ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 151

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

65. Jahrgang
2. Juni 2022


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2022/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2022 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU ( 1 )

1

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2022/859 der Kommission vom 24. Mai 2022 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif

34

 

*

Verordnung (EU) 2022/860 der Kommission vom 1. Juni 2022 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Monacoline aus Rotschimmelreis ( 1 )

37

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2022/861 der Kommission vom 1. Juni 2022 mit Ausnahmevorschriften für zweite Anträge der Mitgliedstaaten auf Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch und zur Abweichung von der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 hinsichtlich der Neuzuweisung der Unionsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023

42

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2022/862 der Kommission vom 1. Juni 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist oder deren Betrieb in der Union Beschränkungen unterliegt ( 1 )

45

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2022/863 des Rates vom 24. Mai 2022 über den im Namen der Europäischen Union in dem durch das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 über ein gemeinsames Versandverfahren eingesetzten Gemischten Ausschuss EU-CTC in Bezug auf Änderungen dieses Übereinkommens zu vertretenden Standpunkt

62

 

*

Beschluss (EU) 2022/864 des Rates vom 24. Mai 2022 zur Änderung des Beschlusses 1999/70/EG über die externen Rechnungsprüfer der nationalen Zentralbanken hinsichtlich der externen Rechnungsprüfer der Lietuvos bankas

64

 

*

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/865 des Rates vom 24. Mai 2022 zur Ermächtigung der Tschechischen Republik, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen

66

 

*

Durchführungsbeschluss (EU) 2022/866 der Kommission vom 25. Mai 2022 in Bezug auf die ungelösten Einwände hinsichtlich der Bedingungen für die Erteilung einer Zulassung für das Biozidprodukt Primer PIP gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 3318)  ( 1 )

68

 

 

EMPFEHLUNGEN

 

*

Empfehlung (EU) 2022/867 der Kommission vom 1. Juni 2022 zum Inverkehrbringen von Erdölsicherheitsvorräten durch die Mitgliedstaaten nach der Invasion der Ukraine

72

 

 

Berichtigungen

 

*

Berichtigung der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG ( ABl. L 4 vom 7.1.2019 )

74

 

*

Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission vom 25. Februar 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte sowie zur Durchführung der Richtlinie 97/78/EG des Rates hinsichtlich bestimmter gemäß der genannten Richtlinie von Veterinärkontrollen an der Grenze befreiter Proben und Waren ( ABl. L 54 vom 26.2.2011 )

75

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR.

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/1


VERORDNUNG (EU) 2022/858 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 30. Mai 2022

über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es ist wichtig, sicherzustellen, dass die Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen gut für das digitale Zeitalter gerüstet sind und zu einer zukunftsfähigen Wirtschaft beitragen, die im Dienste der Bürger steht, unter anderem indem der Einsatz innovativer Technologien ermöglicht wird. Die Union hat ein politisches Interesse an der Erforschung, Entwicklung und Förderung der Einführung transformativer Technologien im Finanzsektor wie der Blockchain- und der Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Kryptowerte sind eine der wesentlichen Anwendungen der Distributed-Ledger-Technologie im Finanzsektor.

(2)

Die Mehrheit der Kryptowerte liegt nicht im Geltungsbereich der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen und bringt Herausforderungen in Bezug auf Anlegerschutz, Marktintegrität, Energieverbrauch und Finanzstabilität mit sich. Solche Kryptowerte erfordern daher einen eigenen Rechtsrahmen auf Unionsebene. Andere Kryptowerte wiederum gelten als Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4). Sofern Kryptowerte als Finanzinstrumente im Sinne jener Richtlinie gelten, gilt für Emittenten solcher Kryptowerte und für Firmen, die mit solchen Kryptowerten verbundene Tätigkeiten ausüben, potentiell ein umfassendes Paket an Rechtsvorschriften der Unionüber Finanzdienstleistungen, unter anderem die Verordnungen (EU) Nr. 236/2012 (5), (EU) Nr. 596/2014 (6), (EU) Nr. 909/2014 (7) und (EU) 2017/1129 (8) sowie die Richtlinien 98/26/EG (9) und 2013/50/EU (10)des Europäischen Parlaments und des Rates.

(3)

Die sogenannte Tokenisierung von Finanzinstrumenten, d. h. die digitale Darstellung von Finanzinstrumenten auf Distributed Ledgern oder die Emission traditioneller Anlageklassen in tokenisierter Form, damit sie über einen Distributed Ledger emittiert, gespeichert und übertragen werden können, soll Möglichkeiten für Effizienzsteigerungen im Handels- und Nachhandelsbereich eröffnen. Da jedoch grundlegende Kompromisse in Bezug auf das Kreditrisiko und die Liquidität auch in einer tokenisierten Welt bestehen bleiben, wird der Erfolg von tokenbasierten Systemen davon abhängen, wie gut sie mit traditionellen kontobasierten Systemen interagieren, zumindest in der Übergangszeit.

(4)

Bei der Ausgestaltung der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen wurden die Distributed-Ledger-Technologie und Kryptowerte noch nicht berücksichtigt, und sie enthalten Bestimmungen, die den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie bei der Emission, beim Handel und bei der Abwicklung von als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten potenziell ausschließen oder einschränken. Darüber hinaus mangelt es derzeit an zugelassenen Finanzmarktinfrastrukturen, die die Distributed-Ledger-Technologie verwenden, um Handels- oder Abwicklungsdienstleistungen oder eine Kombination derartiger Dienstleistungen für Kryptowerte, die als Finanzinstrumente gelten, anzubieten. Die Entwicklung eines Sekundärmarktes für solche Kryptowerte könnte zahlreiche Vorteile mit sich bringen, wie z. B. höhere Effizienz, größere Transparenz und einen verstärkten Wettbewerb bei Handels- und Abwicklungstätigkeiten.

(5)

Gleichzeitig bestehen aufgrund der rechtlichen, technologischen und operativen Besonderheiten des Einsatzes der Distributed-Ledger-Technologie und als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten aufsichtsrechtliche Lücken. So gelten beispielsweise keine Transparenz-, Zuverlässigkeits- oder Sicherheitsanforderungen für die Protokolle und „intelligenten Verträge“, die den als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten zugrunde liegen. Ferner könnte die zugrunde liegende Technologie eine Reihe von neuartigen Risiken mit sich bringen, die in den bestehenden Vorschriften nicht angemessen berücksichtigt werden. In der Union wurden bereits mehrere Projekte für den Handel und Nachhandel mit als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten entwickelt, doch nur wenige von ihnen sind bereits angelaufen, und diejenigen, die angelaufen sind, haben einen begrenzten Projektumfang. Außerdem würde der Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie, wie von den beratenden Gruppe der Europäischen Zentralbank (EZB) zu Marktinfrastrukturen für Wertpapiere und Sicherheiten sowie von der beratenden Gruppe der EZB für den Zahlungsverkehr hervorgehoben wurde, ähnliche Herausforderungen mit sich bringen wie der Einsatz herkömmlicher Technologie, z. B. Fragen der Fragmentierung und Interoperabilität, und gleichzeitig potenziell neue Herausforderungen schaffen, z. B. in Bezug auf die rechtliche Gültigkeit von Token. Angesichts dessen, dass es bislang nur wenig Erfahrung mit dem Handel mit als Finanzinstrumenten geltenden Kryptowerten und den damit verbundenen Nachhandel und Transaktionen gibt, ist es derzeit verfrüht, die Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen wesentlich zu ändern, um einen umfassenden Einsatz solcher Kryptowerte und der ihnen zugrunde liegenden Technologie zu ermöglichen. Gleichzeitig wird die Schaffung von Finanzmarktinfrastrukturen für Kryptowerte, die als Finanzinstrumente gelten, derzeit durch in den Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen enthaltene Anforderungen behindert, die nicht gut an als Finanzinstrumente geltende Kryptowerte und den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie angepasst sind. So gewähren beispielsweise Plattformen für den Handel mit Kryptowerten Kleinanlegern in der Regel direkten Zugang, während traditionelle Handelsplätze Kleinanlegern für gewöhnlich nur über Finanzintermediäre zugänglich sind.

(6)

Um die Entwicklung von als Finanzinstrumenten geltenden Kryptowerten und Distributed-Ledger-Technologie zu ermöglichen und gleichzeitig ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität, Finanzstabilität und Transparenz zu wahren und Aufsichtsarbitrage und Schlupflöcher zu vermeiden, wäre es sinnvoll, eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen zu schaffen, um DLT-Marktinfrastrukturen zu testen (im Folgenden: „Pilotregelung“). Die Pilotregelung sollte es ermöglichen, bestimmte DLT-Marktinfrastrukturen vorübergehend von einigen spezifischen Anforderungen der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen auszunehmen, die die Betreiber ansonsten daran hindern könnten, Lösungen für den Handel und die Abwicklung von Transaktionen mit als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten zu entwickeln, ohne die bestehenden Anforderungen und Schutzmaßnahmen, die für traditionelle Marktinfrastrukturen gelten, zu schwächen. DLT-Marktinfrastrukturen und ihre Betreiber sollten über angemessene Sicherheitsvorkehrungen im Zusammenhang mit der Nutzung der Distributed-Ledger-Technologie verfügen, um die Anleger wirksam zu schützen, einschließlich klarer Haftungsketten gegenüber den Kunden für Verluste aufgrund von Betriebsausfällen. Darüber hinaus sollten die durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) eingerichtete europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, ESMA) und die zuständigen Behörden durch diese Pilotregelung in der Lage sein, Lehren aus der Pilotregelung zu ziehen und Erfahrungen hinsichtlich der Chancen und spezifischen Risiken zu sammeln, die im Zusammenhang mit als Finanzinstrumente geltende Kryptowerten und der ihnen zugrunde liegenden Technologie entstehen. Die mit der Pilotregelung gewonnenen Erfahrungen sollten dazu beitragen, mögliche praktische Vorschläge für einen geeigneten Rechtsrahmen zu ermitteln, um gezielte Anpassungen des Unionsrechts vorzunehmen, die die Emission, die Verwahrung und die Vermögensverwaltung, den Handel und die Abwicklung von DLT-Finanzinstrumenten betreffen.

(7)

Um die Ziele der Pilotregelung zu erreichen, sollte ein neuer Unionsstatus für DLT-Marktinfrastrukturen geschaffen werden, mit dem sichergestellt wird, dass die Union in der Lage ist, eine Führungsrolle bei Finanzinstrumenten in tokenisierter Form zu spielen und zur Entwicklung eines Sekundärmarkts für solche Vermögenswerte beizutragen. Der Status der DLT-Marktinfrastruktur sollte fakultativ sein und Finanzmarktinfrastrukturen wie Handelsplätze, Zentralverwahrer und zentrale Gegenparteien nicht daran hindern, im Einklang mit den bestehenden Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen Handels- und Nachhandelsdienstleistungen und -tätigkeiten für Kryptowerte zu entwickeln, die als Finanzinstrumente gelten oder auf der Distributed-Ledger-Technologie basieren.

(8)

DLT-Marktinfrastrukturen sollten nur DLT-Finanzinstrumente zum Handel über einen Distributed Ledger zulassen oder in einem Distributed Ledger verbuchen. Als DLT-Finanzinstrumente sollten Kryptowerte gelten, die als Finanzinstrumente gelten und über einen Distributed Ledger emittiert, übertragen und gespeichert werden.

(9)

Die Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen sollen in Bezug auf den Einsatz einer bestimmten Technologie gegenüber einer anderen neutral sein. Deshalb sollten Verweise auf eine bestimmte Art von Distributed-Ledger-Technologie vermieden werden. Die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten sicherstellen, dass sie unabhängig von der verwendeten Technologie alle geltenden Anforderungen erfüllen können.

(10)

Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten die Grundsätze der Technologieneutralität, der Verhältnismäßigkeit und der gleichen Wettbewerbsbedingungen sowie der Grundsatz „gleiche Tätigkeit, gleiche Risiken, gleiche Regeln“ berücksichtigt werden, um sicherzustellen, dass die Marktteilnehmer den regulatorischen Spielraum für Innovationen haben, um die Werte Transparenz, Fairness, Stabilität, Anlegerschutz, Rechenschaftspflicht und Marktintegrität zu wahren und um den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, wie sie in den Artikeln 7 und 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantiert sind, sicherzustellen.

(11)

Der Zugang zur Pilotregelung sollte nicht auf etablierte Unternehmen beschränkt sein, sondern auch neuen Marktteilnehmern offen stehen. Eine Stelle, die nicht gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 oder der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist, könnte eine Zulassung gemäß der genannten Verordnung bzw. gemäß der genannten Richtlinie und gleichzeitig eine besondere Genehmigung nach der vorliegenden Verordnung beantragen. In solchen Fällen sollte die zuständige Behörde nicht bewerten, ob eine solche Stelle die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 oder der Richtlinie 2014/65/EU erfüllt, für die eine Ausnahme nach der vorliegenden Verordnung beantragt wurde. Solche Stellen sollten nur in der Lage sein, DLT-Marktinfrastrukturen im Einklang mit dieser Verordnung zu betreiben, und ihre Zulassung sollte widerrufen werden, sobald ihre besondere Genehmigung abgelaufen ist, es sei denn, die Stellen stellen einen vollständigen Antrag auf Zulassung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 oder gemäß der Richtlinie 2014/65/EU.

(12)

Das Konzept der DLT-Marktinfrastruktur umfasst multilaterale DLT-Handelssysteme (DLT-MTF), DLT-Abwicklungssysteme (DLT-SS) und DLT-Handels- und -Abwicklungssysteme (DLT-TSS). DLT-Marktinfrastrukturen sollten in der Lage sein, mit anderen Marktteilnehmern zu kooperieren, um in verschiedenen Segmenten der Wertschöpfungskette der Finanzdienstleistungen innovative Lösungen, die auf der Distributed-Ledger-Technologie basieren, zu testen.

(13)

Als DLT-MTF sollte ein multilaterales Handelssystem gelten, das von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betrieben wird, die bzw. der gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist und gemäß der vorliegenden Verordnung eine besondere Genehmigung erhalten hat. Ein gemäß der Richtlinie 2013/36/EU zugelassenes Kreditinstitut, das Wertpapierdienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausübt, sollte der Betrieb eines DLT-MTF nur gestattet werden, wenn es als Wertpapierfirma oder Marktbetreiber gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist. DLT-MTF und ihre Betreiber sollten allen Anforderungen unterliegen, die im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (12), der Richtlinie 2014/65/EU oder sonstiger anwendbarer Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen für multilaterale Handelssysteme und ihre Betreiber gelten, es sei denn, es handelt sich um Anforderungen, von denen die zuständige nationale Behörde gemäß der vorliegenden Verordnung eine Ausnahme erteilt hat.

(14)

Durch den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie, bei der sämtliche Transaktionen in einem Distributed Ledger erfasst werden, können Handel und Abwicklung auf nahezu Echtzeit beschleunigt und kombiniert werden und könnte die Zusammenlegung von Handels- und Nachhandelsdienstleistungen und -tätigkeiten möglich werden. Die Kombination von Handels- und Nachhandelstätigkeiten innerhalb einer einzigen Stelle ist jedoch durch die derzeitigen Vorschriften unabhängig von der genutzten Technologie aufgrund politischer Entscheidungen im Zusammenhang mit der Risikospezialisierung und der Entflechtung, durch die der Wettbewerb gefördert werden soll, nicht vorgesehen. Die Pilotregelung sollte kein Präzedenzfall sein, mit dem eine grundlegende Überarbeitung der Trennung von Handels- und Nachhandelstätigkeiten sowie des Bereichs der Finanzmarktinfrastrukturen begründet wird. Angesichts der potenziellen Vorteile der Distributed-Ledger-Technologie in Bezug auf die Kombination von Handel und Abwicklung ist es jedoch gerechtfertigt, in der Pilotregelung eine spezielle DLT-Marktinfrastruktur vorzusehen, nämlich das DLT-TSS, bei dem die normalerweise von multilateralen Handelssystemen und Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen ausgeführten Tätigkeiten kombiniert werden.

(15)

Ein DLT-TSS sollte entweder ein DLT-MTF sein, bei dem die von einem DLT-MTF und einem DLT-SS erbrachten Dienstleistungen kombiniert sind und das von einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber betrieben wird, die bzw. der eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS gemäß dieser Verordnung erhalten hat, oder ein DLT-SS sein, bei dem die von einem DLT-MTF und einer DLT-SS erbrachten Dienstleistungen kombiniert sind und das von einem Zentralverwahrer betrieben wird, der eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS gemäß dieser Verordnung erhalten hat. Ein gemäß der Richtlinie 2013/36/EU zugelassenes Kreditinstitut, das Wertpapierdienstleistungen erbringt oder Anlagetätigkeiten ausübt, sollte der Betrieb eines DLT-TSS nur gestattet werden, wenn es als Wertpapierfirma oder Marktbetreiber gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen ist. Eine Wertpapierfirma oder ein Marktbetreiber, die bzw. der ein DLT-TSS betreibt, sollte den Anforderungen unterliegen, die für ein DLT-MTF gelten, und ein Zentralverwahrer, der ein DLT-TSS betreibt, sollte den Anforderungen unterliegen, die für ein DLT-SS gelten. Da ein DLT-TSS einer Wertpapierfirma oder einem Marktbetreiber ermöglichen würde, auch Abwicklungsdienstleistungen zu erbringen, und einem Zentralverwahrer auch die Erbringung von Handelsdienstleistungen ermöglichen würde, ist es erforderlich, dass die Wertpapierfirmen und Marktbetreiber auch Anforderungen erfüllen, die für ein DLT-SS gelten und die Zentralverwahrer die Anforderungen für ein DLT-MTF erfüllen. Da Zentralverwahrer bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten gemäß Verordnung (EU) Nr. 909/2014 keinen bestimmten Zulassungs- und organisatorischen Anforderungen gemäß der Richtlinie 2014/65/EU unterliegen, ist es angemessen, bei der Pilotregelung sowohl in Bezug auf Wertpapierfirmen als auch in Bezug auf Marktbetreiber und Zentralverwahrer, die ein DLT-TSS betreiben, einen ähnlichen Ansatz zu verfolgen. Deshalb sollte eine Wertpapierfirma oder ein Marktbetreiber, die bzw. der ein DLT-TSS betreibt, von einer begrenzten Anzahl von Zulassungsanforderungen und organisatorischen Anforderungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausgenommen werden, da die Wertpapierfirma oder der Marktbetreiber die Zulassungsanforderungen und organisatorischen Anforderungen gemäß der Richtlinie 2014/65/EU erfüllen muss. Umgekehrt sollte ein Zentralverwahrer, der ein DLT-TSSS betreibt, von einer begrenzten Anzahl von Zulassungsanforderungen und organisatorischen Anforderungen gemäß der Richtlinie 2014/65/EU ausgenommen werden, da er die Zulassungsanforderungen und organisatorischen Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erfüllen muss. Solche Ausnahmen sollten vorübergehend sein und nicht für DLT-Marktinfrastrukturen gelten, die außerhalb der Pilotregelung betrieben werden. Die ESMA sollte die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erlassenen technischen Standards für die Führung von Aufzeichnungen und die operationellen Risiken bewerten können, um sicherzustellen, dass sie auf Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die ein DLT-TSS betreiben, verhältnismäßig angewandt werden.

(16)

Die Betreiber von DLT-TSS sollten dieselben Ausnahmen beantragen können wie die Betreiber von DLT-MTF und DLT-SS, sofern sie die mit den Ausnahmen verbundenen Bedingungen erfüllen und alle von den zuständigen Behörden geforderten Ausgleichsmaßnahmen umsetzen. Für die Ausnahmen, die von DLT-TSS in Anspruch genommen werden können, für die mit diesen Ausnahmen verbundenen Bedingungen und für Ausgleichsmaßnahmensollten ähnliche Erwägungen wie für DLT-MTF und DLT-SS gelten.

(17)

Um Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 flexibler auf Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die ein DLT-TSS betreiben, anwenden zu können und gleichzeitig für gleiche Wettbewerbsbedingungen wie bei Zentralverwahrern, die im Rahmen der Pilotregelung Abwicklungsdienstleistungen erbringen, zu sorgen, sollten bestimmte Ausnahmen von den Anforderungen der genannten Verordnung in Bezug auf Maßnahmen zur Verhinderung und Lösung gescheiterter Abwicklungen, von Anforderungen an die Teilnahme und an Transparenz sowie von den Anforderungen, bestimmte Kommunikationsverfahren mit den Teilnehmern und anderen Marktinfrastrukturen zu nutzen, sollten für Zentralverwahrer, die ein DLT-SS oder DLT-TSS betreiben, sowie Wertpapierfirmen und Marktbetreibern, die ein DLT-TSS betreiben, zur Verfügung stehen. Diese Ausnahmen sollten an Bedingungen geknüpft sein einschließlich bestimmter Mindestanforderungen und etwaiger Ausgleichsmaßnahmen, die von der zuständigen Behörde gefordert werden, damit die Ziele der Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, für die eine Ausnahme beantragt wird, erreicht werden, oder damit Anlegerschutz, Marktintegrität oder Finanzstabilität sichergestellt sind. Der Betreiber eines DLT-TSS sollte nachweisen, dass die beantragte Ausnahme verhältnismäßig und durch den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie gerechtfertigt ist.

(18)

Als DLT-SS sollte ein Abwicklungssystem sein, das von einem gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassenen Zentralverwahrer betrieben wird, der eine besondere Genehmigung zum Betrieb eines DLT-SS gemäß der vorliegenden Verordnung erhalten hat. Ein DLT-SS und der Zentralverwahrer, der es betreibt, sollten sämtlichen Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und aller anderen geltenden Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen unterliegen, mit Ausnahme der Anforderungen, für die gemäß der vorliegenden Verordnung eine Ausnahme erteilt wurde.

(19)

Wenn die Europäische Zentralbank und die nationalen Zentralbanken oder andere von Mitgliedstaaten betriebene Einrichtungen, die ähnliche Aufgaben wahrnehmen, oder andere öffentliche Stellen, die mit der Verwaltung von Staatsschulden in der Union betraut sind oder in diese eingreifen, ein DLT-SS betreiben, dann sollten sie nicht verpflichtet sein, bei einer zuständigen Behörde eine besondere Genehmigung zu beantragen, um in den Genuss einer Ausnahme gemäß dieser Verordnung zu kommen, da solche Stellen nicht verpflichtet sind, den zuständigen Behörden Bericht zu erstatten oder deren Anordnungen zu befolgen, und gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 einer begrenzten Anzahl von Anforderungen unterliegen.

(20)

Die Einrichtung der Pilotregelung sollte die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und im Protokoll Nr. 4 über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank festgelegten Aufgaben und Zuständigkeiten der EZB und der nationalen Zentralbanken im Europäischen System der Zentralbanken unberührt lassen, um das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern und effiziente und zuverlässige Verrechnungs- und Zahlungssysteme innerhalb der Union und im Verkehr mit Drittländern sicherzustellen.

(21)

Die in dieser Verordnung vorgesehene Zuweisung von Aufsichtsaufgaben ist durch die besonderen Merkmale und Risiken der Pilotregelung gerechtfertigt. Daher sollte die Aufsichtsstruktur der Pilotregelung nicht als Präzedenzfall für künftige Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen verstanden werden.

(22)

Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten im Falle eines Verlusts von Geldern, Sicherheiten oder DLT-Finanzinstrumenten haftbar sein. Die Haftung des Betreibers einer DLT-Marktinfrastruktur sollte auf den Marktwert des verlorenen Vermögenswerts zu dem Zeitpunkt beschränkt werden, zu dem der Verlust entstanden ist. Der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur sollte nicht für Ereignisse haftbar sein, die dem Betreiber nicht zuzurechnen sind, insbesondere für Ereignisse, für die der Betreiber nachweist, dass sie unabhängig von seinem Betrieb entstanden sind, einschließlich Problemen, die sich aus einem externen Ereignis ergeben, das sich seiner vernünftigen Kontrolle entzogen hat.

(23)

Um Innovationen und eine experimentelle Erprobung in einem soliden rechtlichen Umfeld zu ermöglichen und dabei Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität zu wahren, sollte die Art der Finanzinstrumente, die zum Handel auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassen sind oder dort verbucht werden, auf Aktien, Anleihen und Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen beschränkt werden, die unter die Ausnahme für reine Ausführungsgeschäfte gemäß der Richtlinie 2014/65/EU fallen. In der vorliegenden Verordnung sollte eine Reihe von Schwellenwerten festgelegt werden, die in bestimmten Situationen gesenkt werden könnten. Um zu verhindern, dass Risiken für die Finanzstabilität entstehen, sollte insbesondere der Gesamtmarktwert der zum Handel auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassenen oder dort verbuchten DLT-Finanzinstrumente begrenzt werden.

(24)

Um in Bezug auf Finanzinstrumente, die zum Handel an einem traditionellen Handelsplatz im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen sind, für stärker angeglichene Wettbewerbsbedingungen und ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität zu sorgen, sollten die zum Handel über ein DLT-MTF oder ein DLT-TSS zugelassenen DLT-Finanzinstrumente den Bestimmungen zum Verbot des Marktmissbrauchs gemäß der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 unterliegen.

(25)

Um neuartigen Risiken im Zusammenhang mit dem Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie begegnen zu können, sollten die zuständigen Behörden auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF eine oder mehrere befristete Ausnahmen erteilen können, wenn er die an derartige Ausnahmen geknüpften Bedingungen sowie jegliche zusätzlichen Anforderungen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung erfüllt. Der Betreiber des DLT-MTF sollte zudem sämtliche Ausgleichsmaßnahmen durchführen, die von der zuständigen Behörde verlangt werden, um die Ziele der Bestimmung, für die eine Ausnahme beantragt worden ist, zu erreichen, oder um Anlegerschutz, Marktintegrität oder Finanzstabilität sicherzustellen.

(26)

Auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF sollten die zuständigen Behörden eine Befreiung von der Vermittlungspflicht gemäß der Richtlinie 2014/65/EU erteilen können. Herkömmliche multilaterale Handelssysteme dürfen als Mitglieder oder Teilnehmer nur Wertpapierfirmen, Kreditinstitute und andere Personen zulassen, die über ausreichende Fähigkeiten und Kompetenzen in Bezug auf den Handel sowie über die erforderlichen organisatorischen Grundlagen und Ressourcen verfügen. Viele Plattformen für den Handel mit Kryptowerten hingegen bieten einen Zugang ohne Vermittlung und ermöglichen Kleinanlegern direkten Zugang. Eine potenzielle regulatorische Hürde für die Entwicklung von multilateralen Handelssystemen für DLT-Finanzinstrumente könnte daher die in der Richtlinie 2014/65/EU vorgesehene Vermittlungspflicht darstellen. Auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF sollten die zuständigen Behörden daher eine befristete Ausnahme von einer solchen Vermittlungspflicht erteilen können, um Kleinanlegern Zugang zu gewähren und ihnen den Handel für eigene Rechnung zu ermöglichen, vorausgesetzt, dass angemessene Vorkehrungen in Bezug auf den Anlegerschutz getroffen werden und dass diese Kleinanleger bestimmte Bedingungen erfüllen und dass dieser Betreiber sämtliche möglichen zusätzlichen Anlegerschutzmaßnahmen einhält, die die zuständige Behörde verlangt. Kleinanleger, die als Mitglieder oder Teilnehmer, für die eine Ausnahme von der Vermittlungspflicht gilt, direkten Zugang zu einem DLT-MTF haben, sollten nicht allein deshalb als Wertpapierfirmen im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU gelten, weil sie Mitglieder oder Teilnehmer eines DLT-MTF sind.

(27)

Auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF sollten die zuständigen Behörden auch eine Ausnahme von den Meldepflichten für Geschäfte gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erteilen können, sofern das DLT-MTF bestimmte Bedingungen und zusätzliche von der zuständigen Behörde auferlegte Anlegerschutzmaßnahmen erfüllt.

(28)

Um eine Ausnahme gemäß der vorliegenden Verordnung zu erhalten, sollte das DLT-MTF nachweisen, dass die beantragte Ausnahme verhältnismäßig und auf die Verwendung von Distributed-Ledger-Technologie, wie in seinem Geschäftsplan beschrieben, beschränkt ist und dass die beantragte Ausnahme auf das DLT-MTF beschränkt ist und sich nicht auf ein anderes multilaterales Handelssystem ausdehnt, das von derselben Wertpapierfirma oder demselben Marktbetreiber betrieben wird.

(29)

Auf Antrag eines Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollten die zuständigen Behörden eine oder mehrere befristete Ausnahmen erteilen können, wenn er die an derartige Ausnahmen geknüpften Bedingungen und alle zusätzliche Anforderungen gemäß der vorliegenden Verordnung erfüllt hat, um neuartigen Risiken im Zusammenhang mit dem Einsatz der Distributed Ledger Technologie begegnen zu können. Der Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollte zudem sämtliche Ausgleichsmaßnahmen einhalten, die von der zuständigen Behörde verhängt werden, um die Ziele der Bestimmung, für die eine Ausnahme beantragt wurde, zu erreichen oder um Anlegerschutz, Marktintegrität oder Finanzstabilität sicherzustellen.

(30)

Es sollte zulässig sein, Zentralverwahrer, die ein DLT-SS betreiben, von bestimmten Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 auszunehmen, die die Gefahr von regulatorischen Hindernissen für die Entwicklung von DLT-SS bergen. Beispielsweise sollten Ausnahmen insoweit möglich sein, als die für Zentralverwahrer geltenden Vorschriften der genannten Verordnung, die sich etwa auf die Begriffe „dematerialisierte Form“, „Depotkonto“ oder „Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge“ beziehen, nicht für Zentralverwahrer gelten, die ein DLT-SS betreiben, mit Ausnahme der Anforderungen für Zentralverwahrer-Verbindungen, die entsprechend gelten sollten. In Bezug auf den Begriff „Depotkonto“ würde die Ausnahme die Vorschriften über die Verbuchung von Wertpapieren, die Integrität einer Emission und die Trennung von Konten abdecken. Während Zentralverwahrer Wertpapierliefer- und -abrechnungssysteme durch Gutschrift und Belastung der Depotkonten ihrer Teilnehmer betreiben, kann es sein, dass in einem DLT-SS nicht immer Depotkonten mit doppelter oder mehrfacher Buchführung möglich sind. Daher sollte für einen Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, auch eine Ausnahme von den Vorschriften der genannten Verordnung, die sich auf den Begriff „Einbuchung im Effektengiro“ beziehen, möglich sein, falls eine solche Ausnahme notwendig ist, um die Verbuchung von DLT-Finanzinstrumenten in einem Distributed Leder zu ermöglichen. Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollte jedoch dessen ungeachtet die Integrität der Emission von DLT-Finanzinstrumenten im Distributed Ledger sowie die Trennung der DLT-Finanzinstrumente der verschiedenen Teilnehmer sicherstellen.

(31)

Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollte stets den Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 unterliegen, nach der ein Zentralverwahrer, der Dienstleistungen oder Tätigkeiten an einen Dritten auslagert, uneingeschränkt für die Erfüllung all seiner Verpflichtungen nach dieser Verordnung verantwortlich bleibt und sicherstellen muss, dass eine Auslagerung nicht zu einer Delegation seiner Verantwortung führt. Die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erlaubt es Zentralverwahrern, die ein DLT SS betreiben, eine Kerndienstleistung oder Kerntätigkeit nur auszulagern, wenn sie eine Genehmigung der zuständigen Behörde erhalten haben. Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollte deshalb eine Befreiung von dieser Genehmigungspflicht beantragen können, wenn der Zentralverwahrer nachweist, dass die Anforderung nicht mit dem in seinem Geschäftsplan vorgesehenen Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie vereinbar ist. Die Übertragung von Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb eines DLT-SS oder der Nutzung von Distributed-Ledger-Technologie zur Abwicklung sollte nicht als Auslagerung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 betrachtet werden.

(32)

Die Verpflichtung zur Vermittlung durch ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma, aufgrund derer Kleinanleger keinen direkten Zugang zu den von einem Zentralverwahrer betriebenen Abrechnungs- und Liefersystemen erhalten können, könnte möglicherweise ein regulatorisches Hindernis für die Entwicklung alternativer Abwicklungsmodelle auf der Grundlage von Distributed-Ledger-Technologien darstellen, die einen direkten Zugang für Kleinanleger ermöglichen. Daher sollten für Zentralverwahrer, die ein DLT-SS betreiben, eine Ausnahme in dem Sinne zugelassen werden, dass der Begriff „Teilnehmer“ in der Richtlinie 98/26/EG unter bestimmten Bedingungen auch andere als die in dieser Richtlinie genannten Personen umfasst. Wenn ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, eine Ausnahme von der Vermittlungspflicht gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 beantragt, sollte er sicherstellen, dass die Personen, die als Teilnehmer zugelassen werden sollen, bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, sollte sicherstellen, dass dessen Teilnehmer über ausreichende Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen und Kenntnisse in Bezug auf Nachhandelstätigkeiten und die Funktionsweise der Distributed-Ledger-Technologie verfügen.

(33)

Die Stellen, die zur Teilnahme bei einem Zentralverwahrer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 berechtigt sind, entsprechen den Stellen, die zur Teilnahme an einem Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem berechtigt sind, das gemäß der Richtlinie 98/26/EG als System benannt und gemeldet wird, da die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vorsieht, dass von Zentralverwahrern betriebene Wertpapierliefer- und -abrechnungssysteme gemäß der Richtlinie 98/26/EG als System benannt und gemeldet werden müssen. Dementsprechend würde der Betreiber eines auf der Distributed-Ledger-Technologie beruhenden Wertpapierliefer- und -abrechnungssystems, der eine Ausnahme von den Teilnahmeanforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 beantragt, die Teilnahmeanforderungen der Richtlinie 98/26/EG nicht erfüllen. Folglich kann ein solches Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem nicht im Rahmen dieser Richtlinie als System benannt und gemeldet werden und wird daher in dieser Verordnung nicht als „DLT-Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem“, sondern als DLT-SS bezeichnet. Diese Verordnung sollte es einem Zentralverwahrer ermöglichen, ein DLT-SS zu betreiben, das nicht als gemäß der Richtlinie 98/26/EG benanntes Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem gilt, und vorbehaltlich bestimmter Ausgleichsmaßnahmen, einschließlich bestimmter Ausgleichsmaßnahmen zur Minderung der Risiken, die sich aus einer Insolvenz ergeben, da Insolvenzschutzmaßnahmen gemäß der Richtlinie 98/26/EG nicht gelten, sollte eine Ausnahme von den Vorschriften hinsichtlich der Wirksamkeit der Lieferung und Abrechnung in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 möglich sein. Dies würde jedoch nicht ausschließen, dass ein DLT-SS, das alle Anforderungen der Richtlinie 98/26/EG erfüllt, auf diese Weise als Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem gemäß jener Richtlinie benannt und gemeldet wird.

