ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 332

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

63. Jahrgang
12. Oktober 2020


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

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Beschluss (EU) 2020/1411 der Kommission vom 2. März 2020 über die staatliche Beihilfe C 64/99 (ex NN 68/99), die Italien zugunsten der Seeverkehrsgesellschaften Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar (Tirrenia-Gruppe) durchgeführt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 1108)  ( 1 )

1

 

*

Beschluss (EU) 2020/1412 der Kommission vom 2. März 2020 über die Maßnahmen SA.32014, SA.32015, SA.32016 (11/C) (ex 11/NN), die Italien zugunsten von Tirrenia di Navigazione und seinem Erwerber Compagnia Italiana di Navigazione durchgeführt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 1110)  ( 1 )

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(1)   Text von Bedeutung für den EWR.

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

12.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 332/1


BESCHLUSS (EU) 2020/1411 DER KOMMISSION

vom 2. März 2020

über die staatliche Beihilfe C 64/99 (ex NN 68/99), die Italien zugunsten der Seeverkehrsgesellschaften Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar (Tirrenia-Gruppe) durchgeführt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 1108)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

1.1.   Die Entscheidung 2005/163/EG

(1)

Die Kommission hat im Jahr 1999 infolge zahlreicher Beschwerden beschlossen, in Bezug auf staatliche Beihilfen zugunsten von sechs Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, nämlich Tirrenia di Navigazione S.p.A. (im Folgenden „Tirrenia“), Adriatica di Navigazione S.p.A. (im Folgenden „Adriatica“), Caremar — Campania Regionale Marittima S.p.A. (im Folgenden „Caremar“), Saremar — Sardegna Regionale Marittima S.p.A. (im Folgenden „Saremar“), Toremar — Toscana Regionale Marittima S.p.A. (im Folgenden „Toremar“) und Siremar — Sicilia Regionale Marittima S.p.A. (im Folgenden „Siremar“) das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuleiten. Diese Gesellschaften wurden seinerzeit von dem staatlichen Unternehmen Finmare als Eigentümer der Tirrenia kontrolliert, der wiederum die Regionalgesellschaften Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar gehörten.

(2)

Die Beihilfen wurden in Form von Subventionen gewährt, die unmittelbar jedem Unternehmen der Gruppe zur Unterstützung von Seeverkehrsdiensten ausbezahlt wurden, welche von den betreffenden Gesellschaften zur Durchführung von sechs im Jahr 1991 mit dem italienischen Staat geschlossenen Verträgen für öffentliche Dienstleistungen (im Folgenden „ursprüngliche Vereinbarungen“) erbracht wurden. Die ursprünglichen Vereinbarungen sollten die Erbringung von Seeverkehrsdiensten gewährleisten, und zwar größtenteils auf Routen zwischen dem italienischen Festland, Sizilien, Sardinien und weiteren, kleineren italienischen Inseln.

(3)

Die Kommission hat Italien mit Schreiben vom 6. August 1999 von ihrem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) unterrichtet. Die italienischen Behörden gaben mit Schreiben vom 28. September 1999 ihre Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss ab.

(4)

Nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union (2) übermittelten mehrere private Unternehmen der Kommission ihre Stellungnahmen. Diese Stellungnahmen wurden an die italienischen Behörden weitergeleitet, damit diese ihrerseits dazu Stellung nehmen konnten.

(5)

Am 18. Oktober 1999 hat Italien beim Gerichtshof eine Klage auf Nichtigerklärung des Einleitungsbeschlusses eingereicht, soweit dieser die Aussetzung der Beihilfen verfügte. Die Rechtssache wurde unter dem Aktenzeichen C-400/99 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofes eingetragen. Ferner haben Tirrenia, Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar am 19. Oktober 1999 Klage auf Nichtigerklärung des Einleitungsbeschlusses als Ganzes gemäß Artikel 230 Absatz 4 des EG-Vertrags (jetzt Artikel 263 Absatz 4 AEUV) vor dem Gericht erhoben. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen T-246/99 in das Register eingetragen.

(6)

Mit Urteil vom 10. Mai 2005 in der Rechtssache C-400/99 erklärte der Gerichtshof den Einleitungsbeschluss insoweit für nichtig, als er bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über den Abschluss des Verfahrens hinsichtlich des betroffenen Unternehmens an die italienischen Behörden „die Aussetzung der auf die Tirrenia-Gruppe für die Versorgung mit Kraftstoffen und Schmiermitteln für ihre Schiffe angewendeten steuerlichen Regelung implizierte“ (3). Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

(7)

Mit Urteil vom 20. Juni 2007 in der Rechtssache T-246/99 (4) wies das Gericht die von Tirrenia und Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar eingereichte Klage auf Nichtigerklärung des Einleitungsbeschlusses als Ganzes ab.

(8)

Im Laufe der Ermittlungen haben die italienischen Behörden die Aufteilung des Dossiers der Tirrenia-Gruppe beantragt, um vorrangig zu einer abschließenden Entscheidung in Bezug auf Tirrenia zu gelangen. Diesen Antrag begründeten die italienischen Behörden mit ihrer Absicht, die Unternehmensgruppe zu privatisieren, und zwar beginnend mit Tirrenia, sowie mit der Absicht zur Beschleunigung des Verfahrens in Bezug auf dieses Unternehmen.

(9)

Zu diesem Antrag hat die Kommission festgestellt, dass Tirrenia in Bezug auf die Finanz- und Geschäftsstrategie der Gruppe die tragende Rolle spielte und dass die damals sechs juristisch unabhängigen Unternehmen der Gruppe auf geografisch getrennten Marktsegmenten tätig waren, auf denen unterschiedlich starker Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen italienischen Betreibern und Betreibern aus anderen Mitgliedstaaten herrscht. Daneben hat die Kommission festgestellt, dass die Beihilfen, die von den italienischen Behörden in Anwendung der in Erwägungsgrund 2 genannten ursprünglichen Vereinbarungen gewährt wurden, so berechnet waren, dass sie das Nettobetriebsdefizit auf den von den genannten Unternehmen bedienten Routen abdeckten; sie wurden ohne Beteiligung von Tirrenia direkt an diese ausgezahlt. Schließlich erforderten die anderen Maßnahmen der fraglichen Beihilfe — Investitionsbeihilfen und Steuererleichterungen — eine Einzelfallprüfung für jedes Unternehmen der Gruppe. Die Kommission war deshalb der Ansicht, dass dem Ersuchen der italienischen Behörden entsprochen werden kann, und hat mit der Entscheidung 2001/851/EG (5) das in Bezug auf die Beihilfen zugunsten von Tirrenia eingeleitete Verfahren geschlossen (im Folgenden „Entscheidung von 2001“).

(10)

Das Verfahren blieb in Bezug auf die von Italien gewährte Beihilfe an die übrigen Gesellschaften der Tirrenia-Gruppe (Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar, im Folgenden „Regionalgesellschaften“) offen. Die italienischen Behörden haben bei mehreren bilateralen Zusammenkünften, die zwischen 2001 und 2003 organisiert wurden, für jede der von diesen Gesellschaften bedienten Routen Informationen zu den spezifischen Gegebenheiten der betreffenden Märkte, der Entwicklung des Verkehrs, der etwaigen Präsenz privatwirtschaftlicher Wettbewerber sowie der Entwicklung der Höhe der staatlichen Beihilfen, die den einzelnen Gesellschaften gewährt wurden, bereitgestellt.

(11)

Ferner haben einige der Beschwerdeführer, insbesondere einige private Betreiber, die im Golf von Neapel in Konkurrenz zu Caremar tätig sind, im Januar, Februar und September 2003 der Kommission ergänzende Informationen übermittelt, die neue, beim Ermittlungsverfahren zu berücksichtigende Elemente enthielten. Die italienischen Behörden wurden ersucht, hierzu Stellung zu nehmen. Am 20. Oktober 2003 fand eine bilaterale Zusammenkunft statt, in deren Folge die italienischen Behörden Verpflichtungen in Bezug auf bestimmte von Caremar betriebene Schnellverkehrsverbindungen im Golf von Neapel eingegangen sind. Diese Verpflichtungen wurden mit Schreiben vom 29. Oktober 2003, das am 31. Oktober 2003 bei der Kommission einging, offiziell übernommen und mit Schreiben vom 17. Februar 2004 bestätigt. In Bezug auf die Gesellschaft Adriatica haben die italienischen Behörden der Kommission am 23. Februar 2004 per Fax weitere Informationen übermittelt.

(12)

Der von Italien an die Regionalgesellschaften gezahlte Ausgleich wurde schließlich mit der Entscheidung 2005/163/EG der Kommission (6) (im Folgenden „Entscheidung von 2005“) für teilweise mit dem Binnenmarkt vereinbar, teilweise für vereinbar unter der Bedingung, dass bestimmte Verpflichtungen von den italienischen Behörden eingehalten werden, und teilweise für nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. Die Kommission verlangte die Rückforderung des Teils der Beihilfe, der für mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar erklärt wurde.

(13)

Artikel 1, 2, 3, 4 und 5 der Entscheidung von 2005 lauten:

„Artikel 1

Unbeschadet der Bestimmungen in Absatz 2 sind die von Italien an Adriatica vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2000 als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Dienste gezahlten Beihilfen gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Die Beihilfen, die Adriatica im Zeitraum zwischen Januar 1992 und Juli 1994 für die Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras gezahlt wurden, sind nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Italien ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Absatz 2 genannten rechtswidrig gewährten Beihilfen von der Gesellschaft Adriatica zurückzufordern.

Die Rückforderung erfolgt unverzüglich nach den im italienischen Recht vorgesehenen Verfahren, sofern diese die sofortige und wirksame Durchführung dieser Entscheidung ermöglichen.

Die zurückzufordernden Beihilfen sind für den Zeitraum zwischen ihrer Bereitstellung und der Erstattung zu verzinsen. Die Zinsen samt Zinseszinsen werden auf Grundlage des für die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes berechnet, entsprechend der Mitteilung der Kommission über die bei der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen anzuwendenden Sätze.

Ab 1. Januar 2004 ist über alle Geschäftstätigkeiten im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die der italienische Staat der Gesellschaft Adriatica auferlegt, für jede einzelne der betreffenden Routen separat Buch zu führen.

Artikel 2

Die von Italien seit 1. Januar 1992 als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Dienste an Siremar, Saremar und Toremar gezahlten Beihilfen sind gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Ab 1. Januar 2004 wird über alle Geschäftstätigkeiten im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die der italienische Staat den Gesellschaften Siremar, Saremar und Toremar auferlegt, für jede einzelne der betreffenden Strecken separat Buch geführt.

Artikel 3

Die von Italien seit 1. Januar 1992 als Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Dienste an Caremar gezahlten Beihilfen sind gemäß Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

Italien verpflichtet sich spätestens am 1. September 2004,

a)

die Gewährung von Beihilfen zugunsten von Caremar für die Erbringung von Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehrsdiensten auf der Strecke Neapel–Capri einzustellen;

b)

eine Verringerung des Kapazitätsangebots im Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehr auf der Route Neapel–Procida–Ischia von 1 142 260 auf 633 200 Plätze im Winter und von 683 200 auf 520 400 Plätze im Sommer zu veranlassen;

c)

die der Gesellschaft Caremar für die Erbringung von Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehrsdiensten auf der Strecke Neapel–Procida–Ischia gewährten Beihilfen auf den Ausgleich des Nettobetriebsdefizits zu begrenzen;

d)

eine separate Buchführung über alle Geschäftstätigkeiten im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die der italienische Staat Caremar auferlegt, für jede einzelne der betreffenden Routen zu veranlassen.

Artikel 4

Die in Artikel 3 genannten Verpflichtungen zur Kapazitätsverringerung werden in das Interministerialdekret zur Anpassung des Fünfjahresplans der Regionalgesellschaften für den Zeitraum 2005-2008 aufgenommen.

Artikel 5

Jede dauerhafte teilweise oder vollständige Änderung des Dienstangebots von Adriatica, Siremar, Saremar, Toremar und Caremar, die mit einer Erhöhung der Beihilfe einhergeht, ist der Kommission im Voraus zu notifizieren.“

1.2.   Urteil des Gerichts über die Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005

(14)

Gegen die Entscheidung von 2005 wurden drei Klagen beim Gericht eingereicht, und zwar von i) Tirrenia, das 2004 das laufende Geschäft von Adriatica übernommen hatte (Rechtssache T-265/04), ii) Caremar, Saremar, Siremar und Toremar (Rechtssache T-292/04) und iii) einem Wettbewerber, der Navigazione Libera del Golfo S.p.A. (Rechtssache T-504/04).

(15)

Mit Urteil vom 4. März 2009 in den verbundenen Rechtssachen T-265/04, T-292/04 und T-504/04 (im Folgenden „Urteil von 2009“) (7) erklärte das Gericht die Entscheidung von 2005 für nichtig.

(16)

Das Gericht stellte in erster Linie fest, dass die Kommission keine ausreichenden Gründe für die Einstufung der Beihilfe als neue anstatt — wie von den Klägern behauptet — als bestehende Beihilfe dargelegt hat. Nach Auffassung des Gerichts war insbesondere die Ansicht der Kommission, die Beihilfe habe vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags in Italien nicht bestanden, nicht hinreichend begründet angesichts der Tatsache, dass die italienischen Behörden während des Verfahrens argumentiert hatten, dass der fraglichen Beihilfe königliche Dekrete aus dem Jahr 1936 zugrunde lagen. Darüber hinaus war das Gericht der Auffassung, dass die Kommission das Vorbringen Italiens, nach dem die späteren Änderungen des einschlägigen Rechtsrahmens ausschließlich zu einer Verringerung des Gesamtbetrags der Beihilfe geführt hätten, im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat. (8)

(17)

Das Gericht stellte weiter fest, dass die Kommission Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates (9) (im Folgenden „Seekabotageverordnung“), nach dem bestehende Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes bis zum jeweiligen Ablaufdatum gültig bleiben können, nicht angewandt hat. Das Gericht war der Auffassung, dass der Ausgleich, der den Regionalgesellschaften der Tirrenia-Gruppe im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen für den Betrieb der Kabotagerouten gezahlt wurde, eine bestehende Beihilfe darstellte, sofern die Kommission bereits festgestellt hatte, dass dieser Ausgleich nicht über das für die Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderliche Maß hinausging (10).

1.3.   Verfahren nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005

(18)

Mit Schreiben vom 7. April 2010 forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, ihre Kommentare zur Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 abzugeben und alle Informationen bereitzustellen, die zur eingehenden Prüfung der fraglichen Maßnahmen erforderlich waren. Insbesondere wurden die italienischen Behörden aufgefordert, i) den Betrieb der internationalen Routen durch Adriatica und Saremar insbesondere im Hinblick auf den Betriebszeitraum, die der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen und den Eigenschaften der zu erbringenden Dienstleistungen (Regelmäßigkeit, Kapazität, Frequenz, Art der Schiffe) zugrunde liegenden Rechtsvorschriften sowie etwaige nachfolgende Änderungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erörtern und ii) den Ausgleichsmechanismus und alle nachfolgenden Änderungen der Berechnungsmethode für die Ausgleichsleistungen und die Kapitalrendite sowie die Auswirkungen solcher Änderungen auf die Höhe des Ausgleichs zu beschreiben.

(19)

Am selben Tag wurden von der Kommission auch die Beteiligten am Verfahren, das zur Entscheidung von 2005 geführt hatte, um einschlägige Stellungnahme ersucht. Die Kommission erhielt nur Kommentare von den Begünstigten der Maßnahmen, die Gegenstand der Entscheidung von 2005 waren. Diese Stellungnahmen wurden an die italienischen Behörden weitergeleitet, damit diese ihrerseits Stellung dazu nehmen konnten.

(20)

Da die italienischen Behörden nicht auf das Schreiben vom 7. April 2010 geantwortet hatten, erinnerte die Kommission die italienischen Behörden mit Schreiben vom 22. Juni 2010 daran, die angeforderten Informationen bereitzustellen.

(21)

Mit Schreiben vom 27. Juli 2010 haben die italienischen Behörden einige Klarstellungen zu den italienischen Rechtsvorschriften für gemeinwirtschaftliche Dienste im Seeverkehr abgegeben.

(22)

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um folgende zusätzliche Informationen:

a)

jährliche Ausgleichszahlungen an Adriatica/Tirrenia, Saremar, Toremar, Siremar und Caremar im Zeitraum 2001-2008 (mit Aufschlüsselung der Kosten, die für die einzelnen Unternehmen zugrunde gelegt wurden),

b)

im Zeitraum 1992-2008 erzielte Rendite unter Angabe der Berechnungsmethode sowie der Begründung der Angemessenheit dieser Rendite unter Berücksichtigung der mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen einhergehenden Risiken für die Unternehmen,

c)

gemäß den von Adriatica, Saremar, Toremar, Siremar und Caremar mit dem italienischen Staat im Jahr 1991 geschlossenen Vereinbarungen waren die zu bedienenden Routen und anzulaufenden Häfen, die Art und Kapazität der dazu eingesetzten Schiffe, die einzuhaltende Verkehrsfrequenz und das Tarifsystem in Fünfjahresplänen festzulegen. Die italienischen Behörden wurden ersucht, die Fünfjahrespläne für 2000-2004 und 2005-2008 einzureichen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung von 2005 der Kommission nicht vorlagen,

d)

die italienischen Behörden wurden ersucht, über die Erfüllung der Auflagen der Entscheidung von 2005 (11) Auskunft zu geben.

(23)

Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 forderte die Kommission Italien erneut auf, die angeforderten Informationen bereitzustellen. Die Kommission wies die italienischen Behörden ausdrücklich darauf hin, dass sie eine Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (12) (im Folgenden „Verfahrensverordnung“) erlassen würde, wenn die angeforderten Informationen nicht innerhalb der festgesetzten Frist übermittelt würden.

(24)

Mit Schreiben vom 19. Juli 2011 unterbreiteten die italienischen Behörden bestimmte Erläuterungen zu den Punkten a, b und c des Auskunftsersuchens der Kommission vom 22. Dezember 2010. Insbesondere gaben sie Auskunft über die Beträge, die an Adriatica im Zeitraum von 2001 bis 2004 und an Saremar, Toremar, Siremar und Caremar im Zeitraum von 2001 bis 2008 als jährlicher Ausgleich gezahlt worden waren, bestätigten die Beachtung der Auflagen der Entscheidung von 2005 und erklärten, dass anstelle der Annahme von Fünfjahresplänen für die Zeiträume 2000-2004 und 2005-2008 Ad-hoc-Rationalisierungsmaßnahmen ergriffen worden waren, um die Dienstleistungen besser an die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung anzupassen, ohne jedoch den gemeinwirtschaftlichen Dienst erheblich zu beeinflussen. Was die Höhe der Rendite anbelangt, erklärten die italienischen Behörden, dass sie angesichts des erheblichen Zeitraums, der seit dem Erlass der Entscheidung von 2005 verstrichen war, und insbesondere des zeitlichen Rahmens und der Komplexität der geforderten Informationen nicht ohne Weiteres in der Lage waren, diese Informationen im Archiv des Ministeriums zu finden. Daher wurde keine vollständige Antwort auf das Schreiben der Kommission vom 22. Dezember 2010 übermittelt.

(25)

Im Juni 2012 fand ein Treffen mit den italienischen Behörden statt, um die Akte zu vervollständigen und die abschließende Bewertung der fraglichen Maßnahmen durch die Kommission zu ermöglichen. Bei diesem Treffen verlangte die Kommission Erörterungen, insbesondere um eine etwaige Überkompensation der betreffenden Unternehmen ausschließen zu können.

(26)

Da die von den italienischen Behörden nach diesem Treffen bereitgestellten Informationen für die Kommission nicht ausreichend waren, um die Bewertung abschließen zu können, wurde am 7. November 2012 ein neues Auskunftsersuchen an Italien gerichtet, das Folgendes betraf:

a)

den Ausgleich und den angemessenen Gewinn, die Adriatica/Tirrenia, Saremar, Toremar, Siremar und Caremar für den Zeitraum 1992-2008 eingeräumt wurden,

b)

die Liste der internationalen Routen, die jeweils von Adriatica/Tirrenia bzw. von Saremar im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen betrieben wurden, und die Dauer des Betriebs,

c)

die tatsächliche Durchsetzung der in der Entscheidung von 2005 angeordneten Rückforderung,

d)

die Einhaltung der Voraussetzungen in Artikel 2 Absatz 1 der Entscheidung 2005/842/EG der Kommission (13) (im Folgenden „DAWI-Entscheidung von 2005“),

e)

die Adriatica auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Bedienung der Route Genua-Termini Imerese, die Wettbewerbssituation auf dieser Route und die Dauer der Bedienung der Route von Adriatica/Tirrenia unter der Regelung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nach 2004,

f)

die Frage, ob und in welchem Zeitraum sich irgendeines der Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (im Folgenden „Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien“) (14) befand.

(27)

Die Fragen der Kommission wurden von den italienischen Behörden mit Schreiben vom 7. Dezember 2012 unvollständig beantwortet. Im Einzelnen antwortete Italien wie folgt:

a)

In Bezug auf den Ausgleich und den angemessenen Gewinn für den Zeitraum 1992-2008 übermittelten die italienischen Behörden

i)

die Buchführung für jede einzelne Route der einzelnen Unternehmen für den Zeitraum 1999-2001,

ii)

die jährlichen Gewinnspannen, die Adriatica im Zeitraum 1999-2003 und den übrigen Regionalgesellschaften im Zeitraum 1998-2003 eingeräumt wurden, wobei die Gewinnspanne von Saremar für das Jahr 1999 nicht übermittelt wurde,

iii)

die Höhe der Verluste, die im Zeitraum 2004-2008 jedes Jahr für den Betrieb der von Adriatica/Tirrenia betriebenen Routen tatsächlich ausgeglichen wurden,

iv)

die Buchführung für jede einzelne Route der einzelnen Unternehmen — außer Saremar — für den Zeitraum 2004-2008. Für Toremar wurde die Buchführung für jede einzelne Route nur für die Jahre 2005, 2006 und 2007 und für Siremar nur diejenigen für das Jahr 2006 vorgelegt. Die Gewinnspannen für die Jahre 2004-2008 wurde für keine der Regionalgesellschaften angegeben.

b)

In Bezug auf die Liste der internationalen Routen, die jeweils von Adriatica/Tirrenia bzw. von Saremar im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen betrieben wurden, sowie die Dauer des Betriebs, machte Italien keine Angaben zum Ende der Laufzeit für den Betrieb der Route Triest–Durazzo. Es wurden keine Belege für die Behauptung vorgelegt, dass die Inbetriebnahme der Route Santa Teresa di Gallura–Bonifacio vor 1989 erfolgte.

c)

In Bezug auf Rückforderung der mit der Entscheidung von 2005 für nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärten Beihilfen bestätigte Italien die Rückforderung der an Adriatica für die Bedienung der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras von Januar 1992 bis Juli 1994 gezahlten unvereinbaren Beihilfen von insgesamt 8 651 600 EUR (Hauptforderung 3 207 810 EUR zuzüglich 5 443 790 EUR Zinsen ab 1. Januar 1992) am 31. Dezember 2006. Die Beihilfe wurde erst am 26. März 2007 vom Begünstigten zurückgezahlt. Es wurden keine Angaben zur Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 26. März 2007 gemacht.

d)

In Bezug auf die Einhaltung der Voraussetzungen in Artikel 2 Absatz 1 der DAWI-Entscheidung von 2005 wurden keine Angaben gemacht.

e)

In Bezug auf die Route Genua-Termini Imerese stellte Italien klar, dass der Betrieb der Route 2005 ausgesetzt und 2006 eingestellt wurde. Zur Wettbewerbssituation auf dieser Route wurden keine Angaben gemacht.

f)

In Bezug auf die mögliche Einstufung der Unternehmen als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien erklärte Italien zwar, die Unternehmen seien im entsprechenden Zeitraum nicht in den Genuss von Beihilfen gekommen, ohne jedoch eindeutige Antwort zu der Frage zu geben, ob irgendeines der Unternehmen zu irgendeinem Zeitpunkt während der Laufzeit der ursprünglichen Vereinbarungen als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden konnte.

(28)

In einem weiteren Erinnerungsschreiben vom 28. Januar 2013 wurden die italienischen Behörden erneut ersucht, die angeforderten Informationen unverzüglich zu übermitteln. Die Kommission wies die italienischen Behörden erneut darauf hin, dass sie eine Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verfahrensverordnung erlassen würde, wenn die angeforderten Informationen nicht innerhalb dieser Frist vollständig erteilt würden.

(29)

Am 11. März 2013 beschloss die Kommission, Italien gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verfahrensverordnung anzuordnen, die mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 und 7. November 2012 angeforderten Auskünfte zu erteilen.

(30)

Italien reagierte auf die Anordnung auf Auskunftserteilung am 10. April 2013. Es übermittelte die Betriebskosten und -erträge sowie die jährlichen Subventionen (als Differenz zwischen Kosten und Erträgen, ohne Gewinnspanne für die Unternehmen) für alle Gesellschaften für die Zeit nach 2004. Auf die übrigen Punkte der Anordnung zur Auskunftserteilung wurde nicht eingegangen.

(31)

Am 16. Oktober 2015 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um zusätzliche Informationen über die Fusion von Adriatica und Tirrenia, insbesondere zu den Modalitäten des Verkaufs von Vermögenswerten von Adriatica und den mit der Fusion verbundenen Bedingungen. Am 4. November 2015 antworteten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 22. Oktober 2015, dass Tirrenia mit Beschluss vom 18. März 2004 das laufende Geschäft seiner Tochtergesellschaft übernommen habe und dass der Zusammenschluss weder die Aktivitäten von Adriatica im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen noch die darin vorgesehenen Ausgleichszahlungen beeinträchtige.

(32)

Am 18. Oktober 2018 ersuchte die Kommission die italienischen Behörden um Erläuterungen zu den Ausgleichszahlungen für die Route Bari–Durazzo und der genauen Höhe der von Italien zurückgeforderten Beihilfe (Hauptforderung und Zinsen) für die Bedienung der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras im Zeitraum 1992–1994. Italien antwortete am 21. Dezember 2018, dass für die auf der Route Bari/Durazzo in den Jahren 2002-2008 erbrachten Dienstleistungen kein Ausgleich gezahlt worden sei, und bestätigte, dass die Rückzahlung der an Adriatica für die Bedienung der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras von Januar 1992 bis Juli 1994 gezahlten unvereinbaren Beihilfen von 8 651 600 EUR keine Zinsen für den Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis 26. März 2007 enthielt.

1.4.   Beihilfesachen nach dem Ablauf der ursprünglichen Vereinbarungen

(33)

Seit Januar 2009 wurden von Tirrenia, Siremar, Saremar, Toremar und Caremar Seeverkehrsdienste unter den wie folgt verlängerten ursprünglichen Vereinbarungen erbracht:

a)

Durch die Gesetzesverordnung Nr. 207 vom 30. Dezember 2008 in der Fassung des Gesetzes Nr. 14 vom 27. Februar 2009 wurden die ursprünglichen Vereinbarungen bis Ende 2009 verlängert,

b)

Durch Artikel 19ter der Gesetzesverordnung Nr. 135 vom 25. September 2009 in der Fassung des Gesetzes Nr. 166 vom 20. November 2009 (im Folgenden „Gesetz von 2009“) wurde die Laufzeit der ursprünglichen Vereinbarungen bis zum 30. September 2010, an dem Italien das Privatisierungsverfahren abzuschließen plante, verlängert,

c)

Das Gesetz Nr. 163 vom 1. Oktober 2010 zur Umwandlung der Gesetzesverordnung Nr. 125 vom 5. August 2010 sah schließlich eine weitere Verlängerung der ursprünglichen Vereinbarungen bis zum Abschluss des Privatisierungsverfahrens vor.

(34)

Kraft des Gesetzes 2009 sollten neue Vereinbarungen bzw. Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste mit den Käufern der Gesellschaften abgeschlossen werden.

(35)

Nachdem mehrere Beschwerden eingegangen waren, eröffnete die Kommission am 5. Oktober 2011 das förmliche Verfahren zur Prüfung verschiedener Unterstützungsmaßnahmen des italienischen Staates zugunsten der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, insbesondere wegen der im Rahmen der oben geschilderten Verlängerung der ursprünglichen Vereinbarungen an diese Unternehmen geleisteten Ausgleichszahlungen sowie potenzieller staatlicher Beihilfen im Zusammenhang mit der Privatisierung (15). Durch Beschluss vom 19. Dezember 2012 (16) wurde das förmliche Prüfverfahren ausgeweitet. Die obengenannten Maßnahmen sind Gegenstand der Sachen SA.32014, SA.32015 und SA.32016 und werden vom vorliegenden Beschluss nicht erfasst.

1.5.   Geltungsbereich des vorliegenden Beschlusses

(36)

Der vorliegende Beschluss deckt nur die Subventionen ab, die die Regionalgesellschaften im Zeitraum 1992–2008 erhalten haben, und lässt andere laufende Verfahren wegen staatlicher Beihilfen unberührt, einschließlich des förmlichen Prüfverfahrens in Bezug auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, die diesen Unternehmen ab 2009 im Rahmen der Verlängerung der ursprünglichen Vereinbarungen gezahlt wurde (siehe Beihilfesachen SA.32014, SA.32015 und SA.32016).

(37)

Dieser Beschluss berührt lediglich die Aspekte, die die staatlichen Beihilfen betreffen, und präjudiziert nicht die Anwendung anderer Vertragsbestimmungen, insbesondere in Bezug auf öffentliche Ausschreibungen und die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MAßNAHMEN

2.1.   Die Begünstigten und die Märkte, auf denen sie tätig sind

2.1.1.   Adriatica

(38)

Adriatica bediente internationale Routen zwischen Italien und Griechenland, Albanien und dem ehemaligen Jugoslawien, sowie ein Netz von Kabotageverbindungen mit Sizilien (nur Güterverkehr) und den Inseln des Tremiti-Archipels.

(39)

Der Personenverkehr von Adriatica konzentrierte sich größtenteils auf internationale Verbindungen mit Albanien und Kabotageverbindungen mit den Inseln des Tremiti-Archipels (17). Im Güterverkehr entfielen 90 % des insgesamt von Adriatica beförderten Volumens auf die Kabotageverbindungen mit Sizilien und die internationalen Routen (letztgenannte repräsentierten 67 % des Güterverkehrs der Gesellschaft) (18).

(40)

Adriatica war auf den bedienten Routen unterschiedlich starkem Wettbewerbsdruck ausgesetzt.

(41)

Auf den internationalen Verbindungen herrschte folgende Situation:

Auf der Route Bari–Durazzo (Albanien) waren Adriatica und andere Betreiber ganzjährig tätig, darunter auch ein in der Union ansässiges Unternehmen (dieses aber nur in der Hochsaison).

Die Route Ancona–Split (Kroatien) wurde von Adriatica und drei anderen Betreibern, darunter seit 2001 auch einem in der Union ansässigen Unternehmen (aber nur in der Hochsaison) bedient.

Die Route Bari–Dubrovnik (Kroatien) wurde von Adriatica nur im Zeitraum 1997-1998 zusammen mit einem Nicht-EU-Betreiber bedient.

Die Route Bari–Bar (Montenegro) wurde von Adriatica nur im Zeitraum 1997-1998 zusammen mit zwei Nicht-EU-Betreibern bedient.

Die Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras (Griechenland) wurde von Adriatica bis 2004 (ausgesetzt von 2000 bis 2004) (19) zusammen mit anderen Betreibern bedient, darunter Unternehmen mit Sitz in der Union.

Auf den Routen Ancona–Durazzo (Albanien), Ancona–Bar (Montenegro) und Triest–Durazzo (Albanien) war Adriatica keinem Wettbewerb ausgesetzt.

(42)

Auf den Kabotageverbindungen herrschte folgende Situation:

Auf den Verbindungen mit den Inseln des Tremiti-Archipels war Adriatica dem Wettbewerb anderer italienischer Seeverkehrsunternehmen ausgesetzt, vor allem in der Hochsaison.

Auf den Güterverkehrsrouten Genua–Termini Imerese und Ravenna–Catania stand Adriatica im Wettbewerb mit anderen italienischen Unternehmen.

Auf den Güterverkehrsrouten Venedig–Catania und Livorno–Catania war Adriatica keinem Wettbewerb ausgesetzt.

2.1.2.   Saremar

(43)

Saremar war auf den lokalen Kabotageverbindungen mit den Inseln nordöstlich und südwestlich von Sardinien sowie auf der Route Santa Teresa di Gallura–Bonifacio, die Sardinien und Korsika verbindet, tätig.

(44)

Auf diesen Routen hielt Saremar einen Marktanteil von 64 % im Personenverkehrssegment und von 70 % im Güterverkehrssegment.

(45)

Bei den von Saremar bedienten Verbindungen (La Maddalena–Palau, Carloforte–Calasetta, Carloforte–Portovesme) handelte es sich um eher kurze Routen von durchschnittlich fünf Seemeilen, nur die Route Santa Teresa di Gallura–Bonifacio war länger (10 Seemeilen). Diese Seeverkehrsverbindungen ähnelten daher, auch angesichts der täglichen Verkehrsfrequenz, einem städtischen Nahverkehrssystem, das die Versorgung und Mobilität der Bewohner dieser küstennahen Inseln gewährleisten soll (20). Die spezifische Besonderheit dieses Marktes ergab sich auch aus den lokalen geografischen Gegebenheiten und Seewetterbedingungen, die den Einsatz eines bestimmten Schiffstyps erfordern, der anderenorts für andere Verkehrsdienste nicht geeignet ist.

(46)

Saremar stand auf drei der vier bedienten Routen, darunter die Verbindung zwischen Sardinien und Korsika, im Wettbewerb mit anderen italienischen Betreibern.

2.1.3.   Toremar

(47)

Toremar war auf den Seekabotagerouten zwischen dem Festland und den Inseln der Toskana (Elba, Gorgona, Capraia, Pianosa und Giglio) tätig. Die Gesellschaft betrieb im Wesentlichen ein Netz lokaler Dienste, wobei Verkehrsfrequenz und Fahrpläne an den Erfordernissen der Versorgung und Mobilität der Inselbevölkerung ausgerichtet waren. Das Netz der von Toremar angebotenen Verkehrsdienste konnte aufgrund seiner Eigenschaften mit einem lokalen Nahverkehrsnetz verglichen werden.

(48)

Auf zwei der sechs von Toremar bedienten Routen waren auch andere italienische Betreiber ganzjährig tätig.

2.1.4.   Siremar

(49)

Siremar betrieb lokale Verbindungen zwischen den sizilianischen Häfen und den kleineren Inseln der Umgebung (Äolische, Pelagische und Ägadische Inseln, Ustica und Pantelleria).

(50)

Die Verbindungen mit dem Archipel der Äolischen Inseln nördlich von Sizilien wurden bis zum Festland (Neapel) fortgesetzt. Dieses Routennetz war rein lokaler Art. Die — in der Regel kurzen — Überfahrten, die Verkehrsfrequenz und die Fahrpläne sollten dazu dienen, den Mobilitätsbedarf der Inselbevölkerung zu decken. Zu den Äolischen Inseln mit ihren ca. 12 000 ständigen Bewohnern (davon 9 000 auf der Hauptinsel Lipari) unterhielt Siremar seinerzeit fünf Verbindungen, ausgehend vom sizilianischen Hafen Milazzo. Siremar betrieb diese Verkehrsdienste ganzjährig mit Fahrgastfähren und mit Schnellbooten, die ausschließlich der Beförderung von Fahrgästen dienten. Ein italienischer Betreiber machte Siremar auf vier der fünf Routen mit Fahrgastfähren geringer Kapazität Konkurrenz, während ein anderer Betreiber im Schnellbootverkehr außerhalb der Saison auf drei Routen und in der Hochsaison auf vier Routen mit Siremar im Wettbewerb stand.

(51)

Die Verbindungen zwischen Sizilien und den drei Ägadischen Inseln betrieb Siremar, ausgehend vom Hafen Trapani, ganzjährig mit einem Fährschiff (Personen- und Güterbeförderung) und zwei Schnellbooten. Auf diesem Markt waren zwei private italienische Betreiber präsent; einer bot reine Güterverkehrsdienste, der andere Schnellverkehrsverbindungen an.

(52)

Die anderen von Siremar, ausgehend von den Häfen Palermo und Agrigento, betriebenen Routen waren keinerlei Wettbewerb von Seiten privater Anbieter ausgesetzt. Siremar war daher der einzige Verkehrsbetreiber, der die Mobilität der Bewohner der betreffenden Inseln sicherstellte.

2.1.5.   Caremar

(53)

Caremar unterhielt ein Netz lokaler Seeverkehrsverbindungen zwischen den Festlandhäfen im Golf von Neapel — Neapel, Sorrent und Pozzuoli — und den Parthenopäischen Inseln Capri, Ischia und Procida einerseits sowie den Festlandhäfen Formia und Anzio (Region Latium) und den kleineren Inseln Ponza und Ventotene andererseits. Die in diesem Netz angebotenen Verkehrsdienste waren in erster Linie am Mobilitätsbedarf der lokalen Bevölkerung orientiert und könnten, insbesondere was den Golf von Neapel angeht, im Hinblick auf Verkehrsfrequenz und Fahrpläne mit einem städtischen Nahverkehrsnetz verglichen werden.

(54)

Caremar stand im Golf von Neapel im Wettbewerb mit anderen privaten italienischen Betreibern, und zwar auf den Routen Capri–Neapel, Capri–Sorrent, Ischia–Neapel und Procida–Neapel.

(55)

Die ganzjährig mit Fahrgastfährschiffen bedienten Verbindungen zu den Inseln Ponza und Ventotene betrieb Caremar hingegen ohne Wettbewerber. Auf dem Segment der Schnellverbindungen Ponza–Formia und Ventotene–Formia war Caremar jedoch dem Wettbewerb seitens eines privaten Anbieters ausgesetzt.

2.2.   Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

2.2.1.   Rechtsrahmen

(56)

Um dem Urteil von 2009 Rechnung zu tragen wird der auf nationaler Ebene geltende Rechtsrahmen in den Erwägungsgründen 57-93 ausführlich beschrieben.

2.2.1.1.   In der Entscheidung von 2005 nicht behandelte Rechtsvorschriften

—   Königliche Dekrete Nr. 2081 und Nr. 2082 vom 7. Dezember 1936

(57)

Mit den Königlichen Dekreten Nr. 2081 und Nr. 2082 vom 7. Dezember 1936 (im Folgenden „Dekrete von 1936“) wurden eine Reihe von Routen von nationalem Interesse (linee di interesse nazionale) eingerichtet und Vorschriften zu Finanzierungsmaßnahmen für ihren Betrieb erlassen.

(58)

Um ein ausreichendes Serviceniveau auf den Routen von nationalem Interesse zu gewährleisten, wurden mit dem Königlichen Dekret Nr. 2081 vom 7. Dezember 1936 (im Folgenden „Dekret 2081/1936“) vier Unternehmen gegründet: Italia (mit Sitz in Genua), Lloyd Triestino (mit Sitz in Triest), Tirrenia (mit Sitz in Neapel) und Adriatica (mit Sitz in Venedig). Gemäß dem Königlichen Dekret Nr. 2082 vom 7. Dezember 1936 (im Folgenden „Dekret 2082/1936“) sollte ein neu errichtetes Staatsunternehmen (Finmare) eine Mehrheitsbeteiligung an diesen Unternehmen halten.

(59)

Die Routen von nationalem Interesse wurden unter geografischen Gesichtspunkten in vier Sektoren eingeteilt. Zu den Routen von nationalem Interesse gehörten zwar auch einige nationale Verbindungen zwischen dem Festland und den großen italienischen Inseln, überwiegend handelte es sich jedoch um internationale Routen, die Italien mit dem amerikanischen und dem afrikanischen Kontinent verbanden. Gemäß Artikel 3 Absatz 4 des Dekrets 2081/1936 wurden die vier neu gegründeten Unternehmen wie folgt mit der Erbringung von Seeverkehrsdienstleistungen in jedem dieser vier geografischen Sektoren für einen Zeitraum von zwanzig Jahren (beginnend am 1. Januar 1937) betraut:

a)

Sektor I (Amerika): Italia,

b)

Sektor II (Afrika jenseits des Suezkanals und der Meerenge von Gibraltar, Asien jenseits des Suezkanals sowie Australien): Lloyd Triestino,

c)

Sektor III (Tyrrhenisches Meer und Libyen, Italien-Küstenschifffahrt, westliches Mittelmeer, Nordeuropa jenseits der Meerenge von Gibraltar): Tirrenia,

d)

Sektor IV (Adriatisches Meer und östliches Mittelmeer): Adriatica.

(60)

Artikel 6 des Dekrets 2081/1936 sah die Möglichkeit vor, die Liste der Routen von nationalem Interesse durch Ministerialdekret später zu erweitern, wobei alle neuen Routen den durch die Dekrete von 1936 eingerichteten Unternehmen zugeteilt werden mussten.

(61)

Des Weiteren konnten den besagten Unternehmen nach diesem Artikel Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln auf der Grundlage von Vereinbarungen über gemeinwirtschaftliche Dienste mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren gewährt werden, soweit dies für die Erbringung von Seeverkehrsdiensten auf den betreffenden Routen erforderlich war. Die Höhe der öffentlichen Subventionen sollte daher in entsprechenden Vereinbarungen über gemeinwirtschaftliche Dienste mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren festgelegt werden.

(62)

Gemäß Artikel 7 des Dekrets 2081/1936 konnte der öffentliche Beitrag unter einer Reihe von Bedingungen alle vier Jahre angepasst werden. Mit dieser Bestimmung sollte sichergestellt werden, dass die Unternehmen mehr als 75 % der ihnen zugeteilten Routen betrieben und dass ihnen für den Betrieb dieser Routen eine durchschnittliche Gewinnspanne von 4 bis 8 % eingeräumt wurde. Das Gesamtbudget für die Finanzierung wurde in den Dekreten von 1936 nicht festgelegt.

(63)

Das königliche Dekret Nr. 781 vom 12. Mai 1938 sah die Möglichkeit vor, die in Artikel 2 des Dekrets 2081/1936 vorgesehene (und durch Ministerialdekret vom 5. Januar 1937 bestätigte) Liste der Routen von nationalem Interesse durch Ministerialdekret zu ändern. Per Ministerialdekret vom 20. Dezember 1938 wurden bestimmte Änderungen an dieser Liste vorgenommen.

(64)

Die nach dem Dekret 2081/1936 abgeschlossenen Verträge liefen am 31. Dezember 1956 aus. Der italienische Gesetzgeber verlängerte die Verträge daraufhin bis zum 30. Juni 1962 (21).

—   Die Gesetze Nr. 34 vom 5. Januar 1953 und Nr. 178 vom 26. März 1959.

(65)

Durch die Gesetze Nr. 34 vom 5. Januar 1953 (im Folgenden „Gesetz 34/1953“) und Nr. 178 vom 26. März 1959 (im Folgenden „Gesetz 178/1959“) zur Regelung der lokalen Seeverkehrsdienste für Post und Handel wurde das Ministerium für Handelsschifffahrt ermächtigt, öffentliche Ausschreibungen für die Beauftragung privater Unternehmen mit der Beförderung von Post und Paketen und der Erbringung gewerblicher Dienste rein lokaler Art durchzuführen.

(66)

Das Gesetz 34/1953 sah die Durchführung von getrennten Ausschreibungen für vier subventionierte geografische Sektoren vor: a) Toskanische Inseln, b) Parthenopäische Inseln und Pontinische Inseln, c) Äolische Inseln, d) Ägadische Inseln, Pelagische Inseln, Ustica und Pantelleria. Durch das Gesetz 178/1959 wurden zwei weitere subventionierte geografische Sektoren hinzugefügt, nämlich e) Mitteladria und f) Nordadria.

(67)

Gemäß Artikel 4 des Gesetzes 34/1953 sollten die für den Betrieb der besagten Dienste gewährten Subventionen in Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren vereinbart werden. Gleiches galt für die durch das Gesetz 178/1959 geregelten Routen.

—   Das Gesetz Nr. 600 vom 2. Juni 1962

(68)

Das Gesetz Nr. 600 vom 2. Juni 1962 (im Folgenden „Gesetz 600/1962“) wurde zur Neuordnung der gemeinwirtschaftlichen Seeverkehrsdienste in Italien erlassen.

(69)

Artikel 2 des Gesetzes 600/1962 sah den Abschluss neuer Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste zwischen dem Ministerium für Handelsschifffahrt und den Unternehmen Italia, Lloyd Triestino, Tirrenia und Adriatica vor. Diese Verträge sollten eine Laufzeit von zwanzig Jahren haben und Folgendes enthalten: i) die Liste der Routen von nationalem Interesse, ii) die genauen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der mit dem Betrieb dieser Routen betrauten Unternehmen sowie iii) detaillierte Bestimmungen zu den Ausgleichsleistungen, die der Staat für den Betrieb der betreffenden Routen gewähren könnte. Die neuen Verträge sollten am 1. Juli 1962 in Kraft treten.

(70)

Der Gesamtbetrag der öffentlichen Ausgleichsleistungen, die allen mit dem Betrieb der Routen betrauten Betreibern gewährt werden sollten, wurde in Artikel 6 des Gesetzes 600/1962 festgelegt. Der jedem Betreiber zu gewährende Beitrag konnte im Falle einer Änderung der Einnahmen und Kosten des Betreibers unter Berücksichtigung der in Artikel 8 genannten Kriterien alle zwei Jahre angepasst werden. Um einen Effizienzanreiz einzuführen, wurde vorgesehen, dass die Zuwendungen nach oben oder nach unten korrigiert werden konnten, sofern die gesetzlich festgelegten Abweichungen bei bestimmten Einnahmen- und Ausgabenposten den absoluten Wert von 1 % der Bruttoeinnahmen überschritten. Die Angleichung durfte nur den darüberhinausgehenden Betrag betreffen.

2.2.1.2.   In der Entscheidung von 2005 behandelte Rechtsvorschriften

—   Gesetz Nr. 684/1974 und Präsidialdekret Nr. 501/1979

(71)

Durch das Gesetz Nr. 684 vom 20. Dezember 1974 zur Umstrukturierung der Seeverkehrsdienste von überragendem nationalem Interesse (im Folgenden „Gesetz 684/1974“) wurden das Dekret 2081/1936 und das Gesetz Nr. 600/1962 sowie alle gegenteiligen oder unvereinbaren Verfügungen aufgehoben und die Beendigung der unter dem Gesetz 600/1962 abgeschlossenen Vereinbarungen zum 31. Dezember 1974 vorgesehen.

(72)

Das Gesetz 684/1974 führte eine Unterscheidung zwischen Güterverkehrslinien (Artikel 4), Personenverkehrslinien (Artikel 6) und Verbindungen mit großen und kleinen Inseln (Artikel 8) ein.

(73)

Nach Artikel 8 mussten Seeverkehrsverbindungen mit großen und kleinen Inseln eine Reihe von Erfordernissen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der betroffenen Regionen und insbesondere des Mezzogiorno erfüllen. Derselbe Artikel sah vor, dass den mit der Erbringung dieser Dienste betrauten Unternehmen der damaligen Finmare-Gruppe durch Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste Subventionen mit einer Laufzeit von 20 Jahren gewährt würden.

(74)

Gemäß Artikel 9 waren in den Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste die Liste der zu gewährleistenden Verbindungen, die Häufigkeit der Verbindungen, die jeder Verbindung zuzuteilenden Schiffstypen sowie die Höhe der öffentlichen Zuwendungen anzugeben. Die Höhe dieser Zuwendungen konnte jedes Jahr angepasst werden, wenn wenigstens eine der bei ihrer Berechnung berücksichtigten Kostenarten eine Veränderung von mehr als 5 % gegenüber dem Vorjahr aufwies.

(75)

In Bezug auf den Personenverkehr sah Artikel 6 vor, dass die von Italia, Lloyd Triestino, Adriatica und Tirrenia bedienten Passagierverbindungen innerhalb von drei Jahren nach dem Inkrafttreten des Gesetzes beendet würden (diese Seeverkehrsdienste wurden im Gesetz als Gestione stralcio dei servizi passeggeri bezeichnet). Artikel 7 ermöglichte die Zahlung eines Ausgleichs durch entsprechende jährliche Vereinbarungen, um den wirtschaftlich ausgeglichenen Betrieb dieser vier Unternehmen im Hinblick auf die Dienste während des genannten Zeitraums von drei Jahren zu gewährleisten.

(76)

In Bezug auf den Güterverkehr wurde durch Artikel 4 des Gesetzes 684/1974 der für die Handelsmarine zuständige Minister ermächtigt, Unternehmen der Finmare-Gruppe Subventionen zu gewähren, wenn sie entweder neue Seeverkehrsverbindungen einrichteten (Artikel 4 Buchstabe a) oder bestehende Verbindungen betrieben (Artikel 4 Buchstabe b) und nicht in der Lage waren, ein wirtschaftliches Gleichgewicht zu erzielen. Die Subventionen konnten in beiden Fällen für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren gewährt werden; insbesondere die Subventionierung von bestehenden Verbindungen hatte auf der Grundlage jährlicher Vereinbarungen zu erfolgen.

(77)

Das Gesetz 684/1974 sah keine globale Mittelzuweisung für die verschiedenen darin vorgesehenen Finanzierungen vor.

(78)

Im Präsidialdekret Nr. 501 vom 1. Juni 1979 zur Durchführung des Gesetzes Nr. 684/1974 in der geänderten Fassung (in Folgenden „Dekret 501/1979“) (22) wurden weitere Einzelheiten zur Anwendung des Gesetzes 684/1974 festgelegt. Nach Artikel 3 des Dekrets 501/1979 mussten für die Gewährung der in Artikel 7 des Gesetzes 684/1974 vorgesehenen Ausgleichsleistungen sämtliche von Italia, Lloyd Triestino, Tirrenia und Adriatica betriebenen nationalen und internationalen Personenverkehrsrouten berücksichtigt werden.

(79)

Artikel 26 des Dekrets 501/1979 sah vor, dass die jährliche Ausgleichszahlung für Passagierlinien (Gestione stralcio dei servizi passeggeri) auf der Grundlage der erwarteten Kosten und Erträge festzusetzen war. Nach Artikel 35 des genannten Dekrets konnte der Ausgleich für Güterverkehrslinien bis zum 30. Juni jedes Jahres angepasst werden, um den wirtschaftlich ausgeglichenen Betrieb der einzelnen Linien sicherzustellen. In Artikel 9 des Dekrets 501/1979 wurden die Elemente erläutert, die für die Berechnung der Subventionszahlungen an die Unternehmen nach Artikel 4 Buchstabe b, 7 und 8 des Gesetzes 684/1974 zu berücksichtigen waren.

(80)

Ferner wurde im Dekret 501/1979 festgelegt, dass die Abfahrts- und Ankunftszeiten auf den von den Unternehmen bedienten Routen per Ministerialdekret zu genehmigen waren und dass Unternehmen ihre Schiffe, die älter als 18 Jahre alt waren, durch andere ersetzen mussten, sofern keine ausdrückliche ministerielle Ausnahmegenehmigung vorlag. Außerdem mussten die eingesetzten Schiffe individuell den einzelnen Routen zugewiesen werden, die im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung bedient wurden. Diese Bestimmung, die die Unternehmen zur regelmäßigen Erneuerung der Flotte verpflichtete, stellte eine spezifische Auflage für die Unternehmen dar.

(81)

Durch Artikel 40 des Dekrets 501/1979 wurde der für die Handelsmarine zuständige Minister ermächtigt, neben den üblichen Diensten die Erbringung zusätzlicher Dienste zu verfügen, um im öffentlichen Interesse begründeten außergewöhnlichen Umständen oder Erfordernissen des Verkehrs zu begegnen.

—   Gesetz Nr. 169 vom 19. Mai 1975

(82)

Durch das Gesetz Nr. 169 vom 19. Mai 1975 zur Neuordnung der lokalen Seeverkehrsdienste für Post und Handel (im Folgenden „Gesetz 169/1975“) wurden neue Regelungen für die lokalen gemeinwirtschaftlichen Dienste für Post und Handel eingeführt.

(83)

Insbesondere sah Artikel 1 die Gründung von drei Regionalgesellschaften vor, nämlich Caremar, Siremar und Toremar, die mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Bezug auf die mit der Beförderung von Post und Paketen sowie gewerblichen Diensten rein lokaler Art betraut wurden. Die gleiche Bestimmung sah vor, dass Tirrenia mindestens 51 % der Anteile jeder dieser Gesellschaften hielt. Durch Artikel 2 des Gesetzes 169/1975 wurde der für die Handelsmarine zuständige Minister ermächtigt, den Regionalgesellschaften Subventionen nach den für die Dauer von 20 Jahren geschlossenen Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste zu gewähren.

—   Gesetz Nr. 856 vom 5. Dezember 1986

(84)

Das Gesetz Nr. 856 vom 5. Dezember 1986 zur Regelung der Umstrukturierung der staatlichen Handelsflotte (Finmare-Gruppe) und des Reedereiwesens (im Folgenden „Gesetz 856/1986“) führte Änderungen im Bereich der gemeinwirtschaftlichen Seeverkehrsdienste ein.

(85)

Nach Artikel 1 dieses Gesetzes sollten defizitäre Güterverkehrslinien, die für die nationale Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, in ein Umstrukturierungsprogramm aufgenommen werden und staatliche Unterstützung erhalten. Artikel 2 sah die Gewährung einer Startbeihilfe für diese Routen für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren (beginnend am 1. Januar 1985) vor. Für die Anschaffung neuer Schiffe wurde eine Startbeihilfe für einen Zeitraum von fünf Jahren gewährt, die den Investitionsbetrag (Abschreibungen und Zinsen) nicht überstieg.

(86)

In Bezug auf die Verbindungen zu kleinen und großen Inseln wurden die Kriterien für die Berechnung der Subventionen durch Artikel 11 geändert. Insbesondere wurde bestimmt, dass die Subventionen auf der Grundlage der Differenz zwischen den im Zusammenhang mit der Erbringung des Dienstes erzielten Einnahmen und angefallenen Kosten zu berechnen waren, die anhand von durchschnittlichen und objektiven Parametern ermittelt wurden, und dass eine angemessene Kapitalrendite dabei berücksichtigt werden musste. Die Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste mussten spezifische Details zu den Elementen enthalten, die bei der Berechnung des Zuschusses berücksichtigt werden sollten, sowie die vollständige Liste mit den subventionierten Routen, den Verkehrsfrequenzen und den einzusetzenden Schiffen. Die Subventionen mussten von den für die Handelsmarine und für öffentliche Beteiligungen zuständigen Ministern sowie vom Finanzminister bewilligt werden. In Absatz 7 wurde festgelegt, dass für den ersten Fünfjahreszeitraum ein zusätzlicher Zuschuss gewährt werden konnte, um den wirtschaftlich ausgeglichenen Betrieb der Begünstigten zu gewährleisten.

(87)

Artikel 13 sah die Übertragung der von Lloyd Triestino in der nördlichen Adria betriebenen Seeverkehrsverbindungen zur istrischen Küste an Adriatica vor. Gemäß Absatz 4 dieses Artikels wurden die am 1. Januar 1986 existierenden und von Adriatica bedienten gemischten Fährverbindungen (23) den Bestimmungen der Artikel 8 und 9 des Gesetzes 684/1974 und nachfolgender Änderungen (die die Verbindungen mit großen und kleinen italienischen Inseln betrafen) unterstellt. Infolgedessen wurde der Anwendungsbereich von Artikel 11 des Gesetzes 856/1986 auch auf die von Adriatica betriebenen internationalen Verbindungen ausgedehnt.

(88)

Artikel 15 des Gesetzes 856/1986 sah die Gründung einer staatseigenen Regionalgesellschaft (Saremar) vor, die mit der Erbringung von Verkehrsdiensten für Post und Handel zwischen Sardinien, Korsika und den zuvor von Tirrenia betriebenen benachbarten kleineren Inseln betraut wurde.

(89)

Artikel 12 des Gesetzes 856/1986 sah vor, dass die Tarife für die Dienstleistungen durch Ministerialdekret auf Vorschlag der Unternehmen festgelegt werden sollten. Für Ortsansässige und Wanderarbeitnehmer galten Sondertarife.

(90)

Wie bereits das Gesetz 684/1974 sah auch das Gesetz 856/1986 keine globale Mittelzuweisung für die darin vorgesehenen Finanzierungen vor.

—   Gesetzesdekret Nr. 77 vom 4. März 1989 in der Fassung des Gesetzes Nr. 160 vom 5. Mai 1989

(91)

Der Rechtsrahmen für die ursprünglichen Vereinbarungen wurde, sowohl im Hinblick auf den Personen- als auch im Hinblick auf den Güterverkehr, zuletzt durch das Gesetzesdekret Nr. 77 vom 4. März 1989 über dringliche Maßnahmen in Bezug auf den Seeverkehr und entsprechende Lizenzen (im Folgenden „Gesetzesdekret 77/1989“) geändert, das mit dem Gesetz Nr. 160 vom 5. Mai 1989 Gesetzeskraft erhielt.

(92)

Gemäß Artikel 9 des Gesetzesdekrets 77/1989 konnten Linien, die als für den Personen- und Güterverkehr wesentlich angesehen wurden, ab dem 1. Januar 1990 Ausgleichsleistungen erhalten. Die zu befahrenden Routen und die Häufigkeit der Verbindungen sollten von den Behörden auf Vorschlag der mit der Erbringung der Dienste beauftragten Unternehmen festgelegt werden, die zu diesem Zweck alle fünf Jahre ein Verkehrsdienstplan vorlegen mussten.

(93)

In Bezug auf die Verbindungen zu den Inseln sah Artikel 9 Absatz 3 außerdem vor, dass die Höhe der Ausgleichsleistungen in den Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste festgelegt würden, wobei durchschnittliche und objektive Parameter, die sich aus den Tarifen der nationalen Eisenbahngesellschaft (Ferrovie dello Stato) für gleichwertige Dienstleistungen und Entfernungen ergaben, als Referenz dienen sollte.

2.2.2.   Die ursprünglichen Vereinbarungen

(94)

Bei den ursprünglichen Vereinbarungen handelt es sich um Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste, die im Juli 1991 zwischen dem italienischen Staat und den einzelnen Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe unterzeichnet wurden. Sie waren für alle Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe gleichlautend. Die ursprünglichen Vereinbarungen traten nach ihrem Artikel 2 rückwirkend zum 1. Januar 1989 in Kraft und endeten am 31. Dezember 2008. Die ursprünglichen Vereinbarungen sahen allerdings vor, dass die wirtschaftlichen Beziehungen während der Jahre 1989, 1990 und 1991 von Ad-hoc-Maßnahmen geregelt würden, die nicht Gegenstand dieses Beschlusses sind.

(95)

Gemäß Artikel 3 der ursprünglichen Vereinbarungen wurde die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlung auf der Grundlage eines Antrags festgelegt, den der Begünstigte im Februar eines jeden Haushaltsjahres einreichte. Der Antrag wurde anschließend von den zuständigen Ministerien geprüft und per Ministerialdekret im Mai desselben Jahres genehmigt. Durch die jährliche Subvention sollte dem Unternehmen der Ausgleich des Betriebsdefizits ermöglicht werden.

(96)

In Artikel 5 wurden die verschiedenen Erlös- und Kostenarten, die bei der Berechnung der Ausgleichsleistungen und der Kapitalrendite Artikel 11 des Gesetzes 856/1986 berücksichtigt werden sollten, genau beschrieben.

2.2.3.   Die Fünfjahrespläne

(97)

Nach Artikel 1 der ursprünglichen Vereinbarungen waren in den Fünfjahresplänen die zu bedienenden Routen und anzulaufenden Häfen, die Art und Kapazität der dazu eingesetzten Schiffe, die einzuhaltende Verkehrsfrequenz und das Tarifsystem einschließlich der Fahrpreisermäßigungen insbesondere für Bewohner der Inselregionen festzulegen.

(98)

Der erste Fünfjahresplan (1990-1994) wurde per Ministerialdekret vom 29. Mai 1990 genehmigt und rückwirkend ab 1. Januar 1990 angewandt. Der zweite, mit Dekret vom 14. Mai 1996 genehmigte Plan, der die Jahre 1995-1999 umfasste, ließ die Routen und Verkehrsfrequenzen im Wesentlichen unverändert.

(99)

Der dritte Plan für den Zeitraum 2000-2004 wurde von den Unternehmen im September 1999 den italienischen Behörden vorgelegt und war zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung von 2005 noch nicht genehmigt. Bis zur Annahme dieses Plans wurde den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe durch ein Dekret vom 8. März 2000 die Möglichkeit gegeben, die in Artikel 9 des Gesetzes Nr. 160/1989 genannten Dienste weiterhin zu den Bedingungen des 1999 anzuwendenden Fünfjahresplans 1994-1999 aufrechtzuerhalten.

(100)

Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 teilten die italienischen Behörden der Kommission mit, dass sie von einer förmlichen Annahme von Fünfjahresplänen für die Ζeiträume 2000-2004 und 2005-2008 abgesehen hätten und statt dessen Ad-hoc-Rationalisierungsmaßnahmen getroffen hätten, um die Dienstleistungen besser an die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung anzupassen, ohne jedoch den gemeinwirtschaftlichen Dienst erheblich zu beeinflussen. Eine längerfristige Planung sei aus Budgetgründen nicht mehr möglich gewesen.

2.2.4.   Jährliche Ausgleichszahlungen

2.2.4.1.   Die in der Entscheidung von 2005 bewerteten Ausgleichszahlungen

(101)

Die jährlich geleistete Subvention entsprach dem Nettobetriebsdefizit der im Fünfjahresplan vorgesehenen Dienste zuzüglich eines variablen Betrags als Kapitalrendite. Das Nettobetriebsdefizit ergab sich aus den im betreffenden Zeitraum erzielten Einnahmen und den Kosten für den Betrieb der Routen.

(102)

Nach den ursprünglichen Vereinbarungen war die jährliche Ausgleichszahlung in folgender Weise zu leisten:

a)

im März jedes Jahres eine erste Vorauszahlung in Höhe von 70 % der im Vorjahr gezahlten Subvention,

b)

im Juni eine zweite Zahlung in Höhe von 20 % dieser Subvention

c)

am Ende des Jahres die etwaige Differenz zwischen den geleisteten Zahlungen und dem Betriebsdefizit des laufenden Geschäftsjahres. Hatte das betreffende Unternehmen einen Betrag erhalten, der die Nettokosten (Einnahmen minus Aufwand) der erbrachten Dienste überstieg, so musste es die Differenz innerhalb von fünfzehn Tagen nach Genehmigung der Bilanz erstatten.

(103)

Die zur Berechnung des jährlichen Ausgleichs berücksichtigten Kostenelemente umfassten Provisionen/Anschaffungskosten, Hafen-/Hafentransitgebühren und ähnliche verkehrsbedingte Ausgaben, Betriebskosten, Abschreibungen, Nettofinanzaufwendungen, Verwaltungskosten und sonstige Kosten. Diese Kostenelemente, die im Anhang der ursprünglichen Vereinbarungen aufgeführt wurden, waren für alle Regionalgesellschaften gleich.

(104)

Die Betriebskosten umfassten die Kosten des fahrenden Personals, der Instandhaltung, Versicherungskosten und Ausgaben für Kraftstoffe und Mineralöle. Unter „Verwaltung“ fielen im Wesentlichen die Kosten des landseitigen Personals und der Bürogebäude.

(105)

Nach Angaben der italienischen Behörden beliefen sich die Kosten der Regionalgesellschaften (in Mio. ITL) und die Höhe der Subventionen zwischen 1992 und 2001 (24) auf (25).

Adriatica

Kostenelemente

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

Provisionen usw.

9 750,0

11 940,0

12 432,0

13 915,0

14 224,0

13 949,0

16 307,0

16 376,0

12 702,0

17 451,6

Hafengebühren usw.

