten diese Werte für die Zwecke dieser Leitlinien; wenn diese Werte als Bandbreiten ausgedrückt werden, ist der Wert, bei dem die mit den BVT assoziierten Emissionswerte für das betreffende Unternehmen zuerst erreicht werden, anwendbar;

90.

„Abfall“: Abfall im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Richtlinie 2008/98/EG;

91.

„Abwärme“: Abwärme im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 der Richtlinie (EU) 2018/2001.

3.   PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 3 BUCHSTABE C AEUV

(20)

Diese Leitlinien enthalten die Vereinbarkeitskriterien für Umweltschutz- (einschließlich Klimaschutz-) und Energiebeihilfen, die unter Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV fallen und der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV unterliegen.

(21)

Auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV kann die Kommission Beihilfen zur Förderung bestimmter Wirtschaftszweige in der Union (positive Voraussetzung), soweit diese die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft (negative Voraussetzung), als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen.

(22)

Bei der Prüfung, ob Umweltschutz- oder Energiebeihilfen als nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können, analysiert die Kommission die folgenden Aspekte:

a)

hinsichtlich der ersten (positiven) Voraussetzung, dass die Beihilfe die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs fördert:

i)

Ermittlung des Wirtschaftszweigs, der durch die Maßnahme gefördert wird, der positiven Auswirkungen der Maßnahme auf die Gesellschaft allgemein und ggf. ihrer Relevanz für spezifische Politikbereiche der Union (Abschnitt 3.1.1),

ii)

Anreizeffekt der Beihilfe (Abschnitt 3.1.2),

iii)

kein Verstoß gegen relevante Bestimmungen des Unionsrechts (Abschnitt 3.1.3);

b)

hinsichtlich der zweiten (negativen) Voraussetzung, dass die Beihilfe die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft:

i)

Erforderlichkeit staatlicher Maßnahmen (Abschnitt 3.2.1.1),

ii)

Geeignetheit der Beihilfe (Abschnitt 3.2.1.2),

iii)

Angemessenheit der Beihilfe (Beschränkung auf das zur Verwirklichung des Ziels erforderliche Minimum) einschließlich Kumulierung (Abschnitt 3.2.1.3),

iv)

Transparenz der Beihilfe (Abschnitt 3.2.1.4),

v)

Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen der Beihilfe auf Wettbewerb und Handel (Abschnitt 3.2.2),

vi)

Abwägung der positiven und der negativen Auswirkungen der Beihilfe (Abschnitt 3.3).

3.1.   Positive Voraussetzung: Die Beihilfe muss die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs fördern

3.1.1.   Ermittlung des Wirtschaftszweigs, der durch die Maßnahme gefördert wird, der positiven Auswirkungen der Maßnahme auf die Gesellschaft allgemein und ggf. ihrer Relevanz für spezifische Politikbereiche der Union

(23)

Bei der Anmeldung einer Beihilfe müssen die Mitgliedstaaten angeben, welche Wirtschaftszweige durch die Beihilfe gefördert werden und wie diese Förderung erfolgen soll.

(24)

Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung negativer Auswirkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten auf das Klima oder die Umwelt können die Entwicklung von Wirtschaftszweigen fördern, indem sie die Nachhaltigkeit des betreffenden Wirtschaftszweigs erhöhen. Ferner können Beihilfen gewährleisten, dass die geförderte Tätigkeit auch in Zukunft fortgesetzt werden kann, ohne unverhältnismäßige Umweltschäden zu verursachen, und sie können die Einführung neuer wirtschaftlicher Tätigkeiten und Dienstleistungen unterstützen (Förderung der Entwicklung der sogenannten „grünen Wirtschaft“).

(25)

Die Mitgliedstaaten müssen zudem darlegen, ob und wie die Beihilfe zu den klima-, umwelt- und energiepolitischen Zielen der Union beitragen wird und insbesondere inwieweit die Beihilfe einen wesentlichen Beitrag zum Umweltschutz einschließlich des Klimaschutzes oder zum reibungslosen Funktionieren des Energiebinnenmarkts leisten wird.

3.1.2.   Anreizeffekt

(26)

Bei Beihilfen kann nur dann davon ausgegangen werden, dass sie einen Wirtschaftszweig fördern, wenn sie einen Anreizeffekt haben. Ein Anreizeffekt ist gegeben, wenn die Beihilfe dazu führt, dass der Beihilfeempfänger sein Verhalten ändert und zusätzliche wirtschaftliche Tätigkeiten oder umweltfreundlichere Tätigkeiten aufnimmt, die er ohne die Beihilfe nicht, nur in geringerem Umfang oder auf andere Weise ausüben würde.

(27)

Die Beihilfe darf den Empfänger weder von Kosten einer Tätigkeit entlasten, die er ohnehin durchführen würde, noch das übliche Geschäftsrisiko einer Wirtschaftstätigkeit ausgleichen. (38)

(28)

Zum Nachweis eines Anreizeffekts müssen der Sachverhalt und das wahrscheinliche kontrafaktische Szenario ohne die Beihilfe ermittelt werden. (39) Die Kommission wird dies anhand der in Abschnitt 3.2.1.3 dargelegten Quantifizierung prüfen.

(29)

Die Kommission schließt einen Anreizeffekt für den Beihilfeempfänger aus, wenn der Beginn der Arbeiten an dem Vorhaben oder der Tätigkeit erfolgte, bevor der Beihilfeempfänger einen schriftlichen Beihilfeantrag bei den nationalen Behörden stellte. Wenn der potenzielle Beihilfeempfänger vor der Stellung des Beihilfeantrags mit der Durchführung des Vorhabens begonnen hat, werden etwaige für dieses Vorhaben gewährte Beihilfen grundsätzlich nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen.

(30)

Der Beihilfeantrag kann in verschiedener Form gestellt werden, auch in Form eines Angebots im Rahmen einer Ausschreibung. Jeder Antrag muss mindestens den Namen des Antragstellers, eine Beschreibung des Vorhabens oder der Tätigkeit einschließlich des Standorts und den für die Durchführung erforderlichen Beihilfebetrag enthalten.

(31)

In bestimmten Ausnahmefällen können Beihilfen auch dann einen Anreizeffekt haben, wenn mit dem Vorhaben vor der Stellung des Beihilfeantrags begonnen wurde. Von einem Anreizeffekt einer Beihilfe wird insbesondere in folgenden Fällen ausgegangen:

a)

Die Beihilfe wird automatisch nach objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien und ohne weitere Ermessensausübung durch den Mitgliedstaat gewährt und die Maßnahme wurde vor Beginn der Arbeiten an dem geförderten Vorhaben oder der geförderten Tätigkeit eingeführt und ist vorher in Kraft getreten; dies gilt jedoch nicht für steuerliche Folgeregelungen, wenn die Tätigkeit bereits unter Vorläuferregelungen in Form von Steuervergünstigungen fiel.

b)

Die nationalen Behörden haben vor Beginn der Arbeiten öffentlich bekannt gegeben, dass sie beabsichtigen, die geplante Beihilfemaßnahme vorbehaltlich der nach Artikel 108 Absatz 3 erforderlichen Genehmigung durch die Kommission einzuführen. Diese Bekanntmachung muss auf einer öffentlichen Website oder über andere öffentlich zugängliche Medien mit einem vergleichsweise breiten und einfachen Zugang verfügbar sein und klare Angaben zur Art der Vorhaben enthalten, die der Mitgliedstaat als beihilfefähig anzusehen beabsichtigt, sowie zu dem Zeitpunkt, ab dem der Mitgliedstaat solche Vorhaben voraussichtlich als beihilfefähig ansehen wird. Die geplante Beihilfefähigkeit darf nicht übermäßig begrenzt werden. Der Beihilfeempfänger muss die Bewilligungsbehörde vor Beginn der Arbeiten informiert haben, dass die geplante Beihilfe als Voraussetzung für die getroffenen Investitionsentscheidungen erachtet wurde. Wenn sich der Nachweis des Anreizeffekts auf eine solche Bekanntmachung stützt, muss der Mitgliedstaat im Rahmen der Anmeldung eine Kopie der Bekanntmachung sowie einen Link zu der Website, auf der sie veröffentlicht wurde, oder einen entsprechenden Nachweis dafür, dass sie öffentlich zugänglich war bzw. ist, übermitteln.

c)

Für bestehende umweltfreundliche Produktionsanlagen werden Betriebsbeihilfen gewährt, aber es gibt keinen „Beginn der Arbeiten“, weil keine signifikante neue Investition getätigt wurde. In diesen Fällen kann der Anreizeffekt dadurch nachgewiesen werden, dass auf ein umweltfreundlicheres Verfahren umgestellt wurde, statt an einer günstigeren, aber weniger umweltfreundlichen Betriebsart festzuhalten.

(32)

Die Kommission ist der Auffassung, dass Beihilfen, die lediglich gewährt werden, um die Kosten der Anpassung an Unionsnormen zu decken, grundsätzlich keinen Anreizeffekt haben. Generell können nur Beihilfen, die dazu dienen, über Unionsnormen hinauszugehen, einen Anreizeffekt haben. Wenn die betreffende Unionsnorm jedoch bereits erlassen wurde, aber noch nicht in Kraft ist, kann eine Beihilfe — sofern in den Abschnitten 4.1 bis 4.13 nicht anders festgelegt — einen Anreizeffekt haben, wenn sie einen Anreiz dafür schafft, die Investition mindestens 18 Monate vor Inkrafttreten der Norm durchzuführen und abzuschließen. Damit die Mitgliedstaaten nicht davon abgehalten werden, verbindliche nationale Normen festzulegen, die strenger oder ehrgeiziger sind als die entsprechenden Unionsnormen, können Beihilfen unabhängig davon, ob es solche nationale Normen gibt, einen Anreizeffekt haben. Gleiches gilt, wenn bei Gewährung einer Beihilfe bereits verbindliche nationale Normen, aber keine entsprechenden Unionsnormen vorliegen.

3.1.3.   Kein Verstoß gegen relevante Bestimmungen des Unionsrechts

(33)

Führen die geförderte Tätigkeit, die Beihilfemaßnahme oder die mit ihr verbundenen Bedingungen (einschließlich der Finanzierungsmethode, wenn diese Bestandteil der Maßnahme ist) zu einem Verstoß gegen Unionsrecht, so kann die Beihilfe nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Beihilfe durch entsprechende Klauseln direkt oder indirekt vom Ursprung der Produkte oder Ausrüstungen abhängig gemacht wird, indem z. B. vom Beihilfeempfänger verlangt wird, dass er inländische Produkte erwirbt.

3.2.   Negative Voraussetzung: Die Beihilfemaßnahme darf die Handelsbeziehungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft

3.2.1.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

3.2.1.1.   Erforderlichkeit der Beihilfe

(34)

Die geplante staatliche Beihilfe muss auf eine Situation ausgerichtet sein, in der sie eine wesentliche Verbesserung bewirken kann, die der Markt allein nicht herbeiführen kann. Dies könnte z. B. erfolgen, indem die Beihilfe ein hinsichtlich der geförderten Vorhaben oder Tätigkeiten bestehendes Marktversagen behebt. Wenngleich allgemein anerkannt ist, dass wettbewerblich organisierte Märkte in der Regel effiziente Ergebnisse in Bezug auf die Entwicklung von Wirtschaftszweigen, Preise, Produktion und Ressourcennutzung hervorbringen, kann im Fall von Marktversagen staatliches Eingreifen durch Beihilfen die Effizienz von Märkten steigern und so zur Entwicklung eines Wirtschaftszweigs beitragen, sofern der Markt allein kein effizientes Ergebnis liefert. Der Mitgliedstaat sollte darlegen, welche Arten von Marktversagen hinreichenden Umweltschutz oder einen effizienten Energiebinnenmarkt verhindern. Bei den wichtigsten Arten von Marktversagen, die im Hinblick auf Umwelt- und Energieziele ein optimales Ergebnis verhindern und zu ineffizienten Ergebnissen führen, handelt es sich um:

a)

Negative externe Effekte: Sie treten im Zusammenhang mit Umweltbeihilfemaßnahmen am häufigsten auf und entstehen dann, wenn Umweltverschmutzung nicht angemessen bepreist wird, weil das betreffende Unternehmen nicht die Gesamtkosten der Umweltverschmutzung trägt. In diesem Fall besteht für Unternehmen, die in ihrem eigenen Interesse handeln, möglicherweise kein hinreichender Anreiz, bei der Wahl einer bestimmten Technologie oder der Entscheidung über Produktionsmengen die negativen externen Effekte ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu berücksichtigen. Dann sind die von den Unternehmen getragenen Kosten geringer als die Kosten, die den Verbrauchern und der Gesellschaft insgesamt entstehen. Daher besteht für die Unternehmen in der Regel kein ausreichender Anreiz, die von ihnen verursachte Umweltverschmutzung zu reduzieren oder gezielte Umweltschutzmaßnahmen zu ergreifen.

b)

Positive externe Effekte: Die Tatsache, dass ein Teil der mit einer Investition erzielten Gewinne nicht nur dem Investor, sondern auch anderen Marktteilnehmern zugutekommt, kann dazu führen, dass Unternehmen nicht genügend investieren. Positive externe Effekte können z. B. bei Investitionen in Öko-Innovationen, Systemstabilität, neue und innovative Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen, innovative Laststeuerungsmaßnahmen oder bei Maßnahmen zugunsten von Energieinfrastruktur oder der Stromversorgungssicherheit auftreten, die für viele Mitgliedstaaten oder eine größere Zahl von Verbrauchern von Nutzen sein können.

c)

Informationsasymmetrie: Sie ist in der Regel auf Märkten festzustellen, auf denen eine Diskrepanz zwischen den für die eine und den für die andere Seite des Marktes verfügbaren Informationen besteht. Dazu kann es beispielsweise kommen, wenn externen Finanzinvestoren keine ausreichenden Informationen über die voraussichtliche Rendite und die Risiken eines Vorhabens vorliegen. Auch bei einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit im Infrastrukturbereich kann eine solche Asymmetrie auftreten, wenn ein Kooperationspartner schlechter informiert ist als der andere. Wenngleich Risiken oder Ungewissheit an sich kein Marktversagen bewirken, so besteht doch ein Zusammenhang zwischen dem Problem der Informationsasymmetrie und dem Umfang solcher Risiken sowie dem Grad der Ungewissheit. Sowohl das Risiko als auch die Ungewissheit sind bei Umweltinvestitionen, die in der Regel längere Amortisierungszeiträume aufweisen, häufig höher. Dadurch könnte sich der Fokus auf kurzfristige Investitionen verschieben, und dieser Effekt könnte sich durch die Finanzierungsbedingungen für solche Investitionen insbesondere bei KMU noch verstärken.

d)

Koordinierungsdefizite: Solche Defizite können die konzeptionelle Entwicklung eines Vorhabens oder seine effiziente Ausgestaltung aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen und Anreize für die Investoren (sogenannte divergierende Anreize), der Kontrahierungskosten oder der Haftpflichtversicherungsregelungen sowie der Ungewissheit hinsichtlich des gemeinsamen Ergebnisses und der Netzeffekte (z. B. Kontinuität der Stromversorgung) verhindern. Koordinierungsdefizite können beispielsweise in der Beziehung zwischen Wohnungsvermietern und Mietern in Bezug auf energieeffiziente Lösungen auftreten. Koordinierungsdefizite können durch Informationsmängel, insbesondere im Falle von Informationsasymmetrie, verschärft werden. Sie können auch darauf zurückzuführen sein, dass erst eine bestimmte kritische Masse erreicht sein muss, bis der Beginn eines Vorhabens geschäftlich interessant ist; dies kann bei (grenzübergreifenden) Infrastrukturvorhaben besonders relevant sein.

(35)

Das Vorliegen eines bestimmten Marktversagens allein reicht jedoch nicht, um die Erforderlichkeit staatlicher Beihilfen nachzuweisen. Denn es könnte zur Behebung einiger Fälle von Marktversagen schon andere Strategien oder Maßnahmen geben, beispielsweise Vorschriften für bestimmte Branchen, verbindliche Unionsnormen in Bezug auf Umweltverschmutzung, Lieferverpflichtungen, Preismechanismen wie das Emissionshandelssystem („EHS“) der Union oder CO2-Abgaben. Zusätzliche Maßnahmen einschließlich staatlicher Beihilfen dürfen deshalb nur auf die Behebung des verbleibenden Marktversagens ausgerichtet sein, d. h. auf die Fälle, die durch die anderen Strategien und Maßnahmen nicht behoben wurden. Ferner muss dargelegt werden, wie die staatlichen Beihilfen andere Strategien und Maßnahmen verstärken, die bereits auf die Behebung desselben Marktversagens ausgerichtet sind. Die Erforderlichkeit einer Beihilfe ist schwerer aufzuzeigen, wenn sie die Wirksamkeit anderer Strategien mindert, die auf dasselbe Marktversagen ausgerichtet sind. Der Mitgliedstaat sollte deshalb zunächst ermitteln, durch welche Strategien und Maßnahmen den festgestellten regulatorischen Mängeln bzw. dem Marktversagen möglicherweise bereits begegnet wird.

(36)

Die Kommission wird eine Beihilfe als erforderlich ansehen, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass diese tatsächlich auf ein verbleibendes Marktversagen ausgerichtet ist, und dabei auch etwaige andere Strategien und Maßnahmen berücksichtigt, mit denen bestimmten Fällen von Marktversagen bereits begegnet wird.

(37)

Wird eine staatliche Beihilfe für Vorhaben oder Tätigkeiten gewährt, die in Bezug auf technologischen Gehalt, Risiko und Umfang mit den in der Union bereits zu Marktbedingungen durchgeführten Vorhaben oder Tätigkeiten vergleichbar sind, so wird die Kommission grundsätzlich davon ausgehen, dass kein Marktversagen vorliegt, und weitere Nachweise für die Erforderlichkeit einer staatlichen Beihilfe verlangen.

(38)

Mit Blick auf die Erforderlichkeit der Beihilfe muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass das Vorhaben — bei Beihilferegelungen das Referenzvorhaben — ohne die Beihilfe nicht durchgeführt würde. Die Kommission wird dies anhand einer Quantifizierung (siehe Abschnitt 3.2.1.3) oder einer vom Mitgliedstaat vorgelegten, auf Nachweise gestützten Analyse prüfen.

3.2.1.2.   Geeignetheit

(39)

Die geplante Beihilfemaßnahme muss ein geeignetes Instrument für die Verwirklichung des mit der Beihilfe angestrebten Ziels sein, d. h., es darf kein Politik- und Beihilfeinstrument geben, mit dem dieselben Ergebnisse erzielt werden könnten, aber geringere Verzerrungen bewirkt würden.

3.2.1.2.1.   Geeignetheit im Vergleich zu alternativen Instrumenten

(40)

Staatliche Beihilfen sind nicht das einzige Instrument, mit dem die Mitgliedstaaten den Umweltschutz verbessern oder einen effizienten Energiebinnenmarkt gewährleisten können. Die Mitgliedstaaten verfügen möglicherweise über weitere, besser geeignete Instrumente, z. B. marktbasierte Instrumente oder nachfrageseitige Maßnahmen, bei denen Regulierung, die Einhaltung des Grundsatzes „Energieeffizienz an erster Stelle“ (40), öffentliche Auftragsvergabe oder Normung zum Tragen kommen; sie können mehr Mittel für öffentliche Infrastruktur bereitstellen und allgemeine steuerliche Maßnahmen durchführen. Auch sogenannte „weiche Instrumente“ wie freiwillige Umweltzeichen und die Verbreitung umweltfreundlicher Technologien können eine wichtige Rolle für die Verbesserung des Umweltschutzes spielen. (41)

(41)

Unterschiedliche Maßnahmen zur Behebung ein und desselben Marktversagens können einander entgegenwirken. Dies tritt ein, wenn ein wirksamer marktbasierter Mechanismus geschaffen wurde, der — wie z. B. das EHS der Union — auf die Behebung des Problems der externen Effekte ausgerichtet ist. In solch einem Fall kann eine zusätzliche Fördermaßnahme zur Behebung desselben Marktversagens die Wirksamkeit eines derartigen marktbasierten Mechanismus untergraben. Daher muss eine auf die Behebung eines verbleibenden Marktversagens ausgerichtete Beihilferegelung so konzipiert sein, dass sie die Wirksamkeit des marktbasierten Mechanismus nicht untergräbt.

(42)

Das im Umweltrecht verankerte Verursacherprinzip soll sicherstellen, dass ein mit negativen externen Effekten zusammenhängendes Marktversagen korrigiert wird. Staatliche Beihilfen sind deshalb kein geeignetes Instrument und dürfen nicht gewährt werden, wenn der Beihilfeempfänger nach geltendem Unionsrecht oder nationalem Recht für die Umweltverschmutzung haftbar gemacht werden könnte.

3.2.1.2.2.   Geeignetheit im Vergleich zu anderen Beihilfeinstrumenten

(43)

Umweltschutz- und Energiebeihilfen können in verschiedenen Formen gewährt werden. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch dafür Sorge tragen, dass Beihilfen in der Form gewährt werden, die den Wettbewerb und den Handel am wenigsten beeinträchtigt.

(44)

Daher muss der Mitgliedstaat darlegen, warum andere, möglicherweise geringere Verzerrungen verursachende Beihilfeformen — z. B. rückzahlbare Vorschüsse statt direkter Zuschüsse, Steuergutschriften statt Steuervergünstigungen oder auf Finanzinstrumenten basierende Beihilfeformen, etwa Fremdkapitalinstrumente statt Eigenkapitalinstrumenten (z. B. zinsgünstige Darlehen oder Zinszuschüsse, staatliche Garantien oder andere Formen der Bereitstellung finanzieller Mittel zu günstigen Bedingungen) — in dem jeweiligen Fall weniger gut geeignet sind.

(45)

Er sollte das Beihilfeinstrument wählen, das geeignet ist, um das Marktversagen, auf das die Beihilfe ausgerichtet ist, zu beheben. Wenn die tatsächlichen Einnahmen wie etwa im Falle von Energieeinsparungen ungewiss sind, könnte ein rückzahlbarer Vorschuss das am besten geeignete Instrument sein.

(46)

Der Mitgliedstaat muss nachweisen, dass die Beihilfe und ihre Ausgestaltung geeignet sind, um das Ziel der Maßnahme zu erreichen.

3.2.1.3.   Angemessenheit

(47)

Beihilfen werden als angemessen erachtet, wenn der Beihilfebetrag pro Beihilfeempfänger auf das Minimum beschränkt ist, das für die Durchführung des geförderten Vorhabens bzw. der geförderten Tätigkeit erforderlich ist.

(48)

In der Regel wird eine Beihilfe als auf das für die Durchführung des geförderten Vorhabens bzw. der geförderten Tätigkeit erforderliche Minimum beschränkt angesehen, wenn sie den zur Verwirklichung des Ziels der Beihilfemaßnahme erforderlichen zusätzlichen Nettokosten (Finanzierungslücke) entspricht, die im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario, bei dem keine Beihilfe gewährt wird, anfallen. Diese Nettomehrkosten bestimmen sich anhand eines Vergleichs der Differenz zwischen den erwirtschafteten Einnahmen und den Kosten (einschließlich Investitionen und Betrieb) des unterstützten Vorhabens und der entsprechenden Differenz bei dem Vorhaben, das der Beihilfeempfänger aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Beihilfe durchführen würde.

(49)

Eine detaillierte Prüfung dieser Nettomehrkosten ist nicht erforderlich, wenn die Beihilfebeträge durch eine Ausschreibung bestimmt werden, weil diese zuverlässig darüber Aufschluss gibt, wie hoch die Beihilfe für die potenziellen Empfänger mindestens sein muss. (42) Daher ist die Angemessenheit der Beihilfe nach Auffassung der Kommission gewährleistet, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Ausschreibung ist ein wettbewerbliches Verfahren, d. h., sie ist offen, klar, transparent und diskriminierungsfrei und beruht auf objektiven Kriterien, die vorab im Einklang mit dem Ziel der Maßnahme und unter Minimierung des Risikos strategischer Angebote festgelegt wurden.

b)

Diese Kriterien werden lange genug vor Ablauf der Antragsfrist veröffentlicht, sodass ein wirksamer Wettbewerb möglich ist. (43)

c)

Die Mittelausstattung oder das Volumen der Ausschreibung ist eine wirksame Beschränkung, sodass voraussichtlich nicht allen Bietern eine Beihilfe gewährt werden kann; die erwartete Zahl der Bieter ist groß genug, um wirksamen Wettbewerb sicherzustellen, und die Ausgestaltung von Ausschreibungen, bei denen das Ausschreibungsvolumen während der Durchführung einer Beihilferegelung nicht erreicht wurde, wird korrigiert, um bei den folgenden Ausschreibungen oder, falls dies nicht gelingt, so bald wie möglich einen wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen.

d)

Nachträgliche Anpassungen der Ausschreibungsergebnisse (anschließende Verhandlungen über die Ergebnisse oder Rationierung) werden vermieden, da sie effizienten Ergebnissen im Wege stehen könnten.

(50)

Die für die Erstellung der Rangfolge der Gebote und letztlich die Gewährung der Beihilfen zugrunde gelegten Auswahlkriterien der Ausschreibung sollten in der Regel den Beitrag zu den Hauptzielen der Maßnahme in eine direkte oder indirekte Relation zur Höhe der beantragten Beihilfe setzen. Dies kann z. B. durch die Angabe der Höhe der Beihilfe pro Umweltschutz- oder Energieeinheit erfolgen. (44) Es kann auch sinnvoll sein, andere Auswahlkriterien aufzunehmen, die keinen direkten oder indirekten Bezug zu den Hauptzielen der Maßnahme haben. Dann dürfen diese anderen Kriterien mit höchstens 30 % der Gesamtbewertung aller Auswahlkriterien gewichtet werden. Der Mitgliedstaat muss den gewählten Ansatz begründen und sicherstellen, dass er im Hinblick auf die verfolgten Ziele geeignet ist.

(51)

Wenn die Beihilfe nicht im Rahmen einer Ausschreibung gewährt wird, müssen die Nettomehrkosten anhand eines Vergleichs zwischen der Rentabilität des tatsächlichen und des kontrafaktischen Szenarios ermittelt werden. In solchen Fällen muss der Mitgliedstaat zur Ermittlung der Finanzierungslücke für das tatsächliche Szenario und für ein plausibles kontrafaktisches Szenario eine Quantifizierung vorlegen, in der alle wesentlichen Kosten und Einnahmen, die geschätzten gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (weighted average cost of capital — „WACC“) der Beihilfeempfänger zur Abzinsung künftiger Zahlungsströme sowie der Kapitalwert (net present value — „NPV“) während der Lebensdauer des Vorhabens erfasst werden. Die Kommission prüft dann, ob dieses kontrafaktische Szenario realistisch ist. (45) Der Mitgliedstaat muss die jedem Aspekt der Quantifizierung zugrunde liegenden Annahmen begründen und die angewandten Methoden erläutern und rechtfertigen. Die typischen Nettomehrkosten können als Differenz zwischen dem NPV beim tatsächlichen Szenario und dem NPV bei dem kontrafaktischen Szenario während der Lebensdauer des Referenzvorhabens geschätzt werden.

(52)

Ein kontrafaktisches Szenario kann darin bestehen, dass der Beihilfeempfänger eine Tätigkeit oder Investition nicht durchführt oder seine Geschäftstätigkeit unverändert fortsetzt. Wenn dies nachweislich das wahrscheinlichste kontrafaktische Szenario ist, kann für die Nettomehrkosten ein Näherungswert ermittelt werden, der dem negativen NPV des Vorhabens beim tatsächlichen Szenario ohne die Beihilfe während der Lebensdauer des Vorhabens entspricht (wobei implizit angenommen wird, dass der NPV beim kontrafaktischen Szenario null ist). (46) Dies kann insbesondere bei Infrastrukturvorhaben der Fall sein.

(53)

Bei Einzelbeihilfen und Beihilferegelungen mit einer sehr begrenzten Zahl von Empfängern müssen die unter Randnummer 51 genannten Berechnungen und Projektionen anhand des detaillierten Geschäftsplans für das Vorhaben bzw. bei Beihilferegelungen anhand eines oder mehrerer Referenzvorhaben dargelegt werden. Wenn Randnummer 52 Anwendung findet, muss dies bei Einzelbeihilfen anhand des detaillierten Geschäftsplans für das Vorhaben, bei Beihilferegelungen anhand eines oder mehrerer Referenzvorhaben nachgewiesen werden.

(54)

Unter bestimmten Umständen kann es schwierig sein, Nutzen und Kosten des Beihilfeempfängers vollständig zu ermitteln und den NPV beim tatsächlichen und beim kontrafaktischen Szenario zu bestimmen. In solchen Fällen können, wie in Kapitel 4 für bestimmte Beihilfearten ausgeführt, andere Ansätze gewählt werden. So können Beihilfen als angemessen erachtet werden, deren Höhe nicht über die Beihilfehöchstintensität hinausgeht.

(55)

Wenn keine Ausschreibung erfolgt, die Entwicklung der Kosten und Einnahmen sehr ungewiss ist und eine starke Informationsasymmetrie besteht, muss der Mitgliedstaat möglicherweise einen Mechanismus zur Festlegung der Höhe des Ausgleichs vorsehen, der nicht auf einem reinen Ex-ante-Ansatz beruht. Stattdessen muss er möglicherweise eine Mischung aus einem Ex-ante- und einem Ex-post-Ansatz zugrunde legen oder Mechanismen für eine nachträgliche Rückforderung oder die Überwachung der Kosten einführen. Zudem müssen für die Empfänger weiterhin Anreize bestehen, ihre Kosten möglichst niedrig zu halten und ihre Geschäftstätigkeit im Laufe der Zeit effizienter zu gestalten.

3.2.1.3.1.   Kumulierung

(56)

Beihilfen können auf der Grundlage mehrerer Beihilferegelungen gleichzeitig gewährt oder mit Ad-hoc- oder De-minimis-Beihilfen für dieselben beihilfefähigen Kosten kumuliert werden, sofern der Gesamtbetrag der staatlichen Beihilfen für ein Vorhaben oder eine Tätigkeit weder zu einer Überkompensation führt noch die nach diesen Leitlinien zulässigen Höchstbeträge übersteigt. Wenn der Mitgliedstaat die Kumulierung von Beihilfen erlaubt, die auf der Grundlage verschiedener Maßnahmen gewährt werden, muss er bei jeder Maßnahme angeben, nach welcher Methode die Einhaltung der unter dieser Randnummer dargelegten Voraussetzungen sichergestellt wird.

(57)

Zentral verwaltete Unionsmittel, die nicht direkt oder indirekt der Kontrolle des Mitgliedstaats unterliegen, stellen keine staatliche Beihilfe dar. Werden solche Unionsmittel mit staatlichen Beihilfen kombiniert, so muss dafür Sorge getragen werden, dass der Gesamtbetrag der für dieselben beihilfefähigen Kosten gewährten öffentlichen Mittel nicht zu einer Überkompensation führt.

3.2.1.4.   Transparenz

(58)

Um negative Auswirkungen der Beihilfen dadurch zu verringern, dass Wettbewerber Zugang zu relevanten Informationen über geförderte Tätigkeiten erhalten, muss der betreffende Mitgliedstaat sicherstellen, dass Folgendes in der Beihilfentransparenzdatenbank (47) der Kommission oder auf einer umfassenden nationalen oder regionalen Beihilfewebsite veröffentlicht wird:

a)

der volle Wortlaut der genehmigten Beihilferegelung oder des Beschlusses zur Gewährung der Einzelbeihilfe und seiner Durchführungsbestimmungen oder ein Link dazu,

b)

Informationen über jede auf der Grundlage dieser Leitlinien gewährte Einzelbeihilfe von mehr als 100 000 EUR. (48)

(59)

Die Mitgliedstaaten müssen ihre umfassenden Beihilfewebsites, auf denen die in diesem Abschnitt festgelegten Informationen veröffentlicht werden, so gestalten, dass die Informationen leicht zugänglich sind. Die Informationen müssen in einem nicht-proprietären Tabellenkalkulationsformat (z. B. CSV oder XML) veröffentlicht werden, das es ermöglicht, auf einfache Weise Daten zu suchen, zu extrahieren, herunterzuladen und problemlos über das Internet bereitzustellen. Die Öffentlichkeit muss uneingeschränkten Zugang zu der Website haben. Der Zugang zu der Website darf nicht von einer vorherigen Anmeldung als Nutzer abhängig gemacht werden.

(60)

Bei Beihilferegelungen in Form von Vergünstigungen bei Steuern oder steuerähnlichen Abgaben gelten die unter Randnummer 58 Buchstabe b dargelegten Voraussetzungen als erfüllt, wenn der Mitgliedstaat die erforderlichen Informationen über die Höhe der Einzelbeihilfen in den folgenden Spannen (in Mio. EUR) veröffentlicht:

 

0,1-0,5

 

0,5-1

 

1-2

 

2-5

 

5-10

 

10-30

 

30-60

 

60-100

 

100-250

 

250 und mehr.

(61)

Die unter Randnummer 58 Buchstabe b genannten Informationen müssen innerhalb von sechs Monaten nach dem Tag der Gewährung der Beihilfe beziehungsweise bei Beihilfen in Form von Steuervergünstigungen innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Steuererklärung (49) veröffentlicht werden. Im Falle rechtswidriger Beihilfen, die jedoch mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, müssen die Mitgliedstaaten die Informationen innerhalb von sechs Monaten ab dem Tag des Genehmigungsbeschlusses der Kommission nachträglich veröffentlichen. Mit Blick auf die Durchsetzung der Beihilfevorschriften auf der Grundlage des AEUV müssen die Informationen ab dem Tag der Gewährung der Beihilfe für eine Dauer von mindestens 10 Jahren zur Verfügung stehen.

(62)

Die Kommission veröffentlicht auf ihrer Website die Links zu den unter Randnummer 59 genannten Beihilfewebsites.

3.2.2.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(63)

Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV kann die Kommission Beihilfen zur Förderung der Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen, allerdings nur „soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“.

(64)

Zur Anwendung dieser negativen Voraussetzung muss zunächst geprüft werden, inwiefern die in Rede stehende Beihilfe die Handelsbedingungen verzerrt. Da Beihilfemaßnahmen die Wettbewerbsposition der Beihilfeempfänger stärken, verfälschen sie naturgemäß den Wettbewerb oder drohen ihn zu verfälschen und wirken sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten aus — selbst wenn sie erforderlich, geeignet, angemessen und transparent sind.

(65)

Umweltbeihilfen werden naturgemäß häufig umweltfreundliche Produkte und Technologien gegenüber Alternativen, die die Umwelt stärker belasten, begünstigen; diese Auswirkung der Beihilfen wird jedoch in der Regel nicht als unangemessene Verfälschung des Wettbewerbs betrachtet, da damit ja ein Marktversagen behoben wird, das die Beihilfe erforderlich machte. Außerdem trägt die Förderung klimafreundlicher Produkte und Technologien zur Verwirklichung der Zielvorgaben des europäischen Klimagesetzes für 2030 und 2050 bei. Bei Umweltschutzmaßnahmen wird die Kommission deshalb insbesondere berücksichtigen, inwiefern Wettbewerber, die ebenfalls umweltfreundlich arbeiten, aber nicht durch Beihilfen unterstützt werden, von Wettbewerbsverfälschungen betroffen sind.

(66)

Nach Auffassung der Kommission verfälschen Beihilferegelungen, bei denen der Kreis der potenziellen Beihilfeempfänger weiter gefasst ist, den Wettbewerb wahrscheinlich weniger stark als eine auf eine begrenzte Zahl bestimmter Empfänger ausgerichtete Förderung. Dies gilt insbesondere, wenn die Maßnahme allen Wettbewerbern offensteht, die dieselbe Dienstleistung, dasselbe Produkt oder denselben Nutzen bereitstellen wollen.

(67)

Staatliche Beihilfen zur Förderung von Umwelt- und Energiezielen können unbeabsichtigt einer Belohnung der effizientesten, innovativsten Hersteller/Erzeuger durch den Markt entgegenwirken oder bei jenen mit der geringsten Effizienz Anreize für Verbesserungen, Umstrukturierungen oder den Marktaustritt mindern. Ferner können sie ineffiziente Markteintrittsschranken für effiziente oder innovative potenzielle Wettbewerber bewirken. Langfristig können solche Verzerrungen Innovation, Effizienz und die Einführung sauberer Technologien hemmen. Die Verzerrungen können besonders stark sein, wenn die Beihilfen für Vorhaben gewährt werden, die vorübergehend einen begrenzten Nutzen bringen, aber längerfristig sauberere Technologien wie jene, die zur Verwirklichung der mittel- und langfristigen Ziele des europäischen Klimagesetzes erforderlich sind, ausschließen. Dies kann z. B. bei der Förderung bestimmter Tätigkeiten, für die fossile Brennstoffe genutzt werden, der Fall sein, die zwar eine unmittelbare Verringerung der Treibhausgasemissionen bewirken, aber langfristig zu einer langsameren Emissionssenkung führen. Je geringer der zeitliche Abstand zwischen der geförderten Investition und dem relevanten Zieldatum ist, desto wahrscheinlicher ist es bei sonst gleichen Bedingungen, dass ihr vorübergehender Nutzen durch mögliche negative Anreize für sauberere Technologien aufgewogen wird. Die Kommission wird deshalb diese möglichen kurz- und langfristigen negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel bei ihrer Prüfung berücksichtigen.

(68)

Beihilfen können auch durch Stärkung bzw. Wahrung erheblicher Marktmacht des Beihilfeempfängers den Wettbewerb verfälschen. Selbst wenn Beihilfen eine erhebliche Marktmacht nicht direkt stärken, kann dies indirekt geschehen, indem die Expansion eines Wettbewerbers erschwert, ein Wettbewerber vom Markt verdrängt oder der Markteintritt eines potenziellen neuen Wettbewerbers blockiert wird. Dieser Aspekt ist insbesondere zu berücksichtigen, wenn die Fördermaßnahme auf eine begrenzte Zahl bestimmter Empfänger ausgerichtet ist oder etablierte Unternehmen vor der Liberalisierung des Marktes Marktmacht erlangt haben, was z. B. auf Energiemärkten manchmal der Fall ist. Er ist auch bei Ausschreibungen auf entstehenden Märkten zu berücksichtigen, wenn das Risiko besteht, dass ein Teilnehmer mit einer starken Marktposition den Zuschlag bei den meisten Geboten erhält und verhindert, dass in erheblichem Maße neue Teilnehmer in den Markt eintreten.

(69)

Neben Verzerrungen auf den Produktmärkten können Beihilfen auch negative Auswirkungen auf den Handel und die Standortwahl haben. Diese Verzerrungen können über die Grenzen von Mitgliedstaaten hinausgehen, wenn Unternehmen entweder grenzübergreifend miteinander im Wettbewerb stehen oder mehrere Standorte für Investitionen in Betracht ziehen. Beihilfen, die darauf abzielen, eine wirtschaftliche Tätigkeit in einer Region zu halten oder eine wirtschaftliche Tätigkeit aus einer Region innerhalb des Binnenmarkts für eine andere zu gewinnen, können eine Verlagerung von Tätigkeiten oder Investitionen aus einer Region in eine andere bewirken, ohne dass damit ein konkreter ökologischer Nutzen verbunden wäre. Die Kommission wird deshalb prüfen, ob die Beihilfe eindeutig negative Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel hat. So wird sie z. B. Umwelt- und Energiebeihilfen, die lediglich zu einer Verlagerung des Standorts der wirtschaftlichen Tätigkeit führen, ohne dass sich dadurch der Umweltschutz in den Mitgliedstaaten verbessert, nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen.

(70)

Die Kommission genehmigt auf der Grundlage dieser Leitlinien Maßnahmen für eine Dauer von höchstens 10 Jahren. In einigen Fällen (siehe Randnummer 76) kann die Genehmigung auf eine kürzere Dauer begrenzt sein. Wenn ein Mitgliedstaat eine Maßnahme über diese Höchstdauer hinaus verlängern möchte, kann er sie erneut anmelden. Somit könnten Beihilfen auf der Grundlage genehmigter Maßnahmen für eine Dauer von 10 Jahren ab dem Tag der Bekanntgabe des Beschlusses gewährt werden, mit dem die Kommission die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt.

3.3.   Abwägung der positiven Auswirkungen der Beihilfe gegen die negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(71)

Als letzten Schritt wird die Kommission die ermittelten negativen Auswirkungen der geplanten Beihilfemaßnahme auf die Wettbewerbs- und Handelsbedingungen gegen ihre positiven Auswirkungen auf den geförderten Wirtschaftszweig abwägen. Dabei wird sie den Beitrag der Maßnahme zu den Umwelt- und Energiezielen und insbesondere ihren Beitrag zum Übergang zu ökologisch nachhaltigen Tätigkeiten und zur Erreichung der rechtsverbindlichen Zielvorgaben des europäischen Klimagesetzes und der Energie- und Klimaziele der Union für 2030 berücksichtigen.

(72)

Besonderes Augenmerk wird die Kommission bei dieser Abwägung auf Artikel 3 der Verordnung (EU) 2020/852 einschließlich des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen (50) oder andere vergleichbare Methoden legen. Zudem wird die Kommission im Rahmen der Prüfung der negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel etwaige negative externe Effekte der geförderten Tätigkeit — insbesondere solche, die die Verwirklichung der im Unionsrecht verankerten Klimaziele behindern können — berücksichtigen, wenn Marktineffizienzen hervorgerufen oder verstärkt werden und diese externen Effekte den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten in einem Maße beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. (51)

(73)

Die Kommission wird eine solche Beihilfemaßnahme nur dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachten, wenn die positiven Auswirkungen die negativen überwiegen. Wenn die geplante Beihilfemaßnahme nicht in geeigneter und angemessener Weise einem genau ermittelten Marktversagen begegnet (z. B. weil der Nutzen lediglich vorübergehend ist, die Beihilfe aber langfristig den Wettbewerb verfälscht — siehe Randnummer 67), werden die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb in der Regel die positiven Auswirkungen der Maßnahme überwiegen. In solchen Fällen wird die Kommission wahrscheinlich zu dem Schluss kommen, dass die geplante Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist.

(74)

Maßnahmen, mit denen auch fossile Brennstoffe und insbesondere die umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe direkt oder indirekt gefördert werden, dürften in der Regel keine positiven Auswirkungen auf die Umwelt haben, sondern gehen oft mit starken negativen Auswirkungen einher, da sie die negativen externen Umwelteffekte auf dem Markt verstärken können. Dasselbe gilt für Maßnahmen, in deren Rahmen neue Investitionen in Erdgas erfolgen, außer wenn nachgewiesen wird, dass keine Festlegung (Lock-in) eintritt. (52) Daher wird die Abwägung bei solchen Maßnahmen in der Regel nicht zu einem positiven Ergebnis führen (siehe Kapitel 4).

(75)

Die Kommission wird die Merkmale von Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zur Erleichterung der Teilnahme von KMU und ggf. von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften an Ausschreibungen vorgeschlagen werden, im Allgemeinen positiv bewerten, sofern die positiven Auswirkungen in Form der Sicherstellung von Teilnahme und Akzeptanz die möglichen negativen Auswirkungen in Form von Wettbewerbsverfälschungen überwiegen.

(76)

Das Ergebnis der Gesamtabwägung kann bei bestimmten Gruppen von Beihilfen auch von folgenden Faktoren abhängen:

a)

der Vorgabe, dass eine Ex-post-Evaluierung durchgeführt wird (siehe Kapitel 5); in solchen Fällen kann die Kommission die Laufzeit der betreffenden Beihilferegelungen (in der Regel auf höchstens vier Jahre) begrenzen und vorsehen, dass Verlängerungen der Beihilferegelungen neu angemeldet werden können;

b)

der Vorgabe, dass Unterstützungsvorhaben, die eine bestimmte Größe oder bestimmte Merkmale aufweisen, einzeln angemeldet werden müssen, falls keine Ausschreibung erfolgt;

c)

der Vorgabe, dass die Beihilfemaßnahmen befristet werden.

4.   GRUPPEN VON BEIHILFEN

4.1.   Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen, u. a. durch die Förderung von erneuerbaren Energien und von Energieeffizienz

4.1.1.   Begründung

(77)

Im Europäischen Klimagesetz hat die Union rechtsverbindliche und ehrgeizige Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 bzw. 2050 festgelegt. In der Verordnung (EU) 2018/1999 hat sie die energie- und klimapolitischen Ziele der Union für 2030 festgelegt. In der Energieeffizienzrichtlinie folgten verbindliche Energieeffizienz-Ziele für 2030. Zur Verwirklichung dieser Unionsziele und der damit verbundenen nationalen Beiträge können staatliche Beihilfen erforderlich sein.

4.1.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(78)

Abschnitt 4.1 enthält die Vorschriften für die Vereinbarkeit von Maßnahmen zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen, einschließlich Beihilfen für die Erzeugung erneuerbarer Energie oder synthetischer Kraftstoffe, die unter Einsatz erneuerbarer Energie erzeugt werden. Ferner beinhaltet der Abschnitt die Vereinbarkeitsvorschriften für Beihilfemaßnahmen zur Förderung eines breiten Spektrums an weiteren Technologien, die in erster Linie auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen abzielen (53).

4.1.2.1.   Beihilfen für erneuerbare Energien

(79)

In diesem Abschnitt werden die Vorschriften für die Vereinbarkeit von Maßnahmen zur Förderung aller Arten von erneuerbaren Energien festgelegt.

(80)

Die Förderung von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen, Biogas (einschließlich Biomethan) und Biomasse-Brennstoffen kann nur insoweit genehmigt werden, als die geförderten Brennstoffe den Nachhaltigkeitskriterien und den Kriterien für Treibhausgaseinsparungen entsprechen, die in der Richtlinie (EU) 2018/2001 und den zugehörigen Durchführungsrechtsakten bzw. delegierten Rechtsakten festgelegt sind.

(81)

Beihilfen für die Energiegewinnung aus Abfall können auf der Grundlage dieses Abschnitts als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, soweit sie sich auf Abfall beschränken, der unter die Definition des Begriffs „erneuerbare Energiequellen“ fällt.

(82)

Beihilfen für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff (54) können auf der Grundlage dieses Abschnitts geprüft werden.

4.1.2.2.   Sonstige Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen und Förderung der Energieeffizienz

(83)

Grundsätzlich sind alle Technologien, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen, beihilfefähig, so unter anderem Beihilfen für die Erzeugung CO2-armer Energie oder synthetischer Kraftstoffe, die unter Einsatz CO2-armer Energie erzeugt werden, Energieeffizienzbeihilfen einschließlich hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung, Beihilfen für CCS/CCU, Beihilfen für Laststeuerung und Energiespeicherung, soweit dies die Emissionen verringert, sowie Beihilfen zur Verringerung bzw. Vermeidung von Emissionen, die durch Industrieprozesse, einschließlich der Rohstoffverarbeitung, entstehen. Gegenstand dieses Abschnitts ist auch die Förderung des Abbaus von Treibhausgasen in der Umwelt. Maßnahmen, deren Hauptziel nicht in der Verringerung oder dem Abbau von Treibhausgasemissionen besteht, fallen nicht unter diesen Abschnitt. Trägt eine Maßnahme sowohl zur Verringerung der Treibhausgasemissionen als auch zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung bei, so wird die Vereinbarkeit der Maßnahme auf der Grundlage dieses Abschnitts oder auf der Grundlage des Abschnitts 4.5 geprüft, je nachdem, welches der beiden Ziele vorrangig ist.

(84)

Dieser Abschnitt bezieht sich auch auf gewidmete Infrastrukturvorhaben (u. a. für Wasserstoff, andere CO2-arme Gase und für die Speicherung/Nutzung von Kohlendioxid), die nicht unter die Definition des Begriffs „Energieinfrastruktur“ fallen, sowie auf Vorhaben, die gewidmete Infrastruktur oder Energieinfrastruktur oder beides umfassen und entweder mit Erzeugung oder mit Verbrauch/Nutzung verbunden sind.

(85)

Dieser Abschnitt erstreckt sich auch auf Beihilfen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen im Sinne des Artikels 2 Nummer 27 der Richtlinie 2012/27/EU für KMU und kleine Unternehmen mittlerer Kapitalisierung, die auf die Verbesserung der Energieeffizienz abzielende Maßnahmen anbieten, soweit die genannten Beihilfen Investitionen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Industrietätigkeiten erleichtern.

