ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 172

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

64. Jahrgang
17. Mai 2021


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2021/782 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr ( 1 )

1

 

*

Verordnung (EU) 2021/783 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Einrichtung des Programms für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 ( 1 )

53

 

*

Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte ( 1 )

79

 

*

Verordnung (EU) 2021/785 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 zur Aufstellung des Betrugsbekämpfungsprogramms der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 250/2014

110

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

17.5.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 172/1


VERORDNUNG (EU) 2021/782 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 29. April 2021

über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr

(Neufassung)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) ist in einigen Punkten zu ändern, damit die Fahrgäste besser geschützt werden und um die Zunahme des Schienenverkehrs zu fördern, insbesondere unter gebührender Berücksichtigung der Artikel 11, 12 und 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Angesichts dieser Änderungen und aus Gründen der Klarheit sollte die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 daher neu gefasst werden.

(2)

Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es wichtig, die Nutzerrechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr zu schützen und die Qualität und Effektivität der Schienenpersonenverkehrsdienste zu verbessern, um dazu beizutragen, den Verkehrsanteil der Eisenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern zu erhöhen.

(3)

Trotz beträchtlicher Fortschritte beim Schutz der Verbraucher in der Union sind noch weitere Verbesserungen zum Schutz der Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr nötig.

(4)

Insbesondere da der Fahrgast im Eisenbahnverkehr die schwächere Partei eines Beförderungsvertrags ist, sollten die Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr geschützt werden.

(5)

Durch die Gewährung der gleichen Rechte für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr im internationalen Verkehr und im Inlandsverkehr sollen das Verbraucherschutzniveau in der Union erhöht, gleiche Ausgangsbedingungen für die Eisenbahnunternehmen sichergestellt und ein einheitliches Niveau der Fahrgastrechte garantiert werden. Die Fahrgäste sollten so ausführlich wie möglich über ihre Rechte informiert werden. Da es bei bestimmten modernen Fahrkartenformaten nicht möglich ist, Informationen darauf zu drucken, sollten die nach dieser Verordnung vorgeschriebenen Informationen auf anderem Wege zur Verfügung gestellt werden können.

(6)

Schienenverkehrsdienste, die ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken angeboten werden, dienen in der Regel nicht zur Deckung des normalen Beförderungsbedarfs. Solche Dienste sind üblicherweise vom übrigen Eisenbahnsystem der Union getrennt und verwenden Technik, die unter Umständen ihre Barrierefreiheit begrenzt. Mit Ausnahme einiger Bestimmungen, die in der gesamten Union für alle Schienenpersonenverkehrsdienste gelten sollten, sollten Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, für Schienenverkehrsdienste, die ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken angeboten werden, Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung zu gewähren.

(7)

Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs unterscheiden sich ihrer Art nach von Schienenpersonenverkehrsdiensten des Fernverkehrs. Die Mitgliedstaaten sollten daher die Möglichkeit haben, solche Dienste von bestimmten Vorschriften der vorliegenden Verordnung über Fahrgastrechte auszunehmen. Solche Ausnahmen sollten sich jedoch nicht auf wesentliche Vorschriften erstrecken, insbesondere nicht auf die Bestimmungen über die nichtdiskriminierenden Bedingungen von Beförderungsverträgen, über das Recht, Bahnfahrkarten ohne unangemessene Schwierigkeiten zu kaufen, über die Haftung der Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und ihr Gepäck, über das Erfordernis, dass Eisenbahnunternehmen ausreichend versichert sein müssen, sowie das Erfordernis, dass geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die persönliche Sicherheit von Fahrgästen in Bahnhöfen und Zügen zu gewährleisten. Regionalverkehrsdienste sind stärker in das übrige Eisenbahnsystem der Union integriert, und die betreffenden Fahrten sind länger. Daher sollte die Möglichkeit von Ausnahmen bei Schienenpersonenverkehrsdiensten des Regionalverkehrs noch stärker eingeschränkt werden. In Bezug auf Schienenpersonenverkehrsdienste des Regionalverkehrs sollten Ausnahmen von den Bestimmungen dieser Verordnung, die Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität die Nutzung von Schienenverkehrsdiensten erleichtern, schrittweise vollständig aufgehoben werden, und für die Bestimmungen dieser Verordnung, durch die die Nutzung von Fahrrädern unterstützt wird, sollten keine Ausnahmen gelten. Außerdem sollte die Möglichkeit, Schienenverkehrsdienste des Regionalverkehrs von bestimmten Verpflichtungen in Bezug auf das Angebot von Durchgangsfahrkarten und die Weiterreise mit geänderter Streckenführung auszunehmen, befristet sein.

(8)

Es ist ein Ziel dieser Verordnung, die Schienenpersonenverkehrsdienste in der Union zu verbessern. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, Ausnahmen für Dienste in Gebieten zu gewähren, bei denen ein erheblicher Teil des Dienstes außerhalb der Union betrieben wird.

(9)

Zudem sollten, um einen reibungslosen Übergang von dem mit der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 geschaffenen Rahmen zu dem mit der vorliegenden Verordnung geschaffenen Rahmen zu ermöglichen, frühere nationale Ausnahmen schrittweise aufgehoben werden, um die erforderliche Rechtssicherheit und Kontinuität sicherzustellen. Mitgliedstaaten, die derzeit Ausnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 gewähren, sollten inländische Schienenpersonenverkehrsdienste nur von solchen Bestimmungen dieser Verordnung ausnehmen dürfen, die eine erhebliche Anpassung erfordern, und in jedem Fall nur für einen begrenzten Zeitraum. Die Mitgliedstaaten sollten ferner die Möglichkeit haben, während eines Übergangszeitraums eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Weitergabe von Verkehrs- und Reiseinformationen zwischen Betreibern zu gewähren, jedoch nur in Fällen, in denen es für den Infrastrukturbetreiber nicht technisch durchführbar ist, Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufern, Reiseveranstaltern oder Bahnhofsbetreibern die Daten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Eine Bewertung der technischen Durchführbarkeit sollte mindestens alle zwei Jahre erfolgen.

(10)

Die Mitgliedstaaten sollten die Kommission informieren, wenn sie Schienenpersonenverkehrsdienste von gewissen Bestimmungen dieser Verordnung ausnehmen. Im Rahmen dieser Mitteilung sollten die Mitgliedstaaten auch die Gründe für die Gewährung der Ausnahmen und die Maßnahmen erläutern, die ergriffen wurden oder geplant sind, um den Verpflichtungen aus dieser Verordnung bei Ablauf der betreffenden Ausnahmen nachzukommen.

(11)

Wenn für einen Bahnhof verschiedene Bahnhofsbetreiber zuständig sind, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die Stelle zu benennen, die für die in dieser Verordnung genannten Aufgaben verantwortlich ist.

(12)

Durch den Zugang zu Reiseinformationen in Echtzeit, einschließlich Tarifen, wird der Zugang zu Bahnreisen für Neukunden verbessert, und ihnen steht eine größere Auswahl an Reisemöglichkeiten und Tarifen zur Verfügung. Eisenbahnunternehmen sollten anderen Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufern und Reiseveranstaltern, die ihre Dienste verkaufen, Zugang zu solchen Reiseinformationen gewähren sowie Buchungen und Stornierungen ermöglichen, um Bahnreisen zu erleichtern. Infrastrukturbetreiber sollten Echtzeitdaten über die Ankunft und die Abfahrt von Zügen an Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sowie Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter weitergeben, um Bahnreisen zu erleichtern.

(13)

Ausführlichere Anforderungen für die Bereitstellung von Reiseinformationen sind in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität nach der Verordnung (EU) Nr. 454/2011 der Kommission (4) festgelegt.

(14)

Bei der Stärkung der Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollte das bereits bestehende internationale Regelwerk in Anhang A – Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) – zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (Protokoll 1999) zugrunde gelegt werden. Es ist jedoch wünschenswert, den Anwendungsbereich dieser Verordnung auszuweiten und nicht nur Fahrgäste im internationalen Eisenbahnverkehr, sondern auch die Fahrgäste im inländischen Eisenbahnverkehr zu schützen. Die Union trat dem COTIF am 23. Februar 2013 bei.

(15)

Die Mitgliedstaaten sollten Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Fahrgasts oder des Niederlassungsorts des Eisenbahnunternehmens, Fahrkartenverkäufers oder Reiseveranstalters innerhalb der Union verbieten. Sozialtarife und Maßnahmen, die die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel attraktiver machen, sollten hingegen nicht verboten sein, sofern sie verhältnismäßig sind, und unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Fahrgasts gelten. Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter können ihre Geschäftspraktiken, einschließlich des Einsatzes von Sonderangeboten und der Förderung bestimmter Vertriebswege, nach eigenem Ermessen festlegen. Angesichts der Entwicklung von Online-Plattformen, die Fahrkarten zur Personenbeförderung verkaufen, sollten die Mitgliedstaaten besonders darauf achten, dass es im Rahmen des Zugriffs auf Online-Schnittstellen oder des Fahrkartenkaufs zu keiner Diskriminierung kommt. Darüber hinaus sollte unabhängig davon, wie eine bestimmte Art von Fahrkarte erworben wird, für den Fahrgast dasselbe Schutzniveau greifen.

(16)

Die steigende Beliebtheit des Radfahrens in der gesamten Union wirkt sich auch auf die Mobilität und den Tourismus aus. Da im Rahmen der Verkehrsverlagerung zunehmend auf Eisenbahn und Fahrrad zurückgegriffen wird, nehmen die verkehrsbedingten Umweltauswirkungen ab. Deshalb sollten Eisenbahnunternehmen die Kombination von Radfahren und Reisen mit der Eisenbahn soweit möglich erleichtern. Insbesondere sollten sie bei Erwerb neuer Fahrzeuge oder umfangreicher Aufrüstung vorhandener Fahrzeuge eine angemessene Anzahl von Fahrradstellplätzen zur Verfügung stellen, sofern es sich nicht um den Erwerb oder die Aufrüstung von Speise-, Schlaf- oder Liegewagen handelt. Um negative Auswirkungen auf die Sicherheit der vorhandenen Fahrzeuge zu vermeiden, sollte diese Verpflichtung nur im Fall einer umfangreichen Aufrüstung gelten, die eine neue Genehmigung für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen erforderlich macht.

(17)

Die für die Zusammensetzung des Zuges angemessene Anzahl von Fahrradstellplätzen sollte unter Berücksichtigung der Größe der Zugbildung, der Art des Dienstes und der Nachfrage nach Fahrradbeförderung festgelegt werden. Eisenbahnunternehmen sollten die Möglichkeit haben, nach Anhörung der Öffentlichkeit Pläne mit genauen Zahlen der Fahrradstellplätze für ihre Dienste zu erstellen. Wenn Eisenbahnunternehmen keine Pläne erstellen, sollte jedoch eine gesetzlich vorgeschriebene Zahl gelten. Diese gesetzlich vorgeschriebene Zahl sollte den Eisenbahnunternehmen auch als Richtwert bei der Erstellung ihrer Pläne dienen. Eine geringere als die gesetzlich vorgeschriebene Zahl sollte nur dann als angemessen gelten, wenn dies aufgrund besonderer Umstände gerechtfertigt ist – beispielsweise für Fahrten von Schienenverkehrsdiensten im Winter, wenn eindeutig keine oder nur eine geringe Nachfrage nach Fahrradbeförderung besteht. Außerdem ist die Nachfrage nach Fahrradbeförderung in einigen Mitgliedstaaten bei bestimmten Arten von Diensten besonders hoch. Daher sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, die angemessenen Mindestzahlen von Fahrradstellplätzen für bestimmte Arten von Diensten festzulegen. Diese Zahlen sollten Vorrang vor den in den Plänen der Eisenbahnunternehmen aufgeführten Zahlen haben. Der freie Verkehr von Schienenfahrzeugen innerhalb der Union sollte dadurch nicht behindert werden. Fahrgäste sollten über den für Fahrräder verfügbaren Platz informiert werden.

(18)

Die Rechte und Pflichten in Bezug auf die Beförderung von Fahrrädern in Zügen sollten für Fahrräder gelten, die vor und nach der Eisenbahnfahrt sofort fahrbereit sind. Die Beförderung von Fahrrädern in Verpackungen und Taschen fällt gegebenenfalls unter die für Gepäck geltenden Bestimmungen dieser Verordnung.

(19)

Zu den Rechten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr gehört das Erhalten von Informationen über den Dienst sowohl vor als auch während der Fahrt. Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter sollten vor Reisebeginn allgemeine Informationen über den Schienenverkehrsdienst bereitstellen. Die Informationen sollten in für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität barrierefrei zugänglichen Formaten bereitgestellt werden. Eisenbahnunternehmen und, soweit möglich, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter sollten dem Fahrgast während der Fahrt weitere nach dieser Verordnung vorgeschriebene Informationen zur Verfügung stellen. Wenn ein Bahnhofsbetreiber über solche Informationen verfügt, sollte er diese auch den Fahrgästen zur Verfügung stellen.

(20)

Die Unternehmensgröße von Fahrkartenverkäufern variiert erheblich – von Kleinstunternehmen bis zu Großunternehmen – und einige Fahrkartenverkäufer bieten ihre Dienste außerdem ausschließlich offline oder ausschließlich online an. Die Verpflichtung, den Fahrgästen Reiseinformationen bereitzustellen, sollte daher in einem angemessenen Verhältnis zu den unterschiedlichen Unternehmensgrößen und damit den unterschiedlichen Möglichkeiten der Fahrkartenverkäufer stehen.

(21)

Diese Verordnung sollte Eisenbahnunternehmen, Reiseveranstalter oder Fahrkartenverkäufer nicht daran hindern, Fahrgästen günstigere als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen anzubieten. Diese Verordnung sollte jedoch nicht dazu führen, dass ein Eisenbahnunternehmen an die günstigeren Vertragsbedingungen eines Reiseveranstalter oder Fahrkartenverkäufers gebunden ist, es sei denn, das Eisenbahnunternehmen und der Reiseveranstalter oder Fahrkartenverkäufer haben eine andere Vereinbarung getroffen.

(22)

Durchgangsfahrkarten ermöglichen nahtlose Fahrten für Fahrgäste; daher sollten angemessene Anstrengungen unternommen werden, solche Fahrkarten für Schienenpersonenverkehrsdienste des Fernverkehrs, Schienenpersonenverkehrsdienst des Stadt- und Vorortverkehrs und Schienenpersonenverkehrsdienst des Regionalverkehrs, unabhängig davon, ob es sich um internationale oder inländische Dienste handelt, einschließlich der von dieser Verordnung ausgenommenen Schienenpersonenverkehrsdienste, anzubieten. Bei der Berechnung der gesamten Verspätungsdauer, für die Entschädigungen verfügbar sind, sollten Verspätungen ausgenommen werden dürfen, die auf den Teilen der mit Schienenverkehrsdiensten verbundenen Fahrt aufgetreten sind, die nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen.

(23)

Bei Verkehrsdiensten, die von demselben Eisenbahnunternehmen betrieben werden, sollte Fahrgästen im Eisenbahnverkehr das Umsteigen von einem Dienst zu einem anderen durch die Einführung einer Verpflichtung zur Bereitstellung von Durchgangsfahrkarten erleichtert werden, da keine gewerblichen Vereinbarungen zwischen Eisenbahnunternehmen notwendig sind. Die Verpflichtung zur Bereitstellung von Durchgangsfahrkarten sollte auch für Dienste gelten, die von Eisenbahnunternehmen betrieben werden, die demselben Eigentümer gehören oder hundertprozentige Tochtergesellschaften eines der Eisenbahnunternehmen sind, die Schienenverkehrsdienste im Rahmen der Fahrt betreiben. Das Eisenbahnunternehmen sollte die Möglichkeit haben, auf einer Durchgangsfahrkarte die Abfahrtszeit für jeden Schienenverkehrsdienst, einschließlich Regionalverkehrsdienste, anzugeben, für den bzw. die die Durchgangsfahrkarte gilt.

(24)

Fahrgäste sollten klar darüber informiert werden, ob Fahrkarten, die von einem Eisenbahnunternehmen im Rahmen einer einzigen geschäftlichen Transaktion verkauft werden, als Durchgangsfahrkarte gelten. Wenn Fahrgäste nicht ordnungsgemäß informiert werden, sollte das Eisenbahnunternehmen so haften, als wären diese Fahrkarten Durchgangsfahrkarten.

(25)

Das Angebot an Durchgangsfahrkarten sollte gefördert werden. Allerdings sind ordnungsgemäße Informationen über den Schienenverkehrsdienst auch dann von wesentlicher Bedeutung, wenn Fahrgäste ihre Fahrkarten bei einem Fahrkartenverkäufer oder einem Reiseveranstalter erwerben. Wenn die Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter getrennte Fahrkarten gebündelt verkaufen, sollten Fahrgäste eindeutig darüber informiert werden, dass diese Fahrkarten nicht das gleiche Schutzniveau wie Durchgangsfahrkarten bieten und nicht von dem oder den die Dienste erbringenden Eisenbahnunternehmen als Durchgangsfahrkarten ausgestellt wurden. Kommen Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter dieser Anforderung nicht nach, sollte ihre Haftung über der Rückerstattung der Fahrkarten hinausgehen.

(26)

Wenn Durchgangsfahrkarten angeboten werden, müssen die Eisenbahnunternehmen Mindestanschlusszeiten, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Buchung realistisch und gültig sind, sowie sonstige einschlägige Faktoren wie Größe und Lage der betreffenden Bahnhöfe und Bahnsteige berücksichtigen.

(27)

Im Lichte des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie um Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Reisemöglichkeiten im Eisenbahnverkehr zu eröffnen, die denen anderer Bürger vergleichbar sind, sollten Regeln für die Nichtdiskriminierung dieser Personen und die ihnen zu leistende Hilfe während der Fahrt festgelegt werden. Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität haben die gleichen Rechte auf Freizügigkeit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger. Unter anderem sollte besonders darauf geachtet werden, dass Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen über die Barrierefreiheit von Schienenverkehrsdiensten, über die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen und über deren Ausstattung erhalten. Damit auch Fahrgäste mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung bestmöglich über Verspätungen unterrichtet werden, sollten gegebenenfalls akustische und optische Systeme genutzt werden. Personen mit Behinderungen sollten die Möglichkeit haben, Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis zu kaufen, wenn keine andere barrierefreie Möglichkeit besteht, um im Voraus eine Fahrkarte zu kaufen. Jedoch sollte dieses Recht unter sicherheitsrelevanten Umständen oder bei Reservierungspflicht eingeschränkt werden können. Das Personal sollte in Bezug auf die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität – insbesondere bei der Hilfeleistung – entsprechend geschult werden. Um gleiche Reisebedingungen sicherzustellen, sollte den betreffenden Personen an Bahnhöfen und in Zügen Hilfe geleistet werden; wenn weder der Zug noch der Bahnhof mit geschultem Begleitpersonal ausgestattet ist, sollten alle zumutbaren Bemühungen unternommen werden, um diesen Personen die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.

(28)

Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sollten aktiv mit Vertretungsorganisationen von Personen mit Behinderungen zusammenarbeiten, um die Barrierefreiheit von Verkehrsdiensten zu verbessern.

(29)

Um Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität den Zugang zu Schienenpersonenverkehrsdiensten zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber dazu verpflichten können, zur Koordinierung der Bereitstellung von Informationen und Hilfeleistungen auf nationaler Ebene zentrale Anlaufstellen einzurichten.

(30)

Um sicherzustellen, dass Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Hilfe geleistet wird, ist es aus praktischen Gründen nötig, dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber, dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter im Voraus zu melden, dass Hilfe benötigt wird. Diese Verordnung legt für solche Voranmeldungen zwar eine allgemeine Höchstfrist fest, doch freiwillige Vereinbarungen über kürzere Fristen sind für die Verbesserung der Mobilität von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität von großem Wert. Um zu gewährleisten, dass Informationen über solche verkürzten Fristen möglichst weite Verbreitung finden, muss die Kommission in ihren Bericht über die Umsetzung und die Ergebnisse dieser Verordnung auch Informationen zu den Entwicklungen bei Vereinbarungen über verkürzte Voranmeldefristen und zur Verbreitung der betreffenden Informationen aufnehmen.

(31)

Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sollten durch die Einhaltung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) und der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 der Kommission (6) die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und von Personen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigen. Wird in der vorliegenden Verordnung auf Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 Bezug genommen, so sollten diese Bestimmungen von den Mitgliedstaaten ab dem 28. Juni 2025 und im Einklang mit den Übergangsmaßnahmen gemäß Artikel 32 der genannten Richtlinie angewendet werden. In Bezug auf Schienenpersonenverkehrsdienste ist der Anwendungsbereich dieser Bestimmungen in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c der genannten Richtlinie festgelegt.

(32)

Bestimmte Tiere werden dafür ausgebildet, Personen mit Behinderungen so zu unterstützen, dass sie sich unabhängig fortbewegen können. Für eine solche Mobilität ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese Tiere in Zügen mitgenommen werden dürfen. Die allgemeinen Rechte und Verpflichtungen in Bezug auf Assistenzhunde sind in dieser Verordnung festgelegt. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch die Möglichkeit haben, Versuche mit anderen Mobilitätsassistenztieren durchzuführen und diese in ihren inländischen Schienenverkehrsdiensten an Bord von Zügen zuzulassen. Es ist wichtig, dass die Kommission die Entwicklung in diesem Bereich mit Blick auf künftige Arbeiten zu Mobilitätsassistenztieren verfolgt.

(33)

Es ist wünschenswert, mit dieser Verordnung ein System für die Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätungen zu schaffen, das sich auch auf Verspätungen erstreckt, die durch Zugausfall oder einen verpassten Anschluss bedingt sind. Bei Verspätungen von Schienenpersonenverkehrsdiensten sollten die Eisenbahnunternehmen den Fahrgästen eine Entschädigung in Höhe eines prozentualen Anteils des Fahrpreises leisten.

(34)

Eisenbahnunternehmen sollten die Pflicht haben, hinsichtlich ihrer Haftung gegenüber Fahrgästen im Eisenbahnverkehr bei Unfällen versichert zu sein oder über angemessene Bürgschaften zu verfügen.

(35)

Die Stärkung der Rechte auf Entschädigung und Hilfeleistungen bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen sollte auf dem Markt für Schienenpersonenverkehrsdienste zu größeren Anreizen zum Nutzen der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr führen.

(36)

Bei Verspätungen sollte den Fahrgästen die Fortsetzung der Fahrt ermöglicht werden, oder ihnen sollten Optionen für die Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen angeboten werden. Dabei sollten die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigt werden.

(37)

Ein Eisenbahnunternehmen sollte jedoch nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sein, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung durch außergewöhnliche Umstände wie extreme Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen, die den sicheren Betrieb des Verkehrsdienstes gefährdeten, verursacht wurde. Solche Ereignisse sollten im Unterschied zu normalen jahreszeitlich bedingten Witterungsbedingungen, wie Herbststürmen oder regelmäßig auftretenden städtischen Überflutungen aufgrund der Gezeiten oder der Schneeschmelze, außergewöhnliche Naturkatastrophen darstellen. Darüber hinaus sollte ein Eisenbahnunternehmen nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sein, wenn es nachweisen kann, dass die Verspätung durch eine schwere Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie beispielsweise eine Pandemie, verursacht wurde. Außerdem sollte das Eisenbahnunternehmen nicht verpflichtet sein, eine Entschädigung für eine Verspätung zu zahlen, die durch den Fahrgast oder durch bestimmte Handlungen von Dritten verursacht wurde. Eisenbahnunternehmen sollten nachweisen, dass sie weder derartige Ereignisse hätten vorhersehen oder vermeiden noch die Verspätung hätten verhindern können, selbst wenn alle zumutbaren Maßnahmen, einschließlich der geeigneten vorbeugenden Instandhaltung ihrer Fahrzeuge, ergriffen worden wären. Streiks des Personals des Eisenbahnunternehmens sowie Handlungen oder Unterlassungen anderer Eisenbahnbetreiber, die dieselbe Infrastruktur, denselben Infrastrukturbetreiber oder dieselben Bahnhofsbetreiber nutzen, sollten sich nicht auf die Haftung für Verspätungen auswirken. Die Umstände, unter denen Eisenbahnunternehmen nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet sind, sollten objektiv gerechtfertigt sein. Wenn Eisenbahnunternehmen über eine Mitteilung oder Unterlage des Eisenbahninfrastrukturbetreibers, einer Behörde oder sonstigen von den Eisenbahnunternehmen unabhängigen Stelle verfügen, in der die Umstände angegeben sind, aufgrund deren das Eisenbahnunternehmen geltend macht, dass es von der Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung befreit ist, sollten sie die Fahrgäste und gegebenenfalls die betreffenden Behörden über diese Mitteilungen oder Unterlagen in Kenntnis setzen.

(38)

Eisenbahnunternehmen sollten zur Vereinfachung des Verfahrens ermutigt werden, mit dem Fahrgäste eine Entschädigung oder Rückerstattung beantragen können. Insbesondere sollten Mitgliedstaaten vorschreiben können, dass Eisenbahnunternehmen Anträge annehmen, die über bestimmte Kommunikationswege eingereicht werden, beispielsweise über Websites oder mobile Anwendungen, insoweit derartige Vorschriften diskriminierungsfrei sind.

(39)

Um Fahrgästen die Beantragung einer Erstattung oder Entschädigung gemäß dieser Verordnung zu erleichtern, sollten für solche Anträge Formulare erstellt werden, die in der gesamten Union gelten. Fahrgäste sollten die Möglichkeit haben, ihre Anträge über ein solches Formular zu stellen.

(40)

In Zusammenarbeit mit den Infrastrukturbetreibern und Bahnhofsbetreibern sollten Eisenbahnunternehmen Notfallpläne aufstellen, um die Folgen größerer Störungen so gering wie möglich zu halten, indem sie festsitzende Fahrgäste angemessen informieren und betreuen.

(41)

Es ist auch wünschenswert, für Unfallopfer und ihre Angehörigen kurzfristige finanzielle Härten unmittelbar nach dem Unfall zu mildern.

(42)

Im Interesse der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten.

(43)

Die Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten die Möglichkeit haben, hinsichtlich der durch diese Verordnung begründeten Rechte und Pflichten bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen, bei den Betreibern bestimmter Bahnhöfe oder gegebenenfalls bei Fahrkartenverkäufern und Reiseveranstaltern – je nach Zuständigkeitsbereich – eine Beschwerde einzureichen. Sie sollten Anspruch darauf haben, dass ihnen innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erteilt wird.

(44)

Damit Beschwerden effizient bearbeitet werden, sollten Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber berechtigt sein, gemeinsame Kundendienstangebote und Beschwerdemechanismen einzurichten. Informationen über die Verfahren der Beschwerdebearbeitung sollten öffentlich und für alle Fahrgäste leicht zugänglich sein.

(45)

Das Recht der Fahrgäste, bei einer nationalen Stelle Beschwerde einzureichen oder nach nationalem Recht Rechtsbehelf einzulegen, sollte von dieser Verordnung unberührt bleiben.

(46)

Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sollten Dienstqualitätsstandards für Schienenpersonenverkehrsdienste festlegen, anwenden und überwachen. Eisenbahnunternehmen sollten Informationen über ihre Dienstqualität auch öffentlich zugänglich machen.

(47)

Zur Wahrung eines hohes Verbraucherschutzniveaus im Eisenbahnverkehr sollten die Mitgliedstaaten verpflichtet sein, nationale Durchsetzungsstellen zu benennen, die die Durchführung dieser Verordnung genau überwachen und für ihre Durchsetzung auf nationaler Ebene sorgen. Diese Stellen sollten in der Lage sein, vielfältige Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Fahrgäste sollten sich bei diesen Stellen über mutmaßliche Verstöße gegen diese Verordnung beschweren können. Um eine zufriedenstellende Bearbeitung solcher Beschwerden zu gewährleisten, sollten diese Stellen auch mit den nationalen Durchsetzungsstellen anderer Mitgliedstaaten zusammenarbeiten.

(48)

Für Mitgliedstaaten, die über kein Eisenbahnsystem verfügen und auch in nächster Zukunft nicht über ein solches verfügen werden, wäre es eine unverhältnismäßige und zwecklose Belastung, wenn sie den nach dieser Verordnung geltenden Durchsetzungspflichten in Bezug auf Bahnhofsbetreiber und Infrastrukturbetreiber unterliegen würden. Dasselbe gilt auch für die Durchsetzungspflichten in Bezug auf Eisenbahnunternehmen, solange ein Mitgliedstaat kein Eisenbahnunternehmen zugelassen hat. Daher sollten diese Mitgliedstaaten von diesen Verpflichtungen ausgenommen werden.

(49)

Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (7), erfolgen.

(50)

Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen, zu denen auch die Zahlung einer Entschädigung an die betreffende Person gehören könnte, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(51)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnen der Union und die Stärkung der Rechte von Fahrgästen im Eisenbahnverkehr, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(52)

Um ein hohes Schutzniveau für Fahrgäste zu gewährleisten, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zur Änderung des Anhangs I über die einheitlichen Rechtsvorschriften der CIV zu erlassen und den Mindestbetrag des bei Tod eines Fahrgasts zu zahlenden Vorschusses anzupassen, um den Änderungen des EU-weiten harmonisierten Verbraucherpreisindex Rechnung zu tragen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (8) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(53)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) ausgeübt werden.

(54)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt worden sind, insbesondere in den Artikeln 21, 26, 38 und 47 in Bezug auf das Verbot jeglicher Diskriminierung, die Integration von Personen mit Behinderungen, die Sicherstellung eines hohen Verbraucherschutzniveaus und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht. Bei der Anwendung dieser Verordnung müssen die Gerichte der Mitgliedstaaten diese Rechte und Grundsätze achten —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Ziele

Damit die Fahrgäste wirksam geschützt sind und der Schienenverkehr gefördert wird, sind in dieser Verordnung Vorschriften für den Eisenbahnverkehr festgelegt, die Folgendes betreffen:

a)

die Nichtdiskriminierung zwischen Fahrgästen hinsichtlich der Beförderungsbedingungen und der Bereitstellung von Fahrkarten;

b)

die Haftung von Eisenbahnunternehmen und ihre Versicherungspflicht gegenüber den Fahrgästen und deren Gepäck;

c)

die Rechte der Fahrgäste bei einem Unfall im Zusammenhang mit der Nutzung von Schienenverkehrsdiensten, der zum Tod, zur Verletzung oder zum Verlust oder zur Beschädigung von deren Gepäck führt;

d)

die Rechte der Fahrgäste bei Störungen wie Ausfall oder Verspätung, einschließlich deren Entschädigungsansprüche;

e)

präzise Mindestinformationen, auch in Bezug auf die Ausstellung von Fahrkarten, die Fahrgästen in einem barrierefreien Format und rechtzeitig bereitzustellen sind;

f)

die Nichtdiskriminierung von und Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität;

g)

die Festlegung und Überwachung von Dienstqualitätsnormen und das Risikomanagement für die persönliche Sicherheit der Fahrgäste;

h)

die Bearbeitung von Beschwerden;

i)

allgemeine Durchsetzungsvorschriften.

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt unionsweit für internationale und inländische Eisenbahnfahrten und Schienenverkehrsdienste, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (10) genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden.

(2)   Die Mitgliedstaaten können Dienste, die ausschließlich zu historischen oder touristischen Zwecken betrieben werden, vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnehmen. Diese Ausnahme gilt nicht bezüglich der Artikel 13 und 14.

(3)   Ausnahmen, die gemäß Artikel 2 Absätze 4 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 vor dem 6. Juni 2021 gewährt wurden, bleiben bis zum Ablauf dieser Ausnahmen gültig. Ausnahmen, die gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 vor dem 6. Juni 2021 gewährt wurden, bleiben bis zum 7. Juni 2023 gültig.

(4)   Vor Ablauf einer inländischen Schienenpersonenverkehrsdiensten gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 gewährten Ausnahme können die Mitgliedstaaten die betreffenden inländischen Schienenpersonenverkehrsdienste für einen weiteren Zeitraum von höchstens fünf Jahren von der Anwendung der Artikel 15, 17 und 19, des Artikels 20 Absatz 2 Buchstaben a und b und des Artikels 30 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung ausnehmen.

(5)   Bis zum 7. Juni 2030 können Mitgliedstaaten festlegen, dass Artikel 10 nicht zur Anwendung kommt, wenn es für einen Infrastrukturbetreiber nicht technisch durchführbar ist, Echtzeitdaten im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 an Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufern, Reiseveranstaltern oder Bahnhofsbetreibern weiterzugeben. Die Mitgliedstaaten überprüfen mindestens alle zwei Jahre, inwieweit es technisch durchführbar ist, solche Daten weiterzugeben.

(6)   Vorbehaltlich des Absatzes 8 können die Mitgliedstaaten die folgenden Dienste von der Anwendung dieser Verordnung ausnehmen:

a)

Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs,

b)

internationale Schienenpersonenverkehrsdienste, bei denen ein erheblicher Teil, der mindestens einen fahrplanmäßigen Bahnhofshalt umfasst, außerhalb der Union betrieben wird.

(7)   Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission von den gemäß den Absätzen 2, 4, 5 und 6 gewährten Ausnahmen in Kenntnis und legen die Gründe für diese Ausnahmen dar.

(8)   Gemäß Absatz 6 Buchstabe a gewährte Ausnahmen gelten nicht in Bezug auf die Artikel 5, 11, 13, 14, 21, 22, 27 und 28.

Wenn diese Ausnahmen Schienenpersonenverkehrsdienste des Regionalverkehrs betreffen, gelten sie außerdem nicht in Bezug auf Artikel 6 und 12, Artikel 18 Absatz 3 und Kapitel V.

Ungeachtet des Unterabsatzes 2 des vorliegenden Absatzes können Schienenpersonenverkehrsdiensten des Regionalverkehrs gewährte Ausnahmen von der Anwendung des Artikels 12 Absatz 1 und des Artikels 18 Absatz 3 bis zum 7. Juni 2028 gelten.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Eisenbahnunternehmen“ ein Eisenbahnunternehmen im Sinne des Artikels 3 Nummer 1 der Richtlinie 2012/34/EU;

2.

„Infrastrukturbetreiber“ einen Infrastrukturbetreiber im Sinne des Artikels 3 Nummer 2 der Richtlinie 2012/34/EU;

3.

„Bahnhofsbetreiber“ eine Stelle in einem Mitgliedstaat, der die Verantwortung für die Leitung eines oder mehrerer Bahnhöfe übertragen wurde und bei der es sich um den Infrastrukturbetreiber handeln kann;

4.

„Reiseveranstalter“ einen Veranstalter oder Vermittler im Sinne des Artikels 3 Nummer 8 beziehungsweise 9 der Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates (11), der kein Eisenbahnunternehmen ist;

5.

„Fahrkartenverkäufer“ jeden Vermittler von Schienenverkehrsdiensten, der auf der Grundlage eines Vertrags oder einer anderen Vereinbarung zwischen dem Vermittler und einem oder mehreren Eisenbahnunternehmen Fahrkarten, einschließlich Durchgangsfahrkarten, verkauft;

6.

„Beförderungsvertrag“ einen Vertrag über die entgeltliche oder unentgeltliche Eisenbahnbeförderung zwischen einem Eisenbahnunternehmen und einem Fahrgast über die Durchführung eines oder mehrerer Verkehrsdienste;

7.

„Fahrkarte“ einen in beliebiger Form vorliegenden, gültigen Nachweis über den Abschluss eines Beförderungsvertrags;

8.

„Buchung“ eine in Papierform oder elektronisch erteilte Beförderungsberechtigung aufgrund einer zuvor bestätigten personenbezogenen Beförderungsvereinbarung;

9.

„Durchgangsfahrkarte“ eine Durchgangsfahrkarte im Sinne des Artikels 3 Nummer 35 der Richtlinie 2012/34/EU;

10.

„Dienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der zwischen Bahnhöfen nach einem Fahrplan betrieben wird, einschließlich Verkehrsdienste, die für eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung angeboten werden;

11.

„Fahrt“ die Beförderung eines Fahrgasts zwischen einem Abfahrtsbahnhof und einem Ankunftsbahnhof;

12.

„inländischer Schienenpersonenverkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, bei dem keine Grenze eines Mitgliedstaats überschritten wird;

13.

„Schienenpersonenverkehrsdienst des Stadt- und Vorortverkehrs“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Richtlinie 2012/34/EU;

14.

„Schienenpersonenverkehrsdienst des Regionalverkehrs“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst im Sinne des Artikels 3 Nummer 7 der Richtlinie 2012/34/EU;

15.

„Schienenpersonenverkehrsdienst des Fernverkehrs“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, bei dem es sich nicht um einen Schienenpersonenverkehrsdienst des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs handelt;

16.

„internationaler Schienenpersonenverkehrsdienst“ einen Schienenpersonenverkehrsdienst, der mindestens eine Grenze eines Mitgliedstaats überquert und dessen Hauptzweck die Beförderung von Fahrgästen zwischen Bahnhöfen in verschiedenen Mitgliedstaaten oder in einem Mitgliedstaat und einem Drittland ist;

17.

„Verspätung“ die Zeitdifferenz zwischen der planmäßigen Ankunftszeit des Fahrgasts gemäß dem veröffentlichten Fahrplan und dem Zeitpunkt seiner tatsächlichen oder erwarteten Ankunft am Zielbahnhof;

18.

„Ankunft“ den Zeitpunkt, zu dem die Türen des Zuges am Bahnsteig des Bestimmungsorts geöffnet werden und das Aussteigen gestattet wird;

19.

„Zeitfahrkarte“ eine für eine unbegrenzte Anzahl von Fahrten gültige Fahrkarte, die es dem berechtigten Inhaber erlaubt, auf einer bestimmten Strecke oder in einem bestimmten Netz während eines festgelegten Zeitraums mit der Eisenbahn zu reisen;

20.

„verpasster Anschluss“ die Situation, in der ein Fahrgast während einer in Form einer Durchgangsfahrkarte verkauften Eisenbahnfahrt einen oder mehrere Dienste infolge der Verspätung oder des Ausfalls eines oder mehrerer vorheriger Dienste oder der Abfahrt eines Dienstes vor der planmäßigen Abfahrtszeit verpasst;

21.

„Person mit Behinderung“ und „Person mit eingeschränkter Mobilität“ jede Person mit einer dauerhaften oder vorübergehenden körperlichen, geistigen, intellektuellen Behinderung oder sensorischen Beeinträchtigung, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren der vollen, tatsächlichen und mit anderen Fahrgästen gleichberechtigten Benutzung von Beförderungsmitteln durch diese Person entgegenstehen kann, oder eine Person, die bei der Benutzung von Beförderungsmitteln aufgrund des Alters nur eingeschränkt mobil ist;

22.

„Bahnhof“ eine Eisenbahnanlage, in der Schienenpersonenverkehrsdienste abfahren, halten oder enden können.

KAPITEL II

BEFÖRDERUNGSVERTRAG, INFORMATIONEN UND FAHRKARTEN

Artikel 4

Beförderungsvertrag

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels unterliegen der Abschluss und die Ausführung eines Beförderungsvertrags sowie die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten den Bestimmungen in Anhang I Titel II und III.

Artikel 5

Nichtdiskriminierende Vertragsbedingungen und Tarife

Unbeschadet etwaiger Sozialtarife bieten Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter der allgemeinen Öffentlichkeit Vertragsbedingungen und Tarife ohne direkte oder indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Fahrgasts oder des Niederlassungsorts des Eisenbahnunternehmens, Fahrkartenverkäufers oder Reiseveranstalters innerhalb der Union an.

Absatz 1 dieses Artikels gilt auch für Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer, wenn sie Buchungen von Fahrgästen gemäß Artikel 11 akzeptieren.

Artikel 6

Fahrräder

(1)   Vorbehaltlich der Einschränkungen gemäß Absatz 3 und gegebenenfalls gegen Zahlung eines zumutbaren Entgelt haben Fahrgäste Anspruch auf Mitnahme von Fahrrädern im Zug.

Bei reservierungspflichtigen Zügen muss die Möglichkeit bestehen, eine Buchung für die Beförderung eines Fahrrads zu tätigen.

Hat ein Fahrgast eine Buchung für ein Fahrrad getätigt und wird die Beförderung des Fahrrads ohne berechtigten Grund verweigert, so hat der Fahrgast Anspruch auf Weiterreise mit geänderter Streckenführung oder eine Erstattung gemäß Artikel 18, eine Entschädigung gemäß Artikel 19 und Hilfeleistung gemäß Artikel 20 Absatz 2.

(2)   Wenn im Zug für Fahrräder vorgesehene Stellplätze verfügbar sind, müssen die Fahrgäste ihre Fahrräder dort unterbringen. Wenn keine Fahrradstellplätze verfügbar sind, müssen die Fahrgäste ihre Fahrräder ständig beaufsichtigen und nach besten Kräften sicherstellen, dass anderen Fahrgästen durch ihre Fahrräder keine Verletzungen oder Schäden entstehen und dass Mobilitätshilfen, Gepäck oder der Bahnbetrieb nicht beeinträchtigt werden.

(3)   Eisenbahnunternehmen können das Recht von Fahrgästen auf Mitnahme von Fahrrädern in Zügen aus Sicherheitsgründen oder aus betrieblichen Gründen einschränken, insbesondere aufgrund begrenzter Kapazität während der Hauptverkehrszeiten oder wenn dies aufgrund der eingesetzten Fahrzeuge nicht möglich ist. Eisenbahnunternehmen können die Beförderung von Fahrrädern auch nach Gewicht und Abmessungen der Fahrräder einschränken. Sie veröffentlichen ihre Bedingungen für die Beförderung von Fahrrädern einschließlich aktueller Informationen über die verfügbaren Kapazitäten auf ihren offiziellen Websites unter Verwendung der in der Verordnung (EU) Nr. 454/2011 genannten Telematikanwendungen.

(4)   Bei der Einleitung von Vergabeverfahren für neue Fahrzeuge oder bei einer umfangreichen Aufrüstung von Fahrzeugen, die eine neue Genehmigung für das Inverkehrbringen von Fahrzeugen gemäß Artikel 21 Absatz 12 der Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) erforderlich macht, stellen Eisenbahnunternehmen sicher, dass es in Zugbildungen mit diesen Fahrzeugen eine angemessene Anzahl von Fahrradstellplätzen gibt. Dieser Unterabsatz gilt nicht für Speise-, Schlaf- oder Liegewagen.

Die angemessene Anzahl der Fahrradstellplätze wird von Eisenbahnunternehmen unter Berücksichtigung der Größe der Zugbildung, der Art des Dienstes und der Nachfrage nach Fahrradbeförderung bestimmt. Die angemessene Anzahl der Fahrradstellplätze ist in den Plänen gemäß Absatz 5 festgelegt. Wenn kein solcher Plan vorliegt oder die Anzahl in den Plänen nicht festgelegt ist, hat jede Zugbildung über mindestens vier Fahrradstellplätze zu verfügen.

Die Mitgliedstaaten können für die angemessene Mindestanzahl von Stellplätzen bei bestimmten Arten von Diensten eine höhere Zahl als vier festlegen, die dann anstelle der gemäß Unterabsatz 2 ermittelten Zahl gilt.

(5)   Eisenbahnunternehmen können Pläne für die verstärkte und verbesserte Beförderung von Fahrrädern sowie für andere Lösungen zur Förderung der kombinierten Nutzung von Eisenbahn und Fahrrad aufstellen und diese Pläne auf dem neuesten Stand halten.

Die zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) können solche Pläne im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verträge aufstellen. Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass solche Pläne von diesen zuständigen Behörden oder von den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Eisenbahnunternehmen aufzustellen sind.

(6)   Die in Absatz 5 genannten Pläne werden nach Anhörung der Öffentlichkeit und einschlägiger Vertretungsorganisationen aufgestellt. Sie werden auf der Website des Eisenbahnunternehmens bzw. der zuständigen Behörde veröffentlicht.

Artikel 7

Ausschluss des Rechtsverzichts und der Rechtsbeschränkung

(1)   Die Verpflichtungen gegenüber Fahrgästen gemäß dieser Verordnung dürfen – insbesondere durch abweichende oder einschränkende Bestimmungen im Beförderungsvertrag – nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Vertragsbedingungen, die direkt oder indirekt vorgeben, dass die Rechte gemäß dieser Verordnung aufgehoben oder eingeschränkt werden oder davon abgewichen wird, sind für die Fahrgäste nicht verbindlich.

(2)   Die Eisenbahnunternehmen, Reiseveranstalter oder Fahrkartenverkäufer können Vertragsbedingungen anbieten, die für den Fahrgast günstiger sind als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen.

Artikel 8

Verpflichtung, den Fahrgästen Informationen über die Einstellung von Diensten zur Verfügung zu stellen

Eisenbahnunternehmen oder gegebenenfalls die für einen gemeinwirtschaftlichen Vertrag zuständigen Behörden veröffentlichen Beschlüsse über die vorübergehende oder dauerhafte Einstellung von Schienenverkehrsdiensten auf angemessenem Wege – auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 – vor deren Umsetzung.

Artikel 9

Reiseinformationen

(1)   Eisenbahnunternehmen, Reiseveranstalter und Fahrkartenverkäufer, die für ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen Beförderungsverträge anbieten, erteilen dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in Anhang II Teil I genannten Informationen zu den Fahrten, für die das betreffende Eisenbahnunternehmen einen Beförderungsvertrag anbietet.

(2)   Eisenbahnunternehmen und, soweit möglich, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter erteilen dem Fahrgast während der Fahrt mindestens die in Anhang II Teil II genannten Informationen. Wenn Bahnhofsbetreiber über solche Informationen verfügen, haben auch sie diese Informationen den Fahrgästen zur Verfügung zu stellen.

(3)   Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2 sind in der am besten geeigneten Form, nach Möglichkeit auf der Grundlage von Reiseinformationen in Echtzeit – auch unter Einsatz geeigneter Kommunikationstechnik –, zu erteilen. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass diese Informationen gemäß den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 barrierefrei sind.

Artikel 10

Zugang zu Verkehrs- und Reiseinformationen

(1)   Infrastrukturbetreiber geben Echtzeitdaten über die Ankunft und die Abfahrt von Zügen an Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer, Reiseveranstalter und Bahnhofsbetreiber weiter.

(2)   Eisenbahnunternehmen gewähren anderen Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufern und Reiseveranstaltern, die ihre Dienste verkaufen, Zugang zu den in Anhang II Teile I und II genannten Mindestreiseinformationen sowie zu den Vorgängen in Buchungssystemen gemäß Anhang II Teil III.

(3)   Die Weitergabe der Informationen und die Gewährung des Zugangs zu ihnen erfolgen in nichtdiskriminierender Weise und unverzüglich. Um kontinuierlichen Zugang zu den Informationen zu erhalten, genügt eine einmalige Antragstellung. Der Infrastrukturbetreiber und das Eisenbahnunternehmen, die zur Bereitstellung der in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen verpflichtet sind, können verlangen, dass ein Vertrag oder eine andere Vereinbarung geschlossen wird, auf dessen bzw. deren Grundlage Informationen weitergegeben werden oder Zugang zu Informationen gewährt wird.

Durch die Geschäftsbedingungen eines Vertrages oder einer Vereinbarung über die Nutzung der Informationen darf weder die Möglichkeit ihrer Weiterverwendung unnötig eingeschränkt noch der Wettbewerb beschränkt werden.

Eisenbahnunternehmen können von anderen Eisenbahnunternehmen, Reiseveranstaltern und Fahrkartenverkäufern eine faire, angemessene und verhältnismäßige finanzielle Entschädigung für die Kosten verlangen, die mit der Zugangsgewährung verbunden sind, und Infrastrukturbetreiber können eine Entschädigung gemäß den geltenden Vorschriften verlangen.

(4)   Zur Weitergabe von Informationen und zur Gewährung des Zugangs zu ihnen werden geeignete technische Optionen wie Anwendungsprogrammierschnittstellen genutzt.

(5)   Soweit die Bereitstellung der in den Absätzen 1 oder 2 genannten Informationen im Einklang mit anderen Rechtsakten der Union, insbesondere der Delegierten Verordnung (EU) 2017/1926 der Kommission (14), erfolgt, gelten die entsprechenden Verpflichtungen nach diesem Artikel als erfüllt.

Artikel 11

Verfügbarkeit von Fahrkarten und Buchungen

(1)   Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter bieten Fahrkarten und, soweit verfügbar, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an.

(2)   Unbeschadet der Absätze 3 und 4 verkaufen Eisenbahnunternehmen Fahrgästen Fahrkarten entweder direkt oder über Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter auf mindestens einem der folgenden Vertriebswege:

a)

an Fahrkartenschaltern‚ anderen Verkaufsstellen oder Fahrkartenautomaten;

b)

über das Telefon, das Internet oder jede andere in weitem Umfang verfügbare Informationstechnik;

c)

in den Zügen.

Die zuständigen Behörden im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 können vorschreiben, dass Eisenbahnunternehmen für im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verträge geleistete Verkehrsdienste über mehr als einen Vertriebsweg Fahrkarten anbieten.