12 268,0

13 249,0

15 137,0

19 357,0

20 292,0

20 915,0

24 007,0

23 503,0

21 241,0

31 257,2

Betriebskosten

64 942,0

66 079,0

78 385,0

83 169,0

90 140,0

97 448,0

96 426,0

83 486,0

80 622,0

100 151,6

Abschreibungen

15 086,0

17 502,0

22 761,0

23 706,0

23 719,0

23 727,0

23 463,0

23 286,0

23 351,0

29 053,7

Nettofinanzaufwendungen

4 626,0

- 125,0

11 185,0

9 483,0

4 963,0

- 3 031,0

- 8 050,0

- 12 440,0

- 11 453,0

- 4 172,7

Verwaltung

16 318,0

15 685,0

15 720,0

14 653,0

13 938,0

13 952,0

14 688,0

14 877,0

14 735,0

14 194,8

Sonstige Kosten

4 028,0

- 139,0

2 913,0

2 051,0

2 819,0

7 371,0

8 968,0

2 021,0

- 3 942,0

- 4 116,5

Gesamtkosten (A)

127 018,0

124 191,0

158 533,0

166 334,0

170 095,0

174 331,0

175 809,0

151 109,0

137 256,0

183 819,8

Betriebliche Erträge (B)

64 772,0

79 716,0

80 324,0

95 114,0

95 422,0

94 995,0

114 210,0

126 403,0

109 786,0

155 616,1

Nettoergebnis (B – A)

- 62 246,0

- 44 475,0

- 78 209,0

- 71 220,0

- 74 673,0

- 79 336,0

- 61 599,0

- 24 706,0

- 27 470,0

- 28 203,7

Kapitalrendite

8 258,0

10 615,0

7 819,0

9 304,0

7 935,0

5 788,0

5 271,0

3 646,0

4 377,0

6 147,7

Höhe der jährlichen Subvention

70 504,0

55 090,0

86 028,0

80 524,0

82 608,0

85 124,0

66 870,0

28 352,0

31 847,0

34 351,4

Saremar

Kostenelemente

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

Provisionen usw.

697,0

1 108,0

1 386,7

1 672,9

1 566,7

1 624,0

1 233,0

1 786,4

1 405,8

1 319,0

Hafengebühren usw.

2 308,0

2 505,0

1 929,8

1 898,4

1 776,8

2 099,1

2 508,0

2 096,4

2 250,0

2 265,4

Betriebskosten

22 213,0

24 077,0

23 570,7

23 433,8

26 129,1

26 664,2

28 112,0

29 883,9

23 914,8

20 094,0

Abschreibungen

3 099,0

3 733,0

3 976,8

3 959,8

3 611,8

3 300,5

3 352,0

3 400,4

3 369,0

3 559,1

Nettofinanzaufwendungen

7,0

- 906,0

- 862,7

- 895,0

- 2 233,5

- 2 451,6

- 3 011,0

- 2 933,8

- 313,0

119,5

Verwaltung

3 574,0

3 503,0

3 627,1

3 538,0

3 619,4

3 589,9

3 851,0

3 843,8

3 401,0

3 508,7

Sonstige Kosten

1 621,0

1 918,0

1 666,8

997,8

502,9

1 827,3

3 557,0

2 141,7

2 272,0

239,9

Gesamtkosten (A)

33 519,0

35 938,0

35 295,2

34 605,7

34 973,2

36 653,4

39 602,0

40 218,8

36 299,6

31 105,6

Betriebliche Erträge (B)

7 464,0

8 365,0

9 383,8

11 396,6

11 533,5

11 746,7

11 744,0

12 425,6

12 652,0

13 456,1

Nettoergebnis (B – A)

- 26 055,0

- 27 573,0

- 25 911,4

- 23 209,1

- 23 439,7

- 24 906,7

- 27 858,0

- 27 793,2

- 23 647,6

- 17 649,5

Kapitalrendite

1 342,0

2 641,0

1 606,2

1 781,6

1 560,4

1 172,8

973,0

738,8

828,0

1 075,6

Höhe der jährlichen Subvention

27 397,0

30 214,0

27 517,6

24 990,7

25 000,1

26 079,5

28 831,0

28 532,0

24 475,6

18 725,1

Toremar

Kostenelemente

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

Provisionen usw.

3 743,0

4 651,0

4 897,0

4 767,7

4 932,8

5 356,3

3 687,0

2 433,0

3 660,0

1 808,7

Hafengebühren usw.

3 279,0

3 141,0

2 871,5

3 050,7

3 380,1

3 512,1

4 311,0

3 839,9

4 513,0

4 596,3

Betriebskosten

26 980,0

27 398,0

30 740,3

32 605,1

34 738,3

34 875,0

34 539,0

36 411,1

31 448,0

30 796,0

Abschreibungen

5 218,0

5 210,0

5 171,1

5 164,7

5 176,0

5 180,8

5 151,0

5 158,3

5 169,0

5 634,4

Nettofinanzaufwendungen

- 264,0

- 2 273,0

- 2 456,6

- 2 784,1

- 3 860,2

- 4 706,8

- 4 777,0

- 4 326,5

- 3 590,0

- 3 595,1

Verwaltung

3 535,0

3 107,0

3 424,8

3 259,3

3 259,3

3 553,8

3 291,0

3 655,4

3 632,0

3 631,1

Sonstige Kosten

1 020,0

3 673,0

3 048,5

1 923,9

2 889,8

1 133,9

4 599,0

668,9

843,0

2 031,7

Gesamtkosten (A)

43 511,0

44 907,0

47 696,6

47 987,3

50 516,1

48 905,1

50 801,0

47 840,1

45 675,0

44 903,1

Betriebliche Erträge (B)

27 406,0

30 750,0

32 759,6

31 968,5

32 483,3

31 200,8

29 996,0

32 362,0

34 577,0

35 573,5

Nettoergebnis (B – A)

- 16 105,0

- 14 157,0

- 14 937,0

- 16 018,8

- 18 032,8

- 17 704,3

- 20 805,0

- 15 478,1

- 11 098,0

- 9 329,5

Kapitalrendite

1 367,0

2 145,0

1 312,1

1 408,0

1 285,0

936,5

718,0

588,1

1 993,0

3 033,6

Höhe der jährlichen Subvention

17 472,0

16 302,0

16 249,1

17 426,8

19 317,8

18 640,8

21 523,0

16 066,2

13 091,0

12 363,1

Siremar

Kostenelemente

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

Provisionen usw.

3 180,0

3 786,0

3 398,9

3 224,1

3 146,6

3 501,1

3 691,5

4 799,0

4 065,7

3 604,4

Hafengebühren usw.

5 545,0

5 338,0

5 622,1

5 837,5

6 181,2

6 421,2

6 793,1

6 982,9

7 604,8

7 532,9

Betriebskosten

56 391,0

55 740,0

56 771,1

59 664,1

65 284,6

76 630,0

81 153,8

85 560,1

73 500,7

77 345,1

Abschreibungen

10 174,0

11 203,0

10 767,7

10 991,8

10 968,5

10 918,0

11 008,6

12 494,6

13 734,1

14 419,6

Nettofinanzaufwendungen

- 1 415,0

- 5 007,0

- 5 044,9

- 5 621,5

- 7 387,7

- 8 690,0

- 10 215,8

- 7 687,0

- 4 226,3

3 516,1

Verwaltung

4 462,0

4 064,0

4 179,8

4 522,4

4 845,4

5 251,0

4 479,9

4 515,3

4 903,9

4 418,4

Sonstige Kosten

1 206,0

721,0

2 855,0

2 329,1

2 896,0

3 505,6

9 652,0

3 946,2

3 298,2

3 270,4

Betriebliche Aufwendungen insgesamt

79 543,0

75 845,0

78 549,7

80 947,5

85 934,6

97 536,9

106 563,1

110 611,1

102 881,1

114 106,7

Betriebliche Erträge (B)

26 903,0

30 444,0

32 845,7

33 847,0

32 724,0

35 203,5

37 244,8

40 274,2

43 335,0

47 314,3

Nettoergebnis (B – A)

- 52 640,0

- 45 401,0

- 45 704,0

- 47 100,5

- 53 210,6

- 62 333,4

- 69 318,3

- 70 336,9

- 59 546,1

- 66 792,4

Kapitalrendite

2 874,0

5 334,0

3 336,0

4 363,7

3 888,4

3 155,1

2 599,3

2 211,2

3 940,0

4 248,2

Höhe der jährlichen Subvention

55 514,0

50 735,0

49 040,0

51 464,2

57 099,0

65 488,5

71 917,6

72 548,1

63 486,1

71 040,6

Caremar

(106)

Zur Kapitalrendite liegen absolute Beträge für den gesamten Zeitraum (1992–2001) vor. Darüber hinaus hat Italien der Kommission die für die Jahre von 1998 bis 2001 angenommenen Renditesätze vorgelegt, die zeigen, dass sie sich in diesen Jahren parallel zur Inflation und den Zinsraten bewegten, nämlich von 1,6 % bis 8 % schwankten.

Jahr

Adriatica

Saremar

Toremar

Siremar

Caremar

1998

-

7,1 %

1,90 %

2,70 %

3,30 %

1999

2,30 %

-

1,60 %

2,10 %

2,50 %

2000

2,20 %

6,10 %

5,90 %

4,90 %

3,90 %

2001

2,30 %

8,00 %

8,00 %

5,00 %

6,70 %

(107)

Darüber hinaus hat Italien die Buchführung für jede einzelne Route der einzelnen Unternehmen für den Zeitraum 1992-2001 vorgelegt und die Faktoren erläutert, die die Kosten der einzelnen Gesellschaften und damit die Höhe der Ausgleichszahlungen beeinflussten.

(108)

Insbesondere im Fall von Adriatica unterlag das Verkehrsaufkommen auf den internationalen Verbindungen mit dem ehemaligen Jugoslawien und Albanien erheblichen jährlichen Schwankungen in Abhängigkeit von der politischen Situation in der Region. Die italienischen Behörden führten die erheblichen Schwankungen der Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen (letzte Reihe) auf die Fluktuationen der Nettobetriebskosten auf den internationalen Verbindungen mit Albanien und dem ehemaligen Jugoslawien zurück, die angesichts der politischen Situation auf dem Balkan ausgesetzt wurden. Daneben hat die Einstellung des Betriebs der Verbindungen mit Griechenland im Jahr 2000 zu einer Verringerung der Betriebskosten geführt. Die Nettobetriebskosten und der Subventionsbedarf für die Kabotageverbindungen mit den Inseln des Tremiti-Archipels waren hingegen zwischen 1992 und 2001 insgesamt stabil.

(109)

Im Fall von Saremar erklärte sich die relative Stabilität der Betriebskosten zwischen 1992 und 2001 aus der Art der erbrachten Verkehrsdienste — vorwiegend Kabotageverbindungen zwischen Sardinien und den benachbarten Inseln — die in erster Linie dem Bedarf der lokalen Bevölkerung entsprachen und daher keinen heftigen Angebots- und Nachfrageschwankungen unterlagen. Das Dienstangebot der Gesellschaft — im Hinblick auf Verkehrsfrequenz und Fahrpläne — blieb seit Inkrafttreten der ursprünglichen Vereinbarungen (26) im Wesentlichen unverändert und über das gesamte betrachtete Jahr hinweg praktisch konstant. Dies erklärt die relativ stabile Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen an Saremar.

(110)

Toremar betrieb lokale Verbindungen zu den Toskanischen Inseln, die kaum Angebots- und Nachfrageschwankungen unterlagen, was die relativ geringe Veränderlichkeit der Kosten erklärt. Das Dienstangebot — im Hinblick auf Verkehrsfrequenz und Fahrpläne — der staatlichen Gesellschaft war im Jahr 2000 gegenüber 1992 unverändert (27) und blieb über das gesamte Jahr unabhängig von saisonalen Nachfrageschwankungen praktisch konstant. Die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen blieb über die Jahre recht stabil.

(111)

Das Dienstangebot von Siremar war dem von Saremar und Toremar vergleichbar; das Angebot war seit Inkrafttreten der Vereinbarung über gemeinwirtschaftliche Dienste stabil und für saisonale Schwankungen kaum anfällig. Die im Vergleich zu den Einnahmen hohen Betriebskosten der Gesellschaft wurden teilweise auf die Anzahl der Routen (18 Routen) zurückgeführt, die für die Deckung des Mobilitätsbedarfs der Einwohner der 14 vor Sizilien gelegenen Inseln betrieben wurden.

(112)

Was Caremar betrifft, blieben die von dieser Gesellschaft angebotenen Dienste seit Inkrafttreten der Vereinbarung mit dem Staat im Wesentlichen unverändert (28). Dem Anstieg der Betriebskosten stand ein entsprechender Anstieg der Einnahmen aus den betriebenen Routen gegenüber, sodass die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen relativ stabil blieb.

2.2.4.2.   Die Ausgleichszahlungen nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005

(113)

Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 ergänzte Italien die Informationen über die Ausgleichszahlungen, die die Regionalgesellschaften im Zeitraum 2002-2008 erhalten hatten. Im Einzelnen wurden vorgelegt: i) die durch den Betrieb der Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstandenen Kosten, ii) die Nettoverluste aus der Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Leistungen, iii) die absoluten Zahlen zur Kapitalrendite und iv) die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen an die Regionalgesellschaften.

(114)

Während eines Treffens mit der Kommission im Juni 2012 bestätigte Italien außerdem, dass die für die Berechnung des Ausgleichs berücksichtigten Kostenpositionen seit 1991 unverändert geblieben waren.

(115)

Die vorgelegten Zahlen (in Tsd. EUR) lauten:

Adriatica

Jahr

A) Gesamtkosten

B) Betriebliche Erträge

C) Nettoergebnis (B – A)

Kapitalrendite

Höhe der jährlichen Subvention

2002

100 412,0

76 199,0

- 24 213,0

2 533,0

26 746,0

2003

107 741,0

81 396,0

- 26 345,0

1 958,0

28 303,0

2004  (29)

69 465,0

57 198,0

- 12 267,0

k.A.

k.A.

2005

66 261,0

56 959,0

- 9 302,0

k.A.

k.A.

2006

53 040,0

55 405,0

2 365,0

k.A.

k.A.

2007

55 489,0

59 626,0

4 137,0

k.A.

k.A.

2008

62 751,0

61 069,0

- 1 682,0

k.A.

k.A.

Saremar

Jahr

A) Gesamtkosten

B) Betriebliche Erträge

C) Nettoergebnis (B – A)

Kapitalrendite

Höhe der jährlichen Subvention

2002

20 393,0

7 026,0

- 13 367,0

604,0

13 971,0

2003

20 292,0

6 992,0

- 13 300,0

649,0

13 949,0

2004

21 387,0

6 910,0

- 14 477,0

709,0

15 186,0

2005

22 146,0

7 290,0

- 14 856,0

679,0

15 535,0

2006

22 663,0

8 161,0

- 14 502,0

801,0

15 303,0

2007

21 240,0

8 078,0

- 13 162,0

893,0

14 055,0

2008

21 526,0

8 138,0

- 13 388,0

855,0

14 243,0

Toremar

Jahr

A) Gesamtkosten

B) Betriebliche Erträge

C) Nettoergebnis (B – A)

Kapitalrendite

Höhe der jährlichen Subvention

2002

27 774,0

18 164,0

- 9 610,0

1 448,0

11 058,0

2003

30 571,0

18 559,0

- 12 012,0

1 399,0

13 411,0

2004

32 920,0

18 277,0

- 14 643,0

1 300,0

15 943,0

2005

34 889,0

17 583,0

- 17 306,0

1 261,0

18 567,0

2006

37 355,0

21 364,0

- 15 991,0

1 597,0

17 588,0

2007

36 880,0

22 621,0

- 14 259,0

1 691,0

15 950,0

2008

35 981,0

24 280,0

- 11 701,0

1 699,0

13 400,0

Siremar

Jahr

A) Gesamtkosten

B) Betriebliche Erträge

C) Nettoergebnis (B – A)

Kapitalrendite

Höhe der jährlichen Subvention

2002

62 540,0

23 951,0

- 38 589,0

1 750,0

40 339,0

2003

65 845,0

22 349,0

- 43 496,0

1 743,0

45 239,0

2004

66 288,0

23 283,0

- 43 005,0

1 935,0

44 940,0

2005

85 183,0

22 011,0

- 63 172,0

1 907,0

65 079,0

2006

94 096,0

23 198,0

- 70 898,0

1 935,0

72 833,0

2007

90 501,0

22 585,0

- 67 916,0

2 092,0

70 008,0

2008

96 842,0

23 448,0

- 73 394,0

2 060,0

75 454,0

Caremar

Jahr

A) Gesamtkosten

B) Betriebliche Erträge

C) Nettoergebnis (B – A)

Kapitalrendite

Höhe der jährlichen Subvention

2002

41 931,0

17 850,0

- 24 081,0

1 654,0

25 735,0

2003

47 568,0

21 257,0

- 26 311,0

1 556,0

27 867,0

2004

49 847,0

20 178,0

- 29 669,0

1 438,0

31 107,0

2005

55 910,0

21 380,0

- 34 530,0

1 391,0

35 921,0

2006

59 859,0

25 600,0

- 34 259,0

1 863,0

36 122,0

2007

59 618,0

26 565,0

- 33 053,0

1 895,0

34 948,0

2008

61 481,0

28 065,0

- 33 416,0

1 874,0

35 290,0

(116)

Nach Angaben der italienischen Behörden waren die Veränderungen der einzelnen Kostenelemente der Regionalgesellschaften hauptsächlich auf externe Faktoren wie Inflation und Zinsänderungen zurückzuführen, die sich nicht nur auf die Marktpreise, sondern auch auf den erwarteten Renditesatz ausgewirkt hätten. Bei der Berechnung des obengenannten Renditesatzes seien die Zinssätze der Banken und die durchschnittlichen Zinssätze für Schiffskredite berücksichtigt worden.

(117)

In Bezug auf die Kapitalrendite stellte Italien der Kommission die für die Jahre 2002 und 2003 angenommenen Sätze zur Verfügung, war aber nicht in der Lage, diejenigen für den Zeitraum 2004-2008 vorzulegen.

Jahr

Adriatica

Saremar

Toremar

Siremar

Caremar

2002

1,80 %

5,80 %

6,10 %

3,90 %

5,70 %

2003

1,70 %

12,20 %

6,80 %

3,40 %

6,00 %

(118)

Italien stellte der Kommission außerdem auch die Buchführung für jede einzelne Route von Tirrenia ab 2004 zur Verfügung, um die Kosten aufzuzeigen, die dem Unternehmen für den Betrieb der zuvor von Adriatica bedienten nationalen und internationalen Routen entstanden sind. Es wurde jedoch betont, dass diese Zahlen als bloße Schätzung der tatsächlichen Kosten pro Route angesehen werden sollten, da bestimmte berücksichtigte Kostenelemente nicht den einzelnen Routen anteilig zugeordnet werden könnten.

(119)

Nach diesen Informationen erzielte Tirrenia auf den vormals von Adriatica bedienten Routen die folgenden Ergebnisse (in EUR):

Jahr

Ancona–Durazzo

Ancona–Bar

Bari–Durazzo

Ancona–Split

2004

- 3 267 000

- 653 000

4 041 000

- 3 021 000

2005

k.A.

k.A.

3 701 256

- 4 249 739

2006

k.A.

k.A.

5 503 024

- 145 514

2007

k.A.

k.A.

7 119 285

k.A.

2008

k.A.

k.A.

4 308 702

k.A.

2.2.5.   Investitionen nach Maßgabe des Fünfjahresplans und des Geschäftsplans

(120)

In den Fünfjahresplänen wurden neben den zu bedienenden Routen und den erforderten Verkehrsfrequenzen auch die Investitionen geregelt, die die Begünstigten im betreffenden Zeitraum vorsahen, um den Dienst auf diesen Routen zu gewährleisten. Im Zuge der Ermittlungen wollte die Kommission insbesondere feststellen, wie diese bei der Berechnung der jährlichen Subvention sowie der Anschaffungs- und Amortisationskosten der Schiffe verbucht wurden.

(121)

Desgleichen wollte die Kommission überprüfen, ob die zusätzlichen Investitionen für die Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe für den Zeitraum 1999-2002, die in dem von Tirrenia im März 1999 beschlossenen Geschäftsplan vorgesehen worden waren, Beihilfeelemente enthielten. Mit dem Geschäftsplan wurden vorwiegend folgende Ziele verfolgt:

a)

Den Unternehmen sollte ermöglicht werden, sich auf die infolge der Liberalisierung (1. Januar 1999) geänderten Bedingungen auf dem italienischen Kabotagemarkt einzustellen und sich auf das Auslaufen der mit dem Staat getroffenen ursprünglichen Vereinbarungen im Jahr 2008 vorzubereiten,

b)

Verringerung der Kosten der kraft der ursprünglichen Vereinbarungen geleisteten Dienste,

c)

Unterstützung des Wachstums der Gruppe und optimale Nutzung der verfügbaren Ressourcen,

d)

Schaffung der Voraussetzungen für die Privatisierung der Unternehmen.

(122)

Der Geschäftsplan enthielt Änderungen an den für die Dienste nach Maßgabe der ursprünglichen Vereinbarungen erforderlichen Investitionen, was in der Praxis die Ausmusterung veralteter Schiffe, die Übertragung von Schiffen innerhalb der Gruppe sowie Neuinvestitionen im Umfang von 700 Mrd. ITL (etwa 361,5 Mio. EUR) (30) bedeutete.

2.3.   Steuererleichterungen

(123)

Durch das Gesetzesdekret Nr. 504 vom 26. Oktober 1995 wurden bestimmte Steuervergünstigungen für Mineralöle, die im Seeverkehr als Kraftstoffe verwendet werden, eingeführt. Gemäß Artikel 63 Absatz 3 dieses Dekrets galten für die an Bord genutzten Schmiermittel reduzierte Verbrauchsteuersätze.

(124)

Im Einleitungsbeschluss äußerte die Kommission Zweifel an der Art und Weise, in der diese Steuererleichterung angewendet wurde, und zwar in Bezug auf Schiffe, die zur Instandhaltung in italienischen Häfen lagen. Die Kommission wollte sicherstellen, dass diese Regelung keine diskriminierenden Auswirkungen auf andere Seeverkehrsbetreiber hat, deren Schiffe sich in derselben Situation befinden.

3.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

3.1.   Stellungnahmen vor dem Erlass der Entscheidung von 2005

3.1.1.   Bemerkungen der Gesellschaften der Tirrenia-Gruppe

(125)

Die Gesellschaften der Tirrenia-Gruppe haben mit Schreiben vom 22. November 1999 zum Einleitungsbeschluss Stellung genommen. Im Wesentlichen wandten sich die Unternehmen gegen die Einstufung der im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen geleisteten Ausgleichszahlungen als „neue Beihilfen“ und zweifelten daher die Rechtmäßigkeit der Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens an. Die betroffenen Unternehmen machten insbesondere geltend, dass die Kommission seit Langem Kenntnis vom Bestehen einer Ausgleichsregelung für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gehabt habe, ohne je Einwände hiergegen vorgebracht zu haben. Ferner wäre die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen an die öffentlichen Betreiber durchaus angemessen und auf die aus den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erwachsenden zusätzlichen Nettokosten beschränkt. Daher würden diese Zuwendungen keine Beeinträchtigung des Wettbewerbs mit anderen auf diesem Markt tätigen Betreibern darstellen.

(126)

Tirrenia, Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar erhoben zudem Nichtigkeitsklage vor dem Gericht gemäß Artikel 263 Absatz 4 AEUV (siehe auch Erwägungsgrund 5).

3.1.2.   Bemerkungen der privatwirtschaftlichen Betreiber

(127)

Der Kommission gingen Stellungnahmen verschiedener privatwirtschaftlicher Betreiber zu, die auf einigen Routen mit Caremar, Saremar und Toremar im Wettbewerb standen. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a)

Die Unternehmen der Tirrenia-Gruppe würden auf den Routen, auf die der Wettbewerb mit privatwirtschaftlichen Betreibern sich konzentrierte, eine aggressive Geschäftspolitik mit Dumpingpreisen, Rabattsystemen und Zahlungsaufschubsregelungen betreiben, die nur mit Subventionen der öffentlichen Hand erklärbar seien.

b)

Den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen würde es an Transparenz fehlen, und die den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe erteilte Befugnis zur Änderung des Umfangs der auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, insbesondere in Bezug auf die zu bedienenden Routen, die Fahrpläne und die einzuhaltenden Verkehrsfrequenzen, sei mit dem Wesen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen unvereinbar.

c)

Angesichts der von privatwirtschaftlichen Betreibern angebotenen Dienste auf einigen von den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe bedienten Routen würde die Notwendigkeit der Erbringung eines gemeinwirtschaftlichen Dienstes sehr fraglich erscheinen.

d)

Die Finanzierungsbedingungen der seit 1995 vorgenommenen oder im Geschäftsplan vorgesehenen Investitionen würden Beihilfeelemente enthalten, nicht zuletzt im Hinblick auf den Zugang der Unternehmen der Tirrenia-Gruppe zu günstigeren privaten Finanzierungsmöglichkeiten.

e)

Die Unternehmen der Tirrenia-Gruppe würden in den Genuss der steuerlichen Vorzugsregelung für Mineralöle kommen, die auf italienische Häfen anlaufenden Schiffen der Gesellschaft verbraucht würden.

3.2.   Stellungnahmen nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005

(128)

Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 durch das Gericht forderte die Kommission die Beteiligten auf, zu der Nichtigerklärung und deren Auswirkungen Stellung zu nehmen (siehe auch Abschnitt 1.3).

(129)

Die Kommission erhielt nur Stellungnahmen der Begünstigten der zu prüfenden Maßnahmen. Darin hieß es im Wesentlichen, dass die Kommission unter Würdigung aller relevanten rechtlichen und tatsächlichen Umstände, einschließlich der zusätzlichen Gründe, die die Antragsteller im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht vorgetragen haben, zu dem Schluss kommen sollte, dass die betreffenden Maßnahmen

a)

keine staatliche Beihilfe darstellen oder

b)

eine bestehende Beihilfe darstellen, sofern die italienische Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste i) auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags zurückgeht, ii) von der Europäischen Kommission ausdrücklicher oder stillschweigend genehmigt wurde (31) und iii) jedenfalls vor dem Inkrafttreten der Seekabotageverordnung bestand.

4.   STELLUNGNAHME ITALIENS

4.1.   Stellungnahmen vor dem Erlass der Entscheidung von 2005

4.1.1.   Die aufgrund der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gezahlten Subventionen

(130)

Mit Schreiben vom 29. September 1999 übermittelten die italienischen Behörden ihre Stellungnahme zu dem Beschluss, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten. Ihrer Auffassung nach erlaubte Artikel 4 der Seekabotageverordnung die vollständige Entfaltung der Wirkung aller mit den einzelnen Unternehmen der Tirrenia-Gruppe getroffenen ursprünglichen Vereinbarungen bis zu deren Ablauf Ende 2008. Daher könne das durch die ursprünglichen Vereinbarungen geschaffene System der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen durch die Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens nicht infrage gestellt werden.

(131)

Die italienischen Behörden bestritten ferner, dass es sich um neu eingeführte Beihilfen im Sinne von Artikel 108 Absatz 3 AEUV handelte und dass diese Beihilfen geeignet waren, vor der Öffnung des italienischen Kabotagemarkts am 1. Januar 1999 den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(132)

Neben diesen allgemeinen Bemerkungen hoben die italienischen Behörden hervor, dass die privatwirtschaftlichen Betreiber vielfach erst seit Kurzem und nur begrenzt — nämlich nur auf wenigen Routen und vorwiegend im Sommer — auf den von den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe bedienten Routen tätig gewesen seien. Ferner würde die Methode zur Berechnung der jährlichen Ausgleichzahlung, die darin bestehe, die im Sommer erzielten Erträge von den im Winter akkumulierten Verlusten abzuziehen, dazu beitragen, die Höhe der Ausgleichszahlung auf das unverzichtbare Mindestmaß zu beschränken.

(133)

Daher seien die Ausgleichszahlungen notwendig und den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, deren Festlegung im Ermessen des Mitgliedstaats liege, durchaus angemessen.

(134)

In Bezug auf die Verletzung der Wettbewerbsregeln durch Adriatica auf der betriebenen Verbindung zwischen Italien und Griechenland betonten die italienischen Behörden, dass die Kommission zu diesem Zeitpunkt noch nicht endgültig in dieser Sache entschieden hätte. Sie bestanden darauf, dass die beiden Verfahren völlig unabhängig voneinander seien, dass die Beihilfe jedenfalls nicht zur Finanzierung wettbewerbswidrigen Verhaltens verwendet würde, dass die Erklärung der Unvereinbarkeit einer zusätzlichen Sanktion gleichkäme und dass die Rückforderung nicht nur Adriatica, sondern den gesamten Privatisierungsprozess gefährden würde.

4.1.2.   Investitionen nach Maßgabe des Geschäftsplans

(135)

Die italienischen Behörden hoben hervor, dass durch die im Geschäftsplan vorgesehenen Investitionen die Kosten der Dienste bei Wahrung eines hohen Qualitätsniveaus gesenkt werden sollten. Ferner würden die Finanzierungsbedingungen der vorgesehenen Investitionen keine Beihilfeelemente enthalten, da diese Finanzierung teils durch Eigenmittel der betreffenden Unternehmen und teils durch unter üblichen Marktbedingungen verhandelten Darlehen erfolge.

4.1.3.   Steuererleichterungen

(136)

Die italienischen Behörden haben den Rechtsrahmen für die steuerliche Behandlung von Mineralölen, die als Kraftstoff für die Seefahrt genutzt werden, erläutert. Aus den der Kommission übermittelten Informationen geht hervor, dass die im Gesetzesdekret Nr. 504/1995 vorgesehene steuerliche Vorzugsbehandlung durch den Beschluss zur allgemeinen Anwendung vom 2. März 1996, der gemäß diesem Dekret erlassen wurde, auf alle Kraft- und Schmierstoffe ausgedehnt wurde, die von Schiffen, welche zwecks Instandhaltungsarbeiten in Häfen liegen, verbraucht werden.

(137)

Gleichzeitig hat Italien, wie in Erwägungsgrund 5 erwähnt, beim Gerichtshof Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung zur Einleitung des Verfahrens, soweit diese die Aussetzung der Beihilfen verfügte, erhoben.

4.2.   Stellungnahmen nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005

(138)

Im April 2010 forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, ihre Kommentare zur Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 durch das Gericht abzugeben und bestimmte Aspekte der von Adriatica und Saremar betriebenen internationalen Routen zu erörtern. Die Kommission forderte außerdem eine detaillierte Beschreibung des Ausgleichsmechanismus für den Betrieb der betreffenden Routen einschließlich aller nachfolgenden Änderungen der Berechnungsmethode für den Ausgleich und die Kapitalrendite.

(139)

Die italienischen Behörden wiesen in ihrer Antwort erneut darauf hin, dass die fraglichen Maßnahmen als bestehende Beihilfen zu qualifizieren seien, wie bereits im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens festgestellt und nachgewiesen worden sei. Sowohl die Vergabekriterien als auch die Methode für die Berechnung des Ausgleichs für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen seien durch das Dekret 2081/1936, das später durch das Gesetz 684/1974 aufgehoben wurde, sowie durch das Dekret 2082/1936 geregelt worden. Tatsächlich seien in Artikel 2 des Dekrets 2081/1936 die Routen von nationalem Interesse festgelegt worden, und Artikel 6 habe bestimmt, dass die zusätzlichen Kosten, die den Unternehmen beim Betrieb der betreffenden Routen entstehen, vom Staat im Rahmen von Verträgen mit zwanzigjähriger Laufzeit übernommen würden.

(140)

Die italienischen Behörden behaupteten, dass die nachfolgenden Änderungen des Rechtsrahmens für die Regelung der gemeinwirtschaftlichen Seeverkehrsdienste lediglich bewirkt hätten, dass einerseits die den Begünstigten anvertrauten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verschärft wurden, andererseits die Mechanismen für die Berechnung des Ausgleichs überarbeitet wurden, um den Beitrag aus öffentlichen Mitteln zu begrenzen.

(141)

Die italienischen Behörden betonten, dass das Gesetz 856/1986 die jährliche Ausgleichszahlung als Differenz zwischen Einnahmen und Kosten, die beim Betrieb des Dienstes anfallen, definiert habe, die auf der Grundlage objektiver Parameter anstelle historischer Kosten berechnet würde und eine angemessenen Rendite enthielt. Nach Ansicht der italienischen Behörden war diese Neuregelung besonders relevant, da sie den Unternehmen Effizienzanreize bot.

(142)

Nach dem Vorbringen der italienischen Behörden würden die gleichen Überlegungen in Bezug auf die Ausgleichszahlungen an die Regionalgesellschaften gelten. Insbesondere sei die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen durch das Gesetz 34/1953 eingeführt worden, das vier subventionierte geografische Sektoren vorsah:

a)

Toskanische Inseln (Toremar),

b)

Parthenopäische Inseln und Pontinische Inseln (Caremar),

c)

Äolische Inseln (Siremar),

d)

Ägadische Inseln, Pelagische Inseln, Ustica und Pantelleria (Siremar).

(143)

Die Verbindungen zwischen den kleinen sardischen Inseln und Korsika seien von Tirrenia aufgrund des Ministerialdekrets vom 5. Januar 1937 betrieben worden, mit dem die Verbindungen mit La Maddalena, Palau, Bonifacio, Carloforte, Calasetta und Portovesme dem dritten geografischen Sektor der Routen von nationalem Interesse zugeordnet wurden. Es handle sich dabei um die von Saremar betriebenen Verbindungen, die 1988 aus Tirrenia ausgegliedert wurden.

(144)

Die italienischen Behörden wiesen ferner darauf hin, dass durch das selbe Dekret die von Adriatica betriebenen Verbindungen mit Griechenland, Albanien und den Tremiti-Inseln dem Sektor IV der Routen von nationalem Interesse zugeordnet wurden (siehe Erwägungsgrund 59).

(145)

Die italienischen Behörden gelangten folglich zu dem Schluss, dass zwischen der Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste, die Gegenstand der Entscheidung von 2005 war, und dem historischen Rechtsrahmen für die Seeverbindungen mit den Inseln eine ausreichende Kontinuität bestehe. Vor diesem Hintergrund waren die italienischen Behörden der Ansicht, dass die Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags und der Seekabotageverordnung zurückging.

5.   WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG

5.1.   Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

5.1.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(146)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(147)

Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegten Kriterien sind kumulativ. Um feststellen zu können, ob die angemeldeten Maßnahmen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, müssen daher alle vorstehend genannten Bedingungen erfüllt sein. Im Einzelnen muss die finanzielle Unterstützung:

a)

staatlich sein oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden,

b)

bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen,

c)

den Wettbewerb verzerrt oder zu verzerren drohen,

d)

den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(148)

Staatliche Mittel : Die fraglichen Beihilfen werden eindeutig vom Staat und aus staatlichen Mitteln gewährt.

(149)

Wirtschaftlicher Vorteil : Zur Prüfung, ob die Ausgleichsleistungen für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienste einen Vorteil im Sinne von Artikel 107 AEUV darstellen, hat das Gericht in seinem Urteil in der Sache Altmark (32) folgende Kriterien aufgestellt:

(1)

Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein („erstes Altmark-Kriterium“).

(2)

Die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden („zweites Altmark-Kriterium“).

(3)

Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns ganz oder teilweise zu decken („drittes Altmark-Kriterium“).

(4)

Erfolgt die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines öffentlichen Vergabeverfahrens, das die Auswahl desjenigen Bieters ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen würde, ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes, angemessen ausgestattetes Unternehmen in diesem Fall zu tragen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind („viertes Altmark-Kriterium“).

(150)

Das vierte Altmark-Kriterium gilt als erfüllt, wenn die Empfänger des Ausgleichs im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ausgewählt wurden, das die Auswahl desjenigen Bieters ermöglicht, der die Dienstleistungen zu den geringsten Kosten erbringt oder, wenn das nicht der Fall ist, der Ausgleich unter Berücksichtigung der Kosten eines effizienten Unternehmens berechnet wurde.

(151)

Im vorliegenden Fall wurden die Empfänger nicht im Rahmen eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens ausgewählt. Zudem hat Italien nicht nachgewiesen, dass die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wurde, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen berücksichtigt wurden.

(152)

Da es sich bei den Altmark-Kriterien um kumulative Kriterien handelt, reicht die Nichterfüllung des vierten Kriteriums aus, um das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils zugunsten der Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe festzustellen.

(153)

Selektivität : Die fraglichen Beihilfen haben selektiven Charakter, da sie bestimmten Seeverkehrsunternehmen gewährt werden.

(154)

Verzerrung des Wettbewerbs und Auswirkung auf den Handel : Stärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte staatliche Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im Handel innerhalb der Union, so muss dieser als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden. Es reicht dabei aus, dass der Empfänger auf wettbewerbsoffenen Märkten mit anderen Unternehmen in Konkurrenz tritt. Im vorliegenden Fall sind die Begünstigten insbesondere nach der Liberalisierung des internationalen Seeverkehrsmarkts und der Seekabotage durch die Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates (33) und die Seekabotageverordnung im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die Seeverkehrsdienste in der Union anbieten, tätig. Daher kann die hier geprüfte öffentliche Ausgleichsleistung den Handel in der Union beeinträchtigen und den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts verzerren.

(155)

Aus den vorstehenden Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Ausgleich, der den Regionalgesellschaften der Tirrenia-Gruppe für den Betrieb von Kabotageverbindungen und internationalen Verbindungen zwischen 1992 und 2008 gezahlt wurde, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

5.1.2.   Einstufung der fraglichen Beihilfe als bestehende oder als neue Beihilfe

(156)

Nachdem festgestellt wurde, dass der Ausgleich, der den Regionalgesellschaften der Tirrenia-Gruppe für den Betrieb von Kabotageverbindungen und internationalen Verbindungen zwischen 1992 und 2008 gezahlt wurde, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, muss die Kommission ermitteln, ob es sich dabei um eine bestehende oder eine neue staatliche Beihilfe handelt.

(157)

Zu diesem Zweck muss zwischen Kabotageverbindungen und internationalen Verbindungen unterschieden werden.

5.1.2.1.   Kabotageverbindungen

(158)

In Bezug auf den Betrieb von Kabotageverbindungen hat das Gericht mit dem Urteil von 2009 die Entscheidung von 2005 teilweise für nichtig erklärt, mit der Begründung, dass die Kommission Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung, wonach „[b]estehende Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes […] bis zum jeweiligen Ablaufdatum gültig bleiben [können]“ nicht richtig angewandt hat.

(159)

In seinem Urteil von 2009 betrachtete das Gericht diese Bestimmung als typische Anciennitätsklausel (34) und vertrat die Auffassung, dass Ausgleichszahlungen, die für die Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen „erforderlich“ (35) sind, eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung darstellen und als solche nicht der Vereinbarkeitsüberprüfung unterliegen.

(160)

Das Gericht verwies auf die Randnummern 60-66 des Urteils des Gerichtshofs vom 10. Mai 2005 in der Rechtssache C-400/99 (36), in der die Große Kammer Folgendes festgestellt hat:

„Nach Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3577/92, […], können am 1. Januar 1993 bestehende Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste bis zum jeweiligen Ablaufdatum gültig bleiben. Nun enthalten derartige Verträge von Natur aus finanzielle Bestimmungen, die erforderlich sind, um die darin vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu gewährleisten. Soweit der Wortlaut des Artikels 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3577/92 die Aufrechterhaltung der betreffenden Verträge vorsieht, ohne den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf bestimmte Aspekte dieser Verträge zu beschränken, sind die finanziellen Regelungen zur Gewährleistung der darin enthaltenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen durch diesen Artikel 4 Absatz 3 gedeckt. Die Kommission vertritt daher fälschlich die Auffassung, dieser genehmige lediglich die Aufrechterhaltung etwaiger ausschließlicher oder spezifischer Rechte aus diesen Verträgen. Im Übrigen hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung keine solche restriktive Auffassung vertreten, da sie anerkannt hat, dass die Mechanismen für die Finanzierung der fraglichen Verträge im Rahmen der Finanzierung der mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verbundenen zusätzlichen Kosten durch Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3577/92 gedeckt seien“ (Randnummer 64);

und

„[…] etwaige Beihilfen, die über das hinausgehen, was zur Gewährleistung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich ist, die Gegenstand der fraglichen Verträge sind, nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 3577/92 fallen [können], eben weil sie nicht für die Ausgeglichenheit und damit die Aufrechterhaltung solcher Verträge erforderlich sind. Sie können daher nicht auf der Grundlage dieser Bestimmung als bestehende Beihilfen anerkannt werden“ (Randnummer 65).

(161)

Um festzustellen, ob eine Maßnahme eine neue Beihilfe oder eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung darstellt, muss die Kommission nach dem oben angeführten Urteil den Umfang der Beihilfe ermitteln, der „zur Gewährleistung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich ist, die Gegenstand der am 1. Januar 1993 bestehenden Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste sind“. Nach Ansicht der Kommission geht eine solche Erforderlichkeitsprüfung über die Prüfung der Verhältnismäßigkeit hinaus, die die Kommission zur Beurteilung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV durchführt. Wenn die beiden Prüfungen die gleiche Tragweite hätten, könnten neue Beihilfen, die die Voraussetzungen von Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung nicht erfüllen, niemals auf der Grundlage von Artikel 106 Absatz 2 AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, da sie einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unter dieser Vorschrift zwangsläufig nicht standhalten würden. Daher geht die Kommission davon aus, dass der Gerichtshof, indem er jede Beihilfe, die „zur Gewährleistung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich ist, die Gegenstand der am 1. Januar 1993 bestehenden Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste sind“ als bestehende Beihilfe betrachtete, darin jeden Ausgleich einbezog, die in direktem Zusammenhang mit den genannten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen stehen. Ein solcher direkter Zusammenhang besteht beispielsweise dann, wenn der Vertrag die Höhe des Ausgleichs oder die Methode für seine Berechnung festlegt, oder wenn jedenfalls klar ist, dass der Vertrag über öffentliche Dienstleistungen ohne die Ausgleichsleistung nicht abgeschlossen worden wäre.

(162)

Daher wird die Kommission nur den Ausgleich für den Betrieb der Kabotageverbindungen als neue Beihilfe behandeln, der in den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Seekabotageverordnung bestehenden Verträgen über gemeinwirtschaftliche Leistungen keine Rechtsgrundlage hat.

(163)

Im vorliegenden Fall wurden die ursprünglichen Vereinbarungen vor Inkrafttreten der Seekabotageverordnung, nämlich im Juli 1991 geschlossen, und es bestand ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausgleich und den darin vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen.

(164)

Durch die in den ursprünglichen Vereinbarungen festgelegten jährlichen Subventionen sollte den Regionalgesellschaften der Ausgleich des Betriebsdefizits ermöglicht werden. Die für die Berechnung des Ausgleichs relevanten Kostenelemente, wie in Erwägungsgrund 103 erwähnt, wurden in Artikel 5 der ursprünglichen Vereinbarungen festgelegt und umfassten die Anschaffungs-, Werbe- und Unterbringungskosten, die Be- und Entladekosten und die Manövrierkosten, die Kosten des landseitigen Personals, die Kosten für die Instandhaltung der Schiffe, die Verwaltungskosten, die Versicherungskosten, die Kosten für Mieten und Leasing, die Kraftstoffkosten sowie Steuern und Abschreibungen. Alle diese Kostenelemente betrafen die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen und wurden von den Behörden festgelegt, ohne den Unternehmen irgendeinen Ermessensspielraum zu lassen.

(165)

Darüber hinaus waren die zwischen dem italienischen Staat und jeder der fünf Regionalgesellschaften geschlossenen ursprünglichen Vereinbarungen mit der ursprünglichen Vereinbarung zwischen dem italienischen Staat und Tirrenia identisch (siehe Erwägungsgrund 94) und stellten auf dieselben Kostenelemente ab. In ihrer Entscheidung von 2001 zu Tirrenia stellte die Kommission fest, dass diese Kostenelemente für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen vollkommen notwendig waren, da sie alle festen und variablen Kosten reflektierten, die unmittelbar mit der Erbringung der Dienste verbunden waren, die von den Behörden als Dienste im allgemeinen öffentlichen Interesse bezeichnet wurden und als solche in den ursprünglichen Vereinbarung vorgesehen waren (37). In Bezug auf die Abschreibung der Schiffe war die Kommission der Ansicht, dass dieses Kostenelement als notwendig für die Erbringung des Dienstes betrachtet werden könnte, sofern die betreffenden Schiffe ausschließlich für die in den ursprünglichen Vereinbarungen genannten Dienste eingesetzt wurden (38). Die obigen Überlegungen gelten sinngemäß auch für die Regionalgesellschaften.

(166)

In Anbetracht des direkten Zusammenhangs zwischen dem Ausgleich und dem Betrieb der Kabotagerouten, die von den Regionalgesellschaften im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen bedient wurden, gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass dieser Ausgleich erforderlich war, um die zusätzlichen Kosten der in der ursprünglichen Vereinbarung vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu decken.

(167)

An dieser Schlussfolgerung würde sich nichts ändern, wenn die Kommission gehalten wäre, zu überprüfen, ob die jährlichen Ausgleichszahlungen an die Regionalgesellschaften auf das für die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Dienste erforderliche Mindestmaß beschränkt waren. Die Analyse i) des Mechanismus zur Berechnung des Ausgleichs, ii) der Einnahmen des Unternehmens und iii) der für den Betrieb von Kabotageverbindungen im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen anfallenden zusätzlichen Kosten zeigt, dass der Ausgleich, der diesen Unternehmen im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen gezahlt wurde, den Zusatzkosten für die Erfüllung der den Empfängern auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen absolut angemessen war.

(168)

Erstens wurde die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlung unter Berücksichtigung der Betriebserträge berechnet, die die einzelnen Regionalgesellschaften auf den von den ursprünglichen Vereinbarungen betroffenen Routen erwirtschafteten und die von dem Betriebsdefizit auf dem gesamten Routennetz abgezogen wurden (Artikel 3 der ursprünglichen Vereinbarungen). Durch diese Berechnungsmethode, nach der die in der Hochsaison erwirtschafteten Erträge zur Verringerung des außerhalb der Saison entstehenden Defizits beitragen sollten, konnte die Höhe der Subventionierung der öffentlichen Unternehmen begrenzt werden, damit die Höhe der sich ergebenden jährlichen Ausgleichszahlung unter der Summe der auf den einzelnen Routen anfallenden Defizite blieb.

(169)

Zweitens unterlagen die Erträge des Unternehmens in zweierlei Hinsicht tariflichen Beschränkungen, und zwar einerseits in Bezug auf die Fahrpreisermäßigungen für bestimmte soziale Kategorien und andererseits in Bezug auf die Verpflichtung, jede Fahrpreisänderung von den Behörden genehmigen zu lassen. Aus den von den italienischen Behörden übermittelten Informationen geht nämlich hervor, dass es den Regionalgesellschaften nicht frei stand, die Fahrpreise insbesondere an die Entwicklung der Betriebskosten anzupassen (39). In der Entscheidung von 2001 hat die Kommission bereits festgestellt, dass diese doppelte Beschränkung, die zu einer deutlichen Senkung der Einnahmen der Unternehmen führte und sich auf die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlung auswirkte, nicht als aggressive Geschäftspraxis mit Dumpingpreisen charakterisiert werden konnte.

(170)

Drittens haben die italienischen Behörden der Kommission Informationen zu den Kosten übermittelt, die den Regionalgesellschaften zwischen 1992 und 2008 für den Betrieb der Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstanden sind. Insbesondere hat Italien in Bezug auf den Betrieb der im Rahmen des gemeinwirtschaftlichen Dienstes betriebenen Routen im Zeitraum 1992-2008 Folgendes vorgelegt:

die von allen Regionalgesellschaften (40) zwischen 1992 und 2008 verbuchten Gesamtkosten, Betriebserträge und Kapitalrendite sowie die entsprechenden jährlichen Subventionsbeträge,

die Betriebskonten pro Route der einzelnen Unternehmen für die Zeiträume 1992-2001 und 2004-2008,

die Renditesätze, die Adriatica für den Zeitraum 1999-2003, Saremar für das Jahr 1998 und den Zeitraum 2000-2003 und Toremar, Siremar und Caremar für den Zeitraum 1998-2003 eingeräumt wurden (mit einer Größenordnung von 1,6 % bis 12,2 %).

(171)

Die vorgelegten Daten (vgl. Tabellen in Erwägungsgrund 115) zeigen, dass die Kosten in der Zeit zwischen 2002 und 2008 größtenteils unter den durchschnittlichen Kosten lagen, die für den Betrieb der Routen im Bezugszeitraum, der der Entscheidung von 2005 zugrunde lag (nämlich 1992-2001), angefallen waren.

(172)

In Bezug auf die Kapitalrenditen wurden in den ursprünglichen Vereinbarungen die verschiedenen Komponenten des investierten Kapitals genau definiert, und die Verzinsungssätze wurden nach Maßgabe der Marktsätze so festgelegt, dass für jede Komponente ein angemessener Ertrag gegeben war. Trotz des Fehlens von Daten zur Kapitalrendite, die den Unternehmen im Zeitraum 2004-2008 eingeräumt wurde, stellt die Kommission fest, dass die Kapitalrendite mit wenigen Ausnahmen zwischen 2001 und 2003 kontinuierlich gesunken ist (siehe Tabellen in den Erwägungsgründen 106 bis 117). Dieser Trend in Verbindung mit der insgesamt stabilen absoluten Kapitalrendite im Zeitraum 2001-2008 (siehe Tabellen in den Erwägungsgründen 105 und 115) (41) lässt vermuten, dass der an die Unternehmen für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gezahlte Ausgleich während der gesamten Dauer der ursprünglichen Vereinbarungen angemessen war. In Anbetracht dessen bleibt die Kommission bei ihrer in der Entscheidung von 2005 zum Ausdruck gebrachten Einschätzung, dass die Kapitalerträge auf eine vernünftige Höhe festgesetzt wurden.

(173)

Unter Berücksichtigung des direkten Zusammenhangs zwischen dem gezahlten Ausgleich und den in den ursprünglichen Vereinbarungen verankerten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, sowie — ohne dass es darauf ankäme — der Verhältnismäßigkeit des Ausgleichs, gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der bis 2008 gewährte Ausgleich für die Kabotageverbindungen eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung darstellt.

(174)

Da der Ausgleich für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den Kabotageverbindungen eine bestehende Beihilfe darstellt und die Entscheidung von 2005 in vollem Umfang, einschließlich in Bezug auf die Bedingungen im Zusammenhang mit dem Betrieb von Kabotageverbindungen durch Caremar, vom Gericht für nichtig erklärt wurde, bedarf es keiner weiteren Prüfung durch die Kommission, ob diese Bedingungen vom Begünstigten bei der Umsetzung des Beschlusses von 2005 letztendlich erfüllt wurden oder ob sie überhaupt notwendig waren. Der Ausgleich für die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den Kabotageverbindungen stellt eine bestehende Beihilfe dar, ist jedoch nicht mehr in Kraft. Dementsprechend würde es keinen Sinn machen, Italien zweckdienliche Maßnahmen nach Artikel 108 Absatz 1 AEUV vorzuschlagen, da solche Maßnahmen die Beihilfe nur für die Zukunft ändern könnten. Folglich erübrigt es sich für die Kommission, die Vereinbarkeit dieser bestehenden Beihilfen zu prüfen, die nicht mehr in Kraft sind.

5.1.2.2.   Internationale Verbindungen

(175)

Die Erbringung von Verkehrsdiensten auf internationalen Seeverbindungen fällt in den Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86, die keine Anciennitätsklausel ähnlich der in Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung enthält.

(176)

Nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (42) (im Folgenden die „neue Verfahrensverordnung“) sind bestehende Beihilfen „alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des AEUV in dem entsprechenden Mitgliedstaat bestanden, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die vor Inkrafttreten des AEUV in dem entsprechenden Mitgliedstaat eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind“.

(177)

Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (43) („Durchführungsverordnung) definiert die Änderung einer bestehenden Beihilfe als „jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. Eine Erhöhung der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe bis zu 20 % wird jedoch nicht als Änderung einer bestehenden Beihilfe angesehen“.

(178)

Nach ständiger Rechtsprechung (44) sind nicht alle Änderungen bestehender Beihilfen als Umwandlung der bestehenden Beihilfe in neue Beihilfe anzusehen, sondern die ursprüngliche Regelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Maßstab für diese Bewertung sind die Bestimmungen, in denen die Beihilfe geregelt wird, sowie die dort vorgesehenen Modalitäten und Beschränkungen. (45) Die Verlängerung einer Beihilfemaßnahme stellt jedoch eine neue Beihilfe dar (46).

(179)

Wie das Gericht in seinem Urteil von 2009 festgestellt hat, betreffen Änderungen nicht den Kern der Beihilfe, wenn sie die Rechtsvorschriften, mit denen die Beihilfe festgelegt wurde, hinsichtlich der Natur der Vorteile oder des Inhalts der Tätigkeit, für die der Vorteil gilt, nicht ändern (47).

Änderungen des Rechtsrahmens für gemeinwirtschaftliche Dienste

(180)

Von den fünf Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe waren lediglich Adriatica und Saremar im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen auf internationalen Routen tätig.

(181)

Die Kommission muss prüfen, ob die diesen Unternehmen für die Erbringung internationaler Seeverkehrsdienste gewährten Ausgleichsleistungen eine neue oder eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 1 der neuen Verfahrensverordnung darstellen. Zu diesem Zweck muss die Kommission prüfen, ob die Beihilfemaßnahme seit Inkrafttreten des AEUV von wesentlichen Änderungen der Art des Vorteils, des verfolgten Ziels, des Begünstigten oder der Finanzierungsquelle betroffen ist. Solche Änderungen würden eine neue Beihilfe beinhalten.

(182)

Die Kommission stellt fest, dass die Finanzierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Bezug auf internationale Verbindungen in mehreren Aspekten eine Reihe wesentlicher Änderungen erfahren hat, wie nachstehend ausgeführt.

a)

Beihilfeempfänger

(183)

Mit den Dekreten von 1936 wurden vier Unternehmen (Italia, Lloyd Triestino, Tirrenia und Adriatica) mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Bezug auf Routen von nationalem Interesse betraut, die sowohl nationale als auch internationale Routen des Passagier- und Frachtverkehrs umfassten. Diese Dekrete enthielten eine abschließende Liste der Unternehmen, die mit dem Betrieb von Routen von nationalem Interesse betraut waren. Die Regionalgesellschaften wurden erst später, nach der Aufhebung des Dekrets 2081/1936, gegründet und mit der Erbringung von Post- und gewerblichen Diensten rein lokaler Art betraut, und zwar Caremar, Toremar und Siremar aufgrund des Gesetzes Nr. 169/1975 und Saremar aufgrund des Gesetzes 856/1986 (siehe Erwägungsgründe 83 und 88).

b)

Routen

(184)

Die meisten internationalen Routen, die Gegenstand der vorliegenden Bewertung sind, wurden nach Inkrafttreten des EG-Vertrags als Routen mit gemeinwirtschaftlichem Dienst errichtet.

(185)

In Bezug auf Adriatica wurde in den Dekreten von 1936 nur der Betrieb der Route Bari–Durazzo ausdrücklich vorgesehen. Es handelte sich dabei jedoch nur um eine Route für den Passagierverkehr, während die Verbindung Bari–Durazzo, die Gegenstand der vorliegenden Bewertung ist, eine gemischte Route (Passagier- und Frachtverkehr) ist.

(186)

In den Dekreten von 1936 war keine Route zwischen den italienischen Häfen Ancona oder Bari und Bar (Montenegro) oder Split (Kroatien) vorgesehen. Nach Angaben der italienischen Behörden nahm Adriatica 1978 den Betrieb der Route Ancona–Split und 1997 den Betrieb der Route Ancona–Bar auf.

(187)

Die Verbindung Triest–Durazzo wurde 1983 eingeführt, um die Handelsbeziehungen zwischen Albanien und den Ländern Westeuropas auszubauen. In den Listen der Routen, die auf der Grundlage der Dekrete von 1936 festgelegt wurden, gab es keine Verbindung von Triest nach Albanien.

(188)

Das gleiche gilt für die Route Brindisi-Korfu-Igoumenitsa-Patras. Die italienischen Behörden konnten der Kommission keine Belege vorlegen, aus denen eindeutig hervorgeht, wann die Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras eingerichtet wurde. Italien bringt vor, dass die Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras in den Anwendungsbereich der Dekrete von 1936 fällt, da sich zu diesem Zeitpunkt unter den im Dekret 2081/1936 festgelegten Routen von nationalem Interesse des Sektors IV (der Verbindungen mit Griechenland, Albanien und den Tremiti-Inseln) auch eine spezifische Verbindung mit Griechenland befand. Die Kommission kann das Argument der italienischen Behörden nicht akzeptieren. In den Listen der Routen, die auf der Grundlage der Dekrete von 1936 festgelegt wurden, findet sich keine entsprechende von Brindisi ausgehende Verbindung. Nach einem Schreiben der italienischen Behörden vom 29. Oktober 2002 wurde die Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras erst 1978 von Adriatica eingerichtet. Mit demselben Schreiben stellten die italienischen Behörden klar, dass Adriatica niemals eine Verbindung zwischen Bari und Griechenland im Rahmen der Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienste betrieben hat, sondern vielmehr die Verbindung von Brindisi nach Griechenland. Das heißt, dass die italienischen Behörden selbst die beiden Routen als zwei unterschiedliche sachlich relevante Märkte betrachteten.

(189)

In Bezug auf Saremar enthielt die aufgrund der Dekrete von 1936 festgelegte Liste der Routen von nationalem Interesse eine Passagierverbindung zwischen Sardinien und Korsika (La Maddalena–Palau–Bonifacio), die ursprünglich von Tirrenia betrieben wurde. Im Gegensatz dazu war die später von Saremar gemäß Gesetz 856/1986 betriebene Route eine gemischte Route (Passagiere und Fracht). Die in diesem Beschluss bewertete Verbindung zwischen Santa Teresa di Gallura und Bonifacio wurde nicht in die Liste der Routen von nationalem Interesse aufgenommen.

(190)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass die zu bedienenden Routen nach 1989 nicht mehr gesetzlich festgelegt waren, da sie gemäß Gesetz 160/1989 von den Behörden auf der Grundlage technischer Vorschläge der Unternehmen festgelegt werden sollten.

c)

Dauer der Finanzierung

(191)

Wie bereits erwähnt, sahen die Dekrete von 1936 die Beauftragung von vier neu gegründeten Unternehmen (Italia, Lloyd Triestino, Tirrenia, Adriatica) mit dem Betrieb bestimmter Routen von nationalem Interesse für einen Zeitraum von zwanzig Jahren vor, sowie die Möglichkeit, den Betreibern einen Zuschuss auf der Grundlage von Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste mit zwanzigjähriger Laufzeit zu gewähren.

(192)

Die Möglichkeit, diese Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste oder den Ausgleich an die Betreiber für die Erbringung der betreffenden Dienste über den ursprünglichen Zeitraum von zwanzig Jahren hinaus zu verlängern, war in den Dekreten von 1936 nicht vorgesehen. Diese Verträge liefen am 31. Dezember 1956 aus und wurden mehrmals bis zum Inkrafttreten des Gesetzes 600/1962 verlängert.

(193)

Das Gesetz 600/1962 sah den Abschluss neuer Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren vor, in denen die zu bedienenden Routen von nationalem Interesse und der Ausgleich, der den einzelnen Unternehmen für den Betrieb der Routen gewährt wurde, festgelegt waren.

(194)

Das Gesetz 684/1974 sah unterschiedliche Laufzeiten abhängig von der Art des betreffenden Dienstes vor: Frachtrouten konnten für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren finanziert werden, während Passagierrouten für einen Zeitraum von maximal drei Jahren finanziert werden konnten (nur Verbindungen zu den italienischen Inseln konnten über einen weiteren Zeitraum von zwanzig Jahren Ausgleichsleistungen erhalten, dies betraf jedoch keine internationalen Verbindungen).

(195)

Durch das Gesetz 856/1986 wurden die Merkmale der gemeinwirtschaftlichen Dienste erneut geändert. In Artikel 13 Absatz 4 des Gesetzes 856/1986 wurde die Anwendung der in den Artikeln 8 und 9 des Gesetzes 684/1974 enthaltenen Bestimmungen und nachfolgenden Änderungen auf die gemischten Routen zwischen der West- und Ostküste der mittleren und südlichen Adria sowie zwischen dem Ionischen Meer und dem östlichen Mittelmeer vorgesehen, die am 1. Januar 1986 existierten und von Adriatica betrieben wurden. Infolgedessen konnte Adriatica einen Ausgleich für den Betrieb der internationalen Verbindungen auf der Grundlage von Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren erhalten. Das Gesetz gab keinen Aufschluss über die auf die von Saremar betriebene internationale Linie anzuwendenden Regeln. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die ursprüngliche Vereinbarung den Betrieb dieser Route als Kabotageverbindung behandelte und ihre Finanzierung über einen Zeitraum von zwanzig Jahren vorsah, wie jede andere Kabotageverbindung mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, mit der Saremar betraut wurde.

(196)

Das Gesetz 856/1986 stellte klar, dass verlustbringende Güterverkehrslinien nur für einen Zeitraum von fünf Jahren (beginnend am 1. Januar 1985 oder ab dem Zeitpunkt des Erwerbs eines neuen Schiffes) von öffentlicher finanzieller Unterstützung profitieren konnten.

d)

Mittelzuweisung

(197)

Wie bereits erwähnt, sahen die Dekrete von 1936 keine globale Mittelzuweisung für die Finanzierung vor.

(198)

Im Gegensatz dazu sah Artikel 6 des Gesetzes 600/1962 eine globale Mittelzuweisung vor, die gemäß den Artikeln 7 und 8 dieses Gesetzes begrenzt angepasst werden konnte.

(199)

Die nachfolgenden Gesetze sahen keine globale Mittelzuweisung für die verschiedenen Finanzierungen vor, die sie regelten.

e)

Berechnung des Ausgleichs

(200)

Das System zur Berechnung der Subventionen wurde mehrfach überarbeitet. Dabei wurde der Ausgleich, der auf den erwarteten Kosten und Einnahmen basierte, die in Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste vereinbart und alle vier Jahre überprüft werden mussten (Dekrete von 1936), zu einem festen Zuschuss, der gemäß Artikel 7 und 8 des Gesetzes Nr. 600/1962 begrenzt angepasst werden konnte, um den Unternehmen einen Effizienzanreiz zu bieten.

(201)

Das Gesetz 684/1974 in der Fassung des Dekrets 501/1979 führte eine Unterscheidung zwischen Güterverkehrslinien (Artikel 4), Personenverkehrslinien (Artikel 6) und Verbindungen mit großen und kleinen Inseln (Artikel 8) ein. Danach

konnte, in Bezug auf die Verbindungen zu den italienischen Inseln, die in Vereinbarungen über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren festgelegte Höhe des Ausgleichs einer jährlichen Anpassung unterzogen werden, wenn mindestens eines der für seine Berechnung berücksichtigten Kostenelemente eine Abweichung von mehr als 5 % gegenüber dem Vorjahr aufwies,

konnten die Unternehmen Italia, Lloyd Triestino, Adriatica und Tirrenia bei Passagierverkehrsrouten auf der Grundlage jährlicher Vereinbarungen einen Ausgleich für die Seeverkehrsdienste erhalten, die während der dreijährigen Frist, die für die Beendigung der Tätigkeit vorgesehen war, erbracht würden. Der jährliche Ausgleich war auf der Grundlage der erwarteten Kosten und Einnahmen festzulegen und sollte dazu dienen, den wirtschaftlich ausgeglichenen Betrieb der Unternehmen sicherzustellen. Zu diesem Zweck konnte der Ausgleich jeweils zum Jahresende angepasst werden,

konnten die Unternehmen der damaligen Finmare-Gruppe, die entweder neue Seeverkehrsverbindungen einrichteten oder bestehende Verbindungen betrieben, bei Güterverkehrsrouten für einen Zeitraum von maximal fünf Jahren einen Ausgleich erhalten, um ihren wirtschaftlich ausgeglichenen Betrieb zu sichern. Zu diesem Zweck konnte der Ausgleich jährlich zum 30. Juni angepasst werden. Der Ausgleich für den Betrieb bestehender Routen konnte nur auf der Grundlage jährlicher Vereinbarungen gewährt werden.