(34)

In der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 wird die Abwicklung von Transaktionen in Zentralbankgeld gefördert. Ist jedoch die Abwicklung von Barzahlungen in Zentralbankgeld nicht praktisch und verfügbar, sollte diese Abwicklung über eigene Konten des Zentralverwahrers gemäß der genannten Verordnung oder über Konten bei einem Kreditinstitut (im Folgenden: „Geschäftsbankgeld“) erfolgen können. Diese Bestimmung ist für einen Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, jedoch unter Umständen schwierig anzuwenden, da der Zentralverwahrer gleichzeitig mit der Lieferung von über die Distributed Ledger verbuchten Wertpapieren auch Bewegungen auf Geldkonten vornehmen müsste. Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, sollte deshalb die Möglichkeit haben, eine zeitlich begrenzte Ausnahme von den Vorschriften der genannten Verordnung über den Barausgleich zu beantragen, damit er im Rahmen der Pilotregelung innovative Lösungen entwickeln kann, indem der Zugang zu Geschäftsbankgeld oder die Verwendung von „E-Geld-Token“ erleichtert wird. Eine Abwicklung in Zentralbankgeld könnte als nicht praktisch und verfügbar angesehen werden, wenn die Abwicklung in Zentralbankgeld über ein Distributed Ledger nicht verfügbar ist.

(35)

Abgesehen von den Anforderungen, die sich bei einer Distributed-Ledger-Technologie als nicht praktikabel erwiesen haben, gelten die Anforderungen im Zusammenhang mit der Barabwicklung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 außerhalb der Pilotregelung weiterhin. Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten daher in ihren Geschäftsplänen beschreiben, wie sie Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 einhalten wollen, wenn sie die Pilotregelung letztendlich verlassen.

(36)

Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 muss ein Zentralverwahrer einem anderen Zentralverwahrer oder zu anderen Marktinfrastrukturen in nicht-diskriminierender und transparenter Weise Zugang gewähren. Der Zugang zu einem Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, kann technisch aufwändiger sein, da die Interoperabilität der bereits vorhandenen Systeme mit Distributed-Ledger-Technologie noch nicht getestet wurde. Einem DLT-SS sollte deshalb zudem eine Ausnahme von dieser Anforderung erteilt werden können, wenn es nachweist, dass die Erfüllung dieser Anforderung in keinem Verhältnis zum Umfang der Tätigkeiten des DLT-SS steht.

(37)

Unabhängig davon, für welche Anforderung eine Ausnahme beantragt worden ist, sollte ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, nachweisen, dass die beantragte Ausnahme verhältnismäßig und durch den Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie gerechtfertigt ist. Die Ausnahme sollte auf das DLT-SS beschränkt sein und sich nicht auf andere Abwicklungssysteme erstrecken, die von demselben Zentralverwahrer betrieben werden.

(38)

Ferner sollten DLT-Marktinfrastrukturen und ihre Betreiber im Vergleich zu herkömmlichen Marktinfrastrukturen zusätzlichen Anforderungen unterliegen. Die zusätzlichen Anforderungen sind notwendig, um Risiken im Zusammenhang mit der Nutzung der Distributed-Ledger-Technologie oder der Funktionsweise der DLT-Marktinfrastruktur zu vermeiden. Daher sollte der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur einen klaren Geschäftsplan erstellen, in dem dargelegt ist, wie die Distributed-Ledger-Technologie genutzt werden soll und welche rechtlichen Bedingungen gelten.

(39)

Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten die Regeln bezüglich der Funktionsweise der von ihnen verwendeten Distributed-Ledger-Technologie festlegen bzw. dokumentieren, einschließlich der Regeln für den Zugang und die Zulassung zum Distributed Ledger, für die Beteiligung der validierenden Knotenpunkte und für den Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten sowie der Maßnahmen zum Risikomanagement.

(40)

Der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur sollte verpflichtet sein, Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden darüber zu informieren, wie er seine Tätigkeiten durchzuführen gedenkt und inwieweit es durch den Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie zu Abweichungen gegenüber der Art und Weise kommt, in der die Dienstleistung normalerweise von einem herkömmlichen multilateralen Handelssystem oder einem Zentralverwahrer, der ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreibt, erbracht wird.

(41)

Eine DLT-Marktinfrastruktur sollte über spezifische und robuste IT- und Cyber-Strukturen für den Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie verfügen. Diese Strukturen sollten der Art, dem Umfang und der Komplexität des Geschäftsplans des Betreibers der DLT-Marktinfrastruktur angemessen sein. Zudem sollten diese Strukturen die Kontinuität und dauerhafte Transparenz, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit der erbrachten Dienstleistungen sicherstellen, einschließlich der Zuverlässigkeit der genutzten intelligenten Verträge, unabhängig davon, ob diese intelligenten Verträge von der DLT-Marktinfrastruktur selbst oder von einem Dritten unter Beachtung des Auslagerungsverfahrens erstellt werden. Des Weiteren sollten DLT-Marktinfrastrukturen die Integrität, Sicherheit, Vertraulichkeit, Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der im Distributed Ledger gespeicherten Daten sicherstellen. Die für eine DLT-Marktinfrastruktur zuständige Behörde sollte die Möglichkeit haben, eine Prüfung zu beantragen, um sicherzustellen, dass die allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen der DLT-Marktinfrastruktur zweckmäßig sind. Die Kosten einer solchen Prüfung sollten von dem Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur getragen werden.

(42)

Umfasst der Geschäftsplan eines Betreibers einer DLT-Marktinfrastruktur die Verwahrung von Geldern, wie Bargeld oder Bargeldäquivalenten, oder von DLT-Finanzinstrumenten der Kunden oder die Mittel für den Zugang zu solchen DLT-Finanzinstrumenten, einschließlich in Form von kryptografischen Schlüsseln, sollte die DLT-Marktinfrastruktur über angemessene Strukturen zum Schutz dieser Vermögenswerte verfügen. Die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten die Vermögenswerte ihrer Kunden ohne deren ausdrückliche vorherige schriftliche Zustimmung nicht für eigene Rechnung dieser Betreiber verwenden. Die DLT-Marktinfrastrukturen sollten die Gelder und die DLT-Finanzinstrumente der Kunden oder die Mittel für den Zugang zu solchen Vermögenswerten von ihren eigenen Vermögenswerten oder den Vermögenswerten anderer Kunden trennen. DLT-Marktinfrastrukturen sollten durch ihre allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen sicherstellen, dass die Vermögenswerte der Kunden vor Betrug, Cyber-Bedrohungen oder anderen Fehlfunktionen geschützt sind.

(43)

Zum Zeitpunkt der Erteilung einer besonderen Genehmigung sollten die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen zudem über eine glaubwürdige Ausstiegsstrategie verfügen, falls die Pilotregelung aufgehoben wird, die besondere Genehmigung oder einige der erteilten Ausnahmen entzogen werden oder die in dieser Verordnung festgelegten Schwellenwerten überschritten werden sollten. Diese Strategie sollte die Umstellung bzw. Rückführung ihrer auf der Distributed-Ledger-Technologie beruhenden Tätigkeiten auf traditionelle Marktinfrastrukturen umfassen. Zu diesem Zweck sollten neue Marktteilnehmer oder Betreiber von DLT-TSS, die keine traditionelle Marktinfrastruktur betreiben, auf die sie DLT-Finanzinstrumente übertragen könnten, versuchen, Vereinbarungen mit Betreibern traditioneller Marktinfrastrukturen zu schließen. Das ist von besonderer Bedeutung für die Verbuchung von DLT-Finanzinstrumenten. Daher sollten Zentralverwahrer bestimmten Anforderungen unterliegen, nach denen solche Vereinbarungen zu treffen sind. Darüber hinaus sollten Zentralverwahrer solche Vereinbarungen in nichtdiskriminierender Weise schließen und in der Lage sein, eine angemessene kommerzielle Gebühr auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten zu erheben.

(44)

Die dem Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur erteilte besondere Genehmigung sollte im Allgemeinen auf den gleichen Verfahren basieren wie die Zulassung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 oder der Richtlinie 2014/65/EU. Bei der Beantragung einer besonderen Genehmigung sollte die antragstellende DLT-Marktinfrastruktur jedoch angeben, welche Ausnahmen sie zu beantragen gedenkt. Bevor die zuständige Behörde einer DLT-Marktinfrastruktur eine besondere Genehmigung erteilt, sollte sie der ESMA sämtliche relevanten Informationen zur Verfügung stellen. Erforderlichenfalls sollte die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme zu den beantragten Ausnahmen oder zur Angemessenheit der Distributed-Ledger-Technologie für die Zwecke dieser Verordnung abgeben. Eine solche unverbindliche Stellungnahme sollte nicht als Stellungnahme im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 angesehen werden. Die ESMA sollte bei der Ausarbeitung ihrer Stellungnahme die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten konsultieren. Bei der Abgabe ihrer unverbindlichen Stellungnahme sollte die ESMA die Ziele des Anlegerschutzes, der Marktintegrität und der Finanzstabilität verfolgen. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen und einen fairen Wettbewerb im gesamten Binnenmarkt zu gewährleisten, sollte ein Ziel der unverbindlichen Stellungnahme und der Leitlinien der ESMA auch darin bestehen, die Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der von verschiedenen zuständigen Behörden in der Union erteilten Ausnahmen sicherzustellen, auch im Zusammenhang mit der Bewertung der Angemessenheit der verschiedenen Arten von Distributed-Ledger-Technologien, die von den Betreibern für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden.

(45)

Die Verbuchung von Wertpapieren, die Führung von Depotkonten und die Verwaltung von Abrechnungssystemen sind Tätigkeiten, die auch unter nicht harmonisierte nationale Rechtsvorschriften wie das Gesellschafts- und das Wertpapierrecht fallen. Es ist daher wichtig, dass die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen alle geltenden Vorschriften einhalten und auch ihre Nutzer in die Lage versetzen, dies zu tun.

(46)

Die zuständige Behörde, die einen Antrag eines Betreibers einer DLT-Marktinfrastruktur prüft, sollte die Möglichkeit haben, die Erteilung einer besonderen Genehmigung zu verweigern, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die DLT-Marktinfrastruktur nicht in der Lage wäre, geltende Bestimmungen des Unionsrechts oder Bestimmungen des nationalen Rechts, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, einzuhalten, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die DLT-Marktinfrastruktur eine Gefahr für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität darstellen würde, oder wenn mit dem Antrag versucht wird, bestehende Anforderungen zu umgehen.

(47)

In einer besonderen Genehmigung, die eine zuständige Behörde dem Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur erteilt, sollte angegeben sein, welche Ausnahmen dieser DLT-Marktinfrastruktur erteilt werden. Eine solche Genehmigung sollte in der gesamten Union gültig sein, jedoch nur für die Dauer der Pilotregelung. Die ESMA sollte auf ihrer Website eine Liste der DLT-Marktinfrastrukturen und eine Liste der für jede dieser Infrastrukturen erteilten Ausnahmen veröffentlichen.

(48)

Die besonderen Genehmigungen und die Ausnahmensollten vorübergehend für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren ab dem Datum der Erteilung der besonderen Genehmigung erteilt werden und nur für die Dauer der Pilotregelung gelten. In diesem Zeitraum von sechs Jahren sollten die Betreiber der DLT-Marktinfrastrukturen ausreichend Zeit haben, ihre Geschäftsmodelle an etwaige Änderungen der Pilotregelung anzupassen und im Rahmen der Pilotregelung wirtschaftlich rentabel ihren Tätigkeiten nachzugehen. Auch hätten die ESMA und die Kommission die Möglichkeit, einen nützlichen Datensatz zur Anwendung der Pilotregelung nach der Gewährung einer kritischen Masse von besonderen Genehmigungen und damit verbundenen Ausnahmen zu sammeln; im Anschluss könnten die ESMA und die Kommission darüber Bericht erstatten. Und schließlich hätten die DLT-Marktinfrastrukturen Zeit, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um nach den Berichten der ESMA und der Kommission entweder ihren Geschäftsbetrieb einzustellen oder zu einem neuen Rechtsrahmen überzugehen.

(49)

Unbeschadet der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU sollten die zuständigen Behörden befugt sein, eine besondere Genehmigung oder Ausnahmen, die einer DLT-Marktinfrastruktur erteilt wurden, zu entziehen, wenn eine Schwachstelle in der zugrunde liegenden Technologie oder den von dem Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur erbrachten Dienstleistungen oder Tätigkeiten entdeckt wurde, sofern diese Schwachstelle schwerer wiegt als die Vorteile, die mit der betreffenden Dienstleistung bzw. den betreffenden Tätigkeiten einhergehen, oder wenn der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur gegen eine der Verpflichtungen verstoßen hat, die an die von der zuständigen Behörde erteilte Genehmigungen oder Ausnahmen geknüpft waren, oder wenn der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur Finanzinstrumente verbucht hat, die die in der vorliegenden Verordnung festgelegten Schwellenwerten überschreiten oder andere für DLT-Finanzinstrumente geltende Bedingungen gemäß der vorliegenden Verordnung nicht erfüllen. Im Zuge ihrer Tätigkeit sollte der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur die Möglichkeit haben, zusätzlich zu den zum Zeitpunkt der ersten Genehmigung beantragten Ausnahmen noch weitere Ausnahmen zu beantragen. In diesem Fall sollten diese zusätzlichen Ausnahmen bei den zuständigen Behörden beantragt werden, und zwar auf die gleiche Weise wie die Ausnahmen, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Genehmigung der DLT-Marktinfrastruktur beantragt wurden.

(50)

Da den Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen im Rahmen der Pilotregelung zeitlich begrenzte Ausnahmen von bestimmten Bestimmungen der bestehenden Rechtsvorschriften der Union erhalten konnten, sollten sie während der Zeit, in der ihre besondere Genehmigung gilt, eng mit den zuständigen Behörden und der ESMA zusammenarbeiten. Die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten die zuständigen Behörden über wesentliche Änderungen ihrer Geschäftspläne und ihrer kritischen Mitarbeiter, über mögliche Hinweise auf Cyber-Bedrohungen oder -Angriffe, Betrug oder schwerwiegendes Fehlverhalten, über Änderungen der zum Zeitpunkt des ursprünglichen Antrags auf besondere Genehmigung vorgelegten Informationen, über technische oder betriebliche Schwierigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz der Distributed-Leder-Technologie, sowie über Risiken für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität, die zum Zeitpunkt der Erteilung der besonderen Genehmigung nicht absehbar waren, in Kenntnis setzen. Wenn ihr eine solche wesentliche Änderung gemeldet wird, sollte die zuständige Behörde, um für Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität zu sorgen, die DLT-Marktinfrastruktur auffordern können, eine neue besondere Genehmigung oder Ausnahme zu beantragen, oder Abhilfemaßnahmen ergreifen, die sie für angemessen hält. Darüber hinaus sollten die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen der zuständigen Behörde alle sachdienlichen Informationen zur Verfügung stellen, wann immer solche Informationen angefordert werden. Die zuständigen Behörden sollten die von den Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen erhaltenen Informationen und die Informationen über Abhilfemaßnahmen an die ESMA weiterleiten.

(51)

Die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen sollten den für sie zuständigen Behörden zudem regelmäßig Bericht erstatten. Die ESMA sollte Diskussionen über diese Berichte organisieren, damit alle zuständigen Behörden in der gesamten Union Erkenntnisse darüber erlangen können, welche Auswirkungen der Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie hat, und welche Änderungen von Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen erforderlich sein könnten, um den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie in größerem Umfang zu ermöglichen.

(52)

Während der Laufzeit der Pilotregelung ist es wichtig, dass der Rahmen und seine Funktionsweise häufig überprüft und bewertet werden, damit die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen möglichst viele Informationen erhalten. Die ESMA sollte Jahresberichte veröffentlichen, um den Marktteilnehmern ein besseres Verständnis der Funktionsweise und der Entwicklung der Märkte zu vermitteln und Klarheit über die Anwendung der Pilotregelung zu schaffen. Diese Jahresberichte sollten aktuelle Informationen über die wichtigsten Entwicklungen und Risiken enthalten. Die Jahresberichte werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt.

(53)

Drei Jahre nach Beginn der Anwendung dieser Verordnung sollte die ESMA der Kommission über ihre Bewertung der Pilotregelung Bericht erstatten. Auf der Grundlage des Berichts der ESMA sollte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht erstatten. In diesem Bericht sollten die Kosten und der Nutzen bewertet werden, die mit einer Verlängerung der Pilotregelung um einen weiteren Zeitraum, einer Ausdehnung der Pilotregelung auf andere Arten von Finanzinstrumenten, sonstigen Änderungen der Pilotregelung, einer dauerhaften Einführung der Pilotregelung, indem entsprechende Änderungen der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen vorgeschlagen werden, oder einer Beendigung der Pilotregelung verbunden wären. Es wäre nicht wünschenswert, wenn zwei parallele Regelungen für DLT-basierte und nicht-DLT-basierte Marktinfrastrukturen existierten. Wenn die Pilotregelung erfolgreich ist, könnte sie durch eine Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen, durch die ein einheitlicher, kohärenter Rahmen geschaffen wird, dauerhaft gemacht werden.

(54)

In den bestehenden Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen wurden bereits einige mögliche Lücken im Hinblick auf ihre Anwendung auf Kryptowerte, die als Finanzinstrumente gelten, ermittelt. So sind insbesondere die technischen Regulierungsstandards im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 für bestimmte Pflichten zur Datenübermittelung sowie Vor- und Nachhandelstransparenzanforderungen unzureichend auf Finanzinstrumente abgestimmt, die mittels der Distributed-Ledger-Technologie emittiert werden. Die Sekundärmärkte für Finanzinstrumente, die mittels der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie emittiert werden, sind noch im Entstehen begriffen, weshalb sie möglicherweise andere Merkmale aufweisen als Märkte für Finanzinstrumente, die über eine herkömmliche Technologie emittiert werden. Die in diesen technischen Regulierungsstandards festgelegten Vorschriften sollten — unabhängig von der verwendeten Technologie — für alle Finanzinstrumente gelten. Daher sollte die ESMA im Einklang mit den bestehenden Mandaten in der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zum Erlass technischer Regulierungsstandards eine umfassende Bewertung dieser technischen Regulierungsstandards entwickeln und gegebenenfalls erforderliche Änderungen vorschlagen, um sicherzustellen, dass die darin festgelegten Vorschriften wirksam auf DLT-Finanzinstrumente angewandt werden können. Bei der Durchführung dieser Bewertung sollte die ESMA die Besonderheiten von DLT-Finanzinstrumenten berücksichtigen und prüfen, ob diese Besonderheiten erfordern, dass Standards angepasst werden, damit die Entwicklung dieser Finanzinstrumente ermöglicht werden kann, ohne die Ziele der Vorschriften zu untergraben, die in den gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erlassenen technischen Regulierungsstandards festgelegt sind.

(55)

Da die Ziele der vorliegenden Verordnung auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern aufgrund dessen, dass die regulatorischen Hindernisse für die Entwicklung von DLT-Marktinfrastrukturen für als Finanzinstrumente geltende Kryptowerte in Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen enthalten sind, besser auf Unionsebene erreicht werden können, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(56)

Diese Verordnung lässt die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates unberührt (13). Gleichzeitig sollten in Bezug auf Stellen, die nach der Richtlinie 2014/65/EU zugelassen sind, die in der der genannten Richtlinie festgelegten Mechanismen für die Meldung von Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 oder die Richtlinie 2014/65/EU genutzt werden. In Bezug auf nach der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zugelassene Stellen sollten die in der genannten Verordnung festgelegten Mechanismen für die Meldung von Verstößen gegen die genannte Verordnung genutzt werden.

(57)

Der Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen könnte die Verarbeitung personenbezogener Daten einschließen. Sofern es für die Zwecke dieser Verordnung erforderlich ist, personenbezogene Daten zu verarbeiten, sollte diese Verarbeitung im Einklang mit dem geltenden EU-Recht zum Schutz personenbezogener Daten erfolgen. Die Bestimmungen dieser Verordnung lassen die Bestimmungen der Verordnungen (EU) 2016/679 (14) und (EU) 2018/1725 (15) des Europäischen Parlaments und des Rates unberührt. Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 42 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1725 angehört und hat am 23. April 2021 seine Stellungnahme abgegeben.

(58)

In der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 ist ein Übergangszeitraum vorgesehen, in dem der diskriminierungsfreie Zugang zu einer CCP oder zu einem Handelsplatz gemäß der genannten Verordnung nicht für CCP oder Handelsplätze gilt, die bei ihren zuständigen Behörden einen Antrag auf Inanspruchnahme von Übergangsregelungen für börsengehandelte Derivate gestellt haben. Der Zeitraum, in dem eine CCP oder ein Handelsplatz von der jeweils zuständigen Behörde in Bezug auf börsengehandelte Derivate von den Vorschriften über den diskriminierungsfreien Zugang ausgenommen werden konnte, ist am 3. Juli 2020 abgelaufen. In der Folge wirkte sich die erhöhte Unsicherheit und Volatilität der Märkte negativ auf die operationellen Risiken von CCP und Handelsplätzen aus, weshalb der Geltungsbeginn der neuen Regelung des offenen Zugangs zu CCP und Handelsplätzen, die Handels- und Clearingdienste für börsengehandelte Derivate anbieten, durch Artikel 95 der Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates (16) um ein Jahr auf den 3. Juli 2021 verschoben wurde. Die Gründe für die Verschiebung des Geltungsbeginns der neuen Regelung des offenen Zugangs bestehen fort. Darüber hinaus könnte das System des offenen Zugangs den parallelen politischen Zielen der Förderung von Handel und Innovation in der Union zuwiderlaufen, da es Innovationen bei börsengehandelten Derivaten verhindern könnte, indem es Wettbewerbern, die einen offenen Zugang genießen, ermöglicht, sich auf die Infrastruktur und Investitionen der etablierten Betreiber zu stützen, um konkurrierende Produkte mit niedrigen Vorlaufkosten anzubieten. Die Aufrechterhaltung eines Systems, bei dem Derivate in einer vertikal integrierten Stelle gecleart und gehandelt werden, steht auch im Einklang mit langjährigen internationalen Entwicklungen. Der Geltungsbeginn der neuen Regelung für den offenen Zugang sollte daher um zwei weitere Jahre auf den 3. Juli 2023 verschoben werden.

(59)

Gegenwärtig schließt die in der Richtlinie 2014/65/EU vorgenommene Begriffsbestimmung von „Finanzinstrument“ Finanzinstrumente, die mittels einer Klasse von Technologien — nämlich der Distributed-Ledger-Technologie — emittiert werden, die die dezentrale Aufzeichnung verschlüsselter Daten unterstützen, nicht ausdrücklich ein. Damit solche Finanzinstrumente gemäß den bestehenden Rechtsvorschriften gehandelt werden können, sollte die Begriffsbestimmung von „Finanzinstrument“ in der Richtlinie 2014/65/EU so geändert werden, dass sie diese Finanzinstrumente einschließt.

(60)

Während in dieser Verordnung der Rechtsrahmen für DLT-Marktinfrastrukturen, einschließlich solcher, die Abwicklungsdienste erbringen, festgelegt wird, ist der allgemeine Rechtsrahmen für von Zentralverwahrern betriebene Wertpapierliefer- und -abrechnungssysteme in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014festgelegt, die Bestimmungen über die Abwicklungsdisziplin enthält. Die Regelung zur Abwicklungsdisziplin umfasst Vorschriften für die Meldung gescheiterter Abwicklungen, die Einziehung und Verteilung von Geldstrafen und obligatorische Eindeckungen. Gemäß der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erlassenen technischen Regulierungsstandards gelten die Bestimmungen zur Abwicklungsdisziplin ab dem 1. Februar 2022. Die Beteiligten haben jedoch Hinweise darauf gegeben, dass obligatorische Eindeckungen den Liquiditätsdruck und die Kosten von Wertpapieren, bei denen die Gefahr besteht, dass eine Eindeckung erfolgt, erhöhen könnten. Diese Auswirkungen könnten sich bei Marktvolatilität noch verschärfen. Vor diesem Hintergrund könnte sich die Anwendung der in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 festgelegten Vorschriften über obligatorische Eindeckungen negativ auf die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit der Kapitalmärkte in der Union auswirken. Diese Auswirkungen könnten wiederum zu größeren Geld-Brief-Spannen, einer geringeren Markteffizienz und einem geringeren Anreiz zur Kreditvergabe an den Wertpapierleih- und Repomärkten und zur Abwicklung von Geschäften mit in der Union niedergelassenen Zentralverwahrern führen. Die Kosten der Anwendung der Vorschriften über obligatorische Eindeckungen dürften daher den potenziellen Nutzen überwiegen. Unter Berücksichtigung dieser potenziellen negativen Auswirkungen sollte die Verordnung (EU) Nr. 909/2014 dahingehend geändert werden, dass für jede Maßnahme zur Abwicklungsdisziplin ein anderer Geltungsbeginn vorgesehen wird, sodass der Geltungsbeginn der Vorschriften über obligatorische Eindeckungen weiter verschoben werden kann. Diese Verschiebung würde es der Kommission ermöglichen, im Rahmen des anstehenden Legislativvorschlags zur Überarbeitung der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zu bewerten, wie der Rahmen für die Abwicklungsdisziplin und insbesondere die Vorschriften über obligatorische Eindeckungen geändert werden sollten, um den genannten Fragen Rechnung zu tragen und sie anzugehen. Darüber hinaus würde mit einer solchen Verschiebung sichergestellt, dass den Marktteilnehmern, einschließlich der DLT-Marktinfrastrukturen, die der Regelung der Abwicklungsdisziplin unterliegen würden, nicht erneut Durchführungskosten entstehen, falls diese Vorschriften infolge der Überprüfung der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 geändert werden.

(61)

Der Betrieb einer DLT-Marktinfrastruktur sollte die Klimapolitik der Mitgliedstaaten nicht untergraben. Daher ist es wichtig, die Entwicklung emissionsarmer oder emissionsfreier Distributed-Ledger-Technologien und Investitionen in diese Technologien weiter zu fördern —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

In dieser Verordnung werden Anforderungen hinsichtlich der DLT-Marktinfrastrukturen und ihrer Betreiber in Bezug auf Folgendes festgelegt:

a)

die Erteilung und den Entzug einer besonderen Genehmigung für den Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen gemäß der vorliegenden Verordnung;

b)

die Erteilung, die Änderung und der Entzug der mit einer besonderen Genehmigung verbundenen Ausnahmen;

c)

die Festlegung, die Änderung und der Entzug der mit einer Genehmigung verbundenen Bedingungen sowie die Festlegung, die Änderung und der Entzug von Ausgleichs- oder Abhilfemaßnahmen;

d)

den Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen;

e)

die Beaufsichtigung von DLT-Marktinfrastrukturen und

f)

die Zusammenarbeit zwischen Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen, zuständigen Behörden und der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 errichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ESMA).

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Distributed-Ledger-Technologie“ oder „DLT“ eine Technologie, die den Betrieb und die Nutzung von Distributed Ledger ermöglicht;

2.

„Distributed Ledger“ einen Informationsspeicher, der Aufzeichnungen über Transaktionen enthält und der unter Verwendung eines Konsensmechanismus auf eine Reihe von DLT-Netzwerkknoten verteilt und zwischen diesen synchronisiert wird;

3.

„Konsensmechanismus“ die Regeln und Verfahren, durch die eine Übereinstimmung unter DLT-Netzwerkknoten dahin gehend erzielt wird, dass eine Transaktion validiert ist;

4.

„DLT-Netzwerkknoten“ ein Gerät oder Prozess, das bzw. der Teil eines Netzwerks ist und das bzw. der eine vollständige oder teilweise Kopie von Aufzeichnungen aller Transaktionen in einem Distributed-Ledger enthält;

5.

„DLT-Marktinfrastruktur“ ein „multilaterales DLT-Handelssystem“, ein „DLT-Abwicklungssystem“ oder ein „DLT-Handels- und Abwicklungssystem“;

6.

„multilaterales DLT-Handelssystem“ oder „DLT-MTF“ ein multilaterales Handelssystem, das nur DLT-Finanzinstrumenten zum Handel zulässt;

7.

„DLT-Abwicklungssystem“ oder „DLT-SS“ ein Abwicklungssystem, mit dem Transaktionen mit DLT-Finanzinstrumenten gegen Zahlung oder Lieferung abgewickelt werden, unabhängig davon, ob dieses Abwicklungssystem gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt und gemeldet wurde, und das die erstmalige Erfassung von DLT-Finanzinstrumenten oder die Erbringung von Verwahrungsdienstleistungen in Bezug auf DLT-Finanzinstrumente ermöglicht;

8.

„Lieferung und Abrechnung“ bzw. „Abwicklung“ eine Lieferung und Abrechnung bzw. Abwicklung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 7 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

9.

„gescheiterte Abwicklung“ eine gescheiterte Abwicklung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

10.

„DLT-Handels- und Abwicklungssystem“ oder „DLT-TSS“ ein DLT-MTF oder ein DLT-SS, das die von einem DLT-MTF und einem DLT-SS erbrachten Dienstleistungen kombiniert;

11.

„DLT-Finanzinstrument“ ein Finanzinstrument, das mittels Distributed-Ledger-Technologie emittiert, verbucht, übertragen und gespeichert wird;

12.

„Finanzinstrument“ ein Finanzinstrument im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 15 der Richtlinie 2014/65/EU;

13.

„multilaterales Handelssystem“ ein multilaterales Handelssystem im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 22 der Richtlinie 2014/65/EU;

14.

„Zentralverwahrer“ einen Zentralverwahrer im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

15.

„Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem“ ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 10 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

16.

„Geschäftstag“ einen Geschäftstag im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

17.

„Lieferung gegen Zahlung“ eine Lieferung gegen Zahlung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 27 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014;

18.

„Kreditinstitut“ ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (17);

19.

„Wertpapierfirma“ eine Wertpapierfirma im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU;

20.

„Marktbetreiber“ einen Marktbetreiber im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 18 der Richtlinie 2014/65/EU;

21.

„zuständige Behörde“ eine oder mehrere zuständige Behörden, die

a)

gemäß Artikel 67 der Richtlinie 2014/65/EU benannt wurde bzw. wurden;

b)

gemäß Artikel 11 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 benannt wurde bzw. wurden; oder

c)

auf sonstige Weise von einem Mitgliedstaat zum Zwecke der Überwachung der Anwendung dieser Verordnung benannt wurde bzw. wurden;

Artikel 3

Beschränkungen in Bezug auf Finanzinstrumente, die zum Handel über eine DLT-Marktinfrastruktur zugelassen oder von einer DLT-Marktinfrastruktur verbucht werden können

(1)   DLT-Finanzinstrumente werden nur zum Handel über eine DLT-Marktinfrastruktur oder zur Verbuchung auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassen, wenn sie zum Zeitpunkt der Zulassung zum Handel oder zum Zeitpunkt der Verbuchung in einem Distributed Ledger

a)

Aktien sind, deren Emittent eine Marktkapitalisierung oder eine voraussichtliche Marktkapitalisierung von weniger als 500 Mio. EUR aufweist;

b)

Anleihen, andere Formen verbriefter Schuldtitel, einschließlich Hinterlegungsscheine in Bezug auf solche Wertpapiere, oder Geldmarktinstrumente mit einem Emissionsvolumen von weniger als 1 Mrd. EUR, wobei Instrumente ausgeschlossen sind, die ein Derivat oder eine Struktur enthalten, die es dem Kunden erschwert, das mit ihnen verbundene Risiko zu verstehen, sind; oder

c)

Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne von Artikel 25 Absatz 4 Buchstabe a Ziffer iv der Richtlinie 2014/65/EU mit einem Marktwert der verwalteten Vermögenswerte von weniger als 500 Mio. EUR sind.

Unternehmensanleihen, die von Emittenten emittiert wurden, deren Marktkapitalisierung zum Zeitpunkt ihrer Emission 200 Mio. EUR nicht überstieg, sind von der Berechnung des Schwellenwerts gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe b ausgenommen.

(2)   Der Gesamtmarktwert aller DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassen sind oder in einer DLT-Marktinfrastruktur verbucht werden, darf zum Zeitpunkt der Zulassung eines neuen DLT-Finanzinstruments zum Handel oder der erstmaligen Verbuchung 6 Mrd. EUR nicht überschreiten.

Würde die Zulassung zum Handel oder die erste Verbuchung eines neuen DLT-Finanzinstruments dazu führen, dass der in Unterabsatz 1 genannte Gesamtmarktwert 6 Mrd. EUR erreicht, so lässt die DLT-Marktinfrastruktur das DLT-Finanzinstrument nicht für den Handel zu oder verbucht es nicht.

(3)   Wenn der Gesamtmarktwert aller DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel auf einer DLT-Marktinfrastruktur zugelassen sind oder in einer DLT-Marktinfrastruktur verbucht werden, 9 Mrd. EUR erreicht, leitet der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur die Übergangsstrategie nach Maßgabe von Artikel 7 Absatz 7 ein. Der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur teilt der zuständigen Behörde in seinem Monatsbericht gemäß Absatz 5 die Einleitung seiner Übergangsstrategie und den Zeitplan für den Übergang mit.

(4)   Der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur berechnet den monatlichen durchschnittlichen Gesamtmarktwert der in dieser DLT-Marktinfrastruktur gehandelten oder verbuchten DLT-Finanzinstrumente. Dieser monatliche Durchschnitt wird berechnet als Durchschnitt der täglichen Abschlusskurse jedes DLT-Finanzinstruments, multipliziert mit der Anzahl der DLT-Finanzinstrumente, die in dieser DLT-Marktinfrastruktur mit derselben Internationalen Wertpapier-Identifikationsnummer (ISIN) gehandelt oder verbucht werden.