(3)   Ist im Abfahrtsbahnhof kein Fahrkartenschalter oder Fahrkartenautomat vorhanden, so werden die Fahrgäste im Bahnhof unterrichtet über

a)

die Möglichkeit, telefonisch, über das Internet oder im Zug eine Fahrkarte zu erwerben, und über die dafür geltenden Verfahren,

b)

den nächsten Bahnhof oder sonstigen Ort, an dem Fahrkartenschalter oder Fahrkartenautomaten zur Verfügung stehen.

(4)   Gibt es am Abfahrtsbahnhof keinen Fahrkartenschalter oder keinen barrierefreien Fahrkartenautomaten und keine andere barrierefreie Möglichkeit, eine Fahrkarte im Voraus zu kaufen, so wird Personen mit Behinderungen gestattet, Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis zu kaufen. Eisenbahnunternehmen können dieses Recht aus vernünftigen Gründen der Sicherheit oder der Reservierungspflicht einschränken oder verweigern.

Ist kein Personal im Zug anwesend, beraten die Eisenbahnunternehmen Personen mit Behinderungen dazu, ob und informieren sie darüber, wie sie eine Fahrkarte kaufen können.

Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnunternehmen gestatten vorzuschreiben, dass Personen mit Behinderungen gemäß den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten ihres Wohnsitzlandes als solche anerkannt sein müssen.

Die Mitgliedstaaten können das in Unterabsatz 1 genannte Recht auf alle Fahrgäste ausweiten. Machen Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch, so müssen sie die Kommission davon in Kenntnis setzen. Die Europäische Eisenbahnagentur veröffentlicht die Informationen zur Umsetzung der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 auf ihrer Website.

Artikel 12

Durchgangsfahrkarten

(1)   Wenn Schienenpersonenverkehrsdienste des Fernverkehrs oder Schienenpersonenverkehrsdienste des Regionalverkehrs von einem einzigen Eisenbahnunternehmen betrieben werden, bietet dieses Unternehmen für diese Dienste Durchgangsfahrkarten an. Bei anderen Schienenpersonenverkehrsdiensten unternehmen Eisenbahnunternehmen alle zumutbaren Anstrengungen, um Durchgangsfahrkarten anzubieten, und arbeiten zu diesem Zweck zusammen.

Für die Zwecke von Unterabsatz 1 erstreckt sich der Ausdruck „ein einziges Eisenbahnunternehmen“ auch auf alle Eisenbahnunternehmen, die demselben Eigentümer gehören oder hundertprozentige Tochtergesellschaften eines der beteiligten Eisenbahnunternehmen sind.

(2)   Bei Fahrten, die einen oder mehrere Anschlüsse umfassen, ist der Fahrgast vor dem Fahrkartenkauf darüber zu informieren, ob die Fahrkarte oder Fahrkarten als Durchgangsfahrkarte gilt bzw. gelten.

(3)   Für Reisen mit einem oder mehreren Anschlüssen gilt bzw. gelten eine Fahrkarte oder mehrere Fahrkarten, die im Rahmen einer einzigen geschäftlichen Transaktion bei einem Eisenbahnunternehmen erworben wird bzw. werden, als Durchgangsfahrkarte, und das Eisenbahnunternehmen haftet nach den Artikeln 18, 19 und 20, wenn der Fahrgast einen oder mehrere Anschlüsse verpasst.

(4)   Wenn eine Fahrkarte oder mehrere Fahrkarten im Rahmen einer einzigen geschäftlichen Transaktion erworben wird bzw. werden und der Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter die Fahrkarten auf eigene Initiative kombiniert hat, ist der Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter, der die Fahrkarte oder Fahrkarten verkauft hat, für die Erstattung des im Rahmen dieser Transaktion für die Fahrkarte oder Fahrkarten gezahlten Gesamtbetrags zuzüglich einer Entschädigung in Höhe von 75 % dieses Betrags haftbar, wenn der Fahrgast einen oder mehrere Anschlüsse verpasst.

Das in Unterabsatz 1 genannte Recht auf Erstattung und Entschädigung gilt unbeschadet geltender nationaler Rechtsvorschriften, die Fahrgästen weitergehenden Schadensersatz gewähren.

(5)   Die in den Absätzen 3 und 4 genannten Haftungsansprüche gelten nicht, wenn auf den Fahrkarten oder einer anderen Unterlage oder in einem elektronischen Format auf eine Weise, die dem Fahrgast die Wiedergabe dieser Information zur späteren Verwendung ermöglicht, angegeben ist, dass die Fahrkarten getrennte Beförderungsverträge darstellen, und der Fahrgast vor dem Kauf darüber informiert wurde.

(6)   Die Beweislast dafür, dass dem Fahrgast die in diesem Artikel genannten Informationen erteilt wurden, liegt bei dem Eisenbahnunternehmen, dem Reiseveranstalter oder dem Fahrkartenverkäufer, das bzw. der die Fahrkarte oder Fahrkarten verkauft hat.

(7)   Für die Bearbeitung von unter Absatz 4 fallenden Anfragen und möglichen Beschwerden der Fahrgäste sind die Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter zuständig. Die Zahlung der Erstattung und der Entschädigung gemäß Absatz 4 erfolgt binnen 30 Tagen nach Eingang des Antrags.

KAPITEL III

HAFTUNG VON EISENBAHNUNTERNEHMEN FÜR FAHRGÄSTE UND DEREN GEPÄCK

Artikel 13

Haftung für Fahrgäste und Gepäck

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels und unbeschadet geltender nationaler Rechtsvorschriften, die Fahrgästen weitergehenden Schadensersatz gewähren, ist die Haftung von Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und deren Gepäck in Anhang I Titel IV Kapitel I, III und IV sowie Titel VI und Titel VII geregelt.

Artikel 14

Versicherung und Haftungsdeckung

Ein Eisenbahnunternehmen muss im Einklang mit Artikel 22 der Richtlinie 2012/34/EU ausreichend versichert sein oder über angemessene Bürgschaften zu marktüblichen Konditionen verfügen, um die Haftpflicht zu decken.

Artikel 15

Vorschuss

(1)   Wird ein Fahrgast getötet oder verletzt, so zahlt das gemäß Anhang I Artikel 26 Absatz 5 haftende Eisenbahnunternehmen unverzüglich, spätestens jedoch 15 Tage nach der Feststellung der Identität der entschädigungsberechtigten natürlichen Person einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse, und zwar im Verhältnis zur Schwere des erlittenen Schadens.

(2)   Unbeschadet des Absatzes 1 beläuft sich dieser Vorschuss im Todesfall auf einen Betrag von mindestens 21 000 EUR je Fahrgast.

(3)   Der Vorschuss stellt keine Haftungsanerkennung dar und kann mit später auf der Grundlage dieser Verordnung gezahlten Beträgen verrechnet werden; er kann nur zurückgefordert werden, wenn der Schaden durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Fahrgasts verursacht wurde, oder wenn die Person, die den Vorschuss erhalten hat, keinen Entschädigungsanspruch hatte.

Artikel 16

Bestreiten der Haftung

Selbst wenn das Eisenbahnunternehmen bestreitet, für Personenschäden, die einem von ihm beförderten Fahrgast entstanden sind, zu haften, unternimmt es alle zumutbaren Bemühungen zur Unterstützung des Fahrgasts im Zusammenhang mit der Geltendmachung seiner Schadensersatzansprüche gegenüber Dritten.

KAPITEL IV

VERSPÄTUNGEN, VERPASSTE ANSCHLÜSSE UND ZUGAUSFÄLLE

Artikel 17

Haftung für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung der Eisenbahnunternehmen für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle in Anhang I Titel IV Kapitel II geregelt.

Artikel 18

Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung

(1)   Muss entweder bei der Abfahrt oder im Falle eines verpassten Anschlusses oder eines Zugausfalls vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung 60 Minuten oder mehr betragen wird, so bietet das Eisenbahnunternehmen, das den verspäteten oder ausfallenden Dienst betreibt, dem Fahrgast unverzüglich an, sich für eine der folgenden Möglichkeiten zu entscheiden, und trifft die dazu notwendigen Vorkehrungen:

a)

Erstattung des vollen Fahrpreises unter den Bedingungen, zu denen er entrichtet wurde, für den Teil oder die Teile der Fahrt, der bzw. die nicht durchgeführt wurde bzw. wurden, und für den Teil oder die Teile, der bzw. die bereits durchgeführt wurde bzw. wurden, wenn die Fahrt nach den ursprünglichen Reiseplänen des Fahrgasts sinnlos geworden ist, gegebenenfalls zusammen mit einer Rückfahrt zum ersten Ausgangspunkt bei nächster Gelegenheit;

b)

Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort bei nächster Gelegenheit;

c)

Fortsetzung der Fahrt oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung unter vergleichbaren Beförderungsbedingungen bis zum Zielort zu einem späteren Zeitpunkt nach Wahl des Fahrgasts.

(2)   Wenn für die Zwecke von Absatz 1 Buchstaben b und c eine vergleichbare geänderte Strecke von demselben Eisenbahnunternehmen betrieben wird oder ein anderes Unternehmen mit der Bedienung der geänderten Strecke beauftragt ist, entstehen dem Fahrgast dadurch keine zusätzlichen Kosten. Diese Anforderung gilt auch, wenn die Weiterreise mit geänderter Streckenführung die Beförderung in einer höheren Klasse sowie die Benutzung alternativer Verkehrsmittel einschließt. Seitens der Eisenbahnunternehmen sind angemessene Bemühungen zu unternehmen, um zusätzliches Umsteigen zu vermeiden und sicherzustellen, dass Verlängerungen der Gesamtreisezeit möglichst kurz sind. Die Fahrgäste dürfen nur dann auf Verkehrsmittel in einer niedrigeren Klasse herabgestuft werden, wenn diese die einzige anderweitige Beförderungsmöglichkeit darstellen.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 2 kann das Eisenbahnunternehmen sich auf Anfrage des Fahrgasts damit einverstanden erklären, dass der Fahrgast Verträge mit anderen Anbietern von Verkehrsdiensten schließt, die es ihm ermöglichen, den Zielort unter vergleichbaren Bedingungen zu erreichen; in diesem Fall erstatten das Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast die ihm entstandenen Kosten.

Wenn dem Fahrgast die verfügbaren Optionen für eine Weiterreise mit geänderter Streckenführung nicht binnen 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit des verspäteten oder ausgefallenen Verkehrsdienstes oder des verpassten Anschlusses mitgeteilt werden, ist der Fahrgast berechtigt, einen solchen Vertrag mit anderen Anbietern öffentlicher Verkehrsdienste mit der Eisenbahn, dem Reisebus oder dem Bus zu schließen. Das Eisenbahnunternehmen erstattet dem Fahrgast die dadurch entstandenen notwendigen, angemessenen und zumutbaren Kosten.

Dieser Absatz berührt nicht die nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die Fahrgästen günstigere Bedingungen für die Weiterreise mit geänderter Streckenführung gewähren.

(4)   Erbringer von Verkehrsdiensten für die Weiterreise mit geänderter Streckenführung bieten Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität vergleichbare Unterstützung und einen vergleichbaren barrierefreien Zugang, wenn sie einen alternativen Verkehrsdienst anbieten. Sie können Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität alternative Dienste anbieten, die ihren Bedürfnissen entsprechen und die sich von den anderen Fahrgästen angebotenen Diensten unterscheiden.

(5)   Die Zahlung von Erstattungen nach Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 3 erfolgt binnen 30 Tagen nach Eingang des Antrags. Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnunternehmen zur Annahme solcher Anträge über bestimmte Kommunikationsmittel verpflichten, sofern die Verpflichtung keine Diskriminierung zur Folge hat. Die Erstattung kann in Form von Gutscheinen und/oder der Erbringung anderer Leistungen erfolgen, sofern die Bedingungen dieser Gutscheine und/oder Leistungen flexibel sind, insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts, und der Fahrgast sich damit einverstanden erklärt, diese Gutscheine und/oder Leistungen zu akzeptieren. Der Erstattungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden.

(6)   Die Kommission erlässt bis zum 7. Juni 2023 einen Durchführungsrechtsakt mit einem einheitlichen Formular für Anträge auf Erstattung gemäß dieser Verordnung. Dieses einheitliche Formular wird in einem für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglichen Format erstellt. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(7)   Fahrgäste haben das Recht, ihre Anträge unter Verwendung des in Absatz 6 genannten einheitlichen Formulars einzureichen. Eisenbahnunternehmen dürfen Anträge auf Erstattung nicht allein aus dem Grund ablehnen, dass der Fahrgast dieses Formular nicht verwendet hat. Ist ein Antrag nicht präzise genug, so ersucht das Eisenbahnunternehmen den Fahrgast um Klarstellung des Antrags und leistet ihm dabei Unterstützung.

Artikel 19

Entschädigung

(1)   Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, hat ein Fahrgast bei Verspätungen Anspruch auf eine Entschädigung durch das Eisenbahnunternehmen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte oder Durchgangsfahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 18 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt

a)

25 % des Preises der Fahrkarte bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten;

b)

50 % des Preises der Fahrkarte ab einer Verspätung von 120 Minuten.

(2)   Absatz 1 gilt auch für Fahrgäste, die eine Zeitfahrkarte besitzen. Wenn diesen Fahrgästen während der Gültigkeitsdauer ihrer Zeitfahrkarte wiederholt Verspätungen oder Zugausfälle widerfahren, haben sie Anspruch auf eine angemessene Entschädigung gemäß den Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens. In den Entschädigungsbedingungen werden die Kriterien zur Bestimmung der Verspätung und für die Berechnung der Entschädigung festgelegt. Treten während der Gültigkeitsdauer der Zeitfahrkarte wiederholt Verspätungen von weniger als 60 Minuten auf, so können diese Verspätungen zusammengerechnet werden, und die Fahrgäste können dafür gemäß den Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens entschädigt werden.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 2 wird die Entschädigung für eine Verspätung im Verhältnis zu dem vollen Preis berechnet, den der Fahrgast für den verspäteten Verkehrsdienst tatsächlich entrichtet hat. Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des Fahrpreises berechnet, der auf der Fahrkarte für die betreffende Teilstrecke angegeben ist. Wenn der Fahrpreis für die Einzelstrecken der Reise nicht angegeben ist, wird die Entschädigung dafür auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. In gleicher Weise wird der Preis für einen verspäteten Verkehrsdienst, der im Rahmen eines sonstigen Beförderungsvertrags, der den Fahrgast berechtigt, zwei oder mehr aufeinanderfolgende Teilstrecken zu fahren, anteilig zum vollen Preis berechnet.

(4)   Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb der Union eingetreten sind, werden bei der Berechnung der Verspätungsdauer nicht berücksichtigt.

(5)   Die Kommission erlässt bis zum 7. Juni 2023 einen Durchführungsrechtsakt mit einem einheitlichen Formular für Anträge auf Entschädigung gemäß dieser Verordnung. Das einheitliche Formular wird in einem für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglichen Format erstellt. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 38 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(6)   Die Mitgliedstaaten können Eisenbahnunternehmen zur Annahme von Entschädigungsanträgen über bestimmte Kommunikationsmittel verpflichten, sofern die Verpflichtung keine Diskriminierung zur Folge hat. Die Fahrgäste sind berechtigt, ihre Anträge unter Verwendung des in Absatz 5 genannten einheitlichen Formulars einzureichen. Eisenbahnunternehmen dürfen Anträge auf Entschädigung nicht allein aus dem Grund ablehnen, dass der Fahrgast dieses Formular nicht verwendet hat. Ist ein Antrag nicht präzise genug, so ersucht das Eisenbahnunternehmen den Fahrgast um Klarstellung des Antrags und leistet ihm dabei Unterstützung.

(7)   Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von einem Monat nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen, sofern deren Bedingungen flexibel sind, insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags.

(8)   Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens 4 EUR pro Fahrkarte betragen.

(9)   Fahrgäste haben keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn sie bereits vor dem Fahrkartenkauf über eine Verspätung informiert wurden oder wenn bei ihrer Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise mit einem anderen Verkehrsdienst oder mit geänderter Streckenführung weniger als 60 Minuten beträgt.

(10)   Eisenbahnunternehmen sind nicht zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet, wenn sie nachweisen können, dass Verspätungen, verpasste Anschlüsse oder Zugausfälle als direkte Folge von oder in untrennbarem Zusammenhang mit folgenden Umständen aufgetreten sind:

a)

außerhalb des Eisenbahnbetriebs liegende, außergewöhnliche Umstände wie extreme Witterungsbedingungen, große Naturkatastrophen oder schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die das Eisenbahnunternehmen trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen es nicht abwenden konnte,

b)

Verschulden des Fahrgasts oder

c)

Verhalten eines Dritten wie Betreten der Gleise, Kabeldiebstahl, Notfälle im Zug, Strafverfolgungsmaßnahmen, Sabotage oder Terrorismus, das das Eisenbahnunternehmen trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen es nicht abwenden konnte.

Streiks des Personals des Eisenbahnunternehmens, Handlungen oder Unterlassungen eines anderen Unternehmens, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur nutzt, und Handlungen oder Unterlassungen der Infrastrukturbetreiber und Bahnhofsbetreiber fallen nicht unter die Ausnahme nach Unterabsatz 1 Buchstabe c.

Artikel 20

Hilfeleistung

(1)   Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft oder einem Zugausfall sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit des Verkehrsdienstes oder Ersatzverkehrsdienstes zu unterrichten, sobald diese Informationen zur Verfügung stehen. Wenn Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter über solche Informationen verfügen, müssen auch sie dem Fahrgast diese Informationen bereitstellen.

(2)   Beläuft sich die Verspätung nach Absatz 1 auf 60 Minuten oder mehr oder im Falle eines Zugausfalls bietet das Eisenbahnunternehmen, das den verspäteten oder ausgefallenen Dienst durchführt, den Fahrgästen Folgendes kostenlos an:

a)

Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit, sofern sie im Zug oder im Bahnhof verfügbar oder unter Berücksichtigung von Kriterien wie der Entfernung vom Lieferanten, der erforderlichen Lieferzeit und der Kosten vernünftigerweise lieferbar sind;

b)

die Unterbringung in einem Hotel oder einer anderweitigen Unterkunft und die Beförderung zwischen dem Bahnhof und der Unterkunft in Fällen, in denen ein Aufenthalt von einer oder mehreren Nächten notwendig wird oder ein zusätzlicher Aufenthalt notwendig wird, sofern dies praktisch durchführbar ist. In Fällen, in denen ein solcher Aufenthalt aufgrund der in Artikel 19 Absatz 10 genannten Umstände erforderlich wird, kann das Eisenbahnunternehmen die Dauer der Unterbringung auf höchstens drei Nächte begrenzen. Die Barrierefreiheitsanforderungen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie die Bedürfnisse von Assistenzhunden sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen;

c)

ist der Zug auf der Strecke blockiert, die Beförderung vom Zug zum Bahnhof, zu einem alternativen Abfahrtsort oder zum Zielort des Verkehrsdienstes, sofern dies praktisch durchführbar ist.

(3)   Ist der Verkehrsdienst unterbrochen und besteht überhaupt oder innerhalb einer vertretbaren Frist keine Möglichkeit zu seiner Fortsetzung, so bietet das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Verkehrsdienst für die Fahrgäste an und trifft die dazu notwendigen Vorkehrungen.

(4)   Die Eisenbahnunternehmen informieren die betroffenen Fahrgäste darüber, wie sie eine Bestätigung dafür beantragen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist. Diese Bestätigung gilt auch in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 19.

(5)   Bei der Anwendung der Absätze 1 bis 4 richten die Eisenbahnunternehmen besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität, sowie von etwaigen Begleitpersonen und Assistenzhunden.

(6)   Wenn gemäß Artikel 13a Absatz 3 der Richtlinie 2012/34/EU Notfallpläne aufgestellt werden, stimmen sich die Eisenbahnunternehmen mit dem Bahnhofsbetreiber und dem Infrastrukturbetreiber ab, um diese für den Fall größerer Störungen und großer Verspätungen, die dazu führen, dass eine beträchtliche Anzahl von Fahrgästen im Bahnhof festsitzt, vorzubereiten. In diesen Notfallplänen sind auch Anforderungen an den Zugang zu Warn- und Informationssystemen festgelegt.

KAPITEL V

PERSONEN MIT BEHINDERUNGEN UND PERSONEN MIT EINGESCHRÄNKTER MOBILITÄT

Artikel 21

Anspruch auf Beförderung

(1)   Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber stellen unter aktiver Beteiligung von Vertretungsorganisationen und gegebenenfalls von Vertretern von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität nichtdiskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit Behinderungen, einschließlich ihrer persönlichen Begleiter, die im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten als solche anerkannt sind, und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf. Diese Regeln tragen den Vereinbarungen gemäß Nummer 4.4.3 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 Rechnung, insbesondere in Bezug auf die Stelle, die für die Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zuständig ist.

(2)   Buchungen und Fahrkarten werden für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten. Ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter darf sich nicht weigern, eine Buchung einer Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird, es sei denn, dies ist unbedingt erforderlich, um den in Absatz 1 genannten Zugangsregeln nachzukommen.

Artikel 22

Information von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität

(1)   Auf Anfrage informieren die Bahnhofsbetreiber, die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkartenverkäufer oder die Reiseveranstalter Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität – auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 und der Richtlinie (EU) 2019/882 – über die Zugänglichkeit des Bahnhofs und der zugehörigen Einrichtungen, über Schienenverkehrsdienste und die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen gemäß den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln und informieren die Personen mit Behinderungen oder die Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Ausstattung der Fahrzeuge.

(2)   Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Artikel 21 Absatz 2 Gebrauch, so informiert es bzw. er die betroffene Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe. Das Eisenbahnunternehmen, der Fahrkartenverkäufer oder der Reiseveranstalter bemüht sich nach besten Kräften, um der betreffenden Person unter Berücksichtigung ihres Bedarfs in Bezug auf Barrierefreiheit eine akzeptable Beförderungsalternative anzubieten.

(3)   In Bahnhöfen, die nicht mit Personal ausgestattet sind, stellen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sicher, dass im Einklang mit den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln leicht verfügbare Informationen – auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014 und der Richtlinie (EU) 2019/882 – über die nächstgelegenen mit Personal ausgestatteten Bahnhöfe und über direkt verfügbare Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität angezeigt werden.

Artikel 23

Hilfeleistung an Bahnhöfen und im Zug

(1)   Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität erhalten folgende Hilfeleistung:

a)

Der persönliche Begleiter, der im Einklang mit den nationalen Gepflogenheiten als solcher anerkannt ist, darf zu einem Sondertarif und gegebenenfalls kostenlos sowie – nach Möglichkeit – mit einem Sitzplatz neben der Person mit Behinderung reisen.

b)

Schreibt ein Eisenbahnunternehmen gemäß Artikel 21 Absatz 2 vor, dass ein Fahrgast im Zug begleitet werden muss, so hat die Begleitperson Anspruch auf kostenlose Mitreise und – nach Möglichkeit – einen Sitzplatz neben der Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität.

c)

Sie dürfen von einem Assistenzhund gemäß den geltenden nationalen Rechtsvorschriften begleitet werden.

d)

Wenn Züge nicht mit Personal ausgestattet sind und am Bahnhof geschultes Personal im Dienst ist, sorgen Bahnhofsbetreiber oder Eisenbahnunternehmen für kostenlose Hilfeleistungen beim Ein- und Aussteigen gemäß den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln.

e)

Der Bahnhofsbetreiber oder das Eisenbahnunternehmen sorgt dafür, dass der Person bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof in einer Weise, die ihr ermöglicht, in den Zug einzusteigen, in den Anschlussverkehrsdienst, für den sie eine Fahrkarte hat, umzusteigen oder aus dem Zug auszusteigen, kostenlos Hilfe geleistet wird, sofern geschultes Personal im Dienst ist. Wurde der Hilfebedarf gemäß Artikel 24 Buchstabe a im Voraus gemeldet, so stellt der Bahnhofsbetreiber oder das Eisenbahnunternehmen sicher, dass die angeforderte Hilfeleistung erbracht wird.

f)

An nicht mit Personal ausgestatteten Bahnhöfen sorgen Eisenbahnunternehmen für kostenlose Hilfeleistung im Zug und beim Ein- und Aussteigen, sofern geschultes Begleitpersonal im Zug ist.

g)

Ist der Zug und der Bahnhof nicht mit geschultem Personal ausgestattet, so bemühen sich Bahnhofsbetreiber oder Eisenbahnunternehmen nach besten Kräften, Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.

h)

Die Eisenbahnunternehmen unternehmen alle zumutbaren Bemühungen, um Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Zugang zu denselben Diensten im Zug wie anderen Fahrgästen zu gewähren, wenn sie diese Dienste nicht unabhängig und sicher nutzen können.

(2)   Mit den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Regeln werden die Modalitäten für die Ausübung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Rechte festgelegt.

Artikel 24

Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen

Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten bei der kostenlosen Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Sinne der Artikel 21 und 23 durch Bereitstellung eines zentralen Meldesystems nach folgenden Vorgaben zusammen:

a)

Die Hilfeleistung wird unter der Voraussetzung erbracht, dass der Hilfebedarf des Fahrgasts dem Eisenbahnunternehmen, dem Bahnhofsbetreiber, dem Fahrkartenverkäufer oder dem Reiseveranstalter, bei dem die Fahrkarte erworben wurde, oder gegebenenfalls der zentralen Anlaufstelle gemäß Buchstabe f spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, gemeldet wird. Eine einzige Meldung für eine Fahrt reicht aus. Solche Meldungen werden an alle an der Beförderung der Person beteiligten Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber weitergeleitet.

Sie werden unabhängig vom verwendeten Kommunikationsmittel ohne zusätzliche Kosten entgegengenommen.

Im Falle einer Mehrfahrtenkarte oder Zeitfahrkarte ist eine einzige Meldung ausreichend, sofern geeignete Informationen über den Zeitplan für die nachfolgenden Fahrten vorgelegt werden und die Meldung in jedem Fall spätestens 24 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung zuerst benötigt wird, erfolgt. Der Fahrgast oder sein Vertreter unternimmt alle zumutbaren Bemühungen, um eine Annullierung nachfolgender Fahrten mindestens zwölf Stunden im Voraus mitzuteilen.

Mitgliedstaaten können eine Verlängerung der in den Unterabsätzen 1, 2 und 3 genannten 24-Stunden-Frist für Meldungen auf bis zu 36 Stunden genehmigen, jedoch nicht über den 30. Juni 2026 hinaus. In diesen Fällen setzen die Mitgliedstaaten die Kommission von der Genehmigung sowie von den Maßnahmen in Kenntnis, die zur Verkürzung der Frist getroffen werden oder geplant sind.

b)

Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter ergreifen alle erforderlichen Maßnahmen, um Meldungen entgegennehmen zu können. Wenn Fahrkartenverkäufer diese Meldungen nicht bearbeiten können, geben sie alternative Verkaufsstellen oder alternative Möglichkeiten für die Meldung an.

c)

Ist keine Meldung nach Buchstabe a erfolgt, so bemühen sich das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, die Hilfeleistung so zu erbringen, dass die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität ihre Reise durchführen kann.

d)

Unbeschadet Buchstabe f des vorliegenden Artikels benennt der Bahnhofsbetreiber oder eine andere befugte Person Stellen, bei denen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ihre Ankunft am Bahnhof ankündigen und Hilfeleistungen anfordern können. Die Zuständigkeiten für die Benennung solcher Stellen und die Bereitstellung entsprechender Informationen werden in den in Artikel 21 Absatz 1 genannten Zugangsregeln festgelegt.

e)

Eine Hilfeleistung wird nur erbracht, wenn sich die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität zu dem Zeitpunkt, der von dem die Hilfeleistung erbringenden Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber festgelegt wurde, an dem festgelegten Ort einfindet. Der festgelegte Zeitpunkt darf höchstens 60 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt liegen, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein. Wenn kein Zeitpunkt festgelegt wurde, zu dem sich die Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität einfinden soll, hat sich diese Person spätestens 30 Minuten vor der fahrplanmäßigen Abfahrtzeit oder vor dem Zeitpunkt, zu dem alle Fahrgäste ersucht werden, anwesend zu sein, an dem festgelegten Ort einzufinden.

f)

Die Mitgliedstaaten können vorschreiben, dass Bahnhofsbetreiber und Eisenbahnunternehmen in ihrem Hoheitsgebiet zusammenarbeiten, um zentrale Anlaufstellen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität einzurichten und zu betreiben. Die Bedingungen für den Betrieb der zentralen Anlaufstelle werden in den Zugangsregeln gemäß Artikel 21 Absatz 1 festgelegt. Die zentralen Anlaufstellen sind verpflichtet,

i)

Anträge auf Hilfeleistung an Bahnhöfen entgegenzunehmen,

ii)

einzelne Anträge auf Hilfeleistung an Bahnhofsbetreiber und Eisenbahnunternehmen weiterzuleiten und

iii)

Informationen zur Barrierefreiheit bereitzustellen.

Artikel 25

Entschädigung für Mobilitätshilfen, Hilfsmittel und Assistenzhunde

(1)   Verursachen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber den Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen, einschließlich Rollstühlen, und Hilfsmitteln oder den Verlust oder die Verletzung von Assistenzhunden, die von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität verwendet werden, so haften sie für diese Verluste, Beschädigungen oder Verletzungen und leisten dafür unverzüglich Schadensersatz. Dieser Schadenersatz umfasst:

a)

die Kosten für den Ersatz oder die Reparatur von beschädigten Mobilitätshilfen oder Hilfsmitteln, die verloren gegangen oder beschädigt wurden;

b)

die Wiederbeschaffungskosten oder Behandlungskosten eines Assistenzhundes, der verloren ging oder verletzt wurde;

c)

angemessene Kosten für einen vorübergehenden Ersatz für Mobilitätshilfen, Hilfsmittel oder Assistenzhunde, wenn das Eisenbahnunternehmen oder der Bahnhofsbetreiber nicht gemäß Absatz 2 Ersatz zur Verfügung stellt.

(2)   Bei Anwendung von Absatz 1 unternehmen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber zügig alle zumutbaren Bemühungen, um den umgehend benötigten vorübergehenden Ersatz für Mobilitätshilfen oder Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Der Person mit Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität wird gestattet, diese als vorübergehender Ersatz überlassenen Ausrüstungen oder Hilfsmittel bis zur Auszahlung der in Absatz 1 genannten Entschädigung zu behalten.

Artikel 26

Schulung des Personals

(1)   Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber stellen sicher, dass das gesamte Personal – einschließlich des neu eingestellten Personal –, das im Rahmen seiner regulären Aufgaben Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität direkte Hilfe leistet, in Bezug auf Behinderungen geschult wird, sodass das Personal weiß, wie den Bedürfnissen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität entsprochen wird.

Sie führen außerdem Schulungen und regelmäßige Auffrischungskurse des gesamten an Bahnhöfen oder in Zügen beschäftigten Personals mit direktem Kontakt zum Reisepublikum durch, um dieses für die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zu sensibilisieren.

(2)   Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber können die Teilnahme von Beschäftigten mit Behinderungen an den Schulungen gemäß Absatz 1 genehmigen und die Teilnahme von Fahrgästen mit Behinderungen und Fahrgästen mit eingeschränkter Mobilität und/oder von Verbänden, die diese vertreten, an den Schulungen erwägen.

KAPITEL VI

SICHERHEIT, BESCHWERDEN UND DIENSTQUALITÄT

Artikel 27

Persönliche Sicherheit der Fahrgäste

Im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen ergreifen das Eisenbahnunternehmen, der Infrastrukturbetreiber und der Bahnhofsbetreiber in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geeignete Maßnahmen, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten und Risikomanagement zu betreiben, und passen diese Maßnahmen an das von den staatlichen Stellen festgelegte Sicherheitsniveau an. Sie arbeiten zusammen und tauschen Informationen über bewährte Verfahren zur Verhinderung von Handlungen aus, die das Sicherheitsniveau beeinträchtigen können.

Artikel 28

Beschwerden

(1)   Jedes Eisenbahnunternehmen und jeder Betreiber eines Bahnhofs mit im Jahresdurchschnitt mehr als 10 000 Fahrgästen pro Tag richtet ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung im Zusammenhang mit den unter diese Verordnung fallenden Rechten und Pflichten in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen ein. Sie machen unter den Fahrgästen weithin bekannt, wie diese mit ihrer Beschwerdestelle in Verbindung treten können und welche Sprachen ihre Arbeitssprachen sind. Dieses Verfahren gilt nicht für die Zwecke des Kapitels III.

(2)   Fahrgäste können ihre Beschwerde mittels des in Absatz 1 genannten Verfahrens bei jedem Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber – je nach Zuständigkeitsbereich – einreichen. Eine solche Beschwerde muss innerhalb von drei Monaten nach dem Vorfall, auf den sich die Beschwerde bezieht, eingereicht werden. Der Adressat gibt innerhalb eines Monats nach Eingang der Beschwerde eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt – in begründeten Fällen – dem Fahrgast mit, dass innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag des Eingangs der Beschwerde Antwort ergeht. Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber bewahren die zur Prüfung der Beschwerde erforderlichen Daten für die Dauer des gesamten Beschwerdeverfahrens einschließlich der Beschwerdeverfahren im Sinne der Artikel 33 und 34 auf und stellen sie den nationalen Durchsetzungsstellen auf Anfrage zur Verfügung.

(3)   Die Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens müssen öffentlich zugänglich sein, auch für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität. Diese Informationen sollten auf Antrag mindestens in der offiziellen Landessprache bzw. den offiziellen Landessprachen des Mitgliedstaats erhältlich sein, in dem das Eisenbahnunternehmen tätig ist.

(4)   Das Eisenbahnunternehmen veröffentlicht in dem in Artikel 29 Absatz 2 genannten Bericht die Zahl und die Art der eingegangenen und der bearbeiteten Beschwerden, die Beantwortungsdauer und durchgeführte Abhilfemaßnahmen.

Artikel 29

Dienstqualitätsnormen

(1)   Die Eisenbahnunternehmen stellen Dienstqualitätsnormen auf und wenden ein Qualitätsmanagementsystem zur Aufrechterhaltung der Dienstqualität an. Die Dienstqualitätsnormen haben mindestens die in Anhang III aufgeführten Bereiche abzudecken.

(2)   Eisenbahnunternehmen überwachen die eigene Leistung anhand der Dienstqualitätsnormen. Bis zum 30. Juni 2023 und danach alle zwei Jahre veröffentlichen sie auf ihrer Website einen Bericht über ihre Dienstqualität. Diese Berichte werden auch über die Website der Eisenbahnagentur der Europäischen Union zugänglich gemacht.

(3)   Die Bahnhofsbetreiber stellen Dienstqualitätsnormen auf der Grundlage der in Anhang III aufgeführten einschlägigen Bereiche auf. Sie überwachen ihre Leistung anhand dieser Normen und gewähren den nationalen Behörden auf Anfrage Zugang zu ihren Leistungsdaten.

KAPITEL VII

INFORMATION UND DURCHSETZUNG

Artikel 30

Information der Fahrgäste über ihre Rechte

(1)   Beim Verkauf von Eisenbahnfahrkarten informieren Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter die Fahrgäste über ihre aus dieser Verordnung erwachsenden Rechte und Pflichten. Um dieser Informationspflicht nachzukommen, können sie eine Zusammenfassung der Bestimmungen dieser Verordnung verwenden, die die Kommission in allen Amtssprachen der Union erstellt und ihnen zur Verfügung stellt. Sie stellen diese Informationen entweder in Papierform oder in elektronischem Format oder in einer anderen Form – auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014– zur Verfügung. Sie geben an, wo solche Informationen im Fall von Zugausfällen, verpassten Anschlüssen oder großen Verspätungen erhältlich sind.

(2)   Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber unterrichten die Fahrgäste im Bahnhof, im Zug und auf ihrer Website angemessen – auch in barrierefreien Formaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und der Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 – über ihre aus dieser Verordnung erwachsenden Rechte und Pflichten und über die Kontaktdaten der gemäß Artikel 31 von den Mitgliedstaaten benannten Stelle oder Stellen.

Artikel 31

Benennung nationaler Durchsetzungsstellen

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere für die Durchsetzung dieser Verordnung zuständige Stellen. Jede dieser Stellen ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Fahrgäste gewahrt werden.

(2)   Jede Stelle ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung von den Infrastrukturbetreibern, den Entgelt erhebenden Stellen, den Zuweisungsstellen und den Eisenbahnunternehmen unabhängig.

(3)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß diesem Artikel benannte Stelle oder benannten Stellen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten mit. Die Kommission und die benannten Stellen veröffentlichen diese Informationen auf ihren Websites.

(4)   Für Zypern oder Malta gelten die Durchsetzungspflichten, die in diesem Kapitel in Bezug auf Bahnhofsbetreiber und Infrastrukturbetreiber vorgesehen sind, nicht, solange in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet kein Eisenbahnsystem besteht, und in Bezug auf Eisenbahnunternehmen nicht, solange kein Eisenbahnunternehmen von einer von Zypern oder Malta gemäß Artikel 2 Absatz 1 benannten Genehmigungsbehörde zugelassen wurde.

Artikel 32

Durchsetzungsaufgaben

(1)   Die nationalen Durchsetzungsstellen überwachen die Einhaltung dieser Verordnung, einschließlich – soweit in dieser Verordnung auf sie Bezug genommen wird – der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014, genau und ergreifen die zur Wahrung der Fahrgastrechte erforderlichen Maßnahmen.

(2)   Zum Zwecke des Absatzes 1 stellen Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Infrastrukturbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter den nationalen Durchsetzungsstellen auf Anfrage unverzüglich und spätestens innerhalb eines Monats nach Eingang der Anfrage alle einschlägigen Unterlagen und Informationen zur Verfügung. In komplizierten Fällen kann die nationale Durchsetzungsstelle diese Frist auf höchstens drei Monate nach Eingang der Anfrage verlängern. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben berücksichtigen die nationalen Durchsetzungsstellen auch die Informationen, die ihnen von der nach Artikel 33 zur Beschwerdebearbeitung benannten Stelle übermittelt werden, sofern es sich um eine andere Stelle handelt. Sie können auch über Durchsetzungsmaßnahmen aufgrund von Einzelbeschwerden, die von einer solchen Stelle übermittelt werden, entscheiden.

(3)   Alle zwei Jahre veröffentlichen die nationalen Durchsetzungsstellen bis zum 30. Juni des folgenden Kalenderjahres Berichte mit Statistiken über ihre Tätigkeit, auch mit Angaben über verhängte Sanktionen. Diese Berichte werden auch über die Website der Eisenbahnagentur der Europäischen Union zugänglich gemacht.

(4)   Die Eisenbahnunternehmen teilen der nationalen Durchsetzungsstelle bzw. den nationalen Durchsetzungsstellen der Mitgliedstaaten, in denen Sie tätig sind, ihre Kontaktdaten mit.

Artikel 33

Beschwerdebearbeitung durch die nationalen Durchsetzungsstellen und andere Stellen

(1)   Unbeschadet der Rechte der Verbraucher, alternative Rechtsbehelfe gemäß der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (15) in Anspruch zu nehmen, kann der Fahrgast, nachdem er erfolglos Beschwerde nach Artikel 28 beim Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber eingereicht hat, binnen drei Monaten nach Erhalt der Information, dass die ursprüngliche Beschwerde zurückgewiesen wird, Beschwerde bei der nationalen Durchsetzungsstelle oder bei jeder anderen nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels benannten Stelle einlegen. Wenn binnen drei Monaten nach Einreichung der ursprünglichen Beschwerde keine Antwort ergeht, hat der Fahrgast das Recht, bei der nationalen Durchsetzungsstelle oder bei jeder anderen nach Absatz 2 benannten Stelle Beschwerde einzulegen. Bei Bedarf klärt diese Stelle den Beschwerdeführer über sein Recht auf, Beschwerde bei einer alternativen Streitbeilegungsstelle einzulegen, um individuellen Rechtsschutz zu erlangen.

(2)   Jeder Fahrgast kann eine Beschwerde über einen mutmaßlichen Verstoß gegen diese Verordnung entweder bei der nationalen Durchsetzungsstelle oder bei jeder anderen von einem Mitgliedstaat zu diesem Zweck benannten Stelle einreichen.

(3)   Die nationale Durchsetzungsstelle oder jede andere nach Absatz 2 benannte Stelle bestätigt den Eingang der Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach deren Empfang. Das Beschwerdeverfahren darf ab dem Zeitpunkt der Eröffnung der Beschwerdeakte höchstens drei Monate dauern. In komplizierten Fällen kann die Stelle diese Dauer auf sechs Monate verlängern. In diesem Fall unterrichtet sie die Fahrgäste über die Gründe der Verlängerung und die voraussichtlich benötigte Zeit bis zum Abschluss des Verfahrens. Nur Verfahren, die ein Gerichtsverfahren umfassen, dürfen länger als sechs Monate dauern. Ist die Stelle gleichzeitig auch eine alternative Streitbeilegungsstelle gemäß der Richtlinie 2013/11/EU, so gehen die in jener Richtlinie festgelegten Fristen vor.

Das Beschwerdeverfahren muss für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität barrierefrei zugänglich sein.

(4)   Beschwerden von Fahrgästen über einen Vorfall, an dem ein Eisenbahnunternehmen beteiligt ist, werden von der nationalen Durchsetzungsstelle oder jeder anderen nach Absatz 2 benannten Stelle des Mitgliedstaats bearbeitet, der dem betreffenden Eisenbahnunternehmen die Genehmigung erteilt hat.

(5)   Bezieht sich eine Beschwerde auf mutmaßliche Verstöße durch einen Bahnhofsbetreiber oder Infrastrukturbetreiber, so wird die Beschwerde von der nationalen Durchsetzungsstelle oder jeder anderen nach Absatz 2 benannten Stelle des Mitgliedstaats bearbeitet, in dessen Hoheitsgebiet sich der Vorfall ereignet hat.

(6)   Im Rahmen der Zusammenarbeit nach Artikel 34 können die nationalen Durchsetzungsstellen von den Absätzen 4 oder 5 des vorliegenden Artikels oder von beiden Absätzen abweichen, wenn dies aus gerechtfertigten Gründen, insbesondere im Zusammenhang mit der Sprache oder dem Wohnsitz, im Interesse des Fahrgasts liegt.

Artikel 34

Informationsaustausch und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen den nationalen Durchsetzungsstellen

(1)   Werden unterschiedliche Stellen gemäß den Artikeln 31 und 33 benannt, so wird ein Berichterstattungsmechanismus für den Informationsaustausch zwischen diesen Stellen gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 eingerichtet, um den nationalen Durchsetzungsstellen die Wahrnehmung ihrer Aufsichts- und Durchsetzungsaufgaben zu erleichtern und damit die nach Artikel 33 benannte Beschwerdestelle die Informationen einholen kann, die sie für die Prüfung von Einzelbeschwerden benötigt.

(2)   Die nationalen Durchsetzungsstellen tauschen zu Koordinierungszwecken Informationen über ihre Arbeit und Entscheidungsgrundsätze und -praktiken aus. Die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe.

(3)   In komplizierten Fällen, die z. B. mehrere Beschwerden oder mehrere Betreiber, grenzüberschreitende Fahrten oder Unfälle im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats als dem, der dem Unternehmen die Genehmigung erteilt hat, betreffen, und insbesondere wenn unklar ist, welche nationale Durchsetzungsstelle zuständig ist, oder wenn die Beilegung der Beschwerde so erleichtert oder beschleunigt werden könnte, arbeiten die nationalen Durchsetzungsstellen zusammen und bestimmen eine federführende Stelle, die als zentrale Anlaufstelle für Fahrgäste dient. Alle beteiligten nationalen Durchsetzungsstellen arbeiten zusammen, um die Beilegung der Beschwerde zu erleichtern, einschließlich durch Austausch von Informationen, Unterstützung bei der Übersetzung von Unterlagen und Übermittlung von Informationen über die Umstände der Vorfälle. Den Fahrgästen wird mitgeteilt, welche Stelle als federführende Stelle fungiert.

KAPITEL VIII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 35

Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.

(2)   Im Rahmen der Zusammenarbeit nach Artikel 34 untersucht die für die Zwecke des Artikels 33 Absatz 4 oder 5 zuständige nationale Durchsetzungsstelle auf Ersuchen der nationalen Durchsetzungsstelle, die die Beschwerde bearbeitet, den von dieser Stelle festgestellten Verstoß gegen diese Verordnung und verhängt erforderlichenfalls Sanktionen.

Artikel 36

Befugnisübertragung

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 37 zur Änderung dieser Verordnung delegierte Rechtsakte zu erlassen, um

a)

Anpassungen der in Artikel 15 Absatz 2 genannten Beträge vorzunehmen, um den Änderungen des von der Kommission (Eurostat) veröffentlichten EU-weiten harmonisierten Verbraucherpreisindex mit Ausnahme von Energie und unverarbeiteten Lebensmitteln Rechnung zu tragen;

b)

zur Berücksichtigung von Änderungen der einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) in Anhang A des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) Anhang I zu ändern.

Artikel 37

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 36 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 6. Juni 2021 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 36 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegten Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 36 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 38

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 39

Berichterstattung

Bis zum 7. Juni 2026 erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat über die Durchführung der Verordnung und deren Ergebnisse Bericht.

Dem Bericht werden die gemäß dieser Verordnung erteilten Informationen zugrunde gelegt. Erforderlichenfalls werden dem Bericht geeignete Vorschläge beigefügt.

Artikel 40

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 wird mit Wirkung vom 7. Juni 2023 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung und sind nach Maßgabe der Entsprechungstabelle in Anhang IV zu lesen.

Artikel 41

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 7. Juni 2023.

Artikel 6 Absatz 4 gilt jedoch ab dem 7. Juni 2025.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 29. April 2021.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

D.M. SASSOLI

Im Namen des Rates

Der Präsident

A.P. ZACARIAS


(1)  ABl. C 197 vom 8.6.2018, S. 66.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. November 2018 (ABl. C 363 vom 28.10.2020, S. 296) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 25. Januar 2021 (ABl. C 68 vom 26.2.2021, S. 1). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 454/2011 der Kommission vom 5. Mai 2011 über die Technische Spezifikation für die Interoperabilität (TSI) zum Teilsystem „Telematikanwendungen für den Personenverkehr“ des transeuropäischen Eisenbahnsystems (ABl. L 123 vom 12.5.2011, S. 11).

(5)  Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1300/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technischen Spezifikationen für die Interoperabilität bezüglich der Zugänglichkeit des Eisenbahnsystems der Union für Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität (ABl. L 356 vom 12.12.2014, S. 110).

(7)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen mit Behinderungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(8)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(9)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(10)  Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. L 343 vom 14.12.2012, S. 32).

(11)  Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1).

(12)  Richtlinie (EU) 2016/797 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union (ABl. L 138 vom 26.5.2016, S. 44).

(13)  Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1).

(14)  Delegierte Verordnung (EU) 2017/1926 der Kommission vom 31. Mai 2017 zur Ergänzung der Richtlinie 2010/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Bereitstellung EU-weiter multimodaler Reiseinformationsdienste (ABl. L 272 vom 21.10.2017, S. 1).

(15)  Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63).


ANHANG I

AUSZUG AUS DEN EINHEITLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN FÜR DEN VERTRAG ÜBER DIE INTERNATIONALE EISENBAHNBEFÖRDERUNG VON PERSONEN UND GEPÄCK (CIV)

Anhang A zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr

TITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für Zwecke dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften bezeichnet der Ausdruck

a)

„Beförderer“ den vertraglichen Beförderer, mit dem der Reisende den Beförderungsvertrag gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften geschlossen hat, oder einen aufeinanderfolgenden Beförderer, der auf der Grundlage dieses Vertrags haftet;

b)

„ausführender Beförderer“ einen Beförderer, der mit dem Reisenden den Beförderungsvertrag nicht geschlossen hat, dem aber der Beförderer gemäß Buchstabe a die Durchführung der Beförderung auf der Schiene ganz oder teilweise übertragen hat;

c)

„Allgemeine Beförderungsbedingungen“ die in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Tarifen in jedem Mitgliedstaat zu Recht bestehenden Bedingungen des Beförderers, die mit Abschluss des Beförderungsvertrages dessen Bestandteil geworden sind;

d)

„Fahrzeug“ Kraftfahrzeuge oder Anhänger, die aus Anlass einer Personenbeförderung befördert werden.

TITEL II

ABSCHLUSS UND AUSFÜHRUNG DES BEFÖRDERUNGSVERTRAGES

Artikel 6

Beförderungsvertrag

(1)   Durch den Beförderungsvertrag wird der Beförderer verpflichtet, den Reisenden sowie gegebenenfalls Reisegepäck und Fahrzeuge zum Bestimmungsort zu befördern und das Reisegepäck und die Fahrzeuge am Bestimmungsort auszuliefern.