(202)

Alles in allem sahen das Gesetz 684/1974 und das Dekret 501/1979 weder einen Mechanismus für Effizienzanreize noch die Möglichkeit vor, dem Betreiber einen angemessenen Gewinn aus den erbrachten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen zu garantieren. Darüber hinaus führte das Gesetz 684/1974 in der Fassung des Dekrets 501/1979 erstmals eine Unterscheidung zwischen Fracht- und Passagierverkehrsrouten ein und richtete einen unterschiedlichen Ausgleichsmechanismus für die beiden Arten von Diensten ein. Das Gesetz gab keinen Aufschluss darüber, welcher Mechanismus für gemischte Routen (Fracht und Passagiere) gelten sollte.

(203)

Der Ausgleichsmechanismus wurde durch das Gesetz 856/1986 weiter geändert. Artikel 2 sah für Güterverkehrsrouten von entscheidender Bedeutung für die nationale Wirtschaft die Gewährung einer Startbeihilfe für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren (beginnend am 1. Januar 1985) vor. Der Ausgleich für die gemischten Routen zwischen der West- und Ostküste der mittleren und südlichen Adria sowie zwischen dem Ionischen Meer und dem östlichen Mittelmeer, die am 1. Januar 1986 existierten und von Adriatica betrieben wurden, war nach den Artikeln 11 und 13 des Gesetzes 856/1986 auf der Grundlage der Differenz zwischen den im Zusammenhang mit der Erbringung des Dienstes erzielten Einnahmen und angefallenen Kosten zu berechnen, die anhand von durchschnittlichen und objektiven Parametern ermittelt wurden, und musste eine angemessene Kapitalrendite enthalten. Die Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste mussten Details zu den Elementen enthalten, die bei der Berechnung des Zuschusses zu berücksichtigen waren, sowie die vollständige Liste mit den subventionierten Routen, den einzusetzenden Schiffen und den Verkehrsfrequenzen. Die Subventionen mussten von den für die Handelsmarine und für öffentliche Beteiligungen zuständigen Ministern sowie vom Finanzminister bewilligt werden.

(204)

Im Gesetz 856/1986 wurde nicht erörtert, welcher Ausgleichsmechanismus auf die Verbindung zwischen Sardinien und Korsika Anwendung finden sollte, die von Tirrenia an Saremar übertragen worden war. Die ursprüngliche Vereinbarung behandelte diese Route jedenfalls als Kabotageverbindung und sah eine Finanzierung nach den entsprechenden Regeln vor.

(205)

In Artikel 9 Absatz 1 des Gesetzesdekrets 77/1989 wurde schließlich festgelegt, dass Routen, die als für den Personen- und Güterverkehr wesentlich angesehen wurden, ab dem 1. Januar 1990 Ausgleichsleistungen erhalten; diese Routen waren vom Staat auf Vorschlag der betroffenen Unternehmen festzulegen. In Bezug auf die Verbindungen zu den Inseln wurde vorgesehen, dass die Höhe der Ausgleichsleistungen in den Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienste festgelegt werden würde, wobei die Tarife der nationalen Eisenbahngesellschaft für gleichwertige Dienstleistungen und Entfernungen als Referenz dienen sollten.

f)

Aufhebung von früheren Verträgen über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen und Abschaffung der Rechtsvorschriften

(206)

Sämtliche gemäß den Dekreten von 1936 (48) unterzeichneten Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste für den Personen- und Güterverkehr wurden 1962 aufgehoben und durch neue Verträge auf der Grundlage des neuen Rechtsrahmens ersetzt.

Schlussfolgerung zu den Ausgleichszahlungen für die internationalen Verbindungen

(207)

Die Kommission kann das Argument der italienischen Behörden, dass die an Adriatica und Saremar gezahlten Subventionen für den Betrieb internationaler Verbindungen als bestehende Beihilfen einzustufen seien, weil die Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste auf die Zeit vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags und der Seekabotageverordnung zurückginge, nicht akzeptieren.

(208)

Die Bezugnahme auf die Seekabotageverordnung ist irrelevant, da internationale Routen von dieser Verordnung nicht betroffen sind.

(209)

In Anbetracht der oben dargelegten Aspekte (Erwägungsgründe 180-206) ist die Kommission außerdem der Auffassung, dass die ursprüngliche Beihilferegelung wesentliche Änderungen erfahren hat, die ihren Charakter stark verändert haben, sodass im Grunde genommen eine völlig neue Beihilferegelung entstanden ist. Von derartigen Änderungen sind viele, wenn nicht alle wesentlichen Merkmale des durch die Dekrete von 1936 geschaffenen ursprünglichen Rechtsrahmens betroffen, der dadurch völlig umgestaltet wurde.

(210)

Erstens wurden die meisten internationalen Routen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, nicht vor dem Inkrafttreten des EG-Vertrags in Betrieb genommen. Einzige Ausnahme ist die von Tirrenia betriebene Route Bari–Durazzo. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Verbindung Bari–Durazzo, die Gegenstand dieser Bewertung ist, eine gemischte Verkehrsroute (Passagiere und Fracht) ist, während die in der Liste der Routen von nationalem Interesse enthaltene Route nur eine Passagierroute war. Bei der in der Liste der Routen von nationalem Interesse festgelegten Passagierroute zwischen Sardinien und Korsika handelte es sich um die Verbindung La Maddalena–Palau–Bonifacio, die ursprünglich von Tirrenia betrieben wurde. Die Kommission weist darauf hin, dass es sich bei den später von Saremar gemäß Artikel 15 des Gesetzes 856/1986 eingerichteten gemischten Routen um zwei unterschiedliche Routen handelte, nämlich La Maddalena–Palau und Santa Teresa di Gallura–Bonifacio.

(211)

Zweitens wurde die Rechtsgrundlage für die Gewährung eines Ausgleichs für den Betrieb der internationalen Routen nach Inkrafttreten des EG-Vertrags aufgehoben.

(212)

Drittens wurde der Mechanismus zur Berechnung der Höhe des Ausgleichs für den Betrieb der Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen einschließlich der Gewinnspanne sowie deren Anpassung mehrmals erheblich geändert.

(213)

Viertens wurde der Zeitraum, über den ein Ausgleich gewährt werden konnte, wiederholt verlängert.

(214)

Fünftens wurde die Mittelzuweisung für die Finanzierung der Verbindungen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht im Jahr 1936 festgelegt. Ein globales Budget wurde erstmals 1962 vorgesehen, 1974 jedoch abgeschafft.

(215)

Sechstens wurde der in den Artikeln 8 und 9 des Gesetzes 684/1974 vorgesehene Ausgleichsmechanismus für Kabotagerouten erst aufgrund von Artikel 13 Absatz 4 des Gesetzes 856/1986 auf die von Adriatica betriebenen internationalen Routen anwendbar. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass selbst dann, wenn der nach dem Gesetz 684/1974 gewährte kostenbasierte Ausgleich als mit dem Ausgleich nach der in den Dekreten von 1936 vorgesehenen Methode vergleichbar angesehen würde, dies in Bezug auf den durch das Gesetz 600/1962 eingeführten Rahmen nicht angeführt werden kann, da dieser Rahmen, der fast 13 Jahre lang galt, die Gewährung eines ex ante festgelegten Betrags vorsah und Effizienzanreize beinhaltete.

(216)

Die italienischen Behörden machten geltend, dass die nach Inkrafttreten des EG-Vertrags eingeführten Änderungen den Zweck gehabt hätten, die Höhe des öffentlichen Zuschusses zu begrenzen. Die in den vorstehenden Erwägungsgründen 209-215 genannten Aspekte zeigen jedoch, dass diese Änderungen nicht nur den den Unternehmen gewährten Ausgleich begrenzten, sondern die Art der Beihilfemaßnahme grundlegend veränderten. All diese Änderungen waren nämlich geeignet, die Vereinbarkeit des Ausgleichs mit dem Binnenmarkt zu beeinflussen, da sie seine potenziellen Auswirkungen auf den Wettbewerb veränderten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Italien nach Inkrafttreten des EG-Vertrags den Ausgleichsmechanismus nicht unverändert fortgeführt, sondern mehrere unterschiedliche Ausgleichssysteme für internationale Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eingeführt hat.

(217)

In Bezug auf die von den Begünstigten während des Prüfverfahrens vorgebrachten Stellungnahmen stellt die Kommission fest, dass sich diese Stellungnahmen weitgehend mit den Stellungnahmen der italienischen Behörden überschneiden. Die Begünstigten bringen vor, die Kommission hätte die fraglichen Maßnahmen stillschweigend genehmigt, indem sie die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens lange über den Zeitpunkt hinauszögerte, zu dem sie von den Subventionen an die Unternehmen der Tirrenia-Gruppe Kenntnis erlangt hatte.

(218)

In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ohne vorherige Anmeldung gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV bei der Kommission die mögliche Kenntnis, die die Kommission von den verschiedenen Rechtsinstrumenten, mit denen die jährlichen Ausgleichsleistungen für die Seeverkehrsdienste eingerichtet wurden, sowie von der ursprünglichen Vereinbarung hatte, nicht bedeutet, dass die Regelung stillschweigend genehmigt worden wäre. Der Umstand, dass die Kommission trotz Kenntnis einer bestimmten Maßnahme nicht entsprechend vorgegangen ist, wirkt sich als solcher nicht auf die Einstufung der Beihilfe als bestehende oder als neue Beihilfe aus. (49)

(219)

Daher betrachtet die Kommission den für den Betrieb der internationalen Routen gewährten Ausgleich als neue Beihilfe im Sinne von Artikel 1 der neuen Verfahrensverordnung.

5.1.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe

5.1.3.1.   Allgemeiner Rahmen

(220)

Nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV gelten „[f]ür Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, […] die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.“

(221)

Dieser Artikel sieht eine Ausnahme vom Verbot staatlicher Beihilfen in Artikel 107 AEUV vor, soweit die Beihilfe insofern erforderlich und verhältnismäßig ist, als mangels Beihilfe die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („DAWI“) unter akzeptablen wirtschaftlichen Bedingungen verhindert würde. Nach Artikel 106 Absatz 3 AEUV hat die Kommission die Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, indem sie unter anderem bestimmt, unter welchen Bedingungen sie die Kriterien der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit als erfüllt betrachtet.

(222)

Am 31. Januar 2012 traten der Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011) (im Folgenden „DAWI-Rahmen von 2012“) und der Beschluss 2012/21/EU der Kommission (50) (im Folgenden „DAWI-Beschluss von 2012“), in Kraft. Ab diesem Tag ist die Vereinbarkeit der in Form einer Ausgleichsleistung für eine öffentliche Dienstleistung erfolgenden Beihilfe anhand des DAWI-Beschlusses von 2012 und des DAWI-Rahmens von 2012 zu prüfen.

(223)

Der DAWI-Rahmen von 2012 findet, mit Ausnahme der in seinen Randnummern 14, 19, 20, 24, 39 und 60 dargelegten Grundsätzen, auf alle rechtswidrigen Beihilfen Anwendung, über die die Kommission nach dem 31. Januar 2012 entscheidet, selbst wenn die Beihilfe vor dem genannten Datum gewährt wurde (siehe Randnummer 69 des DAWI-Rahmens von 2012). Folglich richtet sich die Vereinbarkeit der den regionalen Unternehmen bis zum Ablauf der ursprünglichen Vereinbarungen am 31. Dezember 2008 gewährten Ausgleichsleistungen nach dem DAWI-Rahmen von 2012 und muss auf der Grundlage der darin enthaltenen einschlägigen Bestimmungen geprüft werden. Danach

a)

muss die Beihilfe für eine echte und genau abgesteckte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV bestimmt sein,

b)

muss die Erbringung der DAWI dem betreffenden Unternehmen im Wege eines oder mehrerer Akte übertragen worden sein. In dem Akt/den Akten müssen insbesondere der Gegenstand und die Dauer der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen, das betraute Unternehmen und gegebenenfalls das betreffende Gebiet, die Art etwaiger dem Unternehmen gewährter ausschließlicher oder besonderer Rechte, eine Beschreibung des Ausgleichsmechanismus sowie die Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen sowie Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation festgelegt sein,

c)

darf die Höhe der Ausgleichsleistung nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Nettokosten für die Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen einschließlich eines angemessenen Gewinns zu decken.

(224)

Gemäß den ursprünglichen Vereinbarungen waren Verpflichtungen in Bezug auf die zu bedienenden Routen und anzulaufenden Häfen, die Kapazität der auf den fraglichen Verbindungen eingesetzten Schiffe, die Verkehrsfrequenz und das Tarifsystem in Fünfjahresplänen festzulegen, die den Behörden von den Begünstigten zur Genehmigung vorzulegen waren. Auf dieser Grundlage stellt die Kommission fest, dass sich die den Unternehmen auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gleichzeitig aus den im Juli 1991 mit dem italienischen Staat geschlossenen ursprünglichen Vereinbarungen, den oben beschriebenen rechtlichen Rahmenbedingungen und den Fünfjahresplänen ergaben.

(225)

In den Fünfjahresplänen wurden die anzulaufenden Häfen, die in Haupt- und Nebensaison einzuhaltenden Verkehrsfrequenzen sowie die auf den einzelnen Routen einzusetzenden Schiffstypen festgelegt. Das so geschaffene Dienstleistungsnetz konnte allerdings in Abhängigkeit von der Entwicklung der Nachfrage auf den betreffenden Routen im Laufe der einzelnen Fünfjahreszeiträume angepasst werden. Nach den Informationen der italienischen Behörden erfolgte eine solche Anpassung nur auf ein an das Verkehrsministerium gerichtetes Ersuchen der betreffenden lokalen Bevölkerung um Änderungen der Verkehrsfrequenzen oder der Fahrpläne. Diese Ersuchen wurden einzeln auf interministerieller Ebene geprüft, unter anderem im Hinblick auf ihre Folgen für die Betriebskosten des betreffenden Unternehmens. Jede Änderung des Dienstleistungsnetzes im Verlauf eines Fünfjahreszeitraums erfolgte also durch eine behördliche Entscheidung, die an die Begünstigten gerichtet war.

(226)

Zum Zeitpunkt der Annahme der Entscheidung von 2005 legte Italien der Kommission die ersten zwei Fünfjahrespläne vor, und zwar für die Zeiträume 1990-1994 und 1995-1999. Der dritte Plan (für den Zeitraum 2000-2004) war zum Zeitpunkt der Annahme der Entscheidung von 2005 noch nicht genehmigt. Bis zur Annahme des Fünfjahresplans für den Zeitraum 2000-2004 wurde den Unternehmen durch das Ministerialdekret vom 8. März 2000 die Möglichkeit gegeben, den gemeinwirtschaftlichen Dienst zu den Bedingungen des Fünfjahresplans 1994-1999, der 1999 in Kraft war, weiterhin zu erbringen.

(227)

Wie bereits erwähnt hat Italien nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 bestätigt, dass keine Fünfjahrespläne für 2000-2004 und 2005-2008 endgültig vereinbart wurden. Statt dessen wurden, nach der Angabe der italienischen Behörden, Änderungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf Ad-hoc-Basis mit den betroffenen Unternehmen vereinbart, um die Dienstleistungen besser an die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung anpassen zu können, ohne jedoch die Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste erheblich zu beeinflussen.

(228)

Infolgedessen stellt die Kommission fest, dass sich die Regelung der gemeinwirtschaftlichen Dienste im Vergleich zu der im Fünfjahresplan 1994-1999 dargestellten Situation nicht wesentlich geändert hat, und geht daher davon aus, dass die Unternehmen die Dienstleistungen unter weitgehend gleichbleibenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Bezug auf Fahrpläne, Frequenz, Schiffe und Tarife bis zum Ablauf der ursprünglichen Vereinbarungen erbracht haben.

5.1.3.2.   Echte und genau abgesteckte DAWI

(229)

Nach Randnummer 12 und 13 des DAWI-Rahmens von 2012 muss die Beihilfe für eine echte und genau abgesteckte DAWI bestimmt sein. Insbesondere können die Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die von unter normalen Marktbedingungen handelnden Unternehmen unter Bedingungen, die sich — z. B. im Hinblick auf den Preis, die objektiven Qualitätsmerkmale, die Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung — mit dem öffentlichen Interesse, wie vom Staat definiert, decken, bereits zufriedenstellend erbracht werden oder erbracht werden können, nicht mit der Verpflichtung zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen verbinden.

(230)

Da es keine einschlägigen EU-Vorschriften dazu gibt, wann eine Dienstleistung eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellt, haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Dienstleistung Ermessensspielraum; entsprechend kann die Kommission die Festlegung von Dienstleistungen als DAWI nur dann infrage stellen, wenn ein offenkundiger Fehler vorliegt (51).

(231)

Artikel 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 lautet: „Der Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs in der Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern gilt für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Staat des Dienstleistungsnehmers.“ Anders als in der Seekabotageverordnung (52) sieht die Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 jedoch keine möglichen Ausnahmen vom Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs im internationalen Seeverkehr vor.

(232)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Verordnung (EWG) Nr. 4055/86, obwohl sie die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes untereinander oder mit Drittstaaten abzuschließen, nicht ausdrücklich vorsieht, die Mitgliedstaaten nicht an der Ergreifung solcher Maßnahmen hindert. Nach Absatz 9 zweiter Unterabsatz der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (im Folgenden „Leitlinien für den Seeverkehr“) (53)„akzeptiert [die Kommission], dass, wenn grenzüberschreitende Verkehrsdienste notwendig sind, um einem dringenden öffentlichen Beförderungsbedarf zu genügen, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt oder öffentliche Dienstleistungsverträge geschlossen werden können, sofern jedweder Ausgleich nach den Vorschriften und Verfahren des EG-Vertrags [Regeln und Verfahren des EG-Vertrags für staatliche Beihilfen gemäß ihrer Auslegung durch den Gerichtshof] geleistet wird“.

(233)

Daher wird die Kommission die Prüfung auf die Frage beschränken, ob die von Adriatica und Saremar betriebenen internationalen Verkehrsverbindungen von Italien als notwendig erachtet wurden, um einem dringenden öffentlichen Beförderungsbedarf zu genügen.

Von Adriatica bediente internationale Routen

(234)

Adriatica bediente internationale Routen zwischen Italien und Griechenland, Albanien, Montenegro und Kroatien.

(235)

Die Kommission muss prüfen, ob es auf diesen Routen konkurrierende Anbieter von Dienstleistungen gab, die den vom öffentlichen Betreiber angebotenen Dienstleistungen ähnlich oder vergleichbar waren und die den von den Behörden festgelegten Anforderungen genügten. Die italienischen Behörden haben der Kommission nach der Aufhebung des Beschlusses von 2005 keine wesentlichen Änderungen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen oder der Wettbewerbssituation auf diesen Routen mitgeteilt.

(236)

Wie bereits ausgeführt, wurde Adriatica mit einer im öffentlichen Interesse liegenden Dienstleistung beauftragt, die dem Unternehmen Kosten verursachte, die nicht entstanden wären, wenn es allein nach dem eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hätte.

Italien–Griechenland

(237)

Die Seeverkehrsroute Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras, die zentrale Regionen der Union mit einer abgelegenen EU-Region verband, stellte eine Verbindung von wesentlicher Bedeutung für den Wirtschafts- und Reiseverkehr dar, insbesondere in Anbetracht der wegen politischer Instabilität schwierigen alternativen Straßenverkehrsverbindungen.

(238)

Außerdem wurde die genannte Seeverkehrsverbindung im Jahr 1977 auf gemeinsamen Antrag italienischer und griechischer Behörden in die Liste der Schienen-, Kraft- und Seeverkehrsdienste aufgenommen, für welche der Vertrag über die Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) vom 7. Februar 1970 gilt. Um die Seeverkehrsdienste auf dieser Route anbieten zu können, trat Adriatica der EURAIL-Gemeinschaft bei.

(239)

Nach den Informationen, die der Kommission bei der Zusammenkunft am 26. Oktober 2001 vorgelegt wurden, hat Adriatica zwischen 1992 und 1999 auf dieser Route jährlich im Durchschnitt 265 Fahrten durchgeführt und dabei durchschnittlich 161 440 Fahrgäste, 24 376 Fahrzeuge und 104 437 laufende Meter an Gütern befördert. Ferner haben die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 17. Februar 2004 angegeben, dass zwischen 1996 und 1999 die mit Adriatica in Wettbewerb stehenden Betreiber gleichwertige Standards im Hinblick auf die Qualität der eingesetzten Schiffe sowie, unter anderem, die Regelmäßigkeit und Verkehrsfrequenz des Dienstes nicht gewährleisteten.

(240)

Adriatica bediente diese Route bis Ende 1999. Nach dem Ablauf des Fünfjahresplans 1995-1999 stellte Adriatica den Betrieb mit eigenen Schiffen auf der Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras ein und erhielt keine öffentlichen Zuschüsse mehr für den Betrieb dieser Route. Um den vom CIV-Vertrag erfassten Personenverkehr zwischen Brindisi und Patras zu gewährleisten, hat Adriatica zwischen 2000 und 2004 vertragliche Vereinbarungen mit anderen Seeverkehrsunternehmen getroffen.

(241)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die italienischen Behörden berechtigt waren, Verluste aus dem Betrieb von Liniendiensten zu Häfen zu decken, die Randregionen der Union bedienen, in denen Marktkräfte nicht für ein ausreichendes Serviceangebot sorgen würden. Daher ist die Kommission der Ansicht, dass die Gewährung öffentlicher Subventionen für den Betrieb dieser Route grundsätzlich gerechtfertigt sein kann.

(242)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass der Betrieb der Seeverbindungen zwischen Italien und Griechenland durch Adriatica eine echte DAWI darstellte.

Italien–Albanien

(243)

Die Verbindungen mit Albanien wurden 1983 eingerichtet, als Adriatica auf der Grundlage eines bilateralen Abkommens zwischen Italien und Albanien aus demselben Jahr (54) die gemischte Route (Passagiere und Fracht) Triest–Durazzo aufnahm. Zwischen 1991 und 1998 stieg das Passagieraufkommen auf der Verbindung zwischen Italien und Albanien exponentiell an, nämlich von 20 096 Passagieren im Jahr 1991 auf 357 078 Passagiere im Jahr 1999. Die von Adriatica betriebenen Verbindungen (Triest–Durazzo, Ancona–Durazzo und Bari–Durazzo) waren notwendig, um den Transportbedürfnissen der lokalen Bevölkerung, insbesondere der einkommensschwachen Gruppen, gerecht zu werden und gute nachbarschaftliche Beziehungen zu Albanien aufrechtzuerhalten. Italiens Interesse erklärt sich aus den starken historischen, politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, den mehreren hunderttausend Albanern, die im 20. Jahrhundert nach Italien eingewandert sind, und den wenigen italienischen Kolonisten, die bis 1992 in Albanien lebten. Darüber hinaus spielten die Fähren von Adriatica in den neunziger Jahren eine Schlüsselrolle bei der logistischen und humanitären Unterstützung Albaniens durch Italien während der politischen Krise, die auf den Zusammenbruch des albanischen Regimes folgte.

(244)

Adriatica unterlag Einschränkungen hinsichtlich der zu befahrenden Routen, ihrer Häufigkeit und der geltenden Tarife (die von Italien im Voraus festgelegt wurden) sowie hinsichtlich der zu verwendenden Schiffe und Fähren, die von den italienischen Behörden genehmigt werden mussten.

(245)

Auf der Route Triest–Durazzo (mit einer Fahrtzeit von 25 Stunden) war Adriatica nicht dem Wettbewerb ausgesetzt. In der Zeit von 1995 bis 1998 bediente Adriatica die Route das ganze Jahr über zweimal pro Woche mit Fähren, die Passagiere und Fracht beförderten. Die maximale Kapazität betrug 800 Passagiere pro Fahrt. Nach einer Änderung des Fünfjahresplans 1995-1999, die durch Ministerialdekret vom 17. Juli 1998 genehmigt wurde, betrieb Adriatica 1999 nur Güterverkehrsdienste auf dieser Route. Ab dem Jahr 2000 (das heißt, nach dem Abschluss des zweiten Fünfjahresplans) beschloss Italien, die Verbindung einzustellen, da die Verkehrsnachfrage auf der Route zu schrumpfen begann und sich deutlich abzeichnete, dass die auf den Markt kommenden privaten Betreiber ein ausreichendes Serviceangebot auf dieser Route bieten würden.

(246)

Auf der Route Ancona–Durazzo (mit einer Fahrtzeit von 18–19 Stunden) war Adriatica ebenfalls nicht dem Wettbewerb ausgesetzt. Nach dem Fünfjahresplan 1995-1999 musste Adriatica diese Route zweimal pro Woche bedienen. Im Jahr 2001 wurde diese Route viermal pro Woche von Adriatica mit fünf Fähren bedient, die Passagiere und Fracht beförderten. Die maximale Kapazität betrug 800-1 080 Passagiere pro Fahrt (abhängig von der Art des Schiffes). Die Route wurde bis 2004 bedient, als Adria Ferries mit einer Kapazität in den Markt eintrat, die die Nachfrage decken konnte (mit einer Fähre für 800 Personen und 25 Lastkraftwagen).

(247)

Auf der Route Bari–Durazzo (mit einer Fahrtzeit von 8 Stunden) stand Adriatica im Wettbewerb mit anderen (EU- und Nicht-EU-) Unternehmen, die jedoch alte Schiffe nutzten und deren Dienstleistungen nicht die Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit garantierten, die erforderlich war, um den Bedürfnissen der Bevölkerung gerecht zu werden. Nach dem Fünfjahresplan 1995–1999 musste Adriatica diese Route viermal pro Woche bedienen. Nach einer vom Ministerium genehmigten Änderung des Plans befuhr Adriatica diese Route 1998 dreimal pro Woche. Die angebotene Gesamtkapazität betrug über das gesamte Jahr 1 080 Passagiere pro Fahrt. Daten zur Nachfrage im Jahr 2001 zeigen, dass Adriatica das einzige Unternehmen war, das die Route betrieb und das die Nachfrage (530 Passagiere täglich in der Nebensaison und 1 050 Passagiere täglich in der Hauptsaison) das ganze Jahr über vollständig hätte decken können. Darüber hinaus lagen die Preise von Adriatica nicht unter den Kosten der Wettbewerber. Nach der Nichtigerklärung der Entscheidung von 2005 durch das Gericht legten die italienischen Behörden Informationen vor, die zeigen, dass die Ergebnisse auf der Route Bari–Durazzo im Zeitraum 2004-2008 positiv waren. Obwohl die italienischen Behörden für die Jahre 2002-2003 keine Daten für die einzelnen Routen bereitstellen konnten, bestätigten sie in ihrer Antwort vom 21. Dezember 2018, dass Adriatica im Zeitraum 2002-2008 keinen Ausgleich für den Betrieb der Route erhalten hat.

(248)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass Adriatica das einzige Unternehmen war, das regelmäßige und zuverlässige Passagier- und Güterverkehrsdienste auf den Routen Triest–Durazzo (bis 2000), Ancona–Durazzo (bis 2004) und Bari–Durazzo (bis Ende 2001) sicherstellte und dass die von Adriatica auf diesen Routen erbrachten Seeverkehrsdienste echte DAWI darstellten. In Bezug auf die von Adriatica auf der Route Bari–Durazzo im Zeitraum 2002-2008 erbrachten Dienste besteht kein Anlass, das Bestehen echter DAWI in diesem Zeitraum zu bewerten, da Adriatica keine Beihilfe als Ausgleich für die Bereitstellung dieser Dienste gewährt wurde.

Italien–Montenegro

(249)

Auf der Verbindung zwischen Italien und Montenegro betrieb Adriatica die Routen Ancona–Bar und Bari–Bar. Beide Verbindungen wurden von Adriatica 1997 eingerichtet, nachdem die montenegrinischen Behörden um eine regelmäßige Seeverbindung zwischen dem Handelshafen des Landes und den nördlichen und südlichen Häfen Italiens ersucht hatte, und sie wurden 1999 aufgrund des Krieges im Kosovo eingestellt. Zu dieser Zeit hatte Italien ein Interesse daran, regelmäßige Verbindungen von und nach Montenegro sicherzustellen, um die regionale Zusammenarbeit zu stärken und den Demokratisierungsprozess der Staaten der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien und Montenegro) zu unterstützen. Bar war der einzige Zugang der Bundesrepublik Jugoslawien zum Meer.

(250)

Die Seeverbindung Ancona–Bar wurde im Jahr 2000 auf Ersuchen der montenegrinischen Behörden reaktiviert, die 2001 sogar um eine Erhöhung der Häufigkeit der von Adriatica erbrachten Dienstleistungen baten. Auf dieser Route, die bis 2004 betrieben wurde, war Adriatica zu keiner Zeit der Konkurrenz ausgesetzt.

(251)

Die Verbindung Bari–Bar wurde nur in den Jahren 1997 und 1998 von Adriatica betrieben. Auf dieser Route war Adriatica der Konkurrenz zweier Betreiber (der montenegrinischen staatlichen Fährgesellschaft und eines slowenischen Betreibers) ausgesetzt, die hinsichtlich der Qualität der Schiffe nicht die gleichen Standards boten.

(252)

Vor diesem Hintergrund gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von Adriatica auf den Routen zwischen Italien und Montenegro erbrachten Seeverkehrsdienste echte DAWI darstellten, da Adriatica das einzige Unternehmen war, das regelmäßige und zuverlässige Fährdienste für Passagiere und Fracht auf diesen Routen sicherstellte.

Italien–Kroatien

(253)

Auf der Verbindung zwischen Italien und Kroatien betrieb Adriatica die Routen Ancona–Split und Bari–Dubrovnik.

(254)

Der Betrieb der Seeverkehrsverbindung Ancona–Split, für den 1960 private Betreiber eine Lizenz erhalten hatten, wurde durch das Gesetz Nr. 42 vom 27. Februar 1978 Adriatica übertragen. Den Informationen der italienischen Behörden zufolge wurden die Verkehrsdienste 1991 eingestellt und 1994 auf ausdrückliches Ersuchen der Regierung der Republik Kroatien wieder aufgenommen. Darüber hinaus hatte Italien ein Interesse daran, regelmäßige Verbindungen zu Kroatien (und insbesondere zur dalmatinischen Region) zu gewährleisten, da in der Region eine beträchtliche Anzahl von Italienern und Menschen italienischer Herkunft lebt. Ungeachtet der durch den Kosovo-Konflikt verursachten Fluktuationen ist das Verkehrsaufkommen auf diesen Routen seit 1994 erheblich gewachsen. Adriatica nutzte eine Fahrgastfähre, um das ganze Jahr über zwei Fahrten pro Woche zu unternehmen, während die anderen Betreiber (ein kroatisches, ein liberianisches und ein EU-Unternehmen) im Wesentlichen nur während der Sommersaison operierten und ihre Dienstleistungen nicht alle von den italienischen Behörden festgelegten Anforderungen erfüllten. Die Verbindung wurde 2006 eingestellt.

(255)

Die Verbindung Bari–Dubrovnik wurde nur in den Jahren 1997 und 1998 von Adriatica betrieben. Einziger Konkurrent auf dieser Route war eine staatliche kroatische Fährgesellschaft.

(256)

Vor diesem Hintergrund gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von Adriatica auf den Routen zwischen Italien und Kroatien erbrachten Seeverkehrsdienste echte DAWI darstellten, da Adriatica das einzige Unternehmen war, das regelmäßige und zuverlässige Fährdienste für Passagiere und Fracht auf diesen Routen sicherstellte.

Von Saremar betriebene internationale Verbindung

(257)

Saremar betrieb die internationale Route Santa Teresa di Gallura–Bonifacio zwischen Sardinien und Korsika.

(258)

Nach Ansicht der Kommission entspricht der Betrieb der Route zwischen Sardinien und Korsika (Santa Teresa–Bonifacio) durch Saremar einem echten Bedarf, der vom Markt allein nicht gedeckt werden konnte.

(259)

Auf dieser Route führte Saremar das ganze Jahr über täglich zwei Rundreisen mit einer Fahrgastfähre durch, die Platz für bis zu 560 Passagiere und 51 Kraftfahrzeuge bot. Den Informationen der italienischen Behörden zufolge handelte es sich dabei um eine Kurzrouten-Grenzanbindung (10 Seemeilen) von vorwiegend lokalem Interesse für die sardische wie für die korsische Bevölkerung. Die Linienverbindung zwischen Santa Teresa und Bonifacio diente in erster Linie dazu, die Mobilität von Pendelarbeitnehmern zwischen Südkorsika und Nordsardinien sicherzustellen. Die von den italienischen Behörden übermittelten Informationen belegen, dass diese Verbindung von der lokalen sardischen und korsischen Bevölkerung ausdrücklich gewünscht wurde.

(260)

Die vom Wettbewerber erbrachten Dienste entsprachen nicht den von den italienischen Behörden auferlegten Anforderungen an Regelmäßigkeit und Häufigkeit. Zudem war der betreffende Betreiber außerhalb der Saison nicht durchgehend auf dem Markt präsent.

(261)

Daher ist die Kommission der Ansicht, dass das Ziel, das Ausdruck eines legitimen öffentlichen Interesses ist, nämlich unter Berücksichtigung der von den betreffenden Gebietskörperschaften formulierten Erfordernisse ganzjährig eine Linienverbindung zwischen zwei Inselregionen zu gewährleisten, nicht allein durch das freie Spiel der Marktkräfte erreicht werden konnte. Die von Saremar betriebene internationale Verbindung stellte folglich eine echte DAWI dar.

5.1.3.3.   Angemessener Betrauungsakt

(262)

Die Begünstigten wurden im Einklang mit den Randnummern 15 und 16 des DAWI-Rahmens von 2012 aufgrund der ursprünglichen Vereinbarungen bzw. — für die einzelnen Zeiträume — der Fünfjahrespläne ausdrücklich mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistungen betraut, in denen der Gegenstand und die Dauer der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen, die Begünstigten und der Ausgleichsmechanismus festgelegt wurden.

(263)

Bei den ursprünglichen Vereinbarungen handelt es sich um Verträge über gemeinwirtschaftliche Dienste, die zwischen dem italienischen Staat und den einzelnen Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe unterzeichnet wurden. Dadurch wurde den Unternehmen die Verpflichtung zur Erbringung der Dienstleistungen nach den Bedingungen (in Bezug auf Routen, Frequenzen, Schiffstypen und Fahrpreise — siehe Erwägungsgrund 97), die in den Fünfjahresplänen festgelegt wurden, auferlegt, und die wichtigsten Regeln für den in den Fünfjahresplänen zur Anwendung kommenden Ausgleichsmechanismus festgelegt. Wie in den Erwägungsgründen 95 und 96 erwähnt, wurde in den ursprünglichen Vereinbarungen bestimmt, dass die Höhe des jährlichen Zuschusses auf der Grundlage eines vom Begünstigten eingereichten und vom Ministerium genehmigten Antrags festgelegt würde. In den ursprünglichen Vereinbarungen wurden die verschiedenen Erlös- und Kostenarten, die bei der Berechnung der Ausgleichsleistungen und der Kapitalrendite berücksichtigt werden sollten, genau beschrieben. Artikel 3 der ursprünglichen Vereinbarungen sah auch Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation vor. Zum einen waren die Regionalgesellschaften verpflichtet, dem Ministerium unverzüglich alle relevanten Änderungen der im eingereichten Antrag vorgesehenen Ergebnisse mitzuteilen, damit der Ausgleich unverzüglich angepasst werden konnte. Andererseits wurde das Nichtvorliegen einer Überkompensation auch nachträglich kontrolliert, und die Regionalgesellschaften waren verpflichtet, überschüssige Beträge an den Staat zurückzuzahlen.

(264)

Diese Überlegungen gelten gleichermaßen für alle Regionalgesellschaften.

5.1.3.4.   Verhältnismäßigkeit des Ausgleichs

(265)

Nach den von Italien vorgelegten Informationen entsprach der an Adriatica und Saremar für den Betrieb der internationalen Routen gewährte Ausgleich dem auf diesen Routen erwirtschafteten Nettobetriebsdefizit.

(266)

In Bezug auf die Angemessenheit des Ausgleichs ist die Kommission auf der Grundlage der Erwägungen in den Erwägungsgründen 168 und 163-172 der Auffassung, dass in Übereinstimmung mit den Randnummern 21 und 22 des DAWI-Rahmens 2012 die Höhe des Ausgleichs auf die Nettokosten beschränkt war, die bei der Erbringung der Dienstleistungen anfielen, und die dem Betreiber eingeräumte Rendite angemessen war. Darüber hinaus wurden spätestens ab dem 1. Januar 2004 für alle gemeinwirtschaftlichen Dienste, mit denen die Regionalgesellschaften von Italien betraut worden waren, getrennte Bücher für jede einzelne Route geführt. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass die Regionalgesellschaften die Bestimmungen der Richtlinie 2006/111/EG (55) eingehalten haben (siehe Randnummer 18 des DAWI-Rahmens von 2012)

(267)

Insbesondere in Bezug auf die im Fünfjahresplan vorgesehenen Investitionen hatte die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss Zweifel hinsichtlich der Modalitäten geäußert, nach denen die Investitionen finanziert werden sollten, die zum Erbringen der gemäß den ursprünglichen Vereinbarungen subventionierten Dienste erforderlich waren. Die Kommission wollte insbesondere prüfen, in welchem Umfang der Aufwand für die Anschaffung und die Abschreibung der Schiffe bei der Berechnung der jährlichen Ausgleichszahlung berücksichtigt werden. Außerdem konnte der Umstand, dass den Regionalgesellschaften bis 2008 eine Subvention garantiert wurde, die die Abschreibung der Flotte einschloss, als implizite Bürgschaft des italienischen Staates gewertet werden, die den öffentlichen Betreiber von dem jeder Investition anhaftenden wirtschaftlichen Risiko befreite.

(268)

Nach den ursprünglichen Vereinbarungen waren die Regionalgesellschaften verpflichtet, auf den subventionierten Routen nur eigene Schiffe einzusetzen, die weniger als 20 Jahre alt waren (sofern nicht eine Ausnahme ausdrücklich von den Behörden genehmigt worden war). Diese Auflage, die eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung darstellt, hat die Regionalgesellschaften dazu veranlasst, angesichts des Alters der Schiffe, die auf den im ersten Fünfjahresplan (1990-1994) genannten Routen eingesetzt wurden, während der Laufzeit der ursprünglichen Vereinbarungen einen erheblichen Teil ihrer Flotte zu erneuern. Außerdem wurde die Art der auf den verschiedenen Routen von diesen Gesellschaften einzusetzenden Schiffe durch ein Ministerialdekret vorgeschrieben, mit dem die einzelnen Fünfjahrespläne genehmigt oder geändert wurden. Jede Neuanschaffung — wie auch jede Veräußerung oder Streichung aus dem Schiffsregister — musste durch ein Ministerialdekret genehmigt werden, das außerdem genau den Dienst festlegte, für den das betreffende Schiff einzusetzen war. Die von den Regionalgesellschaften vorgenommenen Investitionen mussten ebenfalls mit der Entwicklungsstrategie für die von ihnen im betreffenden Fünfjahreszeitraum angebotenen Dienste im Einklang stehen, die im behördlich genehmigten Fünfjahresplan vorgesehen war.

(269)

Angesichts dieses ordnungsrechtlichen Rahmens prüfte die Kommission, ob der Aufwand für die Anschaffung neuer Schiffe und die Abschreibung der von den Regionalgesellschaften auf den Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eingesetzten Schiffe in den Fünfjahreszeiträumen 1990-1994 und 1995-1999 einerseits den Anforderungen der italienischen Behörden entsprachen und andererseits bei der Berechnung der jährlichen Ausgleichszahlung angemessen berücksichtigt wurden. Aus den von den italienischen Behörden übermittelten Informationen ging hervor, dass die Indienststellung neuer Schiffe stets mit der Streichung älterer Schiffe aus dem Register einherging, sodass insgesamt kein Kapazitätsanstieg aufgrund der Flottenerneuerung der Regionalgesellschaften festgestellt wurde.

(270)

In Bezug auf die Kosten für die Anschaffung neuer Schiffe zeigten dieselben Informationen, dass: i) diese Käufe teilweise aus eigenen Mitteln und teilweise über Bankdarlehen getätigt wurden, ii) die von den beteiligten Kreditinstituten berechneten Zinssätze den Zinssätzen für Unternehmen vergleichbarer Größe und vergleichbaren Umsatzes in anderen Wirtschaftssektoren im gleichen Zeitraum entsprachen (56), iii) die Regionalgesellschaften keine direkte staatliche Bürgschaft des italienischen Staats für die Rückzahlung dieser Kredite hatten. Zwar gab bereits allein das Bestehen der Vereinbarung mit dem Staat den Investoren die Gewissheit, dass die Verbindlichkeiten gezahlt würden, sodass die Regionalgesellschaften ihre Flotte modernisieren konnten, ohne die ökonomischen Risiken auf sich zu nehmen, die ein privatwirtschaftlicher Betreiber hätte eingehen müssen. Doch war Vorteil ein wesentlicher Bestandteil der durch die ursprünglichen Vereinbarungen eingeführten Regelungen, die für einen Zeitraum von zwanzig Jahren vor Inkrafttreten der Seekabotageverordnung und der Leitlinien für den Seeverkehr geschlossen wurden. Außerdem wurden die von den Regionalgesellschaften im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen neu angeschafften Schiffe wie gesagt ausschließlich für die in den Fünfjahresplänen vorgesehenen Linienverkehrsdienste eingesetzt. Folglich war dieser Vorteil ein wesentlicher Bestandteil der ursprünglichen Vereinbarungen.

(271)

Im Hinblick auf die Abschreibung der Schiffe, die die Regionalgesellschaften auf den im Fünfjahresplan vorgesehenen Routen einsetzten, stellt die Kommission fest, dass diese zu den Kostenelementen zählen, die nach Artikel 5 der ursprünglichen Vereinbarung in die Berechnung der jährlichen Ausgleichszahlung einflossen. Aufgrund der in den ursprünglichen Vereinbarungen festgelegten Kriterien erfolgte die Abschreibung linear über einen Zeitraum von 20 Jahren; davon ausgenommen waren Höchstgeschwindigkeitsschiffe, deren Abschreibungsdauer auf 15 Jahre begrenzt war. Nachdem die Prüfung der analytischen Buchführung für diese Routen kein Anzeichen für eine Überkompensation ergab, ist die Kommission der Ansicht, dass der durch die ursprünglichen Vereinbarungen eingeführte Mechanismus zur Berücksichtigung der Abschreibung der Schiffe bei der Berechnung des jährlichen Ausgleichs gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV genehmigt werden kann

(272)

Es wird nämlich vorausgesetzt, dass für die Erbringung von DAWI Schiffe eingesetzt werden, deren Art und Kapazität behördlich vorgeschrieben sind; daher kann deren Abschreibung in die Ermittlung der jährlichen Ausgleichszahlung einfließen, sofern die betreffenden Schiffe vom Unternehmen zu normalen Marktbedingungen angeschafft wurden, um den ihnen auferlegten Verpflichtungen nachzukommen, und ausschließlich im Linienverkehr auf den in der Vereinbarung vorgesehenen Routen eingesetzt werden.

(273)

Die Kommission weist darauf hin, dass im Fall der Regionalgesellschaften alle betreffenden Schiffe ausschließlich für den Verkehr auf Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eingesetzt wurden und dass daher deren Abschreibung bei der Berechnung der jährlichen Ausgleichszahlung vollständig berücksichtigt werden kann. Gleiches gilt für die Investitionen, die notwendig sind, um die von den italienischen Behörden im Fünfjahreszeitraum 2000-2004 vorgesehenen Dienste erbringen zu können, deren Art und Kapazität den Verpflichtungen entsprechen, die diese Behörden in Bezug auf diese Dienste eingegangen sind.

(274)

In Anbetracht des Vorstehenden stellt die Kommission ferner fest, dass die Notwendigkeit, die für die Erbringung der Dienstleistung erforderlichen Investitionen abzuschreiben, die relativ lange Dauer des Betrauungszeitraums rechtfertigt (siehe Randnummer 17 des DAWI-Rahmens von 2012).

(275)

In Bezug auf die zusätzlichen Investitionen, die im Geschäftsplan für den Zeitraum 1999 bis 2002 vorgesehen waren, ist darauf hinzuweisen, dass die Umsetzung dieses Plans nach Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens ausgesetzt und nicht wieder aufgenommen wurde.

5.1.3.5.   Wettbewerbsverzerrungen, die den Interessen der Union zuwiderlaufen

(276)

Das Verfahren nach Artikel 108 AEUV darf niemals zu einem Ergebnis führen, das zu den besonderen Vorschriften des Vertrags im Widerspruch steht (57). Deshalb kann die Kommission eine staatliche Beihilfe, die in Anbetracht bestimmter Modalitäten ihrer Gewährung zu anderen Vorschriften des Vertrags in Widerspruch steht, nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären. Die Kommission muss insbesondere dann auf Kohärenz zwischen den Artikeln 107 und 108 AEUV und anderen Vertragsbestimmungen achten, wenn die anderen Vorschriften wie in diesem Fall auf das Ziel eines unverfälschten Wettbewerbs im Binnenmarkt ausgerichtet sind (58).

(277)

Die Einhaltung der Bestimmungen des DAWI-Rahmens von 2012 sind in der Regel ausreichend, um sicherzustellen, dass Beihilfen den Wettbewerb nicht in einer Weise verfälschen, die den Interessen der Union zuwiderläuft (siehe Randnummer 51 des DAWI-Rahmens von 2012).

(278)

In Bezug auf Adriatica stellt die Kommission jedoch fest, dass das Unternehmen zwischen dem 30. Oktober 1990 und Juli 1994 unter Verstoß gegen Artikel 101 AEUV an einem Preisfestsetzungskartell für die Tarife für Nutzfahrzeuge auf der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras beteiligt war (59), obwohl es Beihilfe für den Betrieb der Route erhielt. Diese Feststellung wurde nach dem Erlass der Entscheidung von 2005 vom Gerichtshof bestätigt (60).

(279)

Der Ausgleich für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen, der für den Betrieb der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras von Januar 1992 bis Juli 1994 gezahlt wurde, als der Begünstigte an einem nach Artikel 101 AEUV verbotenen Preisfestsetzungskartell beteiligt war, kann nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Während der Zweck der Ausgleichsleistung für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen genau darin bestand, den Transport von Gütern und Passagieren auf der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras zu erleichtern, beteiligte sich der Begünstigte der Beihilfe an einem Preisfestsetzungskartell, das den Warentransport auf genau dieser Route behinderte. Daher stand die Beteiligung von Adriatica am Kartell in direktem Widerspruch zu dem Zweck der DAWI-Beihilfe, die Adriatica gewährt wurde, um den Seeverkehr auf dieser Route zu erleichtern.

(280)

Daraus folgt, dass die Feststellung einer unvereinbaren Beihilfe und folglich die Anordnung der Rückforderung dieser Beihilfe keine neue Sanktion darstellen würde, wie Italien behauptet. Eine solche Inkompatibilität resultiert lediglich aus der Teilnahme des Beihilfeempfängers an einem Kartell für Dienstleistungen, die der Empfänger den Verbrauchern zugänglicher machen sollte, anstatt sie zum Nachteil der Verbraucher zu kartellisieren. Angesichts der Art der mit öffentlicher Beihilfe erbrachten Dienste — gleichzeitige Beförderung von Nutzfahrzeugen, Fahrgästen und Gütern — erlaubt die Beteiligung des Begünstigten an einer Absprache zur Festlegung der Tarife für die Beförderung von Nutzfahrzeugen Rückschlüsse auf die gesamte Verbindung. Das Kartell betraf gerade den Nutzfahrzeugverkehr, den italienischen Behörden durch die Subvention erleichtern wollten.

(281)

Außerdem hat das Kartell den Wettbewerb auf dem relevanten Markt, das heißt auf der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras, stark verzerrt, während die DAWI-Beihilfe für diese Route auf eine Weise gewährt werden sollte, die die Wettbewerbsverzerrungen auf ein Minimum beschränkt. Die Beteiligung des Begünstigten an einem Preisfestsetzungskartell für diese Route verstärkte die wettbewerbsverzerrende Wirkung der Beihilfe und führte zu erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf andere Mitgliedstaaten und auf das Funktionieren des Binnenmarktes. Darüber hinaus ist es offensichtlich, dass Adriatica ohne die öffentlichen Subventionen nicht die wirtschaftliche Stärke gehabt hätte, sich am Kartell zu beteiligen.

(282)

Schließlich wurde Adriatica zu dieser Zeit vollständig von einem staatlichen Unternehmen kontrolliert. Daher waren diesem Teil der italienischen Behörden das Kartell und seine nachteiligen Auswirkungen auf die Verbraucher bekannt, während ein anderer Teil der italienischen Behörden weiterhin die DAWI-Beihilfe gewährte, um die Wettbewerbsverzerrungen auf dieser Route zugunsten der Verbraucher möglichst gering zu halten.

(283)

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die an Adriatica in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gezahlte Beihilfe für den Betrieb der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras zwischen Januar 1992 und Juli 1994 nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

5.2.   Steuererleichterungen

(284)

In der Zeit von 1996 bis 2008 genossen die Schiffe der Tirrenia-Gruppe eine steuerliche Vorzugsbehandlung für die Versorgung mit Kraftstoff und Schmiermitteln, die als Kraftstoff für die Schifffahrt verwendet wurden.

(285)

Italien hatte diese Vorzugsbehandlung durch das Dekret Nr. 504 vom 26. Oktober 1995 eingeführt und sie in einem Beschluss vom 2. März 1996 auf alle Schiffe ausgedehnt, die zu Instandhaltungsarbeiten in einem Hafen lagen.

(286)

In seinem Urteil vom 10. Mai 2005 in der Rechtssache C-400/99 gelangte der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die steuerliche Behandlung nicht als rechtswidrige Beihilfe hätte ausgesetzt werden dürfen, da die italienischen Behörden die Behandlung 1996 auf alle zu Instandhaltungsarbeiten in einem Hafen liegenden Schiffe ausgedehnt hatten.

(287)

Unabhängig von der Frage, ob eine solche Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, stellt die Kommission fest, dass nach der Entscheidung von 2005 weder die Kommission selbst noch Italien als Reaktion auf das Ersuchen der Kommission irgendetwas in Bezug auf diese Maßnahme unternommen haben. Daher würde jede Entscheidung der Kommission zu diesem Punkt nach Ablauf der zehnjährigen Verjährungsfrist getroffen (61).

(288)

In Anbetracht des Vorstehenden gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die steuerliche Vorzugsbehandlung als bestehende Beihilfe nach Artikel 17 der neuen Verfahrensverordnung gilt.

6.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(289)

Der den Regionalgesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe für den Betrieb von Kabotagerouten bis Ende 2008 gewährte Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen stellt eine bestehende Beihilfe gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung von 1992 dar.

(290)

Der Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen, der Saremar und Adriatica für den Betrieb internationaler Routen im Rahmen der ursprünglichen Vereinbarungen bis Ende 2008 gewährt wurde, stellt eine neue Beihilfe dar. Diese Beihilfe ist mit dem Binnenmarkt vereinbar, mit Ausnahme der Adriatica gewährten Beihilfemaßnahme für den Zeitraum von Januar 1992 bis Juli 1994 für den Betrieb der Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, weil sie eng mit einem nach Artikel 101 AEUV verbotenen Kartell zusammenhängt.

(291)

Die steuerliche Vorzugsbehandlung für die Versorgung der Schiffe der Tirrenia-Gruppe mit Kraftstoff und Schmiermitteln im Zeitraum 1995-2008 stellt eine bestehende Beihilfe nach Artikel 17 der neuen Verfahrensverordnung dar.

7.   RÜCKFORDERUNG

(292)

Nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Union ist die Kommission befugt zu entscheiden, dass ein Mitgliedstaat eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe umzugestalten oder aufzuheben hat (62). Ebenfalls aufgrund der ständigen Rechtsprechung der Gerichte der Europäischen Union dient die einem Mitgliedstaat durch eine Entscheidung der Kommission auferlegte Verpflichtung zur Aufhebung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe zur Wiederherstellung der früheren Lage (63).

(293)

Die Gerichte der Europäischen Union stellten in diesem Zusammenhang fest, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn der Empfänger den als rechtswidrige Beihilfe gewährten Betrag zurückgezahlt und dadurch den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, verloren hat und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist (64).

(294)

Im Einklang mit der Rechtsprechung sieht Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 vor: „In Negativbeschlüssen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.“

(295)

Da die in Erwägungsgrund 290 genannte Maßnahme zugunsten von Adriatica unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV durchgeführt wurde und als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe zu betrachten ist, muss sie zurückgefordert werden, um die Situation wiederherzustellen, die vor ihrer Gewährung auf dem Binnenmarkt bestanden hat. Auf die zurückzufordernden Beträge sind bis zu ihrer vollständigen Rückzahlung Rückforderungszinsen zu erheben.

(296)

Am 22. Juli 2004 fusionierte Adriatica mit Wirkung zum 1. September 2004 mit Tirrenia, das die von Adriatica betriebenen Routen übernommen hat. Das gesamte Vermögen, die Verbindlichkeiten und die laufenden Verträge wurden von Tirrenia übernommen, dem einzigen übrig gebliebenen Unternehmen nach dem Zusammenschluss.

(297)

Italien hat nach dem Erlass der Entscheidung von 2005 die Rückzahlung der an Adriatica für die Bedienung der Route Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras von Januar 1992 bis Juli 1994 gezahlten unvereinbaren Beihilfen gefordert, die von den italienischen Behörden auf insgesamt 8 651 600 EUR per 31. Dezember 2006 beziffert wurden (Hauptforderung 3 207 810 EUR zuzüglich 5 443 790 EUR Zinsen) (65). In dem an Tirrenia gerichteten Rückforderungsbescheid der italienischen Behörden vom 28. Februar 2007 wurde Tirrenia mitgeteilt, dass für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2007 und dem tatsächlichen Zahlungstermin des obengenannten Betrags ein zusätzliche Betrag angefallen war. Tirrenia hat am 26. März 2007 den Betrag von 8 651 600 zurückgezahlt. In ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2018 bestätigten die italienischen Behörden, dass sie nach dem Urteil von 2009, mit dem die Entscheidung von 2005 für nichtig erklärt wurde, die wiedererlangten Beträge nicht an den Begünstigten zurückgezahlt hatten. Auf der Grundlage der der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen wurde Tirrenia jedoch offenbar nicht aufgefordert, zusätzliche Mittel für die zwischen dem 31. Dezember 2006 und dem 26. März 2007 aufgelaufenen Zinsen zurückzuzahlen.

(298)

Daher stellt die Kommission fest, dass die italienischen Behörden den Gesamtbetrag der fälligen Zinsen, die auf die auf 3 207 810 EUR festgesetzte Hauptforderung anfallen, ab dem Zeitpunkt, an dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung gestellt wurde, bis zu dem Zeitpunkt der vollständigen Rückzahlung neu berechnen müssen. Anschließend werden die italienischen Behörden vom Ergebnis dieser Berechnung den Zinsbetrag abziehen, den der Begünstigte bereits am 28. Februar 2007 gezahlt hat.

(299)

Die Kommission stellt fest, dass Italien im Jahr 2007 und noch im Dezember 2018 der Ansicht war, dass Tirrenia verpflichtet war, die Adriatica gewährte Beihilfe zurückzuzahlen, wie in Erwägungsgrund 297 beschrieben. Darüber hinaus hat Tirrenia diese Feststellung akzeptiert, indem es die von Adriatica geschuldete Beihilfe wie in Erwägungsgrund 297 beschrieben zurückzahlte. Die Kommission wird nun jedoch im nächsten Zug auch die mögliche wirtschaftliche Kontinuität zwischen Adriatica und Tirrenia analysieren, um festzustellen, welches Unternehmen zur Rückzahlung der Beihilfe verpflichtet ist.

8.   WIRTSCHAFTLICHE KONTINUITÄT

(300)

Bei einem späteren Verkauf oder einer Übertragung des Unternehmens, das eine rechtswidrige und unvereinbare staatlichen Beihilfe erhalten hat, kann die Verpflichtung zur Rückzahlung auf andere Unternehmen ausgedehnt werden, auf die die Anteile oder Geschäfte des Begünstigten übertragen wurden (Nachfolgeunternehmen) (66). Jedes Unternehmen, das das Geschäft des ursprünglichen Unternehmens fortsetzt, sollte als Begünstigter der staatlichen Beihilfe betrachtet werden, sofern Aspekte der Übertragung darauf hindeuten, dass das Geschäft tatsächlich fortgesetzt wird. Darüber hinaus kann bei Fusionen oder anderen Formen der Unternehmensumstrukturierung die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe an die überlebende Rechtsperson übergehen (67). Wenn im Gegenteil nachgewiesen werden kann, dass der durch die rechtswidrige Beihilfe entstandene Vorteil beim ursprünglichen Empfänger verbleibt (ungeachtet der Übertragung eines Teils seines Vermögens), bleibt die Rückzahlungsverpflichtung beim ursprünglichen Empfänger der Beihilfe.

(301)

Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003 in der Rechtssache Italien und SIM 2/Kommission (68), das die Grundlage für die Beschlüsse der Kommission zu den Unternehmen Olympic Airlines, Alitalia und SERNAM (69) bildete, stützt sich die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen dem Beihilfeempfänger und dem Unternehmen, auf das seine Vermögenswerte übertragen wurden, auf mehrere Aspekte. Die folgenden Faktoren können berücksichtigt werden, müssen jedoch nicht kumulativ erfüllt sein, um die wirtschaftliche Kontinuität zwischen zwei Unternehmen zu begründen (70):

marktübliche Höhe des Verkaufspreises,

der Gegenstand der Übertragung (Aktiva und Passiva, Belegschaft, gebündelte Vermögenswerte),

Identität der Erwerber,

der Zeitpunkt der Übertragung (nach dem Beginn der vorläufigen Würdigung, nach der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens oder nach dem abschließenden Beschluss),

die ökonomische Folgerichtigkeit und der wirtschaftliche Zweck der Transaktion.

(302)

Tirrenia war die alleinige Eigentümerin von Adriatica. Darüber hinaus waren die endgültigen Eigentümer von Tirrenia dieselben wie die von Adriatica (das heißt, die staatliche Fintecna — Finanziaria per i Settori Industriale e dei Servizi S.p.A., die am 30. Januar 2004 der alleinige Anteilseigner von Tirrenia war). Dies sind starke Anzeichen für die wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen im Vergleich zu einem anderen Szenario, in dem die Eigentümer nicht verbundene Unternehmen wären.

(303)

Bei dem Verkauf von Adriatica an Tirrenia handelte es sich im Grunde genommen um die bloße Übertragung einer Tochtergesellschaft auf ihren Eigentümer, ohne dass eine Ausschreibung organisiert oder ein Preis gezahlt wurde.

(304)

In Bezug auf den Gegenstand der Transaktion wurde Adriatica als laufender Betrieb verkauft, und Tirrenia übernahm alle seine Verpflichtungen unter dem zwischen Adriatica und dem italienischen Staat geschlossenen ursprünglichen Vereinbarungen. Die Kommission hat keinen Hinweis darauf, dass Tirrenia nach der direkten Übernahme des Geschäfts Änderungen an der Handels-, Personal- oder Produktionspolitik von Adriatica vorgenommen hat. Je größer der Teil des ursprünglichen Geschäfts ist, der auf ein neues Unternehmen übertragen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die mit diesen Vermögenswerten verbundene wirtschaftliche Aktivität eine bloße Fortsetzung des vorherigen Geschäfts darstellt und weiterhin von der unvereinbaren Beihilfe profitiert. Im vorliegenden Fall übernahm Tirrenia die gesamten Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Vertragsverhältnisse von Adriatica.

(305)

In Bezug auf den Zweck der Transaktion liegen zwar keine direkten Beweise dafür vor, dass die Absicht der Transaktion darin bestand, die Rückforderungsentscheidung zu umgehen und damit ihren Auswirkungen zu entgehen, die Kommission stellt jedoch fest, dass Tirrenia zwei Tage nach dem Erlass der Entscheidung der Kommission von 2005 beschlossen hat, Adriatica zu übernehmen. Der Zeitpunkt deutet darauf hin, dass die beiden Unternehmen Kenntnis von den laufenden Untersuchungen der Kommission hatten und dies möglicherweise bei der Entscheidung berücksichtigt haben, ihre Aktivitäten in Tirrenia zusammenzulegen. Darüber hinaus bestand die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion eindeutig darin, die gleichen Aktivitäten von Adriatica unter dem Namen Tirrenia fortzusetzen.

(306)

Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass zwischen Tirrenia und Adriatica eine wirtschaftliche Kontinuität besteht und dass die Rückforderung von Adriatica im Rahmen dieses Beschlusses auf Tirrenia ausgedehnt werden muss. Mit ihrer fortgesetzten operativen Präsenz auf dem Markt profitierte Tirrenia weiterhin von der staatlichen Beihilfe, die Adriatica für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten erhalten hat und die das Marktgeschehen weiterhin beeinträchtigt haben.

(307)

Dementsprechend kann Italien bei der Neuberechnung nach Erwägungsgrund 298 die am 26. März 2007 erfolgte Rückzahlung von 5 443 790 EUR durch Tirrenia in vollem Umfang berücksichtigen, sofern diese Mittel nicht später an Tirrenia zurückerstattet wurden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. Dezember 2008 als Ausgleich für den Betrieb von Inlandsrouten an Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar gewährten Beihilfen stellen bestehende Beihilfen dar.

(2)   Unbeschadet der Bestimmungen in Absatz 3 sind die von Italien an Adriatica und Saremar zwischen 1. Januar 1992 und 31. Dezember 2008 als Ausgleich für den Betrieb internationaler Routen gezahlten Beihilfen gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar.

(3)   Die Beihilfemaßnahmen, die im Zeitraum zwischen Januar 1992 und Juli 1994 zugunsten von Adriatica für die Verbindung Brindisi–Korfu–Igoumenitsa–Patras unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 rechtswidrig durchgeführt wurden, sind nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

(4)   Die steuerliche Behandlung von Mineralölen, die im Seeverkehr als Kraftstoffe verbraucht wurden, wird als bestehende Beihilfe angesehen, da weder von der Kommission selbst noch von Italien auf Ersuchen der Kommission vor Ablauf der Verjährungsfrist für die Rückforderung nach Artikel 17 der Verordnung (EU) 2015/1589 irgendetwas in Bezug auf diese Maßnahme unternommen wurde.

Artikel 2

(1)   Italien fordert die in Artikel 1 Absatz 3 genannten Beihilfen vom Empfänger zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurden, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 (71) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen stellt die Kommission fest, dass Italien den Nennbetrag und einen Teil der Rückforderungszinsen bereits vom Empfänger wiedererlangt hat.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 2 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

(2)   Italien stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Italien übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der vom Empfänger zurückzufordern ist,

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen,

c)

Unterlagen, die nachweisen, dass eine Rückzahlungsanordnung an den Empfänger ergangen ist.

(2)   Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 Absatz 3 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Italien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Italien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Empfänger bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.

Die Kommission kann die Beihilfebeträge und die Rückforderungszinsen, die gemäß diesem Beschluss zurückzuzahlen sind, unbeschadet des Artikels 30 der Verordnung (EU) 2015/1589 veröffentlichen.

Brüssel, den 2. März 2020

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Exekutiv-Vizepräsidentin


(1)   ABl. C 306 vom 23.10.1999, S. 2.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2005, Italienische Republik/Kommission, C-400/99 ECLI:EU:C:2005:275, Rn. 34.

(4)  Urteil des Gerichts vom 20. Juni 2007, Tirrenia di Navigazione S.p.A. u. a./Komission, T-246/99, ECLI:EU:T:2007:186.

(5)  Entscheidung 2001/851/EG der Kommission vom 21. Juni 2001 über eine staatliche Beihilfe Italiens zugunsten der Seeverkehrsgesellschaft Tirrenia di Navigazione (ABl. L 318 vom 4.12.2001, S. 9).

(6)  Entscheidung 2005/163/EG der Kommission vom 16. März 2004 über eine staatliche Beihilfe Italiens zugunsten der Seeverkehrsgesellschaften Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar (Tirrenia-Gruppe) (ABl. L 53 vom 26.2.2005, S. 29).

(7)  Urteil des Gerichts vom 4. März 2009, Tirrenia di Navigazione S.p.A. u. a./Komission, T-265/04, ECLI:EU:T:2009:48.

(8)  Urteil von 2009 (Rn. 97-134).

(9)  Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7).