Der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur verwendet diesen monatlichen Durchschnitt

a)

bei der Bewertung, ob die Zulassung zum Handel oder die Verbuchung eines neuen DLT-Finanzinstruments im Folgemonat dazu führen würde, dass der Gesamtmarktwert der DLT-Finanzinstrumente den in Absatz 2 dieses Artikels genannten Schwellenwert erreicht und

b)

bei der Entscheidung zur Einleitung der Übergangsstrategie gemäß Artikel 7 Absatz 7.

(5)   Der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur legt seiner zuständigen Behörde monatliche Berichte vor, aus denen hervorgeht, dass alle DLT-Finanzinstrumente, die in der DLT-Marktinfrastruktur zum Handel zugelassen sind oder verbucht werden, die in den Absätzen 2 und 3 genannten Schwellenwerte nicht überschreiten.

(6)   Eine zuständige Behörde kann niedrigere Schwellenwerte als die in den Absätzen 1 und 2 festgelegten Werte festlegen. Senkt eine zuständige Behörde den in Absatz 2 genannten Schwellenwert, so gilt der in Absatz 3 festgelegte Wert als proportional herabgesetzt.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 dieses Absatzes berücksichtigt die zuständige Behörde die Marktgröße und die durchschnittliche Kapitalisierung von DLT-Finanzinstrumenten einer bestimmten Art, die auf Handelsplattformen in den Mitgliedstaaten zugelassen wurden, in denen die Dienstleistungen und Tätigkeiten ausgeführt werden, und sie berücksichtigen die Risiken, die mit den Emittenten, der Art der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie und den Dienstleistungen und Tätigkeiten der DLT-Marktinfrastruktur verbunden sind.

(7)   Die Verordnung (EU) Nr. 596/2014 gilt für DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel über ein DLT-MTF oder über ein DLT-TSS zugelassen sind.

Artikel 4

Anforderungen und Ausnahmen im Zusammenhang mit DLT-MTF

(1)   Ein DLT-MTF unterliegt den Anforderungen, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU für ein multilaterales Handelssystem gelten.

Unterabsatz 1 gilt nicht in Bezug auf die Anforderungen, für die der Wertpapierfirma oder dem Marktbetreiber, die bzw. der das DLT-MTF betreibt, eine Ausnahme gemäß den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels erteilt wurde, wenn die Wertpapierfirma oder der Marktbetreiber, die bzw. der das DLT-MTF betreibt, folgende Anforderungen erfüllt:

a)

Artikel 7;

b)

die Absätze 2, 3 und 4 dieses Artikels und

c)

alle Ausgleichsmaßnahmen, die die zuständige Behörde für angemessen hält, um die Ziele der Bestimmungen zu erreichen, von denen eine Ausnahme beantragt worden ist, oder um den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität zu gewährleisten.

(2)   Zusätzlich zu den in Artikel 53 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU bezeichneten Personen kann die zuständige Behörde auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF diesem Betreiber gestatten, natürliche und juristische Personen zum Handel für eigene Rechnung als Mitglieder oder Teilnehmer zuzulassen, sofern diese Personen die folgenden Anforderungen erfüllen:

a)

Sie sind ausreichend gut beleumundet;

b)

sie verfügen über ein ausreichendes Maß an Handelsfähigkeiten, Kompetenz und Erfahrung, einschließlich Kenntnissen über die Funktionsweise der Distributed-Ledger-Technologie;

c)

sie sind keine Market-Maker in dem DLT-MTF;

d)

sie verwenden in dem DLT-MTF keine hochfrequente algorithmische Handelstechnik;

e)

sie gewähren anderen Personen keinen direkten elektronischen Zugang zu dem DLT-MTF;

f)

sie handeln bei der Ausführung von Kundenaufträgen über die DLT-Marktinfrastruktur nicht für eigene Rechnung und

g)

sie haben in Kenntnis der Sachlage dem Handel in dem DLT-MTF als Mitglieder oder Teilnehmer zugestimmt und wurden von dem DLT-MTF über die potenziellen Risiken informiert, die mit der Nutzung seiner Systeme für den Handel mit DLT-Finanzinstrumenten verbunden sind.

Erteilt die zuständige Behörde die in Unterabsatz 1 genannte Ausnahme, kann sie zusätzliche Maßnahmen zum Schutz natürlicher Personen vorschreiben, die als Mitglieder oder Teilnehmer des DLT-MTF zugelassen sind. Diese Maßnahmen müssen dem Risikoprofil dieser Mitglieder oder Teilnehmer angemessen sein.

(3)   Auf Antrag eines Betreibers eines DLT-MTF kann die zuständige Behörde diesen Betreiber oder seine Mitglieder oder Teilnehmer von Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 ausnehmen.

Erteilt die zuständige Behörde eine in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannte Ausnahme, führt das DLT-MTF Aufzeichnungen über alle über seine Systeme ausgeführten Geschäfte. Die Aufzeichnungen enthalten alle in Artikel 26 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 genannten Angaben, die für das von dem DLT-MTF und dem die Transaktion ausführenden Mitglied oder Teilnehmer verwendete System relevant sind. Das DLT-MTF stellt ferner sicher, dass die zuständigen Behörden, die berechtigt sind, die Daten direkt vom multilateralen Handelssystem gemäß Artikel 26 der genannten Verordnung zu empfangen, direkten und unmittelbaren Zugang zu diesen Angaben haben. Um Zugang zu diesen Aufzeichnungen zu erhalten, wird diese zuständige Behörde als teilnehmender regulatorischer Beobachter zum DLT-MTF zugelassen.

Die zuständige Behörde stellt der ESMA alle Informationen, auf die sie gemäß diesem Artikel zugegriffen hat, unverzüglich zur Verfügung.

(4)   Beantragt der Betreiber eines DLT-MTF eine Ausnahme gemäß Absatz 2 oder 3, weist er nach, dass die beantragte Ausnahme

a)

in Bezug auf den Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie verhältnismäßig und durch den Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie gerechtfertigt ist und

b)

auf das DLT-MTF beschränkt ist und sich nicht auf ein anderes multilaterales Handelssystem erstreckt, das von dem betreffenden Betreiber betrieben wird.

(5)   Die Absätze 2, 3 und 4 des vorliegenden Artikels gelten entsprechend für einen Zentralverwahrer, der ein DLT-TSS gemäß Artikel 6 Absatz 2 betreibt.

(6)   Die ESMA arbeitet Leitlinien für die Ausgleichsmaßnahmen nach Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe c aus.

Artikel 5

Anforderungen und Ausnahmen im Zusammenhang mit dem DLT-SS

(1)   Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, unterliegt den für einen Zentralverwahrer, der ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreibt, gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 geltenden Anforderungen.

Unterabsatz 1 gilt nicht in Bezug auf die Anforderungen, für die dem Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, eine Ausnahme gemäß den Absätzen 2 bis 9 dieses Artikels erteilt wurde, und wenn der Zentralverwahrer folgende Anforderungen erfüllt:

a)

Artikel 7

b)

Absätze 2 bis 10 des vorliegenden Artikels und

c)

alle Ausgleichsmaßnahmen, welche die zuständige Behörde für angemessen hält, um die Ziele der Bestimmungen zu erreichen, von denen eine Ausnahme beantragt worden ist, oder um den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität zu gewährleisten.

(2)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann eine zuständige Behörde diesen Zentralverwahrer von Artikel 2 Absatz 1 Nummern 4, 9 oder 28 oder von den Artikeln 3, 37 oder 38 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausnehmen, sofern der Zentralverwahrer

a)

nachweist, dass die Verwendung eines „Depotkontos“ im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Nummer 28 der genannten Verordnung oder die Einbuchung im Effektengiro gemäß Artikel 3 jener Verordnung nicht mit der Verwendung der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie vereinbar ist;

b)

Ausgleichsmaßnahmen vorschlägt, um die Ziele der Bestimmungen zu erreichen, von denen eine Ausnahme beantragt worden ist, und zumindest sicherstellt, dass

i)

die DLT-Finanzinstrumente im Distributed Ledger verbucht werden;

ii)

die Anzahl der DLT-Finanzinstrumente einer Emission oder eines Teils einer Emission, die von dem Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, verbucht wurden, zu jedem beliebigen Zeitpunkt der Gesamtanzahl der DLT-Finanzinstrumente entspricht, aus denen diese Emission oder ein Teil dieser Emission besteht und die in dem Distributed Ledger verbucht sind, und

iii)

er Aufzeichnungen führt, anhand deren der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, zu jedem beliebigen Zeitpunkt unverzüglich die DLT-Finanzinstrumente eines Mitglieds, Teilnehmers, Emittenten oder Kunden von denen eines anderen Mitglieds, Teilnehmers, Emittenten oder Kunden trennen kann und

iv)

er keine Wertpapierkredite, Sollsalden oder die unrechtmäßige Schaffung oder Löschung von Wertpapieren zulässt.

(3)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann die zuständige Behörde diesen Zentralverwahrer von Artikel 6 oder 7 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausnehmen, sofern dieser Zentralverwahrer mindestens mittels solider Verfahren und Vorkehrungen sicherstellt, dass das DLT-SS

a)

eine klare, genaue und rechtzeitige Bestätigung der Einzelheiten von Transaktionen mit DLT-Finanzinstrumenten, einschließlich aller im Zusammenhang mit DLT-Instrumenten geleisteten Zahlungen, sowie die Freigabe von Sicherheiten in Bezug auf DLT-Instrumente oder die Einforderung von Sicherheiten in Bezug auf diese ermöglicht und

b)

entweder gescheiterten Abwicklungen vorbeugt oder gescheiterte Abwicklungen angeht, wenn sie nicht verhindert werden können.

(4)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann die zuständige Behörde diesen Zentralverwahrer von Artikels 19 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 nur in Bezug auf die Auslagerung einer Kerndienstleistung an einen Dritten ausnehmen, sofern die Anwendung des genannten Artikels mit dem Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie, wie sie in dem von diesem Zentralverwahrer betriebenen DLT-SS vorgesehen ist, unvereinbar ist.

(5)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann die zuständige Behörde diesem Zentralverwahrer gestatten, natürliche und juristische Personen zusätzlich zu den in Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie 98/26/EG aufgeführten als Teilnehmer zu dem DLT-SS zuzulassen, sofern diese Personen

a)

ausreichend gut beleumundet sind,

b)

über ausreichende Fähigkeiten, Kompetenzen, Erfahrungen und Kenntnisse in Bezug auf Abwicklung, die Funktionsweise der Distributed-Ledger-Technologie und Risikobewertung verfügen und

c)

ihre in Kenntnis der Sachlage erteilte Zustimmung zur Teilnahme an der Pilotregelung gemäß dieser Verordnung gegeben haben und angemessen über deren experimentellen Charakter und die damit verbundenen potenziellen Risiken informiert sind.

(6)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann eine zuständige Behörde diesen Zentralverwahrer von Artikel 33, 34 oder 35 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausnehmen, sofern der Zentralverwahrer Ausgleichsmaßnahmen vorschlägt, um die Ziele dieser Artikel zu erreichen, und zumindest sicherstellt, dass

a)

das DLT-SS Teilnahmekriterien veröffentlicht, die allen Personen, die Teilnehmer werden wollen, einen fairen und offenen Zugang ermöglichen, und dass diese Kriterien transparent, objektiv und diskriminierungsfrei sind und

b)

das DLT-SS Preise und Gebühren im Zusammenhang mit den von ihm erbrachten Abwicklungsdiensten veröffentlicht.

(7)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann eine zuständige Behörde diesen Zentralverwahrer von Artikel 39 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausnehmen, sofern der Zentralverwahrer Ausgleichsmaßnahmen vorschlägt, um die Ziele dieser Artikel zu erreichen, und mittels solider Verfahren und Vorkehrungen zumindest sicherstellt, dass

a)

das DLT-SS Transaktionen mit DLT-Finanzinstrumenten in nahezu Echtzeit oder innerhalb eines Tages, in jedem Fall jedoch spätestens am zweiten Geschäftstag nach Abschluss des Geschäfts abwickelt,

b)

das DLT-SS die für das Abwicklungssystem geltenden Regeln veröffentlicht und

c)

mit dem DLT-SS alle Risiken gemindert werden, die sich daraus ergeben, dass das DLT-SS nicht als System im Sinne der Richtlinie 98/26/EG benannt wird, insbesondere im Hinblick auf Insolvenzverfahren.

Für die Zwecke des Betriebs eines DLT-SS darf die Bestimmung des Begriffs des „Zentralverwahrers“ in der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 als juristische Person, die ein Wertpapierabwicklungssystem betreibt, nicht dazu führen, dass die Mitgliedstaaten ein DLT-SS als Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem gemäß der Richtlinie 98/26/EG benennen und melden müssen. Die Mitgliedstaaten werden jedoch nicht daran gehindert, ein DLT-SS als Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem gemäß der Richtlinie 98/26/EG zu benennen und zu melden, wenn das DLT-SS die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllt.

Wird ein DLT-SS nicht als Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem gemäß der Richtlinie 98/26/EG benannt und gemeldet, so schlägt der Zentralverwahrer, der dieses DLT-SS betreibt, Ausgleichsmaßnahmen zur Minderung der Risiken vor, die sich aus einer Insolvenz ergeben.

(8)   Auf Antrag eines Zentralverwahrers, der ein DLT-SS betreibt, kann ein Zentralverwahrer von der zuständigen Behörde von Artikel 40 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausgenommen werden, sofern der Zentralverwahrer auf der Grundlage von Lieferung gegen Zahlung abwickelt.

Die Abwicklung von Zahlungen erfolgt, sofern praktisch und verfügbar, über Zentralbankgeld, auch in tokenisierter Form, oder, sofern dies nicht praktisch und verfügbar ist, über das Konto des Zentralverwahrers gemäß Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 oder über Geschäftsbankgeld, auch in tokenisierter Form gemäß jenem Titel oder unter Verwendung von E-Geld-Tokens.

Abweichend von Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes gilt Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 nicht für ein Kreditinstitut, wenn es Zahlungen unter Verwendung von Geschäftsbankgeld für eine DLT-Marktinfrastruktur abwickelt, die DLT-Finanzinstrumente verbucht, deren Gesamtmarktwert zum Zeitpunkt der erstmaligen Verbuchung eines neuen DLT-Finanzinstruments 6 Mrd. EUR nicht übersteigt, wie gemäß Artikel 3 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung berechnet.

Erfolgt die Abwicklung unter Verwendung von Geschäftsbankgeld, das von einem Kreditinstitut bereitgestellt wird, für das Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 gemäß Unterabsatz 3 des vorliegenden Absatzes nicht gilt, oder erfolgt die Abwicklung von Zahlungen unter Verwendung von E-Geld-Token, identifiziert, misst, überwacht, kontrolliert und minimiert der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, alle Risiken, die sich aus der Nutzung dieser Mittel ergeben.

Dienstleistungen im Zusammenhang mit E-Geld-Token, die den in Abschnitt C Buchstaben b und c des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 aufgeführten Dienstleistungen gleichwertig sind, werden von dem Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, gemäß Titel IV der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erbracht oder von einem Kreditinstitut erbracht.

(9)   Auf Antrag kann ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, von der zuständigen Behörde von der Anwendung von Artikel 50, 51 oder 53 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 ausgenommen werden, sofern der Zentralverwahrer nachweist, dass der Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie mit den bereits vorhandenen Systemen anderer Zentralverwahrer oder anderer Marktinfrastrukturen nicht vereinbar ist oder dass die Gewährung des Zugangs durch andere Zentralverwahrer oder durch andere Marktinfrastruktur, die bereits vorhandene Systeme verwenden, angesichts des Umfangs der Tätigkeiten des DLT-SS unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde.

Wurde einem Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, eine Ausnahme gemäß Unterabsatz 1 dieses Absatzes erteilt, so gewährt er anderen Betreibern von DLT-SS oder anderen Betreibern von DLT-TSS Zugang zu seinem DLT-SS. Der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, muss die zuständige Behörde über seine Absicht, einen derartigen Zugang zu gewähren, informieren. Die zuständige Behörde kann einen derartigen Zugang verbieten, soweit dieser Zugang der Stabilität des Finanzsystems der Union oder des Finanzsystems des betreffenden Mitgliedstaats abträglich wäre.

(10)   Beantragt ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, eine Ausnahme gemäß den Absätzen 2 bis 9, weist er nach, dass die beantragte Ausnahme

a)

in Bezug auf den Einsatz einer DLT verhältnismäßig und durch den Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie gerechtfertigt ist und

b)

sich auf das DLT-SS beschränkt und sich nicht auf ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem erstreckt, das von demselben Zentralverwahrer betrieben wird.

(11)   Die Absätze 2 bis 10 dieses Artikels gelten entsprechend für eine Wertpapierfirma oder einen Marktbetreiber, die bzw. der ein DLT-TSS gemäß Artikel 6 Absatz 1 betreibt.

(12)   Die ESMA arbeitet Leitlinien für die Ausgleichsmaßnahmen nach Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe c dieses Artikels aus.

Artikel 6

Anforderungen und Ausnahmen im Zusammenhang mit DLT-TSS

(1)   Eine Wertpapierfirma oder ein Marktbetreiber, der ein DLT-TSS betreibt, unterliegt

a)

den Anforderungen, die für ein multilaterales Handelssystem gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU gelten, und

b)

entsprechend den Anforderungen, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 für einen Zentralverwahrer gelten, mit Ausnahme der Artikel 9, 16, 17, 18, 20, 26, 27, 28, 31, 42, 43, 44, 46 und 47 der genannten Verordnung.

Unterabsatz 1 gilt nicht in Bezug auf die Anforderungen, für die der Wertpapierfirma oder dem Marktbetreiber, die bzw. der das DLT-TSS betreibt, eine Ausnahme gemäß Artikel 4 Absätze 2 und 3 sowie Artikel 5 Absätze 2 bis 9 erteilt wurde, wenn diese Wertpapierfirma oder dieser Marktbetreiber folgende Anforderungen erfüllt:

a)

Artikel 7;

b)

Artikel 4 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 5 Absätze 2 bis 10 und

c)

alle Ausgleichsmaßnahmen, welche die zuständige Behörde für angemessen hält, um die Ziele der Bestimmungen zu erreichen, von denen eine Ausnahme beantragt worden ist, oder um den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität zu gewährleisten.

(2)   Ein Zentralverwahrer, der ein DLT-TSS betreibt, unterliegt

a)

den Anforderungen, die für einen Zentralverwahrer gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 gelten, und

b)

entsprechend den Anforderungen, die für ein multilaterales Handelssystem gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU gelten, mit Ausnahme der Artikel 5 bis 13 der genannten Richtlinie.

Unterabsatz 1 dieses Absatzes gilt nicht in Bezug auf die Anforderungen, für die dem Zentralverwahrer, der das DLT-TSS betreibt, eine Ausnahme gemäß Artikel 4 Absätze 2 und 3 sowie Artikel 5 Absätze 2 bis 9 erteilt wurde, wenn dieser Zentralverwahrer folgende Anforderungen erfüllt:

a)

Artikel 7,

b)

Artikel 4 Absätze 2, 3 und 4 und Artikel 5 Absätze 2 bis 10 und

c)

alle Ausgleichsmaßnahmen, welche die zuständige Behörde für angemessen hält, um die Ziele der Bestimmungen zu erreichen, von denen eine Ausnahme beantragt worden ist, oder um den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität zu gewährleisten.

Artikel 7

Zusätzliche Anforderungen an DLT-Marktinfrastrukturen

(1)   Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen erstellen klare und detaillierte Geschäftspläne, aus denen hervorgeht, wie sie ihre Dienstleistungen zu erbringen und ihre Tätigkeiten durchzuführen beabsichtigen, einschließlich einer Beschreibung der kritischen Mitarbeiter, der technischen Aspekte und des Einsatzes der Distributed-Ledger-Technologie sowie der gemäß Absatz 3 geforderten Informationen.

Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen machen darüber hinaus machen eine aktuelle, klare und detaillierte schriftliche Dokumentation öffentlich zugänglich, in der die Regeln festgelegt sind, nach denen die DLT-Marktinfrastrukturen betrieben werden und deren Betreiber agieren sollen, einschließlich der damit verbundenen rechtlichen Bedingungen, mit denen die Rechte, Pflichten, Verantwortlichkeiten und Haftung des Betreibers der DLT-Marktinfrastrukturen sowie der Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden, die ihre betreffenden DLT-Marktinfrastrukturen nutzen, festgelegt werden. In diesen rechtlichen Bedingungen werden das anwendbare Recht, etwaige vorprozessuale Streitbeilegungsverfahren, etwaige Insolvenzschutzmaßnahmen gemäß der Richtlinie 98/26/EG und die Gerichtsstände für den Rechtsweg festgelegt. Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen können ihre schriftliche Dokumentation in elektronischer Form zur Verfügung stellen.

(2)   Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen legen Regeln für die Funktionsweise der von ihnen verwendeten Distributed-Ledger-Technologie fest bzw. dokumentieren diese, einschließlich Regeln für den Zugang zu dem Distributed Ledger, für die Beteiligung der validierenden Knotenpunkte, für den Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten sowie für das Risikomanagement einschließlich etwaiger Maßnahmen zur Risikominderung, um Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzstabilität zu gewährleisten.

(3)   Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen stellen ihren Mitgliedern, Teilnehmern, Emittenten und Kunden auf ihrer Website klare und unmissverständliche Informationen darüber zur Verfügung, wie die Betreiber ihre Funktionen, Dienstleistungen und Tätigkeiten ausüben und inwieweit diese Ausübung von Funktionen, Dienstleistungen und Tätigkeiten von denen abweicht, die von einem multilateralen Handelssystem oder Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem ausgeübt werden, das nicht auf der Distributed-Ledger-Technologie beruht. Diese Informationen umfassen auch die Art der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie.

(4)   Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen stellen sicher, dass die allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen im Zusammenhang mit der Nutzung ihrer Distributed-Ledger-Technologie der Art, dem Umfang und der Komplexität ihres Geschäfts angemessen sind. Diese Strukturen gewährleisten die Kontinuität und kontinuierliche Transparenz, Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit ihrer Dienstleistungen und Tätigkeiten, unter anderem auch die Zuverlässigkeit der in der DLT-Marktinfrastruktur verwendeten intelligenten Verträgen. Diese Strukturen gewährleisten zudem die Integrität, Sicherheit und Vertraulichkeit der von diesen Betreibern gespeicherten Daten und gewährleisten, dass diese Daten verfügbar und zugänglich sind.

Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen verfügen über ein spezifisches Verfahren für das Management operationeller Risiken für die Risiken, die durch den Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie und von Kryptowerten entstehen, und legen dar, wie diesen Risiken im Falle ihres Eintretens begegnet wird.

Um die Zuverlässigkeit der allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen einer DLT-Marktinfrastruktur zu bewerten, kann die zuständige Behörde eine Prüfung dieser Strukturen verlangen. Verlangt die zuständige Behörde eine Prüfung, benennt sie einen unabhängigen Prüfer, der die Prüfung durchführt. Die Kosten der Prüfung werden von der DLT-Marktinfrastruktur getragen.

(5)   Übernimmt der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur die Verwahrung von Geldern, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumenten von Mitgliedern, Teilnehmern, Emittenten oder Kunden und stellt er die Mittel für den Zugang zu diesen Vermögenswerten, einschließlich in Form von kryptografischen Schlüsseln, sicher, so verfügt dieser Betreiber über angemessene Regelungen, um die Verwendung jener Vermögenswerte für eigene Rechnung des Betreibers zu verhindern, ohne dass eine ausdrückliche vorherige, schriftliche Zustimmung des betreffenden Teilnehmers, Mitglieds, Emittenten oder Kunden vorliegt, die auf elektronischem Wege erfolgen kann.

Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur führen sichere, genaue, zuverlässige und abrufbare Aufzeichnungen über die Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente, die von ihrer DLT-Marktinfrastruktur für ihre Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden gehalten werden, sowie über die Mittel für den Zugang zu diesen Geldern, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumenten.

Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur trennen die Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente der Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden, die ihre DLT-Marktinfrastruktur nutzen, und die Mittel für den Zugang zu diesen Vermögenswerten, von denen des Betreibers sowie von denjenigen anderer Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden.

Durch die in Absatz 4 genannten allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen wird sichergestellt, dass diese Gelder, Sicherheiten und DLT-Finanzinstrumente, die von einer DLT-Marktinfrastruktur für ihre Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten oder Kunden gehalten werden, sowie die Mittel für den Zugang zu diesen vor den Risiken eines unbefugten Zugriffs, eines Hackerangriffs, einer Werteinbuße, eines Verlusts, eines Cyber-Angriffs, eines Diebstahls, eines Betrugs, eines fahrlässigen Verhaltens und sonstiger schwerwiegender operativer Fehlfunktionen geschützt sind.

(6)   Im Falle eines Verlusts von Geldern, eines Verlusts von Sicherheiten oder eines Verlusts eines DLT-Finanzinstruments haftet der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur, der die Gelder, Sicherheiten oder DLT-Finanzinstrumente verloren hat, für den Verlust bis zum Marktwert des verlorenen Vermögenswerts. Der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur haftet nicht für den Verlust, wenn er nachweist, dass der Verlust auf ein externes Ereignis zurückzuführen ist, das sich seiner vernünftigen Kontrolle entzogen hat und dessen Folgen trotz aller zumutbaren Anstrengungen unvermeidbar waren.

Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur treffen transparente und angemessene Vorkehrungen, um den Anlegerschutz zu gewährleisten, und richten Mechanismen für die Behandlung von Kundenbeschwerden sowie Entschädigungs- und Abhilfeverfahren für den Fall von Verlusten für einen Anleger infolge eines der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Umstände oder infolge der Einstellung der Geschäftstätigkeit aufgrund eines der Umstände gemäß Artikel 8 Absatz 13, Artikel 9 Absatz 11 und Artikel 10 Absatz 10 ein.

Um den Anlegerschutz zu gewährleisten, können eine zuständige Behörde im Einzelfall beschließen, vom Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur zusätzliche aufsichtsrechtliche Schutzvorkehrungen in Form von Eigenmitteln oder einer Versicherungspolice zu verlangen, wenn die zuständige Behörde feststellt, dass potenzielle Verbindlichkeiten aufgrund von Schäden, die Kunden des Betreibers der DLT-Marktinfrastruktur durch einen der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Umstände entstanden sind, von den Aufsichtsanforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014, der Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates (18), der Richtlinie 2014/65/EU oder der Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates (19) nicht angemessen abgedeckt werden.

(7)   Ein Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur legt eine klare, detaillierte Strategie für die Einschränkung der Tätigkeit einer bestimmten DLT-Marktinfrastruktur oder für den Ausstieg aus einer bestimmten DLT-Marktinfrastruktur oder die Einstellung ihres Betriebs (im Folgenden „Übergangsstrategie“), einschließlich des Übergangs oder der Rückführung ihres Distributed-Ledger-Technologie-Betriebs zu traditionellen Marktinfrastrukturen, fest und macht diese öffentlich zugänglich für den Fall, dass

a)

der in Artikel 3 Absatz 3 festgelegte Schwellenwert überschritten wurde;

b)

eine gemäß dieser Verordnung erteilte besondere Genehmigung oder Ausnahme entzogen oder auf andere Weise beendet werden soll, auch wenn die besondere Genehmigung oder Ausnahme aufgrund eines der in Artikel 14 Absatz 2 vorgesehenen Ereignisse beendet wird, oder

c)

der Betrieb der DLT-Marktinfrastruktur freiwillig oder unfreiwillig eingestellt wird.

Die Übergangsstrategie muss zeitnah umgesetzt werden können.

In der Übergangsstrategie ist dargelegt, wie Mitglieder, Teilnehmer, Emittenten und Kunden im Falle eines Entzugs oder einer Beendigung einer besonderen Genehmigung oder der Einstellung des Betriebs im Sinne von Unterabsatz 1 dieses Absatzes behandelt werden sollen. In der Übergangsstrategie wird festgelegt, wie Kunden, insbesondere Kleinanleger, vor unverhältnismäßigen Auswirkungen eines Entzugs oder einer Beendigung einer besonderen Genehmigung oder der Einstellung des Betriebs zu schützen sind. Die Übergangsstrategie wird vorbehaltlich der vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde laufend aktualisiert.

In der Übergangsstrategie wird festgelegt, was zu tun ist, wenn der in Artikel 3 Absatz 3 genannte Schwellenwert überschritten wird.

(8)   Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die nur zum Betrieb eines DLT-MTF gemäß Artikel 8 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung zugelassen sind und die in ihren Übergangsstrategien nicht angeben, dass sie beabsichtigen, eine Zulassung für den Betrieb eines multilateralen Handelssystems gemäß der Richtlinie 2014/65/EU zu erhalten, sowie Zentralverwahrer, die ein DLT-TSS betreiben, bemühen sich nach besten Kräften, mit Wertpapierfirmen oder Marktbetreibern, die ein multilaterales Handelssystem gemäß der Richtlinie 2014/65/EU betreiben, Vereinbarungen zur Übernahme ihres Betriebs zu schließen, und beschreiben diese Regelungen in ihren Übergangsstrategien.

(9)   Zentralverwahrer, die ein DLT-SS betreiben, die nur zum Betrieb eines DLT-SS gemäß Artikel 9 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung zugelassen sind und die in ihren Übergangsstrategien nicht angeben, dass sie beabsichtigen, eine Genehmigung für den Betrieb eines Wertpapierliefer- und -abrechnungssystems gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zu erhalten, und Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die ein DLT-TSS betreiben, bemühen sich nach besten Kräften, mit Zentralverwahrern, die ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreiben, Vereinbarungen über die Übernahme ihres Betriebs zu schließen, und beschreiben diese Regelungen in ihren Übergangsstrategien.

Zentralverwahrer, die ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreiben und einen Antrag auf Abschluss der in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten Vereinbarungen erhalten, antworten innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags. Der Zentralverwahrer, der das Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreibt, schließt die Vereinbarungen in diskriminierungsfreier Weise ab und kann eine angemessene Geschäftsgebühr auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten in Rechnung stellen. Er lehnt einen solchen Antrag nur ab, wenn er der Auffassung ist, dass die Vereinbarung das reibungslose und ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte beeinträchtigen oder ein Systemrisiko darstellen würden. Er lehnt einen Antrag nicht aufgrund möglicher Marktanteileinbußen ab. Lehnt er einen Antrag ab, unterrichtet er den Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur, der den Antrag gestellt hat, schriftlich über seine Gründe.

(10)   Die in den Absätzen 8 und 9 genannten Vereinbarungen müssen spätestens fünf Jahre ab dem Datum der Erteilung der besonderen Genehmigung in Kraft treten, oder zu einem früheren Zeitpunkt, wenn die zuständige Behörde dies verlangt, um einem Risiko einer vorzeitigen Beendigung der besonderen Genehmigung entgegenzuwirken.

Artikel 8

Besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF

(1)   Eine juristische Person, die gemäß der Richtlinie 2014/65/EU als Wertpapierfirma oder für den Betrieb eines geregelten Marktes zugelassen ist, kann eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF gemäß dieser Verordnung beantragen.

(2)   Beantragt eine juristische Person die Zulassung als Wertpapierfirma oder für den Betrieb eines geregelten Marktes im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU und beantragt sie zugleich eine besondere Genehmigung gemäß diesem Artikel zu dem einzigen Zweck, ein DLT-MTF zu betreiben, prüft die zuständige Behörde nicht, ob der Antragsteller die Anforderungen der Richtlinie 2014/65/EU erfüllt, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 4 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(3)   Beantragt eine juristische Person, wie in Absatz 2 dieses Artikels beschrieben, gleichzeitig die Zulassung als Wertpapierfirma, oder für den Betrieb eines geregelten Marktes, und eine besondere Genehmigung, so legt sie in ihrem Antrag die nach Artikel 7 der Richtlinie 2014/65/EU erforderlichen Informationen vor, mit Ausnahme von Informationen, die notwendig wären, um die Erfüllung der Anforderungen zu belegen, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 4 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(4)   Einem Antrag auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF gemäß dieser Verordnung sind folgende Informationen beizufügen:

a)

der Geschäftsplan des Antragstellers, die Regeln des DLT-MTF und die rechtlichen Bedingungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 sowie die Informationen über die Funktionsweise, die Dienstleistungen und die Tätigkeiten des DLT-MTF gemäß Artikel 7 Absatz 3;

b)

eine Beschreibung über die Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie gemäß Artikel 7 Absatz 2;

c)

eine Beschreibung über die allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen des Antragstellers gemäß Artikel 7 Absatz 4;

d)

einen Nachweis darüber, dass der Antragsteller für ausreichende aufsichtsrechtliche Sicherheitsvorkehrungen gesorgt hat, um seinen Verbindlichkeiten nachzukommen und seine Kunden zu entschädigen, wie in Artikel 7 Absatz 6 Unterabsatz 3 ausgeführt;

e)

gegebenenfalls eine Beschreibung der Strukturen für die Verwahrung der DLT-Finanzinstrumente für Kunden gemäß Artikel 7 Absatz 5;

f)

eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Gewährleistung des Anlegerschutzes sowie der Mechanismen für die Behandlung von Beschwerden von Verbrauchern und für Abhilfeverfahren gemäß Artikel 7 Absatz 6 Unterabsatz 2;

g)

die Übergangsstrategie des Antragstellers und

h)

Angaben zu den Ausnahmen, die der Antragsteller gemäß Artikel 4 beantragt, den Gründen für jede beantragte Ausnahme, den etwaigen vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen sowie den vorgesehenen Mitteln, um die an diese Ausnahmen geknüpften Bedingungen zu erfüllen.

(5)   Bis zum 23. März 2023 arbeitet die ESMA Leitlinien zur Festlegung von Standardformularen, Standardformaten und Mustertexten für die Zwecke von Absatz 4 aus.

(6)   Die zuständige Behörde prüft innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF, ob der Antrag vollständig ist. Ist der Antrag unvollständig, legt die zuständige Behörde eine Frist fest, innerhalb deren der Antragsteller die fehlenden oder etwaige zusätzliche Angaben vorlegen muss. Die zuständige Behörde informiert den Antragsteller, wenn sie den Antrag als vollständig erachtet.