(2)   Der Beförderungsvertrag ist in einem oder mehreren Beförderungsausweisen festzuhalten, die dem Reisenden auszuhändigen sind. Unbeschadet des Artikels 9 berührt jedoch das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Beförderungsausweises weder den Bestand noch die Gültigkeit des Vertrags, der weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt.

(3)   Der Beförderungsausweis dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für den Abschluss und den Inhalt des Beförderungsvertrages.

Artikel 7

Beförderungsausweis

(1)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen bestimmen Form und Inhalt der Beförderungsausweise sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind.

(2)   In den Beförderungsausweis sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, um Abschluss und Inhalt des Beförderungsvertrages zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus diesem Vertrag geltend zu machen.

(3)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsausweises zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

(4)   Der Beförderungsausweis ist übertragbar, wenn er nicht auf den Namen lautet und die Reise noch nicht angetreten ist.

(5)   Der Beförderungsausweis kann auch in elektronischen Datenaufzeichnungen bestehen, die in lesbare Schriftzeichen umwandelbar sind. Die zur Aufzeichnung und Verarbeitung der Daten verwendeten Verfahren müssen, insbesondere hinsichtlich der Beweiskraft des verkörperten Beförderungsausweises, funktional gleichwertig sein.

Artikel 8

Zahlung und Erstattung des Beförderungspreises

(1)   Soweit zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart ist, ist der Beförderungspreis im Voraus zu zahlen.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen die Bedingungen fest, unter denen ein Beförderungspreis zu erstatten ist.

Artikel 9

Berechtigung zur Fahrt. Ausschluss von der Beförderung

(1)   Der Reisende muss vom Beginn der Reise an mit einem gültigen Beförderungsausweis versehen sein und ihn bei der Prüfung der Beförderungsausweise vorzeigen. Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen,

a)

dass ein Reisender, der keinen gültigen Beförderungsausweis vorzeigt, außer dem Beförderungspreis einen Zuschlag zu zahlen hat;

b)

dass ein Reisender, der die sofortige Zahlung des Beförderungspreises oder des Zuschlages verweigert, von der Beförderung ausgeschlossen werden kann;

c)

ob und unter welchen Bedingungen ein Zuschlag zu erstatten ist.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können vorsehen, dass Reisende, die

a)

eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes oder für die Sicherheit der Mitreisenden darstellen,

b)

die Mitreisenden in unzumutbarer Weise belästigen,

von der Beförderung ausgeschlossen sind oder unterwegs davon ausgeschlossen werden können, und dass diese Personen keinen Anspruch auf Erstattung des Beförderungspreises und der Gepäckfracht haben.

Artikel 10

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Der Reisende hat die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen.

Artikel 11

Ausfall und Verspätung eines Zuges. Anschlussversäumnis

Der Beförderer hat gegebenenfalls den Ausfall des Zuges oder das Versäumnis des Anschlusses auf dem Beförderungsausweis zu bescheinigen.

TITEL III

BEFÖRDERUNG VON HANDGEPÄCK, TIEREN, REISEGEPÄCK UND FAHRZEUGEN

KAPITEL I

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 12

Zugelassene Gegenstände und Tiere

(1)   Der Reisende darf leicht tragbare Gegenstände (Handgepäck) und lebende Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Der Reisende darf darüber hinaus sperrige Gegenstände gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen mitnehmen. Gegenstände und Tiere, die andere Reisende behindern oder belästigen oder Schäden verursachen können, dürfen nicht mitgenommen werden.

(2)   Der Reisende kann Gegenstände und Tiere gemäß den Allgemeinen Beförderungsbedingungen als Reisegepäck aufgeben.

(3)   Der Beförderer kann aus Anlass einer Personenbeförderung Fahrzeuge gemäß den besonderen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen zur Beförderung zulassen.

(4)   Die Beförderung gefährlicher Güter als Handgepäck, Reisegepäck sowie in oder auf Fahrzeugen, die gemäß diesem Titel auf der Schiene befördert werden, ist nur gemäß der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) zugelassen.

Artikel 13

Nachprüfung

(1)   Der Beförderer ist berechtigt, bei begründeter Vermutung einer Nichtbeachtung der Beförderungsbedingungen nachzuprüfen, ob die beförderten Gegenstände (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tiere den Beförderungsbedingungen entsprechen, wenn es die Gesetze und Vorschriften des Staates, in dem die Nachprüfung stattfinden soll, nicht verbieten. Der Reisende ist einzuladen, der Nachprüfung beizuwohnen. Erscheint er nicht oder ist er nicht zu erreichen, so hat der Beförderer zwei unabhängige Zeugen beizuziehen.

(2)   Wird festgestellt, dass die Beförderungsbedingungen nicht beachtet wurden, so kann der Beförderer vom Reisenden die Zahlung der Kosten der Nachprüfung verlangen.

Artikel 14

Erfüllung verwaltungsbehördlicher Vorschriften

Bei der Beförderung von Gegenständen (Handgepäck, Reisegepäck, Fahrzeuge einschließlich Ladung) und Tieren aus Anlass seiner Beförderung hat der Reisende die zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften zu erfüllen. Er hat der Untersuchung dieser Gegenstände beizuwohnen, soweit die Gesetze und Vorschriften jedes Staates keine Ausnahme vorsehen.

KAPITEL II

Handgepäck und Tiere

Artikel 15

Beaufsichtigung

Das Handgepäck und mitgenommene Tiere sind vom Reisenden zu beaufsichtigen.

KAPITEL III

Reisegepäck

Artikel 16

Gepäckaufgabe

(1)   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Reisegepäck sind in einem Gepäckschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist.

(2)   Unbeschadet des Artikels 22 berührt das Fehlen, die Mangelhaftigkeit oder der Verlust des Gepäckscheins weder den Bestand noch die Gültigkeit der Vereinbarungen über die Beförderung des Reisegepäcks, die weiterhin diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegen.

(3)   Der Gepäckschein dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für die Aufgabe des Reisegepäcks und die Bedingungen seiner Beförderung.

(4)   Es wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, dass das Reisegepäck bei der Übernahme durch den Beförderer äußerlich in gutem Zustande war und dass die Anzahl und die Masse der Gepäckstücke mit den Angaben im Gepäckschein übereinstimmten.

Artikel 17

Gepäckschein

(1)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Gepäckscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

(2)   In den Gepäckschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, um die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung des Reisegepäcks zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

(3)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Gepäckscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 18

Abfertigung und Beförderung

(1)   Soweit die Allgemeinen Beförderungsbedingungen keine Ausnahme vorsehen, wird Reisegepäck nur gegen Vorzeigen eines mindestens bis zum Bestimmungsort des Reisegepäcks gültigen Beförderungsausweises abgefertigt. Im Übrigen erfolgt die Abfertigung des Reisegepäcks nach den am Aufgabeort geltenden Vorschriften.

(2)   Lassen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen die Annahme von Reisegepäck zur Beförderung ohne Vorzeigen eines Beförderungsausweises zu, so gelten hinsichtlich des Reisegepäcks die Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften über die Rechte und Pflichten des Reisenden sinngemäß für den Absender von Reisegepäck.

(3)   Der Beförderer kann das Reisegepäck mit einem anderen Zug oder mit einem anderen Beförderungsmittel und über einen anderen Weg befördern, als sie vom Reisenden benutzt werden.

Artikel 19

Zahlung der Gepäckfracht

Ist zwischen dem Reisenden und dem Beförderer nichts anderes vereinbart, ist die Gepäckfracht bei der Aufgabe zu zahlen.

Artikel 20

Kennzeichnung des Reisegepäcks

Der Reisende hat auf jedem Gepäckstück, an gut sichtbarer Stelle, haltbar und deutlich anzugeben:

a)

seinen Namen und seine Anschrift,

b)

den Bestimmungsort.

Artikel 21

Verfügungsrecht über das Reisegepäck

(1)   Wenn es die Umstände gestatten und keine zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften entgegenstehen, kann der Reisende gegen Rückgabe des Gepäckscheins und, wenn es die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorsehen, gegen Vorzeigen des Beförderungsausweises die Rückgabe des Gepäcks am Aufgabeort verlangen.

(2)   Die Allgemeinen Beförderungsbedingungen können andere Bestimmungen betreffend das Verfügungsrecht vorsehen, insbesondere die Änderung des Bestimmungsortes und allfällige damit zusammenhängende Kostenfolgen für den Reisenden.

Artikel 22

Auslieferung

(1)   Das Reisegepäck wird gegen Rückgabe des Gepäckscheins und gegen Zahlung der gegebenenfalls die Sendung belastenden Kosten ausgeliefert.

Der Beförderer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, nachzuprüfen, ob der Inhaber des Gepäckscheins berechtigt ist, das Reisegepäck in Empfang zu nehmen.

(2)   Der Auslieferung an den Inhaber des Gepäckscheins stehen gleich eine gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften erfolgte

a)

Übergabe des Reisegepäcks an die Zoll- oder Steuerverwaltung in deren Abfertigungs- oder Lagerräumen, wenn diese nicht unter der Obhut des Beförderers stehen,

b)

Übergabe von lebenden Tieren an einen Dritten zur Verwahrung.

(3)   Der Inhaber des Gepäckscheins kann am Bestimmungsort die Auslieferung des Reisegepäcks verlangen, sobald die vereinbarte und die gegebenenfalls zur Abfertigung durch die Zoll oder sonstigen Verwaltungsbehörden erforderliche Zeit abgelaufen ist.

(4)   Wird der Gepäckschein nicht zurückgegeben, so braucht der Beförderer das Reisegepäck nur demjenigen auszuliefern, der seine Berechtigung nachweist; bei unzureichendem Nachweis kann der Beförderer eine Sicherheitsleistung verlangen.

(5)   Das Reisegepäck ist an dem Bestimmungsort auszuliefern, nach dem es abgefertigt worden ist.

(6)   Der Inhaber des Gepäckscheins, dem das Reisegepäck nicht ausgeliefert wird, kann verlangen, dass ihm auf dem Gepäckschein Tag und Stunde bescheinigt werden, zu denen er die Auslieferung gemäß Absatz 3 verlangt hat.

(7)   Leistet der Beförderer dem Verlangen des Berechtigten, das Reisegepäck in seiner Gegenwart nachzuprüfen, um einen von ihm behaupteten Schaden festzustellen, nicht Folge, so kann der Berechtigte die Annahme des Reisegepäcks verweigern.

(8)   Im Übrigen erfolgt die Auslieferung des Reisegepäcks gemäß den am Bestimmungsort geltenden Vorschriften.

KAPITEL IV

Fahrzeuge

Artikel 23

Beförderungsbedingungen

Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen insbesondere die Bedingungen für die Annahme zur Beförderung, die Abfertigung, das Verladen und die Beförderung, das Entladen und die Auslieferung sowie die Verpflichtungen des Reisenden fest.

Artikel 24

Beförderungsschein

(1)   Die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung von Fahrzeugen sind in einem Beförderungsschein festzuhalten, der dem Reisenden auszuhändigen ist. Der Beförderungsschein kann Teil des Beförderungsausweises des Reisenden sein.

(2)   Die besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen legen Form und Inhalt des Beförderungsscheins sowie die Sprache und die Schriftzeichen, die beim Druck und beim Ausfüllen zu verwenden sind, fest. Artikel 7 Absatz 5 gilt entsprechend.

(3)   In den Beförderungsschein sind mindestens einzutragen:

a)

der Beförderer oder die Beförderer;

b)

die Angabe, dass die Beförderung auch bei einer gegenteiligen Abmachung diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften unterliegt; dies kann durch die Abkürzung CIV geschehen;

c)

jede andere Angabe, die notwendig ist, um die vertraglichen Pflichten bei der Beförderung der Fahrzeuge zu beweisen, und die es dem Reisenden erlaubt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag geltend zu machen.

(4)   Der Reisende hat sich bei der Entgegennahme des Beförderungsscheins zu vergewissern, ob dieser seinen Angaben gemäß ausgestellt ist.

Artikel 25

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Kapitels III über die Beförderung von Reisegepäck.

TITEL IV

HAFTUNG DES BEFÖRDERERS

KAPITEL I

Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden

Artikel 26

Haftungsgrund

(1)   Der Beförderer haftet für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende durch einen Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in den Eisenbahnwagen oder beim Ein- oder Aussteigen getötet, verletzt oder sonst in seiner körperlichen oder in seiner geistigen Gesundheit beeinträchtigt wird, unabhängig davon, welche Eisenbahninfrastruktur benutzt wird.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit,

a)

wenn der Unfall durch außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände verursacht worden ist und der Beförderer diese Umstände trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen nicht abwenden konnte;

b)

soweit der Unfall auf ein Verschulden des Reisenden zurückzuführen ist;

c)

wenn der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist und der Beförderer dieses Verhalten trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

(3)   Ist der Unfall auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen und ist der Beförderer gleichwohl von seiner Haftung nicht gemäß Absatz 2 Buchstabe c ganz befreit, so haftet er unter den Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften voll, unbeschadet eines etwaigen Rückgriffsrechtes gegen den Dritten.

(4)   Eine etwaige Haftung des Beförderers in den in Absatz 1 nicht vorgesehenen Fällen wird durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften nicht berührt.

(5)   Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von aufeinanderfolgenden Beförderern ausgeführt, so haftet bei Tötung und Verletzung von Reisenden derjenige Beförderer, der die Beförderungsleistung, bei der sich der Unfall ereignet hat, gemäß Beförderungsvertrag zu erbringen hatte. Wurde diese Beförderungsleistung nicht vom Beförderer, sondern von einem ausführenden Beförderer erbracht, haften beide als Gesamtschuldner nach diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

Artikel 27

Schadensersatz bei Tötung

(1)   Bei Tötung des Reisenden umfasst der Schadensersatz:

a)

die infolge des Todes des Reisenden entstandenen notwendigen Kosten, insbesondere für die Überführung und die Bestattung;

b)

bei nicht sofortigem Eintritt des Todes den in Artikel 28 vorgesehenen Schadensersatz.

(2)   Haben durch den Tod des Reisenden Personen, denen gegenüber er kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder zukünftig unterhaltspflichtig geworden wäre, den Versorger verloren, so ist auch für diesen Verlust Ersatz zu leisten. Der Schadensersatzanspruch von Personen, denen der Reisende ohne gesetzliche Verpflichtung Unterhalt gewährt hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 28

Schadensersatz bei Verletzung

Bei Verletzung oder sonstiger Beeinträchtigung der körperlichen oder der geistigen Gesundheit des Reisenden umfasst der Schadensersatz:

a)

die notwendigen Kosten, insbesondere für Heilung und Pflege sowie für die Beförderung;

b)

den Vermögensnachteil, den der Reisende durch gänzliche oder teilweise Arbeitsunfähigkeit oder durch eine Vermehrung seiner Bedürfnisse erleidet.

Artikel 29

Ersatz anderer Personenschäden

Ob und inwieweit der Beförderer bei Personenschäden für andere als die in Artikel 27 und 28 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht.

Artikel 30

Form und Höhe des Schadensersatzes bei Tötung und Verletzung

(1)   Der in Artikel 27 Absatz 2 und in Artikel 28 Buchstabe b vorgesehene Schadensersatz ist in Form eines Kapitalbetrages zu leisten. Ist jedoch nach Landesrecht die Zuerkennung einer Rente zulässig, so wird der Schadensersatz in dieser Form geleistet, wenn der verletzte Reisende oder die gemäß Artikel 27 Absatz 2 Anspruchsberechtigten die Zahlung einer Rente verlangen.

(2)   Die Höhe des gemäß Absatz 1 zu leistenden Schadensersatzes richtet sich nach Landesrecht. Es gilt jedoch bei Anwendung dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften für jeden Reisenden eine Höchstgrenze von 175 000 Rechnungseinheiten für den Kapitalbetrag oder eine diesem Betrag entsprechende Jahresrente, sofern das Landesrecht eine niedrigere Höchstgrenze vorsieht.

Artikel 31

Andere Beförderungsmittel

(1)   Die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind, vorbehaltlich des Absatzes 2, nicht auf Schäden anzuwenden, die während einer Beförderung entstehen, die gemäß Beförderungsvertrag nicht auf der Schiene erfolgt.

(2)   Werden jedoch Eisenbahnwagen auf einem Fährschiff befördert, so sind die Bestimmungen über die Haftung bei Tötung und Verletzung von Reisenden auf die durch Artikel 26 Absatz 1 und Artikel 33 Absatz 1 erfassten Schäden anzuwenden, die der Reisende durch Unfall im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in diesen Wagen, beim Einsteigen in die Wagen oder beim Aussteigen aus den Wagen erleidet.

(3)   Wenn der Eisenbahnbetrieb infolge außerordentlicher Umstände vorübergehend unterbrochen ist und die Reisenden mit einem anderen Beförderungsmittel befördert werden, haftet der Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften.

KAPITEL II

Haftung bei Nichteinhaltung des Fahrplans

Artikel 32

Haftung bei Ausfall, Verspätung und Anschlussversäumnis

(1)   Der Beförderer haftet dem Reisenden für den Schaden, der dadurch entsteht, dass die Reise wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des Anschlusses nicht am selben Tag fortgesetzt werden kann oder dass unter den gegebenen Umständen eine Fortsetzung am selben Tag nicht zumutbar ist. Der Schadensersatz umfasst die dem Reisenden im Zusammenhang mit der Übernachtung und mit der Benachrichtigung der ihn erwartenden Personen entstandenen angemessenen Kosten.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, wenn der Ausfall, die Verspätung oder das Anschlussversäumnis auf eine der folgenden Ursachen zurückzuführen ist:

a)

außerhalb des Eisenbahnbetriebes liegende Umstände, die der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte,

b)

Verschulden des Reisenden oder

c)

Verhalten eines Dritten, das der Beförderer trotz Anwendung der nach Lage des Falles gebotenen Sorgfalt nicht vermeiden und dessen Folgen er nicht abwenden konnte; ein anderes Unternehmen, das dieselbe Eisenbahninfrastruktur benutzt, gilt nicht als Dritter; Rückgriffsrechte bleiben unberührt.

(3)   Ob und inwieweit der Beförderer für andere als die in Absatz 1 vorgesehenen Schäden Ersatz zu leisten hat, richtet sich nach Landesrecht. Artikel 44 bleibt unberührt.

KAPITEL III

Haftung für Handgepäck, Tiere, Reisegepäck und Fahrzeuge

Abschnitt 1

Handgepäck und Tiere

Artikel 33

Haftung

(1)   Bei Tötung und Verletzung von Reisenden haftet der Beförderer auch für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung von Sachen entsteht, die der Reisende an sich trägt oder als Handgepäck mit sich führt; dies gilt auch für Tiere, die der Reisende mit sich führt. Artikel 26 findet entsprechende Anwendung.

(2)   Im Übrigen haftet der Beförderer für Schäden wegen gänzlichen oder teilweisen Verlusts oder wegen Beschädigung von Sachen, Handgepäck oder Tieren, zu deren Beaufsichtigung der Reisende gemäß Artikel 15 verpflichtet ist, nur dann, wenn den Beförderer ein Verschulden trifft. Die übrigen Artikel des Titels IV, mit Ausnahme des Artikels 51, und der Titel VI finden in diesem Fall keine Anwendung.

Artikel 34

Beschränkung des Schadensersatzes bei Verlust oder Beschädigung von Sachen

Haftet der Beförderer gemäß Artikel 33 Absatz 1, so hat er Schadensersatz bis zu einer Höchstgrenze von 1 400 Rechnungseinheiten für jeden Reisenden zu leisten.

Artikel 35

Ausschluss der Haftung

Der Beförderer haftet dem Reisenden gegenüber nicht für den Schaden, der dadurch entsteht, dass der Reisende seinen Verpflichtungen gemäß den zoll- oder sonstigen verwaltungsbehördlichen Vorschriften nicht nachgekommen ist.

Abschnitt 2

Reisegepäck

Artikel 36

Haftungsgrund

(1)   Der Beförderer haftet für den Schaden, der durch gänzlichen oder teilweisen Verlust oder durch Beschädigung des Reisegepäcks in der Zeit von der Übernahme durch den Beförderer bis zur Auslieferung sowie durch verspätete Auslieferung entsteht.

(2)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch ein Verschulden des Reisenden, eine nicht vom Beförderer verschuldete Anweisung des Reisenden, besondere Mängel des Reisegepäcks oder durch Umstände verursacht worden ist, welche der Beförderer nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte.

(3)   Der Beförderer ist von dieser Haftung befreit, soweit der Verlust oder die Beschädigung aus der mit einer oder mehreren der folgenden Tatsachen verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist:

a)

Fehlen oder Mängel der Verpackung;

b)

natürliche Beschaffenheit des Reisegepäcks;

c)

Aufgabe von Gegenständen als Reisegepäck, die von der Beförderung ausgeschlossen sind.

Artikel 37

Beweislast

(1)   Der Beweis, dass der Verlust, die Beschädigung oder die verspätete Auslieferung durch eine der in Artikel 36 Absatz 2 erwähnten Tatsachen verursacht worden ist, obliegt dem Beförderer.

(2)   Legt der Beförderer dar, dass der Verlust oder die Beschädigung nach den Umständen des Falles aus einer oder mehreren der in Artikel 36 Absatz 3 erwähnten besonderen Gefahren entstehen konnte, so wird vermutet, dass der Schaden daraus entstanden ist. Der Berechtigte hat jedoch das Recht, nachzuweisen, dass der Schaden nicht oder nicht ausschließlich aus einer dieser Gefahren entstanden ist.

Artikel 38

Aufeinanderfolgende Beförderer

Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Beförderungsvertrages ist, von mehreren aufeinanderfolgenden Beförderern durchgeführt, so tritt jeder Beförderer dadurch, dass er das Reisegepäck mit dem Gepäckschein oder das Fahrzeug mit dem Beförderungsschein übernimmt, hinsichtlich der Beförderung von Reisegepäck oder von Fahrzeugen in den Beförderungsvertrag nach Maßgabe des Gepäckscheins oder des Beförderungsscheins ein und übernimmt die sich daraus ergebenden Verpflichtungen. In diesem Falle haftet jeder Beförderer für die Ausführung der Beförderung auf der ganzen Strecke bis zur Auslieferung.

Artikel 39

Ausführender Beförderer

(1)   Hat der Beförderer die Durchführung der Beförderung ganz oder teilweise einem ausführenden Beförderer übertragen, gleichviel, ob er aufgrund des Beförderungsvertrages dazu berechtigt war oder nicht, so bleibt der Beförderer dennoch für die gesamte Beförderung verantwortlich.

(2)   Alle für die Haftung des Beförderers maßgeblichen Bestimmungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften gelten auch für die Haftung des ausführenden Beförderers für die von ihm durchgeführte Beförderung. Artikel 48 und Artikel 52 sind anzuwenden, wenn ein Anspruch gegen die Bediensteten und anderen Personen, deren sich der ausführende Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient, geltend gemacht wird.

(3)   Eine besondere Vereinbarung, wonach der Beförderer Verpflichtungen übernimmt, die ihm nicht durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auferlegt werden, oder auf Rechte verzichtet, die ihm durch diese Einheitlichen Rechtsvorschriften gewährt werden, berührt den ausführenden Beförderer nur, wenn er dem ausdrücklich schriftlich zugestimmt hat. Unabhängig davon, ob der ausführende Beförderer eine solche Zustimmung erklärt hat, bleibt der Beförderer an die sich aus einer solchen besonderen Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen oder Verzichtserklärungen gebunden.

(4)   Wenn und soweit sowohl der Beförderer als auch der ausführende Beförderer haften, haften sie als Gesamtschuldner.

(5)   Der Gesamtbetrag der Entschädigung, der von dem Beförderer, dem ausführenden Beförderer sowie ihren Bediensteten und anderen Personen, deren sie sich bei der Durchführung der Beförderung bedienen, erlangt werden kann, übersteigt nicht die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Höchstbeträge.

(6)   Dieser Artikel lässt die Rechte des Beförderers und des ausführenden Beförderers, untereinander Rückgriff zu nehmen, unberührt.

Artikel 40

Vermutung für den Verlust

(1)   Der Berechtigte kann ein Gepäckstück ohne weiteren Nachweis als verloren betrachten, wenn es nicht binnen 14 Tagen, nachdem seine Auslieferung gemäß Artikel 22 Absatz 3 verlangt wurde, ausgeliefert oder zu seiner Verfügung bereitgestellt worden ist.

(2)   Wird ein für verloren gehaltenes Gepäckstück binnen einem Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wieder aufgefunden, so hat der Beförderer den Berechtigten zu benachrichtigen, wenn seine Anschrift bekannt ist oder sich ermitteln lässt.

(3)   Der Berechtigte kann binnen 30 Tagen nach Empfang der Nachricht gemäß Absatz 2 verlangen, dass ihm das Gepäckstück ausgeliefert wird. In diesem Fall hat er die Kosten für die Beförderung des Gepäckstückes vom Aufgabeort bis zum Ort zu zahlen, an dem das Gepäckstück ausgeliefert wird, und die erhaltene Entschädigung, gegebenenfalls abzüglich der in dieser Entschädigung enthaltenen Kosten, zurückzuzahlen. Er behält jedoch seine Ansprüche auf Entschädigung wegen verspäteter Auslieferung gemäß Artikel 43.

(4)   Wird das wiederaufgefundene Gepäckstück nicht binnen der in Absatz 3 vorgesehenen Frist zurückverlangt oder wird es später als ein Jahr nach dem Verlangen auf Auslieferung wiederaufgefunden, so verfügt der Beförderer darüber gemäß den am Ort, an dem sich das Gepäckstück befindet, geltenden Gesetzen und Vorschriften.

Artikel 41

Entschädigung bei Verlust

(1)   Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadensersatz zu zahlen:

a)

wenn die Höhe des Schadens nachgewiesen ist, eine Entschädigung in dieser Höhe, die jedoch 80 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder 1 200 Rechnungseinheiten je Gepäckstück nicht übersteigt;

b)

wenn die Höhe des Schadens nicht nachgewiesen ist, eine Pauschalentschädigung von 20 Rechnungseinheiten je fehlendes Kilogramm Bruttomasse oder von 300 Rechnungseinheiten je Gepäckstück.

Die Art der Entschädigung, je fehlendes Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

(2)   Der Beförderer hat außerdem Gepäckfracht und sonstige im Zusammenhang mit der Beförderung des verlorenen Gepäckstückes gezahlte Beträge sowie bereits entrichtete Zölle und Verbrauchsabgaben zu erstatten.

Artikel 42

Entschädigung bei Beschädigung

(1)   Bei Beschädigung des Reisegepäcks hat der Beförderer ohne weiteren Schadensersatz eine Entschädigung zu zahlen, die der Wertminderung des Reisegepäcks entspricht.

(2)   Die Entschädigung übersteigt nicht,

a)

wenn das gesamte Reisegepäck durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei gänzlichem Verlust zu zahlen wäre;

b)

wenn nur ein Teil des Reisegepäcks durch die Beschädigung entwertet ist, den Betrag, der bei Verlust des entwerteten Teiles zu zahlen wäre.

Artikel 43

Entschädigung bei verspäteter Auslieferung

(1)   Bei verspäteter Auslieferung des Reisegepäcks hat der Beförderer für je angefangene 24 Stunden seit dem Verlangen auf Auslieferung, höchstens aber für 14 Tage, zu zahlen:

a)

wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden, einschließlich einer Beschädigung, entstanden ist, eine Entschädigung in der Höhe des Schadens bis zu einem Höchstbetrag von 0,80 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 14 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks;

b)

wenn der Berechtigte nicht nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Pauschalentschädigung von 0,14 Rechnungseinheiten je Kilogramm Bruttomasse oder von 2,80 Rechnungseinheiten je Stück des verspätet ausgelieferten Reisegepäcks.

Die Art der Entschädigung, je Kilogramm oder je Gepäckstück, wird in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen festgelegt.

(2)   Bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 nicht neben der Entschädigung gemäß Artikel 41 geleistet.

(3)   Bei teilweisem Verlust des Reisegepäcks wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 für den nicht verlorenen Teil geleistet.

(4)   Bei einer Beschädigung des Reisegepäcks, die nicht Folge der verspäteten Auslieferung ist, wird die Entschädigung gemäß Absatz 1 gegebenenfalls neben der Entschädigung gemäß Artikel 42 geleistet.

(5)   In keinem Fall ist die Entschädigung gemäß Absatz 1 zuzüglich der Entschädigungen gemäß Artikel 41 und 42 insgesamt höher als die Entschädigung bei gänzlichem Verlust des Reisegepäcks.

Abschnitt 3

Fahrzeuge

Artikel 44

Entschädigung bei Verspätung

(1)   Wird ein Fahrzeug aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand verspätet verladen oder wird es verspätet ausgeliefert, so hat der Beförderer, wenn der Berechtigte nachweist, dass daraus ein Schaden entstanden ist, eine Entschädigung zu zahlen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

(2)   Ergibt sich bei der Verladung aus einem vom Beförderer zu vertretenden Umstand eine Verspätung und verzichtet der Berechtigte deshalb auf die Durchführung des Beförderungsvertrages, so wird ihm der Beförderungspreis erstattet. Weist er nach, dass aus dieser Verspätung ein Schaden entstanden ist, so kann er außerdem eine Entschädigung verlangen, deren Betrag den Beförderungspreis nicht übersteigt.

Artikel 45

Entschädigung bei Verlust

Bei gänzlichem oder teilweisem Verlust eines Fahrzeugs wird die dem Berechtigten für den nachgewiesenen Schaden zu zahlende Entschädigung nach dem Zeitwert des Fahrzeugs berechnet. Sie beträgt höchstens 8 000 Rechnungseinheiten. Ein Anhänger gilt mit oder ohne Ladung als ein selbstständiges Fahrzeug.

Artikel 46

Haftung hinsichtlich anderer Gegenstände

(1)   Hinsichtlich der im Fahrzeug untergebrachten Gegenstände oder der Gegenstände, die sich in Behältnissen (z. B. Gepäckbehältern oder Skiboxen) befinden, die fest am Fahrzeug angebracht sind, haftet der Beförderer nur für Schäden, die auf sein Verschulden zurückzuführen sind. Die Gesamtentschädigung beträgt höchstens 1 400 Rechnungseinheiten.

(2)   Für Gegenstände, die außen am Fahrzeug befestigt sind, einschließlich der Behältnisse gemäß Absatz 1, haftet der Beförderer nur, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 47

Anwendbares Recht

Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Abschnitts gelten für Fahrzeuge die Bestimmungen des Abschnitts 2 über die Haftung für Reisegepäck.

KAPITEL IV

Gemeinsame Bestimmungen

Artikel 48

Verlust des Rechtes auf Haftungsbeschränkung

Die in diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Haftungsbeschränkungen sowie die Bestimmungen des Landesrechtes, die den Schadensersatz auf einen festen Betrag begrenzen, finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung des Beförderers zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

Artikel 49

Umrechnung und Verzinsung

(1)   Müssen bei der Berechnung der Entschädigung in ausländischer Währung ausgedrückte Beträge umgerechnet werden, so sind sie nach dem Kurs am Tag und am Ort der Zahlung der Entschädigung umzurechnen.

(2)   Der Berechtigte kann auf die Entschädigung Zinsen in Höhe von fünf Prozent jährlich beanspruchen, und zwar vom Tag der Reklamation gemäß Artikel 55 oder, wenn keine Reklamation vorangegangen ist, vom Tag der Klageerhebung an.

(3)   Für Entschädigungen gemäß Artikel 27 und 28 laufen jedoch die Zinsen erst von dem Tag an, an dem die für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgebenden Umstände eingetreten sind, wenn dieser Tag später liegt als derjenige der Reklamation oder der Klageerhebung.

(4)   Bei Reisegepäck können die Zinsen nur beansprucht werden, wenn die Entschädigung 16 Rechnungseinheiten je Gepäckschein übersteigt.

(5)   Legt der Berechtigte dem Beförderer bei Reisegepäck die zur abschließenden Behandlung der Reklamation erforderlichen Belege nicht innerhalb einer ihm gestellten angemessenen Frist vor, so ist der Lauf der Zinsen vom Ablauf dieser Frist an bis zur Übergabe dieser Belege gehemmt.

Artikel 50

Haftung bei nuklearem Ereignis

Der Beförderer ist von der ihm gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften obliegenden Haftung befreit, wenn der Schaden durch ein nukleares Ereignis verursacht worden ist und wenn gemäß den Gesetzen und Vorschriften eines Staates über die Haftung auf dem Gebiet der Kernenergie der Inhaber einer Kernanlage oder eine ihm gleichgestellte Person für diesen Schaden haftet.

Artikel 51

Personen, für die der Beförderer haftet

Der Beförderer haftet für seine Bediensteten und für andere Personen, deren er sich bei der Durchführung der Beförderung bedient, soweit diese Bediensteten und anderen Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen handeln. Die Betreiber der Eisenbahninfrastruktur, auf der die Beförderung erfolgt, gelten als Personen, deren sich der Beförderer bei der Durchführung der Beförderung bedient.

Artikel 52

Sonstige Ansprüche

(1)   In allen Fällen, auf die diese Einheitlichen Rechtsvorschriften Anwendung finden, kann gegen den Beförderer ein Anspruch auf Schadensersatz, auf welchem Rechtsgrund er auch beruht, nur unter den Voraussetzungen und Beschränkungen dieser Einheitlichen Rechtsvorschriften geltend gemacht werden.

(2)   Das Gleiche gilt für Ansprüche gegen die Bediensteten und anderen Personen, für die der Beförderer gemäß Artikel 51 haftet.

TITEL V

HAFTUNG DES REISENDEN

Artikel 53

Besondere Haftungsgründe

Der Reisende haftet dem Beförderer für jeden Schaden,

a)

der dadurch entsteht, dass er seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, die sich für ihn ergeben

1.

aus den Artikeln 10, 14 und 20,

2.

aus den besonderen Bestimmungen über die Beförderung von Fahrzeugen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen oder

3.

aus der Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID), oder

b)

der durch Gegenstände oder Tiere verursacht wird, die er mitnimmt,

sofern er nicht beweist, dass der Schaden auf Umstände zurückzuführen ist, die er trotz Anwendung der von einem gewissenhaften Reisenden geforderten Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Diese Bestimmung berührt nicht die Haftung des Beförderers nach Artikel 26 und 33 Absatz 1.

TITEL VI

GELTENDMACHUNG VON ANSPRÜCHEN

Artikel 54

Feststellung eines teilweisen Verlustes oder einer Beschädigung

(1)   Wird ein teilweiser Verlust oder eine Beschädigung eines unter der Obhut des Beförderers beförderten Gegenstandes (Reisegepäck, Fahrzeug) vom Beförderer entdeckt oder vermutet oder vom Berechtigten behauptet, so hat der Beförderer je nach Art des Schadens den Zustand des Gegenstandes und, soweit möglich, das Ausmaß und die Ursache des Schadens sowie den Zeitpunkt seines Entstehens unverzüglich und, wenn möglich, in Gegenwart des Berechtigten in einer Tatbestandsaufnahme festzuhalten.

(2)   Dem Berechtigten ist eine Abschrift der Tatbestandsaufnahme unentgeltlich auszuhändigen.

(3)   Erkennt der Berechtigte die Feststellungen in der Tatbestandsaufnahme nicht an, so kann er verlangen, dass der Zustand des Reisegepäcks oder des Fahrzeugs sowie die Ursache und der Betrag des Schadens von einem durch die Parteien des Beförderungsvertrages oder ein Gericht bestellten Sachverständigen festgestellt werden. Das Verfahren richtet sich nach den Gesetzen und Vorschriften des Staates, in dem die Feststellung erfolgt.

Artikel 55

Reklamationen

(1)   Reklamationen betreffend die Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind schriftlich an den Beförderer zu richten, gegen den Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können. Im Falle einer Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrags war und von aufeinanderfolgenden Beförderern ausgeführt wurde, können Reklamationen auch an den ersten oder letzten Beförderer sowie an den Beförderer gerichtet werden, der im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Reisenden seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

(2)   Die anderen Reklamationen aus dem Beförderungsvertrag sind schriftlich an den in Artikel 56 Absätze 2 und 3 genannten Beförderer zu richten.

(3)   Die Belege, die der Berechtigte der Reklamation beigeben will, sind im Original oder in Abschrift, auf Verlangen des Beförderers in gehörig beglaubigter Form, vorzulegen. Bei der Regelung der Reklamation kann der Beförderer die Rückgabe des Beförderungsausweises, des Gepäckscheins und des Beförderungsscheins verlangen.

Artikel 56

Beförderer, gegen die Ansprüche gerichtlich geltend gemacht werden können

(1)   Schadensersatzansprüche aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden können nur gegen einen gemäß Artikel 26 Absatz 5 haftbaren Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden.

(2)   Vorbehaltlich des Absatzes 4 können sonstige Ansprüche des Reisenden aufgrund des Beförderungsvertrages nur gegen den ersten, den letzten oder denjenigen Beförderer geltend gemacht werden, der den Teil der Beförderung ausgeführt hat, in dessen Verlauf die den Anspruch begründende Tatsache eingetreten ist.

(3)   Ist bei Beförderungen durch aufeinanderfolgende Beförderer der zur Auslieferung verpflichtete Beförderer mit seiner Zustimmung im Gepäckschein oder im Beförderungsschein eingetragen, können Ansprüche gemäß Absatz 2 auch dann gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden, wenn er das Gepäck nicht erhalten oder das Fahrzeug nicht übernommen hat.

(4)   Ansprüche auf Erstattung von Beträgen, die aufgrund des Beförderungsvertrages gezahlt worden sind, können gegen den Beförderer gerichtlich geltend gemacht werden, der den Betrag erhoben hat, oder gegen den Beförderer, zu dessen Gunsten der Betrag erhoben worden ist.

(5)   Im Wege der Widerklage oder der Einrede können Ansprüche auch gegen einen anderen als die in den Absätzen 2 und 4 genannten Beförderer geltend gemacht werden, wenn sich die Klage auf denselben Beförderungsvertrag gründet.

(6)   Soweit diese Einheitlichen Rechtsvorschriften auf den ausführenden Beförderer Anwendung finden, können die Ansprüche auch gegen ihn gerichtlich geltend gemacht werden.

(7)   Hat der Kläger die Wahl unter mehreren Beförderern, so erlischt sein Wahlrecht, sobald die Klage gegen einen der Beförderer erhoben ist; dies gilt auch, wenn der Kläger die Wahl zwischen einem oder mehreren Beförderern und einem ausführenden Beförderer hat.

Artikel 58

Erlöschen der Ansprüche bei Tötung und Verletzung

(1)   Alle Ansprüche des Berechtigten aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden sind erloschen, wenn er den Unfall des Reisenden nicht spätestens zwölf Monate, nachdem er vom Schaden Kenntnis erlangt hat, einem der Beförderer anzeigt, bei denen die Reklamation gemäß Artikel 55 Absatz 1 eingereicht werden kann. Zeigt der Berechtigte dem Beförderer den Unfall mündlich an, so hat dieser ihm über die mündliche Anzeige eine Bestätigung auszustellen.

(2)   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht, wenn

a)

der Berechtigte innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist eine Reklamation an einen der in Artikel 55 Absatz 1 genannten Beförderer gerichtet hat;

b)

der haftbare Beförderer innerhalb der in Absatz 1 vorgesehenen Frist auf andere Weise vom Unfall des Reisenden Kenntnis erhalten hat;

c)

infolge von Umständen, die dem Berechtigten nicht zuzurechnen sind, der Unfall nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt worden ist;

d)

der Berechtigte nachweist, dass der Unfall durch ein Verschulden des Beförderers verursacht worden ist.

Artikel 59

Erlöschen der Ansprüche bei Beförderung von Reisegepäck

(1)   Mit der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten sind alle Ansprüche gegen den Beförderer aus dem Beförderungsvertrag bei teilweisem Verlust, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung erloschen.

(2)   Die Ansprüche erlöschen jedoch nicht:

a)

bei teilweisem Verlust oder bei Beschädigung, wenn

1.

der Verlust oder die Beschädigung vor der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten gemäß Artikel 54 festgestellt worden ist;

2.

die Feststellung, die gemäß Artikel 54 hätte erfolgen müssen, nur durch Verschulden des Beförderers unterblieben ist;

b)

bei äußerlich nicht erkennbarem Schaden, der erst nach der Annahme des Reisegepäcks durch den Berechtigten festgestellt worden ist, wenn er

1.

die Feststellung gemäß Artikel 54 sofort nach der Entdeckung des Schadens und spätestens drei Tage nach der Annahme des Reisegepäcks verlangt und

2.

außerdem beweist, dass der Schaden in der Zeit zwischen der Übernahme durch den Beförderer und der Auslieferung entstanden ist;

c)

bei verspäteter Auslieferung, wenn der Berechtigte binnen 21 Tagen seine Rechte gegen einen der in Artikel 56 Absatz 3 genannten Beförderer geltend gemacht hat;

d)

wenn der Berechtigte nachweist, dass der Schaden auf ein Verschulden des Beförderers zurückzuführen ist.

Artikel 60

Verjährung

(1)   Schadensersatzansprüche aufgrund der Haftung des Beförderers bei Tötung und Verletzung von Reisenden verjähren:

a)

Ansprüche des Reisenden: in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall;

b)

Ansprüche der anderen Berechtigten: in drei Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Tod des Reisenden, spätestens aber in fünf Jahren, gerechnet vom ersten Tag nach dem Unfall.

(2)   Andere Ansprüche aus dem Beförderungsvertrag verjähren in einem Jahr. Die Verjährungsfrist beträgt jedoch zwei Jahre bei Ansprüchen wegen eines Schadens, der auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die entweder in der Absicht, einen solchen Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass ein solcher Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

(3)   Die Verjährung gemäß Absatz 2 beginnt bei Ansprüchen

a)

auf Entschädigung wegen gänzlichen Verlustes mit dem vierzehnten Tag nach Ablauf der Frist gemäß Artikel 22 Absatz 3;

b)

auf Entschädigung wegen teilweisen Verlustes, Beschädigung oder verspäteter Auslieferung mit dem Tag der Auslieferung;

c)

in allen anderen die Beförderung von Reisenden betreffenden Fällen mit dem Tag des Ablaufes der Geltungsdauer des Beförderungsausweises.

Der als Beginn der Verjährung bezeichnete Tag ist in keinem Fall in der Frist inbegriffen.

(4)   Im Übrigen gilt für die Hemmung und die Unterbrechung der Verjährung Landesrecht.

TITEL VII

BEZIEHUNGEN DER BEFÖRDERER UNTEREINANDER

Artikel 61

Aufteilung des Beförderungspreises

(1)   Jeder Beförderer hat den beteiligten Beförderern den ihnen zukommenden Anteil am Beförderungspreis zu zahlen, den er erhoben hat oder hätte erheben müssen. Die Art und Weise der Zahlung wird durch Vereinbarungen zwischen den Beförderern geregelt.

(2)   Artikel 6 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 3 und Artikel 25 gelten auch für die Beziehungen zwischen aufeinanderfolgenden Beförderern.

Artikel 62

Rückgriffsrecht

(1)   Hat ein Beförderer gemäß diesen Einheitlichen Rechtsvorschriften eine Entschädigung gezahlt, so steht ihm ein Rückgriffsrecht gegen die Beförderer, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, gemäß den folgenden Bestimmungen zu:

a)

Der Beförderer, der den Schaden verursacht hat, haftet ausschließlich dafür;

b)

haben mehrere Beförderer den Schaden verursacht, so haftet jeder für den von ihm verursachten Schaden; ist eine Zuordnung nicht möglich, so wird die Entschädigung unter den Beförderern gemäß Buchstabe c aufgeteilt;

c)

kann nicht bewiesen werden, welcher der Beförderer den Schaden verursacht hat, wird die Entschädigung auf sämtliche Beförderer aufgeteilt, mit Ausnahme derjenigen, die beweisen, dass der Schaden nicht von ihnen verursacht worden ist; die Aufteilung erfolgt im Verhältnis der den Beförderern zustehenden Anteile am Beförderungspreis.

(2)   Bei Zahlungsunfähigkeit eines dieser Beförderer wird der auf ihn entfallende, aber von ihm nicht gezahlte Anteil unter allen anderen Beförderern, die an der Beförderung beteiligt gewesen sind, im Verhältnis des ihnen zustehenden Anteils am Beförderungspreis aufgeteilt.

Artikel 63

Rückgriffsverfahren

(1)   Ein Beförderer, gegen den gemäß Artikel 62 Rückgriff genommen wird, kann die Rechtmäßigkeit der durch den Rückgriff nehmenden Beförderer geleisteten Zahlung nicht bestreiten, wenn die Entschädigung gerichtlich festgesetzt worden ist, nachdem dem erstgenannten Beförderer durch gehörige Streitverkündung die Möglichkeit gegeben war, dem Rechtsstreit beizutreten. Das Gericht der Hauptsache bestimmt die Fristen für die Streitverkündung und für den Beitritt.

(2)   Der Rückgriff nehmende Beförderer hat sämtliche Beförderer, mit denen er sich nicht gütlich geeinigt hat, mit ein und derselben Klage zu belangen; andernfalls erlischt das Rückgriffsrecht gegen die nicht belangten Beförderer.

(3)   Das Gericht hat in ein und demselben Urteil über alle Rückgriffe, mit denen es befasst ist, zu entscheiden.

(4)   Der Beförderer, der sein Rückgriffsrecht gerichtlich geltend machen will, kann seinen Anspruch vor dem zuständigen Gericht des Staates erheben, in dem einer der beteiligten Beförderer seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch die der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist.

(5)   Ist die Klage gegen mehrere Beförderer zu erheben, so hat der klagende Beförderer die Wahl unter den gemäß Absatz 4 zuständigen Gerichten.

(6)   Rückgriffsverfahren dürfen nicht in das Entschädigungsverfahren einbezogen werden, das der aus dem Beförderungsvertrag Berechtigte angestrengt hat.

Artikel 64

Vereinbarungen über den Rückgriff

Den Beförderern steht es frei, untereinander Vereinbarungen zu treffen, die von den Artikeln 61 und 62 abweichen.


ANHANG II

VON EISENBAHNUNTERNEHMEN UND FAHRKARTENVERKÄUFERN ANZUGEBENDE MINDESTINFORMATIONEN

Teil I: Informationen vor Fahrtantritt

Allgemeine Vertragsbedingungen

Fahrpläne und Bedingungen der Fahrt mit der kürzesten Fahrtzeit

Fahrpläne und Bedingungen für alle verfügbaren Fahrpreise unter Hervorhebung der Fahrt zum günstigsten Fahrpreis

Zugänglichkeit, Zugangsbedingungen und Verfügbarkeit von Einrichtungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug im Einklang mit den Bestimmungen der Richtlinie (EU) 2019/882 und der Verordnungen (EU) Nr. 454/2011 und (EU) Nr. 1300/2014

Verfügbarkeit von Stellplätzen und Zugangsbedingungen für Fahrräder

Verfügbarkeit von Sitzen in erster und zweiter Klasse sowie Liege- und Schlafwagen

Störungen und Verspätungen (geplant und in Echtzeit)

Verfügbarkeit von Bordeinrichtungen, einschließlich WLAN und Toiletten, sowie von Dienstleistungen im Zug, einschließlich Hilfeleistungen für Fahrgäste durch das Personal

Informationen vor dem Kauf darüber, ob die Fahrkarte oder Fahrkarten als Durchgangsfahrkarte gilt bzw. gelten

Verfahren zur Anzeige des Gepäckverlusts

Beschwerdeverfahren

Teil II: Informationen während der Fahrt

Dienstleistungen im Zug und Bordeinrichtungen, einschließlich WLAN

Nächster Haltebahnhof

Störungen und Verspätungen (geplant und in Echtzeit)

Wichtigste Anschlussverbindungen

Sicherheit

Teil III: Vorgänge in Buchungssystemen

Anfragen bezüglich der Verfügbarkeit von Schienenverkehrsdiensten, einschließlich der geltenden Tarife

Anfragen bezüglich der Buchung von Schienenverkehrsdiensten

Anfragen bezüglich der teilweisen oder vollständigen Stornierung einer Buchung


ANHANG III

MINDESTNORMEN FÜR DIE QUALITÄT DER DIENSTE

Informationen und Fahrkarten

Pünktlichkeit der Verkehrsdienste, allgemeine Grundsätze für die Bewältigung von Betriebsstörungen

Verspätungen

i)

Durchschnittliche Gesamtverspätung der Dienste als Prozentsatz nach Dienstart (Fern-, Regional-, Stadt-/Vorortverkehr);

ii)

Prozentsatz der Verspätungen aufgrund von Umständen im Sinne von Artikel 19 Absatz 10;

iii)

Prozentsatz der Dienste, die bei Abfahrt verspätet sind;

iv)

Prozentsatz der Dienste, die bei Ankunft verspätet sind:

Prozentsatz der Verspätungen unter 60 Minuten

Prozentsatz der Verspätungen von 60 bis 119 Minuten

Prozentsatz der Verspätungen von 120 Minuten und mehr

Zugausfälle

i)

Zugausfälle als Prozentsatz nach Dienstart (internationaler Verkehr, inländischer Fern-, Regional-, Stadt-/Vorortverkehr)

ii)

Zugausfälle aufgrund von Umständen im Sinne von Artikel 19 Absatz 10 als Prozentsatz nach Dienstart (internationaler Verkehr, inländischer Fern-, Regional-, Stadt-/Vorortverkehr)

Sauberkeit des Fahrzeugmaterials und der Bahnhofseinrichtungen (Luftqualität und Temperaturregelung in den Wagen, Hygiene der sanitären Einrichtungen usw.)