(10)  Urteil von 2009 (Rn. 140-148).

(11)  Nämlich i) ab 2004 für jede einzelne der von Adriatica/Tirrenia, Siremar, Saremar und Toremar im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedienten Routen separat Buch zu führen, ii) die Gewährung von Beihilfen zugunsten von Caremar für die Erbringung von Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehrsdiensten auf der Route Neapel–Capri einzustellen, iii) die der Gesellschaft Caremar für die Erbringung von Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehrsdiensten auf der Route Neapel–Procida–Ischia gewährten Beihilfen auf den Ausgleich des Nettobetriebsdefizits zu begrenzen, iv) eine Verringerung des Kapazitätsangebots im Hochgeschwindigkeits-Linienpersonenverkehr auf der Route Neapel–Procida–Ischia zu veranlassen.

(12)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(13)  Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67).

(14)   ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(15)   ABl. C 28 vom 1.2.2012, S. 18.

(16)   ABl. C 84 vom 22.3.2013, S. 58.

(17)  Von den 596 943 Fahrgästen, die Adriatica im Laufe des Jahres 2000 befördert hat, reisten 397 146 auf den Routen der mittleren und südlichen Adria (davon 334 639 zwischen Italien und Albanien) und 161 024 auf den Verbindungen zu den Inseln des Tremiti-Archipels.

(18)  Von den 779 223 laufenden Metern an Gütern, die Adriatica im Laufe des Jahres 2000 befördert hat, entfielen 306 124 auf die Routen der mittleren und südlichen Adria (davon 235 542 auf die Route zwischen Italien und Albanien) und 473 099 auf die Verbindungen nach Sizilien.

(19)  Adriatica hatte seine Tätigkeit auf dieser Route auf Verlangen des italienischen Transportministeriums im Oktober 1999 vorläufig eingestellt. Zwischen 2000 und 2004 erbrachte Adriatica auf dieser Route keine Dienstleistungen mit eigenen Schiffen und beschränkte ihre Tätigkeit darauf, durch Verträge mit Dritten den Personenverkehr unter dem Internationalen Übereinkommen über den Eisenbahn-Personen- und -Gepäckverkehr (CIV) vom 7. Februar 1970, dem sich Adriatica angeschlossen hatte, sicherzustellen.

(20)  Auf den vier Linienrouten der Gesellschaft erfolgte zwischen 6 Uhr und 22 Uhr durchschnittlich eine Abfahrt stündlich.

(21)  Gemäß Gesetzesdekret Nr. 1379 vom 20. Dezember 1956, Gesetzesdekret Nr. 444 vom 25. Juni 1957, Gesetz Nr. 351 vom 26. Mai 1959, Gesetz Nr. 32 vom 2. Februar 1961 und Gesetz Nr. 40 vom 2. Februar 1962.

(22)  Durch das Gesetz Nr. 373 vom 23. Juni 1977 zur Umstrukturierung der Seeverkehrsdienste von überragendem nationalem Interesse.

(23)  Namentlich die Verbindungen zwischen Triest und anderen Häfen der italienischen Region Friaul-Julisch Venetien sowie zwischen der West- und Ostküste der mittleren und südlichen Adria sowie zwischen dem Ionischen Meer und dem östlichen Mittelmeer.

(24)  Die Kosten des Jahres 2001 wurden von den italienischen Behörden in Tsd. EUR angegeben. Für die Zwecke dieser Tabellen wurden sie in ITL umgerechnet, wobei der vom Rat der Europäischen Union zum 1. Januar 1999 festgelegte Wechselkurs 1 EUR = 1 936,27 ITL zugrunde gelegt wurde.

(25)  Daten aus der Studie Valutazione dei criteri di predisposizione dei conti economici gestionali per linea e stagionalità relativi agli esercizi 1992-1999 von PricewaterhouseCoopers, ergänzt von den italienischen Behörden für die Jahre 2000 und 2001. Die Studie rekonstruiert die analytische Buchhaltung der Gesellschaften der Tirrenia-Gruppe durch Bewertung der Betriebskosten und -erträge für jede Route.

(26)  1992 hat Saremar insgesamt 18 000 Fahrten auf vier von der Gesellschaft bedienten Routen durchgeführt. Im Jahr 2000 betrug die Anzahl der Fahrten ca. 20 000.

(27)  2000 wurden auf dem gesamten Routennetz von Toremar 9 097 Fahrten gegenüber 8 300 im Jahr 1992 durchgeführt.

(28)  Im Jahr 2000 wurden von Caremar 12 872 Fahrten auf den vom Unternehmen bedienten Routen durchgeführt (1992 betrug die Zahl der Fahrten 15 650).

(29)  Nachdem das laufende Geschäft von Adriatica durch Beschluss vom 18. März 2004 von Tirrenia übernommen wurde, sind manche Daten für Adriatica für die Zeit nach 2004 nicht verfügbar.

(30)  Umrechnungskurs: 1 EUR = 1 936,27 ITL.

(31)  Die italienischen Behörden bringen vor, dass die Kommission lange vor Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens über die Subventionen für die Unternehmen der Tirrenia-Gruppe informiert worden sei. Darüber hinaus wurde der Fall von der Kommission 1992 aus administrativen Gründen unter Nummer E 5/1992 neu eingeordnet. Bis 1995 erfolgte der Schriftwechsel zwischen der Kommission und Italien ausschließlich mit Bezugnahme auf die E-Nummer. 1995 wurde die NN-Nummer von der Kommission wiederaufgegriffen.

(32)  Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg, C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415.

(33)  Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern (ABl. L 378 vom 31.12.1986, S. 1).

(34)  Das heißt eine Bestandsschutzklausel, nach der bestimmte laufende Rechtsbeziehungen aus Gründen der rechtlichen Stabilität für einen bestimmten Zeitraum von der Anwendung neuer Vorschriften ausgenommen sind.

(35)  Urteil von 2009 (Rn. 147-148).

(36)  Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2005, Italienische Republik/Kommission, C-400/99 ECLI:EU:C:2005:275.

(37)  Siehe Erwägungsgrund 33 der Entscheidung von 2001.

(38)  A.a.O.

(39)  Gemäß Artikel 12 des Gesetzes 856/1986 wurden die Tarife für den Passagier- und Güterverkehr vom Staat jährlich festgelegt. Die betroffenen Unternehmen konnten dem Staat die von ihnen als notwendig erachteten Tarifänderungen vorschlagen. Diese Vorschläge wurden von den zuständigen Ministerien geprüft.

(40)  Für Adriatica wurden für den Zeitraum 2004-2008 (in dem das Unternehmen zu Tirrenia gehörte) die von Tirrenia verbuchten Gesamtkosten und Betriebserträge (den ehemaligen Routen von Adriatica) vorgelegt.

(41)  2001 und 2008 betrug die absolute Kapitalrendite wie folgt: Saremar — 555 500 EUR im Jahr 2001 und 855 000 EUR im Jahr 2008; Toremar — 1 566 700 EUR im Jahr 2001 und 1 699 000 EUR im Jahr 2008; Siremar — 2 194 000 EUR im Jahr 2001 und 2 060 000 EUR im Jahr 2008; Caremar — 1 739 700 EUR im Jahr 2001 und 1 874 000 EUR im Jahr 2008. Für Adriatica liegen Daten nur bis zu ihrer Übernahme durch Tirrenia im Jahr 2004 vor.

(42)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9), die seit dem 14. Oktober 2015 die Verfahrensverordnung ersetzt.

(43)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1) in der Fassung nach der Änderung durch die Verordnung (EU) 2015/2282.

(44)  Vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 9. August 1994, Namur-Les Assurances du Crédit SA/Office National du Ducroire und Belgischer Staat, C-44/93, ECLI:EU:C:1994:311, Rn. 13 und 16, und vom 30. April 2002, Gibraltar/Kommission, T-195/01 und T-207/01, ECLI:EU:T:2002:111, Rn. 111..

(45)  Urteile des Gerichtshofs vom 9. August 1994, Namur-Les Assurances du Crédit SA/Office National du Ducroire und Belgischer Staat, C-44/93, ECLI:EU:C:1994:311, Rn. 28, und vom 16. Dezember 2010, Niederlande/Kommission, T-231/06 und T-237/06, ECLI:EU:T:2010:525, Rn. 180. Vgl. ferner Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 22. August 2011, Konkurrenten.no AS/EFTA-Überwachungsbehörde, E-14/10, Rn. 57.

(46)  Vgl. Urteile vom 25. März 2009, Alcoa Trasformazioni/Kommission, T-332/06, ECLI:EU:T:2009:79, Rn. 132, vom 11. Juni 2009, Italien/Kommission, T-222/04, ECLI:EU:T:2009:194, Rn. 99-101, vom 20. September 2011, Regione autonoma della Sardegna u. a./Kommission, T-394/08, T-408/08, T-453/08 und T-454/08, ECLI:EU:T:2011:493, Rn. 176-179, und vom 22. März 2012, Italienische Republik/Kommission, C-200/11 P, ECLI:EU:C:2012:165, Rn. 30-31.

(47)  Randnummern 123 und 124 des Urteils von 2009.

(48)  Das Dekret 2081/1936 wurde 1974 aufgehoben, und das Dekret 2082/1936 wurde 2008 aufgehoben.

(49)  Urteile vom 4. September 2009, Italien/Kommission, T-211/05, ECLI:EU:T:2009:304, Rn. 76-78, und vom 21. Juli 2011, Alcoa Trasformazioni, C-194/09 P, ECLI:EU:C:2011:497, Rn. 127.

(50)  Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3).

(51)  Siehe Randnummer 46 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4).

(52)  Nach Artikel 4 der Seekabotageverordnung kann ein Mitgliedstaat mit Schifffahrtsgesellschaften, die sich an Liniendiensten von, zwischen und nach Inseln beteiligen, als Voraussetzung für das Recht zur Erbringung von Kabotageleistungen Verträge über öffentliche Dienstleistungen schließen oder ihnen entsprechende gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen. Artikel 4 Absatz 2 der Seekabotageverordnung bestimmt, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Auferlegung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf Auflagen hinsichtlich der anzulaufenden Häfen, der Regelmäßigkeit, Beständigkeit und Häufigkeit des Verkehrs, der Dienstleistungskapazität, der zu erhebenden Gebühren sowie der Schiffsbesatzung beschränken und dass für die etwaige Gewährung eines Ausgleichs für solche Verpflichtungen stets alle Unionsreeder in Betracht kommen.

(53)  Mitteilung C(2004) 43 der Kommission — Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (ABl. C 13 vom 17.1.2004, S. 3).

(54)  In Artikel 5 dieses Protokolls werden Adriatica und das albanische Unternehmen Transship damit beauftragt, diese Verbindung im Einzelnen zu organisieren.

(55)  Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17).

(56)  1999 wurde beispielsweise die Anschaffung von zwei Schnellbooten vom Kreditinstitut Banco di Napoli mit einem Kredit über 160 Mrd. ITL zu folgenden Konditionen finanziert: variabler Euribor-Zinssatz (revidierbar alle 6 Monate) zuzüglich 0,40 %, Laufzeit 10 Jahre. Den von den italienischen Behörden übermittelten Informationen zufolge hat dasselbe Kreditinstitut zur gleichen Zeit anderen großen Unternehmen zu praktisch identischen Bedingungen Kredite gewährt.

(57)  Vgl. Urteile vom 21. Mai 1980, Kommission/Italien, C-73/79, ECLI:EU:C:1980:129, Rn. 11, vom 15. Juni 1993, Matra SA/Kommission, C-225/91, ECLI:EU:C:1993:239, Rn. 41, und vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C-156/98, ECLI:EU:C:2000:467, Rn. 78.

(58)  Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 1993, Matra SA/Kommission, C-225/91, ECLI:EU:C:1993:239, Rn. 42 und 43.

(59)  Entscheidung 1999/271/EG der Kommission vom 9. Dezember 1998 in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/34.466 — Griechische Fährschiffe) (ABl. L 109 vom 27.4.1999, S. 24), diesbezüglich bestätigt durch das Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission, T-61/99, ECLI:EU:T:2003:335.

(60)  Beschluss vom 16. Februar 2006, Adriatica di Navigazione/Kommission, C-111/04P, ECLI:EU:C:2006:105.

(61)  Da die Entscheidung von 2005 (vom 16. März 2004) zwischen dem 24. Juni 2004 und dem 4. März 2009 Gegenstand eines Verfahrens vor dem Gerichtshof war, begann die zehnjährige Verjährungsfrist nach dem letzten Tätigwerden der Kommission in Bezug auf die betreffende Maßnahme und ruhte während des Gerichtsverfahrens; sie lief dann Ende November 2018 (26. November 2018) ab.

(62)  Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 1973, Kommission/Deutschland, C-70/72, ECLI:EU:C:1973:87, Rn. 13.

(63)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C-142/87, ECLI:EU:C:1990:125, Rn. 66.

(64)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C-75/97, ECLI:EU:C:1999:311, Rn. 64 und 65.

(65)  Dieser Betrag wurde von einer Arbeitsgruppe berechnet, die durch ein am 3. Dezember 2004 erlassenes Ministerialdekret eingerichtet wurde.

(66)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-303/88, ECLI:EU:C:1991:136, Rn. 57. Durch die Rückzahlung der Beihilfe muss der Beihilfeempfänger den Vorteil verlieren, den er zuvor auf dem Markt hatte; dadurch wird die Marktsituation von vor Gewährung der Beihilfe wiederhergestellt.

(67)  Urteil des Gerichtshofs vom 7. März 2018, SNCF Mobilités/Kommission, C-127/16 P, ECLI:EU:C:2018:165, Rn. 113.

(68)  Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission, C-328/99 und C-399/00, ECLI:EU:C:2003:252.

(69)  Beschlüsse der Kommission vom 17. September 2008, Staatliche Beihilfen N 321/2008, N 322/2008 und N 323/2008 — Griechenland — Verkauf bestimmter Vermögenswerte von Olympic Airlines/Olympic Airways Services; vom 12. November 2008, Staatliche Beihilfe N 510/2008 — Italien — Veräußerung von Vermögenswerten von Alitalia; vom 4. April 2012, SA.34547 — Frankreich — Erwerb der Vermögenswerte der Sernam-Gruppe im gerichtlichen Sanierungsverfahren.

(70)  Das Gericht hat diese Indikatoren in seinem Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, mit dem die Entscheidung in der Beihilfesache Alitalia bestätigt wurde, bekräftigt.

(71)  Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).


12.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 332/45


BESCHLUSS (EU) 2020/1412 DER KOMMISSION

vom 2. März 2020

über die Maßnahmen SA.32014, SA.32015, SA.32016 (11/C) (ex 11/NN), die Italien zugunsten von Tirrenia di Navigazione und seinem Erwerber Compagnia Italiana di Navigazione durchgeführt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 1110)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den vorgenannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 5. Oktober 2011 leitete die Kommission ein förmliches Prüfverfahren zu bestimmten Maßnahmen Italiens zugunsten der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe (2) ein (im Folgenden „der Beschluss von 2011“). Die Untersuchung betraf unter anderem die Tirrenia di Navigazione (im Folgenden „Tirrenia“) gewährten Ausgleichszahlungen für die Bedienung einer Reihe von Seeverkehrsrouten ab dem 1. Januar 2009 und das Privatisierungsverfahren (siehe Abschnitt 2.3.3), das zur Übernahme der Tirrenia-Sparte (siehe Erwägungsgrund 27) durch die Compagnia Italiana di Navigazione (im Folgenden „CIN“) führte.

(2)

Der Beschluss von 2011 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, ihre Stellungnahmen zu den zu prüfenden Maßnahmen zu übermitteln.

(3)

Bezüglich der Maßnahmen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, hat die Kommission Stellungnahmen von Tirrenia unter Sonderverwaltung (im Folgenden „Tirrenia SV“), den Pan Med Lines (im Folgenden „Pan Med“), CIN und Grandi Navi Veloci (im Folgenden auch „GNV“) erhalten (siehe Abschnitt 5). Sie leitete diese an Italien weiter und gab Italien Gelegenheit zur Stellungnahme. Italien übermittelte keine Stellungnahme.

(4)

Am 10. Januar 2012 meldeten die italienischen Behörden, angeblich aus Gründen der Rechtssicherheit, die Entwürfe der Verträge für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse (im Folgenden „Verträge“), die mit den jeweiligen künftigen Erwerbern der Sparten von Tirrenia und Siremar geschlossen werden sollten und auf deren Grundlage diesen Erwerbern ein Ausgleich gewährt werden sollte, förmlich bei der Kommission zur Genehmigung an. Am 24. Januar 2012, 4. Februar 2012 und 3. Juli 2012 forderte die Kommission weitere Informationen von den italienischen Behörden zu den angemeldeten Maßnahmen an. Die angeforderten Informationen wurden von den italienischen Behörden mit Schreiben vom 9. Februar 2012, 11. Mai 2012 und 19. Juli 2012 übermittelt. In ihrem Schreiben vom 19. Juli 2012 informierten die italienischen Behörden die Kommission außerdem darüber, dass der neue Vertrag zwischen dem italienischen Staat und CIN am Tag zuvor unterzeichnet worden war.

(5)

Am 7. November 2012 erweiterte die Kommission das Untersuchungsverfahren (siehe Abschnitt 2.2) unter anderem hinsichtlich i) der rechtswidrigen Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia und ii) der CIN gewährten Ausgleichsleistungen im Rahmen des neuen Vertrags mit dem italienischen Staat. Eine geänderte Version (4) dieses Beschlusses wurde von der Kommission am 19. Dezember 2012 erlassen (im Folgenden „Beschluss von 2012“).

(6)

Der Beschluss von 2012 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (5) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, ihre Stellungnahmen zu den zu prüfenden Maßnahmen zu übermitteln.

(7)

Zu den Maßnahmen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, gingen bei der Kommission Stellungnahmen von CIN, Tirrenia SV und Pan Med ein (siehe Abschnitt 5). Sie leitete diese an Italien weiter und gab Italien Gelegenheit zur Stellungnahme. Italien übermittelte keine Stellungnahme.

(8)

Am 5. Oktober 2012 beauftragte die Kommission Ecorys Nederland BV mit der Schätzung des Marktwerts der von Tirrenia zum Verkauf angebotenen einschlägigen Vermögenswerte (siehe Abschnitt 2.3.3.5) auf der Grundlage zweier alternativer Szenarien. Ecorys legte seinen abschließenden Bericht (im Folgenden „Ecorys-Bericht“) am 4. September 2013 vor. Die Kommission leitete diesen Bericht am 27. September 2013 an Italien weiter. Italien übermittelte mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 seine Stellungnahme zum Ecorys-Bericht zusammen mit einem Gegengutachten seines eigenen unabhängigen Sachverständigen, der Banca Profilo.

(9)

Mit ihrem Beschluss vom 22. Januar 2014 (im Folgenden „Beschluss von 2014“) (6) schloss die Kommission das förmliche Untersuchungsverfahren zu verschiedenen Maßnahmen der Region Sardinien zugunsten von Saremar ab. Die von Saremar und der Region gegen diesen Beschluss eingelegte Klage wurde 2017 vom Gericht zurückgewiesen (7).

(10)

Am 12. Februar 2016, 29. Mai 2018, 18. September 2018, 10. Oktober 2018 und 22. November 2018 übermittelte Grimaldi Euromed S.p.A. (im Folgenden „Grimaldi“) die in Abschnitt 6 beschriebenen Schriftsätze. Auf Ersuchen von Grimaldi trafen sich die Kommissionsdienststellen am 17. Juli 2018 mit dem Rechtsvertreter des Unternehmens.

(11)

Am 25. Januar 2018, 29. März 2018 und 31. August 2018 forderte die Kommission zusätzliche Informationen von den italienischen Behörden an. Die italienischen Behörden lieferten diese Informationen am 26. April 2018, 31. Mai 2018, 2. November 2018 und 11. Dezember 2018. Am 23. und 24. Januar 2019 trafen sich die Kommissionsdienststellen mit den italienischen Behörden in Rom. In den folgenden Monaten übermittelten die italienischen Behörden die von der Kommission auf diesem Treffen angeforderten zusätzlichen Informationen.

(12)

Dieser Beschluss betrifft wie in Erwägungsgrund 31 ausgeführt nur mögliche Beihilfemaßnahmen für Tirrenia und CIN. Alle übrigen Maßnahmen, die den Beschlüssen von 2011 und 2012 unterliegen, werden unter den Fällen SA.32014, SA.32015 und SA.32016 getrennt untersucht und sind daher nicht Gegenstand dieses Beschlusses. Diese verbliebenen Maßnahmen betreffen insbesondere andere Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe.

2.   HINTERGRUND UND BESCHREIBUNG DER MAßNAHMEN, DIE GEGENSTAND DER UNTERSUCHUNG SIND

2.1.   Allgemeiner Rahmen

2.1.1.   Die ursprünglichen Verträge

(13)

Die Tirrenia-Gruppe befand sich über das Unternehmen Fintecna (8) ehemals im Besitz des italienischen Staats und umfasste zunächst sechs Unternehmen: Tirrenia, Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar. Diese Unternehmen boten Seeverkehrsdienste aufgrund von Einzelverträgen für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen an, die sie 1991 mit dem italienischen Staat abgeschlossen hatten und die von Januar 1989 bis Dezember 2008 24 Jahre lang in Kraft waren (im Folgenden „ursprüngliche Verträge“). Fintecna hielt 100 % des Aktienkapitals der Tirrenia, die ihrerseits alleinige Eigentümerin der regionalen Unternehmen Adriatica, Caremar, Saremar, Siremar und Toremar war. Adriatica, das zuvor eine Reihe von Routen zwischen Italien und Albanien/Kroatien/Griechenland/Montenegro bediente, fusionierte 2004 mit Tirrenia.

(14)

Zweck dieser Verträge für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse war es, die Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit der Seetransportdienste sicherzustellen; die meisten Verträge betrafen die Verbindung des Festlands mit Sizilien, Sardinien und anderen, kleineren Inseln Italiens. Zu diesem Zweck gewährte der italienische Staat Unterstützung in Form von Subventionen, die direkt an die einzelnen Unternehmen der Tirrenia-Gruppe ausgezahlt wurden.

(15)

Tirrenia bietet Seeverkehrsdienste auf einer Reihe von gemischten Routen (Passagiere, Pkw und Lkw) und auch auf einigen Frachtrouten an, hauptsächlich zwischen dem italienischen Festland und Sardinien, Sizilien bzw. den Tremiti-Inseln sowie zwischen Sardinien und Sizilien. Die einzelnen betroffenen Routen werden weiter unten beschrieben.

(16)

Am 6. August 1999 leitete die Kommission wegen der auf der Grundlage der ursprünglichen Verträge gezahlten Beihilfen für die sechs Unternehmen der Tirrenia-Gruppe das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags zur Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ein

(17)

Während der Untersuchungsphase beantragten die italienischen Behörden, die Sache der Tirrenia-Gruppe aufzuspalten, damit für Tirrenia selbst ein vorrangiger abschließender Beschluss getroffen werden könne. Diesen Antrag begründeten die italienischen Behörden mit ihrem Plan, die Unternehmensgruppe zu privatisieren, und zwar beginnend mit Tirrenia, sowie mit der Absicht zur Beschleunigung des Verfahrens hinsichtlich dieses Unternehmens.

(18)

Die Kommission gab dem Antrag der italienischen Behörden statt und schloss mit der Entscheidung der Kommission 2001/851/EG (9) das Verfahren über eine Beihilfe zugunsten von Tirrenia ab (im Folgenden „Entscheidung von 2001“). Die Beihilfe wurde vorbehaltlich bestimmter Verpflichtungen der italienischen Behörden für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt.

(19)

Mit der Entscheidung der Kommission 2005/163/EG (10) vom 16. März 2004 (im Folgenden die „Entscheidung von 2004“) erklärte die Kommission die Ausgleichszahlungen, die Italien den anderen Unternehmen der Tirrenia-Gruppe, mit Ausnahme von Tirrenia selbst (11), gewährt hatte, für teilweise mit dem Binnenmarkt vereinbar unter der Bedingung, dass sich die italienischen Behörden an eine Reihe von Verpflichtungen hielten, und ansonsten für nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar. Diese Entscheidung stützte sich auf Daten der Buchführung aus den Jahren 1992 bis 2001 und enthielt bestimmte Bedingungen, die die Vereinbarkeit der Ausgleichsleistungen über die gesamte Laufzeit des ursprünglichen Vertrags sicherstellen sollten.

(20)

Mit seinem Urteil vom 4. März 2009 in den verbundenen Rechtssachen Tirrenia di Navigazione S.p.A., Caremar u. a. gegen die Kommission (12) (im Folgenden „Urteil von 2009“) erklärte das Gericht die Entscheidung von 2004 für nichtig. Dieser Beschluss greift dem laufenden Verfahren im Anschluss an das Urteil von 2009 nicht vor.

2.1.2.   Die Verlängerung der ursprünglichen Verträge

(21)

Artikel 26 des Gesetzesdekrets Nr. 207 vom 30. Dezember 2008, umgewandelt in das Gesetz Nr. 14 vom 27. Februar 2009, sah die Verlängerung der ursprünglichen Verträge (einschließlich des Vertrags für Tirrenia), die ursprünglich am 31. Dezember 2008 auslaufen sollten, um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2009 vor.

(22)

Artikel 19ter des Gesetzesdekrets Nr. 135 vom 25. September 2009, umgewandelt in das Gesetz Nr. 166 vom 20. November 2009 (im Folgenden „Gesetz von 2009“) sah hinsichtlich der Privatisierung der Unternehmen der Tirrenia-Gruppe vor, dass die Anteile der Regionalgesellschaften (mit Ausnahme von Siremar) von der Muttergesellschaft Tirrenia wie folgt ohne Gegenleistung übertragen werden sollten:

1)

Caremar auf die Region Kampanien. In der Folge würde die Region Kampanien ab diesem Zeitpunkt den Betrieb (13) der Seeverbindungen mit den Pontinischen Inseln unter dem Namen Laziomar als eigenständiges Unternehmen auf die Region Latium übertragen.

2)

Saremar auf die Region Sardinien.

3)

Toremar auf die Region Toskana.

(23)

Das Gesetz von 2009 legte auch fest, dass bis zum 31. Dezember 2009 neue „Verträge“ zwischen dem italienischen Staat und Tirrenia bzw. Siremar abzuschließen waren. Entsprechend sollten die regionalen Dienste in Entwürfen für „Verträge zur Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse“ vorgesehen werden, die von Saremar, Toremar und Caremar mit den regionalen Behörden bis zum 31. Dezember 2009 (mit Sardinien und der Toskana) bzw. 28. Februar 2010 (mit Kampanien und Latium) abzuschließen waren. Die Entwürfe der neuen Verträge / öffentlichen Dienstleistungsverträge würden für jedes Unternehmen selbst ausgeschrieben und mit den Käufern nach Abschluss der Privatisierung der einzelnen Unternehmen unterzeichnet (14).

(24)

Zu diesem Zweck wurden mit dem Gesetz von 2009 die ursprünglichen Verträge (einschließlich des auf Tirrenia anwendbaren Vertrags) vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2010 verlängert.

(25)

Das Gesetz von 2009 legte feste jährliche Ausgleichsobergrenzen für den Betrieb der Dienste ab 2010 (im Rahmen der Verlängerung der ursprünglichen Verträge sowie der neuen Verträge und der Verträge für öffentliche Dienstleistungen) in einer Höhe von insgesamt 184 942 251 EUR wie folgt fest:

Tabelle 1

Höchstgrenze für Ausgleichszahlungen ab 2010

Unternehmen

Jährlicher Maximalausgleich (in EUR)

Tirrenia

72 685 642

Siremar

55 694 895

Saremar

13 686 441

Toremar

13 005 441

Caremar

29 869 832  (15)

(26)

Schließlich wurde in Artikel 1 des Gesetzes Nr. 163 vom 1. Oktober 2010 zur Umwandlung des Gesetzesdekrets Nr. 125 vom 5. August 2010 (im Folgenden „Gesetz von 2010“) die weitere Verlängerung der ursprünglichen Verträge (einschließlich des auf Tirrenia anwendbaren Vertrags) vom 1. Oktober 2010 bis zum Abschluss der Privatisierungsverfahren von Tirrenia und Siremar festgelegt.

2.1.3.   Die Privatisierung von Tirrenia und der Abschluss des neuen Vertrags

(27)

Im September 2010 wurde ein Ausschreibungsverfahren eingeleitet (siehe Abschnitt 2.3.3), um einen Käufer für die Tirrenia-Sparte zu finden, die mit dem neuen Vertrag für die Erbringung von Seeverkehrsdienstleistungen über einen Zeitraum von acht Jahren hinweg gegen einen Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse gebündelt wurde. In diesem Kontext wird auf die Tirrenia-Sparte und nicht auf Tirrenia Bezug genommen, da das Ausschreibungsverfahren nur jene Vermögenswerte und Verträge betrifft, die zur Erfüllung der im neuen Vertrag mit dem Erwerber festgelegten gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen erforderlich sind. Die übrigen Vermögenswerte, die zu anderen Zwecken eingesetzt wurden (etwa Schiffe, Immobilien und Kunstwerke), sollten über getrennte Verfahren veräußert werden. Darüber hinaus betraf das Ausschreibungsverfahren nicht die finanziellen Verpflichtungen von Tirrenia, sodass auf den Käufer keinerlei von Tirrenia bis zum Zeitpunkt des Verkaufs angehäufte Schulden übertragen wurden. Bis zum jetzigen Zeitpunkt existiert Tirrenia SV als eigene Rechtsperson weiter, wenn auch mit dem vorrangigen Zweck, nach Auszahlung der Gläubiger liquidiert zu werden.

(28)

Im Anschluss an ihr erfolgreiches Angebot im Ausschreibungsverfahren unterzeichnete CIN am 25. Juli 2011 den Vertrag zum Erwerb der Tirrenia-Sparte. Der neue Vertrag zwischen dem italienischen Staat und CIN wurde am 18. Juli 2012 unterzeichnet. Auf der Grundlage dieses Vertrags ging das Eigentum an der Tirrenia-Sparte am 19. Juli 2012 vom Staat auf CIN über.

2.2.   Maßnahmen im Rahmen der Beschlüsse von 2011 und 2012

(29)

Folgende Maßnahmen wurden im Rahmen des durch die Beschlüsse von 2011 und 2012 eingeleiteten förmlichen Untersuchungsverfahrens geprüft (siehe auch Abschnitt 3):

a)

die im Rahmen der Verlängerung der ursprünglichen Verträge gezahlten Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) (Maßnahme 1),

b)

die rechtswidrige Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia und Siremar (Maßnahme 2),

c)

die Privatisierung der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe (16) (Maßnahme 3),

d)

die Ausgleichsleistungen für die Erbringung von DAWI im Rahmen künftiger Verträge / öffentlicher Dienstleistungsverträge (Maßnahme 4),

e)

der Liegeplatzvorrang (Maßnahme 5),

f)

die Maßnahmen des Gesetzes 2010 zur Umwandlung des Gesetzesdekrets Nr. 125/2010 (Maßnahme 6),

g)

die von der Region Sardinien angenommenen Zusatzmaßnahmen zugunsten von Saremar (Maßnahme 7).

(30)

Mit ihrem Beschluss von 2014 schloss die Kommission das förmliche Untersuchungsverfahren, was die von der Region Sardinien beschlossenen Maßnahmen zugunsten von Saremar angeht (Maßnahme 7), mit der Ausnahme einer einzelnen Maßnahme (17) ab.

2.3.   Ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind

(31)

Dieser Beschluss beschäftigt sich nur mit den in Erwägungsgrund 29 aufgeführten Maßnahmen 1 bis 6. Diese Maßnahmen werden in den folgenden Abschnitten näher beschrieben.

2.3.1.   Die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags zwischen dem Staat und Tirrenia

2.3.1.1.   Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen

(32)

Artikel 1 des ursprünglichen Vertrags mit Tirrenia sah Fünfjahrespläne vor, in denen die anzulaufenden Häfen, die zu verwendenden Schiffstypen und die erforderliche Häufigkeit des Dienstes, mit dem Tirrenia betraut wurde, festgelegt wurden.

(33)

Italien teilte der Kommission mit, dass der letzte durch Ministerialdekret vom 20. September 2001 für Tirrenia angenommene Fünfjahresplan den Zeitraum von 2000-2004 abdeckte. Dieser Plan berücksichtigt in vollem Umfang die Verpflichtungen, die Italien im Zusammenhang mit der Entscheidung der Kommission von 2001 eingegangen war (vor allem Reduzierungen im Umfang der Regelungen zu den gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen). Ein Plan für den Zeitraum 2005-2008 wurde entworfen, aber nie förmlich durch die zuständigen Minister genehmigt. Stattdessen wurden von der Regierung Ad-Hoc-Entscheidungen getroffen, um die Dienstleistungen besser auf die Bedürfnisse der lokalen Gemeinden abzustimmen, ohne jedoch wesentliche Änderungen am System der öffentlichen Dienstleistungen vorzunehmen. Die italienischen Behörden brachten vor, dass eine längerfristige Planung aufgrund fehlender Zuweisungen der erforderlichen Mittel nicht möglich gewesen sei. Aus diesem Grund betrafen die begrenzt vorgenommenen Änderungen meist Kürzungen der öffentlichen Dienstleistungen.

(34)

Auf der Grundlage des ursprünglichen Vertrags in der Fassung nach seiner Verlängerung und Änderung (für bestimmte Routen) bediente Tirrenia vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 folgende Routen:

Genua–Porto Torres: Tirrenia bot gemischte Dienste an, die es in der Nebensaison (18) im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, in der Hauptsaison auf kommerzieller Basis erbrachte. Im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bediente Tirrenia die Route auf der Grundlage vorher festgelegter Fahrpläne zur Gewährleistung einer zuverlässigen Anbindung an das Eisenbahnnetz in Sardinien auf täglicher Basis mit abendlichen Abfahrtszeiten von beiden Häfen. GNV, der einzige Wettbewerber, der diese Route in dem betreffenden Zeitraum ganzjährig bediente, sicherte in der Nebensaison nur drei Abfahrten pro Woche zu. Zwar bot GNV in der Hauptsaison einen täglichen Dienst an, doch gewährleistete es keine abendliche Abfahrt von beiden Häfen.

Civitavecchia–Olbia: Tirrenia bot gemischte Dienste an, die es in der Nebensaison (19) im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, in der Hauptsaison auf kommerzieller Basis erbrachte. Im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bediente Tirrenia die Route auf der Grundlage vorher festgelegter Fahrpläne auf täglicher Basis mit abendlichen Abfahrtszeiten von beiden Häfen. Zumindest während eines Teils des untersuchten Zeitraums war SNAV sowohl in der Neben- als auch in der Hauptsaison auf dieser Route tätig. Im Jahr 2008 bediente SNAV diese Route allerdings nur dreimal wöchentlich in der Nebensaison, jedoch täglich in der Hauptsaison. In den Jahren 2009 und 2010 scheint SNAV die Betriebsfrequenz in der Nebensaison auf täglich erhöht zu haben. Nach Mai 2011 stellte SNAV, als GNV die Route übernahm, den Betrieb auf dieser Route jedoch ein. Letztgenanntes Unternehmen beschloss daraufhin, diese Verbindung nur in der Hauptsaison zu betreiben. Die Präsenz anderer Betreiber auf dieser Route (z. B. Moby oder Sardinia Ferries) war während eines Teils dieses Zeitraums auf die Hauptsaison beschränkt.

Neapel–Palermo: 2009 erbrachte Tirrenia im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen ganzjährig gemischte Dienste, ab 2010 erbrachte das Unternehmen diese Dienste in der Nebensaison im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und in der Hauptsaison auf kommerzieller Basis. Im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bediente Tirrenia die Route aufgrund eines zuvor festgelegten Fahrplans täglich mit Abfahrten von beiden Häfen. Während der gesamten Verlängerungsphase hat SNAV, der einzige Wettbewerber, der die Route ebenfalls ganzjährig bediente, zwar tägliche Abfahrten angeboten, aber nicht dieselbe Regelmäßigkeit und Kontinuität wie Tirrenia garantiert (20). Ferner verwendete SNAV für den Betrieb auf dieser Route deutlich ältere Schiffe als Tirrenia und bot daher nicht dieselbe Qualität (21). GNV gab an, die Route von Mai bis Dezember 2011 und das ganze Jahr 2012 bedient zu haben (siehe auch Erwägungsgründe 266 und 267). GNV bot seine Dienste auf dieser Route in Zusammenarbeit mit SNAV an.

Genua–Olbia–Arbatax: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen das ganze Jahr über mindestens dreimal wöchentlich gemischte Dienste an. Arbatax wurde zweimal wöchentlich als zusätzlicher Stopp bedient, wenn dies zuvor in Olbia angemeldet wurde. Während des Untersuchungszeitraums verkehrte der private Betreiber Moby nur während eines Teils des Jahres zwischen Genua und Olbia (in den meisten Jahren von Mitte März bis Mitte Oktober). Auch GNV verkehrte nur in der Hauptsaison zwischen Genua und Olbia. Tirrenia war der einzige Betreiber, der die Verbindung nach Olbia das ganze Jahr über sicherte. Außerdem war Tirrenia während des gesamten Bewertungszeitraums der einzige Betreiber, der eine Verbindung zu Arbatax anbot.

Civitavecchia–Cagliari–Arbatax: Im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung bot Tirrenia einen ganzjährigen gemischten Dienst auf täglicher Basis mit Abendabfahrten von beiden Häfen an. Arbatax wurde als zusätzlicher Stopp zweimal in der Woche bedient. Während der gesamten Verlängerungszeit war Tirrenia der einzige Betreiber, der diese Route in der Haupt- und in der Nebensaison bediente.

Neapel–Cagliari: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung über das gesamte Jahr wenigstens einmal pro Woche eine Abfahrt von jedem Hafen an. Während des gesamten Verlängerungszeitraums war Tirrenia das einzige Unternehmen, das diese Route sowohl in der Neben-, als auch in der Hauptsaison als gemischten Dienst bediente.

Palermo–Cagliari: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und auf wöchentlicher Basis einen gemischten Dienst von jedem Hafen aus an. Während des gesamten Verlängerungszeitraums war Tirrenia das einzige Unternehmen, das diese Route sowohl in der Neben-, als auch in der Hauptsaison als gemischten Dienst bediente.

Trapani–Cagliari: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und auf wöchentlicher Basis einen gemischten Dienst von jedem Hafen aus an. Während des gesamten Verlängerungszeitraums war Tirrenia das einzige Unternehmen, das diese Route sowohl in der Neben-, als auch in der Hauptsaison als gemischten Dienst bediente.

Trapani–Tremiti-Inseln: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und auf täglicher Basis einen gemischten Dienst von jedem Hafen aus an. Während der gesamten Verlängerungszeit war Tirrenia der einzige Betreiber, der diese Route in der Haupt- und in der Nebensaison bediente.

Livorno–Cagliari  (22): Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und fünfmal in der Woche einen Frachtdienst an. Während des betroffenen Zeitraums boten Wettbewerber auf dieser Route (z. B. Moby) nur eine Abfahrt in der Woche an und stellten den Dienst während der Hochsommerzeit und der Weihnachtsferien ein.

Neapel–Cagliari: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und zwei- bis dreimal pro Woche einen Frachtdienst an. Während des gesamten Verlängerungszeitraums war Tirrenia sowohl in der Neben- als auch in der Hauptsaison der einzige Betreiber (zusätzlich zu seinem gemischten Betrieb auf derselben Route).

Ravenna–Catania: Tirrenia bot im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen ganzjährig und dreimal in der Woche einen Frachtdienst von jedem Hafen aus an. Während des gesamten Verlängerungszeitraums war Tirrenia sowohl in der Neben- als auch in der Hauptsaison der einzige Frachtbetreiber auf dieser Route.

2.3.1.2.   Mittelausstattung und Laufzeit

(35)

Nachstehende Tabelle zeigt die jährlichen Ausgleichszahlungen an Tirrenia für den Zeitraum 2009-Juli 2012:

Tabelle 2

Für den Zeitraum 2009-Juli 2012 gewährte Ausgleichsleistungen

Jahr

Ausgleichsleistung (in EUR)

2009 (Januar-Dezember)

80 010 000

2010 (Januar-Dezember)

72 685 642

2011 (Januar-Dezember)

72 685 642

2012 (Januar-Juli)

39 978 409,46  (23)

(36)

Der ursprüngliche Vertrag über die jährliche Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gab folgende Zahlungsweise an: eine Vorauszahlung in Höhe von 70 % der im Vorjahr gezahlten Ausgleichsleistung bis zum 30. März eines jeden Jahres und eine zweite Zahlung von 20 % der Ausgleichsleistung zum 30. Juni. Der gegebenenfalls zum 30. November gezahlte Saldo entspricht der Differenz zwischen den bereits ausgezahlten Beträgen und dem Betriebsdefizit des laufenden Geschäftsjahres. Sollte sich herausstellen, dass Tirrenia einen Betrag erhalten hat, der höher als die Nettokosten der geleisteten Dienste war (Einnahmen minus Verlust), war das Unternehmen verpflichtet, die Differenz zurückzuerstatten (24).

(37)

Wie vorstehend beschrieben (Erwägungsgrund 34) bedient Tirrenia die Routen Genua–Porto Torres, Civitavecchia–Olbia und Neapel–Palermo seit 2010 in der Hauptsaison auf kommerzieller Basis. Sämtliche auf diesen Routen während der Hauptsaison gemachten Gewinne werden von den Tirrenia zu zahlenden Ausgleichsleistungen für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen abgezogen, wohingegen gegebenenfalls entstandene Verluste während dieser Zeit von Tirrenia allein zu tragen sind. Dies senkt den Betrag der erforderlichen Ausgleichsleistungen für den Betrieb der Routen im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen während der Nebensaison.

2009 gewährte Ausgleichsleistungen

(38)

Im Präsidialdekret Nr. 501 vom 1. Juni 1979 (im Folgenden „Dekret Nr. 501/79“) sind die verschiedenen Elemente (Einnahmen und Kosten) festgelegt, die in die Berechnung der Subventionen für Betreiber öffentlicher Seeverkehrsdienste einfließen. Darüber hinaus sind durch Gesetz Nr. 856 vom 5. Dezember 1986 (im Folgenden „Gesetz Nr. 856/86“) bestimmte Änderungen des Systems der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Bereich des Seeverkehrs in Italien festgelegt. Hinsichtlich der Verbindung mit den größeren und kleineren Inseln wurden in Artikel 11 des Gesetzes die Kriterien für die Berechnung der Ausgleichsleistungen für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen geändert. In der Tat mussten die Subventionen auf Grundlage der Differenz zwischen den Einnahmen und den Kosten der Dienstleistungen berechnet werden, wie sie anhand durchschnittlicher und objektiver Parameter festgelegt wurden, außerdem mussten sie eine angemessene Gesamtkapitalrendite beinhalten. Im selben Artikel ist festgehalten, dass die Verträge für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen eine Liste der subventionierten Routen, die Frequenz der Fahrten und die zu verwendenden Schiffstypen beinhalten mussten. Die Subventionen mussten durch den zuständigen Minister genehmigt werden. Die im Präsidialdekret Nr. 501/79 und Gesetz Nr. 856/86 festgelegten Prinzipien spiegelten sich in den ursprünglichen Verträgen wider.

(39)

Tatsächlich wurden die Ausgleichsleistungen für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen für das Jahr 2009 nach der Methode berechnet, die in dem seit 1991 geltenden ursprünglichen Vertrag, der nach dessen ursprünglichem Auslaufen am 31. Dezember 2008 verlängert wurde, festgelegt war. Die Ausgleichsleistung entsprach insbesondere dem kumulierten Nettoverlust der Dienstleistungen im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, zu dem ein variabler Betrag entsprechend der Gesamtkapitalrendite addiert wurde.

(40)

Die verschiedenen Kostenelemente, die bei der Berechnung der von den Behörden festgelegten Ausgleichszahlungen berücksichtigt wurden, waren die folgenden: Anschaffungs-, Werbe- und Unterbringungskosten, Lade-, Lösch- und Manövrierkosten, Kosten für das Verwaltungspersonal an Land, Wartungskosten für die Schiffe, Verwaltungskosten, Versicherungskosten, Miet- und Leasingkosten, Treibstoff, Steuern und Abschreibungskosten.

2010, 2011 und 2012 gewährte Ausgleichsleistungen

(41)

Seit 2010 wurde der Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen durch Anwendung einer neuen Methode festgelegt, die in der CIPE-Richtlinie (25) vom 9. November 2007 mit dem Titel „Kriterien für die Definition der Gemeinwohlverpflichtungen und der Tarifdynamik im Bereich der Seekabotage von öffentlichem Interesse“ (im Folgenden „CIPE-Richtlinie“) (26) festgelegt ist. Laut der Präambel wurde die CIPE-Richtlinie in Hinsicht auf die Privatisierung öffentlicher Unternehmen erlassen, die Seeverkehrsdienste im Rahmen von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erbringen (27). Die Bestimmungen der CIPE-Richtlinie wurden in Bezug auf die von den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe ab 2010 erbrachten Dienstleistungen bereits vor dem Inkrafttreten der jeweiligen neuen Verträge/öffentlichen Dienstleistungsverträge nach den jeweiligen Privatisierungen angewandt.

(42)

Die in der CIPE-Richtlinie festgelegte Methode ermöglicht es öffentliche Seeverkehrsdienste betreibenden Unternehmen eine angemessene Rendite zu erzielen. Die Kapitalrendite ist auf der Grundlage der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) zu berechnen.

(43)

Die erforderliche Eigenkapitalrendite (28) ist nach der CAPM (CAPM = Capital Asset Pricing Method) zu berechnen. Auf der Grundlage dieses Modells werden die Kosten des Eigenkapitals als Funktion i) des risikofreien Zinssatzes, ii) des Betas (einer Schätzung des Risikoprofils des Unternehmens im Verhältnis zum Aktienmarkt) und iii) der dem Kapitalmarkt zugewiesenen Eigenkapitalrisikoprämie abgeleitet.

(44)

Insbesondere sind die Kosten des Eigenkapitals durch Addition einer Prämie für die Übernahme zusätzlicher Risiken zur Rendite für risikofreie Aktivitäten zu berechnen. Diese Prämie ist zu berechnen als die Risikoprämie des Marktes multipliziert mit seinem Beta-Wert, der misst, wie riskant eine bestimmte Aktivität im Verhältnis zum Markt ist.

(45)

Gemäß der CIPE-Richtlinie entspricht die Rendite risikofreier Tätigkeiten der durchschnittlichen Bruttorendite von Referenzanleihen mit zehnjähriger Laufzeit, bezogen auf die letzten zwölf Monate, für die verfügbare Daten vorliegen.

(46)

Die CIPE-Richtlinie setzt eine Marktrisikoprämie von 4 % fest Darüber hinaus wird bei einer Dienstleistung, die auf einer nicht-exklusiven Basis betrieben wird, das mutmaßlich größere Risiko, das der Betreiber trägt, durch einen Aufschlag von 2,5 % auf die Marktrisikoprämie vergütet.

(47)

In der Praxis darf der an Tirrenia gezahlte Ausgleichsbetrag jedoch die im Gesetz von 2009 festgelegte Obergrenze von 72 685 642 EUR im Jahr nicht überschreiten (siehe Erwägungsgrund 25). Obwohl das Gesetz von 2009 die jährlichen Ausgleichszahlungen für den Betrieb der Seeverkehrsdienste im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse an alle Tirrenia-Gesellschaften begrenzt, enthält die CIPE-Richtlinie auch bestimmte Sicherheitsvorkehrungen, die es diesen Betreibern ermöglichen, ihre Betriebskosten ausreichend zu decken.

(48)

Insbesondere müssen gemäß der CIPE-Richtlinie der Umfang der Dienstleistungen, die im neuen Vertrag festgelegten Höchsttarife und die tatsächlich gewährte Entschädigung so festgelegt werden, dass der Leistungserbringer die Gesamtheit der zulässigen Kosten decken kann. Folgende Formel ist anzuwenden:

VA(RSP) + VA(AI(X)) = VA(CA)

Dabei gilt:

VA(RSP) ist der diskontierte Wert des Ausgleichs für die Erbringung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen,

VA(AI(X)) ist der diskontierte Wert anderer Einnahmen (Fahrpreise und anderes),

VA(CA) ist der diskontierte Wert der zulässigen Betriebskosten, der Schuldenrückzahlung und der Gesamtkapitalrendite.

(49)

Sollte die obige Gleichung zu Verlusten führen, könnte der Umfang der subventionierten Tätigkeiten verringert werden (siehe auch Randnummer 103) oder alternativ könnten die Organisation der Dienstleistung (z. B. die Wahl des Schiffstyps) überprüft oder die maximalen Transportentgelte geändert werden.

(50)

Darüber hinaus wird der für die jeweiligen Dienstleistungen geltende Höchsttarif ohne Steuern und Hafengebühren jedes Jahr auf der Grundlage einer Preisobergrenzenformel wie folgt angepasst:

ΔT = ΔP – X

Dabei gilt:

ΔT ist die jährliche prozentuale Änderung der Tarifobergrenze,

ΔP ist die Inflationsrate des Referenzjahres,

X ist eine reale jährliche Anpassungsrate der im Vertrag festgelegten Fahrpreisobergrenze, die während der Dauer des Vertrags konstant bleibt.

(51)

Die CIPE-Richtlinie legt auch fest, dass die Tarifobergrenze angepasst werden kann, um Schwankungen bei den Treibstoffkosten widerzuspiegeln, wobei öffentlich zugängliche Standardpreise als Referenz dienen.

2.3.2.   Rechtswidrige Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(52)

Am 16. November 2010 genehmigte die Kommission eine Rettungsbeihilfe für Tirrenia und Siremar (im Folgenden „Entscheidung von 2010“). (29) Die Beihilfe bestand aus einer Bürgschaft für von privaten Banken eingeräumten Kreditlinien in der Höhe von bis zu 95 000 000 EUR. Italien verpflichtete sich, der Kommission spätestens sechs Monate nach Genehmigung der Rettungsbeihilfe einen Umstrukturierungsplan oder den Nachweis zu übermitteln, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft beendigt wurde.

(53)

Italien teilte der Kommission in der Folge mit, dass die ausgewählten Finanzinstitute Banca Infrastrutture Innovazione e Sviluppo (im Folgenden „BIIS“) und Unicredit eine Kreditlinie von 40 000 000 EUR für Tirrenia und Siremar (25 000 000 EUR für Tirrenia und 15 000 000 EUR für Siremar) mit einem Fälligkeitsdatum am 30. Juni 2011 bewilligt hätten Der Staat garantierte die Kreditlinie am 15. Februar 2011.

(54)

Die Finanzierung wurde wie folgt ausgezahlt:

a)

erste Teilzahlung am 28. Februar 2011 (20 000 000 EUR für Tirrenia und 12 000 000 EUR für Siremar),

b)

zweite Teilzahlung am 23. März 2011 (5 000 000 EUR für Tirrenia und 3 000 000 EUR für Siremar).

(55)

Italien teilte der Kommission mit, dass angesichts der Tatsache, dass die erste Tranche des verbürgten Darlehens erst am 28. Februar 2011 an Tirrenia und Siremar ausgezahlt wurde, die Sechsmonatsfrist für die Rückzahlung des Kredits im Sinne von Randnummer 25 Buchstabe a der Leitlinien der Gemeinschaft für Staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (im Folgenden „Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien“) (30) und Erwägungsgründen 32 und 47 der Entscheidung von 2010 am 28. August 2011 enden würde.

(56)

Tirrenia und Siremar waren jedoch mit der Rückzahlung ihres Darlehens in Verzug, sodass BIIS am 11. Juli 2011 die staatliche Bürgschaft in Anspruch nahm. Zu diesem Zeitpunkt hatte Tirrenia daher eine Schuld von 25 203 063,89 EUR gegenüber dem Staat. Dies umfasst sowohl den Kapitalbetrag des betreffenden Darlehens als auch die ausstehenden Zinsen bei der Bank.

(57)

Das Konkursgericht genehmigte die Aufnahme des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen unter die bevorrechtigten („prededucibili“) Gläubiger von Tirrenia. Nach Angaben der italienischen Behörden vertrat der mit der Verwaltung des Unternehmens im Insolvenzverfahren betraute Sonderverwalter zu diesem Zeitpunkt die Auffassung, dass Tirrenia das Darlehen bis zum 28. August 2011 aus dem Erlös der geplanten Privatisierung zurückzahlen könne (siehe Abschnitt 2.3.3).

(58)

Am 25. Juli 2011 wurde der Vertrag für den Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN unterzeichnet. Die Übertragung der Vermögenswerte und damit auch die Zahlung verzögerte sich jedoch vor allem der Schwierigkeiten wegen, die erforderlichen Fusionsgenehmigungen zu erhalten. (31) Die italienische Wettbewerbsbehörde Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (im Folgenden „AGCM“) genehmigte die Transaktion Tirrenia–CIN schließlich am 21. Juni 2012 und der Verkauf wurde am 19. Juli 2012 rechtsgültig.

(59)

Am 18. September 2012 zahlte Tirrenia 25 852 548,93 EUR an den Staat zurück. Am 24. Oktober 2012 teilte Italien der Kommission mit, dass Tirrenia die zum 11. Juli 2011 fälligen Beträge einschließlich der dem Staat geschuldeten Zinsen in der Höhe von 649 485,04 EUR vollständig zurückbezahlt habe, und legte entsprechende Belege vor.

2.3.3.   Die Privatisierung von Tirrenia und die aufgeschobene Entrichtung des Kaufpreises für CIN

(60)

Am 23. Dezember 2009 veröffentlichte Fintecna eine erste Ausschreibung für den Verkauf des gesamten Aktienkapitals von Tirrenia, einschließlich der Tochtergesellschaft Siremar. Bis zum 19. Februar 2010 waren 16 Interessensbekundungen von 19 Unternehmen eingegangen. Am 4. August 2010 erklärte Fintecna das Verfahren nach erfolglosen Verhandlungen mit dem einzigen Bieter, der ein verbindliches Angebot abgegeben hatte, für beendet. Nach Angaben Italiens scheiterten die Verhandlungen an den Bedenken bezüglich der finanziellen Aspekte des Angebots.

(61)

Nach dem Scheitern des ersten Privatisierungsversuchs wurden Tirrenia und Siremar, die sich in ernsten finanziellen Schwierigkeiten befanden, in das vom italienischen Gesetz für Großunternehmen vorgesehene Sonderverwaltungsverfahren („amministrazione straordinaria“) aufgenommen und bald darauf für zahlungsunfähig erklärt. Genauer gesagt wurde Tirrenia am 5. August 2010 zum Sonderverwaltungsverfahren zugelassen. Am 12. August 2010 erließ der Oberste Kassationsgerichtshof in Rom das Urteil Nr. 332/2010, in dem es Tirrenia für zahlungsunfähig erklärte.

2.3.3.1.   Sonderverwaltungsverfahren

(62)

Anders als im normalen Insolvenzverfahren, dessen vorrangiges Ziel es ist, das zahlungsunfähige Unternehmen zu liquidieren und die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen, ist das Sonderverwaltungsverfahren, das durch das Gesetzesdekret Nr. 270 vom 8. Juli 1999 eingeführt wurde, ein besonderes Insolvenzverfahren für große Unternehmen, dessen Ziel es ist, das Vermögen zu sichern und die Fortführung des Geschäfts sicherzustellen.

(63)

Im Rahmen dieses Verfahrens wird die Leitung des insolventen Unternehmens einem Sonderverwalter unterstellt, der vom zuständigen Ministerium ernannt wird. Der Sonderverwalter schlägt einen Sanierungsplan für das betroffene Unternehmen vor, der entweder eine Umstrukturierung oder den Verkauf von Vermögenswerten des Unternehmens vorsieht. Dieser Plan bedarf der vorherigen Genehmigung durch das zuständige Ministerium, wobei die Stellungnahme eines Aufsichtsrats (aus vom Ministerium ernannten Experten) berücksichtigt wird.

(64)

Das Gesetzesdekret Nr. 347 vom 23. Dezember 2003 zur Festlegung von dringenden Maßnahmen für die Umstrukturierung großer insolventer Unternehmen, das mit Änderungen in das Gesetz Nr. 39 vom 18. Februar 2004 überführt wurde (im Folgenden „Marzano-Gesetz“), regelt das Sonderverwaltungsverfahren für zahlungsunfähige Unternehmen, die sich diesem Umstrukturierungsverfahren unterziehen wollen. Die betroffenen Unternehmen müssen ferner bestimmte Kriterien hinsichtlich der Mitarbeiterzahl im Vorjahr und des Verschuldungsgrades erfüllen.

(65)

Das Verfahren sieht vor, dass das insolvente Unternehmen einen Antrag sowohl beim italienischen Minister für Wirtschaftsentwicklung als auch beim zuständigen Konkursgericht einreicht. Das Ministerium entscheidet dann über die Aufnahme des insolventen Unternehmens in das Verfahren und ernennt unter Aufsicht des Aufsichtsrats den Sonderverwalter, während das Gericht den Status der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens feststellt.

(66)

Innerhalb von 180 Tagen nach seiner Ernennung muss der Sonderverwalter dem Ministerium einen Umstrukturierungsplan vorlegen. Das ordentliche Konkursverfahren wird nur dann eingeleitet, wenn das Ministerium einen solchen Umstrukturierungsplan nicht genehmigt und das alternative Verfahren zum Verkauf von Vermögenswerten nicht durchführbar ist.

(67)

Mit Gesetzesdekret Nr. 134/2008 (im Folgenden „Dekret 134/2008“) (32) wurden mehrere Änderungen am Marzano-Gesetz vorgenommen. Diese Änderungen gelten für Unternehmen, die wesentliche gemeinwirtschaftliche Dienste erbringen, und betreffen u. a. die Möglichkeit für den Sonderverwalter, im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Wirtschaftsbeteiligten, die mittelfristig die Kontinuität des öffentlichen Dienstes und ein rasches Eingreifen garantieren, einen Käufer für die Vermögenswerte des insolventen Unternehmens zu finden. In Dekret 134/2008 ist festgelegt, dass der Verkaufspreis nicht unter dem Marktwert der Vermögenswerte liegen darf, der von einem per Ministerialdekret ernannten unabhängigen Sachverständigen festgelegt wird.

(68)

Mit dem Dekret 134/2008 wurde ferner die Möglichkeit eingeführt, unmittelbar einen Plan zur Veräußerung von Vermögenswerten zu verfolgen, im Gegensatz zum herrschenden System, bei dem Ministerium zunächst ein Umstrukturierungsplan vorgelegt werden musste. Schließlich legt Dekret 134/2008 fest, dass für den Fall, dass weder ein Plan zur Veräußerung von Vermögenswerten noch ein Umstrukturierungsplan umgesetzt oder vom Ministerium genehmigt werden kann, das ordentliche Insolvenzverfahren eingeleitet wird.

2.3.3.2.   Das Verkaufsverfahren

(69)

Am 15. September 2010 wurde die Ausschreibung für den Verkauf der Tirrenia-Sparte (33) zusammen mit dem neuen Achtjahresvertrag veröffentlicht. Ziel der Ausschreibung war es zu prüfen, ob es mögliche nationale oder internationale Unternehmen gibt, die am Erwerb der Tirrenia-Sparte interessiert und in der Lage waren, die Kontinuität der Verkehrsdienste zu gewährleisten.

(70)

Die Ausschreibung wurde auf der Website von Tirrenia, in verschiedenen Tageszeitungen (34) sowie auf ausgewählten Fach-Websites (35) publiziert. Die Frist für Interessenbekundungen zu dieser Ausschreibung lief ursprünglich am 29. September 2010 ab, wurde dann aber durch eine öffentliche Bekanntmachung in denselben vorgenannten nationalen und internationalen Tageszeitungen und auf den Websites bis zum 20. Oktober 2010 verlängert, um eine angemessene Frist für die Einreichung von Interessenbekundungen zu ermöglichen.

(71)

Insgesamt gingen von nationalen, europäischen und außereuropäischen Unternehmen 21 Interessenbekundungen für die Teilnahme an der Ausschreibung ein. Der Sonderverwalter forderte daraufhin die 16 Unternehmen, deren Interessenbekundung gezeigt hatte, dass sie die Kontinuität des Seeverkehrs (36) gewährleisten können, dahingehend auf, eine eingehende Due-Diligence-Prüfung der Tirrenia-Sparte durchzuführen. Der Zugang zu der entsprechenden Dokumentation wurde unter der Bedingung gewährt, dass die interessierten Parteien Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichneten.

(72)

Die elf Wirtschaftsbeteiligten (37), die sich schließlich für die Durchführung der Due-Diligence-Prüfung entschieden, erhielten Zugang zu virtuellen Datenräumen mit folgendem Inhalt:

a)

alle technischen, rechtlichen und finanziellen Informationen, einschließlich der Details zur zum Verkauf stehenden Sparte,

b)

den vom Sonderverwalter vorbereiteten Geschäftsplan der Tirrenia-Sparte,

c)

den Due-Diligence-Bericht des Verkäufers und die Bilanz des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zulassung zum Sonderverwaltungsverfahren,

d)

der Entwurf des zwischen dem erfolgreichen Bieter und dem Staat zu unterzeichnenden neuen Achtjahresvertrags,

e)

alle weiteren benötigten Informationen, die die potenziellen Käufer in die Lage versetzen, das Verkaufsobjekt richtig zu bewerten.

(73)

Mit Ministerialdekret vom 4. Februar 2011 ernannte der Minister für Wirtschaftsentwicklung die Banca Profilo zum unabhängigen Sachverständigen, der mit der Durchführung einer Bewertung der Tirrenia-Sparte gemäß Artikel 4 Absatz 4quater des Gesetzesdekrets Nr. 347/2003 beauftragt wurde. Am 8. März 2011 schätzte die Banca Profilo den Wert der Tirrenia-Sparte (einschließlich des neuen Achtjahresvertrags) auf 380 000 000 EUR. Diese Information wurde für alle potenziellen Bieter vor dem Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote in den Datenraum hochgeladen.

(74)

Am 15. März 2011, nachdem die letzte Frist für die Einreichung verbindlicher Angebote abgelaufen war, stellte der Sonderverwalter fest, dass nur CIN — ein Unternehmen, an dem Onorato Partecipazioni S.r.l., Grimaldi Compagnia di Navigazione S.p.A. und Marinvest S.r.l. beteiligt sind — ein verbindliches Angebot nach den Bedingungen des Schreibens zur Einleitung des Verfahrens vom 2. Februar 2011 abgegeben hat (38).

(75)

Am 14. April 2011 unterbreitete CIN auf Bitte des Sonderverwalters um Klarstellungen ein endgültiges verbindliches Angebot für die Übernahme der Tirrenia-Sparte. In Einzelnen sah dieses Angebot, ergänzt durch i) einen Geschäftsplan, der mit den im Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Einklang steht, und ii) Bankbürgschaften über einen Gesamtbetrag von 20 000 000 EUR, Folgendes vor:

i)

den für den Kauf der Tirrenia-Sparte einschließlich des neuen achtjährigen Vertrags angebotenen Preis in Höhe von insgesamt 380 100 000 EUR,

ii)

die Bezahlung des angebotenen Preises durch Überweisung von 200 100 000 EUR nach der Übertragung der Sparte und die wie folgt zeitlich aufgesplittete Entrichtung des Restbetrags:

a)

55 000 000 EUR bis zum 15. Dezember des dritten Jahres nach der Übertragung der Sparte,

b)

60 000 000 EUR bis zum 15. Dezember des sechsten Jahres nach der Übertragung der Sparte,

c)

65 000 000 EUR bis zum 15. Dezember des achten Jahres nach der Übertragung der Sparte.

(76)

In Anbetracht dessen stellte der Sonderverwalter das verbindliche Angebot von CIN in den Datenraum und übermittelte allen für die Due-Diligence-Phase in Betracht gezogenen Bietern am 2. Mai 2011 ein Schreiben, in dem er sie aufforderte, bis zum 12. Mai 2011 ein gegenüber dem Angebot von CIN vom 14. April 2011 verbessertes Angebot abzugeben. Auf Antrag eines der potenziellen Käufer wurde die Frist für die Abgabe besserer Angebote dann vom Sonderverwalter bis zum 19. Mai 2011 verlängert. Trotzdem erhielt der Sonderverwalter bis zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Angebote.