Sobald die zuständige Behörde den Antrag für vollständig erachtet, übermittelt sie eine Kopie des Antrags an die ESMA.

(7)   Wenn dies zur Förderung der Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der Ausnahmen oder zur Gewährleistung des Anlegerschutzes, der Marktintegrität und der Finanzstabilität erforderlich ist, übermittelt die ESMA der zuständigen Behörde innerhalb von 30 Kalendertagen nach Eingang einer Kopie dieses Antrags eine unverbindliche Stellungnahme zu den vom Antragsteller beantragten Ausnahmen oder zur Angemessenheit der für die Zwecke dieser Verordnung verwendeten Art der Distributed-Ledger-Technologie.

Bevor die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme abgibt, konsultiert sie die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und trägt deren Standpunkten in ihrer Stellungnahme weitestgehend Rechnung.

Gibt die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme ab, so berücksichtigt die zuständige Behörde diese Stellungnahme gebührend und übermittelt der ESMA eine Erklärung zu etwaigen erheblichen Abweichungen von dieser Stellungnahme, wenn die ESMA darum ersucht. Die Stellungnahme der ESMA und die Erklärung der zuständigen Behörde werden nicht veröffentlicht.

(8)   Bis zum 24. März 2025 arbeitet die ESMA Leitlinien zur Förderung der Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der folgenden Elemente aus:

a)

den Betreibern von DLT-MTF in der gesamten Union erteilte Ausnahmen, auch im Zusammenhang mit der Bewertung der Angemessenheit der verschiedenen Arten von Distributed-Ledger-Technologien, die von den Betreibern von DLT-MTF für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden, und

b)

der Rückgriff auf die Option gemäß Artikel 3 Absatz 6.

Mit den Leitlinien werden der Anlegerschutz, die Marktintegrität und die Finanzstabilität gewährleistet.

Die ESMA aktualisiert die Leitlinien regelmäßig.

(9)   Die zuständige Behörde führt innerhalb von 90 Arbeitstagen nach Eingang eines vollständigen Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF eine Überprüfung des Antrags durch und entscheidet, ob die besondere Genehmigung erteilt wird. Beantragt der Antragsteller gleichzeitig eine Zulassung gemäß der Richtlinie 2014/65/EU und eine besondere Genehmigung gemäß dieser Verordnung, so kann der Bewertungszeitraum um einen weiteren Zeitraum bis zu dem in Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU genannten Zeitraum verlängert werden.

(10)   Unbeschadet der Artikel 7 und 44 der Richtlinie 2014/65/EU verweigert die zuständige Behörde eine besondere Genehmigung zum Betrieb eines DLT-MTF, wenn Gründe dafür vorliegen, Folgendes anzunehmen:

a)

Erhebliche Risiken für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität werden vom Antragsteller nicht angemessen angegangen und abgemildert;

b)

die besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-MTF und die beantragten Ausnahmen sollen dazu dienen, rechtliche oder regulatorische Anforderungen zu umgehen, oder

c)

der Betreiber des DLT-MTF wird nicht in der Lage sein, die geltenden Bestimmungen des Unionsrechts oder die Bestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, zu erfüllen, bzw. wird es seinen Nutzern nicht ermöglichen, diese Bestimmungen zu erfüllen.

(11)   Eine besondere Genehmigung gilt in der gesamten Union für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren ab dem Ausstellungsdatum. In der besonderen Genehmigung werden die gemäß Artikel 4 erteilten Ausnahmen, etwaige Ausgleichsmaßnahmen und niedrigere Schwellenwerte, die von der zuständigen Behörde gemäß Artikel 3 Absatz 6 festgelegt wurden, aufgeführt.

Die zuständige Behörde unterrichtet die ESMA unverzüglich über die Erteilung, die Verweigerung oder den Entzug einer besonderen Genehmigung gemäß diesem Artikel, einschließlich aller in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Informationen.

Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website:

a)

die Liste der DLT-MTF, das Anfangs- und Enddatum ihrer besonderen Genehmigungen, die Liste der für jedes dieser DLT-MTF erteilten Ausnahmen und die für jedes dieser DLT-MTF von den zuständigen Behörden festgelegten niedrigeren Schwellenwerte und

b)

die Gesamtzahl der nach Artikel 4 gestellten Anträge auf Ausnahmen mit Angabe der Anzahl und der Art der erteilten und der verweigerten Ausnahmen sowie der Begründung der Ablehnungen.

Die in Unterabsatz 3 Buchstabe b genannten Informationen werden anonym veröffentlicht.

(12)   Unbeschadet der Artikel 8 und 44 der Richtlinie 2014/65/EU entzieht die zuständige Behörde eine besondere Genehmigung oder damit verbundene Ausnahmen, wenn

a)

in der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder den vom Betreiber des DLT-MTF erbrachten Dienstleistungen und durchgeführten Tätigkeiten eine Schwachstelle entdeckt wurde, die ein Risiko für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität darstellt und das Risiko schwerer wiegt als die Vorteile der zu erprobenden Dienstleistungen und Tätigkeiten;

b)

der Betreiber des DLT-MTF gegen die Bedingungen verstoßen hat, die an die Ausnahmen geknüpft sind;

c)

der Betreiber des DLT-MTF Finanzinstrumente zum Handel zugelassen hat, die nicht die Bedingungen gemäß Artikel 3 Absatz 1 erfüllen;

d)

der Betreiber des DLT-MTF einen in Artikel 3 Absatz 2 festgelegten Schwellenwert überschritten hat;

e)

der Betreiber des DLT-MTF die in Artikel 3 Absatz 3 festgelegten Schwellenwerte überschritten und die Übergangsstrategie nicht aktiviert hat oder

f)

der Betreiber des DLT-MTF die besondere Genehmigung oder die damit verbundenen Ausnahmen auf der Grundlage irreführender Informationen oder einer wesentlichen Auslassung erhalten hat.

(13)   Beabsichtigt ein Betreiber eines DLT-MTF, eine wesentliche Änderung der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder der Dienstleistungen oder Tätigkeiten dieses Betreibers vorzunehmen, und erfordert diese wesentliche Änderung eine neue besondere Genehmigung, eine neue Ausnahme oder die Änderung einer oder mehrerer bestehender Ausnahmen des Betreibers oder von an eine Ausnahme geknüpften Bedingungen, so beantragt der Betreiber des DLT-MTF eine neue besondere Genehmigung, Ausnahme oder Änderung.

Beantragt ein Betreiber eines DLT-MTF eine neue besondere Genehmigung, Ausnahme oder Änderung, findet das Verfahren nach Artikel 4 Anwendung. Dieser Antrag wird von der zuständigen Behörde gemäß dem vorliegenden Artikel bearbeitet.

Artikel 9

Besondere Genehmigungen zum Betrieb von DLT-SS

(1)   Eine juristische Person, die gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 als Zentralverwahrer zugelassen ist, kann eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-SS gemäß der vorliegenden Verordnung beantragen.

(2)   Beantragt eine juristische Person die Zulassung als Zentralverwahrer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und beantragt sie zugleich eine besondere Genehmigung gemäß diesem Artikel zu dem einzigen Zweck, ein DLT-SS zu betreiben, prüft die zuständige Behörde nicht, ob der Antragsteller die Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erfüllt, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 5 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(3)   Beantragt eine juristische Person, wie in Absatz 2 dieses Artikels beschrieben, gleichzeitig die Zulassung als Zentralverwahrer und eine besondere Genehmigung, so legt sie in ihrem Antrag die Informationen nach Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 vor, mit Ausnahme von Informationen, die notwendig wären, um die Erfüllung der Anforderungen zu belegen, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 5 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(4)   Einem Antrag auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-SS gemäß dieser Verordnung sind folgende Informationen beizufügen:

a)

der Geschäftsplan des Antragstellers, die Regeln des DLT-SS und die rechtlichen Bedingungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 sowie die Informationen über die Funktionsweise, die Dienstleistungen und die Tätigkeiten des DLT-SS gemäß Artikel 7 Absatz 3;

b)

eine Beschreibung der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie gemäß Artikel 7 Absatz 2;

c)

eine Beschreibung der allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen des Antragstellers gemäß Artikel 7 Absatz 4;

d)

ein Nachweis darüber, dass der Antragsteller für ausreichende aufsichtsrechtliche Sicherheitsvorkehrungen gesorgt hat, um seinen Verbindlichkeiten nachzukommen und seine Kunden zu entschädigen, wie in Artikel 7 Absatz 6 Unterabsatz 3 ausgeführt;

e)

gegebenenfalls eine Beschreibung der Strukturen für die Verwahrung der DLT-Finanzinstrumente für Kunden gemäß Artikel 7 Absatz 5;

f)

eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Gewährleistung des Anlegerschutzes sowie der Mechanismen für die Behandlung von Beschwerden von Verbrauchern und für Abhilfeverfahren für Verbraucher gemäß Artikel 7 Absatz 6 Unterabsatz 2;

g)

die Übergangsstrategie des Antragstellers;

h)

Angaben zu den Ausnahmen, die der Antragsteller gemäß Artikel 5 beantragt, den Gründen für jede beantragte Ausnahme, den etwaigen vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen sowie den Mitteln, durch die er beabsichtig, die an diese Ausnahmen geknüpften Bedingungen zu erfüllen.

(5)   Bis zum 23. März 2023 arbeitet die ESMA Leitlinien zur Festlegung von Standardformularen, Standardformaten und Mustertexten für die Zwecke von Absatz 4 aus.

(6)   Die zuständige Behörde prüft innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-SS, ob der Antrag vollständig ist. Ist der Antrag unvollständig, legt die zuständige Behörde eine Frist fest, innerhalb deren der Antragsteller die fehlenden oder etwaige zusätzliche Angaben vorlegen muss. Die zuständige Behörde informiert den Antragsteller, wenn sie den Antrag als vollständig erachtet.

Sobald die zuständige Behörde den Antrag für vollständig erachtet, übermittelt sie eine Kopie dieses Antrags an:

a)

die ESMA und

b)

die in Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten betreffenden Behörden.

(7)   Wenn dies zur Förderung der Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der Ausnahmen oder zur Gewährleistung des Anlegerschutzes, der Marktintegrität und der Finanzstabilität erforderlich ist, übermittelt die ESMA der zuständigen Behörde innerhalb von 30 Kalendertagen nach Eingang einer Kopie dieses Antrags eine unverbindliche Stellungnahme zu den beantragten Ausnahmen oder zur Angemessenheit der für die Zwecke dieser Verordnung verwendeten Art der Distributed-Ledger-Technologie.

Bevor die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme abgibt, konsultiert sie die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und trägt deren Standpunkten in ihrer Stellungnahme weitestgehend Rechnung.

Gibt die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme ab, so berücksichtigt die zuständige Behörde diese Stellungnahme gebührend und übermittelt der ESMA eine Erklärung zu etwaigen erheblichen Abweichungen von dieser Stellungnahme, wenn die ESMA darum ersucht. Die Stellungnahme der ESMA und die Erklärung der zuständigen Behörde werden nicht veröffentlicht.

Die in Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten betreffenden Behörden übermitteln der zuständigen Behörde innerhalb von 30 Kalendertagen nach Eingang einer Kopie dieses Antrags eine unverbindliche Stellungnahme zu den Merkmalen des vom Antragsteller betriebenen DLT-SS.

(8)   Bis zum 24. März 2025 arbeitet die ESMA Leitlinien zur Förderung der Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der folgenden Elemente aus:

a)

den Zentralverwahrern, die DLT-SS betreiben, in der gesamten Union erteilte Ausnahmen, auch im Zusammenhang mit der Bewertung der Angemessenheit der verschiedenen Arten von Distributed-Ledger-Technologien, die von den Marktbetreibern für die Zwecke dieser Verordnung verwendet werden, und

b)

der Rückgriff auf die Option gemäß Artikel 3 Absatz 6.

Mit den Leitlinien werden der Anlegerschutz, die Marktintegrität und die Finanzstabilität gewährleistet.

Die ESMA aktualisiert diese Leitlinien regelmäßig.

(9)   Innerhalb von 90 Arbeitstagen nach Eingang eines vollständigen Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-SS, führt die zuständige Behörde eine Überprüfung des Antrags durch und entscheidet, ob die besondere Genehmigung erteilt wird. Beantragt der Antragsteller gleichzeitig eine Zulassung als Zentralverwahrer gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und eine besondere Genehmigung nach dieser Verordnung, so kann der Bewertungszeitraum um einen weiteren Zeitraum bis zu dem in Artikel 17 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten Zeitraum verlängert werden.

(10)   Unbeschadet des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 verweigert die zuständige Behörde dem Antragsteller eine besondere Genehmigung zum Betrieb eines DLT-SS, wenn Gründe dafür vorliegen, Folgendes anzunehmen:

a)

Erhebliche Risiken für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität werden vom Antragsteller nicht angemessen angegangen und abgemildert;

b)

die besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-SS und die beantragten Ausnahmen sollen dazu dienen, rechtliche oder regulatorische Anforderungen zu umgehen, oder

c)

der Zentralverwahrer wird nicht in der Lage sein, die geltenden Bestimmungen des Unionsrechts oder die Bestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, zu erfüllen, bzw. wird es seinen Nutzern nicht ermöglichen, diese Bestimmungen zu erfüllen.

(11)   Eine besondere Genehmigung gilt in der gesamten Union für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren ab dem Ausstellungsdatum. In der besonderen Genehmigung werden die gemäß Artikel 5 erteilten Ausnahmen, etwaige Ausgleichsmaßnahmen und niedrigere Schwellenwerte, die von der zuständigen Behörde gemäß Artikel 3 Absatz 6 festgelegt wurden, aufgeführt.

Die zuständige Behörde unterrichtet die ESMA und die in Absatz 7 dieses Artikels genannten betreffenden Behörden unverzüglich über die Erteilung, die Verweigerung oder den Entzug einer besonderen Genehmigung gemäß diesem Artikel, einschließlich aller in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Informationen.

Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website:

a)

die Liste der DLT-SS, das Anfangs- und Enddatum ihrer besonderen Genehmigungen, die Liste der für jedes dieser DLT-SS erteilten Ausnahmen und die für jedes dieser DLT-SS von den zuständigen Behörden festgelegten niedrigeren Schwellenwerte und

b)

die Gesamtzahl der nach Artikel 5 gestellten Anträge auf Ausnahmen mit Angabe der Anzahl und der Art der erteilten und der verweigerten Ausnahmen sowie der Begründung der Ablehnungen.

Die in Unterabsatz 3 Buchstabe b genannten Informationen werden anonym veröffentlicht.

(12)   Unbeschadet von Artikel 20 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 entzieht die zuständige Behörde eine besondere Genehmigung oder alle damit verbundenen Ausnahmen, wenn

a)

in der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder den vom Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, erbrachten Dienstleistungen und durchgeführten Tätigkeiten eine Schwachstelle entdeckt wurde, die ein Risiko für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität darstellt und das Risiko schwerer wiegt als die Vorteile der zu erprobenden Dienstleistungen und Tätigkeiten;

b)

der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, gegen die Bedingungen verstoßen hat, die an die Ausnahmen geknüpft sind;

c)

der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, Finanzinstrumente zum Handel verbucht hat, die nicht die Bedingungen gemäß Artikel 3 Absatz 1 erfüllen;

d)

der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, einen in Artikel 3 Absatz 2 festgelegten Schwellenwert überschritten hat;

e)

der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, den in Artikel 3 Absatz 3 genannten Schwellenwert überschritten und die Übergangsstrategie nicht aktiviert hat, oder

f)

der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, die besondere Genehmigung oder die damit verbundenen Ausnahmen auf der Grundlage irreführender Informationen oder einer wesentlichen Auslassung erhalten hat.

(13)   Beabsichtigt ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, eine wesentliche Änderung der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder der Dienstleistungen oder Tätigkeiten dieses Zentralverwahrers vorzunehmen, und erfordert diese wesentliche Änderung eine neue besondere Genehmigung, eine neue Ausnahme oder die Änderung einer oder mehrerer bestehender Ausnahmen des Zentralverwahrers oder von an eine Ausnahme geknüpften Bedingungen, so beantragt der Zentralverwahrer, der das DLT-SS betreibt, eine neue besondere Genehmigung, Ausnahme oder Änderung.

Beantragt ein Zentralverwahrer, der ein DLT-SS betreibt, eine neue Genehmigung, Ausnahme oder Änderung, findet das Verfahren nach Artikel 5 Anwendung. Dieser Antrag wird von der zuständigen Behörde gemäß dem vorliegenden Artikel bearbeitet.

Artikel 10

Besondere Genehmigungen zum Betrieb von DLT-TSS

(1)   Eine juristische Person, die gemäß der Richtlinie 2014/65/EU als Wertpapierfirma oder für den Betrieb eines geregelten Marktes zugelassen ist oder gemäß der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 als Zentralverwahrer zugelassen ist, kann eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS gemäß der vorliegenden Verordnung beantragen.

(2)   Beantragt eine juristische Person die Zulassung als Wertpapierfirma oder für den Betrieb eines geregelten Marktes im Sinne der Richtlinie 2014/65/EU oder als Zentralverwahrer im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und beantragt sie zugleich eine besondere Genehmigung gemäß diesem Artikel zu dem einzigen Zweck, ein DLT-TSS zu betreiben, prüft die zuständige Behörde nicht, ob der Antragsteller die Anforderungen der Richtlinie 2014/65/EU oder die der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erfüllt, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 6 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(3)   Beantragt eine juristische Person, wie in Absatz 2 des vorliegenden Artikels beschrieben, gleichzeitig die Zulassung als Wertpapierfirma oder für den Betrieb eines geregelten Marktes oder als Zentralverwahrer und eine besondere Genehmigung, so legt sie in ihrem Antrag die nach Artikel 7 der Richtlinie 2014/65/EU bzw. Artikel 17 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erforderlichen Informationen vor, mit Ausnahme von Informationen, die notwendig wären, um die Erfüllung der Anforderungen zu belegen, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß Artikel 6 der vorliegenden Verordnung beantragt hat.

(4)   Ein Antrag auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS gemäß dieser Verordnung muss folgende Informationen enthalten:

a)

der Geschäftsplan des Antragstellers, die Regeln des DLT-TSS und die rechtlichen Bedingungen gemäß Artikel 7 Absatz 1 sowie die Informationen über die Funktionsweise, die Dienstleistungen und die Tätigkeiten des DLT-TSS gemäß Artikel 7 Absatz 3;

b)

eine Beschreibung der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie gemäß Artikel 7 Absatz 2;

c)

eine Beschreibung der allgemeinen IT- und Cyber-Strukturen des Antragstellers gemäß Artikel 7 Absatz 4;

d)

ein Nachweis darüber, dass der Antragsteller für ausreichende aufsichtsrechtliche Sicherheitsvorkehrungen gesorgt hat, um seinen Verbindlichkeiten nachzukommen und seine Kunden zu entschädigen, wie in Artikel 7 Absatz 6 ausgeführt;

e)

gegebenenfalls eine Beschreibung der Strukturen für die Verwahrung der DLT-Finanzinstrumente für Kunden gemäß Artikel 7 Absatz 5;

f)

eine Beschreibung der Vorkehrungen zur Gewährleistung des Anlegerschutzes sowie der Mechanismen für die Behandlung von Beschwerden von Verbrauchern und für Abhilfeverfahren für Verbraucher gemäß Artikel 7 Absatz 6 Unterabsatz 2;

g)

die Übergangsstrategie des Antragstellers und

h)

Angaben zu den Ausnahmen, die der Antragsteller gemäß Artikel 6 beantragt, den Gründen für jede beantragte Ausnahme, den etwaigen vorgeschlagenen Ausgleichsmaßnahmen sowie den vorgesehenen Mitteln, um die an diese Ausnahmen geknüpften Bedingungen zu erfüllen.

(5)   Zusätzlich zu den in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannten Informationen übermittelt ein Antragsteller, der beabsichtigt, ein DLT-TSS als Wertpapierfirma oder Marktbetreiber zu betreiben, die Informationen darüber, wie er die in Artikel 6 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung genannten geltenden Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 zu erfüllen gedenkt, mit Ausnahme von Informationen, die notwendig wären, um die Erfüllung der Anforderungen zu belegen, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß dem genannten Artikel beantragt hat.

Zusätzlich zu den in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannten Informationen legt ein Antragsteller, der beabsichtigt, ein DLT-TSS als Zentralverwahrer zu betreiben, die Informationen darüber vor, wie er die in Artikel 6 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung genannten geltenden Anforderungen der Richtlinie 2014/65/EU zu erfüllen gedenkt, mit Ausnahme von Informationen, die notwendig wären, um die Erfüllung der Anforderungen zu belegen, für die der Antragsteller eine Ausnahme gemäß dem genannten Artikel beantragt hat.

(6)   Bis zum 23. März 2023 arbeitet die ESMA Leitlinien zur Festlegung von Standardformularen, Standardformaten und Mustertexten für die Zwecke von Absatz 4 aus.

(7)   Die zuständige Behörde prüft innerhalb von 30 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS, ob der Antrag vollständig ist. Ist der Antrag unvollständig, legt die zuständige Behörde eine Frist fest, innerhalb deren der Antragsteller die fehlenden oder etwaige zusätzliche Angaben vorlegen muss. Die zuständige Behörde informiert den Antragsteller, wenn sie den Antrag als vollständig erachtet.

Sobald die zuständige Behörde den Antrag für vollständig erachtet, übermittelt sie eine Kopie des Antrags an

a)

die ESMA und

b)

die in Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten betreffenden Behörden.

(8)   Wenn dies zur Förderung der Kohärenz und Verhältnismäßigkeit der Ausnahmen oder zur Gewährleistung des Anlegerschutzes, der Marktintegrität und der Finanzstabilität erforderlich ist, übermittelt die ESMA der zuständigen Behörde innerhalb von 30 Kalendertagen nach Eingang einer Kopie dieses Antrags eine unverbindliche Stellungnahme zu den beantragten Ausnahmen oder zur Angemessenheit der für die Zwecke dieser Verordnung verwendeten Art der Distributed-Ledger-Technologie.

Bevor die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme abgibt, konsultiert sie die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und trägt deren Standpunkten in ihrer Stellungnahme weitestgehend Rechnung.

Gibt die ESMA eine unverbindliche Stellungnahme ab, so berücksichtigt die zuständige Behörde diese Stellungnahme gebührend und übermittelt der ESMA eine Erklärung zu etwaigen erheblichen Abweichungen von dieser Stellungnahme, wenn die ESMA darum ersucht. Die Stellungnahme der ESMA und die Erklärung der zuständigen Behörde werden nicht veröffentlicht.

Die in Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten betreffenden Behörden übermitteln der zuständigen Behörde innerhalb von 30 Kalendertagen nach Eingang einer Kopie dieses Antrags eine unverbindliche Stellungnahme zu den Merkmalen des vom Antragsteller betriebenen DLT-TSS.

(9)   Die zuständige Behörde führt innerhalb von 90 Arbeitstagen nach Eingang eines vollständigen Antrags auf eine besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS eine Überprüfung des Antrags durch und entscheidet, ob die besondere Genehmigung erteilt wird. Beantragt der Antragsteller gleichzeitig eine Zulassung gemäß der Richtlinie 2014/65/EU oder der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und eine besondere Genehmigung nach diesem Artikel, so kann der Bewertungszeitraum um einen weiteren Zeitraum bis zu dem in Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU bzw. Artikel 17 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten Zeitraum verlängert werden.

(10)   Unbeschadet der Artikel 7 und 44 der Richtlinie 2014/65/EU und des Artikels 17 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 verweigert die zuständige Behörde eine besondere Genehmigung zum Betrieb eines DLT-TSS, wenn Gründe dafür vorliegen, Folgendes anzunehmen

a)

erhebliche Risiken für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität bestehen, die vom Antragsteller nicht angemessen angegangen und abgemildert werden;

b)

die besondere Genehmigung für den Betrieb eines DLT-TSS und die beantragten Ausnahmen dazu dienen sollen, rechtliche oder regulatorische Anforderungen zu umgehen, oder

c)

der Betreiber des DLT-TSS nicht in der Lage sein wird, die geltenden Bestimmungen des Unionsrechts oder die Bestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, zu erfüllen, bzw. es seinen Nutzern nicht ermöglichen wird, diese Bestimmungen zu erfüllen.

(11)   Eine besondere Genehmigung gilt in der gesamten Union für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren ab dem Ausstellungsdatum. In der besonderen Genehmigung sind die gemäß Artikel 6 erteilten Ausnahmen, etwaige Ausgleichsmaßnahmen und niedrigere Schwellenwerte, die von der zuständigen Behörde gemäß Artikel 3 Absatz 6 festgelegt wurden, anzugeben.

Die zuständige Behörde unterrichtet die ESMA und die in Artikel 12 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 genannten betreffenden Behörden unverzüglich über die Erteilung, die Verweigerung oder den Entzug einer besonderen Genehmigung gemäß diesem Artikel, einschließlich aller in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten Informationen.

Die ESMA veröffentlicht auf ihrer Website

a)

die Liste der DLT-TSS, das Anfangs- und Enddatum ihrer besonderen Genehmigungen, die Liste der für jedes dieser DLT-TSS erteilten Ausnahmen und die für jedes dieser DLT-TSS von den zuständigen Behörden festgelegten niedrigeren Schwellenwerte und

b)

die Gesamtzahl der nach Artikel 6 gestellten Anträge auf Ausnahmen mit Angabe der Anzahl und der Art der erteilten und der verweigerten Ausnahmen sowie der Begründung der Ablehnungen.

Die in Unterabsatz 3 Buchstabe b genannten Informationen werden anonym veröffentlicht.

(12)   Unbeschadet der Artikel 8 und 44 der Richtlinie 2014/65/EU und des Artikels 20 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 entzieht die zuständige Behörde eine besondere Genehmigung oder alle damit verbundenen Ausnahmen, wenn

a)

in der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder den vom Betreiber des DLT-TSS erbrachten Dienstleistungen und durchgeführten Tätigkeiten eine Schwachstelle entdeckt wurde, die ein Risiko für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität darstellt und das Risiko schwerer wiegt als die Vorteile der zu erprobenden Dienstleistungen und Tätigkeiten;

b)

der Betreiber des DLT-TSS gegen die Bedingungen verstoßen hat, die an die Ausnahmen geknüpft sind;

c)

der Betreiber des DLT-TSS Finanzinstrumente zum Handel zugelassen oder verbucht hat, die nicht die Bedingungen gemäß Artikel 3 Absatz 1 erfüllen;

d)

der Betreiber des DLT-TSS einen in Artikel 3 Absatz 2 festgelegten Schwellenwert überschritten hat;

e)

der Betreiber des DLT-TSS den in Artikel 3 Absatz 3 genannten Schwellenwert überschritten und die Übergangsstrategie nicht aktiviert hat oder

f)

der Betreiber des DLT-TSS die besondere Genehmigung oder die damit verbundenen Ausnahmen auf der Grundlage irreführender Informationen oder einer wesentlichen Auslassung erhalten hat.

(13)   Beabsichtigt ein Betreiber eines DLT-TSS, eine wesentliche Änderung der Funktionsweise der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie oder der Dienstleistungen oder Tätigkeiten dieses Betreibers vorzunehmen, und erfordert diese wesentliche Änderung eine neue besondere Genehmigung, eine neue Ausnahme oder die Änderung einer oder mehrerer bestehender Ausnahmen des Betreibers oder von an eine Ausnahme geknüpften Bedingungen, so beantragt der Betreiber des DLT-TSS eine neue besondere Genehmigung, Ausnahme oder Änderung.

Beantragt ein Betreiber eines DLT-TSS eine neue Genehmigung, Ausnahme oder Änderung, findet das Verfahren nach Artikel 6 Anwendung. Dieser Antrag wird von der zuständigen Behörde gemäß diesem Artikel bearbeitet.

Artikel 11

Zusammenarbeit zwischen Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen, zuständigen Behörden und der ESMA

(1)   Unbeschadet der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 und der Richtlinie 2014/65/EU arbeiten die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen mit den zuständigen Behörden zusammen.

Insbesondere benachrichtigen die Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen ihre zuständigen Behörden unverzüglich, sobald sie Kenntnis von einem der nachstehend aufgeführten Sachverhalte erlangen:

a)

bei einer geplanten wesentlichen Änderung des Geschäftsplans, einschließlich der kritischen Mitarbeiter, der Regeln der DLT-Marktinfrastruktur und der rechtlichen Bedingungen;

b)

bei Hinweisen auf unbefugten Zugriff, wesentliche Fehlfunktionen, Verlust, Cyber-Angriffe oder andere Cyber-Bedrohungen, Betrug, Diebstahl oder anderes schwerwiegendes Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur;

c)

bei einer wesentlichen Änderung der Informationen, die der zuständigen Behörde zur Verfügung gestellt wurden;

d)

bei technischen oder betrieblichen Schwierigkeiten bei der Durchführung der Tätigkeiten oder Erbringung der Dienstleistungen, die der besonderen Genehmigung unterliegen, unter anderem bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Entwicklung oder Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie und der DLT-Finanzinstrumente; oder

e)

bei Risiken für den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität, die sich ergeben haben und die in dem Antrag auf Erteilung der besonderen Genehmigung oder zum Zeitpunkt der Erteilung der besonderen Genehmigung nicht vorhergesehen wurden.

Änderungen gemäß Unterabsatz 2 Buchstabe a sind mindestens vier Monate vor der geplanten Änderung mitzuteilen, ungeachtet dessen, ob die vorgeschlagene wesentliche Änderung eine Änderung der besonderen Genehmigung oder der damit verbundenen Ausnahmen oder Bedingungen gemäß Artikel 8, 9 oder 10 erfordert.

Werden der zuständigen Behörde Sachverhalte im Sinne von Unterabsatz 2 Buchstaben a bis e mitgeteilt, kann sie vom Betreiber der betreffenden DLT-Infrastruktur verlangen, einen Antrag gemäß Artikel 8 Absatz 13, Artikel 9 Absatz 13 oder Artikel 10 Absatz 13 zu stellen, oder vom Betreiber der betreffenden DLT-Marktinfrastruktur verlangen, alle erforderlichen Abhilfemaßnahmen gemäß Absatz 3 ergreifen.

(2)   Der Betreiber der DLT-Marktinfrastrukturen stellt der zuständigen Behörde alle relevanten Informationen zur Verfügung, die sie benötigt.

(3)   Die zuständige Behörde kann Abhilfemaßnahmen in Bezug auf den Geschäftsplan des Betreibers der DLT-Marktinfrastruktur, die Regeln der DLT-Marktinfrastruktur und die rechtlichen Bedingungen verlangen, um Anlegerschutz, Marktintegrität oder Finanzstabilität zu gewährleisten. Der Betreiber der DLT-Marktinfrastruktur berichtet in seinen Berichten gemäß Absatz 4 über die Umsetzung der von der zuständigen Behörde geforderten Abhilfemaßnahmen.

(4)   Alle sechs Monate ab dem Tag der Erteilung der besonderen Genehmigung übermittelt der Betreiber einer DLT-Marktinfrastruktur der zuständigen Behörde einen Bericht. Dieser Bericht enthält unter anderem Folgendes:

a)

eine Zusammenfassung der in Absatz 1 Unterabsatz 2 aufgeführten Informationen;

b)

die Anzahl und den Wert der DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel über das DLT-MTF oder DLT-TSS zugelassen wurden, und die Anzahl und den Wert der DLT-Finanzinstrumente, die vom Betreiber des DLT-SS oder DLT-TSS verbucht wurden;

c)

die Anzahl und den Wert der Transaktionen, die über das DLT-MTF oder DLT-TSS gehandelt und vom Betreiber des DLT-SS oder DLT-TSS abgewickelt wurden;

d)

eine mit Gründen versehene Bewertung etwaiger Schwierigkeiten bei der Anwendung der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen oder des nationalen Rechts und

e)

alle Maßnahmen zur Umsetzung der an die Ausnahmen geknüpften Bedingungen oder von etwaigen von der zuständigen Behörde geforderten Ausgleichs- oder Abhilfemaßnahmen.

(5)   Die ESMA fungiert als Koordinator zwischen den zuständigen Behörden, um ein gemeinsames Verständnis der Distributed-Ledger-Technologie und von DLT-Marktinfrastrukturen zu entwickeln, eine gemeinsame Aufsichtskultur einzuführen und die Aufsichtspraktiken einander anzunähern und somit für eine kohärente Vorgehensweise und einheitliche Aufsichtsergebnisse zu sorgen.

Die zuständigen Behörden übermitteln der ESMA rechtzeitig die Informationen und Berichte, die sie von Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen gemäß den Absätzen 1, 2 und 4 dieses Artikels erhalten haben, und unterrichten die ESMA über alle gemäß Absatz 3 dieses Artikels ergriffenen Maßnahmen.

Die ESMA informiert die zuständigen Behörden regelmäßig über

a)

die gemäß Absatz 4 dieses Artikels übermittelten Berichte;

b)

die besonderen Genehmigungen und Ausnahmen, die gemäß dieser Verordnung erteilt wurden, sowie die an die Ausnahmen geknüpften Bedingungen;

c)

jede Weigerung einer zuständigen Behörde, eine besondere Genehmigung oder eine Ausnahme zu erteilen, jeden Entzug einer besonderen Genehmigung oder Ausnahme und jede Einstellung der Geschäftstätigkeit durch eine DLT-Marktinfrastruktur.

(6)   Die ESMA beobachtet die Anwendung der besonderen Genehmigungen und aller damit verbundenen Ausnahmen und Bedingungen sowie alle von den zuständigen Behörden geforderten Ausgleichs- oder Abhilfemaßnahmen. Die ESMA legt der Kommission jährlich einen Bericht über die Anwendungen dieser besonderen Genehmigungen, Ausnahmen, Bedingungen und Ausgleichs- oder Abhilfemaßnahmen in der Praxis vor.