(86)

Beihilfen für die Energiegewinnung aus Abfall können auf der Grundlage dieses Abschnitts für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, soweit sie sich auf Abfall beschränken, der für den Betrieb von Anlagen verwendet wird, welche unter die Definition des Begriffs „hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung“ fallen.

(87)

Beihilfen für die Erzeugung von CO2-armem Wasserstoff können auf der Grundlage dieses Abschnitts geprüft werden.

(88)

Auch Beihilfen zur Förderung der Elektrifizierung durch Einsatz von erneuerbarem Strom und/oder CO2-armem Strom können auf der Grundlage dieses Abschnitts geprüft werden, einschließlich Beihilfen für Heizung und Industrieprozesse.

4.1.3.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.1.3.1.   Erforderlichkeit der Beihilfe

(89)

Die Randnummern 34 bis 37 gelten nicht für Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen. Der Mitgliedstaat muss ermitteln, welche politischen Maßnahmen es bereits zur Verringerung von Treibhausgasemissionen gibt. Durch das EHS der Union und diesbezüglichen Strategien und Maßnahmen werden die Kosten von Treibhausgasemissionen zwar zum Teil, aber möglicherweise noch nicht vollständig internalisiert.

(90)

Der Mitgliedstaat sollte, wie unter Randnummer 38 verlangt, nachweisen, dass für die geplanten Tätigkeiten Beihilfen erforderlich sind, wobei das kontrafaktische Szenario (55) sowie die relevanten Kosten und Einnahmen, einschließlich derjenigen, die mit dem EHS und den nach Randnummer 89 ermittelten Strategien und Maßnahmen im Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen sind. Besteht erhebliche Unsicherheit hinsichtlich künftiger Marktentwicklungen in Bezug auf einen Großteil des Geschäftsszenarios (wie es beispielsweise bei Investitionen in erneuerbare Energien, bei denen die Stromeinnahmen nicht an die Inputkosten gekoppelt sind, der Fall sein kann), so kann eine Unterstützung in Form einer bestimmten garantierten Vergütung zur Begrenzung des mit negativen Szenarien verbundenen Risikos unter Umständen als notwendig erachtet werden, um sicherzustellen, dass die private Investition getätigt wird. Zur Gewährleistung der Angemessenheit können in solchen Fällen Beschränkungen der Rentabilität und/oder Rückforderungen im Zusammenhang mit möglichen positiven Szenarien erforderlich sein.

(91)

Weist der Mitgliedstaat gemäß Randnummer 90 nach, dass eine Beihilfe erforderlich ist, geht die Kommission, wenn ihr keine gegenteiligen Beweise vorliegen, davon aus, dass ein gewisses Marktversagen verbleibt, das mithilfe von Beihilfen zur Förderung der Dekarbonisierung behoben werden kann.

(92)

Bei Beihilferegelungen mit einer Laufzeit von mehr als drei Jahren muss der Mitgliedstaat bestätigen, dass er seine Analyse der relevanten Kosten und Einnahmen mindestens alle drei Jahre bzw. bei Beihilferegelungen, bei denen seltener Beihilfen gewährt werden, jeweils vor der Gewährung von Beihilfen aktualisiert, um sicherzustellen, dass für die einzelnen Gruppen potenzieller Empfänger nach wie vor Beihilfen erforderlich sind. Sind für eine Gruppe von Beihilfeempfängern keine Beihilfen mehr erforderlich, so sollte die jeweilige Gruppe gestrichen werden, bevor weitere Beihilfen gewährt werden. (56)

4.1.3.2.   Geeignetheit

(93)

Abschnitt 3.2.1.2 gilt nicht für Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen. Die Kommission geht davon aus, dass staatliche Beihilfen, sofern alle anderen Voraussetzungen für deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt erfüllt sind, grundsätzlich eine geeignete Maßnahme zur Verwirklichung der Dekarbonisierungsziele darstellen können, da andere politische Instrumente normalerweise nicht ausreichen, um diese Ziele zu erreichen. Angesichts des Umfangs und der Dringlichkeit der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Dekarbonisierung können verschiedene Instrumente, einschließlich direkter Zuschüsse, eingesetzt werden.

(94)

Beihilfen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen nach Randnummer 85 dürfen ausschließlich in einer der folgenden Formen gewährt werden:

a)

in Form eines Darlehens oder einer Garantie für den Anbieter der Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Rahmen eines Energieleistungsvertrags,

b)

in Form eines Finanzprodukts zur Refinanzierung des jeweiligen Anbieters (z. B. Factoring oder Forfaitierung).

4.1.3.3.   Beihilfefähigkeit

(95)

Dekarbonisierungsmaßnahmen, die auf bestimmte Tätigkeiten ausgerichtet sind, welche mit anderen, nicht subventionierten Tätigkeiten im Wettbewerb stehen, dürften zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen als Maßnahmen, die allen miteinander im Wettbewerb stehenden Tätigkeiten offenstehen. Daher sollte der Mitgliedstaat Maßnahmen begründen, die sich nicht auf alle miteinander im Wettbewerb stehenden Technologien und Vorhaben erstrecken — beispielsweise auf alle sich auf den Strommarkt beziehenden Vorhaben oder auf alle Unternehmen, die substituierbare Produkte herstellen und technisch in der Lage sind, wirksam zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beizutragen. (57) Diese Begründung sollte auf objektiven Erwägungen beruhen, die z. B. die Wirksamkeit oder die Kosten oder andere relevante Umständen betreffen. Eine solche Begründung kann sich gegebenenfalls auf Nachweise stützen, die im Rahmen der in Abschnitt 4.1.3.4 genannten öffentlichen Konsultation eingegangen sind.

(96)

Die Kommission wird die gegebene Begründung prüfen und beispielsweise davon ausgehen, dass eine stärkere Begrenzung der Beihilfefähigkeit den Wettbewerb nicht übermäßig verzerrt, wenn

a)

eine Maßnahme auf ein im Unionsrecht verankertes sektor- oder technologiespezifisches Ziel (58) ausgerichtet ist, wie etwa eine Beihilferegelung im Bereich erneuerbare Energien oder Energieeffizienz (59);

b)

eine Maßnahme speziell auf die Förderung von Demonstrationsvorhaben abzielt;

c)

eine Maßnahme nicht nur auf die Dekarbonisierung, sondern auch auf die Luftqualität oder andere Arten der Umweltverschmutzung ausgerichtet ist;

d)

ein Mitgliedstaat Gründe für seine Annahme darlegt, dass beihilfefähige Wirtschaftszweige oder innovative Technologien das Potenzial haben, längerfristig einen wichtigen und kosteneffizienten Beitrag zum Umweltschutz und zu einer umfassenden Dekarbonisierung zu leisten;

e)

eine Maßnahme notwendig ist, um die Diversifizierung zu erreichen, die erforderlich ist, um eine Verschärfung von Problemen im Zusammenhang mit der Netzstabilität zu vermeiden; (60)

f)

davon ausgegangen werden kann, dass ein selektiverer Ansatz zu niedrigeren Umweltschutzkosten führt (zum Beispiel durch verringerte Systemintegrationskosten infolge einer Diversifizierung, auch zwischen erneuerbaren Energien, was auch Laststeuerung und/oder Speicherung beinhalten könnte) und/oder den Wettbewerb nicht so stark verzerrt;

g)

ein Vorhaben im Anschluss an ein offenes Verfahren ausgewählt wurde, um Teil eines großen integrierten grenzüberschreitenden Vorhabens zu werden, das von mehreren Mitgliedstaaten gemeinsam konzipiert wurde und im gemeinsamen Interesse der Union einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten soll, und im Rahmen des Vorhabens entweder eine innovative Technologie angewendet wird, die sich aus einer Forschungs-, Entwicklungs- und Innovations-Tätigkeit (FuEuI-Tätigkeit) des Beihilfeempfängers — oder einer anderen Einrichtung, sofern der Beihilfeempfänger die Rechte zur Nutzung der Ergebnisse der FuEuI-Tätigkeit erwirbt — ergibt, oder aber der Beihilfeempfänger mit dem Vorhaben zu den frühen Anwendern einer innovativen Technologie in seinem Wirtschaftszweig zählt.

(97)

Die Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften für die Beihilfefähigkeit und alle damit verbundenen Vorschriften regelmäßig überprüfen, um sicherzustellen, dass die für eine stärkere Begrenzung der Beihilfefähigkeit gegebene Begründung während der Laufzeit der jeweiligen Beihilferegelung stichhaltig bleibt, d. h., dass etwaige Begrenzungen der Beihilfefähigkeit auch dann noch gerechtfertigt sind, wenn neue Technologien oder Ansätze entwickelt werden oder weitere Daten verfügbar werden.

4.1.3.4.   Öffentliche Konsultation

(98)

Abschnitt 4.1.3.4 gilt ab dem 1. Juli 2023.

(99)

Vor der Anmeldung von Beihilfen müssen die Mitgliedstaaten — außer in hinreichend begründeten Ausnahmefällen — öffentliche Konsultationen zur Angemessenheit und zu den Auswirkungen der nach diesem Abschnitt anzumeldenden Maßnahmen auf den Wettbewerb durchführen. Die Konsultationspflicht gilt nicht für Änderungen bereits genehmigter Maßnahmen, die Anwendungsbereich und Beihilfefähigkeit unberührt lassen und die Laufzeit nicht um mehr als 10 Jahre über die Bekanntgabe des ursprünglichen Kommissionsbeschlusses, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurde, hinaus verlängern, und sie gilt auch nicht für die unter Randnummer 100 genannten Fälle. Um festzustellen, ob eine Maßnahme nach den Kriterien dieser Leitlinien gerechtfertigt ist, muss folgende öffentliche Konsultation durchgeführt werden (61):

a)

bei Maßnahmen, bei denen der geschätzte durchschnittliche Beihilfebetrag 150 Mio. EUR pro Jahr oder mehr beträgt, eine öffentliche Konsultation, die mindestens sechs Wochen läuft und folgende Aspekte umfasst:

i)

Beihilfefähigkeit,

ii)

Methode und Schätzung der Subvention pro vermiedener Tonne Emissionen in CO2-Äquivalenten (62) (pro Vorhaben oder Referenzvorhaben),

iii)

vorgesehene Nutzung und vorgesehener Umfang von Ausschreibungen sowie etwaige vorgesehene Ausnahmen,

iv)

wichtigste Parameter des Verfahrens zur Bewilligung der Beihilfen (63), auch im Hinblick auf die Ermöglichung von Wettbewerb zwischen verschiedenen Arten von Beihilfeempfängern (64),

v)

die wichtigsten Annahmen, auf die sich die Quantifizierung stützt, anhand deren Anreizeffekt, Erforderlichkeit und Angemessenheit nachgewiesen werden,

vi)

falls neue Investitionen in Stromerzeugung oder Industrieproduktion auf Erdgasbasis gefördert werden können: geplante Vorkehrungen zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Klimazielen der Union (siehe Randnummer 129),

b)

bei Maßnahmen, bei denen sich der geschätzte durchschnittliche Beihilfebetrag auf weniger als 150 Mio. EUR pro Jahr beläuft, eine öffentliche Konsultation, die sich über mindestens vier Wochen erstreckt und folgende Aspekte umfasst:

i)

Beihilfefähigkeit,

ii)

vorgesehene Nutzung und vorgesehener Umfang von Ausschreibungen sowie etwaige vorgesehene Ausnahmen,

iii)

falls neue Investitionen in Stromerzeugung oder Industrieproduktion auf Erdgasbasis gefördert werden können: geplante Vorkehrungen zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Klimazielen der Union (siehe Randnummer 129).

(100)

Bei Maßnahmen nach Randnummer 99 Buchstabe b ist keine öffentliche Konsultation erforderlich, sofern eine Ausschreibung durchgeführt wird und im Rahmen der Maßnahme keine Investitionen in die Energieerzeugung, Produktion oder sonstige Tätigkeiten auf Basis fossiler Brennstoffe gefördert werden.

(101)

Fragebogen für Konsultationen müssen auf eine öffentliche Website gestellt werden. Die Mitgliedstaaten müssen eine Auswertung der Konsultation veröffentlichen, in der sie die eingegangenen Beiträge zusammenfassen und darauf eingehen. Dabei sollten sie auch darlegen, wie etwaige negative Auswirkungen auf den Wettbewerb durch den Anwendungsbereich der geplanten Maßnahme oder die in ihrem Rahmen geltende Beihilfefähigkeit minimiert wurden. Die Mitgliedstaaten müssen im Rahmen der Anmeldung von Beihilfemaßnahmen nach dem vorliegenden Abschnitt einen Link zu ihrer Auswertung der Konsultation bereitstellen.

(102)

In hinreichend begründeten Ausnahmefällen kann die Kommission alternative Konsultationsverfahren akzeptieren, sofern die Standpunkte der Beteiligten bei der (weiteren) Durchführung der Beihilfe berücksichtigt werden. In solchen Fällen müssen die alternativen Verfahren möglicherweise mit Abhilfemaßnahmen kombiniert werden, um etwaige verzerrende Auswirkungen der Maßnahme zu minimieren.

4.1.3.5.   Angemessenheit

(103)

Beihilfen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen sollten in der Regel im Wege einer Ausschreibung nach den Randnummern 49 und 50 gewährt werden, damit die Ziele der Maßnahme (65) in angemessener Weise bei gleichzeitiger Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel erreicht werden können. Die Mittelausstattung bzw. das Volumen der Ausschreibung ist eine wirksame Beschränkung, sodass voraussichtlich nicht allen Bietern eine Beihilfe gewährt werden kann; die erwartete Zahl der Bieter ist groß genug, um wirksamen Wettbewerb sicherzustellen, und die Ausgestaltung von Ausschreibungen, bei denen das Ausschreibungsvolumen während der Durchführung einer Regelung nicht erreicht wurde, wird korrigiert, um bei den folgenden Ausschreibungen oder, falls dies nicht gelingt, so bald wie möglich einen wirksamen Wettbewerb wiederherzustellen. (66)

(104)

Ausschreibungen sollten grundsätzlich allen beihilfefähigen Unternehmen offenstehen, um eine kosteneffiziente Beihilfegewährung zu ermöglichen und Verzerrungen des Wettbewerbs möglichst gering zu halten. Ausschreibungen können jedoch auf eine oder mehrere spezifische Gruppen von Beihilfeempfängern beschränkt werden, wenn Nachweise, einschließlich der im Rahmen der öffentlichen Konsultation erhaltenen Nachweise, vorgelegt werden, aus denen sich beispielsweise ergibt, dass

a)

eine einzige Ausschreibung, die allen beihilfefähigen Unternehmen offensteht, zu einem suboptimalen Ergebnis führen bzw. die Erreichung der Ziele der Maßnahme nicht ermöglichen würde; diese Begründung kann sich auf die unter Randnummer 96 genannten Kriterien beziehen;

b)

sich die Höhe der Gebote, die verschiedene Gruppen beihilfefähiger Unternehmen voraussichtlich machen werden, erheblich unterscheidet (in der Regel wäre dies der Fall, wenn sich die Höhe der erwarteten Gebote — ermittelt auf der Grundlage der nach Randnummer 90 erforderlichen Analyse — um mehr als 10 % voneinander unterscheidet); in diesem Fall können getrennte Ausschreibungen durchgeführt werden, bei denen jeweils Gruppen beihilfefähiger Unternehmen mit vergleichbaren Kosten miteinander konkurrieren.

(105)

Stützt sich ein Mitgliedstaat bei einer Regelung mit einer Laufzeit von mehr als drei Jahren auf die Ausnahmen nach Randnummer 104 Buchstabe b, so sollte im Rahmen der nach Randnummer 92 verlangten Analyse auch geprüft werden, ob die jeweiligen Ausnahmen noch geltend gemacht werden können. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten bestätigen, dass solche Beihilferegelungen im Laufe der Zeit angepasst werden, um sicherzustellen, dass Technologien, bei denen sich die Höhe der Gebote voraussichtlich um nicht mehr als 10 % voneinander unterscheidet, Gegenstand ein und derselben Ausschreibung sind. Ebenso kann der Mitgliedstaat beschließen, separate Ausschreibungen durchzuführen, wenn die aktualisierte Analyse nach Randnummer 92 zeigt, dass die Kosten sich so stark auseinanderentwickelt haben, dass sich die Höhe der Gebote um mehr als 10 % unterscheidet.

(106)

Ergibt sich aus der nach Randnummer 90 erforderlichen Analyse, dass sich die Höhe der Gebote, die verschiedene Gruppen beihilfefähiger Unternehmen voraussichtlich machen werden, in erheblichem Maße unterscheiden kann, so sollten die Mitgliedstaaten der Gefahr einer Überkompensation preisgünstigerer Technologien Rechnung tragen. Auch die Kommission wird dies bei ihrer Prüfung berücksichtigen. Gegebenenfalls können Gebotsobergrenzen erforderlich sein, um das Höchstgebot einzelner Bieter in bestimmten Gruppen zu begrenzen. Etwaige Gebotsobergrenzen sollten unter Bezugnahme auf die Quantifizierung für die unter den Randnummern 51, 52 und 53 genannten Referenzvorhaben begründet werden.

(107)

Ausnahmen von der Verpflichtung, die Beihilfen auf der Grundlage einer Ausschreibung zu gewähren und ihre Höhe im Wege einer Ausschreibung zu bestimmen, können gerechtfertigt sein, wenn Nachweise, einschließlich der im Rahmen der öffentlichen Konsultation erlangten Nachweise, dafür vorgelegt werden, dass einer der folgenden Umstände vorliegt:

a)

Das potenzielle Angebot oder die Zahl potenzieller Bieter reicht nicht aus, um Wettbewerb zu gewährleisten; in diesem Fall muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass es nicht möglich ist, den Wettbewerb durch Verringerung der Mittelausstattung bzw. durch Erleichterung der Teilnahme an der Ausschreibung (z. B. durch Ermittlung zusätzlicher Flächen für die Erschließung oder durch Anpassung der Vorauswahlanforderungen) zu stärken.

b)

Bei den Beihilfeempfängern handelt es sich um kleine Vorhaben im Sinne folgender Begriffsbestimmung:

i)

bei Vorhaben im Bereich der Stromerzeugung oder -speicherung: Vorhaben mit einer installierten Kapazität von bis zu 1 MW,

ii)

bei Vorhaben im Bereich des Stromverbrauchs: Vorhaben mit einer Höchstabnahme von bis zu 1 MW,

iii)

bei Vorhaben im Bereich von Wärme- und Gaserzeugungstechnologien: Vorhaben mit einer installierten Kapazität von bis zu 1 MW oder einer gleichwertigen Kapazität,

iv)

bei Vorhaben, die zu 100 % KMU oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften zuzurechnen sind: Vorhaben mit einer installierten Kapazität oder einer Höchstabnahme von bis zu 6 MW,

v)

bei Vorhaben, die zu 100 % kleinen und Kleinstunternehmen oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften zuzurechnen sind und ausschließlich der Windenergieerzeugung dienen: Vorhaben mit einer installierten Kapazität von bis zu 18 MW,

vi)

bei Energieeffizienzmaßnahmen ohne Energieerzeugung zugunsten von KMU: Vorhaben, bei denen die Beihilfeempfänger weniger als 300 000 EUR pro Vorhaben erhalten.

c)

Die Einzelvorhaben erfüllen die beiden folgenden Voraussetzungen:

i)

Das Vorhaben wurde im Anschluss an ein offenes Verfahren ausgewählt, um Teil eines großen integrierten grenzüberschreitenden Vorhabens zu werden, das von mehreren Mitgliedstaaten gemeinsam konzipiert wurde und im gemeinsamen Interesse der Union einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz leisten soll.

ii)

Im Rahmen des Vorhabens wird entweder eine innovative Technologie angewendet, die sich aus einer FuEuI-Tätigkeit des Beihilfeempfängers — oder einer anderen Einrichtung, sofern der Beihilfeempfänger die Rechte zur Nutzung der Ergebnisse der FuEuI-Tätigkeit erwirbt — ergibt, oder aber der Beihilfeempfänger zählt mit dem Vorhaben zu den frühen Anwendern einer innovativen Technologie in seinem Wirtschaftszweig.

(108)

Die Mitgliedstaaten können auch wettbewerbsorientierte Zertifikateregelungen oder Lieferantenverpflichtungsregelungen anwenden, um den Beihilfebetrag festzulegen und die Beihilfe zu gewähren, sofern

a)

die Nachfrage im Rahmen der Regelung geringer angesetzt wird als das potenzielle Angebot;

b)

der Buyout- bzw. Strafpreis, den ein Verbraucher/Lieferant, der nicht die erforderliche Anzahl von Zertifikaten gekauft hat, entrichten muss (also der Preis, der dem den Beihilfeempfängern gezahlten Höchstbetrag entspricht), auf einem ausreichend hohen Niveau festgesetzt ist, um einen Anreiz für die Einhaltung der Verpflichtung zu bieten. Um zu vermeiden, dass ein übermäßig hohes Niveau zu einer Überkompensation führt, sollte der Strafpreis jedoch auf der unter den Randnummern 51, 52 und 53 genannten Quantifizierung basieren;

c)

die Mitgliedstaaten bei Regelungen, die eine Förderung von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen und Biomasse-Brennstoffen vorsehen, die Informationen über bereits gewährte Förderung, die in der Dokumentation zum Massenbilanzsystem nach Artikel 30 der Richtlinie (EU) 2018/2001 enthalten sind, berücksichtigen müssen, um eine Überkompensation zu vermeiden.

(109)

Die Mitgliedstaaten können auch auf die Dekarbonisierung oder Energieeffizienz abzielende Beihilferegelungen konzipieren, bei denen die Förderung in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben, etwa Abgaben zur Finanzierung umweltpolitischer Ziele, gewährt wird. Eine Ausschreibung ist für solche Regelungen nicht zwingend vorgeschrieben. Solche Beihilfen müssen jedoch grundsätzlich für alle beihilfefähigen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind und sich hinsichtlich der Ziele bzw. Zwecke der Beihilfemaßnahme in der gleichen oder einer ähnlichen Lage befinden, in derselben Weise gewährt werden. Der anmeldende Mitgliedstaat muss einen Mechanismus für eine jährliche Überwachung einrichten, um zu überprüfen, dass die Beihilfe weiterhin erforderlich ist. Dieser Abschnitt bezieht sich nicht auf Ermäßigungen von Steuern oder Abgaben, die die wesentlichen Kosten der Bereitstellung von Energie oder von damit verbundenen Dienstleistungen widerspiegeln. So sind beispielsweise Ermäßigungen von Netzentgelten oder Entgelten zur Finanzierung von Kapazitätsmechanismen vom Anwendungsbereich dieses Abschnitts ausgenommen.

(110)

Werden die laufenden Betriebskosten durch eine Steuerermäßigung oder durch die Ermäßigung einer steuerähnlichen Abgabe gesenkt, so darf der Beihilfebetrag die Differenz zwischen den Kosten des umweltfreundlichen Vorhabens bzw. der umweltfreundlichen Tätigkeit und dem weniger umweltfreundlichen kontrafaktischen Szenario nicht übersteigen. Kann das umweltfreundlichere Vorhaben oder die umweltfreundlichere Tätigkeit zu Kosteneinsparungen oder zusätzlichen Einnahmen führen, so müssen diese bei der Prüfung der Angemessenheit der Beihilfe berücksichtigt werden.

(111)

Bei der Ausgestaltung von Beihilferegelungen müssen die Mitgliedstaaten die Informationen über bereits gewährte Förderung berücksichtigen, die in der Dokumentation zum Massenbilanzsystem nach Artikel 30 der Richtlinie (EU) 2018/2001 enthalten sind.

(112)

Werden im Rahmen von Beihilfemaßnahmen Konzessionen oder sonstige Vorteile — wie etwa das Recht zur Nutzung von Boden, Meeresgrund oder Flüssen oder das Recht auf eine Infrastrukturanbindung — gewährt, so müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Konzessionen auf der Grundlage objektiver und transparenter Kriterien, die mit den Zielen der jeweiligen Maßnahme in Zusammenhang stehen, vergeben werden (siehe Randnummer 50).

(113)

Wird eine Beihilfe in Form eines vorrangigen Darlehens für den Anbieter von Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz im Rahmen eines Energieleistungsvertrags gewährt, so sollte bei den Darlehensinstrumenten eine erhebliche Koinvestitionsrate seitens gewerblicher Fremdkapitalgeber gewährleistet sein. Es wird davon ausgegangen, dass dies der Fall ist, wenn die Koinvestitionsrate 30 % des Werts des zugrunde liegenden Energieleistungsvertragsportfolios des Anbieters oder mehr ausmacht. Die vom Anbieter der Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz geleistete Tilgung muss mindestens dem Nennwert des Darlehens entsprechen. Wird die Beihilfe in Form einer Garantie gewährt, so darf die staatliche Garantie 80 % des Betrags des zugrunde liegenden Darlehens nicht übersteigen, und Verluste müssen vom Kreditinstitut und vom Staat anteilig und zu gleichen Bedingungen getragen werden. Der von der Garantie abgedeckte Betrag muss anteilig sinken, damit die Garantie zu keinem Zeitpunkt mehr als 80 % des ausstehenden Darlehens deckt. Die Laufzeit des staatlichen Darlehens bzw. der staatlichen Garantie für den Anbieter der Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz darf höchstens 10 Jahre betragen.

4.1.4.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(114)

Mit Ausnahme der Randnummer 70 gelten die Abschnitte 3.2.2 und 3.3 nicht für Maßnahmen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen.

(115)

Diese Randnummer gilt ab dem 1. Juli 2023. Die Subvention pro vermiedener Tonne Emissionen in CO2-Äquivalenten muss für jedes Vorhaben oder, im Falle von Beihilferegelungen, für jedes Referenzvorhaben geschätzt werden, und es sind die bei der Berechnung zugrunde gelegten Annahmen und Methoden anzugeben. Soweit möglich sollten bei dieser Schätzung die Nettoemissionen aus der Tätigkeit unter Berücksichtigung der erzeugten oder verminderten Lebenszyklusemissionen bestimmt werden. Ferner sollten kurz- und langfristige Wechselwirkungen mit anderen einschlägigen Strategien oder Maßnahmen, unter anderem mit dem EHS der Union, berücksichtigt werden. Um einen Vergleich der Kosten verschiedener Umweltschutzmaßnahmen zu ermöglichen, sollte die Methode grundsätzlich für alle von einem Mitgliedstaat geförderten Maßnahmen ähnlich sein. (67)

(116)

Damit mit der Dekarbonisierung positive Auswirkungen auf die Umwelt erzielt werden, darf die Beihilfe nicht nur zur Verlagerung der Emissionen von einem Wirtschaftszweig auf einen anderen führen, sondern muss insgesamt eine Verringerung der Treibhausgasemissionen bewirken.

(117)

Um die Gefahr von Mehrfachsubventionen zu vermeiden und die Überprüfung der Verringerung der Treibhausgasemissionen zu ermöglichen, müssen Beihilfen für die Dekarbonisierung von Industrietätigkeiten die Verringerung der direkt aus der jeweiligen Industrietätigkeit resultierenden Emissionen ermöglichen. Beihilfen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Industrietätigkeiten müssen die Energieeffizienz der Tätigkeiten der Beihilfeempfänger verbessern.

(118)

Abweichend von der im letzten Satz der Randnummer 117 dargelegten Anforderung können Verbesserungen der Energieeffizienz von Industrietätigkeiten durch Beihilfen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen gefördert werden.

(119)

Werden Beihilfen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen nicht im Rahmen einer Ausschreibung gewährt, so müssen staatliche Beihilfen grundsätzlich für alle beihilfefähigen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind und sich hinsichtlich der Ziele bzw. Zwecke der Beihilfemaßnahme in der gleichen oder einer ähnlichen Lage befinden, in derselben Weise gewährt werden.

(120)

Um zu vermeiden, dass Mittel Vorhaben zugewiesen werden, die nicht durchgeführt werden, was den Markteintritt neuer Marktteilnehmer behindern könnte, müssen die Mitgliedstaaten nachweisen, dass angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die geförderten Vorhaben tatsächlich durchgeführt werden; zu diesem Zweck könnten sie z. B. klare Fristen für den Abschluss der Vorhaben festlegen, die Durchführbarkeit der Vorhaben im Rahmen der Vorauswahl für die Beihilfegewährung prüfen, von den Teilnehmern Sicherheiten verlangen oder die Durchführung und die Baufortschritte der Vorhaben überwachen. Die Mitgliedstaaten können hinsichtlich der Vorauswahlanforderungen für Vorhaben, die von KMU oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften entwickelt werden und ihnen zu 100 % zuzurechnen sind, jedoch mehr Flexibilität zugestehen, um Hindernisse, die der Teilnahme von KMU bzw. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften entgegenstehen, abzubauen. (68)

(121)

Beihilfen für die Dekarbonisierung können zahlreiche Formen annehmen, darunter vorab gewährte Zuschüsse und Verträge für laufende Beihilfezahlungen wie etwa Differenzverträge. (69) Beihilfen, die hauptsächlich mit dem Betrieb und nicht mit Investitionen verbundene Kosten decken, sollten nur dann gewährt werden, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass dies umweltfreundlichere Betriebsentscheidungen bewirkt.

(122)

Werden Beihilfen in erster Linie zur Deckung kurzfristiger Kosten benötigt, die variabel sein können, wie etwa Kosten für Biomasse-Brennstoffe oder Strominputkosten, und über Zeiträume von mehr als einem Jahr ausgezahlt, so sollten die Mitgliedstaaten bestätigen, dass die dem Beihilfebetrag zugrunde liegenden Produktionskosten überwacht werden und der Beihilfebetrag mindestens einmal pro Jahr aktualisiert wird.

(123)

Die Beihilfe muss so gestaltet sein, dass eine übermäßige Verzerrung des effizienten Funktionierens des Marktes verhindert wird und insbesondere wirksame Betriebsanreize und Preissignale erhalten bleiben. Beispielsweise sollten die Beihilfeempfänger weiterhin Preisschwankungen und Marktrisiken ausgesetzt sein, es sei denn, dies steht der Verwirklichung des Ziels der Beihilfe entgegen. Insbesondere sollten die Beihilfeempfänger keinen Anreiz erhalten, ihre Produktion unterhalb ihrer Grenzkosten anzubieten, und sie dürfen in Zeiten, in denen der Marktwert ihrer Produktion negativ ist, keine Beihilfe dafür erhalten. (70)

(124)

Die Kommission wird eine Einzelfallprüfung für Maßnahmen durchführen, die gewidmete Infrastrukturvorhaben betreffen. Bei ihrer Prüfung wird die Kommission unter anderem Folgendes berücksichtigen: die Größe der Infrastruktur im Verhältnis zum relevanten Markt, die Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit zusätzlicher marktbasierter Investitionen, das Maß, in dem die Infrastruktur zunächst für einen einzelnen Nutzer oder eine einzelne Nutzergruppe bestimmt ist, und die Frage, ob ein plausibler Plan oder eine feste Zusage zur Anbindung an ein größeres Netz besteht, die Dauer etwaiger Ausnahmen oder Freistellungen von der Anwendung von Binnenmarktvorschriften, die Struktur des relevanten Marktes sowie die Stellung der Beihilfeempfänger auf dem relevanten Markt.

(125)

Bindet die Infrastruktur zunächst beispielsweise nur eine begrenzte Anzahl von Nutzern an, so kann die verzerrende Wirkung auf der Grundlage der folgenden Kriterien abgemildert werden, wenn die Infrastruktur Teil eines Plans zur Entwicklung eines größeren Unionsnetzes ist:

a)

Die Rechnungslegung für die Infrastruktur sollte von der Rechnungslegung für alle anderen Tätigkeiten getrennt erfolgen, und die Kosten für den Zugang zur Infrastruktur und die Nutzung der Infrastruktur sollten transparent sein.

b)

Die Beihilfe sollte von Zusagen abhängig gemacht werden, die Infrastruktur (71) Dritten zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen zugänglich zu machen (einschließlich öffentlicher Aufforderungen zur Beantragung eines Anschlusses zu gleichwertigen Bedingungen), es sei denn, dies steht der Verwirklichung des Ziels der Beihilfe entgegen.

c)

Der Vorteil, den die Beihilfeempfänger bis zu einer solchen umfassenderen Entwicklung genießen, muss möglicherweise ausgeglichen werden, beispielsweise durch einen Beitrag zum weiteren Ausbau des Netzes.

d)

Der Vorteil, den die Nutzer, für die die Infrastruktur bestimmt ist, genießen, muss möglicherweise begrenzt und/oder mit anderen Akteuren geteilt werden.

(126)

Um das Ziel der Maßnahme bzw. andere Umweltschutzziele der Union nicht zu untergraben, dürfen keine Anreize für die Erzeugung von Energie geschaffen werden, die weniger umweltschädliche Energieformen verdrängen würde. Wird beispielsweise eine nicht auf erneuerbaren Energiequellen basierende Kraft-Wärme-Kopplung oder wird die Energieerzeugung aus Biomasse gefördert, so dürfen nach Möglichkeit keine Anreize geschaffen werden, Strom oder Wärme zu Zeiten zu erzeugen, zu denen dies zu einer Einschränkung luftverschmutzungsfreier erneuerbarer Energiequellen führen würde.

(127)

Beihilfen für die Dekarbonisierung können den Wettbewerb übermäßig verzerren, wenn sie Investitionen in sauberere Alternativen verdrängen, die bereits auf dem Markt verfügbar sind, oder wenn sie eine Festlegung auf bestimmte Technologien bewirken und damit die umfassendere Entwicklung eines Marktes für sauberere Lösungen und deren Nutzung behindern. Die Kommission wird daher auch überprüfen, dass die Beihilfemaßnahme nicht etwa den Verbrauch fossiler Brennstoffe und Energie (72) ankurbelt oder verlängert und dadurch die Entwicklung saubererer Alternativen behindert und den allgemeinen Nutzen der Investition für die Umwelt erheblich verringert. Die Mitgliedstaaten sollten erläutern, wie sie dieses Risiko — z. B. durch verbindliche Zusagen, hauptsächlich erneuerbare oder CO2-arme Kraftstoffe zu verwenden oder schrittweise auf fossile Brennstoffquellen zu verzichten — vermeiden wollen.

(128)

Die Kommission ist der Auffassung, dass bestimmte Beihilfemaßnahmen negative Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel haben, die wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden. So können bestimmte Beihilfemaßnahmen Fälle von Marktversagen verschärfen und Ineffizienzen zulasten der Verbraucher und des sozialen Wohlergehens nach sich ziehen. Beispielsweise verstärken Maßnahmen, die Anreize für neue Investitionen in die Energieerzeugung oder Industrieproduktion auf Basis der umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe wie Steinkohle, Diesel, Braunkohle, Öl, Torf und Ölschiefer schaffen, die negativen externen Umwelteffekte auf dem Markt. Aufgrund der Unvereinbarkeit dieser Kraftstoffe mit den Klimazielen der Union wird nicht davon ausgegangen, dass sie positive Auswirkungen auf die Umwelt haben.

(129)

Desgleichen können Maßnahmen, die Anreize für neue Investitionen in die Energieerzeugung oder Industrieproduktion auf Erdgasbasis schaffen, die Treibhausgasemissionen und andere Schadstoffe zwar kurzfristig verringern, doch längerfristig bewirken sie stärkere negative externe Umwelteffekte als alternative Investitionen. Damit Investitionen in Erdgas als positiv für die Umwelt angesehen werden können, müssen die Mitgliedstaaten darlegen, wie sie sicherstellen werden, dass die jeweilige Investition zur Verwirklichung des Klimaziels der Union für 2030 und des Ziels der Klimaneutralität bis 2050 beiträgt. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten erläutern, wie eine Festlegung auf diese gasbasierte Energieerzeugung oder diese gasbetriebenen Erzeugungsanlagen vermieden werden soll. Solche Vorkehrungen könnten beispielsweise auf einem nationalen Dekarbonisierungsplan mit verbindlichen Zielen basieren und/oder verbindliche Zusagen des Beihilfeempfängers beinhalten, Dekarbonisierungstechnologien wie CCS/CCU einzusetzen, Erdgas durch erneuerbares oder CO2-armes Gas zu ersetzen oder die Anlage innerhalb eines Zeitrahmens, der mit den Klimazielen der Union im Einklang steht, stillzulegen. Die Zusagen sollten eines oder mehrere glaubwürdige Etappenziele für die Emissionsreduktion auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 umfassen.

(130)

Die Produktion von Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen kann eine zusätzliche Nachfrage nach Land bewirken und dazu führen, dass landwirtschaftliche Nutzflächen auf Gebiete mit hohem Kohlenstoffbestand, wie Wälder, Feuchtgebiete und Torfmoorflächen, ausgedehnt werden, wodurch zusätzliche Treibhausgasemissionen entstehen. Deshalb begrenzt die Richtlinie (EU) 2018/2001 die Menge der aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen produzierten Biokraftstoffe, flüssigen Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe, die auf die Ziele für erneuerbare Energien angerechnet werden. Die Kommission ist der Auffassung, dass bestimmte Beihilfemaßnahmen die indirekten negativen externen Effekte verstärken können. Daher wird sie grundsätzlich davon ausgehen, dass staatliche Beihilfen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe, Biogas und Biomasse-Brennstoffe, die über die Obergrenzen hinausgehen, welche für ihre Berücksichtigung bei der Berechnung des Bruttoendverbrauchs von Energie aus erneuerbaren Quellen in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Artikel 26 der Richtlinie (EU) 2018/2001 gelten, wahrscheinlich keine positiven Auswirkungen haben, die die negativen Auswirkungen der Maßnahme überwiegen könnten.

(131)

Besteht die Gefahr zusätzlicher Wettbewerbsverzerrungen oder sind die Maßnahmen besonders neuartig oder komplex, kann die Kommission die unter Randnummer 76 aufgeführten Vorgaben auferlegen.

(132)

Wenn im Rahmen einer Einzelbeihilfe oder einer Beihilferegelung eine sehr begrenzte Zahl von Beihilfeempfängern oder ein etabliertes Unternehmen unterstützt werden soll, sollten die Mitgliedstaaten außerdem nachweisen, dass die geplante Beihilfe keine Wettbewerbsverzerrungen, etwa durch Stärkung der Marktmacht, bewirken wird. Selbst wenn Beihilfen die Marktmacht nicht direkt stärken, kann dies indirekt geschehen, indem die Expansion von Wettbewerbern erschwert, Wettbewerber vom Markt verdrängt oder der Markteintritt potenzieller neuer Wettbewerber verhindert wird. Bei der Prüfung der negativen Auswirkungen dieser Beihilfemaßnahmen konzentriert sich die Kommission auf die vorhersehbaren Auswirkungen der Beihilfe auf den Wettbewerb zwischen Unternehmen, die auf dem betreffenden Produktmarkt und gegebenenfalls auf vor- oder nachgelagerten Märkten tätig sind, sowie auf das Risiko von Überkapazitäten. Die Kommission prüft das Vorhaben ferner auf mögliche negative Auswirkungen auf den Handel und das Risiko eines Subventionswettlaufs zwischen den Mitgliedstaaten, das sich insbesondere im Hinblick auf die Auswahl eines Standorts ergeben kann.

(133)

Wird die Beihilfe ohne Ausschreibung gewährt und kommt die Maßnahme einer sehr begrenzten Zahl von Beihilfeempfängern oder einem etablierten Unternehmen zugute, so kann die Kommission den Mitgliedstaat auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass der Beihilfeempfänger das durch das geförderte Vorhaben erworbene Know-how verbreitet, damit die Einführung der erfolgreich demonstrierten Technologien beschleunigt wird.

(134)

Sofern alle anderen Voraussetzungen für die Vereinbarkeit erfüllt sind und keine offensichtlichen Hinweise auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen (73) vorliegen, wird die Kommission im Allgemeinen feststellen, dass das Ergebnis der Abwägungsprüfung für Dekarbonisierungsmaßnahmen positiv ausfällt (das heißt, dass die positiven Auswirkungen die Verzerrungen auf dem Binnenmarkt überwiegen), da die Maßnahmen zum Klimaschutz beitragen, der in der Verordnung (EU) 2020/852 als Umweltziel definiert ist, und/oder da sie einen Beitrag zur Erfüllung der Energie- und Klimaziele der Union leisten. Gilt diese Annahme nicht, wird die Kommission prüfen, ob die positiven Auswirkungen (einschließlich der Einhaltung der Randnummern in Abschnitt 4.1.4 und etwaiger Zusagen im Zusammenhang mit Randnummer 129) die negativen Auswirkungen auf den Binnenmarkt insgesamt überwiegen.

4.2.   Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden

4.2.1.   Begründung der Beihilfe

(135)

Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden richten sich gegen negative externe Effekte, indem sie individuelle Anreize zur Verwirklichung von Zielen in den Bereichen Energieeinsparung und Reduzierung der Treibhausgas- und Luftschadstoffemissionen schaffen. Neben den in Kapitel 3 genannten allgemeinen Fällen von Marktversagen können im Bereich der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden spezifische Fälle von Marktversagen auftreten. Im Falle von Renovierungsarbeiten an Gebäuden beispielsweise profitieren von den Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz im Allgemeinen nicht nur die Gebäudeeigentümer, die in der Regel die Renovierungskosten tragen, sondern auch die Mieter. Nach Auffassung der Kommission können daher staatliche Beihilfen erforderlich sein, um Investitionen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz und der Umweltbilanz von Gebäuden zu fördern.

4.2.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(136)

Für die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden können Beihilfen gewährt werden.

(137)

Diese Beihilfen können mit Beihilfen für eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen kombiniert werden:

a)

Installation von am Standort des Gebäudes befindlichen integrierten Anlagen zur Erzeugung von Strom bzw. Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energiequellen,

b)

Installation von Geräten zur Speicherung der erneuerbaren Energie, die von den am Standort des Gebäudes befindlichen Anlagen erzeugt wird,

c)

Bau und Installation von Ladeinfrastruktur zum Gebrauch für die Gebäudenutzer und von damit zusammenhängender Infrastruktur wie Rohrleitungen, wenn sich die Parkplätze innerhalb des Gebäudes befinden oder an dieses angrenzen,

d)

Installation von Geräten für die Digitalisierung von Umwelt- und Energiemanagement und -kontrolle des Gebäudes, insbesondere zur Steigerung seiner Intelligenzfähigkeit, einschließlich passiver gebäudeinterner Verkabelung oder strukturierter Verkabelung für Datennetze und des zugehörigen Teils des passiven Netzes auf der Liegenschaft, zu der das Gebäude gehört, mit Ausnahme der für Datennetze bestimmten Verkabelung außerhalb der Liegenschaft,

e)

sonstige Investitionen, die die Gesamtenergieeffizienz oder Umweltbilanz des Gebäudes verbessern, einschließlich Investitionen in Gründächer und Geräte für die Regenwasserrückgewinnung.

(138)

Beihilfen können auch für die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz der im Gebäude befindlichen Anlagen zur Wärme- oder Kälteerzeugung gewährt werden. Beihilfen für direkt mit Fernwärme- und Fernkältesystemen verbundene Anlagen zur Wärme- oder Kälteerzeugung werden nach den in Abschnitt 4.10 genannten Voraussetzungen für Beihilfen für Fernwärme oder Fernkälte geprüft. Beihilfen für die Verbesserung der Energieeffizienz von Produktionsprozessen und für Anlagen zur Erzeugung von Energie für den Antrieb von Maschinen werden nach den in Abschnitt 4.1 genannten Voraussetzungen für Beihilfen zur Verringerung und zum Abbau von Treibhausgasemissionen geprüft.

(139)

Die Beihilfe muss Folgendes bewirken:

a)

im Falle der Renovierung bestehender Gebäude: Verbesserungen der Gesamtenergieeffizienz, die zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 20 % gegenüber der Situation vor der Investition führen, oder, wenn die Verbesserungen Teil einer schrittweisen Renovierung sind, eine Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 30 % gegenüber der Situation vor der Investition über einen Zeitraum von fünf Jahren,

b)

im Falle von Renovierungsmaßnahmen, die die Installation oder den Austausch nur einer Art von Gebäudekomponente (74) im Sinne des Artikels 2 Nummer 9 der Richtlinie 2010/31/EU betreffen: eine Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 10 % gegenüber der Situation vor der Investition, sofern der Mitgliedstaat nachweist, dass die Maßnahme auf Ebene der Beihilferegelung insgesamt zu einer erheblichen Verringerung des Primärenergiebedarfs führt,

c)

im Falle neuer Gebäude: Verbesserungen der Gesamtenergieeffizienz, die zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 10 % gegenüber dem Schwellenwert für die in nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie 2010/31/EU festgelegten Anforderungen an Niedrigstenergiegebäude führen.

(140)

Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden können auch KMU und kleinen Unternehmen mittlerer Kapitalisierung gewährt werden, die auf die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz abzielende Maßnahmen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen im Sinne des Artikels 2 Ziffer 27 der Richtlinie 2012/27/EU anbieten.

4.2.3.   Anreizeffekt

(141)

Die Vorschriften der Randnummern 142 und 143 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(142)

Nach Auffassung der Kommission haben Beihilfen für Vorhaben mit einer Amortisationsdauer (75) von weniger als fünf Jahren grundsätzlich keinen Anreizeffekt. Der Mitgliedstaat kann jedoch nachweisen, dass eine Beihilfe erforderlich ist, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen, selbst wenn es sich um Vorhaben mit kürzerer Amortisationsdauer handelt.

(143)

Schreibt das Unionsrecht Unternehmen Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz vor, die als Unionsnormen gelten, so wird davon ausgegangen, dass Beihilfen für alle Investitionen, die erforderlich sind, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, diese Normen zu erfüllen, einen Anreizeffekt haben, sofern die Beihilfen gewährt werden, bevor die Anforderungen für das betreffende Unternehmen verbindlich werden. (76) Der Mitgliedstaat muss sicherstellen, dass die Beihilfeempfänger einen detaillierten Sanierungsplan und einen detaillierten Zeitplan vorlegen, aus denen hervorgeht, dass die geförderte Sanierung mindestens ausreicht, um zu bewirken, dass das Gebäude diese Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz erfüllt.

4.2.4.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.2.4.1.   Geeignetheit

(144)

Die Vorschrift der Randnummer 145 gilt zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.2.

(145)

Beihilfen zur Begünstigung von Energieleistungsverträgen können in Form eines Darlehens oder einer Garantie für den Anbieter der Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz im Rahmen eines Energieleistungsvertrags oder in Form eines Finanzprodukts zur Finanzierung des Anbieters (zum Beispiel Factoring oder Forfaitierung) gewährt werden.

4.2.4.2.   Angemessenheit

(146)

Die beihilfefähigen Kosten sind die Investitionskosten, die unmittelbar mit der Erzielung einer besseren Gesamtenergieeffizienz oder Umweltbilanz verbunden sind.

(147)

Bei den unter Randnummer 139 Buchstaben a und c genannten Maßnahmen darf die Beihilfeintensität höchstens 30 % der beihilfefähigen Kosten betragen. Bei den unter Randnummer 139 Buchstabe b genannten Maßnahmen darf die Beihilfeintensität höchstens 25 % betragen. Werden Beihilfen für Investitionen, die Unternehmen in die Lage versetzen, Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz, die als Unionsnormen gelten, zu erfüllen, weniger als 18 Monate vor Inkrafttreten der Unionsnormen gewährt, so darf die Beihilfeintensität bei den unter Randnummer 139 Buchstaben a und c genannten Maßnahmen höchstens 20 % der beihilfefähigen Kosten und bei den unter Randnummer 139 Buchstabe b genannten Maßnahmen höchstens 15 % der beihilfefähigen Kosten betragen.

(148)

Bei Beihilfen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz bestehender Gebäude kann die Beihilfeintensität um 15 Prozentpunkte erhöht werden, wenn die Verbesserungen der Gesamtenergieeffizienz zu einer Verringerung des Primärenergiebedarfs um mindestens 40 % führen. Diese Erhöhung der Beihilfeintensität findet jedoch keine Anwendung, wenn das Vorhaben zwar eine Verringerung des Primärenergiebedarfs um 40 % oder mehr bewirkt, aber die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes nicht über das Niveau hinaus verbessert, das aufgrund von Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz, die als Unionsnormen gelten und in weniger als 18 Monaten in Kraft treten, vorgeschrieben ist.