(77)

Auf der Grundlage der Bewertung durch den Sonderverwalter und seine Berater wurde das von CIN am 14. April 2011 unterbreitete Kaufangebot als vereinbar mit dem von der Banca Profilo ermittelten Wert für die Tirrenia-Sparte erachtet. Es wurde festgestellt, dass der dem Angebot beigefügte Geschäftsplan im Einklang mit den Bedingungen des Schreibens zum Verfahren vom 2. Februar 2011 (siehe Erwägungsgrund 74) stand, und als angemessener Beleg für die Fähigkeit des Bieters galt, die nahtlose Fortsetzung der öffentlichen Seeverkehrsverbindung zu gewährleisten.

(78)

Am 23. Mai 2011 ermächtigte das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung den Sonderverwalter, die Tirrenia-Sparte gemäß den Bedingungen des am 14. April 2011 unterbreiteten Angebots an CIN zu verkaufen. Im Anschluss an weitere Konsultationen unterzeichnete der Sonderverwalter am 25. Juli 2011 den Vertrag mit CIN.

(79)

Am 21. November 2011 wurde die daraus resultierende Übertragung bei der Kommission zur Genehmigung angemeldet. Am 18. Januar 2012 leitete die Kommission eine eingehende Untersuchung nach der EU-Fusionskontrollverordnung ein (39).

(80)

Die erste Marktuntersuchung der Kommission ergab ernsthafte Wettbewerbsbedenken, insbesondere weil die an dem Zusammenschluss beteiligten Unternehmen sehr hohe, wenn nicht gar monopolistische Marktanteile auf einer Reihe von Seeverkehrsrouten in Italien, vor allem aber auf Routen von und nach Sardinien, hatten. Zunächst war CIN ein Gemeinschaftsunternehmen der wichtigsten Wettbewerber von Tirrenia, nämlich Grimaldi, Marinvest (das beispielsweise Grandi Navi Veloci und SNAV kontrolliert) und Onorato Partecipazioni (das Moby kontrolliert). Aufgrund der Bedenken der Kommission zogen sich Grimaldi und Marinvest aus CIN zurück und verkauften ihre Anteile an Onorato Partecipazioni. Letzteres Unternehmen zog weitere Anteilseigner an, sodass sich CIN schließlich zu 40 % im Besitz von Moby (selbst kontrolliert durch Onorato Partecipazioni), zu 30 % von Clessidra Società del Risparmio, zu 20 % von Gruppo Investimenti Portuali und zu 10 % von Shipping Investment S.r.l. befand.

(81)

Am 27. April 2012 stellte die Kommission ihre eingehende Untersuchung ein, nachdem die Parteien die angemeldete Transaktion aufgegeben hatten. Am 7. Mai 2012 wurde das revidierte Fusionsvorhaben, das keiner Genehmigung mehr auf europäischer Ebene bedurfte, der italienischen Wettbewerbsbehörde AGCM gemeldet. Mit Beschluss Nr. 23670 von 21. Juni 2012 genehmigte die AGCM das Vorhaben unter bestimmten Voraussetzungen (40). Das Eigentum an der Tirrenia-Sparte wurde schließlich am 19. Juli 2012 auf CIN übertragen.

(82)

Am 6. Juli 2015 meldete Onorato Partecipazioni seine Absicht an, durch den Erwerb von Anteilen der übrigen Aktionäre die vollständige Kontrolle über Moby und CIN zu übernehmen. Die AGCM genehmigte dieses Vorhaben — das faktisch einem Zusammenschluss zwischen Moby und CIN gleichkam — mit dem Beschluss Nr. 25773 vom 10. Dezember 2015 für die Routen Civitavecchia–Olbia und Genua–Olbia ebenfalls unter Auflagen (41). Als Ergebnis dieser Umstrukturierung ist CIN zurzeit vollständig im Besitz von Moby und beide Unternehmen sind daher vollständig im Besitz von Onorato Partecipazioni.

(83)

Am 26. April 2018 genehmigte der Vorstand von Moby den Fusionsplan mit CIN. Vorbehaltlich der erforderlichen Genehmigungen war der Abschluss der Fusion für Ende 2018 geplant, doch verzögerte er sich aufgrund einer Intervention von Tirrenia SV.

2.3.3.3.   Der Verkaufsvertrag

(84)

Der Kaufvertrag vom 25. Juli 2011 definiert die übertragene Tirrenia-Sparte als die Sparte von Tirrenia, die sich der Erbringung von Seetransportdienstleistungen im Rahmen der laufenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen widmet. Insbesondere ist in Artikel 4 des Vertrags festgelegt, dass die Vermögenswerte der Sparte in einem Anhang zum Kaufvertrag aufgeführt sind und alle immateriellen (42) und materiellen Vermögenswerte (43) umfassen, die das Unternehmen zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verwendet.

(85)

In Artikel 11 Absatz 3 desselben Vertrags ist festgelegt, dass der Kauf an die in einer festgelegten Frist erfolgte Unterzeichnung eines neuen Vertrags zwischen CIN und dem Ministerium für Transport gebunden ist. Mit anderen Worten ist die Unterzeichnung des neuen Vertrags eine notwendige Voraussetzung für den endgültigen Abschluss des Verkaufs.

(86)

In Artikel 7 Absatz 9 des Kaufvertrags ist außerdem festgelegt, dass CIN dem gesamten Verwaltungs- und Besatzungspersonal, das von Tirrenia für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen beschäftigt worden war, neue Stellenangebote (auf der Grundlage neuer Arbeitsverträge) unterbreitet, wobei erworbene Qualifikationen und/oder die Gleichwertigkeit der Stellenbeschreibungen sowie mögliche Vereinbarungen mit den Gewerkschaften zu berücksichtigen sind. Wie in Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 festgelegt, hat CIN während eines Zeitraums von zwei Jahren jegliche nicht aus disziplinarischen Gründen ausgesprochene Kündigung zu unterlassen. Nach Artikel 7 Absatz 11 und 12 des Kaufvertrags ist CIN verpflichtet, den Verkäufer regelmäßig über die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu informieren, wobei im Fall von Verstößen erhebliche Strafzahlungen zu leisten sind.

(87)

Laut Artikel 7 Absatz 6 Buchstabe d des Kaufvertrags ist der Käufer nach Artikel 4 Absatz 4quater des Marzano-Gesetzes in der Lage, die mittelfristige Kontinuität der Dienstleistungen und die Einhaltung der geltenden nationalen und internationalen Gesetzgebung zu gewährleisten.

(88)

Nach Artikel 5 des Kaufvertrags ist der Kaufpreis von 380 100 000 EUR wie folgt zu bezahlen:

a)

200 100 000 EUR (der sogenannte Fixpreis) innerhalb von drei Arbeitstagen nach dem Erlass eines Dekrets durch das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung, mit dem sämtliche Eintragungen im Zusammenhang mit den Vorkaufsrechten und der Registrierung von Beschlagnahmungen und Pfändungen der Tirrenia-Sparte aufgehoben werden,

b)

die übrigen 180 000 000 EUR (der sogenannte gestundete Betrag) wie folgt: 55 000 000 EUR am 30. April des vierten Jahres nach dem ursprünglichen Datum des Inkrafttretens des neuen Vertrags, 60 000 000 EUR am 30. April des siebten Jahres nach dem ursprünglichen Datum des Inkrafttretens des neuen Vertrags, 65 000 000 EUR am 30. April des neunten Jahres nach dem ursprünglichen Datum des Inkrafttretens des neuen Vertrags. (44)

(89)

Artikel 8 Absatz 23 des Kaufvertrags besagt, dass der neue Eigentümer nach Artikel 65 Absatz 3 des Gesetzesdekrets Nr. 279/1999 nicht für die Rückzahlung von durch Tirrenia vor dem Transfer der Sparte verursachte Schulden aufzukommen hat.

(90)

Die Parteien unterzeichneten am 16. Juli 2012 einen Anhang zum Kaufvertrag, in dem unter anderem die Zahlungsmodalitäten des Festpreises von 200 100 000 EUR (siehe Erwägungsgrund 88 Buchstabe a) geändert wurden. Im Einzelnen bleiben 138 200 000 EUR innerhalb von drei Tagen nach der nach der Verabschiedung des in Erwägungsgrund 88 Buchstabe a genannten Dekrets zahlbar, während die restlichen 61 900 000 EUR einschließlich der Zinsen (45) am 1. März des achten Jahres nach Inkrafttreten des neuen Vertrags fällig werden (d. h. 2020). Die Parteien vereinbarten, dass sie sich zwei Jahre nach Inkrafttreten miteinander beraten würden, um festzustellen, ob die Zahlungsbedingungen für die restlichen 61 900 000 EUR neu verhandelt werden können. Infolge dieser Beratungen wurde letztgenannter Betrag früher als ursprünglich vorgesehen bezahlt (d. h. im Februar 2016 und nicht im März 2020). Keine Änderungen ergaben sich bei der Entrichtung des gestundeten Betrags von 180 000 000 EUR.

2.3.3.4.   Die Studie der Banca Profilo

(91)

Wie oben (Erwägungsgrund 73) beschrieben, wurde die Banca Profilo vom Ministerium für Wirtschaftsentwicklung als unabhängiger Sachverständiger bestellt und mit der Durchführung der Evaluierung der Tirrenia-Sparte nach Artikel 4 Absatz 4quater von Gesetzesdekret Nr. 347/2003 beauftragt. Am 8. März 2011 veröffentlichte die Banca Profilo einen Bericht, in dem sie die Bewertungsmethodik und die von ihr verwendeten Daten beschrieb und der auch den von Tirrenia erstellten Geschäftsplan der Sparte für den Zeitraum 2011-2018 enthielt. Dieser Bericht enthielt auch eine geschätzten Wertspanne für die Tirrenia-Sparte.

(92)

Die Bewertungen der Banca Profilo basieren auf verschiedenen Annahmen, darunter vor allem, dass der neue Vertrag für die Erbringung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bis zu seinem Auslaufen gilt und dass die Tirrenia-Sparte infolgedessen für den Betrieb der im Vertrag festgelegten Seeverkehrsverbindungen Ausgleichszahlungen für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erhält. In ihrem Evaluierungsbericht verwendet Banca Profilo die „Discounted-Cash-Flow-Methode“ („DCF“) und den Geschäftswertbeitrag („GWB“) als Hauptmethode und die Multiplikator- und Netto-Methode als nachgeordnete Methode zur Kontrolle der Ergebnisse.

(93)

Im Rahmen der DCF-Methode berücksichtigt die Banca Profilo: i) die bis zum Auslaufdatum des neuen Vertrags erwirtschafteten Cashflows, ii) den Liquidationswert der Tirrenia-Sparte zum Zeitpunkt des Auslaufens des neuen Vertrags, basierend auf der Annahme, dass es nicht möglich sein wird, die Geschäftstätigkeit nach diesem Datum fortzusetzen und iii) den Eigenkapitalwert einiger begrenzter Minderheitsbeteiligungen an der Tirrenia-Sparte. Im Rahmen der GWB-Methode berücksichtigt die Banca Profilo: i) den berichtigten Buchwert, ii) den Geschäftswert, iii) den Liquidationswert der Tirrenia-Sparte zum Zeitpunkt des Auslaufens des neuen Vertrags (aus dem gleichen Grund wie beim DCF-Ansatz). Die Bewertung fußt auf den Daten aus dem Wirtschaftsplan des Unternehmens und den Berechnungen von Banca Profilo auf Grundlage dieser Daten.

(94)

Die nachgeordneten Methoden umfassten Folgendes: Die Multiplikatormethode basiert auf Berechnungen der Banca Profilo unter Verwendung von Bloomberg-Daten für neun vergleichbare Seetransportunternehmen. Die Netto-Methode besteht aus einer Bewertung des Nettowerts der Vermögenswerte, wie er in der Bilanz ausgewiesen ist, jedoch gegebenenfalls mit einigen Anpassungen (z. B. Wert der Flotte, Wert des öffentlichen Dienstleistungsauftrags usw.).

(95)

Die Banca Profilo kam auf der Grundlage der obengenannten Methoden zu dem Schluss, dass der Wert der Tirrenia-Sparte im Bereich von 380 bis 426 Mio. EUR liegt. Infolgedessen müsste der Mindestpreis für dieses Unternehmen auf 380 000 000 EUR festgesetzt werden.

2.3.3.5.   Der Bericht von Ecorys

(96)

Im Verlauf des förmlichen Untersuchungsverfahrens betraute die Kommission einen unabhängigen Berater (Ecorys) mit der Aufgabe, den Marktwert der zum Verkauf stehenden Tirrenia-Sparte festzustellen (siehe Erwägungsgrund 8). Der Berater wurde damit beauftragt i) die Gültigkeit der Evaluierung durch Banca Profilo zu bestätigen und ii) den Marktwert der Geschäftseinheit ohne Auflagen zu ermitteln.

(97)

Um den Wert der Tirrenia-Sparte in Bündelung mit dem neuen Vertrag festzustellen, verwendete Ecorys dieselben Hauptmethoden wie Banca Profilo. Insbesondere verwendete Ecorys die DCF- und die GWB-Methode, änderte jedoch dort, wo es dies für angemessen hielt, die entsprechenden Annahmen (46). Ecorys geht davon aus, dass der neue Vertrag bei seinem Auslaufen nicht verlängert (47) wird und die gemeinwirtschaftlichen Routen daher nach diesem Datum nicht mehr befahren würden. Auf dieser Grundlage ermittelte Ecorys, dass der minimale Marktwert der Tirrenia-Sparte in der verkauften Form 409,5 Mio. EUR betrug (d. h. fast 8 % mehr gegenüber der Bewertung durch die Banca Profilo).

(98)

Ecorys gelangte ferner zu dem Schluss, dass der Verkauf der Tirrenia-Sparte ohne jede Bedingung und insbesondere ohne den neuen gemeinwirtschaftlichen Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst (und somit auch ohne die Verpflichtung, die Kontinuität dieses öffentlichen Dienstes zu gewährleisten) zum Liquidationswert (48) des Unternehmens, d. h. 303,5 Mio. EUR, erfolgt wäre. Ecorys stützte sich bei dieser Schlussfolgerung auf die Annahme, dass die Tirrenia-Sparte ohne Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nicht rentabel weitergeführt werden könnte. Ecorys charakterisierte die sowohl von Tirrenia als auch von Siremar betriebenen gemeinwirtschaftlichen Routen als „stark defizitär, durch ein geringes Passagieraufkommen gekennzeichnet und vollständig von der Finanzierung durch den Vertrag abhängig“. Darüber hinaus vertrat Ecorys die Ansicht, dass „die Möglichkeit, die Qualität der Dienstleistungen zu ändern und mehr Spielraum bei der Festlegung der Fahrkartenpreise keine ausreichenden Bedingungen sind, um diese Routen aus kaufmännischer Sicht wirtschaftlich rentabel zu gestalten“. Ecorys stellte fest, dass der Liquidationswert niedriger sei als der Wert, der sich aus der Ausschreibung ergab, und wies darauf hin, dass eine sofortige Liquidation (im Wesentlichen ein Verkauf der Schiffe) daher für einen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmer keine gangbare Alternative sei.

(99)

Ferner verglich Ecorys den Personalbestand der Tirrenia-Sparte mit dem mehrerer vergleichbarer Fährunternehmen und kam zu dem Schluss, dass die Personalzahl und die Personalkostenstruktur von Tirrenia „diesen vergleichbaren Unternehmen nicht unähnlich sind, was den Anteil der Arbeitskosten an den Gesamteinnahmen (49) und das Verhältnis Arbeitskosten/Personal betrifft“ (50). Die Analyse ergab keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Tirrenia-Sparte und vergleichbaren Unternehmen, der auf einen Personalüberschuss oder überhöhte Arbeitskosten schließen lassen könnte. Ein potenzieller Käufer hätte somit wenig Spielraum gehabt, einen Teil der Belegschaft zu entlassen oder zu ersetzen. Auf dieser Grundlage kam Ecorys zu dem Schluss, dass es keine Hinweise darauf gibt, dass die Personalsituation den Wert der Tirrenia-Sparte wesentlich beeinflusst hat.

2.3.4.   Der neue Vertrag zwischen dem italienischen Staat und CIN

2.3.4.1.   Der Begünstigte

(100)

Das Unternehmen CIN, das r den Zuschlag für die Tirrenia-Sparte erhalten hat, wurde ursprünglich von Onorato Partecipazioni S.r.l., Grimaldi Compagnia di Navigazione S.p.A. und Marinvest S.r.l. zu diesem Zweck gegründet, die beiden letztgenannten Parteien mussten jedoch durch drei andere Investoren ersetzt werden, damit die Fusion genehmigt werden konnte (siehe Erwägungsgrund 80). Wie bereits erklärt (Erwägungsgrund 82) ist CIN seit dem Juli 2015 allein in der Hand von Onorato Partecipazioni S.r.l.

2.3.4.2.   Die Routen

(101)

Gemäß dem neuen Vertrag vom 18. Juli 2012 zwischen Italien und CIN, sind folgende Routen von dem Unternehmen im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen zu bedienen:

Tabelle 3

Von CIN im Rahmen des neuen Vertrags bediente Routen

Gemischte Routen

Frachtrouten

Neapel–Palermo (nur Nebensaison):

 

Tägliche Abfahrt (über Nacht) von beiden Häfen.

Livorno–Cagliari (ganzjährig):

 

Fünf Abfahrten pro Woche von jedem Hafen.

Genua–Porto Torres (nur Nebensaison):

 

Tägliche Abfahrt (über Nacht) von beiden Häfen.

Genua–Olbia–Arbatax (ganzjährig):

 

Nach Sardinien: drei (fünf) Abfahrten pro Woche von Genua nach Olbia in der Neben- bzw. Hauptsaison mit zwei wöchentlichen Routenverlängerungen von Olbia nach Arbatax.

 

Zum Festland: zwei Abfahrten pro Woche von Arbatax nach Genua mit Zwischenstopp in Olbia. Eine (drei) zusätzliche Abfahrt(en) von Olbia nach Genua in der Neben- bzw. Hauptsaison.

Neapel–Cagliari (ganzjährig):

 

Eine bis drei Abfahrten pro Woche von jedem Hafen. Eine der drei Abfahrten kann je nach Verkehrsbedarf über die Route Cagliari–Palermo bedient werden.

Civitavecchia–Olbia (Nebensaison):

 

Tägliche Abfahrt (über Nacht) von beiden Häfen.

Ravenna–Catania (ganzjährig):

 

Drei Abfahrten pro Woche von jedem Hafen.

Neapel–Cagliari (ganzjährig):

 

Eine (zwei) Abfahrt(en) pro Woche in der Neben- bzw. Hauptsaison von jedem Hafen.

Palermo–Cagliari (ganzjährig):

 

Eine Abfahrt pro Woche in der Neben- und Hauptsaison von jedem Hafen.

Trapani–Cagliari (ganzjährig):

 

Eine Abfahrt pro Woche in der Neben- und Hauptsaison von jedem Hafen.

Civitavecchia–Cagliari–Arbatax (ganzjährig):

 

Nach Sardinien: Tägliche Abfahrt (über Nacht) von Civitavecchia nach Cagliari mit zwei Routenverlängerungen pro Woche nach Arbatax.

 

Zum Festland: Tägliche Abfahrt (über Nacht) von Cagliari nach Civitavecchia mit zwei Routenverlängerungen pro Woche von Arbatax.

Termoli–Tremiti-Inseln (ganzjährig):

 

Tägliche Abfahrt von beiden Häfen plus zwei zusätzliche Verbindungen pro Woche von beiden Häfen. Eine Verbindung pro Woche für den Transport von Gefahrengütern. In der Hauptsaison eine zusätzliche Verbindung pro Woche.

(102)

CIN wird die Routen Neapel–Palermo, Genua–Porto Torres und Civitavecchia–Olbia in der Hauptsaison zu kommerziellen Bedingungen bedienen. Anhang A zum neuen Vertrag beschreibt, wie die einzelnen Routen in Tabelle 3 zu bedienen sind (z. B. Schiffstyp, Abfahrtszeiten für einige Routen, usw.). Ferner dürfen die von den Passagieren (Inselbewohner bzw. andere Passagiere) erhobenen Beförderungsentgelte die in Artikel 6 des neuen Vertrags festgelegten und im selben Anhang A ausführlich beschriebenen Grenzen nicht überschreiten.

(103)

Mit Schreiben vom 7. November 2013 beantragte CIN eine Überprüfung der Bedingungen des wirtschaftlich-finanziellen Gleichgewichts nach Artikel 9 des neuen Vertrags (siehe Erwägungsgrund 107). Am 7. August 2014 vereinbarten das italienische Ministerium für Infrastruktur und Transport und CIN auf dieser Grundlage eine Reihe von Änderungen am Vertrag vom 18. Juli 2012. Um das wirtschaftlich-finanzielle Gleichgewicht des Betriebs wiederherzustellen, wurde in der Änderungsvereinbarung Folgendes festgelegt:

Die gemischte Route Trapani–Cagliari wird eingestellt,

die Frachtroute Neapel–Cagliari wird eingestellt,

die Frachtroute Ravenna–Catania wird dahingehend geändert, dass Ravenna, Venedig oder Monfalcone Ausgangshäfen für die Routen nach Catania sein können und Brindisi als Zwischenstopp angelaufen werden kann (sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückfahrt),

die (geänderten) Frachtrouten müssen in bestimmten Perioden nicht mehr bedient werden (zumeist an Feiertagen oder in Ferienzeiten) (51),

die Bedienungshäufigkeit und die Mindestfrequenzen werden geändert. Die wichtigsten Änderungen sind folgende:

a)

auf der gemischten Route Genua–Olbia–Arbatax wird die Verbindung mit Arbatax in der Nebensaison eingestellt (jedoch in der Hauptsaison aufrechterhalten),

b)

auf der gemischten Route Civitavecchia–Cagliari–Arbatax wird die Frequenz in der Nebensaison von täglich auf drei Verbindungen pro Woche mit zwei Verbindungen pro Woche nach Arbatax reduziert, in der Hauptsaison ergeben sich keine Änderungen,

c)

auf der gemischten Route Neapel–Cagliari wird die Frequenz von einer auf zwei Verbindungen pro Woche erhöht, in der Hauptsaison ergeben sich keine Änderungen,

d)

auf der gemischten Route Palermo–Cagliari wird die Frequenz in der Hauptsaison von einer auf zwei Verbindungen pro Woche erhöht, in der Nebensaison ergeben sich keine Änderungen,

e)

auf der Frachtroute Livorno–Cagliari wird die Frequenz von fünf auf vier bis sechs Verbindungen pro Woche geändert,

die Höchstsumme der jährlichen Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen bleibt bei 72 685 642 EUR und wird unter keinen Umständen erhöht.

2.3.4.3.   Dauer

(104)

Der neue, am 18. Juli 2012 unterzeichnete Vertrag zwischen dem italienischen Staat und CIN gilt für 8 Jahre und wird daher am 18. Juli 2020 auslaufen.

2.3.4.4.   Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen

(105)

Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, mit denen CIN betraut wurde, betreffen die Seeverkehrsverbindungen (siehe Erwägungsgrund 101), die Art und Kapazität der auf den jeweils zu befahrenden Seeverkehrsrouten eingesetzten Schiffe, die Verfügbarkeit eines Ersatzschiffes zur Sicherstellung der Kontinuität des Dienstes, die Häufigkeit des Dienstes, und das maximale Beförderungsentgelt, das von den Passagieren erhoben wird.

2.3.4.5.   Der Ausgleich

(106)

Die jährliche Ausgleichsleistung, die CIN aufgrund des neuen Vertrages erhält, hat eine Obergrenze von 72 685 642 EUR. Die Höhe des Ausgleichs ist nach der in der CIPE-Richtlinie festgelegten Methode zu bestimmen (siehe Erwägungsgründe 41 bis 51).

(107)

Artikel 8 des neuen Vertrags sieht alle drei Jahre eine Überprüfung des Umfangs der subventionierten Tätigkeiten vor, um sicherzustellen, dass kein finanzielles Ungleichgewicht entstanden ist. Ferner ist in Artikel 9 des neuen Vertrags festgelegt, dass die Parteien unter besonderen Umständen unerwarteter und struktureller Änderungen bei Einnahmen und Kosten, aber auf jeden Fall erst nach einem Jahr eines jeden Dreijahreszeitraums, eine solche Überprüfung bereits früher einleiten können (die sogenannte „Schutzklausel“).

2.3.5.   Der Liegeplatzvorrang

(108)

Artikel 19ter Absatz 21 des Gesetzes von 2009 legt fest, dass die Gesellschaften der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia selbst, gemäß den von den Seefahrtsbehörden nach dem Gesetz Nr. 84 vom 28. Januar 1994 und dem italienischen Seeverkehrsgesetz festgelegten Verfahren zur Gewährleistung der territorialen Anbindung und im Zusammenhang mit ihren gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen die bereits zugewiesenen Liegeplätze beibehalten und Vorrang bei der Zuweisung neuer Slots haben.

2.3.6.   Die durch das Gesetz von 2010 festgelegten Maßnahmen

(109)

Das Gesetz von 2010 sah für die Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe die Möglichkeit vor, die bereits für die Nachrüstung und Modernisierung der Flotte zugesagten (52) finanziellen Mittel vorübergehend zur Deckung laufender Kosten zu verwenden. Die Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, die von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, waren jedoch verpflichtet, diese zweckgebundenen Mittel wieder aufzufüllen, sodass sie die erforderlichen Nachrüstungen ihrer Schiffe vornehmen konnten. Die Nachrüstungen waren erforderlich, um die internationalen Sicherheitsstandards nach dem Stockholmer Abkommen von 1996 zu erfüllen (53).

(110)

Im Einzelnen wurden 23 750 000 EUR aus zwei Fazilitäten (54) bereitgestellt, um die Nachrüstung der gesamten Tirrenia-Gruppe zu finanzieren. Von diesem Betrag wurden 12 051 900 EUR auf ein eigens für Tirrenia eingerichtetes Bankkonto bei der Banca Carige eingezahlt, und zwar mit dem Ziel, diese Mittel wie ursprünglich vorgesehen zu verwenden, d. h., um die erforderlichen Nachrüstungen zur Einhaltung der internationalen Sicherheitsstandards zu finanzieren. Am 12. August 2010 nahm die Banca Carige jedoch eine Verrechnung zwischen dieser Einlage und zwei Schuldenpositionen Tirrenias in Höhe von 4 657 005,35 EUR vor. Daher hat Tirrenia von der im Gesetz von 2010 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die für die Nachrüstung der Flotte vorgesehenen Mittel zur Deckung laufender Kosten zu verwenden, auch wenn das Unternehmen weiterhin verpflichtet war, diese Beihilfe an den italienischen Staat zurückzuzahlen, indem es das für die Nachrüstungen bestimmte Konto auffüllte.

(111)

Darüber hinaus legte Artikel 1 des Gesetzes von 2010 auch Folgendes fest:

a)

Die ursprünglichen Verträge werden ab dem 1. Oktober 2010 bis zum Ende des Privatisierungsverfahrens von Tirrenia und Siremar verlängert (siehe auch Erwägungsgrund 26).

b)

Artikel 19ter des Gesetzesdekrets Nr. 135/2009, mit Änderungen in das Gesetz von 2009 überführt, wird durch Einführung von Artikel 24bis geändert. Gemäß diesem Absatz kommen alle Handlungen und Transkationen zur Umsetzung der Bestimmungen der Absätze 1 bis 15 des Gesetzes von 2009 in den Genuss einer Abgabenbefreiung. Die genannten Absätze beziehen sich auf die Liberalisierung des Seekabotagesektors durch die Privatisierung der Tirrenia-Gruppe, einschließlich ihres vorbereitenden Schritts, d. h. der Übertragung der Regionalgesellschaften auf die jeweiligen Regionen.

c)

Um die Kontinuität der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu gewährleisten und das Privatisierungsverfahren der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe zu unterstützen, können die betreffenden Regionen nach CIPE-Richtlinie Nr. 1/2009 vom 6. März 2009 (55) die Mittel des Fondo Aree Sottoutilizzate (im Folgenden „FAS“) (56) in Anspruch nehmen.

2.4.   Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4609

(112)

Nach einem früheren Austausch zwischen den Kommissionsdienststellen und den italienischen Behörden richtete der für Energie und Verkehr zuständige Generaldirektor der Kommission am 19. Dezember 2008 ein Auskunftsersuchen an Italien. Dieses Ersuchen betraf unter anderem einen Überblick über die Routen, die zur damaligen Zeit über öffentliche Dienstleistungsverträge bedient wurden, und den öffentlichen Auftrag, den Italien im Rahmen des vorgeschlagenen neuen Vertrags vorgesehen hat. Darüber hinaus wurde Italien gebeten, ausführlichere Informationen zu den Privatisierungsplänen für die Tirrenia-Gruppe zu übermitteln.

(113)

Mit Schreiben vom 28. April 2009 übermittelten die italienischen Behörden eine ausführliche Antwort auf das Ersuchen der Kommission vom 19. Dezember 2008. In diesem Schreiben hat Italien unter anderem

darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der ursprünglichen Verträge bis zum 31. Dezember 2009 notwendig gewesen sei, um die Liberalisierung des Seekabotagesektors in Italien durch die Privatisierung der Tirrenia-Gruppe zu erreichen,

vorgebracht, dass die Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an die Tirrenia-Gruppe erforderlich war, um die territoriale Anbindung der Inseln durch Seeverbindungen sicherzustellen, die von privaten Betreibern auf dem Markt nicht in zufriedenstellender Weise angeboten wurden,

hervorgehoben, dass ein umfassender Rationalisierungsprozess der Routen am 10. März 2009 abgeschlossen wurde. Dieser Prozess berücksichtigte die relevanten sozialen, beschäftigungspolitischen und wirtschaftlichen Aspekte sowie die Notwendigkeit, wesentliche Verbindungen für die territoriale Anbindung zu sichern, und schloss eine Konsultation der sechs betroffenen Regionen ein. Die Rationalisierung sollte zu einer Reduzierung der Nettokosten der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen von ungefähr 66 Mio. EUR und zur Entlassung von etwa 600 Besatzungsmitgliedern in der gesamten Tirrenia-Gruppe führen. Italien erinnerte auch daran, dass die Rationalisierung im Jahr 2009 frühere Bemühungen (2004, 2006 und 2008) zur Reduzierung der von der Tirrenia-Gruppe betriebenen Dienste ergänzt habe,

erklärte, dass mit der Rationalisierung folgende Ziele verfolgt wurden: i) die Aufrechterhaltung der erforderlichen Verbindungen für die Sicherstellung der Anbindung der Inseln an das Festland und des Rechts auf Gesundheit, Studium und Mobilität, ii) die Rationalisierung von Verbindungen, sollte es private Betreiber geben, die dieselbe Verbindung im selben Zeitabschnitt mit ähnlichen Garantien für Qualität und Kontinuität anbieten und iii) die Rationalisierung von reinem Personentransport in Sommer- und Hochgeschwindigkeitsverbindungen,

und gab einen Überblick über die von den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe 2008 bedienten Routen sowie die reduzierte Zahl der 2009 von den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe zu bedienenden Routen. Nach Angaben der italienischen Behörden sollten die letztgenannten Routen die Grundlage des neuen Vertrags bilden, der mit den neuen Eignern der Unternehmen der Tirrenia-Gruppe abgeschlossen würde.

(114)

Am 21. Dezember 2009 hat der für Energie und Verkehrswesen zuständige Generaldirektor der Kommission den italienischen Behörden ein Schreiben übermittelt, in dem er unter anderem Folgendes hervorhob:

Angesichts der radikalen Umgestaltung des Seekabotagesektors in Italien und wegen der beträchtlichen sozialen Auswirkungen, die die Privatisierung nach Ansicht der italienischen Behörden mit sich gebracht hätte, wenn die Ausschreibungen auf der Grundlage eines einfachen öffentlichen Dienstleistungsauftrags durchgeführt worden wären, war die Ausschreibung der mit solchen Aufträgen ausgestatteten Reedereien — grundsätzlich und ausnahmsweise — akzeptabel, um die Einhaltung des Kriteriums der Diskriminierungsfreiheit von Gemeinschaftsreedern gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates (57) (im Folgenden „Seekabotageverordnung“) zu gewährleisten.

Die Ausgleichszahlungen für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen mussten auf die Routen beschränkt werden, auf denen die kontinuierliche Präsenz anderer Betreiber über das ganze Jahr begrenzt war und damit den Marktbedürfnissen nicht zufriedenstellend gerecht wurde. In diesem Zusammenhang wurde um Klärung des Marktversagens auf den Routen Genua–Porto Torres, Genua–Olbia–Arbatax und Civitavecchia–Olbia gebeten. Darüber hinaus wurde Italien aufgefordert zu erklären, ob Tirrenia Ausgleichsleistungen für die Bedienung der drei Routen in der Hauptsaison erhalten hat. Ferner wurden Fragen zu den von Caremar betriebenen Routen gestellt. In dem Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass auf der Grundlage der Seekabotageverordnung nur die Aufnahme von Inlandslinien (und nicht von internationalen Linien) in einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag gerechtfertigt sein könnten.

Die Verträge über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen der Tirrenia-Gruppe liefen am 31. Dezember 2008 aus und die von Italien geplante Privatisierung kann durchaus länger als geplant gedauert haben. Das Schreiben wies daher auf die Möglichkeit hin, ein Mahnschreiben wegen falscher Umsetzung der Seekabotageverordnung zu versenden.

(115)

Am 22. Januar 2010 antworteten die italienischen Behörden auf das Schreiben der Kommissionsdienststellen vom 21. Dezember 2009. In ihrem Schreiben stellten die italienischen Behörden fest, dass sie

zur Kenntnis genommen hätten, dass die Kommission dem vorgeschlagenen Ansatz für die Privatisierung der Tirrenia-Gruppe zusammen mit neuen öffentlichen Dienstleistungsverträgen grundsätzlich zustimmt,

detaillierte Erläuterungen zu den Routen Genua–Porto Torres, Genua–Olbia–Arbatax und Civitavecchia–Olbia, zu denen die Kommission eine Reihe von Fragen aufgeworfen hatte, übermittelt hätten. Italien bestätigte auch, dass die Routen Genua–Porto Torres und Civitavecchia–Olbia nur in der Nebensaison im Rahmen von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedient würden,

erwähnt hätten, dass der Aufruf zur Interessenbekundung für den Verkauf von Tirrenia (einschließlich Siremar) am 23. Dezember 2009 veröffentlicht worden sei. Italien teilte mit, dass es beabsichtige, die Privatisierung der gesamten Tirrenia-Gruppe bis zum 30. September 2010 abzuschließen,

die Kommission aufgefordert habe, ausdrücklich zu bestätigen, dass die im Hinblick auf das Marktversagen vorgebrachten Argumente ausreichend seien.

(116)

Am 29. Januar 2010 (58) übermittelte die Kommission ein Mahnschreiben bezüglich der fehlerhaften Umsetzung der Seekabotageverordnung. In diesem Schreiben erinnerte die Kommission daran, dass die Verordnung vorschreibt, dass ein Mitgliedstaat, wenn er öffentliche Dienstleistungsaufträge vergibt oder gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt, dies auf diskriminierungsfreier Grundlage gegenüber allen Gemeinschaftsreedern tun muss. Gemäß Artikel 4 Absatz 3 dieser Verordnung können bestehende öffentliche Dienstleistungsverträge bis zum Ablaufdatum des betreffenden Vertrags in Kraft bleiben. Die Kommission stellte jedoch fest, dass die Unternehmen der Tirrenia-Gruppe auch nach dem Auslaufen der jeweiligen öffentlichen Dienstleistungsverträge (die ursprünglichen Verträge) weiterhin Seeverkehrsdienste erbrachten. Insbesondere sollten diese Verträge Ende 2008 auslaufen, wurden von Italien aber wiederholt verlängert. Daher forderte die Kommission die italienischen Behörden auf, sich dazu zu äußern.

(117)

Ebenfalls am 29. Januar 2010 antwortete der für Energie und Verkehr zuständige Generaldirektor der Kommission auf das Schreiben der italienischen Behörden vom 22. Januar 2010. Der Generaldirektor betonte, dass sich seine Antwort nur auf die Einhaltung der Seekabotageverordnung und nicht auf Fragen der staatlichen Beihilfen bezieht. Vor diesem Hintergrund wies der Generaldirektor darauf hin, dass die Begründungen für die Linien Genua–Porto Torres, Genua–Olbia–Arbatax und Civitavecchia–Olbia ausreichend seien, um die zuvor geäußerten Bedenken auszuräumen. Darüber hinaus stellte der Generaldirektor positiv fest, dass Italien auf seine frühere Bitte hin eine internationale Verbindung aus dem neuen Vertragsentwurf für Tirrenia gestrichen hat. Hinsichtlich der zu von Caremar betriebenen Routen wurden nur für einige dieser Routen die Begründungen als ausreichend erachtet. Italien wurde daher aufgefordert, weitere Erläuterungen zu einigen Routen von Caremar zu übermitteln. Der Generaldirektor erinnerte daran, dass Verträge für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nur für Routen gelten können, für die ein Marktversagen vorliegt.

(118)

Am 29. März 2010 übersandten die italienischen Behörden ihre Antwort auf das Aufforderungsschreiben der Kommission vom 29. Januar 2010. In dieser Antwort haben die italienischen Behörden

daran erinnert, dass sich die Kommissionsdienststellen mit ihrem Schreiben vom 21. Dezember 2009 (siehe Erwägungsgrund 114) grundsätzlich mit der Privatisierung der Tirrenia-Gruppe durch die Bündelung der Unternehmen mit neuen öffentlichen Dienstleistungsverträgen einverstanden erklärt hätten,

festgestellt, dass die Verlängerung der ursprünglichen Verträge nur durch die Notwendigkeit motiviert gewesen sei, die Kontinuität des Betriebs des öffentlichen Seeverkehrsdienstes bis zum Abschluss des jeweiligen Privatisierungsverfahrens zu gewährleisten,

bestätigt, dass es ihre Absicht gewesen sei, das Privatisierungsverfahren bis zum 30. September 2010 abzuschließen, sodass der Seekabotagesektor bis zu diesem Datum liberalisiert würde,

einen Überblick über das Privatisierungsverfahren von Tirrenia (einschließlich Siremar) vorgelegt. Insbesondere gab Italien an, dass nach der Veröffentlichung des Aufrufs zur Interessenbekundung bis zum 19. Februar 2010 16 Interessenbekundungen von 19 Unternehmen eingegangen seien. Als Teil der Due-Dilgence-Phase sei am 22. März 2010 ein Datenraum eröffnet worden, der bis Ende Mai 2010 offenbleiben werde. Zu jenem Zeitpunkt ging Italien davon aus, dass der Vertrag bis Mitte Juli 2010 unterzeichnet und das Eigentum bis September 2010 übertragen werden könne,

klargestellt, dass beim Ausschreibungsverfahren für Toremar 11 interessierte Beteiligte an der nächsten Phase des Verfahrens teilnehmen würden,

herausgestellt, dass die anhaltende Unsicherheit aufgrund der Fortsetzung des Vertragsverletzungsverfahrens das Privatisierungsverfahren gefährden und sich negativ auf den Wert der zum Verkauf stehenden Unternehmen auswirken könne,

vollständige Zusammenarbeit mit der Kommission angeboten, um sämtliche verbliebenen Zweifel in Hinsicht auf das Vertragsverletzungsverfahren, aber auch mögliche Fragen zu staatlichen Beihilfen zu klären.

(119)

Am 10. September 2010 teilten die italienischen Behörden der Kommission anlässlich einer Ad-hoc-Sitzung mit, dass das Verfahren zur Privatisierung von Tirrenia und Siremar in der Endphase abgebrochen worden sei und der Termin 30. September daher nicht eingehalten werden könne. Darüber hinaus berichteten die italienischen Behörden, dass sich die Ausschreibungsverfahren für die Verträge von Caremar, Saremar, Siremar und Toremar verzögert hätten. Aus diesem Grund verlängert Gesetz Nr. 163 vom 1. Oktober 2010 die ursprünglichen Verträge bis zum Abschluss des Privatisierungsverfahrens von Tirrenia und Siremar (siehe auch Erwägungsgrund 26).

(120)

Angesichts dieser Entwicklung nahm die Kommission am 24. November 2010 ein ergänzendes Mahnschreiben an. In diesem Schreiben hat die Kommission

festgestellt, dass die ursprünglichen Verträge von Tirrenia, Siremar, Caremar, Saremar und Toremar automatisch und ohne wettbewerbsrechtliches Verfahren verlängert wurden,

darauf hingewiesen, dass, während die fraglichen gemeinwirtschaftlichen Verträge weiterhin angewandt wurden, weder für Tirrenia noch für Siremar, Caremar, Saremar oder Toremar ein Ausschreibungsverfahren abgeschlossen wurde,

mitgeteilt, dass sie sich das Recht vorbehält, eine gegebenenfalls mit Gründen versehene Stellungnahme (unter Berücksichtigung etwaiger Stellungnahmen Italiens) abzugeben.

(121)

Am 21. Juni 2012 erließ die Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme zur verspäteten Privatisierung von drei Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe (Caremar, Laziomar und Saremar). Da die Ausschreibungsverfahren für die anderen drei Unternehmen (Tirrenia, Toremar und Siremar) im Lauf des Jahres 2011 abgeschlossen wurden (59), werden diese Unternehmen nicht in der begründeten Stellungnahme behandelt. Die Kommission stellte fest, dass Italien drei Jahre nach dem regulären Auslaufen der jeweiligen ursprünglichen Verträge noch keine Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von Verträgen für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse für von den Unternehmen Caremar, Laziomar und Saremar erbrachte Seekabotagedienste eingeleitet hat. Diese Verträge wurden automatisch und unbeschränkt verlängert, wodurch andere Schiffseigner in der Union daran gehindert wurden, sich um die Vergabe dieser Verträge zu bewerben.

(122)

Am 8. August 2012 antworteten die italienischen Behörden auf die mit Gründen versehene Stellungnahme und teilten mit, dass die Ausschreibungen für die Vergabe der mit neuen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen ausgestatteten Unternehmen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden seien bzw. werden würden. Die Ausschreibung für Caremar sei am 20. Juli 2012 veröffentlicht und die Ausschreibung für Laziomar am 1. August 2012 zur Veröffentlichung abgesandt worden. Für Saremar sei schließlich am 2. August 2012 ein Gesetz verabschiedet worden, das die Veröffentlichung einer solchen Mitteilung bis zum 2. Oktober 2012 vorschreibe.

(123)

Am 13. Januar 2014 wurde die Compagnia Laziale di Navigazione der neue Eigentümer von Laziomar und unterzeichnete einen Zehnjahresvertrag für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen für die Anbindung der Pontinischen Inseln. Am 16. Juli 2015 übernahm ATI SNAV-Rifim das Eigentum an Caremar und wurde mit einem Neunjahresvertrag für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betraut. In der Folge des Beschlusses von 2014 wurde für Saremar das Liquidationsverfahren eingeleitet und der Vertrag für die öffentlichen Dienstleistungen zur Bedienung der Routen zwischen Sardinien und den kleineren Inseln wurde im März 2016 an Delcomar vergeben.

(124)

Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 informierten die italienischen Behörden die Kommission, dass die Privatisierung aller Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe abgeschlossen sei. Am 8. Dezember 2016 beschloss die Kommission, das Vertragsverletzungsverfahren einzustellen.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG UND AUSWEITUNG DES VERFAHRENS

3.1.   Die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags zwischen dem Staat und Tirrenia

3.1.1.   Einhalten der Altmark-Kriterien und Vorliegen einer Beihilfe

(125)

In ihrem Beschluss von 2011 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht klar genug war und es daher der Kommission nicht erlaubte, endgültig festzustellen, ob sie einen offenkundigen Fehler enthielt. Insbesondere hatte die Kommission keinen vollständigen Überblick über die tatsächlichen Verpflichtungen, die Tirrenia für die Bedienung der infrage stehenden Routen, im Vergleich zu den von Wettbewerbern auf einigen dieser Routen angebotenen Diensten, auferlegt wurden. Ferner hegte die Kommission Zweifel daran, dass die von Tirrenia erbrachten Frachtdienstleistungen als auf die Befriedigung allgemeiner wirtschaftlicher Interessen im Sinne des Unionsrechts ausgerichtet gelten können.

(126)

Die Kommission vertrat die vorläufige Auffassung, dass das zweite Kriterium des Altmark-Urteils (60) erfüllt ist, da die Parameter, die der Berechnung des Ausgleichs zugrunde liegen, im Voraus festgelegt wurden und die Transparenzvorschriften eingehalten wurden. Die Kommission merkte insbesondere an, dass diese Parameter im ursprünglichen Vertrag (für die Ausgleichsleistungen für das Jahr 2009) und in der CIPE-Richtlinie (für Ausgleichsleistungen ab 2010) beschrieben sind.

(127)

Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass das dritte Altmark-Kriterium nicht erfüllt zu sein schien und die Betreiber für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen überkompensiert worden sein könnten. Insbesondere äußerte die Kommission ihre Zweifel daran, dass die Risikoprämie von 6,5 %, die ab 2010 anzuwenden ist, ein angemessenes Risikoniveau widerspiegelt, da Tirrenia prima facie offenbar nicht die Risiken übernimmt, die normalerweise bei der Erbringung solcher Dienste anfallen.

(128)

Die Kommission vertrat darüber hinaus die vorläufige Auffassung, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt ist, da die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags nicht ausgeschrieben wurde. Die Kommission stellte darüber hinaus fest, dass sie keinerlei Belege für das Argument erhalten habe, dass Tirrenia die fraglichen Dienstleistungen tatsächlich zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringe.

(129)

Im Beschluss von 2011 kam die Kommission daher zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass die Ausgleichsleistung, die Tirrenia 2009-2011 für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erhalten hat, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Darüber hinaus vertrat die Kommission die Ansicht, dass diese Beihilfe als neue Beihilfe zu gelten hat.

(130)

Im Beschluss von 2012 vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Tirrenia seit dem 1. Januar 2012 im Rahmen der weiteren Verlängerung des ursprünglichen Vertrags gewährten Ausgleichsleistungen bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrags ebenfalls eine staatliche Beihilfe darstellen, sofern im Jahr 2012 alle Bedingungen unverändert geblieben sind.

3.1.2.   Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

(131)

Im Beschluss von 2011 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen für die Jahre 2009-2011 weder in den Geltungsbereich der Entscheidung 2005/842/EG der Kommission (61) (im Folgenden: „DAWI-Entscheidung von 2005“) noch in den Geltungsbereich des DAWI-Rahmens von 2005 (62) fallen. Die Kommission prüfte diese Maßnahme daher unmittelbar nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV und stellte fest, dass Zweifel bestehen, ob die geltenden Vereinbarkeitsbedingungen erfüllt sind.

(132)

Im Beschluss von 2012 stellte die Kommission fest, dass am 31. Januar 2012 ein neues DAWI-Paket, bestehend aus dem Beschluss 2012/21/EU der Kommission (63) (im Folgenden: „DAWI-Beschluss von 2011“) und dem DAWI-Rahmen von 2011 (64), in Kraft getreten ist. Die Kommission vertrat indes die vorläufige Auffassung, dass der Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags nicht nach dem DAWI-Beschluss von 2011 als mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldungspflicht befreit gelten könne.

(133)

Das Gesetz von 2010 sah die Verlängerung der ursprünglichen Verträge vom 30. September 2010 bis zum Ende des Privatisierungsverfahrens vor. Tirrenia befand sich zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes von 2010 in Schwierigkeiten (siehe Erwägungsgrund 61). Infolgedessen konnten die Ausgleichszahlungen, die das Unternehmen ab dem 1. Oktober 2010 bis zu seiner Privatisierung erhielt, nicht auf der Grundlage des DAWI-Rahmens von 2011 bewertet werden. Stattdessen vertrat die Kommission nach Randnummer 9 (65) des DAWI-Rahmens von 2011 die vorläufige Auffassung, dass diese Beihilfe auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 bewertet werden müsste.

(134)

Die Kommission stellte fest, dass die in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 festgelegten Vereinbarkeitskriterien in diesem Fall nicht erfüllt sind, und vertrat daher im Beschluss von 2012 die vorläufige Auffassung, dass die Ausgleichsleistungen an Tirrenia als Unternehmen in Schwierigkeiten eine unvereinbare Umstrukturierungsbeihilfe darstellen.

3.2.   Rechtswidrige Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(135)

Im Beschluss von 2012 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Rettungsbeihilfe rechtswidrig vom 28. August 2011 bis zum 18. September 2012 verlängert worden war und die Verlängerung der Rettungsbeihilfe über diesen Zeitraum hinaus eine unvereinbare Beihilfe für Tirrenia und Siremar und möglicherweise für ihre jeweiligen Käufer darstellte. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Italien nicht, wie nach den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 erforderlich, innerhalb der sechs Monate nach der Auszahlung der ersten Tranche der Rettungsbeihilfe an diese Unternehmen keinen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorgelegt hat. Die Kommission war der Ansicht, dass die Bedingungen für eine Verlängerung der Rettungsbeihilfe, wie sie in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 festgelegt sind, ebenfalls nicht erfüllt waren.

3.3.   Die Privatisierung von Tirrenia und die aufgeschobene Entrichtung des Kaufpreises für CIN

(136)

Im Beschluss von 2011 äußerte die Kommission ihre Zweifel daran, dass das Ausschreibungsverfahren für den Verkauf der Tirrenia-Sparte ausreichend transparent und bedingungslos war, um sicherzustellen, dass der Verkauf zum Marktpreis erfolgte.

(137)

Zunächst merkte die Kommission an, das die Aufforderung zur Interessenbekundung zwar in verschiedenen Tageszeitungen und auf verschiedenen Websites veröffentlicht wurde, diese Aufforderung jedoch offenbar keine Einzelheiten zum Umfang des Verkaufs enthalten und den Bietern keine klaren Anweisungen für die nachfolgenden Phasen des Verfahrens gegeben hat. Die Ausschreibung schien auch keine Vorqualifikations- oder Auswahlkriterien oder andere Bedingungen zu enthalten, die von den Bietern außer der obligatorischen Bedingung, den öffentlichen Dienst auch in Zukunft zu erbringen, erfüllt werden mussten. Ferner wurden den Bietern alle relevanten Informationen zu den Vermögenswerten, die Gegenstand des Verkaufsverfahrens waren, erst während der Due-Diligence-Phase zur Verfügung gestellt.

(138)

Zweitens war die Kommission auch der Ansicht, dass bestimmte bei der Privatisierung auferlegte Erfordernisse die Zahl der Bieter eingeschränkt und/oder den Kaufpreis beeinflusst haben könnte. Die Kommission wiederholte ihre gängige Praxis bezüglich des Verkaufs von Vermögenswerten öffentlicher Unternehmen durch den Staat oder dem Staat zuzurechnende Einrichtungen: Nichtwirtschaftliche Erwägungen, die ein privater Verkäufer nicht vorbringen würde, wie z. B. Belange der öffentlichen Ordnung, der Beschäftigung oder der regionalen Entwicklung, legen das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nahe, wenn sie dem potenziellen Käufer belastende Verpflichtungen auferlegen und daher geeignet sind, den Verkaufspreis zu drücken.

(139)

Der Verkaufsprozess der Sparten von Tirrenia und Siremar basierte auf einem im Marzano-Gesetz festgelegten Verfahren (siehe Erwägungsgrund 64). Daher prüfte die Kommission die beiden Verfahren zusammen. Sie vertrat die Auffassung, dass der Verkauf der mit neuen Verträgen betrauten Sparten den Käufer verpflichtet, die öffentlichen Dienstleistungen unter Einhaltung der im Voraus festgelegten Qualitäts-, Frequenz- und Tarifverpflichtungen, wie sie im neuen Vertrag festgelegt sind, zu erbringen. Es schien der Kommission, dass der Staat mit der Auferlegung solcher Verpflichtungen nicht den Versuch unternahm, den höchsten Verkaufspreis zu erzielen, sondern vielmehr Ziele des öffentlichen Interesses verfolgte. Die Kommission hielt es für höchst unwahrscheinlich, dass ein privater Verkäufer dem ununterbrochenen Betrieb der öffentlichen Dienstleistung die gleiche Bedeutung beigemessen hätte.

(140)

Ebenso war die Kommission der Ansicht, dass ein privater Verkäufer, der unter normalen Marktbedingungen handelt, keine Garantie der Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter über zwei Jahre gefordert hätte.

(141)

Aus den genannten Gründen kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass das Privatisierungsverfahren der Tirrenia-Sparte nicht ausreichend transparent und bedingungslos war, um für sich allein sicherzustellen, dass der Verkauf zum Marktpreis erfolgt. Daher konnte die Kommission nicht ausschließen, dass entweder der verkauften Wirtschaftstätigkeit oder dem Käufer ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wurde.

(142)

Die Kommission vertrat auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen auch die Auffassung, dass jegliche Beihilfe, die im Verlauf des Privatisierungsverfahrens entstanden sein könnte, mit dem Binnenmarkt unvereinbar gewesen wäre.

(143)

Im Beschluss von 2012 vertrat die Kommission vorläufig den Standpunkt, dass der Zahlungsaufschub für den Kaufpreis für die Tirrenia-Sparte eine staatliche Beihilfe für CIN darstellen könnte. Insbesondere stellte die Kommission fest, dass der tatsächliche Wert des Kaufpreises, der durch Abzinsung der aufgeschobenen Entrichtung auf ihren Wert zum Zeitpunkt des Verkaufs ermittelt wurde, unter dem Marktwert liegt, der von dem von Italien beauftragten unabhängigen Sachverständigen festgelegt wurde Die Kommission war daher der Ansicht, dass CIN möglicherweise in den Genuss eines Vorteils gekommen ist, der mindestens der Differenz aus dem vom unabhängigen Sachverständigen festgesetzten Wert und den auf ihren Gegenwartswert abgezinsten künftigen Zahlungen entspricht. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen vertrat die Kommission die Auffassung, dass es sich bei dieser Maßnahme um eine Betriebsbeihilfe gehandelt haben könnte, die grundsätzlich unvereinbar mit dem Binnenmarkt ist.

3.4.   Der neue Vertrag zwischen dem italienischen Staat und CIN

(144)

Im Beschluss von 2012 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Ausgleichszahlung an den Käufer der Tirrenia-Sparte (d. h. CIN) die im Altmark-Urteil niedergelegten Kriterien nicht erfüllt und daher eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

(145)

Die Kommission kam zu dieser Schlussfolgerung, da:

Wettbewerber, die ähnliche Dienstleistungen anzubieten scheinen, offenbar wenigstens auf bestimmten von CIN bedienten Routen präsent waren,

die Berechnung des Ausgleichs nach der CIPE-Richtlinie zu einer Überkompensation des Betreibers für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistung geführt zu haben scheint, und zwar aus den gleichen Gründen, wie sie im Beschluss von 2011 zum Ausdruck kommen und

das vierte Kriterium des Altmark-Urteils (66) offenbar nicht beachtet wurde, da die mit einem neuen Vertrag ausgestattete Tirrenia-Sparte und nicht der Vertrag für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse an sich ausgeschrieben worden war und nicht nachgewiesen wurde, dass dies die Auswahl von Bietern ermöglichte, die in der Lage waren, die Dienstleistungen zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit zu erbringen.

(146)

Hinsichtlich der Vereinbarkeit der Ausgleichszahlungen an CIN mit dem Binnenmarkt stellte die Kommission fest, dass auf der Grundlage der von den italienischen Behörden übermittelten Informationen anzumerken ist, dass die Zahl der in den beiden Vorjahren beförderten Fahrgäste auf den von CIN im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betriebenen Routen die im DAWI-Beschluss von 2011 festgelegte Schwelle von 300 000 Passagieren nicht überschreitet. Angesichts ihrer Zweifel an der Echtheit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der Vermutung einer möglichen Überkompensation von CIN vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Ausgleichszahlungen nach dem DAWI-Beschluss von 2011 nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten können. Die Kommission prüfte die Beihilfe dann auf der Grundlage des DAWI-Rahmens von 2011 und hatte Zweifel daran, dass die Vereinbarkeitsbedingungen dieses Rahmenwerks erfüllt waren, und forderte Italien auf, sie vom Gegenteil zu überzeugen.

3.5.   Der Liegeplatzvorrang

(147)

Im Beschluss von 2011 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass es sich bei der Maßnahme, soweit der Liegeplatzvorrang nicht vergütet wird, um einen regulatorischen Vorteil handelt, der keinen Transfer staatlicher Mittel beinhaltet und daher nicht als staatliche Beihilfe gelten kann. Sollte der Liegeplatzvorrang vergütet werden, ist die Kommission der Auffassung, dass, sofern Tirrenia eine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringt und dieser Vorrang nur in Bezug auf Routen gewährt wird, die von der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse abgedeckt sind, dies nicht zu einem zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteil führt, da der Liegeplatzvorrang von wesentlicher Bedeutung für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ist. Dennoch forderte die Kommission die italienischen Behörden und beteiligte Dritte auf, weitere Informationen zu dieser Maßnahme vorzulegen.

(148)

Da sie Zweifel an der Legitimität der Aufgabe der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse geäußert hatte, konnte die Kommission, sollte es sich um eine Beihilfe handeln, keinen Entschluss zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt treffen.

3.6.   Die durch das Gesetz von 2010 festgelegten Maßnahmen

(149)

Im Beschluss von 2011 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass alle durch das Gesetz von 2010 vorgesehenen Maßnahmen staatliche Beihilfen zugunsten der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia selbst, darstellen. Dazu gehörten 1) die mögliche Verwendung der für die Modernisierung der Schiffe vorgesehenen Mittel zur Deckung laufender Kosten, 2) die Abgabenbefreiungen im Zusammenhang mit dem Privatisierungsverfahren und 3) die mögliche Verwendung von FAS-Mitteln. Die Kommission forderte die italienischen Behörden auf, zu klären, ob und in inwiefern eine jede dieser Maßnahmen für die Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse notwendig ist.

(150)

Die Kommission vertrat ferner die vorläufige Auffassung, dass diese Maßnahmen wahrscheinlich Betriebsbeihilfen darstellen, die Kosten senken würden, die Tirrenia und die anderen Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe andernfalls selbst zu tragen hätten, und diese Maßnahmen somit als mit dem Binnenmarkt unvereinbar zu gelten haben.

4.   STELLUNGNAHMEN ITALIENS

4.1.   Zu den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und dem Wettbewerbsumfeld

(151)

Italien legte eine Liste der von Tirrenia betriebenen Routen vor, für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gelten, einschließlich der saisonalen Häufigkeit und der Fahrpläne, des Wettbewerbsumfelds und der Gründe für die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen.

(152)

Hinsichtlich des Bestehens einer echten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse weist Italien darauf hin, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die es Tirrenia und später CIN auferlegt hat, hinsichtlich Regelmäßigkeit, Kontinuität und Qualität einen zufriedenstellenden Dienst gewährleisten, der das Festland mit den Häfen der Inseln verbindet. Dieser Dienst trägt zur wirtschaftlichen Entwicklung der Inseln bei und gewährleistet gleichzeitig die wesentlichen Mobilitätsbedürfnisse der Inselgemeinden und die Respektierung des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf territoriale Anbindung. In diesem Zusammenhang stellte Italien fest, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen voll und ganz mit den Zielen der Artikel 174 ff. AEUV und der Erklärung Nr. 30 zu den Inselgebieten (im Anhang zur Schlussakte des Vertrags von Amsterdam) in Einklang stehen. Italien verwies auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, in der bestätigt wird, dass das Ziel der Gewährleistung ausreichender regelmäßiger Schiffsverbindungen zu Inseln, von Inseln und zwischen Inseln durch ein legitimes Ziel des öffentlichen Interesses abgedeckt ist (67).

(153)

Italien machte geltend, dass die Dienstleistungen von Unternehmen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen, und die Dienstleistungen von Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit frei ausüben, nicht vollständig vergleichbar seien. Insbesondere würden Regelmäßigkeit, Kontinuität und Qualität der von ersteren erbrachten Dienstleistungen dank klarer, im Vertrag festgelegter Verpflichtungen voll und ganz gewährleistet, während letztere ausschließlich von der Berechnung der Kapitalrendite durch den Betreiber abhängen würden. In diesem Zusammenhang nannte Italien das Beispiel der Route La Maddalena–Palau, deren kommerzieller Betreiber Enermar beschlossen hatte, den Dienst ohne vorherige Ankündigung einzustellen. Saremar, das diese Route im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsvertrags betrieb, war hingegen zur Aufrechterhaltung seines Dienstes verpflichtet und gewährleistete somit effektiv die territoriale Anbindung. Italien verwies auch auf den privaten Betreiber Go In Sardinia, der aufgrund finanzieller Schwierigkeiten seinen Dienst im August 2014 unerwartet eingestellt hatte. Dadurch gerieten tausende Passagiere, die ihr Ticket bereits bezahlt hatten, in eine Notsituation und sie hätten ihr Ziel ohne die Intervention von Tirrenia nicht erreicht,.

4.2.   Zur möglicherweise rechtswidrigen Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(154)

Die italienischen Behörden erinnerten daran, dass sie der Kommission mit Schreiben vom 16. Mai 2011 mitgeteilt hätten, dass Tirrenia SV die staatlich garantierten Darlehen nach Abschluss des Verkaufs der Sparten von Tirrenia und Siremar mit den Mitteln aus diesen Verkäufen zurückzahlen werde (68). Angesichts der Tatsache, dass CIN den Vertrag über den Verkauf der Tirrenia-Sparte am 25. Juli 2011 unterzeichnet hatte, seien sowohl die italienischen Behörden als auch Tirrenia SV berechtigterweise der Ansicht gewesen, dass die Beihilfe bis zum 28. August 2011 zurückgezahlt werden könne.

(155)

Italien betonte, dass die nachfolgenden Ereignisse den Abschluss des Verkaufs der Sparten von Tirrenia und Siremar unerwartet verzögert hätten. Infolgedessen musste Tirrenia SV seine Dienste wesentlich länger als geplant weiter betreiben und die damit verbundenen Kosten tragen. Nach Angaben Italiens sei der Liquidationsplan für Tirrenia lange vor Ablauf der in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 festgelegten Sechsmonatsfrist auf der Website von Tirrenia SV verfügbar gewesen. Italien fügte hinzu, dass die Kommission jederzeit über die Fortschritte des Privatisierungsverfahrens auf dem Laufenden gehalten worden sei. Der gesamte von Tirrenia und Siremar geschuldete Betrag einschließlich Zinsen wurde dem Staat nur 48 Tage nach Entrichtung der ersten Rate des Preises für die Tirrenia-Sparte durch CIN zurückgezahlt.

4.3.   Zur Privatisierung der Tirrenia-Sparte

4.3.1.   Zum transparenten und diskriminierungsfreien Charakter des Verfahrens

(156)

Italien betonte, dass das Verfahren vollständig im Einklang mit dem Marzano-Gesetz durchgeführt worden sei. Obwohl das fragliche Gesetz auf die Möglichkeit verweist, den Käufer durch private Verhandlungen zu bestimmen, schließe dies die Einhaltung der Grundsätze der Offenheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit nicht aus. Darüber hinaus schlössen in diesem Fall andere gesetzliche Bestimmungen, die ausdrücklich die Organisation transparenter und diskriminierungsfreier Wettbewerbsverfahren vorschrieben, die Möglichkeit aus, auf eine wie auch immer gestaltete Form der privaten Verhandlung zurückzugreifen. Insbesondere verpflichte Artikel 1 Absatz 5bis Buchstabe b des Gesetzes von 2010 den Sonderverwalter dazu, das Verfahren auf „den kürzesten Zeitraum zu beschränken, der im Rahmen des Sonderverwaltungsverfahrens unter Einhaltung des für den Verkauf erforderlichen vom Wettbewerb bestimmten, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahrens erreichbar ist“.

(157)

Das in Artikel 4 Absatz 4quater des Gesetzesdekrets Nr. 347/2003 vorgesehene Verfahren bot Italien zufolge zusätzliche Garantien in Bezug auf Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, insbesondere angesichts der Bewertung des Marktpreises der zum Verkauf angebotenen Geschäftssparte durch einen unabhängigen Sachverständigen und der Auswahl des preislich vorteilhaftesten Angebots.