Artikel 12

Benennung der zuständigen Behörden

(1)   Die für eine Wertpapierfirma, die ein DLT-MTF oder DLT-TSS betreibt, zuständige Behörde ist die durch den Mitgliedstaat, der gemäß Artikel 4 Absatz 1 Nummer 55 Buchstabe a Ziffern ii und iii der Richtlinie 2014/65/EU bestimmt wurde, benannte zuständige Behörde;

(2)   Die für einen Marktbetreiber, der ein DLT-MTF oder DLT-TSS betreibt, zuständige Behörde ist die durch den Mitgliedstaat, in dem der satzungsmäßige Sitz des Marktbetreibers, der ein DLT-MTF oder DLT-TSS betreibt, sich befindet, oder — sofern er nach dem Recht dieses Mitgliedstaats dort keinen satzungsmäßigen Sitz unterhält — den Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptverwaltung des Marktbetreibers der ein DLT-MTF oder DLT-TSS betreibt, befindet, benannte zuständige Behörde;

(3)   Die für einen Zentralverwahrer, der ein DLT-SS oder DLT-TSS betreibt, zuständige Behörde ist die durch den Mitgliedstaat, der gemäß Artikel 2 Absatz 1 Ziffer 23 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 bestimmt wurde, benannte zuständige Behörde.

Artikel 13

Mitteilung der zuständigen Behörden

Die Mitgliedstaaten teilen der ESMA und der Kommission ihre zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Nummer 21 Buchstabe c mit. Die ESMA veröffentlicht eine Liste dieser zuständigen Behörden auf ihrer Website.

Artikel 14

Berichterstattung und Überprüfung

(1)   Bis zum 24. März 2026 legt die ESMA der Kommission einen Bericht über Folgendes vor:

a)

die Funktionsweise der DLT-Marktinfrastrukturen in der gesamten Union;

b)

die Anzahl der DLT-Marktinfrastrukturen;

c)

die Arten der von den DLT-Marktinfrastrukturen beantragten Ausnahme und die Arten der erteilten Ausnahme;

d)

die Anzahl und den Wert der DLT-Finanzinstrumente, die zum Handel zugelassen wurden und die auf DLT-Marktinfrastrukturen verbucht wurden;

e)

die Anzahl und den Wert der Transaktionen, die über DLT-Marktinfrastrukturen gehandelt oder abgewickelt wurden;

f)

die Arten der verwendeten Distributed-Ledger-Technologie und technische Aspekte im Zusammenhang mit der Verwendung von Distributed-Ledger-Technologie, einschließlich der in Artikel 11 Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe b genannten Sachverhalte, und die Auswirkungen der Nutzung von Distributed-Ledger-Technologie auf die klimapolitischen Ziele der Union;

g)

die von Betreibern eines DLT-SS oder DLT-TSS gemäß Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b eingerichteten Verfahren;

h)

etwaige Risiken, Schwachstellen und Ineffizienzen in Bezug auf den Anlegerschutz, die Marktintegrität oder die Finanzstabilität, die mit dem Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie verbunden sind, einschließlich sämtlicher neuen Arten von rechtlichen, systemischen und operationellen Risiken, denen im Rahmen der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen nicht ausreichend begegnet wird, sowie sämtlicher weiteren unbeabsichtigten Auswirkungen auf Liquidität, Volatilität, Anlegerschutz, Marktintegrität oder Finanzstabilität;

i)

Risiken von Aufsichtsarbitrage oder Probleme in Bezug auf gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen DLT-Marktinfrastrukturen innerhalb der in dieser Verordnung vorgesehenen Pilotregelung und zwischen DLT-Marktinfrastrukturen und anderen Marktinfrastrukturen, die bereits vorhandene Systeme verwenden;

j)

etwaige Probleme bezüglich der Interoperabilität zwischen DLT-Marktinfrastrukturen und anderen Infrastrukturen, die bereits vorhandene Systeme verwenden;

k)

sämtliche sich aus dem Einsatz einer Distributed-Ledger-Technologie ergebenden Vorteile und Kosten im Hinblick auf zusätzliche Liquidität und Finanzierung für Start-up-Unternehmen und kleine und mittlere Unternehmen, mehr Sicherheit und Effizienz, Energieeinsparungen und Risikominderung in der gesamten Handels- und Nachhandelskette, unter anderem in Bezug auf die Einbuchung und Verwahrung von DLT-Finanzinstrumenten, die Rückverfolgbarkeit von Transaktionen und die bessere Einhaltung von Verfahren zur Legitimationsprüfung („Know your customer“) und zur Bekämpfung von Geldwäsche, Kapitalmaßnahmen und die unmittelbare Wahrnehmung von Anlegerrechten mithilfe intelligenter Verträge, Berichts- und Aufsichtsfunktionen auf Ebene der DLT-Marktinfrastruktur;

l)

jede Weigerung besondere Genehmigungen oder Ausnahmen zu erteilen, sowie Änderungen oder Entzüge dieser besonderen Genehmigungen oder Ausnahmen sowie von Ausgleichs- oder Abhilfemaßnahmen;

m)

jede Einstellung der Geschäftstätigkeit durch eine DLT-Marktinfrastruktur und die Gründe für diesen Schritt;

n)

die Angemessenheit der in Artikel 3 und in Artikel 5 Absatz 8 festgelegten Schwellenwerte, einschließlich der potenziellen Auswirkungen einer Erhöhung dieser Schwellenwerte unter Berücksichtigung insbesondere systemischer Erwägungen und verschiedener Arten von Distributed-Ledger-Technologien;

o)

eine Gesamtbewertung der Kosten und der Vorteile der in dieser Verordnung vorgesehenen Pilotregelung sowie eine Empfehlung zur der Frage, ob und unter welchen Bedingungen diese Pilotregelung fortgeführt werden soll.

(2)   Auf der Grundlage des in Absatz 1 genannten Berichts legt die Kommission innerhalb von drei Monaten nach Erhalt dieses Berichts dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor. Dieser Bericht enthält eine Kosten-Nutzen-Analyse dahin gehend, ob die Pilotregelung im Rahmen dieser Verordnung

a)

um einen weiteren Zeitraum von bis zu drei Jahren verlängert werden sollte;

b)

auf andere Arten von Finanzinstrumenten ausgedehnt werden sollte, die mittels einer Distributed-Ledger-Technologie emittiert, verbucht, übertragen oder gespeichert werden können;

c)

geändert werden sollte;

d)

durch geeignete Änderungen der einschlägigen Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen dauerhaft eingeführt werden sollte oder

e)

einschließlich aller besonderen Genehmigungen, die gemäß dieser Verordnung erteilt wurden, beendet werden sollte.

In ihrem Bericht kann die Kommission geeignete Änderungen des Rechtsrahmens der Union für Finanzdienstleistungen oder eine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften vorschlagen, die den Einsatz der Distributed-Ledger-Technologie im Finanzsektor erleichtern würden; ferner kann sie Maßnahmen vorschlagen, die erforderlich sind, um den Ausstieg von DLT-Marktinfrastrukturen aus der in dieser Verordnung vorgesehenen Pilotregelung zu erleichtern.

Wird diese Pilotregelung gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe a des vorliegenden Absatzes um einen weiteren Zeitraum verlängert, ersucht die Kommission die ESMA, spätestens drei Monate vor Ablauf des Verlängerungszeitraums einen zusätzlichen Bericht gemäß Absatz 1 vorzulegen. Nach Erhalt dieses Berichts legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen zusätzlichen Bericht gemäß diesem Absatz vor.

Artikel 15

Zwischenberichte

Die ESMA veröffentlicht jährliche Zwischenberichte, um den Marktteilnehmern Informationen über die Funktionsweise der Märkte zur Verfügung zu stellen, Fehlverhalten von Betreibern von DLT-Marktinfrastrukturen anzugehen, Erläuterungen zur Anwendung dieser Verordnung zu geben und frühere Angaben auf der Grundlage der Entwicklung der Distributed-Ledger-Technologie zu aktualisieren. Diese Berichte enthalten zudem eine allgemeine Beschreibung der Anwendung der in dieser Verordnung vorgesehenen Pilotregelung, wobei der Schwerpunkt auf Entwicklungen und aufkommenden Risiken liegt, und werden dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission übermittelt. Der erste Bericht wird bis zum 24. März 2024 veröffentlicht.

Artikel 16

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 600/2014

Artikel 54 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 erhält folgende Fassung:

„Wenn die Kommission zu der Einschätzung gelangt, dass börsengehandelte Derivate nicht gemäß Artikel 52 Absatz 12 vom Anwendungsbereich der Artikel 35 und 36 ausgenommen werden müssen, kann eine zentrale Gegenpartei oder ein Handelsplatz vor 22. Juni 2022 bei der zuständigen Behörde Antrag auf Inanspruchnahme von Übergangsregelungen stellen. Aufgrund der Risiken für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der zentralen Gegenpartei oder des Handelsplatzes, die sich durch Inanspruchnahme der Zugangsrechte nach Artikel 35 oder 36 bei börsengehandelten Derivaten ergeben, kann die zuständige Behörde entscheiden, dass Artikel 35 oder 36 bei börsengehandelten Derivaten für diese zentrale Gegenpartei oder diesen Handelsplatz für einen Übergangszeitraum bis zum 3. Juli 2023 nicht zur Anwendung kommt. Wenn die zuständige Behörde beschließt, einen solchen Übergangszeitraum zu genehmigen, darf die zentrale Gegenpartei oder der Handelsplatz die Zugangsrechte nach Artikel 35 oder 36 bei börsengehandelten Derivaten innerhalb des Übergangszeitraums nicht in Anspruch nehmen. Die zuständige Behörde unterrichtet die ESMA und im Fall einer zentralen Gegenpartei das Kollegium der zuständigen Behörden für diese zentrale Gegenpartei, wenn sie einen Übergangszeitraum genehmigt hat.“

Artikel 17

Änderung der Verordnung (EU) Nr. 909/2014

Artikel 76 Absatz 5 Unterabsatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 909/2014 erhält folgende Fassung:

„Jede der in Artikel 7 Absätze 1 bis 13 genannten Maßnahmen zur Abwicklungsdisziplin gilt ab dem Datum der Anwendung, das für jede Maßnahme zur Abwicklungsdisziplin in dem von der Kommission gemäß Artikel 7 Absatz 15 erlassenen delegierten Rechtsakt angegeben ist.“

Artikel 18

Änderungen der Richtlinie 2014/65/EU

Die Richtlinie 2014/65/EU wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 4 Absatz 1 Nummer 15 erhält folgende Fassung:

„15.

‚Finanzinstrument‘ die in Anhang I Abschnitt C genannten Instrumente, einschließlich mittels Distributed-Ledger-Technologie emittierter Instrumente;“

2.

In Artikel 93 wird folgender Absatz eingefügt:

„3a.   Bis zum 23. März 2023 verabschieden und veröffentlichen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorschriften zur Erfüllung von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 15 und teilen sie der Kommission mit. Sie wenden diese Vorschriften ab dem 23. März 2023 an.

Abweichend von Unterabsatz 1 wird den Mitgliedstaaten, die nicht in der Lage sind, die erforderlichen Vorschriften zur Erfüllung von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 15 bis zum 23. März 2023 zu verabschieden, da ihre Gesetzgebungsverfahren mehr als neun Monate in Anspruch nehmen, eine Verlängerung von höchstens sechs Monaten ab dem 23. März 2023 gewährt, sofern sie der Kommission bis zum 23. März 2023 mitteilen, dass sie diese Verlängerung in Anspruch nehmen müssen.“

Artikel 19

Inkrafttreten und Geltungsbeginn

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Sie gilt ab dem 23. März 2023, mit Ausnahme von:

a)

Artikel 8 Absatz 5, Artikel 9 Absatz 5, Artikel 10 Absatz 6 und Artikel 17, die ab dem 22. Juni 2022 gelten, und

b)

Artikel 16, der ab dem 4. Juli 2021 gilt.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 30. Mai 2022.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Die Präsidentin

R. METSOLA

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. LE MAIRE


(1)   ABl. C 244 vom 22.6.2021, S. 4.

(2)   ABl. C 155 vom 30.4.2021, S. 31.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 24. März 2022 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 12. April 2022.

(4)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 236/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 über Leerverkäufe und bestimmte Aspekte von Credit Default Swaps (ABl. L 86 vom 24.3.2012, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 909/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 zur Verbesserung der Wertpapierlieferungen und -abrechnungen in der Europäischen Union und über Zentralverwahrer sowie zur Änderung der Richtlinien 98/26/EG und 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 236/2012 (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 1).

(8)  Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12).

(9)  Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45).

(10)  Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, sowie der Richtlinie 2007/14/EG der Kommission mit Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Vorschriften der Richtlinie 2004/109/EG (ABl. L 294 vom 6.11.2013, S. 13).

(11)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(12)  Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).

(13)  Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).

(14)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(15)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

(16)  Verordnung (EU) 2021/23 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über einen Rahmen für die Sanierung und Abwicklung zentraler Gegenparteien und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1095/2010, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 806/2014 und (EU) 2015/2365 und der Richtlinien 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2007/36/EG, 2014/59/EU und (EU) 2017/1132 (ABl. L 22 vom 22.1.2021, S. 1).

(17)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(18)  Verordnung (EU) 2019/2033 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 806/2014 (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 1).

(19)  Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64).


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

VERORDNUNGEN

2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/34


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/859 DER KOMMISSION

vom 24. Mai 2022

zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 12,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 wurde eine kombinierte Warennomenklatur (im Folgenden „KN“) eingeführt, die sowohl den Erfordernissen des Gemeinsamen Zolltarifs als auch denen der Außenhandelsstatistik der Union sowie anderer Unionspolitiken in den Bereichen Wareneinfuhr und -ausfuhr entspricht.

(2)

Die KN beruht auf der Nomenklatur des Harmonisierten Systems (im Folgenden „HS“) der Weltzollorganisation, die gemäß der Empfehlung vom 28. Juni 2019 des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens geändert wurde (im Folgenden „HS 2022“). Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission (2), mit der Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 zum 1. Januar 2022 ersetzt wurde, wurden diese Änderung in der Kombinierten Nomenklatur in der Fassung von 2022 (im Folgenden „KN 2022“) umgesetzt.

(3)

Im HS 2022 wurde die Unterposition 4421 20 00„Särge“ eingeführt. In der KN 2021 wurden „Särge aus Faserplatten“ in den KN-Code 4421 99 10 mit einem Zollsatz von 4 % eingereiht; „andere Särge“ dagegen wurden in den KN-Code 4421 99 91 mit dem Zollsatz „frei“ eingereiht. Mit der Änderung des HS 2022 wurden in der KN 2022 „Särge aus Faserplatten“ in den neuen KN-Code 4421 20 00 mit dem Zollsatz „frei“ überführt.

(4)

Damit in der KN 2022 die gleiche zolltarifliche Behandlung wie in der KN 2021 gewährleistet ist, muss die KN 2022 geändert werden, um den Änderungen des HS 2022 Rechnung zu tragen, indem eine gesonderte Unterposition für „Särge aus Faserplatten“ eingeführt wird.

(5)

Im HS 2022 wurde eine gesonderte Position 8485 für „Maschinen für die additive Fertigung“, d. h. 3D-Drucker, geschaffen, die entsprechend den abgelagerten Materialien (z. B. „durch Metallablagerung“, „durch Gips-, Zement-, Keramik- oder Glasablagerung“) weiter unterteilt wurde. Durch die Einführung der Position 8485 wurden diese Maschinen aus verschiedenen Unterpositionen der KN 2021 (3) überführt, und es wurden eigens KN-Codes geschaffen, um die gleiche zolltarifliche Behandlung wie in der KN 2021 zu gewährleisten.

(6)

In der KN 2021 wurden „Maschinen für die additive Fertigung durch Sand-, Beton- oder andere Mineralablagerung“ als „Andere“ in die Unterposition 8474 80 90 mit dem Zollsatz „frei“ eingereiht. Nach der Änderung des HS 2022 werden diese Waren in der KN 2022 in die neue Unterposition 8485 80 00 mit einem Zollsatz von 1,7 % eingereiht.

(7)

Damit für „Maschinen für die additive Fertigung durch Sand-, Beton- oder andere Mineralablagerungen“ die gleiche zolltarifliche Behandlung wie in der KN 2021 gewährleistet wird, muss die KN 2022 geändert werden, indem eine gesonderte zollfreie Unterposition eingeführt wird.

(8)

Außerdem sollten in der KN 2022 Teile dieser Maschinen die gleiche zolltarifliche Behandlung erhalten wie in der KN 2021. Es ist daher angezeigt, die Beschreibung des KN-Codes 8485 90 10 zu ändern und darin Teile von „Maschinen für die additive Fertigung durch Sand-, Beton- oder andere Mineralablagerung“ aufzunehmen.

(9)

Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 sollte daher entsprechend geändert werden.

(10)

Um zu gewährleisten, dass die Zollbehandlung von 3D-Druckern und Teilen davon im Jahr 2022 die gleiche ist wie 2021, sollten die entsprechenden Änderungen ab dem 1. Januar 2022 gelten.

(11)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für den Zollkodex —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Nummer 2 des Anhangs gilt ab dem 1. Januar 2022.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. Mai 2022

Für die Kommission,

im Namen der Präsidentin,

Gerassimos THOMAS

Generaldirektor

Generaldirektion Steuern und Zollunion


(1)   ABl. L 256 vom 7.9.1987, S. 1.

(2)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/1832 der Kommission vom 12. Oktober 2021 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 385 vom 29.10.2021, S. 1).

(3)  Durchführungsverordnung (EU) 2020/1577 der Kommission vom 21. September 2020 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 361 vom 30.10.2020, S. 1).


ANHANG

1.

In Anhang I Teil II der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 erhält der Eintrag für den KN-Code 4421 20 00 folgende Fassung:

KN-Code

Warenbezeichnung

Vertragsmäßiger Zollsatz

Besondere Maßeinheit

4421 20 00

– Särge

frei (1)

p/st

2.

In Anhang I Teil II der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 erhalten die Einträge für die KN-Codes 8485 80 00 bis 8485 90 90 folgende Fassung:

KN-Code

Warenbezeichnung

Vertragsmäßiger Zollsatz

Besondere Maßeinheit

1

2

3

4

8485 80 00

andere

1,7  (2)

p/st

8485 90

Teile:

 

 

8485 90 10

– –

Teile von mechanischen Apparaten der Unterposition 8485 30 10 ; Teile von Maschinen für die additive Fertigung durch Ablagerung von Sand, Beton oder anderen mineralischen Erzeugnissen

frei

p/st

8485 90 90

– –

andere

1,7

p/st


(1)  aus Faserplatten: 4.“

(2)  Maschinen für die additive Fertigung durch Ablagerung von Sand, Beton oder anderen mineralischen Erzeugnissen: frei.“


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/37


VERORDNUNG (EU) 2022/860 DER KOMMISSION

vom 1. Juni 2022

zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Monacoline aus Rotschimmelreis

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Zusatz von Vitaminen und Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer ii und Buchstabe b,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 kann die Kommission aus eigener Initiative oder anhand der von den Mitgliedstaaten übermittelten Angaben ein Verfahren zur Aufnahme eines Stoffes, der kein Vitamin und kein Mineralstoff ist, oder einer Zutat, die einen anderen Stoff als ein Vitamin oder einen Mineralstoff enthält, in Anhang III der genannten Verordnung einleiten, in dem die Stoffe aufgeführt sind, deren Verwendung in Lebensmitteln verboten oder eingeschränkt ist oder von der Union geprüft wird, wenn dieser Stoff mit einem potenziellen Risiko für die Verbraucher gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 verbunden ist.

(2)

Im Jahr 2010 wurde die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) um ein Gutachten zur wissenschaftlichen Begründung einer gesundheitsbezogenen Angabe betreffend Monacolin K ersucht, die gemäß Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) vorgelegt wurde. Am 30. Juni 2011 (3) legte die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten zur Begründung einer gesundheitsbezogenen Angabe zu Monacolin K aus Rotschimmelreis betreffend die Erhaltung eines normalen LDL-Cholesterinspiegels im Blut vor. Die Behörde kam zu dem Schluss, dass bei einer Tagesdosis von 10 mg ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Monacolin K aus Rotschimmelreis und der Erhaltung eines normalen LDL-Cholesterinspiegels im Blut festgestellt wurde.

(3)

Im Jahr 2012 wurde die Behörde um ein Gutachten zur wissenschaftlichen Begründung einer gemäß Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 eingereichten gesundheitsbezogenen Angabe in Bezug auf eine Kombination von Zutaten, darunter Monacolin K aus Rotschimmelreis, ersucht. Am 12. Juli 2013 (4) legte die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten vor, in dem ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines Produkts, das 2 mg Monacolin K aus Rotschimmelreis in Kombination mit anderen Zutaten enthält, und der Senkung des LDL-Cholesterinspiegels im Blut festgestellt wurde.

(4)

In dem genannten wissenschaftlichen Gutachten verwies die Behörde in Bezug auf Verwendungsbeschränkungen auf die Fachinformation für Lovastatin-haltige Arzneimittel, die auf dem Unionsmarkt verfügbar sind, da die Behörde der Auffassung war, dass Monacolin K in Lacton-Form mit Lovastatin identisch ist. Die Fachinformation gibt den Angehörigen der Gesundheitsberufe Aufschluss über die sichere und wirksame Anwendung dieser Arzneimittel. In der Fachinformation für Lovastatin-haltige Arzneimittel werden die Eigenschaften und amtlich zugelassenen Anwendungsbedingungen beschrieben und sie enthält auch besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, die das Risiko einer Myopathie/Rhabdomyolyse betreffen, welches sich bei gleichzeitiger Anwendung von Lovastatin und bestimmten anderen Arzneimitteln erhöht, weshalb von der Anwendung von Lovastatin bei Schwangeren und stillenden Frauen abgeraten wird.

(5)

In den Beratungen der Arbeitsgruppe für nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über die genannten wissenschaftlichen Gutachten äußerten die Mitgliedstaaten mögliche Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit dem Verzehr von Lebensmitteln, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten.

(6)

Rotschimmelreis wird durch Fermentation von Reis mit Hefen, hauptsächlich mit Monascus purpureus, hergestellt, was zur Bildung von Monacolinen führt, wobei Monacolin K am häufigsten auftritt. Er wird in China traditionell als Lebensmittelfarbstoff und als traditionelles Heilmittel zur Verdauungsförderung und Anregung des Blutkreislaufs verwendet. In der EU ist er nicht für die Verwendung als Lebensmittelfarbstoff zugelassen, da er nicht in der Unionsliste der Lebensmittelzusatzstoffe in der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) aufgeführt ist. Nahrungsergänzungsmittel, die Zubereitungen mit Rotschimmelreis enthalten, wurden bereits vor dem 15. Mai 1997 in nennenswertem Umfang in Verkehr gebracht und verzehrt und unterliegen daher nicht der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) über neuartige Lebensmittel. Die Verwendung von Rotschimmelreiszubereitungen in anderen Lebensmittelkategorien erfordert eine Zulassung gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 über neuartige Lebensmittel. Die Anwendung der Bestimmungen der vorliegenden Verordnung lässt die Verordnungen (EU) 2015/2283 und (EG) Nr. 1333/2008 unberührt.

(7)

Die Kommission hat aus eigener Initiative das Verfahren gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 für Monacoline aus Rotschimmelreis eingeleitet, da sie auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, die von den Mitgliedstaaten im Rahmen einer Konsultation zur Sicherheit von Monacolinen aus Rotschimmelreis vorgelegt wurden, die in Artikel 8 der genannten Verordnung und in den Artikeln 3 und 4 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 307/2012 der Kommission (7) festgelegten Bedingungen und Anforderungen für erfüllt hielt. Diese verfügbaren Informationen umfassten ein Gutachten der französischen Behörde für Ernährungssicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (Anses) zu dem Risiko, das von „Rotschimmelreis“ in Nahrungsergänzungsmitteln ausgeht (8). In diesem Gutachten kam sie zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Zusammensetzung von Rotschimmelreis und insbesondere aufgrund des Vorhandenseins von Monacolin K (bei Inverkehrbringen als Arzneimittel auch Lovastatin genannt), das die gleichen Nebenwirkungen wie Statine aufweist, sowie des Vorhandenseins in unterschiedlichen Konzentrationen der anderen Monacoline, bei denen es sich um Verbindungen handelt, deren Sicherheit noch nicht nachgewiesen ist, der Verzehr von „Rotschimmelreis“ für manche Verbraucher mit einem Gesundheitsrisiko verbunden ist. Zu den verfügbaren Informationen gehörte auch ein vom Hohen Gesundheitsrat Belgiens am 13. Februar 2016 angenommener wissenschaftlicher Beratungsbericht (9) mit einer Bewertung des vermuteten Nutzens und der möglichen Toxizität von Nahrungsergänzungsmitteln auf der Grundlage von Rotschimmelreis für die belgische Bevölkerung. In diesem Bericht wurde auf das Risiko hingewiesen, das mit Monacolinen, insbesondere Monacolin K, in Rotschimmelreis verbunden ist, wozu identische Nebenwirkungen gehören, wie sie bei Patienten beobachtet werden, die Statine einnehmen, und es wurde darauf hingewiesen, dass bei bestimmten gefährdeten Personengruppen wie Schwangeren, Patienten mit Leber-, Nieren- und Muskelerkrankungen, Personen über 70 Jahren sowie Kindern und Jugendlichen das Risiko des Auftretens toxischer Wirkungen erhöht ist. Eine weitere einschlägige wissenschaftliche Bewertung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Jahr 2013 (10) durchgeführt, die zu dem Ergebnis gelangte, dass Rotschimmelreis kein sicheres Lebensmittel/Nahrungsergänzungsmittel ist.

(8)

Daher ersuchte die Kommission im Jahr 2017 die Behörde gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 um ein wissenschaftliches Gutachten zur Bewertung der Sicherheit von Monacolinen in Rotschimmelreis.

(9)

Am 25. Juni 2018 (11) verabschiedete die Behörde ein wissenschaftliches Gutachten zur Sicherheit von Monacolinen in Rotschimmelreis. Nach Auffassung der Behörde ist Monacolin K in Lacton-Form mit Lovastatin identisch, dem Wirkstoff mehrerer Arzneimittel, die in der EU zur Behandlung von Hypercholesterinämie zugelassen sind. Monacolin K aus Rotschimmelreis ist in Nahrungsergänzungsmitteln mit unterschiedlichen empfohlenen Tagesdosen wegen seines Effekts zur Erhaltung eines normalen LDL-Cholesterinspiegels im Blut erhältlich. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen gelangte die Behörde zu dem Ergebnis, dass die Aufnahme von Monacolinen aus Rotschimmelreis in Nahrungsergänzungsmitteln zu einer geschätzten Exposition gegenüber Monacolin K in Höhe der therapeutischen Dosen von Lovastatin führen kann. Die Behörde wies darauf hin, dass das Nebenwirkungsprofil von Rotschimmelreis dem von Lovastatin ähnelt. Sie meldete Fallberichte aus vier Quellen (12), wonach die wichtigsten Ziele unerwünschter Ereignisse das Muskel-Skelett-System und das Bindegewebe (einschließlich Rhabdomyolyse), die Leber, das Nervensystem, der Magen-Darm-Trakt, die Haut und das subkutane Gewebe in absteigender Reihenfolge ihrer Häufigkeit sind. Die Behörde hielt die verfügbaren Informationen über die berichteten Nebenwirkungen beim Menschen für ausreichend, um zu dem Schluss zu gelangen, dass bei einer Verwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis als Nahrungsergänzungsmittel bei einer Verwendungsmenge von 10 mg/Tag erhebliche Sicherheitsbedenken bestehen. Die Behörde war ferner der Auffassung, dass Einzelfälle schwerer Nebenwirkungen durch Monacoline aus Rotschimmelreis bei einer Aufnahmemenge von 3 mg/Tag über Zeiträume zwischen 2 Wochen und einem Jahr gemeldet wurden und dass Fälle von Rhabdomyolyse, Hepatitis und Hauterkrankungen auftraten und eine Krankenhausbehandlung erforderlich machten.

(10)

Aufgrund der vorliegenden Informationen und mehrerer in ihrem Gutachten hervorgehobener Unwägbarkeiten sah sich die Behörde nicht in der Lage, die von der Kommission erbetenen Empfehlungen für eine tägliche Aufnahme von Monacolinen aus Rotschimmelreis auszusprechen, die für die Allgemeinbevölkerung und gegebenenfalls für gefährdete Untergruppen der Bevölkerung hinsichtlich schädlicher Gesundheitsfolgen unbedenklich ist. Die Behörde erläuterte, es bestünden Unsicherheiten hinsichtlich der Zusammensetzung von Rotschimmelreis enthaltenden Nahrungsergänzungsmitteln und ihres Gehalts an Monacolinen; Monacoline in Rotschimmelreis würden zudem in Erzeugnissen aus mehreren Zutaten verwendet, deren Bestandteile weder einzeln noch in Kombination vollständig bewertet worden seien. Darüber hinaus könne aufgrund fehlender Daten eine sichere Verwendung von Monacolinen durch bestimmte gefährdete Verbrauchergruppen nicht bewertet werden, und die Folgen eines gleichzeitigen Verzehrs von Nahrungsergänzungsmitteln aus Rotschimmelreis und von Lebensmitteln oder Arzneimitteln, die das Enzym (CYP3A4) hemmen, das an der Verstoffwechslung von Monacolinen beteiligt ist, seien unklar.

(11)

Gemäß Artikel 4 Absatz 5 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 307/2012 und nach der Veröffentlichung ihres Gutachtens zu Monacolinen aus Rotschimmelreis durch die Behörde erhielt die Kommission Bemerkungen von Interessengruppen zu der wissenschaftlichen Risikobewertung der Behörde. Die Interessengruppen gaben auch Erklärungen ab, in denen sie für eine sichere Verwendung von Monacolinen in Rotschimmelreis in Verbindung mit geeigneten Verbraucherinformationen über die sichere Verwendung des Stoffes eintraten.

(12)

Diese Hinweise wissenschaftlicher Art wurden von der Behörde nach der Annahme im Rahmen von Telekonferenzen mit den Interessengruppen präzisiert. Die Behörde machte genauere Angaben zu den Quellen für die Belege in ihrem wissenschaftlichen Gutachten und erläuterte, warum bestimmte von den Interessengruppen im Rahmen einer öffentlichen Aufforderung zur Vorlage von Daten übermittelten Studien nicht als hinreichend zuverlässig und wissenschaftlich fundiert angesehen wurden, um in ihre Sicherheitsbewertung aufgenommen zu werden. Die Behörde ging auf die wissenschaftliche Begründung ein, warum die Sicherheitsdaten für Lovastatin als relevant für die Sicherheitsbewertung von Monacolinen erachtet wurden, und erläuterte, wie die von Interessengruppen vorgelegten Anwendungsdaten über unerwünschte Ereignisse in ihrer Bewertung als unterstützende Belege herangezogen wurden.

(13)

Die Kommission ersuchte die Behörde um fachliche Unterstützung bei zwei wissenschaftlichen Studien — einer systematischen Überprüfung und Metaanalyse der Sicherheit einer Supplementierung mit Rotschimmelreis (13) sowie einer Überprüfung und einem Sachverständigengutachten zur Bedeutung der Supplementierung mit Rotschimmelreis bei der Kontrolle von Plasma-Cholesterin (14) —, die der Kommission nach der Annahme des wissenschaftlichen Gutachtens durch die Behörde von einer Interessengruppe vorgelegt wurden. Die Behörde wies darauf hin, dass — ungeachtet der Ergebnisse einer Interventionsstudie oder Metaanalyse über die Sicherheit einer Supplementierung mit Rotschimmelreis — Berichte über Nebenwirkungen beim Menschen im Zusammenhang mit dem Verzehr von Rotschimmelreis vorlägen und Monacolin K in Lacton-Form mit Lovastatin identisch sei, für das schädliche Wirkungen gut dokumentiert seien, sodass diese vorgelegten Studien in Zusammenschau mit dem gesamten Datenbestand berücksichtigt werden müssten, um zu einem Gesamtergebnis zu gelangen. Die Behörde führte aus, dass die Existenz von Berichten über Nebenwirkungen nicht aufgrund der Ergebnisse von Prüfungen außer Acht gelassen oder widerlegt werden kann, die relativ klein dimensioniert und nicht dafür konzipiert seien, diese Wirkungen zu erkennen, und dass Studien wie die vorgelegte Überprüfung und das vorgelegte Sachverständigengutachten, aus denen ein vergleichendes Risiko-Nutzen-Verhältnis von Rotschimmelreis enthaltenden Produkten hervorgehe, für die Bewertung der Sicherheit von Stoffen, die Lebensmitteln absichtlich zugesetzt werden, nicht relevant seien.

(14)

Da sich eine tägliche Aufnahmemenge von Monacolinen aus Rotschimmelreis, die für die menschlichen Gesundheit unbedenklich ist, nicht festlegen lässt, und angesichts der erheblichen gesundheitsschädlichen Auswirkungen, die mit der Verwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis bei einer Dosis von 10 mg/Tag verbunden sind, und der schweren gesundheitlichen Nebenwirkungen, die in Einzelfällen schon mit einer niedrigen Dosis von 3 mg/Tag einhergehen, sollte die Anwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis in Mengen von 3 mg und mehr je für den täglichen Verzehr empfohlene Portion des Erzeugnisses verboten werden. Dieser Stoff sollte daher in Anhang III Teil B der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 aufgenommen werden, und sein Zusatz zu Lebensmitteln oder seine Verwendung bei der Herstellung von Lebensmitteln sollte nur unter den in diesem Anhang aufgeführten Bedingungen zugelassen werden.

(15)

Auf der Kennzeichnung von Nahrungsergänzungsmitteln muss gemäß Artikel 6 der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (15) die empfohlene tägliche Verzehrsmenge in Portionen des Erzeugnisses zusammen mit einem Warnhinweis, die angegebene empfohlene Tagesdosis nicht zu überschreiten, angegeben sein. Da verschiedene Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten, gleichzeitig verzehrt werden können, besteht die Möglichkeit, dass der in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 festgelegte Grenzwert überschritten wird, sodass angemessene Kennzeichnungsvorschriften für alle Lebensmittel festgelegt werden müssen, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten.

(16)

Damit die Kennzeichnung von Lebensmitteln, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten, vollständige Angaben über den Gehalt an Monacolinen enthält, müssen angemessene Kennzeichnungsvorschriften für alle Lebensmittel festgelegt werden, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten.