(149)

Bei Beihilfen für kleine Unternehmen kann die Beihilfeintensität um 20 Prozentpunkte, bei Beihilfen für mittlere Unternehmen um 10 Prozentpunkte erhöht werden.

(150)

Die Beihilfeintensität kann bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV um 15 Prozentpunkte bzw. bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV um 5 Prozentpunkte erhöht werden.

(151)

In Abhängigkeit von den besonderen Merkmalen der Maßnahme kann der Mitgliedstaat auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke (siehe die Randnummern 48, 51 und 52) auch nachweisen, dass ein höherer Beihilfebetrag erforderlich ist. Der Beihilfebetrag darf die Finanzierungslücke nach den Randnummern 51 und 52 nicht übersteigen. Werden Beihilfen für Investitionen, die Unternehmen in die Lage versetzen, Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz, die als Unionsnormen gelten, zu erfüllen, weniger als 18 Monate vor Inkrafttreten der Unionsnormen gewährt, so darf der Beihilfehöchstbetrag 70 % der Finanzierungslücke nicht überschreiten.

(152)

Wird die Beihilfe im Wege einer Ausschreibung gewährt, die im Einklang mit den unter den Randnummern 49 und 50 genannten Kriterien durchgeführt wird, so gilt der Beihilfebetrag als angemessen. Werden Beihilfen für Investitionen, die Unternehmen in die Lage versetzen, Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz, die als Unionsnormen gelten, zu erfüllen, weniger als 18 Monate vor Inkrafttreten der Unionsnormen gewährt, so muss der Mitgliedstaat sicherstellen, dass das Risiko einer Überkompensation in angemessener Weise, beispielsweise durch Festsetzung von Gebotsobergrenzen, angegangen wird.

(153)

Die unter den Randnummern 147 bis 151 genannten Beihilfehöchstintensitäten gelten nicht für Beihilfen, die in Form von Finanzinstrumenten gewährt werden. Wird die Beihilfe in Form einer Garantie gewährt, so sollte die Garantie 80 % des zugrunde liegenden Darlehens nicht übersteigen. Wird die Beihilfe in Form eines Darlehens gewährt, so muss die vom bzw. von den Gebäudeeigentümer(n) an den Energieeffizienzfonds, den Fonds für erneuerbare Energien oder einen anderen Finanzintermediär geleistete Rückzahlung mindestens dem Nennwert des Darlehens entsprechen.

4.2.4.3.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(154)

Die Vorschriften der Randnummern 155 bis 157 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(155)

Beihilfen für Investitionen in erdgasbetriebene Anlagen, mit denen die Energieeffizienz von Gebäuden verbessert werden soll, können den Energieverbrauch zwar kurzfristig verringern, doch längerfristig bewirken sie stärkere negative externe Umwelteffekte als alternative Investitionen. Beihilfen für die Installation von erdgasbetriebenen Anlagen können den Wettbewerb übermäßig verzerren, wenn sie Investitionen in sauberere Alternativen verdrängen, die bereits auf dem Markt verfügbar sind, oder wenn sie eine Festlegung auf bestimmte Technologien bewirken und damit die Entwicklung eines Marktes für sauberere Technologien und deren Nutzung behindern. Es ist unwahrscheinlich, dass die positiven Auswirkungen von Maßnahmen, die eine solche Verdrängung oder Festlegung bewirken, ihre negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb überwiegen. Bei ihrer Würdigung wird die Kommission berücksichtigen, ob die erdgasbetriebene Anlage an die Stelle einer Energieerzeugungsanlage tritt, die die umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe wie Erdöl und Kohle verwendet.

(156)

Alternativen zu Energieerzeugungsanlagen, die mit umweltschädlichen fossilen Brennstoffen wie Öl und Kohle betrieben werden, sind bereits auf dem Markt verfügbar. In diesem Zusammenhang wird nicht davon ausgegangen, dass Beihilfen für die Installation energieeffizienter Energieerzeugungsanlagen, die mit solchen Brennstoffen betrieben werden, die gleichen positiven Auswirkungen haben wie Beihilfen für die Installation von Anlagen zur Erzeugung saubererer Energie. Erstens wird die marginale Verbesserung in Bezug auf die Verringerung des Energieverbrauchs durch die mit der Nutzung fossiler Brennstoffe verbundenen höheren CO2-Emissionen aufgewogen. Zweitens birgt die Gewährung von Beihilfen für die Installation von Energieerzeugungsanlagen, die mit festen oder flüssigen fossilen Brennstoffen betrieben wird, ein erhebliches Risiko, dass eine Festlegung auf Technologien für die Nutzung fossiler Brennstoffe entsteht und Investitionen in auf dem Markt verfügbare sauberere und innovativere Alternativen verdrängt werden, indem die Nachfrage von Energieerzeugungsanlagen, die keine festen oder flüssigen fossilen Brennstoffe verwenden, abgelenkt wird. Dies würde auch der weiteren Entwicklung des Marktes für Technologien für die Nutzung nichtfossiler Brennstoffe entgegenwirken. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen von Beihilfen für Energieerzeugungsanlagen, die mit festen oder flüssigen fossilen Brennstoffen betrieben wird, auf den Wettbewerb wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden.

(157)

Wird eine Beihilfe in Form einer Dotation, Beteiligung, Garantie oder eines Darlehens für einen Energieeffizienzfonds, einen Fonds für erneuerbare Energien oder einen anderen Finanzintermediär gewährt, so prüft die Kommission, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, um sicherzustellen, dass der Energieeffizienzfonds, der Fonds für erneuerbare Energien oder der andere Finanzintermediär keinen ungerechtfertigten Vorteil erhält und eine wirtschaftlich solide Investitionsstrategie für die Durchführung der Beihilfemaßnahme zur Förderung der Gesamtenergieeffizienz anwendet. Es müssen insbesondere die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

a)

Finanzintermediäre oder Fondsverwalter müssen im Rahmen eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens ausgewählt werden, das im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften der Union und der Mitgliedstaaten durchgeführt wird.

b)

Durch Bedingungen wird sichergestellt, dass Finanzintermediäre, einschließlich Energieeffizienzfonds bzw. Fonds für erneuerbare Energien, nach kaufmännischen Grundsätzen verwaltet werden und gewinnorientierte Finanzierungsentscheidungen treffen.

c)

Die Verwalter des Energieeffizienzfonds oder des Fonds für erneuerbare Energien oder anderer Finanzintermediäre geben den Vorteil in Form umfangreicherer Finanzierungen, geringerer Besicherungsanforderungen, niedrigerer Garantieentgelte oder niedrigerer Zinssätze so weit wie möglich an die Endempfänger (Gebäudeeigentümer oder Mieter) weiter.

4.3.   Beihilfen für saubere Mobilität

(158)

In den Abschnitten 4.3.1 und 4.3.2 sind die Voraussetzungen festgelegt, unter denen staatliche Beihilfen für bestimmte Investitionen zur Verringerung oder zur Vermeidung der Emission von CO2 und sonstigen Schadstoffen im Bereich des Luft-, Straßen-, Schienen-, Schiffs- und Seeverkehrs die Entwicklung eines Wirtschaftszweigs in umweltfreundlicher Weise fördern können, ohne die Handelsbedingungen in einer Weise zu beeinträchtigen, die dem gemeinsamen Interesse der Union zuwiderläuft.

(159)

Beihilfen für Investitionen in leichte und schwere Nutzfahrzeuge, die mit Gas (insbesondere LNG, CNG und Biogas) betrieben werden, sowie in die entsprechende Gasbetankungsinfrastruktur für den Straßenverkehr, mit Ausnahme von LNG-Infrastruktur, die ausschließlich für das Betanken schwerer Nutzfahrzeuge bestimmt ist, fallen nicht in den Anwendungsbereich dieser Leitlinien. Nach dem derzeitigen Stand der Marktentwicklung dürften diese Technologien ein deutlich geringeres Potenzial haben, zum Klimaschutz und zur Verringerung der Luftverschmutzung beizutragen, als sauberere und innovativere Alternativen, sodass davon ausgegangen wird, dass sie den Wettbewerb übermäßig verzerren, indem sie Investitionen in diese saubereren Alternativen verdrängen und eine Festlegung auf Mobilitätslösungen bewirken, die nicht mit den Zielen für 2030 und 2050 im Einklang stehen.

4.3.1.   Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von sauberen Fahrzeugen und sauberen mobilen Service-Geräten sowie für die Nachrüstung von Fahrzeugen und mobilen Service-Geräten

4.3.1.1.   Begründung der Beihilfe

(160)

Um das rechtsverbindliche Unionsziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, wurde in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal das Ziel festgelegt, die verkehrsbedingten Emissionen bis 2050 um mindestens 90 % gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. In der Mitteilung über eine Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität (77) wird aufgezeigt, wie dieses Ziel durch die Dekarbonisierung sowohl der einzelnen Verkehrsträger als auch der gesamten Verkehrskette erreicht werden kann (78).

(161)

Zwar bieten bestehende Strategien unter Umständen Anreize für die Nutzung sauberer Fahrzeuge, indem verbindliche CO2-Emissionsziele für die neue Straßenverkehrsflotte der Hersteller festgelegt (79), die externen Klima- und Umwelteffekte internalisiert (80) oder die Nachfrage nach Fahrzeugen durch Vergabe öffentlicher Aufträge gefördert wird (81), aber diese Anreize reichen möglicherweise nicht aus, um die Fälle von Marktversagen in dem betreffenden Wirtschaftszweig vollständig zu beseitigen. Trotz der bestehenden Strategien werden bestimmte Markthindernisse und Fälle von Marktversagen möglicherweise nicht angegangen, unter anderem die Bezahlbarkeit sauberer Fahrzeuge im Vergleich zu konventionellen Fahrzeugen, die begrenzte Verfügbarkeit von Lade- bzw. Tankinfrastruktur und das Bestehen externer Umwelteffekte. Die Mitgliedstaaten können daher Beihilfen zur Behebung dieser verbleibenden Fälle von Marktversagen gewähren und die Entwicklung der sauberen Mobilität unterstützen.

4.3.1.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(162)

Beihilfen können für den Erwerb und das Leasing neuer oder gebrauchter sauberer Fahrzeuge sowie für den Erwerb und das Leasing sauberer mobiler Service-Geräte gewährt werden.

(163)

In folgenden Fällen können Beihilfen auch für die Nachrüstung, Umrüstung und Anpassung von Fahrzeugen oder mobilen Service-Geräten gewährt werden:

a)

wenn durch die Beihilfe eine Einstufung als sauberes Fahrzeug bzw. sauberes mobiles Service-Gerät möglich ist oder

b)

wenn die Beihilfe erforderlich ist, damit Schiffe und Luftfahrzeuge Biokraftstoffe und synthetische Kraftstoffe, einschließlich flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, zusätzlich zu oder als Alternative zu fossilen Brennstoffen überhaupt verwenden bzw. in größerem Umfang verwenden können, oder

c)

wenn die Beihilfe erforderlich ist, um Schiffen die Nutzung von Windantrieb zu ermöglichen.

4.3.1.3.   Anreizeffekt

(164)

Die Vorschriften der Randnummern 165 bis 169 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(165)

Der Mitgliedstaat muss ein plausibles kontrafaktisches Szenario vorlegen, bei dem von der Nichtgewährung der Beihilfe ausgegangen wird. Ein kontrafaktisches Szenario entspricht einer Investition mit derselben Kapazität, derselben Lebensdauer und gegebenenfalls weiteren relevanten technischen Merkmalen der umweltfreundlichen Investition. Betrifft die Investition den Erwerb oder das Leasing sauberer Fahrzeuge oder sauberer mobiler Service-Geräte, so besteht das kontrafaktische Szenario in der Regel im Erwerb oder im Leasing von Fahrzeugen oder mobilen Service-Geräten derselben Klasse bzw. Kategorie und derselben Kapazität, die etwaige geltende Unionsnormen mindestens erfüllen und ohne die Beihilfe erworben oder geleast würden.

(166)

Das kontrafaktische Szenario könnte darin bestehen, dass das bereits vorhandene Fahrzeug bzw. das bereits vorhandene mobile Service-Gerät während eines Zeitraums in Betrieb gehalten wird, der der Lebensdauer der umweltfreundlichen Investition entspricht. In diesem Fall sollten die abgezinsten Wartungs-, Reparatur- und Modernisierungskosten in diesem Zeitraum berücksichtigt werden.

(167)

In anderen Fällen kann das kontrafaktische Szenario in einem späteren Austausch des Fahrzeugs oder des mobilen Service-Geräts bestehen; dann sollte der abgezinste Wert des Fahrzeugs oder des mobilen Service-Geräts berücksichtigt und der Unterschied in der jeweiligen wirtschaftlichen Lebensdauer ausgeglichen werden. Dieser Ansatz kann bei Fahrzeugen mit einer längeren wirtschaftlichen Lebensdauer, etwa bei Schiffen sowie bei Schienen- und Luftfahrzeugen, besonders relevant sein.

(168)

Bei Fahrzeugen oder mobilen Service-Geräten, die Leasingvereinbarungen unterliegen, sollte der abgezinste Wert des Leasings des sauberen Fahrzeugs bzw. des sauberen mobilen Service-Geräts mit dem abgezinsten Wert des Leasings des weniger umweltfreundlichen Fahrzeugs bzw. mobilen Service-Geräts, das ohne die Beihilfe genutzt würde, verglichen werden.

(169)

Besteht die Investition darin, dass einem bereits vorhandenen Fahrzeug oder mobilen Service-Gerät weitere Ausrüstung hinzugefügt wird, um seine Umweltbilanz zu verbessern (z. B. Nachrüstung mit Emissionsminderungssystemen), kann es sich bei den beihilfefähigen Kosten um die gesamten Investitionskosten handeln.

4.3.1.4.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.3.1.4.1.   Geeignetheit

(170)

Die Vorschriften der Randnummer 171 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.2.

(171)

Bei der Prüfung der Geeignetheit im Vergleich zu alternativen politischen Instrumenten sollten die Möglichkeit, die Entwicklung des Marktes für saubere Mobilität durch andere Arten von Maßnahmen als Beihilfen zu fördern, und die erwarteten Auswirkungen dieser Initiativen im Vergleich zu denen der vorgeschlagenen Maßnahme berücksichtigt werden. Bei solchen anderen Arten von Maßnahmen kann es sich auch um die Einführung allgemeiner Maßnahmen zur Förderung des Erwerbs sauberer Fahrzeuge handeln, wie Umwelt- oder Abwrackprämien oder die Schaffung von Umweltzonen in dem betreffenden Mitgliedstaat.

4.3.1.4.2.   Angemessenheit

(172)

Die Beihilfe darf nicht über die Kosten hinausgehen, die erforderlich sind, um die Entwicklung des betreffenden Wirtschaftszweigs in einer Weise zu fördern, die (durch den Übergang von konventionellen zu sauberen Fahrzeugen und sauberen mobilen Service-Geräten) den Umweltschutz im Vergleich zum kontrafaktischen Szenario ohne Beihilfe verbessert. Staatliche Beihilfen können als angemessen angesehen werden, wenn die Voraussetzungen der Randnummern 173 bis 181 erfüllt sind.

(173)

In der Regel muss die Beihilfe im Wege einer Ausschreibung gewährt werden, die im Einklang mit den Kriterien der Randnummern 49 und 50 durchgeführt wird.

(174)

Kommen im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens abgesehen von dem vom Antragsteller beantragten Beihilfebetrag weitere Kriterien zur Anwendung, so gilt Randnummer 50. Die Auswahlkriterien können sich beispielsweise auf den erwarteten Umweltnutzen der Investition in Bezug auf die Verringerung von CO2-Äquivalenten oder anderen Schadstoffen während der gesamten Lebensdauer der Investition beziehen. Um die Ermittlung des Umweltnutzens zu erleichtern, kann der Mitgliedstaat von den Antragstellern verlangen, dass sie in ihren Geboten das erwartete Niveau der Emissionsverringerungen angeben, das sich im Vergleich zum Emissionsniveau eines den etwaigen geltenden Unionsnormen entsprechenden vergleichbaren Fahrzeugs aus der Investition ergibt. Umweltkriterien, die bei der Ausschreibung zugrunde gelegt werden, können auch Lebenszyklusaspekte wie die Umweltauswirkungen des End-of-Life-Managements für das Produkt umfassen.

(175)

Bei der Ausgestaltung des Ausschreibungsverfahrens muss sichergestellt werden, dass weiterhin genügend Anreize für Antragsteller bestehen, Gebote für Vorhaben abzugeben, die den Erwerb emissionsfreier Fahrzeuge betreffen, welche in der Regel teurer sind als weniger umweltfreundliche Alternativen, sofern diese für den jeweiligen Verkehrsträger verfügbar sind. Dazu muss unter anderem gewährleistet werden, dass die Anwendung der Auswahlkriterien nicht dazu führt, dass solche Vorhaben gegenüber anderen sauberen Fahrzeugen, bei denen es sich nicht um emissionsfreie Fahrzeuge handelt, benachteiligt werden. So kann beispielsweise vorgesehen werden, dass die Erfüllung von Umweltkriterien Aufschläge ermöglicht, durch die Vorhaben mit einem Umweltnutzen, der größer ist als der Umweltnutzen, der sich aus den Fördervoraussetzungen oder dem vorrangigen Ziel der Maßnahme ergibt, eine höhere Punktzahl zugewiesen werden kann. Gegebenenfalls können Gebotsobergrenzen erforderlich sein, um das Höchstgebot einzelner Bieter in bestimmten Gruppen zu begrenzen. Etwaige Gebotsobergrenzen sollten unter Bezugnahme auf die Quantifizierung für die unter den Randnummern 51, 52 und 53 genannten Referenzvorhaben begründet werden.

(176)

Abweichend von den Randnummern 173 bis 175 können Beihilfen in folgenden Fällen ohne Ausschreibung gewährt werden:

a)

wenn die erwartete Teilnehmerzahl nicht ausreicht, um wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten bzw. strategisches Bietverhalten zu vermeiden,

b)

wenn der Mitgliedstaat in Abhängigkeit von den Merkmalen der jeweiligen Maßnahme, Wirtschaftszweige oder Verkehrsträger angemessen begründet, dass eine Ausschreibung, wie unter den Randnummern 49 und 50 beschrieben, nicht geeignet ist, um die Angemessenheit der Beihilfe zu gewährleisten, und dass die alternativen Methoden unter den Randnummern 177 bis 180 die Gefahr übermäßiger Wettbewerbsverzerrungen (82) nicht erhöhen würde, oder

c)

wenn die Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von Fahrzeugen gewährt werden, die für die Nutzung durch Unternehmen bestimmt sind, die im öffentlichen Personenverkehr auf dem Land-, Schienen- oder Wasserweg tätig sind.

(177)

In den unter Randnummer 176 genannten Fällen kann die Beihilfe als angemessen angesehen werden, wenn sie 40 % der beihilfefähigen Kosten nicht übersteigt. Bei emissionsfreien Fahrzeugen kann die Beihilfeintensität um 10 Prozentpunkte erhöht werden; bei mittleren Unternehmen ist eine Erhöhung um 10 Prozentpunkte und bei kleinen Unternehmen um 20 Prozentpunkte möglich.

(178)

Die beihilfefähigen Kosten sind die Nettomehrkosten der Investition. Diese werden als Differenz zwischen den Gesamtbetriebskosten der sauberen Fahrzeuge, die mithilfe der Beihilfe erworben oder geleast werden sollen, einerseits und der Beihilfe und den Gesamtbetriebskosten im kontrafaktischen Szenario andererseits berechnet. Nicht direkt mit der Verbesserung des Umweltschutzes zusammenhängende Kosten sind nicht beihilfefähig.

(179)

Bei der Nachrüstung von Fahrzeugen oder mobilen Service-Geräten können die beihilfefähigen Kosten nach Randnummer 169 die Gesamtkosten für die Nachrüstung sein, sofern die Fahrzeuge bzw. die mobilen Service-Geräte im kontrafaktischen Szenario auch ohne die Nachrüstung dieselbe wirtschaftliche Lebensdauer hätten.

(180)

In Abhängigkeit von den besonderen Merkmalen der Maßnahme kann der Mitgliedstaat auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke (siehe die Randnummern 48, 51 und 52) auch nachweisen, dass ein höherer Beihilfebetrag erforderlich ist. In einem solchen Fall muss der Mitgliedstaat nach Randnummer 55 eine Ex-post-Überwachung durchführen, um die zugrunde gelegten Annahmen bezüglich der Höhe der erforderlichen Beihilfe zu überprüfen, und einen Rückforderungsmechanismus einrichten. Der Beihilfebetrag darf die Finanzierungslücke nach den Randnummern 51 und 52 nicht übersteigen.

(181)

Bei Einzelbeihilfen muss der Beihilfebetrag auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke festgelegt werden (siehe die Randnummern 48, 51 und 52). In solchen Fällen muss der Mitgliedstaat nach Randnummer 55 eine Ex-post-Überwachung durchführen, um die zugrunde gelegten Annahmen bezüglich der Höhe der erforderlichen Beihilfe zu überprüfen, und einen Rückforderungsmechanismus einrichten.

4.3.1.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(182)

Die Vorschriften der Randnummern 183 bis 189 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(183)

Nach Auffassung der Kommission können Beihilfen für Investitionen in Fahrzeuge und mobile Service-Geräte, die mit Erdgas betrieben werden, die Emissionen von Treibhausgasen und sonstigen Schadstoffen zwar kurzfristig verringern, doch längerfristig bewirken sie stärkere negative externe Umwelteffekte als alternative Investitionen. Beihilfen für den Erwerb von Fahrzeugen und mobilen Service-Geräten, die mit Erdgas betrieben werden, können den Wettbewerb übermäßig verzerren, wenn sie Investitionen in sauberere Alternativen verdrängen, die bereits auf dem Markt verfügbar sind, oder wenn sie eine Festlegung auf bestimmte Technologien bewirken und damit die Entwicklung eines Marktes für sauberere Technologien und deren Nutzung behindern. In diesen Fällen ist die Kommission der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen von Beihilfen für Fahrzeuge und mobile Service-Geräte, die mit Erdgas betrieben werden, auf den Wettbewerb wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden.

(184)

Bei Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von CNG- und LNG-Fahrzeugen für den Schiffsverkehr und von mobilen CNG- und LNG-Service-Geräten kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sie keine langfristige Festlegung bewirken bzw. keine Investitionen in sauberere Technologien verdrängen, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass sauberere Alternativen auf dem Markt nicht ohne Weiteres verfügbar sind und voraussichtlich kurzfristig nicht verfügbar sein dürften. (83)

(185)

Alternativen zu Fahrzeugen, die mit den umweltschädlichsten fossilen Kraftstoffen wie Diesel, Benzin oder Flüssiggas (LPG) betrieben werden, sind für die Nutzung im Straßenverkehr, im Schiffsverkehr sowie im Schienenverkehr bereits auf dem Markt verfügbar. Die Gewährung von Beihilfen für solche Fahrzeuge birgt ein erhebliches Risiko, dass eine Festlegung auf konventionelle Technologien entsteht und Investitionen in auf dem Markt verfügbare sauberere Alternativen verdrängt werden, indem die Nachfrage von umweltfreundlicheren Fahrzeugen abgelenkt wird. Dies würde auch der weiteren Entwicklung des Marktes für Technologien für die Nutzung nichtfossiler Brennstoffe entgegenwirken. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing solcher Fahrzeuge, auch wenn diese einer neuen Fahrzeuggeneration angehören und etwaige geltende Unionsnormen übertreffen, nicht dieselben positiven Auswirkungen haben wie Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing sauberer Fahrzeuge mit geringeren direkten CO2-(Auspuff-/Abgas-)Emissionen. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen von Beihilfen für Fahrzeuge, die mit den umweltschädlichsten fossilen Kraftstoffen wie Diesel, Benzin oder LPG betrieben werden, auf den Wettbewerb wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden.

(186)

Davon, dass emissionsfreie Luftfahrzeuge, ob elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben, kurzfristig auf dem Markt verfügbar werden, ist nicht auszugehen. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen staatlicher Beihilfen für saubere Luftfahrzeuge, bei denen es sich nicht um emissionsfreie Luftfahrzeuge handelt, durch ihre positiven Auswirkungen aufgewogen werden können, wenn sie zur Markteinführung oder beschleunigten Einführung neuer, effizienterer und wesentlich umweltfreundlicherer Luftfahrzeuge beitragen, die im Einklang mit einem Übergang zur Klimaneutralität steht, ohne eine Festlegung auf bestimmte Technologien zu bewirken und Investitionen in sauberere Alternativen zu verdrängen.

(187)

Was den Luftverkehr betrifft, kann die Kommission verlangen, dass der Beihilfeempfänger eine entsprechende Anzahl von weniger umweltfreundlichen Luftfahrzeugen mit einer Startmasse, die der Startmasse der mithilfe von Beihilfen erworbenen oder geleasten Luftfahrzeuge vergleichbar ist, stilllegt, sofern dies geeignet ist, um — auch unter Berücksichtigung der Marktposition des Beihilfeempfängers — besonders wettbewerbsverzerrende Auswirkungen der Beihilfe abzumildern oder um die positiven Auswirkungen der Maßnahmen zu verstärken.

(188)

Bei der Prüfung der durch Beihilfen für den Erwerb oder das Leasing von Fahrzeugen oder mobilen Service-Geräten verursachten Wettbewerbsverzerrungen wird die Kommission untersuchen, ob die Inbetriebnahme neuer Fahrzeuge in dem betreffenden Wirtschaftszweig Fälle von Marktversagen, wie etwa eine Überkapazität, bewirken bzw. bereits bestehende Fälle von Marktversagen verstärken würde.

(189)

Um den stärkeren wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen von Maßnahmen zu begegnen, bei denen einem einzelnen Beihilfeempfänger oder einer begrenzten Zahl bestimmter Beihilfeempfänger (84) ohne Ausschreibung gezielte Unterstützung gewährt wird, müssen die Mitgliedstaaten die Ausgestaltung der jeweiligen Maßnahme angemessen begründen und nachweisen, dass dem erhöhten Risiko einer Wettbewerbsverzerrung hinreichend Rechnung getragen wird (85).

4.3.2.   Beihilfen für den Aufbau von Lade- oder Tankinfrastruktur

4.3.2.1.   Begründung der Beihilfe

(190)

Ein umfassendes Netz von Lade- und Tankinfrastruktur ist notwendig, um eine breite Nutzung sauberer Fahrzeuge und den Übergang zu einer emissionsfreien Mobilität zu ermöglichen. Ein besonders schwerwiegendes Hindernis für die Marktakzeptanz sauberer Fahrzeuge ist die begrenzte Verfügbarkeit von Infrastruktur für das Laden oder Betanken solcher Fahrzeuge. Darüber hinaus ist die Verfügbarkeit von Lade- und Tankinfrastruktur in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich. Solange der Anteil sauberer Fahrzeuge niedrig bleibt, wird der Markt die erforderliche Lade- und Tankinfrastruktur möglicherweise nicht aus eigener Kraft bereitstellen.

(191)

Die Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (86) schafft einen gemeinsamen Rahmen für Maßnahmen zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe für den Verkehr in der Union und legt einen Rahmen für gemeinsame Maßnahmen für den Aufbau dieser Infrastruktur fest. Darüber hinaus können andere Strategien zur Förderung der Nutzung sauberer Fahrzeuge bereits Investitionssignale für den Aufbau von Lade- und Tankinfrastruktur liefern. Diese Strategien allein reichen jedoch möglicherweise nicht aus, um die festgestellten Fälle von Marktversagen vollständig zu beheben. Die Mitgliedstaaten können daher Beihilfen zur Behebung dieser verbleibenden Fälle von Marktversagen gewähren und den Aufbau von Lade- und Tankinfrastruktur fördern.

4.3.2.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(192)

Beihilfen können für den Bau, die Installation, die Modernisierung oder die Erweiterung von Lade- oder Tankinfrastruktur gewährt werden.

(193)

Die Vorhaben können auch Anlagen für intelligente Ladevorgänge und Anlagen für die am Standort der Infrastruktur erfolgende Erzeugung von erneuerbarem Strom oder von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff umfassen, die direkt mit der Lade- oder Tankinfrastruktur verbunden sind, sowie am Standort der Infrastruktur befindliche Anlagen zur Speicherung von Strom oder von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff, die als Kraftstoff bereitgestellt werden sollen. Die nominale Produktionskapazität der am Standort der Infrastruktur befindlichen Anlage zur Erzeugung von Strom oder Wasserstoff sollte in einem angemessenen Verhältnis zur Nennleistung oder zur Lade- bzw. Betankungskapazität der Lade- bzw. Tankinfrastruktur stehen, an die sie angeschlossen ist.

4.3.2.3.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.3.2.3.1.   Erforderlichkeit der Beihilfe

(194)

Der Mitgliedstaat muss anhand einer vorab durchgeführten öffentlichen Konsultation, anhand einer unabhängigen Marktstudie oder auf der Grundlage eines anderen geeigneten Nachweises nach Abschnitt 3.2.1.1 prüfen, ob Beihilfen erforderlich sind, um Anreize für den Aufbau von Lade- oder Tankinfrastruktur der Art, wie sie mit der staatlichen Beihilfe aufgebaut werden soll, (87) zu schaffen. Insbesondere muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass eine vergleichbare Infrastruktur zu Marktbedingungen kurzfristig wahrscheinlich nicht aufgebaut würde, (88) und gegebenenfalls die Auswirkungen eines EHS berücksichtigen.

(195)

Bei der Prüfung der Erforderlichkeit von Beihilfen für den Aufbau einer Lade- und Tankinfrastruktur, die anderen Nutzern als den Beihilfeempfängern offensteht, einschließlich einer öffentlich zugänglichen Lade- oder Tankinfrastruktur, können der Grad der Marktdurchdringung der sauberen Fahrzeuge, die diese Infrastruktur nutzen könnten, und das Verkehrsaufkommen in der betreffenden Region bzw. den betreffenden Regionen berücksichtigt werden.

4.3.2.3.2.   Geeignetheit

(196)

Die Vorschrift der Randnummer 197 gilt zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.2.

(197)

Bei der Prüfung der Geeignetheit alternativer politischer Instrumente sollten die Möglichkeit, den Übergang zu sauberer Mobilität mit neuen Regulierungsmaßnahmen zu fördern, sowie die erwarteten Auswirkungen dieser Initiativen im Vergleich zu denen der geplanten Maßnahme berücksichtigt werden.

4.3.2.3.3.   Angemessenheit

(198)

Die Beihilfe darf nicht über die Kosten hinausgehen, die erforderlich sind, um die Entwicklung des betreffenden Wirtschaftszweigs in einer Weise zu fördern, die den Umweltschutz verbessert. Die Beihilfe kann als angemessen angesehen werden, wenn die Voraussetzungen der Randnummern 199 bis 204 erfüllt sind.

(199)

Die Beihilfe muss im Wege einer Ausschreibung gewährt werden, die im Einklang mit den Kriterien der Randnummern 49 und 50 durchgeführt wird. Bei der Ausgestaltung der Ausschreibung muss sichergestellt werden, dass weiterhin genügend Anreize für Antragsteller bestehen, Gebote für Vorhaben abzugeben, die eine Lade- oder Tankinfrastruktur betreffen, welche ausschließlich erneuerbaren Strom oder erneuerbaren Wasserstoff bereitstellt. Die Anwendung der Zuschlagskriterien darf nicht dazu führen, dass Vorhaben für Lade- oder Tankinfrastruktur, die ausschließlich erneuerbaren Strom oder erneuerbaren Wasserstoff bereitstellt, gegenüber Vorhaben für Lade- oder Tankinfrastruktur benachteiligt werden, die auch Strom oder Wasserstoff bereitstellen, der im Vergleich zu erneuerbarem Strom oder erneuerbarem Wasserstoff CO2-intensiver ist oder der nicht erneuerbar ist. Gegebenenfalls können Gebotsobergrenzen erforderlich sein, um das Höchstgebot einzelner Bieter in bestimmten Gruppen zu begrenzen. Etwaige Gebotsobergrenzen sollten unter Bezugnahme auf die Quantifizierung für die unter den Randnummern 51, 52 und 53 genannten Referenzvorhaben begründet werden.

(200)

Abweichend von Randnummer 199 muss die Beihilfegewährung in folgenden Fällen nicht im Wege einer Ausschreibung erfolgen:

a)

wenn die erwartete Teilnehmerzahl nicht ausreicht, um wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten bzw. strategisches Bietverhalten zu vermeiden,

b)

wenn eine Ausschreibung nach den Randnummern 49 und 50 nicht durchgeführt werden kann,

c)

wenn die Beihilfe für Lade- oder Tankinfrastruktur gewährt wird, die ausschließlich oder hauptsächlich für die Nutzung durch Unternehmen bestimmt ist, welche im öffentlichen Personenverkehr auf dem Land-, Schienen- oder Wasserweg tätig sind, (89)

d)

wenn die Beihilfe für Lade- oder Tankinfrastruktur gewährt wird, die ausschließlich oder hauptsächlich für die Nutzung durch den Beihilfeempfänger bestimmt ist und der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist, (90) sofern der betreffende Mitgliedstaat dies angemessen begründet, oder

e)

wenn die Beihilfe für Lade- oder Tankinfrastruktur gewährt wird, die für die Nutzung durch bestimmte Fahrzeugtypen bestimmt ist, deren Marktdurchdringungsgrad (je betreffendem Fahrzeugtyp) in dem betreffenden Mitgliedstaat oder deren Verkehrsaufkommen in der betreffenden Region bzw. den betreffenden Regionen sehr gering ist. (91)

(201)

In den unter Randnummer 200 genannten Fällen kann der Beihilfebetrag auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke festgelegt werden (siehe die Randnummern 48, 51 und 52). Der Mitgliedstaat muss nach Randnummer 55 eine Ex-post-Überwachung durchführen, um die zugrunde gelegten Annahmen bezüglich der Höhe der erforderlichen Beihilfe zu überprüfen, und einen Rückforderungsmechanismus einrichten.

(202)

Alternativ zu Randnummer 201 kann die Beihilfe als angemessen betrachtet werden, wenn sie höchstens 30 % der beihilfefähigen Kosten bzw., wenn die Lade- oder Tankinfrastruktur ausschließlich erneuerbaren Strom bzw. erneuerbaren Wasserstoff bereitstellt, 40 % der beihilfefähigen Kosten beträgt. Die Beihilfeintensität kann bei mittleren Unternehmen um 10 Prozentpunkte und bei kleinen Unternehmen um 20 Prozentpunkte erhöht werden. Die Beihilfeintensität kann bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV um 15 Prozentpunkte bzw. bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV um 5 Prozentpunkte erhöht werden.

(203)

In solchen Fällen sind die gesamten Investitionskosten für den Bau, die Installation, die Modernisierung oder die Erweiterung der Lade- oder Tankinfrastruktur beihilfefähig. Sie können zum Beispiel Folgendes umfassen:

a)

die Kosten für die Lade- oder Tankinfrastruktur selbst sowie die Kosten für die einschlägige technische Ausrüstung,

b)

die Kosten für die Installation oder Modernisierung elektrischer oder anderer Komponenten, einschließlich Stromkabeln und Transformatoren, die erforderlich sind, um die Lade- oder Tankinfrastruktur ans Netz oder an eine lokale Anlage zur Erzeugung oder Speicherung von Strom oder Wasserstoff anzuschließen, und um die Intelligenzfähigkeit der Ladeinfrastruktur zu gewährleisten,

c)

die Kosten für Baumaßnahmen, Anpassungen von Grundflächen oder Straßen sowie die einschlägigen Installationskosten und die Kosten für die Einholung einschlägiger Genehmigungen.

(204)

Beinhaltet ein Vorhaben die am Standort der Infrastruktur erfolgende Erzeugung von erneuerbarem Strom oder von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff oder die am Standort der Infrastruktur erfolgende Speicherung von Strom oder von erneuerbarem oder CO2-armem Wasserstoff, können die beihilfefähigen Kosten auch die Investitionskosten für die Produktionseinheiten oder Speicheranlagen umfassen.

4.3.2.4.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(205)

Die Vorschriften der Randnummern 206 bis 216 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(206)

Neue Ladeinfrastruktur, die eine Übertragung von Strom mit einer Ladeleistung von bis zu 22 kW ermöglicht, muss in der Lage sein, intelligente Ladefunktionen zu unterstützen. Dadurch würde sichergestellt, dass die Ladevorgänge optimiert und so gesteuert werden, dass kein Engpass entsteht, und dass die Vorteile der Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom und niedriger Strompreise im Netz in vollem Umfang genutzt werden.

(207)

Um eine Duplizierung von Infrastruktur zu vermeiden und damit Vermögenswerte genutzt werden, die das Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer noch nicht erreicht haben, muss der Mitgliedstaat im Falle von Tankinfrastruktur für den Schiffs- und Luftverkehr, die synthetische Kraftstoffe, einschließlich flüssiger oder gasförmiger erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs, oder Biokraftstoffe (92) bereitstellt, unter Berücksichtigung der technischen Merkmale des Kraftstoffs bzw. der Kraftstoffe, der bzw. die über diese Infrastruktur bereitgestellt werden soll(en), begründen, warum neue Infrastruktur erforderlich ist. Bei synthetischen Drop-in-Kraftstoffen (93) und bei Biokraftstoffen muss der Mitgliedstaat berücksichtigen, inwieweit bestehende Infrastruktur für die Bereitstellung von synthetischen Drop-in-Kraftstoffen oder Biokraftstoffen genutzt werden kann.

(208)

Beihilfen für den Bau, die Installation, die Modernisierung oder die Erweiterung von Tankinfrastruktur können den Wettbewerb übermäßig verzerren, wenn sie Investitionen in sauberere Alternativen verdrängen, die bereits auf dem Markt verfügbar sind, oder wenn sie eine Festlegung auf bestimmte Technologien bewirken und damit die Entwicklung eines Marktes für sauberere Technologien und deren Nutzung behindern. In diesen Fällen ist die Kommission der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen von Beihilfen für Tankinfrastruktur, die Kraftstoffe auf Basis von Erdgas bereitstellt, auf den Wettbewerb wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden.

(209)

Angesichts des derzeitigen Entwicklungsstands des Marktes für Technologien für saubere Mobilität im Schiffsverkehr kann bei Beihilfen für den Bau, die Installation, die Modernisierung oder die Erweiterung von für den Schiffsverkehr bestimmter CNG- und LNG-Tankinfrastruktur davon ausgegangen werden, dass sie keine langfristige Festlegung bewirken und keine Investitionen in sauberere Technologien verdrängen, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass sauberere Alternativen auf dem Markt nicht ohne Weiteres verfügbar sind und kurzfristig nicht verfügbar sein dürften (94) und sofern die Infrastruktur genutzt würde, um den Übergang zu CO2-armen Kraftstoffen anzustoßen. Bei der Prüfung dieser Beihilfen wird die Kommission berücksichtigen, ob die Investition Bestandteil einer glaubwürdigen Überleitung zur Dekarbonisierung ist und die Beihilfe dazu beiträgt, in den Rechtsvorschriften der Union für den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe festgelegte Ziele zu erreichen.

(210)

Im Bereich des Straßenverkehrs sind emissionsfreie Fahrzeuge bereits eine realistische Option, insbesondere was leichte Nutzfahrzeuge betrifft. Schwere Nutzfahrzeuge dürften in naher Zukunft in größerem Umfang auf dem Markt verfügbar werden. Daher dürften nach 2025 gewährte Beihilfen für LNG-Tankinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, die wahrscheinlich nicht durch positive Auswirkungen aufgewogen werden. Bei der Prüfung von Beihilfen für Tankinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge wird die Kommission berücksichtigen, ob sie zur Verwirklichung der Ziele beitragen, die in den Rechtsvorschriften der Union für den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe festgelegt sind.

(211)

Alternativen zu fossilen Kraftstoffen sind für die Nutzung im Straßenverkehr, in bestimmten Segmenten des Schiffsverkehrs und im Schienenverkehr bereits auf dem Markt verfügbar. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass Beihilfen für den Aufbau von Tankinfrastruktur, die Kraftstoffe bereitstellt, die auf der Grundlage fossiler Quellen oder Energie erzeugt wurden, einschließlich fossilem Wasserstoff (95), nicht dieselben positiven Auswirkungen haben wie Beihilfen für den Aufbau einer Tankinfrastruktur, die nichtfossile oder CO2-arme Kraftstoffe bereitstellt. Erstens werden die im Verkehrssektor erzielten Verringerungen der CO2-Emissionen durch die mit der Erzeugung und Nutzung fossiler Kraftstoffe verbundenen weiteren CO2-Emissionen wahrscheinlich aufgewogen, insbesondere wenn diese Emissionen nicht wirksam abgeschieden und gespeichert werden. Zweitens kann die Gewährung von Beihilfen für Tankinfrastruktur, die nicht CO2-arme fossile Brennstoffe bereitstellt, das Risiko bergen, dass eine Festlegung auf bestimmte Produktionstechnologien entsteht und Investitionen in sauberere Alternativen verdrängt werden, indem die Nachfrage von Produktionsprozessen, bei denen keine fossilen Quellen oder fossile Energie zum Einsatz kommt oder bei denen es sich um CO2-arme Produktionsprozesse handelt, abgelenkt wird. Dies würde auch der Entwicklung des Marktes für saubere, nichtfossile Technologien für emissionsfreie Mobilität und für die Erzeugung nichtfossiler Brennstoffe und Energie entgegenwirken. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die negativen Auswirkungen von Beihilfen für Tankinfrastruktur, die fossile Kraftstoffe — einschließlich fossilem Wasserstoff, bei dem die im Rahmen der Wasserstoffproduktion erzeugten Treibhausgasemissionen nicht wirksam abgeschieden werden — bereitstellt, auf den Wettbewerb wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden, solange nicht mittelfristig ein realistischer Weg hin zur Bereitstellung und Nutzung erneuerbarer oder CO2-armer Kraftstoffe besteht.

(212)

Bei Beihilfen für Wasserstoff-Tankinfrastruktur, die nicht ausschließlich erneuerbaren Wasserstoff oder CO2-armen Wasserstoff bereitstellt, kann daher davon ausgegangen werden, dass sie keine langfristige Festlegung bewirkt bzw. keine Investitionen in sauberere Technologien verdrängt, sofern der Mitgliedstaat nachweist, dass bis spätestens 2035 ein realistischer Weg existiert, die Versorgung der Tankinfrastruktur mit nicht erneuerbarem Wasserstoff oder nicht CO2-armem Wasserstoff schrittweise auslaufen zu lassen.

(213)

Werden keine geeigneten Vorkehrungen getroffen, kann die Beihilfe zur Schaffung bzw. Stärkung von Marktmacht führen, was einen wirksamen Wettbewerb auf neu entstehenden oder sich entwickelnden Märkten verhindern oder beeinträchtigen kann. Der Mitgliedstaat muss daher sicherstellen, dass die Beihilfemaßnahme so konzipiert ist, dass sie geeignete Vorkehrungen zur Abwendung dieser Gefahr vorsieht. Solche Vorkehrungen können beispielsweise darin bestehen, dass festgelegt wird, wie viel Prozent der für die Maßnahme insgesamt vorgesehenen Mittel je Unternehmen höchstens zugewiesen werden können.

(214)

Gegebenenfalls wird die Kommission prüfen, ob ausreichende Vorkehrungen getroffen wurden, um sicherzustellen, dass Betreiber von Lade- oder Tankinfrastruktur, die in Bezug auf ihre Infrastruktur vertragsbasierte Zahlungen anbieten oder zulassen, nicht manche Anbieter von Mobilitätsdiensten unangemessen bevorzugen bzw. benachteiligen, beispielsweise durch ungerechtfertigte Gewährung von Vorzugsbedingungen für den Zugang oder durch ungerechtfertigte Preisdifferenzierung. Wurden solche Vorkehrungen nicht getroffen, ist die Kommission der Auffassung, dass die Maßnahme auf dem Markt für Mobilitätsdienste zu übermäßigen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb führen dürfte.

(215)

Werden Dritte mittels Konzession oder Betrauung mit dem Betrieb der Lade- oder Tankinfrastruktur beauftragt, so muss dies auf der Grundlage eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens unter Einhaltung der Vergabevorschriften der Union, sofern diese anwendbar sind, erfolgen.

(216)

Werden Beihilfen für den Bau, die Installation, die Modernisierung oder die Erweiterung von Lade- oder Tankinfrastruktur gewährt, die anderen Nutzern als den Beihilfeempfängern offensteht, einschließlich öffentlich zugänglicher Lade- oder Tankinfrastruktur, so muss die Infrastruktur öffentlich zugänglich sein und den Nutzern einen diskriminierungsfreien Zugang bieten, gegebenenfalls auch in Bezug auf die Gebühren, die Authentifizierungs- und Zahlungsmethoden sowie die sonstigen Nutzungsbedingungen. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Gebühren, die von anderen Nutzern als den Beihilfeempfängern für die Nutzung der Lade- oder Tankinfrastruktur erhoben werden, den Marktpreisen entsprechen.

4.4.   Beihilfen für Ressourceneffizienz und zur Unterstützung des Übergangs zu einer Kreislaufwirtschaft

4.4.1.   Begründung der Beihilfe

(217)

Der Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (96) bietet eine zukunftsorientierte Agenda, mit der der Übergang der Union zu einer Kreislaufwirtschaft im Rahmen des tiefgreifenden Wandels, der in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal gefordert wird, beschleunigt werden soll. Der Aktionsplan unterstützt kreislauforientierte Wirtschaftsprozesse, ruft zu nachhaltigem Verbrauch und nachhaltiger Produktion auf und zielt darauf ab, dass Abfall vermieden wird und genutzte Ressourcen so lange wie möglich in der Wirtschaft der Union verbleiben. Diese Ziele sind auch eine Voraussetzung für die bis 2050 angestrebte Klimaneutralität der Union sowie eine sauberere und nachhaltigere Wirtschaft.

(218)

In dem Aktionsplan wird ausdrücklich erklärt, dass sich die Ziele im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaft in der Überarbeitung der Leitlinien für staatliche Beihilfen in den Bereichen Umwelt und Energie niederschlagen müssen. Finanzielle Unterstützung in Form staatlicher Beihilfen, für die umfassende, klare und kohärente Regeln gelten, kann eine Schlüsselrolle bei der Förderung der Kreislaufwirtschaft in Produktionsprozessen als Teil eines umfassenderen Wandels der Industrie in der Union hin zu Klimaneutralität und langfristiger Wettbewerbsfähigkeit spielen. Zudem kann sie einen entscheidenden Beitrag zu einem gut funktionierenden Unionsmarkt für Sekundärrohstoffe leisten, der den Druck auf die natürlichen Ressourcen verringert, nachhaltiges Wachstum und Arbeitsplätze schafft und die Resilienz stärkt.

(219)

Im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft wird die zunehmende Bedeutung biologischer Ressourcen als wichtiger Input in die Wirtschaft in der EU anerkannt. Im Einklang mit der EU-Bioökonomie-Strategie (97) unterstützt die Bioökonomie die Ziele des europäischen Grünen Deals, da sie zu einer CO2-neutralen Wirtschaft beiträgt, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit verbessert und das grüne Wachstum fördert. Finanzielle Unterstützung in Form staatlicher Beihilfen kann bei der Förderung der Einführung nachhaltiger bioökonomischer Verfahren eine wichtige Rolle spielen, so z. B. die Unterstützung für nachhaltig produzierte biobasierte Stoffe und Produkte, die zum Erreichen der Klimaneutralität beitragen können und zu deren Einführung der Markt Marktkräfte allein nicht ausreichen würden.