(158)

Italien machte geltend, dass alle Parteien gleichen Zugang zu sämtlichen Informationen gehabt hätten, die zur eindeutigen Identifizierung der zum Verkauf angebotenen Vermögenswerte und zur Vorbereitung eines Angebots erforderlich gewesen seien. Tatsächlich beschränkte sich der Verkauf wie folgt auf die Vermögenswerte und Vertragsbeziehungen, die mit der Erbringung des öffentlichen Dienstes verbunden sind:

a)

Schiffe und Hilfsausrüstung, die für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich sind,

b)

Verträge mit strategischen Lieferanten für die Dienstleistungen, die für den normalen Betrieb des Unternehmens erforderlich sind,

c)

eine gesetzliche Verpflichtung, einen Vorschlag für die Wiedereinstellung des zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlichen Personals auf der Grundlage der Besatzungstabellen der Flotte zu unterbreiten (siehe im Detail Erwägungsgrund 160).

(159)

Italien stellte außerdem klar, dass sechs der Schiffe von Tirrenia, die für die Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht erforderlich seien, im Rahmen getrennter Verkaufsverfahren verkauft worden seien. Auch für die Veräußerung von Immobilien und Kunstwerken von Tirrenia seien getrennte Verkaufsverfahren eingeleitet worden. Diese Vermögenswerte seien daher in der Ausschreibung für die Tirrenia-Sparte nicht berücksichtigt worden (siehe Abschnitt 4.3.2).

(160)

Besonders hinsichtlich der Verpflichtung die Zahl der Beschäftigten beizubehalten, betonte Italien, dass der Verkauf der Sparten von Tirrenia und Siremar nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 2112 des Zivilgesetzbuches falle und es daher keinen automatischen Transfer des Personals (im Rahmen der existierenden Arbeitsverträge) auf den erfolgreichen Bieter gebe. Die einzige gesetzliche Verpflichtung für den erfolgreichen Bieter war es, die Beschäftigten des Verkäufers (auf der Grundlage neuer Arbeitsverträge) erneut anzustellen und die Zahl der Beschäftigten nach Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets 270/1999, das auf alle großen Unternehmen in Sonderverwaltung anwendbar ist, zwei Jahre lang auf dem ursprünglichen Niveau zu halten. Dies hätte jedoch nicht bedeutet, dass die Mitarbeiter von Tirrenia automatisch vom Käufer übernommen werden würden. Darüber hinaus sei diese Verpflichtung auf das Personal beschränkt gewesen, das nach dem Geschäftsplan und den Besatzungstabellen der Schiffe der Sparte als wesentlich für den weiteren Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse angesehen wurde.

(161)

Italien machte geltend, dass eine solche, durch das allgemeine nationale Recht auferlegte Verpflichtung, die der Gewährleistung der Kontinuität der Geschäftstätigkeit und der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung diene, zu den gleichen Bedingungen auch von einem privaten Verkäufer auferlegt worden wäre.

(162)

Nach der Veröffentlichung des Aufrufs zur Interessenbekundung in italienischer und englischer Sprache auf der Website von Tirrenia sowie in einer Reihe von nationalen und internationalen Tageszeitungen und Fachwebsites wurden 21 Interessenbekundungen von italienischen, europäischen und außereuropäischen Unternehmen abgegeben. Nach Ansicht Italiens zeigt dies, dass der Inhalt dieses Aufrufs eine klare Identifizierung des Verkaufsgegenstandes und der Art des zu befolgenden Verfahrens bei gleichzeitigem Schutz wirtschaftlich sensibler Informationen (in erster Linie zum Schutz der Interessen potenzieller Käufer) ermöglichte. Während der Due-Diligence-Phase wurden den Unternehmen dann detaillierte Informationen u. a. über die spezifischen zu verkaufenden Vermögenswerte, den Geschäftsplan und den Entwurf des neuen Vertrags (siehe Erwägungsgrund 72) zur Verfügung gestellt.

(163)

Italien machte daher geltend, dass allen an einer Übernahme der Tirrenia-Sparte interessierten Unternehmen in transparenter und diskriminierungsfreier Weise die Informationen zur Verfügung gestellt worden seien, die erforderlich sind, um in voller Kenntnis der Sachlage ein Kaufangebot machen zu können.

4.3.2.   Zur Veräußerung der nicht in der Tirrenia-Sparte enthaltenen Vermögenswerte

(164)

Italien erklärte, dass der Sonderverwalter unabhängige, transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibungsverfahren für den Verkauf der sechs Schiffe (69) eingeleitet habe, die Tirrenia für den Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht benötige. Am 10. Dezember 2010 sei ein Aufruf zur Interessenbekundung in der nationalen und internationalen Presse sowie in einigen Fachorganen veröffentlicht worden. Nach Ablauf der zweimal verlängerten Frist seien nur Angebote mit dem Ziel der Verschrottung von fünf sogenannten Schnellfähren eingegangen. Jedoch seien nach Ablauf der Frist für das Verfahren bezüglich des Motorschiffs Domiziana zwei Angebote für den Kauf dieses Schiffes für kommerzielle (d. h. Schifffahrtszwecke) eingegangen. Es sei der Versuch unternommen worden, höhere Angebote einzuholen (sowohl von den beiden Erstbietern als auch von potenziellen zusätzlichen Bietern), doch seien keine solchen Angebote eingegangen. Den Zuschlag habe daher der Bieter mit dem höchsten Gebot erhalten.

(165)

Italien teilte ferner mit, dass der Verkauf mehrerer Immobilien im Besitz von Tirrenia im Rahmen unabhängiger, getrennter Ausschreibungsverfahren geplant sei, da sie für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht erforderlich seien und daher nicht zur Tirrenia-Sparte gehörten. Italien verwies auf den Verkauf des Palazzo Molin in Venedig, um die Sicherheitsmechanismen zu veranschaulichen, die getroffen wurden, um den höchstmöglichen Verkaufspreis zu erzielen (z. B. durch die Bewertung der Immobilie durch einen unabhängigen Sachverständigen oder die Aufforderung an die Bieter, ihre Angebote zu verbessern). Schließlich erklärte Italien, dass die Kunstsammlung von Tirrenia ebenso über eine separate öffentliche Versteigerung durch ein großes Auktionshaus verkauft werden würde.

4.3.3.   Zur Bündelung der Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte mit einem neuen Vertrag

(166)

Zunächst brachte Italien vor, die Entscheidung, die Vermögenswerte zusammen mit der Betrauung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zu privatisieren, sei mit dem Ziel getroffen worden, eine reibungslose Liberalisierung des Seekabotagesektors zu gewährleisten. Italien weist darauf hin, dass diese Strategie im Voraus mit der Kommission erörtert (siehe Abschnitt 2.4) und im Prinzip als im Einklang mit der Seekabotageverordnung angesehen worden sei.

(167)

Darüber hinaus vertrat Italien die Ansicht, dass es angesichts der vorherrschenden Marktbedingungen zu jener Zeit angemessen gewesen sei, die Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte mit einem neuen Vertrag zu bündeln. In einer Zeit der Rezession und des erheblichen Nachfragerückgangs im Seeverkehrssektor würde die Möglichkeit, die Flotte der Tirrenia-Sparte für den Betrieb der im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Routen zu nutzen, eher eine rentable Geschäftsmöglichkeit als einen Faktor darstellen, den Marktwert der Tirrenia-Sparte zu drücken. Daher ist Italien der Ansicht, dass dies keine negative Auswirkung auf das Ausschreibungsverfahren und den erzielten Preis gehabt habe.

(168)

Italien erinnerte diesbezüglich daran, dass von den sechs Schiffen, die nicht zur Tirrenia-Sparte gehörten (siehe Erwägungsgrund 164), fünf zu Verschrottungszwecken hätten verkauft werden müssen. Italien ist der Ansicht, dass es angesichts der Komplexität des Seeverkehrsmarktes und des damaligen wirtschaftlichen Abschwungs unmöglich war, einen besseren Preis für die Vermögenswerte des Unternehmens zu erzielen, selbst wenn das Ausschreibungsverfahren wiederholt worden wäre oder die Vermögenswerte nicht mit dem neuen Vertrag gebündelt worden wären. Schließlich verweist Italien auf die Bemerkung eines potenziellen Bieters für die Tirrenia-Sparte im Zusammenhang mit dem europäischen Fusionsgenehmigungsverfahren. Der Bieter gab insbesondere an, dass der Mindestpreis, der von dem von Italien beauftragten unabhängigen Sachverständigen festgelegt wurde, tatsächlich zu hoch sei.

4.3.4.   Zur Ernennung des unabhängigen Sachverständigen

(169)

Italien machte geltend, dass am 16. Dezember 2010 fünf führende Finanzinstitute, die nicht mit der Tirrenia-Gruppe verbunden sind, aufgefordert worden seien, Angebote für die Evaluierung der Tirrenia-Sparte abzugeben. Keines der aufgeforderten Institute habe innerhalb der gesetzten Frist ein Angebot eingereicht.

(170)

Die Banca Profilo habe daraufhin Interesse bekundet, die Aufgabe eines unabhängigen Sachverständigen unter denselben Bedingungen, wie sie im Auswahlverfahren festgelegt wurden, zu übernehmen. Mit Dekret vom 4. Februar 2011 bestimmte der Minister die Banca Profilo als unabhängigen Sachverständigen für die Bewertung des Marktwerts der Sparten von Tirrenia und Siremar.

4.3.5.   Zu den Vergabekriterien

(171)

Italien betonte, dass der Sonderverwalter am 2. Februar 2011 den interessierten Unternehmen ein Schreiben zum Verfahren übermittelt habe, in dem die Vergabekriterien deutlich beschrieben worden seien. In diesem Schreiben wurden die auf das Verkaufsverfahren anwendbaren Rechtsvorschriften dargelegt und klargestellt, dass der Verkaufspreis nicht unter dem von dem unabhängigen Sachverständigen festgesetzten Wert liegen dürfe und der vorgeschlagene Geschäftsplan mit den im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Einklang stehen müsse.

(172)

Italien bestätigte auch, dass das Zuschlagskriterium im Falle von Mehrfachangeboten der höchste Preis sei, wie in den für das Verfahren geltenden spezifischen Vorschriften festgelegt worden sei.

4.3.6.   Zum Bericht von Ecorys

(173)

Im Verlauf der Untersuchung wurde Italien aufgefordert, zu den Ergebnissen des von der Kommission ausgewählten unabhängigen Beraters (Ecorys) Stellung zu nehmen (siehe Erwägungsgrund 8). Italien stimmte den Schlussfolgerungen von Ecorys zu, dass weder die Bündelung der Privatisierung mit der Vergabe des neuen Vertrags noch die Verpflichtung zur Beibehaltung des Personalbestands den Marktwert der Tirrenia-Sparte drücken würden.

(174)

In Bezug auf die vorgenannte Bündelung verwies Italien auf mehrere Erklärungen von Ecorys, in denen das Beratungsunternehmen u. a. die Auffassung vertrat, dass zum Zeitpunkt des Verkaufs die einzig gangbare Alternative zu einer Veräußerung der Vermögenswerte im Rahmen mit einem Vertrag zur Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse (d. h. durch Bündelung der Privatisierung der Vermögenswerte mit dem neuen Vertrag) die Liquidation der Tirrenia-Sparte gewesen sei. Italien bekräftigte ferner, dass in einer Zeit der Krise im Fährverkehrssektor, die durch einen erheblichen Nachfragerückgang gekennzeichnet sei, die Möglichkeit, die Tirrenia-Flotte für die im Vertrag aufgeführten Routen des öffentlichen Dienstes zu nutzen, eher eine gangbare Geschäftsmöglichkeit darstelle, als einen Faktor, der den Wert der Vermögenswerte verringere. Ferner erinnerte Italien daran, dass von den sechs nicht zur Tirrenia-Sparte gehörenden Schiffen fünf nur zu Verschrottungszwecken hätten verkauft werden können (siehe Erwägungsgrund 168). Schließlich machte Italien geltend, dass es angesichts des sich aus dem Ausschreibungsverfahren ergebenden tatsächlichen Preises, der Höhe der Treibstoffpreise und der schlechten wirtschaftlichen Lage nicht möglich gewesen sei, eine bessere Bewertung der Vermögenswerte zu erreichen, selbst wenn das Ausschreibungsverfahren wiederholt oder der Umfang der zum Verkauf stehenden Vermögenswerte geändert worden wäre.

(175)

Hinsichtlich der Bedingungen zum Personalstand bestätigte Italien die Schlussfolgerung von Ecorys, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass sich diese Bedingungen wesentlich auf den Wert der Tirrenia-Sparte ausgewirkt hätten. Italien erinnerte ferner daran, dass sich diese Bedingung aus Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 ableite und nur die Beschäftigten beträfe, die notwendig seien, den Betrieb der betroffenen Sparte gemäß den Besatzungslisten der Flotte zu gewährleisten. Die Besatzungslisten der Flotte legen i) die qualitative und quantitative Zusammensetzung der Besatzung fest, die in Übereinstimmung mit den Gesetzen zur Sicherheit im Seeverkehr für den Betrieb eines jeden Schiffes erforderlich ist, werden ii) per Ministerialdekret festgelegt und iii) von einem Ausschuss vorbereitet, dem in beratender Funktion Organisationen angehören, die Arbeitnehmer und Schiffseigner vertreten. Ein Schiff kann 365 Tage im Jahr auf See sein, doch muss die Besatzung abwechselnd Zeiten an Bord und an Land verbringen. Folglich muss bei der Bestimmung des für den Betrieb der Tirrenia-Sparte erforderlichen Personalbestands die in den Besatzungstabellen angegebene Zahl der Besatzungsmitglieder zuzüglich einer Reservebesatzung berücksichtigt werden. Der neue Eigentümer der Tirrenia-Sparte muss diese Mindestbelegschaftsstärke unabhängig von jeglichen Personalkonditionen einhalten. Darüber hinaus fügte Italien hinzu, dass der Käufer der Tirrenia-Sparte zwar allen Beschäftigten, die erforderlich sind, den Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu gewährleisten, eine Beschäftigung anbieten müsse, diesem jedoch auf der Grundlage anderer Arbeitsverträge als den zuvor geltenden nachkommen könne (70).

(176)

Der Ecorys-Bericht kam zu dem Schluss, dass der geschätzte Wert der Tirrenia-Sparte um etwa 7,8 % über dem Wert liegen könnte, den der von den italienischen Behörden benannte Sachverständige, die Banca Profilo, angegeben hatte. Italien vertrat die Auffassung, dass dieser Unterschied dadurch zu erklären sei, dass sich beide Experten bei mehreren technischen Parametern auf Annahmen stützen mussten und dass solche Annahmen naturgemäß eine gewisse Variabilität aufwiesen. Die italienischen Behörden legten eine von der Banca Profilo erstellte Gegenbewertung vor, in der die Unterschiede (71) zum Ecorys-Bericht ausführlich erläutert werden. Italien war der Ansicht, dass diese Gegenbewertung eine solide und objektive Grundlage für die Unterschiede zwischen den beiden Bewertungen biete. Tatsächlich machte die Banca Profilo geltend, dass ihre Annahmen konservativer (72) seien als die von Ecorys und die untersuchte Situation besser widerspiegelten.

(177)

Darüber hinaus wies Italien darauf hin, dass die Übertragung des Eigentums an der Tirrenia-Sparte mehr als zwei Jahre nach dem von der Banca Profilo und von Ecorys für ihre Bewertungen zugrunde gelegten Stichtag erfolgte. Nach Angaben Italiens sei in diesem Zeitraum der Wert der Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte abgeschrieben worden und das Wirtschaftsklima hätte sich erheblich verschlechtert. Aus diesem Grund kam Italien zu dem Schluss, dass es keinen Zweifel daran geben könne, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verkaufs der Tirrenia-Sparte die von den Parteien vereinbarten Preisbedingungen den Marktwert der Vermögenswerte des Unternehmens in ihrer Gänze widerspiegelten.

4.4.   Erfüllung der Altmark-Kriterien durch den neuen Vertrag

(178)

Italien wiederholte, dass es die nach dem neuen Vertrag zu zahlenden Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nur aus Gründen der Rechtssicherheit angemeldet habe, da die Maßnahme seiner Ansicht nach keine staatliche Beihilfe darstelle (siehe Erwägungsgrund 4). Im Einzelnen brachten die italienischen Behörden vor, dass die vier Altmark-Kriterien aus folgenden Gründen erfüllt würden:

Die Seeverkehrsdienste, wie sie von den italienischen Behörden im neuen Vertrag definiert würden, seien für die wirtschaftliche Entwicklung der Inseln von wesentlicher Bedeutung und erfüllten gleichzeitig die wesentlichen Verkehrsbedürfnisse der Inselgemeinden, wobei sie die Achtung des in der italienischen Verfassung verankerten Rechts auf territoriale Anbindung gewährleisteten. Der neue Vertrag lege die zu erbringenden Dienstleistungen, die zu verwendenden Schiffe, die Fahrpläne und die Tarifbeschränkungen deutlich fest. Daher brachte Italien vor, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen klar definiert seien und das erste Altmark-Kriterium somit erfüllt werde.

Die Parameter, auf deren Grundlage der Ausgleich berechnet werde, seien in der CIPE-Richtlinie ausführlich erläutert und im neuen Vertrag (und seinen Anhängen) angewandt worden, die Ausgleichshöchstbeträge seien hingegen im Gesetz von 2009 festgelegt. Daher brachte Italien weiter vor, dass diese Parameter im Voraus objektiv und transparent festgelegt worden seien und das zweite Altmark-Kriterium eingehalten werde.

Der Betreiber der öffentlichen Dienstleistungen trage alle Risiken der Tätigkeit (siehe auch Abschnitt 4.5) gegen einen festen Subventionsbetrag, der keine Sicherheit für die vollständige Deckung der Kosten darstelle. Aus diesem Grund argumentierte Italien, dass die Rendite von 6,5 % der Tätigkeit entspreche, ohne dass es zu einer Überkompensation der öffentlichen Dienstleistung komme. Daher sei auch das dritte Altmark-Kriterium erfüllt.

Die Tirrenia-Sparte sei im Wege eines offenen Ausschreibungsverfahrens privatisiert worden, wobei die für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistung erforderlichen Vermögenswerte eingeschlossen und mit einem neuen achtjährigen Vertrag für den Betrieb des Dienstes gebündelt worden seien. Da das Ausschreibungsverfahren den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit entsprochen habe und das Zuschlagskriterium der höchste gebotene Preis gewesen sei, brachte Italien vor, auch das vierte Altmark-Kriterium werde erfüllt.

4.5.   Zur in der CIPE-Richtlinie seit 2010 festgelegten Risikoprämie von 6,5 %

(179)

Italien wies darauf hin, dass sich die Ausgleichszahlung an Tirrenia für 2009 auf 80 010 000 EUR belaufen hätte. Ab 2010 sei der Höchstbetrag für Ausgleichsleistungen auf 72 685 642 EUR festgelegt worden. Italien stellte fest, dass dieser Betrag deutlich unter dem historischen Defizitniveau des Unternehmens liege. Dies zwinge den Käufer der Tirrenia-Sparte vermutlich dazu, den Betrieb effizienter zu gestalten, um die Defizite über die gesamte Laufzeit des neuen Vertrags in die Grenzen der festgelegten Subventionshöhe zu bringen und die Inflation künftig über einen langen Zeitraum auszugleichen.

(180)

Die CIPE-Richtlinie sieht vor, dass die Risikoprämie von 6,5 % zur Bestimmung der Kapitalrendite nach der WACC-Formel (siehe Erwägungsgrund 42) verwendet wird. Italien stellte jedoch klar, dass, da der Ausgleichsbetrag durch das Gesetz von 2009 gedeckelt würde, beschlossen worden sei, die Berechnung zu vereinfachen, indem die 6,5 % als pauschale Kapitalrendite angewendet würden. Dieser vereinfachte Ansatz sei während der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags angewendet worden und gelte auch noch im Rahmen des neuen Vertrags. Die italienischen Behörden wiesen auch nach, dass die Anwendung der vollständigen Methodik, wie sie in der CIPE-Richtlinie festgelegt ist, zu einer Kapitalrendite hätte führen können, die zumindest in einigen Jahren über 6,5 % gelegen hätte. Aus diesem Grund ist Italien der Ansicht, dass sein vereinfachter Ansatz konservativ sei und die Ausgleichszahlung für Tirrenia oder CIN nicht höher sein könne als in der CIPE-Richtlinie festgelegt.

(181)

Italien machte ferner geltend, dass eine Kapitalrendite von 6,5 % das Risiko der Tirrenia bzw. CIN übertragenen Tätigkeiten widerspiegele, aber aus den in den folgenden Erwägungsgründen dargelegten Gründen nicht zu einer Überkompensation der öffentlichen Dienstleistung führe.

(182)

Italien erinnerte zunächst daran, dass Tirrenia während der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags und aufgrund der schwierigen finanziellen Lage des Unternehmens am 5. August 2010 unter Sonderverwaltung gestellt werden musste. Nach Angaben Italiens sei es de facto unmöglich gewesen, die Nettokosten (d. h. Kosten minus Einnahmen) der öffentlichen Dienstleistung mit dem im Gesetz von 2009 festgelegten Ausgleichshöchstbetrag vollständig zu decken. Daher hätte Tirrenia im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 18. Juli 2012 faktisch keine Kapitalrendite erhalten. Zur Untermauerung dieses Vorbringens legte Italien die Routenabrechnungen von Tirrenia für die Jahre 2010 und 2011 sowie die Quartalsfinanzberichte für 2012 vor.

(183)

Der neue Vertrag für den Käufer der Tirrenia-Sparte sieht vor, dass die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage der prognostizierten Entwicklung der Einnahmen und Kosten berechnet wird. Nach Angaben Italiens sehe der neue Vertrag im Gegensatz zu den ursprünglichen Verträgen keinen vollständigen und automatischen Ausgleich für den Anstieg von Betriebskosten (wie Kosten für Arbeit, Treibstoff, Charter usw.) vor. Die mit einem solchen Kostenanstieg sowie mit dem Verkehrsaufkommen verbundenen Risiken würden daher vollständig vom Betreiber getragen. Italien brachte vor, dass der Betreiber daher alle mit dem Dienst verbundenen Risiken trage und ihm ein Ausgleich in einer Höhe, die alle Kosten deckt, nicht garantiert sei. Nach Angaben Italiens gelte dies auch unter Berücksichtigung von Artikel 8 und 9 des neuen Vertrags, da der Betreiber nach wie vor dem Risiko von Verzögerungen zwischen dem Auftreten solcher Ungleichgewichte und dem Zeitpunkt, an dem Anpassungen vorgenommen werden können, ausgesetzt sei. Darüber hinaus seien solche Anpassungen das Ergebnis von Verhandlungen und würden nicht rückwirkend, sondern nur für die Zukunft gewährt. Italien legte die jährliche Routenabrechnung von CIN für den Zeitraum vom 18. Juli 2012 bis Ende 2018 vor, um nachzuweisen, dass es im Rahmen des neuen Vertrags keine Überkompensation gegeben hat.

4.6.   Vereinbarkeit des neuen Vertrags mit dem DAWI-Beschluss von 2011

(184)

Selbst wenn Italien der Ansicht ist, dass die Ausgleichszahlungen für die öffentliche Dienstleistungen, die im Rahmen des neuen Vertrags an CIN gezahlt werden, keine staatliche Beihilfe darstellen, hat es doch vorgebracht, warum diese Maßnahmen mit dem DAWI-Beschluss von 2011 vereinbar wären, wenn es sich um eine Beihilfe handeln würde.

(185)

Italien erinnerte daran, dass die Kommission bei der Beurteilung der Echtheit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darauf beschränkt ist, zu prüfen, ob der Mitgliedstaat bei der Definition einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse einen offensichtlichen Fehler begangen hat. Vor diesem Hintergrund beschrieb Italien die im neuen Vertrag festgelegten Routen und wies darauf hin, dass CIN auf mehreren dieser Routen der einzige Betreiber sei. Darüber hinaus erhalte CIN für drei weitere Routen nur in der Nebensaison Ausgleichszahlungen für seine öffentlichen Dienstleistungen, während das Unternehmen in der Hauptsaison weiterhin Einschränkungen (z. B. bei den Tarifen) unterliege.

(186)

Italien übermittelte die jährlichen Daten zum Passagieraufkommen für die beiden Geschäftsjahre, die dem Geschäftsjahr vorausgingen, in dem die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zugewiesen wurde (d. h. 2010 und 2011), um zu belegen, dass der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d des DAWI-Beschlusses von 2011 festgelegte Schwellenwert von 300 000 Passagieren auf den von Tirrenia betriebenen Routen nicht überschritten wurde. Da der neue Vertrag eine Laufzeit von acht Jahren habe, stellte Italien außerdem fest, dass Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2011 ebenfalls eingehalten werde. Schließlich machte Italien geltend, dass Artikel 2 Absatz 4 des DAWI Beschlusses von 2011 eingehalten werde, da durch den Verkauf der Tirrenia-Sparte über ein vom Wettbewerb bestimmtes, transparentes und diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren die Anforderungen der Seekabotage-Verordnung vollständig erfüllt würden.

(187)

Italien machte geltend, der neue Vertrag erfülle alle Bedingungen, die für Betrauungsmaßnahmen gemäß den Artikeln 4 bis 6 des DAWI-Beschlusses von 2011 gelten. Insbesondere seien in diesem Vertrag die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, ihre Dauer, der Ausgleichsmechanismus (auf Grundlage der CIPE-Richtlinie und des Gesetzes von 2009) und die Mechanismen zur Vermeidung und Rückforderung einer Überkompensation im Einzelnen festgelegt. Schließlich wies Italien auf die Maßnahmen (zu denen auch ein System von Rechtsbehelfen und Sanktionen gehört) hin, mit denen die strikte Einhaltung der Bestimmungen des neuen Vertrags gewährleistet werden soll.

4.7.   Zum Zahlungsaufschub für einen Teil des Kaufpreises für CIN

(188)

Hinsichtlich der Entrichtung eines Teils des Verkaufspreises, die CIN während der Laufzeit des Vertrags in Raten leistete, stellte Italien Folgendes fest: Das von CIN am 14. April 2011 abgegebene verbindliche Gebot, das den Zahlungsaufschub für einen Teil des Preises vorsah, sei in den Datenraum gestellt worden. Am 2. Mai 2011 habe der Sonderverwalter allen zur Due-Diligence-Phase zugelassenen Parteien eine Mitteilung übermittelt, in der sie aufgefordert worden seien, ihre Angebote gegenüber dem von CIN zu verbessern. Die Tatsache, dass keine endgültigen Angebote eingegangen seien, die besser waren als das Angebot von CIN, sei auf die Wettbewerbsdynamik des Ausschreibungsverfahrens zurückzuführen. Aus diesem Grund könne die aufgeschobene Entrichtung des Kaufpreises nicht als eine selektive Intervention zugunsten von CIN betrachtet werden, sondern spiegele den Marktpreis wider. Insbesondere hätten andere potenzielle Bieter ebenfalls ein Gebot mit Zahlungsaufschub abgeben können, doch hätten sie sich gegen die Abgabe eines solchen entschieden.

(189)

In diesem Zusammenhang verwies Italien auf die Rechtsprechung (73) der Unionsgerichte, nach der verbindliche Angebote, die im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ausschreibungsverfahrens für die Privatisierung eines bestimmten Unternehmens gültig abgegeben wurden, einen besseren Indikator für den Marktpreis dieses Unternehmens darstellen als beispielsweise Sachverständigengutachten. Italien betonte ferner, dass die Unionsgerichte festgestellt hätten, dass dieser Ansatz auch dann gewählt werden müsse, wenn das fragliche Ausschreibungsverfahren durch rechtswidrige Bedingungen gekennzeichnet sei, doch seien die italienischen Behörden der Ansicht, dass das Ausschreibungsverfahren für die Privatisierung der Tirrenia-Sparte keine entsprechenden Bedingungen enthalte. Die italienischen Behörden verwiesen auch auf die Entscheidung der Kommission im Fall Sandretto (74). In dieser Entscheidung akzeptierte die Kommission das Argument Italiens, dass der Verkaufspreis der Vermögenswerte von Sandretto zwar unter dem Preis lag, zu dem diese bewertet worden waren, dass es sich jedoch um den höchsten vom Markt gebotenen Preis handelte und daher nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der vom Käufer angebotene Preis dem Marktpreis entsprach.

4.8.   Über den Liegeplatzvorrang

(190)

Die italienischen Behörden brachten vor, dass durch die Vergabe des Liegeplatzvorrangs keine staatlichen Mittel entgangen seien. Nach Angaben der italienischen Behörden zahlen alle Fährbetreiber für das Anlegen regelmäßige Gebühren an die zuständigen Hafenbehörden. Die italienischen Behörden machen ferner geltend, dass der Liegeplatzvorrang nur für die Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gegolten habe und dass Tirrenia und später CIN für den Liegeplatzvorrang keine zusätzliche Gebühr entrichtet hätten oder noch entrichteten, da die Häfen ihnen aufgrund ihres gemeinwirtschaftlichen Auftrags auch ohne einen formellen Liegeplatzvorrang die erste Wahl für den Liegeplatz einräumten.

(191)

Die italienischen Behörden sind der Ansicht, dass der Liegeplatzvorrang den Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia und ihrem Erwerber CIN, keinen nennenswerten Vorteil verschaffe. Insbesondere brachten sie vor, dass der Liegeplatzvorrang in der Praxis nur unter sehr begrenzten Umständen angewandt werde. Die Größe der meisten Häfen und die Vorausplanung der Ankünfte und Abfahrten stellten sicher, dass es unter normalen Umständen — abgesehen von Verspätungen oder bei extremen Wetterbedingungen — keine Überschneidungen bei der Nutzung bestimmter Liegeplätze durch verschiedene Betreiber gebe. Da Tirrenia und CIN ihre Dienste das ganze Jahr über anbieten (im Gegensatz zu den Betreibern, die nur in der Hauptsaison tätig sind), sei es außerdem natürlich, dass die Häfen ihnen die erste Wahl des Liegeplatzes einräumten, auch wenn es keinen formellen Liegeplatzvorrang gäbe. Aus diesen Gründen ist Italien der Ansicht, dass der Liegeplatzvorrang Tirrenia und CIN keinen bedeutenden Vorteil verschafft habe.

4.9.   Zu den im Gesetz von 2010 festgelegten Maßnahmen

(192)

Italien bestritt nicht, dass Tirrenia etwa 12 051 900 EUR für die Nachrüstung seiner Schiffe zur Einhaltung internationaler Sicherheitsstandards erhalten habe. Darüber hinaus bestätigten die italienischen Behörden, dass Tirrenia faktisch nur 630 600 EUR dieser Mittel verwendet und mit ihnen die Nachrüstung des Schiffes Clodia finanziert habe. Die verbleibenden Mittel (d. h. 11 421 300 EUR) seien weder für die Finanzierung von Nachrüstungen verwendet noch an den Staat zurückgezahlt worden. Nach Angaben Italiens musste der neue Eigentümer der Tirrenia-Sparte (d. h. CIN) aus eigenen Mitteln für die verbliebenen Nachrüstungen aufkommen (die Verbindlichkeit in Höhe von 11 421 300 EUR wurde daher auch in der von der Banca Profilo erstellten Bewertung berücksichtigt).

(193)

Hinsichtlich der Abgabenbefreiungen im Zusammenhang mit dem Privatisierungsverfahren brachten die italienischen Behörden vor, dass die Maßnahme nicht auf die Körperschaftssteuer angewandt worden sei, da die Übertragung von Caremar, Saremar und Toremar auf die Regionen unentgeltlich erfolgt sei. Daher finde Artikel 86 Absatz 1 Buchstabe a des konsolidierten Einkommensteuergesetzes, der sich auf Veräußerungsgewinne bei entgeltlichen Vermögensübertragungen bezieht, keine Anwendung, da es keine Vergütung gegeben habe. Hinsichtlich der Mehrwertsteuer merkte Italien an, dass die Übertragungen von Caremar, Saremar und Toremar Transaktionen darstellten, die nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 4 des Präsidialdekrets Nr. 633 vom 26. Oktober 1972 von der Mehrwertsteuer befreit seien. In Bezug auf indirekte Steuern außer der Mehrwertsteuer betonte Italien, dass die im Gesetz von 2010 vorgesehene Befreiung im Hinblick auf eine Verwaltungsvereinfachung konzipiert wurde. Aus der Sicht der Besteuerung können ihre Auswirkungen als vernachlässigbar und im Verhältnis zu Abgaben, die als Pauschalsätze erhoben werden, als gering betrachtet werden. Genauer gesagt gehe es um die Eintragungsgebühr (168 EUR pro Dokument), die Grundbuch- und Hypothekeneintragungsgebühren (je 168 EUR) und die Stempelsteuer (14,62 EUR für vier Seiten).

(194)

Die italienischen Behörden stellten klar, dass die Mittel des FAS nicht dazu verwendet worden seien, Tirrenia einen zusätzlichen Ausgleich zu gewähren. Stattdessen seien diese Mittel bereitgestellt worden, um die Haushaltsmittel zu ergänzen, die für die Entrichtung der Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse an die Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe vorgesehen waren, falls sich diese als unzureichend erweisen sollten. Italien weist darauf hin, dass Artikel 1 Absatz 5ter des Gesetzes von 2010 es den Regionen ermöglicht, die FAS-Mittel zur Finanzierung (eines Teils) der Ausgleichszahlungen für den öffentlichen Linienverkehr zu verwenden und so die Kontinuität der öffentlichen Seeverkehrsdienste zu gewährleisten. Daher würde diese Maßnahme lediglich eine Mittelzuweisung innerhalb des italienischen Staatshaushalts für die Entrichtung der Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen betreffen.

4.10.   Zur (nicht vorhandenen) wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Tirrenia SV und CIN

(195)

Italien machte geltend, dass es keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Tirrenia SV und CIN gebe, und zwar aus folgenden Gründen:

a)

Umfang des Verkaufs: Italien wies darauf hin, dass nach einem gescheiterten Privatisierungsversuch für Tirrenia als Ganzes, einschließlich der Tochtergesellschaft Siremar, bevor das Unternehmen in die Sonderverwaltung überging, getrennte Ausschreibungen für einen Teil der Vermögenswerte des jeweiligen Unternehmens (d. h. für die Sparten von Tirrenia bzw. Siremar) durchgeführt worden seien. Ferner habe der Verkauf eine begrenzte Anzahl von Vermögenswerten von Tirrenia SV betroffen, die zuvor keine funktionelle Autonomie besessen hätten: Vermögenswerte, die für die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht wesentlich waren, darunter sechs Schiffe, Immobilien und eine Kunstsammlung. Darüber hinaus seien Schulden, die Tirrenia SV vor dem Transfer gemacht hat, nicht von CIN übernommen worden.

b)

Wirtschaftliche Tätigkeit: Die Bedingungen für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die im neuen Vertrag mit CIN festgelegt sind, würden sich wesentlich von denen unterscheiden, die im ursprünglichen Vertrag mit Tirrenia ausgehandelt worden waren. Insbesondere sehe der neue Vertrag völlig andere Kriterien für die Berechnung des Ausgleichs für die Erbringung des öffentlichen Dienstes vor (der auf einen Höchstbetrag festgelegt wird, anstatt die Verluste aus dem öffentlichen Dienst vollständig zu decken) und führe größere Flexibilität bei den den Fahrgästen angebotenen Tarifen ein (mit der Verwendung von Preisobergrenzen anstelle von Festpreisen). Italien vertrat die Auffassung, dass die wesentliche Änderung der Berechnungsmethode für die Ausgleichsleistung den Käufer zwangsläufig dazu veranlasse, die organisatorische Effizienz der Tirrenia-Sparte zu erhöhen. Darüber hinaus machte Italien geltend, dass die bloße Übertragung von Eigentum von einem öffentlichen auf einen privaten Eigentümer eine drastische Änderung der Organisation und des Managements mit sich bringe und dass die von der AGCM mit ihrem Beschluss Nr. 23670 vom 21. Juni 2012 auferlegten Bedingungen eine weitere Diskontinuität der wirtschaftlichen Tätigkeit von CIN gegenüber Tirrenia SV gewährleisteten.

c)

Diskontinuität der Arbeitskräfte: Italien wies darauf hin, dass es keinen automatischen Übergang der Mitarbeiter auf den Käufer gebe. Tirrenia SV habe seine Mitarbeiter entlassen und sei für alle verbleibenden Kosten im Zusammenhang mit den alten Verträgen vollumfänglich haftbar gewesen. Danach habe der Käufer den ehemaligen Mitarbeitern neue Beschäftigungsvorschläge unterbreitet, soweit die Mitarbeiter für den Betrieb des übertragenen Unternehmens (d. h. der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse) für erforderlich erachtet wurden. Hätten die ehemaligen Mitarbeiter das Angebot angenommen, seien sie mit einem neuen, geänderten Vertrag eingestellt worden.

d)

Unterschiedliche Eigentumsverhältnisse von Verkäufer und Käufer: Italien merkte an, dass der Käufer über ein öffentliches Ausschreibungsverfahren ermittelt worden sei, das einer größtmöglichen Anzahl potenzieller Bieter offen gestanden habe. Dieses Verfahren habe auf den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit beruht, und der Zuschlag sei nach dem Kriterium des höchsten Preises erteilt worden. Die Identität des Verkäufers sei völlig anders als die des Käufers, und die beiden hätten keine gegenseitigen Beteiligungsverhältnisse.

e)

Die wirtschaftliche Logik der Transaktion: Ziel der Transaktion war die Liberalisierung der von Tirrenia betriebenen Seetransporttätigkeiten zur Erfüllung der Seekabotageverordnung. Der erste Aufruf zur Interessenbekundung wurde im September 2010 veröffentlicht und der Kaufvertrag mit CIN am 25. Juli 2011 unterzeichnet, das formelle Prüfverfahren der Kommission wurde mit ihrem Beschluss vom 5. Oktober 2011 eingeleitet. Aus diesen Gründen macht Italien geltend, die Transaktion ziele nicht auf die Umgehung der Vorschriften über staatliche Beihilfen, sondern sei mit der Absicht geplant und durchgeführt worden, ein wichtiges Wirtschaftsvorhaben zu realisieren.

5.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(196)

Die Kommission erhielt Stellungnahmen von vier Beteiligten (Tirrenia SV, CIN, Pan Med und GNV), die im Folgenden zusammengefasst wiedergegeben werden:

5.1.   Stellungnahmen von Tirrenia SV

(197)

Nachstehend werden die von Tirrenia SV übermittelten Antworten auf die Beschlüsse von 2011 und 2012 zusammengefasst.

5.1.1.   Zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4609

(198)

In seiner Stellungnahme zum Beschluss von 2012 bezog sich Tirrenia SV zunächst auf das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4609 der Kommission wegen fehlerhafter Anwendung der Seekabotageverordnung (siehe auch Abschnitt 2.4). In diesem Zusammenhang verwies Tirrenia SV auf das Schreiben vom 21. Dezember 2009 (siehe Erwägungsgrund 114) bezüglich der Absicht Italiens, nicht die öffentlichen Dienstleistungsaufträge, sondern die Schifffahrtsunternehmen, die entsprechende Verträge halten, auszuschreiben. In diesem Schreiben wies der für Energie und Verkehr zuständige Generaldirektor der Kommission darauf hin, dass das Verfahren angesichts der von den italienischen Behörden geplanten radikalen Umgestaltung des Sektors und angesichts der sozialen Auswirkungen, die nach Ansicht derselben Behörden zu spüren sein würden, wenn die Ausschreibungen nicht den Erwerb der Unternehmen einschlössen, prinzipiell und ausnahmsweise, akzeptiert werden kann, um sicherzustellen, dass der Grundsatz der Diskriminierungsfreiheit für die Gemeinschaftsreeder eingehalten wird.

(199)

Am 21. Juni 2012 (siehe Erwägungsgrund 121) übermittelte die Kommission Italien eine mit Gründen versehene Stellungnahme wegen der länger als drei Jahre nach dem ursprünglich geplanten Auslaufen der entsprechenden Verträge andauernden Verzögerung bei der Durchführung der Ausschreibungsverfahren für die Vergabe der öffentlichen Seekabotagedienste von Caremar, Laziomar und Saremar. Da die italienischen Behörden die Ausschreibungsverfahren für die Vergabe der von den Gesellschaften Tirrenia, Siremar und Toremar betriebenen öffentlichen Seekabotagedienste abgeschlossen hatten, betraf die mit Gründen versehene Stellungnahme diese Gesellschaften nicht. Auf dieser Grundlage und im Lichte des früheren Austauschs zwischen den italienischen Behörden und den Dienststellen der Kommission machte Tirrenia SV geltend, die Kommission habe festgestellt, dass die Privatisierung der Tirrenia-Sparte im Einklang mit Artikel 4 der Seekabotageverordnung stehe.

(200)

Basierend auf der Rechtsprechung der Unionsgerichte (75) brachte Tirrenia SV vor, dass, sobald gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen in Übereinstimmung mit der Seekabotageverordnung festgelegt worden seien, diese als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen werden müssten, ohne dass eine weitere Prüfung gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV erforderlich sei. Nach Ansicht von Tirrenia SV kann diese Schlussfolgerung im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens der Kommission gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV nicht infrage gestellt werden, da im Vertragsverletzungsverfahren festgestellt worden sei, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den von der Tirrenia-Sparte vor der Privatisierung betriebenen Routen, im Hinblick auf die Seekabotageverordnung gerechtfertigt gewesen seien (76). Daher sollte jede zusätzliche Maßnahme nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV auf andere Maßnahmen beschränkt werden, und zwar auf solche, die sich von Ausgleichsleistungen für die Mehrkosten unterscheiden, die aufgrund der durch die Seekabotageverordnung rechtmäßig übertragenen und betriebenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstanden sind.

(201)

Schließlich verwies Tirrenia SV auf das Urteil von 2009, mit dem die Entscheidung von 2004 für nichtig erklärt wurde, und auf die Möglichkeit, dass die in dieser Entscheidung bewerteten Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen als bestehende Beihilfe eingestuft werden könnten. Tirrenia SV machte geltend, dass, wenn die der ehemaligen Tirrenia-Gruppe gewährten Beihilfen tatsächlich als bestehende Beihilfen eingestuft würden, diese Einstufung wahrscheinlich auch für die Ausgleichszahlungen für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gelte, die die Tirrenia-Sparte in dem von den Beschlüssen von 2011 und 2012 abgedeckten Zeitraum bis zur Privatisierung erbracht hat. Tirrenia SV weist darauf hin, dass die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags unbedingt notwendig gewesen sei, um die Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse bis zur Vergabe des neuen Vertrags im Rahmen der Privatisierung der Tirrenia-Sparte zu gewährleisten. Daher wurde sie im Licht des Ergebnisses des Vertragsverletzungsverfahrens der Kommission als gerechtfertigt erachtet. Darüber hinaus hätten die einzigen wesentlichen Änderungen, die nach dem 1. Januar 2009 vorgenommen wurden, zur Folge, dass der Gesamtbetrag der Ausgleichszahlungen für die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse gesenkt wurde. Aus diesem Grund brachte Tirrenia SV vor, dass die Maßnahme nicht zu einer neuen Beihilfe hätte werden können.

5.1.2.   Zur Verlängerung des ursprünglichen Vertrags

(202)

Hinsichtlich des Bestehens einer echten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf den von der Tirrenia-Sparte im Rahmen des ursprünglichen Vertrags bedienten Routen stellte Tirrenia SV Folgendes fest. Erstens, auf den Routen Palermo–Cagliari, Civitavecchia–Cagliari, Neapel–Cagliari, Cagliari–Trapani und der Verbindung zu den Tremiti-Inseln sei Tirrenia der einzige Betreiber. Auf den Routen Neapel–Palermo, Civitavecchia–Olbia und Genua–Porto Torres würden Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nur in der Nebensaison gewährt. Während der Hauptsaison sei das Verkehrsaufkommen auf diesen drei Routen größer und das Unternehmen könne die Routen unter Wettbewerbsbedingungen bedienen. Tirrenia SV weist darauf hin, dass nach dem ursprünglichen Vertrag alle Gewinne, die während der Hauptsaison auf diesen Routen erzielt würden, von dem Betrag der an Tirrenia zu zahlenden Ausgleichszahlung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen abgezogen würden, während alle in diesem Zeitraum entstandenen Verluste vom Unternehmen selbst zu tragen seien (77).

(203)

Zweitens, Tirrenia SV schloss auch Passagierdaten von Routen, die von Tirrenia in den Jahren 2010 und 2011 auf gemeinwirtschaftlicher Basis bedient wurden, ein. Auf dieser Grundlage bringt Tirrenia SV vor, dass die in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d des DAWI-Beschlusses von 2011 und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c DAWI-Entscheidung von 2005 festgelegten Bedingungen erfüllt seien. Da zudem die Frage des auf der Grundlage der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags gezahlten Ausgleichs im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens offensichtlich geklärt sei, seien auch die in Artikel 2 Absatz 4 bzw. Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2011 und der DAWI-Entscheidung von 2005 festgelegte Bedingung erfüllt.

(204)

Darüber hinaus machte Tirrenia SV geltend, dass es keine überhöhten Ausgleichsleistungen vom Staat erhalten habe. Insbesondere wies das Unternehmen darauf hin, dass während des Zeitraums, in dem es unter Sonderverwaltung stand (September 2010-Juli 2012), die Höhe der Subvention in absoluten Zahlen um etwa 20 Mio. EUR und in relativen Zahlen um etwa 25 % niedriger gewesen sei als die durchschnittliche Höhe der Subventionen, die das Unternehmen in den beiden vorausgegangenen Jahren (2008-2009) erhalten habe. Tirrenia SV stellte fest, dass die bis Ende 2009 gezahlten Ausgleichszahlungen für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse dem Unternehmen ermöglicht hätten, die Einnahmen und Ausgaben auszugleichen und den Betrieb trotz der allmählichen Verschlechterung seiner wirtschaftlichen und finanziellen Lage aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Zeit sei Tirrenia immer abhängiger von den Subventionen geworden, da ihre sonstigen Einnahmen nicht mit dem Anstieg der Kosten für den Betrieb der Dienstleistung von öffentlichem Interesse Schritt hielten. Ab 2010 sei der Ausgleichsbetrag jedoch durch das Gesetz von 2009 gedeckelt worden und daher deutlich niedriger als in den Vorjahren gewesen. Tirrenia SV brachte vor, dass die öffentliche Subvention deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die Betriebskosten zu decken, die dem Unternehmen auf den fraglichen Routen entstanden seien. Daher kommt Tirrenia SV zu dem Schluss, dass es in den Jahren, in denen der ursprüngliche Vertrag verlängert worden sei, keine Überkompensation gegeben haben könne.

5.1.3.   Zur möglicherweise rechtswidrigen Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(205)

In Bezug auf die Rückzahlung der mit der Entscheidung von 2010 genehmigten Rettungsbeihilfe erinnert Tirrenia SV daran, dass die italienischen Behörden der Kommission am 16. Mai 2011 mitgeteilt hätten, dass die Sonderverwaltungen von Tirrenia und Siremar die Rettungsbeihilfe nach Abschluss des Verkaufs der Sparten von Tirrenia und Siremar unter Verwendung der Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Sparten zurückzahlen würden. Da das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung den Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN am 23. Mai 2011 genehmigte und der Kaufvertrag am 25. Juli 2011 unterzeichnet wurde, seien sowohl die italienischen Behörden als auch Tirrenia SV zu diesem Zeitpunkt berechtigterweise der Ansicht gewesen, dass die Beihilfe wie vorgeschrieben bis zum 28. August 2011 zurückgezahlt werden könne. Tirrenia SV merkte an, dass sich der Abschluss des Verkaufs aufgrund unerwarteter Ereignisse verzögert hätte und Tirrenia SV daher seine Dienste habe wesentlich länger als geplant betreiben und die damit verbundenen Kosten tragen müssen. Die gesamte Rettungsbeihilfe sei jedoch von Tirrenia SV am 18. September 2012, d. h. nur 48 Tage nach Errichtung der ersten Rate durch CIN, die am 1. August 2012 gutgeschrieben worden sei, in einer einzigen Zahlung vollständig an den Staat zurückgezahlt worden.

(206)

In Bezug auf die in Randnummer 25 Buchstabe c der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien festgelegte Anforderung stellte Tirrenia SV Folgendes fest: Der Liquidationsplan für Tirrenia sei lange vor Ablauf der obengenannten Sechsmonatsfrist auf der Website der Sonderverwaltung (78) bekannt gegeben worden. Tirrenia SV fügte hinzu, dass der Kommission auf regelmäßiger Basis sowohl im Rahmen der Genehmigungsverfahren für staatliche Beihilfen als auch in den Fusionsgenehmigungsverfahren alle relevanten Informationen über den weiteren Verlauf des Privatisierungsverfahrens — das nach Angaben von Tirrenia im Wesentlichen ein Umstrukturierungsplan im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien sei — vorgelegt worden seien. Tirrenia SV machte daher geltend, dass die Kommission umfassend informiert gewesen sei und dass der Plan durchführbar, kohärent und weitreichend genug gewesen sei, um die Rentabilität von Tirrenia gemäß den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien wiederherstellen zu können.

(207)

Tirrenia SV brachte ferner vor, dass das Unternehmen nicht mehr als Unternehmen in Schwierigkeiten anzusehen gewesen sei, nachdem es die Rettungsbeihilfe erhalten habe, die es ihm ermöglichte, die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse regelmäßig zu erbringen und gleichzeitig den Liquidationsprozess ordnungsgemäß abzuwickeln. Der Ansicht des Unternehmens nach wurden diese Aktivitäten während des fraglichen Zeitraums regelmäßig und ohne die Störungen durchgeführt, die normalerweise ein Unternehmen in Schwierigkeiten kennzeichneten. Tirrenia SV fügte hinzu, dass der Abschluss der Privatisierung mit der vollständigen Umsetzung des Umstrukturierungsplans zusammengefallen sei. Dies hätte strukturelle Änderungen der Organisation und des Managements von Tirrenia beinhaltet, die die Rückkehr zu langfristiger Rentabilität sicherstellen sollten. Schließlich wies Tirrenia SV darauf hin, dass die Entscheidung von 2010 bestätige, dass das Prinzip der nur einmaligen Beihilfe auch in Bezug auf die Vergangenheit, d. h. in Bezug auf den Ausgleich für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, eingehalten worden sei. Daher brachte Tirrenia SV vor, die italienischen Behörden hätten die berechtigte Erwartung haben können, dass dieser Ausgleich keine staatliche Beihilfe beinhalte.

5.1.4.   Zum neuen Vertrag

(208)

In Bezug auf das angewandte Verfahren machte Tirrenia SV geltend, dass Italien den neuen Vertrag nur aus Gründen der Rechtssicherheit am 10. Januar 2012 bei der Kommission angemeldet habe. Daher stimmte Tirrenia SV nicht mit der Auffassung der Kommission im Beschluss von 2012 überein, dass diese Maßnahme eine rechtswidrige Beihilfe darstellen könnte, die unter Verstoß gegen die Stillhaltepflicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt wurde.

(209)

In der Sache ging Tirrenia SV auf die Zweifel der Kommission hinsichtlich der Einhaltung der im DAWI-Beschluss von 2011 festgelegten Bedingungen durch die Maßnahme ein.

(210)

Insbesondere machte Tirrenia SV geltend, dass auf der Grundlage der Passagierdaten von 2010 und 2011 der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d des DAWI-Beschlusses von 2011 festgelegte Schwellenwert für Passagiere nicht überschritten worden sei. Da die Laufzeit des neuen Vertrags acht Jahre betrage, überschreite sie zudem nicht die in Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2011 festgelegte Höchstdauer von zehn Jahren. Darüber hinaus brachte Tirrenia SV vor, dass in Anbetracht des Ergebnisses des Vertragsverletzungsverfahrens (siehe auch Abschnitt 5.1.1) und nach der Privatisierung der Tirrenia-Sparte auch die Bedingung in Artikel 2 Absatz 4 des Beschlusses von 2011 eingehalten würden.

(211)

Tirrenia SV wies darauf hin, dass in Artikel 3 des neuen Vertrags die zu erbringenden Dienstleistungen klar definiert seien, während in Anhang A des Vertrags die einzusetzenden Schiffstypen und die abzudeckenden Zeiträume im Einzelnen aufgeführt seien und die Anforderungen an den Abend- und Nachtverkehr sowie die Tarifbeschränkungen spezifiziert würden. Tirrenia SV fügte ferner hinzu, dass der neue Vertrag detaillierte Regeln für die Parameter zur Berechnung, Kontrolle und Überprüfung der Ausgleichsleistungen und die Modalitäten zur Vermeidung und Rückforderung einer Überkompensation sowie verbindliche Anforderungen zu wesentlichen Aspekten (Preis, Qualität und Quantität) der erbrachten Dienstleistungen festlege. Für eine jede Route seien in Anhang A des neuen Vertrags die anwendbaren Höchstpreise für die Transportentgelte pro Person oder Fahrzeug festgelegt worden, wobei zwischen Standardtarifen und ermäßigten Tarifen für Inselbewohner unterschieden werde. Die jährliche Ausgleichszahlung für die Verpflichtungen zur Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse werde für die ganze Laufzeit des Vertrags festgelegt. Es gebe jedoch einen Mechanismus, mithilfe dessen alle drei Jahre die wirtschaftlichen Referenzparameter revidiert werden könnten, sowie eine Schutzklausel zugunsten beider Parteien für den Fall unvorhergesehener, struktureller und einen festgelegten Schwellenwert überschreitender Veränderungen bestimmter wirtschaftlicher Parameter. Schließlich wies Tirrenia SV darauf hin, dass der neue Vertrag zur Sicherstellung der vollständigen Erfüllung der oben beschriebenen Anforderungen ein strenges, umfassendes und auf Abschreckung beruhendes Sanktionssystem für den Dienstleister eingeführt habe. Die mit der Aufsicht betrauten Ministerien hätten auch die Befugnis, Inspektionen und Kontrollen durchzuführen und Informationen einzuholen, um die Erfüllung der im Vertrag festgelegten Verpflichtungen zu beurteilen.

5.1.5.   Zur Privatisierung von Tirrenia und dem Zahlungsaufschub für den Kaufpreis für CIN

(212)

In seiner Antwort auf den Beschluss von 2011 wies Tirrenia SV darauf hin, dass die Privatisierung der Tirrenia-Sparte vollständig im Einklang mit dem Beihilferecht stehe. Insbesondere verwies das Unternehmen auf die Rechtsprechung in der Sache Grazer Wechselseitige Versicherung (79), der zufolge bei der Privatisierung eines staatlichen Unternehmens davon ausgegangen werden kann, dass der Marktpreis dem höchsten erhaltenen Angebot entspricht, wenn dieses Angebot glaubwürdig ist und einen wirtschaftlichen Wert hat.

(213)

In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 erinnerte Tirrenia SV an die wichtigsten Schritte des Ausschreibungsverfahrens und die nachfolgenden Entwicklungen. Das Unternehmen betonte, dass der Sonderverwalter das Ausschreibungsverfahren in einer Weise konzipiert und durchgeführt habe, die er für am besten geeignet gehalten habe, den höchstmöglichen Preis zu erzielen, und dass er gesetzlich verpflichtet sei, Schutzvorkehrungen zu treffen, um die Transparenz, Unparteilichkeit und Fairness des Ausschreibungsverfahrens zu gewährleisten.

(214)

Tirrenia SV brachte ferner vor, dass das Ausschreibungsverfahren an keinerlei Bedingungen geknüpft war, die für sich genommen eine Wertminderung der zum Verkauf angebotenen Vermögenswerte oder eine Senkung der Zahl der potenziellen Käufer hätten bewirken können. Dies gilt insbesondere für die im Beschluss von 2011 genannten Bedingungen betreffend: i) die Beibehaltung der Zahl der Beschäftigten und ii) die Bündelung der Schiffe mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in einem einzigen Ausschreibungsverfahren. In Bezug auf Ersteres wies Tirrenia SV darauf hin, dass es sich um eine zwingende Bestimmung handelt, die durch einen Rechtsakt von allgemeiner Tragweite festgelegt worden und uneingeschränkt anzuwenden sei. Zu Letzterem merkte Tirrenia SV an, die Möglichkeit, die Flotte der Unternehmenssparte für den Betrieb der im Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Routen nutzen zu können, scheine eher eine rentable Geschäftsmöglichkeit zu sein als ein negativer, sich auf den Wert der zum Verkauf stehenden Unternehmenssparte auswirkender Faktor, insbesondere in einer Zeit der Rezession im Seeverkehrssektor.

(215)

Zur spezifischen Frage des Zahlungsaufschubs für einen Teil des Kaufpreises für CIN brachte Tirrenia SV vor, dass diese Frage nicht getrennt von der Privatisierung als Ganzes bewertet werden dürfe. Tirrenia SV betonte, dass das Ausschreibungsverfahren so gestaltet worden sei, dass die Prinzipien des Wettbewerbs, der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit vollständig gewahrt geblieben seien. Aus diesem Grund und gestützt auf die Rechtsprechung der Unionsgerichte (80) macht Tirrenia SV geltend, dass das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens der Marktpreis sei. Die Entscheidung, gestaffelte Zahlungen zuzulassen, sei Teil der Dynamik des Ausschreibungsverfahrens gewesen und darauf zurückzuführen, dass es keine anderen endgültigen Angebote gegeben habe, die mit dem von CIN eingereichten Angebot konkurrierten. Tirrenia SV brachte vor, dass die Genehmigung des Zahlungsaufschubs eines Teils des Kaufpreises daher keine selektive Intervention zugunsten von CIN sei. Dies sei vor allem deshalb der Fall, weil alle potenziellen Bieter auf die im Angebot von CIN enthaltene Bestimmung über die Ratenzahlung aufmerksam gemacht und zur Abgabe konkurrierender Angebote aufgefordert worden seien.

(216)

Aus diesen Gründen machte Tirrenia SV geltend, dass die Bedenken der Kommission zur Privatisierung von Tirrenia, einschließlich der Ratenzahlung des Kaufpreises, nicht gerechtfertigt seien.

5.1.6.   Zur nicht vorhandenen wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Tirrenia und CIN

(217)

Tirrenia SV stellte die folgenden Merkmale der Privatisierung der Tirrenia-Sparte vor: den Umfang der Übertragung (Vermögenswerte und Verpflichtungen); die wirtschaftliche Tätigkeit, die Belegschaft und die Identität der Parteien; den Verkaufspreis; die Logik und den Zeitplan des Vorgangs. Tirrenia SV machte geltend, dass im vorliegenden Fall alle diese Elemente darauf hindeuteten, dass keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der die Tirrenia-Sparte veräußernden Sonderverwaltung und CIN bestehe.

(218)

Insbesondere brachte Tirrenia SV vor, dass der Umfang der Übertragung an CIN begrenzter sei als ursprünglich vorgesehen, da nur die Sparte, die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse erbringe, zum Verkauf angeboten wurde und nicht Tirrenia als Ganzes (einschließlich Siremar). Darüber hinaus seien nach Abschluss des Verkaufs alle ausstehenden Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit den Vermögenswerten der Tirrenia-Sparte annulliert worden.

(219)

Tirrenia SV merkte auch an, dass die Art der Transaktion — d. h. das Erreichen einer Privatisierung — eine offensichtliche Diskontinuität der Wirtschaftstätigkeit in Bezug auf Organisationsstruktur, Entscheidungsprozesse, Managementkriterien und Geschäftsstrategien impliziere. Darüber hinaus sei nach Prüfung der Transaktion durch die AGCM die Tätigkeit des neuen Privatunternehmens restriktiven Maßnahmen unterworfen worden (81), die neben dem beabsichtigten Ziel (d. h. der Förderung des Wettbewerbs) auch die wirtschaftliche Diskontinuität zwischen dem Verkäufer und dem Käufer der Tirrenia-Sparte erhöht hätten.

(220)

Darüber hinaus ist, wie in Artikel 56 Absatz 3bis des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 festgelegt, Artikel 2112 des italienischen Zivilgesetzbuches nicht auf den Verkauf von Unternehmen anwendbar, die wesentliche öffentliche Dienstleistungen erbringen, und stellt sicher, dass es keine Kontinuität bei den Arbeitskräften gibt. Darüber hinaus erinnerte Tirrenia SV daran, dass ein unabhängiger Sachverständiger den Mindestverkaufspreis festgelegt habe, das Verkaufsverfahren transparent und diskriminierungsfrei und das Höchstgebot das einzige Zuschlagskriterium gewesen sei.

(221)

Schließlich wies Tirrenia SV darauf hin, dass das Ausschreibungsverfahren für die Tirrenia-Sparte im September 2010 eingeleitet worden sei, was zur Unterzeichnung des Kaufvertrags mit CIN am 25. Juli 2011 geführt habe, während die Kommission ihre förmliche Untersuchung erst mit ihrem Beschluss vom 5. Oktober 2011 eröffnet habe. Daher könne die Transaktion nicht den Zweck gehabt haben, die Regeln für staatliche Beihilfen zu umgehen. Im Gegenteil sei das Ziel der Transaktion, wie von der Seekabotageverordnung vorgeschrieben, die Liberalisierung des Seetransportsektors durch eine Privatisierung gewesen.

5.2.   Stellungnahme von CIN

(222)

Im folgenden Abschnitt sind die Stellungnahmen von CIN zu den Beschlüssen von 2011 und 2012 zusammengefasst, die sich im Wesentlichen auf das Privatisierungsverfahren beziehen.

5.2.1.   Zur Transparenz des Kaufverfahrens

(223)

CIN betont, dass der Verkauf von Tirrenia, das nach der Erklärung seiner Insolvenz unter Sonderverwaltung stand, in dem in Artikel 4 Absatz 4quater des Gesetzesdekrets Nr. 347/2003 festgeschriebenen, vom Wettbewerb bestimmten, transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erfolgt sei. Die im Gesetzesdekret vorgesehene Möglichkeit, den Käufer durch private Verhandlungen auszuwählen, unterliege nach CIN zweifelsfrei den Prinzipien des Wettbewerbs, der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit.

(224)

Zu diesem Thema verweist CIN auf eine Pressemitteilung, die am 5. Oktober 2011 von Tirrenia SV veröffentlicht wurde und in der Folgendes mitgeteilt wurde: „Diese Verfahren (82) erfolgten auf der Grundlage von Ausschreibungsverfahren, die den Prinzipien der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit in vollem Umfang gerecht wurden, wobei von Anfang an jede Möglichkeit den Verkauf über private Verhandlungen durchzuführen, ausgeschlossen wurde“ und, „um zu gewährleisten, dass das Ausschreibungsverfahren einer möglichst großen Zahl an Wirtschaftsbeteiligten offen steht, wurde der Umfang der zum Verkauf stehenden Sparte auf die Vermögenswerte und Vertragsbeziehungen beschränkt, die erforderlich sind, um die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse erbringen zu können, während für die übrigen im Besitz der Unternehmen stehenden Vermögenswerte getrennte Verkaufsverfahren durchgeführt wurden. […] den möglichen Käufern wurde keine anderen als die vom Gesetz vorgesehenen Verpflichtungen oder Belastungen auferlegt“.

(225)

Zur Art und Weise, wie das Ausschreibungsverfahren veröffentlicht und in der Folge durchgeführt wurde, nahm CIN wie folgt Stellung.

(226)

Erstens, der Aufruf zur Interessenbekundung sei nicht nur auf der Website von Tirrenia und anderen Websites veröffentlicht worden, sondern auf Englisch und Italienisch auch in den großen nationalen und internationalen Tageszeitungen. Darüber hinaus sei die ursprüngliche Frist für Antworten auf die Anforderung um nahezu einen Monat bis zum 20. Oktober 2010 verlängert worden. Sämtlichen potenziellen, nationalen oder internationalen Bietern sei daher ausreichend Zeit gegeben worden, ihr Interesse anzumelden und die erforderlichen Informationen zur Vorbereitung eines Angebots für den Kauf der Tirrenia-Sparte zu erhalten.