(17)

Da die Behörde ein Nebenwirkungsrisiko aufgrund von Wechselwirkungen mit Arzneimitteln festgestellt hat, müssen Personen, die Cholesterinsenker einnehmen, vor einer gleichzeitigen Verwendung von Lebensmitteln, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten, gewarnt werden. Die Behörde wies darauf hin, dass das Nebenwirkungsprofil von Rotschimmelreis dem von Lovastatin ähnelt, weshalb der Warnhinweis angebracht ist, dass Personen, bei denen gesundheitliche Probleme auftreten, ärztlichen Rat einholen sollen. Da die Behörde die sichere Verwendung von Monacolinen in bestimmten gefährdeten Verbrauchergruppen aufgrund von Datenlücken nicht bewerten konnte und daher nach wie vor die Möglichkeit schädlicher Gesundheitsfolgen bei der Verwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis besteht, ist es angezeigt, von der Verwendung von Lebensmitteln, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten, bei schwangeren oder stillenden Frauen, Personen über 70 Jahren, Kindern und Jugendlichen abzuraten. In Anbetracht dessen müssen für alle Lebensmittel, die Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten, angemessene Kennzeichnungsvorschriften festgelegt werden.

(18)

Die Behörde konnte nicht feststellen, welche Aufnahme von Monacolinen aus Rotschimmelreis über die Nahrung für die Allgemeinbevölkerung und gegebenenfalls für gefährdete Bevölkerungsgruppen in Bezug auf schädliche Gesundheitsfolgen unbedenklich ist. Da nach wie vor die Möglichkeit besteht, dass mit der Verwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis schädliche Gesundheitsfolgen verbunden sein können, in diesem Punkt aber auch weiterhin wissenschaftliche Unklarheit besteht, und weil Monacoline aus Rotschimmelreis nur in Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden dürfen und der Umfang der Verwendung dieser Nahrungsergänzungsmittel von der Behörde nicht bestimmt werden konnte, sollte die Verwendung von Monacolinen aus Rotschimmelreis in Nahrungsergänzungsmitteln von der Union geprüft werden und daher in Anhang III Teil C der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 aufgenommen werden. Angesichts der von der Behörde in ihrem wissenschaftlichen Gutachten dargelegten Unwägbarkeiten und in Anbetracht der Stellungnahmen von Interessengruppen zum Sicherheitsprofil von Monacolinen aus Rotschimmelreis haben diese Interessengruppen nach Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 die Möglichkeit, der Behörde gemäß Artikel 5 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 307/2012 Daten zum Nachweis der Sicherheit von Monacolinen aus Rotschimmelreis vorzulegen. Gemäß Artikel 8 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 sollte die Kommission innerhalb von vier Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung entscheiden, ob Monacoline aus Rotschimmelreis in Anhang III Teil A oder Teil B aufgeführt werden sollen, wobei sie die Stellungnahme der Behörde zu allen vorgelegten Daten berücksichtigt.

(19)

Die Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.

(20)

Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 wird wie folgt geändert:

1.

In die Tabelle in Teil B „Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist“ wird folgender Eintrag in alphabetischer Reihenfolge eingefügt:

Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist

Verwendungsbedingungen

Zusätzliche Anforderungen

„Monacoline aus Rotschimmelreis

Einzelportionen des Erzeugnisses für den täglichen Verzehr müssen weniger als 3 mg Monacoline aus Rotschimmelreis enthalten.

In der Kennzeichnung sind die Anzahl der Einzelportionen des Erzeugnisses für den maximalen Verzehr pro Tag und ein Warnhinweis anzugeben, dass eine Tagesdosis von 3 mg Monacolinen aus Rotschimmelreis oder mehr nicht verzehrt werden darf.

In der Kennzeichnung ist der Gehalt an Monacolinen je Portion des Erzeugnisses anzugeben.

Die Kennzeichnung enthält folgende Warnhinweise:

‚Sollte nicht von schwangeren oder stillenden Frauen, Kindern unter 18 Jahren und Erwachsenen über 70 Jahren verzehrt werden.‘

‚Holen Sie beim Auftreten gesundheitlicher Beschwerden ärztlichen Rat zum Verzehr dieses Erzeugnisses ein.‘

‚Sollte nicht verzehrt werden, wenn Sie cholesterinsenkende Mittel einnehmen.‘

‚Sollte nicht verzehrt werden, wenn Sie bereits andere Erzeugnisse zu sich nehmen, die Rotschimmelreis enthalten.‘“

2.

In der Tabelle in Teil C „Stoffe, die von der Gemeinschaft geprüft werden“ wird folgender Eintrag in alphabetischer Reihenfolge eingefügt:

„Monacoline aus Rotschimmelreis“.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 1. Juni 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 26.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. L 404 vom 30.12.2006, S. 9).

(3)  EFSA Journal 2011; 9(7): 2304.

(4)  EFSA Journal 2013; 11(7): 3327.

(5)  Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 354 vom 31.12.2008, S. 16).

(6)  Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1).

(7)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 307/2012 der Kommission vom 11. April 2012 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften für die Anwendung von Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zusatz von Vitaminen, Mineralstoffen sowie bestimmten anderen Stoffen zu Lebensmitteln (ABl. L 102 vom 12.4.2012, S. 2).

(8)  ANSES, Auftragsgutachten Nr. 2012-SA-0228: Gutachten der französischen Behörde für Ernährungssicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (Anses) zu dem Risiko, das von „Rotschimmelreis“ in Nahrungsergänzungsmitteln ausgeht, 14. Februar 2014.

(9)  Vermerk des Hohen Gesundheitsrats Nr. 9312: Compléments alimentaires à base de „levure de riz rouge“ (Nahrungsergänzungsmittel auf der Grundlage von Rotschimmelreis) 3. Februar 2016.

(10)  Stellungnahme der Gemeinsamen Expertenkommission BVL/BfArM: Einstufung von Rotschimmelreisprodukten, 8.2.2016.

(11)  EFSA Journal 2019; 16(8): 5368.

(12)  Weltgesundheitsorganisation; französische Behörde für Ernährungssicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (Anses) italienisches Überwachungssystem für natürliche Gesundheitsprodukte; US-Bundesbehörde zur Lebens- und Arzneimittel-Überwachung (Food and Drug Administration).

(13)  Fogacci F., Banach M., Mikhailidis DP. et al.: Safety of red yeast rice supplementation: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials (Sicherheit der Supplementierung mit Rotschimmelreis: Eine systematische Überprüfung und Metaanalyse randomisierter kontrollierter Studien). Pharmacological Research 143 (2019) 1–16.

(14)  Banach M., Bruckert E., Descamps OS. et al.: The role of red yeast rice (RYR) supplementation in plasma cholesterol control: A review and expert opinion (Die Bedeutung der Supplementierung mit Rotschimmelreis für die Plasma-Cholesterin-Kontrolle: Überprüfung und Sachverständigengutachten). Atheroscler Suppl., 17. August 2019.

(15)  Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51).


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/42


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/861 DER KOMMISSION

vom 1. Juni 2022

mit Ausnahmevorschriften für zweite Anträge der Mitgliedstaaten auf Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch und zur Abweichung von der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 hinsichtlich der Neuzuweisung der Unionsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (1), insbesondere auf Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe d,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1370/2013 des Rates vom 16. Dezember 2013 mit Maßnahmen zur Festsetzung bestimmter Beihilfen und Erstattungen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (2), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der militärische Angriff Russlands gegen die Ukraine vom 24. Februar 2022 hat zu einem Massenzustrom von Vertriebenen aus der Ukraine in die Union geführt, von denen die meisten Frauen und Kinder sind. Mehrere Mitgliedstaaten stehen vor beispiellosen Herausforderungen, um aus der Ukraine vertriebene Kinder rasch in ihr Bildungssystem zu integrieren.

(2)

Die Beihilferegelung für die Abgabe von Obst und Gemüse sowie von Milch und Milcherzeugnissen in Bildungseinrichtungen (im Folgenden das „Schulprogramm“) gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ist für Kinder bestimmt, die regelmäßig Kindergärten, Vorschulen oder Primar- oder Sekundarschulen in den Mitgliedstaaten besuchen. Vertriebene Kinder aus der Ukraine, die in die Bildungssysteme der Mitgliedstaaten integriert sind, können daher am Schulprogramm teilnehmen. Aufgrund des Anstiegs der Zahl von teilnahmeberechtigten Kindern in absoluten Zahlen oder in Prozent der Bevölkerung könnten mehrere Mitgliedstaaten, die bei der Reaktion auf die Invasion der Ukraine durch Russland besonders involviert sind, Schwierigkeiten haben, das Schulprogramm wie geplant durchzuführen, wenn die ihnen zugewiesene Unionshilfe nicht aufgestockt wird.

(3)

Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 der Kommission (3) haben die Mitgliedstaaten der Kommission bis zum 31. Januar 2022 ihre Anträge auf Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch für das Schuljahr 2022/2023 übermittelt, das vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 läuft. Auf der Grundlage dieser Anträge, die vor der Invasion der Ukraine durch Russland eingereicht wurden, hat die Kommission im Durchführungsbeschluss (EU) 2022/493 der Kommission (4) die endgültigen Zuweisungen der Unionsbeihilfe an die einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt. Die verfügbaren Informationen darüber, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten in den vergangenen Schuljahren von der endgültigen Zuweisung der Unionsbeihilfe Gebrauch gemacht haben, lassen erkennen, dass einige Mitgliedstaaten Gefahr laufen, ihre endgültige Zuweisung nicht in vollem Umfang nutzen zu können.

(4)

Angesichts des neu entstandenen Bedarfs und als Zeichen der Solidarität der Union und der Mitgliedstaaten mit der Ukraine sollten Ausnahmevorschriften festgelegt werden, die es den Mitgliedstaaten gestatten, bis zum 15. Juni 2022 einen zweiten Antrag auf Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 zu stellen. Diese Möglichkeit sollte an die Notwendigkeit geknüpft sein, die vertriebenen Kinder aus der Ukraine zu berücksichtigen, die in diesem Zeitraum in den Bildungseinrichtungen der Mitgliedstaaten eingeschrieben sind. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, entweder ihre Absicht zu bekunden, mehr als ihre endgültige Zuweisung der Unionsbeihilfe gemäß Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/493 zu verwenden, oder den nicht beanspruchten Betrag der endgültigen Zuweisung anzugeben, sofern nicht die Absicht besteht, den gesamten Betrag dieser Zuweisung zu verwenden. Die erstgenannte Möglichkeit sollte nur für Mitgliedstaaten gelten, die anhand der Ausführung der Mittel im Schuljahr 2018/2019, dem letzten Schuljahr vor der COVID-19-Pandemie, eine ausreichende Inanspruchnahme ihrer endgültigen Zuweisung der Unionsbeihilfe nachgewiesen haben. Ihre Anträge sollten sich ausschließlich auf die Zahl der vertriebenen Kinder aus der Ukraine stützen, die unter die in der Strategie der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 festgelegte Zielgruppe fallen, und anhand verfügbarer Daten ordnungsgemäß begründet sein. Bei Mitgliedstaaten, die keinen zweiten Antrag stellen, sollte davon ausgegangen werden, dass sie die endgültigen Zuweisungen gemäß Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/493 bestätigt haben.

(5)

In Artikel 7 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 sind die Vorschriften für die Neuzuweisung der Unionsbeihilfe festgelegt. Die Kommission setzt den endgültigen Beihilfebetrag fest, indem sie nicht beanspruchte vorläufige Mittelzuweisungen oder nicht beanspruchte Teile davon neu zuweist. Es ist angezeigt, von diesen Vorschriften abzuweichen, damit die Kommission auch neue Anträge im Zusammenhang mit der Invasion der Ukraine durch Russland berücksichtigen kann, um eine geänderte endgültige Zuweisung der Unionshilfe für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 festzusetzen. Gemäß Artikel 5 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1370/2013 erfolgt die Neuzuweisung nicht beanspruchter endgültiger Zuweisungen der Unionsbeihilfe auf der Grundlage der Zahl der sechs- bis zehnjährigen Kinder in den Mitgliedstaaten.

(6)

Da die endgültige Zuweisung der Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 unter Berücksichtigung des zweiten Antrags auf Unionsbeihilfe so bald wie möglich erfolgen müsste, damit die Mitgliedstaaten die erforderlichen Vorbereitungsmaßnahmen für die Durchführung des Schulprogramms rechtzeitig planen und durchführen können, sollte diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

(7)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Mitgliedstaaten können bis zum 15. Juni 2022 einen zweiten Antrag auf Unionsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 stellen, in dem sie Folgendes angeben:

a)

die Absicht, mehr als die endgültige Zuweisung der Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse und/oder für Schulmilch gemäß Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/493 zu verwenden, sowie den beantragten zusätzlichen Betrag, sofern zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, oder

b)

den nicht beanspruchten Betrag der endgültigen Zuweisung der Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse und/oder für Schulmilch gemäß Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/493, sofern nicht die Absicht besteht, den gesamten Betrag dieser Zuweisung zu verwenden.

Die Mitgliedstaaten können nur dann einen zusätzlichen Betrag der Unionsbeihilfe gemäß Absatz 1 Buchstabe a beantragen, wenn die endgültige Zuweisung der Unionsbeihilfe für das Schuljahr 2018/2019, das vom 1. August 2018 bis zum 31. Juli 2019 lief, unter Berücksichtigung der Ausgabenerklärungen, die der Kommission gemäß Artikel 10 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission (5) für bis zum 31. Dezember 2021 getätigte Ausgaben übermittelt wurden, zu mindestens 75 % verwendet wurde. Ihrem anhand verfügbarer Daten ordnungsgemäß begründeten Antrag liegt die Zahl der vertriebenen Kinder aus der Ukraine zugrunde, die zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags unter die in der Strategie der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe f der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 festgelegte Zielgruppe fallen.

Stellt ein Mitgliedstaat keinen Antrag auf Unionsbeihilfe gemäß Absatz 1, wird davon ausgegangen, dass er die endgültigen Zuweisungen gemäß Anhang I des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/493 bestätigt hat.

Artikel 2

Abweichend von Artikel 7 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 kann die Kommission bis zum 15. Juli 2022 beschließen, bei der Festsetzung der endgültigen Zuweisungen der Unionsbeihilfe für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 auch die gemäß Artikel 1 der vorliegenden Verordnung eingereichten zweiten Anträge auf Unionsbeihilfe zu berücksichtigen.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 1. Juni 2022

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)   ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(2)   ABl. L 346 vom 20.12.2013, S. 12.

(3)  Durchführungsverordnung (EU) 2017/39 der Kommission vom 3. November 2016 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Gewährung einer Unionsbeihilfe für die Abgabe von Obst und Gemüse, Bananen und Milch in Bildungseinrichtungen (ABl. L 5 vom 10.1.2017, S. 1).

(4)  Durchführungsbeschluss (EU) 2022/493 der Kommission vom 21. März 2022 über die endgültige Zuweisung der Unionsbeihilfe für Schulobst und -gemüse sowie Schulmilch an die Mitgliedstaaten für den Zeitraum 1. August 2022 bis 31. Juli 2023 und zur Änderung des Durchführungsbeschlusses (EU) 2021/462 (ABl. L 100 vom 28.3.2022, S. 55).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 908/2014 der Kommission vom 6. August 2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Zahlstellen und anderen Einrichtungen, der Mittelverwaltung, des Rechnungsabschlusses und der Bestimmungen für Kontrollen, Sicherheiten und Transparenz (ABl. L 255 vom 28.8.2014, S. 59).


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/45


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2022/862 DER KOMMISSION

vom 1. Juni 2022

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist oder deren Betrieb in der Union Beschränkungen unterliegt

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2005 über die Erstellung einer gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist, sowie über die Unterrichtung von Fluggästen über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens und zur Aufhebung des Artikels 9 der Richtlinie 2004/36/EG (1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 der Kommission (2) wurde die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, erstellt.

(2)

Einige Mitgliedstaaten und die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit (im Folgenden die „Agentur“) haben der Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 Informationen übermittelt, die für die Aktualisierung dieser Liste von Bedeutung sind. Einschlägige Informationen wurden auch von Drittstaaten und internationalen Organisationen mitgeteilt. Die Liste sollte auf der Grundlage der übermittelten Informationen aktualisiert werden.

(3)

Die Kommission hat alle betroffenen Luftfahrtunternehmen entweder unmittelbar oder über die für die Regulierungsaufsicht über diese Luftfahrtunternehmen zuständigen Behörden informiert und dabei die wesentlichen Tatsachen und Überlegungen angegeben, auf deren Grundlage entschieden wurde, diesen Unternehmen den Flugbetrieb in der Union zu untersagen oder die Bedingungen einer Betriebsuntersagung eines Luftfahrtunternehmens, das in der Liste in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 erfasst ist, zu ändern.

(4)

Die Kommission gab den betreffenden Luftfahrtunternehmen Gelegenheit, alle einschlägigen Unterlagen einzusehen, sich schriftlich dazu zu äußern und ihren Standpunkt der Kommission sowie dem Ausschuss, der gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 eingesetzt wurde (im Folgenden „EU-Flugsicherheitsausschuss“), mündlich vorzutragen.

(5)

Im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 und der Verordnung (EG) Nr. 473/2006 der Kommission (3) hat die Kommission dem EU-Flugsicherheitsausschuss Informationen über die laufenden gemeinsamen Konsultationen mit den zuständigen Behörden und den Luftfahrtunternehmen folgender Staaten übermittelt: Armenien, Irak, Kasachstan, Republik Moldau, Pakistan, Russland und Südsudan. Die Kommission legte dem EU-Flugsicherheitsausschuss zudem Informationen zur Flugsicherheit in Äquatorialguinea, Kongo (Brazzaville), Madagaskar und Suriname vor.

(6)

Die Agentur unterrichtete die Kommission und den EU-Flugsicherheitsausschuss über die technischen Bewertungen, die im Rahmen der erstmaligen Beurteilung und der fortlaufenden Überwachung der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 452/2014 der Kommission (4) erteilten Genehmigungen für Drittlandbetreiber (TCO) durchgeführt wurden.

(7)

Die Agentur unterrichtete die Kommission und den EU-Flugsicherheitsausschuss auch über die Ergebnisse der Analysen von Vorfeldinspektionen, die im Rahmen des Programms zur Sicherheitsüberprüfung von Luftfahrzeugen aus Drittländern (SAFA) im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der Kommission (5) durchgeführt wurden.

(8)

Die Agentur unterrichtete die Kommission und den EU-Flugsicherheitsausschuss zudem über die Vorhaben für technische Unterstützung, die in den von einer Betriebsuntersagung nach der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 betroffenen Drittländern durchgeführt wurden. Ferner machte die Agentur Angaben zu den geplanten bzw. beantragten weiteren Vorhaben für technische Unterstützung und Zusammenarbeit, die dem Ziel dienen, die administrativen und technischen Fähigkeiten der Zivilluftfahrtbehörden in den Drittländern zu verbessern, die Hilfe bei der Behebung von Mängeln im Hinblick auf die Einhaltung der geltenden internationalen Sicherheitsstandards der Zivilluftfahrt benötigen. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, solchen Ersuchen auf bilateraler Basis in Abstimmung mit der Kommission und der Agentur zu entsprechen. Die Kommission bekräftigte diesbezüglich, wie nützlich es ist, der internationalen Luftfahrtgemeinschaft — insbesondere über das Partnerschaftsinstrument für Hilfen zur Umsetzung der Flugsicherheit (Aviation Safety Implementation Assistance Partnership) der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) — Informationen über die technische Unterstützung bereitzustellen, die die Union und ihre Mitgliedstaaten Drittländern im Hinblick auf die Verbesserung der Flugsicherheit weltweit leisten.

(9)

Eurocontrol übermittelte der Kommission und dem EU-Flugsicherheitsausschuss aktuelle Informationen zum Stand der SAFA- und TCO-Alarmfunktionen sowie aktuelle Statistiken über Warnmeldungen in Bezug auf Luftfahrtunternehmen mit Betriebsuntersagungen.

Luftfahrtunternehmen der Union

(10)

Aufgrund der von der Agentur geprüften Ergebnisse von Vorfeldinspektionen, die an Luftfahrzeugen von Luftfahrtunternehmen der Union durchgeführt wurden, sowie von Normungsinspektionen der Agentur und von bereichsspezifischen Inspektionen und Audits nationaler Luftfahrtbehörden haben mehrere Mitgliedstaaten und die Agentur als zuständige Behörden bestimmte Abhilfe- und Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen und die Kommission und den EU-Flugsicherheitsausschuss über diese Maßnahmen unterrichtet.

(11)

Die Mitgliedstaaten und die Agentur als zuständige Behörden bekräftigten ihre Handlungsbereitschaft für den Fall, dass relevante Sicherheitsinformationen darauf hindeuten, dass aufgrund einer mangelhaften Einhaltung der einschlägigen Sicherheitsstandards durch Luftfahrtunternehmen aus der Union unmittelbare Sicherheitsrisiken bestehen.

Luftfahrtunternehmen aus Armenien

(12)

Im Juni 2020 wurden in Armenien zugelassene Luftfahrtunternehmen auf der Grundlage der Durchführungsverordnung (EU) 2020/736 der Kommission (6) in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 aufgenommen.

(13)

Am 29. April 2022 hielten die Kommission, die Agentur, die Mitgliedstaaten und der Zivilluftfahrtausschuss Armeniens (im Folgenden „CAC“) eine technische Sitzung ab, auf der der CAC aktuelle Informationen über die seit der technischen Sitzung vom 3. November 2021 ergriffenen Maßnahmen zur Behebung der festgestellten Sicherheitsmängel vorlegte. Die wichtigsten Maßnahmen bestehen in der Änderung der Rechtsvorschriften für die Zivilluftfahrt und unterstützender Regelungen, in Verbesserungen in Bezug auf Struktur und Personal des CAC sowie in der Aktualisierung des CAC-Systems für die Verwaltung der Qualifikation und Ausbildung seiner Inspektoren, einschließlich zusätzlicher Erstausbildung, wiederkehrender Schulungen und Schulungen am Arbeitsplatz. Darüber hinaus erklärte der CAC, dass er zusätzliche Aufsichtsverfahren und Checklisten für verschiedene Bereiche entwickelt und den nationalen Flugsicherheitsplan sowie eine Verordnung über die Meldung von Sicherheitsvorfällen ausgearbeitet hat, die beide 2022 angenommen werden sollen. Das gesamte Material wird von der Kommission und der Agentur sorgfältig geprüft.

(14)

Der CAC legte eine Aktualisierung der Maßnahmen vor, die er im Zusammenhang mit dem Abhilfemaßnahmenplan (Corrective Action Plan, CAP) ergriffen hat, der infolge der während der Sicherheitsbewertung der Union vor Ort im Jahr 2020 vorgebrachten Bemerkungen erstellt wurde. Diese Maßnahmen beinhalteten die Aktualisierung der Personalplanungs- und Schulungsprozesse, mehrere Verfahren und Checklisten zur Verbesserung der Sicherheitsaufsicht, die Einrichtung einer elektronischen Datenbank zur Unterstützung seiner Aufsichtstätigkeiten und die Entwicklung eines Systems zur Meldung von Sicherheitsvorfällen.

(15)

Darüber hinaus startete die Agentur im März 2022 im Rahmen der Bemühungen der Union, den CAC bei der Verbesserung der Flugsicherheit zu unterstützen, ein spezielles technisches Projekt zur Stärkung der CAC-Sicherheitsaufsicht in den Bereichen Flugbetrieb und Lufttüchtigkeit.

(16)

Auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen wird davon ausgegangen, dass der CAC einige bemerkenswerte Verbesserungen bei seiner Kapazität für die Sicherheitsaufsicht vorgenommen hat. Es wird auch anerkannt, dass der CAC offenbar entschlossen ist, seine Bemühungen um den weiteren Ausbau seiner Aufsichtsfähigkeiten und die Lösung festgestellter Sicherheitsbedenken fortzusetzen. Trotz dieser positiven Entwicklungen liegen derzeit keine ausreichenden Belege dafür vor, dass der CAC alle Mängel, die bei der Sicherheitsbewertung vor Ort im Februar 2020 festgestellt wurden und die zu dem Beschluss geführt hatten, eine Betriebsuntersagung gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2020/736 auszusprechen, wirksam behoben hat. Informationen über mögliche Verbesserungen erfordern eine nähere Überprüfung im Rahmen weiterer technischer Sitzungen und möglicherweise durch eine Bestätigung vor Ort.

(17)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht daher nach Ansicht der Kommission derzeit kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Armenien zu ändern.

(18)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die in Armenien zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

Luftfahrtunternehmen aus Irak

(19)

Im Dezember 2015 wurde das Luftfahrtunternehmen Iraqi Airways auf der Grundlage der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2322 der Kommission (7) in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 aufgenommen.

(20)

Im Februar 2022 übermittelten die irakische Zivilluftfahrtbehörde (ICAA) und Iraq Airways der Kommission Informationen über die Maßnahmen, die sie zur Verbesserung ihrer Systeme und Kapazitäten für die Sicherheitsaufsicht und das Sicherheitsmanagement ergriffen haben. Auf der Grundlage der eingegangenen Informationen stellt die Kommission fest, dass bei der Behebung der festgestellten Sicherheitsbedenken Fortschritte erzielt wurden. Es wurden jedoch einige Mängel festgestellt, darunter die Qualität der von den ICAA-Inspektoren sowohl für Zertifizierungs- als auch für Aufsichtsverfahren verwendeten Checklisten sowie der Schulungsplan der ICAA und dessen Umsetzung. Die Bewertung der Ergebnisse der ICAA-Aufsicht ergab, dass vor allem in Bezug auf die Art und Weise, wie Beanstandungen bei der Aufsicht festgehalten werden und deren Weiterverfolgung gewährleistet wird, mehrere Unzulänglichkeiten bestehen. In diesem Zusammenhang wurde auch festgestellt, dass die ICAA-Inspektoren bei Bedarf keine geeigneten Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen haben.

(21)

Die Bewertung der von Iraq Airways vorgelegten Informationen hat ergeben, dass das Luftfahrtunternehmen in verschiedenen Bereichen erhebliche Fortschritte erzielt hat. Es wurde zur Kenntnis genommen, dass das Luftfahrtunternehmen die Dienste eines externen Beraters für das Audit des Luftfahrtunternehmens und die Ausarbeitung eines Abhilfemaßnahmenplans in Anspruch genommen hat, der derzeit umgesetzt wird.

(22)

Zur Erhöhung der Datenmenge, die für die Ausarbeitung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit analysiert und verwendet werden sollen, wurde ein Flugdatenüberwachungsprogramm ins Leben gerufen. Darüber hinaus wurden ein internes Berichterstattungssystem eingerichtet, Sicherheitssitzungen auf verschiedenen strategischen Ebenen eingeleitet und einige der Handbücher der Organisation überarbeitet.

(23)

Trotz der oben genannten Fortschritte bestehen nach wie vor eine Reihe von Herausforderungen. So müssen noch mehrere Softwareanwendungen in den Bereichen Instandhaltung, Flugbetrieb und Dokumentenmanagement installiert werden. Das Luftfahrtunternehmen muss auch seine Funktionen und Verfahren im Zusammenhang mit den von der ICAA festgestellten Beanstandungen bei der Aufsicht verbessern. Darüber hinaus hat Iraq Airways zwar ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) entwickelt, doch scheint es nicht in der Lage zu sein, alle im Rahmen dieses Systems festgestellten Beanstandungen angemessen zu verfolgen.

(24)

Am 14. Dezember 2021 und am 4. Mai 2022 hielten die Kommission, die Agentur, die Mitgliedstaaten und Vertreter der ICAA und der Iraqi Airways auf Ersuchen des Iraks und im Rahmen der laufenden Überwachungstätigkeiten der Kommission zwei technische Sitzungen ab. Bei beiden Gelegenheiten legte die ICAA dar, welche Fortschritte sie bei der Ausräumung der Sicherheitsbedenken in Bezug auf ihre Fähigkeit zur Gewährleistung einer wirksamen Sicherheitsaufsicht im Land und insbesondere in Bezug auf die Aufsicht über Iraq Airways erzielt hat. Iraq Airways erläuterte die Fortschritte bei der Behebung zuvor festgestellter Sicherheitsmängel, die letztlich zu einer negativen TCO-Entscheidung der Agentur führten, sowie weitere damit verbundene Verbesserungen der Sicherheit.

(25)

Die ICAA und Iraq Airways haben klar ihr Bestreben erkennen lassen, die Einhaltung der Rechtsvorschriften und ihre Sicherheitsleistung zu verbessern. Es sind jedoch noch weitere Verbesserungen erforderlich. Die Kommission wird weiterhin mit der ICAA und Iraq Airways zusammenarbeiten, um deren Bemühungen zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten in den Bereichen Sicherheitsaufsicht und Sicherheitsmanagement zu überwachen und zu unterstützen. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass die Agentur im Laufe des Jahres 2022 ein Projekt für technische Unterstützung durchführen wird, um die ICAA bei ihren Bemühungen um eine bessere Aufsicht über die Flugsicherheit im Irak zu unterstützen.

(26)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht daher nach Ansicht der Kommission derzeit kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus dem Irak zu ändern.

(27)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die in Irak zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

(28)

Sollten relevante Sicherheitsinformationen vorliegen, die unmittelbare Sicherheitsrisiken infolge der mangelnden Einhaltung einschlägiger internationaler Sicherheitsstandards erkennen lassen, könnten weitere Maßnahmen durch die Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 notwendig werden.

Luftfahrtunternehmen aus Kasachstan

(29)

Im Dezember 2016 wurden in Kasachstan zugelassene Luftfahrtunternehmen durch die Durchführungsverordnung (EU) 2016/2214 der Kommission (8) aus Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 gestrichen, mit Ausnahme von Air Astana, die 2015 durch die Durchführungsverordnung (EU) 2015/2322 aus Anhang B gestrichen worden war.

(30)

Im Rahmen der kontinuierlichen Überwachung des Sicherheitsaufsichtssystems Kasachstans durch die Kommission führten Sachverständige der Kommission, der Agentur und der Mitgliedstaaten (das „Bewertungsteam“) im Oktober 2021 in den Räumlichkeiten des Zivilluftfahrtausschusses Kasachstans (im Folgenden „CAC KZ“) und der kasachischen Luftfahrtverwaltung (im Folgenden „AAK“) sowie in den Räumlichkeiten von drei in Kasachstan zugelassenen Luftfahrtunternehmen (Air Astana, Jupiter Jet und Qazaq Air) eine Sicherheitsbewertung der Union vor Ort durch.

(31)

Am 2. Februar 2022 übermittelte die AAK der Kommission einen Plan zur Behebung der vom Bewertungsteam festgestellten und gemeldeten Mängel. Die Kommission bewertete gemeinsam mit der Agentur den Abhilfemaßnahmenplan und übermittelte dem CAC KZ und der AAK ihre Anmerkungen und Anpassungsvorschläge.

(32)

Am 27. und 28. April 2022 hielten die Kommission, die Agentur, die Mitgliedstaaten und Vertreter des CAC KZ und der AAK eine technische Sitzung ab. Zweck dieser Sitzung war es, die Entwicklung und Umsetzung des vom CAC KZ und der AAK ausgearbeiteten Abhilfemaßnahmenplans und die damit zusammenhängenden Maßnahmen, die diese zur Sicherstellung einer wirksamen Konformität ihres Sicherheitsaufsichtssystems mit den einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards ergriffen haben, zu überprüfen.

(33)

Auf der Grundlage des vorgelegten Abhilfemaßnahmenplans und Diskussionen sowie der Nachweise, die während der technischen Sitzung vorgelegt wurden, wurde festgestellt, dass Fortschritte bei der Berücksichtigung der während der Sicherheitsbewertung vor Ort vorgebrachten Bemerkungen erzielt wurden. Offensichtlich wurden alle Bemerkungen in gewissem Umfang berücksichtigt, sodass einige als abgeschlossen betrachtet werden können.

(34)

Die Sitzung zeigte, dass der CAC KZ und die AAK der Kommission noch weitere Klarstellungen und Nachweise zu bestimmten Maßnahmen vorlegen müssen. Die Kommission forderte den CAC KZ und die AAK ferner auf, den Abhilfemaßnahmenplan zu überprüfen, indem sie die Ursachenanalyse der bei der Sicherheitsbewertung der Union vor Ort festgestellten Sicherheitsmängel so weiterentwickeln, dass sie auf der nächsten technischen Sitzung erörtert werden kann.

(35)

Als Folgemaßnahme zu den Beratungen des EU-Flugsicherheitsausschusses vom November 2021 und nochmals bestätigt auf der technischen Sitzung im April 2022 lud die Kommission den CAC KZ, die AAK und das Luftfahrtunternehmen Air Astana zu einer Anhörung vor dem EU-Flugsicherheitsausschuss am 17. Mai 2022 ein.

(36)

Bei dieser Anhörung stellten der CAC KZ und die AAK der Kommission und dem EU-Flugsicherheitsausschuss das System vor, das eingerichtet wurde, um die Sicherheitsaufsicht über die in Kasachstan zugelassenen Luftfahrtunternehmen zu gewährleisten. Sie erläuterten den nationalen Sicherheitsentwicklungsplan Kasachstans, der Maßnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit des kasachischen Luftverkehrs enthält, einschließlich der wirksamen Umsetzung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards. Darüber hinaus berichtete die AAK über die jüngsten Entwicklungen in Bezug auf ihre Organisationsstruktur, die Größe der Luftfahrtbranche in Kasachstan und die Ergebnisse der koordinierten Validierungsmission der ICAO vom August 2021.

(37)

Der CAC KZ und die AAK unterstrichen ihr Engagement für weitere Verbesserungen und übermittelten der Kommission und dem EU-Flugsicherheitsausschuss einen umfassenden und detaillierten Überblick über die Umsetzung des Abhilfemaßnahmenplans, der als Reaktion auf die Ergebnisse der Sicherheitsbewertung der Union vor Ort vom Oktober 2021 ausgearbeitet wurde. Dazu gehörten die künftigen strategischen Ziele, beispielsweise Änderungen des kasachischen Rechtsrahmens, Handbücher und Verfahren der AAK, die Fortsetzung der Verbesserungen des Qualitätsmanagementsystems und die weitere Verbesserung der wirksamen Umsetzung einschlägiger internationaler Sicherheitsstandards.