4.4.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(220)

Beihilfen im Rahmen dieses Abschnitts können für folgende Arten von Investitionen gewährt werden:

a)

Investitionen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz durch eine der folgenden Möglichkeiten:

i)

Nettoreduzierung des Ressourcenverbrauchs bei der Produktion derselben Menge (98),

ii)

Ersetzung primärer Roh- oder Ausgangsstoffe durch sekundäre (wiederverwendete oder recycelte) oder verwertete Roh- oder Ausgangsstoffe oder

iii)

Ersetzung fossiler Roh- oder Ausgangsstoffe durch biobasierte Roh- oder Ausgangsstoffe,

b)

Investitionen zur Reduzierung, Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, stofflichen Verwertung, Dekontamination und zum Recycling von Abfall, der vom Beihilfeempfänger erzeugt wird (99),

c)

Investitionen in die Vorbereitung zur Wiederverwendung, stofflichen Verwertung, Dekontamination und zum Recycling von Abfall, der von Dritten erzeugt wird und andernfalls beseitigt, auf einer niedrigeren Stufe der Abfallhierarchie (100) oder weniger ressourceneffizient behandelt oder weniger hochwertig recycelt würde.

d)

Investitionen zur Reduzierung, Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, stofflichen Verwertung, Dekontamination, Wiederverwendung und zum Recycling anderer vom Beihilfeempfänger oder von Dritten erzeugter Produkte, Materialien oder Stoffe (101), die nicht unbedingt als Abfall eingestuft werden und andernfalls nicht verwendet, beseitigt oder weniger ressourceneffizient verwertet würden, mangels Wiederverwendung Abfall darstellen oder weniger hochwertig recycelt würden,

e)

Investitionen zur getrennten Sammlung (102) und Sortierung von Abfall oder anderen Produkten, Materialien oder Stoffen im Hinblick auf die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling.

(221)

Unter bestimmten Voraussetzungen können Beihilfen zur Deckung von Betriebskosten für die getrennte Sammlung und Sortierung von Abfall für bestimmte Abfallströme oder Abfallarten gewährt werden (siehe Randnummer 247).

(222)

Beihilfen für die Nutzung von Abwärme aus Produktionsprozessen oder Beihilfen zur Förderung von CCU werden nach den in Abschnitt 4.1 dargelegten Kriterien für Beihilfen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen geprüft.

(223)

Beihilfen für die Produktion von Biokraftstoffen, flüssigen Biobrennstoffen, Biogas und Biomasse-Brennstoffen aus Abfall werden nach den in Abschnitt 4.1 dargelegten Kriterien für Beihilfen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen geprüft.

(224)

Beihilfen für die Energieerzeugung aus Abfall werden nach den in Abschnitt 4.1 dargelegten Kriterien für Beihilfen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen geprüft. Sofern diese Beihilfen mit Investitionen in Fernwärme- oder Fernkältesysteme oder deren Betrieb zusammenhängen, werden Beihilfen für die Energie- oder Wärmeerzeugung aus Abfall nach den in Abschnitt 4.10 dargelegten Kriterien für Beihilfen für Fernwärme oder Fernkälte geprüft.

4.4.3.   Anreizeffekt

(225)

Die Vorschriften der Randnummern 226 bis 233 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(226)

Was die unter Randnummer 28 dargelegte Anforderung betrifft, dass der Mitgliedstaat ein plausibles kontrafaktisches Szenario ermitteln muss, so entspricht das kontrafaktische Szenario in der Regel einer Investition mit derselben Kapazität, derselben Lebensdauer und ggf. denselben weiteren relevanten technischen Merkmalen wie die umweltfreundliche Investition.

(227)

Das kontrafaktische Szenario kann auch darin bestehen, dass bestehende Anlagen oder Ausrüstung während eines Zeitraums in Betrieb gehalten oder weiter verwendet werden, der der Lebensdauer der umweltfreundlichen Investition entspricht. In diesem Fall sollten die abgezinsten Wartungs-, Reparatur- und Modernisierungskosten in diesem Zeitraum berücksichtigt werden.

(228)

In bestimmten Fällen kann das kontrafaktische Szenario in einer späteren Ersetzung der Anlagen oder Ausrüstung bestehen; in diesem Fall sollte der abgezinste Wert der Anlagen und Ausrüstung berücksichtigt und der Unterschied in der jeweiligen wirtschaftlichen Lebensdauer der Anlagen oder Ausrüstung ausgeglichen werden.

(229)

Bei Ausrüstung, für die Leasingvereinbarungen gelten, sollte der abgezinste Wert des Leasings der umweltfreundlichen Ausrüstung mit dem abgezinsten Wert des Leasings der weniger umweltfreundlichen Ausrüstung, die ohne die Beihilfe genutzt würde, verglichen werden.

(230)

Besteht die Investition in der Hinzufügung von Anlagen oder Ausrüstung zu bereits bestehenden Einrichtungen, Anlagen oder Ausrüstung, so umfassen die beihilfefähigen Kosten die gesamten Investitionskosten.

(231)

Nach Auffassung der Kommission haben Beihilfen für Vorhaben mit einer Amortisationsdauer von weniger als fünf Jahren grundsätzlich keinen Anreizeffekt. Der Mitgliedstaat kann jedoch nachweisen, dass eine Beihilfe erforderlich ist, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen, selbst wenn es sich um Vorhaben mit kürzerer Amortisationsdauer handelt.

(232)

Bei Investitionsbeihilfen, die es Unternehmen ermöglichen, lediglich bereits geltende verbindliche Unionsnormen einzuhalten, wird nicht von einem Anreizeffekt ausgegangen (siehe Randnummer 32). Wie unter Randnummer 32 dargelegt, ist davon auszugehen, dass eine Beihilfe einen Anreizeffekt hat, wenn sie es einem Unternehmen ermöglicht, den Umweltschutz im Einklang mit verbindlichen nationalen Normen zu verbessern, die strenger als die Unionsnormen sind oder die mangels Unionsnormen erlassen werden.

(233)

Bei Beihilfen für die Anpassung an bereits angenommene, aber noch nicht in Kraft getretene Unionsnormen wird von einem Anreizeffekt ausgegangen, wenn die Investition spätestens 18 Monate vor Inkrafttreten der Unionsnorm durchgeführt und abgeschlossen wird.

4.4.4.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.4.4.1.   Erforderlichkeit der Beihilfe

(234)

Die Vorschriften der Randnummern 235 und 236 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.1.

(235)

Die Investition muss über etablierte Geschäftspraktiken hinausgehen, die unionsweit und technologienübergreifend allgemein angewandt werden. (103)

(236)

Bei Beihilfen für die getrennte Sammlung und Sortierung von Abfall oder anderen Produkten, Materialien oder Stoffen muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass diese getrennte Sammlung und Sortierung in dem betreffenden Mitgliedstaat nicht ausreichend entwickelt ist. (104) Bei Beihilfen zur Deckung von Betriebskosten muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass diese Beihilfen während eines Übergangszeitraums erforderlich sind, um die Entwicklung von Tätigkeiten im Zusammenhang mit der getrennten Sammlung und Sortierung von Abfall zu fördern. Der Mitgliedstaat muss etwaige Verpflichtungen von Unternehmen im Rahmen von Regelungen der erweiterten Herstellerverantwortung berücksichtigen, die er nach Artikel 8 der Richtlinie 2008/98/EG eingeführt haben könnte.

4.4.4.2.   Geeignetheit

(237)

Die Vorschriften der Randnummer 238 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.2.

(238)

Nach dem Verursacherprinzip (105) sollten Unternehmen, die Abfall erzeugen, nicht von den Kosten der Abfallbehandlung entlastet werden. Somit sollten Unternehmen, die Abfall erzeugen, nicht durch Beihilfen von Kosten oder Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Abfallbehandlung entlastet werden, die sie nach Unionsrecht oder nationalem Recht einschließlich Regelungen der erweiterten Herstellerverantwortung tragen bzw. erfüllen müssen. Darüber hinaus sollten Unternehmen nicht durch Beihilfen von Kosten entlastet werden, die als normale Kosten eines Unternehmens anzusehen sind.

4.4.4.3.   Angemessenheit

(239)

Beihilfefähig sind die Investitionsmehrkosten, die sich aus einem Vergleich der Gesamtinvestitionskosten des Vorhabens mit denen eines weniger umweltfreundlichen Vorhabens oder einer weniger umweltfreundlichen Tätigkeit ergeben, bei dem bzw. der es sich um Folgendes handeln kann:

a)

eine vergleichbare Investition (siehe Randnummer 226), die realistisch ohne Beihilfe durchgeführt würde, mit der aber nicht dasselbe Maß an Ressourceneffizienz erreicht würde,

b)

Abfallbehandlung auf einer niedrigeren Stufe der Abfallhierarchie oder mit geringerer Ressourceneffizienz,

c)

den herkömmlichen Produktionsprozess in Bezug auf den Primärrohstoff oder das Primärprodukt, wenn das wiederverwendete oder recycelte (Sekundär-)Produkt technisch und wirtschaftlich durch den Primärrohstoff oder das Primärprodukt substituierbar ist,

d)

jedes andere kontrafaktische Szenario, das auf hinreichend begründeten Annahmen beruht.

(240)

Wenn das Produkt, der Stoff oder das Material mangels Wiederverwendung Abfall darstellen würden und keine rechtliche Verpflichtung zur Beseitigung oder einer anderen Behandlung des Produkts, Stoffes oder Materials besteht, können die beihilfefähigen Kosten der Investition entsprechen, die zur Verwertung des Produkts, Stoffes oder Materials erforderlich ist.

(241)

Die Beihilfeintensität darf höchstens 40 % der beihilfefähigen Kosten betragen.

(242)

Die Beihilfeintensität kann bei mittleren Unternehmen um 10 Prozentpunkte und bei kleinen Unternehmen um 20 Prozentpunkte erhöht werden.

(243)

Die Beihilfeintensität kann bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV um 15 Prozentpunkte bzw. bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV um 5 Prozentpunkte erhöht werden.

(244)

Die Beihilfeintensität kann bei öko-innovativen Tätigkeiten um 10 Prozentpunkte erhöht werden, wenn die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die öko-innovative Tätigkeit muss gemessen am Stand der Technik in dem betreffenden Wirtschaftszweig der Union eine Neuheit sein oder eine wesentliche Verbesserung darstellen. (106)

b)

Der erwartete Nutzen für die Umwelt muss deutlich höher sein als die Verbesserung, die sich aus der allgemeinen Entwicklung des Stands der Technik bei vergleichbaren Tätigkeiten ergibt. (107)

c)

Mit dem innovativen Charakter der Tätigkeit muss ein eindeutiges Risiko in technologischer, marktbezogener oder finanzieller Hinsicht verbunden sein, das höher ist als das Risiko, das in der Regel mit vergleichbaren nicht innovativen Tätigkeiten verbunden ist. (108)

(245)

Abweichend von den Randnummern 241 bis 244 kann der Mitgliedstaat auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke (siehe die Randnummern 48, 51 und 52) nachweisen, dass eine höhere Beihilfeintensität erforderlich ist. In einem solchen Fall muss der Mitgliedstaat nach Randnummer 55 eine Ex-post-Überwachung durchführen, um die zugrunde gelegten Annahmen bezüglich der Höhe der erforderlichen Beihilfe zu überprüfen, und einen Rückforderungsmechanismus einrichten. Der Beihilfebetrag darf die Finanzierungslücke nach den Randnummern 51 und 52 nicht übersteigen.

(246)

Wird die Beihilfe im Wege einer Ausschreibung gewährt, die im Einklang mit den unter den Randnummern 49 und 50 genannten Kriterien durchgeführt wird, so gilt der Beihilfebetrag als angemessen.

(247)

Die Beihilfen können für Betriebskosten gewährt werden, wenn sie sich auf die getrennte Sammlung und Sortierung von Abfall oder anderen Produkten, Materialien oder Stoffen für bestimmte Abfallströme oder Abfallarten im Hinblick auf die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling beziehen. Dann müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

a)

Die Beihilfen müssen im Wege einer Ausschreibung gewährt werden, die gemäß den unter den Randnummern 49 und 50 dargelegten Kriterien durchgeführt wurde und allen Anbietern von Dienstleistungen für die getrennte Sammlung und Sortierung diskriminierungsfrei offensteht.

b)

Bei großer Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Betriebskosten während der Laufzeit der Maßnahme kann die Ausschreibung Regeln für die Begrenzung der Beihilfen unter bestimmten genau definierten Umständen vorsehen, wenn diese Regeln und Umstände vorab festgelegt werden.

c)

Investitionsbeihilfen für eine Anlage zur getrennten Sammlung und Sortierung von Abfall für bestimmte Abfallströme oder Abfallarten müssen von Betriebsbeihilfen für dieselbe Anlage abgezogen werden, wenn sich die beiden Beihilfeformen auf dieselben beihilfefähigen Kosten beziehen.

d)

Die Beihilfen dürfen für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren gewährt werden.

4.4.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(248)

Die Vorschriften der Randnummern 249 bis 252 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(249)

Die Beihilfen dürfen keinen Anreiz für die Erzeugung von Abfall oder einen höheren Ressourcenverbrauch bieten.

(250)

Die Beihilfen dürfen nicht lediglich eine höhere Nachfrage nach Abfall oder anderen für die Wiederverwendung, das Recycling oder die Verwertung bestimmten Materialien und Ressourcen bewirken, ohne zu einer verstärkten Sammlung dieser Materialien zu führen.

(251)

Bei der Prüfung der Auswirkungen der Beihilfen auf den Markt wird die Kommission die potenziellen Auswirkungen der Beihilfe auf das Funktionieren der Märkte für Primär- und Sekundärstoffe für die betreffenden Produkte berücksichtigen.

(252)

Bei Beihilfen zur Deckung der Betriebskosten für die getrennte Sammlung und Sortierung von Abfall oder anderen Produkten, Materialien oder Stoffen für bestimmte Abfallströme oder Abfallarten im Hinblick auf die Vorbereitung zur Wiederverwendung oder das Recycling wird die Kommission im Rahmen der Prüfung der Auswirkungen auf den Markt insbesondere mögliche Wechselwirkungen mit den Regelungen der erweiterten Herstellerverantwortung in dem betreffenden Mitgliedstaat berücksichtigen.

4.5.   Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung

4.5.1.   Begründung der Beihilfe

(253)

Das in der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal genannte Null-Schadstoff-Ziel für eine schadstofffreie Umwelt sollte gewährleisten, dass die Umweltverschmutzung bis 2050 im Einklang mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung (109) und den langfristigen Zielen des 8. Umweltaktionsprogramms (110) auf ein Maß reduziert wird, das für den Menschen und die natürlichen Ökosysteme nicht mehr schädlich ist und die Belastungsgrenzen unseres Planeten nicht überschreitet, sodass eine schadstofffreie Umwelt entsteht. Die Union hat spezifische Ziele für die Verringerung der Umweltverschmutzung festgelegt, beispielsweise für sauberere Luft (111) und die Null-Verschmutzung von Wasserkörpern (112), weniger Lärm, die Reduzierung der Verwendung und Freisetzung bedenklicher Stoffe auf ein Minimum, Kunststoffabfälle, Umweltverschmutzung durch Mikroplastik und Abfall (113) sowie Ziele für übermäßigen Nährstoffeintrag und Düngemittel, gefährliche Pestizide und Stoffe, die antimikrobielle Resistenzen verursachen (114).

(254)

Finanzielle Unterstützung durch staatliche Beihilfen kann einen erheblichen Beitrag zum Umweltziel der Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung leisten.

4.5.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(255)

Beihilfen zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung können für Investitionen gewährt werden, die Unternehmen in die Lage versetzen, über Umweltschutznormen der Union hinauszugehen, den Umweltschutz mangels Unionsnormen zu verbessern oder angenommene, jedoch noch nicht in Kraft getretene Unionsnormen einzuhalten.

(256)

Werden Beihilfen in Form handelbarer Zertifikate (115) gewährt, muss die Beihilfemaßnahme so konzipiert sein, dass Umweltverschmutzung in einem Umfang vermieden oder verringert wird, der über das in den verbindlichen Unionsnormen für die betreffenden Unternehmen vorgeschriebene Niveau hinausgeht.

(257)

Beihilfen müssen auf die Vermeidung oder Verringerung der Umweltverschmutzung abzielen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Tätigkeiten des Beihilfeempfängers steht.

(258)

Beihilfen dürfen Umweltverschmutzung nicht einfach von einem Sektor auf einen anderen oder von einem Umweltmedium auf ein anderes (z. B. von Luft auf Wasser) verlagern. Sind Beihilfen auf die Verringerung der Umweltverschmutzung ausgerichtet, muss die Umweltverschmutzung insgesamt verringert werden.

(259)

Abschnitt 4.5 gilt nicht für Beihilfemaßnahmen, die in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4.1 fallen. Trägt eine Maßnahme sowohl zur Vermeidung oder Verringerung der Treibhausgasemissionen als auch zur Vermeidung oder Verringerung von nicht durch Treibhausgase bedingter Umweltverschmutzung bei, so wird die Vereinbarkeit der Maßnahme entweder auf der Grundlage des Abschnitts 4.1 oder auf der Grundlage dieses Abschnitts geprüft, je nachdem, welches der beiden Ziele vorrangig ist. (116)

4.5.3.   Anreizeffekt

(260)

Die Vorschriften der Randnummern 261 und 262 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(261)

Es wird davon ausgegangen, dass eine Beihilfe einen Anreizeffekt hat, wenn sie es einem Unternehmen in Fällen, in denen es keine Unionsnormen gibt oder in denen das Unternehmen über das in den bereits geltenden Unionsnormen vorgeschriebene Niveau hinausgeht, ermöglicht, Umweltverschmutzung zu verhindern oder zu verringern. Wie unter Randnummer 32 bereits dargelegt, kann auch dann davon ausgegangen werden, dass eine Beihilfe einen Anreizeffekt hat, wenn sie es einem Unternehmen ermöglicht, Umweltverschmutzung im Einklang mit verbindlichen nationalen Normen zu vermeiden oder zu verringern, die strenger als die Unionsnormen sind oder die mangels Unionsnormen erlassen werden.

(262)

Bei Beihilfen für die Anpassung an bereits angenommene, aber noch nicht in Kraft getretene Unionsnormen wird von einem Anreizeffekt ausgegangen, wenn die Investition spätestens 18 Monate vor Inkrafttreten der Unionsnorm durchgeführt und abgeschlossen wird.

4.5.4.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.5.4.1.   Erforderlichkeit der Beihilfe

(263)

Die Vorschriften der Randnummer 264 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.1.

(264)

Bei Beihilfen in Form handelbarer Zertifikate (117) muss der Mitgliedstaat nachweisen, dass die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Eine vollständige Versteigerung hat einen erheblichen Anstieg der Produktionskosten in dem betreffenden Wirtschaftszweig bzw. in der betreffenden Gruppe von Beihilfeempfängern zur Folge.

b)

Der erhebliche Anstieg der Produktionskosten kann nicht an die Abnehmer weitergegeben werden, ohne dass es zu deutlichen Absatzeinbußen kommt (118).

c)

Einzelne Unternehmen in dem betreffenden Wirtschaftszweig haben nicht die Möglichkeit, den Schadstoffausstoß so zu verringern, dass die Kosten der Zertifikate auf ein für sie tragbares Niveau zurückgehen. Dass sich der Verbrauch nicht senken lässt, kann durch Vergleich der Emissionswerte mit den Werten, die sich beim Einsatz der wirksamsten Technik im Europäischen Wirtschaftsraum erzielen lassen, nachgewiesen werden. Einem Unternehmen, das die wirksamste Technik anwendet, können im Rahmen des Zertifikathandelssystems maximal die Verschmutzungsrechte im Wert der Produktionsmehrkosten zugeteilt werden, die nicht an die Abnehmer weitergegeben werden können. Unternehmen mit einer schlechteren Umweltbilanz erhalten Verschmutzungsrechte, die im Verhältnis zu ihrer Umweltbilanz stehen.

4.5.4.2.   Angemessenheit

(265)

Die beihilfefähigen Kosten sind die Investitionsmehrkosten, die unmittelbar mit einer Verbesserung des Umweltschutzes verbunden sind.

(266)

Die Investitionsmehrkosten entsprechen der Differenz zwischen den beihilfefähigen Investitionskosten und den Investitionskosten im kontrafaktischen Szenario nach den Randnummern 226 bis 230. Besteht das Vorhaben in der frühzeitigen Anpassung an noch nicht geltende Unionsnormen, sollte als kontrafaktisches Szenario grundsätzlich das unter Randnummer 228beschriebene Szenario herangezogen werden.

(267)

Die Beihilfeintensität darf höchstens 40 % der beihilfefähigen Kosten betragen.

(268)

Die Beihilfeintensität kann bei mittleren Unternehmen um 10 Prozentpunkte und bei kleinen Unternehmen um 20 Prozentpunkte erhöht werden.

(269)

Die Beihilfeintensität kann bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV um 15 Prozentpunkte bzw. bei Investitionen in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV um 5 Prozentpunkte erhöht werden.

(270)

Die Beihilfeintensität kann bei öko-innovativen Tätigkeiten unter den Voraussetzungen nach Randnummer 244 Buchstaben a bis c um 10 Prozentpunkte erhöht werden.

(271)

Abweichend von den Randnummern 267 bis 270 kann der Mitgliedstaat auf der Grundlage einer Analyse der Finanzierungslücke (siehe die Randnummern 48, 51 und 52) nachweisen, dass ein höherer Beihilfebetrag erforderlich ist. In einem solchen Fall muss der Mitgliedstaat nach Randnummer 55 eine Ex-post-Überwachung durchführen, um die zugrunde gelegten Annahmen bezüglich der Höhe der erforderlichen Beihilfe zu überprüfen, und einen Rückforderungsmechanismus einrichten. Der Beihilfebetrag darf die Finanzierungslücke nach den Randnummern 51 und 52 nicht übersteigen.

(272)

Wird die Beihilfe im Wege einer Ausschreibung gewährt, die im Einklang mit den unter den Randnummern 49 und 50 genannten Kriterien durchgeführt wird, so gilt der Beihilfebetrag als angemessen.

(273)

Bei Beihilfen in Form handelbarer Zertifikate wird die Kommission außerdem überprüfen, dass

a)

die Zuteilung in transparenter Weise auf der Grundlage objektiver Kriterien und bestmöglicher Datenquellen erfolgt und

b)

die Gesamtzahl der handelbaren Zertifikate und Verschmutzungsrechte, die einem Unternehmen zu einem Preis unter ihrem Marktwert zugeteilt werden, nicht höher ist als der Bedarf, den das Unternehmen voraussichtlich ohne das Handelssystem hätte.

4.5.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(274)

Die Vorschriften der Randnummer 275 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(275)

Bei Beihilfen in Form handelbarer Zertifikate wird die Kommission außerdem überprüfen, dass

a)

die Beihilfeempfänger anhand objektiver und transparenter Kriterien ausgewählt und die Beihilfen grundsätzlich für alle Wettbewerber desselben Wirtschaftszweigs in derselben Weise gewährt werden, wenn sie sich in einer ähnlichen Lage befinden,

b)

die Zuteilungsmethode nicht bestimmte Unternehmen (119) oder Wirtschaftszweige begünstigt, es sei denn, dies ist durch die dem System innewohnende Logik gerechtfertigt oder für die Übereinstimmung mit anderen umweltpolitischen Strategien notwendig,

c)

Zertifikate und Verschmutzungsrechte neuen Anbietern nicht zu günstigeren Bedingungen zugeteilt werden als den bereits auf dem Markt vertretenen Unternehmen,

d)

bei höheren Zuteilungen an bereits bestehende Anlagen als an neue Marktteilnehmer der Marktzugang nicht unangemessen beschränkt wird.

4.6.   Beihilfen für die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz

4.6.1.   Begründung der Beihilfe

(276)

Durch die Biodiversitätsstrategie für 2030 (120) soll sichergestellt werden, dass spätestens 2030 bestimmte Ziele im Bereich des Naturschutzes und eine Umkehrung der Schädigung der Ökosysteme erreicht werden und dass sich die Biodiversität in der Union auf dem Weg der Erholung befindet. Die Strategie bildet ein Kernstück der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal, und es werden darin ehrgeizige Ziele und Verpflichtungen für 2030 festgelegt, um gesunde und widerstandsfähige Ökosysteme zu schaffen.

(277)

Finanzielle Unterstützung durch staatliche Beihilfen kann auf verschiedene Weise einen erheblichen Beitrag zum Umweltziel des Schutzes bzw. der Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen leisten, unter anderem über Anreize für die Sanierung schadstoffbelasteter Standorte, über die Rehabilitierung von geschädigten natürlichen Lebensräumen und Ökosystemen oder über Investitionen zum Schutz von Ökosystemen.

(278)

Die EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel (121) zielt darauf ab, Investitionen in naturbasierte Anpassungslösungen zu mobilisieren (122), da deren großflächige Umsetzung die Klimaresilienz erhöhen und zu mehreren Zielen des europäischen Grünen Deals beitragen würde.

4.6.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(279)

In diesem Abschnitt werden Vorschriften für die Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen für die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz mit dem Binnenmarkt festgelegt.

(280)

Dieser Abschnitt gilt nicht für

a)

Beihilfen für die Sanierung oder Rehabilitierung nach der Stilllegung von Kraftwerken und der Einstellung von Bergbau- oder Fördertätigkeiten, soweit die betreffenden Beihilfen unter Abschnitt 4.12 fallen, (123)

b)

Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen wie Erdbeben, Lawinen, Erdrutsche, Überschwemmungen, Wirbelstürme, Orkane, Vulkanausbrüche und Flächenbrände natürlichen Ursprungs.

(281)

Beihilfen im Rahmen dieses Abschnitts können für folgende Tätigkeiten gewährt werden:

a)

Sanierung von Umweltschäden, einschließlich der Beeinträchtigung der Qualität des Bodens, des Oberflächen- oder des Grundwassers oder der Meeresumwelt,

b)

Rehabilitierung von geschädigten natürlichen Lebensräumen und Ökosystemen,

c)

Schutz bzw. Wiederherstellung von Biodiversität oder Ökosystemen, um dazu beizutragen, Ökosysteme in einen guten Zustand zu versetzen oder Ökosysteme, die bereits in gutem Zustand sind, zu schützen,

d)

Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz.

(282)

Beihilfemaßnahmen, die in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4.1 fallen, sind nicht Gegenstand dieses Abschnitts. Trägt eine Maßnahme sowohl zur Vermeidung oder Verringerung der Treibhausgasemissionen als auch zur Sanierung von Umweltschäden, der Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, dem Schutz bzw. der Wiederherstellung der Biodiversität und der Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz bei, so wird die Vereinbarkeit der Maßnahme entweder auf der Grundlage des Abschnitts 4.1 oder auf der Grundlage dieses Abschnitts geprüft, je nachdem, welches der beiden Ziele vorrangig ist. (124)

4.6.3.   Anreizeffekt

(283)

Die Vorschriften der Randnummern 284 bis 287 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(284)

Unbeschadet der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates oder anderer einschlägiger Unionsvorschriften (125) ist bei Beihilfen für die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz nur dann davon auszugehen, dass sie einen Anreizeffekt haben, wenn die Einheit oder das Unternehmen, die bzw. das den Umweltschaden verursacht hat, nicht ermittelt werden kann oder nicht nach dem Verursacherprinzip für die Finanzierung der Arbeiten, die zur Vermeidung und Behebung des Umweltschadens erforderlich sind, haftbar gemacht werden kann.

(285)

Der Mitgliedstaat muss nachweisen, dass alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich rechtlicher Schritte, ergriffen wurden, um die haftbare Einheit bzw. das haftbare Unternehmen, die bzw. das den Umweltschaden verursacht hat, zu ermitteln und diese Einheit bzw. dieses Unternehmen zur Deckung der entsprechenden Kosten heranzuziehen. Kann die Einheit bzw. das Unternehmen, die bzw. das nach geltendem Recht haftbar ist, nicht ermittelt werden oder nicht zur Deckung der Kosten herangezogen werden, so kann eine staatliche Beihilfe für die gesamten Sanierungs- oder Rehabilitierungsarbeiten gewährt werden, bei der davon auszugehen ist, dass sie einen Anreizeffekt hat. Wenn ein Unternehmen nicht mehr besteht und kein anderes Unternehmen als rechtlicher oder wirtschaftlicher Nachfolger angesehen werden kann (126) oder wenn keine hinreichende finanzielle Sicherheit für die Deckung der Sanierungskosten besteht, kann die Kommission davon ausgehen, dass das Unternehmen nicht zur Deckung der Kosten für die Sanierung des von ihm verursachten Umweltschadens herangezogen werden kann.

(286)

Beihilfen, die für die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach Artikel 6 Absatz 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates (127) gewährt werden, haben keinen Anreizeffekt. Beihilfen zur Deckung der Mehrkosten, die erforderlich sind, um Umfang oder Ziele dieser Maßnahmen über die rechtlichen Verpflichtungen nach Artikel 6 Absatz 4 der genannten Richtlinie hinaus auszuweiten, können einen Anreizeffekt haben.

(287)

Bei Beihilfen für die Sanierung von Umweltschäden und die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme wird von einem Anreizeffekt ausgegangen, wenn die Sanierungs- oder Rehabilitierungskosten den Grundstückswertzuwachs übersteigen (siehe Randnummer 288).

4.6.4.   Angemessenheit

(288)

Bei Investitionen in die Sanierung von Umweltschäden oder die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme sind die für die Sanierungs- oder Rehabilitierungsarbeiten anfallenden Kosten abzüglich des Wertzuwachses des Grundstücks oder der Liegenschaft beihilfefähig. Gutachten über den Wertzuwachs eines Grundstücks oder einer Liegenschaft infolge der Sanierung oder Rehabilitierung sind von einem unabhängigen qualifizierten Sachverständigen zu erstellen.

(289)

Bei Investitionen in den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und in die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz sind die Gesamtkosten der Arbeiten beihilfefähig, die zum Schutz bzw. zur Wiederherstellung der Biodiversität oder zur Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz beitragen.

(290)

Wird eine Beihilfe für die Umsetzung naturbasierter Lösungen in Gebäuden, für die ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz ausgestellt wurde, gewährt, so müssen die Mitgliedstaaten aufzeigen, dass diese Investitionen nicht verhindern, dass die in dem Ausweis empfohlenen Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt werden.

(291)

Die Beihilfeintensität kann bis zu 100 % der beihilfefähigen Kosten betragen.

4.7.   Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben

(292)

Abschnitt 4.7 gilt für Umweltschutzbeihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben. Er ist in zwei Unterabschnitte gegliedert, von denen jeder einer eigenen Logik folgt. So befasst sich Abschnitt 4.7.1 mit Steuern und Abgaben, die zur Sanktionierung umweltschädlichen Verhaltens erhoben werden und somit Unternehmen und Verbraucher zu umweltfreundlicheren Entscheidungen veranlassen sollen. Abschnitt 4.7.2 hingegen bietet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Unternehmen über gezielte Ermäßigungen von Steuern oder Abgaben dazu anzuhalten, ihr Verhalten so zu ändern oder anzupassen, dass sie umweltfreundlichere Vorhaben oder Tätigkeiten durchführen.

4.7.1.   Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Umweltsteuern oder umweltsteuerähnlichen Abgaben

4.7.1.1.   Begründung der Beihilfe

(293)

Durch Umweltsteuern oder umweltsteuerähnliche Abgaben sollen die externen Kosten umweltschädlichen Verhaltens internalisiert werden, um solchem Verhalten durch einen dafür zu zahlenden Preis entgegenzuwirken und somit den Umweltschutz zu verbessern. Grundsätzlich sollten Umweltsteuern und umweltsteuerähnliche Abgaben die der Gesellschaft insgesamt entstehenden Kosten (externe Kosten) widerspiegeln, sodass der zu entrichtende Steuer- oder Abgabenbetrag pro Emissions- oder Schadstoffeinheit oder pro Einheit einer verbrauchten Ressource für alle Unternehmen, die für das umweltschädliche Verhalten verantwortlich sind, gleich hoch sein sollte. Während Ermäßigungen von Umweltsteuern oder umweltsteuerähnlichen Abgaben diesem Umweltschutzziel möglicherweise zuwiderlaufen, können sie sich in einigen Fällen dennoch als erforderlich erweisen, um zu vermeiden, dass den Beihilfeempfängern ein derart großer Wettbewerbsnachteil entsteht, dass die Einführung einer Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe von vornherein nicht möglich wäre.

(294)

Wenn Umweltsteuern oder umweltsteuerähnliche Abgaben nicht durchgesetzt werden könnten, ohne die wirtschaftlichen Tätigkeiten bestimmter Unternehmen zu gefährden, kann durch steuerliche Begünstigung einiger Unternehmen unter Umständen insgesamt höhere Einnahmen aus Umweltsteuern erreicht werden. Entsprechend können Ermäßigungen von Umweltsteuern oder umweltsteuerähnlichen Abgaben unter bestimmten Umständen indirekt zu einem besseren Umweltschutz beitragen. Allerdings darf das übergeordnete Ziel einer Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe — das darin besteht, umweltschädlichem Verhalten entgegenzuwirken und/oder die Kosten solchen Verhaltens zu erhöhen, wenn keine zufriedenstellenden Alternativen verfügbar sind — durch Ermäßigungen nicht untergraben werden.

4.7.1.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(295)

Die Kommission wird davon ausgehen, dass Beihilfen in Form von Steuer- oder Abgabenermäßigungen gewährt werden dürfen, sofern der Mitgliedstaat nachweisen kann, dass beide nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Ermäßigungen sind auf die von der Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe am stärksten betroffenen Unternehmen ausgerichtet, die ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne die Ermäßigung nicht nachhaltig fortführen könnten.

b)

Das durch die Gewährung der Ermäßigungen tatsächlich erreichte Umweltschutzniveau ist höher als ohne die Gewährung der Ermäßigungen.

(296)

Um aufzuzeigen, dass die beiden in Randnummer 295 genannten Voraussetzungen erfüllt sind, muss der Mitgliedstaat der Kommission die folgenden Informationen übermitteln:

a)

eine Beschreibung der Wirtschaftszweige oder Gruppen von Beihilfeempfängern, die für die Ermäßigungen infrage kommen,

b)

eine Liste der größten Beihilfeempfänger in jedem betroffenen Wirtschaftszweig, ihren Umsatz, ihre Marktanteile, die Höhe der Bemessungsgrundlage und den Anteil, den die Umweltsteuer bzw. umweltsteuerähnliche Abgabe an ihrem Vorsteuergewinn mit und ohne die Ermäßigung ausmachen würde,

c)

eine Beschreibung der Lage dieser Beihilfeempfänger, aus der hervorgeht, wieso der Normalsatz der Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe von ihnen nicht entrichtet werden könnte,

d)

eine Erläuterung dazu, wie die ermäßigte Steuer oder Abgabe zu einem — gegenüber der Situation ohne Ermäßigungen — höheren Umweltschutzniveau beitragen würde (z. B. durch einen Vergleich des Normalsatzes, der bei Gewährung von Ermäßigungen gelten würde, mit dem Normalsatz, der ohne Gewährung von Ermäßigungen gelten würde, oder durch Angabe der Zahl der Unternehmen, die der Steuer oder Abgabe insgesamt unterliegen würden, oder anderer Indikatoren für tatsächliche Änderungen in Bezug auf umweltschädliches Verhalten).

4.7.1.3.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

(297)

Im Falle harmonisierter Umweltsteuern darf die Kommission einen vereinfachten Ansatz für die Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Beihilfe anwenden. Im Zusammenhang mit der Richtlinie 2003/96/EG darf die Kommission einen vereinfachten Ansatz für Steuerermäßigungen anwenden, bei dem die unter den Randnummern 298 und 299 festgelegten Mindeststeuerbeträge der Union eingehalten werden.

(298)

Die Kommission wird Beihilfen in Form von Ermäßigungen harmonisierter Steuern als erforderlich und angemessen betrachten, sofern die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Beihilfeempfänger entrichten mindestens die in der einschlägigen Richtlinie vorgeschriebenen Mindeststeuerbeträge der Union.

b)

Die Beihilfeempfänger werden anhand objektiver und transparenter Kriterien ausgewählt.

c)

Die Beihilfen werden grundsätzlich allen Unternehmen eines Wirtschaftszweigs in derselben Weise gewährt, sofern sie sich in einer ähnlichen Lage befinden.

d)

Der Mitgliedstaat prüft die Erforderlichkeit von Beihilfen, die indirekt zu einem höheren Umweltschutzniveau beitragen sollen, im Wege einer vorab durchgeführten öffentlichen Konsultation, in deren Rahmen die Wirtschaftszweige, die für die Ermäßigungen infrage kommen, ordnungsgemäß beschrieben werden und eine Liste der größten Beihilfeempfänger für jeden Wirtschaftszweig vorgelegt wird.

(299)

Mitgliedstaaten können Beihilfen in Form einer Ermäßigung des Steuersatzes oder in Form eines festen jährlichen Ausgleichsbetrags (Steuererstattung) oder als Kombination aus beiden Formen gewähren. Der Vorteil des Erstattungsansatzes besteht darin, dass die Unternehmen weiterhin das von der Umweltsteuer gesetzte Preissignal empfangen. Der Betrag der Erstattung sollte anhand historischer Daten errechnet werden, d. h. anhand der Zahlen zu Produktion, Verbrauch oder Umweltverschmutzung, die für das betreffende Unternehmen für ein bestimmtes Basisjahr vorliegen. Die Höhe der Erstattung darf den andernfalls fälligen Mindeststeuerbetrag der Union für das betreffende Basisjahr nicht überschreiten.

(300)

Sind Umweltsteuern nicht harmonisiert oder zahlen die Beihilfeempfänger — sofern nach der geltenden Richtlinie zulässig — weniger als den für die harmonisierte Steuer festgelegten Mindeststeuerbetrag der Union, so ist eine eingehende Prüfung der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Beihilfe erforderlich, wie in den Abschnitten 4.7.1.3.1 bis 4.7.1.3.3 dargelegt.

4.7.1.3.1.   Erforderlichkeit

(301)

Die Vorschriften der Randnummern 302 und 303 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.1.

(302)

Die Kommission wird die Beihilfe als erforderlich ansehen, wenn die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Auswahl der Beihilfeempfänger erfolgt auf der Grundlage objektiver und transparenter Kriterien, und die Beihilfen werden für alle beihilfefähigen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind und sich hinsichtlich der Ziele bzw. Zwecke der Beihilfemaßnahme in der gleichen oder einer ähnlichen Lage befinden, in derselben Weise gewährt.

b)

Die Umweltsteuer oder umweltsteuerähnliche Abgabe hätte ohne die Ermäßigung einen erheblichen Anstieg der Produktionskosten gemessen in Prozent der Bruttowertschöpfung in jedem betroffenen Wirtschaftszweig bzw. in jeder betroffenen Gruppe von Beihilfeempfängern zur Folge.

c)

Der erhebliche Anstieg der Produktionskosten könnte nicht an die Kunden weitergegeben werden, ohne dass es zu deutlichen Absatzeinbußen käme.

(303)

Bei Steuerermäßigungen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe muss der Mitgliedstaat einen Mechanismus einrichten, mit dem überprüft wird, ob die betreffende Maßnahme weiterhin erforderlich ist, wobei die in Abschnitt 4.1.3.1 genannten Voraussetzungen für die Erforderlichkeit gelten, und geeignete Maßnahmen ergreifen, also z. B. die Befreiung abschaffen oder die Höhe der Förderung senken.

4.7.1.3.2.   Geeignetheit

(304)

Die Vorschriften der Randnummern 305 und 306 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.1.2.

(305)

Die Kommission wird Beihilferegelungen für einen Zeitraum von bis zu 10 Jahren genehmigen; nach Ablauf dieses Zeitraums kann ein Mitgliedstaat die Maßnahme neu anmelden, nachdem er die Geeignetheit der Beihilfemaßnahme erneut geprüft hat.

(306)

Wird eine Beihilfe als Steuererstattung gewährt, sollte der Erstattungsbetrag anhand historischer Daten errechnet werden, d. h. anhand der Zahlen zu Produktion, Verbrauch oder Umweltverschmutzung, die für das betreffende Unternehmen für ein bestimmtes Basisjahr vorliegen.

4.7.1.3.3.   Angemessenheit

(307)

Abschnitt 3.2.1.3 gilt nicht für Beihilfen in Form einer Ermäßigung von Umweltsteuern oder umweltsteuerähnlichen Abgaben.

(308)

Die Kommission wird die Beihilfen als angemessen ansehen, wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

a)

Jeder Beihilfeempfänger entrichtet mindestens 20 % des Nominalbetrags der Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe, die ohne die Ermäßigung für ihn gelten würde.

b)

Die Steuer- oder Abgabenermäßigung übersteigt nicht 100 % der nationalen Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe und ist an die Bedingung geknüpft, dass der Mitgliedstaat und die Beihilfeempfänger bzw. die Vereinigungen der Beihilfeempfänger Vereinbarungen schließen, in denen sich die Beihilfeempfänger bzw. deren Vereinigungen zur Erreichung von Umweltschutzzielen verpflichten, die dieselbe Wirkung haben, wie wenn die Beihilfeempfänger bzw. deren Vereinigungen mindestens 20 % der nationalen Umweltsteuer oder umweltsteuerähnlichen Abgabe zahlen würden. Diese Vereinbarungen oder Zusagen können unter anderem eine Verringerung des Energieverbrauchs, der Emissionen und anderer Schadstoffe oder andere Umweltschutzmaßnahmen zum Gegenstand haben.

(309)

Solche Vereinbarungen müssen die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllen:

a)

Der Inhalt der Vereinbarungen wird von dem Mitgliedstaat ausgehandelt und enthält die Ziele und einen Zeitplan für die Erreichung dieser Ziele.

b)

Der Mitgliedstaat stellt eine unabhängige und regelmäßige Überwachung der in den Vereinbarungen festgehaltenen Zusagen sicher.

c)

Die Vereinbarungen werden regelmäßig dem Stand der technologischen und sonstigen Entwicklung angepasst und sehen für den Fall, dass die Zusagen nicht eingehalten werden, wirksame Sanktionen vor.

4.7.2.   Umweltschutzbeihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben

4.7.2.1.   Begründung der Beihilfe

(310)

Die Mitgliedstaaten können in Betracht ziehen, Anreize dafür zu schaffen, dass Unternehmen Vorhaben oder Tätigkeiten aufnehmen, die den Umweltschutz verbessern, indem sie Steuern oder steuerähnliche Abgaben ermäßigen. Sollen solche Ermäßigungen Anreize für die Beihilfeempfänger schaffen, Vorhaben oder Tätigkeiten durchzuführen, die zu geringerer Umweltverschmutzung oder geringerem Ressourcenverbrauch führen, so prüft die Kommission die Maßnahmen im Lichte der in Abschnitt 4.7.2 dargelegten Anforderungen.

4.7.2.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(311)

Dieser Abschnitt gilt für Beihilfen für umweltfreundliche Vorhaben und Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich der Abschnitte 4.2 bis 4.6 fallen und in Form der Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben gewährt werden.

(312)

Wenn mit der Ermäßigung einer Steuer oder Abgabe in erster Linie ein Dekarbonisierungsziel verfolgt wird, findet Abschnitt 4.1 Anwendung.

(313)

Dieser Abschnitt bezieht sich nicht auf Ermäßigungen von Steuern oder Abgaben, die die wesentlichen Kosten der Bereitstellung von Energie oder damit verbundenen Dienstleistungen widerspiegeln. Beispielsweise sind Ermäßigungen von Netzentgelten oder Entgelten, mit denen Kapazitätsmechanismen finanziert werden, vom Geltungsbereich des Abschnitts 4.7.2 ausgenommen. Dieser Abschnitt gilt nicht für Ermäßigungen von Stromverbrauchsabgaben, mit denen ein energiepolitisches Ziel finanziert wird.

4.7.2.3.   Anreizeffekt

(314)

Die Vorschriften der Randnummern 315 und 316 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(315)

Für jedes beihilfefähige Vorhaben oder Referenzvorhaben für eine Gruppe von Beihilfeempfängern muss der Mitgliedstaat zur Bewertung durch die Kommission eine Quantifizierung nach Randnummer 51 oder gleichwertige Daten übermitteln, worin die Rentabilität des Referenzvorhabens oder der Referenztätigkeit mit und ohne Ermäßigung der Steuer oder steuerähnlichen Abgabe verglichen wird und worin aufgezeigt wird, dass die Ermäßigung einen Anreiz für die Verwirklichung des umweltfreundlichen Vorhabens oder der umweltfreundlichen Tätigkeit schafft.

(316)

Bei Beihilfen für Vorhaben, die vor Einreichung des Beihilfeantrags beginnen, wird von einem Anreizeffekt ausgegangen, wenn die nachstehenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Maßnahme begründet einen auf objektiven, diskriminierungsfreien Kriterien beruhenden Anspruch auf die Beihilfe, ohne dass es zusätzlich einer Ermessensentscheidung des Mitgliedstaats bedarf.

b)

Die Maßnahme ist vor Beginn der Arbeiten an dem geförderten Vorhaben oder der geförderten Tätigkeit angenommen worden und in Kraft getreten; dies gilt jedoch nicht für steuerliche Folgeregelungen, wenn die Tätigkeit bereits unter Vorläuferregelungen in Form von Vergünstigungen bei Steuern oder steuerähnliche Abgaben fiel.

4.7.2.4.   Angemessenheit

(317)

Abschnitt 3.2.1.3 gilt nicht für Umweltschutzbeihilfen in Form einer Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben.

(318)

Die Beihilfe darf den normalen Steuer- oder Abgabensatz bzw. den normalen Steuer- oder Abgabenbetrag, der andernfalls gelten würde bzw. zu zahlen wäre, nicht überschreiten.

(319)

Steht die Ermäßigung der Steuer oder steuerähnlichen Abgabe mit Investitionskosten in Zusammenhang, so wird die Beihilfe als angemessen betrachtet, sofern sie die Beihilfeintensitäten und Beihilfehöchstbeträge nach den Abschnitten 4.2 bis 4.6 nicht übersteigt. Ist nach diesen Abschnitten eine Ausschreibung erforderlich, gilt diese Anforderung nicht für Beihilfen, die in Form der Ermäßigung von Steuern oder steuerähnlichen Abgaben gewährt werden.

(320)

Nehmen durch die Ermäßigung der Steuer oder steuerähnlichen Abgabe die laufenden Betriebskosten ab, so darf der Beihilfebetrag die Differenz zwischen den Betriebskosten des umweltfreundlichen Vorhabens oder der umweltfreundlichen Tätigkeit und den Betriebskosten im weniger umweltfreundlichen kontrafaktischen Szenario nicht übersteigen. Wenn das umweltfreundlichere Vorhaben oder die umweltfreundlichere Tätigkeit zu potenziellen Kosteneinsparungen oder zusätzlichen Einnahmen führen kann, müssen diese bei der Prüfung der Angemessenheit der Beihilfe berücksichtigt werden.

4.7.2.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(321)

Die Vorschriften der Randnummern 322 bis 324 gelten zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.2.2.

(322)

Staatliche Beihilfen müssen für alle beihilfefähigen Unternehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind und sich hinsichtlich der Ziele bzw. Zwecke der Beihilfemaßnahme in der gleichen oder einer ähnlichen Lage befinden, in derselben Weise gewährt werden.

(323)

Der Mitgliedstaat muss sicherstellen, dass die Beihilfen während der Laufzeit von Beihilferegelungen, die länger als drei Jahre gelten, erforderlich bleiben, und die Beihilferegelungen mindestens alle drei Jahre evaluieren.

(324)

Betrifft die Ermäßigung der Steuer oder steuerähnlichen Abgabe Vorhaben, die

a)

in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4.2 fallen, finden die Randnummern 154 bis 156 Anwendung;

b)

in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4.3.1 fallen, finden die Randnummern 183 bis 188 Anwendung;

c)

in den Anwendungsbereich des Abschnitts 4.3.2 fallen, finden die Randnummern 206 bis 216 Anwendung.

4.8.   Beihilfen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit

4.8.1.   Begründung der Beihilfe

(325)

Marktversagen und regulatorische Mängel können bedeuten, dass Preissignale keine wirksamen Investitionsanreize entstehen lassen, was beispielsweise zu unangemessenen Ergebnissen in Bezug auf Stromressourcenmix, Kapazitäten, Flexibilität oder Standort führt. Darüber hinaus bringen die aus dem technologischen Wandel und den Herausforderungen des Klimawandels resultierenden erheblichen Umstellungen im Elektrizitätssektor neue Herausforderungen in Bezug auf die Stromversorgungssicherheit mit sich. Wenngleich ein zunehmend integrierter Strommarkt in der Regel den EU-weiten Stromaustausch ermöglicht und so Probleme der nationalen Versorgungssicherheit mindert, kann es vorkommen, dass selbst in gekoppelten Märkten die Versorgungssicherheit in einigen Mitgliedstaaten oder Regionen möglicherweise nicht jederzeit gewährleistet ist. Vor diesem Hintergrund können die Mitgliedstaaten die Einführung bestimmter Maßnahmen in Erwägung ziehen, um ein gewisses Maß an Stromversorgungssicherheit zu gewährleisten.