(227)

Mehr als 20 Wirtschaftsbeteiligte bekundeten ihr Interesse. Daher hält CIN die Auffassung der Kommission, dass das Verkaufsverfahren nicht den Transparenzanforderungen entsprochen habe, da es auf privaten Verhandlungen basiert habe, für völlig unbegründet. Während der Phase der Due-Diligence-Prüfung sei allen Bietern angemessener Zugang zu den relevanten Informationen zur Tirrenia-Sparte gewährt worden. Insbesondere seien den potenziellen Bietern sämtliche technisch-juristischen und wirtschaftlich-finanziellen Details, die für die Formulierung eines Angebots erforderlich sind, (einschließlich der ausführlichen Beschreibung des Umfangs der zum Verkauf stehenden Sparte, des Geschäftsplans, des Due-Diligence-Berichts des Verkäufers und des Entwurfs des neuen Vertrags für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen) zugänglich gemacht worden.

(228)

CIN kommt zu dem Schluss, dass es keinen Zweifel daran geben könne, dass alle potenziellen in- und ausländischen Interessenten am Erwerb der Tirrenia-Sparte ihr Interesse hätten bekunden können und im Anschluss unter transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu den für die Abgabe eines detaillierten Angebots erforderlichen Unterlagen gehabt hätten.

5.2.2.   Zum Gegenstand der Privatisierung

(229)

In seiner Antwort weist CIN darauf hin, dass der Sonderbeauftragte, den Gegenstand des Verkaufs der Tirrenia-Sparte zur Erlangung des höchstmöglichen Preises auf diejenigen Vermögenswerte und Verträge beschränkt habe, die nötig seien, um die Verpflichtungen zur Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zu erfüllen.

(230)

Insbesondere seien alle in den Verkauf einbezogenen Schiffe erforderlich, um die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erfüllen zu können, da es sich um dieselben Schiffe handele, die Tirrenia zur Erfüllung der vertraglich festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auf den bedienten Routen verwendet habe. Auf den Routen Civitavecchia–Olbia, Genua–Porto Torres und Neapel–Palermo, für die ein Ausgleich nur während der Nebensaison gewährt wird, würden in der Nebensaison dieselben Schiffe wie in der Hauptsaison eingesetzt. CIN bringt vor, dass diese Schiffe, da sie zwei Drittel des Jahres mit den Verpflichtungen zur Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung verknüpft und für diese unerlässlich seien, notwendigerweise auch Bestandteil der zum Verkauf stehenden Sparte seien.

(231)

Schließlich stellt CIN fest, dass der Sonderverwalter getrennte Verkaufsverfahren für die Vermögenswerte von Tirrenia eingeleitet habe, die für den Betrieb der gemeinwirtschaftlichen Verbindungen nicht erforderlich seien. Diese Verfahren hätten sowohl den Verkauf von Tirrenias Immobilien und seiner Kunstwerke umfasst, als auch — was am wichtigsten sei — die Verfahren für den Verkauf der sechs im Besitz von Tirrenia befindlichen Schiffe, die nicht für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Rahmen des Vertrags erforderlich waren.

5.2.3.   Zu den den Bietern auferlegten Verpflichtungen

(232)

Zur Verpflichtung, die Zahl der Beschäftigten auf dem vorherigen Niveau zu halten, macht CIN geltend, dass sich die einzige Verpflichtung in dieser Hinsicht aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften, namentlich Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 ergebe, und in dem speziellen Fall von Tirrenia daher nicht vom Sonderverwalter auferlegt worden sei.

(233)

CIN betont, dass Artikel 2112 des italienischen Zivilgesetzbuchs vorschreibt, dass im Fall eines Betriebsübergangs der Arbeitsvertrag mit dem Käufer fortbesteht und der Arbeitnehmer alle sich daraus ergebenden Rechte behält. Jedoch ist nach Artikel 56 Absatz 3bis des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 diese ordentliche Regelung nicht anwendbar, sollte die Sparte unter Sonderverwaltung übertragen werden. Angesichts der beschränkten Dauer der spezifischen Verpflichtung nach Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 (nur zwei Jahre) einerseits und andererseits der Tatsache, dass diese Verpflichtung auf die für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistung notwendige Belegschaft beschränkt ist, bringt CIN vor, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass eine solche Verpflichtung den Marktwert der Tirrenia-Sparte gesenkt habe.

(234)

Zu den Bedenken der Kommission hinsichtlich der Verpflichtung des erfolgreichen Bieters zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen stellt CIN Folgendes fest. Es gebe keinen Beleg dafür, dass ein anders gestaltetes Verfahren zu einem anderen Ergebnis — insbesondere zu einem höheren Kaufpreis — geführt hätte. Im Gegenteil, die Entscheidung, die öffentlichen Dienstleistungsaufträge und damit den auf ihrer Grundlage gewährten Ausgleich in Verbindung mit den für die Erbringung dieser Dienstleistung erforderlichen Vermögenswerte zu vergeben, hätte einen stärker ausgeprägten Wettbewerb zwischen den potenziellen Bietern gewährleistet.

(235)

Um dieses Ziel zu verfolgen, hätte der Sonderverwalter daher richtig gehandelt, als er i) den Gegenstand des Verkaufs der Sparte auf die Vermögenswerte und Verträge beschränkte, die für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen funktional unerlässlich waren, und ii) dem Käufer nur die gesetzlich vorgeschriebenen Verpflichtungen auferlegte. CIN ist der Ansicht, dass dieses Ziel zweifellos erreicht worden sei, da nicht weniger als 21 nationale, europäische und außereuropäische Wirtschaftsbeteiligte ihr Interesse am Kauf der Tirrenia-Sparte bekundet hätten.

5.2.4.   Zum Kaufpreis

(236)

CIN ist der Ansicht, dass die Zweifel der Kommission daran, dass der für die Tirrenia-Sparte erreichte Preis der beste Preis sei, der hätte erzielt werden können, nicht gerechtfertigt sind. Nach CIN könne der Kaufpreis sogar als höher als der Marktwert gelten. Insbesondere bezieht sich CIN auf die Tatsache, dass […], einer der Wirtschaftsbeteiligten die ein Interesse am Kauf der Tirrenia-Sparte bekundet hatten, den Preis, der vom unabhängigen, vom Ministerium eingesetzten Sachverständigen festgelegt worden war, beanstandet habe, da er die Summe (380 000 000 EUR) für zu hoch hielt (83). Laut CIN bedeute dies implizit, dass ein privater Investor den von CIN gezahlten Kaufpreis, der noch über dem vom Sachverständigen festgelegten Preis lag, als überhöht ansah. Daher könne nach CIN Ansicht nicht infrage gestellt werden, dass das Verfahren den höchsten erreichbaren Kaufpreis erzielt habe.

(237)

Auf jeden Fall betont CIN, dass beim Vorliegen mehrerer Gebote für die Tirrenia-Sparte der höchste Angebotspreis das Zuschlagskriterium gewesen wäre. Darüber hinaus hätte der Preis, wie in Gesetzesdekret Nr. 347/2003 festgelegt auf keinen Fall niedriger sein können als der durch ein unabhängiges Gutachten festgelegte Marktwert.

(238)

Nach Ablauf der Frist für die Einreichung der verbindlichen Angebote am 15. März 2011 sei CIN das einzige Unternehmen gewesen, das ein gültiges verbindliches, die im Verfahrensschreiben aufgeführten Anforderungen erfüllendes Kaufangebot abgegeben hatte. Auf Ersuchen des Sonderverwalters übermittelte CIN am 14. April 2011 zusätzliche Klarstellungen und ein endgültiges verbindliches Angebot, um sein Angebot vollständig an die Bewertung des vom Ministerium ernannten Sachverständigen anzupassen. An dieser Stelle habe Tirrenia SV, anstelle CIN sofort den Zuschlag zu erteilen, mit dem Ziel gehandelt, ein Höchstmaß an Wettbewerb zwischen den Bietern sicherzustellen. Dementsprechend sei auch das verbindliche Angebot von CIN in den Datenraum gestellt und alle zur Phase der Due-Diligence-Prüfung zugelassenen Bieter aufgefordert worden, neue verbesserte Angebote einzureichen. Nach Ablauf der für diese letzte Runde zur Gebotsabgabe festgelegten Frist (die bis zum 19. Mai 2011 verlängert worden sei) seien keine weiteren Angebote eingegangen.

(239)

CIN bemerkt, dass Vorstehendes von Tirrenia SV in dem obengenannten Pressebericht vom 5. Oktober 2011 bestätigt werde: „Das einzige Kriterium für den Vergleich der Angebote und die Zuschlagserteilung hat der Höchstpreis zu sein. Darüber hinaus kann der Kaufpreis — den gesetzlichen Bestimmungen zufolge — in keinem Fall niedriger sein als der Marktwert der Vermögenswerte, der in einem Gutachten festgelegt wird, das eine führende vereidigte Finanzinstitution, eingesetzt als unabhängiger Sachverständiger verfasst hat, … [und] … es wurden hinsichtlich des Verfahrens des Verkaufs von Tirrenia, nachdem die Compagnia Italiana di Navigazione ein verbindliches Kaufangebot abgegeben hatte, das dem wirtschaftlichen Wert der Vermögenswerte entsprach, um ein Höchstmaß an Transparenz des Ausschreibungsverfahrens zu gewährleisten, die Bedingungen dieses Angebots allen anderen Bietern bekannt gegeben, sodass sie ausreichend Zeit hatten, ihre Gegenangebote einzureichen; es ging jedoch kein solches Gegenangebot ein.“

5.2.5.   Zum Zahlungsaufschub für einen Teil des Kaufpreises

(240)

CIN stellt hierzu Folgendes fest. Der zinslose Zahlungsaufschub betrifft nur 180 000 000 EUR des Gesamtkaufpreises von 380 100 000 EUR. CIN weist auch darauf hin, dass der Zahlungsaufschub mit der Art des Verkaufsgegenstandes zusammenhänge, nämlich eines Geschäftssegments, dessen effektiver Wert von der tatsächlichen Entrichtung der im neuen Vertrag festgelegten Ausgleichsleistungen über einen Zeitraum von acht Jahren abhängt. CIN bringt vor, dass auch im Gutachten des unabhängigen Sachverständigen über die Tirrenia-Sparte auf diese Überlegung eingegangen worden sei (84).

(241)

Darüber hinaus stellt CIN fest, dass der Zahlungsaufschub für einen Teil des Preises ohne Berechnung von Zinsen ebenfalls Teil des Ausschreibungsverfahrens sei, da das verbindliche Angebot von CIN, das diese Klausel enthielt, im Datenraum veröffentlicht worden sei. Alle anderen Bieter wurden vom Sonderverwalter aufgefordert, ein besseres Gebot abzugeben. Da kein solches Gebot eingegangen sei, bringt CIN vor, habe der Verkäufer den bestmöglichen auf dem Markt zu erreichenden Preis erzielt. Mit anderen Worten stellte der zinslose Zahlungsaufschub für einen Teil der Kaufsumme nach Ansicht von CIN in diesem Fall die günstigste und einzige Option dar, die es ermöglichte, die einen dem Wert der Tirrenia-Sparte entsprechenden Preis zu erreichen.

5.2.6.   Über die im neuen Vertrag festgelegten Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen an CIN

(242)

CIN merkt an, dass es zum Zeitpunkt seines Angebotes (d. h. im März 2013) der einzige Wirtschaftsbeteiligte gewesen sei, der auf nahezu allen vom neuen Vertrag abgedeckten Routen tätig war. Lediglich auf der gemischten Route zwischen Neapel und Palermo (die nur in der Nebensaison im Rahmen des Vertrags bedient wird) sei mit Grandi Navi Veloci seit 2011 (in Zusammenarbeit mit SNAV, das schon vor 2011 auf dieser Route tätig war) ein weiterer Wirtschaftsbeteiligter tätig. Jedoch ist CIN der Ansicht, dass dieser Wirtschaftsbeteiligte keine mit den eigenen Dienstleistungen vergleichbare Dienste anbiete. CIN ist der Ansicht, dass es mit Ausnahme dieser Route in Anbetracht des Fehlens von Wettbewerbern auf den vom neuen Vertrag betroffenen Routen keine Wettbewerbsverzerrung und keine Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union geben könne. Daher könnten die auf der Grundlage des neuen Vertrags gezahlten Ausgleichsleistungen der Ansicht des Unternehmens nach unmöglich eine staatliche Beihilfe darstellen (außer möglicherweise für die Route Neapel–Palermo).

(243)

Ferner bringt CIN vor, dass die auf der Grundlage des neuen Vertrags gezahlte Ausgleichsleistung dem Unternehmen keinen wirtschaftlichen Vorteil verschaffe. Insbesondere ist CIN der Ansicht, dass die vier Altmark-Kriterien erfüllt und die Zweifel der Kommission in dieser Hinsicht nicht gerechtfertigt seien. CIN weist darauf hin, dass es auf den betreffenden Routen keine konkurrierenden Betreiber gebe und dass dies allein schon die Notwendigkeit rechtfertige, CIN gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufzuerlegen und entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten. CIN fügt hinzu, dass die vorübergehende Präsenz eines „konkurrierenden“ Betreibers (85) auf den Routen, für die nach dem neuen Vertrag ein Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährt wird, für sich allein genommen jedenfalls die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen von CIN in Bezug auf diese Routen mindern würde. Während CIN die Kontinuität des Dienstes auf diesen Routen garantieren müsse, stünde es den „konkurrierenden“ Betreibern frei, ihre Liniendienste zu reduzieren, auszusetzen oder zu annullieren. Ferner könnten diese Betreiber, anders als CIN, frei über die Frequenz, Kapazität, Qualität und das Entgelt für ihre Dienste entscheiden.

(244)

Hinsichtlich des dritten Altmark-Kriteriums stimmt CIN nicht mit der Einschätzung der Kommission überein, dass die Risikoprämie von 6,5 % zu hoch sei, da CIN angeblich nicht die Risiken tragen würde, die der Betreiber des Dienstes normalerweise zu tragen hätte. In diesem Zusammenhang weist CIN darauf hin, dass das Unternehmen verpflichtet sei, die Mindestfrequenzen unverändert beizubehalten und die im neuen Vertrag festgelegten Tarifobergrenzen zu beachten, auch wenn die Marktnachfrage diese Frequenzen nicht rechtfertige oder sich die Tarifobergrenzen als zu niedrig und wirtschaftlich nicht tragbar erwiesen. Daher ist CIN der Ansicht, dass es ein Risiko eingehe, das mit der Unsicherheit der Marktnachfrage verbunden ist und dem andere Betreiber nicht ausgesetzt seien (86). CIN sei auch verpflichtet, mindestens drei Jahre lang die Kosten zu tragen, die sich aus möglichen Änderungen der wirtschaftlichen Referenzvariablen (die zur Festlegung der öffentlichen Ausgleichszahlungen verwendet wurden) ergeben, die dazu führen könnten, dass die öffentlichen Ausgleichszahlungen möglicherweise nicht ausreichten, um die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen. Bei schwerwiegenden und unvorhergesehenen Umständen (wie z. B. einer sektorspezifischen Krise) müsse CIN Mindereinnahmen oder Mehrkosten (abzüglich der Treibstoffkosten) tragen, die sich auf bis zu 3 % der erwarteten Einnahmen/Kosten belaufen, und müsse in jedem Fall Mindereinnahmen oder Mehrkosten im ersten Jahr einer jeden der dreijährigen Betriebsperioden akzeptieren (siehe Erwägungsgrund 107). CIN weist auch darauf hin, dass die wirtschaftlichen Parameter, auf deren Grundlage der Ausgleichsbetrag festgelegt wurde, mit Blick auf die Marktsituation im Jahr 2009 bestimmt worden seien. Nach Angaben von CIN sei die Zahl der beförderten Passagiere seither gesunken, während die Kosten (z. B. Hafengebühren und -ausgaben, Versicherungs- und Wartungskosten) gestiegen seien. Aus diesen Gründen ist CIN der Ansicht, dass die Risikoprämie, die das Unternehmen erhalte, nicht zu einer Überkompensation führen könne und dass daher das dritte Altmark-Kriterium erfüllt sei.

(245)

Hinsichtlich der Zweifel der Kommission an der Erfüllung des vierten Altmark-Kriteriums stellte CIN Folgendes fest. Das Ausschreibungsverfahren bezog sich nur auf die Vermögenswerte des Unternehmens, die unbedingt erforderlich sind, um die im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen (und nicht auf das Unternehmen als Ganzes, wie im Beschluss von 2012 nahegelegt). Laut CIN unterlag diese Ausschreibung einem transparenten, bedingungslosen und diskriminierungsfreien Verfahren und ermöglichte es, den besten tatsächlich erreichbaren Verkaufspreis zu erzielen. CIN ist der Ansicht, dass dies den erfolgreichen Bieter in die Lage versetzte, die im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen so effizient wie möglich zu erfüllen, indem er (nur) die für die Erbringung dieser Dienstleistungen notwendigen und wesentlichen Vermögenswerte einsetzt. CIN widerspricht auch der Auffassung der Kommission, dass potenzielle Bieter, die bereits mit eigenen Schiffen und Besatzungen ausgestattet sind, den Dienst zu geringeren Kosten hätten erbringen können. In diesem Zusammenhang weist CIN darauf hin, dass die Betreiber diese Schiffe normalerweise für den Betrieb ihrer eigenen Dienste einsetzten und die Schiffe daher für die Erbringung zusätzlicher, in der Ausschreibung vorgesehener Dienste nicht zur Verfügung stünden. Dies sei umso mehr der Fall, als es nach dem neuen Vertrag strenge Auflagen zur Kapazität der Schiffe und der Häufigkeit der Dienste gebe. Aus all den obengenannten Gründen kommt CIN zu dem Schluss, dass auch das vierte Altmark-Kriterium erfüllt sei.

(246)

Auch wenn CIN der Auffassung ist, dass die auf der Grundlage des neuen Vertrags gezahlte Ausgleichsleistung keine staatliche Beihilfe darstellt, hat sich das Unternehmen der Vollständigkeit halber auch zu den Bedenken der Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit der Ausgleichsleistung mit dem Binnenmarkt geäußert. Insbesondere weist CIN darauf hin, dass die Maßnahme, soweit sie eine staatliche Beihilfe darstelle, die Bedingungen des DAWI-Beschlusses von 2011 erfülle. In diesem Zusammenhang stellt CIN fest, dass die Laufzeit des neuen Vertrags kürzer als zehn Jahre sei, wie in Artikel 2 Absatz 2 des DAWI-Beschlusses von 2011 gefordert. Darüber hinaus seien auf allen im Rahmen des neuen Vertrags (gegebenenfalls nur während der Nebensaison) betriebenen Routen in den Jahren 2010 und 2011 (also den beiden Jahren vor der Betrauung) weniger als 300 000 Passagiere befördert worden, was mit Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d des DAWI-Beschlusses von 2011 im Einklang stehe. Schließlich verweist CIN auf seine Antwort bezüglich des ersten und dritten Altmark-Kriteriums zu den Zweifeln der Kommission an der Echtheit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und an der Verhältnismäßigkeit der gewährten Ausgleichszahlungen.

5.2.7.   Zur (nicht vorhandenen) wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Tirrenia und CIN

(247)

CIN stellt fest, dass die Kommission den Begriff der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen zwei Unternehmen vor allem für die Zwecke der Beurteilung staatlicher Beihilfen in spezifischen Fällen entwickelt habe, in denen Unternehmen, die in den Genuss von Beihilfen gekommen sind, den/die gewinnbringenden Teil/-e ihres Geschäfts an andere Unternehmen, die sie besaßen oder kontrollierten, direkt oder indirekt übertrugen. Vor diesem Hintergrund ist CIN der Ansicht, dass die Privatisierung der Tirrenia-Sparte völlig außerhalb des Anwendungsbereichs dieses Tests liege, da es keine gesellschaftsrechtlichen oder sonstigen Beziehungen zwischen Tirrenia (und generell der ehemaligen Tirrenia-Gruppe) und CIN gebe.

(248)

Darüber hinaus weist CIN darauf hin, dass es einige, wenn auch wenige und fragwürdige Fälle gebe, in denen der Test der wirtschaftlichen Kontinuität von der Kommission auch auf die Übertragung von Vermögenswerten oder Unternehmen zwischen unabhängigen Einheiten, die keine Beteiligungsverhältnisse haben, angewandt worden sei. Doch selbst wenn der Test auf den vorliegenden Fall anzuwenden sei (was CIN bestreitet), könnte aus folgenden Gründen keine wirtschaftliche Kontinuität festgestellt werden.

(249)

Erstens gebe es keine Identität oder sonstige Unternehmensbeziehung zwischen CIN und Fintecna, dem alleinigen Eigentümer von Tirrenia, einem Unternehmen, das sich vollständig im Besitz des italienischen Wirtschafts- und Finanzministeriums befindet. Zweitens umfasse der Gegenstand des Verkaufs nur diejenigen Vermögenswerte und Verträge, die für die Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen funktionell erforderlich seien. Drittens sei das höchste Gebot das Vergabekriterium gewesen. Viertens spreche vieles dafür, dass der Kauf der Tirrenia-Sparte durch CIN Teil einer besonderen „Geschäftslogik“ folge und auf einem Geschäftsplan beruhe, der andere Grundvoraussetzungen als der von Tirrenia habe. Insbesondere beabsichtige CIN, einen weitreichenden Plan zur Wiederherstellung der Effizienz der Tirrenia-Sparte zu verfolgen. Schließlich gebe es weder eine automatische Übernahme von Mitarbeitern durch CIN, noch die Aufrechterhaltung der erworbenen Mitarbeiterrechte, vielmehr sei CIN nur gezwungen, zwei Jahre lang die zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderliche Personalstärke aufrechtzuerhalten.

5.2.8.   Weitere Schriftsätze von CIN

(250)

Auf Anfrage der Kommission legte CIN detaillierte Daten zu den Routen vor, die das Unternehmen im Zeitraum vom 20. Juli 2012 bis zum 31. Dezember 2012 sowohl im Rahmen der öffentlichen Dienstleistungen als auch als privater Betreiber versorgt hat. Die zur Verfügung gestellten Informationen umfassten unter anderem die folgenden Angaben:

1)

die Saison, in der die Route bedient wird (z. B. Haupt- oder Nebensaison, ganzjährig),

2)

den Namen und die Tonnage des Schiffes/der Schiffe, das/die zur Bedienung dieser Route eingesetzt wird/werden,

3)

die durchschnittliche Passagierzahl pro Fahrt,

4)

die durchschnittliche Frachtmenge (in t) pro Fahrt,

5)

die durchschnittlichen Gesamteinnahmen pro Fahrt (in EUR),

6)

die durchschnittliche Höhe der Besatzungszahl pro Fahrt (87).

(251)

Darüber hinaus legte CIN auch eine Liste der Routen vor, auf denen das Unternehmen eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zu erfüllen habe, einschließlich des Umfangs des jährlich zu bedienenden Zeitraums und der Mindest-Bruttotonnage für das/die auf jeder Route einzusetzende(n) Schiff(e). Schließlich wiederholte CIN einige der in seiner Antwort vom 1. März 2012 auf den Beschluss von 2011 vorgebrachten Argumente, insbesondere in Bezug auf das Privatisierungsverfahren, und gab an, der Sachverhalt zeige, dass dem Unternehmen durch die Bündelung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen mit den zu ihrer Erfüllung erforderlichen Vermögenswerten kein Vorteil gewährt worden sei und dass keine für den Verkaufspreis nachteiligen Bedingungen gestellt worden seien. (88)

5.3.   Stellungnahme von Pan Med

(252)

In seiner Antwort auf den Beschluss von 2011 brachte Pan Med vor, dass Wettbewerber auf den Verbindungen Genua–Porto Torres und Neapel–Palermo tägliche Verbindungen anböten, obwohl Italien behaupte, dass kein Wettbewerber von Tirrenia ähnliche Dienste hinsichtlich der Frequenz und der Kontinuität anbiete.

(253)

Insbesondere, so Pan Med, versorge GNV seit mindestens zehn Jahren die Verbindung Genua–Porto Torres, während SNAV die Verbindung Neapel–Palermo betreibe (seit 2011 in Zusammenarbeit mit GNV). Ferner biete Moby Verbindungen zwischen Livorno und Cagliari an. Daher sei Tirrenia auf dieser Verbindung nicht der einzige Betreiber. Darüber hinaus machte Pan Med geltend, dass die reinen Frachtdienste von Neapel nach Cagliari, von Ravenna nach Catania und von Livorno nach Cagliari keine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellen könnten, da sie keine territoriale Anbindung gewährleisteten, sondern lediglich eine alternative Route für Frachtfahrzeuge darstellten, ohne die diese Verbindungen über andere, bestehende Frachtdienste geleitet würden. Pan Med konzentriert sich hauptsächlich auf Verbindungen nach Sizilien und verweist auf alternative Möglichkeiten für Straßenfahrzeuge, die Straße von Messina mit der Fähre zu überqueren. Schließlich machte Pan Med geltend, dass die angeblich niedrigen Frachttarife, die Tirrenia auf diese Routen anwende, ein Hindernis für andere Betreiber beim Eintritt in diesen Markt darstellten.

(254)

In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 machte Pan Med geltend, dass es den Betrieb neuer Routen aufnehmen wolle, brachte jedoch vor, dass der Wettbewerb durch die mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen, die den Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe und ihren neuen Eigentümern gewährt würden, behindert werde. In den folgenden Erwägungsgründen wird die Stellungnahme von Pan Med zusammengefasst, die sich entweder ausschließlich auf Tirrenia oder aber auf alle Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe beziehen.

(255)

Hinsichtlich der Tirrenia und Siremar gewährten Rettungsbeihilfen brachte Pan Med vor, dass die beiden Unternehmen ab dem 28. August 2011 — dem Datum, an dem diese Beihilfen hätte eingestellt werden müssen — bis zu ihrer Rückzahlung etwa ein Jahr und zwei Monate danach von rechtswidrigen Rettungsbeihilfen profitiert hätten. Insbesondere hätten die Rettungsbeihilfen nicht den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien entsprochen und sei nicht Teil eines umfassenden Umstrukturierungsplans gewesen. Nach Ansicht von Pan Med hätte es sich daher um Betriebsbeihilfen für Tirrenia und Siremar gehandelt.

(256)

Zum neuen Vertrag nahm Pan Med bezüglich der Echtheit der von CIN und CdI erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse Stellung. Pan Med brachte vor, dass weder die Bedürfnisse der betroffenen Gebiete hinsichtlich der Mobilität der lokalen Gemeinden noch die Bedürfnisse im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Entwicklung länger den öffentlichen Ausgleich für die Betreiber rechtfertigen könnten. Pan Med wies darauf hin, dass das Ziel der Sicherstellung der territorialen Anbindung nicht durch willkürlich ausgewählte Routenbündel, die in diesem Fall nicht das allgemeine Interesse widerzuspiegeln scheinen, angegangen werden könne.

(257)

Das Schreiben enthielt auch Pan Meds eigene Zusammenfassung der Wettbewerbssituation auf den Kabotagerouten, die im Rahmen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse von CIN und CdI bedient werden. Pan Med schloss aus dieser Zusammenfassung, dass es auf vielen dieser Routen (89) konkurrierende Betreiber gebe, die seiner Ansicht nach vergleichbare Dienste anböten. Dies zeige, dass der Markt tatsächlich in der Lage sei, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen, mit denen CIN und CdI betraut wurden. Darüber hinaus wies Pan Med darauf hin, dass CIN bei einigen Routen nur für die in der Nebensaison erbrachten Dienstleistungen eine Ausgleichsleistung erhalte, das Unternehmen in der Festsetzung der Beförderungsentgelte in der Hauptsaison aber frei sei. Laut Pan Med würde dies zu einer unzulässigen Quersubventionierung öffentlicher Mittel führen.

(258)

Pan Med gab weiter an, dass die Insel Sizilien derzeit ausreichend über sechs Flughäfen angeflogen werden könne (90). Insbesondere seien die Luftverkehrsverbindungen zwischen der Region Sizilien und dem italienischen Festland i) in Bezug auf Frequenz, Kontinuität und Regelmäßigkeit vergleichbar mit den Seeverkehrsdiensten, für die öffentliche Ausgleichszahlungen gewährt würden, und ii) ausreichend, um die Mobilität der lokalen Gemeinden zu gewährleisten. In Bezug auf das Argument der wirtschaftlichen Entwicklung betonte Pan Med, dass der Großteil des Güterverkehrs in Italien auf der Straße erfolge und dass die Verbindungen nach Sizilien durch die Straße von Messina gut ausgebaut seien. Außerdem würden viele der subventionierten Seeverkehrsverbindungen keine Verbindungen zu oder von entlegenen Regionen bedienen.

(259)

Darüber hinaus bringt Pan Med vor, dass der Ausgleich für den Betrieb der öffentlichen Dienstleistungen den Betreibern ermögliche, Gewinne zu erzielen, die größer als angemessen seien und daher das dritte Altmark-Kriterium nicht erfüllt sei. Pan Med legte das Beispiel einer Berechnung der Kosten und Einnahmen auf der Route Ravenna–Catania im Jahr 2010 vor, die angeblich zu einem Gewinn von 8,3 Mio. EUR (91) und damit zu einer Überkompensation seines Betreibers Tirrenia geführt hätten. Pan Med ist auch der Ansicht, dass die in der CIPE-Richtlinie festgelegte Risikoprämie von 6,5 % nicht gerechtfertigt sei, da CIN kein Geschäftsrisiko übernehme.

(260)

Anschließend beschrieb Pan Med eine Reihe neuer Routen, die es zu bedienen beabsichtigte, darunter die Verbindung Augusta–Ravenna. Pan Med machte geltend, dass es auf diese Weise einen durchgehenden Dienst entlang des Adriakorridors anbieten würde, der von und nach Sizilien führe und größere Transportkapazitäten für Fracht und umfassendere Verbindungen zum Festland biete. Das Unternehmen machte daher geltend, dass die Marktkräfte ausreichten, um die CIN anvertrauten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf der Route Ravenna–Catania zu erbringen. Pan Med brachte für seine geplante Route Gaeta–Termini Imerese, die in Konkurrenz zu der von CIN betriebenen Route Neapel–Palermo stehe, unter anderem ein weiteres ähnliches Argument vor.

(261)

In Bezug auf den Zahlungsaufschub für einen Teil des Kaufpreises für die Tirrenia-Sparte stellt Pan Med fest, dass die Option der Ratenzahlung weder in der Aufforderung zur Interessenbekundung für den Kauf der Tirrenia-Sparte vorgesehen noch vom Sonderverwalter von Tirrenia oder dessen Berater(n) angekündigt worden sei. Hätte Pan Med von der Möglichkeit einer Ratenzahlung des Preises gewusst, hätte es die Möglichkeit einer Übernahme der Tirrenia-Sparte ernsthaft geprüft. Ferner stellt Pan Med fest, dass es gegenüber Tirrenia SV auch sein Interesse bekundet habe, nur die Adriatica-Sparte von Tirrenia zu kaufen, aber keine Antwort erhalten habe.

(262)

Schließlich brachte Pan Med in den Schlussfolgerungen seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 vor, dass seiner Ansicht nach eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Tirrenia und CIN bestehe. Aus diesem Grund gehe Pan Med davon aus, dass CIN die mutmaßlich unvereinbaren Beihilfen zurückzahlen müsse.

5.4.   Stellungnahme von Grandi Navi Veloci

(263)

Grandi Navi Veloci nahm Stellung zu: i) dem mutmaßlichen Verstoß gegen Artikel 4 der Verordnung über die Seekabotage, ii) der jährlichen Ausgleichszahlung für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung, iii) der Privatisierung der Sparten von Tirrenia und Siremar, iv) dem Saremar zugewiesenen Liegeplatzvorrang, v) anderen im Rahmen der Privatisierungen gewährte Beihilfemaßnahmen, vi) der Rechtswidrigkeit der bereits gewährten Beihilfen und der Forderung, die Beihilfen auszusetzen und vorläufig zurückzufordern (92). Ein Großteil der Stellungnahmen bezieht sich ausschließlich auf den spezifischen Fall Saremar, der nicht in den Anwendungsbereich dieses Beschlusses fällt. In den folgenden Erwägungsgründen werden die für diesen Beschluss wichtigsten Stellungnahmen zusammengefasst.

(264)

Hinsichtlich der Privatisierung der Sparten von Tirrenia und Siremar stimmte GNV der im Beschluss von 2011 zum Ausdruck gebrachten vorläufigen Auffassung der Kommission zu, dass das Verfahren nicht ausreichend transparent und bedingungslos gewesen sei, um das Vorliegen einer Beihilfe auszuschließen. Ferner brachte das Unternehmen vor, dass die italienischen Behörden die Privatisierung der Unternehmen der Tirrenia-Gruppe trotz der Garantien, die der Kommission angeblich im Laufe der Jahre gegeben und in der Entscheidung von 2001 (Randnummern 4 und 12) und der Entscheidung von 2004 (Randnummern 5 und 45) festgelegt worden seien, auf unbestimmte Zeit hinausgezögert hätten. Das Unternehmen machte geltend, dass die Aussicht auf eine künftige Privatisierung als Verhandlungsvorteil gegenüber der Kommission genutzt worden sei, um den Unternehmen der Tirrenia-Gruppe bis 2008 die Zahlung von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu ermöglichen.

(265)

Hinsichtlich des Liegeplatzvorrangs zitierte das Unternehmen zwei Entscheidungen (segnalazioni) der AGCM, in denen festgestellt worden sei, dass dieser Vorrang negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben könne, insbesondere wenn der Begünstigte ein Exklusivrecht auf die wirtschaftlich wertvollsten Liegeplätze hätte. Das Unternehmen hat die vorläufige Auffassung der Kommission, dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt, da kein Verlust staatlicher Mittel vorliegt, nicht bestritten. GNV brachte jedoch vor, dass die Übertragung des Liegeplatzvorranges auf die neuen Eigentümer der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, wie in Artikel 19ter Absatz 21 des Gesetzes von 2009 verfügt, an sich schon einen Verstoß gegen Artikel 4 der Seekabotageverordnung darstelle.

(266)

Auf Ersuchen der Kommission legte GNV auch detaillierte Daten über ihre eigene Tätigkeit auf den von Tirrenia/CIN im Rahmen der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen bedienten Routen vor. Insbesondere erklärte GNV, dass es die folgenden Routen bediene:

Genua–Porto Torres: ganzjährig in den Jahren 2009 und 2010, vom 1. Januar 2011 bis zum 5. November 2011 und vom 30. März 2012 bis zum 16. September 2012,

Genua–Olbia (nur Hauptsaison): vom 22. Mai 2009 bis zum 5. Oktober 2009, vom 28. Mai 2010 bis zum 3. Oktober 2010, vom 27. Mai 2011 bis zum 18. September 2011 und vom 1. Juni 2012 bis zum 15. September 2012,

Neapel–Palermo: 2009 und 2010 nicht aktiv auf dieser Route, 2011 von Mai bis Dezember und 2012 ganzjährig.

(267)

Hinsichtlich der Verbindung Genua–Porto Torres wies GNV darauf hin, dass das Unternehmen nach dem Markteintritt von Saremar im Jahr 2012 seine Dienste (einschließlich der Frequenz) reduziert habe. Auf der Route Neapel–Palermo nahm GNV 2012 zwei ganzjährige tägliche Verbindungen (eine Übernacht- und eine Tagesverbindung) in Betrieb. GNV machte geltend, dass die Dienstleistungen des Unternehmens auf diesen Routen den von Tirrenia/CIN angebotenen gleichwertig seien. Aus den Antworten von GNV ging auch hervor, dass das Unternehmen auf der Route Neapel–Palermo folgende Schiffe einsetzte: SNAV Sardegna (Baujahr 1989), SNAV Campania (Baujahr 1974), SNAV Lazio (Baujahr 1989) und ausschließlich im Jahr 2011 die Finn Forest (Baujahr 1978).

6.   SCHRIFTSÄTZE VON GRIMALDI

(268)

Grimaldi reichte mehrere Schriftsätze ein, die alle nach Ende der Verfahrensfristen eingingen, innerhalb derer sich Wirtschaftsbeteiligte zum Beschluss von 2011 und zum Beschluss von 2012 äußern konnten. Keiner dieser Schriftsätze wurde unter Verwendung des obligatorischen Beschwerdeformulars nach Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (93) verfasst. Nichtsdestotrotz fasst die Kommission diese Schriftsätze in den folgenden Abschnitten zusammen und beantwortet sie in Abschnitt 7.4.

6.1.   Erster Schriftsatz (Februar 2016)

(269)

Am 12. Februar 2016 übermittelte Grimaldi der Kommission einen Schriftsatz, der sowohl den CIN im Rahmen des neuen Vertrags gewährten Ausgleich als auch den mutmaßlichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (nach Artikel 102 AEUV) betraf, ohne jedoch irgendwelche Belege vorzulegen. Das Schreiben war an die AGCM adressiert. Die für vorliegenden Beschluss wichtigsten Elemente sind nachstehend zusammengefasst.

(270)

Grimaldi brachte in dem Teil seines Schreibens zu den staatlichen Beihilfen vor, dass CIN für die Erfüllung seiner mutmaßlichen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen überkompensiert werde. Grimaldi brachte folgende Argumente vor.

(271)

Erstens, die feste Ausgleichsleistung werde auf der Grundlage mutmaßlich veralteter und falscher Annahmen bezüglich der Kosten, insbesondere der Treibstoffkosten, berechnet. Grimaldi vertrat in der Tat die Ansicht, dass letztere, die etwa 30 % der Transportkosten ausmachten, zwischen 2012 und 2016 drastisch gesunken seien, sodass die Ausgleichsleistung der Ansicht des Unternehmens nach entsprechend hätte angepasst (d. h. gesenkt) werden müssen (94).

(272)

Zweitens machte Grimaldi geltend, dass zahlreiche aggressive Marketinginitiativen und Rabatte von CIN nur durch eine Überkompensation durch den neuen Vertrag möglich seien. Grimaldi hob insbesondere hervor, dass CIN und Moby im Februar 2016 zwei identische Werbeangebote unterbreitet hätten, was darauf hindeute, dass sowohl CIN als auch Moby im Wesentlichen nach einer integrierten Geschäftsstrategie arbeiteten und dass CIN die mutmaßliche Überkompensation, die sich aus dem neuen Vertrag ergebe, für eine Quersubvention von Mobys Angeboten und Werbeaktionen genutzt habe.

(273)

Drittens wies Grimaldi darauf hin, dass CIN auf einigen der unter den neuen Vertrag fallenden Routen tatsächlich als Monopolist agiere, während Moby selbst auf anderen Routen der Hauptkonkurrent sei. Grimaldi bringt daher vor, dass infolge des von der AGCM im Beschluss Nr. 25773 genehmigten Erwerbs von CIN und Moby durch Onorato Partecipazioni und der daraus folgenden ausschließlichen Kontrolle des Unternehmens über die beiden ersteren ein Wettbewerb für CIN auf den Strecken, auf denen Moby zuvor der einzige Konkurrent war, faktisch nicht mehr existent sei. Daher sollte laut Grimaldi die im Rahmen des neuen Vertrags in die Berechnung der Ausgleichszahlung an CIN einfließende Risikoprämie, gesenkt werden, da mit ihr das von CIN übernommene zusätzliche Risiko für jene Routen vergütet würde, auf denen das Unternehmen die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung nicht unter Exklusivbedingungen erfüllt. Darüber hinaus hob Grimaldi hervor, dass in Randnummer 47 und 56 der AGCM-Entscheidung Nr. 25773 die Tatsache, dass CIN aufgrund seiner gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen „beträchtliche öffentliche Subventionen“ erhalte, als Zutrittsschranke für potenzielle Wettbewerber auf Märkten betrachtet werde, auf denen der Zusammenschluss CIN/Moby eine tatsächliche marktbeherrschende Stellung schaffe, die an eine Monopolstellung grenze (95).

(274)

Grimaldi vertrat auch die Auffassung, dass zumindest auf einigen der Routen, auf denen Wettbewerber vertreten sind, kein wirklicher Bedarf an einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse bestehe, insbesondere auf den Verbindungen Genua–Olbia und Civitavecchia–Olbia, auf denen Moby selbst verkehre. Laut Grimaldi deutet dies darauf hin, dass die gemeinsame Präsenz von CIN und Moby auf beiden Routen ausreichend stabil gewesen sei, um die Notwendigkeit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zumindest für diese Jahre infrage zu stellen.

(275)

Hinsichtlich des mutmaßlichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung skizziert Grimaldi mehrere angebliche, missbräuchliche und vergeltende Marktpraktiken von CIN und Moby gegen ihre im Transportsektor tätigen Kunden, die auf mehreren Routen die Dienste von Moby und den Wettbewerbern von CIN in Anspruch zu nehmen begannen. Grimaldi weist auch darauf hin, dass die mutmaßlich überhöhte Ausgleichsleistung, die CIN im Rahmen des neuen Vertrags gewährt worden sei, dem Unternehmen die finanziellen Mittel gegeben hätte, restriktive Praktiken gegen potenzielle Markteintritte zu ergreifen.

(276)

Schließlich brachte Grimaldi vor, dass die CIN gewährte Beihilfe rechtswidrig sei, da Italien seiner Stillhalteverpflichtung gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV nicht nachgekommen sei, und bat die Kommission, einen Beschluss zu erlassen, mit dem Italien aufgefordert werde, die Zahlung der Beihilfe auszusetzen und die Beihilfe (zumindest den Teil im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Überkompensation) gemäß Artikel 13 der Verordnung (EU) 2015/1589 vorläufig zurückzufordern.

6.2.   Der Beschluss Nr. 27053 der AGCM vom 28. März 2018

(277)

Am 28. März 2018 veröffentlichte die AGCM ihren Beschluss Nr. 27053, ebenfalls als Folge des Schreibens von Grimaldi (siehe Erwägungsgrund 269), in dem sie zum Schluss kam, dass sowohl CIN als auch Moby zwischen dem 28. September 2015 und dem Datum der Annahme des Beschlusses (d. h. dem 28. Februar 2018) ihre marktbeherrschende Stellung gemäß Artikel 102 Buchstabe b AEUV auf mehreren Fracht- und Mischverbindungsrouten zwischen dem italienischen Festland und Sardinien missbraucht haben, darunter:

1)

Genua–Porto Torres

2)

Olbia–Genua

3)

Olbia–Civitavecchia

4)

Livorno–Cagliari

5)

Cagliari–Civitavecchia

(278)

Das wettbewerbswidrige Verhalten erfolgte auf den fünf obengenannten Routen, die unter den neuen Vertrag fallen, und zwar in einer Zeit, in der die jeweiligen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in Kraft waren. Zu diesem Verhalten gehörte, dass Transportanbietern, auch von verderblichen Gütern, der Zugang zu den Schiffen verweigert wurde. Für diesen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln mussten CIN und Moby eine Geldbuße in Höhe von 29 202 673,73 EUR entrichten.

(279)

Gegen den Beschluss Nr. 27 053 der AGCM wurde beim regionalen Verwaltungsgericht (Tribunale Amministrativo Regionale, im Folgenden „TAR“) Berufung eingelegt, und die Geldbuße wurde dementsprechend ausgesetzt. Am 4. Juni 2019 fällte das TAR sein Urteil Nr. 7175/2019, in dem es den Beschluss Nr. 27 053 des AGCM teilweise für nichtig erklärte und die AGCM aufforderte, die Untersuchung wieder aufzunehmen und die Geldbuße neu zu berechnen.

6.3.   Zweiter Schriftsatz (Mai 2018)

(280)

Am 29. Mai 2018 übermittelte Grimaldi der Kommission einen weiteren Schriftsatz, der sich weitgehend auf den Beschluss Nr. 27053 der AGCM stützte, in dem das Unternehmen die bereits im ersten Schriftsatz vorgebrachten Behauptungen wiederholte und einige im Folgenden zusammengefasste zusätzliche Argumente zu ihrer Unterstützung vorbrachte.

(281)

Erstens teilte Grimaldi zur mutmaßlichen Überkompensation im Rahmen des neuen Vertrags mit, dass das italienische Verkehrsministerium angeblich die in Erwägungsgrund 272 beschriebene Praxis kritisiert habe, da sie die finanzielle Nachhaltigkeit des neuen Vertrages gefährde und eine mutmaßlich unangebrachte Verwechslung von Kosten und Einnahmen zwischen den beiden Unternehmen darstelle. Daraus schloss Grimaldi auch, dass CIN die geforderte Trennung der Konten nicht eingehalten habe.

(282)

Was, zweitens, die Echtheit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anbelangt, argumentierte Grimaldi, dass es auf einigen Routen, für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gelten würden, mehrere Betreiber gebe, sodass die Existenz einer echten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse infrage zu stellen sei. Insbesondere brachte Grimaldi vor, dass Moby, GNV, Forship, Grendi und Grimaldi selbst zu verschiedenen Zeiten im Jahr Routen bedienten, die als gleichwertig mit den von CIN im Rahmen des neuen Vertrags angebotenen Routen gelten könnten (manchmal allerdings zu alternativen Häfen).

(283)

Darüber hinaus brachte Grimaldi vor, CIN habe wiederholt gegen die Bestimmungen des Vertrags verstoßen. Insbesondere sei laut Beschluss Nr. 27 053 der AGCM verschiedenen Transportunternehmen auf mehreren unter die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen fallenden Routen von und nach Sardinien systematisch die Beförderung verweigert worden oder es seien nachteilige Marktbedingungen auferlegt worden, um neue Marktweintritte — u. a. von Grimaldi selbst sowie von Grendi — auf einigen der Routen zu verhindern. Ungeachtet des möglichen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ist Grimaldi der Ansicht, dass dies zeige, dass CIN keine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringe, zumindest was den Frachtverkehr betrifft, da es diesen Transportunternehmen keine territoriale Anbindung biete. Grimaldi ist im Gegenteil der Ansicht, dass CIN die Ausgleichszahlungen für den öffentlichen Dienst lediglich dazu benutze, gemeinsam mit Moby seine marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen.

(284)

Drittens vertrat Grimaldi die Auffassung, dass die verspätete Zahlung der ersten Tranche der aufgeschobenen Entrichtung des Kaufpreises für die Tirrenia-Sparte in Höhe von 55 Mio. EUR CIN einen weiteren Vorteil verschafft habe (siehe Erwägungsgrund 88 Buchstabe b).

6.4.   Dritter Schriftsatz (September 2018)

(285)

Am 18. September 2018 übermittelte Grimaldi einen weiteren Schriftsatz, der an das italienische Verkehrsministerium, die AGCM und die Kommission gerichtet war. In diesem Schriftsatz informierte Grimaldi das Verkehrsministerium und die AGCM über die geplante Fusion zwischen CIN und Moby und bat die italienischen Behörden, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten zu intervenieren. Die Moby-Gruppe kündigte diese Fusion in ihrem Zweijahresbericht vom 30. Juni 2018 an und erklärte, dass die entsprechende Urkunde bis November 2018 unterzeichnet und die Fusion ab dem 1. Januar 2018 in Kraft treten würde (siehe Erwägungsgrund 83).

(286)

Grimaldi brachte vor, dass diese Fusion im Widerspruch zur Entscheidung der AGCM vom 23. September 2013 stehe, in der angeblich festgestellt worden sei, dass eine Fusion zwischen Moby und CIN gegen die Verpflichtungen von CIN zur „Trennung der Unternehmen“ gemäß Artikel 8 Absatz 2bis des Gesetzes Nr. 287/90 (das mit Artikel 11 Absatz 3 des Gesetzes 57/2001 eingeführt wurde) verstoße (96). Nach dieser Regelung können Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und kommerzielle Aktivitäten nicht von ein und demselben Unternehmen erbracht werden, sondern müssen von getrennten Unternehmen (auch wenn sie Teil desselben Konzerns sind) betrieben werden. Aus diesem Grund forderte Grimaldi die AGCM auf, einzugreifen, um die beiden Unternehmen gemäß Artikel 8 Absatz 2sexies zu bestrafen, auch auf der Grundlage der bisherigen Entscheidungspraxis in ähnlichen Fällen.

(287)

Darüber hinaus machte Grimaldi geltend, dass die Fusion gegen den Vertrag vom 18. Juli 2012 verstoße. Grimaldi argumentierte insbesondere, dass die Fusion gegen das Erfordernis verstoße, eine getrennte und analytische Buchführung über Kosten und Einnahmen in Bezug auf jede Route der öffentlichen Dienstleistung zu führen. Laut Grimaldi müsse diese Anforderung als Folge von Artikel 22 des neuen Vertrags im Licht von Artikel 8 Absatz 2bis des Gesetzes Nr. 287/90 verstanden werden, in dem eine vollständige Trennung der Unternehmen und nicht nur eine bloße Trennung der Buchführung verlangt werde. Tatsächlich brachte Grimaldi vor, dass die Fusion CIN ermöglichen würde, kommerzielle Dienstleistungen, die von dem Unternehmen selbst oder von Moby betrieben würden, quersubventionieren zu können, und dass das Ministerium die Verwendung der öffentlichen Subventionen nicht ordnungsgemäß kontrollieren könne.

(288)

Schließlich drängte Grimaldi die Kommission dazu, das förmliche Prüfverfahren abzuschließen.

6.5.   Weitere Schriftsätze (Oktober und November 2018)

(289)

Am 9. Oktober 2018 übermittelte Grimaldi dem italienischen Verkehrsministerium und der AGCM einen weiteren Schriftsatz und übersandte der Kommission eine Kopie zur Information. In dem Schreiben konzentrierte sich Grimaldi auf die von Moby und CIN angekündigten, durch einen angeblichen Anstieg der Treibstoffkosten begründeten Preiserhöhungen. Grimaldi wies darauf hin, dass die Preiserhöhungen dort größer seien, wo Moby/CIN als mutmaßlicher Monopolist agiere (Genua–Olbia–Porto Torres) und niedriger, wo Moby/CIN mit Grimaldi konkurriere (Neapel–Catania, bei einem Betrieb der Route Salerno–Catania durch Grimaldi). Darüber hinaus merkte Grimaldi an, dass die Preiserhöhungen nicht im Verhältnis zur Länge der Route stünden, wie es sein müsse, wenn sie tatsächlich darauf abzielten, dem Anstieg der Treibstoffkosten entgegenzuwirken. Aus diesen Gründen forderte Grimaldi

a)

von der AGCM, den mutmaßlich missbräuchlichen und wettbewerbswidrigen Charakter der Preiserhöhungen von Moby und CIN zu überprüfen (was vermutlich auf eine Verletzung der Verpflichtungen in dem AGCM-Beschluss Nr. 27053 vom 28. Februar 2018 hinauslaufen werde),

b)

AGCM auf, die Fusion durch Eingliederung von Moby in die CIN zu stoppen (wie bereits im vorherigen Schriftsatz vom 18. September 2018 gefordert),

c)

vom Ministerium für Transport, die Vereinbarkeit der für CIN geltenden Preiserhöhungen mit den Bestimmungen des neuen Vertrags zu überprüfen.

(290)

Am 20. November 2018 übermittelte Grimaldi der AGCM einen weiteren Schriftsatz und sandte eine Kopie dieses Schreibens an das italienische Verkehrsministerium und die Kommission. In diesem Schriftsatz wiederholte Grimaldi seine Forderung an die italienische Wettbewerbsbehörde, die geplante Fusion zwischen Moby und CIN zu stoppen. Grimaldi räumte ein, dass die Fusion keiner vorherigen Genehmigung durch die AGCM bedürfe, da es sich um eine reine Umstrukturierung innerhalb einer Gruppe handele. Dennoch brachte Grimaldi vor, dass die Verwirrungen bei Kosten und Einnahmen zwischen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und kommerziellen Aktivitäten nach der Fusion nur noch zunehmen würden. Zur Untermauerung seiner Behauptungen verwies Grimaldi auf zwei Briefe des Verkehrsministeriums an CIN zu gemeinsamen Marketingangeboten von CIN und Moby und deren möglichen Auswirkungen auf das finanzielle Gleichgewicht des neuen Vertrags.

7.   BEURTEILUNG

7.1.   Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(291)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(292)

Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegten Kriterien müssen alle erfüllt sein. Um festzustellen, ob es sich bei den Maßnahmen im Rahmen dieses Beschlusses um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt, müssen also alle nachfolgend genannten Bedingungen erfüllt sein. Die Maßnahmen müssen:

a)

staatlich sein oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden,

b)

bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen,

c)

den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen,

d)

den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(293)

Die Kommission stellt fest, dass der Liegeplatzvorrang, der nur für die Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gilt, untrennbar mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch Tirrenia und ihren Erwerber CIN verbunden ist. Daher wird diese Maßnahme zusammen mit den Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen, die diesen Unternehmen gewährt werden, beurteilt (siehe Abschnitte 7.1.1 und 7.1.3).

(294)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass der neue Vertrag zwischen Italien und CIN zusammen mit der Privatisierung der Tirrenia-Sparte (einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises) bewertet werden muss. Eine solche gemeinsame Bewertung ist angemessen, weil Italien im Wesentlichen eine Ausschreibung für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag (d. h. den neuen Vertrag) durchgeführt hat, bei der der erfolgreiche Bieter von Tirrenia eine Reihe von Vermögenswerten (hauptsächlich Schiffe) erwerben musste, die zur Erfüllung der in diesem öffentlichen Dienstleistungsauftrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich waren.

7.1.1.   Die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags zwischen Tirrenia und Italien

7.1.1.1.   Staatliche Mittel

(295)

Um als staatliche Beihilfe eingestuft werden zu können, muss eine Maßnahme dem Staat zuzurechnen sein und mittel- oder unmittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden.

(296)

Tirrenia wurde vom italienischen Staat mit dem Betrieb der Seeverkehrsverbindungen betraut, wie sie im ursprünglichen, verlängerten Vertrag festgelegt waren. Der ursprüngliche Vertrag wurde mit dem Staat abgeschlossen, und die daraus resultierende Ausgleichszahlung für die von Tirrenia erbrachten öffentlichen Dienstleistungen wird vom Staat aus seinem Haushalt erbracht. Daher sind die Ausgleichszahlungen an Tirrenia für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen dem Staat zuzurechnen und werden aus staatlichen Mitteln gewährt.

(297)

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass nach Angaben Italiens alle Fährbetreiber für das Anlegen regelmäßige Gebühren an die zuständigen Hafenbehörden entrichten, Tirrenia jedoch keine zusätzliche Gebühr für den Liegeplatzvorrang entrichtet hat. Allerdings ist die Kommission der Auffassung, dass Italien im Prinzip eine zusätzliche Gebühr für den Liegeplatzvorrang hätte erheben können und dass es durch die Nichterhebung auf staatliche Einnahmen verzichtet hat. Da der Liegeplatzvorrang zudem gesetzlich gewährt wird (siehe Erwägungsgrund 108), ist er dem Staat zuzurechnen.

7.1.1.2.   Selektivität

(298)

Um als staatliche Beihilfe eingestuft zu werden, muss eine Maßnahme selektiv sein. Die Ausgleichszahlungen für die Erbringung der fraglichen Seeverkehrsdienste werden nur Tirrenia gewährt und sind daher selektiv. Da der Liegeplatzvorrang nur den Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, darunter auch Tirrenia, gewährt wurde, ist auch er selektiv.

7.1.1.3.   Wirtschaftlicher Vorteil

(299)

Die Kommission erinnert daran, dass der Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, der einem Unternehmen gewährt wird, unter bestimmten streng definierten Voraussetzungen keinen wirtschaftlichen Vorteil darstellen muss.

(300)

Insbesondere hat der Gerichtshof in seinem Altmark-Urteil (97) entschieden, dass eine staatliche Maßnahme nicht unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV fällt, soweit sie als Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugutekommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, sodass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen.

(301)

Der Gerichtshof stellte jedoch auch klar, dass die vier nachstehend zusammengefassten Kriterien (die „Altmark-Kriterien“) kumulativ erfüllt sein müssen, damit solche Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in einem konkreten Fall nicht als staatliche Beihilfen eingestuft werden:

1)

Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein (erstes Altmark-Kriterium).

2)

Die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, wurden zuvor objektiv und transparent aufgestellt (zweites Altmark-Kriterium).

3)

Der Ausgleich geht nicht über das hinaus, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken (drittes Altmark-Kriterium).

4)

Wenn die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind (viertes Altmark-Kriterium).

(302)

Die Kommission hat in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden „DAWI-Mitteilung“) ausgeführt, wie sie die Altmark-Kriterien anwendet (98).

(303)

Da die Altmark-Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen, würde die Nichteinhaltung eines dieser Kriterien die Kommission zu dem Schluss führen, dass die zu prüfende Maßnahme dem Begünstigten einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. Die Kommission wird zunächst die Einhaltung des vierten Altmark-Kriteriums bewerten.

(304)

Das vierte Altmark-Kriterium sieht vor, dass der Ausgleich auf das erforderliche Mindestmaß begrenzt sein muss, um nicht als Beihilfe eingestuft zu werden. Das Kriterium gilt als erfüllt, wenn der Empfänger des Ausgleichs für öffentliche Dienstleistungen im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ausgewählt wurde, das die Auswahl desjenigen Bieters ermöglicht, der die geforderten Dienstleistungen zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringt, oder, wenn das nicht der Fall ist, der Ausgleich unter Bezugnahme auf die Kosten eines effizienten Unternehmens berechnet wurde.

(305)

Für keine der Verlängerungen des ursprünglichen Vertrags für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 wurde Tirrenia nach einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren ausgewählt. Der italienische Staat verlängerte lediglich das bereits geltende System, wodurch der bereits etablierte Betreiber weiterhin einen Ausgleich für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erhalten konnte.

(306)

Darüber hinaus haben die italienischen Behörden der Kommission keine Hinweise dafür vorgelegt, dass die Höhe des Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wurde, die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen entstehen würden, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind. Italien hat lediglich vorgebracht, dass die Ausgleichszahlungen an Tirrenia für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nach der Einführung des im Gesetz von 2009 festgelegten Ausgleichshöchstbetrags ab 2010 erheblich gesunken seien (siehe Erwägungsgrund 25). Italien hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die Kosten, die Tirrenia bei der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entstanden sind, den Kosten eines typischen Unternehmens entsprachen, das gut geführt wird und angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist.

(307)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass das vierte Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.

(308)

Da die vier Altmark-Kriterien im vorliegenden Fall also nicht kumulativ erfüllt sind, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Ausgleichszahlungen für den Betrieb von Seeverkehrsrouten im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags Tirrenia einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft haben.

(309)

Hinsichtlich des Liegeplatzvorrangs erinnert die Kommission zunächst daran, dass die italienische Wettbewerbsbehörde AGCM mindestens in zwei Fällen die Auffassung vertreten hat, dass diese Maßnahme einen wirtschaftlichen Wert hat (siehe Erwägungsgrund 265). Dennoch zahlt Tirrenia keine Gebühr für den Liegeplatzvorrang (siehe Erwägungsgrund 190). Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass der Liegeplatzvorrang zumindest theoretisch das Potenzial hat, die Kosten des Betreibers zu senken (z. B. weil der garantierte Liegeplatz die Wartezeiten in den Häfen verkürzen und somit zu niedrigeren Treibstoffkosten führen kann) oder seine Einnahmen zu erhöhen (z. B. weil bestimmte Abfahrtzeiten möglicherweise zu größerer Nachfrage seitens der Passagiere führen könnten). Soweit der Liegeplatzvorrang ein schnelleres Anlegeverfahren ermöglicht, bevorzugen die Nutzer von Fährdiensten möglicherweise den Fährbetreiber, der von dieser Maßnahme profitiert. Selbst wenn die Auswirkungen nur unter begrenzt gegebenen Umständen eintreten oder relativ gering wären, könnte der Liegeplatzvorrang dennoch einen wirtschaftlichen Vorteil für Tirrenia darstellen.

7.1.1.4.   Zur Verfälschung des Wettbewerbs und zur Auswirkung auf Wettbewerb und Handel

(310)

Wenn die von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Position eines Unternehmens gegenüber anderen im Binnenhandel konkurrierenden Unternehmen stärkt, gilt der Handel als von der Beihilfe beeinträchtigt (99). Es genügt dabei bereits, dass der Begünstigte der Beihilfe auf dem für Wettbewerb offenen Markt mit anderen Unternehmen in Wettbewerb steht (100).

(311)

Im vorliegenden Fall steht der Begünstigte im Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die Seeverkehrsdienstleistungen in der Union erbringen, insbesondere seit Inkrafttreten der Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 (101) des Rates und der Seekabotageverordnung, mit denen der Markt des internationalen Seeverkehrs bzw. der Seekabotage liberalisiert wurde. Die Tatsache, dass Tirrenia zum damaligen Zeitpunkt auf einigen Routen der einzige Betreiber war, bedeutet nicht, dass andere (internationale) Betreiber nicht daran hätten interessiert sein können, ähnliche Seeverkehrsdienste anzubieten. Daher ist der Ausgleich für den Betrieb von Seeverkehrsrouten im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags geeignet, den Handel der Union zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verzerren. Aus den gleichen Gründen gilt diese Schlussfolgerung auch für den Liegeplatzvorrang.

7.1.1.5.   Schlussfolgerung

(312)

Da alle in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegten Kriterien erfüllt sind, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass sowohl die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die auf der Grundlage der aufeinanderfolgenden Verlängerungen des ursprünglichen Vertrags gezahlt wurden, als auch der Liegeplatzvorrang auf den Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen eine staatliche Beihilfe zugunsten von Tirrenia darstellen.

7.1.1.6.   Neue oder bestehende Beihilfe

(313)

Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 201), ist Tirrenia SV der Auffassung, dass, wenn die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die Tirrenia bis Ende 2008 gewährt wurden, auf der Grundlage von Artikel 4 Absatz 3 der Seekabotageverordnung als bestehende Beihilfe eingestuft würden, diese Einstufung auch für die auf der Grundlage der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags gezahlten Ausgleichszahlungen gelten müsste.

(314)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die Ausgleichszahlungen an Tirrenia für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Seeverkehr bis Ende 2008 nicht in diesem Beschluss gewürdigt werden. Die Bewertung dieser Kompensation und die Frage, ob sie als bestehende Beihilfe eingestuft werden kann oder nicht, wird Gegenstand eines separaten Beschlusses der Kommission sein (102).

(315)

Gemäß Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2015/1589 gelten als neue Beihilfe „alle Beihilfen, d. h. Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen an bestehenden Beihilfen“. Darüber hinaus sieht Artikel 108 Absatz 3 AEUV vor, dass Pläne zur Gewährung oder Änderung bestehender Beihilfen rechtzeitig bei der Kommission angemeldet werden müssen und erst durchgeführt werden dürfen, wenn das Verfahren zu einem abschließenden Beschluss geführt hat (103). Im Einklang mit dem Standpunkt der Unionsgerichte (104) ist die Kommission der Auffassung, dass die Änderung (d. h. Verlängerung) der Laufzeit einer Beihilferegelung oder Einzelbeihilfe, die ein klares Auslaufdatum hatte (in diesem Fall den 31. Dezember 2008), ausreicht, um sie zu einer neuen Beihilfe zu machen, unabhängig davon, ob andere Merkmale der Maßnahme geändert wurden oder nicht.

(316)

Aus den genannten Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass unabhängig davon, ob die Ausgleichszahlungen an Tirrenia bis Ende 2008 als bestehende Beihilfen einzustufen sind, die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die auf der Grundlage der aufeinanderfolgenden Verlängerungen des ursprünglichen Vertrags gezahlt wurden, als neue Beihilfen zu betrachten und die Argumente von Tirrenia SV daher zurückzuweisen sind.

(317)

Die Kommission stellt fest, dass weder die italienischen Behörden noch Tirrenia SV vorgebracht haben, dass es sich bei der Anlegepriorität um eine bestehende Beihilfe handelt. Die Kommission wird diese Maßnahme daher als neue Beihilfe bewerten.

7.1.2.   Rechtswidrige Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(318)

Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 34 bis 40 der Entscheidung von 2010 bereits festgestellt, dass die angemeldete Rettungsbeihilfe eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

(319)

In der Entscheidung von 2010 erklärte die Kommission die angemeldete Rettungsbeihilfe für Tirrenia für mit dem Binnenmarkt vereinbar. Gemäß den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien verpflichtete sich Italien, der Kommission innerhalb von sechs Monaten entweder einen Umstrukturierungs- (oder Liquidations-)Plan oder den Nachweis zu übermitteln, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft beendet wurde.

(320)

Die erste Tranche des bebürgten Darlehens wurde am 28. Februar 2011 an Tirrenia ausgezahlt, sodass die Sechsmonatsfrist am 28. August 2011 abgelaufen ist.