Befragung zur Kundenzufriedenheit

Beschwerdebearbeitung, Erstattungen und Ausgleichszahlungen bei Nichterfüllung der Dienstqualitätsnormen

Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität und Diskussionen über diese Hilfeleistungen mit Vertretungsorganisationen und gegebenenfalls Vertretern von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität


ANHANG IV

ENTSPRECHUNGSTABELLE

Verordnung (EG) Nr. 1371/2007

Diese Verordnung

Artikel 1

Artikel 1

Artikel 1 Buchstabe a

Artikel 1 Buchstabe a

Artikel 1 Buchstabe b

Artikel 1 Buchstabe b

Artikel 1 Buchstabe c

Artikel 1 Buchstabe c

Artikel 1 Buchstabe d

Artikel 1 Buchstabe e

Artikel 1 Buchstabe d

Artikel 1 Buchstabe f

Artikel 1 Buchstabe e

Artikel 1 Buchstabe g

Artikel 1 Buchstabe h

Artikel 1 Buchstabe f

Artikel 1 Buchstabe i

Artikel 2

Artikel 2

Artikel 2 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 1

Artikel 2 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 3

Artikel 2 Absatz 4

Artikel 2 Absatz 5

Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe a, Absatz 8

Artikel 2 Absatz 6

Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe b

Artikel 2 Absatz 7

Artikel 2 Absatz 7

Artikel 2 Absatz 2

Artikel 2 Absatz 3

Artikel 2 Absatz 4

Artikel 2 Absatz 5

Artikel 3

Artikel 3

Artikel 3Nummer 1

Artikel 3 Nummer 1

Artikel 3 Nummern 2 und 3

Artikel 3 Nummer 4

Artikel 3 Nummer 2

Artikel 3 Nummer 5

Artikel 3 Nummer 3

Artikel 3 Nummer 6

Artikel 3 Nummer 4

Artikel 3 Nummer 7

Artikel 3 Nummer 5

Artikel 3 Nummer 8

Artikel 3 Nummer 6

Artikel 3 Nummer 7

Artikel 3 Nummer 9

Artikel 3 Nummer 8

Artikel 3 Nummer 10

Artikel 3 Nummer 9

Artikel 3 Nummer 10

Artikel 3 Nummer 11

Artikel 3 Nummer 11

Artikel 3 Nummer 12

Artikel 3 Nummer 13

Artikel 3 Nummer 14

Artikel 3 Nummer 15

Artikel 3 Nummer 16

Artikel 3 Nummer 12

Artikel 3 Nummer 17

Artikel 3 Nummer 18

Artikel 3 Nummer13

Artikel 3 Nummer 19

Artikel 3 Nummer 20

Artikel 3 Nummer 15

Artikel 3 Nummer 21

Artikel 3 Nummer 22

Artikel 4

Artikel 4

Artikel 5

Artikel 5

Artikel 6

Artikel 6

Artikel 7

Artikel 7

Artikel 8

Artikel 8

Artikel 9

Artikel 10

Artikel 9

Artikel 11

Artikel 12

Artikel 11

Artikel 13

Artikel 12

Artikel 14

Artikel 13

Artikel 15

Artikel 14

Artikel 16

Artikel 15

Artikel 17

Artikel 16

Artikel 18

Artikel 18 Absätze 2, 3, 4, 5, 6 und 7

Artikel 17 Absatz 1

Artikel 19 Absätze 1, 2, 3 und 4

Artikel 19 Absätze 5 und 6

Artikel 17 Absatz 2

Artikel 19 Absatz 7

Artikel 17 Absatz 3

Artikel 19 Absatz 8

Artikel 17 Absatz 4

Artikel 19 Absatz 9

Artikel 19 Absatz 10

Artikel 18

Artikel 20

Artikel 20 Absatz 6

Artikel 19

Artikel 21

Artikel 20

Artikel 22

Artikel 21 Absatz 1

Artikel 21 Absatz 2

Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe g

Artikel 22 und 23

Artikel 23

Artikel 22 Absatz 2

Artikel 24

Artikel 24

Artikel 25

Artikel 25 Absätze 1, 2 und 3

Artikel 26

Artikel 26

Artikel 27

Artikel 27

Artikel 28

Artikel 28 Absatz 3

Artikel 27 Absatz 3

Artikel 28 Absatz 4

Artikel 28

Artikel 29

Artikel 29

Artikel 30

Artikel 30

Artikel 31

Artikel 32 und 33

Artikel 31

Artikel 34

Artikel 34 Absätze 1 und 3

Artikel 32

Artikel 35

Artikel 35 Absatz 2

Artikel 33

Artikel 34

Artikel 36

Artikel 35

Artikel 38

Artikel 37

Artikel 36

Artikel 39

Artikel 40

Artikel 37

Artikel 41

Anhang I

Anhang I

Anhang II

Anhang II

Anhang III

Anhang III

Anhang IV


17.5.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 172/53


VERORDNUNG (EU) 2021/783 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 29. April 2021

zur Einrichtung des Programms für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1293/2013

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Rechtsvorschriften und die politischen Strategien der Union in den Bereichen Umwelt und Klima und, soweit hierfür relevant, Energie haben den Zustand der Umwelt erheblich verbessert. Es bestehen jedoch noch immer große umwelt- und klimapolitische Herausforderungen, die, wenn sie nicht gemeistert werden, die Union und das Wohlergehen ihrer Bürgerinnen und Bürger spürbar beeinträchtigen werden.

(2)

Das Programm für Umwelt- und Klimapolitik (LIFE), das mit der Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) für den Zeitraum 2014 bis 2020 aufgestellt wurde, ist das jüngste in einer Reihe von Unionsprogrammen, die die Anwendung des Umwelt- und Klimaschutzrechts und die Umsetzung der diesbezüglichen politischen Prioritäten seit 1992 unterstützen. LIFE wurde in einer kürzlich vorgenommenen Halbzeitevaluierung positiv bewertet, d. h., es gilt als im Hinblick auf seine Wirksamkeit, Effizienz und Relevanz auf dem richtigen Weg. Das LIFE-Programm für den Zeitraum 2014-2020 sollte daher vorbehaltlich bestimmter Änderungen, die bei der Halbzeitevaluierung und den anschließenden Bewertungen herausgearbeitet wurden, fortgeführt werden. Demnach sollte das Programm für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) (im Folgenden „LIFE-Programm“) für einen Zeitraum von sieben Jahren aufgestellt werden, um seine Laufzeit an die des Mehrjährigen Finanzrahmens gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates (5) anzugleichen.

(3)

Das LIFE-Programm dient der Verwirklichung der Gesamt- und Einzelziele gemäß den Rechtsvorschriften, der Politik und den Plänen der Union in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz und, soweit hierfür relevant, Energie, insbesondere der Ziele der Mitteilung der Kommission vom 11. Dezember 2019 zum europäischen Grünen Deal (im Folgenden „europäischer Grüner Deal“), und gemäß den entsprechenden internationalen Verpflichtungen der Union und sollte zu einem gerechten Übergang zu einem nachhaltigen, kreislauforientierten, energieeffizienten, auf erneuerbare Energie gestützten, klimaneutralen und klimaresistenten Wirtschaftssystem, zum Schutz, zur Wiederherstellung und zur Verbesserung der Qualität der Umwelt, einschließlich Luft, Wasser und Boden, sowie der Gesundheit und zur Eindämmung und Umkehr des Verlusts an biologischer Vielfalt, auch durch Unterstützung der Einrichtung und Verwaltung des Natura-2000-Netzes und durch Bekämpfung der Schädigung der Ökosysteme, beitragen — entweder durch direkte Maßnahmen oder durch Förderung der Einbeziehung dieser Ziele in andere Politikbereiche. Mit dem LIFE-Programm sollte zudem die Durchführung von allgemeinen Aktionsprogrammen, die gemäß Artikel 192 Absatz 3 Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beschlossen werden, etwa des Siebten Umweltaktionsprogramms (6) und aller folgenden Umweltaktionsprogramme, unterstützt werden.

(4)

Die Union ist entschlossen, ein umfassendes Konzept für die Realisierung der Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu entwickeln, die die enge Verbindung zwischen der Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen zur Gewährleistung ihrer langfristigen Verfügbarkeit und von Ökosystemdienstleistungen, und dem Einfluss beider auf die Gesundheit des Menschen sowie nachhaltigem und sozialverträglichem Wirtschaftswachstum aufzeigen. In diesem Sinne sollte das LIFE-Programm dem Grundsatz der Solidarität Rechnung tragen und zugleich einen wesentlichen Beitrag sowohl zur Wirtschaftsentwicklung als auch zum sozialen Zusammenhalt leisten.

(5)

Im Hinblick auf die Förderung der nachhaltigen Entwicklung sollten Umwelt- und Klimaschutzerfordernisse in die Festlegung und Durchführung aller politischen Strategien und Maßnahmen der Union einbezogen werden. Daher sollten Synergien und die Komplementarität mit anderen Finanzierungsprogrammen der Union gefördert werden, indem etwa die Finanzierung von Maßnahmen erleichtert wird, die strategische integrierte Projekte und strategische Naturschutzprojekte ergänzen und die Einführung und Replikation von Lösungen, die im Rahmen des LIFE-Programms entwickelt wurden, unterstützen. Dabei ist Koordinierung erforderlich, um Doppelfinanzierung zu vermeiden. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ergreifen, damit administrative Überscheidungen vermieden werden und Projektbegünstigten durch die Berichtspflichten im Rahmen der verschiedenen Finanzierungsinstrumente kein Verwaltungsaufwand entsteht.

(6)

Das LIFE-Programm sollte einen Beitrag leisten zu nachhaltiger Entwicklung und zur Verwirklichung der Gesamt- und Einzelziele gemäß den Rechtsvorschriften, Strategien, Plänen und internationalen Verpflichtungen der Union in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz und, soweit hierfür relevant, Energie, insbesondere hinsichtlich der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (7) und dem im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossenen Übereinkommen von Paris (8) (im Folgenden „Klimaschutzübereinkommen von Paris“) sowie unter anderem dem Übereinkommen der Wirtschaftskommission für Europa der Vereinten Nationen (UNECE) über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (9) (im Folgenden „Übereinkommen von Aarhus“), dem UNECE-Übereinkommen über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung, dem Basler Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, dem Rotterdamer Übereinkommen der Vereinten Nationen über das Verfahren der vorherigen Zustimmung nach Inkenntnissetzung für bestimmte gefährliche Chemikalien sowie Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel im internationalen Handel und dem Stockholmer Übereinkommen der Vereinten Nationen über persistente organische Schadstoffe.

(7)

Die Union misst der langfristigen Nachhaltigkeit der Ergebnisse von durch das LIFE-Programm geförderten Projekten und der Fähigkeit, diese Ergebnisse nach der Durchführung des Projekts, unter anderem durch die Fortsetzung des Projekts oder durch die Replikation oder Übertragung der Ergebnisse, zu sichern und aufrechtzuerhalten, große Bedeutung bei.

(8)

Die Einhaltung der Verpflichtungen der Union aus dem Klimaschutzübereinkommen von Paris setzt den Übergang der Union zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten, energieeffizienten, auf erneuerbare Energie gestützten, klimaneutralen und klimaresistenten Gesellschaft voraus. Dieser Übergang wiederum erfordert Maßnahmen mit besonderem Schwerpunkt auf den Sektoren mit den höchsten Treibhausgasemissionen und der höchsten Schadstoffbelastung, mit denen Energieeffizienz und erneuerbare Energie gefördert werden und die — im Einklang mit den langfristigen Zielen des Klimaschutzübereinkommens von Paris — zur Durchführung des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und der integrierten nationalen Energie- und Klimapläne der Mitgliedstaaten sowie zur Umsetzung der langfristigen Klima- und Energiestrategie der Union beitragen. Das LIFE-Programm sollte auch Maßnahmen umfassen, die die Politik der Union zur Anpassung an den Klimawandel fördern, die zum Ziel hat, die Anfälligkeit gegenüber den nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels zu mindern.

(9)

Bei Projekten im Rahmen des neuen Teilprogramms „Energiewende“ des LIFE-Programms sollte es vor allem darum gehen, den Aufbau von Kapazitäten zu ermöglichen und Kenntnisse, Kompetenzen und innovative Techniken, Methoden und Lösungen zu verbreiten, damit die Ziele der Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union im Bereich des Übergangs zu erneuerbarer Energie und der Erhöhung der Energieeffizienz erreicht werden. Bei diesem Aufbau von Kapazitäten und dieser Verbreitung von Kenntnissen, Kompetenzen und innovativen Techniken, Methoden und Lösungen handelt es sich in der Regel um Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahmen mit großem Mehrwert auf Unionsebene, mit denen Marktschranken abgebaut werden sollen, die den sozioökonomischen Übergang zu nachhaltiger Energie behindern, und in die hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen sowie verschiedene Akteure, darunter lokale und regionale Gebietskörperschaften und gemeinnützige Organisationen, einbezogen werden. Diese Maßnahmen haben zahlreiche positive Nebeneffekte, etwa die Bekämpfung der Energiearmut, die Verbesserung der Raumluftqualität, die Verringerung der örtlichen Schadstoffbelastung durch größere Energieeffizienz und mehr dezentrale Energie aus erneuerbaren Quellen sowie die Förderung positiver wirtschaftlicher Effekte vor Ort und eines stärker auf soziale Inklusion ausgerichteten Wachstums.

(10)

Damit zum Klimaschutz und zu den internationalen Verpflichtungen der Union in Bezug auf die Dekarbonisierung beigetragen werden kann, muss die Energiewende beschleunigt werden. Maßnahmen für den Aufbau von Kapazitäten zur Förderung der Energieeffizienz sowie der erneuerbaren Energie, die bis 2020 im Rahmen von Horizont 2020 (10) finanziert werden, sollten in das Teilprogramm „Energiewende“ des LIFE-Programms aufgenommen werden, da ihr Ziel nicht in der Finanzierung von Exzellenz und der Entwicklung von Innovationen, sondern in der Erleichterung der Übernahme bereits vorhandener Technologien für erneuerbare Energie und Energieeffizienz liegt, die den Klimaschutz fördern werden. In das LIFE-Programm sollten alle an der Energiewende beteiligten Interessenträger und Wirtschaftszweige einbezogen werden. Die Aufnahme dieser Kapazitätsaufbaumaßnahmen in das LIFE-Programm birgt Potenzial für Synergien zwischen den Teilprogrammen und fördert die allgemeine Kohärenz der Unionsfinanzierung. Deswegen sollten Daten zur Übernahme bestehender Lösungen aus Forschung und Innovation in den Projekten des LIFE-Programms, einschließlich aus dem durch die Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) eingerichteten Programm „Horizont Europa“ (im Folgenden „Horizont Europa“) und seinen Vorläuferprogrammen, erhoben und verbreitet werden.

(11)

Die Folgenabschätzung zum Vorschlag der Kommission für die Richtlinie (EU) 2018/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (13) lässt darauf schließen, dass zum Erreichen der energiepolitischen Ziele der Union bis 2030 im Zeitraum 2021 bis 2030 zusätzliche Investitionen in Höhe von schätzungsweise 177 Mrd. EUR jährlich erforderlich sind. Die größten Defizite betreffen Investitionen in die Dekarbonisierung von Gebäuden, um die Energieeffizienz zu erhöhen und kleinmaßstäbliche Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen zu nutzen; hier müssen Gelder in hochgradig dezentrale Projekte fließen. Eines der Ziele des Teilprogramms „Energiewende“, das Energieeffizienz und den raschen Einsatz erneuerbarer Energiequellen betrifft, besteht darin, Kapazitäten für die Entwicklung und Bündelung solcher Projekte aufzubauen, um auf diese Weise dazu beizutragen, Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds zu absorbieren und als Katalysator für Investitionen in erneuerbare Energie und Energieeffizienz zu fungieren, auch mithilfe der im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) bereitgestellten Finanzinstrumente.

(12)

Das LIFE-Programm trägt als einziges speziell für die Umwelt und die Klimapolitik vorgesehenes Programm entscheidend zur Umsetzung der Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union in diesen Bereichen bei.

(13)

Synergien mit Horizont Europa sollten die Ermittlung und Festlegung der Forschungs- und Innovationstätigkeiten, die zur Bewältigung der umwelt-, klima- und energiepolitischen Herausforderungen in der Union erforderlich sind, im Zuge der strategischen Forschungs- und Innovationsplanung im Rahmen von Horizont Europa ermöglichen. Das LIFE-Programm sollte weiterhin als Katalysator für die Umsetzung der Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union in den Bereichen Umwelt, Klima und, soweit hierfür relevant, Energie fungieren, u. a. durch die Übernahme und Anwendung von Forschungs- und Innovationsergebnissen aus Horizont Europa und die Unterstützung ihres breiteren Einsatzes, sofern dies zur Bewältigung von Problemen im Zusammenhang mit der Umwelt-, Klima- und Energiewende beitragen kann. Der im Rahmen von Horizont Europa eingerichtete Europäische Innovationsrat kann Hilfestellung geben, um neue, bahnbrechende Ideen, für die die Durchführung von LIFE-Projekten den Anstoß geben könnte, auf einen größeren Maßstab zu übertragen und zu kommerzialisieren. Desgleichen sollten auch Synergien mit dem Innovationsfonds im Rahmen des mit der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (15) eingerichteten Emissionshandelssystems berücksichtigt werden.

(14)

Eine Maßnahme, die einen Beitrag aus dem LIFE-Programm erhalten hat, sollte auch aus anderen Unionsprogrammen einen Beitrag erhalten können, sofern diese Beiträge nicht dieselben Kosten betreffen. Maßnahmen, die im Rahmen verschiedener Unionsprogramme kumulierte Finanzmittel erhalten, sollten nur einer Rechnungsprüfung unterzogen werden, bei der alle beteiligten Programme der Union und die jeweils geltenden Regeln kontrolliert werden.

(15)

Die Mitteilung der Kommission vom 3. Februar 2017 mit dem Titel zur Überprüfung der Umsetzung der EU-Umweltpolitik – Gemeinsame Herausforderungen und Anstrengungen für bessere Ergebnisse (EU Environmental Implementation Review, im Folgenden „EIR“) zeigt auf, dass erhebliche Fortschritte erforderlich sind, um die Umsetzung des Umweltrechts der Union voranzutreiben und die Integration und durchgängige Berücksichtigung von Umwelt- und Klimazielen in anderen Politikbereichen zu verbessern. Das LIFE-Programm sollte daher als Katalysator für die Bewältigung horizontaler systemischer Herausforderungen und die Bekämpfung der Ursachen der im Rahmen der EIR festgestellten Umsetzungsdefizite sowie für den notwendigen Fortschritt fungieren, indem neue Ansätze entwickelt, erprobt und repliziert werden, die Entwicklung, Überwachung und Überprüfung politischer Maßnahmen gefördert, die Politikgestaltung in den Bereichen Umweltschutz, Klimawandel und bei damit zusammenhängenden Aspekten der Energiewende verbessert wird — etwa durch stärkere Beteiligung der Interessenträger auf allen Ebenen, den Aufbau von Kapazitäten und durch Kommunikation und Sensibilisierung —, im Rahmen sämtlicher Investitionsprogramme oder anderer Finanzquellen der Union Investitionen mobilisiert und Maßnahmen zur Überwindung der verschiedenen Hindernisse für die wirksame Realisierung wichtiger im Umweltrecht vorgesehener Pläne unterstützt werden.

(16)

Die Eindämmung und Umkehr des Verlusts an biologischer Vielfalt und der Degradation von Ökosystemen, einschließlich Meeresökosysteme, erfordert Unterstützung für die Entwicklung, Durchführung, Durchsetzung und Bewertung einschlägiger Rechtsvorschriften und politischer Strategien der Union, einschließlich der Mitteilung der Kommission vom 20. Mai 2020 über die EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 — Mehr Raum für die Natur in unserem Leben, der Richtlinie 92/43/EWG des Rates (16), der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (17) und der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (18), insbesondere durch Erweiterung der Wissensgrundlage für die Entwicklung und Durchführung politischer Maßnahmen und durch die Entwicklung, Erprobung, Demonstration und Anwendung kleinmaßstäblicher oder speziell auf lokale, regionale oder nationale Gegebenheiten zugeschnittener, bewährter Verfahren und Lösungen (z. B. wirksame Verwaltung), einschließlich integrierter Ansätze für die Implementierung der prioritären Aktionsrahmen gemäß der Richtlinie 92/43/EWG. Diese Verordnung sollte dazu beitragen, dass Maßnahmen im Bereich der biologischen Vielfalt in den politischen Strategien der Union durchgängig berücksichtigt werden und das allgemeine Ziel erreicht wird, im Jahr 2024 7,5 % der jährlichen Ausgaben im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens für Biodiversitätsziele und in den Jahren 2026 und 2027 10 % der jährlichen Ausgaben im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens für Biodiversitätsziele bereitzustellen, wobei den bestehenden Überschneidungen zwischen Klimaschutz- und Biodiversitätszielen Rechnung zu tragen ist.

Die Union und die Mitgliedstaaten sollten ihre Ausgaben im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt überwachen, um ihren Berichtspflichten aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt nachzukommen. Auch die Vorschriften für die Überwachung im Rahmen anderer einschlägiger Rechtsvorschriften der Union sollten beachtet werden. Ausgaben der Union im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt sollten nach einer von der Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und dem Rat der Europäischen Union festzulegenden wirksamen, transparenten und umfassenden Methode gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel (19), überwacht werden.

(17)

Jüngste Evaluierungen und Bewertungen (einschließlich der Halbzeitbewertung der Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020 und des Fitness-Checks des Naturschutzrechts) deuten darauf hin, dass eine der wichtigsten Ursachen für die unzulängliche Umsetzung der Naturschutzvorschriften und der Biodiversitätsstrategie der Union das Fehlen einer angemessenen Finanzierung ist.

Die Hauptfinanzierungsinstrumente der Union, darunter der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) eingerichtete Europäische Fonds für regionale Entwicklung (im Folgenden „Europäischer Fonds für regionale Entwicklung“), und der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1300/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) errichtete Kohäsionsfonds (im Folgenden „Kohäsionsfonds“), der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (22) errichtete Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (im Folgenden „Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“) und der gemäß einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 eingerichtete Europäische Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds (im Folgenden „Europäischer Meeres-, und Fischerei- und Aquakulturfonds“), könnten als Komplementärfinanzierung eingesetzt werden und damit wesentlich zur Schließung dieser Finanzierungslücken beitragen. Das LIFE-Programm könnte die Effizienz einer solchen durchgängigen Berücksichtigung durch strategische Naturschutzprojekte weiter verbessern, die als Katalysator für die Umsetzung der Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union in den Bereichen Naturschutz und Biodiversität gedacht sind, einschließlich der Maßnahmen, die in den prioritären Aktionsrahmen gemäß der Richtlinie 92/43/EWG vorgesehen sind. Die strategischen Naturschutzprojekte sollten in den Mitgliedstaaten Aktionsprogramme für die durchgängige Berücksichtigung einschlägiger Naturschutz- und Biodiversitätsziele in anderen Politikbereichen und Finanzierungsprogrammen unterstützen und so sicherstellen, dass für die Umsetzung dieser politischen Strategien angemessene Mittel bereitgestellt werden.

Die Mitgliedstaaten sollten beschließen dürfen, im Rahmen ihres strategischen Plans für die Gemeinsame Agrarpolitik einen gewissen Teil der Mittel des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums dafür zu verwenden, Finanzmittel für Maßnahmen zu mobilisieren, die die in dieser Verordnung definierten strategischen Naturschutzprojekte ergänzen.

(18)

Die Förderung der Kreislaufwirtschaft und der Ressourceneffizienz erfordert einen Wandel in Bezug auf die Art und Weise, wie Materialien und Produkte, einschließlich Kunststoffe, konzipiert, produziert, konsumiert, repariert, wiederverwendet, recycelt und entsorgt werden, wobei der gesamte Lebenszyklus von Produkten zu betrachten ist. Das LIFE-Programm sollte den Übergang zu einem kreislauforientierten Wirtschaftsmodell durch finanzielle Unterstützung verschiedener Akteure wie Unternehmen, Behörden und Verbraucher fördern, indem insbesondere, auch durch integrierte Ansätze für die Anwendung der Abfallhierarchie und die Implementierung von Abfallbewirtschaftungs- und Abfallvermeidungsplänen, bewährte Technologien, Praktiken und Lösungen, die auf die besonderen lokalen, regionalen oder nationalen Gegebenheiten zugeschnitten sind, entwickelt, angewendet und repliziert werden. Durch Förderung der Umsetzung der Mitteilung der Kommission vom 16. Januar 2018 über eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft könnte insbesondere das Problem der Abfälle im Meer angegangen werden.

(19)

Ein hohes Maß an Umweltschutz ist von grundlegender Bedeutung für die Gesundheit und das Wohlergehen der Unionsbürger. Mit dem LIFE-Programm sollten die Ziele der Union unterstützt werden, Chemikalien so herzustellen und einzusetzen, dass erhebliche schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt auf ein Minimum reduziert werden, damit in der Union das Ziel einer schadstofffreien Umwelt erreicht wird. Außerdem sollten mit dem LIFE-Programm Maßnahmen zur Förderung der Umsetzung der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (23) unterstützt werden, damit Lärmpegel erreicht werden, die mit keinen erheblichen negativen Folgen und Risiken für die menschliche Gesundheit verbunden sind.

(20)

Das langfristige Ziel der Union für die Luftreinheit besteht darin, ein Luftqualitätsniveau zu erreichen, das die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht signifikant beeinträchtigt und gefährdet, und gleichzeitig Synergien zwischen der Verbesserung der Luftqualität und der Verringerung der Treibhausgasemissionen zu stärken. Die Öffentlichkeit ist stark für die Luftverschmutzung sensibilisiert, und die Bevölkerung erwartet, dass die Behörden vor allem in Bereichen, in denen die Bevölkerung und die Ökosysteme starker Luftverschmutzung ausgesetzt sind, tätig werden. In der Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates (24) wird betont, welche Rolle die finanzielle Unterstützung der Union für die Verwirklichung der Luftqualitätsziele spielen kann. Das LIFE-Programm sollte daher Projekte, auch strategische integrierte Projekte, unterstützen, die das Potenzial besitzen, öffentliche und private Mittel zu mobilisieren und als Musterbeispiele für bewährte Verfahren und Katalysatoren für die Umsetzung von Luftqualitätsplänen und -rechtsvorschriften auf lokaler, regionaler, multiregionaler, nationaler und transnationaler Ebene dienen können.

(21)

Mit der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (25) wurde ein Rahmen für den Schutz der Oberflächengewässer, der Küstengewässer, der Übergangsgewässer und des Grundwassers der Union geschaffen. Die Ziele der genannten Richtlinie würden durch die bessere Umsetzung der wasserpolitischen Ziele und deren stärkere Einbeziehung in andere Politikbereiche unterstützt. Das LIFE-Programm sollte daher Projekte unterstützen, die zur wirksamen Durchführung der Richtlinie 2000/60/EG und anderer einschlägiger Wasserschutzvorschriften der Union beitragen, die das Erreichen eines guten Zustands der Wasserkörper der Union durch die Entwicklung, Anwendung und Replikation bewährter Verfahren und durch die Mobilisierung ergänzender Maßnahmen im Rahmen anderer Programme oder Finanzierungsquellen der Union fördern.

(22)

Der Schutz und die Wiederherstellung der Meeresumwelt sind eines der übergeordneten Ziele der Umweltpolitik der Union. Das LIFE-Programm sollte Folgendes fördern: die Bewirtschaftung, Erhaltung, Wiederherstellung und Überwachung der biologischen Vielfalt und mariner Ökosysteme, insbesondere in Natura-2000-Meeresgebieten, und den Schutz von Arten im Sinne der prioritären Aktionsrahmen gemäß der Richtlinie 92/43/EWG; das Erreichen eines guten Umweltzustands im Sinne der Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (26); die Förderung sauberer, gesunder Meere; die Umsetzung der Mitteilung der Kommission vom 16. Januar 2018 zu einer europäischen Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, um vor allem das Problem verloren gegangener Fanggeräte und der Verschmutzung der Meere durch Abfälle zu bewältigen; und die Förderung der Mitwirkung der Union an der internationalen Meerespolitik, die unverzichtbar ist, um die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen und auch künftigen Generationen gesunde Ozeane zu garantieren. Die strategischen integrierten Projekte und strategischen Naturschutzprojekte im Rahmen des LIFE-Programms sollten einschlägige Maßnahmen zum Schutz der Meeresumwelt umfassen.

(23)

Eine bessere Politikgestaltung in den Bereichen Umweltschutz, Klimawandel und bei damit zusammenhängenden Aspekten der Energiewende erfordert die Einbeziehung der Zivilgesellschaft durch Sensibilisierung der Öffentlichkeit, auch durch eine Kommunikationsstrategie, die den neuen Medien und sozialen Netzwerken Rechnung trägt, Einbindung der Verbraucher und stärkere Beteiligung von Interessenträgern, einschließlich Nichtregierungsorganisationen, an Konsultationen zu damit verbundenen politischen Strategien auf allen Ebenen und an deren Durchführung. Mit dem LIFE-Programm sollte daher eine Vielzahl von Nichtregierungsorganisationen und Netzen gemeinnütziger Unternehmen unterstützt werden, deren Ziele im allgemeinen Interesse der Union liegen und die hauptsächlich in den Bereichen Umwelt- oder Klimaschutz tätig sind, indem auf wettbewerbsorientierte und transparente Weise Betriebskostenzuschüsse gewährt werden, um diesen Nichtregierungsorganisationen, Netzen und Unternehmen zu helfen, wirksam zur Unionspolitik beizutragen, und um sie zunehmend und verstärkt zu befähigen, effizientere Partner zu werden.

(24)

Wenngleich bessere Politikgestaltung auf allen Ebenen ein übergreifendes Ziel für alle Teilprogramme des LIFE-Programms sein sollte, sollte dieses die Entwicklung, Umsetzung, Durchsetzung und wirksame Einhaltung des Besitzstands in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz und insbesondere der horizontalen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Umweltordnungspolitik, einschließlich der Rechtsvorschriften zur Durchführung des Übereinkommens von Aarhus fördern.

(25)

Das LIFE-Programm sollte Marktteilnehmer durch Erprobung neuer Geschäftsmöglichkeiten, Verbesserung beruflicher Qualifikationen, Erleichterung des Zugangs von Verbrauchern zu nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen, Einbindung und Stärkung der Rolle von Influencern und Erprobung neuartiger Methoden zur Anpassung der bisherigen Verfahren und des bisherigen wirtschaftlichen Umfelds auf den Übergang zu einem nachhaltigen, kreislauforientierten, energieeffizienten, auf erneuerbare Energie gestützten, klimaneutralen und klimaresistenten Wirtschaftssystem vorbereiten und Unterstützung leisten. Um eine breitere Markteinführung nachhaltiger Lösungen zu unterstützen, sollten die Akzeptanz in der Öffentlichkeit und die Einbindung der Verbraucher gefördert werden.

(26)

Das LIFE-Programm ist darauf ausgelegt, die Demonstration von Techniken, Konzepten und bewährten Verfahren zu unterstützen, die repliziert und ausgebaut werden können. Innovative Lösungen sollen zur Verbesserung der Umweltleistung und der Nachhaltigkeit beitragen, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung nachhaltiger landwirtschaftlicher Verfahren in den Gebieten, die in den Bereichen Klimaschutz, Wasser, Boden, biologische Vielfalt und Abfall aktiv sind. In diesem Zusammenhang sollten Synergien mit anderen Programmen und politischen Strategien, etwa der Europäischen Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit und dem EU-System für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung, herausgestellt werden.

(27)

Auf Ebene der Union werden Großinvestitionen in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen in erster Linie über die großen Finanzierungsprogramme der Union finanziert. Deshalb ist es unerlässlich, die Bemühungen um durchgängige Berücksichtigung zu intensivieren, damit bei Maßnahmen anderer Finanzierungsprogramme der Union auf Nachhaltigkeit, Vereinbarkeit mit der biologischen Vielfalt und Klimaverträglichkeit geachtet wird und alle Instrumente der Union mit Nachhaltigkeitsgarantien ausgestattet werden. Über ihre Katalysatorfunktion sollten die im Rahmen des LIFE-Programms zu entwickelnden strategischen integrierten Projekte und strategischen Naturschutzprojekte Finanzierungsmöglichkeiten innerhalb dieser Förderprogramme und anderer Finanzierungsquellen wie nationale Fonds mobilisieren und Synergien schaffen.

(28)

Der Erfolg der strategischen Naturschutzprojekte und der strategischen integrierten Projekte hängt davon ab, ob die nationalen, regionalen und lokalen Behörden und die nichtstaatlichen Akteure, für die die Ziele des LIFE-Programms relevant sind, eng zusammenarbeiten. Deshalb sollten die Grundsätze der Transparenz und der Offenlegung von Beschlüssen über die Entwicklung, Umsetzung, Bewertung und Überwachung der Projekte – vor allem im Fall einer durchgängigen Berücksichtigung oder verschiedener Finanzierungsquellen – Anwendung finden.

(29)

Angesichts der großen Bedeutung, die einer koordinierten und ambitionierten Bewältigung des Klimawandels entsprechend den Zusagen der Union zukommt, das Klimaschutzübereinkommen von Paris umzusetzen und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, wird das LIFE-Programm dazu beitragen, dass Klimaschutzerwägungen durchgängig berücksichtigt werden und das Ziel erreicht wird, insgesamt 30 % der EU-Ausgaben für die Unterstützung der Klimaschutzziele zu verwenden. Die Maßnahmen im Rahmen des LIFE-Programms sollen einen Beitrag in Höhe von 61 % zur Gesamtfinanzausstattung des LIFE-Programms zur Verwirklichung der Klimaschutzziele leisten. Entsprechende Maßnahmen werden während der Vorbereitung und Durchführung des LIFE-Programms ermittelt und im Rahmen der entsprechenden Evaluierungen und Überprüfungsverfahren erneut bewertet. Gemäß dem europäischen Grünen Deal sollten Maßnahmen im Rahmen des LIFE-Programms dem Grundsatz der Schadensvermeidung entsprechen.

(30)

Bei der Durchführung des LIFE-Programms sollte die Strategie für die Regionen in äußerster Randlage, die in der Mitteilung der Kommission vom 24. Oktober 2017 über eine verstärkte und erneuerte Partnerschaft mit den Gebieten in äußerster Randlage der EU im Einklang mit Artikel 349 AEUV und aufgrund der spezifischen Bedürfnisse und der Schutzbedürftigkeit dieser Regionen angemessen Beachtung finden. Ferner sollte auch anderen Politikbereichen der Union als Umwelt- und Klimaschutz sowie Energiewende Rechnung getragen werden.

(31)

Um die Durchführung des LIFE-Programms zu unterstützen, sollte die Kommission mit dem Netzwerk der nationalen Kontaktstellen für das LIFE-Programm zusammenarbeiten, um die Kooperation anzuregen, damit die Dienstleistungen der nationalen Kontaktstellen verbessert werden und in der gesamten Union mehr Wirkung entfalten, und um die Gesamtqualität der eingereichten Vorschläge zu erhöhen, Seminare und Workshops veranstalten, Listen von über das LIFE-Programm finanzierten Projekten veröffentlichen oder andere Maßnahmen, etwa Medienkampagnen, zur besseren Verbreitung der Projektergebnisse sowie zur Erleichterung des Austauschs von Erfahrungen, Wissen und bewährten Verfahren und der Replizierung von Projektergebnissen in der gesamten Union durchführen und so die Zusammenarbeit und Kommunikation fördern. Diese Maßnahmen sollten insbesondere auf Mitgliedstaaten abzielen, in denen Mittel nur begrenzt in Anspruch genommen werden, und die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Projektbegünstigten, Projektantragstellern und Projektbeteiligten (abgeschlossene und laufende Projekte in ein und demselben Bereich) erleichtern. In diese Kommunikation und Zusammenarbeit sollten unbedingt auch die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und Interessenträger eingebunden werden.

(32)

Qualität sollte das Kriterium sein, nach dem sich die Projektevaluierung und das Gewährungsverfahren im LIFE-Programm richtet. Um die Umsetzung der Ziele des LIFE-Programms in der gesamten Union zu erleichtern und eine hohe Qualität der Projektvorschläge zu fördern, sollten Mittel für Projekte der technischen Hilfe zugunsten der effektiven Teilnahme am LIFE-Programm zur Verfügung gestellt werden. Die Kommission sollte eine wirksame, qualitätsorientierte geografische Abdeckung in der gesamten Union anstreben — unter anderem, indem sie die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, die Qualität von Projekten durch den Aufbau von Kapazitäten zu verbessern. Die Bedeutung der geringen effektiven Teilnahme, der förderfähigen Aktivitäten und der Gewährungskriterien für das LIFE-Programm sollten im mehrjährigen Arbeitsprogramm anhand der Beteiligungs- und der Erfolgsquote der Antragsteller aus den jeweiligen Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung — unter anderem — der Bevölkerungszahl und -dichte, der Gesamtfläche der Natura-2000-Gebiete je Mitgliedstaat, ausgedrückt als Anteil am Natura-2000-Gesamtgebiet, und des Anteils der Natura-2000-Gebiete am Gesamtgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats festgelegt werden. Förderfähige Aktivitäten sollten auf die Verbesserung der Projektanträge ausgerichtet sein.

(33)

In Einklang mit der Mitteilung der Kommission vom 18. Januar 2018 über einen Aktionsplan der EU für einen besseren Vollzug des Umweltrechts und eine bessere Umweltordnungspolitik wurden das Netz der Europäischen Union für die Anwendung und Durchsetzung des gemeinschaftlichen Umweltrechts (IMPEL), das Europäische Netz der in Umweltsachen tätigen Staatsanwälte (ENPE) und das Richterforum der Europäischen Union für die Umwelt (EUFJE) eingerichtet, um die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu erleichtern und um bei der Verstärkung des Umweltrechts der Union eine unverzichtbare Rolle zu spielen. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Kohärenz bei der unionsweiten Umsetzung und Durchsetzung des Umweltrechts der Union, zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen und zur Steigerung der Qualität der Umweltinspektion und der Vollzugsmechanismen durch die Vernetzung auf der Ebene der Union und der Mitgliedstaaten und ermöglichen den Informations- und Erfahrungsaustausch auf verschiedenen Verwaltungsebenen, durch Schulungen und eingehende Gespräche über Umweltschutzprobleme und Aspekte der Rechtsdurchsetzung, einschließlich Überwachungs- und Genehmigungsverfahren. Angesichts ihres Beitrags zu den Zielen des LIFE-Programms sollten IMPEL, ENPE und EUFJE ohne Aufruf zur Einreichung von Vorschlägen Finanzhilfen erhalten können, damit die Tätigkeiten dieser Einrichtungen weiter unterstützt werden. Gemäß den Vorschriften der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (27) (im Folgenden „Haushaltsordnung“) könnte sich eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen auch in anderen Fällen erübrigen, z. B. bei Einrichtungen, die von den Mitgliedstaaten benannt werden und unter deren Verantwortung handeln, wenn diese Mitgliedstaaten in einem Rechtsakt der Union als Empfänger von Finanzhilfen genannt sind.

(34)

Es empfiehlt sich, für das LIFE-Programm eine Finanzausstattung festzusetzen, die für das Europäische Parlament und den Rat im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens den vorrangigen Bezugsrahmen im Sinne der Nummer 18 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel bilden soll.

(35)

Die Höchstsätze für die Kofinanzierung von aus dem LIFE-Programm finanzierten Finanzhilfen sollten so hoch angesetzt werden, wie es für die Aufrechterhaltung eines ausreichenden Maßes an Unterstützung durch das LIFE-Programm erforderlich ist. Um die Anpassungsfähigkeit zu bieten, die erforderlich ist, um der derzeitigen Bandbreite an Maßnahmen und Stellen zu entsprechen, sollte mit spezifischen Kofinanzierungssätzen für Sicherheit gesorgt und gleichzeitig ein Maß an Flexibilität gewahrt werden, das im angemessenen Verhältnis zu besonderen Bedürfnissen oder Anforderungen steht. Für die spezifischen Kofinanzierungssätze sollten stets die festgelegten relevanten Höchstsätze für die Kofinanzierung gelten.

(36)

Die vom Europäischen Parlament und dem Rat gemäß Artikel 322 AEUV angenommene Haushaltsordnung findet auf diese Verordnung Anwendung. Die Haushaltsordnung regelt den Vollzug des Unionshaushalts, einschließlich Bestimmungen zu Finanzhilfen, Preisgeldern, Auftragsvergabe, indirekter Mittelverwaltung, Finanzierungsinstrumenten, Haushaltsgarantien, zum finanziellen Beistand und zur Erstattung der Kosten externer Sachverständiger. sowie die Kontrolle der Verantwortung der Finanzakteure. Die auf der Grundlage von Artikel 322 AEUV erlassenen Vorschriften enthalten auch eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union.

(37)

Gemäß der Haushaltsordnung, der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (28) und den Verordnungen (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (29), (Euratom, EG) Nr. 2185/96 (30) und (EU) 2017/1939 (31) des Rates sind die finanziellen Interessen der Union durch verhältnismäßige Maßnahmen zu schützen, einschließlich Maßnahmen zur Prävention, Aufdeckung, Behebung und Untersuchung von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, zur Einziehung entgangener, rechtsgrundlos gezahlter oder nicht widmungsgemäß verwendeter Mittel und gegebenenfalls zur Verhängung verwaltungsrechtlicher Sanktionen. Insbesondere ist das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gemäß den Verordnungen (Euratom, EG) Nr. 2185/96 und (EU, Euratom) Nr. 883/2013 befugt, administrative Untersuchungen einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durchzuführen, um festzustellen, ob Betrug, Korruption oder eine sonstige rechtswidrige Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union vorliegt.

Gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 ist die Europäische Staatsanwaltschaft (EUStA) befugt, gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete Straftaten im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates (32) zu untersuchen und zu verfolgen. Nach der Haushaltsordnung ist jede Person oder Stelle, die Unionsmittel erhält, verpflichtet, uneingeschränkt am Schutz der finanziellen Interessen der Union mitzuwirken, der Kommission, dem OLAF, dem Europäischen Rechnungshof (im Folgenden „Rechnungshof) und — im Falle der gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 an der Verstärkten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten — der EUStA die erforderlichen Rechte und den erforderlichen Zugang zu gewähren und sicherzustellen, dass alle an der Ausführung von Unionsmitteln beteiligten Dritten gleichwertige Rechte gewähren.

(38)

Die Arten der Finanzierung und die Methoden der Ausführung des Haushaltplans des LIFE-Programms sollten danach ausgewählt werden, ob sie zur Verwirklichung der spezifischen Ziele der Maßnahmen und zur Erzielung von Ergebnissen geeignet sind, unter besonderer Berücksichtigung der Kontrollkosten, des Verwaltungsaufwands und des erwarteten Risikos der Nichteinhaltung. Bei Finanzhilfen sollte auch die Verwendung von Pauschalbeträgen, Pauschalfinanzierungen und Stückkostensätzen geprüft werden. Die Kommission sollte dafür sorgen, dass die Durchführung verständlich ist, und auf eine echte Vereinfachung für die Projektentwickler hinwirken.

(39)

Gegebenenfalls sollten die politischen Ziele des LIFE-Programms durch Finanzierungsinstrumente und Haushaltsgarantien im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/523 angegangen werden, einschließlich durch den aus dem LIFE-Programm zugewiesenen Betrag, der in den mehrjährigen Arbeitsprogrammen im Rahmen dieses Programms festgelegt ist.

(40)

Gemäß Artikel 94 des Beschlusses 2013/755/EU des Rates (33) können Stellen eines überseeischen Landes oder Gebiets vorbehaltlich der Bestimmungen und Ziele des LIFE-Programms und der möglichen Regelungen, die für den mit dem Land oder Gebiet verbundenen Mitgliedstaat gelten, finanziell unterstützt werden. Die Beteiligung dieser Stellen am LIFE-Programm sollte sich hauptsächlich auf Projekte im Rahmen des Teilprogramms „Natur und Biodiversität“ konzentrieren.

(41)

Die freiwillige Regelung für biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen in überseeischen europäischen Gebieten (BEST) fördert die Erhaltung der biologischen Vielfalt, auch der biologischen Vielfalt der Meere, und die nachhaltige Nutzung von Ökosystemdienstleistungen, einschließlich ökosystembasierter Konzepte für Klimaschutz und Klimaanpassung, in den Gebieten in äußerster Randlage und den überseeischen Ländern und Gebieten (ÜLG) der Union. Durch die 2011 angenommene vorbereitende Maßnahme im Rahmen von BEST, das Folgeprogramm BEST 2.0 und das Projekt BEST RUP hat BEST dazu beigetragen, für die ökologische Bedeutung der Regionen in äußerster Randlage und der überseeischen Länder und Gebiete sowie für ihre zentrale Rolle bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt auf der Welt zu sensibilisieren. Die Kommission schätzt den Bedarf an finanzieller Unterstützung für Projekte vor Ort in diesen Gebieten auf jährlich 8 Mio. EUR. In ihren Ministererklärungen von 2017 und 2018 brachten die überseeischen Länder und Gebiete ihre Wertschätzung für diese Regelung für kleine Finanzhilfen zugunsten der biologischen Vielfalt zum Ausdruck. Deshalb sollte dafür gesorgt werden, dass kleine Finanzhilfen zugunsten der biologischen Vielfalt — einschließlich des Aufbaus von Kapazitäten und Maßnahmen mit Katalysatorwirkung — in den Regionen in äußerster Randlage und den überseeischen Ländern und Gebieten aus dem LIFE-Programm finanziert werden können.

(42)

Das LIFE-Programm sollte auch Drittländern gemäß den zwischen der Union und diesen Ländern geschlossenen Abkommen offenstehen, wobei die besonderen Bedingungen ihrer Teilnahme aufzustellen sind.

(43)

Drittländer, die Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) sind, können im Rahmen der Zusammenarbeit gemäß dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (34) an Programmen der Union teilnehmen, gemäß dem EWR-Abkommen erfolgt die Durchführung der Programme auf der Grundlage eines Beschlusses, der gemäß dem Abkommen erlassen wurde. Drittländer dürfen auch auf der Grundlage anderer Rechtsinstrumente teilnehmen. In die vorliegende Verordnung sollte eine gesonderte Bestimmung aufgenommen werden, durch die von den Drittländern verlangt wird, dem zuständigen Anweisungsbefugten, dem OLAF und dem Rechnungshof die Rechte und der Zugang zu gewähren, die sie zur umfassenden Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse benötigen.

(44)

Gemäß den Nummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (35) sollte das LIFE-Programm auf der Grundlage von Daten evaluiert werden, die im Einklang mit spezifischen Überwachungsanforderungen erhoben werden, wobei gleichzeitig aber der Verwaltungsaufwand insbesondere für die Mitgliedstaaten, und Überregulierung zu vermeiden sind. Diese Anforderungen sollten, soweit erforderlich, messbare Indikatoren als Grundlage für die Evaluierung der Auswirkungen des LIFE-Programms in der Praxis enthalten. Die volle Wirkung des LIFE-Programms erwächst aus indirekten, langfristigen, schwierig zu messenden Beiträgen zur Verwirklichung der gesamten Bandbreite der Umwelt- und Klimaschutzziele der Union. Für die Überwachung des LIFE-Programms sollten die Indikatoren für den direkten Output und die Anforderungen an die Ausgabenüberwachung in dieser Verordnung durch aggregierte spezifische Projekt-Indikatoren ergänzt werden, die in mehrjährigen Arbeitsprogrammen oder Aufrufen zur Einreichung von Vorschlägen u. a. in Bezug auf Natura 2000 und die Emissionen bestimmter Luftschadstoffe zu beschreiben sind.

(45)

Um einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung in Bezug auf die Annahme der mehrjährigen Arbeitsprogramme sicherzustellen, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (36) ausgeübt werden.