4.8.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(326)

In diesem Abschnitt werden die Vereinbarkeitskriterien für Beihilfemaßnahmen zur Erhöhung der Stromversorgungssicherheit dargelegt. Beispiele für solche Maßnahmen sind Kapazitätsmechanismen und alle anderen Maßnahmen zur Bewältigung lang- und kurzfristiger Schwierigkeiten hinsichtlich der Versorgungssicherheit, die durch ein Marktversagen verursacht werden, das ausreichende Investitionen in Stromerzeugungskapazitäten, Speicherung, Laststeuerung oder Verbindungsleitungen verhindert, oder Netzengpassmaßnahmen, mit denen Defiziten der Stromübertragungs- oder -verteilernetze entgegengewirkt werden soll. (128)

(327)

Solche Maßnahmen können auch auf die Förderung von Umweltschutzzielen ausgerichtet werden, etwa durch den Ausschluss umweltschädlicherer Kapazitäten oder durch Maßnahmen, durch die umweltfreundlichere Kapazitäten im Auswahlprozess begünstigt werden.

(328)

Im Rahmen ihrer Anmeldung sollten die Mitgliedstaaten angeben, welche wirtschaftlichen Tätigkeiten durch die Beihilfe in ihrer Entwicklung gefördert werden sollen. Beihilfen zur Erhöhung der Stromversorgungssicherheit fördern direkt die Entwicklung wirtschaftlicher Tätigkeiten, die mit der Stromerzeugung, der Stromspeicherung und der Laststeuerung im Zusammenhang stehen, beispielsweise durch neue Investitionen oder die effiziente Modernisierung und Wartung bestehender Anlagen. Außerdem können sie indirekt eine breite Palette wirtschaftlicher Tätigkeiten fördern, die auf Strom angewiesen sind, etwa die Elektrifizierung von Wärme sowie des Verkehrs.

4.8.3.   Anreizeffekt

(329)

Es gelten die unter den Randnummern 29, 30, 31 und 32 aufgeführten Bestimmungen zum Anreizeffekt.

4.8.4.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.8.4.1.   Erforderlichkeit

(330)

Abschnitt 3.2.1.1 gilt nicht für Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit.

(331)

Art und Ursachen der Schwierigkeiten in Bezug auf die Stromversorgungssicherheit und der deshalb erforderlichen staatlichen Beihilfen zur Gewährleistung dieser Stromversorgungssicherheit müssen angemessen analysiert und quantifiziert werden; dabei ist gegebenenfalls unter Bezugnahme auf den Zuverlässigkeitsstandard gemäß Artikel 25 der Verordnung (EU) 2019/943 auch zu ermitteln, wann und wo das Problem voraussichtlich auftreten wird. Bei Netzengpassmaßnahmen sollte der Mitgliedstaat (nach Konsultation und unter Berücksichtigung der Auffassung der zuständigen nationalen Regulierungsbehörde) eine Analyse vorlegen, in der er mittels einer Kosten-Nutzen-Analyse das mit der vorgeschlagenen Maßnahme angestrebte Maß an Stromversorgungssicherheit ermittelt und begründet. Ferner sollten für alle Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit unter Verweis auf einschlägige Anforderungen sektoraler Rechtsvorschriften die Maßeinheit für die Quantifizierung sowie die entsprechende Berechnungsmethode dargelegt werden.

(332)

Die Feststellung eines Problems im Zusammenhang mit der Stromversorgungssicherheit sollte gegebenenfalls mit der neuesten verfügbaren Analyse des Europäischen Netzes der Übertragungsnetzbetreiber (Strom) (ENTSO-E) im Einklang stehen, die nach den Vorschriften zum Energiebinnenmarkt vorgenommen wurde. Dies ist

a)

bei Maßnahmen, die auf die Angemessenheit der Ressourcen abzielen, die Abschätzung der Angemessenheit der Ressourcen auf europäischer Ebene gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) 2019/943,

b)

bei Netzengpassmaßnahmen der Bericht über strukturelle Engpässe und andere erhebliche physikalische Engpässe zwischen und in Gebotszonen gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2019/943.

(333)

Die Mitgliedstaaten können sich zum Nachweis der Erforderlichkeit von Kapazitätsmechanismen auch auf nationale Abschätzungen der Ressourcenangemessenheit stützen, soweit dies nach Artikel 24 der Verordnung (EU) 2019/943 zulässig ist. Bei anderen Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, einschließlich Netzengpassmaßnahmen, können sich die Mitgliedstaaten auch auf eine nationale Abschätzung der Erforderlichkeit der vorgeschlagenen Maßnahme stützen. Die unter dieser Randnummer genannten nationalen Abschätzungen sollten von der zuständigen nationalen Regulierungsbehörde entweder genehmigt oder überprüft werden.

(334)

Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Risiko von Stromversorgungskrisen sollten im nationalen Risikovorsorgeplan gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/941 (129) festgelegt werden.

(335)

Mitgliedstaaten, die die Einführung mehrerer Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit vorschlagen, müssen klar darlegen, wie diese Maßnahmen im Hinblick auf die Gewährleistung der Kosteneffizienz der kombinierten Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit insgesamt zusammenwirken, z. B. müssen sie bei Kapazitätsmechanismen erläutern, wie diese den unter Randnummer 331 genannten Zuverlässigkeitsstandard erreichen (aber nicht darüber hinausgehen).

(336)

Es muss ermittelt werden, welche regulatorischen Mängel, Fälle von Marktversagen oder sonstigen Probleme ohne ein Eingreifen des Staates einer hinreichenden Sicherheit der Stromversorgung (und gegebenenfalls des Umweltschutzes) entgegenstehen würden.

(337)

Außerdem muss angegeben werden, welche Maßnahmen gegebenenfalls bereits eingeführt wurden, um die unter Randnummer 336 festgestellten Fälle von Marktversagen, regulatorischen Mängel oder sonstigen Probleme anzugehen.

(338)

Die Mitgliedstaaten müssen unter Berücksichtigung der von dem jeweiligen Mitgliedstaat geplanten Marktreformen und Verbesserungen sowie der Technologieentwicklungen aufzeigen, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass der Markt die Stromversorgungssicherheit ohne staatliche Beihilfen gewährleisten kann.

(339)

Die Kommission wird bei ihrer Prüfung die folgenden Elemente berücksichtigen, die von den Mitgliedstaaten übermittelt werden müssen:

a)

eine Bewertung der Auswirkungen der Stromerzeugung aus variablen Energiequellen, auch aus benachbarten Systemen;

b)

eine Bewertung der Auswirkungen einer Teilnahme von Nachfragesteuerung und Speicherung am Markt, einschließlich einer Beschreibung von Maßnahmen zur Förderung der Nachfragesteuerung;

c)

eine Bewertung des tatsächlichen oder potenziellen Bestands an Verbindungsleitungen und wesentlicher interner Übertragungsnetzinfrastruktur einschließlich einer Beschreibung der laufenden und geplanten Vorhaben;

d)

eine Bewertung weiterer Aspekte, die zu Problemen im Zusammenhang mit der Stromversorgungssicherheit führen oder diese noch verstärken könnten, z. B. eine Plafonierung der Stromgroßhandelspreise oder andere regulatorische Mängel oder Fälle von Marktversagen. Falls nach der Verordnung (EU) 2019/943 erforderlich, muss vor der Beihilfegewährung eine Stellungnahme der Kommission zu dem in Artikel 20 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Umsetzungsplan eingeholt werden. Der Umsetzungsplan und die Stellungnahme werden im Rahmen der Bewertung der Erforderlichkeit berücksichtigt;

e)

alle relevanten Inhalte eines Aktionsplans gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2019/943.

4.8.4.2.   Geeignetheit

(340)

Abschnitt 3.2.1.2 gilt nicht für Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit.

(341)

Die Mitgliedstaaten sollten vorrangig andere Ansätze zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit prüfen, insbesondere Möglichkeiten zur effizienteren Gestaltung des Strommarkts, durch die Fälle von Marktversagen, die die Stromversorgungssicherheit untergraben, abgemildert werden können. Beispiele dafür sind: Verbesserung der Funktionsweise der Abrechnung strombezogener Bilanzkreisabweichungen, bessere Integration variabler Stromerzeugung, Schaffung von Anreizen und Integration von Laststeuerung und Speicherung, Ermöglichung effizienter Preissignale, Beseitigung von Hindernissen für den grenzüberschreitenden Handel sowie Verbesserung der Infrastruktur einschließlich Verbindungsleitungen. Beihilfen im Rahmen von Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit können als geeignet angesehen werden, wenn trotz geplanter oder bereits umgesetzter geeigneter und angemessener Verbesserungen der Marktgestaltung (130) und Investitionen in Netzvermögenswerte weiterhin Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit bestehen.

(342)

Bei Netzengpassmaßnahmen sollten die Mitgliedstaaten darüber hinaus erläutern, wie die Effizienz von Redispatch-Maßnahmen im Einklang mit Artikel 13 der Verordnung (EU) 2019/943 verbessert wird.

4.8.4.3.   Beihilfefähigkeit

(343)

Die Beihilfemaßnahme sollte allen Empfängern bzw. Vorhaben offenstehen, die technisch in der Lage sind, einen wirksamen Beitrag zur Erreichung des Ziels der Versorgungssicherheit zu leisten. Dies schließt die Bereiche Erzeugung, Speicherung und Laststeuerung sowie die Zusammenführung kleiner Einheiten dieser Kapazitätsformen zu größeren Blöcken ein.

(344)

Beschränkungen der Beteiligung an bzw. Einbindung in Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Maßnahmen nicht dem Umweltschutz zuwiderlaufen, werden als geeignet erachtet (siehe die Randnummern 368 und 369).

(345)

Die Kommission begrüßt es, wenn die Mitgliedstaaten zusätzliche Kriterien oder Merkmale in ihre Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit aufnehmen, um die Einbindung umweltfreundlicherer Technologien zu fördern (bzw. die Einbindung umweltschädlicher Technologien zu verringern), die für die Verwirklichung der Umweltschutzziele der Union erforderlich sind. Diese zusätzlichen Kriterien oder Merkmale müssen in Bezug auf klar festgelegte Umweltschutzziele objektiv, transparent und diskriminierungsfrei sein und dürfen nicht zu einer Überkompensation der Beihilfeempfänger führen.

(346)

Soweit technisch machbar, müssen die Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit offen für die direkte grenzüberschreitende Beteiligung von in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Kapazitätsanbietern sein. (131) Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass ausländische Kapazitäten, die die gleiche technische Leistung erbringen können wie inländische Kapazitäten, die Möglichkeit haben, am gleichen Wettbewerbsverfahren teilzunehmen wie die inländischen Kapazitäten. Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass sich die ausländische Kapazität in einem Mitgliedstaat mit direkter Netzverbindung zu dem Mitgliedstaat befindet, der die Maßnahme durchführt. Gegebenenfalls müssen die einschlägigen Vorschriften des Artikels 26 der Verordnung (EU) 2019/943 ebenfalls eingehalten werden.

4.8.4.4.   Öffentliche Konsultation

(347)

Abschnitt 4.8.4.4 gilt ab dem 1. Juli 2023.

(348)

Vor der Anmeldung von Beihilfen müssen die Mitgliedstaaten — außer in hinreichend begründeten Ausnahmefällen — öffentliche Konsultationen zur Angemessenheit und zu den Auswirkungen der nach diesem Abschnitt anzumeldenden Maßnahmen auf den Wettbewerb durchführen. Die Konsultationspflicht gilt nicht für Änderungen bereits genehmigter Maßnahmen, die Anwendungsbereich und Beihilfefähigkeit unberührt lassen und die Laufzeit nicht um mehr als 10 Jahre über das Datum des ursprünglichen Kommissionsbeschlusses hinaus verlängern, und sie gilt auch nicht für die unter Randnummer 349 genannten Fälle. Um festzustellen, ob eine Maßnahme nach den Kriterien dieser Leitlinien gerechtfertigt ist, muss folgende öffentliche Konsultation durchgeführt werden (132):

a)

bei Maßnahmen, bei denen der geschätzte durchschnittliche Beihilfebetrag 100 Mio. EUR pro Jahr oder mehr beträgt, eine öffentliche Konsultation, die mindestens sechs Wochen läuft und folgende Aspekte umfasst:

i)

Beihilfefähigkeit,

ii)

vorgesehene Nutzung und vorgesehener Umfang von Ausschreibungen sowie etwaige vorgesehene Ausnahmen,

iii)

wichtigste Parameter des Verfahrens zur Bewilligung der Beihilfen (133), auch im Hinblick auf die Ermöglichung von Wettbewerb zwischen verschiedenen Arten von Beihilfeempfängern (134),

iv)

die Methode, um die Kosten der Maßnahme den Verbrauchern zuzuweisen,

v)

falls keine Ausschreibung durchgeführt wird: die Annahmen und Daten, auf die sich die Quantifizierung stützt, anhand deren die Angemessenheit der Beihilfe nachgewiesen wird, einschließlich Kosten, Einnahmen, Betriebsannahmen und Lebensdauer sowie der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC), und

vi)

falls neue Investitionen in die Stromerzeugung aus Erdgas gefördert werden können: geplante Vorkehrungen zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Klimazielen der Union,

b)

bei Maßnahmen, bei denen sich der geschätzte durchschnittliche Beihilfebetrag auf weniger als 100 Mio. EUR pro Jahr beläuft, eine Konsultation, die sich über mindestens vier Wochen erstreckt und folgende Aspekte umfasst:

i)

Beihilfefähigkeit,

ii)

vorgesehene Nutzung und vorgesehener Umfang von Ausschreibungen sowie etwaige vorgesehene Ausnahmen,

iii)

die Methode, um die Kosten der Maßnahme den Verbrauchern zuzuweisen, und

iv)

falls neue Investitionen in die Stromerzeugung aus Erdgas gefördert werden können: geplante Vorkehrungen zur Gewährleistung der Übereinstimmung mit den Klimazielen der Union.

(349)

Bei Maßnahmen nach Randnummer 348 Buchstabe b ist keine öffentliche Konsultation erforderlich, sofern eine Ausschreibung durchgeführt wird und im Rahmen der Maßnahme keine Investitionen in die Energieerzeugung aus fossilen Brennstoffen gefördert werden.

(350)

Fragebogen für Konsultationen müssen auf eine öffentliche Website gestellt werden. Die Mitgliedstaaten müssen eine Auswertung der Konsultation veröffentlichen, in der sie die eingegangenen Beiträge zusammenfassen und darauf eingehen. Dabei sollten sie auch darlegen, wie etwaige Auswirkungen auf den Wettbewerb durch den Anwendungsbereich der geplanten Maßnahme oder die in ihrem Rahmen geltende Beihilfefähigkeit minimiert wurden. Die Mitgliedstaaten müssen im Rahmen der Anmeldung von Beihilfemaßnahmen nach dem vorliegenden Abschnitt einen Link zu ihrer Auswertung der Konsultation bereitstellen.

(351)

In hinreichend begründeten Ausnahmefällen kann die Kommission alternative Konsultationsverfahren akzeptieren, sofern die Standpunkte der Beteiligten bei der (weiteren) Durchführung der Beihilfe berücksichtigt werden. In solchen Fällen muss die Konsultation möglicherweise mit Abhilfemaßnahmen kombiniert werden, um etwaige verzerrende Auswirkungen der Maßnahme zu minimieren.

4.8.4.5.   Angemessenheit

(352)

Die Vorschriften der Randnummern 353, 354, 355, 356 und 357 gelten zusätzlich zu den Vorgaben der Randnummern 49, 50, 51, 52, 53 und 55.

(353)

Der Bedarf an Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sollte anhand des Zuverlässigkeitsstandards oder der Kosten-Nutzen-Analyse gemäß Randnummer 331 und auf der Grundlage einer gemäß den Randnummern 332, 333 und 334 durchgeführten Analyse der Ressourcen ermittelt werden, die erforderlich sind, um ein angemessenes Maß an Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Bedarfsanalyse darf zum Zeitpunkt der Festlegung der Höhe des Bedarfs höchstens zwölf Monate alt sein.

(354)

Der Zeitraum zwischen der Beihilfebewilligung und dem Ende der Frist für den Abschluss des Vorhabens sollte einen wirksamen Wettbewerb zwischen den verschiedenen beihilfefähigen Vorhaben ermöglichen.

(355)

Ausnahmen von der Verpflichtung, die Beihilfen auf der Grundlage einer Ausschreibung zu gewähren und ihre Höhe im Wege einer Ausschreibung zu bestimmen, können nur dann gerechtfertigt sein,

a)

wenn Nachweise, einschließlich gegebenenfalls im Rahmen der öffentlichen Konsultation erlangter Nachweise, dafür vorgelegt werden, dass die potenzielle Beteiligung an der Ausschreibung wahrscheinlich nicht für die Gewährleistung von Wettbewerb ausreichen würde, oder

b)

wenn bei Netzengpassmaßnahmen der Mitgliedstaat (nach Konsultation und unter Berücksichtigung der Auffassung der zuständigen nationalen Regulierungsbehörde) auf der Grundlage von Nachweisen, einschließlich der im Rahmen der öffentlichen Konsultation erlangten Nachweise, aufzeigt, dass eine Ausschreibung z. B. aufgrund strategischer Gebote oder von Marktverzerrungen weniger kosteneffizient wäre.

(356)

Die Begünstigten von Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sollten wirksame Anreize haben, während des Lieferzeitraums zur Versorgungssicherheit beizutragen. Diese Anreize sollten in der Regel mit dem Wert der Zahlungsbereitschaft für die Beibehaltung der Stromversorgung (Value of Lost Load — VoLL) (135) in Zusammenhang stehen. Wenn beispielsweise ein Beihilfeempfänger nicht zur Verfügung steht, sollte er mit einer Sanktion belegt werden, die mit dem VoLL in Zusammenhang steht. In anderen Fällen als bei Netzengpassmaßnahmen sollte diese Sanktion in der Regel die Preise für die Abrechnung strombezogener Bilanzkreisabweichungen widerspiegeln, um Verzerrungen auf dem Markt zu vermeiden.

(357)

Die Mitgliedstaaten können auch wettbewerbsorientierte Zertifikateregelungen/Lieferantenverpflichtungsregelungen anwenden, sofern

a)

die Nachfrage im Rahmen der Regelung geringer angesetzt wird als das potenzielle Angebot und

b)

der Buyout- bzw. Strafpreis, den ein Verbraucher/Lieferant, der nicht die erforderliche Anzahl von Zertifikaten gekauft hat, entrichten muss (also der Preis, der dem den Beihilfeempfängern gezahlten Höchstbetrag entspricht), auf einem Niveau festgesetzt ist, das eine Überkompensation der Beihilfeempfänger ausschließt.

4.8.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(358)

Mit Ausnahme von Randnummer 70 gilt Abschnitt 3.2.2 nicht für Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit.

(359)

Die Beihilfe muss so gestaltet sein, dass das effiziente Funktionieren des Marktes gewährleistet bleibt und Anreize für einen effizienten Betrieb und wirksame Preissignale erhalten bleiben.

(360)

Es dürfen keine Anreize für eine Energieerzeugung geschaffen werden, durch die weniger umweltschädliche Energieformen verdrängt würden.

(361)

Die Anforderungen der Randnummern 359 und 360 sind in der Regel erfüllt, wenn sich die Vergütung im Rahmen einer Maßnahme nach der Kapazität (Euro pro Megawatt (MW)) und nicht nach der erzeugten Strommenge (EUR/MWh) richtet. Bei Vergütung je MWh muss zusätzlich darauf geachtet werden, dass negative Auswirkungen auf den Markt vermieden und weniger umweltschädliche Erzeugungsquellen nicht verdrängt werden.

(362)

Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit müssen alle anwendbaren Gestaltungsgrundsätze nach Artikel 22 der Verordnung (EU) 2019/943 erfüllen. (136)

(363)

Um sicherzustellen, dass die Marktpreisbildung nicht verzerrt wird, gelten für strategische Reserven und andere Maßnahmen, die auf die Angemessenheit der Ressourcen abzielen, wie Abschaltregelungen, bei denen Kapazitäten außerhalb des Marktes vorgehalten werden, die folgenden zusätzlichen kumulativen Anforderungen:

a)

Die Ressourcen der Maßnahme dürfen nur dann eingesetzt werden, wenn damit zu rechnen ist, dass die Übertragungsnetzbetreiber ihre Ressourcen zum Systemausgleich ausschöpfen werden, um ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen. (137)

b)

Während Bilanzkreisabrechnungszeitintervallen, in denen es zum Einsatz von Ressourcen der Maßnahme kommt, werden Bilanzkreisabweichungen auf dem Markt mindestens zum VoLL oder zu einem Wert oberhalb der technischen Preisgrenze für den Intraday-Handel (138) abgerechnet, wobei jeweils der höhere Wert herangezogen wird.

c)

Der Output der Maßnahme nach dem Einsatz wird den Bilanzkreisverantwortlichen über den Mechanismus zur Abrechnung von Bilanzkreisabweichungen zugerechnet.

d)

Die Ressourcen werden weder vom Stromgroßhandelsmarkt noch von den Regelreservemärkten vergütet.

e)

Die Ressourcen der Maßnahme müssen mindestens während der Vertragslaufzeit außerhalb der Energiemärkte vorgehalten werden.

(364)

Bei Netzengpassmaßnahmen, bei denen Ressourcen außerhalb des Marktes vorgehalten werden, können diese Ressourcen weder vom Stromgroßhandelsmarkt noch den Regelreservemärkten vergütet werden und müssen mindestens während der Vertragslaufzeit außerhalb der Energiemärkte vorgehalten werden.

(365)

Bei Kapazitätsmechanismen abgesehen von strategischen Reserven müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Maßnahme

a)

so gestaltet ist, dass sichergestellt wird, dass der für die Verfügbarkeit gezahlte Preis automatisch gegen null geht, wenn davon auszugehen ist, dass der Kapazitätsbedarf mit der bereitgestellten Kapazität gedeckt werden kann,

b)

die beteiligten Ressourcen nur für ihre Verfügbarkeit vergütet und Entscheidungen des Kapazitätsanbieters über die Erzeugung nicht durch die Vergütung beeinflusst werden und

c)

vorsieht, dass die Kapazitätsverpflichtungen zwischen den berechtigten Kapazitätsanbietern übertragbar sind.

(366)

Für Maßnahmen zur Gewährleistung der Stromversorgungssicherheit gelten folgende Vorgaben:

a)

Sie sollten weder unnötige Marktverzerrungen herbeiführen noch den zonenübergreifenden Handel beschränken.

b)

Sie sollten nicht dazu führen, dass die Anreize, in Verbindungskapazität zu investieren, abnehmen, beispielsweise durch Verringerung der Engpasserlöse für bestehende oder neue Verbindungsleitungen.

c)

Sie sollten nicht die Marktkopplung (einschließlich der Intraday-Märkte und der Regelreservemärkte) erschweren.

d)

Sie sollten keine vor der Maßnahme gefassten kapazitätsbezogenen Investitionsentscheidungen untergraben.

(367)

Um zu vermeiden, dass die Anreize für Laststeuerung untergraben werden und dadurch das Marktversagen, das die Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erst erforderlich macht, weiter verschärft wird, und um sicherzustellen, dass der Eingriff im Bereich der Versorgungssicherheit so geringfügig wie möglich ausfällt, sollten die Kosten der Versorgungssicherheitsmaßnahmen von denjenigen Marktteilnehmern getragen werden, die dazu beitragen, dass diese Maßnahmen erforderlich werden. Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass die Kosten einer Maßnahme zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Spitzenlastzeiten den Stromverbrauchern zugewiesen werden oder dass die Kosten einer Netzengpassmaßnahme den Verbrauchern in der Region zugewiesen werden, die zu den Zeiten, in denen die Kapazität im Rahmen der Maßnahme bereitgestellt wird, von Knappheit betroffen sind. Eine solche Kostenzuweisung ist jedoch unter Umständen nicht erforderlich, wenn der Mitgliedstaat anhand von Nachweisen, einschließlich der im Rahmen der öffentlichen Konsultation erlangten Nachweise, aufzeigt, dass eine solche Kostenzuweisung die Kosteneffizienz der Maßnahme untergraben oder zu schwerwiegenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde, die den potenziellen Nutzen einer solchen Kostenzuweisung eindeutig untergraben.

(368)

Die Kommission ist der Auffassung, dass bestimmte Beihilfemaßnahmen negative Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel haben, die wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden. So können bestimmte Beihilfemaßnahmen Marktversagen verschärfen und Ineffizienzen zulasten der Verbraucher und des Gemeinwohls nach sich ziehen. Maßnahmen — einschließlich Netzengpassmaßnahmen und Abschaltregelungen —, die den Emissionsgrenzwert für Kapazitätsmechanismen nach Artikel 22 der Verordnung (EU) 2019/943 nicht einhalten und möglicherweise Anreize für neue energiebezogene Investitionen auf Basis der umweltschädlichsten fossilen Brennstoffe wie Steinkohle, Diesel, Braunkohle, Öl, Torf oder Ölschiefer schaffen, verstärken beispielsweise die negativen externen Umwelteffekte auf dem Markt.

(369)

Maßnahmen, die Anreize für neue Investitionen in die Energieerzeugung aus Erdgas schaffen, können zwar der Stromversorgungssicherheit förderlich sein, bewirken längerfristig jedoch stärkere negative externe Umwelteffekte als alternative Investitionen in emissionsfreie Technologien. Damit die Kommission im Rahmen einer Abwägungsprüfung ermitteln kann, ob die negativen Auswirkungen solcher Maßnahmen durch positive Auswirkungen ausgeglichen werden können, sollten die Mitgliedstaaten erläutern, wie sie sicherstellen werden, dass die jeweilige Investition zur Erreichung des Klimaziels der Union für 2030 und des Unionsziels der Klimaneutralität bis 2050 beiträgt. Insbesondere müssen die Mitgliedstaaten erläutern, wie eine Festlegung auf diese gasbasierte Energieerzeugung vermieden werden soll. Beispiele für solche Vorkehrungen wären verbindliche Verpflichtungen des Beihilfeempfängers, Dekarbonisierungstechnologien wie CCS/CCU umzusetzen, Erdgas durch erneuerbares oder CO2-armes Gas zu ersetzen oder die Anlage innerhalb eines Zeitrahmens, der mit den Klimazielen der Union im Einklang steht, stillzulegen.

(370)

Wenn im Rahmen einer Einzelbeihilfe oder einer Beihilferegelung nur eine sehr begrenzte Zahl von Beihilfeempfängern oder ein etabliertes Unternehmen unterstützt werden soll, sollten die Mitgliedstaaten außerdem nachweisen, dass die geplante Beihilfe keine Stärkung der Marktmacht bewirken wird.

4.9.   Beihilfen für Energieinfrastruktur

4.9.1.   Begründung der Beihilfe

(371)

Um die Klimaziele der Union zu erreichen, bedarf es erheblicher Investitionen und einer Modernisierung der Energieinfrastruktur. Eine moderne Energieinfrastruktur ist von entscheidender Bedeutung für einen integrierten Energiemarkt, der zur Erfüllung der Klimaziele beiträgt und gleichzeitig die Versorgungssicherheit in der Union gewährleistet. Eine angemessene Energieinfrastruktur ist eine Grundvoraussetzung für einen effizienten Energiemarkt. Durch die Verbesserung der Energieinfrastruktur verbessert sich die Systemstabilität, die Angemessenheit der Ressourcen, die Integration unterschiedlicher Energiequellen und die Energieversorgung in schlecht ausgebauten Netzen.

(372)

Wenn die Marktteilnehmer die erforderliche Infrastruktur nicht bereitstellen können, sind möglicherweise staatliche Beihilfen erforderlich, um dieses Marktversagen zu beheben und sicherzustellen, dass der erhebliche Infrastrukturbedarf der Union gedeckt wird. Eines der Marktversagen, die im Bereich der Energieinfrastruktur auftreten können, hängt mit Koordinierungsproblemen zusammen. Die unterschiedlichen Interessen der Investoren, Ungewissheit hinsichtlich des gemeinsamen Ergebnisses und der Netzeffekte können die Entwicklung eines Vorhabens bzw. dessen wirksame Ausgestaltung verhindern. Gleichzeitig kann die Energieinfrastruktur erhebliche positive externe Effekte bewirken, wobei sich die Kosten und der Nutzen der Infrastruktur asymmetrisch auf die verschiedenen Marktteilnehmer und Mitgliedstaaten verteilen können. Die Kommission vertritt deshalb die Auffassung, dass Beihilfen für Energieinfrastruktur insoweit für den Binnenmarkt von Vorteil sein können, als sie zur Behebung dieser Fälle von Marktversagen beitragen. Dies gilt insbesondere für Infrastrukturvorhaben mit grenzübergreifenden Auswirkungen wie Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 347/2013.

(373)

Nach der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe (139) unterliegt die Förderung von Energieinfrastruktur im Rahmen eines rechtlichen Monopols nicht den Beihilfevorschriften. In der Energiebranche gilt dies insbesondere für diejenigen Mitgliedstaaten, in denen der Bau und Betrieb bestimmter Infrastrukturen von Rechts wegen ausschließlich dem ÜNB oder dem VNB vorbehalten sind.

(374)

Nach Auffassung der Kommission liegt ein rechtliches Monopol, das Wettbewerbsverzerrungen ausschließt, vor, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

a)

Bau und Betrieb der Infrastruktur unterliegen einem rechtlichen Monopol, das im Einklang mit dem Unionsrecht eingerichtet wurde; dies ist der Fall, wenn von Rechts wegen nur der ÜNB/VNB berechtigt ist, eine bestimmte Art von Investition zu tätigen oder eine bestimmte Art von Tätigkeit durchzuführen, und keine andere Einheit ein alternatives Netz betreiben darf. (140)

b)

Das rechtliche Monopol schließt nicht nur den Wettbewerb auf dem Markt, sondern auch den Wettbewerb um den Markt aus, indem es jeglichen möglichen Wettbewerb um die Stellung als alleiniger Betreiber der fraglichen Infrastruktur ausschließt.

c)

Die Dienstleistung konkurriert nicht mit anderen Dienstleistungen.

d)

Wenn der Betreiber der Energieinfrastruktur auf einem anderen (räumlich oder sachlich relevanten) Markt tätig ist, der dem Wettbewerb offensteht, wird eine Quersubventionierung ausgeschlossen; dies setzt voraus, dass getrennte Bücher geführt werden, Kosten und Einnahmen ordnungsgemäß zugewiesen werden und die staatlichen Mittel für die einem rechtlichen Monopol unterliegende Dienstleistung nicht für andere Tätigkeiten verwendet werden können. Bei Strom- und Gasinfrastruktur dürfte diese Anforderung aller Wahrscheinlichkeit nach erfüllt sein, da nach Artikel 56 der Richtlinie (EU) 2019/944 und Artikel 31 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vertikal integrierte Einheiten verpflichtet sind, für jede ihrer Tätigkeiten getrennte Bücher zu führen.

(375)

Analog dazu enthalten Investitionen nach Auffassung der Kommission keine staatliche Beihilfe, wenn die betreffende Energieinfrastruktur im Rahmen eines „natürlichen Monopols“ betrieben wird; ein solches liegt ihrer Ansicht nach vor, wenn die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Eine Energieinfrastruktur ist keinem direkten Wettbewerb ausgesetzt; dies ist der Fall, wenn sie nicht wirtschaftlich repliziert werden kann und somit außer dem ÜNB/VNB keine anderen Betreiber beteiligt sind.

b)

Die zusätzlich zur Netzfinanzierung zur Verfügung stehenden alternativen Finanzmittel für die Netzinfrastruktur sind in der betreffenden Branche und dem betreffenden Mitgliedstaat unerheblich.

c)

Die Infrastruktur ist nicht darauf ausgelegt, ein bestimmtes Unternehmen oder einen bestimmten Wirtschaftszweig selektiv zu begünstigen, sondern bietet Vorteile für die gesamte Gesellschaft.

d)

Außerdem müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die für den Bau und/oder den Betrieb der Energieinfrastruktur bereitgestellten Mittel nicht zur Quersubventionierung oder indirekten Subventionierung anderer Wirtschaftstätigkeiten verwendet werden können. Für Strom- und Gasinfrastruktur siehe Randnummer 374.

4.9.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(376)

Dieser Abschnitt 4.9 gilt für Beihilfen für den Bau oder die Modernisierung von Energieinfrastruktur im Sinne der Begriffsbestimmung unter Randnummer 19 Nummer 36 (141). Zu den beihilfefähigen Investitionen können u. a. Investitionen in Digitalisierung und intelligentere Energieinfrastruktur, z. B. zur Ermöglichung der Integration erneuerbarer oder CO2-armer Energie, sowie Investitionen in die Modernisierung zum Zwecke der Klimaresilienz gehören. Die Betriebskosten sollten in der Regel von den Netznutzern getragen werden, weshalb Beihilfen zur Deckung dieser Kosten in der Regel nicht erforderlich sein sollten. Wenn ein Mitgliedstaat unter außergewöhnlichen Umständen nachweist, dass die Betriebskosten nicht von den Netznutzern gedeckt werden können, und wenn die Betriebsbeihilfe nicht mit verlorenen Kosten in Zusammenhang steht, sondern zu einer Verhaltensänderung führt, die die Gewährleistung der Versorgungssicherheit oder die Erreichung von Umweltschutzzielen ermöglicht, so kann die Betriebsbeihilfe für Infrastruktur als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Sofern ein Vorhaben nicht von der Beihilfenkontrolle ausgenommen ist (siehe Randnummern 374 und 375), wird die Kommission es gemäß den Ausführungen in diesem Abschnitt prüfen.

(377)

Dieser Abschnitt 4.9 gilt bis zum 31. Dezember 2023 auch für an Übertragungs- oder Verteilungsleitungen angeschlossene Energiespeicheranlagen (eigenständige Stromspeicher (142)), unabhängig von der Spannungsebene (143).

4.9.3.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.9.3.1.   Erforderlichkeit und Geeignetheit

(378)

Die Abschnitte 3.2.1.1 und 3.2.1.2 gelten nicht für Beihilfen für Energieinfrastruktur.

(379)

Energieinfrastruktur wird in der Regel durch Nutzertarife finanziert. Bei vielen Infrastrukturkategorien unterliegen diese Tarife regulatorischen Vorgaben, die dazu dienen, das erforderliche Investitionsniveau bei gleichzeitiger Wahrung der Nutzerrechte und Kostenorientierung zu gewährleisten, und werden ohne Eingriff des Staates festgelegt,

(380)

Die Gewährung staatlicher Beihilfen ist eine Möglichkeit zur Behebung von Marktversagen, die durch obligatorische Nutzertarife nicht vollständig behoben werden können. Vor diesem Hintergrund gelten für den Nachweis der Erforderlichkeit staatlicher Beihilfen die folgenden Grundsätze:

a)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass bei Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 347/2013, die in vollem Umfang den Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt unterliegen, Marktversagen im Zusammenhang mit Koordinierungsproblemen derart gelagert sind, dass eine Finanzierung durch Tarife möglicherweise nicht ausreicht, sodass staatliche Beihilfen gewährt werden dürfen.

b)

Bei Vorhaben von gemeinsamem Interesse, die ganz oder teilweise von den Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt ausgenommen sind, sowie bei anderen Infrastrukturkategorien wird die Kommission die Erforderlichkeit staatlicher Beihilfen im Einzelfall prüfen. Dabei wird die Kommission berücksichtigen, i) inwieweit ein Marktversagen zu einer suboptimalen Versorgung mit der erforderlichen Infrastruktur führt, ii) inwieweit Dritte Zugang zu der Infrastruktur haben und inwieweit die Infrastruktur einer Tarifregulierung unterliegt und iii) inwieweit das Vorhaben einen Beitrag zur Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit der Union oder zur Erreichung des Ziels der Klimaneutralität der Union leistet. Ist ein Vorhaben, das Infrastruktur zwischen der Union und einem Drittland betrifft, nicht in der Liste der Vorhaben von gegenseitigem Interesse aufgeführt, so können bei der Beurteilung der Vereinbarkeit mit den Binnenmarktvorschriften auch andere Faktoren berücksichtigt werden. (144)

c)

Bei Stromspeicheranlagen kann die Kommission verlangen, dass der Mitgliedstaat ein spezifisches Marktversagen im Bereich der Entwicklung von Anlagen zur Erbringung ähnlicher Dienstleistungen nachweist.

4.9.3.2.   Angemessenheit der Beihilfe

(381)

Die Angemessenheit der Beihilfe wird anhand des Grundsatzes der Finanzierungslücke gemäß den Randnummern 48, 51 und 52 bewertet. Bei Infrastrukturbeihilfen besteht, wie unter Randnummer 52 dargelegt, das kontrafaktische Szenario darin, dass das Vorhaben nicht durchgeführt würde. Wenn ein erhebliches Risiko unerwarteter Gewinne besteht, beispielsweise wenn die Beihilfe fast die zulässige Obergrenze erreicht, kann es erforderlich sein, einen Überwachungs- und Rückforderungsmechanismus einzuführen, wobei jedoch Anreize für die Beihilfeempfänger bestehen bleiben sollten, ihre Kosten möglichst niedrig zu halten und ihre Geschäftstätigkeit im Laufe der Zeit effizienter zu gestalten.

4.9.4.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(382)

Abschnitt 3.2.2 gilt nicht für Energieinfrastruktur. Zur Ermittlung der Auswirkungen staatlicher Beihilfen für Energieinfrastruktur auf den Wettbewerb wird die Kommission dem nachstehend dargelegten Ansatz folgen:

a)

In Anbetracht der in den Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt verankerten Voraussetzungen, die den Wettbewerb stärken sollen, wird die Kommission in der Regel davon ausgehen, dass Beihilfen für Energieinfrastruktur, die in vollem Umfang der Binnenmarktregulierung unterliegen, keine übermäßigen verzerrenden Auswirkungen haben. (145)

b)

Bei Infrastrukturvorhaben, die ganz oder teilweise von den Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt ausgenommen sind, wird die Kommission die potenziellen Wettbewerbsverzerrungen jeweils im Einzelfall prüfen; dabei wird sie insbesondere die Zugangsmöglichkeiten für Dritte zu der geförderten Infrastruktur, den Zugang zu alternativer Infrastruktur, die Verdrängung privater Investitionen und die Wettbewerbsposition des bzw. der Beihilfeempfänger berücksichtigen. Bei Infrastruktur, die vollständig von den Rechtsvorschriften zum Energiebinnenmarkt ausgenommen ist, werden die negativen verzerrenden Auswirkungen als besonders schwerwiegend angesehen.

c)

Neben dem unter den Buchstaben a und b dargelegten Ansatz ist die Kommission der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten bei Investitionen in Erdgasinfrastruktur die folgenden positiven Auswirkungen auf den Wettbewerb nachweisen müssen, die geeignet sind, die negativen Auswirkungen auszugleichen. So müssen sie darlegen, i) ob die Infrastruktur für die Nutzung von Wasserstoff bereit ist und zu einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Gase führt, oder alternativ begründen, weshalb es nicht möglich ist, das Vorhaben so zu gestalten, dass es für die Nutzung von Wasserstoff bereit ist, und weshalb das Vorhaben nicht zu einer Festlegung auf die Nutzung von Erdgas führt, und ii) inwieweit die Investition zur Erreichung des Klimaziels der Union für 2030 und des Unionsziels der Klimaneutralität bis 2050 beiträgt.

d)

Bei der Förderung von Stromspeicheranlagen — und anderen Infrastrukturen im Rahmen von Vorhaben von gemeinsamem Interesse oder Vorhaben von gegenseitigem Interesse, die nicht den Binnenmarktvorschriften unterliegen — wird die Kommission insbesondere die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen auf verbundenen Dienstleistungsmärkten und anderen Energiemärkten prüfen.

4.10.   Beihilfen für Fernwärme und Fernkälte

4.10.1.   Begründung der Beihilfe

(383)

Aufbau und Modernisierung von Fernwärme- und Fernkältesystemen können einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten, indem Energieeffizienz und Nachhaltigkeit des geförderten Systems verbessert werden. Die sektorspezifischen Rechtsvorschriften über die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Richtlinie (EU) 2018/2001) verpflichten die Mitgliedstaaten ausdrücklich dazu, die notwendigen Schritte zur Entwicklung effizienter Fernwärme- und -kälteinfrastruktur zu unternehmen, um die Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu fördern. (146)

(384)

Die externen Umwelteffekte des Betriebs von Fernwärme- und Fernkältesystemen können jedoch zu ineffizientem Investitionsmangel im Bereich des Aufbaus und der Modernisierung von Fernwärme- und Fernkältesystemen führen. Staatliche Beihilfen können zur Behebung dieses Marktversagens beitragen, indem sie zusätzliche effiziente Investitionen anstoßen oder zur Deckung außergewöhnlicher Betriebskosten beitragen, die angesichts der Notwendigkeit anfallen, den ökologischen Zweck von Fernwärmesystemen zu fördern.

4.10.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(385)

Unterstützung, die sich auf Fernwärmenetze beschränkt, kann unter bestimmten Umständen als Infrastrukturmaßnahme, die Wettbewerb und Handel nicht beeinträchtigt, von der Beihilfenkontrolle ausgenommen werden. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn Fernwärmenetze durch Trennung von der Wärmeerzeugung, Netzzugang Dritter und regulierte Tarifen genau wie andere Energieinfrastrukturen betrieben werden.

(386)

Unter solchen Umständen gelten, wenn die Fernwärmenetze im Rahmen eines natürlichen und/oder rechtlichen Monopols betrieben werden, dieselben Voraussetzungen wie unter den Randnummern 374 und 375 dargelegt. (147)

(387)

Sofern ein Vorhaben nicht von der Beihilfenkontrolle ausgenommen ist (siehe Randnummer 385 (148)), wird die Kommission es gemäß den Ausführungen in diesem Abschnitt prüfen.

(388)

Dieser Abschnitt gilt für Beihilfen für den Bau, die Modernisierung oder den Betrieb von Wärme- oder Kälteerzeugungs- und -speicheranlagen oder von Verteilnetzen oder für beides.

(389)

Entsprechende Beihilfemaßnahmen betreffen in der Regel den Bau, die Modernisierung und den Betrieb der Erzeugungseinheit zur Nutzung von erneuerbarer Energie (149), Abwärme oder hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung einschließlich Wärmespeicherlösungen oder die Modernisierung des Verteilnetzes zwecks Verringerung der Verluste und Steigerung der Effizienz, einschließlich intelligenter und digitaler Lösungen (150). Beihilfen für die Energiegewinnung aus Abfall können auf der Grundlage dieses Abschnitts als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, soweit sich die Energiegewinnung auf Abfall beschränkt, der unter die Definition des Begriffs „erneuerbare Energiequellen“ fällt, oder auf Abfall, der für den Betrieb von Anlagen verwendet wird, welche der Definition des Begriffs „hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung“ entsprechen.

(390)

Wenn eine Beihilfe für die Modernisierung eines Fernwärme- oder Fernkältesystems gewährt wird, ohne dass zu dem Zeitpunkt der Standard für effiziente Wärme- und Kälteversorgung (151) erfüllt wird, muss der Mitgliedstaat zusagen, dass er sicherstellen wird, dass der Beihilfeempfänger innerhalb von drei Jahren nach den Modernisierungsarbeiten mit den Arbeiten zur Erreichung dieses Standards beginnt.

4.10.3.   Erforderlichkeit und Geeignetheit

(391)

Die Abschnitte 3.2.1.1 und 3.2.1.2 gelten nicht für Beihilfen für Fernwärme oder Fernkälte. Die Kommission ist der Auffassung, dass staatliche Beihilfen zur Behebung von Marktversagen beitragen können, indem sie die für die Schaffung, Erweiterung oder Modernisierung energieeffizienter Fernwärme- und Fernkältesysteme erforderlichen Investitionen anstoßen.

(392)

Die Betriebskosten sollten in der Regel von den Wärmeverbrauchern getragen werden, weshalb Beihilfen zur Deckung dieser Kosten in der Regel nicht erforderlich sein sollten. Weist ein Mitgliedstaat jedoch nach, dass die Betriebskosten nicht ohne Beeinträchtigung des Umweltschutzes an die Wärmeverbraucher weitergegeben werden können, so können Betriebsbeihilfen für die Wärmeerzeugung als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, sofern die (im Vergleich zu einem kontrafaktischen Szenario anfallenden) Nettobetriebsmehrkosten zur Verbesserung des Umweltschutzes beitragen (z. B. Verringerung der Emissionen von CO2 und sonstigen Schadstoffen im Vergleich zu alternativen Heizlösungen (152)). Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Beweise dafür vorliegen, dass private Wärmeverbraucher (oder andere Einheiten, die keine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben) ohne die Betriebsbeihilfen zu umweltschädlicheren Wärmequellen wechseln würden (153) oder dass ohne Beihilfen die langfristige Rentabilität des Fernwärmesystems zum Vorteil umweltschädlicherer Heizlösungen gefährdet wäre. Für Betriebsbeihilfen für Fernwärmeerzeugungsanlagen gelten die Randnummern 122 und 126.

(393)

Außerdem können staatliche Beihilfen für effiziente Fernwärme- und Fernkältesysteme, die Abfall als Energiequelle nutzen, einen positiven Beitrag zum Umweltschutz leisten, sofern dabei der Grundsatz der Abfallhierarchie (154) nicht umgangen wird.

4.10.4.   Angemessenheit der Beihilfemaßnahme

(394)

Die Angemessenheit der Beihilfe wird anhand des Grundsatzes der Finanzierungslücke gemäß den Randnummern 48, 51 und 52 bewertet.

(395)

Im Bereich des Aufbaus, der Modernisierung und des Betriebs von Verteilnetzen besteht das kontrafaktische Szenario, wie unter Randnummer 52 dargelegt, darin, dass das Vorhaben nicht durchgeführt würde.

4.10.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel sowie Abwägungsprüfung

(396)

Abschnitt 3.2.2 gilt nicht für Beihilfen für Fernwärme oder Fernkälte. Die Kommission ist der Auffassung, dass Fördermaßnahmen für die Modernisierung, den Aufbau oder den Betrieb von Fernwärme- und Fernkältesystemen, die auf den umweltschädlichsten fossilen Brennstoffen wie Steinkohle, Braunkohle, Öl und Diesel beruhen, negative Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel haben, die wahrscheinlich nicht ausgeglichen werden können, außer wenn die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Beihilfe ist auf Investitionen in das Verteilnetz beschränkt.

b)

Das Verteilnetz ist bereits für den Transport von Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energiequellen, Abwärme oder CO2-neutralen Quellen geeignet.

c)

Die Beihilfe führt nicht zu einem Anstieg der Energieerzeugung aus den umweltschädlichsten fossilen Brennstoffen (z. B. durch den Anschluss weiterer Kunden) (155).

d)

Mit Blick auf das Klimaziel der Union für 2030 und das Unionsziel der Klimaneutralität bis 2050 gibt es einen klaren Zeitplan mit festen Zusagen für die Abkehr von den umweltschädlichsten fossilen Brennstoffen. (156)

(397)

Was den Bau, die Modernisierung oder den Betrieb von Fernwärmeerzeugungsanlagen betrifft, so können Maßnahmen, die Anreize für neue Investitionen in erdgasbasierte Energieerzeugungsanlagen oder für deren Betrieb schaffen, zwar kurzfristig die Treibhausgasemissionen senken, bewirken längerfristig jedoch stärkere negative externe Umwelteffekte als alternative Investitionen oder kontrafaktische Szenarien. Solche Investitionen in erdgasbasierte Erzeugungsanlagen oder der Betrieb solcher Anlagen können nur dann als positiv für die Umwelt angesehen werden, wenn die Mitgliedstaaten erläutern, wie sie sicherstellen werden, dass die Beihilfe zur Erreichung des Klimaziels der Union für 2030 und des Unionsziels der Klimaneutralität bis 2050 beiträgt, und dabei insbesondere darlegen, wie eine Festlegung auf die Energieerzeugung aus Erdgas und eine Verdrängung von Investitionen in sauberere Alternativen, die bereits auf dem Markt verfügbar sind, vermieden werden, damit die Entwicklung saubererer Technologien und deren Nutzung nicht behindert werden. Beispiele für solche Vorkehrungen wären verbindliche Zusagen des Beihilfeempfängers, CCS/CCU umzusetzen, Erdgas durch erneuerbares oder CO2-armes Gas zu ersetzen oder die Anlage innerhalb eines Zeitrahmens, der mit den Klimazielen der Union im Einklang steht, stillzulegen.