(38)

Während der Anhörung verpflichteten sich der CAC KZ und die AAK, die Kommission über die künftigen Maßnahmen zu unterrichten, die in Bezug auf die verbleibenden, während der Sicherheitsbewertung der Union vor Ort 2021 gemachten Bemerkungen ergriffen werden sollen. Zudem verpflichteten sie sich zu einem kontinuierlichen Sicherheitsdialog, unter anderem durch die Bereitstellung einschlägiger Sicherheitsinformationen und die Einberufung zusätzlicher Sitzungen mindestens zweimal jährlich, oder zu einem Zeitpunkt, den die Kommission als notwendig erachtet.

(39)

Es hat sich gezeigt, dass die vom CAC KZ und der AAK ergriffenen Maßnahmen bereits dazu beitragen, ihre Fähigkeiten zur Überwachung der Luftverkehrstätigkeiten in Kasachstan zu stärken. Es bedarf jedoch weiterer Verbesserungen in Bezug auf ihre Fähigkeit, zu überwachen, dass der Betrieb von in Kasachstan zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Einklang mit den einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durchgeführt wird, unter anderem indem sichergestellt wird, dass angemessene Ressourcen für solche Tätigkeiten der Sicherheitsaufsicht vorhanden sind.

(40)

Aus den vorgelegten Informationen geht hervor, dass der CAC KZ und die AAK seit Oktober 2021 bemerkenswerte Fortschritte bei der Umsetzung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards erzielt haben. Die Kommission und die Agentur stellten fest, dass sie die Absicht haben, den CAC KZ und die AAK bei ihren Bemühungen um eine weitere Stärkung des Flugsicherheitssystems in Kasachstan weiter zu unterstützen.

(41)

Bei der mündlichen Anhörung gab das Luftfahrtunternehmen Air Astana einen Überblick über seine derzeitige Flotte sowie über die verfügbaren Ressourcen und Einrichtungen. Es erläuterte sein robustes und gut entwickeltes System für das Sicherheitsmanagement (SMS) und die Qualitätssicherung (QMS). Das Luftfahrtunternehmen wies darauf hin, dass es eine Reihe von Softwarewerkzeugen einsetzt, um die Daten des Sicherheits-, Qualitäts- und Risikomanagements, einschließlich des Ermüdungsrisikomanagementsystems, zu integrieren.

(42)

Auf Nachfrage des EU-Flugsicherheitsausschusses informierte das Luftfahrtunternehmen auch über die Aufsichtstätigkeiten, die die AAK in den Jahren 2021-2022 bei Air Astana durchgeführt hat, und bestätigte Verbesserungen in seiner Interaktion mit dem CAC KZ und der AAK.

(43)

Auf der Grundlage seiner Beratungen kam der EU-Flugsicherheitsausschuss zu dem Schluss, dass der ständigen Überwachung der Sicherheitslage und der Entwicklungen in Kasachstan besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte, unter anderem durch regelmäßige Fortschrittsberichte von CAC KZ und AAK und die Möglichkeit, sie zu einer weiteren Anhörung auf einer künftigen Sitzung des EU-Flugsicherheitsausschusses einzuladen.

(44)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht daher nach Ansicht der Kommission derzeit kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Kasachstan zu ändern.

(45)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die in Kasachstan zugelassenen Luftfahrtunternehmen durch Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

(46)

Sollten relevante Sicherheitsinformationen vorliegen, die unmittelbare Sicherheitsrisiken infolge der mangelnden Einhaltung einschlägiger internationaler Sicherheitsstandards erkennen lassen, könnten weitere Maßnahmen durch die Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 notwendig werden.

Luftfahrtunternehmen aus der Republik Moldau

(47)

Im November 2021 wurden Luftfahrtunternehmen aus Moldau auf der Grundlage der Durchführungsverordnung (EU) 2021/2070 der Kommission (9) aus Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 gestrichen, mit Ausnahme von Air Moldova, Aerotranscargo und Fly One, die weder in Anhang A noch in Anhang B aufgenommen wurden.

(48)

Mit Schreiben vom 31. März 2022 legte die moldauische Zivilluftfahrtbehörde (CAAM) aktuelle Informationen über ihre Aufsichtstätigkeiten für den Zeitraum von November 2021 bis März 2022 vor. Zusätzlich zu der Aktualisierung des Abhilfemaßnahmenplans, der auf der Grundlage der Sicherheitsbewertung der Union vor Ort im September 2021 entwickelt wurde, umfassten die von der CAAM bereitgestellten Informationen auch Aktualisierungen in Bezug auf die jüngsten Änderungen des nationalen Rechtsrahmens der Republik Moldau für den Luftverkehr.

(49)

Nachdem sie die eingegangenen Informationen und Unterlagen geprüft hat, ist die Kommission der Ansicht, dass die noch offenen Beanstandungen, die bei der Sicherheitsbewertung vor Ort im September 2021 festgestellt worden waren, erfolgreich behandelt wurden und damit als behoben angesehen werden können. Angesichts der erzielten Fortschritte hält es die Kommission für ausreichend, dass die CAAM eine jährliche Aktualisierung übermittelt, bis eine andere Entscheidung getroffen werden kann.

(50)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht daher nach Ansicht der Kommission derzeit kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Moldau zu ändern.

(51)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die in Moldau zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

(52)

Sollten relevante Sicherheitsinformationen vorliegen, die unmittelbare Sicherheitsrisiken infolge der mangelnden Einhaltung einschlägiger internationaler Sicherheitsstandards erkennen lassen, könnten weitere Maßnahmen durch die Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 notwendig werden.

Luftfahrtunternehmen aus Pakistan

(53)

Im März 2007 wurde das Luftfahrtunternehmen Pakistan International Airlines auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 235/2007 der Kommission (10) in Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 aufgenommen und im November 2007 auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1400/2007 der Kommission (11) aus dem Anhang gestrichen.

(54)

Aus einer am 24. Juni 2020 vorgelegten Erklärung des pakistanischen Bundesministers für Luftfahrt ging hervor, dass eine große Zahl der von der pakistanischen Zivilluftfahrtbehörde (im Folgenden „PCAA“) erteilten Pilotenlizenzen betrügerisch erlangt wurde.

(55)

Dieser Sachverhalt und die offensichtlich mangelhafte Sicherheitsaufsicht der PCAA haben die Agentur veranlasst, die TCO-Genehmigungen der Pakistan International Airlines und der Vision Air mit Wirkung vom 1. Juli 2020 auszusetzen.

(56)

Am 1. Juli 2020 nahm die Kommission Konsultationen mit der PCAA nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 473/2006 auf. In diesem Zusammenhang hat die Kommission in Zusammenarbeit mit der Agentur und den Mitgliedstaaten eine Reihe von technischer Sitzungen mit der PCAA am 9. Juli und 25. September 2020, am 15. und 16. März 2021, am 15. Oktober 2021 sowie am 16. März 2022 abgehalten.

(57)

Bei diesen Sitzungen wurden verschiedene Fragen erörtert, insbesondere die Aufsicht über die in Pakistan zugelassenen Luftfahrtunternehmen, einschließlich ihres SMS. Die Kommission ersuchte um Informationen und Nachweise, um überprüfen zu können, ob in anderen Bereichen, wie etwa der Lizenzierung von Kabinenbesatzung und Instandhaltungstechnikern oder der Zulassung von Luftfahrtunternehmen, nicht dieselbe Situation herrscht.

(58)

Die mit der PCAA am 16. März 2022 ausgetauschten Informationen konzentrierten sich auf die Ergebnisse des jüngsten Besuchs im Rahmen des ICAO-Programms zur universellen Überprüfung der Sicherheitsaufsicht (USOAP). Die Kommission betonte, dass der Inhalt des Auditberichts gebührend berücksichtigt wird, bevor sie die nächsten Schritte ihres eigenen Konsultationsverfahrens im Hinblick auf die Flugsicherheitsliste festlegt. Während der Sitzung gab die PCAA einen Überblick über die wichtigsten Aspekte des Berichts und verpflichtete sich, den Bericht nach Fertigstellung an die Kommission weiterzuleiten.

(59)

Nach Eingang des Berichts konnte die Kommission feststellen, dass dieser keine Angaben zu den Bereichen enthält, in denen sofortige Abhilfemaßnahmen hätten getroffen werden müssen. Zwar geht aus dem Bericht hervor, dass die PCAA ihren Zuständigkeiten überwiegend nachkommt, doch bleibt festzuhalten, dass die PCAA insbesondere im Bereich der Pilotenlizenz, Leitlinien und Verfahren ändern, ergänzen oder verbessern muss. Darüber hinaus stellt sie fest, dass Pakistan seine nationalen Rechtsvorschriften dahingehend nachbessern muss, dass Bestimmungen über die Durchsetzung und den uneingeschränkten Zugang von Inspektoren aufgenommen werden müssen, damit eine wirksame Aufsicht gewährleistet ist.

(60)

Auf der Grundlage der vorliegenden Informationen und des Austauschs mit der PCAA erkennt die Kommission die Anstrengungen der PCAA an, einen Abhilfemaßnahmenplan festzulegen und die festgestellten Mängel zu beheben. Die Kommission stellt mit Unterstützung der Agentur und der Mitgliedstaaten fest, dass Pakistan nach dem USOAP-Besuch der ICAO derzeit einen umfangreichen Entwicklungsprozess durchläuft, in dessen Verlauf auch seine primären Rechtsvorschriften für den Luftverkehr geändert werden.

(61)

Auf dieser Grundlage wird die Kommission zur Feststellung, ob gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 weitere Maßnahmen erforderlich sind, weiterhin mit der PCAA zusammenarbeiten und die Fortschritte bei der Bewältigung der Sicherheitsaufsicht in Pakistan überwachen. Im Rahmen dieser kontinuierlichen Überwachungstätigkeiten wird festgelegt, wann eine Sicherheitsbewertung der Union vor Ort durchzuführen ist.

(62)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht daher nach Ansicht der Kommission derzeit kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Pakistan zu ändern.

(63)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die in Pakistan zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

(64)

Sollten relevante Sicherheitsinformationen vorliegen, die unmittelbare Sicherheitsrisiken infolge der mangelnden Einhaltung einschlägiger internationaler Sicherheitsstandards erkennen lassen, könnten weitere Maßnahmen durch die Kommission gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 notwendig werden.

Luftfahrtunternehmen aus Russland

(65)

Am 8. April 2022 wurden Luftfahrtunternehmen aus Russland, die eines oder mehrere der in Erwägungsgrund 4 oder 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/594 der Kommission (12) genannten Luftfahrzeuge betrieben hatten, auf der Grundlage jener Durchführungsverordnung in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 aufgenommen.

(66)

Am 28. April 2022 teilte die russische Föderale Luftverkehrsagentur (FATA) der Kommission mit, dass sie alle Vorwürfe, gegen internationale Zivilluftfahrtrichtlinien verstoßen zu haben, sowie die in der Durchführungsverordnung (EU) 2022/594 genannten Sicherheitsbedenken für unbegründet hält. Die FATA legte jedoch keine Informationen zur Untermauerung ihrer Darstellung vor.

(67)

Im Rahmen ihrer kontinuierlichen Überwachungstätigkeiten hat die Kommission festgestellt, dass das Luftfahrtunternehmen I Fly nachweislich und unter Verstoß gegen die einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards Luftfahrzeuge, auf die in Erwägungsgrund 5 der Durchführungsverordnung (EU) 2022/594 Bezug genommen wird, in das Luftfahrzeugregister Russlands eingetragen und wissentlich betrieben hat. Die Eintragung der Luftfahrzeuge in das russische Register erfolgte ohne Zustimmung der Eigentümer und ohne anschließende sicherheitsbezogene Zusammenarbeit mit der irischen Luftfahrtbehörde als anerkanntem Eintragungsstaat für diese Luftfahrzeuge.

(68)

Im Einklang mit der Verordnung (EU) 2022/594 und den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 ist die Kommission der Ansicht, dass die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Russland geändert werden sollte, um I Fly in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 aufzunehmen.

(69)

Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 965/2012 weiterhin die tatsächliche Einhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards durch die von der FATA zugelassenen Luftfahrtunternehmen im Rahmen der Priorisierung von Vorfeldinspektionen dieser Luftfahrtunternehmen überprüfen.

Luftfahrtunternehmen aus Südsudan

(70)

In Südsudan zugelassene Luftfahrtunternehmen wurden noch nie in Anhang A oder Anhang B der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 geführt.

(71)

In Südsudan ist es in den letzten vier Jahren zu vier tödlichen Unfällen und mehreren weiteren Unfällen sowie schweren Störungen gekommen, an denen häufig Flugzeuge mit verdächtigen Eintragungskennzeichen beteiligt waren.

(72)

Am 26. März 2021 nahm die Kommission förmliche Konsultationen mit der Zivilluftfahrtbehörde Südsudans (SSCAA) nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 473/2006 auf.

(73)

Im anschließenden Schriftwechsel teilte die SSCAA mit, dass das Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) von South Sudan Supreme Airlines, dessen Luftfahrzeuge an einem tödlichen Unfall beteiligt waren, ausgesetzt wurde und dass die SSCAA aufgrund eines Verdachts im Zusammenhang mit der Registrierung des an diesem Unfall beteiligten Luftfahrzeugs alle Luftfahrzeugbetreiber und Luftverkehrsbetreiberzeugnisse im Land überprüft. Ferner teilte die SSCAA mit, dass in Bezug auf die Ausarbeitung und Überprüfung von Vorschriften, Handbüchern und Schulungen Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt würden. Am 5. November 2021 wurden Unterlagen vorgelegt, die Informationen über das Inspektions-, Überwachungs- und Auditprogramm der SSCAA sowie Berichte über Überprüfungen bestimmter Luftfahrtunternehmen und über im Ausland registrierte Luftfahrzeuge, die in Südsudan eingesetzt werden, enthalten.

(74)

Am 28. März 2022 übermittelte die SSCAA ihre Antworten auf den von der Kommission am 26. März 2021 übermittelten Fragebogen. Demzufolge muss die SSCAA noch ein wirksames Aufsichtssystem entwickeln und einführen. Die SSCAA weist ferner darauf hin, dass sie zwar weder eine Lizenz noch ein Luftverkehrsbetreiberzeugnis ausgestellt habe und dass es keine in dem Land registrierten Luftfahrzeuge gebe, dass sie aber im Ausland eingetragene Luftfahrzeuge für den Flugbetrieb in Südsudan zugelassen habe. Es liegen keine Belege für eine Aufsichtstätigkeit vor, in deren Folge solche Genehmigungen erteilt oder entsprechende kontinuierliche Überwachungstätigkeiten durchgeführt worden wären.

(75)

Am 22. Februar 2022 unterrichtete die Kommission die SSCAA über ihre Absicht, die Überprüfung der Lage der Aufsicht über die Zivilluftfahrt in Südsudan auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des EU-Flugsicherheitsausschusses zu setzen, und lud die SSCAA zu einer Anhörung vor dem EU-Flugsicherheitsausschuss am 18. Mai 2022 ein.

(76)

In der Anhörung legte die SSCAA der Kommission und dem EU-Flugsicherheitsausschuss einen Überblick über ihre Organisationsstruktur sowie Informationen über die Größe der Luftfahrtindustrie in Südsudan vor. Sie erläuterte die Aufgaben der verschiedenen Direktionen der SSCAA und deren Zuständigkeiten und lieferte allgemeine Informationen über die Personalausstattung der Behörde. Sie erklärte, dass die SSCAA nach wie vor in hohem Maße von der Unterstützung der EAC-CASSOA (East African Community Civil Aviation Safety and Security Oversight Agency) abhängig sei, um Vorschriften für die Zivilluftfahrt zu erlassen und einen wirksamen Aufsichtsprozess zu entwickeln. In diesem Zusammenhang merkte die SSCAA an, dass jede Hilfe und Unterstützung ihrer Bemühungen willkommen wäre.

(77)

Die SSCAA bestätigte, dass sie kein Luftverkehrsbetreiberzeugnis ausgestellt und noch kein Luftfahrzeugregister eingerichtet hat. Die SSCAA teilte jedoch mit, dass sie davon ausgeht, im Anschluss an eine von der EAC-CASSOA ab dem 23. Mai 2022 angebotene Schulung, ein Luftfahrzeugregister einrichten zu können und über die Fähigkeit zu verfügen, Luftfahrtunternehmen auf der Grundlage des 5-Phasen-Zertifizierungsverfahrens gemäß den ICAO-Richtlinien zuzulassen.

(78)

Die SSCAA teilte der Kommission und dem EU-Flugsicherheitsausschuss mit, dass sie ausländischen Luftfahrtunternehmen 24 Betriebsgenehmigungen erteilt habe und dass einige dieser zugelassenen Luftfahrtunternehmen Inlandsflüge im Land durchführten. Offenbar handelt es sich dabei um die einzige Zertifizierungstätigkeit der SSCAA. Die SSCAA erläutert, dass das Verfahren für die Erteilung solcher Genehmigungen mittels Validierung der Luftverkehrsbetreiberzeugnisse erfolgt, die die Prüfung der Unterlagen und die physische Kontrolle der Luftfahrzeuge umfasst. Diese Informationen wurden jedoch nur während der Anhörung vorgelegt, und es konnte nicht überprüft werden, wie das Validierungsverfahren durchgeführt wird.

(79)

Während der Anhörung hat die SSCAA auch ein Beispiel für Durchsetzungsmaßnahmen gegen ein ausländisches Luftfahrtunternehmen angeführt, indem sie die Betriebsgenehmigung widerrufen hat, als sie feststellte, dass das Luftverkehrsbetreiberzeugnis des Luftfahrtunternehmens von der zuständigen Behörde widerrufen worden war.

(80)

Die Kommission und der EU-Flugsicherheitsausschuss haben zur Kenntnis genommen, dass es kein Luftfahrtunternehmen gibt, für das die SSCAA mit der Regulierungsaufsicht betraut ist, da sie kein Luftverkehrsbetreiberzeugnis ausgestellt hat, und dass der gesamte Flugbetrieb im Land von Luftfahrtunternehmen durchgeführt wird, deren Luftverkehrsbetreiberzeugnisse von ausländischen Behörden ausgestellt wurden. Folglich gibt es unter Berücksichtigung der gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 kein von der SSCAA zugelassenes Luftfahrtunternehmen, das für Maßnahmen auf Unionsebene in Frage kommen könnte.

(81)

Darüber hinaus nahmen die Kommission und der EU-Flugsicherheitsausschuss die Hinweise der SSCAA zur Kenntnis, dass sie nicht beabsichtige, Luftverkehrsbetreiberzeugnisse auszustellen, bevor sie über die Zertifizierungs- und Aufsichtsfähigkeiten verfügt, die es ihr ermöglichen würden, die einschlägigen internationalen Sicherheitsrichtlinien um- und durchzusetzen.

(82)

Im Einklang mit den gemeinsamen Kriterien im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 besteht nach Ansicht der Kommission kein Grund, die Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist, in Bezug auf Luftfahrtunternehmen aus Südsudan zu ändern.

(83)

Im Rahmen ihrer kontinuierlichen Überwachung wird die Kommission die Sicherheitslage in Südsudan weiterhin aufmerksam verfolgen. Der EU-Flugsicherheitsausschuss kam zu dem Schluss, dass der Sicherheitslage und den Entwicklungen in Südsudan besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte und dass die SSCAA aufgefordert werden sollte, regelmäßige Berichte über die Fortschritte bei der Festlegung von Vorschriften für die Zivilluftfahrt, der Entwicklung eines wirksamen Verfahrens der Sicherheitsaufsicht und der Fähigkeit zur Ausstellung von Luftverkehrsbetreiberzeugnissen vorzulegen. Sollte die Kommission Kenntnis von einem unmittelbar bevorstehenden Sicherheitsrisiko erlangen, das sich aus einer Nichteinhaltung der einschlägigen internationalen Sicherheitsstandards ergibt, wie z. B. die Ausstellung eines Luftverkehrsbetreiberzeugnisses bei Fehlen einer angemessenen Zertifizierungs- und Aufsichtsfähigkeit der SSCAA, könnten weitere Maßnahmen der Kommission im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 erforderlich werden, etwa die Verhängung einer Betriebsuntersagung gegen die betreffenden Luftfahrtunternehmen und deren Aufnahme in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 474/2006.

(84)

Die Verordnung (EG) Nr. 474/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.

(85)

In den Artikeln 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 wird angesichts der Sicherheitsauswirkungen die Notwendigkeit einer raschen und gegebenenfalls dringlichen Beschlussfassung anerkannt. Zum Schutz sensibler Informationen und der Fluggäste ist es daher unabdingbar, dass die Beschlüsse im Rahmen der Aktualisierung der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung ergangen ist, sofort nach ihrer Annahme veröffentlicht werden und in Kraft treten.

(86)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 eingesetzten EU-Flugsicherheitsausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 474/2006 wird wie folgt geändert:

1.

Anhang A erhält die Fassung des Anhangs I der vorliegenden Verordnung.

2.

Anhang B erhält die Fassung des Anhangs II der vorliegenden Verordnung.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 1. Juni 2022

Für die Kommission,

im Namen der Präsidentin,

Adina VĂLEAN

Mitglied der Kommission


(1)   ABl. L 344 vom 27.12.2005, S. 15.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 474/2006 der Kommission vom 22. März 2006 zur Erstellung der in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates genannten gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 84 vom 23.3.2006, S. 14).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 473/2006 der Kommission vom 22. März 2006 zur Festlegung der Durchführungsbestimmungen bezüglich der in Kapitel II der Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates genannten gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 84 vom 23.3.2006, S. 8).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 452/2014 der Kommission vom 29. April 2014 zur Festlegung von technischen Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den Flugbetrieb von Drittlandsbetreibern gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 133 vom 6.5.2014, S. 12).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 965/2012 der Kommission vom 5. Oktober 2012 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf den Flugbetrieb gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 296 vom 25.10.2012, S. 1).

(6)  Durchführungsverordnung (EU) 2020/736 der Kommission vom 2. Juni 2020 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist oder deren Betrieb in der Union Beschränkungen unterliegt (ABl. L 172 vom 3.6.2020, S. 7).

(7)  Durchführungsverordnung (EU) 2015/2322 der Kommission vom 10. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 zur Erstellung der gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 328 vom 12.12.2015, S. 67).

(8)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/2214 der Kommission vom 8. Dezember 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 334 vom 9.12.2016, S. 6).

(9)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/2070 der Kommission vom 25. November 2021 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist oder deren Betrieb in der Union Beschränkungen unterliegt (ABl. L 421 vom 26.11.2021, S. 31).

(10)  Verordnung (EG) Nr. 235/2007 der Kommission vom 5. März 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 zur Erstellung der gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 66 vom 6.3.2007, S. 3).

(11)  Verordnung (EG) Nr. 1400/2007 der Kommission vom 28. November 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 zur Erstellung der gemeinschaftlichen Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Gemeinschaft eine Betriebsuntersagung ergangen ist (ABl. L 311 vom 29.11.2007, S. 12).

(12)  Durchführungsverordnung (EU) 2022/594 der Kommission vom 8. April 2022 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 474/2006 hinsichtlich der Liste der Luftfahrtunternehmen, gegen die in der Union eine Betriebsuntersagung ergangen ist oder deren Betrieb in der Union Beschränkungen unterliegt (ABl. L 114 vom 12.4.2022, S. 49).


ANHANG I

„ANHANG A

LISTE DER LUFTFAHRTUNTERNEHMEN, DENEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION DER BETRIEB (MIT AUSNAHMEN) UNTERSAGT IST  (1)

Name des Luftfahrtunternehmens gemäß Angabe im Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) (und ggf. im Geschäftsverkehr verwendeter Name, falls abweichend)

Nr. des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC) oder der Betriebsgenehmigung

ICAO-Kennung (3-Buchstaben-Code)

Staat des Luftverkehrsbetreibers

AVIOR AIRLINES

ROI-RNR-011

ROI

Venezuela

BLUE WING AIRLINES

SRBWA-01/2002

BWI

Suriname

IRAN ASEMAN AIRLINES

FS-102

IRC

Iran

IRAQI AIRWAYS

001

IAW

Irak

MED-VIEW AIRLINE

MVA/A/AOC/10-12/05

MEV

Nigeria

AIR ZIMBABWE (PVT)

177/04

AZW

Simbabwe

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Afghanistans, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Afghanistan

ARIANA AFGHAN AIRLINES

AOC 009

AFG

Afghanistan

KAM AIR

AOC 001

KMF

Afghanistan

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Angolas, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, ausgenommen TAAG Angola Airlines und Heli Malongo, einschließlich

 

 

Angola

AEROJET

AO-008/11-07/17 TEJ

TEJ

Angola

GUICANGO

AO-009/11-06/17 YYY

Unbekannt

Angola

AIR JET

AO-006/11-08/18 MBC

MBC

Angola

BESTFLYA AIRCRAFT MANAGEMENT

AO-015/15-06/17YYY

Unbekannt

Angola

HELIANG

AO 007/11-08/18 YYY

Unbekannt

Angola

SJL

AO-014/13-08/18YYY

Unbekannt

Angola

SONAIR

AO-002/11-08/17 SOR

SOR

Angola

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Armeniens, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Armenien

AIRCOMPANY ARMENIA

AM AOC 065

NGT

Armenien

ARMENIA AIRWAYS

AM AOC 063

AMW

Armenien

ARMENIAN HELICOPTERS

AM AOC 067

KAV

Armenien

FLYONE ARMENIA

AM AOC 074

 

Armenien

NOVAIR

AM AOC 071

NAI

Armenien

SHIRAK AVIA

AM AOC 072

SHS

Armenien

SKYBALL

AM AOC 073

k. A.

Armenien

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Kongos (Brazzaville), die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Kongo (Brazzaville)

CANADIAN AIRWAYS CONGO

CG-CTA 006

TWC

Kongo (Brazzaville)

EQUAFLIGHT SERVICES

CG-CTA 002

EKA

Kongo (Brazzaville)

EQUAJET

RAC06-007

EKJ

Kongo (Brazzaville)

TRANS AIR CONGO

CG-CTA 001

TSG

Kongo (Brazzaville)

SOCIETE NOUVELLE AIR CONGO

CG-CTA 004

Unbekannt

Kongo (Brazzaville)

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo), die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Demokratische Republik Kongo

AIR FAST CONGO

AAC/DG/OPS-09/03

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

AIR KATANGA

AAC/DG/OPS-09/08

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

BUSY BEE CONGO

AAC/DG/OPS-09/04

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

COMPAGNIE AFRICAINE D’AVIATION (CAA)

AAC/DG/OPS-09/02

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

CONGO AIRWAYS

AAC/DG/OPS-09/01

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

KIN AVIA

AAC/DG/OPS-09/10

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

MALU AVIATION

AAC/DG/OPS-09/05

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

SERVE AIR CARGO

AAC/DG/OPS-09/07

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

SWALA AVIATION

AAC/DG/OPS-09/06

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo

MWANT JET

AAC/DG/OPS-09/09

Unbekannt

Demokratische Republik Kongo (DR Kongo)

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Dschibutis, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Dschibuti

DAALLO AIRLINES

Unbekannt

DAO

Dschibuti

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Äquatorialguineas, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Äquatorialguinea

CEIBA INTERCONTINENTAL

2011/0001/MTTCT/DGAC/SOPS

CEL

Äquatorialguinea

CRONOS AIRLINES

2011/0004/MTTCT/DGAC/SOPS

Unbekannt

Äquatorialguinea

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Eritreas, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Eritrea

ERITREAN AIRLINES

AOC No 004

ERT

Eritrea

NASAIR ERITREA

AOC No 005

NAS

Eritrea

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Kirgisistans, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Kirgisistan

AEROSTAN

08

BSC

Kirgisistan

AIR COMPANY AIR KG

50

Unbekannt

Kirgisistan

AIR MANAS

17

MBB

Kirgisistan

AVIA TRAFFIC COMPANY

23

AVJ

Kirgisistan

FLYSKY AIRLINES

53

FSQ

Kirgisistan

HELI SKY

47

HAC

Kirgisistan

KAP.KG AIRCOMPANY

52

KGS

Kirgisistan

SKY KG AIRLINES

41

KGK

Kirgisistan

TEZ JET

46

TEZ

Kirgisistan

VALOR AIR

07

VAC

Kirgisistan

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Liberias, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden

 

 

Liberia

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Libyens, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Libyen

AFRIQIYAH AIRWAYS

007/01

AAW

Libyen

AIR LIBYA

004/01

TLR

Libyen

AL MAHA AVIATION

030/18

Unbekannt

Libyen

BERNIQ AIRWAYS

032/21

BNL

Libyen

BURAQ AIR

002/01

BRQ

Libyen

GLOBAL AIR TRANSPORT

008/05

GAK

Libyen

HALA AIRLINES

033/21

HTP

Libyen

LIBYAN AIRLINES

001/01

LAA

Libyen

LIBYAN WINGS AIRLINES

029/15

LWA

Libyen

PETRO AIR

025/08

PEO

Libyen

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Nepals, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Nepal

AIR DYNASTY HELI. S.

035/2001

Unbekannt

Nepal

ALTITUDE AIR

085/2016

Unbekannt

Nepal

BUDDHA AIR

014/1996

BHA

Nepal

FISHTAIL AIR

017/2001

Unbekannt

Nepal

SUMMIT AIR

064/2010

Unbekannt

Nepal

HELI EVEREST

086/2016

Unbekannt

Nepal

HIMALAYA AIRLINES

084/2015

HIM

Nepal

KAILASH HELICOPTER SERVICES

087/2018

Unbekannt

Nepal

MAKALU AIR

057A/2009

Unbekannt

Nepal

MANANG AIR PVT

082/2014

Unbekannt

Nepal

MOUNTAIN HELICOPTERS

055/2009

Unbekannt

Nepal

PRABHU HELICOPTERS

081/2013

Unbekannt

Nepal

NEPAL AIRLINES CORPORATION

003/2000

RNA

Nepal

SAURYA AIRLINES

083/2014

Unbekannt

Nepal

SHREE AIRLINES

030/2002

SHA

Nepal

SIMRIK AIR

034/2000

Unbekannt

Nepal

SIMRIK AIRLINES

052/2009

RMK

Nepal

SITA AIR

033/2000

Unbekannt

Nepal

TARA AIR

053/2009

Unbekannt

Nepal

YETI AIRLINES

037/2004

NYT

Nepal

Die folgenden Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Russlands, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden.

 

 

Russland

AURORA AIRLINES

486

SHU

Russland

AVIACOMPANY ‚AVIASTAR-TU‘ CO. LTD

458

TUP

Russland

IZHAVIA

479

IZA

Russland

JSC ‚AIR COMPANY YAKUTIA‘

464

SYL

Russland

JSC ‚RUSJET‘

498

RSJ

Russland

JSC ‚UVT AERO‘

567

UVT

Russland

JSC ‚SIBERIA AIRLINES‘

31

SBI

Russland

JSC ‚SMARTAVIA AIRLINES‘

466

AUL

Russland

JSC ‚IRAERO AIRLINES‘

480

IAE

Russland

JSC ‚URAL AIRLINES‘

18

SVR

Russland

JSC ‚ALROSA AIR COMPANY‘

230

DRU

Russland

JSC ‚NORDSTAR AIRLINES‘

452

TYA

Russland

JS AVIATION COMPANY ‚RUSLINE‘

225

RLU

Russland

JSC YAMAL AIRLINES

142

LLM

Russland

LLC ‚NORD WIND‘

516

NWS

Russland

LLC ‚AIR COMPANYANY IKAR‘

36

KAR

Russland

LTD. I FLY

533

RSY

Russland

POBEDA AIRLINES, LLC

562

PBD

Russland

PUBLIC JSC ‚AEROFLOT — RUSSIAN AIRLINES‘

1

AFL

Russland

ROSSIYA AIRLINES, JSC

2

SDM

Russland

SKOL AIRLINES LLC

228

CDV

Russland

UTAIR AVIATION, JSC

6

UTA

Russland

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden São Tomés und Príncipes, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

São Tomé und Príncipe

AFRICA'S CONNECTION

10/AOC/2008

ACH

São Tomé und Príncipe

STP AIRWAYS

03/AOC/2006

STP

São Tomé und Príncipe

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden Sierra Leones, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden

 

 

Sierra Leone

Alle Luftfahrtunternehmen, die von den Behörden des Sudans, die für die Regulierungsaufsicht zuständig sind, zugelassen wurden, einschließlich

 

 

Sudan

ALFA AIRLINES SD

54

AAJ

Sudan

BADR AIRLINES

35

BDR

Sudan

BLUE BIRD AVIATION

11

BLB

Sudan

ELDINDER AVIATION

8

DND

Sudan

GREEN FLAG AVIATION

17

GNF

Sudan

HELEJETIC AIR

57

HJT

Sudan

KATA AIR TRANSPORT

9

KTV

Sudan

KUSH AVIATION CO.

60

KUH

Sudan

NOVA AIRWAYS

46

NOV

Sudan

SUDAN AIRWAYS CO.

1

SUD

Sudan

SUN AIR

51

SNR

Sudan

TARCO AIR

56

TRQ

Sudan


(1)  Den in Anhang A aufgeführten Luftfahrtunternehmen kann es gestattet werden, Verkehrsrechte durch den Einsatz betriebsbereit gecharterter Luftfahrzeuge (Wet-Lease) eines Luftfahrtunternehmens auszuüben, das keinem Betriebsverbot unterliegt, sofern die einschlägigen Sicherheitsnormen eingehalten werden.