(46)

Um sicherzustellen, dass die Unterstützung aus dem LIFE-Programm und die Durchführung des Programms mit den politischen Strategien und Prioritäten der Union vereinbar sind, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zu erlassen, um die vorliegende Verordnung durch Überarbeitung oder Ergänzung der Indikatoren zu ändern oder um die vorliegende Verordnung durch Festlegung spezifischer Indikatoren für jedes Teilprogramm und jede Art von Projekt und durch Festlegung des Überwachungs- und Evaluierungsrahmens zu ergänzen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(47)

Da die Ziele dieser Verordnung — nämlich die Förderung eines hohen Maßes an Umweltschutz und eines ambitionierten Klimaschutzes, die nachhaltige Entwicklung sowie das Erreichen der Gesamt- und Einzelziele der Rechtsvorschriften, Strategien, Pläne und internationalen Verpflichtungen der Union in den Bereichen Umwelt, biologische Vielfalt, Klima, Kreislaufwirtschaft und, soweit hierfür relevant, erneuerbare Energie und Energieeffizienz, durch verantwortungsvolles Verwaltungshandeln und Einbeziehung mehrerer Interessenträger — von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr aufgrund des Umfangs und der Wirkungen der Verordnung auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(48)

Die Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 sollte daher aufgehoben werden.

(49)

Es empfiehlt sich, für einen reibungslosen Übergang ohne Unterbrechung zwischen dem vorherigen Programm für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) und dem LIFE-Programm zu sorgen und den Beginn des LIFE-Programms an den Beginn des Mehrjährigen Finanzrahmens gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 anzugleichen. Daher sollte diese Verordnung umgehend in Kraft treten und ab dem 1. Januar 2021 rückwirkend gelten —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung wird ein Programm für die Umwelt- und Klimapolitik (LIFE) (im Folgenden „LIFE-Programm“) für den Zeitraum des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 bis 2027 aufgestellt. Die Laufzeit des LIFE Programms ist an die Laufzeit des Mehrjährigen Finanzrahmens angeglichen.

Diese Verordnung regelt auch die Ziele des LIFE-Programms, seines Haushaltsplans für den Zeitraum 2021-2027 sowie die Formen der Unionsfinanzierung und enthält die Finanzierungsbestimmungen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„strategische Naturschutzprojekte“ Projekte, mit denen zum Erreichen der Ziele der Union in den Bereichen Naturschutz und biologische Vielfalt beigetragen wird, indem in den Mitgliedstaaten kohärente Maßnahmenprogramme durchgeführt werden, um diese Ziele und Prioritäten in anderen politischen Strategien und Finanzierungsinstrumenten durchgängig zu berücksichtigen, auch durch die koordinierte Umsetzung der prioritären Aktionsrahmen gemäß der Richtlinie 92/43/EWG;

2.

„strategische integrierte Projekte“ Projekte, mit denen auf regionaler, multiregionaler, nationaler oder transnationaler Ebene von Behörden der Mitgliedstaaten erarbeitete Strategien oder Aktionspläne im Umwelt- oder Klimabereich umgesetzt werden, die in spezifischen Rechtsvorschriften oder Politik der Union in den Bereichen Umwelt, Klima oder, soweit hierfür relevant, Energie vorgesehen sind, wobei sichergestellt wird, dass Interessenträger einbezogen werden und die Abstimmung mit und Mobilisierung von mindestens einer weiteren Unions-, nationalen oder privaten Finanzierungsquelle gefördert wird;

3.

„Projekte der technischen Hilfe“ Projekte, mit denen zum Erreichen der Ziele des LIFE-Programms gemäß Artikel 3 der Aufbau von Kapazitäten für die Beteiligung an Standardaktionsprojekten, die Vorbereitung von strategischen Naturschutzprojekten und von strategischen integrierten Projekten, die Vorbereitung des Zugangs zu anderen Finanzierungsinstrumenten der Union oder andere Maßnahmen zur Vorbereitung der Erweiterung oder Replikation von Ergebnissen aus anderen über das LIFE-Programm finanzierten Projekten, dessen Vorläuferprogramme oder andere Programme der Union unterstützt werden; Zu solchen Projekten kann auch der Aufbau von Kapazitäten in Bezug auf die Aktivitäten der Behörden der Mitgliedstaaten für eine effektive Teilnahme am LIFE-Programm zählen;

4.

„Standardaktionsprojekte“ Projekte, ausgenommen strategische integrierte Projekte, strategische Naturschutzprojekte und Projekte der technischen Hilfe, mit denen auf die spezifischen Ziele des LIFE-Programms hingearbeitet wird;

5.

„Mischfinanzierungsmaßnahmen“ aus dem Unionshaushalt unterstützte Maßnahmen, einschließlich der Mischfinanzierungsfazilitäten nach Artikel 2 Nummer 6 der Haushaltsordnung, die aus dem Haushaltsplan der Union nicht rückzahlbare Formen der Unterstützung, Finanzierungsinstrumente oder beide mit rückzahlbaren Formen der Unterstützung von Entwicklungsfinanzierungs- oder anderen öffentlichen Finanzierungsinstitutionen sowie von kommerziellen Finanzinstituten und Investoren kombinieren;

6.

„Rechtsträger“ jede natürliche Person oder jede nach nationalem Recht, Unionsrecht oder Völkerrecht gegründete und anerkannte juristische Person, die Rechtspersönlichkeit besitzt und in eigenem Namen Rechte ausüben und Pflichten unterliegen kann, oder eine Stelle ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Sinne von Artikel 197 Absatz 2 Buchstabe c der Haushaltsordnung.

Artikel 3

Ziele

(1)   Das allgemeine Ziel des LIFE-Programms besteht darin, einen Beitrag zum Übergang zu einer nachhaltigen, kreislauforientierten, energieeffizienten, auf erneuerbare Energie gestützten, klimaneutralen und klimaresistenten Wirtschaft zu leisten, die Qualität der Umwelt, einschließlich Luft, Wasser und Boden, zu schützen, wiederherzustellen und zu verbessern sowie den Verlust der biologischen Vielfalt einzudämmen und umzukehren und der Degradation von Ökosystemen zu begegnen — auch durch Unterstützung der Einrichtung und Verwaltung des Natura-2000-Netzes — und damit zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Mit dem LIFE-Programm wird zudem die Umsetzung von allgemeinen Aktionsprogrammen, die gemäß Artikel 192 Absatz 3 AEUV beschlossen werden, unterstützt.

(2)   Die spezifischen Ziele des LIFE-Programms sind:

a)

die Entwicklung, Demonstration und Förderung innovativer Technologien, Methoden und Ansätze für die Verwirklichung der Ziele der Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union zum Schutz der Umwelt, einschließlich der Natur und der biologischen Vielfalt, und zum Klimaschutz, einschließlich des Übergangs zu erneuerbarer Energie und mehr Energieeffizienz, sowie die Mitwirkung an der Wissensbasis und an der Anwendung bewährter Verfahren, vor allem für den Schutz der Natur und der biologischen Vielfalt, unter anderem durch Unterstützung des Natura-2000-Netzes;

b)

die Förderung der Entwicklung, Durchführung, Überwachung und Durchsetzung der relevanten Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union zum Schutz der Umwelt, einschließlich der Natur und der biologischen Vielfalt, sowie zum Klimaschutz und zum Übergang zu erneuerbarer Energie bzw. mehr Energieeffizienz, unter anderem durch Verbesserung der Politikgestaltung auf allen Ebenen, insbesondere durch den Ausbau der Kapazitäten öffentlicher und privater Akteure und die Einbeziehung der Zivilgesellschaft;

c)

das Fungieren als Katalysator für die großmaßstäbliche Anwendung erfolgreicher technischer und politikbezogener Lösungen für die Durchführung der relevanten Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union zum Schutz der Umwelt, einschließlich der Natur und der biologischen Vielfalt, sowie zum Klimaschutz und zum Übergang zu erneuerbarer Energie bzw. mehr Energieeffizienz durch die Replikation von Ergebnissen, die Einbeziehung damit zusammenhängender Ziele in andere Politikbereiche und in die Verfahrensweisen des öffentlichen und privaten Sektors, die Mobilisierung von Investitionen und die Verbesserung des Zugangs zu Finanzmitteln.

Artikel 4

Struktur

Das LIFE-Programm ist wie folgt gegliedert:

1.

Der Bereich „Umwelt“ umfasst

a)

das Teilprogramm „Naturschutz und Biodiversität“;

b)

das Teilprogramm „Kreislaufwirtschaft und Lebensqualität“;

2.

der Bereich „Klimapolitik“ umfasst

a)

das Teilprogramm „Klimaschutz und Klimaanpassung“;

b)

das Teilprogramm „Energiewende“.

Artikel 5

Mittelausstattung

(1)   Die Finanzausstattung für die Durchführung des LIFE-Programms beträgt für den Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 20275 432 000 000 EUR zu jeweiligen Preisen.

(2)   Die vorläufige Aufteilung des in Absatz 1 genannten Betrags ist wie folgt:

a)

3 488 000 000 EUR für den Bereich „Umwelt“, davon

i)

2 143 000 000 EUR für das Teilprogramm „Naturschutz und Biodiversität“;

ii)

1 345 000 000 EUR für das Teilprogramm „Kreislaufwirtschaft und Lebensqualität“;

b)

1 944 000 000 EUR für den Bereich „Klimapolitik“, davon

i)

947 000 000 EUR für das Teilprogramm „Klimaschutz und Klimaanpassung“;

ii)

997 000 000 EUR für das Teilprogramm „Energiewende“.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Beträge gelten unbeschadet der Flexibilitätsklauseln der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 2020/2093 und der Haushaltsordnung.

(4)   Ungeachtet des Absatzes 2 sind mindestens 60 % der Finanzmittel, die für Projekte bereitgestellt werden, die durch Finanzhilfen für Maßnahmen im Rahmen des in Absatz 2 Buchstabe a genannten Bereichs „Umwelt“ unterstützt werden, für Finanzhilfen für Projekte vorgesehen, mit denen das in Absatz 2 Buchstabe a Ziffer i genannte Teilprogramm „Naturschutz und Biodiversität“ unterstützt wird.

(5)   Über das LIFE-Programm können Tätigkeiten der technischen und administrativen Hilfe der Kommission zu seiner Durchführung finanziert werden, beispielsweise für Vorbereitung, Überwachung, Kontrolle, Prüfung und Evaluierung, einschließlich betrieblicher IT-Systeme, und der Netzwerkaktivitäten zur Unterstützung der nationalen Kontaktstellen des LIFE-Programms, darunter Schulungen, Aktivitäten zum Voneinander-Lernen und Veranstaltungen zum Erfahrungsaustausch.

(6)   Über das LIFE-Programm können Aktivitäten der Kommission finanziert werden, mit denen die Vorbereitung, Durchführung und durchgängige Berücksichtigung von Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union in den Bereichen Umwelt, Klima und, soweit hierfür relevant, Energie gefördert werden, um die Ziele gemäß Artikel 3 zu erreichen. Diese Aktivitäten können Folgendes umfassen:

a)

Information und Kommunikation, einschließlich Sensibilisierungskampagnen, die auch die institutionelle Kommunikation in Bezug auf die politischen Prioritäten der Union sowie den Stand der Durchführung und Umsetzung der Rechtsvorschriften der Union im Umwelt- und Klimabereich oder, soweit hierfür relevant, im Bereich Energie abdecken;

b)

Studien, Erhebungen, Modellierungen und Entwicklung von Szenarien;

c)

Vorbereitung, Durchführung, Überwachung, Prüfung und Evaluierung von Rechtsvorschriften, politischen Strategien und Programmen sowie Bewertung und Analyse von nicht über das LIFE-Programm finanzierten Projekten, sofern sie den in Artikel 3 genannten Zielen dienen;

d)

Workshops, Konferenzen und Sitzungen;

e)

Vernetzung und Plattformen für bewährte Verfahren;

f)

sonstige Aktivitäten, etwa die Vergabe von Preisgeldern.

Artikel 6

Mit dem LIFE-Programm assoziierte Drittländer

(1)   Folgende Drittländer können am LIFE-Programm teilnehmen:

a)

Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation, die dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören, nach Maßgabe des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum;

b)

beitretende Staaten, Bewerberländer und mögliche Bewerberländer, nach Maßgabe der in den jeweiligen Rahmenabkommen und Beschlüssen des Assoziationsrats oder in ähnlichen Übereinkünften festgelegten allgemeinen Grundsätze und Bedingungen für die Teilnahme dieser Länder an Programmen der Union und nach Maßgabe der spezifischen Bedingungen aus den Abkommen zwischen der Union und diesen Ländern;

c)

Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik nach Maßgabe der in den jeweiligen Rahmenabkommen und Beschlüssen des Assoziationsrats oder in ähnlichen Übereinkünften festgelegten allgemeinen Grundsätze und Bedingungen für die Teilnahme dieser Länder an Programmen der Union und nach Maßgabe der spezifischen Bedingungen aus den Abkommen zwischen der Union und diesen Ländern;

d)

andere Drittländer nach Maßgabe der in einer spezifischen Vereinbarung festgelegten Bedingungen für die Teilnahme des betreffenden Drittlandes an Unionsprogrammen, sofern diese Vereinbarung

i)

gewährleistet, dass die Beiträge des an Unionsprogrammen teilnehmenden Drittlands in einem ausgewogenen Verhältnis zum Nutzen für das Land stehen;

ii)

die Bedingungen für die Teilnahme an den Programmen, einschließlich der Berechnung der finanziellen Beiträge zu einzelnen Programmen, und ihre Verwaltungskosten festlegt;

iii)

dem Drittland keine Entscheidungsbefugnis in Bezug auf das Unionsprogramm einräumt;

iv)

die Rechte der Union, eine wirtschaftliche Haushaltsführung sicherzustellen und ihre finanziellen Interessen zu schützen, garantiert.

Die in Unterabsatz 1 Buchstabe d Ziffer ii genannten Beträge gelten als zweckgebundene Einnahmen gemäß Artikel 21 Absatz 5 der Haushaltsordnung.

(2)   Nimmt ein Drittland mittels eines Beschlusses am LIFE-Programm teil, der gemäß einer völkerrechtlichen Übereinkunft oder auf der Grundlage eines anderen Rechtsinstruments erlassen wurde, so gewährt das Drittland dem zuständigen Anweisungsbefugten, dem OLAF und dem Rechnungshof die Rechte und den Zugang, die sie zur umfassenden Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse benötigen. Im Falle des OLAF umfassen diese Rechte das Recht zur Durchführung von Untersuchungen einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort gemäß der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013.

Artikel 7

Internationale Zusammenarbeit

Das LIFE-Programm kann in Zusammenarbeit mit einschlägigen internationalen Organisationen sowie mit deren Einrichtungen und Stellen durchgeführt werden, soweit dies zur Verwirklichung der Ziele gemäß Artikel 3 erforderlich ist.

Artikel 8

Synergien mit anderen Programmen der Union

Die Kommission unterstützt die einheitliche Durchführung des LIFE-Programms. Die Kommission und die Mitgliedstaaten unterstützen die Koordinierung und die Verwirklichung der Kohärenz des Programms mit dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem gemäß einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Europäischen Sozialfond Plus (ESF+) eingeführten Europäischen Sozialfonds+ (im Folgenden „Europäischer Sozialfond+“), dem Kohäsionsfonds, dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und dem Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds, Horizont Europa, der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (37) geschaffenen Fazilität „Connecting Europe“ und dem gemäß der Verordnung (EU) 2021/523 eingeführten Fonds „InvestEU“, um insbesondere Synergien mit strategischen Naturschutzprojekten und strategischen integrierten Projekten zu schaffen und die Einführung und Replikation von Lösungen, die im Rahmen des LIFE-Programms entwickelt werden, zu unterstützen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten streben Komplementarität auf allen Ebenen an.

Artikel 9

Durchführung und Formen der Unionsfinanzierung

(1)   Die Kommission wird das LIFE-Programm in direkter Mittelverwaltung oder in indirekter Mittelverwaltung mit Einrichtungen, auf die in Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe c der Haushaltsordnung Bezug genommen wird, durchführen.

(2)   Im Rahmen des LIFE-Programms können Mittel in allen in der Haushaltsordnung vorgesehenen Formen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere als Finanzhilfen, Preisgelder und Auftragsvergabe. Ferner sind Finanzierungen in der Form von Finanzierungsinstrumenten mit Mischfinanzierungsmaßnahmen möglich.

(3)   Mindestens 85 % des Haushaltsplans für das LIFE-Programm werden für Folgendes bereitgestellt:

a)

für Finanzhilfen gemäß Artikel 11 Absätze 2 und 6,

b)

in dem im mehrjährigen Arbeitsprogramm gemäß Artikel 18 festgelegten Umfang für durch andere Finanzierungsformen finanzierte Projekte oder

c)

gegebenenfalls — in dem im mehrjährigen Arbeitsprogramm gemäß Artikel 18 festgelegten Umfang — für Finanzierung in der Form von Finanzierungsinstrumenten mit Mischfinanzierungsmaßnahmen gemäß Absatz 2 dieses Artikels.

Die Kommission sorgt dafür, dass die durch andere Finanzierungsformen finanzierten Projekte voll und ganz mit den in Artikel 3 genannten Zielen in Einklang stehen.

Der Höchstbetrag, der für Finanzhilfen gemäß Artikel 11 Absatz 4 bereitgestellt wird, beläuft sich auf 15 Mio. EUR.

(4)   Bei förderfähigen Maßnahmen gemäß Artikel 11 Absatz 2 Buchstaben a bis d der vorliegenden Verordnung gilt für die Kofinanzierung ein Höchstsatz von bis zu 60 % der förderfähigen Kosten und von bis zu 75 % für Projekte, die über das Teilprogramm „Naturschutz und Biodiversität“ finanziert werden, insbesondere, wenn sie prioritäre Lebensräume oder Arten als Teil der Durchführung der Richtlinie 92/43/EWG oder die Vogelarten betreffen, die von dem nach Artikel 16 der Richtlinie 2009/147/EG eingesetzten Ausschuss zur Anpassung an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt als zur Förderung vorrangig angesehen werden, sofern dies erforderlich ist, um das Erhaltungsziel zu erreichen. Bei den in Artikel 11 Absatz 6 der vorliegenden Verordnung genannten Maßnahmen gilt für die Kofinanzierung ein Höchstsatz von 70 % der förderfähigen Kosten. Unbeschadet der einschlägigen und festgelegten Höchstsätze für die Kofinanzierung werden die spezifischen Sätze im mehrjährigen Arbeitsprogramm gemäß Artikel 18 der vorliegenden Verordnung noch genauer festgelegt. Die spezifischen Sätze können entsprechend den Anforderungen des jeweiligen Teilprogramms, der jeweiligen Art des Projekts oder der jeweiligen Form der Finanzhilfe angepasst werden.

Bei den in Artikel 11 Absatz 4 genannten Projekten darf der Höchstsatz für die Kofinanzierung im Zeitraum des ersten mehrjährigen Arbeitsprogramms 95 % der förderfähigen Kosten und für das zweite mehrjährige Arbeitsprogramm und vorbehaltlich einer Bestätigung in diesem Arbeitsprogramm 75 % der förderfähigen Kosten nicht überschreiten.

(5)   Qualität ist das Kriterium, nach dem sich die Projektevaluierung und das Gewährungsverfahren im LIFE-Programm richtet. Die Kommission strebt eine wirksame, qualitätsorientierte geografische Abdeckung in der gesamten Union an — unter anderem, indem sie die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, die Qualität der Projekte durch den Aufbau von Kapazitäten zu verbessern.

KAPITEL II

Förderfähigkeit

Artikel 10

Finanzhilfen

Finanzhilfen im Rahmen des LIFE-Programms werden nach Maßgabe des Titels VIII der Haushaltsordnung gewährt und verwaltet.

Artikel 11

Förderfähige Maßnahmen

(1)   Für eine Förderung infrage kommen nur Maßnahmen, die den in Artikel 3 genannten Zielen dienen.

(2)   Finanzhilfen können für die Finanzierung folgender Arten von Maßnahmen gewährt werden:

a)

strategische Naturschutzprojekte im Rahmen der Teilprogramme gemäß Artikel 4 Nummer 1 Buchstabe a;

b)

strategische integrierte Projekte im Rahmen der Teilprogramme gemäß Artikel 4 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 Buchstaben a und b;

c)

Projekte der technischen Hilfe;

d)

Standardaktionsprojekte;

e)

sonstige Maßnahmen, die zum Erreichen des allgemeinen Ziels gemäß Artikel 3 Absatz 1 erforderlich sind, einschließlich Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahmen, die auf den Aufbau von Kapazitäten, die Verbreitung von Informationen und Wissen und die Sensibilisierung abzielen, um den Übergang zu erneuerbarer Energie und mehr Energieeffizienz zu fördern.

(3)   Bei Projekten im Rahmen des Teilprogramms „Naturschutz und Biodiversität“ zur Bewirtschaftung, Wiederherstellung und Überwachung von Natura-2000-Gebieten im Sinne der Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG werden die Prioritäten berücksichtigt, die in nationalen und regionalen Plänen, Strategien und politischen Strategien zum Schutz der Natur und der Biodiversität, darunter den prioritären Aktionsrahmen gemäß der Richtlinie 92/43/EWG, enthalten sind.

(4)   Projekte der technischen Hilfe für den Aufbau von Kapazitäten im Zusammenhang mit Aktivitäten, die Behörden der Mitgliedstaaten zur Verbesserung der effektiven Teilnahme am LIFE-Programm ergreifen, dienen dazu, Aktivitäten von Mitgliedstaaten mit einer geringen effektiven Teilnahme zu unterstützen, damit die Dienste der nationalen Kontaktstellen in der gesamten Union besser werden und die Gesamtqualität der eingereichten Vorschläge steigt.

(5)   Finanzhilfen können zur Finanzierung von Aktivitäten außerhalb eines Mitgliedstaats oder eines mit ihm verbundenen überseeischen Landes oder Gebietes gewährt werden, sofern mit dem Projekt Umwelt- und Klimaziele der Union verfolgt werden und diese Aktivitäten erforderlich sind, um die Wirksamkeit von Maßnahmen in einem Mitgliedstaat oder in einem mit ihm verbundenen überseeischen Land oder Gebiet zu gewährleisten oder internationale Übereinkommen, deren Vertragspartei die Union ist, durch einen Beitrag zur Ausrichtung multilateraler Konferenzen zu unterstützen. Der Höchstbeitrag an internationale Übereinkommen für die Ausrichtung multilateraler Konferenzen beträgt 3,5 Mio. EUR für die Laufzeit des LIFE-Programms gemäß Artikel 1 und diese Finanzhilfen werden nicht auf den in Artikel 9 Absatz 3 Unterabsatz 1 genannten Schwellenwert angerechnet.

(6)   Betriebskostenzuschüsse werden zur Unterstützung des Funktionierens von Organisationen ohne Erwerbscharakter gewährt, die zur Ausarbeitung, Durchführung und Durchsetzung des der Rechtsvorschiften und politischen Strategien der Union beitragen und die im Einklang mit den Zielen des LIFE-Programms gemäß Artikel 3 hauptsächlich in den Bereichen Umwelt- oder Klimapolitik, einschließlich Energiewende, tätig sind.

Artikel 12

Förderfähige Stellen

(1)   Die Förderfähigkeitskriterien gemäß den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels gelten für Stellen zusätzlich zu den in Artikel 197 der Haushaltsordnung aufgeführten Kriterien.

(2)   Folgende Stellen sind förderfähig:

a)

Rechtsträger mit Sitz in einem der folgenden Länder oder Gebiete:

i)

einem Mitgliedstaat oder einem mit ihm verbundenen überseeischen Land oder Gebiet;

ii)

einem mit dem LIFE-Programm assoziierten Drittland;

iii)

anderen im mehrjährigen Arbeitsprogramm gemäß Artikel 18 genannten Drittländern gemäß den in den Absätzen 4 und 5 genannten Bedingungen;

b)

nach Unionsrecht geschaffene Rechtsträger und internationale Organisationen.

(3)   Natürliche Personen sind nicht förderfähig.

(4)   Rechtsträger mit Sitz in einem Drittland, das nicht mit dem LIFE-Programm assoziiert ist, dürfen ausnahmsweise teilnehmen, wenn dies zur Erreichung des Ziels einer bestimmten Maßnahme erforderlich ist, um die Wirksamkeit der in der Union durchgeführten Maßnahmen sicherzustellen.

(5)   Rechtsträger mit Sitz in einem Drittland, das nicht mit dem LIFE-Programm assoziiert ist, tragen im Prinzip selber die Kosten ihrer Teilnahme.

Artikel 13

Direkte Finanzhilfen

Unbeschadet des Artikels 188 der Haushaltsordnung können den in Anhang I der vorliegenden Verordnung aufgeführten Einrichtungen Finanzhilfen ohne Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen gewährt werden.

Artikel 14

Festlegung der Gewährungskriterien

Die Kommission legt die Gewährungskriterien im mehrjährigen Arbeitsprogramm gemäß Artikel 18 und in den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen fest, wobei folgende Grundsätze zu berücksichtigen sind:

a)

Die über das LIFE-Programm finanzierten Projekte müssen im Interesse der Union liegen, indem sie in erheblichem Maße dazu beitragen, die in Artikel 3 aufgeführten allgemeinen und spezifischen Ziele des LIFE-Programms zu erreichen, sie dürfen diese Ziele nicht untergraben und sie müssen soweit möglich eine umweltorientierte Vergabe öffentlicher Aufträge fördern;

b)

die Projekte müssen auf einem kostenwirksamen Ansatz beruhen und technisch und finanziell kohärent sein;

c)

Projekten mit dem größten potenziellen Beitrag zur Verwirklichung der Ziele gemäß Artikel 3 ist Vorrang zu geben.

d)

Projekte mit positiven Nebeneffekten, die Synergien zwischen den Teilprogrammen gemäß Artikel 4 fördern, müssen einen Evaluierungsbonus erhalten;

e)

Projekte mit dem größten Potenzial, repliziert und vom öffentlichen oder privaten Sektor übernommen zu werden oder die umfangreichsten Investitionen oder Finanzmittel zu mobilisieren (Potenzial als Katalysator zu fungieren), müssen einen Evaluierungsbonus erhalten;

f)

die Replizierbarkeit der Ergebnisse von Standardaktionsprojekten muss gewährleistet sein;

g)

Projekte, die auf den Ergebnissen von anderen über das LIFE-Programm, seine Vorläuferprogramme oder aus sonstigen Mitteln der Union finanzierten Projekten aufbauen oder diese erweitern, müssen einen Evaluierungsbonus erhalten;

h)

gegebenenfalls müssen Projekte in geografischen Gebieten mit besonderen Bedürfnissen oder besonderer Schutzbedürftigkeit, wie Gebiete mit besonderen ökologischen Herausforderungen oder naturbedingten Benachteiligungen, Grenzgebiete, Gebiete mit hohem Landschaftswert und Gebiete in äußerster Randlage, besonders berücksichtigt werden.

Artikel 15

Förderfähige Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Flächen

Zusätzlich zu den in Artikel 186 der Haushaltsordnung aufgeführten Kriterien kommen Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Flächen für eine Finanzierung in Betracht, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

Der Erwerb trägt dazu bei, die Integrität des mit Artikel 3 der Richtlinie 92/43/EWG errichteten Natura-2000-Netzes zu verbessern, zu erhalten bzw. wiederherzustellen, auch durch Verbesserung der Vernetzung durch Anlegung von Korridoren, Strukturen mit Vernetzungsfunktion (Trittsteine) oder andere Elemente der grünen Infrastruktur;

b)

der Erwerb der Flächen ist die einzige oder die kostenwirksamste Möglichkeit, um die angestrebten Erhaltungsziele zu erreichen;

c)

die erworbenen Flächen sind langfristig Nutzungen vorbehalten, die mit den spezifischen Zielen des LIFE-Programms vereinbar sind; und

d)

die betroffenen Mitgliedstaaten stellen durch Übertragung oder anderweitig sicher, dass diese Flächen langfristig für Naturschutzzwecke bestimmt sind.

Artikel 16

Kumulative und alternative Finanzierung

(1)   Eine Maßnahme, die einen Finanzierungsbeitrag aus einem anderen Programm der Union erhalten hat, kann auch einen Beitrag aus dem LIFE-Programm erhalten, sofern diese Beiträge nicht dieselben Kosten betreffen, die Maßnahme den Umwelt- oder Klimaschutzzielen gemäß Artikel 3 dient und keinem dieser Ziele zuwiderläuft. Für den entsprechenden Beitrag zu der Maßnahme gelten die Bestimmungen des jeweiligen Unionsprogramms. Die kumulierten Finanzmittel dürfen die förderfähigen Gesamtkosten der Maßnahme nicht übersteigen. Die Unterstützung aus den verschiedenen Unionsprogrammen kann entsprechend den Dokumenten, in denen die Bedingungen für die Unterstützung festgelegt sind, anteilig berechnet werden.

(2)   Im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds und Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl- und Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Unterstützung für Grenzverwaltung und Visa und die einschlägigen Bestimmungen einer Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden und durch den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) zu finanzierenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates dürfen diejenigen Maßnahmen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds+ oder dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums Unterstützung erhalten, die im Rahmen des LIFE-Programms mit dem Exzellenzsiegel ausgezeichnet wurden, indem sie die folgenden kumulativen Bedingungen erfüllen:

a)

sie wurden im Rahmen einer Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen auf der Grundlage des LIFE-Programms bewertet;

b)

sie erfüllen die Mindestqualitätsanforderungen jener Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen;

c)

sie dürfen aufgrund von Haushaltszwängen nicht im Rahmen jener Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen finanziert werden.

KAPITEL III

Mischfinanzierungsmaßnahmen

Artikel 17

Mischfinanzierungsmaßnahmen

Mischfinanzierungsmaßnahmen im Rahmen des LIFE-Programms werden im Einklang mit der Verordnung (EU) 2021/523 und Titel X der Haushaltsordnung und unter Beachtung der Nachhaltigkeits- und Transparenzanforderungen durchgeführt.

KAPITEL IV

Programmplanung, Überwachung, Berichterstattung und Evaluierung

Artikel 18

Mehrjähriges Arbeitsprogramm

(1)   Die Kommission nimmt im Wege von Durchführungsrechtsakten mehrjährige Arbeitsprogramme für das LIFE-Programm an. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 22 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(2)   Jedes mehrjährige Arbeitsprogramm regelt entsprechend den Zielen gemäß Artikel 3 Folgendes:

a)

die bereitzustellenden Beträge zwischen den aufgeschlüsselten Finanzierungsbedürfnissen jedes Teilprogramms und den verschiedenen Finanzierungsarten sowie den Gesamtbetrag, der für Finanzhilfen gemäß Artikel 11 Absatz 2 Buchstaben a und b bereitgestellt wird;

b)

gegebenenfalls den Gesamtbetrag für Finanzierungen in der Form von Finanzierungsinstrumenten mit Mischfinanzierungsmaßnahmen im Rahmen des LIFE-Programms;

c)

den Gesamtbetrag für Finanzhilfen, die den in Anhang I aufgeführten Einrichtungen gemäß Artikel 13 gewährt werden;

d)

die Projektbereiche oder die spezifischen Finanzierungsbedürfnisse, für die Mittel für die in Artikel 11 Absatz 2 Buchstaben c und d genannten Projekte vorab zugewiesen werden;

e)

die im Rahmen von strategisch integrierten Projekten vorgesehenen Strategien und Pläne, für die zur Durchführung der Projekte gemäß Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe b eine Finanzierung beantragt werden kann;

f)

der maximale Förderzeitraum für die Durchführung der Projekte;

g)

vorläufige Zeitpläne für die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen während der Laufzeit des mehrjährigen Arbeitsprogramms;

h)

die technischen Methoden für das Verfahren der Projekteinreichung und -auswahl und die Gewährungskriterien gemäß den in Artikel 14 aufgeführten Elementen;

i)

den Kofinanzierungssatz gemäß Artikel 9 Absatz 4;

j)

die Höchstsätze für die Kofinanzierung der förderfähigen Maßnahmen gemäß Artikel 11 Absatz 2 Buchstabe e;

k)

gegebenenfalls detaillierte Vorschriften über die kumulative und alternative Finanzierung;

l)

die geringe effektive Teilnahme sowie die förderfähigen Aktivitäten und die Gewährungskriterien für Projekte der technischen Hilfe für den Aufbau von Kapazitäten im Zusammenhang mit Aktivitäten, die Behörden der Mitgliedstaaten im Interesse der effektiven Teilnahme am LIFE-Programm ergreifen.

(3)   Die Laufzeit des ersten mehrjährigen Arbeitsprogramms beträgt vier Jahre und die des zweiten mehrjährigen Arbeitsprogramms drei Jahre.

(4)   Im Rahmen der mehrjährigen Arbeitsprogramme veröffentlicht die Kommission für den entsprechenden Zeitraum Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen. Die Kommission stellt sicher, dass Mittel, die bei einer bestimmten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen nicht in Anspruch genommen werden, auf die verschiedenen in Artikel 11 Absatz 2 genannten Arten von Maßnahmen im selben Bereich umgeschichtet werden.

(5)   Die Kommission sorgt dafür, dass bei der Ausarbeitung der mehrjährigen Arbeitsprogramme die Interessenträger konsultiert werden.

Artikel 19

Überwachung und Berichterstattung

(1)   Die Kommission erstattet auf der Grundlage der in Anhang II aufgeführten Indikatoren Bericht über den Fortschritt des LIFE-Programms im Hinblick auf die in Artikel 3 genannten Ziele.

(2)   Um die wirksame Bewertung der Fortschritte des LIFE-Programms zur Erreichung von dessen Zielen sicherzustellen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23 delegierte Rechtsakte zur Änderung des Anhangs II zu erlassen, um die Indikatoren zu überarbeiten oder zu ergänzen, wenn dies als notwendig erachtet wird, einschließlich im Hinblick auf Angleichung an die in anderen Unionsprogrammen festgelegten Indikatoren und um diese Verordnung durch Bestimmungen über die Einrichtung eines Überwachungs- und Evaluierungsrahmens zu ergänzen.

(3)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23 delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Verordnung durch Festlegung spezifischer Indikatoren für jedes Teilprogramm und jede Art von Projekt auf der Grundlage von Anhang II zu erlassen.

(4)   Die Kommission stellt sicher, dass die Erfassung von Programmüberwachungsdaten und von Ergebnissen effizient, wirksam und rechtzeitig erfolgt. Zu diesem Zweck werden nach den einschlägigen Methoden verhältnismäßige Berichterstattungsanforderungen festgelegt, die die Empfänger von Unionsmitteln zu erfüllen haben, damit zu allen relevanten spezifischen Zielen der Umwelt- und Klimaschutzpolitik, auch im Zusammenhang mit Natura 2000 und den Emissionen bestimmter Luftschadstoffe wie CO2, auf Projektebene aggregierbare Output- und Wirkungsindikatoren erhoben werden können.

(5)   Die Kommission überwacht regelmäßig die durchgängige Berücksichtigung von Klimaschutz- und Biodiversitätszielen in anderen Politikbereichen, und berichtet darüber, einschließlich über die Höhe der betreffenden Ausgaben. Unter Berücksichtigung des nachfrageorientierten Charakters des LIFE-Programms sollen 61 % des Gesamtbetrags vom LIFE-Programm gemäß Artikel 5 zu dem Ziel beitragen, mindestens 30 % der Gesamthaushaltsmittel für Ausgaben zur Verwirklichung von Klimaschutzzielen zu verwenden. Dieser Beitrag wird mithilfe des Klima-Marker-Systems der Union verfolgt. Diese Verordnung trägt dazu bei, dass Maßnahmen im Bereich der biologischen Vielfalt in den politischen Strategien der Union durchgängig berücksichtigt werden und das allgemeine Ziel erreicht wird, 2024 7,5 % der jährlichen Ausgaben im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens für Biodiversitätsziele und in den Jahren 2026 und 2027 10 % der jährlichen Ausgaben im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens für Biodiversitätsziele bereitzustellen, wobei den bestehenden Überschneidungen zwischen Klimaschutz- und Biodiversitätszielen Rechnung zu tragen ist.

Ausgaben im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt werden mittels einer von der Kommission in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und dem Rat festzulegenden wirksamen, transparenten und umfassenden Methode gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans für die Einführung neuer Eigenmittel, überwacht. Mithilfe dieser Überwachungsmethoden werden auf der geeigneten Ebene die Mittel quantifiziert, die im Rahmen des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 voraussichtlich zu den Klimaschutz- bzw. Biodiversitätszielen beitragen. Über die Ausgaben wird jährlich im Programmabriss berichtet. Über den Beitrag des LIFE-Programms zu den Klimaschutz- und Biodiversitätszielen der Union wird im Rahmen von Evaluierungen und des Jahresberichts regelmäßig berichtet.

(6)   Die Kommission bewertet Synergien zwischen dem LIFE-Programm und anderen flankierenden Unionsprogrammen sowie zwischen den einzelnen Teilprogrammen.

Artikel 20

Evaluierung

(1)   Die Kommission führt in dieser Verordnung vorgesehene Evaluierungen so frühzeitig durch, dass ihre Ergebnisse noch in die Entscheidungsfindung einfließen können, wobei die Aspekte Kohärenz, Synergien, europäischer Mehrwert und langfristige Nachhaltigkeit — gestützt auf die klima- und umweltpolitischen Prioritäten der Union — zu berücksichtigen sind.

(2)   Die Kommission nimmt die Zwischenevaluierung des LIFE-Programms vor, sobald ausreichend Informationen über seine Durchführung vorliegen, spätestens aber 42 Monate nach Beginn der Durchführung des LIFE-Programms, und stützt sich dabei auf die in Anhang II festgelegten Indikatoren.

Die Evaluierung erstreckt sich mindestens auf Folgendes:

a)

die qualitativen und quantitativen Aspekte der Durchführung des LIFE-Programms;

b)

die Effizienz des Ressourceneinsatzes;

c)

inwieweit die Ziele aller Maßnahmen erreicht wurden, nach Möglichkeit unter Angabe der Ergebnisse und Auswirkungen;

d)

ob es durch die Projekte tatsächlich oder voraussichtlich gelingt, andere Unionsmittel zu mobilisieren, insbesondere unter Berücksichtigung des Nutzens einer verbesserten Kohärenz mit anderen Finanzierungsinstrumenten der Union;

e)

inwieweit Synergien zwischen den Zielen erreicht wurden sowie die Komplementarität des LIFE-Programms mit anderen einschlägigen Unionsprogrammen;

f)

den europäischen Mehrwert und die langfristigen Auswirkungen des LIFE-Programms, um einen Beschluss über die Verlängerung, Änderung oder Aussetzung von Maßnahmen fassen zu können;

g)

inwieweit Interessenträger einbezogen wurden;

h)

eine quantitative und qualitative Analyse des Beitrags, den das LIFE-Programm zum Erhaltungszustand von Lebensräumen und Arten leistet, die in den Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG aufgelistet sind;

i)

eine Analyse der unionsweiten geografischen Abdeckung im Sinne von Artikel 9 Absatz 5 und, falls eine solche Abdeckung nicht erreicht wird, eine Analyse der zugrunde liegenden Ursachen für die fehlende Abdeckung.

(3)   Am Ende der Durchführung des LIFE-Programms, spätestens aber vier Jahre nach Ablauf des in Artikel 1 Absatz 2 genannten Zeitraums, nimmt die Kommission eine abschließende Evaluierung des LIFE-Programms vor.

(4)   Die Kommission übermittelt dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen die Schlussfolgerungen dieser Evaluierungen zusammen mit ihren Anmerkungen. Die Kommission stellt die Evaluierungsergebnisse öffentlich zur Verfügung.

KAPITEL V

Übergangs- und Schlussbestimmungen

Artikel 21

Information, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit

(1)   Die Empfänger von Unionsmitteln machen deren Herkunft durch kohärente, wirksame und verhältnismäßige gezielte Information verschiedener Zielgruppen, darunter die Medien und die Öffentlichkeit, bekannt und stellen sicher, dass die Unionsförderung Sichtbarkeit erhält, insbesondere im Rahmen von Informationskampagnen zu den Projekten und deren Ergebnissen. Zu diesem Zweck verwenden die Empfänger das in Anhang III abgebildete Logo des LIFE-Programms. Außer in Fällen, die von der Kommission festgelegt werden, müssen alle im Rahmen des LIFE-Programms erworbenen langlebigen Güter das Logo des LIFE-Programms tragen. Wenn die Verwendung des Logos des LIFE-Programms nicht machbar ist, verweisen sie bei allen Kommunikationstätigkeiten auf das LIFE-Programm, einschließlich auf Anschlagtafeln an strategisch wichtigen, für die Öffentlichkeit sichtbaren Orten.

(2)   Die Kommission führt Maßnahmen zur Information und Kommunikation über das LIFE-Programm, die Programmmaßnahmen und die Ergebnisse durch. Mit den dem LIFE-Programm zugewiesenen Mitteln wird auch die institutionelle Kommunikation über die politischen Prioritäten der Union gefördert, insofern sie die in Artikel 3 genannten Ziele betreffen.

Artikel 22

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird vom Ausschuss für das LIFE-Programm unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(3)   Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht, und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

(4)   Die Kommission berichtet dem Ausschuss jährlich über die Gesamtfortschritte bei der Durchführung der Teilprogramme des LIFE-Programms und über besondere Maßnahmen im Rahmen des LIFE-Programms, etwa Mischfinanzierungsmaßnahmen, die mit den aus dem LIFE-Programm zugewiesenen Finanzmitteln umgesetzt werden.

Artikel 23

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 19 Absätze 2 und 3 wird der Kommission bis zum 31. Dezember 2028 übertragen.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 19 Absätze 2 und 3 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 19 Absätze 2 und 3 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 24

Aufgehobene Rechtsakte

Die Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben.

Artikel 25

Übergangsbestimmungen

(1)   Die vorliegende Verordnung lässt die Weiterführung oder Änderung der betreffenden Maßnahmen, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 614/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates (38) und der Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 durchgeführt werden, bis zu deren Abschluss unberührt; letztere Verordnung ist auf die Maßnahmen bis zu deren Abschluss anwendbar.

(2)   Die Finanzausstattung des LIFE-Programms kann auch zur Deckung von Ausgaben für technische und administrative Hilfe verwendet werden, die für den Übergang zwischen dem LIFE-Programm und den im Rahmen der Verordnungen (EG) Nr. 614/2007 und (EU) Nr. 1293/2013 eingeführten Maßnahmen erforderlich sind.

(3)   Falls erforderlich können über das Jahr 2027 hinaus Mittel zur Deckung von in Artikel 5 Absatz 5 vorgesehenen Ausgaben in den Unionshaushalt eingesetzt werden, um die Verwaltung von Maßnahmen zu ermöglichen, die bis zum 31. Dezember 2027 noch nicht abgeschlossen sind.

(4)   Rückflüsse aus Finanzierungsinstrumenten, die durch die Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 geschaffen wurden, dürfen in die im Rahmen der Verordnung (EU) 2021/523 geschaffenen Finanzierungsinstrumente eingebracht werden.

(5)   Mittel, die zweckgebundenen Einnahmen aus der Rückerstattung von im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 614/2007 oder Nr. 1293/2013 zu Unrecht gezahlten Beträgen entsprechen, werden gemäß Artikel 21 der Haushaltsordnung zur Finanzierung des LIFE-Programms verwendet.

Artikel 26

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung gilt ab dem 1. Januar 2021.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 29. April 2021.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

D.M. SASSOLI

Im Namen des Rates

Der Präsident

A.P. ZACARIAS


(1)  ABl. C 62 vom 15.2.2019, S. 226.

(2)  ABl. C 461 vom 21.12.2018, S. 156.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 17. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 16. März 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 26. April 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Aufstellung des Programms für die Umwelt und Klimapolitik (LIFE) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 614/2007 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 185).

(5)  Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (ABl. L 433 I vom 22.12.2020, S. 11).

(6)  Beschluss Nr. 1386/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 2013 über ein allgemeines Umweltaktionsprogramm der Union für die Zeit bis 2020 „Gut leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten“ (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 171).

(7)  Beschluss 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (ABl. L 309 vom 13.12.1993, S. 1).

(8)  ABl. L 282 vom 19.10.2016, S. 4.

(9)  ABl. L 124 vom 17.5.2005, S. 4.

(10)  Beschluss 2013/743/EU des Rates vom 3. Dezember 2013 über das Spezifische Programm zur Durchführung des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014-2020) und zur Aufhebung der Beschlüsse 2006/971/EG, 2006/972/EG, 2006/973/EG, 2006/974/EG und 2006/975/EG (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 965).

(11)  Verordnung (EU) 2021/695 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. April 2021 über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont Europa“ sowie über die Regeln für die Beteiligung und die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) Nr. 1290/2013 und (EU) Nr. 1291/2013 (ABl. L 170 vom 12.5.2021, S. 1).

(12)  Richtlinie (EU) 2018/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 210).

(13)  Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 1).

(14)  Verordnung (EU) 2021/523 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 zur Einrichtung des Programms „InvestEU“ und zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/1017 (ABl. L 107 vom 26.3.2021, S. 30).

(15)  Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275 vom 25. Oktober 2003, S. 32).

(16)  Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7).

(17)  Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(18)  Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten (ABl. L 317 vom 4.11.2014, S. 35).

(19)  ABl. L 433 I vom 22.12.2002, S. 28.

(20)  Verordnung (EU) Nr. 1301/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und mit besonderen Bestimmungen hinsichtlich des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 289).

(21)  Verordnung (EU) Nr. 1300/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1084/2006 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 281).

(22)  Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 487).

(23)  Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl. L 189 vom 18.7.2002, S. 12).

(24)  Richtlinie (EU) 2016/2284 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/81/EG (ABl. L 344 vom 17.12.2016, S. 1).

(25)  Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1).

(26)  Richtlinie 2008/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Meeresumwelt (Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie) (ABl. L 164 vom 25.6.2008, S. 19).

(27)  Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).

(28)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. L 248 vom 18.9.2013, S. 1.).

(29)  Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1).

(30)  Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2).

(31)  Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).

(32)  Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29).

(33)  Beschluss 2013/755/EU des Rates vom 25. November 2013 über die Assoziation der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Union („Übersee-Assoziationsbeschluss“) (ABl. L 344 vom 19.12.2013, S. 1).

(34)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.

(35)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(36)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(37)  Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Schaffung der Fazilität Connecting Europe, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 680/2007 und (EG) Nr. 67/2010 (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 129).

(38)  Verordnung (EG) Nr. 614/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Mai 2007 über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+) (ABl. L 149 vom 9.6.2007, S. 1).


ANHANG I

EINRICHTUNGEN, DENEN FINANZHILFEN OHNE EINE AUFFORDERUNG ZUR EINREICHUNG VON VORSCHLÄGEN GEWÄHRT WERDEN KÖNNEN

1.   

Das Netz der Europäischen Union zur Durchführung und Durchsetzung des Umweltrechts (IMPEL);

2.   

Das Europäische Netz der in Umweltsachen tätigen Staatsanwälte (EUStA);

3.   

Das Richterforum der Europäischen Union für die Umwelt (EUFJE).


ANHANG II

INDIKATOREN

1.   Output-Indikatoren

1.1.

Zahl der Projekte zur Entwicklung, Demonstration und Förderung von innovativen Techniken und Konzepten;

1.2.

Zahl der Projekte zur Anwendung bewährter Verfahren im Zusammenhang mit Naturschutz und Biodiversität;

1.3.

Zahl der Projekte zur Entwicklung, Implementierung, Überwachung oder Durchsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften und politischen Strategien der Union;

1.4.

Zahl der Projekte zur Verbesserung der Politikgestaltung durch Ausbau der Kapazitäten öffentlicher und privater Akteure und durch die Einbeziehung der Zivilgesellschaft;

1.5.

Zahl der Projekte — einschließlich strategisch integrierter Projekte und strategischer Naturschutzprojekte — zur Umsetzung von

maßgeblichen Plänen oder Strategien;

Aktionsprogrammen zur durchgehenden Berücksichtigung von Naturschutz und Biodiversität in anderen Politikbereichen.

2.   Ergebnisindikatoren

2.1.

Nettoveränderung von Umwelt und Klima auf Basis der aggregierten Projektindikatoren, die in den Aufrufen zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen der Teilprogramme

„Natur und Biodiversität“ sowie

„Kreislaufwirtschaft und Lebensqualität“ zu spezifizieren sind und mindestens folgende Aspekte abdecken:

Luftqualität

Boden

Wasser

Abfälle

Chemikalien

Lärm

Ressourceneinsatz und -effizienz;

„Klimaschutz und Klimaanpassung“;

„Energiewende“.

2.2.

Durch die Projekte mobilisierte Gesamtinvestitionen oder beschaffte Finanzmittel (in Mio. EUR);

2.3.

Zahl der Organisationen, die an Projekten mitwirken oder Betriebskostenzuschüsse erhalten;

2.4.

Anteil der Projekte, die bei Projektende eine Katalysatorwirkung erzielt hatten.

ANHANG III

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17.5.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 172/79


VERORDNUNG (EU) 2021/784 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 29. April 2021

zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Durch diese Verordnung soll das reibungslose Funktionieren des digitalen Binnenmarkts in einer offenen und demokratischen Gesellschaft gewährleistet werden, indem der Missbrauch von Hostingdiensten für terroristische Zwecke bekämpft und ein Beitrag zur öffentlichen Sicherheit in der gesamten Union geleistet wird. Das Funktionieren des digitalen Binnenmarkts sollte verbessert werden, indem die Rechtssicherheit für die Hostingdiensteanbieter erhöht, das Vertrauen der Nutzer in das Online-Umfeld gestärkt und die Schutzvorkehrungen für die Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Ideen in einer offenen und demokratischen Gesellschaft zu erhalten und weiterzugeben, sowie für die Medienfreiheit und den Medienpluralismus erhöht werden.