(398)

Bei der Analyse der Auswirkungen staatlicher Beihilfen für Fernwärme- und Fernkältesysteme auf den Wettbewerb wird die Kommission eine Abwägungsprüfung vornehmen, bei der die Vorteile des Vorhabens in Bezug auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit (157) gegen die negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb und insbesondere die möglichen negativen Auswirkungen auf alternative Technologien oder Anbieter von Wärme- und Kältediensten und -netzen abgewogen werden. In diesem Zusammenhang wird die Kommission berücksichtigen, ob das Fernwärmesystem für Dritte zugänglich (158) ist oder sein kann und ob nachhaltige alternative Lösungen für die Wärmeversorgung (159) möglich sind.

4.11.   Beihilfen in Form einer Ermäßigung der Stromabgaben für energieintensive Unternehmen

4.11.1.   Begründung der Beihilfe

(399)

Der Wandel der Wirtschaft der Union im Einklang mit der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal wird teilweise durch Abgaben auf den Stromverbrauch finanziert. Zur Verwirklichung des Grünen Deals müssen die Mitgliedstaaten ehrgeizige Dekarbonisierungsstrategien einführen, damit die Treibhausgasemissionen der Union bis 2030 erheblich sinken und bis 2050 die Klimaneutralität erreicht wird. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass die Mitgliedstaaten solche Strategien weiterhin über Abgaben finanzieren werden, die daher steigen könnten. Die Finanzierung der Dekarbonisierungsförderung über Abgaben ist als solche nicht gegen negative externe Effekte gerichtet. Daher handelt es sich bei diesen Abgaben nicht um Umweltabgaben im Sinne dieser Leitlinien, und Abschnitt 4.7.1 findet daher auf diese Abgaben keine Anwendung.

(400)

Wenn Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige, die besonders stark dem internationalen Handel ausgesetzt und für ihre Wertschöpfung in hohem Maße auf Strom angewiesen sind, Stromverbrauchsabgaben, mit denen energie- und umweltpolitische Ziele finanziert werden, in voller Höhe zahlen müssten, könnte das Risiko steigen, dass Tätigkeiten in diesen Wirtschaftszweigen an Standorte außerhalb der Union verlagert werden, an denen es keine Umweltstandards gibt oder diese weniger anspruchsvoll sind. Darüber hinaus erhöhen solche Abgaben die Stromkosten im Vergleich zu den Kosten direkter Emissionen, die sich aus dem Rückgriff auf andere Energiequellen ergeben, und können daher Unternehmen veranlassen, von der Elektrifizierung von Produktionsprozessen abzusehen, obschon diese Elektrifizierung für die erfolgreiche Dekarbonisierung der Wirtschaft der Union von zentraler Bedeutung ist. Um diese Risiken und negative Auswirkungen auf die Umwelt zu mindern, können die Mitgliedstaaten diese Abgaben für Unternehmen, die in den betreffenden Wirtschaftszweigen tätig sind, ermäßigen.

(401)

In diesem Abschnitt werden die Kriterien erläutert, die die Kommission zugrunde legen wird, wenn sie die Entwicklung einer Wirtschaftstätigkeit, den Anreizeffekt, die Erforderlichkeit, Geeignetheit und Angemessenheit sowie die Auswirkungen von Ermäßigungen der Stromabgaben für bestimmte energieintensive Unternehmen auf den Wettbewerb prüft. Die in Kapitel 3 festgelegten Vereinbarkeitskriterien gelten nur, soweit in Abschnitt 4.11 keine spezifischen Vorschriften vorgesehen sind.

(402)

Die Kommission hat anhand geeigneter Maßnahmen die Wirtschaftszweige ermittelt, bei denen die unter Randnummer 400 genannten Risiken besonders groß sind, und Anforderungen in Bezug auf die Angemessenheit eingeführt; dabei hat sie berücksichtigt, dass die Abgabenermäßigungen weder zu hoch angesetzt noch einer zu großen Zahl von Stromverbrauchern gewährt werden dürfen, da andernfalls die Finanzierung der Förderung erneuerbarer Energien insgesamt gefährdet werden und besonders starke Verzerrungen von Wettbewerb und Handel auftreten könnten.

4.11.2.   Anwendungsbereich: Für die Gewährung von Ermäßigungen infrage kommende Abgaben

(403)

Die Mitgliedstaaten können Ermäßigungen der Stromverbrauchsabgaben gewähren, mit denen energie- und umweltpolitische Ziele finanziert werden. Dazu gehören Abgaben, mit denen die Förderung erneuerbarer Energiequellen oder von Kraft-Wärme-Kopplung finanziert wird, sowie Abgaben, mit denen Sozialtarife oder Energiepreise für abgelegene Regionen finanziert werden. Abschnitt 4.11 bezieht sich nicht auf Abgaben, die einen Teil der Kosten für die Stromversorgung der betreffenden Beihilfeempfänger ausmachen. So fallen beispielsweise Befreiungen von Netzentgelten oder von Entgelten zur Finanzierung von Kapazitätsmechanismen nicht unter diesen Abschnitt. Auch Abgaben, die auf den Verbrauch von Energie in anderer Form, insbesondere von Erdgas, erhoben werden, fallen nicht unter diesen Abschnitt.

(404)

Die Standortentscheidungen von Unternehmen und die damit verbundenen negativen Umweltauswirkungen hängen von der finanziellen Gesamtwirkung der Abgaben ab, für die Ermäßigungen gewährt werden können. Daher müssen Mitgliedstaaten, die eine auf der Grundlage dieses Abschnitts zu prüfende Maßnahme einführen wollen, alle derartigen Ermäßigungen in eine einzige Beihilferegelung aufnehmen und die Kommission im Rahmen der Anmeldung über die Gesamtwirkung aller beihilfefähigen Abgaben und aller geplanten Ermäßigungen unterrichten. Sollte ein Mitgliedstaat zu einem späteren Zeitpunkt beschließen, zusätzliche Ermäßigungen in Bezug auf unter diesen Abschnitt fallende Abgaben einzuführen, muss er eine Änderung der bestehenden Beihilferegelung anmelden.

4.11.3.   Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel

4.11.3.1.   Beihilfefähigkeit

(405)

Bei Abgaben, die unter Abschnitt 4.11.2 fallen, hängt das Risiko, dass Tätigkeiten in bestimmten Wirtschaftszweigen an Standorte außerhalb der Europäischen Union verlagert werden, an denen es keine Umweltstandards gibt oder diese weniger anspruchsvoll sind, weitgehend von der Stromintensität des betreffenden Wirtschaftszweigs und dessen Öffnung für den internationalen Handel ab. Somit können Beihilfen nur Unternehmen aus folgenden Wirtschaftszweigen gewährt werden:

a)

Wirtschaftszweige mit erheblichem Verlagerungsrisiko, bei denen die Multiplikation der Handels- mit der Stromintensität auf Unionsebene mindestens 2 % ergibt und deren Handels- und Stromintensität auf Unionsebene jeweils mindestens 5 % beträgt,

b)

Wirtschaftszweige mit Verlagerungsrisiko, bei denen die Multiplikation der Handels- mit der Stromintensität auf Unionsebene mindestens 0,6 % ergibt und deren Handels- und Stromintensität auf Unionsebene jeweils mindestens 4 % bzw. 5 % beträgt.

Die Wirtschaftszweige, die diese Förderkriterien erfüllen, sind in Anhang I aufgeführt.

(406)

Ein Sektor oder Teilsektor (160), der nicht in Anhang I aufgeführt ist, gilt ebenfalls als beihilfefähig, wenn er die Beihilfefähigkeitskriterien unter Randnummer 405 erfüllt und die Mitgliedstaaten dies anhand von Daten nachweisen, die für den Sektor oder Teilsektor auf Unionsebene repräsentativ sind (161), von einem unabhängigen Sachverständigen überprüft wurden und sich auf einen Zeitraum von mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren beziehen, der frühestens 2013 beginnt.

(407)

Wenn ein Mitgliedstaat nur bestimmte beihilfefähige Unternehmen unterstützt oder beihilfefähigen Unternehmen derselben, unter Randnummer 405 Buchstabe a oder b genannten Gruppe unterschiedlich hohe Ermäßigungen gewährt, muss er nachweisen, dass diese Entscheidung jeweils auf objektiven, diskriminierungsfreien und transparenten Kriterien beruht und die Beihilfen grundsätzlich für alle beihilfefähigen Unternehmen eines Wirtschaftszweigs in derselben Weise gewährt werden, sofern sie sich in einer ähnlichen Lage befinden.

4.11.3.2.   Angemessenheit der Beihilfemaßnahme

(408)

Die Kommission wird eine Beihilfe als angemessen betrachten, wenn die Beihilfeempfänger aus den unter Randnummer 405 Buchstaben a und b genannten Wirtschaftszweigen mindestens 15 % bzw. 25 % der Kosten aus den Stromabgaben, die der Mitgliedstaat in seine Beihilferegelung aufgenommen hat, selbst tragen müssen. Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass eine Beihilfe nur dann angemessen ist, wenn die Ermäßigungen nicht dazu führen, dass die betreffende Abgabe unter 0,5 EUR/MWh sinkt.

(409)

Ein Eigenbeitrag im Einklang mit Randnummer 408 könnte jedoch über das Maß hinausgehen, das für besonders stark betroffene Unternehmen tragbar ist. Daher können die Mitgliedstaaten die aus den Stromabgaben resultierenden Zusatzkosten stattdessen auf 0,5 % der Bruttowertschöpfung (BWS) der Unternehmen aus den unter Randnummer 405 Buchstabe a genannten Sektoren und auf 1 % der BWS der Unternehmen aus den unter Randnummer 405 Buchstabe b genannten Sektoren beschränken. Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass eine Beihilfe nur dann angemessen ist, wenn die Ermäßigungen nicht dazu führen, dass die betreffende Abgabe unter 0,5 EUR/MWh sinkt.

(410)

Die Kommission wird die Beihilfe als angemessen betrachten, wenn die Anwendung der höheren Beihilfeintensitäten gemäß den Randnummern 408 und 409 auf die Unternehmen der unter Randnummer 405 Buchstabe b genannten Sektoren ausgeweitet wird, sofern die betreffenden Unternehmen den CO2-Fußabdruck ihres Stromverbrauchs verringern. Zu diesem Zweck müssen die Beihilfeempfänger mindestens 50 % ihres Strombedarfs aus CO2-freien Energiequellen decken, wovon entweder mindestens 10 % durch ein Termininstrument wie einen Strombezugsvertrag oder mindestens 5 % durch vor Ort oder in der Nähe des Standorts erzeugten Strom gedeckt werden müssen.

(411)

Für die Zwecke der Randnummer 409 ist unter der BWS eines Unternehmens die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten zu verstehen, d. h. die BWS zu Marktpreisen abzüglich indirekter Steuern und zuzüglich Subventionen. Die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten kann berechnet werden aus dem Umsatz plus selbsterstellte Sachanlagen plus andere betriebliche Erträge plus oder minus Vorratsveränderungen, minus Käufe von Waren und Dienstleistungen (162), minus andere Steuern auf Produkte, die mit dem Umsatz verbunden, aber nicht absetzbar sind, minus mit der Produktion verbundene Zölle und Steuern. Alternativ kann die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten durch Addition des Bruttobetriebsüberschusses und der Personalkosten berechnet werden. Einnahmen und Ausgaben, die in den Unternehmensabschlüssen als finanziell oder außerordentlich eingestuft werden, fließen nicht in die Wertschöpfung ein. Die Bruttowertschöpfung zu Faktorkosten wird in Bruttozahlen berechnet, da Wertanpassungen (etwa aufgrund von Abschreibung) nicht abgezogen werden (163).

(412)

Für die Zwecke der Randnummer 411 wird der arithmetische Mittelwert der letzten 3 Jahre verwendet, für die BWS-Daten verfügbar sind.

4.11.3.3.   Form der staatlichen Beihilfe

(413)

Die Mitgliedstaaten können die Beihilfe in Form einer Ermäßigung der Abgaben, in Form eines festen jährlichen Ausgleichsbetrags (Erstattung) oder als Kombination der beiden Formen gewähren (164). Wird die Beihilfe in Form einer Abgabenermäßigung gewährt, so muss ein Ex-post-Überwachungsmechanismus eingerichtet werden, der gewährleistet, dass eine etwaige Überkompensation bis zum 1. Juli des Folgejahres zurückgezahlt wird. Wird die Beihilfe in Form einer Erstattung gewährt, so muss diese anhand des festgestellten Stromverbrauchs und gegebenenfalls der Bruttowertschöpfung während des Zeitraums berechnet werden, in dem die beihilfefähigen Abgaben erhoben wurden.

4.11.3.4.   Energieaudits und Energiemanagementsysteme

(414)

Bei Beihilfen, die auf der Grundlage des Abschnitts 4.11 gewährt werden, müssen sich die Mitgliedstaaten verpflichten zu überprüfen, dass die Empfänger ihrer Pflicht nachkommen, ein Energieaudit im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie 2012/27/EU durchzuführen. Das Energieaudit kann entweder in Form eines eigenständigen Energieaudits oder im Rahmen eines zertifizierten Energiemanagement- oder Umweltmanagementsystems im Sinne des Artikels 8 der Energieeffizienzrichtlinie durchgeführt werden.

(415)

Zudem müssen die Mitgliedstaaten zusagen zu überwachen, dass alle Beihilfeempfänger, die nach Artikel 8 Absatz 4 der Richtlinie 2012/27/EU verpflichtet sind, ein Energieaudit durchzuführen, mindestens eine der folgenden Maßnahmen ergreifen:

a)

die Empfehlungen im Audit-Bericht umsetzen, soweit die Amortisationszeit für die einschlägigen Investitionen 3 Jahre nicht übersteigt und die Kosten für ihre Investitionen angemessen sind,

b)

den CO2-Fußabdruck ihres Stromverbrauchs verringern, sodass sie mindestens 30 % ihres Strombedarfs aus CO2-freien Energiequellen decken,

c)

einen erheblichen Anteil von mindestens 50 % des Beihilfebetrags in Vorhaben investieren, die zu einer erheblichen Verringerung der Treibhausgasemissionen der Anlage führen; gegebenenfalls sollte diese Investition zu Reduktionen deutlich unter den entsprechenden Richtwert führen, der für die kostenlose Zuteilung im Emissionshandelssystem der Union verwendet wird.

4.11.3.5.   Übergangsvorschriften

(416)

Um problematische Änderungen bei der Abgabenbelastung einzelner Unternehmen, die die Beihilfefähigkeitskriterien des Abschnitts 4.11 nicht erfüllen, zu vermeiden, können die Mitgliedstaaten für diese Unternehmen einen Übergangsplan erstellen. Der Übergangsplan wird nur für die Unternehmen erstellt, die die beiden folgenden kumulativen Kriterien erfüllen:

a)

Sie haben in mindestens einem der zwei Jahre vor der Anpassung gemäß Randnummer 468 Buchstabe a eine Beihilfe in Form ermäßigter Abgaben im Rahmen einer nationalen Beihilferegelung erhalten, die auf der Grundlage des Abschnitts 3.7.2 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (165) für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wurden.

b)

Zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe gemäß Randnummer 416 Buchstabe a erfüllten sie die in Abschnitt 3.7.2 der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 festgelegten Beihilfefähigkeitskriterien.

(417)

Der Übergangsplan sieht eine schrittweise und vollständige Angleichung an die Voraussetzungen vor, die sich aus der Anwendung der in Abschnitt 4.11 genannten Kriterien für die Beihilfefähigkeit und Angemessenheit ergeben; die Angleichung muss bis 2028 abgeschlossen werden und nach folgendem Zeitplan erfolgen:

a)

Für die in den Jahren bis 2026 anfallenden Abgaben tragen die betreffenden Unternehmen mindestens 35 % der Kosten aus den Stromabgaben, die der Mitgliedstaat in seine Beihilferegelung aufgenommen hat, oder sie zahlen einen Betrag, der 1,5 % ihrer BWS entspricht.

b)

Für die im Jahr 2027 anfallenden Abgaben tragen die betreffenden Unternehmen mindestens 55 % der Kosten aus den Stromabgaben, die der Mitgliedstaat in seine Beihilferegelung aufgenommen hat, oder sie zahlen einen Betrag, der 2,5 % ihrer BWS entspricht.

c)

Für die im Jahr 2028 anfallenden Abgaben tragen die betreffenden Unternehmen mindestens 80 % der Kosten aus den Stromabgaben, die der Mitgliedstaat in seine Beihilferegelung aufgenommen hat, oder sie zahlen einen Betrag, der 3,5 % ihrer BWS entspricht.

(418)

Der Übergangsplan kann gestatten, dass die unter Randnummer 417 Buchstabe a genannten Beihilfeintensitäten während des gesamten Übergangszeitraums angewandt werden, sofern die betreffenden Unternehmen den CO2-Fußabdruck ihres Stromverbrauchs verringern. Zu diesem Zweck müssen die Beihilfeempfänger mindestens 50 % ihres Strombedarfs aus CO2-freien Energiequellen decken, wovon entweder mindestens 10 % durch ein Termininstrument wie einen Strombezugsvertrag oder mindestens 5 % durch vor Ort oder in der Nähe des Standorts erzeugten Strom gedeckt werden müssen.

(419)

Die Kommission ist der Auffassung, dass nicht angemeldete Beihilfen, die in Form ermäßigter Stromabgaben für energieintensive Unternehmen in der Zeit vor der Veröffentlichung dieser Leitlinien gewährt wurden, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können, wenn die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Beihilfe war für die Entwicklung der von den Empfängern ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten erforderlich.

b)

Übermäßige Wettbewerbsverzerrungen wurden vermieden.

4.12.   Beihilfen für die Stilllegung von Kohle-, Torf- oder Ölschieferkraftwerken und die Beendigung des Abbaus von Kohle, Torf oder Ölschiefer

(420)

Die Beendigung der Stromerzeugung auf Basis von Kohle, Torf oder Ölschiefer gehört zu den wichtigsten Triebkräften für die Dekarbonisierung im Stromsektor der Union. Die Abschnitte 4.12.1 und 4.12.2 enthalten die Vereinbarkeitsregeln für zwei Arten von Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen können, um die Stilllegung von Kraftwerken, in denen Kohle (Stein- und Braunkohle), Torf oder Ölschiefer verbrannt wird, und die Beendigung des Abbaus dieser Brennstoffe (zusammen im Folgenden „Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten“) zu fördern.

(421)

In den Abschnitten 4.12.1 und 4.12.2 werden die Kriterien erläutert, die die Kommission bei der Bewertung des Anreizeffekts, der Erforderlichkeit, Geeignetheit und Angemessenheit sowie der Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel zugrunde legen wird. Die in Kapitel 3 festgelegten Vereinbarkeitskriterien gelten nur für diejenigen Kriterien, für die die Abschnitte 4.12.1 und 4.12.2 keine spezifischen Vorschriften vorsehen.

(422)

Die Beschleunigung der Energiewende in Mitgliedstaaten mit sehr niedrigem Pro-Kopf-Einkommen stellt eine besondere Herausforderung dar. Um den ökologischen Wandel in den am stärksten betroffenen Regionen durch Abkehr von den umweltschädlichsten Energiequellen zu unterstützen, müssen die Mitgliedstaaten die Einstellung von Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten möglicherweise mit einer gleichzeitigen Investition in eine umweltfreundlichere Energieerzeugung z. B. aus Erdgas kombinieren. Die Kommission kann ihre Bewertung solcher Investitionen in Mitgliedstaaten, deren reales Pro-Kopf-BIP zu Marktpreisen in Euro bis zu 35 % des Unionsdurchschnitts im Jahr 2019 entspricht, ausnahmsweise bis zum 31. Dezember 2023 auf Kriterien stützen, die von diesen Leitlinien abweichen. Unter diese Randnummer fallende Vorhaben müssen

a)

eine gleichzeitige Stilllegung von Kraftwerken bis spätestens 2026 vorsehen, die Kohle, Torf oder Ölschiefer nutzen und über mindestens die gleiche Kapazität wie das neue, von der Investition betroffene Kraftwerk verfügen,

b)

Mitgliedstaaten betreffen, die über keinen Kapazitätsmechanismus verfügen und zusagen, die erforderlichen Marktreformen durchzuführen, damit die Stromversorgungssicherheit in Zukunft ohne Rückgriff auf Einzelfördermaßnahmen gewährleistet werden kann, und

c)

mit Blick auf die Zielvorgaben für 2030 und 2050 (siehe Randnummer 129) Teil einer glaubwürdigen und ehrgeizigen Dekarbonisierungsstrategie sein, die auch die Vermeidung verlorener Vermögenswerte einschließt.

4.12.1.   Beihilfen für die vorzeitige Einstellung rentabler Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten

4.12.1.1.   Begründung der Beihilfe

(423)

Die Abkehr von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten wird vor allem durch Regulierung, Marktkräfte wie die Auswirkungen der CO2-Preise und den Wettbewerb durch erneuerbare Energiequellen mit niedrigen Grenzkosten angetrieben.

(424)

Die Mitgliedstaaten können jedoch beschließen, diesen marktgetriebenen Wandel zu beschleunigen, indem sie die Erzeugung von Strom auf Basis dieser Brennstoffe ab einem bestimmten Zeitpunkt verbieten. Durch solche Verbote kann es dazu kommen, dass rentable Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten vor dem Ende ihrer wirtschaftlichen Lebensdauer eingestellt werden müssen, sodass den Unternehmen Gewinne entgehen. Die Mitgliedstaaten möchten unter Umständen außerhalb von Gerichtsverfahren einen Ausgleich gewähren, um für Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit sorgen und so den ökologischen Wandel zu begünstigen.

4.12.1.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(425)

In diesem Abschnitt wird dargelegt, welche Vereinbarkeitskriterien Maßnahmen erfüllen müssen, die zur Beschleunigung der Einstellung rentabler Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten und zur Gewährung eines Ausgleichs für die betroffenen Unternehmen ergriffen werden. Ein solcher Ausgleich würde in der Regel auf der Grundlage der Gewinne berechnet, die den betreffenden Unternehmen aufgrund der vorzeitigen Einstellung entgangen sind. Er kann auch zusätzliche Kosten abdecken, die den Unternehmen entstehen, z. B. im Zusammenhang mit zusätzlichen sozialen und Umweltkosten, wenn diese Kosten unmittelbar durch die vorzeitige Einstellung der rentablen Tätigkeiten verursacht werden. Die zusätzlichen Kosten dürfen keine Kosten beinhalten, die auch im kontrafaktischen Szenario angefallen wären.

(426)

Mit den unter diesen Abschnitt fallenden Maßnahmen kann die Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Gebiete gefördert werden. Solche Maßnahmen können beispielsweise Raum für die Entwicklung anderer Stromerzeugungstätigkeiten im Einklang mit dem Gründen Deal schaffen, um die durch die vorzeitige Einstellung verursachte Verringerung der Stromerzeugungskapazität auszugleichen. Es muss gewährleistet sein, dass diese Entwicklung ohne die Maßnahme nicht in gleichem Maße stattfinden würde. Darüber hinaus können die dank solcher Maßnahmen größere Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit dazu beitragen, die vorgegebene Einstellung von Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten zu erleichtern.

4.12.1.3.   Anreizeffekt

(427)

Die Maßnahme muss dazu führen, dass die Betreiber ihr wirtschaftliches Verhalten dahin gehend ändern, dass sie ihre Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten vor dem Ende der wirtschaftlichen Lebensdauer einstellen. Um festzustellen, ob dies der Fall ist, wird die Kommission das faktische Szenario (d. h. die Auswirkungen der Maßnahme) mit einem kontrafaktischen Szenario (d. h. der Situation ohne die Maßnahme) vergleichen. Die Maßnahme sollte nicht zu einer Umgehung der Vorschriften für Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit führen.

4.12.1.4.   Erforderlichkeit und Geeignetheit

(428)

Die Kommission ist der Auffassung, dass eine Maßnahme erforderlich ist, wenn der Mitgliedstaat nachweisen kann, dass die Maßnahme auf eine Situation ausgerichtet ist, in der sie wesentliche Verbesserungen bewirken kann, die der Markt allein nicht herbeiführen kann. Zum Beispiel wäre dies der Fall, wenn die Maßnahme die Einstellung der Stromerzeugung auf Basis von Kohle, Torf oder Ölschiefer ermöglicht und damit einen Beitrag zur Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Stromerzeugung aus alternativen Quellen leistet, die ohne die Maßnahme nicht in gleichem Maße erfolgen würde. In diesem Zusammenhang kann die Kommission auch prüfen, ob der Markt allein ohne die Maßnahme eine ähnliche Verringerung der CO2-Emissionen erreicht hätte oder ob die Maßnahme erheblich dazu beiträgt, Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit zu schaffen, die ohne die Maßnahme nicht bestanden hätten, und so den ökologischen Wandel erleichtert.

(429)

Darüber hinaus sollte der Mitgliedstaat nachweisen, dass die Maßnahme ein geeignetes Instrument für die Verwirklichung des mit der Beihilfe angestrebten Ziels ist, d. h., es darf kein Politik- und Beihilfeinstrument geben, mit dem dieselben Ergebnisse erzielt werden könnten, aber geringere Verzerrungen bewirkt würden. Zum Beispiel könnte eine Maßnahme gezielt darauf ausgerichtet sein, einen Beitrag zur Entwicklung der Stromerzeugung aus alternativen Quellen zu leisten, und gleichzeitig die Auswirkungen auf das Funktionieren des Strommarkts und die Beschäftigung abfedern, bzw. die Einstellung der betreffenden Tätigkeit vorhersehbar machen und gleichzeitig zur Erreichung der Zielvorgaben für die Verringerung der CO2-Emissionen beitragen.

4.12.1.5.   Angemessenheit

(430)

Die Beihilfen müssen im Einklang mit Abschnitt 3.2.1.3 grundsätzlich im Rahmen einer Ausschreibung anhand eindeutiger, transparenter und diskriminierungsfreier Kriterien gewährt werden (166). Diese Anforderung gilt nicht, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass im Rahmen einer Ausschreibung aus objektiven Gründen wahrscheinlich kein hinreichender Wettbewerb herrschen würde. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Zahl der möglichen Teilnehmer begrenzt ist, sofern dies nicht auf diskriminierende Teilnahmekriterien zurückzuführen ist.

(431)

Wird die Beihilfe im Rahmen einer Ausschreibung gewährt, so geht die Kommission davon aus, dass die Beihilfe angemessen und auf das erforderliche Minimum beschränkt ist.

(432)

Wenn keine Ausschreibung durchgeführt wird, prüft die Kommission die Angemessenheit, d. h. ob die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt ist, auf Einzelfallbasis. In diesem Zusammenhang wird die Kommission die Annahmen, die der Mitgliedstaat bei der Ermittlung der entgangenen Gewinne und zusätzlichen Kosten, auf deren Grundlage der Ausgleich für die vorzeitige Einstellung berechnet wurde, im Detail analysieren, indem sie die erwartete Rentabilität beim faktischen und beim kontrafaktischen Szenario miteinander vergleicht. Das kontrafaktische Szenario sollte auf hinreichend begründeten Annahmen und realistischen Marktentwicklungen beruhen und die voraussichtlichen Einnahmen und Kosten jeder einzelnen Einheit widerspiegeln, wobei mögliche direkte funktionale Verbindungen zwischen Einheiten zu berücksichtigen sind.

(433)

Wenn die Einstellung der Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten mehr als drei Jahre nach der Gewährung des Ausgleichs erfolgt, muss der Mitgliedstaat einen Mechanismus einführen, anhand dessen die Berechnung des Ausgleichs auf der Grundlage der jüngsten Annahmen aktualisiert wird, außer wenn er darlegen kann, warum ein solcher Mechanismus im vorliegenden Fall aufgrund außergewöhnlicher Umstände nicht gerechtfertigt wäre.

4.12.1.6.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(434)

Der Mitgliedstaat muss den erwarteten Umweltnutzen der Maßnahme bestimmen und quantifizieren, möglichst unter Angabe der Höhe der Beihilfe pro vermiedener Tonne Emissionen in CO2-Äquivalenten. Darüber hinaus wird die Kommission es positiv bewerten, wenn Maßnahmen eine freiwillige Löschung von CO2-Emissionszertifikaten auf nationaler Ebene vorsehen.

(435)

Ferner sollte die Maßnahme so strukturiert sein, dass jegliche Wettbewerbsverzerrung am Markt auf ein Minimum beschränkt ist. Wird die Beihilfe im Rahmen einer Ausschreibung gewährt, die allen Unternehmen, die Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten ausüben, diskriminierungsfrei offensteht, so geht die Kommission davon aus, dass die Beihilfe nur geringfügige Verzerrungen von Wettbewerb und Handel hervorruft. Wenn keine solche Ausschreibung durchgeführt wird, prüft die Kommission die Auswirkungen der Beihilfe auf Wettbewerb und Handel auf der Grundlage der Ausgestaltung der Maßnahme und ihrer Auswirkungen auf den relevanten Markt.

4.12.2.   Beihilfen für außergewöhnliche Kosten im Zusammenhang mit der Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten

4.12.2.1.   Begründung der Beihilfe

(436)

Die Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten kann erhebliche soziale und Umweltkosten auf Ebene der Kraftwerke bzw. des Abbaus verursachen. Die Mitgliedstaaten können beschließen, solche außergewöhnlichen Kosten zu decken, um die sozialen und regionalen Folgen der Einstellung abzumildern.

4.12.2.2.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(437)

In diesem Abschnitt wird dargelegt, welche Vereinbarkeitskriterien Maßnahmen zur Deckung außergewöhnlicher Kosten im Zusammenhang mit der Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten erfüllen müssen.

(438)

Mit den unter diesen Abschnitt fallenden Maßnahmen kann der soziale, ökologische und sicherheitsbezogene Wandel in dem betreffenden Gebiet gefördert werden.

(439)

Dieser Abschnitt gilt insoweit, als die betreffende Maßnahme nicht unter den Beschluss des Rates vom 10. Dezember 2010 über staatliche Beihilfen zur Erleichterung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlebergwerke (167) fällt.

4.12.2.3.   Erforderlichkeit und Geeignetheit

(440)

Die Kommission wird Beihilfen zur Deckung außergewöhnlicher Kosten als erforderlich und geeignet ansehen, soweit sie dazu beitragen können, die sozialen und ökologischen Auswirkungen der Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten in der betreffenden Region und in dem betreffenden Mitgliedstaat abzufedern.

4.12.2.4.   Anreizeffekt und Angemessenheit

(441)

Staatliche Beihilfen für außergewöhnliche Kosten dürfen ausschließlich zur Deckung der Kosten verwendet werden, die aus der Einstellung nicht wettbewerbsfähiger Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten resultieren.

(442)

Welche Kategorien von Kosten beihilfefähig sind, ist Anhang II zu entnehmen. Für Kosten, die aus der Nichteinhaltung von Umweltvorschriften entstehen, und für Kosten im Zusammenhang mit der laufenden Produktion dürfen keine Beihilfen gewährt werden.

(443)

Unbeschadet der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (168) oder anderer einschlägiger Unionsvorschriften (169) ist bei Beihilfen zur Deckung außergewöhnlicher Umweltkosten nur dann davon auszugehen, dass sie einen Anreizeffekt haben, wenn die Einheit oder das Unternehmen, die bzw. das den Umweltschaden verursacht hat, nicht ermittelt werden kann oder nicht nach dem Verursacherprinzip für die Finanzierung der Arbeiten, die zur Vermeidung und Behebung des Umweltschadens erforderlich sind, haftbar gemacht werden kann.

(444)

Der Mitgliedstaat muss nachweisen, dass alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich rechtlicher Schritte, ergriffen wurden, um die haftbare Einheit bzw. das haftbare Unternehmen, die bzw. das den Umweltschaden verursacht hat, zu ermitteln und diese Einheit bzw. dieses Unternehmen zur Deckung der entsprechenden Kosten heranzuziehen. Kann die Einheit bzw. das Unternehmen, die bzw. das nach geltendem Recht haftbar ist, nicht ermittelt werden oder nicht zur Deckung der Kosten herangezogen werden, so kann eine staatliche Beihilfe für die gesamten Sanierungs- oder Rehabilitierungsarbeiten gewährt werden, bei der davon auszugehen ist, dass sie einen Anreizeffekt hat. Wenn ein Unternehmen nicht mehr besteht und kein anderes Unternehmen als rechtlicher oder wirtschaftlicher Nachfolger angesehen werden kann (170) oder wenn keine hinreichende finanzielle Sicherheit für die Deckung der Sanierungskosten besteht, kann die Kommission davon ausgehen, dass das Unternehmen nicht zur Deckung der Kosten für die Sanierung des von ihm verursachten Umweltschadens herangezogen werden kann.

(445)

Die Höhe der Beihilfe muss sich auf den Betrag zur Deckung der außergewöhnlichen Kosten des Beihilfeempfängers beschränken und darf nicht über die tatsächlich entstandenen Kosten hinausgehen. Die Mitgliedstaaten müssen den Beihilfebetrag für jede der in Anhang II aufgeführten Kategorien beihilfefähiger Kosten gegenüber der Kommission klar und getrennt ausweisen. Wenn der Mitgliedstaat diese Kosten auf der Grundlage von Schätzungen deckt, bevor sie dem Beihilfeempfänger tatsächlich entstanden sind, so muss der Mitgliedstaat die angefallenen Kosten anhand ausführlicher Aufstellungen, die der Beihilfeempfänger bei der Bewilligungsbehörde einreicht, einschließlich Rechnungen oder Bescheinigungen, mit denen die entstandenen außergewöhnlichen Kosten nachgewiesen werden, im Nachhinein überprüfen und die gewährten Beträge entsprechend anpassen.

4.12.2.5.   Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel

(446)

Beihilfen, die auf die Deckung außergewöhnlicher Kosten des Beihilfeempfängers beschränkt sind, rufen nach Auffassung der Kommission allenfalls geringfügige Verzerrungen von Wettbewerb und Handel hervor.

(447)

Die erhaltenen Beihilfen zur Deckung außergewöhnlicher Kosten sollten in der Gewinn- und Verlustrechnung des Beihilfeempfängers als vom Umsatz getrennter Ertragsposten ausgewiesen werden. Wenn der Beihilfeempfänger nach der Einstellung relevanter Kohle-, Torf- und Ölschiefertätigkeiten weiterhin Handel treibt oder sonstige Geschäftstätigkeiten ausübt, muss er über diese Tätigkeiten genau und getrennt Buch führen. Die gewährten Beihilfen müssen so verwaltet werden, dass sie unter keinen Umständen auf andere wirtschaftliche Tätigkeiten desselben Unternehmens übertragen werden können.

4.13.   Beihilfen für Studien oder Beratungsleistungen zu Klima-, Umweltschutz- und Energiefragen

4.13.1.   Anwendungsbereich und geförderte Tätigkeiten

(448)

Dieser Abschnitt gilt für Beihilfen für Studien oder Beratungsleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit unter diese Leitlinien fallenden Vorhaben oder Tätigkeiten zu Klima-, Umweltschutz- und Energiefragen stehen. Beihilfen können unabhängig davon gewährt werden, ob auf die Studie oder Beratungsleistung eine unter diese Leitlinien fallende Investition folgt.

(449)

Bei der Studie oder Beratungsleistung darf es sich nicht um eine Leistung handeln, die fortlaufend oder in regelmäßigen Abständen in Anspruch genommen wird oder die zu den gewöhnlichen Betriebskosten des Unternehmens gehört.

4.13.2.   Anreizeffekt

(450)

Die Vorschrift der Randnummer 451 gilt zusätzlich zu den Vorgaben des Abschnitts 3.1.2.

(451)

Bei Beihilfen für nach der Richtlinie 2012/27/EU vorgeschriebene Energieaudits kann nur insoweit ein Anreizeffekt vorliegen, als das Energieaudit zusätzlich zu dem nach dieser Richtlinie vorgeschriebenen Energieaudit durchgeführt wird.

4.13.3.   Angemessenheit

(452)

Beihilfefähig sind die Kosten von Studien oder Beratungsleistungen, die mit unter diese Leitlinien fallenden Vorhaben oder Tätigkeiten im Zusammenhang stehen. Betrifft nur ein Teil einer Studie oder Beratungsleistung Investitionen, die unter diese Leitlinien fallen, so sind nur die Kosten der mit diesen Investitionen zusammenhängenden Teile der Studie oder Beratungsleistung beihilfefähig.

(453)

Die Beihilfeintensität darf höchstens 60 % der beihilfefähigen Kosten betragen.

(454)

Bei Studien oder Beratungsleistungen, die im Auftrag kleiner Unternehmen durchgeführt bzw. erbracht werden, kann die Beihilfeintensität um 20 Prozentpunkte und bei Studien oder Beratungsleistungen, die im Auftrag mittlerer Unternehmen durchgeführt bzw. erbracht werden, um 10 Prozentpunkte erhöht werden.

5.   EVALUIERUNG

(455)

Um die Verzerrungen von Wettbewerb und Handel zu begrenzen, kann die Kommission verlangen, dass anmeldepflichtige Beihilferegelungen einer Ex-post-Evaluierung unterzogen werden. Evaluiert werden sollten Beihilferegelungen, die besonders starke Verzerrungen von Wettbewerb und Handel hervorrufen könnten, d. h. Regelungen, bei denen erhebliche Beschränkungen oder Verzerrungen des Wettbewerbs zu befürchten sind, wenn ihre Durchführung nicht zu gegebener Zeit überprüft wird.

(456)

Bei Beihilferegelungen mit hoher Mittelausstattung oder neuartigen Merkmalen oder wenn wesentliche marktbezogene, technische oder rechtliche Veränderungen vorgesehen sind, ist eine Ex-post-Evaluierung vorgeschrieben. Bei Beihilferegelungen, deren Mittelausstattung oder verbuchte Ausgaben 150 Mio. EUR in einem Jahr oder 750 Mio. EUR während der Gesamtlaufzeit der Regelung übersteigen, muss in jedem Fall eine Ex-post-Evaluierung vorgenommen werden. Die Gesamtlaufzeit einer Beihilferegelung umfasst die Laufzeit der Regelung und etwaiger Vorläuferregelungen ab dem 1. Januar 2022, die sich auf ein ähnliches Ziel und ein ähnliches geografisches Gebiet beziehen. In Anbetracht der Evaluierungsziele sowie zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Aufwands für die Mitgliedstaaten und bei kleineren Beihilfevorhaben ist eine Ex-post-Evaluierung nur bei Beihilferegelungen erforderlich, die frühestens seit dem 1. Januar 2022 anwendbar sind und deren Gesamtlaufzeit mehr als drei Jahre beträgt.

(457)

Von einer Ex-post-Evaluierung kann abgesehen werden bei Beihilferegelungen, die unmittelbar an eine Regelung mit ähnlichem Ziel für ein ähnliches geografisches Gebiet anschließen, sofern diese Regelung einer Evaluierung unterzogen wurde, die zu einem abschließenden Evaluierungsbericht geführt hat, der mit dem von der Kommission genehmigten Evaluierungsplan im Einklang steht, und die Evaluierung keinen Anlass zu negativen Feststellungen gegeben hat. Beihilferegelungen, bei denen der abschließende Evaluierungsbericht nicht mit dem genehmigten Evaluierungsplan im Einklang steht, müssen mit sofortiger Wirkung ausgesetzt werden.

(458)

In der Ex-post-Evaluierung sollte festgestellt werden, ob die Annahmen und Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Beihilferegelung mit dem Binnenmarkt bestätigt bzw. erfüllt wurden — insbesondere die Erforderlichkeit und die Wirksamkeit der Beihilfemaßnahme in Bezug auf die allgemeinen und spezifischen Ziele; ferner sollten Angaben zu den Auswirkungen der Beihilferegelung auf Handel und Wettbewerb gemacht werden.

(459)

Der Mitgliedstaat muss den Entwurf des Evaluierungsplans, der fester Bestandteil der Prüfung der Beihilferegelung durch die Kommission ist, gemäß folgenden Vorgaben anmelden:

a)

zusammen mit der Beihilferegelung, wenn ihre Mittelausstattung 150 Mio. EUR in einem Jahr oder 750 Mio. EUR während ihrer Gesamtlaufzeit übersteigt, oder

b)

innerhalb von 30 Arbeitstagen nach einer wesentlichen Änderung, mit der die Mittelausstattung der Beihilferegelung auf mehr als 150 Mio. EUR in einem Jahr oder mehr als 750 Mio. EUR während der Gesamtlaufzeit der Regelung erhöht wird, oder

c)

bei Beihilferegelungen, die weder unter Buchstabe a noch unter Buchstabe b fallen, innerhalb von 30 Arbeitstagen, nachdem in der amtlichen Buchführung Ausgaben von mehr als 150 Mio. EUR im Vorjahr verzeichnet wurden.

(460)

Der Entwurf des Evaluierungsplans muss den von der Kommission vorgegebenen gemeinsamen methodischen Grundsätzen (171) entsprechen. Der von der Kommission genehmigte Evaluierungsplan muss veröffentlicht werden.

(461)

Die Ex-post-Evaluierung muss von einem Sachverständigen, der von der Bewilligungsbehörde unabhängig ist, auf der Grundlage des Evaluierungsplans durchgeführt werden. Jede Evaluierung muss mindestens einen Zwischenbericht und einen abschließenden Bericht umfassen. Beide Berichte müssen veröffentlicht werden.

(462)

Die Kommission beurteilt die Vereinbarkeit von Beihilferegelungen, die lediglich aufgrund ihrer umfangreichen Mittelausstattung nicht in den Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung fallen, ausschließlich auf der Grundlage des Evaluierungsplans.

(463)

Der abschließende Evaluierungsbericht muss der Kommission rechtzeitig für die Prüfung einer etwaigen Verlängerung der Beihilferegelung, spätestens aber neun Monate vor dem Ende ihrer Laufzeit vorgelegt werden. Diese Frist kann bei Beihilferegelungen, die die Evaluierungspflicht in den letzten zwei Jahren ihrer Durchführung auslösen, verkürzt werden. Der genaue Gegenstand der Evaluierung und die Vorgaben für ihre Durchführung werden jeweils im Beschluss zur Genehmigung der Beihilferegelung dargelegt. Bei späteren Beihilfemaßnahmen mit ähnlichem Ziel muss dargelegt werden, wie die Ergebnisse der Evaluierung berücksichtigt wurden.

6.   BERICHTERSTATTUNG UND ÜBERWACHUNG

(464)

Nach der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (172) und der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (173) müssen die Mitgliedstaaten der Kommission Jahresberichte vorlegen.

(465)

Die Mitgliedstaaten müssen detaillierte Aufzeichnungen über alle Beihilfemaßnahmen führen. Diese Aufzeichnungen müssen alle Informationen enthalten, die erforderlich sind, um festzustellen, dass die Voraussetzungen bezüglich der beihilfefähigen Kosten und der Beihilfehöchstintensität erfüllt sind. Die Aufzeichnungen müssen 10 Jahre ab dem Tag der Bewilligung der Beihilfe aufbewahrt und der Kommission auf Anfrage vorgelegt werden.

7.   ANWENDBARKEIT

(466)

Die Kommission wird die Vereinbarkeitsprüfung für alle anmeldepflichtigen Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen, die ab dem 27. Januar 2022 gewährt werden oder gewährt werden sollen, anhand dieser Leitlinien vornehmen. Rechtswidrige Beihilfen werden im Einklang mit den Vorschriften geprüft, die am Tag ihrer Gewährung galten.

(467)

Diese Leitlinien ersetzen die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (174).

(468)

Die Kommission schlägt den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 108 Absatz 1 AEUV die folgenden zweckdienlichen Maßnahmen vor:

a)

Die Mitgliedstaaten ändern bestehende Umweltschutz- und Energiebeihilferegelungen, wo erforderlich, um sie spätestens bis zum 31. Dezember 2023 mit diesen Leitlinien in Einklang zu bringen.

b)

Die Mitgliedstaaten erteilen binnen zwei Monaten nach Veröffentlichung dieser Leitlinien im Amtsblatt der Europäischen Union ihre ausdrückliche, uneingeschränkte Zustimmung zu den unter Randnummer 468 Buchstabe a vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen. Bleibt eine Antwort aus, so geht die Kommission davon aus, dass der betreffende Mitgliedstaat den vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zustimmt.

8.   ÜBERARBEITUNG

(469)

Die Kommission beabsichtigt, diese Leitlinien ab dem 31. Dezember 2027 einer Bewertung zu unterziehen, um ihre Wirksamkeit, Effizienz, Relevanz, Kohärenz und ihren Mehrwert zu prüfen.

(470)

Die Kommission kann jederzeit beschließen, diese Leitlinien zu überprüfen oder zu ändern, wenn sich dies aus wettbewerbspolitischen Gründen, aufgrund anderer Politikbereiche und internationaler Verpflichtungen der Union oder aus sonstigen stichhaltigen Gründen als erforderlich erweist.

(1)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Der europäische Grüne Deal (COM(2019) 640 final).

(2)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Mehr Ehrgeiz für das Klimaziel Europas bis 2030 — In eine klimaneutrale Zukunft zum Wohl der Menschen investieren (COM(2020) 562 final).

(3)  Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 (ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1).

(4)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — „Fit für 55“: auf dem Weg zur Klimaneutralität — Umsetzung des EU-Klimaziels für 2030 (COM(2021) 550 final).

(5)  https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/amendment-renewable-energy-directive-2030-climate-target-with-annexes_en.pdf

(6)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, die Europäische Zentralbank, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Die EU-Wirtschaft nach COVID-19: Auswirkungen auf die wirtschaftspolitische Steuerung (COM(2021) 662 final).

(7)  Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1).

(8)  Siehe Mitteilung der Kommission über den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (ABl. C 275 vom 18.8.2017, S. 1) hinsichtlich der Umsetzung des Århus-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten.

(9)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. C 99 vom 4.4.2014, S. 3.)

(10)  Umweltschutzbeihilfen verursachen im Allgemeinen geringere Verzerrungen und erzielen eine größere Wirkung, wenn sie den Verbrauchern/Nutzern umweltfreundlicher Produkte und nicht den Erzeugern/Herstellern dieser Produkte gewährt werden. Dies lässt die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt, Unternehmen Umweltschutzbeihilfen zu gewähren, um das Umweltschutzniveau ihrer Produktionstätigkeiten zu verbessern.

(11)  Mitteilung der Kommission — Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation (ABl. C 198 vom 27.6.2014, S. 1).

(12)  Rahmenregelung der Europäischen Union für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten 2014-2020 (ABl. C 204 vom 1.7.2014, S. 1).

(13)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für die Prüfung staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (ABl. C 217 vom 2.7.2015, S. 1.)

(14)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1).

(15)  Siehe Urteil des Gerichts vom 13. September 1995, TWD/Kommission, T-244/93 und T-486/93, ECLI:EU:C:1995:160, Rn. 56. Siehe auch Mitteilung der Kommission — Bekanntmachung der Kommission über die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Binnenmarkt unvereinbarer staatlicher Beihilfen (ABl. C 247 vom 23.7.2019, S. 1).

(16)  Ein Darlehen unter dem Marktzinssatz.

(17)  Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 54).

(18)  Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 (ABl. L 198 vom 22.6.2020, S. 13).

(19)  Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82).

(20)  Verordnung (EU) Nr. 2017/1151 der Kommission vom 1. Juni 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Fahrzeugreparatur- und -wartungsinformationen (ABl. L 175 vom 7.7.2017, S. 1).

(21)  Richtlinie 2009/33/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Förderung sauberer Straßenfahrzeuge zur Unterstützung einer emissionsarmen Mobilität (ABl. L 120 vom 15.5.2009, S. 5).

(22)  Verordnung (EU) 2019/1242 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Festlegung von CO2-Emissionsnormen für neue schwere Nutzfahrzeuge und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 595/2009 und (EU) 2018/956 des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 96/53/EG des Rates (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 202).

(23)  Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 1).

(24)  Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 3).

(25)  Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125).