ANHANG II

„ANHANG B

LISTE DER LUFTFAHRTUNTERNEHMEN, DEREN BETRIEB IN DER EUROPÄISCHEN UNION BESCHRÄNKUNGEN UNTERLIEGT  (1)

Name des Luftfahrtunternehmens gemäß Angabe im Luftverkehrsbetreiberzeugnis (AOC) (und ggf. im Geschäftsverkehr verwendeter Name, falls abweichend)

Nr. des Luftverkehrsbetreiberzeugnisses (AOC)

ICAO-Kennung (3-Buchstaben-Code)

Staat des Luftfahrzeugbetreibers

Muster des Luftfahrzeugs, für das die Beschränkungen gelten

Eintragungskennzeichen und ggf. Seriennummer des Luftfahrzeugs, für das die Beschränkungen gelten

Eintragungsstaat

IRAN AIR

FS100

IRA

Iran

Alle Luftfahrzeuge des Musters Fokker F100 und des Musters Boeing B747

Luftfahrzeuge des Musters Fokker F100, wie im AOC angegeben; Luftfahrzeuge des Musters Boeing B747, wie im AOC angegeben

Iran

AIR KORYO

GAC-AOC/KOR-01

KOR

Nordkorea

Gesamte Flotte mit Ausnahme von: 2 Luftfahrzeugen des Musters TU-204

Gesamte Flotte mit Ausnahme von: P-632, P-633

Nordkorea


(1)  Den in Anhang B aufgeführten Luftfahrtunternehmen kann es gestattet werden, Verkehrsrechte durch den Einsatz betriebsbereit gecharterter Luftfahrzeuge (Wet-Lease) eines Luftfahrtunternehmens auszuüben, das keinem Betriebsverbot unterliegt, sofern die einschlägigen Sicherheitsnormen eingehalten werden.


BESCHLÜSSE

2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/62


BESCHLUSS (EU) 2022/863 DES RATES

vom 24. Mai 2022

über den im Namen der Europäischen Union in dem durch das Übereinkommen vom 20. Mai 1987 über ein gemeinsames Versandverfahren eingesetzten Gemischten Ausschuss EU-CTC in Bezug auf Änderungen dieses Übereinkommens zu vertretenden Standpunkt

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Übereinkommen über ein gemeinsames Versandverfahren (im Folgenden „Übereinkommen“) (1) wurde von der Union mit dem Beschluss 87/415/EWG des Rates (2) geschlossen und ist am 1. Januar 1988 in Kraft getreten.

(2)

Gemäß Artikel 15 Absatz 3 Buchstabe a des Übereinkommens kann der gemäß Artikel 14 Absatz 1 des Übereinkommens eingesetzte Gemischte Ausschuss (im Folgenden „Gemischter Ausschuss EU-CTC“) Änderungen der Anlagen zum Übereinkommen beschließen.

(3)

Der Gemischte Ausschuss EU-CTC soll Anfang 2022 einen Beschluss zur Änderung der Anlagen I, IIIa und IV zum Übereinkommen fassen.

(4)

Es ist zweckmäßig, den im Namen der Union im Gemischten Ausschuss EU-CTC zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da der Beschluss in der Union Rechtswirkung haben wird. Da der Gemischte Ausschuss EU-CTC in der Regel nur einmal jährlich zusammentritt, sollte der Standpunkt der Union entweder in einer künftigen Sitzung oder im schriftlichen Verfahren zum Ausdruck gebracht werden können.

(5)

Anhang B der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission (3) und Anhang B der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission (4) wurden durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/234 der Kommission (5) bzw. durch die Durchführungsverordnung (EU) 2021/235 der Kommission (6) geändert. In diesen Anhängen werden die gemeinsamen Datenanforderungen, Formate und Codes für die Versandanmeldung festgelegt, um die gemeinsamen Datenelemente für die Speicherung von Informationen und deren Austausch zwischen den Zollbehörden sowie zwischen Zollbehörden und Wirtschaftsbeteiligten besser zu harmonisieren. Diese Änderungen waren notwendig, um die Interoperabilität der elektronischen Zollsysteme, die für die verschiedenen Arten von Anmeldungen und Mitteilungen verwendet werden, zu gewährleisten. Anlage IIIa zum Übereinkommen, die Anhang B der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 und Anhang B der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 wiedergibt, sollte daher entsprechend geändert werden.

(6)

Die Änderungen der Anlage IIIa zum Übereinkommen erforderten eine Neunummerierung von Absätzen und Abschnitten. Daher sollten die Verweise auf Anlage IIIa in Anlage I zum Übereinkommen an die neue Nummerierung angepasst werden.

(7)

In Anlage IV zum Übereinkommen sind die Vorschriften für die Amtshilfe bei der Vollstreckung von Forderungen festgelegt. Diese Vorschriften sind wichtig, da sie die finanziellen Interessen der Länder des gemeinsamen Versandverfahrens, der Union und der Mitgliedstaaten schützen. Diese Regeln sollten überarbeitet werden, um sie an die entsprechenden Unionsvorschriften anzugleichen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Standpunkt, der im Namen der Union auf einer der nächsten Sitzungen des Gemischten Ausschusses EU-CTC oder in einem schriftlichen Verfahren des Gemischten Ausschusses EU-CTC zu vertreten ist, beruht auf dem Entwurf eines Beschlusses des Gemischten Ausschusses EU-CTC, der dem vorliegenden Beschluss beigefügt ist. (7)

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 24. Mai 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. LE MAIRE


(1)   ABl. L 226 vom 13.8.1987, S. 2.

(2)  Beschluss 87/415/EWG des Rates vom 15. Juni 1987 über den Abschluss des Übereinkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Republik Österreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Königreich Norwegen, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über ein gemeinsames Versandverfahren (ABl. L 226 vom 13.8.1987, S. 1).

(3)  Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28. Juli 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 1).

(4)  Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 343 vom 29.12.2015, S. 558).

(5)  Delegierte Verordnung (EU) 2021/234 der Kommission vom 7. Dezember 2020 zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 im Hinblick auf gemeinsame Datenanforderungen und der Delegierten Verordnung (EU) 2016/341 im Hinblick auf die auf bestimmten Vordrucken zu verwendenden Codes (ABl. L 63 vom 23.2.2021, S. 1).

(6)  Durchführungsverordnung (EU) 2021/235 der Kommission vom 8. Februar 2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 im Hinblick auf Formate und Codes gemeinsamer Datenanforderungen, bestimmte Vorschriften für die Überwachung und die zuständige Zollstelle für die Überführung von Waren in ein Zollverfahren (ABl. L 63 vom 23.2.2021, S. 386).

(7)  Siehe Dokument ST 7680/22 ADD 1. at http://register.consilium.europa.eu


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/64


BESCHLUSS (EU) 2022/864 DES RATES

vom 24. Mai 2022

zur Änderung des Beschlusses 1999/70/EG über die externen Rechnungsprüfer der nationalen Zentralbanken hinsichtlich der externen Rechnungsprüfer der Lietuvos bankas

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügte Protokoll Nr. 4 über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf Artikel 27.1,

gestützt auf die Empfehlung der Europäischen Zentralbank vom 29. März 2022 an den Rat der Europäischen Union zu den externen Rechnungsprüfern der Lietuvos bankas (EZB/2022/15) (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Jahresabschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, müssen von unabhängigen externen Rechnungsprüfern geprüft werden, die vom EZB-Rat empfohlen und vom Rat der Europäischen Union anerkannt werden.

(2)

Das Mandat der gegenwärtigen externen Rechnungsprüfer der Lietuvos bankas, Ernst & Young Baltic UAB, endete nach der Rechnungsprüfung für das Geschäftsjahr 2021. Es ist deshalb erforderlich, externe Rechnungsprüfer ab dem Geschäftsjahr 2022 zu bestellen.

(3)

Die Lietuvos bankas hat UAB ROSK Consulting als externe Rechnungsprüfer für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 ausgewählt.

(4)

Der EZB-Rat hat empfohlen, UAB ROSK Consulting als externe Rechnungsprüfer der Lietuvos bankas für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 zu bestellen.

(5)

Gemäß der Empfehlung des EZB-Rates sollte der Beschluss 1999/70/EG des Rates (2) entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 1 Absatz 19 des Beschlusses 1999/70/EG erhält folgende Fassung:

„(19)   UAB ROSK Consulting wird als der externe Rechnungsprüfer der Lietuvos bankas für die Geschäftsjahre 2022 bis 2024 anerkannt.“

Artikel 2

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Bekanntgabe wirksam.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Europäische Zentralbank gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 24. Mai 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. LE MAIRE


(1)   ABl. C 153 vom 7.4.2022, S. 7.

(2)  Beschluss 1999/70/EG des Rates vom 25. Januar 1999 über die externen Rechnungsprüfer der nationalen Zentralbanken (ABl. L 22 vom 29.1.1999, S. 69).


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/66


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/865 DES RATES

vom 24. Mai 2022

zur Ermächtigung der Tschechischen Republik, eine von Artikel 287 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem abweichende Sondermaßnahme einzuführen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (1), insbesondere auf Artikel 395 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 287 Nummer 7 der Richtlinie 2006/112/EG ermächtigt die Tschechische Republik (Tschechien), Steuerpflichtigen, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 35 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, eine Mehrwertsteuerbefreiung zu gewähren.

(2)

Mit einem am 23. November 2021 bei der Kommission registrierten Schreiben beantragte Tschechien die Ermächtigung, eine von Artikel 287 Nummer 7 der Richtlinie 2006/112/EG abweichende Sondermaßnahme einzuführen, um Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 85 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, von der Mehrwertsteuer zu befreien (im Folgenden „Sondermaßnahme“). Die Sondermaßnahme würde bis zum 31. Dezember 2024 gelten, dem Zeitpunkt, bis zu dem die Mitgliedstaaten die Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates (2) umsetzen müssen. Aus der vorgenannten Richtlinie ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten ab dem 1. Januar 2025 die Lieferung von Gegenständen und die Erbringung von Dienstleistungen durch Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz in einem bestimmten Mitgliedstaat einen Schwellenwert von 85 000 EUR oder den Gegenwert in Landeswährung nicht übersteigt, von der Mehrwertsteuer befreien dürfen.

(3)

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2021 übermittelte die Kommission gemäß Artikel 395 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2006/112/EG den Antrag Tschechiens an die anderen Mitgliedstaaten. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2021 teilte die Kommission Tschechien mit, dass sie über alle für die Beurteilung des Antrags erforderlichen Angaben verfügt.

(4)

Die Sondermaßnahme steht in Einklang mit der Richtlinie (EU) 2020/285, die darauf abzielt, den Befolgungsaufwand für Kleinunternehmen zu verringern und Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu vermeiden.

(5)

Die Sondermaßnahme wird für die Steuerpflichtigen fakultativ bleiben, da diese sich gemäß Artikel 290 der Richtlinie 2006/112/EG nach wie vor für die normale Mehrwertsteuerregelung entscheiden können.

(6)

Den von Tschechien vorgelegten Informationen zufolge wird die Sondermaßnahme den Gesamtbetrag der von Tschechien auf der Stufe des Endverbrauchs erhobenen Steuer nur in unerheblichem Maße beeinflussen.

(7)

Nach Inkrafttreten der Verordnung (EU, Euratom) 2021/769 des Rates (3) wird Tschechien ab dem Haushaltsjahr 2022 keine Ausgleichsberechnung in Bezug auf die Grundlage für die Mehrwertsteuereigenmittel vornehmen.

(8)

Da Tschechien davon ausgeht, dass die Sondermaßnahme zu einer Reduzierung der Mehrwertsteuerpflichten und somit zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwands und der Befolgungskosten sowohl für Kleinunternehmen als auch für die Steuerbehörden führen wird, und da keine größeren Einbußen bei den Mehrwertsteuergesamteinnahmen zu erwarten sind, sollte Tschechien ermächtigt werden, die Sondermaßnahme einzuführen.

(9)

Die Anwendung der Sondermaßnahme sollte zeitlich befristet sein. Diese Befristung sollte ausreichend bemessen sein, damit die Kommission die Wirksamkeit und Eignung des Schwellenwertes beurteilen kann. Zudem müssen die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2020/285 bis zum 31. Dezember 2024 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen und veröffentlichen, um Artikel 1 der genannten Richtlinie nachzukommen, mit dem die Richtlinie 2006/112/EG geändert wird und einfachere Mehrwertsteuervorschriften für Kleinunternehmen festgelegt werden, und diese Vorschriften ab dem 1. Januar 2025 anwenden. Tschechien sollte daher ermächtigt werden, die Sondermaßnahme bis zum 31. Dezember 2024 anzuwenden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 287 Nummer 7 der Richtlinie 2006/112/EG wird Tschechien ermächtigt, Steuerpflichtige, deren Jahresumsatz den in Landeswährung ausgedrückten Gegenwert von 85 000 EUR zu dem am Beitrittstag geltenden Umrechnungskurs nicht übersteigt, von der Mehrwertsteuer zu befreien.

Artikel 2

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Bekanntgabe wirksam.

Er gilt bis zum 31. Dezember 2024.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Tschechische Republik gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 24. Mai 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

B. LE MAIRE


(1)   ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1.

(2)  Richtlinie (EU) 2020/285 des Rates vom 18. Februar 2020 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen und der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 in Bezug auf die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und den Informationsaustausch zur Überwachung der ordnungsgemäßen Anwendung der Sonderregelung für Kleinunternehmen (ABl. L 62 vom 2.3.2020, S. 13).

(3)  Verordnung (EU, Euratom) 2021/769 des Rates vom 30. April 2021 zur Änderung der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1553/89 über die endgültige einheitliche Regelung für die Erhebung der Mehrwertsteuereigenmittel (ABl. L 165 vom 11.5.2021, S. 9).


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/68


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2022/866 DER KOMMISSION

vom 25. Mai 2022

in Bezug auf die ungelösten Einwände hinsichtlich der Bedingungen für die Erteilung einer Zulassung für das Biozidprodukt Primer PIP gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2022) 3318)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (1), insbesondere auf Artikel 36 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 11. März 2016 stellte das Unternehmen Lanxess Deutschland GmbH (im Folgenden „Antragsteller“) gemäß Artikel 34 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 in Frankreich einen Antrag auf zeitlich parallele gegenseitige Anerkennung des Biozidprodukts Primer PIP (im Folgenden „Biozidprodukt“). Das Biozidprodukt ist ein Holzschutzmittel der Produktart 8 zur vorbeugenden Behandlung gegen holzverfärbende Pilze, holzzerstörende Basidiomyceten und Holzbohrkäfer (Larven). Das Biozidprodukt wird durch manuelles Eintauchen, automatisches Eintauchen oder automatisches Sprühen verwendet und enthält als Wirkstoffe Propiconazol, IPBC und Permethrin. Deutschland ist der Referenzmitgliedstaat, der für die Bewertung des Antrags gemäß Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zuständig ist.

(2)

Am 9. März 2020 übermittelte Frankreich gemäß Artikel 35 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 der Koordinierungsgruppe Einwände, denen zufolge die von Deutschland für die Zulassung vorgeschriebenen Bedingungen nicht gewährleisten, dass das Biozidprodukt die Voraussetzung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der genannten Verordnung erfüllt. Frankreich vertritt die Auffassung, dass zur Gewährleistung der sicheren Handhabung des Biozidprodukts das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung, bestehend aus chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) und einem Schutzanzug, mindestens des Typs-6 gemäß der Europäischen Norm EN 13034, für die Verwendung durch manuelles Eintauchen und automatisches Sprühen erforderlich sei, dass das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung, bestehend aus chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) für die Verwendung durch automatisches Eintauchen erforderlich sei und dass das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen für die anschließende manuelle Verarbeitung des frisch behandelten Holzes erforderlich sei. Frankreich zufolge kann die Ergreifung technischer und organisatorischer Maßnahmen im Sinne der Richtlinie 98/24/EG des Rates (2) als möglicher Ersatz für das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung keinen ausreichenden Schutz gewährleisten, wenn diese Maßnahmen nicht im Rahmen der Bewertung des Biozidprodukts spezifiziert und bewertet werden.

(3)

Deutschland ist der Auffassung, dass die Richtlinie 98/24/EG die bevorzugte Rangfolge verschiedener Risikobegrenzungsmaßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmern vorgebe und der Ergreifung technischer und organisatorischer Maßnahmen bei der Handhabung des Biozidprodukts Priorität vor dem Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung einräume. Deutschland zufolge hat gemäß der genannten Richtlinie der Arbeitgeber darüber zu entscheiden, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen sind, und angesichts der breiten Palette solcher Maßnahmen sei es nicht praktikabel, die Maßnahmen in der Zulassung des Biozidprodukts zu beschreiben und zu bewerten.

(4)

Da in der Koordinierungsgruppe keine Einigung erzielt werden konnte, befasste Deutschland am 28. Oktober 2020 gemäß Artikel 36 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 die Kommission mit den ungelösten Einwänden. Es übermittelte ihr gleichzeitig eine detaillierte Darstellung des Punktes, über den keine Einigung unter den Mitgliedstaaten erzielt werden konnte, sowie die Gründe für die unterschiedlichen Auffassungen. Diese Darstellung wurde den betroffenen Mitgliedstaaten und dem Antragsteller übermittelt.

(5)

Gemäß Artikel 2 Absatz 3 Buchstaben b und c der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 gilt die genannte Verordnung unbeschadet der Richtlinie 89/391/EWG des Rates (3) und der Richtlinie 98/24/EG.

(6)

In Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 ist als eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Zulassung festgelegt, dass das Biozidprodukt weder selbst noch aufgrund seiner Rückstände unannehmbare Wirkungen auf die menschliche Gesundheit haben darf.

(7)

Gemäß Anhang VI Nummer 9 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 soll die Anwendung der in dem genannten Anhang dargelegten gemeinsamen Grundsätze für die Bewertung von Dossiers für Biozidprodukte nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung in Verbindung mit den übrigen Bedingungen nach deren Artikel 19 dazu führen, dass die zuständigen Behörden oder die Kommission entscheiden, ob ein Biozidprodukt zugelassen werden kann. Eine solche Zulassung kann Anwendungsbeschränkungen für das Biozidprodukt oder sonstige Auflagen enthalten.

(8)

Gemäß Anhang VI Nummer 18 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 werden mit der Risikobewertung des Produkts die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz von Menschen, Tieren und der Umwelt sowohl bei der vorgeschlagenen normalen Verwendung des Biozidprodukts als auch in einer realistischen Worst-case-Situation bestimmt.

(9)

Gemäß Anhang VI Nummer 56 Unterpunkt 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 kann die bewertende Stelle bei der Feststellung der Übereinstimmung mit den Kriterien nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b der genannten Verordnung unter anderem zu der Schlussfolgerung gelangen, dass das Biozidprodukt vorbehaltlich besonderer Bedingungen/Einschränkungen die Kriterien erfüllen kann.

(10)

Gemäß Anhang VI Nummer 62 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 hat die bewertende Stelle gegebenenfalls den Schluss zu ziehen, dass das Kriterium nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der genannten Verordnung nur bei Anwendung von Präventiv- und Schutzmaßnahmen erfüllt werden kann, und zwar in Bezug auf die Gestaltung der Arbeitsabläufe, technische Schutzmaßnahmen, die Verwendung angemessener Ausrüstung und Materialien, die Anwendung kollektiver Schutzmaßnahmen und — wenn die Exposition auf anderem Wege nicht verhindert werden kann — die Anwendung individueller Schutzmaßnahmen, so z. B. das Tragen einer persönlicher Schutzausrüstung wie Atemgeräte, Atemschutzmasken, Overalls, Handschuhe und Schutzbrillen, um die Exposition für berufsmäßige Verwender zu verringern.

(11)

In Anhang VI Nummer 62 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 ist jedoch nicht festgelegt, dass die Bewertung, die zu der Schlussfolgerung führt, dass das Kriterium nach Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der genannten Verordnung nur bei Anwendung von Präventiv- und Schutzmaßnahmen erfüllt werden kann, im Einklang mit der Richtlinie 98/24/EG erfolgen muss. Ebenso wenig ist dort ausdrücklich festgelegt, dass die genannte Richtlinie keine Anwendung findet. Daher sollte aus diesen Bestimmungen nicht geschlossen werden, dass die Richtlinie 98/24/EG nicht gilt. Außerdem obliegen die einschlägigen Pflichten aus der Richtlinie 98/24/EG nicht den Behörden der Mitgliedstaaten, sondern den Arbeitgebern.

(12)

Gemäß Artikel 4 der Richtlinie 98/24/EG müssen sich Arbeitgeber zur Bewertung des Risikos für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer durch das Vorhandensein chemischer Arbeitsstoffe die erforderlichen zusätzlichen Informationen beim Lieferanten oder aus anderen ohne Weiteres verfügbaren Quellen beschaffen; gegebenenfalls gehört zu diesen Informationen auch die besondere Bewertung des Risikos für die Verwender, die auf der Grundlage von Unionsvorschriften für chemische Stoffe erstellt wird.

(13)

Artikel 6 der Richtlinie 98/24/EG legt die Rangfolge der Maßnahmen fest, die der Arbeitgeber zum Schutz der Arbeitnehmer gegen die Risiken im Zusammenhang mit chemischen Arbeitsstoffen bei der Arbeit zu ergreifen hat. Priorität ist der Substitution des gefährlichen Stoffs einzuräumen; sollte dies nicht möglich sein, muss das von einem gefährlichen chemischen Arbeitsstoff ausgehende Risiko für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit durch die Anwendung von Schutz- und Vorbeugungsmaßnahmen auf ein Mindestmaß verringert werden. Kann die Exposition gegenüber dem gefährlichen Stoff nicht durch andere Mittel verhindert werden, so ist der Schutz der Arbeitnehmer durch individuelle Schutzmaßnahmen, die auch eine persönliche Schutzausrüstung umfassen, zu gewährleisten.

(14)

Unter Berücksichtigung der Anwendungsmethoden des Biozidprodukts und der von der bewertenden Stelle verfügbaren Informationen wurden solche technischen oder organisatorischen Maßnahmen weder im Antrag auf Zulassung des Biozidprodukts noch während der Bewertung des genannten Antrags identifiziert.

(15)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass das Biozidprodukt die Voraussetzung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 erfüllt, sofern folgende Verwendungsbedingung in die Zulassung und in das Etikett des Biozidprodukts aufgenommen wird: „Das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) und einem Schutzanzug, mindestens des Typs-6 gemäß der Europäischen Norm EN 13034, ist für die Verwendung durch manuelles Eintauchen und automatisches Sprühen erforderlich; das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) ist für die Verwendung durch automatisches Eintauchen erforderlich und das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) ist für die anschließende manuelle Verarbeitung des frisch behandelten Holzes erforderlich. Dies gilt unbeschadet der Anwendung der Richtlinie 98/24/EG des Rates und anderer Unionsvorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durch die Arbeitgeber.“

(16)

Falls jedoch der Antragsteller wirksame technische oder organisatorische Maßnahmen identifiziert und die Zulassungsbehörde darin übereinstimmt, dass diese Maßnahmen zu einer gleichwertigen oder stärkeren Expositionsminderung führen, oder die Zulassungsbehörde selbst Maßnahmen identifiziert, die zu einer gleichwertigen oder stärkeren Expositionsminderung führen, sollten diese Maßnahmen das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung ersetzen und sowohl in der Zulassung als auch auf dem Etikett des Biozidprodukts angegeben werden.

(17)

Am 15. Februar 2021 gab die Kommission dem Antragsteller gemäß Artikel 36 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 die Gelegenheit, schriftlich Stellung zu nehmen. Der Antragsteller hat keine Stellungnahme abgegeben.

(18)

Die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Biozidprodukte —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das mit der Nummer BC-XP022475-16 in das Register für Biozidprodukte eingetragene Biozidprodukt erfüllt die Voraussetzung gemäß Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EU) Nr. 528/2012, sofern folgende Verwendungsbedingung in die Zulassung und in das Etikett des Biozidprodukts aufgenommen wird: „Das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) und einem Schutzanzug, mindestens des Typs-6 gemäß der Europäischen Norm EN 13034, ist für die Verwendung durch manuelles Eintauchen und automatisches Sprühen erforderlich; das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) ist für die Verwendung durch automatisches Eintauchen erforderlich und das Tragen von chemikalienbeständigen, den Anforderungen der Europäischen Norm EN 374 entsprechenden Schutzhandschuhen (das Handschuhmaterial ist vom Zulassungsinhaber in der Produktinformation anzugeben) ist für die anschließende manuelle Verarbeitung des frisch behandelten Holzes erforderlich. Dies gilt unbeschadet der Anwendung der Richtlinie 98/24/EG des Rates und anderer Unionsvorschriften im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz durch die Arbeitgeber.“

Falls jedoch der Antragsteller technische oder organisatorische Maßnahmen identifiziert und die Zulassungsbehörde darin übereinstimmt, dass diese Maßnahmen die Exposition in gleichem Maße oder stärker mindern wie bzw. als das Tragen der in Absatz 1 genannten Schutzausrüstung, oder die Zulassungsbehörde selbst solche Maßnahmen identifiziert, die dazu führen, dass die Exposition in gleichem Maße oder stärker gemindert wird wie bzw. als das Tragen der in Absatz 1 genannten Schutzausrüstung, ersetzen diese Maßnahmen das Tragen der genannten persönlichen Schutzausrüstung und werden sowohl in der Zulassung als auch auf dem Etikett des Biozidprodukts angegeben. In diesem Fall entfällt die Verpflichtung zur Aufnahme der Verwendungsbedingung für das Biozidprodukt gemäß Absatz 1.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Brüssel, den 25. Mai 2022

Für die Kommission

Stella KYRIAKIDES

Mitglied der Kommission


(1)   ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1.

(2)  Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (vierzehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11).

(3)  Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1).


EMPFEHLUNGEN

2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/72


EMPFEHLUNG (EU) 2022/867 DER KOMMISSION

vom 1. Juni 2022

zum Inverkehrbringen von Erdölsicherheitsvorräten durch die Mitgliedstaaten nach der Invasion der Ukraine

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 292,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Richtlinie 2009/119/EG des Rates (1) soll durch zuverlässige und transparente Mechanismen, die auf der Solidarität der Mitgliedstaaten beruhen, ein hohes Maß an Sicherheit bei der Erdölversorgung in der Union gewährleistet werden. Insbesondere sind in der Richtlinie Regeln und Verfahren festgelegt, die im Notfall anzuwenden sind. Am 1. März und 1. April 2022 beschloss der Verwaltungsrat der IEA koordinierte Sicherheitsvorratspläne für das Inverkehrbringen von 60 bzw. 120 Mio. Barrel Erdöl. (2)

(2)

Die Kommission und die Mitgliedstaaten erörterten in vier Sitzungen der Koordinierungsgruppe „Erdöl“ (am 22. und 25. Februar sowie am 2. und 31. März) die Chancen, erwarteten Vorteile und Auswirkungen der gemeinsamen Maßnahme der IEA. Mit Schreiben vom 4. März und 5. April 2022 an die Koordinierungsgruppe „Erdöl“ erinnerten die Kommissionsdienststellen die Mitgliedstaaten an die nach Unionsrecht geltenden einschlägigen Bestimmungen und Verpflichtungen.

(3)

Achtzehn Mitgliedstaaten (darunter zwei Mitgliedstaaten, die nicht Mitglied der IEA sind) beteiligten sich an der gemeinsamen Maßnahme der IEA und sagten freiwillige Beiträge von etwa 40 Mio. Barrel Rohöläquivalent zu.

(4)

Die derzeit in der Union gehaltenen Erdölsicherheitsvorräte sind die niedrigsten seit 2013. Gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2009/119/EG spiegeln sie die Nettoeinfuhren von Erdöl und Erdölerzeugnissen im Jahr 2020 wider, die aufgrund des geringeren Verbrauchs infolge der Hygienemaßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie (Ausgangsbeschränkungen und eine geringere Mobilität) ungewöhnlich niedrig waren. Die Mengen an Erdöl und Erdölerzeugnissen, die erforderlich sind, um der neuen jährlichen Bevorratungsverpflichtung nachzukommen, die ab dem 1. Juli 2022 für einen Zeitraum von zwölf Monaten gelten wird, werden für einige Mitgliedstaaten voraussichtlich um bis zu 30 % steigen.

(5)

Aufgrund der derzeitigen Unsicherheit in Bezug auf die Entwicklung des Krieges in der Ukraine ist es besonders wichtig, die Nachfrage nach Erdöl und Erdölerzeugnissen so weit wie möglich zu begrenzen und zusätzliche Belastungen auf dem Erdölmarkt zu vermeiden. Es ist daher nicht wünschenswert, dass die Mitgliedstaaten kurzfristig die Erdölsicherheitsvorräte wieder auffüllen, die gemäß Artikel 20 der Richtlinie 2009/119/EG in Verkehr gebracht wurden oder werden, es sei denn, ihre Versorgungssicherheitsvorsorge wäre gefährdet. Es ist jedoch noch zu früh, um eine endgültige Frist für die Wiederauffüllung der in Verkehr gebrachten Vorräte festzulegen.

(6)

Die Mitgliedstaaten sollten davon absehen, zur Vorbereitung auf die neue jährliche Bevorratungsverpflichtung ab Juli 2022 zusätzliches Erdöl und zusätzliche Erdölerzeugnisse zu erwerben, da dies zwangsläufig die derzeitige Nachfrage nach diesen Rohstoffen erhöhen würde. Unter Bezugnahme auf Artikel 20 Absatz 6 der Richtlinie 2009/119/EG wird die Kommission unter Berücksichtigung der Entwicklung der derzeitigen Krise die Frist überprüfen, innerhalb deren die Mitgliedstaaten ihre Vorräte wieder auf das vorgeschriebene Mindestniveau bringen müssen.

(7)

Die Kommission hat die Koordinierungsgruppe „Erdöl“ in der Sitzung vom 14. März 2021, an der Vertreter des IEA-Sekretariats teilnahmen, zu dieser Empfehlung konsultiert —

EMPFIEHLT:

(1)

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Erdölsicherheitsvorräte nicht vor dem 1. November 2022 wieder auf das in der Richtlinie 2009/119/EG vorgeschriebene Mindestniveau bringen, es sei denn, dies würde ihre Versorgungssicherheitsvorsorge gefährden.

(2)

In Absprache mit der Koordinierungsgruppe „Erdöl“ und in Abstimmung mit der Internationalen Energieagentur wird die Kommission diese Empfehlung überprüfen, um unter Berücksichtigung der Entwicklung der derzeitigen Krise einen Zeitpunkt für die Anwendung der Bevorratungsverpflichtung festzulegen.

Brüssel, den 1. Juni 2022

Für die Kommission

Kadri SIMSON

Mitglied der Kommission


(1)  Richtlinie 2009/119/EG des Rates vom 14. September 2009 zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten (ABl. L 265 vom 9.10.2009, S. 9).

(2)  277. und 279. außerordentliche Sitzung des Verwaltungsrates.


Berichtigungen

2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/74


Berichtigung der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG

( Amtsblatt der Europäischen Union L 4 vom 7. Januar 2019 )

1. Seite 56, Artikel 4 Nummer 1 Buchstaben a und b

Anstatt:

„a)

Sie sind zur Heilung oder zur Verhütung von Tierkrankheiten bestimmt;

b)

sie sind dazu bestimmt, im oder am tierischen Körper angewendet oder einem Tier verabreicht zu werden, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen;“

muss es heißen:

„a)

Ihnen werden Eigenschaften zur Behandlung oder zur Verhütung von Tierkrankheiten zugeschrieben;

b)

sie sind dazu bestimmt, im oder am tierischen Körper angewendet oder einem Tier verabreicht zu werden, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen;“.

2. Seite 60 Artikel 7 Absatz 1

Anstatt:

„(1)   Die Sprache(n) der Fachinformation sowie der Angaben auf der Etikettierung und der Packungsbeilage ist bzw. sind, sofern der Mitgliedstaat nichts anderes bestimmt, eine Amtssprache oder mehrere Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem das Tierarzneimittel auf dem Markt bereitgestellt wird.“

muss es heißen:

„(1)   Die Sprache(n) der Fachinformation sowie der Angaben auf der Kennzeichnung und der Packungsbeilage ist bzw. sind, sofern der Mitgliedstaat nichts anderes bestimmt, eine Amtssprache oder mehrere Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem das Tierarzneimittel auf dem Markt bereitgestellt wird.“

3. Seite 123, Artikel 152 Absatz 1 Unterabsatz 2

Anstatt:

„Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes gilt nicht für Zulassungen für Tierarzneimittel, die antimikrobielle Wirkstoffe enthalten, die gemäß den in Artikel 37 Absatz 5 genannten delegierten Rechtsakten für Behandlungen beim Menschen vorbehalten bleiben.“

muss es heißen:

„Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes gilt nicht für Zulassungen für Tierarzneimittel, die antimikrobielle Wirkstoffe enthalten, die gemäß den in Artikel 37 Absatz 5 genannten Durchführungsrechtsakten für Behandlungen beim Menschen vorbehalten bleiben.“


2.6.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 151/75


Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 142/2011 der Kommission vom 25. Februar 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte sowie zur Durchführung der Richtlinie 97/78/EG des Rates hinsichtlich bestimmter gemäß der genannten Richtlinie von Veterinärkontrollen an der Grenze befreiter Proben und Waren

( Amtsblatt der Europäischen Union L 54 vom 26. Februar 2011 )

Seite 29, Anhang IV Kapitel II Abschnitt 2 Nummer 1:

Anstatt:

„1.

Zur kontinuierlichen Überwachung der Verarbeitungsbedingungen sind genau geeichte Mess-/Aufzeichnungsgeräte zu verwenden. Das Datum der Eichung dieser Geräte ist aufzuzeichnen.“

muss es heißen:

„1.

Zur kontinuierlichen Überwachung der Verarbeitungsbedingungen sind genau kalibrierte Mess-/Aufzeichnungsgeräte zu verwenden. Das Datum der Kalibrierung dieser Geräte ist aufzuzeichnen.“

Seite 250, Anhang XVI Kapitel I Abschnitt 2 Nummer 2 Absatz 2:

Anstatt:

„Thermoelement und Druckmesser sind mindestens einmal jährlich zu eichen.“

muss es heißen:

„Thermoelement und Druckmesser sind mindestens einmal jährlich zu kalibrieren.“

Seite 250, Anhang XVI Kapitel I Abschnitt 2 Nummer 3 Buchstabe b Absatz 3:

Anstatt:

„Alle Mess- und Überwachungsgeräte müssen mindestens einmal jährlich geeicht werden.“

muss es heißen:

„Alle Mess- und Überwachungsgeräte müssen mindestens einmal jährlich kalibriert werden.“