(2)

Regulatorische Maßnahmen zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte sollten durch die Strategien der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Terrorismus flankiert werden, die unter anderem die Verbesserung der Medienkompetenz und die Stärkung des kritischen Denkens, die Entwicklung von alternativen Narrativen und Gegennarrativen und weitere Initiativen, die darauf abzielen, die Wirkung terroristischer Online-Inhalte sowie die Anfälligkeit für solche Inhalte zu verringern, sowie Investitionen in Sozialarbeit, Deradikalisierungsinitiativen und die Zusammenarbeit mit betroffenen Gemeinschaften einschließen sollten, um eine Radikalisierung in der Gesellschaft auf Dauer zu verhindern.

(3)

Die Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte, die Teil des umfassenderen Problems illegaler Online-Inhalte sind, erfordert eine Kombination aus legislativen, nichtlegislativen und freiwilligen Maßnahmen, basierend auf der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Hostingdiensteanbietern und unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte.

(4)

Hostingdiensteanbieter, die im Internet aktiv sind, spielen in der digitalen Wirtschaft eine zentrale Rolle, indem sie Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger miteinander verbinden und öffentliche Debatten sowie die Verbreitung und den Erhalt von Informationen, Meinungen und Ideen ermöglichen, was erheblich zu Innovation, Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Union beiträgt. Mitunter werden die Dienste von Hostingdiensteanbietern allerdings von Dritten für illegale Aktivitäten im Internet ausgenutzt. Besonders besorgniserregend ist der Missbrauch dieser Dienste durch terroristische Vereinigungen und ihre Unterstützer mit dem Ziel, terroristische Online-Inhalte zu verbreiten und so ihre Botschaften weiterzutragen, Menschen zu radikalisieren und Anhänger anzuwerben sowie terroristische Aktivitäten zu ermöglichen und zu lenken.

(5)

Terroristische Online-Inhalte haben sich — wenn auch nicht als einziger Faktor — als Katalysator für die Radikalisierung von Einzelpersonen erwiesen, die zu terroristischen Handlungen führen kann; daher haben diese Inhalte schwerwiegende negative Folgen für Nutzer, Bürgerinnen und Bürger und die Gesellschaft insgesamt, aber auch für die Anbieter von Online-Diensten, die solche Inhalte zur Verfügung stellen, da dies das Vertrauen ihrer Nutzer untergräbt und ihre Geschäftsmodelle schädigt. Die Hostingdiensteanbieter tragen angesichts ihrer zentralen Rolle und der mit ihrem Diensteangebot verbundenen technologischen Mittel und Kapazitäten eine besondere gesellschaftliche Verantwortung dafür, ihre Dienste vor dem Missbrauch durch Terroristen zu schützen und dabei zu helfen, gegen terroristische Inhalte, die durch die Nutzung ihrer Dienste online verbreitet werden, vorzugehen und dabei die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit, einschließlich der Freiheit, Informationen und Ideen in einer offenen und demokratischen Gesellschaft zu erhalten und weiterzugeben, zu berücksichtigen.

(6)

Die Bemühungen auf Unionsebene zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte durch einen Rahmen für die freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Hostingdiensteanbietern begannen 2015. Diese Bemühungen müssen durch einen klaren Rechtsrahmen ergänzt werden, um den Zugang zu terroristischen Online-Inhalten weiter zu verringern und dem sich rasch verändernden Problem gerecht zu werden. Der Rechtsrahmen soll auf den freiwilligen Bemühungen aufbauen, die durch die Empfehlung (EU) 2018/334 der Kommission (3) verstärkt wurden, und entspricht der Forderung des Europäischen Parlaments, die Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler und schädlicher Online-Inhalte im Einklang mit dem in der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) festgelegten horizontalen Rahmen zu intensivieren, sowie der Forderung des Europäischen Rates, die Erkennung und Entfernung von zu terroristischen Handlungen anstiftenden Online-Inhalten zu verbessern.

(7)

Diese Verordnung sollte die Anwendung der Richtlinie 2000/31/EG unberührt lassen. Insbesondere sollten etwaige Maßnahmen, die der Hostingdiensteanbieter im Einklang mit der vorliegenden Verordnung ergriffen hat, darunter auch spezifische Maßnahmen, nicht automatisch dazu führen, dass der Hostingdiensteanbieter den in der Richtlinie vorgesehenen Haftungsausschluss nicht in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus berührt diese Verordnung nicht die Befugnisse der nationalen Behörden und Gerichte, die Haftung von Hostingdiensteanbietern festzustellen, wenn die Voraussetzungen gemäß dieser Richtlinie für den Haftungsausschluss nicht erfüllt sind.

(8)

Im Falle eines Widerspruchs zwischen dieser Verordnung und der Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (5) in Bezug auf Bestimmungen über audiovisuelle Mediendienste im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a der genannten Richtlinie sollte die Richtlinie 2010/13/EU Vorrang haben. Dies sollte die Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, insbesondere bezüglich der Verpflichtungen für Video-Sharing-Plattform-Anbieter, nicht berühren.

(9)

In der vorliegenden Verordnung sollten Vorschriften festgelegt werden, mit denen der Missbrauch von Hostingdiensten für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte bekämpft werden soll, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten. Diese Vorschriften sollten die in der Union geschützten und insbesondere die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta“) garantierten Grundrechte uneingeschränkt achten.

(10)

Mit dieser Verordnung soll zum Schutz der öffentlichen Sicherheit beigetragen werden; gleichzeitig enthält sie angemessene und solide Vorkehrungen zum Schutz der Grundrechte, einschließlich des Rechts auf Achtung des Privatlebens, auf den Schutz personenbezogener Daten, auf Meinungsfreiheit — einschließlich der Freiheit, Informationen zu erhalten und weiterzugeben —, auf unternehmerische Freiheit und auf wirksamen Rechtsbehelf. Zudem ist jegliche Diskriminierung untersagt. Die zuständigen Behörden und Hostingdiensteanbieter sollten nur Maßnahmen ergreifen, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, angemessen und verhältnismäßig sind, wobei der besonderen Bedeutung der Meinungs- und Informationsfreiheit und der Medienfreiheit und des Medienpluralismus, die die wesentlichen Grundlagen einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft und einen der grundlegenden Werte der Union darstellen, Rechnung zu tragen ist. Maßnahmen, die sich auf die Meinungs- und Informationsfreiheit auswirken, sollten streng darauf ausgerichtet sein, die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte unter Achtung des Rechts auf den rechtmäßigen Erhalt und die rechtmäßige Weitergabe von Informationen zu bekämpfen, wobei die zentrale Rolle der Hostingdiensteanbieter, öffentliche Debatten sowie die Verbreitung und den Erhalt von Informationen, Meinungen und Ideen nach geltendem Recht zu ermöglichen, zu berücksichtigen ist. Wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte und der Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit sind keine widersprüchlichen, sondern vielmehr einander ergänzende und sich gegenseitig verstärkende Ziele.

(11)

Um Klarheit über die Maßnahmen zu schaffen, die sowohl die Hostingdiensteanbieter als auch die zuständigen Behörden ergreifen sollten, um die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte zu bekämpfen, sollte in dieser Verordnung im Einklang mit den Definitionen relevanter Straftatbestände in der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) der Begriff „terroristische Inhalte“ präventiv definiert werden. In Anbetracht der Notwendigkeit, besonders schädliche terroristische Online-Propaganda zu bekämpfen, sollten in dieser Definition Materialien erfasst werden, die jemanden zur Begehung terroristischer Straftaten oder zu einem Beitrag zur Begehung dieser Straftaten anstiften oder dazu bestimmten, jemanden zur Beteiligung an Handlungen einer terroristischen Vereinigung zu bestimmen, terroristische Aktivitäten verherrlichen, unter anderem auch durch die Verbreitung von Materialien, die Bilder von terroristischen Anschlägen zeigen. Unter die Definition sollten auch Materialien fallen, die zum Zweck der Begehung oder des Beitrags zur Begehung terroristischer Straftaten Anleitungen zur Herstellung oder Verwendung von Sprengstoffen, Schusswaffen oder anderen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen sowie chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Stoffen (CBRN-Stoffen) oder zu anderen spezifischen Methoden oder Verfahren, einschließlich der Auswahl von Anschlagszielen, enthalten. Bei solchen Materialien kann es sich um Texte, Bilder, Tonaufzeichnungen und Videos sowie um Live-Übertragungen terroristischer Straftaten handeln, mit denen die Gefahr einhergeht, dass weitere solcher Taten begangen werden. Bei der Beurteilung, ob es sich bei Materialien um terroristische Inhalte im Sinne dieser Verordnung handelt, sollten die zuständigen Behörden und die Hostingdiensteanbieter Faktoren wie Art und Wortlaut der Aussagen, den Kontext, in dem die Aussagen getroffen wurden, und ihr Gefährdungspotenzial und somit ihr Potenzial zur Beeinträchtigung der Sicherheit von Personen berücksichtigen. Die Tatsache, dass das Material von einer Person, Vereinigung oder Organisation, die in der Liste der Union der an terroristischen Handlungen beteiligten Personen, Vereinigungen oder Organisationen aufgenommen wurde und restriktiven Maßnahmen unterliegt, hergestellt wurde, ihr zuzuschreiben ist oder in ihrem Namen verbreitet wird, sollte ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung darstellen.

(12)

Materialien, die für Bildungs-, Presse- oder Forschungszwecke oder für künstlerische Zwecke oder zum Zweck der Sensibilisierung gegenüber terroristischen Aktivitäten verbreitet werden, sollten nicht als terroristische Inhalte gelten. Bei der Feststellung, ob es sich bei den von einem Inhalteanbieter bereitgestellten Materialien um „terroristische Inhalte“ im Sinne dieser Verordnung handelt, sollte insbesondere dem Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit, einschließlich der Medienfreiheit und des Medienpluralismus, und der Freiheit von Kunst und Wissenschaft Rechnung getragen werden. Insbesondere in Fällen, in denen der Inhalteanbieter eine redaktionelle Verantwortung trägt, sind Entscheidungen über die Entfernung verbreiteter Materialien unter Berücksichtigung der in einschlägigen Presse- und Medienvorschriften festgelegten journalistischen Standards, die im Einklang mit dem Unionsrecht einschließlich der Charta stehen, zu treffen. Ferner sollte die Formulierung radikaler, polemischer oder kontroverser Ansichten zu sensiblen politischen Fragen in der öffentlichen Debatte nicht als terroristischer Inhalt betrachtet werden.

(13)

Zur wirksamen Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte unter Gewährleistung der Achtung des Privatlebens von Einzelpersonen sollte diese Verordnung für Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft gelten, die die durch einen Nutzer des Dienstes bereitgestellten Informationen und Materialien in seinem Auftrag speichern und öffentlich verbreiten, unabhängig davon, ob die Speicherung und öffentliche Verbreitung solcher Informationen und Materialien rein technischer, automatischer und passiver Art ist. Unter dem Begriff „speichern“ ist die Aufbewahrung von Daten im Speicher eines physischen oder virtuellen Servers zu verstehen. Anbieter von „reinen Durchleitungsdiensten“, von „Cachingdiensten“ oder von anderen Diensten, die auf anderen Ebenen der Internet-Infrastruktur geleistet werden, die keine Speicherung beinhalten, wie Register und Registrierungsstellen, sowie Anbieter von Domain-Namen-Systemen (DNS) oder von Zahlungsdiensten oder Anbieter von Schutzdiensten gegen DDoS (Distributed Denial of Service/verteilter Dienstverweigerungsangriff) sollten daher nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallen.

(14)

Der Begriff „öffentliche Verbreitung“ sollte die Bereitstellung von Informationen für einen potenziell unbegrenzten Personenkreis umfassen, d. h. die Informationen sollten den Nutzern im Allgemeinen leicht zugänglich gemacht werden, ohne dass weitere Maßnahmen des Inhalteanbieters erforderlich wären, unabhängig davon, ob die Personen tatsächlich auf die betreffenden Informationen zugreifen. Dementsprechend sollte in Fällen, in denen eine Registrierung oder die Aufnahme in eine Nutzergruppe erforderlich ist, um Zugang zu Informationen zu erlangen, nur dann von einer öffentlichen Verbreitung der Informationen ausgegangen werden, wenn die Nutzer, die auf die Informationen zugreifen möchten, automatisch registriert oder aufgenommen werden, ohne eine menschliche Entscheidung oder Auswahl, wem Zugang gewährt wird. Interpersonelle Kommunikationsdienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 5 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates (7), wie beispielsweise E-Mail-Dienste oder Privatnachrichtenübermittlungsdienste, sollten nicht in den Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung fallen. Informationen sollten nur dann als im Sinne dieser Verordnung gespeichert und öffentlich verbreitet gelten, wenn dies auf direktes Verlangen des Inhalteanbieters hin geschieht. Folglich sollten Anbieter von Diensten wie Cloud-Infrastrukturen, die auf Verlangen von anderer Seite als von Seiten des Inhalteanbieters erbracht werden und Letzterem nur mittelbar zugutekommen, nicht unter die vorliegende Verordnung fallen. In den Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung sollten beispielsweise Anbieter von Dienstleistungen in sozialen Medien, von Video-, Bild- und Audio-Sharing-Diensten sowie von File-Sharing-Diensten und anderen Cloud-Diensten fallen, sofern diese Dienste dafür genutzt werden, um gespeicherte Informationen auf direktes Verlangen des Inhalteanbieters hin öffentlich zugänglich zu machen. Bietet ein Hostingdiensteanbieter mehrere Dienste an, so sollte diese Verordnung nur auf die in ihren Anwendungsbereich fallenden Dienste angewendet werden.

(15)

Terroristische Inhalte werden häufig über Dienste öffentlich verbreitet, die von in Drittländern niedergelassenen Hostingdiensteanbietern bereitgestellt werden. Um die Nutzer in der Union zu schützen und um zu gewährleisten, dass alle im digitalen Binnenmarkt tätigen Hostingdiensteanbieter denselben Anforderungen unterliegen, sollte diese Verordnung für alle Anbieter von relevanten Diensten gelten, die in der Union bereitgestellt werden, unabhängig vom Land der Hauptniederlassung des Diensteanbieters. Ein Hostingdiensteanbieter sollte als Anbieter von Diensten in der Union gelten, wenn er natürliche oder juristische Personen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, seine Dienste in Anspruch zu nehmen, und der Diensteanbieter eine wesentliche Verbindung zu diesem Mitgliedstaat oder diesen Mitgliedstaaten hat.

(16)

Eine wesentliche Verbindung zur Union sollte dann als gegeben gelten, wenn der Hostingdiensteanbieter eine Niederlassung in der Union hat, seine Dienste von einer erheblichen Zahl von Nutzern in einem oder mehreren Mitgliedstaaten genutzt werden oder seine Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ausgerichtet sind. Die Ausrichtung von Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten sollte anhand aller relevanten Umstände, einschließlich Faktoren wie der Verwendung einer in dem betreffenden Mitgliedstaat gebräuchlichen Sprache oder Währung oder der Möglichkeit, Waren oder Dienstleistungen aus diesem Mitgliedstaat zu bestellen, bestimmt werden. Ferner ließe sich eine derartige Ausrichtung auch von der Verfügbarkeit einer Anwendung im jeweiligen nationalen App-Store, von der Schaltung lokaler Werbung oder Werbung in einer im betreffenden Mitgliedstaat allgemein gebräuchlichen Sprache oder vom Management der Kundenbeziehungen, zum Beispiel durch die Bereitstellung eines Kundendienstes in einer im betreffenden Mitgliedstaat allgemein gebräuchlichen Sprache, ableiten. Das Vorhandensein einer wesentlichen Verbindung sollte auch dann angenommen werden, wenn ein Hostingdiensteanbieter seine Tätigkeit nach Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten ausrichtet. Die bloße Zugänglichkeit der Internetseite eines Hostingdiensteanbieters, einer E-Mail-Adresse oder anderer Kontaktdaten in einem oder mehreren Mitgliedstaaten für sich genommen sollte nicht ausreichen, um eine wesentliche Verbindung zu begründen. Zudem sollte die Erbringung einer Dienstleistung zum Zwecke der bloßen Einhaltung des in der Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) festgelegten Verbots der Diskriminierung nicht für sich genommen als Begründung einer wesentlichen Verbindung zur Union gelten.

(17)

Das Verfahren und die Verpflichtungen, die sich nach einer Beurteilung durch die zuständigen Behörden aus den Entfernungsanordnungen, mit denen Hostingdiensteanbieter aufgefordert werden, terroristische Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, ergeben, sollten harmonisiert werden. Angesichts der Geschwindigkeit, mit der terroristische Inhalte über Online-Dienste hinweg verbreitet werden, sollte den Hostingdiensteanbietern die Verpflichtung auferlegt werden, dafür zu sorgen, dass die in der Entfernungsanordnung genannten terroristischen Inhalte in allen Mitgliedstaaten innerhalb einer Stunde nach Erhalt der Entfernungsanordnung entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird. Von hinreichend begründeten Dringlichkeitsfällen abgesehen sollte die zuständige Behörde dem Hostingdiensteanbieter mindestens 12 Stunden, bevor sie erstmals eine Entfernungsanordnung gegenüber diesem Hostingdiensteanbieter erlässt, Informationen über Verfahren und geltende Fristen bereitstellen. Hinreichend begründete Dringlichkeitsfälle liegen dann vor, wenn der Umstand, dass die Entfernung von Inhalten oder die Sperrung des Zugangs zu den terroristischen Inhalten später als eine Stunde nach Erhalt der Entfernungsanordnung erfolgt, zu einem ernsthaften Schaden führen würde, beispielsweise in Situationen, in denen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit einer Person unmittelbar bedroht sind, oder wenn solche Inhalte laufende Ereignisse zeigen, bei denen dem Leben oder der körperlichen Unversehrtheit einer Person Schaden zugefügt wird. Die zuständigen Behörden sollten feststellen, ob Fälle einen solchen Dringlichkeitsfall darstellen und ihre Entscheidung in der Entfernungsanordnung hinreichend begründen. Kann der Hostingdiensteanbieter der Entfernungsanordnung aufgrund des Vorliegens höherer Gewalt oder einer faktischen Unmöglichkeit, einschließlich aus sachlich vertretbaren technischen oder operativen Gründen, nicht innerhalb einer Stunde nach Erhalt Folge leisten, so sollte er die erlassende zuständige Behörde so schnell wie möglich davon in Kenntnis setzen und der Entfernungsanordnung nachkommen, sobald der Sachverhalt behoben ist.

(18)

Die Entfernungsanordnung sollte eine Begründung enthalten, in der die Materialien, die entfernt oder gesperrt werden sollen, als terroristischer Inhalt eingestuft werden, sowie ausreichende Informationen zum Identifizieren des Inhalts enthalten — es sollten die exakte URL-Adresse sowie erforderlichenfalls weitere Angaben zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel ein Screenshot des betreffenden Inhalts. Diese Begründung sollte es den Hostingdiensteanbietern und letztendlich auch den Inhalteanbietern ermöglichen, ihr Recht auf wirksamen Rechtsbehelf effektiv wahrzunehmen. Die vorgetragene Begründung sollte nicht die Offenlegung sensibler Informationen nach sich ziehen, wenn dies die laufenden Ermittlungen gefährden könnte.

(19)

Die zuständige Behörde sollte die Entfernungsanordnung — durch elektronische Mittel, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglichen, die dem Hostingdiensteanbieter die Feststellung der Authentizität der Anordnung ermöglichen, einschließlich der Richtigkeit des Datums und des Zeitpunkts der Absendung und des Eingangs der Anordnung, gestatten (z. B. über ein gesichertes E-Mail-System oder Plattformen oder sonstige gesicherte Kanäle, einschließlich der vom Hostingdiensteanbieter zur Verfügung gestellten), im Einklang mit dem Unionsrecht zum Schutz personenbezogener Daten — direkt an die vom Hostingdiensteanbieter für die Zwecke dieser Verordnung benannte oder eingerichtete Kontaktstelle übermitteln. Es sollte möglich sein, diese Anforderung unter anderem durch die Verwendung von qualifizierten Diensten für die Zustellung elektronischer Einschreiben gemäß der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (10) zu erfüllen. Befindet sich die Hauptniederlassung des Hostingdiensteanbieters oder ist sein gesetzlicher Vertreter in einem anderen Mitgliedstaat als dem der erlassenden zuständigen Behörde ansässig oder niedergelassen, so ist der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats gleichzeitig eine Kopie der Entfernungsanordnung zu übermitteln.

(20)

Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, sollte die Möglichkeit haben, die von den zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats erlassene Entfernungsanordnung zu überprüfen, um festzustellen, ob sie einen schwerwiegenden oder offenkundigen Verstoß gegen diese Verordnung oder die in der Charta verankerten Grundrechte enthält oder ob dies nicht der Fall ist. Sowohl der Inhalteanbieter als auch der Hostingdiensteanbieter sollten das Recht haben, eine Prüfung durch die zuständige Behörde in dem Mitgliedstaat, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder wo sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, zu verlangen. Wird dies verlangt, so sollte die zuständige Behörde verpflichtet, darüber zu befinden, ob die Entfernungsanordnung einen solchen Verstoß enthält oder nicht. Wird in diesem Beschluss ein solcher Verstoß festgestellt, so sollte die Entfernungsanordnung ihre Rechtswirkung verlieren. Die Prüfung sollte schnell durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass irrtümlich entfernte oder gesperrte Inhalte so schnell wie möglich wiederhergestellt werden.

(21)

Hostingdiensteanbieter, die terroristischen Inhalten ausgesetzt sind, sollten — falls sie über Nutzungsbedingungen verfügen — Bestimmungen darin aufnehmen, mit denen sie dagegen vorgehen können, dass ihre Dienste für die öffentliche Verbreitung terroristischer Online-Inhalte missbraucht werden. Sie sollten diese Bestimmungen mit der gebotenen Sorgfalt und auf transparente, verhältnismäßige und diskriminierungsfreie Weise anwenden.

(22)

Angesichts des Umfangs des Problems und der Schnelligkeit, die für eine wirksame Ermittlung und Entfernung terroristischer Inhalte erforderlich ist, sind wirksame und verhältnismäßige spezifische Maßnahmen ein wesentliches Element bei der Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte. Im Hinblick auf die Verringerung der Zugänglichkeit terroristischer Inhalte in ihren Diensten sollten Hostingdiensteanbieter, die terroristischen Inhalten ausgesetzt sind, in Abhängigkeit von Risiko und Ausmaß der möglichen Beeinflussung durch terroristische Inhalte sowie von den Auswirkungen auf die Rechte Dritter und auf das öffentliche Informationsinteresse spezifische Maßnahmen ergreifen. Hostingdiensteanbieter sollten festlegen, welche geeigneten, wirksamen und verhältnismäßigen spezifischen Maßnahmen ergriffen werden sollten, um terroristische Inhalte ermitteln und gegebenenfalls entfernen zu können. Spezifische Maßnahmen könnten geeignete technische oder operative Maßnahmen oder Kapazitäten wie Ausstattung mit Personal oder technischen Mitteln umfassen, um terroristische Inhalte zu ermitteln und unverzüglich zu entfernen oder zu sperren, sowie Mechanismen für Nutzer zur Meldung oder Kennzeichnung mutmaßlicher terroristischer Inhalte oder andere Maßnahmen, die der Hostingdiensteanbieter für geeignet und wirksam hält, um gegen die Verfügbarkeit terroristischer Inhalte über seine Dienste vorzugehen.

(23)

Bei der Durchführung spezifischer Maßnahmen sollten die Hostingdiensteanbieter dafür sorgen, dass das Recht der Nutzer auf Meinungs- und Informationsfreiheit sowie die Medienfreiheit und der Medienpluralismus, die durch die Charta geschützt werden, gewahrt bleiben. Zusätzlich zu den gesetzlich festgelegten Anforderungen, einschließlich der Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, sollten die Hostingdiensteanbieter mit der gebotenen Sorgfalt handeln und gegebenenfalls Schutzvorkehrungen treffen, einschließlich durch menschliche Aufsicht und Überprüfung, um unbeabsichtigte oder irrtümliche Entscheidungen zu vermeiden, die dazu führen, dass nicht terroristische Inhalte entfernt oder gesperrt werden.

(24)

Der Hostingdiensteanbieter sollte der zuständigen Behörde über die ergriffenen spezifischen Maßnahmen Bericht erstatten, damit diese feststellen kann, ob die Maßnahmen wirksam und verhältnismäßig sind und ob der Hostingdiensteanbieter — sofern automatisierte Verfahren zum Einsatz kommen — über die notwendigen Kapazitäten für die menschliche Aufsicht und Überprüfung verfügt. Bei der Bewertung der Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen sollten die zuständigen Behörden die einschlägigen Parameter berücksichtigen, einschließlich der Anzahl der gegenüber dem Hostingdiensteanbieter erlassenen Entfernungsanordnungen, der Größe und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Hostingdiensteanbieters und der Wirkung seiner Dienste bei der Verbreitung terroristischer Inhalte, z. B. unter Berücksichtigung der Zahl der Nutzer in der Union, sowie der Vorkehrungen, die getroffen wurden, um den Missbrauch seiner Dienste für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte zu bekämpfen.

(25)

Ist die zuständige Behörde der Auffassung, dass die getroffenen spezifischen Maßnahmen die Risiken nicht hinreichend bekämpfen, sollte sie zusätzliche geeignete, wirksame und verhältnismäßige spezifische Maßnahmen fordern können. Eine Anordnung, solche zusätzlichen spezifischen Maßnahmen durchzuführen, sollte weder zur Auferlegung einer allgemeinen Pflicht zur Überwachung oder zum aktiven Forschen nach Hinweisen im Sinne des Artikels 15 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31/EG, noch zu einer Verpflichtung zur Anwendung automatisierter Werkzeuge (Tools) führen. Hostingdiensteanbieter sollten jedoch die Möglichkeit haben, automatisierte Werkzeuge (Tools) anzuwenden, wenn sie dies für geeignet und erforderlich halten, um den Missbrauch ihrer Dienste für die Verbreitung terroristischer Online-Inhalte wirksam zu bekämpfen.

(26)

Den Hostingdiensteanbietern sollte die Verpflichtung auferlegt werden, entfernte Inhalte und damit zusammenhängende Daten für bestimmte Zwecke für den erforderlichen Zeitraum zu speichern. Es ist notwendig, die Speicherverpflichtung auf damit zusammenhängende Daten auszudehnen, soweit solche Daten andernfalls infolge der Entfernung des betreffenden terroristischen Inhalts verloren gehen würden. Mit den Inhalten zusammenhängende Daten können beispielsweise Teilnehmerdaten, insbesondere Daten, die sich auf die Identität des Inhalteanbieters beziehen, sowie Zugangsdaten umfassen, darunter das Datum und die Uhrzeit der Nutzung und die Anmeldung bei und Abmeldung von dem Dienst, zusammen mit der IP-Adresse, die der Internetzugangsanbieter dem Inhalteanbieter zuweist.

(27)

Die Verpflichtung zur Speicherung der Inhalte für Verfahren der behördlichen oder gerichtlichen Überprüfung ist notwendig und gerechtfertigt, da gewährleistet werden muss, dass wirksame Rechtsbehelfe auch für Inhalteanbieter, deren Inhalte entfernt oder gesperrt wurden, zur Verfügung stehen und dass dieser Inhalt je nach dem Ergebnis dieser Verfahren wiederhergestellt wird. Die Verpflichtung zur Speicherung der Materialien für Ermittlungs- oder Strafverfolgungszwecke ist notwendig und gerechtfertigt, da das Material zur Störung oder Verhinderung terroristischer Aktivitäten wertvoll sein könnte. Daher sollte das Speichern entfernter terroristischer Inhalte zu Zwecken der Verhinderung, Erkennung, Ermittlung und Verfolgung terroristischer Straftaten ebenfalls als gerechtfertigt gelten. Terroristische Inhalte und die damit verbundenen Daten sollten nur für den Zeitraum gespeichert werden, der notwendig ist, um es den Strafverfolgungsbehörden zu ermöglichen, diese terroristischen Inhalte zu überprüfen und zu entscheiden, ob sie für diese Zwecke benötigt werden. Für die Zwecke der Verhinderung, Erkennung, Ermittlung und Verfolgung terroristischer Straftaten sollte sich die Verpflichtung zur Datenspeicherung auf Daten beschränken, die wahrscheinlich eine Verbindung mit terroristischen Straftaten aufweisen und die daher zur Verfolgung terroristischer Straftaten oder zur Verhütung ernsthafter Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit beitragen könnten. Wenn Hostingdiensteanbieter insbesondere durch ihre eigenen spezifischen Maßnahmen Materialien entfernen oder den Zugang dazu sperren, sollten sie die zuständigen Behörden unverzüglich über Inhalte in Kenntnis setzen, die Informationen enthalten, die im Zusammenhang mit einer unmittelbaren Bedrohung von Leben oder einer vermuteten terroristischen Straftat stehen.

(28)

Um die Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, sollte der Speicherzeitraum auf sechs Monate begrenzt werden, damit Inhalteanbieter ausreichend Zeit haben, behördliche oder gerichtliche Überprüfungsverfahren einzuleiten, und damit die Strafverfolgungsbehörden auf die für die Ermittlung und Verfolgung terroristischer Straftaten relevanten Daten zugreifen können. Dieser Zeitraum sollte jedoch auf Verlangen der zuständigen Behörde oder des zuständigen Gerichts um den erforderlichen Zeitraum verlängert werden können, falls das genannte Verfahren innerhalb des genannten sechsmonatigen Zeitraums zwar eingeleitet, aber nicht abgeschlossen wurde. Die Dauer des Speicherzeitraums sollte außerdem so bemessen sein, dass die Strafverfolgungsbehörden das für die Ermittlungen und die Strafverfolgung erforderliche Material unter Wahrung des Gleichgewichts mit den Grundrechten speichern können.

(29)

Diese Verordnung sollte die Verfahrensgarantien oder die verfahrensbezogenen Ermittlungsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Inhalten und damit zusammenhängenden Daten, die für die Zwecke der Ermittlung und Verfolgung terroristischer Straftaten im Einklang mit Unions- oder nationalen Rechtsvorschriften gespeichert werden, nicht berühren.

(30)

Im Hinblick auf terroristische Inhalte kommt es bei den Hostingdiensteanbietern auf die Transparenz ihrer Strategien an, denn nur so können sie ihrer Rechenschaftspflicht gegenüber ihren Nutzern nachkommen und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den digitalen Binnenmarkt stärken. Hostingdiensteanbieter, die in einem bestimmten Kalenderjahr aufgrund der vorliegenden Verordnung Maßnahmen ergriffen haben oder solche Maßnahmen ergreifen mussten, sollten jährliche Transparenzberichte mit Informationen über ihre Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ermittlung und Entfernung terroristischer Inhalte öffentlich zugänglich machen.

(31)

Die zuständigen Behörden sollten jährliche Transparenzberichte veröffentlichen, die Angaben zur Anzahl der Entfernungsanordnungen, zur Anzahl der Fälle, in denen eine Anordnung nicht vollzogen wurde, zur Anzahl der Entscheidungen zu spezifischen Maßnahmen, zur Anzahl der Fälle, die behördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahren unterliegen, sowie zur Anzahl der Entscheidungen, durch die Sanktionen verhängt wurden, enthalten.

(32)

Das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf ist in Artikel 19 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und in Artikel 47 der Charta verankert. Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht, gegen etwaige aufgrund der vorliegenden Verordnung getroffene Maßnahmen, die sich nachteilig auf ihre Rechte auswirken können, vor dem zuständigen nationalen Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Dieses Recht sollte insbesondere die Möglichkeit für die Hostingdienste- und Inhalteanbieter umfassen, Entfernungsanordnungen oder andere Entscheidungen aufgrund der Prüfung einer Entfernungsanordnung im Rahmen dieser Verordnung vor einem Gericht des Mitgliedstaats, dessen zuständige Behörde die Entfernungsanordnung erlassen oder die Entscheidung getroffen hat, wirksam anzufechten, sowie die Möglichkeit für die Hostingdiensteanbieter, Entscheidungen in Bezug auf spezifische Maßnahmen oder Sanktionen vor einem Gericht des Mitgliedstaats, dessen zuständige Behörden diese Entscheidung getroffen haben, wirksam anzufechten.

(33)

Beschwerdeverfahren stellen eine notwendige Schutzvorkehrung gegen die irrtümliche Entfernung oder Sperrung von Online-Inhalten dar, wenn der Inhalt im Rahmen der Meinungs- und Informationsfreiheit geschützt ist. Die Hostingdiensteanbieter sollten daher benutzerfreundliche Beschwerdeverfahren einrichten und dafür sorgen, dass Beschwerden unverzüglich und in voller Transparenz gegenüber dem Inhalteanbieter bearbeitet werden. Die Anforderung, dass Hostingdiensteanbieter irrtümlich entfernte oder gesperrte Inhalte wiederherstellen müssen, sollte die Möglichkeit unberührt lassen, dass die Hostingdiensteanbieter ihre Nutzungsbedingungen durchsetzen können.

(34)

Wirksame Rechtsbehelfe gemäß Artikel 19 EUV und Artikel 47 der Charta setzen voraus, dass die Inhalteanbieter in Erfahrung bringen können, warum die von ihnen bereitgestellten Inhalte entfernt oder der Zugang zu ihnen gesperrt wurden. Zu diesem Zweck sollte der Hostingdiensteanbieter dem Inhalteanbieter Informationen zur Anfechtung der Entfernung oder Sperrung zur Verfügung stellen. Je nach den Umständen könnten Hostingdiensteanbieter Inhalte, die entfernt oder gesperrt wurden, durch einen Hinweis ersetzen, dass die Inhalte im Einklang mit der vorliegenden Verordnung entfernt oder gesperrt wurden. Auf Anfrage des Inhalteanbieters sollten weitere Informationen über die Gründe für die Entfernung oder Sperrung und die Rechtsbehelfe gegen die Entfernung oder Sperrung bereitgestellt werden. Sind die zuständigen Behörden der Auffassung, dass es aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, auch im Rahmen einer Ermittlung, unangemessen oder kontraproduktiv ist, den Inhalteanbieter unmittelbar von der Entfernung oder Sperrung in Kenntnis zu setzen, so sollten sie den Hostingdiensteanbieter hierüber informieren.

(35)

Für die Zwecke dieser Verordnung sollten die Mitgliedstaaten zuständige Behörden benennen. Dies sollte nicht die Einrichtung einer neuen Behörde erfordern und es sollte möglich sein, eine bereits bestehende Stelle mit den in dieser Verordnung festgelegten Aufgaben zu betrauen. Gemäß dieser Verordnung sollte es vorgeschrieben sein, dass die Behörden zu benennen sind, die für den Erlass von Entfernungsanordnungen, die Überprüfung von Entfernungsanordnungen, die Aufsicht über spezifische Maßnahmen und die Verhängung von Sanktionen zuständig sind, während es für jeden Mitgliedstaat gestattet sein sollte, zu entscheiden, wie viele zuständige Behörden er damit betraut und ob diese der Verwaltung, Strafverfolgung oder Justiz zugehörig sein sollen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die zuständigen Behörden ihre Aufgaben auf objektive und nicht diskriminierende Weise erfüllen und bei der Wahrnehmung der Aufgaben gemäß dieser Verordnung keine Weisungen von anderen Stellen einholen oder entgegennehmen. Dies sollte einer Aufsicht im Einklang mit dem nationalen Verfassungsrecht nicht entgegen stehen. Die Mitgliedstaaten sollten der Kommission die nach dieser Verordnung als zuständig bestimmten Behörden mitteilen, und die Kommission sollte im Internet ein Online-Register der jeweils zuständigen Behörden veröffentlichen. Dieses Online-Register sollte leicht zugänglich sein, damit die Hostingdiensteanbieter die Echtheit von Entfernungsanordnungen schnell prüfen können.

(36)

Um Doppelarbeit und eine gegenseitige Behinderung bei Ermittlungen zu vermeiden und den Aufwand für die betroffenen Hostingdiensteanbieter so gering wie möglich zu halten, sollten die zuständigen Behörden Informationen austauschen und sich untereinander sowie gegebenenfalls mit Europol abstimmen und zusammenarbeiten, bevor sie Entfernungsanordnungen erlassen. Wenn sie über den Erlass einer Entfernungsanordnung entscheidet, sollte die zuständige Behörde Benachrichtigungen zu konfligierenden Ermittlungsinteressen gebührend berücksichtigen (Konfliktvermeidung). Wenn eine zuständige Behörde von der zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats über eine bereits bestehende Entfernungsanordnung informiert wird, sollte sie keine Entfernungsanordnung zum gleichen Sachverhalt erlassen. Bei der Umsetzung der Bestimmungen dieser Verordnung könnte Europol im Einklang mit seinem derzeitigen Mandat und bestehenden Rechtsrahmen Unterstützung leisten.

(37)

Um die wirksame und ausreichend kohärente Durchführung spezifischer Maßnahmen seitens der Hostingdiensteanbieter zu gewährleisten, sollten sich die zuständigen Behörden in Bezug auf den Austausch mit Hostingdiensteanbietern hinsichtlich Entfernungsanordnungen und der Ermittlung, Umsetzung und Bewertung spezifischer Maßnahmen untereinander abstimmen und zusammenarbeiten. Eine derartige Abstimmung und Zusammenarbeit ist auch bezüglich anderer Maßnahmen zur Durchführung dieser Verordnung, auch hinsichtlich der Annahme von Vorschriften über Sanktionen und der Verhängung von Sanktionen, erforderlich. Die Kommission sollte diese Abstimmung und Zusammenarbeit erleichtern.

(38)

Es ist von wesentlicher Bedeutung, dass die zuständige Behörde des für die Verhängung der Sanktionen zuständigen Mitgliedstaats umfassend über den Erlass von Entfernungsanordnungen sowie den anschließenden Austausch zwischen dem Hostingdiensteanbieter und den zuständigen Behörden in anderen Mitgliedstaaten unterrichtet ist. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten geeignete und sichere Kommunikationskanäle oder -mechanismen vorsehen, die die fristgerechte Übermittlung der relevanten Informationen ermöglichen.

(39)

Um den schnellen Austausch der zuständigen Behörden untereinander und mit den Hostingdiensteanbietern zu erleichtern und Doppelarbeit zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die speziell dafür von Europol entwickelten Werkzeuge wie die aktuelle Verwaltungsanwendung für die Meldung von Internetinhalten (Internet Referral Management application) oder deren Nachfolger zu nutzen.

(40)

Meldungen seitens der Mitgliedstaaten und seitens Europol haben sich als eine wirksame und schnelle Möglichkeit erwiesen, um Hostingdiensteanbieter auf spezifische Inhalte aufmerksam zu machen, die über ihre Dienste verfügbar sind, und sie so in die Lage zu versetzen, schnell zu reagieren. Neben den Entfernungsanordnungen sollten solche Meldungen als Mechanismus, mit dem Hostingdiensteanbieter auf Informationen aufmerksam gemacht werden, die als terroristische Inhalte gelten könnten, damit sie die Vereinbarkeit dieser Inhalte mit ihren Nutzungsbedingungen freiwillig prüfen können, weiterhin verfügbar sein. Die endgültige Entscheidung darüber, ob Inhalte aufgrund der Nichtvereinbarkeit mit ihren Nutzungsbedingungen entfernt werden oder nicht, liegt beim Hostingdiensteanbieter. Das in der Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) festgelegte Mandat von Europol sollte von der vorliegenden Verordnung unberührt bleiben. Daher sollten die Bestimmungen dieser Verordnung keinesfalls dahin gehend ausgelegt werden, dass sie die Mitgliedstaaten und Europol daran hindern würden, Meldungen als Instrument zur Bekämpfung terroristischer Online-Inhalte zu nutzen.

(41)

Angesichts der besonders schwerwiegenden Folgen bestimmter terroristischer Online-Inhalte sollten die Hostingdiensteanbieter unverzüglich die einschlägigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats oder die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem sie niedergelassen sind oder über einen gesetzlichen Vertreter verfügen, über terroristische Inhalte unterrichten, die im Zusammenhang mit einer unmittelbaren Bedrohung von Leben oder einer vermuteten terroristischen Straftat stehen. Um die Verhältnismäßigkeit zu gewährleisten, sollte diese Verpflichtung auf terroristische Straftaten im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2017/541 beschränkt werden. Diese Informationspflicht sollte nicht bedeuten, dass sich die Hostingdiensteanbieter aktiv um Nachweise einer solchen unmittelbaren Bedrohung von Leben oder einer vermuteten terroristischen Straftat bemühen müssen. Als betreffender Mitgliedstaat sollte der Mitgliedstaat gelten, der für die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung der genannten terroristischen Straftaten zuständig ist, und zwar auf der Grundlage der Staatsangehörigkeit des Täters bzw. des potenziellen Opfers der Straftat oder des Erfolgsorts der terroristischen Handlung. Im Zweifelsfall sollten Hostingdiensteanbieter die Informationen an Europol übermitteln, das entsprechend seinem Mandat die entsprechenden Folgemaßnahmen ergreift, auch durch die Weiterleitung dieser Informationen an die zuständigen nationalen Behörden. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, solche Informationen zu nutzen, um Ermittlungsmaßnahmen zu ergreifen, die nach den Unions- oder nationalen Rechtsvorschriften zur Verfügung stehen.

(42)

Die Hostingdiensteanbieter sollten Kontaktstellen benennen oder einrichten, um die unverzügliche Bearbeitung von Entfernungsanordnungen zu erleichtern. Die Kontaktstelle sollte nur operativen Zwecken dienen. Die Kontaktstelle sollte in einer speziellen — internen oder ausgelagerten — Einrichtung bestehen, die die elektronische Übermittlung von Entfernungsanordnungen ermöglicht, sowie technisch oder personell so ausgestattet ist, dass eine unverzügliche Bearbeitung solcher Anordnungen möglich ist. Die Kontaktstelle muss sich nicht in der Union befinden. Es steht dem Hostingdiensteanbieter frei, eine bestehende Kontaktstelle zum Zwecke dieser Verordnung zu benennen, sofern die Kontaktstelle in der Lage ist, die in dieser Verordnung vorgesehenen Aufgaben zu erfüllen. Um zu gewährleisten, dass terroristische Inhalte innerhalb einer Stunde nach Eingang der Entfernungsanordnung entfernt oder gesperrt werden, sollte die Kontaktstelle eines Hostingdiensteanbieters, der terroristischen Inhalten ausgesetzt ist, ständig rund um die Uhr erreichbar sein. In den Informationen über die Kontaktstelle sollte die Sprache angegeben werden, in der die Kontaktstelle erreicht werden kann. Um die Kommunikation zwischen den Hostingdiensteanbietern und den zuständigen Behörden zu erleichtern, wird den Hostingdiensteanbietern empfohlen, die Kommunikation in einer der Amtssprachen der Unionsorgane, in der ihre Nutzungsbedingungen verfügbar sind, zu ermöglichen.

(43)

Da für Hostingdiensteanbieter keine allgemeine Anforderung einer physischen Präsenz im Gebiet der Union besteht, muss der Mitgliedstaat bestimmt werden, unter dessen Gerichtsbarkeit der Hostingdiensteanbieter, der in der Union Dienstleistungen anbietet, fällt. In der Regel fällt der Hostingdiensteanbieter unter die Gerichtsbarkeit des Mitgliedstaats, in dem er seinen Hauptsitz hat oder sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist. Dies sollte unbeschadet der Zuständigkeitsvorschriften gelten, die für die Zwecke von Entfernungsanordnungen und Entscheidungen aufgrund der Prüfung von Entfernungsanordnungen gemäß dieser Verordnung festgelegt wurden. In Bezug auf einen Hostingdiensteanbieter, der nicht in der Union niedergelassen ist und keinen gesetzlichen Vertreter benennt, sollte jeder Mitgliedstaat dennoch zuständig und in der Lage sein, Sanktionen zu verhängen, sofern der Grundsatz „ne bis in idem“ eingehalten wird.

(44)

Hostingdiensteanbieter, die nicht in der Union niedergelassen sind, sollten schriftlich einen gesetzlichen Vertreter benennen, der die Einhaltung und Durchsetzung der sich aus dieser Verordnung ergebenden Verpflichtungen gewährleistet. Es sollte für die Hostingdiensteanbieter zum Zwecke dieser Verordnung möglich sein, einen bereits für andere Aufgaben benannten gesetzlichen Vertreter zu benennen, wenn dieser in der Lage ist, die Aufgaben wie in dieser Verordnung dargelegt auszuführen. Der gesetzliche Vertreter sollte befugt sein, im Namen des Hostingdiensteanbieters zu handeln.

(45)

Sanktionen sind erforderlich, damit die wirksame Umsetzung dieser Verordnung durch die Hostingdiensteanbieter sichergestellt ist. Die Mitgliedstaaten sollten für Sanktionen, bei denen es sich um verwaltungs- oder strafrechtliche Sanktionen handeln kann, Vorschriften sowie gegebenenfalls auch Leitlinien für die Verhängung von Geldbußen, erlassen. Verstöße könnten in Einzelfällen mit Sanktionen belegt werden, während gleichzeitig der Grundsatz „ne bis in idem“ sowie die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben und sichergestellt wird, dass solche Sanktionen systematischen Verstößen Rechnung tragen. Sanktionen können unterschiedliche Formen annehmen, darunter die förmliche Verwarnung bei geringfügigen Verstößen oder finanzielle Sanktionen bei schwerwiegenderen oder systematischen Verstößen. Besonders schwere Sanktionen sollten für den Fall verhängt werden, dass der Hostingdiensteanbieter terroristische Inhalte systematisch oder fortwährend nicht innerhalb einer Stunde nach Eingang einer Entfernungsanordnung entfernt oder sperrt. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, sollte in dieser Verordnung festgelegt werden, welche Verstöße mit Sanktionen belegt werden können und welche Umstände bei der Bewertung der Art und Höhe der Sanktionen relevant sind. Bei der Entscheidung, ob finanzielle Sanktionen verhängt werden sollen, sollten die finanziellen Mittel des Hostingdiensteanbieter gebührend berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte die zuständige Behörde berücksichtigen, ob es sich bei dem Hostingdiensteanbieter um ein Start-up-Unternehmen, Kleinstunternehmen oder ein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne der Definition in der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission (12) handelt. Weitere Umstände wie die Frage, ob das Verhalten des Hostingdiensteanbieters objektiv unvorsichtig oder verwerflich war, oder ob der Verstoß fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde, sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Sanktionen bei Verstößen gegen diese Verordnung nicht dazu führen, dass nicht terroristische Materialien entfernt werden.

(46)

Die Verwendung standardisierter Formulare erleichtert die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden und den Hostingdiensteanbietern, sodass sie schneller und wirksamer kommunizieren können. Besonders wichtig ist es, nach Eingang einer Entfernungsanordnung unverzügliches Handeln zu gewährleisten. Solche Formulare senken die Übersetzungskosten und tragen zu einem höheren Standard des Verfahrens bei. Rückmeldungsformulare ermöglichen einen standardisierten Informationsaustausch, was besonders wichtig ist, wenn die Hostingdiensteanbieter der Entfernungsanordnung nicht nachkommen können. Mithilfe authentifizierter Übertragungskanäle kann die Echtheit der Entfernungsanordnung, einschließlich der Richtigkeit des Datums und des Zeitpunkts der Absendung und des Eingangs der Anordnung, gewährleistet werden.

(47)

Um erforderlichenfalls eine schnelle Änderung des Inhalts der für die Zwecke dieser Verordnung zu verwendenden Formulare zu ermöglichen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, nach Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zur Änderung der Anhänge der vorliegenden Verordnung zu erlassen. Damit der Entwicklung der Technik und des damit verbundenen Rechtsrahmens Rechnung getragen werden kann, sollte der Kommission ferner die Befugnis übertragen werden, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Verordnung durch technische Anforderungen an die von den zuständigen Behörden für die Übermittlung von Entfernungsanordnungen zu verwendenden elektronischen Mittel zu ergänzen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (13) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(48)

Die Mitgliedstaaten sollten Informationen über die Umsetzung der Verordnung sammeln. Die Mitgliedstaaten sollten die Transparenzberichte der Hostingdiensteanbieter nutzen können und diese, wo notwendig, durch ausführlichere Informationen, wie beispielsweise ihre eigenen Transparenzberichte gemäß dieser Verordnung, ergänzen. Es sollte ein detailliertes Programm zur Überwachung der Leistungen, Ergebnisse und Auswirkungen dieser Verordnung aufgestellt werden, um die Bewertung der Durchführung dieser Verordnung zu erleichtern.