(26)  Richtlinie 2010/31/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 13).

(27)  Für eine kleine Gruppe vorab festgelegter Nutzer errichtete und auf deren Bedarf zugeschnittene Vorhaben („gewidmete Infrastruktur“), sind nicht als Energieinfrastruktur einzustufen.

(28)  Bei all den unter den Ziffern i bis vi aufgeführten Wasserstoffausrüstungen und -anlagen kann es sich entweder um neu gebaute oder um von Erdgas auf Wasserstoff umgerüstete („umgenutzte“) Ausrüstungen und Anlagen oder um eine Kombination aus beiden handeln. Unter den Ziffern i bis vi aufgeführte Wasserstoffausrüstungen und -anlagen, zu denen Dritte Zugang haben, sind als Energieinfrastruktur einzustufen.

(29)  Unter den Ziffern i bis iv aufgeführte CO2-Ausrüstungen und -anlagen, zu denen Dritte Zugang haben, sind als Energieinfrastruktur einzustufen.

(30)  Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114).

(31)  Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 1364/2006/EG und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 713/2009, (EG) Nr. 714/2009 und (EG) Nr. 715/2009 (ABl. L 115 vom 25.4.2013, S. 39).

(32)  Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(33)  Empfehlung des Rates vom 3. März 1975 über die Kostenzurechnung und die Intervention der öffentlichen Hand bei Umweltschutzmaßnahmen (ABl. L 194 vom 25.7.1975, S. 1).

(34)  Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17).

(35)  Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1).

(36)  Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51).

(37)  Dazu können assoziierte Emissionswerte, assoziierte Energieeffizienzwerte oder assoziierte Umweltleistungswerte zählen.

(38)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juni 2013, HGA u. a./Kommission, C-630/11 P bis C-633/11 P, ECLI:EU:C:2013:387, Rn. 104.

(39)  Dieses Szenario muss plausibel sein und die Faktoren unverfälscht wiedergeben, die zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung des Beihilfeempfängers maßgeblich waren. Die Mitgliedstaaten sollten offizielle Unterlagen der Leitungsorgane, Risikobewertungen, Finanzberichte, interne Geschäftspläne, Sachverständigengutachten und Studien zu dem zu bewertenden Vorhaben heranziehen. Die Mitgliedstaaten können den Anreizeffekt anhand von Unterlagen, die Angaben zu Nachfrage-, Kosten- und Finanzprognosen enthalten, einem Investitionsausschuss vorgelegten Unterlagen, in denen Investitions-/Betriebsszenarien untersucht werden, sowie den Finanzinstituten vorgelegten Unterlagen nachweisen. Diese Unterlagen müssen aus der Zeit stammen, in der die Entscheidung über die Investition oder den Betrieb getroffen wurde.

(40)  Gemäß diesem Grundsatz müssen die Mitgliedstaaten alternative kosteneffiziente Energieeffizienzmaßnahmen für eine effizientere Energienachfrage und Energieversorgung, insbesondere durch kosteneffiziente Einsparungen beim Energieendverbrauch, Initiativen für eine Laststeuerung und eine effizientere Umwandlung, Übertragung und Verteilung von Energie bei allen Planungs-, Strategie- und Investitionsentscheidungen im Energiebereich in möglichst großem Maße berücksichtigen und gleichzeitig die Ziele dieser Entscheidungen erreichen. Siehe Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 1).

(41)  Die Verwendung von Umweltzeichen und Umweltangaben kann ein weiteres Mittel sein, das den Verbrauchern/Nutzern fundierte Kaufentscheidungen ermöglichen und die Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten steigern kann. Gut konzipierte, anerkannte, verstandene, vertrauenswürdige und von den relevanten Verbrauchern wahrgenommene stabile Umweltzeichen und wahrheitsgemäße Umweltaussagen können ein überaus wirksames Mittel sein, um das (Verbraucher-)Verhalten zu lenken und zu prägen, damit umweltfreundlichere Entscheidungen getroffen werden. Die Nutzung einer anerkannten Kennzeichnungs- bzw. Zertifizierungsregelung, die auf klaren Kriterien beruht und externe Kontrollen (durch Dritte) vorsieht, wird eines der wirksamsten Instrumente sein, um gegenüber Verbrauchern und Interessenträgern nachzuweisen, dass die betreffenden Unternehmen hohe Umweltschutzstandards erfüllen. Daher nimmt die Kommission keine spezifischen Vorschriften zu Beihilfen für die Entwicklung und Herstellung umweltfreundlicher Produkte in den Anwendungsbereich dieser Leitlinien auf.

(42)  Wenn jedoch die Möglichkeit besteht, dass Gebote eingereicht werden, bei denen keine Subventionen erforderlich wären, sollten die Mitgliedstaaten erläutern, wie die Angemessenheit sichergestellt wird. Subventionsfreie Gebote sind beispielsweise möglich, wenn die Markteinnahmen voraussichtlich im Laufe der Zeit steigen werden und/oder die Bieter, die den Zuschlag erhalten, Konzessionen oder andere Vorteile erhalten und von einer Preisstützung profitieren. Preisober- oder Preisuntergrenzen, die das wettbewerbliche Verfahren einschränken und die Angemessenheit untergraben, sollten, selbst wenn sie bei null liegen, vermieden werden.

(43)  In der Regel ist ein Zeitraum von sechs Wochen ausreichend. Bei besonders komplexen oder neuen Verfahren kann eine längere Vorlaufzeit erforderlich sein. In begründeten Fällen, z. B. bei einfachen oder regelmäßigen/wiederholten Verfahren, kann dagegen eine kürzere Vorlaufzeit angemessen sein.

(44)  Bei der Prüfung der Umweltschutzeinheiten können die Mitgliedstaaten beispielsweise eine Methode entwickeln, bei der Emissionen oder andere Umweltbelastungen in unterschiedlichen Phasen der geförderten Wirtschaftstätigkeit, die Dauer der Durchführung des Vorhabens oder Systemintegrationskosten berücksichtigt werden. Wenn die Mitgliedstaaten den Beitrag zu den Hauptzielen mit der Höhe der beantragten Beihilfe in Relation setzen, können sie beispielsweise die verschiedenen objektiven Kriterien gewichten und die Auswahl auf der Grundlage des Beihilfebetrags pro Einheit des gewichteten Mittels der objektiven Kriterien treffen oder unter einer begrenzten Zahl von Geboten mit dem geringsten Beihilfebetrag pro Einheit der objektiven Kriterien die Gebote mit den höchsten Werten in Bezug auf die objektiven Kriterien auswählen. Die Parameter eines solchen Ansatzes müssen kalibriert werden, damit sichergestellt ist, dass die Ausschreibung ein diskriminierungsfreies Verfahren mit wirksamem Wettbewerb bleibt und den wirtschaftlichen Wert widerspiegelt.

(45)  Ein kontrafaktisches Szenario, das die langfristige Fortsetzung nicht ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten als Alternative für die Investition oder den Betrieb vorsieht, wird nicht als realistisch angesehen.

(46)  Wenn es kein alternatives Vorhaben gibt, versichert sich die Kommission, dass die Höhe der Beihilfe auf das Minimum begrenzt ist, das erforderlich ist, um eine hinreichende Rentabilität des geförderten Vorhabens zu gewährleisten, sodass beispielsweise der interne Zinsfuß die branchen- oder unternehmensspezifische Benchmark oder Hurdle-Rate erreicht. Normale Renditesätze, die der Beihilfeempfänger im Rahmen anderer ähnlicher Vorhaben erreichen muss, seine Gesamtkapitalkosten oder in der jeweiligen Branche übliche Renditen können ebenfalls für diese Zwecke verwendet werden. Alle relevanten erwarteten Kosten und Gewinne müssen für die gesamte Lebensdauer des Vorhabens berücksichtigt werden.

(47)   „Öffentliche Suche in der Beihilfentransparenzdatenbank“, verfügbar überhttps://webgate.ec.europa.eu/competition/transparency/public?lang=en

(48)  Auf diese Anforderung kann auf einen ordnungsgemäß begründeten Antrag eines Mitgliedstaats hin verzichtet werden, wenn dies den Wettbewerb in anschließenden Verfahren zur Beihilfegewährung untergraben würde, weil dann beispielsweise strategische Angebote abgegeben werden könnten.

(49)  Besteht keine förmliche Verpflichtung zur Abgabe einer jährlichen Erklärung, gilt zu Eingabezwecken der 31. Dezember des Jahres, für das die Beihilfe gewährt wird, als Tag der Gewährung.

(50)  Bei Maßnahmen, die mit Maßnahmen im Rahmen der vom Rat genehmigten Aufbau- und Resilienzpläne identisch sind, gilt die Einhaltung des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen als erfüllt, da dies bereits geprüft wurde.

(51)  Dies könnte auch der Fall sein, wenn die Beihilfe die Wirksamkeit der wirtschaftlichen Instrumente beeinträchtigt, die zur Internalisierung negativer externer Effekte eingeführt wurden (z. B. wenn sie durch das Emissionshandelssystem der Union oder ein ähnliches Instrument gesetzte Preissignale beeinträchtigt).

(52)  Dies kann z. B. anhand eines nationalen Dekarbonisierungsplans mit verbindlichen Zielen und/oder verbindlicher Verpflichtungen des Beihilfeempfängers, Dekarbonisierungstechnologien wie CCS/CCU einzusetzen oder Erdgas durch erneuerbares oder CO2-armes Gas zu ersetzen oder die Anlage nach einem den Klimazielen der Union entsprechenden Zeitplan stillzulegen, nachgewiesen werden. Der Einsatz aller fossilen Brennstoffe einschließlich Erdgas muss deutlich verringert werden, damit die Klimaziele der Union für 2030 und 2050 erreicht werden können. Laut der Folgenabschätzung, die die Kommission für den Klimazielplan für 2030 vorgenommen hat, wird bis 2050 „die unverminderte Nutzung von Erdgas mit dem Ziel der Klimaneutralität unvereinbar werden und diese Nutzung gegenüber 2015 um 66 bis 71 % verringert werden [müssen]“ (SWD(2020) 176 final).

(53)  Abgedeckt werden sowohl Brownfield- als auch Greenfield-Investments.

(54)  Dies umfasst netzgebundene Elektrolyseure, die mit erneuerbaren Strom erzeugenden Wirtschaftsbeteiligten Vereinbarungen über den Bezug von erneuerbarem Strom geschlossen haben, welche die Voraussetzungen in der nach Artikel 27 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/2001 erlassenen Delegierten Verordnung der Kommission erfüllen.

(55)  Das kontrafaktische Szenario ist die Tätigkeit, die der Beihilfeempfänger ohne die Beihilfe ausgeübt hätte. Im Bereich der Dekarbonisierung kann es sich dabei in bestimmten Fällen um eine Investition in eine weniger umweltfreundliche Alternative handeln. In anderen Fällen kann das kontrafaktische Szenario darin bestehen, dass überhaupt keine Investition getätigt wird oder dass eine Investition erst später erfolgt, es kann aber beispielsweise Betriebsentscheidungen umfassen, die einen geringeren Nutzen für die Umwelt hätten, wie die Fortsetzung des Betriebs bestehender Anlagen vor Ort und/oder den Erwerb von Energie.

(56)  Dies berührt nicht den Anspruch auf Beihilfen, die (z. B. im Rahmen eines 10-Jahres-Vertrags) bereits bewilligt wurden.

(57)  Die Kommission wird im Allgemeinen nicht verlangen, dass Maßnahmen grenzübergreifend geöffnet werden, obwohl dies dazu beitragen kann, wettbewerbsrechtliche Bedenken zu mindern.

(58)  Wie etwa gegebenenfalls für erneuerbaren Wasserstoff.

(59)  In einem solchen Fall sollte die Beihilfefähigkeit nur im Einklang mit den einschlägigen Begriffsbestimmungen begrenzt werden, die möglicherweise in den sektoralen Rechtsvorschriften enthalten sind. So sollte beispielsweise eine Beihilferegelung, die auf die Erfüllung des Kernziels der Union für erneuerbare Energien abzielt, allen Technologien offenstehen, die der Definition des Begriffs „erneuerbare Energiequellen“ in der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 8) entsprechen, während eine Beihilferegelung, die auf die Erfüllung eines Teilziels der Union ausgerichtet ist, allen Technologien offenstehen sollte, die zur Erfüllung des jeweiligen Teilziels beitragen können. Die Mitgliedstaaten können den Anwendungsbereich ihrer Fördermaßnahmen jedoch auch auf der Grundlage anderer objektiver Kriterien wie der unter den Randnummern 96 Buchstaben b bis g aufgeführten Kriterien weiter einschränken — so auch auf bestimmte Arten erneuerbarer Energiequellen.

(60)  Im Falle von Regionalbeihilfen sollte der Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) 2019/943 und der Richtlinie (EU) 2019/944 nachweisen, dass Systemdienstleistungen und Redispatch-Vorschriften ggf. eine effiziente Teilnahme von erneuerbarer Energie, Speicherung und Laststeuerung erlauben und standort- und technologiespezifische Entscheidungen, die die Netzstabilität begünstigen, honorieren. Stellt der Mitgliedstaat ein örtlich begrenztes Problem für die Versorgungssicherheit fest, das mittelfristig (d. h. innerhalb von 5-10 Jahren) nicht durch Verbesserungen der Marktgestaltung oder durch einen ausreichenden Netzausbau gelöst werden kann, sollte eine Maßnahme zur Behebung dieses Problems nach Abschnitt 4.8 konzipiert und geprüft werden.

(61)  Die Mitgliedstaaten können sich in Bezug auf diese Anforderungen auf bestehende nationale Konsultationsverfahren stützen. Sofern die Konsultation die in diesen Leitlinien aufgeführten Punkte abdeckt und so lange läuft wie erforderlich, ist keine gesonderte Konsultation erforderlich. Auch in den unter Randnummer 96 Buchstabe g genannten Fällen ist eine gesonderte Konsultation unter Umständen nicht erforderlich.

(62)  Ein CO2-Äquivalent (CO2-Äq) ist eine metrische Maßeinheit, die verwendet wird, um Emissionen von verschiedenen Arten von Treibhausgasen auf der Grundlage ihres Treibhauspotenzials zu vergleichen; dazu werden die Mengen anderer Gase in den äquivalenten Wert für Kohlendioxid mit dem gleichen Treibhauspotenzial umgerechnet.

(63)  Zum Beispiel der Zeitraum zwischen der Ausschreibung und dem Ende der Frist für den Abschluss des Vorhabens, Vorschriften für Gebote/Angebote, Preisregeln.

(64)  Wenn es beispielsweise unterschiedliche Vertragslaufzeiten, unterschiedliche Methoden zur Berechnung der beihilfefähigen Kapazität/Leistung verschiedener Technologien oder unterschiedliche Methoden für die Berechnung oder Auszahlung von Subventionen gibt.

(65)  Zum Beispiel die Erreichung der Dekarbonisierungsziele des Mitgliedstaats.

(66)  Eine solche wirksame Beschränkung kann durch eine Reihe einander ergänzender Maßnahmen erreicht werden, so etwa Maßnahmen zur Abschwächung etwaiger Beschränkungen auf der Angebotsseite, Anpassung des Volumens an das voraussichtlich verfügbare Angebot zu einem bestimmten Zeitpunkt und/oder Änderung weiterer Merkmale der Ausgestaltung der Ausschreibung (z. B. Teilnahmekriterien); damit soll die Zielsetzung der Maßnahme (z. B. die Dekarbonisierungsziele des Mitgliedstaats) in angemessener Weise bei gleichzeitiger Minimierung der Verzerrungen von Wettbewerb und Handel erreicht werden. Bei Wahrung der Angemessenheit und des wettbewerblichen Charakters können die Mitgliedstaaten auch berechtigte Erwartungen von Investoren berücksichtigen.

(67)  Die für den EU-Innovationsfonds verwendeten Grundsätze für die Berechnung der Verringerung der Treibhausgasemissionen, die unter folgender Internetadresse abrufbar sind, bieten einen nützlichen Anhaltspunkt: https://ec.europa.eu/info/funding-tenders/opportunities/docs/2021-2027/innovfund/wp-call/2021/call-annex_c_innovfund-lsc-2021_en.pdf. In Fällen, in denen Strom als Input verwendet wird, muss die verwendete Methode jedoch den Emissionen aus der Erzeugung dieses Stroms Rechnung tragen. Die Mitgliedstaaten können die Höhe der Subvention pro vermiedener Tonne Emissionen in CO2-Äquivalenten bei ihren Beihilfemaßnahmen als Auswahlkriterium verwenden, sind dazu aber nicht verpflichtet.

(68)  Darüber hinaus wird die Kommission, wie unter Randnummer 75 festgestellt, andere von den Mitgliedstaaten vorgeschlagene Merkmale zur Erleichterung der Teilnahme von KMU und Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften an Ausschreibungen in der Regel positiv bewerten, sofern die positiven Auswirkungen in Form der Sicherstellung von Teilnahme und Akzeptanz die möglichen negativen Auswirkungen in Form von Wettbewerbsverzerrungen überwiegen.

(69)  Ein Differenzvertrag verleiht dem Begünstigten Anspruch auf eine Zahlung in Höhe der Differenz zwischen einem festen „Ausübungspreis“ und einem Referenzpreis — z. B. einem Marktpreis pro Produktionseinheit. Differenzverträge wurden in den letzten Jahren bei Stromerzeugungsmaßnahmen verwendet, könnten aber auch einen mit dem EHS verknüpften Referenzpreis beinhalten — d. h. „CO2-Differenzverträge“. Solche CO2-Differenzverträge können ein nützliches Instrument sein, um bahnbrechende Technologien auf den Markt zu bringen, die für die Verwirklichung der Dekarbonisierung der Industrie unter Umständen erforderlich sein können. Differenzverträge können auch Rückzahlungen der Begünstigten an Steuerzahler oder Verbraucher für Zeiträume vorsehen, in denen der Referenzpreis über dem Ausübungspreis liegt.

(70)  Kleine Anlagen zur Erzeugung erneuerbaren Stroms können im Einklang mit der Ausnahme nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/2001 eine direkte Preisstützung erhalten, die die vollen Betriebskosten deckt und ihre Betreiber nicht verpflichtet, ihren Strom auf dem Markt zu verkaufen. Anlagen gelten als kleine Anlagen, wenn ihre Kapazität unter dem in Artikel 5 der Verordnung (EU) 2019/943 festgelegten Schwellenwert liegt.

(71)  Dies bezieht sich auf die unter Randnummer 19 Ziffer 36 aufgeführten Ausrüstungen und Anlagen.

(72)  Einschließlich CO2-armer Kraftstoffe aus nicht erneuerbaren Quellen und Energieträgern, die nicht zu Auspuffemissionen führen, aber in einem CO2-intensiven Prozess hergestellt werden.

(73)  Bei Maßnahmen, die mit Maßnahmen im Rahmen der vom Rat genehmigten Aufbau- und Resilienzpläne identisch sind, gilt die Einhaltung des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen als erfüllt, da dies bereits geprüft wurde.

(74)  Solche Investitionen könnten beispielsweise darauf abzielen, Fenster oder Heizkessel im Gebäude auszutauschen, oder auf die Dämmung von Außenwänden abstellen.

(75)  Die Amortisationsdauer ist der Zeitraum, der zur Deckung der Kosten einer Investition (ohne Beihilfe) benötigt wird.

(76)  Dies gilt in allen Fällen, in denen Beihilfen gewährt werden, um Unternehmen in die Lage zu versetzen, Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz, die als Unionsnormen gelten, zu erfüllen, bevor sie für das betreffende Unternehmen verbindlich werden, und zwar unabhängig davon, ob es bereits geltende frühere Unionsnormen gibt.

(77)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen (COM(2020) 789 final).

(78)  Die Mitteilung beinhaltet beispielsweise das Ziel, dass es bis 2030 mindestens 30 Mio. emissionsfreie Pkw und 80 000 emissionsfreie Lkw geben soll, und dass bis 2050 fast alle Pkw, Lieferwagen, Busse und neuen schweren Nutzfahrzeuge emissionsfrei sein sollen.

(79)  Verordnung (EU) 2019/1242 und Verordnung (EU) 2019/631 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Festsetzung von CO2-Emissionsnormen für neue Personenkraftwagen und für neue leichte Nutzfahrzeuge und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 443/2009 und (EU) Nr. 510/2011 (ABl. L 111 vom 25.4.2019, S. 13).

(80)  Beispielsweise über die Richtlinie 1999/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 1999 über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge (ABl. L 187 vom 20.7.1999, S. 42) und das EHS der Union.

(81)  Beispielsweise über die Richtlinie 2009/33/EG.

(82)  Dies kann dadurch aufgezeigt werden, dass sichergestellt wird, dass die Beihilfe in transparenter und diskriminierungsfreier Weise gewährt wird und dass potenzielle interessierte Parteien ausreichend über den Anwendungsbereich der Maßnahme und die potenziellen Beihilfevoraussetzungen informiert sind.

(83)  Bei einer solchen Prüfung berücksichtigt die Kommission in Abhängigkeit von den jeweiligen Wirtschaftszweigen und Verkehrsträgern in der Regel einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nach der Anmeldung oder der Durchführung der Beihilfemaßnahme. Sie stützt ihre Prüfung auf vom Mitgliedstaat vorgelegte unabhängige Marktstudien oder auf andere geeignete Nachweise.

(84)  Siehe Randnummer 66.

(85)  Dazu kann unter anderem gehören, dass eine Überkompensation ausgeschlossen wird, indem durch einen Vergleich der Finanzierungslücke im faktischen und kontrafaktischen Szenario überprüft wird, dass die Beihilfe die Nettomehrkosten nicht übersteigt, und dass der Mitgliedstaat einen Ex-post-Überwachungsmechanismus zur Überprüfung der Annahmen hinsichtlich der Höhe der erforderlichen Beihilfe sowie einen Rückforderungsmechanismus einführt.

(86)  Richtlinie 2014/94/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (ABl. L 307 vom 28.10.2014, S. 1).

(87)  Bei Ladeinfrastruktur z. B. Normal- oder Schnellladeinfrastruktur.

(88)  Bei einer solchen Prüfung wird die Kommission in der Regel untersuchen, ob der Aufbau der Lade- oder Tankinfrastruktur innerhalb eines in Anbetracht der Laufzeit der Maßnahme relevanten Zeitraums zu Marktbedingungen zu erwarten ist. Sie stützt ihre Prüfung auf die Ergebnisse der vorab durchgeführten öffentlichen Konsultation, auf eine vom Mitgliedstaat vorgelegte unabhängige Marktstudie oder auf einen anderen geeigneten Nachweis.

(89)  Lade- oder Tankinfrastruktur, die hauptsächlich für die Nutzung durch Unternehmen bestimmt ist, die im öffentlichen Personenverkehr auf dem Land-, Schienen- oder Wasserweg tätig sind, kann ergänzend auch Mitarbeitern, externen Auftragnehmern oder Zulieferern der jeweiligen Unternehmen offenstehen.

(90)  Lade- oder Tankinfrastruktur, die hauptsächlich für die Nutzung durch den Beihilfeempfänger bestimmt ist, kann ergänzend auch Mitarbeitern, externen Auftragnehmern oder Zulieferern des Beihilfeempfängers offenstehen.

(91)  Zum Beispiel eine Maßnahme, in deren Rahmen Beihilfen für Investitionen in Wasserstofftankstellen für schwere Nutzfahrzeuge in Güterterminals und Logistikparks in einem Mitgliedstaat gewährt werden, in dem der Marktanteil von wasserstoffbetriebenen schweren Nutzfahrzeugen unter 2 % liegt.

(92)  Dazu zählen auch nachhaltige Flugkraftstoffe.

(93)  Drop-in-Kraftstoffe sind Kraftstoffe, die den derzeit genutzten fossilen Kraftstoffen funktional gleichwertig sind und die mit der Verteilungsinfrastruktur sowie den fahrzeugseitigen Maschinen und Motoren voll kompatibel sind.

(94)  Bei einer solchen Prüfung berücksichtigt die Kommission in der Regel einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nach der Anmeldung oder der Durchführung der Beihilfemaßnahme. Sie stützt ihre Prüfung auf vom Mitgliedstaat vorgelegte unabhängige Marktstudien oder auf andere geeignete Nachweise.

(95)  Siehe die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine Wasserstoffstrategie für ein klimaneutrales Europa (COM(2020) 301 final), S. 3.

(96)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa“ (COM(2020) 98 final).

(97)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Eine nachhaltige Bioökonomie für Europa: Stärkung der Verbindungen zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt“ (COM(2018) 673 final und SWD(2018) 431).

(98)  Die verbrauchten Ressourcen können alle verbrauchten materiellen Ressourcen außer Energie umfassen. Die Reduzierung kann durch Messung oder Schätzung des Verbrauchs vor und nach der Durchführung der Beihilfemaßnahme ermittelt werden, wobei externe Bedingungen, die den Ressourcenverbrauch beeinflussen, ggf. durch Anpassungen zu berücksichtigen sind.

(99)  Siehe die Begriffsbestimmungen für Wiederverwendung, Verwertung, Vorbereitung zur Wiederverwendung, Recycling und Abfall unter Randnummer 19 Nummern 59, 61, 62, 75 und 90.

(100)  Die Abfallhierarchie umfasst die Stufen a) Vermeidung, b) Vorbereitung zur Wiederverwendung, c) Recycling, d) sonstige Verwertung (z. B. energetische Verwertung) und e) Beseitigung. Siehe Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2008/98/EG.

(101)  Andere Produkte, Materialien oder Stoffe können beispielsweise Nebenprodukte (im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2008/98/EG), Rückstände aus Landwirtschaft, Aquakultur, Fischerei und Forstwirtschaft, Abwasser, Regenwasser und Ablaufwasser, Mineralien, Bergbauabfälle, Nährstoffe, Restgase aus Produktionsprozessen, überflüssige Produkte, Teile und Materialien sein. Überflüssige Produkte, Teile und Materialien sind solche, die nicht mehr benötigt werden oder für ihren Besitzer nicht mehr von Nutzen sind, sich aber für die Wiederverwendung eignen.

(102)  Siehe Bestimmung des Begriffs „getrennte Sammlung“ in Artikel 3 Nummer 11 der Richtlinie 2008/98/EG.

(103)  Hinsichtlich der Technologie sollte die Investition im Vergleich zur üblichen Praxis zu einer besseren Recyclingfähigkeit oder zu einer höheren Qualität des Recyclingmaterials führen.

(104)  Sofern von dem Mitgliedstaat hinreichend nachgewiesen, kann auch die spezifische Situation auf Ebene der betreffenden Region bzw. Regionen berücksichtigt werden.

(105)  Siehe die Begriffsbestimmung unter Randnummer 19 Nummer 58.

(106)  Die Mitgliedstaaten können die Neuheit z. B. anhand einer genauen Beschreibung der Innovation und der Marktbedingungen für die Einführung oder Verbreitung der Innovation nachweisen, bei der diese mit dem Stand der Verfahren oder betrieblichen Techniken verglichen wird, die von anderen Unternehmen der Branche allgemein angewandt werden.

(107)  Können beim Vergleich öko-innovativer Tätigkeiten mit konventionellen, nicht innovativen Tätigkeiten quantitative Parameter herangezogen werden, bedeutet „deutlich höher“, dass die von den öko-innovativen Tätigkeiten erwartete marginale Verbesserung in Form einer geringeren Umweltgefährdung oder Umweltverschmutzung oder einer effizienteren Energie- oder Ressourcennutzung mindestens doppelt so hoch sein sollte wie die marginale Verbesserung, die die allgemeine Entwicklung vergleichbarer nicht innovativer Tätigkeiten erwarten lässt. Ist der vorgeschlagene Ansatz in einem bestimmten Fall nicht geeignet oder ist ein quantitativer Vergleich nicht möglich, sollte der Anmeldung der betreffenden Beihilfe eine ausführliche Beschreibung der Methode beigefügt werden, nach der dieses Kriterium beurteilt wurde, wobei diese Methode vergleichbaren Anforderungen genügen muss wie die vorgeschlagene Vorgehensweise.

(108)  Die Mitgliedstaaten können dieses Risiko z. B. anhand des Verhältnisses der Kosten zum Umsatz des Unternehmens, des Zeitaufwands für die Entwicklung, der erwarteten Gewinne aus der öko-innovativen Tätigkeit im Vergleich zu den Kosten sowie der Wahrscheinlichkeit eines Fehlschlags nachweisen.

(109)  Die Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung kann hier abgerufen werden: https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/21252030%20Agenda%20for%20Sustainable%20Development%20web.pdf.

(110)  Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2030 (COM(2020) 652 final).

(111)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über ein Programm „Saubere Luft für Europa“ (COM(2013) 918 final). Siehe auch Richtlinie 2004/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft (ABl. L 23 vom 26.1.2005, S. 3) und Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 vom 11.6.2008, S. 1) für bodennahes Ozon, Partikel, Stickstoffoxide, gefährliche Schwermetalle und eine Reihe anderer Schadstoffe. Siehe auch Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG (ABl. L 344 vom 17.12.2016, S. 1) für die wichtigsten grenzüberschreitenden Luftschadstoffe: Schwefeldioxide, Stickstoffoxide, Ammoniak, flüchtige organische Verbindungen außer Methan und Feinstaub.

(112)  Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1) schreibt, sofern keine Ausnahmen gelten, für alle Oberflächen- und Grundwasserkörper einen guten ökologischen Zustand vor.

(113)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Auf dem Weg zu einem gesunden Planeten für alle — EU-Aktionsplan: „Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden“ (COM(2021) 400 final).

(114)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen –„Vom Hof auf den Tisch“ — eine Strategie für ein faires, gesundes und umweltfreundliches Lebensmittelsystem (COM(2020) 381 final).

(115)  Handelbare Zertifikate können staatliche Beihilfen beinhalten, insbesondere wenn Mitgliedstaaten Zertifikate und Verschmutzungsrechte unter deren Marktwert ausgeben.

(116)  Um festzustellen, welches der beiden Ziele vorrangig ist, kann die Kommission von dem Mitgliedstaat verlangen, die erwarteten Ergebnisse der Maßnahme in Bezug auf die Vermeidung oder Verringerung von Treibhausgasemissionen den erwarteten Ergebnissen der Maßnahme in Bezug auf die Vermeidung oder Verringerung anderer Schadstoffe gegenüberzustellen, wobei plausible und detaillierte Quantifizierungen zugrunde gelegt werden, und diese Gegenüberstellung der Kommission vorzulegen.

(117)  Handelbare Zertifikate können staatliche Beihilfen beinhalten, insbesondere wenn Mitgliedstaaten Zertifikate und Verschmutzungsrechte unter deren Marktwert ausgeben.

(118)  Für die entsprechende Analyse können Schätzungen zur Preiselastizität in dem betreffenden Wirtschaftszweig und anderen Faktoren sowie die geschätzten Absatzeinbußen und deren voraussichtliche Auswirkungen auf die Rentabilität des Beihilfeempfängers herangezogen werden.

(119)  Zum Beispiel neue Marktteilnehmer oder aber bestehende Unternehmen oder Anlagen.

(120)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben (COM(2020) 380 final).

(121)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — „Ein klimaresilientes Europa aufbauen — die neue EU-Strategie für die Anpassung an den Klimawandel“ (COM(2021) 82 final).

(122)  https://www.eea.europa.eu/publications/nature-based-solutions-in-europe/.

(123)  So können z. B. Beihilfen für die Wiederbefeuchtung von Torfmoorflächen, die nicht mit Beihilfen für die vorzeitige Beendigung des Torfabbaus oder mit Beihilfen für außergewöhnliche Kosten im Zusammenhang mit solchen Tätigkeiten verbunden sind, unter Abschnitt 4.6 fallen.

(124)  Um festzustellen, welches der beiden Ziele vorrangig ist, kann die Kommission von dem Mitgliedstaat verlangen, die erwarteten Ergebnisse der Maßnahme in Bezug auf die Vermeidung oder Verringerung von Treibhausgasemissionen den erwarteten Ergebnissen der Maßnahme in Bezug auf die Sanierung von Umweltschäden, die Rehabilitierung natürlicher Lebensräume und Ökosysteme, den Schutz bzw. die Wiederherstellung der Biodiversität und die Umsetzung naturbasierter Lösungen für die Anpassung an den Klimawandel und den Klimaschutz gegenüberzustellen, wobei ggf. plausible und detaillierte Quantifizierungen zugrunde gelegt werden, und diese Gegenüberstellung der Kommission vorzulegen.

(125)  Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56). Siehe auch die Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien für eine einheitliche Auslegung des Begriffs „Umweltschaden“ im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. C 118 vom 7.4.2021, S. 1).

(126)  Siehe Beschluss C(2012) 558 final der Kommission vom 17. Oktober 2012 in der Sache SA.33496 (2011/N) — Österreich — Einzelfall, Altlast, DECON Umwelttechnik GmbH, Erwägungsgründe 65-69 (ABl. C 14 vom 17.1.2013, S. 1).

(127)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(128)  Dieser Abschnitt gilt nicht für Systemdienstleistungen einschließlich Maßnahmen im Rahmen von Systemschutzplänen gemäß der Verordnung (EU) 2017/2196 der Kommission, die das Ziel haben, die Betriebssicherheit zu gewährleisten, und die von ÜNB oder VNB im Rahmen einer diskriminierungsfreien Ausschreibung beschafft werden, das allen Ressourcen offen steht, die zur Erreichung der angestrebten Betriebssicherheit beitragen können, ohne dass der Staat an der Beschaffung oder Finanzierung der Dienstleistungen beteiligt wäre.

(129)  Verordnung (EU) 2019/941 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor (Risikovorsorgeverordnung) (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 1).

(130)  Unter Berücksichtigung der Verordnung (EU) 2019/943 und der Richtlinie (EU) 2019/944.

(131)  Bei Kapazitätsmechanismen, für die nach der Verordnung (EU) 2019/943 eine grenzüberschreitende Beteiligung erforderlich ist, wird die technische Machbarkeit vorausgesetzt.

(132)  Die Mitgliedstaaten können sich in Bezug auf diese Anforderungen auf bestehende nationale Konsultationsverfahren stützen. Sofern die Konsultation die hier aufgeführten Punkte abdeckt, ist keine gesonderte Konsultation erforderlich.

(133)  Zum Beispiel der Zeitraum zwischen der Ausschreibung und dem Ende der Frist für den Abschluss des Vorhabens, Vorschriften für Gebote/Angebote, Preisregeln.

(134)  Wenn es beispielsweise unterschiedliche Vertragslaufzeiten, unterschiedliche Methoden zur Berechnung der beihilfefähigen Kapazität/Leistung verschiedener Technologien oder unterschiedliche Methoden für die Berechnung oder Auszahlung von Subventionen gibt.

(135)  Ermittelt gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) 2019/943.

(136)  Zu den Maßnahmen, die der in der Verordnung (EU) 2019/941 genannte Risikovorsorgeplan umfassen muss, siehe auch Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung.

(137)  Diese Anforderung gilt unbeschadet der Aktivierung von Ressourcen vor dem tatsächlichen Einsatz, um den Zwängen der Ressourcen im Bereich der Gradientensteuerung („Ramping“) und ihren betrieblichen Anforderungen Rechnung zu tragen. Der Output der strategischen Reserve während der Aktivierung darf weder über Großhandelsmärkte Bilanzkreisen zugerechnet werden noch eine Änderung entsprechender Ungleichgewichte bewirken.

(138)  Gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2019/943.

(139)  Siehe die Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 262 vom 19.7.2016, S. 1). Da der Begriff der staatlichen Beihilfe ein objektiver Rechtsbegriff ist, der direkt im AEUV definiert ist (Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission, C-487/06 P, ECLI:EU:C:2008:757, Rn. 111), gelten die Ausführungen unter den Randnummern 373 bis 375 unbeschadet der Auslegung des Begriffs der staatlichen Beihilfe durch die Unionsgerichte (Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni/Kommission, C-194/09 P, ECLI:EU:C:2011:497, Rn. 125); der primäre Bezugspunkt für die Auslegung des AEUV ist stets die Rechtsprechung der Unionsgerichte.

(140)  Ein rechtliches Monopol ist dann gegeben, wenn eine bestimmte Dienstleistung per Gesetz oder Regulierungsmaßnahme in einem bestimmten geografischen Gebiet (auch innerhalb eines Mitgliedstaats) einem einzigen Dienstleister vorbehalten wird und allen anderen Betreibern die Erbringung dieser Dienstleistung (sogar zur Deckung einer etwaigen Restnachfrage bei bestimmten Kundengruppen) klar untersagt wird. Die einfache Betrauung eines bestimmten Unternehmens mit einer öffentlichen Dienstleistung bedeutet hingegen nicht, dass dieses Unternehmen ein rechtliches Monopol innehat.

(141)  Dieser Abschnitt gilt nicht für Vorhaben mit gewidmeter Infrastruktur und/oder anderer Energieinfrastruktur in Verbindung mit Erzeugungs- und/oder Verbrauchstätigkeiten.

(142)  Diese sind von Speicheranlagen „nach dem Zähler“ zu unterscheiden.

(143)  Fördermaßnahmen für die Energiespeicherung können gegebenenfalls auch nach den Abschnitten 4.1, 4.2, 4.3 und 4.8 geprüft werden. Speicheranlagen, die im Einklang mit der geltenden TEN-E-Verordnung als Vorhaben von gemeinsamem Interesse ausgewählt wurden, gelten als Energieinfrastruktur nach diesem Abschnitt, und die Förderung solcher Vorhaben wird nach Abschnitt 4.9 geprüft. Die Förderung von Speicheranlagen, die im Einklang mit den Artikeln 36 und/oder 54 der Richtlinie (EU) 2019/944 „im Eigentum oder unter der Kontrolle“ der VNB oder der ÜNB stehen, ist ebenfalls Gegenstand von Abschnitt 4.9.

(144)  Insbesondere wird die Kommission prüfen, ob das beteiligte Drittland bzw. die beteiligten Drittländer ein hohes Maß an regulatorischer Angleichung aufweisen und die allgemeinen politischen Ziele der Union unterstützen, insbesondere in Bezug auf einen gut funktionierenden Energiebinnenmarkt, die Sicherheit der Energieversorgung auf der Grundlage von Zusammenarbeit und Solidarität, ein Energiesystem auf dem Weg zur Dekarbonisierung im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und den Klimazielen der Union sowie die Vermeidung der Verlagerung von CO2-Emissionen.

(145)  Für Infrastrukturen zwischen einem Mitgliedstaat und einem oder mehreren Drittländern gilt Folgendes: — Der im Hoheitsgebiet der Union gelegene Teil des Vorhabens muss mit der Richtlinie 2009/73/EG und der Richtlinie (EU) 2019/944 im Einklang stehen. — Was das beteiligte Drittland bzw. die beteiligten Drittländer angeht, so müssen die Vorhaben ein hohes Maß an regulatorischer Angleichung aufweisen und die allgemeinen politischen Ziele der Union unterstützen, insbesondere um einen gut funktionierenden Energiebinnenmarkt, die Sicherheit der Energieversorgung auf der Grundlage von Zusammenarbeit und Solidarität und ein Energiesystem auf dem Weg zur Dekarbonisierung im Einklang mit dem Übereinkommen von Paris und den Klimazielen der Union und vor allem die Vermeidung der Verlagerung von CO2-Emissionen zu gewährleisten.

(146)  So heißt es in Artikel 20 der Richtlinie (EU) 2018/2001, dass „die Mitgliedstaaten gegebenenfalls die notwendigen Schritte zur Entwicklung einer Fernwärme- und -kälteinfrastruktur [unternehmen], mit der der Ausbau der Wärme- und Kälteerzeugung aus großen Biomasse-, Solarenergie-, Umgebungsenergie- und Geothermieenergieanlagen sowie aus Abwärme und -kälte möglich ist“.

(147)  Um sicherzustellen, dass das Verteilnetz tatsächlich als eine den Nutzern offenstehende Einrichtung im Einklang mit der Mitteilung über den Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa betrieben wird (siehe Abschnitt 4.3.3. der Mitteilung der Kommission über den Investitionsplan für ein zukunftsfähiges Europa — Investitionsplan für den europäischen Grünen Deal vom 14.1.2020 (COM(2020) 21 final)), müssen in der Regel — analog zu den Binnenmarktvorschriften für den Energiesektor, insbesondere für Gas oder Strom — spezifische Vorschriften gelten (die den Zugang Dritter, die Entflechtung und die regulierten Tarife regeln), die über die reine Führung getrennter Bücher hinausgehen.

(148)  Während im Fall eines natürlichen und/oder rechtlichen Monopols die Förderung von Fernwärmeverteilinfrastruktur (unter bestimmten Voraussetzungen) nicht unter die Vorschriften für staatliche Beihilfen fällt, unterliegt jede Förderung von Tätigkeiten zur Erzeugung von Fernwärme auch weiterhin den Beihilfevorschriften.

(149)  Die Menge der durch Wärmepumpen gebundenen, als erneuerbare Energie zu betrachtenden Energie ist nach Anhang VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 zu berechnen. Darüber hinaus kann der genutzte Strom analog zu den in der Richtlinie (EU) 2018/2001 — und delegierten Rechtsakten — beschriebenen Methoden sowie analog zu anderen gleichwertigen Methoden, die gewährleisten, dass der gesamte tatsächlich genutzte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, als uneingeschränkt erneuerbar angesehen werden, sofern eine Doppelzählung der erneuerbaren Energie und eine Überkompensation vermieden werden. Die Förderung neuer Investitionen oder der Modernisierung — sowie des Betriebs — darf sich in keinem Fall auf Mitverbrennungsanlagen beziehen, die auch andere Brennstoffe als Brennstoffe aus erneuerbaren Quellen oder Abwärme verwenden.

(150)  Heiz- oder Kühlanlagen, einschließlich Wärmespeichern, in Räumlichkeiten der Kunden nach Randnummer 138 können ebenfalls darunter fallen, wenn sie mit Fernwärme- oder Fernkältesystemen verbunden sind.

(151)  Siehe Artikel 2 Nummer 41 der Richtlinie 2012/27/EU.

(152)  In diesem Zusammenhang müssen die Mitgliedstaaten insbesondere nachweisen, dass die geförderten Fernwärmesysteme die erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben, um die Effizienz zu steigern und die Emissionen von CO2 und sonstigen Schadstoffen sowie Netzverluste zu verringern.

(153)  Wärmeverbraucher, bei denen es sich um Unternehmen handelt, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, müssen in jedem Fall ihren vollen Anteil an den Heizkosten entrichten, und dieser muss mindestens den Kosten ihrer kostengünstigsten alternativen Heizquelle entsprechen, um Wettbewerbsverzerrungen auf anderen Märkten zu vermeiden.

(154)  Die Abfallhierarchie umfasst die Stufen a) Vermeidung, b) Vorbereitung zur Wiederverwendung, c) Recycling, d) sonstige Verwertung (z. B. energetische Verwertung) und e) Beseitigung. Siehe Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2008/98/EG.

(155)  Im Falle des Anschlusses weiterer Kunden müssen die Mitgliedstaaten nachweisen, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um das System um nachhaltige Wärmequellen zu ergänzen.

(156)  Die Mitgliedstaaten sollten beispielsweise nachweisen, dass die betreffenden Fernwärmesysteme entweder Teil eines nationalen oder lokalen Dekarbonisierungsplans oder Teil der integrierten nationalen Energie- und Klimapläne gemäß Anhang I der Verordnung (EU) 2018/1999 über den Bedarf an der Errichtung neuer Infrastruktur für Fernwärme und -kälte aus erneuerbaren Energiequellen sind, um das in Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegte Ziel der Union zu erreichen, und zusagen, in Abkehr von fossilen Brennstoffen Zwischenziele und endgültige Ziele auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 zu verfolgen.

(157)  In Anbetracht ihres Beitrags zum Klimaschutz, der in der Verordnung (EU) 2020/852 als Umweltziel definiert ist, sofern keine offensichtlichen Hinweise auf eine Nichteinhaltung des Grundsatzes der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen vorliegen.

(158)  Siehe auch Artikel 24 der Richtlinie (EU) 2018/2001.

(159)  Siehe auch Artikel 18 Absatz 5 und Artikel 24 der Richtlinie (EU) 2018/2001.

(160)  Nach der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Union (NACE Rev. 2) bis zu einer Aufschlüsselungsebene von höchstens acht Stellen („PRODCOM“-Ebene).

(161)  Beispielsweise Daten, die einen erheblichen Anteil der Bruttowertschöpfung des betreffenden Sektors oder Teilsektors auf EU-Ebene abdecken.

(162)   „Waren und Dienstleistungen“ enthalten keine Personalkosten.

(163)  Code 12 15 0 innerhalb des mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 58/97 des Rates vom 20. Dezember 1996 über die strukturelle Unternehmensstatistik geschaffenen Rechtsrahmens (ABl. L 14 vom 17.1.1997, S. 1).

(164)  Feste jährliche Ausgleichsbeträge (Erstattungen) haben den Vorteil, dass die Stromgrenzkosten für die Unternehmen, die die Beihilfe erhalten, genauso stark steigen (d. h. der Anstieg der Stromkosten durch jede zusätzlich verbrauchte Megawattstunde ist genauso hoch), sodass etwaige Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Wirtschaftszweigs begrenzt werden.

(165)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. C 200 vom 28.6.2014).

(166)  Für Ausschreibungen nach Abschnitt 4.12 gilt die 30 %-Vorgabe nach Randnummer 50 nicht. Die Mitgliedstaaten können die Verwendung zusätzlicher Kriterien, wie etwa andere zu erreichende Umweltziele, in Erwägung ziehen.

(167)  Beschluss des Rates vom 10. Dezember 2010 über staatliche Beihilfen zur Erleichterung der Stilllegung nicht wettbewerbsfähiger Steinkohlebergwerke (ABl. L 336 vom 21.12.2010, S. 24).

(168)  Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56).

(169)  Siehe auch die Bekanntmachung der Kommission — Leitlinien für eine einheitliche Auslegung des Begriffs „Umweltschaden“ im Sinne von Artikel 2 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (2021/C 118/01) (ABl. C 118 vom 7.4.2021, S. 1).

(170)  Siehe Beschluss C(2012) 558 final der Kommission vom 17. Oktober 2012 in der Sache SA.33496 (2011/N) — Österreich — Einzelfall, Altlast, DECON Umwelttechnik GmbH, Erwägungsgründe 65-69 (ABl. C 14 vom 17.1.2013, S. 1).

(171)  Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen „Gemeinsame Methodik für die Evaluierung staatlicher Beihilfen“, 28.5.2014 (SWD(2014) 179 final).

(172)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(173)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(174)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020 (ABl. C 200 vom 28.6.2014, S. 1).


ANHANG 1

Liste der nach Abschnitt 4.11 beihilfefähigen Wirtschaftszweige

Wirtschaftszweige mit einem erheblichen Risiko im Sinne des Abschnitts 4.11.3.1

NACE-Code

Beschreibung

0510

Steinkohlenbergbau

0620

Gewinnung von Erdgas

0710

Eisenerzbergbau

0729

Sonstiger NE-Metallerzbergbau

0811

Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer

0891

Bergbau auf chemische und Düngemittelminerale

0893

Gewinnung von Salz

0899

Gewinnung von Steinen und Erden a. n. g.

1020

Fischverarbeitung

1031

Kartoffelverarbeitung

1032

Herstellung von Frucht- und Gemüsesäften

1039

Sonstige Verarbeitung von Obst und Gemüse

1041

Herstellung von Ölen und Fetten (ohne Margarine und ähnliche Nahrungsfette)

1062

Herstellung von Stärke und Stärkeerzeugnissen

1081

Herstellung von Zucker

1086

Herstellung von homogenisierten und diätetischen Nahrungsmitteln

1104

Herstellung von Wermutwein und sonstigen aromatisierten Weinen

1106

Herstellung von Malz

1310

Spinnstoffaufbereitung und Spinnerei

1320

Weberei

1330

Veredlung von Textilien und Bekleidung

1391

Herstellung von gewirktem und gestricktem Stoff

1393

Herstellung von Teppichen

1394

Herstellung von Seilerwaren

1395

Herstellung von Vliesstoff und Erzeugnissen daraus (ohne Bekleidung)

1396

Herstellung von technischen Textilien

1411

Herstellung von Lederbekleidung

1431

Herstellung von Strumpfwaren

1511

Herstellung von Leder und Lederfaserstoff; Zurichtung und Färben von Fellen

1610

Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke

1621

Herstellung von Furnier-, Sperrholz-, Holzfaser- und Holzspanplatten

1622

Herstellung von Parketttafeln

1629

Herstellung von Holzwaren a. n. g, Kork-, Flecht- und Korbwaren (ohne Möbel)

1711

Herstellung von Holz- und Zellstoff

1712

Herstellung von Papier, Karton und Pappe

1722

Herstellung von Haushalts-, Hygiene- und Toilettenartikeln aus Zellstoff, Papier und Pappe

1724

Herstellung von Tapeten

1920

Mineralölverarbeitung

2011

Herstellung von Industriegasen

2012

Herstellung von Farbstoffen und Pigmenten

2013

Herstellung von sonstigen anorganischen Grundstoffen und Chemikalien

2014

Herstellung von sonstigen organischen Grundstoffen und Chemikalien

2015

Herstellung von Düngemitteln und Stickstoffverbindungen

2016

Herstellung von Kunststoffen in Primärformen

2017

Herstellung von synthetischem Kautschuk in Primärformen

2059

Herstellung von sonstigen chemischen Erzeugnissen a. n. g.

2060

Herstellung von Chemiefasern

2110

Herstellung von pharmazeutischen Grundstoffen

2211

Herstellung und Runderneuerung von Bereifungen

2219

Herstellung von sonstigen Gummiwaren

2221

Herstellung von Platten, Folien, Schläuchen und Profilen aus Kunststoffen

2222

Herstellung von Verpackungsmitteln aus Kunststoffen

2229

Herstellung von sonstigen Kunststoffwaren

2311

Herstellung von Flachglas

2312

Veredlung und Bearbeitung von Flachglas

2313

Herstellung von Hohlglas

2314

Herstellung von Glasfasern und Waren daraus

2319

Herstellung, Veredlung und Bearbeitung von sonstigem Glas einschließlich technischen Glaswaren

2320

Herstellung von feuerfesten keramischen Werkstoffen und Waren

2331

Herstellung von keramischen Wand- und Bodenfliesen und -platten

2342

Herstellung von Sanitärkeramik

2343

Herstellung von Isolatoren und Isolierteilen aus Keramik

2344

Herstellung von keramischen Erzeugnissen für sonstige technische Zwecke

2349

Herstellung von sonstigen keramischen Erzeugnissen

2351

Herstellung von Zement

2391

Herstellung von Schleifkörpern und Schleifmitteln auf Unterlage

2399

Herstellung von sonstigen Erzeugnissen aus nichtmetallischen Mineralien a. n. g.

2410

Erzeugung von Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen

2420

Herstellung von Stahlrohren, Rohrform-, Rohrverschluss- und Rohrverbindungsstücken aus Stahl

2431

Herstellung von Blankstahl

2432

Herstellung von Kaltband mit einer Breite von weniger als 600 mm

2434

Herstellung von kaltgezogenem Draht

2442

Erzeugung und erste Bearbeitung von Aluminium

2443

Erzeugung und erste Bearbeitung von Blei, Zink und Zinn

2444

Erzeugung und erste Bearbeitung von Kupfer

2445

Erzeugung und erste Bearbeitung von sonstigen NE-Metallen

2446

Aufbereitung von Kernbrennstoffen

2451

Eisengießereien

2550

Herstellung von Schmiede-, Press-, Zieh- und Stanzteilen, gewalzten Ringen und pulvermetallurgischen Erzeugnissen

2561

Oberflächenveredlung und Wärmebehandlung

2571

Herstellung von Schneidwaren und Bestecken aus unedlen Metallen

2593

Herstellung von Drahtwaren, Ketten und Federn

2594

Herstellung von Schrauben und Nieten

2611

Herstellung von elektronischen Bauelementen

2720

Herstellung von Batterien und Akkumulatoren

2731

Herstellung von Glasfaserkabeln

2732

Herstellung von sonstigen elektronischen und elektrischen Drähten und Kabeln

2790

Herstellung von sonstigen elektrischen Ausrüstungen und Geräten a. n. g.

2815

Herstellung von Lagern, Getrieben, Zahnrädern und Antriebselementen

3091

Herstellung von Krafträdern

3099

Herstellung von sonstigen Fahrzeugen a. n. g.

Wirtschaftszweige mit einem Risiko im Sinne des Abschnitts 4.11.3.1

NACE-Code

Beschreibung

1011

Schlachten (ohne Schlachten von Geflügel)

1012

Schlachten von Geflügel

1042

Herstellung von Margarine u. Ä. Nahrungsfetten

1051

Milchverarbeitung (ohne Herstellung von Speiseeis)

1061

Mahl- und Schälmühlen

1072

Herstellung von Dauerbackwaren

1073

Herstellung von Teigwaren

1082

Herstellung von Süßwaren (ohne Dauerbackwaren)

1085

Herstellung von Fertiggerichten

1089

Herstellung von sonstigen Nahrungsmitteln a. n. g.

1091

Herstellung von Futtermitteln für Nutztiere

1092

Herstellung von Futtermitteln für sonstige Tiere

1107

Herstellung von Erfrischungsgetränken; Gewinnung natürlicher Mineralwässer

1723

Herstellung von Schreibwaren und Bürobedarf aus Papier, Karton und Pappe

1729

Herstellung von sonstigen Waren aus Papier, Karton und Pappe

2051

Herstellung von pyrotechnischen Erzeugnissen

2052

Herstellung von Klebstoffen

2332

Herstellung von Ziegeln und sonstiger Baukeramik

2352

Herstellung von Kalk und gebranntem Gips

2365

Herstellung von Faserzementwaren

2452

Stahlgießereien

2453

Leichtmetallgießereien

2591

Herstellung von Fässern, Trommeln, Dosen, Eimern u. Ä. Behältern aus Metall

2592

Herstellung von Verpackungen und Verschlüssen aus Eisen, Stahl und NE-Metall

2932

Herstellung von sonstigen Teilen und sonstigem Zubehör für Kraftwagen


ANHANG 2

Definition der in Abschnitt 4.12.2 genannten Kosten

1.   

Kosten von Unternehmen, die Kohle-, Torf- oder Ölschieferaktivitäten eingestellt haben oder einstellen

Beihilfefähig sind ausschließlich die folgenden Kategorien von Kosten, sofern sie durch die Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten entstehen:

a)

Kosten aufgrund der Entrichtung von Sozialleistungen, soweit sie auf die vor Erreichung des gesetzlichen Rentenalters erfolgende Versetzung von Arbeitnehmern in den Ruhestand zurückzuführen sind;

b)

andere außergewöhnliche Aufwendungen für Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder verlieren;

c)

Renten- und Abfindungszahlungen außerhalb der gesetzlichen Versicherung an Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder verlieren, und an Arbeitnehmer, die vor der Einstellung der Tätigkeit Ansprüche auf solche Zahlungen erworben haben;

d)

Aufwendungen der Unternehmen für die Umschulung von Arbeitnehmern, die diesen die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz außerhalb der Kohle-, Torf- und Ölschieferindustrie erleichtern soll, insbesondere Aufwendungen für Ausbildung;

e)

Lieferung von Deputatkohle, -torf und -ölschiefer (bzw. Auszahlung des monetären Gegenwerts) an Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder verlieren, und an Arbeitnehmer, die vor der Einstellung der Tätigkeit Anspruch auf solche Lieferungen hatten;

f)

verbleibende Kosten aufgrund behördlicher, gesetzlicher oder steuerlicher, speziell die Kohle-, Torf- und Ölschieferindustrie betreffender Bestimmungen;

g)

zusätzliche Sicherheitsarbeiten unter Tage, die nach der Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten erforderlich sind;

h)

Bergschäden, sofern sie auf Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten zurückzuführen sind, die eingestellt worden sind oder eingestellt werden;

i)

alle hinreichend begründeten Kosten für die Sanierung ehemaliger Kraftwerke und Bergbautätigkeiten, darunter

verbleibende Kosten aufgrund von Beiträgen zu Zweckverbänden für Wasserversorgung und Abwasserentsorgung;

sonstige verbleibende Kosten für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung;

j)

verbleibende Kosten für die Krankenversorgung ehemaliger Bergarbeiter;

k)

Kosten für die Stornierung oder Modifizierung laufender Aufträge (höchstens im Wert der Produktion von sechs Monaten);

l)

außerordentliche Substanzverluste, soweit sie durch die Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten verursacht wurden;

m)

Kosten der Oberflächenrekultivierung.

Der Grundstückswertzuwachs ist im Falle von Kosten nach den Buchstaben g, h, i und m von den beihilfefähigen Kosten abzuziehen.

2.   

Kosten, die mehreren Unternehmen entstehen

Beihilfefähig sind ausschließlich die folgenden Kategorien von Kosten:

a)

Erhöhung der Beiträge zur Deckung der Soziallasten außerhalb des gesetzlichen Systems, soweit diese Erhöhung auf eine Verminderung der Anzahl der Beitragspflichtigen infolge einer Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten zurückzuführen ist;

b)

Aufwendungen für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die durch die Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten bedingt sind;

c)

Erhöhung der Beiträge zu Zweckverbänden für die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, soweit diese Erhöhung auf einem durch die Einstellung von Kohle-, Torf- oder Ölschiefertätigkeiten bedingten Rückgang der beitragspflichtigen Produktion beruht.


Berichtigungen

27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/314


Berichtigung der Richtlinie (EU) 2015/719 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 zur Änderung der Richtlinie 96/53/EG des Rates zur Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für bestimmte Straßenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr in der Gemeinschaft sowie zur Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr

( Amtsblatt der Europäischen Union L 115 vom 6. Mai 2015 )

Seite 4, Artikel 1 Absatz 1:

Anstatt:

„Die Richtlinie 96/53/EG wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

‚a)

die Abmessungen der Kraftfahrzeuge der Klassen M2 und M3 und ihrer Kraftfahrzeuganhänger der Klasse 0 sowie der Kraftfahrzeuge der Klassen N2 und N3 und ihrer Kraftfahrzeuganhänger der Klassen 03 und 04 im Sinne des Anhangs II der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*);“

muss es heißen:

„Die Richtlinie 96/53/EG wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

‚a)

die Abmessungen der Kraftfahrzeuge der Klassen M2 und M3 und ihrer Kraftfahrzeuganhänger der Klasse O sowie der Kraftfahrzeuge der Klassen N2 und N3 und ihrer Kraftfahrzeuganhänger der Klassen O3 und O4 im Sinne des Anhangs II der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (*);“.


27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/315


Berichtigung der Delegierten Verordnung (EU) 2019/625 der Kommission vom 4. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an den Eingang von Sendungen bestimmter für den menschlichen Verzehr bestimmter Tiere und Waren in die Union

( Amtsblatt der Europäischen Union L 131 vom 17. Mai 2019 )

Seite 27, Artikel 9 Absatz 2:

Anstatt:

„(2)   Nach Erstellung der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Listen und wenn die zuständigen Behörden des Drittlandes ausreichende Garantien betreffend die Verwaltung und Überwachung der in ihre Zuständigkeit fallenden Erzeugungsgebiete geben, muss ein Kontrollbesuch der Kommission vor Ort erst stattfinden, wenn ein neues Erzeugungsgebiet in eine bestehende Liste gemäß Artikel 5 aufgenommen wird.“

muss es heißen:

„(2)   Nach Erstellung der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Listen und wenn die zuständigen Behörden des Drittlandes ausreichende Garantien betreffend die Verwaltung und Überwachung der in ihre Zuständigkeit fallenden Erzeugungsgebiete geben, ist ein Kontrollbesuch der Kommission vor Ort vor der Aufnahme eines neuen Erzeugungsgebiets in eine bestehende Liste gemäß Artikel 5 nicht erforderlich.“


27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/316


Berichtigung der Verordnung (EU) 2022/… des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf die aufsichtliche Behandlung global systemrelevanter Institute mit einer multiplen Abwicklungsstrategie und auf Methoden für die indirekte Zeichnung von Instrumenten, die zur Erfüllung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten berücksichtigungsfähig sind

( Amtsblatt der Europäischen Union L 275 vom 25. Oktober 2022 )

Die Verordnung auf Seite 1 wird durch den folgenden Text ersetzt:

„ VERORDNUNG (EU) 2022/2036 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 19. Oktober 2022

zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf die aufsichtliche Behandlung global systemrelevanter Institute mit einer multiplen Abwicklungsstrategie und auf Methoden für die indirekte Zeichnung von Instrumenten, die zur Erfüllung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten berücksichtigungsfähig sind

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates (4), der Verordnung (EU) 2019/877 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) und der Richtlinie (EU) 2019/879 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) wurde der Abwicklungsrahmen der Union für Kreditinstitute und Wertpapierfirmen geändert, indem Änderungen an der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7), der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) bzw. der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (9) vorgenommen wurden. Diese Änderungen waren notwendig, um das internationale, vom Rat für Finanzstabilität am 9. November 2015 veröffentlichte ‚Term-Sheet über die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (TLAC)‘ (im Folgenden ‚TLAC-Standard‘) für global systemrelevante Banken, im Unionsrecht als global systemrelevante Institute bezeichnet (G-SRI), in der Union umzusetzen und die Anwendung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (MREL) für alle Banken zu verbessern. Der überarbeitete Bankenabwicklungsrahmen der Union sollte stärker dafür Sorge tragen, dass die Verlustabsorption und Rekapitalisierung von Banken, die finanziell nicht mehr existenzfähig sind und daraufhin abgewickelt werden müssen, durch private Mittel erfolgt.

(2)

Artikel 12a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sieht vor, dass G-SRI mit einer Abwicklungsstrategie, bei der mehr als ein Gruppenunternehmen abgewickelt werden könnte (im Folgenden ‚multiple Abwicklungsstrategie‘), ihre risikobasierte Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten unter der theoretischen Annahme berechnen, dass nur ein Unternehmen der Gruppe abgewickelt würde und die Verluste und der Rekapitalisierungsbedarf von Tochterunternehmen dieser Gruppe auf die Abwicklungseinheit übertragen würden (im Folgenden ‚singuläre Abwicklungsstrategie‘). Eine ähnliche Anforderung ist in Artikel 45d Absatz 4 der Richtlinie 2014/59/EU hinsichtlich der zusätzlichen Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten vorgesehen, die von den Abwicklungsbehörden gemäß Absatz 3 des genannten Artikels auferlegt werden kann. Im Einklang mit dem TLAC-Standard sollten bei diesen Berechnungen alle Drittlandseinheiten berücksichtigt werden, die Teil eines G-SRI sind und bei denen es sich — wären sie in der Union niedergelassen — um Abwicklungseinheiten handeln würde.

(3)

Im Einklang mit Artikel 45h Absatz 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2014/59/EU und in Übereinstimmung mit dem TLAC-Standard darf die Summe der tatsächlichen Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten eines G-SRI mit einer multiplen Abwicklungsstrategie nicht geringer sein als die theoretische Anforderung dieser Gruppe im Rahmen einer singulären Abwicklungsstrategie. Um die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 an die der Richtlinie 2014/59/EU anzupassen und um sicherzustellen, dass die Abwicklungsbehörden stets im Einklang mit jener Richtlinie handeln und sowohl die in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten als auch etwaige gemäß Artikel 45d der Richtlinie 2014/59/EU festgelegte zusätzliche Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten berücksichtigen, sollte Artikel 12a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 geändert und Artikel 92a Absatz 3 der genannten Verordnung gestrichen werden. Dies sollte die Abwicklungsbehörden nicht daran hindern, zu dem Schluss zu kommen, dass eine Anpassung zur Minimierung oder Beseitigung der Differenz zwischen der Summe der tatsächlichen Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten eines G-SRI mit einer multiplen Abwicklungsstrategie und der theoretischen Anforderung dieser Gruppe im Rahmen einer singulären Abwicklungsstrategie — wenn Erstere höher ist als Letztere — unangemessen wäre oder der Abwicklungsstrategie des G-SRI zuwiderlaufen würde. Um die Kohärenz zwischen Artikel 12a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und Artikel 45h Absatz 2 der Richtlinie 2014/59/EU sicherzustellen, sollten bei der Berechnung nach Artikel 45h Absatz 2 der genannten Richtlinie auch alle Drittlandseinheiten berücksichtigt werden, die Teil eines G-SRI sind, und bei denen es sich — wären sie in der Union niedergelassen — um Abwicklungseinheiten handeln würde.

(4)

In Artikel 92b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ist festgelegt, dass die Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten für bedeutende Tochterunternehmen von Nicht-EU-G-SRI, die keine Abwicklungseinheiten sind, unter anderem durch Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten erfüllt werden kann. Die in Artikel 72b Absatz 2 Buchstaben c, k, l und m der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Kriterien für Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten setzen jedoch voraus, dass das begebende Unternehmen eine Abwicklungseinheit ist. Es sollte sichergestellt werden, dass diese bedeutenden Tochterunternehmen — wie ursprünglich vorgesehen — Schuldtitel begeben können, die alle Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit erfüllen.

(5)

Im Einklang mit Artikel 72e Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 können die Abwicklungsbehörden einem G-SRI mit einer multiplen Abwicklungsstrategie erlauben, bestimmte Positionen in Eigenmittelinstrumenten und Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten seiner Tochterunternehmen, die nicht zur selben Abwicklungsgruppe gehören, in Abzug zu bringen, indem ein von der Abwicklungsbehörde festgelegter geringerer angepasster Betrag in Abzug gebracht wird. Gemäß Artikel 72e Absatz 4 Unterabsatz 2 der genannten Verordnung wird in solchen Fällen die Differenz zwischen dem angepassten Betrag und dem ursprünglichen Betrag von der Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität der betreffenden Tochterunternehmen abgezogen. Im Einklang mit dem TLAC-Standard sollte dieser Ansatz die risikobasierten und nicht-risikobasierten Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten des betreffenden Tochterunternehmens berücksichtigen. Darüber hinaus sollte dieser Ansatz für alle Drittlandstochterunternehmen, die Teil dieses G-SRI sind, gelten, solange diese Tochterunternehmen einem Abwicklungsrahmenwerk unterliegen, das nach Ansicht der zuständigen Abwicklungsbehörde in der Union rechtlich durchsetzbar ist und mit der international vereinbarte Standards umgesetzt werden, insbesondere das Dokument des Rates für Finanzstabilität mit dem Titel Kernelemente wirksamer Abwicklungsregelungen für Finanzinstitute (Key Attributes of Effective Resolution Regimes for Financial Institutions), veröffentlicht im Oktober 2011, sowie des TLAC-Standards.

(6)

Die Richtlinie (EU) 2019/879 änderte die Richtlinie 2014/59/EU, um besondere Regeln zur indirekten Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, d. h. von Eigenmitteln und Verbindlichkeiten, die die Bedingungen des Artikels 45f Absatz 2 der Richtlinie 2014/59/EU erfüllen, innerhalb von Abwicklungsgruppen einzuführen. Um diese Regeln umzusetzen und sicherzustellen, dass die indirekte Zeichnung aufsichtsrechtlich solide durchgeführt wird, wurde die durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) gegründete Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) (EBA) mit Artikel 45f Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU beauftragt, Entwürfe technischer Regulierungsstandards auszuarbeiten, um Methoden für eine solche indirekte Zeichnung berücksichtigungsfähiger Ressourcen näher zu bestimmen. Wie die EBA in ihrem Schreiben an die Kommission vom 25. Januar 2021 hervorhob, gab es jedoch mehrere Unstimmigkeiten zwischen den Vorgaben für den in der Richtlinie 2014/59/EU niedergelegten Auftrag und den bestehenden Aufsichtsvorschriften der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, die es unmöglich machten, die nach dem ursprünglichen Auftrag erforderliche aufsichtsrechtliche Behandlung anzuwenden. Im Besonderen stellte die EBA fest, dass die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 den Abzug von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen und die anschließende Anwendung eines angemessenen Risikogewichts nicht in allen Fällen, die für das im Rahmen der Richtlinie 2014/59/EU erteilte Mandat von Bedeutung sind, gestattet. Ähnliche Probleme wurden im Bereich der in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Anforderung an die Verschuldungsquote festgestellt. Angesichts dieser rechtlichen Hemmnisse sollten die von der EBA entwickelten Methoden direkt in die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 aufgenommen werden. Folglich sollte Artikel 45f Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU aufgehoben werden.

(7)

Im Zusammenhang mit der indirekten Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen durch Abwicklungseinheiten entsprechend dem überarbeiteten Bankenabwicklungsrahmen der Union sollten zwischengeschaltete Unternehmen verpflichtet sein, die Positionen in für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, die von Unternehmen, die selbst keine Abwicklungseinheiten sind und derselben Abwicklungsgruppe angehören, begeben wurden, in voller Höhe in Abzug zu bringen. Dies gewährleistet das ordnungsgemäße Funktionieren der internen Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsmechanismen innerhalb einer Gruppe und vermeidet eine Doppelzählung der für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen dieser Unternehmen für die Zwecke der Einhaltung der eigenen internen MREL durch das zwischengeschaltete Unternehmen. Ohne diese Abzüge könnte die ordnungsgemäße Umsetzung der gewählten Abwicklungsstrategie beeinträchtigt sein, da das zwischengeschaltete Unternehmen nicht nur seine eigene Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität, sondern auch die anderer Unternehmen, die selbst keine Abwicklungseinheiten sind und derselben Abwicklungsgruppe angehören, ausschöpfen könnte, bevor das zwischengeschaltete Unternehmen oder diese anderen Unternehmen nicht mehr existenzfähig wären. Um sicherzustellen, dass die Abzugsverpflichtung mit dem Kreis der Unternehmen im Einklang steht, die von der Abwicklungseinheit für die indirekte Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen genutzt werden können, und um Aufsichtsarbitrage zu vermeiden, sollten zwischengeschaltete Unternehmen ihre Positionen in für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, die von allen Unternehmen derselben Abwicklungsgruppe begeben wurden und der Einhaltung der internen MREL unterliegen können, und nicht nur die Positionen in von ihren Tochterunternehmen begebenen Ressourcen, in Abzug bringen. Dieselben Verpflichtungen sollten gegebenenfalls für die indirekte Begebung von Ressourcen gelten, die für die Erfüllung der Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten für bedeutende Tochterunternehmen von Nicht-EU-G-SRI gemäß Artikel 92b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 berücksichtigungsfähig sind.

(8)

Um sicherzustellen, dass die Abzugsregelung verhältnismäßig bleibt, sollten zwischengeschaltete Unternehmen wählen können, mit welcher Kombination von Instrumenten aus Eigenmitteln oder berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten sie den Erwerb von Eigentum an für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen finanzieren. Dies würde es zwischengeschalteten Unternehmen ermöglichen, Abzüge im Zusammenhang mit Eigenmitteln vollständig zu vermeiden, solange sie ausreichend berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten begeben haben. Die Abzüge sollten daher zunächst auf die Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten der zwischengeschalteten Unternehmen angewandt werden. Ist das zwischengeschaltete Unternehmen verpflichtet, die interne MREL gemäß der Richtlinie 2014/59/EU auf individueller Basis einzuhalten, so sollten die Abzüge auf die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten angewandt werden, die die Bedingungen des Artikels 45f Absatz 2 der genannten Richtlinie erfüllen. Übersteigt der in Abzug zu bringende Betrag den Betrag der Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten der zwischengeschalteten Unternehmen, so sollte der verbleibende Betrag von deren Posten des harten Kernkapitals, des zusätzlichen Kernkapitals und des Ergänzungskapitals in Abzug gebracht werden, beginnend mit Posten des Ergänzungskapitals gemäß Artikel 66 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013. In diesem Fall ist es erforderlich, dass die Abzüge in Höhe des verbleibenden Betrags auch bei der Berechnung der Eigenmittel für die Zwecke der Anforderungen nach der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (11) vorgenommen werden. Andernfalls könnten die Solvabilitätskoeffizienten der zwischengeschalteten Unternehmen, die statt berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten Eigenmittel begeben haben, um den Erwerb von Eigentum an für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen zu finanzieren, zu hoch angesetzt sein. Indem die Behandlung von Positionen in für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen für Aufsichts- und Abwicklungszwecke angeglichen wird, wird zudem eine übermäßige Zunahme der Komplexität vermieden, da Institute für Aufsichts- und Abwicklungszwecke weiterhin nur einen Gesamtrisikobetrag und eine Gesamtrisikopositionsmessgröße berechnen, melden und offenlegen könnten. Artikel 49 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sollte daher entsprechend geändert werden.

(9)

Um die Verhältnismäßigkeit der Abzugsregelung weiter zu verbessern, sollte diese Regelung nicht in den Ausnahmefällen gelten, in denen die interne MREL gemäß Artikel 45f Absatz 1 Unterabsatz 3 und Artikel 45f Absatz 4 der Richtlinie 2014/59/EU nur auf konsolidierter Basis angewandt wird, und zwar in Bezug auf die Positionen in für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, die von Unternehmen begeben wurden, die zum Konsolidierungskreis gehören. Dieselbe Ausnahme sollte gelten, wenn die in Artikel 92b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegte Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten für bedeutende Tochterunternehmen von Nicht-EU-G-SRI gemäß Artikel 11 Absatz 3a der genannten Verordnung auf konsolidierter Basis erfüllt wird.

(10)

Die indirekte Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen sollte sicherstellen, dass in dem Falle, dass ein Tochterunternehmen den Punkt der fehlenden Existenzfähigkeit erreicht, die Verluste tatsächlich an die Abwicklungseinheit übertragen werden und das betreffende Tochterunternehmen von der Abwicklungseinheit rekapitalisiert wird. Diese Verluste sollten daher nicht von dem zwischengeschalteten Unternehmen absorbiert werden, das zu einem reinen Instrument zur Weitergabe der Verluste an die Abwicklungseinheit werden sollte. Um sicherzustellen, dass das Ergebnis der indirekten Zeichnung entsprechend dem Mandat in Artikel 45f Absatz 6 der Richtlinie 2014/59/EU gleichwertig mit dem Ergebnis einer vollständigen direkten Zeichnung ist, sollten auf die gemäß der durch Artikel 72e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 einzuführenden Abzugsregelung in Abzug gebrachten Risikopositionen für die Zwecke der Berechnung des Gesamtrisikobetrags des zwischengeschalteten Unternehmens keine Risikogewichte angewandt werden. In gleicher Weise sollten diese Risikopositionen bei der Berechnung der Gesamtrisikopositionsmessgröße des zwischengeschalteten Unternehmens unberücksichtigt bleiben. Diese Behandlung, die in der Nichtanwendung von Risikogewichten und der Nichtberücksichtigung der genannten Risikopositionen bei der Gesamtrisikopositionsmessgröße besteht, sollte strikt auf Risikopositionen beschränkt werden, die gemäß der durch Artikel 72e der genannten Verordnung einzuführenden Abzugsregelung in Abzug gebracht werden, um den Ansatz der indirekten Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen umzusetzen.

(11)

Die in der Durchführungsverordnung (EU) 2021/763 der Kommission (12) festgelegten Meldebögen für die Offenlegung harmonisierter Informationen über die MREL sowie über die Anforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten für bedeutende Tochterunternehmen von Nicht-EU-G-SRI sollten geändert werden, um der neuen Abzugsregelung in Bezug auf für die interne MREL berücksichtigungsfähige Ressourcen Rechnung zu tragen. Die Meldebögen für die Offenlegung sollten außerdem dahin gehend geändert werden, dass sie den Gesamtrisikobetrag und die Gesamtrisikopositionsmessgröße ausweisen, die zwischengeschaltete Unternehmen hätten, wenn sie die nach dieser neuen Abzugsregelung in Abzug gebrachten Risikopositionen nicht unberücksichtigt lassen würden.

(12)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die vollständige Harmonisierung der aufsichtlichen Behandlung von durch zwischengeschaltete Unternehmen gehaltenen Positionen in für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen von Unternehmen in derselben Abwicklungsgruppe und die zielgerichtete Überarbeitung der für G-SRI und bedeutende Tochterunternehmen von Nicht-EU-G-SRI geltenden Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(13)

Um mögliche unbeabsichtigte Folgen der indirekten Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, einschließlich der neuen Abzugsregelung, gebührend zu bewerten und eine verhältnismäßige Behandlung und gleiche Wettbewerbsbedingungen für verschiedene Arten von Bankengruppenstrukturen, insbesondere Instituten, die zwischen der Holdinggesellschaft und ihren Tochterunternehmen eine operativ tätige Gesellschaft haben, und für Unternehmen, deren Abwicklungsplan im Falle eines Ausfalls ihre Liquidierung im Wege eines normalen Insolvenzverfahrens vorsieht, sollte die Kommission die Umsetzung der indirekten Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen durch die verschiedenen Arten von Bankengruppenstrukturen so bald wie möglich überprüfen. Die Kommission sollte mögliche strukturelle Lösungen für festgestellte Probleme gebührend prüfen, z. B. die Ausweitung der Möglichkeit für Unternehmen, die selbst keine Abwicklungseinheiten sind, ihre MREL auf konsolidierter Basis zu erfüllen. Der begleitende Gesetzgebungsvorschlag, den die Kommission gegebenenfalls annimmt, sollte den Zeitpunkt der Anwendung der speziellen Behandlung für die indirekte Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen gebührend berücksichtigen, damit sie umgesetzt werden kann bevor Artikel 72e Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 gilt. Ein solcher Gesetzgebungsvorschlag sollte vorzugsweise speziell diesem Zweck gewidmet sein.

(14)

Um sicherzustellen, dass die Institute ausreichend Zeit haben, die spezielle Behandlung für die indirekte Zeichnung von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen, einschließlich der neuen Abzugsregelung, umzusetzen, und dass die Märkte gegebenenfalls zusätzliche Begebungen von für die interne MREL berücksichtigungsfähigen Ressourcen absorbieren können, sollten die Bestimmungen, die diese Behandlung festschreiben, im Einklang mit der Frist für die Einhaltung der MREL ab dem 1. Januar 2024 Anwendung finden.

(15)

Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und die Richtlinie 2014/59/EU sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013

Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 4 Absatz 1 wird folgende Nummer eingefügt:

‚130a.

‚zuständige Drittlandsbehörde‘ eine Drittlandsbehörde im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Nummer 90 der Richtlinie 2014/59/EU;‘.

2.

Artikel 12a erhält folgende Fassung:

‚Artikel 12a

Konsolidierte Berechnung für G-SRI mit mehreren Abwicklungseinheiten

Handelt es sich bei mindestens zwei G-SRI-Einheiten, die Teil desselben G-SRI sind, um Abwicklungseinheiten oder um Drittlandseinheiten, die — wären sie in der Union niedergelassen — Abwicklungseinheiten wären, so berechnet das EU-Mutterinstitut dieses G-SRI den Betrag der Eigenmittel und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten nach Artikel 92a Absatz 1 Buchstabe a:

a)

für jede Abwicklungseinheit oder Drittlandseinheit, die — wäre sie in der Union niedergelassen — eine Abwicklungseinheit wäre;

b)

für das EU-Mutterinstitut, als wäre es die einzige Abwicklungseinheit des G-SRI.

Die Berechnung nach Unterabsatz 1 Buchstabe b erfolgt auf Basis der konsolidierten Lage des EU-Mutterinstituts.

Die Abwicklungsbehörden handeln entsprechend Artikel 45d Absatz 4 und Artikel 45h Absatz 2 der Richtlinie 2014/59/EU.‘

3.

In Artikel 49 Absatz 2 wird folgender Unterabsatz angefügt:

‚Dieser Absatz gilt nicht für die Abzüge nach Artikel 72e Absatz 5.‘

4.

In Artikel 72b Absatz 2 wird folgender Unterabsatz angefügt:

‚Für die Zwecke des Artikels 92b sind Bezugnahmen auf die Abwicklungseinheit unter Unterabsatz 1 Buchstaben c, k, l und m dieses Absatzes auch als Bezugnahmen auf ein Institut, das ein bedeutendes Tochterunternehmen eines Nicht-EU-G-SRI ist, zu verstehen.‘

5.

Artikel 72e wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 4 erhält folgende Fassung:

‚(4)   Hält ein EU-Mutterinstitut oder ein Mutterinstitut in einem Mitgliedstaat, das Artikel 92a unterliegt, direkte, indirekte oder synthetische Positionen in Eigenmittelinstrumenten oder Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten eines oder mehrerer Tochterunternehmen, die nicht zur selben Abwicklungsgruppe wie das Mutterinstitut gehören, so kann die Abwicklungsbehörde dieses Mutterinstituts nach gebührender Berücksichtigung der Stellungnahme der Abwicklungsbehörden oder zuständigen Drittlandsbehörden etwaiger betroffener Tochterunternehmen dem Mutterinstitut erlauben, solche Positionen in Abzug zu bringen, indem ein von der Abwicklungsbehörde dieses Mutterinstituts festgelegter geringerer Betrag in Abzug gebracht wird. Dieser angepasste Betrag muss mindestens so hoch sein wie der wie folgt berechnete Betrag m:

mi

=

max{0; OPi + LPi – max{0; β · [Oi + Li – max{ri · aRWAi; wi · aLREi}]}}

dabei gilt:

i

=

Index, der das Tochterunternehmen bezeichnet;

OPi

=

Betrag der von dem Tochterunternehmen i begebenen und von dem Mutterinstitut gehaltenen Eigenmittelinstrumente;

LPi

=

Betrag der von dem Tochterunternehmen i begebenen und von dem Mutterinstitut gehaltenen Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten;

β

=

prozentualer Anteil der Eigenmittelinstrumente und der Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten, der von dem Tochterunternehmen i begeben und vom Mutterunternehmen gehalten wird, wie folgt berechnet:

Formula
;

Oi

=

Betrag der Eigenmittel des Tochterunternehmens i, wobei der gemäß diesem Absatz berechnete Abzug nicht berücksichtigt wird;

Li

=

Betrag der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten des Tochterunternehmens i, wobei der gemäß diesem Absatz berechnete Abzug nicht berücksichtigt wird;

ri

=

die auf das Tochterunternehmen i auf Ebene seiner Abwicklungsgruppe gemäß Artikel 92a Absatz 1 Buchstabe a dieser Verordnung und Artikel 45c Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2014/59/EU anwendbare Quote oder — für Drittlandstochterunternehmen — eine gleichwertige, für das Tochterunternehmen i in dem Drittland, in dem es seinen Hauptsitz hat, geltende Abwicklungsanforderung, sofern diese Anforderung mit Instrumenten erfüllt wird, die nach dieser Verordnung als Eigenmittel oder berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten gelten würden;

aRWAi

=

der gemäß Artikel 92 Absatz 3 — unter Berücksichtigung der Anpassungen nach Artikel 12a — oder — für Drittlandstochterunternehmen — gemäß den anwendbaren lokalen Vorschriften berechnete Gesamtrisikobetrag der G-SRI-Einheit i;

wi

=

die auf das Tochterunternehmen i auf Ebene seiner Abwicklungsgruppe gemäß Artikel 92a Absatz 1 Buchstabe b dieser Verordnung und Artikel 45c Absatz 3 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2014/59/EU anwendbare Quote oder — für Drittlandstochterunternehmen — eine gleichwertige, für das Tochterunternehmen i in dem Drittland, in dem es seinen Hauptsitz hat, geltende Abwicklungsanforderung, sofern diese Anforderung mit Instrumenten erfüllt wird, die nach dieser Verordnung als Eigenmittel oder berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten gelten würden;

aLREi

=

die Gesamtrisikopositionsmessgröße der G-SRI-Einheit i, berechnet gemäß Artikel 429 Absatz 4 oder — für Drittlandstochterunternehmen — gemäß den anwendbaren lokalen Vorschriften.

Darf ein Mutterinstitut gemäß Unterabsatz 1 den angepassten Betrag in Abzug bringen, so zieht das Tochterunternehmen die Differenz zwischen dem Betrag der Positionen in Eigenmittelinstrumenten und Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten nach Unterabsatz 1 und diesem angepassten Betrag ab.‘

b)

Folgender Absatz wird angefügt:

‚(5)   Institute und Unternehmen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben b, c und d der Richtlinie 2014/59/EU bringen von Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten die von ihnen gehaltenen Positionen in Eigenmittelinstrumenten und Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten in Abzug, sofern alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

die Eigenmittelinstrumente und Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten werden von einem Institut oder Unternehmen gehalten, das selbst keine Abwicklungseinheit ist, aber ein Tochterunternehmen einer Abwicklungseinheit oder einer Drittlandseinheit, die — wäre sie in der Union niedergelassen — eine Abwicklungseinheit wäre, ist;

b)

das Institut oder Unternehmen nach Buchstabe a ist verpflichtet, die Anforderungen des Artikels 92b dieser Verordnung oder des Artikels 45f der Richtlinie 2014/59/EU zu erfüllen;

c)

die Eigenmittelinstrumente und Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten, die von dem Institut oder Unternehmen nach Buchstabe a gehalten werden, wurden von einem Institut oder Unternehmen nach Artikel 92b Absatz 1 dieser Verordnung oder Artikel 45f Absatz 1 der Richtlinie 2014/59/EU begeben, das selbst keine Abwicklungseinheit ist und derselben Abwicklungsgruppe angehört wie das Institut oder Unternehmen nach Buchstabe a.

Abweichend von Unterabsatz 1 werden Positionen in Eigenmittelinstrumenten und Instrumenten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten nicht in Abzug gebracht, wenn das Institut oder Unternehmen nach Unterabsatz 1 Buchstabe a die Anforderung nach Unterabsatz 1 Buchstabe b auf konsolidierter Basis erfüllen muss und das Institut oder Unternehmen nach Unterabsatz 1 Buchstabe c in die Konsolidierung des Instituts oder Unternehmens nach Unterabsatz 1 Buchstabe a gemäß Teil 1 Titel II Kapitel 2 einbezogen ist.

Für die Zwecke dieses Absatzes ist die Bezugnahme auf Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten als Bezugnahme auf eines der Folgenden zu verstehen:

a)

Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten, die für die Zwecke der Erfüllung der Anforderung des Artikels 92b berücksichtigt werden;

b)

Verbindlichkeiten, die die Bedingungen des Artikels 45f Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie 2014/59/EU erfüllen.

Für die Zwecke dieses Absatzes ist die Bezugnahme auf Eigenmittelinstrumente und Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten als Bezugnahme auf eines der Folgenden zu verstehen:

a)

Eigenmittelinstrumente und Instrumente berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten, die die Bedingungen des Artikels 92b Absätze 2 und 3 erfüllen;

b)

Eigenmittel und Verbindlichkeiten, die die Bedingungen des Artikels 45f Absatz 2 der Richtlinie 2014/59/EU erfüllen.‘

6.

Artikel 92a Absatz 3 wird gestrichen.

7.

Artikel 113 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

‚(1)   Zur Berechnung der risikogewichteten Positionsbeträge werden allen Risikopositionen, sofern sie nicht von Eigenmitteln abgezogen werden oder der in Artikel 72e Absatz 5 Unterabsatz 1 festgelegten Behandlung unterliegen, Risikogewichte nach Maßgabe des Abschnitts 2 zugewiesen. Die Zuweisung der Risikogewichte richtet sich nach der Risikopositionsklasse, der die Risikoposition zugeordnet wird, und, soweit in Abschnitt 2 vorgesehen, nach deren Bonität. Zur Ermittlung der Bonität können die Bonitätsbeurteilungen von ECAI oder gemäß Abschnitt 3 die Bonitätsbeurteilungen von Exportversicherungsagenturen herangezogen werden.‘

8.

Artikel 151 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

‚(1)   Die risikogewichteten Positionsbeträge für das Kreditrisiko von Risikopositionen, die unter eine der in Artikel 147 Absatz 2 Buchstaben a bis e und g genannten Risikopositionsklassen fallen, werden — sofern diese Risikopositionen nicht von Eigenmitteln abgezogen werden oder der in Artikel 72e Absatz 5 Unterabsatz 1 festgelegten Behandlung unterliegen — gemäß Unterabschnitt 2 berechnet.‘

9.

In Artikel 429a Absatz 1 wird folgender Buchstabe angefügt:

‚q)

die Risikopositionen, die der in Artikel 72e Absatz 5 Unterabsatz 1 festgelegten Behandlung unterliegen.‘.

10.

In Teil 10 Titel I Kapitel 1 Abschnitt 3 wird folgender Unterabschnitt eingefügt:

‚Unterabschnitt 3a

Abzüge von Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten

Artikel 477a

Abzüge von Posten berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten

(1)   Abweichend von Artikel 72e Absatz 4 und bis zum 31. Dezember 2024 kann die Abwicklungsbehörde eines Mutterinstituts nach gebührender Berücksichtigung der Stellungnahme der Abwicklungsbehörden oder zuständigen Drittlandsbehörden etwaiger betroffener Tochterunternehmen erlauben, dass der angepasste Betrag mi unter Verwendung der folgenden Definition von ri und wi berechnet wird:

ri

=

die gesamte risikobasierte Kapitalanforderung, die für das Tochterunternehmen i in dem Drittland, in dem es seinen Hauptsitz hat, gilt, sofern diese Anforderung mit Instrumenten erfüllt wird, die nach dieser Verordnung als Eigenmittel gelten würden;

wi

=

die gesamte nicht-risikobasierte Kernkapitalanforderung, die für das Tochterunternehmen i in dem Drittland, in dem es seinen Hauptsitz hat, gilt, sofern diese Anforderung mit Instrumenten erfüllt wird, die nach dieser Verordnung als Kernkapital gelten würden.

(2)   Die Abwicklungsbehörde kann die in Absatz 1 genannte Erlaubnis erteilen, wenn das Tochterunternehmen in einem Drittland niedergelassen ist, in dem es noch kein anwendbares lokales Abwicklungsrahmenwerk gibt, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

a)

ein wesentliches tatsächliches oder rechtliches Hindernis für die unverzügliche Übertragung von Vermögenswerten von dem Tochterunternehmen auf das Mutterinstitut ist weder vorhanden noch abzusehen;

b)

die für das Tochterunternehmen zuständige Drittlandsbehörde hat gegenüber der Abwicklungsbehörde des Mutterinstituts eine Stellungnahme abgegeben, wonach Vermögenswerte in Höhe des von dem Tochterunternehmen gemäß Artikel 72e Absatz 4 Unterabsatz 2 abzuziehenden Betrags von dem Tochterunternehmen auf das Mutterinstitut übertragen werden könnten.‘

Artikel 2

Änderung der Richtlinie 2014/59/EU

Die Richtlinie 2014/59/EU wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 45d Absatz 4 erhält folgende Fassung:

‚(4)   Handelt es sich bei mehr als einer G-SRI-Einheit, die Teil desselben G-SRI sind, um Abwicklungseinheiten oder Drittlandseinheiten, die — wären sie in der Union niedergelassen — Abwicklungseinheiten wären, so berechnen die jeweils zuständigen Abwicklungsbehörden den in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten Betrag für die Zwecke des Artikels 45h Absatz 2

a)

für jede Abwicklungseinheit oder Drittlandseinheit, die — wäre sie in der Union niedergelassen — eine Abwicklungseinheit wäre;

b)

für das Unionsmutterunternehmen, als wäre es die einzige Abwicklungseinheit des G-SRI.‘

2.

Artikel 45f Absatz 6 wird gestrichen.

3.

Artikel 45h Absatz 2 erhält folgende Fassung:

‚(2)   Handelt es sich bei mehr als einer G-SRI-Einheit, die Teil desselben G-SRI sind, um Abwicklungseinheiten oder Drittlandseinheiten, die — wären sie in der Union niedergelassen -Abwicklungseinheiten wären, so erörtern und vereinbaren die in Absatz 1 genannten Abwicklungsbehörden — soweit angemessen und mit der Abwicklungsstrategie des G-SRI vereinbar — die Anwendung des Artikels 72e der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sowie eine eventuelle Anpassung zur weitestmöglichen Verringerung oder Beseitigung der Differenz zwischen der Summe der in Artikel 45d Absatz 4 Buchstabe a dieser Richtlinie und der in Artikel 12a Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genannten Beträge für einzelne Abwicklungseinheiten oder Drittlandseinheiten und der Summe der in Artikel 45d Absatz 4 Buchstabe b dieser Richtlinie und der in Artikel 12a Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genannten Beträge.

Eine solche Anpassung kann unter folgenden Umständen erfolgen:

a)

die Anpassung kann mit Rücksicht auf Unterschiede bei der Berechnung der Gesamtrisikobeträge zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten oder Drittländern erfolgen, indem die Höhe der Anforderung angepasst wird;

b)

die Anpassung darf nicht erfolgen, um Unterschiede auszugleichen, die sich aus Risikopositionen zwischen Abwicklungsgruppen ergeben.

Die Summe der in Artikel 45d Absatz 4 Buchstabe a dieser Richtlinie und der in Artikel 12a Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 für einzelne Abwicklungseinheiten oder Drittlandseinheiten, die — wären sie in der Union niedergelassen — Abwicklungseinheiten wären, genannten Beträge darf nicht geringer sein als die Summe der in Artikel 45d Absatz 4 Buchstabe b dieser Richtlinie und der in Artikel 12a Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genannten Beträge.‘

4.

In Artikel 129 wird folgender Absatz angefügt:

‚Die Kommission überprüft bis zum 31. Dezember 2022 die Auswirkungen der indirekten Zeichnung von Instrumenten, die für die Erfüllung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten berücksichtigungsfähig sind, auf die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen zwischen verschiedenen Arten von Bankengruppenstrukturen, einschließlich Fällen, in denen Gruppen zwischen der als Abwicklungseinheit identifizierten Holdinggesellschaft und ihren Tochterunternehmen eine operativ tätige Gesellschaft haben. Sie prüft insbesondere Folgendes:

a)

die Möglichkeit, Unternehmen, die selbst keine Abwicklungseinheiten sind, die Erfüllung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten auf konsolidierter Basis zu gestatten;

b)

die Behandlung gemäß den Vorschriften über die Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten von Unternehmen, deren Abwicklungsplan vorsieht, dass sie im Wege eines regulären Insolvenzverfahrens zu liquidieren sind;

c)

die Angemessenheit einer Begrenzung des Betrags der gemäß Artikel 72e Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erforderlichen Abzüge.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht darüber vor. Diesem Bericht wird gegebenenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag beigefügt, wobei der Geltungsbeginn des Artikels 72e Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 berücksichtigt wird.‘

Artikel 3

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um Artikel 2 Nummern 1 und 3 nachzukommen, bis zum 15. November 2023 in Kraft. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Verordnung Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter Artikel 2 Nummern 1 und 3 dieser Verordnung fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 4

Inkrafttreten und Geltungsbeginn

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 14. November 2022.

Artikel 1 Nummer 3, Nummer 5 Buchstabe b und Nummern 7, 8 und 9 gelten hingegen ab dem 1. Januar 2024.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 19. Oktober 2022.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. BEK “


(1)   ABl. C 122 vom 17.3.2022, S. 33.

(2)   ABl. C 152 vom 6.4.2022, S. 111.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. September 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 4. Oktober 2022.

(4)  Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Großkredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) 2019/877 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 226).

(6)  Richtlinie (EU) 2019/879 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU in Bezug auf die Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungskapazität von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und der Richtlinie 98/26/EG (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 296).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(8)  Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).

(9)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

(11)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(12)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/763 der Kommission vom 23. April 2021 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards für die Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die aufsichtlichen Meldungen und die Offenlegung der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten (ABl. L 168 vom 12.5.2021, S. 1).


27.10.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 277/327


Berichtigung der Delegierten Verordnung (EU) 2022/825 der Kommission vom 17. März 2022 zur Änderung von Anhang II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014 über das Arbeitsprogramm zur systematischen Prüfung aller in Biozidprodukten enthaltenen alten Wirkstoffe gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

( Amtsblatt der Europäischen Union L 147 vom 30. Mai 2022 )

Seite 13, Anhang zur Ersetzung des Anhangs II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014, Tabelle Eintrag Nr. 1045 Spalte 2:

Anstatt:

Zitroneneukalyptusöl, hydriert, cyclisiert

muss es heißen:

Zitroneneukalyptusöl, hydratisiert, cyclisiert “.

Seite 13, Anhang zur Ersetzung des Anhangs II der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2014, Tabelle Eintrag Nr. 1046 Spalte 2:

Anstatt:

Cymbopogon winterianus-Öl, fraktioniert, hydriert, cyclisiert“

muss es heißen:

Cymbopogon winterianus-Öl, fraktioniert, hydratisiert, cyclisiert“.