(49)

Anhand der Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Umsetzungsberichts und der Ergebnisse der Überwachung sollte die Kommission innerhalb von drei Jahren nach dem Tag ihres Inkrafttretens eine Bewertung dieser Verordnung vornehmen. Die Bewertung sollte sich auf die Kriterien Effizienz, Erforderlichkeit, Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit, Relevanz, Kohärenz und Unionsmehrwert stützen. Bewertet werden sollte die Funktionsweise der verschiedenen in der Verordnung festgelegten operativen und technischen Maßnahmen, einschließlich der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verbesserung der Erkennung, Ermittlung und Entfernung terroristischer Online-Inhalte, der Wirksamkeit der Schutzvorkehrungen sowie der Auswirkungen auf potenziell beeinträchtigte Grundrechte, darunter die Meinungs- und Informationsfreiheit, die Medienfreiheit und der Medienpluralismus, die unternehmerische Freiheit, das Recht auf Privatsphäre und den Schutz personenbezogener Daten. Außerdem sollte die Kommission die Auswirkungen auf potenziell beeinträchtigte Interessen Dritter bewerten.

(50)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Gewährleistung eines reibungslosen Funktionierens des digitalen Binnenmarkts durch die Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

ABSCHNITT I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   In dieser Verordnung werden einheitliche Vorschriften zur Bekämpfung des Missbrauchs von Hostingdiensten zur öffentlichen Verbreitung terroristischer Online-Inhalte festgelegt, insbesondere:

a)

angemessene und verhältnismäßige Sorgfaltspflichten, die von den Hostingdiensteanbietern anzuwenden sind, um die öffentliche Verbreitung terroristischer Inhalte durch ihre Dienste zu bekämpfen und erforderlichenfalls die unverzügliche Entfernung solcher Inhalte zu gewährleisten oder den Zugang zu ihnen zu verhindern;

b)

Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Unionsrecht und vorbehaltlich angemessener Garantien zum Schutz der Grundrechte, insbesondere der Meinungs- und Informationsfreiheit in einer offenen und demokratischen Gesellschaft, umzusetzen sind, um

i)

terroristische Inhalte zu ermitteln und deren unverzügliche Entfernung durch die Hostingdiensteanbieter sicherzustellen und

ii)

die Zusammenarbeit unter den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, den Hostingdiensteanbietern und gegebenenfalls Europol zu erleichtern.

(2)   Diese Verordnung gilt für Hostingdiensteanbieter, die unabhängig vom Ort ihrer Hauptniederlassung Dienstleistungen in der Union anbieten und Informationen öffentlich verbreiten.

(3)   Materialien, die für Bildungs-, Presse-, Forschungszwecke oder künstlerische Zwecke oder für die Zwecke der Verhütung oder Bekämpfung des Terrorismus öffentlich verbreitet werden, einschließlich der Materialien, die eine Formulierung polemischer oder kontroverser Ansichten in der öffentlichen Debatte darstellen, gelten nicht als terroristische Inhalte. Im Rahmen einer Bewertung wird der wahre Zweck dieser Verbreitung ermittelt und geprüft, ob Materialien für die genannten Zwecke öffentlich verbreitet werden.

(4)   Diese Verordnung berührt nicht die Pflicht, die in Artikel 6 EUV verankerten Rechte, Freiheiten und Grundsätze zu achten, und gilt unbeschadet der Grundprinzipien der Meinungs- und Informationsfreiheit einschließlich der Medienfreiheit und des Medienpluralismus.

(5)   Die Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU bleiben von dieser Verordnung unberührt. Für audiovisuelle Mediendienste im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2010/13/EU hat die Richtlinie 2010/13/EU Vorrang.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Hostingdiensteanbieter“ einen Anbieter von Diensten gemäß Artikel 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates (14), die darin bestehen, die durch einen Inhalteanbieter bereitgestellten Informationen im Auftrag eines Inhalteanbieters zu speichern;

2.

„Inhalteanbieter“ einen Nutzer, der Informationen bereitgestellt hat, die in seinem Auftrag von einem Hostingdiensteanbieter gespeichert und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurden oder werden;

3.

„öffentliche Verbreitung “ die Bereitstellung von Informationen im Auftrag eines Inhalteanbieters für einen potenziell unbegrenzten Personenkreis;

4.

„in der Union Dienstleistungen anbieten“ die Befähigung von natürlichen oder juristischen Personen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zur Nutzung der Dienste eines Hostingdiensteanbieters, der eine wesentliche Verbindung zu diesem Mitgliedstaat oder diesen Mitgliedstaaten hat.

5.

„wesentliche Verbindung“ eine Verbindung eines Hostingdiensteanbieters mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten entweder aufgrund seiner Niederlassung in der Union oder anhand spezifischer faktengestützter Kriterien, wie

a)

eine erhebliche Zahl von Nutzern seiner Dienstleistungen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten oder

b)

die Ausrichtung seiner Tätigkeiten auf einen oder mehrere Mitgliedstaaten.

6.

„terroristische Straftaten“ Straftaten im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie (EU) 2017/541;

7.

„terroristische Inhalte“ eines oder mehrere der folgenden Materialien, die Folgendes beinhalten oder bewirken:

a)

die Anstiftung zur Begehung einer der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a bis i der Richtlinie (EU) 2017/541 aufgeführten Straftaten, wenn durch solches Material direkt oder indirekt, z. B. durch die Verherrlichung terroristischer Handlungen, die Begehung terroristischer Straftaten befürwortet wird, mit der damit einhergehenden Gefahr, dass eine oder mehrere solche Taten begangen werden könnten;

b)

die Bestimmung einer Person oder einer Gruppe von Personen zur Begehung einer der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a bis i der Richtlinie (EU) 2017/541 aufgeführten Straftaten oder zum Beitragen an der Begehung;

c)

die Bestimmung einer Person oder einer Gruppe von Personen zur Beteiligung an Handlungen einer terroristischen Vereinigung im Sinne des Artikels 4 Buchstabe b;

d)

die Unterweisung in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoffen, Schuss oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen beziehungsweise Unterweisung in anderen spezifischen Methoden oder Verfahren mit dem Ziel, eine der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a bis i der Richtlinie (EU) 2017/541 aufgeführten terroristischen Straftaten zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen;

e)

eine Drohung, eine der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben a bis i der Richtlinie (EU) 2017/541 aufgeführten Straftaten zu begehen;

8.

„Nutzungsbedingungen“ sämtliche Bestimmungen, Bedingungen und Klauseln, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder Form, zur Regelung der vertraglichen Beziehungen zwischen einem Hostingdiensteanbieter und seinen Nutzern;

9.

„Hauptniederlassung“ die Hauptverwaltung oder der eingetragene Sitz des Hostingdiensteanbieters, wo die wichtigsten Finanzfunktionen und die betriebliche Kontrolle ausgeübt werden.

ABSCHNITT II

MAßNAHMEN ZUR BEKÄMPFUNG DER VERBREITUNG TERRORISTISCHER ONLINE-INHALTE

Artikel 3

Entfernungsanordnungen

(1)   Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats ist befugt, eine Entfernungsanordnung zu erlassen, mit der die Hostingdiensteanbieter verpflichtet werden, in allen Mitgliedstaaten terroristische Inhalte zu entfernen oder den Zugang zu terroristischen Inhalten zu sperren.

(2)   Wenn eine zuständige Behörde zuvor noch keine Entfernungsanordnung gegenüber einem Hostingdiensteanbieter erlassen hat, unterrichtet die Behörde diesen Hostingdiensteanbieter mindestens 12 Stunden vor Erlass der Entfernungsanordnung über die geltenden Verfahrensweisen und die Fristen.

Unterabsatz 1gilt nicht in hinreichend begründeten Dringlichkeitsfällen.

(3)   Die Hostingdiensteanbieter entfernen die terroristischen Inhalte oder sperren den Zugang zu terroristischen Inhalten in allen Mitgliedstaaten schnellstmöglich, in jedem Fall aber innerhalb einer Stunde nach Erhalt der Entfernungsanordnung.

(4)   Die zuständigen Behörden erlassen Entfernungsanordnungen unter Verwendung des Formulars in Anhang I. Entfernungsanordnungen müssen folgende Angaben enthalten:

a)

Angaben zur Identifizierung der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, und die Authentifizierung der Entfernungsanordnung durch diese zuständige Behörde;

b)

eine hinreichend detaillierte Darlegung der Gründe, aus denen der Inhalt als terroristischer Inhalt erachtet wird, und eine Bezugnahme auf die in Artikel 2 Absatz 7 aufgeführten einschlägigen Arten von Materialien;

c)

einen genauen Uniform Resource Locator (URL-Adresse) und gegebenenfalls weitere Angaben, die die Identifizierung der terroristischen Inhalte ermöglichen;

d)

eine Bezugnahme auf die vorliegende Verordnung als Rechtsgrundlage der Entfernungsanordnung;

e)

Datum, Uhrzeit und elektronische Signatur der die Entfernungsanordnung erlassenden Behörde;

f)

leicht verständliche Informationen über Rechtsbehelfe, die dem Hostingdiensteanbieter und dem Inhalteanbieter zur Verfügung stehen, einschließlich Informationen über Rechtsbehelfe bei der zuständigen Behörde, der Möglichkeit der Befassung eines Gerichts sowie über die für die Einlegung von Rechtsbehelfen geltenden Fristen;

g)

sofern notwendig und verhältnismäßig, die Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 3, dass keine Informationen über die Entfernung oder die Sperrung terroristischer Inhalte weitergegeben werden dürfen.

(5)   Die zuständige Behörde richtet die Entfernungsanordnung an die Hauptniederlassung des Hostingdiensteanbieters oder an seinen nach Artikel 17 benannten gesetzlichen Vertreter.

Die zuständige Behörde übermittelt der Kontaktstelle gemäß Artikel 15 Absatz 1 die Entfernungsanordnung durch elektronische Mittel, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglichen, die die Authentifizierung des Absenders, einschließlich der Richtigkeit des Datums und der Zeit der Absendung und des Eingangs der Anordnung, gestatten.

(6)   Der Hostingdiensteanbieter unterrichtet die zuständige Behörde unverzüglich über die Entfernung der terroristischen Inhalte oder die Sperrung der terroristischen Inhalte in allen Mitgliedstaaten unter Verwendung des Formulars in Anhang II und gibt dabei insbesondere den Zeitpunkt der Entfernung oder der Sperrung an.

(7)   Kann der Hostingdiensteanbieter der Entfernungsanordnung aufgrund höherer Gewalt oder einer faktischen Unmöglichkeit, die dem Hostingdiensteanbieter nicht angelastet werden kann — einschließlich sachlich begründeter technischer oder betrieblicher Gründe —, nicht nachkommen, so teilt er dies der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, unverzüglich mit und legt unter Verwendung des Formulars in Anhang III die Gründe hierfür dar.

Die in Absatz 3 genannte Frist beginnt, sobald die in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes angeführten Gründe nicht mehr vorliegen.

(8)   Kann der Hostingdiensteanbieter der Entfernungsanordnung nicht nachkommen, weil diese offensichtliche Fehler oder unzureichende Informationen enthält, um die Anordnung auszuführen, so teilt er dies der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, unverzüglich mit und ersucht unter Verwendung des Formulars in Anhang III um die notwendige Klarstellung.

Die in Absatz 3 genannte Frist beginnt, sobald der Hostingdiensteanbieter die notwendige Klarstellung erhalten hat.

(9)   Eine Entfernungsanordnung wird nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist rechtskräftig, wenn kein Rechtsbehelf nach nationalem Recht eingelegt wurde oder wenn die Entfernungsanordnung nach Einlegung eines Rechtsbehelfs bestätigt wurde.

Wenn die Entfernungsanordnung rechtskräftig wird, unterrichtet die zuständige Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, die nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe c zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, über diese Tatsache.

Artikel 4

Verfahren für grenzüberschreitende Entfernungsanordnungen

(1)   Hat der Hostingdiensteanbieter, vorbehaltlich des Artikels 3, seine Hauptniederlassung nicht in dem Mitgliedstaat der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, oder verfügt er in diesem Mitgliedstaat über keinen gesetzlichen Vertreter, so übermittelt diese Behörde gleichzeitig eine Kopie der Entfernungsanordnung an die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist.

(2)   Erhält ein Hostingdiensteanbieter eine Entfernungsanordnung gemäß diesem Artikel, so ergreift er die gemäß Artikel 3 festgelegten Maßnahmen und die erforderlichen Maßnahmen, um die Inhalte gemäß Absatz 7 des vorliegenden Artikels wiederherzustellen oder zu entsperren.

(3)   Die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, kann von sich aus die Entfernungsanordnung innerhalb von 72 Stunden nach Erhalt der Kopie der Entfernungsanordnung gemäß Absatz 1 überprüfen, um festzustellen, ob sie schwerwiegend oder offenkundig gegen diese Verordnung verstößt oder mit den in der Charta verankerten Grundrechte und -freiheiten verbunden ist.

Bei Feststellung eines solchen Verstoßes erlässt sie, innerhalb derselben Frist, eine begründete Entscheidung.

(4)   Hostingdiensteanbieter und Inhalteanbieter sind berechtigt, innerhalb von 48 Stunden nach Erhalt einer Entfernungsanordnung oder der Informationen gemäß Artikel 11 Absatz 2 einen begründeten Antrag bei der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, zu stellen, um die Entfernungsanordnung gemäß Absatz 3 Unterabsatz 1 des vorliegenden Artikels überprüfen zu lassen.

Die zuständige Behörde erlässt nach ihrer Prüfung der Entfernungsanordnung innerhalb von 72 Stunden nach Eingang des Antrags eine begründete Entscheidung, in der sie ihre Erkenntnisse darlegt, ob ein Verstoß vorliegt.

(5)   Die zuständige Behörde unterrichtet vor dem Erlass einer Entscheidung gemäß Absatz 3 Unterabsatz 2 oder einer Entscheidung, in der ein Verstoß festgestellt wurde, gemäß Absatz 4 Unterabsatz 2 die zuständige Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, über ihre Absicht, eine Entscheidung zu erlassen, sowie über die Gründe hierfür.

(6)   Erlässt die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, eine begründete Entscheidung gemäß Absatz 3 oder 4 des vorliegenden Artikels, so teilt sie diese Entscheidung unverzüglich der Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, dem Hostingdiensteanbieter, dem Inhalteanbieter, der die Prüfung gemäß Absatz 4 beantragt hat, und — im Einklang mit Artikel 14 — Europol mit. Wenn bei der Prüfung ein Verstoß nach Absatz 3 oder 4 des vorliegenden Artikels festgestellt wird, verliert die Entfernungsanordnung ihre Rechtswirkung.

(7)   Nach Erhalt einer Entscheidung über einen gemäß Absatz 6 mitgeteilten Verstoß, stellt der betroffene Hostingdiensteanbieter unverzüglich den Inhalt wieder her oder entsperrt ihn, unbeschadet der Möglichkeit, seine Nutzungsbedingungen im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht durchzusetzen.

Artikel 5

Spezifische Maßnahmen

(1)   Ein Hostingdiensteanbieter, der terroristischen Inhalten gemäß Absatz 4 ausgesetzt ist, nimmt gegebenenfalls Bestimmungen in seine Nutzungsbedingungen auf, mit denen er dagegen vorgeht, dass seine Dienste für die öffentliche Verbreitung terroristischer Inhalte missbraucht werden, und wendet diese Bestimmungen an.

Er handelt dabei mit der gebotenen Sorgfalt, verhältnismäßig und ohne Diskriminierung; unter allen Umständen unter gebührender Berücksichtigung der Grundrechte der Nutzer und trägt insbesondere der grundlegenden Bedeutung der Meinungs- und Informationsfreiheit in einer offenen und demokratischen Gesellschaft Rechnung, um zu verhindern, dass Materialien entfernt werden, bei denen es sich nicht um terroristische Inhalte handelt.

(2)   Ist ein Hostingdiensteanbieter terroristischen Inhalten gemäß Absatz 4 ausgesetzt, so ergreift er spezifische Maßnahmen, um zu verhindern, dass über seine Dienste terroristische Inhalte öffentlich verbreitet werden.

Der Hostingdiensteanbieter entscheidet selbst über die zu treffenden spezifischen Maßnahmen. Diese Maßnahmen können eines oder mehrere der folgenden Elemente umfassen:

a)

geeignete technische und operative Maßnahmen oder Kapazitäten, beispielsweise eine angemessene Ausstattung mit Personal oder technischen Mitteln, um terroristische Inhalte zu ermitteln und unverzüglich zu entfernen oder den Zugang dazu zu sperren;

b)

leicht zugängliche und benutzerfreundliche Mechanismen, durch die Nutzer dem Hostingdiensteanbieter mutmaßliche terroristische Inhalte melden oder diese Inhalte kennzeichnen können;

c)

weitere Mechanismen zur stärkeren Sensibilisierung für terroristische Inhalte in seinen Diensten, wie beispielsweise Mechanismen für Nutzer-Moderation;

d)

jedwede andere Maßnahme, die der Hostingdiensteanbieter für geeignet hält, um gegen die Verfügbarkeit terroristischer Inhalte in seinen Diensten vorzugehen.

(3)   Die spezifischen Maßnahmen müssen folgende Anforderungen erfüllen:

a)

Sie müssen das Ausmaß der Betroffenheit der Dienste des Hostingdiensteanbieters durch terroristische Inhalte wirksam eindämmen;

b)

sie müssen zielgerichtet und verhältnismäßig sein und insbesondere dem Schweregrad der Betroffenheit der Dienste des Hostingdiensteanbieters durch terroristische Inhalte sowie den technischen und operativen Fähigkeiten, der Finanzkraft, der Zahl der Nutzer der Dienste des Hostingdiensteanbieters und des Umfangs der Inhalte, die diese Nutzer liefern, Rechnung tragen;

c)

sie werden unter umfassender Berücksichtigung der Rechte und der berechtigten Interessen der Nutzer, insbesondere ihrer Grundrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit, auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, angewendet;

d)

sie werden mit der gebotenen Sorgfalt und ohne Diskriminierung angewendet.

Soweit die spezifischen Maßnahmen den Einsatz technischer Maßnahmen vorsehen, ist für geeignete und wirksame Schutzvorkehrungen zu sorgen — insbesondere durch menschliche Beaufsichtigung und Überprüfung — um für Genauigkeit zu sorgen und zu verhindern, dass Materialien entfernt werden, bei denen es sich nicht um terroristische Inhalte handelt.

(4)   Ein Hostingdiensteanbieter gilt als terroristischen Inhalten ausgesetzt, wenn die zuständige Behörde des Mitgliedstaats seiner Hauptniederlassung oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist,

a)

eine auf objektive Faktoren — wie beispielsweise der Tatsache, dass dem Hostingdiensteanbieter in den letzten zwölf Monaten zwei oder mehr rechtskräftige Entfernungsanordnungen zugegangen sind — gestützte getroffen hat und

b)

den Hostingdiensteanbieter von der Entscheidung gemäß Buchstabe a in Kenntnis gesetzt hat.

(5)   Nach Erhalt einer Entscheidung gemäß Absatz 4 oder gegebenenfalls gemäß Absatz 6 erstattet der Hostingdiensteanbieter der zuständigen Behörde Bericht über die spezifischen Maßnahmen, die er ergriffen hat und zu ergreifen beabsichtigt, um den Absätzen 2 und 3 zu entsprechen. Er erledigt dies innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Entscheidung und danach jährlich. Diese Verpflichtung endet, sobald die zuständige Behörde entschieden hat, dass der Hostingdiensteanbieter nach einem Antrag gemäß Absatz 7 nicht länger terroristischen Inhalten ausgesetzt ist.

(6)   Gelangt die zuständige Behörde auf der Grundlage der Berichte gemäß Absatz 5 und gegebenenfalls anderer objektiver Faktoren zu der Auffassung, dass die spezifischen Maßnahmen nicht den Absätzen 2 und 3 entsprechen, so richtet die zuständige Behörde eine Entscheidung an den Hostingdiensteanbieter, mit der dieser aufgefordert wird, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass den Absätzen 2 und 3 entsprochen wird.

Der Hostingdiensteanbieter entscheidet selbst über die zu wählenden spezifischen Maßnahmen.

(7)   Ein Hostingdiensteanbieter kann die zuständige Behörde jederzeit ersuchen, eine Entscheidung nach den Absätzen 4 oder 6 zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen oder zu widerrufen.

Die zuständige Behörde trifft innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Ersuchens auf der Grundlage objektiver Faktoren eine begründete Entscheidung und unterrichtet den Hostingdiensteanbieter über diese Entscheidung.

(8)   Jede Anordnung, spezifische Maßnahmen zu ergreifen, gilt unbeschadet von Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2000/31/EG und geht für Hostingdiensteanbieter weder mit einer generellen Verpflichtung einher, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen, noch mit einer generellen Verpflichtung, aktiv nach Fakten oder Umständen zu suchen, die auf illegale Aktivitäten hindeuten.

Die Anordnung, spezifische Maßnahmen zu ergreifen, geht nicht mit einer Verpflichtung des Hostingdiensteanbieters zur Nutzung automatisierter Verfahren einher.

Artikel 6

Speichern von Inhalten und zugehörigen Daten

(1)   Die Hostingdiensteanbieter speichern terroristische Inhalte, die infolge einer Entfernungsanordnung oder infolge spezifischer Maßnahmen nach Artikel 3 oder 5 entfernt oder gesperrt wurden, sowie zugehörige Daten, die infolge der Entfernung derartiger terroristischer Inhalte entfernt wurden, zu folgenden Zwecken auf:

a)

behördliche oder gerichtliche Überprüfungsverfahren oder Beschwerdebearbeitung gemäß Artikel 10 in Bezug auf die Entscheidung, terroristische Inhalte und zugehörige Daten zu entfernen oder den Zugang dazu zu sperren; oder

b)

Verhinderung, Erkennung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten.

(2)   Die terroristischen Inhalte und zugehörigen Daten nach Absatz 1 werden für einen Zeitraum von sechs Monaten nach ihrer Entfernung oder Sperrung gespeichert. Auf Anordnung der zuständigen Behörde oder des zuständigen Gerichts werden die terroristischen Inhalte nur dann für einen weiteren festgelegten Zeitraum gespeichert, wenn und solange dies für laufende behördliche oder gerichtliche Überprüfungsverfahren nach Absatz 1 Buchstabe a erforderlich ist.

(3)   Die Hostingdiensteanbieter stellen sicher, dass die nach Absatz 1 gespeicherten terroristischen Inhalte und zugehörigen Daten angemessenen technischen und organisatorischen Schutzvorkehrungen unterliegen.

Durch diese technischen und organisatorischen Schutzvorkehrungen wird sichergestellt, dass die gespeicherten terroristischen Inhalte und zugehörigen Daten nur für die in Absatz 1 genannten Zwecke eingesehen und verarbeitet werden und ein hohes Maß an Sicherheit der betreffenden personenbezogenen Daten gewährleistet ist. Die Hostingdiensteanbieter überprüfen und aktualisieren diese Schutzvorkehrungen soweit erforderlich.

ABSCHNITT III

SCHUTZVORKEHRUNGEN UND RECHENSCHAFTSPFLICHT

Artikel 7

Transparenzanforderungen an Hostingdiensteanbieter

(1)   Die Hostingdiensteanbieter legen in ihren Nutzungsbedingungen deutlich ihre Strategie zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Inhalte dar, gegebenenfalls mit einer aussagekräftigen Erläuterung der Funktionsweise spezifischer Maßnahmen, gegebenenfalls einschließlich der Verwendung automatisierter Verfahren.

(2)   Ein Hostingdiensteanbieter, der in einem bestimmten Kalenderjahr Maßnahmen gegen die Verbreitung terroristischer Inhalte ergriffen hat oder gemäß der vorliegenden Verordnung zur Ergreifung von Maßnahmen aufgefordert wird, macht einen Transparenzbericht über die in diesem Jahr ergriffenen Maßnahmen öffentlich zugänglich. Er veröffentlicht diesen Bericht vor dem 1. März des Folgejahres.

(3)   Die Transparenzberichte enthalten mindestens folgende Angaben:

a)

Informationen über die Maßnahmen des Hostingdiensteanbieters im Zusammenhang mit der Ermittlung und Entfernung oder Sperrung terroristischer Inhalte;

b)

Informationen über die Maßnahmen, die der Hostingdiensteanbieter trifft, um gegen ein erneutes Erscheinen von Online-Materialien vorzugehen, die zuvor entfernt oder gesperrt wurden, weil sie als terroristische Inhalte erachtet wurden, insbesondere wenn automatisierte Verfahren verwendet wurden;

c)

Anzahl der nach Entfernungsanordnungen oder spezifischen Maßnahmen entfernten oder gesperrten Elemente mit terroristischem Inhalt und Anzahl der Entfernungsanordnungen, nach deren Erhalt der Inhalt gemäß Artikel 3 Absatz 7 Unterabsatz 1 und Absatz 8 Unterabsatz 1 nicht entfernt oder gesperrt wurde, einschließlich der Gründe dafür;

d)

Anzahl und Ergebnis der vom Hostingdiensteanbieter bearbeiteten Beschwerden gemäß Artikel 10;

e)

Anzahl und Ergebnis der vom Hostingdiensteanbieter eingeleiteten behördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahren;

f)

Anzahl der Fälle, in denen der Hostingdiensteanbieter infolge eines behördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahrens Inhalte wiederherstellen oder entsperren musste;

g)

Anzahl der Fälle, in denen der Hostingdiensteanbieter die Inhalte nach Prüfung einer Beschwerde des Inhalteanbieters wiederhergestellt oder entsperrt hat.

Artikel 8

Transparenzberichte der zuständigen Behörden

(1)   Die zuständigen Behörden veröffentlichen jährliche Transparenzberichte über ihre Tätigkeiten im Rahmen der vorliegenden Verordnung. Diese Berichte enthalten für ein bestimmtes Kalenderjahr mindestens folgende Angaben:

a)

Zahl der nach Artikel 3 erlassenen Entfernungsanordnungen, nach welcher sich die Anzahl der Entfernungsanordnungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 richtet, die Zahl der nach Artikel 4 überprüften Entfernungsanordnungen sowie Angaben dazu, wieweit die betroffenen Hostingdiensteanbieter diesen Anordnungen nachgekommen sind, einschließlich der Anzahl der Fälle, in denen terroristische Inhalte entfernt oder gesperrt wurden sowie der Anzahl der Fälle, in denen dies nicht der Fall war;

b)

Zahl der Entscheidungen gemäß Artikel 5 Absatz 4, 6 oder 7 sowie Angaben dazu, wieweit die Hostingdiensteanbieter diesen Entscheidungen nachgekommen sind, einschließlich einer Beschreibung der spezifischen Maßnahmen;

c)

Zahl der Fälle, in denen gegen Entfernungsanordnungen oder Entscheidungen gemäß Artikel 5 Absätze 4 und 6 behördliche oder gerichtliche Überprüfungsverfahren eingeleitet wurden, sowie Angaben zu den Ergebnissen der jeweiligen Verfahren;

d)

Zahl der Entscheidungen, mit denen Sanktionen gemäß Artikel 18 verfügt wurden, einschließlich einer Beschreibung der Art der verfügten Sanktionen.

(2)   Die jährlichen Transparenzberichte gemäß Absatz 1 dürfen keine Angaben enthalten, die laufende Tätigkeiten zur Verhinderung, Erkennung, Ermittlung oder Verfolgung terroristischer Straftaten oder die nationalen Sicherheitsinteressen beeinträchtigen könnten.

Artikel 9

Rechtsbehelfe

(1)   Hostingdiensteanbieter, die eine gemäß Artikel 3 Absatz 1 erlassene Entfernungsanordnung oder eine gemäß Artikel 4 Absatz 4 oder gemäß Artikel 5 Absatz 4, 6 oder 7 getroffene Entscheidung erhalten haben, haben ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Dies schließt das Recht ein, die Entfernungsanordnung vor den Gerichten des Mitgliedstaats der zuständigen Behörde anzufechten, die die Entfernungsanordnung erlassen hat, sowie das Recht, die Entscheidung gemäß Artikel 4 Absatz 4 oder Artikel 5 Absatz 4, 6 oder 7 vor den Gerichten des Mitgliedstaats der zuständigen Behörde anzufechten, die die Entscheidung getroffen hat.

(2)   Inhalteanbieter, deren Inhalte infolge einer Entfernungsanordnung entfernt oder gesperrt wurden, haben ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Dies schließt das Recht ein, die gemäß Artikel 3 Absatz 1 erlassene Entfernungsanordnung vor den Gerichten des Mitgliedstaats der zuständigen Behörde anzufechten, der die Entfernungsanordnung erlassen hat sowie das Recht, die Entscheidung gemäß Artikel 4 Absatz 4 vor den Gerichten des Mitgliedstaats der zuständigen Behörde anzufechten, die die Entscheidung getroffen hat.

(3)   Die Mitgliedstaaten schaffen wirksame Verfahren für die Ausübung der Rechte gemäß des vorliegenden Artikels.

Artikel 10

Beschwerdemechanismen

(1)   Jeder Hostingdiensteanbieter richtet einen wirksamen und zugänglichen Mechanismus ein, der Inhalteanbietern, deren Inhalte aufgrund spezifischer Maßnahmen nach Artikel 5 entfernt oder gesperrt wurden, die Möglichkeit gibt, Beschwerde gegen die Entfernung oder Sperrung einzulegen und die Wiederherstellung oder Entsperrung des Inhalts zu verlangen.

(2)   Jeder Hostingdiensteanbieter prüft unverzüglich jede erhaltene Beschwerde gemäß des in Absatz 1 genannten Mechanismus und stellt unverzüglich den Inhalt wieder her und entsperrt ihn, wenn dessen Entfernung oder Sperrung nicht gerechtfertigt war. Er setzt den Beschwerdeführer innerhalb von zwei Wochen nach Eingang der Beschwerde über das Ergebnis der Beschwerde in Kenntnis.

Wird eine Beschwerde abgelehnt, setzt der Hostingdiensteanbieter den Beschwerdeführer über die Gründe in Kenntnis.

Eine Wiederherstellung des Inhalts oder dessen Entsperrung steht weiteren behördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahren gegen die Entscheidung des Hostingdiensteanbieters oder der zuständigen Behörde nicht entgegen.

Artikel 11

Unterrichtung der Inhalteanbieter

(1)   Entfernt oder sperrt ein Hostingdiensteanbieter terroristische Inhalte, so stellt er dem Inhalteanbieter Informationen über die Entfernung oder Sperrung zur Verfügung.

(2)   Auf Anfrage des Inhalteanbieters teilt der Hostingdiensteanbieter dem Inhalteanbieter die Gründe für die Entfernung oder Sperrung sowie die Möglichkeiten zur Anfechtung der Entfernungsanordnung mit oder übermittelt dem Inhalteanbieter eine Kopie der Entfernungsanordnung.

(3)   Die Verpflichtung nach den Absätzen 1 und 2 gilt nicht, wenn die zuständige Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat — unter Würdigung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit — entscheidet, dass aus Gründen der öffentlichen Sicherheit wie der Verhinderung, Ermittlung, Erkennung und Verfolgung terroristischer Straftaten so lange wie erforderlich, längstens jedoch sechs Wochen ab dieser Entscheidung, keine Informationen weitergegeben werden dürfen. In diesem Fall gibt der Hostingdiensteanbieter keine Informationen über die Entfernung oder Sperrung terroristischer Inhalte weiter.

Diese zuständige Behörde kann bei Fortbestehen gerechtfertigter Gründe diesen Zeitraum um weitere sechs Wochen verlängern, sofern eine derartige Nichtweitergabe weiterhin gerechtfertigt ist.

ABSCHNITT IV

ZUSTÄNDIGE BEHÖRDEN UND ZUSAMMENARBEIT

Artikel 12

Benennung der zuständigen Behörden

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt die Behörde oder die Behörden, die dafür zuständig sind,

a)

Entfernungsanordnungen nach Artikel 3 zu erlassen;

b)

Entfernungsanordnungen nach Artikel 4 zu überprüfen;

c)

die Durchführung spezifischer Maßnahmen nach Artikel 5 zu überwachen;

d)

Sanktionen nach Artikel 18 zu verhängen.

(2)   Jeder Mitgliedstaat stellt sicher, dass eine Kontaktstelle bei der zuständigen Behörde gemäß Absatz 1 Buchstabe a für die Bearbeitung von Ersuchen um Klarstellung und Rückmeldungen im Zusammenhang mit den von den zuständigen Behörden erlassenen Entfernungsanordnungen benannt oder eingerichtet ist.

Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Angaben zur Kontaktstelle öffentlich zugänglich gemacht werden.

(3)   Bis zum 7. Juni 2022 teilen die Mitgliedstaaten der Kommission die in Absatz 1 genannte zuständige Behörde oder genannten zuständigen Behörden sowie jede Änderung hierzu mit. Die Kommission veröffentlicht die Mitteilung und eventuelle Änderungen derselben im Amtsblatt der Europäischen Union.

(4)   Bis zum 7. Juni 2022 erstellt die Kommission ein Online-Verzeichnis, in dem alle zuständigen Behörden gemäß Absatz 1 und die für jede dieser zuständigen Behörde benannte oder eingerichtete Kontaktstelle gemäß Absatz 2 aufgeführt sind. Die Kommission veröffentlicht regelmäßig alle Änderungen.

Artikel 13

Zuständige Behörden

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden über die nötigen Befugnisse und ausreichende Mittel verfügen, um die Ziele dieser Verordnung zu erreichen und ihren sich daraus ergebenden Verpflichtungen nachkommen zu können.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre zuständigen Behörden ihre Aufgaben gemäß vorliegender Verordnung auf objektive und diskriminierungsfreie Weise und unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte wahrnehmen. Die zuständigen Behörden holen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben gemäß Artikel 12 Absatz 1 weder Weisungen von anderen Stellen ein, noch nehmen sie solche Weisungen entgegen.

Unterabsatz 1 steht einer Aufsicht im Einklang mit dem nationalen Verfassungsrecht nicht entgegen.

Artikel 14

Zusammenarbeit zwischen Hostingdiensteanbietern, zuständigen Behörden und Europol

(1)   In Bezug auf Entfernungsanordnungen unterrichten die zuständigen Behörden einander, stimmen sich ab und arbeiten zusammen und unterrichten gegebenenfalls Europol bzw. stimmen sich mit Europol ab, und arbeiten mit Europol zusammen, insbesondere um Doppelarbeit zu vermeiden, die Koordinierung zu verstärken und Störung von Ermittlungen in verschiedenen Mitgliedstaaten zu vermeiden.

(2)   In Bezug auf spezifische Maßnahmen nach Artikel 5 und Sanktionen nach Artikel 18 unterrichten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die zuständigen Behörden nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben c und d, stimmen sich mit ihnen ab und arbeiten mit ihnen zusammen. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben c und d im Besitz aller relevanten Informationen sind.

(3)   Zum Zwecke von Absatz 1 sehen die Mitgliedstaaten geeignete und sichere Kommunikationskanäle oder Mechanismen vor, um sicherzustellen, dass die relevanten Informationen rechtzeitig ausgetauscht werden.

(4)   Für die wirksame Umsetzung dieser Verordnung sowie um Doppelarbeit zu vermeiden, können sich die Mitgliedstaaten und Hostingdiensteanbieter für die Verwendung spezieller Verfahren entscheiden, auch der von Europol eingeführten Verfahren, um insbesondere Folgendes zu erleichtern:

a)

die Bearbeitung von Entfernungsanordnungen nach Artikel 3 und diesbezügliche Rückmeldungen; und

b)

die Zusammenarbeit zur Ermittlung und Durchführung spezifischer Maßnahmen nach Artikel 5.

(5)   Verfügen Hostingdiensteanbieter über Kenntnisse über terroristische Inhalte, die zu einer unmittelbaren Bedrohung von Leben führen, so unterrichten sie unverzüglich die für die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten in den betreffenden Mitgliedstaaten zuständigen Behörden. Ist es nicht möglich, die betreffenden Mitgliedstaaten festzustellen, so benachrichtigen die Hostingdiensteanbieter die Kontaktstelle nach Artikel 12 Absatz 2 in dem Mitgliedstaat, in dem sie ihre Hauptniederlassung haben oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist und übermitteln Informationen über diese terroristischen Inhalte zur weiteren Bearbeitung an Europol.

(6)   Die zuständigen Behörden werden ermutigt, Europol Kopien ihrer Entfernungsanordnungen zu übersenden, damit Europol einen Jahresbericht vorlegen kann, der unter anderem eine Auswertung der Arten von terroristischen Inhalten enthält, die Gegenstand von Entfernungsanordnungen gemäß der vorliegenden Verordnung sind.

Artikel 15

Kontaktstellen der Hostingdiensteanbieter

(1)   Jeder Hostingdiensteanbieter benennt oder richtet eine Kontaktstelle ein, die den Erhalt von Entfernungsanordnungen auf elektronischem Weg ermöglicht und deren unverzügliche Bearbeitung nach den Artikeln 3 und 4 sicherstellt. Der Hostingdiensteanbieter sorgt dafür, dass die Informationen über die Kontaktstelle öffentlich zugänglich gemacht werden.

(2)   In den Informationen nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels sind die Amtssprachen der Unionsorgane gemäß der Verordnung Nr. 1/58 (15) anzugeben, in denen eine Kontaktaufnahme mit der Kontaktstelle möglich ist und in denen der weitere Austausch im Zusammenhang mit Entfernungsanordnungen nach Artikel 3 stattfindet. Zu diesen Sprachen gehört mindestens eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist.

ABSCHNITT V

ANWENDUNG UND DURCHSETZUNG

Artikel 16

Gerichtsbarkeit

(1)   Die Gerichtsbarkeit für die Zwecke der Artikel 5, 18 und 21 liegt bei dem Mitgliedstaat, in dem sich die Hauptniederlassung des Hostingdiensteanbieters befindet. Hostingdiensteanbieter, deren Hauptniederlassung sich nicht in der Union befindet, gelten als der Gerichtsbarkeit des Mitgliedstaats unterworfen, in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist.

(2)   Hat ein Hostingdiensteanbieter, dessen Hauptniederlassung sich nicht in der Union befindet, keinen gesetzlichen Vertreter benannt, so liegt die Gerichtsbarkeit bei allen Mitgliedstaaten.

(3)   Entscheidet die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats, die Gerichtsbarkeit gemäß Unterabsatz 2 auszuüben, unterrichtet sie alle zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten hiervon.

Artikel 17

Gesetzlicher Vertreter

(1)   Ein Hostingdiensteanbieter, der keine Hauptniederlassung in der Union hat, benennt schriftlich eine natürliche oder juristische Person zu seinem gesetzlichen Vertreter in der Union für die Entgegennahme, Einhaltung und Durchsetzung von Entfernungsanordnungen und Entscheidungen, die von den zuständigen Behörden erlassen werden.

(2)   Der Hostingdiensteanbieter stattet seinen gesetzlichen Vertreter mit den notwendigen Befugnissen und Ressourcen aus, damit dieser den betreffenden Entscheidungen und Entfernungsanordnungen nachkommen und mit den zuständigen Behörden zusammenarbeiten kann.

Der gesetzliche Vertreter ist in einem der Mitgliedstaaten, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Dienste anbietet, ansässig oder niedergelassen.

(3)   Der gesetzliche Vertreter kann für Verstöße aus dieser Verordnung haftbar gemacht werden; jegliche Haftung und rechtliche Schritte gegen den Hostingdiensteanbieter bleiben hiervon unberührt.

(4)   Der Hostingdiensteanbieter setzt die zuständige Behörde nach Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d in dem Mitgliedstaat, in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, über die Benennung in Kenntnis.

Der Hostingdiensteanbieter macht Informationen über den gesetzlichen Vertreter öffentlich zugänglich.

ABSCHNITT VI

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 18

Sanktionen

(1)   Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen der Hostingdiensteanbieter gegen diese Verordnung zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Diese Sanktionen beschränken sich auf Verstöße gegen: Artikel 3 Absätze 3 und 6, Artikel 4 Absätze 2 und 7, Artikel 5 Absätze 1, 2, 3, 5 und 6, Artikel 6, 7, 10 und 11, Artikel 14 Absatz 5, Artikel 15 Absatz 1 und Artikel 17.

Die Sanktionen gemäß Unterabsatz 1 müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis zum 7. Juni 2022 mit und melden ihr unverzüglich alle diesbezüglichen Änderungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden bei der Entscheidung darüber, ob sie Sanktionen verhängen, und bei der Festlegung von Art und Höhe der Sanktionen alle relevanten Umstände berücksichtigen, darunter

a)

Art, Schwere und Dauer des Verstoßes;

b)

die Frage, ob der Verstoß vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde;

c)

frühere Verstöße des Hostingdiensteanbieters;

d)

die Finanzkraft des Hostingdiensteanbieters;

e)

die Bereitschaft des Hostingdiensteanbieters, mit den zuständigen Behörden zusammenzuarbeiten;

f)

die Art und Größe des Hostingdiensteanbieters, insbesondere ob es sich um ein Kleinstunternehmen oder ein kleines oder mittleresUnternehmen handelt;

g)

das Maß des Verschuldens des Hostingdiensteanbieters unter Berücksichtigung der technischen und organisatorischen Maßnahmen, die vom Hostingdiensteanbieter ergriffen wurden, um dieser Verordnung nachzukommen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei einem systematischen oder fortwährenden Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Artikel 3 Absatz 3 finanzielle Sanktionen in Höhe von bis zu 4 % des vom Hostingdiensteanbieter im vorangegangenen Geschäftsjahr erwirtschafteten weltweiten Jahresumsatzes verhängt werden.

Artikel 19

Technische Anforderungen und Änderungen der Anhänge

(1)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 20 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um diese Verordnung durch notwendige technische Anforderungen an die von den zuständigen Behörden für die Übermittlung von Entfernungsanordnungen zu verwendenden elektronischen Mittel zu ergänzen.

(2)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 20 zur Änderung der Anhänge zu erlassen, um einem etwaigen Verbesserungsbedarf hinsichtlich des Inhalts der Entfernungsanordnungsformulare wirksam zu entsprechen und Informationen über die Unmöglichkeit der Ausführung der Entfernungsanordnung zur Verfügung zu stellen.

Artikel 20

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 19 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem 7. Juni 2022 übertragen.

(3)   Die Befugnisübertragung nach Artikel 19 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Der Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem späteren, in dem Beschluss festgelegten Zeitpunkt in Kraft. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung festgelegten Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der nach Artikel 19 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 21

Monitoring

(1)   Die Mitgliedstaaten erheben von ihren zuständigen Behörden und den ihrer Gerichtsbarkeit unterstehenden Hostingdiensteanbietern Informationen über die Maßnahmen, die von diesen aufgrund dieser Verordnung im vorangegangenen Kalenderjahr ergriffen wurden, und übermitteln sie der Kommission spätestens bis zum 31. März jeden Jahres. Diese Informationen umfassen Folgendes:

a)

die Anzahl der erlassenen Entfernungsanordnungen und die Anzahl der entfernten oder gesperrten Elemente mit terroristischem Inhalt sowie wie schnell die Entfernung oder Sperrung stattfand;

b)

spezifische Maßnahmen nach Artikel 5, einschließlich der Anzahl der entfernten oder gesperrten Elemente mit terroristischem Inhalt und wie schnell die Entfernung oder Sperrung erfolgt ist;

c)

Anzahl der von den zuständigen Behörden angeforderten Zugriffe auf von Hostingdiensteanbietern nach Artikel 6 gespeicherte Inhalte;

d)

Anzahl der eingeleiteten Beschwerdeverfahren und der von Hostingdiensteanbietern unternommenen Maßnahmen nach Artikel 10;

e)

Anzahl der eingeleiteten behördlichen oder gerichtlichen Überprüfungsverfahren und der von der zuständigen Behörde nach nationalem Recht erlassenen Entscheidungen.

(2)   Die Kommission stellt bis zum 7. Juni 2023 ein ausführliches Programm für das Monitoring der Leistungen, Ergebnisse und Auswirkungen dieser Verordnung auf. In dem Monitoring-Programm werden die Indikatoren und Instrumente benannt, mit denen Daten und sonstige erforderliche Nachweise zu erfassen sind, und die Zeitabstände der Erfassung angegeben. Darin wird auch festgelegt, welche Maßnahmen die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Erfassung und Auswertung der Daten und sonstigen Nachweise im Hinblick auf die Überwachung der Fortschritte und die Evaluierung der Verordnung nach Artikel 23 zu ergreifen haben.

Artikel 22

Bericht über die Anwendung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 7. Juni 2023 Bericht über die Anwendung dieser Verordnung. In dem Bericht der Kommission werden Informationen über das Monitoring nach Artikel 21 und die sich aus den Transparenzanforderungen nach Artikel 8 ergebenden Informationen berücksichtigt. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung des Berichts erforderlichen Informationen.

Artikel 23

Evaluierung

Bis zum 7. Juni 2024 führt die Kommission eine Evaluierung dieser Verordnung durch und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über deren Anwendung vor einschließlich:

a)

des Funktionierens und der Wirksamkeit der Schutzvorkehrungen, insbesondere der in Artikel 4 Absatz 4, Artikel 6 Absatz 3 und den Artikeln 7 bis 11 festgelegten;

b)

der Auswirkungen der Anwendung der Verordnung auf die Grundrechte, insbesondere die Meinungs- und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung der Privatsphäre und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten, sowie

c)

des Beitrags der Verordnung zum Schutz der öffentlichen Sicherheit.

Gegebenenfalls wird der Bericht um Legislativvorschläge ergänzt.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung des Berichts erforderlichen Informationen.

Die Kommission bewertet zudem die Notwendigkeit und die Durchführbarkeit der Schaffung einer europäischen Plattform in Bezug auf terroristische Online-Inhalte, um Kommunikation und Zusammenarbeit im Rahmen dieser Verordnung zu fördern.

Artikel 24

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 7. Juni 2022.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 29. April 2021.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

D.M. SASSOLI

Im Namen des Rates

Der Präsident

A.P. ZACARIAS


(1)  ABl. C 110 vom 22.3.2019, S. 67.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 17. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 16. März 2021 (ABl. C 135 vom 16.4.2021, S. 1). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. April 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Empfehlung (EU) 2018/334 der Kommission vom 1. März 2018 für wirksame Maßnahmen im Umgang mit illegalen Online-Inhalten (ABl. L 63 vom 6.3.2018, S. 50).

(4)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).

(5)  Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1).

(6)  Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6).

(7)  Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (Neufassung) (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36).

(8)  Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) 2018/302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1).

(10)  Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).

(11)  Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) und zur Ersetzung und Aufhebung der Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2016, S. 53).

(12)  Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

(13)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(14)  Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).

(15)  Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft (ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385).


ANHANG I

ENTFERNUNGSANORDNUNG

(Artikel 3 der Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates)

Nach Artikel 3 der Verordnung (EU) 2021/784 (im Folgenden „Verordnung“) muss der Empfänger dieser Entfernungsanordnung terroristische Inhalte in allen Mitgliedstaaten so schnell wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb einer Stunde nach Erhalt dieser Anordnung entfernen oder den Zugang zu terroristischen Inhalten sperren.

Nach Artikel 6 der Verordnung speichern die Empfänger die entfernten oder gesperrten Inhalte und zugehörigen Daten für einen Zeitraum von sechs Monaten oder auf Anordnung der zuständigen Behörden oder Gerichte für einen längeren Zeitraum.

Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung wird diese Entfernungsanordnung in einer der vom Empfänger angegebenen Sprachen übermittelt.

ABSCHNITT A:

Mitgliedstaat der erlassenden zuständigen Behörde:

……

Hinweis: Angaben zur erlassenden zuständigen Behörde sind in den Abschnitten E und F zu machen.

Empfänger und ggf. gesetzlicher Vertreter:

……

Kontaktstelle:

……

Mitgliedstaat, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem der gesetzliche Vertreter ansässig oder niedergelassen ist:

……

Uhrzeit und Datum des Erlasses der Entfernungsanordnung:

……

Referenznummer der Entfernungsanordnung:

……

ABSCHNITT B: In allen Mitgliedstaaten so schnell wie möglich, in jedem Fall aber innerhalb einer Stunde nach Erhalt der Entfernungsanordnung zu entfernender oder zu sperrender terroristischer Inhalt:

Eine URL-Adresse und alle weiteren Informationen, die die Identifizierung und die genaue Lokalisierung des gemeldeten terroristischen Inhalts ermöglichen:

……

Gründe, das Material gemäß Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung als terroristischen Inhalt anzusehen

Das Material (Zutreffendes bitte ankreuzen):

Image 2

stiftet andere zur Begehung terroristischer Straftaten an, unter anderem durch Verherrlichung terroristischer Handlungen, durch Befürwortung der Begehung solcher Straftaten (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe a der Verordnung)

Image 3

bestimmt andere zur Begehung von oder zu einem Beitrag zur Begehung von terroristischen Straftaten auf (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe b der Verordnung)

Image 4

bestimmt andere zur Beteiligung an Handlungen einer terroristischen Vereinigung (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe c der Verordnung)

Image 5

enthält Anleitungen zur Herstellung oder den Gebrauch von Sprengstoffen, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen beziehungsweise Unterweisung in anderen spezifischen Methoden oder Verfahren mit dem Ziel, eine terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe d der Verordnung)

Image 6

stellt eine Gefahr dar, dass eine der terroristischen Straftaten begangen wird (Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe e der Verordnung).

Zusätzliche Informationen, nach denen das Material als terroristischer Inhalt angesehen wird:

……

……

……

ABSCHNITT C: Unterrichtung des Inhalteanbieters

Bitte beachten Sie, dass (bitte ankreuzen, falls zutreffend):

Image 7 der Empfänger aus Gründen der öffentlichen Sicherheit den Inhalteanbieter nicht über die Entfernung oder Sperrung des terroristischen Inhalts unterrichten darf.

Wenn Vorstehendes nicht zutrifft, siehe Abschnitt G für Einzelheiten zu den Möglichkeiten, die Entfernungsanordnung im Mitgliedstaat der erlassenden zuständigen Behörde nach nationalem Recht anzufechten (eine Kopie der Entfernungsanordnung muss dem Inhalteanbieter auf Anfrage übermittelt werden).

ABSCHNITT D: Unterrichtung der zuständigen Behörde in dem Mitgliedstaat, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist

Zutreffendes bitte ankreuzen:

Image 8

der Mitgliedstaat, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, ist nicht der Mitgliedstaat der erlassenden zuständigen Behörde

Image 9

eine Kopie der Entfernungsanordnung wird der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist, übermittelt

ABSCHNITT E: Angaben zur erlassenden zuständigen Behörde

Art (Zutreffendes bitte ankreuzen):

Image 10

Richter, Gericht oder Ermittlungsrichter

Image 11

Strafverfolgungsbehörde

Image 12

andere zuständige Behörde Image 13 bitte auch Abschnitt F ausfüllen

Angaben zur erlassenden zuständigen Behörde oder zu ihrem Vertreter, die/der die Genauigkeit und Richtigkeit der Entfernungsanordnung bescheinigt:

Name der erlassenden zuständigen Behörde:

……

Name ihres Vertreters und Funktion (Titel/Amtsbezeichnung):

……

Aktenzeichen:

……

Anschrift:

……

Telefonnummer: (Ländervorwahl) (Gebiets-/Ortsvorwahl):

……

Fax (Ländervorwahl) (Gebiets-/Ortsvorwahl):

……

E-Mail-Adresse…

Datum…

Dienststempel (falls vorhanden) und Unterschrift (1):

……

ABSCHNITT F: Kontaktangaben für Folgemaßnahmen

Kontaktangaben der erlassenden zuständigen Behörde zwecks einer Rückmeldung über den Zeitpunkt der Entfernung oder Sperrung oder zur Klärung weiterer Fragen:

……

Kontaktangaben der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem der Hostingdiensteanbieter seine Hauptniederlassung hat oder in dem sein gesetzlicher Vertreter ansässig oder niedergelassen ist:

……

ABSCHNITT G: Informationen über verfügbare Rechtsbehelfe

Informationen über zuständige Stellen oder Gerichte, Fristen und Verfahren für die Anfechtung der Entfernungsanordnung:

Zuständige Stelle bzw. zuständiges Gericht, vor der bzw. dem die Entfernungsanordnung angefochten werden kann:

……

Frist für die Anfechtung der Entfernungsanordnung (Tage/Monate ab dem):

……

Link zu den Bestimmungen der nationalen Rechtsvorschriften:

……


(1)  Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, wenn die Übermittlung der Entfernungsanordnung über authentifizierte Übertragungskanäle erfolgt, mit der die Echtheit der Entfernungsanordnung gewährleistet werden kann.


ANHANG II

FORMULAR FÜR RÜCKMELDUNGEN NACH DER ENTFERNUNG ODER SPERRUNG TERRORISTISCHER INHALTE

(Artikel 3 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates)

ABSCHNITT A:

Empfänger der Entfernungsanordnung:

……

Zuständige Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat:

……

Aktenzeichen der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat:

……

Aktenzeichen des Empfängers:

……

Uhrzeit und Datum des Erhalts der Entfernungsanordnung:

……

ABSCHNITT B: Gemäß der Entfernungsanordnung eingeleitete Maßnahmen

(Zutreffendes bitte ankreuzen):

Image 14

der terroristische Inhalt wurde entfernt

Image 15

Zugang zum terroristischen Inhalt wurde gesperrt

Uhrzeit und Datum der eingeleiteten Maßnahme:

……

ABSCHNITT C: Angaben zum Empfänger

Name des Hostingdiensteanbieters

……

ODER

Name des gesetzlichen Vertreters des Hostingdiensteanbieters:

……

Mitgliedstaat der Hauptniederlassung des Hostingdiensteanbieters:

……

ODER

Mitgliedstaat der Niederlassung des gesetzlichen Vertreters des Hostingdiensteanbieters:

……

Name der bevollmächtigten Person:

……

E-Mail-Adresse der Kontaktstelle:

……

Termin:

……


ANHANG III

UNTERRICHTUNG ÜBER DIE UNMÖGLICHKEIT DER AUSFÜHRUNG DER ENTFERNUNGSANORDNUNG

(Artikel 3 Absätze 7 und 8 der Verordnung (EU) 2021/784 des Europäischen Parlaments und des Rates)

ABSCHNITT A:

Empfänger der Entfernungsanordnung:

……

Zuständige Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat:

……

Aktenzeichen der zuständigen Behörde, die die Entfernungsanordnung erlassen hat:

……

Aktenzeichen des Empfängers:

……

Uhrzeit und Datum des Erhalts der Entfernungsanordnung:

……

ABSCHNITT B: Unmöglichkeit der Ausführung

1.

Der Entfernungsanordnung kann aus folgenden Gründen nicht innerhalb der Frist nachgekommen werden (Zutreffendes bitte ankreuzen):

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höhere Gewalt oder eine faktische Unmöglichkeit, die dem Hostingdiensteanbieter nicht angelastet werden kann, einschließlich objektiv begründeter technischer oder operativer Gründe

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die Entfernungsanordnung enthält offensichtliche Fehler

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die Entfernungsanordnung enthält unzureichende Informationen

2.

Bitte machen Sie nähere Angaben zu den Gründen für die Unmöglichkeit der Ausführung:

……

3.

Falls die Entfernungsanordnung offensichtliche Fehler und/oder unzureichende Informationen enthält, geben Sie bitte die Fehler und weiteren Informationen an:

……

ABSCHNITT C: Angaben zum Hostingdiensteanbieter oder zu seinem gesetzlichen Vertreter

Name des Hostingdiensteanbieters:

……

ODER

Name des gesetzlichen Vertreters des Hostingdiensteanbieters:

……

Name der bevollmächtigten Person:

……

Kontaktangaben (E-Mail-Adresse):

……

Unterschrift:

……

Uhrzeit und Datum:

……


17.5.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 172/110


VERORDNUNG (EU) 2021/785 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 29. April 2021

zur Aufstellung des Betrugsbekämpfungsprogramms der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 250/2014

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 33 und 325,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Rechnungshofs (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht vor, dass die Union und die Mitgliedstaaten Betrügereien und sonstige gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete rechtswidrige Handlungen bekämpfen. Die Union sollte Tätigkeiten auf diesen Gebieten unterstützen.

(2)

Die bisherige Unterstützung derartiger Tätigkeiten auf der Grundlage des Beschlusses Nr. 804/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) (Programm „Hercule“), geändert und ausgeweitet durch den Beschluss Nr. 878/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) (Programm Hercule II), aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 250/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) (Programm „Hercule III“), hat es ermöglicht, die von der Union und den Mitgliedstaaten ergriffenen Tätigkeiten zur Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union zu verstärken.

(3)

Die Unionsgesetzgebung mit Vorschriften für den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Meeres- und Fischereifonds, den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds und das Instrument für die finanzielle Unterstützung der polizeilichen Zusammenarbeit, der Kriminalprävention und Kriminalitätsbekämpfung und des Krisenmanagements, den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen sowie für die Heranführungshilfe im Programmplanungszeitraum 2014-2020 und darüber hinaus sieht eine Pflicht für Mitgliedstaaten, Bewerberländer und mögliche Bewerber vor, Unregelmäßigkeiten und Betrug, die gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtet sind, zu melden. Das Berichterstattungssystem für Unregelmäßigkeiten (Irregularity Management System, IMS) ist ein sicheres Instrument für die elektronische Kommunikation, das Mitgliedstaaten sowie Bewerberländern und möglichen Bewerbern die Erfüllung der Pflicht, aufgedeckte Unregelmäßigkeiten zu melden, erleichtert und das auch den Umgang mit und die Analyse von Unregelmäßigkeiten unterstützt.

(4)

Zwar ist die Bedeutung der Arbeit der Kommission zur Verhinderung von Betrug unbestreitbar, doch sollte ebenso anerkannt werden, dass unter anderem auch die Umsetzung des Informationssystems für die Betrugsbekämpfung (Anti-Fraud Information System, AFIS) sowie die Betrugsbekämpfungsstrategien auf nationaler Ebene eine wichtige Rolle spielen.

(5)

Die Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates (6) und der Beschluss 2009/917/JI des Rates (7) sehen vor, dass die Union die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit zwischen Letzteren und der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung unterstützt.

(6)

Diese Unterstützung wird für verschiedene operative Tätigkeiten geleistet. Diese schließen unter anderem das AFIS ein, eine IT-Plattform, die aus einer Reihe von Anwendungen besteht, die unter dem Dach eines von der Kommission verwalteten gemeinsamen Informationssystems betrieben werden. Im Rahmen der AFIS-Plattform wird auch das IMS betrieben. Das gemeinsame Informationssystem erfordert eine stabile und vorhersehbare mehrjährige Finanzierung, um nachhaltig sein zu können.

(7)

Die AFIS-Plattform umfasst mehrere Informationssysteme, darunter das Zollinformationssystem. Das Zollinformationssystem ist ein automatisches Informationssystem, das die Mitgliedstaaten dabei unterstützen soll, Handlungen, die der Zoll- oder der Agrarregelung zuwiderlaufen, zu verhindern, zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, indem es eine raschere Verbreitung von Informationen ermöglicht und so die Effizienz der Kooperations- und Kontrollmaßnahmen der Zollbehörden, deren Aufgabenbereich solche Handlungen umfasst, steigert. Die einheitliche Infrastruktur des Zollinformationssystems ermöglicht die Unterstützung sowohl der administrativen Zusammenarbeit als auch der polizeilichen Zusammenarbeit auf Grundlage der vormaligen Säule „Justiz und Inneres“ der Union. Technisch lässt sich der Einsatz des Zollinformationssystems für die polizeiliche Zusammenarbeit nicht von seinem Einsatz für die administrative Zusammenarbeit trennen, da beide Formen der Zusammenarbeit über ein gemeinsames IT-System abgewickelt werden. Da das Zollinformationssystem nur eines von mehreren im Rahmen der AFIS-Plattform betriebenen Informationssystemen ist und weniger Fälle polizeilicher Zusammenarbeit als Fälle administrativer Zusammenarbeit über das Zollinformationssystem abgewickelt werden, wird davon ausgegangen, dass der Einsatz der AFIS-Plattform für die polizeiliche Zusammenarbeit ihren Einsatz für die administrative Zusammenarbeit lediglich ergänzt.

(8)

Um größere Synergieeffekte und mehr haushaltstechnische Flexibilität zu ermöglichen und die Verwaltung zu vereinfachen, sollte die von der Union geleistete Unterstützung für den Schutz der finanziellen Interessen der Union, die Meldung von Unregelmäßigkeiten und die gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit in Zoll- und Agrarsachen zu einem einzigen Programm, nämlich dem Betrugsbekämpfungsprogramm der Union (im Folgenden „Programm“), zusammengefasst und verschlankt werden. Das Programm sollte für einen Zeitraum von sieben Jahren aufgestellt werden, um seine Laufzeit an die des Mehrjährigen Finanzrahmens gemäß der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates (8) anzugleichen.

(9)

Das Programm sollte daher eine an das Programm „Hercule III“ angelehnte Komponente, eine zweite Komponente zur Finanzierung des IMS und eine dritte Komponente zur Finanzierung der Tätigkeiten, die der Kommission durch die Verordnung (EG) Nr. 515/97 übertragen wurden, einschließlich der AFIS-Plattform, umfassen.

(10)

Das Programm sollte die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten, der Kommission und anderen einschlägigen Einrichtungen der Union – gegebenenfalls einschließlich der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), im Falle derjenigen Mitgliedstaaten, die an der Verstärkten Zusammenarbeit gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates (9) teilnehmen – erleichtern, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union sowie die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung zu gewährleisten, ohne in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten einzugreifen, und um eine effizientere Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten, als dies auf nationaler Ebene möglich wäre. Ein Tätigwerden auf Unionsebene ist notwendig und gerechtfertigt, da es die Mitgliedstaaten dabei unterstützt, die finanziellen Interessen der Union gemeinsam zu schützen, und die Nutzung gemeinsamer Unionsstrukturen zur Verbesserung der Zusammenarbeit und des Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Behörden fördert sowie zur Meldung von Daten über Unregelmäßigkeiten und Betrugsfälle beiträgt.

(11)

Darüber hinaus sollten bei der Unterstützung des Schutzes der finanziellen Interessen der Union alle Aspekte des Unionshaushalts berücksichtigt werden, sowohl auf der Einnahmen- als auch auf der Ausgabenseite. In diesem Rahmen sollte gebührend berücksichtigt werden, dass es sich bei dem Programm um das einzige Unionsprogramm handelt, das die Ausgabenseite des Unionshaushalts schützt.

(12)

Mit dieser Verordnung wird für das Programm eine Finanzausstattung festgesetzt, die für das Europäische Parlament und den Rat im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens den vorrangigen Bezugsrahmen im Sinne der Nummer 18 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 16. Dezember 2020 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über die Haushaltsdisziplin, die Zusammenarbeit im Haushaltsbereich und die wirtschaftliche Haushaltsführung sowie über neue Eigenmittel, einschließlich eines Fahrplans im Hinblick auf die Einführung neuer Eigenmittel (10), bildet.

(13)

Die Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) (im Folgenden „Haushaltsordnung“) findet auf dieses Programm Anwendung. Die Haushaltsordnung regelt den Vollzug des Unionshaushalts, einschließlich Bestimmungen zu Finanzhilfen, Preisgeldern, Auftragsvergabe, indirekter Mittelverwaltung, Finanzierungsinstrumenten, Haushaltsgarantien, zum finanziellen Beistand und zur Erstattung der Kosten externer Sachverständiger. Die auf der Grundlage von Artikel 322 AEUV erlassenen Vorschriften enthalten auch eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union.

(14)

Die Arten der Finanzierung und die Methoden der Durchführung gemäß dieser Verordnung sollten danach ausgewählt werden, ob sie zur Verwirklichung der spezifischen Ziele der Maßnahmen und zur Erzielung von Ergebnissen geeignet sind, unter besonderer Berücksichtigung der Kontrollkosten, des Verwaltungsaufwands und des erwarteten Risikos der Nichteinhaltung von Vorschriften. Dabei sollte auch die Verwendung von Pauschalbeträgen, Pauschalfinanzierungen und Kosten je Einheit sowie von nicht mit Kosten verknüpften Finanzierungen gemäß Artikel 125 Absatz 1 der Haushaltsordnung in Betracht gezogen werden.

(15)

Die vorliegende Verordnung sollte eine indikative Liste der zu finanzierenden Maßnahmen enthalten, um die Kontinuität der Finanzierung sämtlicher der Kommission durch die Verordnung (EG) Nr. 515/97 übertragenen Maßnahmen, einschließlich der AFIS-Plattform, sicherzustellen.

(16)

Maßnahmen sollten förderfähig sein, wenn sie zur Verwirklichung der spezifischen Ziele des Programms geeignet sind. Die spezifischen Ziele des Programms sollten auch die Bereitstellung besonderer technischer Unterstützung für die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten umfassen, etwa durch die Bereitstellung von Fachwissen, Spezialausrüstung, Hightech-Ausrüstung und effizienten IT-Werkzeugen, durch die Sicherstellung der erforderlichen Unterstützung für und die Erleichterung von Untersuchungen, insbesondere durch die Einsetzung gemeinsamer Untersuchungsteams und grenzüberschreitender Einsätze, oder durch die Förderung des Personalaustauschs für bestimmte Projekte. Darüber hinaus sollten auch gezielte Schulungsmaßnahmen und Seminare zum Thema Risikoanalyse sowie gegebenenfalls Konferenzen und Studien als förderfähige Maßnahmen gelten.

(17)

Der Erwerb von Ausrüstung mithilfe des durch eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Instruments für finanzielle Hilfe für Zollkontrollausrüstung im Rahmen des Fonds für integriertes Grenzmanagement geschaffenen Instruments für finanzielle Hilfe für Zollkontrollausrüstung würde sich positiv auf die Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug auswirken. Das Instrument würde die Verpflichtung enthalten, Überschneidungen bei der von der Union geleisteten Unterstützung zu vermeiden. Das Programm sollte ebenfalls sicherstellen, dass Überschneidungen bei der von der Union geleisteten Unterstützung vermieden werden, und die in seinem Rahmen geleistete Unterstützung sollte grundsätzlich auf den Erwerb von Ausrüstungsarten abzielen, die nicht in den Anwendungsbereich des Instruments der Union für finanzielle Hilfe für Zollkontrollausrüstung fallen, oder von Ausrüstung, deren Begünstigte andere Behörden sind als jene, auf die das Instrument der Union für finanzielle Hilfe für Zollkontrollausrüstung abstellt. Darüber hinaus sollte sichergestellt werden, dass die geförderte Ausrüstung geeignet ist, zum Schutz der finanziellen Interessen der Union beizutragen.

(18)

An dem Programm sollten Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation, die dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) angehören, teilnehmen können. Zudem sollten beitretende Länder, Bewerberländer und mögliche Bewerber sowie Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik nach Maßgabe der in den jeweiligen Rahmenabkommen und Beschlüssen des Assoziationsrats oder in ähnlichen Übereinkünften festgelegten allgemeinen Grundsätze und Bedingungen für die Teilnahme dieser Länder an Programmen der Union an dem Programm teilnehmen können. Ferner sollte das Programm anderen Drittländern offenstehen, die eine spezifische Vereinbarung eingehen, in der die spezifischen Bedingungen für ihre Teilnahme an Unionsprogrammen festgelegt sind.

(19)

Unter Berücksichtigung der bisher durchgeführten Evaluierungen der Hercule-Programme und zur Stärkung des Programms sollten ausnahmsweise auch Einrichtungen mit Sitz in einem nicht mit dem Programm assoziierten Drittland an dem Programm teilnehmen dürfen.

(20)

Insbesondere sollte die Teilnahme von Einrichtungen mit Sitz in Drittländern, die ein Assoziierungsabkommen mit der Union geschlossen haben, gefördert werden, damit der Schutz der finanziellen Interessen der Union durch die Zusammenarbeit im Zollbereich und durch den Austausch bewährter Verfahren verbessert wird, insbesondere in Bezug auf die Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union und in Bezug auf Herausforderungen im Zusammenhang mit neuen technologischen Entwicklungen.

(21)

Das Programm sollte unter Berücksichtigung der Empfehlungen und Maßnahmen, die in der Mitteilung der Kommission vom 6. Juni 2013 mit dem Titel „Verstärkung der Bekämpfung des Zigarettenschmuggels und anderer Formen des illegalen Handels mit Tabakerzeugnissen – Eine umfassende EU-Strategie“ aufgeführt sind, sowie des Fortschrittsberichts vom 12. Mai 2017 über die Umsetzung dieser Mitteilung durchgeführt werden.

(22)

Im Jahr 2016 hat die Union das Protokoll zur Unterbindung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen zum Rahmenübereinkommen der Welthandelsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (im Folgenden „Protokoll“) ratifiziert. Das Protokoll betrifft die Bekämpfung des grenzüberschreitenden unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen, durch die Einnahmenverluste entstehen, und sollte in diesem Zusammenhang für den Schutz der finanziellen Interessen der Union genutzt werden. Das Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung des Tabakgebrauchs sollte bei der Erfüllung seiner ihm nach dem Protokoll obliegenden Aufgaben durch das Programm unterstützt werden. Ebenso sollten durch das Programm sonstige von diesem Sekretariat organisierte Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit der Bekämpfung des unerlaubten Handels mit Tabakerzeugnissen stehen, unterstützt werden.

(23)

Gemäß der Haushaltsordnung, der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (12) und den Verordnungen (Euratom, EG) Nr. 2988/95 (13), (Euratom, EG) Nr. 2185/96 (14) und (EU) 2017/1939 des Rates sind die finanziellen Interessen der Union durch verhältnismäßige Maßnahmen zu schützen, einschließlich Maßnahmen zur Prävention, Aufdeckung, Behebung und Untersuchung von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, zur Einziehung entgangener, rechtsgrundlos gezahlter oder nicht widmungsgemäß verwendeter Mittel und gegebenenfalls zur Verhängung verwaltungsrechtlicher Sanktionen. Insbesondere ist das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) gemäß den Verordnungen (Euratom, EG) Nr. 2185/96 und (EU, Euratom) Nr. 883/2013 befugt, administrative Untersuchungen einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durchführen, um festzustellen, ob Betrug, Korruption oder eine sonstige rechtswidrige Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union vorliegt. Gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 ist die EUStA befugt, gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete Straftaten im Sinne der Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates (15) zu untersuchen und zu verfolgen. Nach der Haushaltsordnung ist jede Person oder Stelle, die Unionsmittel erhält, verpflichtet, uneingeschränkt am Schutz der finanziellen Interessen der Union mitzuwirken, der Kommission, dem OLAF, dem Rechnungshof und – im Falle der an der Verstärkten Zusammenarbeit gemäß der Verordnung (EU) 2017/1939 teilnehmenden Mitgliedstaaten – der EUStA die erforderlichen Rechte und den erforderlichen Zugang zu gewähren und sicherzustellen, dass alle an der Ausführung von Unionsmitteln beteiligten Dritten gleichwertige Rechte gewähren.

(24)

Drittländer, die Mitglieder des EWR sind, dürfen im Rahmen der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (16) eingerichteten Zusammenarbeit an Programmen der Union teilnehmen; gemäß dem genannten Abkommen erfolgt die Durchführung der Programme auf der Grundlage eines Beschlusses, der gemäß dem Abkommen erlassen wurde. Drittländer dürfen auch auf der Grundlage anderer Rechtsinstrumente teilnehmen. In die vorliegende Verordnung sollte eine gesonderte Bestimmung aufgenommen werden, durch die von Drittländern verlangt wird, dem zuständigen Anweisungsbefugten, dem OLAF und dem Rechnungshof die Rechte und den Zugang zu gewähren, die sie zur umfassenden Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse benötigen.

(25)

Gemäß dem Beschluss 2013/755/EU des Rates (17) sind in einem überseeischen Land oder Gebiet niedergelassene Personen und Einrichtungen förderfähig, vorbehaltlich der Bestimmungen und Ziele des Programms und der möglichen Regelungen, die für den mit dem überseeischen Land oder Gebiet verbundenen Mitgliedstaat gelten.

(26)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung des Programms sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Die Kommission sollte Arbeitsprogramme annehmen, in denen sie unter anderem die Prioritäten und die Evaluierungskriterien für die Vergabe von Finanzhilfen für Maßnahmen darlegt.

(27)

In dieser Verordnung sollte der Höchstsatz für die Kofinanzierung von Finanzhilfen festgelegt werden.

(28)

Gemäß den Nummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (18) sollte dieses Programm auf der Grundlage von Daten evaluiert werden, die im Einklang mit spezifischen Überwachungsanforderungen erhoben werden, wobei gleichzeitig aber Verwaltungsaufwand, insbesondere für die Mitgliedstaaten, und Überregulierung zu vermeiden sind. Diese Anforderungen sollten, soweit erforderlich, messbare Indikatoren als Grundlage für die Evaluierung der Auswirkungen des Programms in der Praxis enthalten. Die Evaluierung sollte zeitnah, unabhängig und objektiv durchgeführt werden.

(29)

Der Kommission sollte die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zu erlassen, um die Liste der Indikatoren zur Messung der Verwirklichung der allgemeinen und spezifischen Ziele zu ändern, wenn dies als notwendig erachtet wird, und um diese Verordnung durch Bestimmungen über die Einrichtung eines Überwachungs- und Evaluierungsrahmens zu ergänzen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(30)

Da die Ziele dieser Verordnung von den Mitgliedstaaten wegen der grenzüberschreitenden Natur der betroffenen Bereiche nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr aufgrund des Mehrwerts für die Union auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(31)

Die geltende Rechtsgrundlage für die Finanzierung des AFIS ist Artikel 42a Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 515/97. Die vorliegende Verordnung sollte diese Rechtsgrundlage durch eine neue ersetzen. Daher sollten in Artikel 42a der Verordnung (EG) Nr. 515/97 die Absätze 1 und 2 gestrichen werden.

(32)

Die Verordnung (EU) Nr. 250/2014 zur Einführung des Programms „Hercule III“ erstreckt sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2020. Die vorliegende Verordnung sollte ab dem 1. Januar 2021 ein Folgeprogramm zu „Hercule III“ vorsehen. Die Verordnung (EU) Nr. 250/2014 sollte daher aufgehoben werden.

(33)

Angesichts der großen Bedeutung, die der Bewältigung des Klimawandels entsprechend den Zusagen der Union zukommt, das im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossene Übereinkommen von Paris umzusetzen und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, sollte das Programm dazu beitragen, Klimaschutzmaßnahmen systematisch einzubeziehen und das allgemeine Ziel zu erreichen, 30 % des Unionshaushalts für die Unterstützung von Klimaschutzzielen zu verwenden.

(34)

Gemäß Artikel 193 Absatz 2 der Haushaltsordnung kann für eine bereits begonnene Maßnahme eine Finanzhilfe nur gewährt werden, wenn der Antragsteller nachweisen kann, dass die Maßnahme vor der Unterzeichnung der Finanzhilfevereinbarung anlaufen musste. Die Kosten, die vor dem Zeitpunkt der Finanzhilfeantragstellung entstanden sind, sind jedoch nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen förderfähig. Um jegliche Störung bei der Unionsunterstützung, die den Unionsinteressen abträglich sein könnte, zu vermeiden, sollte es möglich sein, im Finanzierungsbeschluss für einen begrenzten Zeitraum zu Beginn des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 – und nur für hinreichend begründete Ausnahmefälle – vorzusehen, dass Tätigkeiten und Kosten ab dem Beginn des Haushaltsjahres 2021 förderfähig sind, auch wenn sie vor der Finanzhilfeantragstellung durchgeführt wurden bzw. entstanden sind.

(35)

Um die Kontinuität der Unterstützung in dem betreffenden Politikbereich zu gewährleisten und die Durchführung des Programms ab Beginn des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 zu ermöglichen, sollte diese Verordnung umgehend in Kraft treten und rückwirkend ab dem 1. Januar 2021 gelten —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung wird das Betrugsbekämpfungsprogramm der Union (im Folgenden „Programm“) für die Laufzeit des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021-2027 eingerichtet.

Darin werden die Ziele des Programms, die Mittelausstattung für den Zeitraum 2021-2027 sowie die Formen der Unionsfinanzierung und die Finanzierungsbestimmungen festgelegt.

Artikel 2

Ziele des Programms

(1)   Die allgemeinen Ziele des Programms sind

a)

der Schutz der finanziellen Interessen der Union,

b)

die Unterstützung der gegenseitigen Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und der Zusammenarbeit zwischen Letzteren und der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung.

(2)   Die spezifischen Ziele des Programms sind

a)

die Verhütung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union,

b)

die Unterstützung für die Meldung von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, bei der geteilten Mittelverwaltung und der aus dem Unionshaushalt finanzierten Heranführungshilfe,

c)

die Bereitstellung von Werkzeugen für den Informationsaustausch und die Unterstützung operativer Tätigkeiten auf dem Gebiet der gegenseitigen Amtshilfe in Zoll- und Agrarsachen.

Artikel 3

Mittelausstattung

(1)   Die Finanzausstattung für die Durchführung des Programms beträgt für den Zeitraum 2021-2027 181 207 000 EUR zu jeweiligen Preisen.

(2)   Der in Absatz 1 genannten Betrag wird indikativ wie folgt zugewiesen:

a)

114 207 000 EUR für das in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a genannte Ziel,

b)

7 000 000 EUR für das in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b genannte Ziel,

c)

60 000 000 EUR für das in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c genannte Ziel.

(3)   Bis zu 2 % des in Absatz 1 genannten Betrags dürfen für technische und administrative Hilfe in Verbindung mit der Durchführung des Programms eingesetzt werden, darunter für Vorbereitungs-, Überwachungs-, Kontroll-, Prüfungs- und Evaluierungstätigkeiten, einschließlich für betriebliche IT-Systeme. Außerdem wird bei der indikativen Zuweisung nach Absatz 2 Buchstabe a gebührend berücksichtigt, dass es sich um das einzige Unionsprogramm handelt, das beim Schutz der finanziellen Interessen der Union auf die Ausgabenseite ausgerichtet ist.

Artikel 4

Mit dem Programm assoziierte Drittländer

Folgende Drittländer können an dem Programm teilnehmen:

a)

Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation, die dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören, nach Maßgabe des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum;

b)

beitretende Länder, Bewerberländer und mögliche Bewerber, nach Maßgabe der in den jeweiligen Rahmenabkommen und Beschlüssen des Assoziationsrats oder in ähnlichen Übereinkünften festgelegten allgemeinen Grundsätze und Bedingungen für die Teilnahme dieser Länder an Programmen der Union und nach Maßgabe der spezifischen Bedingungen aus den Abkommen zwischen der Union und diesen Ländern;

c)

Länder der Europäischen Nachbarschaftspolitik, nach Maßgabe der in den jeweiligen Rahmenabkommen und Beschlüssen des Assoziationsrats oder in ähnlichen Übereinkünften festgelegten allgemeinen Grundsätze und Bedingungen für die Teilnahme dieser Länder an Programmen der Union und nach Maßgabe der spezifischen Bedingungen aus den Abkommen zwischen der Union und diesen Ländern;

d)

andere Drittländer, nach Maßgabe der in einer spezifischen Vereinbarung festgelegten Bedingungen für die Teilnahme des betreffenden Drittlands an Unionsprogrammen, sofern diese Vereinbarung

i)

gewährleistet, dass die Beiträge des an Unionsprogrammen teilnehmenden Drittlands in einem ausgewogenen Verhältnis zum Nutzen für das Land stehen;

ii)

die Bedingungen für die Teilnahme an den Programmen, einschließlich der Berechnung der finanziellen Beiträge zu einzelnen Programmen, und ihre Verwaltungskosten festlegt;

iii)

dem Drittland keine Entscheidungsbefugnis in Bezug auf das Unionsprogramm einräumt;

iv)

die Rechte der Union, eine wirtschaftliche Haushaltsführung sicherzustellen und ihre finanziellen Interessen zu schützen, garantiert.

Die in Absatz 1 Buchstabe d Ziffer ii genannten Beiträge gelten als zweckgebundene Einnahmen gemäß Artikel 21 Absatz 5 der Haushaltsordnung.

Artikel 5

Durchführung und Formen der Unionsfinanzierung

(1)   Das Programm wird in direkter Mittelverwaltung gemäß der Haushaltsordnung oder in indirekter Mittelverwaltung mit einer Einrichtung nach Artikel 62 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe c der Haushaltsordnung durchgeführt.

(2)   Im Rahmen des Programms können Mittel in allen in der Haushaltsordnung vorgesehenen Formen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere in Form von Finanzhilfen und Auftragsvergabe sowie in Form der Erstattung von Reise- und Aufenthaltskosten gemäß Artikel 238 der Haushaltsordnung.

(3)   Im Rahmen des Programms können Mittel für gemäß der Verordnung (EG) Nr. 515/97 durchgeführte Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden, insbesondere zur Deckung der in der indikativen Liste in Anhang I der vorliegenden Verordnung aufgeführten Kosten.

(4)   Schließt die unterstützte Maßnahme den Erwerb von Ausrüstung ein, so richtet die Kommission gegebenenfalls einen Koordinierungsmechanismus ein, um die Effizienz und die Interoperabilität der gesamten mit Unterstützung durch Unionsprogramme erworbenen Ausrüstung sicherzustellen.

Artikel 6

Schutz der finanziellen Interessen der Union

Nimmt ein Drittland mittels eines Beschlusses am Programm teil, der gemäß einer völkerrechtlichen Übereinkunft oder auf der Grundlage eines anderen Rechtsinstruments erlassen wurde, so gewährt das Drittland dem zuständigen Anweisungsbefugten, dem OLAF und dem Rechnungshof die Rechte und den Zugang, die sie zur umfassenden Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse benötigen. Im Falle des OLAF umfassen diese Rechte das Recht zur Durchführung von Untersuchungen einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort gemäß der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013.

KAPITEL II

Finanzhilfen

Artikel 7

Finanzhilfen

Finanzhilfen im Rahmen des Programms werden nach Maßgabe des Titels VIII der Haushaltsordnung gewährt und verwaltet.

Artikel 8

Kofinanzierung

Der Kofinanzierungssatz für im Rahmen des Programms gewährte Finanzhilfen darf 80 % der förderfähigen Kosten nicht übersteigen. Nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen, die in den Arbeitsprogrammen nach Artikel 11 festgelegt sind, können über diese Obergrenze hinaus Mittel gewährt werden, und diese Mittel dürfen 90 % der förderfähigen Kosten nicht übersteigen.

Artikel 9

Förderfähige Maßnahmen

(1)   Nur Maßnahmen zur Verwirklichung der in Artikel 2 genannten Ziele sind förderfähig.

(2)   Unbeschadet anderer Maßnahmen, die in den Arbeitsprogrammen nach Artikel 11 vorgesehen sind, können folgende Maßnahmen als förderfähig betrachtet werden:

a)

Bereitstellung von Fachwissen, Spezialausrüstung, Hightech-Ausrüstung und effizienten IT-Werkzeugen zur Verbesserung der länder- und bereichsübergreifenden Zusammenarbeit und der Zusammenarbeit mit der Kommission;

b)

Förderung des Personalaustauschs für bestimmte Projekte, Sicherstellung der erforderlichen Unterstützung und Erleichterung von Untersuchungen, insbesondere Einsetzung gemeinsamer Untersuchungsteams und grenzüberschreitender Einsätze;

c)

technische und operative Unterstützung nationaler Untersuchungen, insbesondere Unterstützung der Zoll- und Strafverfolgungsbehörden für ein wirksameres Vorgehen gegen Betrug und sonstige rechtswidrige Handlungen;

d)

Aufbau von IT-Kapazitäten in den Mitgliedstaaten und in Drittländern, Intensivierung des Datenaustauschs sowie Entwicklung und Bereitstellung von IT-Werkzeugen für die Untersuchung und Überwachung der nachrichtendienstlichen Arbeit;

e)

Durchführung von Fachschulungen, Seminaren zum Thema Risikoanalyse, Konferenzen und Studien, die der Verbesserung der Zusammenarbeit und der Koordinierung zwischen den mit dem Schutz der finanziellen Interessen der Union befassten Dienststellen dienen;

f)

alle sonstigen in den Arbeitsprogrammen nach Artikel 11 vorgesehenen Maßnahmen, die zur Verwirklichung der in Artikel 2 genannten allgemeinen und spezifischen Ziele erforderlich sind.

(3)   Schließt die zu unterstützende Maßnahme den Erwerb von Ausrüstung ein, so stellt die Kommission sicher, dass die geförderte Ausrüstung geeignet ist, zum Schutz der finanziellen Interessen der Union beizutragen.

Artikel 10

Förderfähige Einrichtungen

(1)   Die in Absatz 2 dieses Artikels aufgeführten Förderfähigkeitskriterien gelten zusätzlich zu den in Artikel 197 der Haushaltsordnung aufgeführten Kriterien.

(2)   Die folgenden Einrichtungen sind im Rahmen des Programms förderfähig:

a)

Behörden, die zur Verwirklichung eines der in Artikel 2 genannten Ziele beitragen können, in

i)

einem Mitgliedstaat oder einem mit ihm verbundenen überseeischen Land oder Gebiet,

ii)

einem mit dem Programm assoziierten Drittland oder

iii)

einem im Arbeitsprogramm aufgeführten Drittland unter den in Absatz 3 genannten Bedingungen;

b)

Forschungs- und Lehranstalten und gemeinnützige Einrichtungen, die zur Verwirklichung der in Artikel 2 genannten Ziele beitragen können und seit mindestens einem Jahr bestehen und tätig sind, und zwar in

i)

einem Mitgliedstaat,

ii)

einem mit dem Programm assoziierten Drittland oder

iii)

einem in einem Arbeitsprogramm aufgeführten Drittland unter den in Absatz 3 genannten Bedingungen;

c)

nach dem Unionsrecht geschaffene Rechtsträger sowie internationale Organisationen.

(3)   In Absatz 2 genannte Einrichtungen mit Sitz in einem Drittland, das nicht mit dem Programm assoziiert ist, sind im Rahmen des Programms ausnahmsweise förderfähig, wenn dies zur Verwirklichung der Ziele einer bestimmten Maßnahme erforderlich ist. Die genannten Einrichtungen tragen grundsätzlich die Kosten ihrer Teilnahme, außer in Fällen, die im Arbeitsprogramm hinreichend begründet werden.

KAPITEL III

Programmplanung, Überwachung und Evaluierung

Artikel 11

Arbeitsprogramm

Zur Durchführung des Programms nimmt die Kommission Arbeitsprogramme nach Artikel 110 der Haushaltsordnung an.

Artikel 12

Überwachung und Berichterstattung

(1)   Die Indikatoren, anhand deren über die Fortschritte des Programms zur Erreichung seiner in Artikel 2 genannten allgemeinen und spezifischen Ziele Bericht zu erstatten ist, sind in Anhang II festgelegt.

(2)   Um eine wirksame Bewertung der Fortschritte des Programms zur Erreichung von dessen Zielen sicherzustellen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 14 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um Anhang II hinsichtlich der Indikatoren zu ändern, wenn dies als notwendig erachtet wird, und um diese Verordnung durch Bestimmungen über die Einrichtung eines Überwachungs- und Evaluierungsrahmens zu ergänzen.

(3)   Die Kommission berichtet dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich im Rahmen ihres Jahresberichts über den Schutz der finanziellen Interessen der Union („Fight against fraud“) über die Leistung des Programms.

Im Rahmen diesbezüglicher Beratungen kann das Europäische Parlament Empfehlungen für das jährliche Arbeitsprogramm aussprechen. Die Kommission trägt diesen Empfehlungen gebührend Rechnung.

(4)   Das System der Leistungsberichterstattung stellt sicher, dass die Daten für die Überwachung der Durchführung und der Ergebnisse des Programms effizient, wirksam und rechtzeitig erfasst werden. Zu diesem Zweck werden für Empfänger von Unionsmitteln und gegebenenfalls für die Mitgliedstaaten verhältnismäßige Berichterstattungsanforderungen festgelegt.

Artikel 13

Evaluierung

(1)   Bei der Durchführung von Evaluierungen stellt die Kommission sicher, dass sie unabhängig, objektiv und rechtzeitig erfolgen und dass die Evaluierungsstellen in der Lage sind, ihre Arbeit ohne jeglichen Beeinflussungsversuch durchzuführen.

(2)   Die Zwischenevaluierung des Programms erfolgt, sobald ausreichend Informationen über die Durchführung des Programms vorliegen, spätestens aber vier Jahre nach Beginn der Durchführung des Programms.

(3)   Am Ende der Durchführung des Programms, spätestens aber vier Jahre nach Ablauf des in Artikel 1 genannten Zeitraums, nimmt die Kommission eine abschließende Evaluierung des Programms vor.

(4)   Die Kommission übermittelt die Schlussfolgerungen der Evaluierungen zusammen mit ihren Bemerkungen dem Europäischen Parlament, dem Rat, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, dem Ausschuss der Regionen und dem Rechnungshof und veröffentlicht sie auf der Website der Kommission.

Artikel 14

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 12 Absatz 2 wird der Kommission bis zum 31. Dezember 2028 übertragen.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 12 Absatz 2 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 12 Absatz 2 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

KAPITEL IV

Übergangs- und Schlussbestimmungen

Artikel 15

Information, Kommunikation und Sichtbarkeit

(1)   Sofern nicht das Risiko besteht, dass die wirksame Durchführung operativer Betrugsbekämpfungs- und Zolltätigkeiten beeinträchtigt wird, machen die Empfänger von Unionsmitteln durch kohärente, wirksame und verhältnismäßige gezielte Information verschiedener Zielgruppen, darunter die Medien und die Öffentlichkeit, die Herkunft der Unionsmittel bekannt und stellen sicher, dass die Unionsförderung Sichtbarkeit erhält, insbesondere im Rahmen von Informationskampagnen zu den Maßnahmen und deren Ergebnissen.

(2)   Die Kommission führt regelmäßig Maßnahmen zur Information und Kommunikation über das Programm, die gemäß dem Programm ergriffenen Maßnahmen und die erzielten Ergebnisse durch. Mit den dem Programm zugewiesenen Mitteln wird auch die institutionelle Kommunikation über die politischen Prioritäten der Union gefördert, soweit diese Prioritäten die in Artikel 2 genannten Ziele betreffen.

Artikel 16

Änderung der Verordnung (EG) Nr. 515/97

In Artikel 42a der Verordnung (EG) Nr. 515/97 werden die Absätze 1 und 2 gestrichen.

Artikel 17

Aufhebung

Die Verordnung (EU) Nr. 250/2014 wird mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben.

Artikel 18

Übergangsbestimmungen

(1)   Die vorliegende Verordnung lässt die Weiterführung oder Änderung der Maßnahmen, die im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 250/2014 und gemäß Artikel 42a der Verordnung (EG) Nr. 515/97 eingeleitet wurden, unberührt; die genannten Bestimmungen gelten für diese Maßnahmen bis zu deren Abschluss.

(2)   Die Finanzausstattung des Programms kann auch zur Deckung von Ausgaben für technische und administrative Hilfe verwendet werden, die für den Übergang zwischen dem Programm und den gemäß der Verordnung (EU) Nr. 250/2014 und gemäß Artikel 42a der Verordnung (EG) Nr. 515/97 eingeführten Maßnahmen erforderlich sind.

(3)   Gemäß Artikel 193 Absatz 2 Unterabsatz 2 Buchstabe a der Haushaltsordnung können im Rahmen der vorliegenden Verordnung unterstützte Maßnahmen und die zugrunde liegenden Kosten in hinreichend begründeten, im Finanzierungsbeschluss genannten Fällen und für einen begrenzten Zeitraum ab dem 1. Januar 2021 als förderfähig betrachtet werden, selbst wenn diese Maßnahmen vor Finanzhilfeantragstellung durchgeführt wurden bzw. diese Kosten vor Finanzhilfeantragstellung entstanden sind.

Artikel 19

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2021.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 29. April 2021.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

D.M. SASSOLI

Im Namen des Rates

Der Präsident

A.P. ZACARIAS


(1)  ABl. C 10 vom 10.1.2019, S. 1.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 16. März 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 29. April 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)  Beschluss Nr. 804/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Auflage eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung von Maßnahmen auf dem Gebiet des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaft (Programm „Hercule“) (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 9).

(4)  Beschluss Nr. 878/2007/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2007 zur Änderung und Verlängerung des Beschlusses Nr. 804/2004/EG zur Auflage eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft zur Förderung von Maßnahmen auf dem Gebiet des Schutzes der finanziellen Interessen der Gemeinschaft (Programm Hercule II) (ABl. L 193 vom 25.7.2007, S. 18).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 250/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 zur Einführung eines Programms zur Förderung von Maßnahmen auf dem Gebiet des Schutzes der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Programm „Hercule III“) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 804/2004/EG (ABl. L 84 vom 20.3.2014, S. 6).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung (ABl. L 82 vom 22.3.1997, S. 1).

(7)  Beschluss 2009/917/JI des Rates vom 30. November 2009 über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich (ABl. L 323 vom 10.12.2009, S. 20).

(8)  Verordnung (EU, Euratom) 2020/2093 des Rates vom 17. Dezember 2020 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 (ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 11).

(9)  Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).

(10)  ABl. L 433I vom 22.12.2020, S. 28.

(11)  Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).

(12)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. L 248 vom 18.9.2013, S. 1).

(13)  Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1).

(14)  Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2).

(15)  Richtlinie (EU) 2017/1371 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2017 über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug (ABl. L 198 vom 28.7.2017, S. 29).

(16)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.

(17)  Beschluss 2013/755/EU des Rates vom 25. November 2013 über die Assoziierung der überseeischen Länder und Gebiete mit der Europäischen Union („Übersee-Assoziationsbeschluss“) (ABl. L 344 vom 19.12.2013, S. 1).

(18)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.


ANHANG I

INDIKATIVE LISTE DER KOSTEN NACH ARTIKEL 5 ABSATZ 3

Indikative Liste der Arten von Kosten von gemäß der Verordnung (EG) Nr. 515/97 durchgeführten Maßnahmen, die im Rahmen des Programms finanziert werden:

a)

Kosten für die Einrichtung und Wartung der permanenten technischen Infrastruktur, durch die den Mitgliedstaaten logistische, bürotechnische und informationstechnische Ressourcen für die Koordinierung gemeinsamer Zollaktionen und anderer operativer Tätigkeiten zur Verfügung gestellt wird,

b)

Erstattung der Reise- und Aufenthaltskosten sowie gegebenenfalls etwaige sonstige Zuwendungen oder Zahlungen an Vertreter der Mitgliedstaaten und gegebenenfalls Vertreter von Drittländern, die an Unionsmissionen, an durch die oder gemeinsam mit der Kommission durchgeführten gemeinsamen Zollaktionen sowie an durch die oder gemeinsam mit der Kommission durchgeführten Schulungen, Ad-hoc-Zusammenkünften oder Vorbereitungs- oder Evaluierungssitzungen zu von den Mitgliedstaaten durchgeführten verwaltungsrechtlichen Untersuchungen oder operativen Maßnahmen teilnehmen,

c)

Kosten für Erwerb, Erforschung, Entwicklung und Wartung der IT-Infrastruktur (Hardware), der Software, der besonderen Netzverbindungen und der damit verbundenen Produktions-, Unterstützungs- und Einweisungsdienste im Hinblick auf die Durchführung der in der Verordnung (EG) Nr. 515/97 vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Betrugsverhütung und -bekämpfung,

d)

Kosten für die Bereitstellung von Informationen und für ähnliche Maßnahmen zur Gewährung des Zugangs zu Informationen, Daten und Datenquellen im Hinblick auf die Durchführung der in der Verordnung (EG) Nr. 515/97 vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere Maßnahmen zur Betrugsverhütung und -bekämpfung,

e)

Kosten für den Einsatz des Zollinformationssystems gemäß den nach Artikel 87 AEUV erlassenen Instrumenten und insbesondere gemäß dem Beschluss 2009/917/JI, sofern diese Instrumente vorsehen, dass diese Kosten zulasten des Gesamthaushaltsplans der Union gehen,

f)

Kosten für Erwerb, Erforschung, Entwicklung und Wartung der unionseigenen Komponenten des für die Zwecke des Buchstaben c verwendeten gemeinsamen Kommunikationsnetzes.


ANHANG II

INDIKATOREN FÜR DIE ÜBERWACHUNG DES PROGRAMMS

Das Programm wird auf der Grundlage mehrerer Indikatoren, mit denen gemessen wird, inwieweit die allgemeinen und spezifischen Ziele des Programms verwirklicht wurden, genau überwacht, auch um die Verwaltungslasten und -kosten möglichst gering zu halten. Zu diesem Zweck werden Daten zu folgenden Schlüsselindikatoren erhoben:

 

Spezifisches Ziel 1: Verhütung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union.

 

Indikator 1: Unterstützung für die Verhütung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union, gemessen

1.1

:

am Grad der Zufriedenheit mit den im Rahmen des Programms organisierten und (ko-)finanzierten Tätigkeiten,

1.2

:

am prozentualen Anteil der Mitgliedstaaten, die alljährlich im Rahmen des Programms Unterstützung erhalten.

 

Spezifisches Ziel 2: Unterstützung für die Meldung von Unregelmäßigkeiten, einschließlich Betrug, bei der geteilten Mittelverwaltung und der aus dem Unionshaushalt finanzierten Heranführungshilfe.

 

Indikator 2: Grad der Zufriedenheit der Nutzer mit dem IMS.

 

Spezifisches Ziel 3: Bereitstellung von Werkzeugen für den Informationsaustausch und die Unterstützung von operativen Tätigkeiten auf dem Gebiet der gegenseitigen Amtshilfe in Zoll- und Agrarsachen.

 

Indikator 3: Zahl der Fälle, in denen Amtshilfeinformationen zur Verfügung gestellt werden, und Zahl der unterstützten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der gegenseitigen Amtshilfe.