(321)

Italien hat der Kommission bis zu diesem Datum keinen Umstrukturierungs- (oder Liquidations-)Plan vorgelegt. Die Bürgschaft wurde vielmehr vor Ablauf der vorgeschriebenen sechs Monate, d. h. am 11. Juli 2011, in Anspruch genommen, und ab diesem Zeitpunkt wurde Tirrenia Schuldnerin gegenüber dem Staat. Der von Tirrenia infolge der Inanspruchnahme der Bürgschaft geschuldete Betrag wurde schließlich am 18. September 2012 an den Staat zurückgezahlt. Bis zu diesem Zeitpunkt profitierte Tirrenia weiterhin von der Rettungsbeihilfe.

(322)

Die italienischen Behörden haben weder vorgebracht noch nachgewiesen, dass die Verlängerung der Rettungsbeihilfe keine staatliche Beihilfe mehr darstellt. Sie haben lediglich Begründungen (siehe Abschnitt 4.2) dafür präsentiert, warum die Maßnahme auch nach Ablauf der Sechsmonatsfrist mit dem Binnenmarkt vereinbar geblieben sei.

(323)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Verlängerung der Rettungsbeihilfe über die Sechsmonatsfrist hinaus, d. h. vom 28. August 2011 bis zum 18. September 2012, ebenfalls eine staatliche Beihilfe zugunsten von Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

7.1.3.   Die Vergabe des neuen, mit der Tirrenia-Sparte gebündelten Vertrags an CIN einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises für CIN

(324)

Um festzustellen, ob die Vergabe des neuen, mit der Tirrenia-Sparte gebündelten Vertrags einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises einen Vorteil für CIN im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, muss die Kommission die Einhaltung der Altmark-Kriterien prüfen (siehe Erwägungsgrund 299).

7.1.3.1.    „Erstes Altmark-Kriterium“

(325)

Die Kommission erinnert daran, dass weder im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums noch im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV eine einheitliche, genaue Definition einer Dienstleistung, die nach EU-Recht eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellen kann, besteht. Randnummer 46 der DAWI-Mitteilung lautet wie folgt:

„Da es keine einschlägigen EU-Vorschriften dazu gibt, wann eine Dienstleistung eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellt, haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Dienstleistung und der Gewährung von Ausgleichsleistungen für den Dienstleistungserbringer einen weiten Ermessenspielraum. Die Befugnisse der Kommission beschränken sich hierbei darauf zu kontrollieren, dass dem Mitgliedstaat bei der Festlegung der Dienstleistung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse kein offenkundiger Fehler unterlaufen ist, und zu prüfen, ob die Ausgleichsleistungen staatliche Beihilfen umfassen. Gelten besondere EU-Vorschriften, so unterliegt der Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten diesen Vorschriften, wobei die Verpflichtung der Kommission, zu prüfen, ob die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse für die Zwecke der Beihilfenkontrolle ordnungsgemäß definiert wurde, davon unberührt bleibt.“

(326)

Nationale Behörden sind daher berechtigt, die Ansicht zu vertreten, dass bestimmte Dienstleistungen im Interesse der Allgemeinheit liegen und im Wege gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden müssen, um den Schutz der öffentlichen Interessen sicherzustellen, wenn die Marktkräfte nicht ausreichen, um ihre Erbringung in dem erforderlichen Umfang bzw. zu den notwendigen Bedingungen zu gewährleisten.

(327)

Auf dem Gebiet der Seekabotage sind in der Seekabotageverordnung detaillierte Unionsvorschriften zur Regelung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen festgelegt worden; für die Prüfung möglicher staatlicher Beihilfe für Seeverkehrsunternehmen sind die entsprechenden Vorschriften in den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr enthalten (im Folgenden „Seeverkehrsleitlinien“) (105).

(328)

Artikel 4 Absatz 1 der Seekabotageverordnung sieht Folgendes vor:

„Ein Mitgliedstaat kann mit Schifffahrtsgesellschaften, die sich an Liniendiensten von, zwischen und nach Inseln beteiligen, als Voraussetzung für das Recht zur Erbringung von Kabotageleistungen Verträge über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes schließen oder ihnen entsprechende Verpflichtungen auferlegen.

Beim Abschluss von Verträgen über Verkehrsdienste aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes sowie bei der Auferlegung entsprechender Verpflichtungen haben die Mitgliedstaaten darauf zu achten, dass kein Gemeinschaftsreeder diskriminiert wird.“

(329)

Artikel 2 Absatz 3 der Seekabotageverordnung legt fest, dass ein Vertrag über gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen Folgendes umfassen darf:

Verkehrsdienste, die bestimmten Anforderungen an die Kontinuität, Regelmäßigkeit, Leistungsfähigkeit und Qualität genügen,

zusätzliche Verkehrsdienste,

Verkehrsdienste zu besonderen Tarifen und Bedingungen, vor allem für bestimmte Personengruppen oder auf bestimmten Verkehrsverbindungen,

eine Anpassung der Dienste an den tatsächlichen Bedarf.

(330)

Gemäß Abschnitt 9 der Seeverkehrsleitlinien können „bezüglich der in Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 vorgesehenen Dienstleistungen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegt oder öffentliche Dienstleistungsverträge geschlossen werden“, d. h. Liniendienste von, nach und zwischen Inseln.

(331)

Nach ständiger Rechtsprechung dürfen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen nur auferlegt werden, wenn dies durch die Notwendigkeit der Sicherstellung von Liniendiensten im Seeverkehr, die durch Marktkräfte allein nicht gewährleistet werden können, gerechtfertigt wird (106). In der Mitteilung der Kommission zur Auslegung der Seekabotageverordnung (107) wird bestätigt, dass „[es] Sache der Mitgliedstaaten (einschließlich gegebenenfalls der regionalen oder lokalen Behörden) und nicht der Reeder [ist], festzulegen, für welche Routen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen notwendig sind. So können Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes insbesondere für Liniendienste in der Inselkabotage vorgesehen werden, um im Falle eines Marktversagens angemessene Verbindungen sicherzustellen.“ Ferner ist in Artikel 2 Absatz 4 der Seekabotageverordnung die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung als Verpflichtung definiert, „die der betreffende Gemeinschaftsreeder im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde“.

(332)

Im Einklang mit der Rechtsprechung (108) wird die Kommission zur Klärung der Frage, ob eine echte Nutzernachfrage besteht und, ob die Dienstleistungen notwendig und verhältnismäßig waren und somit das erste Altmark-Kriterium erfüllt ist, überprüfen:

1)

ob eine Nutzernachfrage bestand,

2)

ob die Nachfrage nicht ohne eine von den Behörden auferlegte Verpflichtung von den Marktteilnehmern hätte befriedigt werden können (Vorliegen eines Marktversagens),

3)

ob die bloße Inanspruchnahme von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unzureichend war, um diesen Mangel zu beheben (der Ansatz der geringsten Beeinträchtigung).

1)   Nutzernachfrage

(333)

Im vorliegenden Fall wurde CIN mit der Bereitstellung von Misch- und Frachtdienstleistungen auf den zwölf in Tabelle 3 dargestellten Routen betraut. Die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die CIN auferlegt wurden, betreffen die zu bedienenden Seeverkehrsverbindungen, den Typ und die Kapazität der den jeweiligen Seeverkehrsrouten zuzuordnenden Schiffe, die Verfügbarkeit eines Ersatzschiffes zur Sicherstellung der Kontinuität des Dienstes, die Häufigkeit des Dienstes und die Höchsttarife, die den Nutzern des Dienstes (Inselbewohnern bzw. übrigen Passagieren) auf den jeweiligen Routen berechnet werden.

(334)

Wie in Erwägungsgrund 152 beschrieben hat Italien die im neuen Vertrag niedergelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen vor allem deswegen auferlegt, um i) die territoriale Anbindung der Inseln an das Festland sicherzustellen und ii) zur wirtschaftlichen Entwicklung der betroffenen Inseln durch regelmäßige und verlässliche Seeverkehrsdienste beizutragen. Die Kommission ist der Ansicht, dass dies in der Tat legitime Ziele öffentlichen Interesses sein können.

(335)

In Bezug auf die reinen Frachtrouten erinnert die Kommission daran, dass das Gericht bereits festgestellt hat (109), dass der fragliche Dienst nicht notwendigerweise einen allgemeinen Dienst im engeren Sinne darstellen muss, damit er als Dienst von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingestuft werden kann. Tatsächlich bedeutet das Konzept eines allgemeinen Dienstes nicht, dass der fragliche Dienst einem gemeinsamen Bedürfnis der gesamten Bevölkerung entsprechen oder in einem ganzen Gebiet (110) erbracht werden muss, sondern dass er den Interessen der Gesellschaft als Ganzes dient. Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass das Gemeinschaftsrecht die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, in Ausübung ihres Ermessens bestimmte Seefrachtdienste von und nach entlegenen Gebieten rechtsgültig als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu qualifizieren, sofern die in der Seekabotageverordnung festgelegten Grundsätze eingehalten werden. Dennoch hatte die Kommission Zweifel daran geäußert, dass der Betrieb von reinen Frachtrouten als auf die Befriedigung allgemeiner wirtschaftlicher Interessen im Sinne des Unionsrechts abzielend betrachtet werden kann.

(336)

Die italienischen Behörden erklärten, dass die zu bewertenden Seefrachtverbindungen notwendig seien, um die Inseln Sizilien und Sardinien mit Gütern aller Art zu versorgen. Darüber hinaus stelle die regelmäßige Frequenz dieser Frachtdienste das ganze Jahr hindurch sicher, dass die Bewohner und Unternehmer dieser Inseln auch in der Nebensaison bei geringerer Nachfrage durch den Tourismus ausreichend versorgt würden. Ferner trügen diese Dienstleistungen auch zur wirtschaftlichen Entwicklung der beiden Inseln bei, da Güter vom und zum Festland transportiert würden. So könnten Unternehmen mit Sitz in Sizilien und Sardinien ihre Produkte auf dem Festland verkaufen. Italien ist der Ansicht, dass reine Seefrachtdienste zusätzlich zum gemischten Verkehr erforderlich seien und dass sie ebenfalls Teil des Vertrags für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen seien (111). Darüber hinaus bringen die italienischen Behörden vor, dass reine Seefrachtdienste nicht durch Luftfrachtdienste ersetzt werden könnten. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest (112), dass im Hafen von Catania im Jahr 2012 mehr als 2,7 Mio. t Frachtgut umgeschlagen wurden, während über die Flughäfen von Catania, Palermo und Trapani zusammen nur 10 309 t bewegt wurden. Entsprechend wurden im Hafen von Cagliari mehr als 12,5 Mio. t und auf den Flughäfen von Alghero, Cagliari und Olbia zusammen nur 4 825 t abgefertigt. Aus diesem Grund zieht die Kommission den Schluss, dass reine Frachtdienste auch die Ziele legitimer öffentlicher Interessen erfüllen können. Die Behauptung von Pan Med (siehe Erwägungsgrund 253), reine Frachtrouten nach Sizilien und Sardinien könnten keine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellen, muss daher zurückgewiesen werden.

(337)

Bevor CIN mit der Bedienung der Seeverbindungen, wie sie im neuen Vertrag festgelegt sind, betraut wurde, wurden diese Routen auf der Grundlage der ursprünglichen Verträge von Tirrenia bedient (einige von ihnen bis 2004 (113) durch Adriatica). Die Kommission stellt fest, dass die fraglichen Routen in der Tat seit vielen Jahren, d. h. seit Inkrafttreten des ursprünglichen Vertrags, unverändert bedient wurden. Die italienischen Behörden, insbesondere die betroffenen Regionalbehörden, waren der Auffassung, dass diese Dienste zur Befriedigung der Nutzernachfrage erforderlich gewesen (und weiterhin noch) seien.

(338)

Zur Illustration der tatsächlichen Nutzernachfrage für die Dienste legte Italien Statistiken vor, die zeigen, dass Tirrenia auf den zwölf gemeinwirtschaftlichen Routen 2010 in den Zeiträumen, die unter die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung fallen (d. h. für drei Routen nicht in der Hauptsaison), zusammen 944 225 Passagiere, 218 779 Kraftfahrzeuge und mehr als 2,7 Mio. laufende Meter an Fracht beförderte. Die Zahlen für 2011 waren sogar noch ein wenig größer. Dies zeigt, dass in den zwei Jahren, bevor CIN mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut wurde, ein beträchtlicher Gesamtbedarf an Seeverkehrsdiensten auf den betroffenen Routen bestand.

(339)

Um feststellen zu können, ob eine tatsächliche Nutzernachfrage auf jeder der zwölf betroffenen Routen besteht, ist allerdings eine ausführlichere Prüfung erforderlich. Zu diesem Zweck legte Italien Statistiken für jede einzelne Route für den Zeitraum 2007-2018 vor. Abgesehen von der Gesamtzahl der pro Jahr beförderten Passagiere oder laufenden Meter Fracht lassen sich aus diesen Statistiken Durchschnittswerte pro Fahrt berechnen. Zur Veranschaulichung zeigt Tabelle 4 zwei solcher Metriken für die Jahre 2010 und 2018. Die Zahlen zeigen, dass in diesen Jahren auf jeder der sechs (bzw. fünf im Jahr 2018) betroffenen gemischten Routen mehrere hundert Passagiere pro Hin- und Rückfahrt befördert wurden. Die niedrigere Zahl auf der Verbindung mit den Tremiti-Inseln ist vor dem Hintergrund ihrer sehr geringen Bevölkerungszahl und Fläche (weniger als 500 Einwohner und etwa 3 km2 Fläche) zu sehen. Auf den drei Routen, die nur in der Nebensaison im Rahmen der öffentlichen Dienstleistungen bedient wurden, überstieg die durchschnittliche Zahl der Passagiere pro Hin- und Rückfahrt 500. Dies veranschaulicht die Nachfrage der Nutzer nach den Dienstleistungen in der Nebensaison. Hinsichtlich der Fracht zeigen die Zahlen für 2010, dass auf acht der zwölf Routen (einschließlich der drei reinen Frachtrouten) die Frachtmenge erheblich war, da sie 1 250 lfd. Meter pro Hin- und Rückfahrt überstieg. 2018 wurde diese Schwelle bei sieben der verbleibenden zehn Routen (einschließlich der beiden Frachtrouten) überschritten. Die Kommission erinnert daran, dass bei einem Vergleich der Zahlen für 2010 und 2018 der Änderungsvertrag vom August 2014 (siehe Erwägungsgrund 103) zu berücksichtigen ist, durch den einige Routen abgeschafft und die Frequenz auf anderen Routen geändert wurde. Ferner weist die Kommission darauf hin, dass CIN auf den reinen Frachtrouten mit größeren Schiffen als Tirrenia operiert und daher höhere Frachtmengen als in der Vergangenheit befördern werden kann.

Tabelle 4

Statistik der Nutzernachfrage für die Jahre 2010 (von Tirrenia bediente Routen) und 2018 (von CIN bediente Routen)

 

Durchschnittliche Passagierzahl pro Fahrt  (114)

Durchschnittliches Frachtaufkommen pro Fahrt  (115)

Gemischte Routen

2010

2018

2010

2018

Neapel–Palermo (nur Nebensaison):

606

583

1 418

1 794

Genua–Porto Torres (nur Nebensaison):

714

678

1 381

1 380

Genua–Olbia–Arbatax

531

704

514

779

Civitavecchia–Olbia (Nebensaison):

1 094

617

2 043

1 526

Neapel–Cagliari:

260

607

1 533

1 773

Palermo–Cagliari

489

998

1 489

1 284

Trapani–Cagliari

305

eingestellt

475

eingestellt

Civitavecchia–Cagliari–Arbatax

427

891

847

1 051

Termoli–Tremiti-Inseln

146

204

65

31

 

Durchschnittliche Passagierzahl pro Fahrt

Durchschnittliches Frachtaufkommen pro Fahrt

Frachtrouten

2010

2018

2010

2018

Livorno–Cagliari

3

2

2 046

2 925

Neapel–Cagliari:

3

eingestellt

1 339

eingestellt

Ravenna–Catania

14

11

2 594

6 498

(340)

Um weiter zu zeigen, dass die Nutzernachfrage auch noch dann vorhanden war, als CIN auf der Grundlage des neuen Vertrags seine Arbeit aufnahm, stellte Italien auch die aggregierten Statistiken bis Ende 2018 zur Verfügung. Die Zahlen in Tabelle 5 zeigen, dass CIN ab 2013 bzw. 2014 mehr Passagiere, Pkw und Fracht beförderte als Tirrenia 2010 bzw. 2011 (siehe Erwägungsgrund 338). Dies bestätigt, dass die Nachfrage der Nutzer nach wie vor vorhanden ist und sogar deutlich zugenommen hat, seit CIN die öffentliche Dienstleistung übernommen hat. Schließlich lieferte eine Analyse der Routenstatistiken für die einzelnen Jahre bis Ende 2018 keinen Hinweis darauf, dass die Nutzernachfrage auf bestimmten Routen eingebrochen ist. Zur Veranschaulichung enthält Tabelle 4 die Routenstatistik für das Jahr 2018. Aus Gründen der Kürze gibt die Kommission die Zahlen für die anderen Jahre, in denen CIN den Dienst betrieb, nicht an.

Tabelle 5

Statistik für die Jahre 2012–2018 (von CIN bediente Misch- und Frachtrouten)

 

Zahl der beföderten Passagiere

Zahl der beförderten Fahrzeuge

Beförderte Fracht (in laufenden Metern)

2012 (Juli-Dezember)

473 614

118 322

1 132 682

2013

952 323

236 329

2 764 507

2014

1 026 140

261 201

3 039 598

2015

1 112 603

285 853

3 696 237

2016

1 256 403

313 555

3 312 393

2017

1 160 782

279 827

3 604 775

2018

1 071 931

251 300

3 607 283

(341)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die obigen Statistiken (siehe Erwägungsgrund 338 bis 340) eindeutig belegen, dass auf jeder der zwölf fraglichen Routen im Bereich der öffentlichen Dienstleistung eine echte Nachfrage nach Personen- und Frachtdiensten besteht. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass diese Dienste eine echte öffentliche Nachfrage decken und einer echten Nutzernachfrage entsprechen.

2)   Vorliegen eines Marktversagens

(342)

Nach Randnummer 48 der DAWI-Mitteilung, wäre es nicht zweckmäßig, „bestimmte gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an eine Dienstleistung zu knüpfen, die bereits von im Einklang mit den Marktregeln handelnden Unternehmen zu normalen Marktbedingungen, die sich z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung mit dem vom Staat definierten öffentlichen Interesse decken, zufriedenstellend erbracht wird oder erbracht werden kann“ (116). Daher muss die Kommission untersuchen, ob die Dienste unzulänglich sein würden, wenn ihre Erbringung bei Einhaltung der vom Mitgliedstaat im neuen Vertrag geforderten öffentlichen Dienstleistungen allein den Marktkräften überlassen werden würde. In Randnummer 48 der DAWI-Mitteilung ist diesbezüglich ausgeführt, dass „sich die Kommission darauf [beschränkt] zu prüfen, ob dem betreffenden Mitgliedstaat ein offensichtlicher Fehler unterlaufen ist“.

(343)

Die Kommission stellt fest, dass in der Zeit bis zur Unterzeichnung des neuen Vertrags mit CIN andere Betreiber auf einigen dem neuen Vertrag unterliegenden Routen Fährdienste anboten, wenn auch nicht unbedingt das ganze Jahr über und mit der gleichen Häufigkeit. Auf der Grundlage der Wettbewerbssituation bis zum Zeitpunkt der Betrauung am 18. Juli 2012 (wie in Erwägungsgrund 34 beschrieben) und der Stellungnahmen der Beteiligten (siehe Abschnitt 5) wird die Kommission für jede der betroffenen Routen prüfen, ob die von anderen Betreibern erbrachten Dienstleistungen den nach dem neuen Vertrag von CIN zu erbringenden Diensten gleichwertig waren.

(344)

Obwohl der neue Vertrag spezifische gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen hinsichtlich der zu erhebenden Transportentgelte auferlegt (einschließlich ermäßigter Tarife für Inselbewohner), hat Italien die Notwendigkeit der öffentlichen Dienstleistung nicht mit dem Argument gerechtfertigt, dass CIN die Tarife auf den betreffenden Routen auf einem niedrigeren Niveau als die von den anderen Betreibern erhobenen Tarife halten muss. Die Kommission hat daher keine vergleichende Analyse der auf den fraglichen Routen von den Betreibern insgesamt erhobenen Tarife durchgeführt. Im Laufe der Untersuchung machte Italien vielmehr geltend, dass in dem Maße, in dem andere Betreiber Fährdienste auf den von CIN im Rahmen der öffentlichen Dienstleistung betriebenen Routen anbieten, diese konkurrierenden Dienste die vom neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht in vollem Umfang erfüllten. Insbesondere unterschieden sie sich in Bezug auf die Kontinuität und Häufigkeit über das Jahr hinweg, seien nicht gleichwertig (hinsichtlich der Häfen oder der Art des angebotenen Dienstes, z. B. nur Fracht- anstelle gemischten Verkehrs) oder wiesen nicht die gleiche Qualität auf. Die Kommission wird sich daher auf mögliche Unterschiede in Bezug auf Kontinuität, Regelmäßigkeit, Kapazität und Qualität konzentrieren (siehe Erwägungsgrund 329).

(345)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass bis zum Zeitpunkt der Betrauung von CIN auf fünf der neun Routen mit gemischten Diensten, die unter den neuen Vertrag fallen, kein anderer Betreiber gemischte Dienste anbot. Im Einzelnen:

Civitavecchia–Cagliari–Arbatax: Tirrenia war der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der einen täglichen gemischten Verkehr auf dieser Route anbot. Für die Behauptung von Pan Med (siehe Fußnote 87), Moby böte eine wöchentliche Verbindung zwischen Civitavecchia und Cagliari an, hat die Kommission keine Nachweise erhalten und auch selbst keine gefunden. Selbst, wenn Moby tatsächlich auf dieser Route tätig gewesen wäre (was nicht der Fall war), wäre dieses Angebot hinsichtlich der Regelmäßigkeit nicht ausreichend, um die Kriterien einer öffentlichen Dienstleistung zu erfüllen (d. h., eine wöchentliche Verbindung ist nicht vergleichbar mit einer täglichen Verbindung), außerdem hätte es die Anforderungen der Bereitstellung einer Verbindung mit Arbatax nicht erfüllt. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als es davon ausging, dass auf dieser gemischten Route ein Marktversagen bestehe.

Neapel–Cagliari: Tirrenia war der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der einen gemischten Verkehr auf dieser Route anbot. In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 (siehe Fußnote 87) gab Pan Med an, dass Grimaldi einen Frachtverkehr zwischen Salerno und Cagliari anbiete. Die Kommission stellte jedoch fest, dass ungeachtet möglicher anderer Unterschiede zu den einzelnen von CIN nach dem neuen Vertrag zu erfüllenden Anforderungen ein reiner Frachtdienst den Bedarf an Transportleistungen im öffentlichen Interesse hinsichtlich des Passagier- und Pkw-Verkehrs nicht erfüllen kann. Daher hat Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen, als es davon ausging, dass auf dieser gemischten Route ein Marktversagen bestehe.

Palermo–Cagliari: Tirrenia war der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der einen gemischten Verkehr auf dieser Route anbot. In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 (siehe Fußnote 87) gab Pan Med an, dass Grimaldi einen Frachtverkehr zwischen diesen Häfen anböte. Die Kommission stellte jedoch fest, dass ungeachtet möglicher anderer Unterschiede zu den einzelnen von CIN nach dem neuen Vertrag zu erfüllenden Anforderungen ein reiner Frachtdienst den Bedarf an Transportleistungen im öffentlichen Interesse hinsichtlich des Passagier- und Pkw-Verkehrs nicht erfüllen kann. Daher hat Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen, als es davon ausging, dass auf dieser gemischten Route ein Marktversagen bestehe.

Trapani–Cagliari: Tirrenia war der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der einen gemischten Verkehr auf dieser Route anbot. In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 (siehe Fußnote 87) gab Pan Med an, dass Grimaldi einen Frachtverkehr zwischen diesen Häfen anböte. Die Kommission stellte jedoch fest, dass ungeachtet möglicher anderer Unterschiede zu den einzelnen von CIN nach dem neuen Vertrag zu erfüllenden Anforderungen ein reiner Frachtdienst den Bedarf an Transportleistungen im öffentlichen Interesse hinsichtlich des Passagier- und Pkw-Verkehrs nicht erfüllen kann. Daher hat Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen, als es davon ausging, dass auf dieser gemischten Route ein Marktversagen bestehe.

Termoli–Tremiti-Inseln: Tirrenia war der einzige Wirtschaftsbeteiligte auf dieser Route. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Italien keinen offensichtlichenn Fehler begangen hat, als es davon ausging, dass auf dieser gemischten Route ein Marktversagen bestehe.

(346)

Auf den Übrigen vier gemischten Routen, die vom neuen Vertrag abgedeckt werden, boten neben Tirrenia auch andere Wirtschaftsbeteiligte ihre gemischten Dienste an. Trotzdem kam die Kommission zu dem Schluss, dass Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als es davon ausging, dass auf diesen vier Routen ein Marktversagen bestehe. Insbesondere erfüllen die von den übrigen Betreibern angebotenen Dienstleistungen aus nachstehend genannten Gründen nicht vollumfänglich die von Italien im neuen Vertrag festgelegten Anforderungen an die öffentlichen Dienstleistungen:

Genua–Porto Torres: GNV, der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der diese Route im einschlägigen Zeitraum ganzjährig bediente (siehe Erwägungsgründe 266 und 267), garantierte in der Nebensaison nur drei Abfahrten. Der neue Vertrag sieht jedoch vor, dass CIN beide Häfen täglich in Nachtverbindungen bedienen muss. Das Angebot von GNV erfüllte daher hinsichtlich der Regelmäßigkeit in der Nebensaison nicht die Anforderungen an die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen. Die Kommission erinnert daran, dass Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an CIN nur für den Betrieb dieser Route in der Nebensaison, d. h. bei Auftreten von Marktversagen, gewährt werden. Der Hinweis von Pan Med (siehe Erwägungsgrund 253) auf die Präsenz von GNV auf dieser Route kann daher nicht als Beweis dafür akzeptiert werden, dass das Marktangebot ausreichte, um den Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu decken.

Civitavecchia–Olbia: SNAV, der einzige Wirtschaftsbeteiligte, der diese Route zumindest während eines Teils des relevanten Zeitraums ganzjährig bediente, garantierte 2008 in der Nebensaison nur drei wöchentliche Abfahrten. Der neue Vertrag schreibt jedoch vor, dass CIN beide Häfen täglich in Nachtverbindungen bedienen muss. Zwar scheint SNAV dann die Frequenz seiner Dienste in der Nebensaison erhöht zu haben, doch stellte es den Betrieb auf dieser Route nach Mai 2011 ein, und sein Nachfolger GNV beschloss, diesen Dienst nur noch in der Hauptsaison aufrechtzuerhalten. Das Angebot von SNAV und die Präsenz einiger anderer Wirtschaftsbeteiligter in der Hauptsaison (siehe Erwägungsgrund 34) reichte daher nicht aus, um hinsichtlich der Regelmäßigkeit und Kontinuität in der Nebensaison die Anforderungen an die gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu decken. Grimaldis Hinweis auf die Präsenz von Moby auf dieser Route (siehe Erwägungsgrund 274) kann diese Schlussfolgerung nicht ändern, da Moby nur in der Hauptsaison tätig war. Die Kommission erinnert daran, dass die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen an CIN nur für den Betrieb dieser Route in der Nebensaison, d. h. bei Auftreten von Marktversagen, gewährt werden.

Neapel–Palermo: Der einzige Betreiber, der im betreffenden Zeitraum auf dieser Route ganzjährige Dienste anbot, war SNAV (in einigen Jahren in Zusammenarbeit mit GNV, siehe Erwägungsgrund 266) mit täglichen Abendabfahrten von beiden Häfen. Diese Häufigkeit entspricht im Prinzip dem, was nach dem neuen Vertrag erforderlich ist. Die von den italienischen Behörden vorgelegten Daten zeigen jedoch einen erheblichen Unterschied in der Kontinuität, die von SNAV und dem damaligen öffentlichen Dienstleister Tirrenia gewährleistet wurde. So annullierte SNAV im Zeitraum 2009-2012 76 Abfahrten auf dieser Route, während Tirrenia nur 19 Abfahrten annullierte (d. h. viermal weniger). Darüber hinaus fielen von diesen 76 Annullierungen durch SNAV 19 Annullierungen auf Feiertage, die restlichen 57 waren auf ungünstige Wetterbedingungen zurückzuführen. Trotz fast gleicher Abfahrtszeiten annullierte Tirrenia nur fünf Abfahrten (oder elfmal weniger als SNAV) aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen. Die übrigen Annullierungen durch Tirrenia waren auf höhere Gewalt zurückzuführen, d. h. sieben auf einen Streik des Personals und weitere sieben auf technische Probleme. Ferner hat Italien vorgebracht, dass SNAV die Qualitätsanforderungen des neuen Vertrags nicht erfülle, da das Unternehmen auf dieser Route mit Schiffen der Baujahre 1973, 1974, 1980 und nur in einem Fall mit einem Schiff aus dem Jahr 1989 operiere. Tirrenia und später CIN setzten jedoch neuere Schiffe ein (mit Baujahr 1999 und 2000). Als GNV 2011 (in Zusammenarbeit mit SNAV) den Betrieb dieser Route aufnahm, setzte das Unternehmen Schiffe aus den Jahren 1974, 1978 und zwei Schiffe aus dem Jahr 1989 ein (siehe Erwägungsgrund 267). Die Kommission ist der Ansicht, dass Italien auf der Grundlage dieser Tatsachen zu Recht zu dem Schluss gelangt ist, dass SNAV die Kontinuität, Regelmäßigkeit und Qualität des Dienstes auf dieser Route nicht ausreichend gewährleisten konnte und daher keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als es CIN mit dem Betrieb dieser Route betraute. Die Kommission erinnert daran, dass CIN nur in der Nebensaison für den Betrieb dieser Route (wenn die Wahrscheinlichkeit ungünstiger Witterungsbedingungen am größten ist) Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen erhält, das Unternehmen aber auch in der Hauptsaison und ohne solche Ausgleichszahlungen (aber immer noch unter Tarifzwang) auf dieser Route verkehrt. Der Verweis von Pan Med (siehe Erwägungsgrund 253) auf die Präsenz von SNAV auf dieser Route (seit 2011 in Zusammenarbeit mit GNV) kann daher nicht als Beweis dafür gelten, dass das Marktangebot ausreichend gewesen ist, um die gemeinwirtschaftlichen Bedürfnisse hinsichtlich Kontinuität, Regelmäßigkeit und Qualität zu erfüllen. Schließlich kann auch die Behauptung von Pan Med, es habe geplant, auf der Route Gaeta–Termini Imerese (siehe Erwägungsgrund 260), die der Route Neapel–Palermo entspräche, zu operieren, diese Schlussfolgerung nicht erschüttern. Insbesondere bezog sich Pan Med in einem Schreiben vom April 2013 auf seine Pläne und aus den von ihm vorgelegten Belegen geht hervor, dass Pan Med erst mehrere Monate, nachdem CIN (d. h. im Juli 2012) mit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut wurde, Schritte unternommen hat, um die erforderlichen Genehmigungen für den Betrieb dieser Route zu beantragen. Pan Med machte nicht geltend, dass es die Route Gaeta–Termini Imerese tatsächlich in Betrieb genommen hat. Auf jeden Fall hat Italien zum Zeitpunkt der Betrauung keinen offensichtlichen Fehler begangen, als es davon ausging, dass auf der Route Neapel–Palermo ein Marktversagen vorlag, da Pan Med noch keinen Antrag auf Aufnahme des Fährverkehrs gestellt hatte und das Angebot von SNAV und GNV hinsichtlich Kontinuität, Regelmäßigkeit und Qualität nicht den Anforderungen der öffentlichen Dienstleistung entsprach.

Genua–Olbia–Arbatax: Während des betreffenden Zeitraums verkehrte Moby nur während eines Teils des Jahres zwischen Genua und Olbia (in den meisten Jahren von Mitte März bis Mitte Oktober). Die Behauptung von Pan Med, Moby habe diese Verbindung das ganze Jahr über betrieben (siehe Fußnote 87), wird nicht durch Beweise gestützt. Daher kann auch der Hinweis von Grimaldi (siehe Erwägungsgrund 274) auf die Präsenz von Moby auf dieser Route nicht als Beleg eines fehlenden Marktversagens gewertet werden. Auch GNV (siehe Erwägungsgrund 266) verkehrte in der Hauptsaison nur zwischen Genua und Olbia. Der neue Vertrag verlangt jedoch, dass das CIN das ganze Jahr über mindestens dreimal pro Woche zwischen Genua und Olbia verkehrt. Darüber hinaus verlangt der neue Vertrag auch eine Verbindung nach Arbatax (zweimal pro Woche), die keiner der anderen Betreiber zur Verfügung stellt. Das Angebot von Moby und GNV reichte daher, insbesondere im Hinblick auf Kontinuität und Regelmäßigkeit, nicht aus, um die Anforderung an die öffentliche Dienstleistung zu decken.

(347)

Auf zwei der drei Frachtrouten erbrachte kein anderer Betreiber Frachtdienste, während auf der verbleibenden Frachtroute die von einem anderen Betreiber erbrachten Dienste die im neuen Vertrag festgelegten Anforderungen nicht vollständig erfüllten. Im Einzelnen:

Livorno–Cagliari(117) Während des relevanten Zeitraums boten andere Betreiber (z. B. Moby, wie von Pan Med hervorgehoben, siehe Erwägungsgrund 253) auf dieser Route nur eine Abfahrt pro Woche an. Der neue Vertrag verlangt von CIN jedoch wenigstens fünf wöchentliche Abfahrten für einen Frachtdienst zwischen diesen Häfen. Das Angebot anderer Betreiber reichte daher nicht aus, um hinsichtlich der Regelmäßigkeit die Anforderungen an die öffentliche Dienstleistung zu decken.

Neapel–Cagliari: Tirrenia war der einzige Betreiber, der einen gemischten Verkehr auf dieser Route anbot. In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 gab Pan Med an, dass Grimaldi einen Frachtverkehrsdienst zwischen Salerno und Cagliari unterhalte. Auch wenn die Häfen von Neapel und Salerno nur etwa 50 Straßenkilometer voneinander entfernt liegen, haben die italienischen Behörden vorgebracht, dass sie nicht als gegenseitig austauschbar gelten können. Italien hebt hervor, dass die CIPE-Richtlinie, die Teil der Rechtsgrundlage für die zu bewertende Ausgleichszahlung für öffentliche Dienstleistungen ist, darauf hinweise, dass eines der Ziele von Verträgen über öffentliche Dienstleistungen (und somit auch des neuen Vertrags mit CIN) darin bestehe, „Verbindungen zu schaffen, die geeignet sind, die Belastung auf den bereits verkehrsreichen Hauptstraßen des Halbinselteils des Landes durch den Kraftfahrzeugverkehr zu verringern“. Nach Angaben der italienischen Behörden trägt ein von Neapel aus betriebener Frachtdienst zu diesem Ziel bei, da die Straßen zwischen Neapel und Salerno von dichtem Verkehr geprägt sind. Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission auch fest, dass sie Italien vor dem Gerichtshof wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 2008/50/EG über die Luftqualität verklagt hat (118). Eine Reduzierung der Überlastung des Straßenverkehrs kann sicherlich zur Verbesserung der Luftqualität beitragen. Ungeachtet etwaiger anderer Unterschiede zu den spezifischen Anforderungen, die nach dem neuen Vertrag für CIN gelten, ist die Kommission der Auffassung, dass Italien auf der Grundlage dieser Tatsachen zu dem Schluss kommen konnte, dass die von Salerno aus betriebenen Frachtdienste den nach dem neuen Vertrag vorgeschriebenen nicht gleichwertig waren, und es daher keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als es ein Marktversagen auf der Frachtroute Neapel–Cagliari annahm.

Ravenna–Catania: Bis zum Zeitpunkt der Betrauung von CIN war Tirrenia der einzige Betreiber, der einen Frachtdienst auf dieser Route anbot. In seiner Antwort auf den Beschluss von 2012 gab Pan Med an, dass Grimaldi seit Ende 2012 einen Frachtverkehr zwischen diesen Häfen anböte. Darüber hinaus gab Pan Med an (siehe Erwägungsgrund 260), dass es plane, auf der Route Augusta–Ravenna einen Fährverkehr einzurichten, was der Route Catania–Ravenna entspräche. Pan Med bezog sich in einem Schreiben vom April 2013 auf seine Pläne, und die vom Unternehmen vorgelegten Belege zeigen, dass es erst im November 2012 Schritte unternommen hatte, um die notwendigen Genehmigungen für den Betrieb einer solchen Route zu beantragen. Pan Med hat außerdem nicht nachgewiesen, dass es die Route Augusta–Ravenna tatsächlich in Betrieb genommen hat. Da zum Zeitpunkt der Betrauung keine anderen Betreiber die Route bedienten, hat Italien jedenfalls keinen offensichtlichen Fehler begangen, als es ein Marktversagen auf dieser Frachtroute annahm (119).

(348)

In Anbetracht dessen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Marktkräfte zum Zeitpunkt der Betrauung allein nicht ausreichten, um die Anforderungen an die öffentlichen Dienstleistungen zu erfüllen. In der Tat war CIN auf einer Reihe von Routen der einzige Betreiber, während auf den übrigen Routen die von anderen Betreibern angebotenen Dienste in Bezug auf Kontinuität, Regelmäßigkeit, Kapazität und Qualität nicht gleichwertig waren und daher den von Italien im neuen Vertrag festgestellten Bedarf an öffentlichen Dienstleistungen nicht vollständig befriedigten.

3)   Der Ansatz der geringsten Beeinträchtigung

(349)

Die Kommission stellt fest, dass sich die italienischen Behörden dafür entschieden haben, einen öffentlichen Dienstleistungsvertrag mit einem Betreiber (CIN) abzuschließen, anstatt allen an der Bedienung der betreffenden Routen interessierten Betreibern gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen aufzuerlegen. Auf der Grundlage der von Italien vorgelegten Informationen räumt die Kommission ein, dass die Nachfrage der Nutzer (wie beschrieben, siehe Erwägungsgründe 333 bis 341) nicht durch eine allgemeine Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen hätte befriedigt werden können. Insbesondere ist CIN auf mehreren Routen der einzige Betreiber (siehe z. B. Erwägungsgrund 345) und, wenn dies nicht der Fall ist, erfüllt das Angebot der übrigen Betreiber nicht alle/die Anforderungen an Regelmäßigkeit, Kontinuität und Qualität. Darüber hinaus ist der Betrieb der meisten (wenn nicht aller) Routen, insbesondere in der Nebensaison, verlustbehaftet, sodass sie ohne Ausgleichszahlungen im Rahmen öffentlicher Dienstleistungen höchstwahrscheinlich überhaupt nicht bedient werden würden. Ecorys gelangte in seinem Bericht zu ähnlichen Schlussfolgerungen (siehe Erwägungsgrund 98). Darüber hinaus nimmt die Kommission das Argument Italiens zur Kenntnis, dass die Entscheidung für einen öffentlichen Dienstleistungsvertrag auch im Hinblick auf die Privatisierung von Tirrenia notwendig gewesen sei. Im Einzelnen bringt Italien vor, dass die Ausschreibung der Vermögenswerte von Tirrenia zusammen mit einem neuen öffentlichen Dienstleistungsvertrag i) die Kontinuität des öffentlichen Seeverkehrsdienstes gewährleisten, ii) den Wert für den Staat maximieren und iii) die Beschäftigung des Personals sichern könne. Aus diesen Gründen stimmte die Kommission (siehe Erwägungsgrund 114) der Ausschreibung der Tirrenia-Sparte zusammen mit dem neuen Vertrag durch Italien zu. Dabei billigte und bekräftigte die Kommission im vorliegenden Beschluss, dass Italien nicht auf gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen setzen kann, die für alle Betreiber gelten, sondern dass es besser allein mit CIN einen öffentlichen Dienstleistungsvertrag abschließt.

Schlussfolgerung

(350)

Auf der Grundlage der vorstehenden Bewertung kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Italien keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als es die CIN übertragenen Dienstleistungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse definiert hat. Die von der Kommission im Beschluss von 2012 geäußerten Zweifel sind damit ausgeräumt.

(351)

Um zu dem Schluss zu kommen, dass das erste Altmark-Kriterium erfüllt ist, muss die Kommission noch prüfen, ob CIN mit klar definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut wurde. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im neuen Vertrag und seinen Anhängen (die beispielsweise Schiffsspezifikationen für jede Route enthalten) klar beschrieben sind. Ebenso sind die Vorschriften, die die Ausgleichsleistungen regeln, im Vertrag, im Gesetz von 2009 und in der CIPE-Richtlinie detailliert aufgeführt. Der neue Vertrag hat auch eine klare Laufzeit (acht Jahre), weist CIN als Betreiber der öffentlichen Dienstleistungen aus und enthält die Vorkehrungen zur Vermeidung und Rückforderung einer Überkompensation (siehe auch Erwägungsgrund 365). Deshalb ist nach Auffassung der Kommission das erste Altmark-Kriterium erfüllt.

Liegeplatzvorrang

(352)

Artikel 19ter Absatz 21 des Gesetzes von 2009 legt eindeutig fest, dass der Liegeplatzvorrang notwendig ist, um die territoriale Anbindung der Inseln zu gewährleisten, aber auch im Hinblick auf die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia. Gäbe es keinen Liegeplatzvorrang für Unternehmen, die mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut sind, müssten diese (bisweilen) beim Anlegen warten, bis sie an der Reihe sind, hierdurch müssten sie Verzögerungen in Kauf nehmen, die dem Ziel einer zuverlässigen und bequemen Verbindung zu den Bürgern zuwiderlaufen würden. Ein regelmäßiger Fahrplan ist in der Tat notwendig, um die Mobilitätsbedürfnisse der Inselbevölkerung zu befriedigen und zur wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Inseln beizutragen. Da der neue Vertrag spezifische zeitliche Verpflichtungen für die Abfahrt der Schiffe auf Routen im Rahmen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse vorsieht, trägt der Liegeplatzvorrang außerdem dazu bei, dass die Häfen Liegeplätze und Liegezeiten so zuteilen, dass der Betreiber von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse seinen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen kann. Der Liegeplatzvorrang wurde CIN mit der Übernahme der Tirrenia-Sparte übertragen. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass diese Maßnahme gewährt wird, um CIN in die Lage zu versetzen, ihre gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen, die eine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellen (siehe Erwägungsgrund 350). Darüber hinaus haben die italienischen Behörden bestätigt, dass der Liegeplatzvorrang nur für Dienstleistungen gilt, die im Rahmen von Leistungen im öffentlichen Interesse erbracht werden (und beispielsweise nicht, wenn CIN in der Hauptsaison Routen auf kommerzieller Basis bedient). Aus diesem Grund steht der Liegeplatzvorrang mit dem ersten Kriterium des Altmark-Urteils in Einklang.

7.1.3.2.   Zweites Altmark-Kriterium

(353)

Die Kommission erinnert daran, dass sie im Beschluss von 2012 (siehe Erwägungsgrund 205) die vorläufige Auffassung vertreten hatte, dass das zweite Kriterium des Altmark-Urteils eingehalten wird.

(354)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass die Parameter, die der Berechnung des Ausgleichs zugrunde liegen, im Voraus festgelegt wurden und betrachtet die Transparenzanforderungen nach dem zweiten Altmark-Kriterium als erfüllt.

(355)

Genauer gesagt werden die Parameter, auf deren Grundlage die Ausgleichsleistung berechnet wurde, in der CIPE-Richtlinie ausführlich erläutert und im neuen Vertrag (und seinen Anhängen) umgesetzt, die Ausgleichshöchstbeträge sind im Gesetz von 2009 festgelegt. Die Methode zur Berechnung der Ausgleichsleistung, einschließlich z. B. der zu berücksichtigenden Kostenelemente, ist in der CIPE-Richtlinie ausführlich aufgeführt. Da der Liegeplatzvorrang keinen finanziellen Ausgleich für CIN beinhaltet, ist die Kommission der Ansicht, dass diese Maßnahme die Voraussetzung für das zweite Altmark-Kriterium erfüllt.

(356)

Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das zweite Kriterium des Altmark-Urteils erfüllt ist.

7.1.3.3.   Drittes Altmark-Kriterium

(357)

Gemäß dem dritten Altmark Kriterium, darf der Ausgleich für die Verpflichtung zur Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

(358)

Das Altmark-Urteil enthält jedoch keine genaue Definition eines angemessenen Gewinns. Laut der DAWI-Mitteilung gilt als angemessener Gewinn die Kapitalrendite, die ein typisches Unternehmen zugrunde legt, um unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikos zu entscheiden, ob es die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse über den gesamten Zeitraum der Betrauung erbringt. Die Höhe des Risikos hängt vom Wirtschaftszweig, der Art der Dienstleistung und der Ausgestaltung des Ausgleichsmechanismus ab.

(359)

Im Beschluss von 2012 äußerte die Kommission Zweifel an der Verhältnismäßigkeit des an CIN gezahlten Ausgleichs. Insbesondere vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die Risikoprämie von 6,5 % kein angemessenes Risikoniveau widerspiegelt, da CIN auf den ersten Blick die Risiken, die normalerweise beim Betrieb solcher Dienste getragen werden, nicht zu übernehmen schien. Genauer gesagt umfassen die Kostenelemente, die bei der Berechnung der Ausgleichszahlung berücksichtigt werden, alle Kostenelemente, die mit der Erbringung der Dienstleistung verbunden sind, auch Schwankungen z. B. bei den Treibstoffpreisen wurden berücksichtigt. Infolgedessen war die Kommission zu jenem Zeitpunkt der Auffassung, dass CIN möglicherweise überkompensiert wurde.

(360)

Die Kommission stellt fest, dass bestimmte Aspekte der Methode für die Festlegung des Ausgleichs, wie sie im neuen Vertrag enthalten sind, in der Tat das kommerzielle Risiko für CIN zu verringern scheinen. Insbesondere werden die Höchsttarife, die CIN erheben kann, jährlich angepasst, um die Inflation und Schwankungen bei den Treibstoffkosten auszugleichen. Darüber hinaus enthält der neue Vertrag bestimmte Klauseln (siehe Erwägungsgrund 107), die auf die Aufrechterhaltung des wirtschaftlich-finanziellen Gleichgewichts der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse abzielen. Insbesondere für den Fall, dass die Ausgleichszahlungen für die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht ausreichen, um die Kosten der durch den neuen Vertrag übertragenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu decken, erlauben diese Klauseln eine Revision i) des Umfangs dieser Dienstleistungen, ii) der Art und Weise, wie die Dienstleistungen erbracht werden (z. B. die Art der Schiffe) oder iii) der Höchsttarife.

(361)

Die vorgenannten Klauseln unterliegen jedoch einer Reihe von Einschränkungen. Insbesondere wird nach Artikel 8 des neuen Vertrags das wirtschaftlich-finanzielle Gleichgewicht der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nur alle drei Jahre überprüft. Sollte diese Überprüfung ergeben, dass die Ausgleichszahlungen nicht ausreichen, um die Kosten der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu decken, können sich CIN und die italienischen Behörden nur darauf einigen, Änderungen für den nächsten Dreijahreszeitraum vorzunehmen. Für den Fall, dass die Einnahmen oder Kosten der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse unvorhersehbare strukturelle Abweichungen aufweisen, die mehr als 3 % über oder unter den im neuen Vertrag festgelegten Werten liegen, können die Parteien nach Artikel 9 des Vertrags (unter bestimmten Bedingungen) eine Revision des wirtschaftlich-finanziellen Gleichgewichts beantragen. Beiden Artikeln zufolge sind solche Änderungen (falls erfolgt) das Ergebnis eines Verhandlungsverfahrens, und bis eine Einigung erzielt wird, muss CIN die Dienstleistung im öffentlichen Interesse weiter unverändert erbringen. Infolgedessen bleibt CIN zu einem Teil dem Risiko ausgesetzt, dass die Ausgleichsleistung nicht ausreicht, um die Kosten für den Betrieb der Dienstleistungen zu decken. Zwar können die Artikel 8 und 9 des neuen Vertrags zur Wiederherstellung des wirtschaftlich-finanziellen Gleichgewichts herangezogen werden, doch kann dies nur in die Zukunft gewandt geschehen und ist nicht rückwirkend möglich.

(362)

Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 42), sieht die CIPE-Richtlinie vor, dass die Risikoprämie von 6,5 % zur Bestimmung der Kapitalrendite nach der WACC-Formel verwendet wird. Im Verlauf des förmlichen Prüfverfahrens (siehe Erwägungsgrund 180) hat Italien jedoch klargestellt, dass aufgrund der Begrenzung der Ausgleichsleistung durch das Gesetz von 2009 beschlossen wurde, die Berechnung zu vereinfachen, indem 6,5 % als pauschale Kapitalrendite angewandt werden. Die italienischen Behörden haben auch nachgewiesen, dass die Anwendung der vollständigen Berechnungsmethode, wie sie in der CIPE-Richtlinie festgelegt ist, zumindest in einigen Jahren zu einer Kapitalrendite von über 6,5 % hätte führen können. Aus diesem Grund ist Italien der Ansicht, dass sein vereinfachter Ansatz konservativ sei und keine höhere Ausgleichsleistung für CIN zulasse, als sie in der CIPE-Richtlinie festgelegt wurde.

(363)

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission die für CIN geltende Kapitalrendite von 6,5 % mit der gemittelten Kapitalrendite verglichen, die von einer Vergleichsgruppe im Jahr 2011 (dem Jahr vor der Beauftragung von CIN) erzielt wurde. Die Vergleichsgruppe besteht aus ausgewählten Fährdienstbetreibern, die Seeverkehrsverbindungen innerhalb Italiens oder zwischen Italien und anderen Mitgliedstaaten anbieten (120). Die Analyse zeigt, dass die auf CIN angewandte Rendite auf das eingesetzte Kapital knapp unter dem Mittelwert der von der Vergleichsgruppe erzielten Rendite liegt. Dieser Vergleich verdeutlicht, dass im Jahr vor der Betrauung von CIN eine Kapitalrendite von 6,5 % nicht unangemessen war.

(364)

Vor allem stellt die Kommission fest, dass CIN unabhängig von dem Betrag, auf den das Unternehmen aufgrund der Berechnungen nach der genannten Methode (einschließlich der Kapitalrendite) Anspruch hätte, niemals mehr als den im Gesetz von 2009 festgelegten Höchstbetrag (d. h. 72 685 642 EUR) erhalten kann. Dieser Betrag, der 2009 festgelegt und nie an die Inflation angepasst wurde, war höchstwahrscheinlich konservativ, da er fast 10 % unter dem lag, was Tirrenia für das Erbringen der Dienstleistungen im selben Jahr benötigte (121). Die aktuellen Zahlen für den Zeitraum 2012-2018 in Tabelle 6 zeigen, dass außer 2015 die Ausgleichszahlung für die Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse in keinem Jahr ausreichte, um die Nettokosten der Dienstleistungen einschließlich einer Kapitalrendite von 6,5 % zu decken. In Übereinstimmung mit Randnummer 47 des DAWI-Rahmens von 2011 bewertet die Kommission, ob eine Überkompensation über die gesamte Vertragslaufzeit vorliegt. Für den Zeitraum 2012-2018 erhielt CIN etwa 47 Mio. EUR weniger als dem Unternehmen aufgrund der Berechnung nach vorgenannter Methodik plus einer Rendite von 6,5 % zugestanden hätte. Diese Zahl bestätigt, dass die Überprüfungsklauseln des neuen Vertrags CIN nicht vor allen Risiken im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse schützen. Zwar wurde der Umfang der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse im August 2014 (siehe Erwägungsgrund 103) auf Antrag von CIN auf der Grundlage von Artikel 9 des neuen Vertrags geändert, doch hatte dies keinen Einfluss auf die bis zu diesem Zeitpunkt entstandene Unterkompensation. Auch wenn sich die Ergebnisse in einigen der folgenden Jahre verbesserten, betrug die erzielte Kapitalrendite von CIN für den gesamten Zeitraum (bis 2018) nur etwa 3,4 % (122) statt der ursprünglich von Italien vorgesehenen 6,5 %.

Tabelle 6

Nettokosten der von CIN betriebenen Dienstleistungen im öffentlichen Interesse für den Zeitraum 2012-2018

(in EUR)

CIN: Öffentl. Dienst-leistungsauftrag

2012

2013

2014

2015

2016

2017

2018

Gesamt

Gesamtein-nahmen

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

– Gesamtkosten

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

– Ammortisierung

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

= Nettokosten

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[...]

[...]

+ Kapitalrendite (6,5 %)

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[...]

[...]

= Ausgleichsfähig

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[...]

[...]

+ Tatsächlicher Ausgleich

32 707 233

72 685 642

72 685 642

72 685 642

72 685 642

72 685 642

72 685 642

468 821 085

= Über-/ Unter-kompensation

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[...]

– 47 450 022

(365)

Die Kommission nimmt ferner positiv zur Kenntnis, dass der neue Vertrag CIN verpflichtet, dem Verkehrsministerium jedes Jahr seine (nach Routen unterteilte und von einem unabhängigen Rechnungsprüfer beglaubigte) Verwaltungsabrechnung zu übermitteln, damit dieses prüfen kann, ob eine Überkompensation vorliegt. Dies bietet einen zusätzlichen Schutzmechanismus, um sicherzustellen, dass CIN nicht in den Genuss einer Überkompensation kommt. Da in diesen Konten auch zwischen den im Rahmen der Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse betriebenen Routen und den auf kommerzieller Basis betriebenen Routen unterschieden wird, ist eine Quersubventionierung der letztgenannten Aktivitäten ausgeschlossen. Die italienischen Behörden legten diese Verwaltungsabrechnungen auch für den Zeitraum 2012-2018 vor, sodass die Kommission die Berechnungen in Tabelle 6 durchführen konnte.

(366)

Angesichts des Vorgenannten kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Ausgleichszahlungen an CIN für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten zu decken, die bei der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen anfallen, wobei die entsprechenden Einnahmen und ein angemessener Gewinn zu berücksichtigen sind. Genauer gesagt ist die Kommission der Ansicht, dass die in der CIPE-Richtlinie vorgesehene Risikoprämie von 6,5 % in Kombination mit dem im Gesetz von 2009 festgelegten Ausgleichshöchstbetrag bewertet werden muss. Vor diesem Hintergrund entsprach die Kapitalrendite, die CIN aus einer Ex-ante-Perspektive erwarten konnte, den Risiken, die es beim Erbringen der öffentlichen Dienstleistungen im Rahmen des neuen Vertrags eingegangen war. Die Zweifel der Kommission an der Erfüllung des dritten Kriteriums des Altmark-Urteils sind damit ausgeräumt.

(367)

Hinsichtlich des Liegeplatzvorrangs und einer sich daraus ergebenden möglichen Überkompensation stellt die Kommission Folgendes fest: Italien hat vorgebracht, dass jeder mögliche finanzielle Vorteil aus dem Liegeplatzvorrang begrenzt sei (siehe Erwägungsgrund 191). Infolgedessen sei auch das Risiko einer Überkompensation durch diese Maßnahme begrenzt. In dem Maße, in dem diese Maßnahme die Betriebskosten des Betreibers der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse senkten oder die Einnahmen des Betreibers des Dienstes erhöhten, würden sich diese Auswirkungen in der internen Buchführung des Betreibers in vollem Umfang niederschlagen. Die vorgenannte Analyse der Kommission (siehe Erwägungsgrund 364) bestätigte, dass CIN im Zeitraum 2012-2018 keine Überkompensation erhalten hat. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass auch der Liegeplatzvorrang das dritte Altmark-Kriterium erfüllt.

7.1.3.4.   Viertes Altmark-Kriterium

(368)

Das vierte Altmark-Kriterium ist erfüllt, wenn der Empfänger eines Ausgleichs für die Erbringung einer Dienstleistungen im öffentlichen Interesse im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens ausgewählt wurde, das die Auswahl desjenigen Bieters ermöglichte, der die geforderten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann oder, sollte dies nicht der Fall sein, der Ausgleich unter Berücksichtigung der Kosten eines effizienten Unternehmens berechnet wurde.

(369)

Nach Absatz 63 der DAWI-Mitteilung ist für Behörden der einfachste Weg, das vierte Altmark-Kriterium zu erfüllen, ein offenes, transparentes und diskriminierungsfreies öffentliches Vergabeverfahren gemäß Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden „Richtlinie 2004/17/EG“) (123) und Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (im Folgenden „Richtlinie 2004/18/EG“) (124).

(370)

Darüber hinaus wird in Randnummer 65 der DAWI-Mitteilung darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein öffentliches Vergabeverfahren das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nur dann ausschließt, wenn es die Auswahl des Bieters ermöglicht, der in der Lage ist, die Dienstleistung „zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit“ zu erbringen.

(371)

Die Kommission stellt fest, dass im vorliegenden Fall das Ausschreibungsverfahren vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (125) (die für öffentliche Aufträge über den Betrieb von Seeverkehrsdiensten gilt) und der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (126) erfolgte. Zu jener Zeit waren Richtlinie 2004/17/EG und Richtlinie 2004/18/EG anwendbar. Richtlinie 2004/17/EG gilt jedoch nicht für Seeverkehrsdienste in der Art wie die von Tirrenia angebotenen. In der Tat stellt Artikel 5 der Richtlinie 2004/17/EG klar, dass nur Transportdienstleistungen mit der Eisenbahn, automatischen Systemen, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel in ihren Geltungsbereich fallen.

(372)

Öffentliche Aufträge, die von den Vergabebehörden im Rahmen ihrer Dienstleistungstätigkeiten für die See-, Küsten- oder Binnenschifffahrt vergeben werden, fallen stattdessen auf der Grundlage von Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2004/18/EG in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Allerdings sind die Schifffahrtsdienste auch in Anhang II B dieser Richtlinie aufgeführt, der festlegt (127), dass sie nur den Artikeln 23 und 35 Absatz 4 der Richtlinie unterliegen. Dies bedeutet, dass ein öffentlicher Auftrag für Seeverkehrsdienstleistungen nach Richtlinie 2004/18/EG nur den Verpflichtungen hinsichtlich der technischen Spezifikationen (Artikel 23) und der Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Bekanntmachung über die Auftragsvergabe unterliegt (nach der Auftragsvergabe und somit am Ende, nicht zu Beginn des Vergabeverfahrens: Artikel 35 Absatz 4.) Alle anderen in Richtlinie 2004/18/EG vorgesehenen Vorschriften — einschließlich der Bestimmungen über den Inhalt der zu veröffentlichenden Bekanntmachungen (Artikel 36 Absatz 1) und der Bestimmungen über die Auswahlkriterien (Artikel 45 bis 52) — sind nicht auf öffentliche Aufträge für Seeverkehrsdienstleistungen anwendbar.

(373)

Darüber hinaus gilt die Richtlinie 2004/18/EG ohnehin nicht für Dienstleistungskonzessionen im Sinne ihres Artikels 1 Absatz 4 (128). Die Kommission stellt fest, dass Dienstleistungskonzessionen, die ein gewisses grenzüberschreitendes Interesse haben, dennoch weiterhin den allgemeinen im Vertrag festgelegten Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung unterliegen.

(374)

Auf der Grundlage des Genannten kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Richtlinie 2004/18/EG nur im Falle eines öffentlichen Auftrags Anwendung finden kann, nicht aber, wenn es sich um eine Dienstleistungskonzession handelt. Da es im vorliegenden Fall außerdem um Dienstleistungen im Bereich des Seetransports geht, wären nur einige der Anforderungen dieser Richtlinie anwendbar. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass sie sich nicht allein auf die Einhaltung der Vergaberichtlinien stützen kann, um die Einhaltung des vierten Altmark-Kriteriums nachzuweisen. Aus diesem Grund bewertet die Kommission im Folgenden, ob das von Italien angewandte Ausschreibungsverfahren vom Wettbewerb bestimmt, transparent und diskriminierungsfrei war. Bei dieser Beurteilung stützt sich die Kommission auf die einschlägigen Leitlinien in ihrer Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe (insbesondere die Absätze 89 ff.) (129).

Vom Wettbewerb bestimmte und transparente Art der Ausschreibung

(375)

Randnummer 90 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe legt fest, dass ein Ausschreibungsverfahren vom Wettbewerb bestimmt (130) sein muss, damit alle interessierten und qualifizierten Bieter an dem Verfahren teilnehmen können. Ferner muss das Verfahren gemäß Randnummer 91 dieser Bekanntmachung transparent sein, damit alle interessierten Bieter in jeder Phase des Ausschreibungsverfahrens in gleicher Weise ordnungsgemäß informiert sind. In diesem Artikel wird auch betont, dass die Zugänglichkeit von Informationen, ausreichende Zeit für interessierte Bieter und die Klarheit der Auswahl- und Vergabekriterien entscheidende Elemente für ein transparentes Auswahlverfahren sind, und es wird darauf hingewiesen, dass ein Angebot ausreichend bekannt gemacht werden muss, damit alle potenziellen Bieter es zur Kenntnis nehmen können.

(376)

Als Vorbemerkung weist die Kommission darauf hin, dass das italienische Recht (131) dem Sonderverwalter zwar die Möglichkeit gab, private Verhandlungen mit potenziellen Käufern zu führen, dieser im vorliegenden Fall aber kein Gebrauch von dieser Möglichkeit machte. In der Tat wurde in diesem Fall ein offenes Ausschreibungsverfahren bevorzugt, um sicherzustellen, dass die Tirrenia-Sparte zum Marktpreis verkauft und der Verkaufserlös so maximiert wird. Da keine privaten Verhandlungen über die Privatisierung der Tirrenia-Sparte erfolgten, sind die von der Kommission im Beschluss von 2011 geäußerten Zweifel an dieser Möglichkeit ausgeräumt.

(377)

Im vorliegenden Fall wurde das Ausschreibungsverfahren durch die Veröffentlichung einer Aufforderung zur Interessenbekundung für den Erwerb der Tirrenia-Sparte in einer internationalen und mehreren nationalen Tageszeitungen sowie auf ausgewählten Fachwebsites eingeleitet (siehe Erwägungsgrund 70). In diesem Aufruf wurde „jeder, der die Kontinuität des Seeverkehrsdienstes gewährleisten kann“ aufgefordert, sein Interesse zu bekunden, und es wurden keine weiteren Bedingungen gestellt. Potenzielle Interessenten erhielten auch ausreichend Zeit (d. h. 35 Tage), um ihr Interesse zu bekunden, sodass sie am weiteren Prozess teilnehmen konnten. In der folgenden Due-Diligence-Phase dieses Verfahrens erhielten die qualifizierten Bieter vier Monate Zeit für die Prüfung aller einschlägigen Informationen, um feststellen zu können, ob und wie viel sie für die Tirrenia-Sparte bieten wollten.

(378)

Die Kommission stellt fest, dass in der Aufforderung zur Interessenbekundung klargestellt wurde, dass die Tirrenia-Sparte nach den besonderen Regeln des Marzano-Verfahrens mit dem ausdrücklichen Ziel verkauft werden würde, die Kontinuität des Seeverkehrsdienstes im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu gewährleisten. Ferner wurde in der Aufforderung auf Artikel 19ter des Gesetzesdekrets Nr. 135 vom 25. September 2009 Bezug genommen, in dem festgelegt ist, dass nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens ein neuer Vertrag mit dem Käufer von Tirrenia geschlossen wird. In diesem Artikel wird auch angegeben, dass die Laufzeit eines solchen neuen Vertrags nicht länger als acht Jahre betragen werde, und es wird beschrieben, was der Vertrag umfasst. Darüber hinaus ist im selben Artikel der Höchstbetrag der Ausgleichsleistung für Tirrenia auf 72 685 642 EUR pro Jahr über die gesamte Dauer des neuen Vertrags festgelegt. Schließlich legt Artikel 19ter auch fest, dass der Erwerber von Tirrenia den Liegeplatzvorrang auf den gemeinwirtschaftlichen Routen behält.

(379)

Wie im Beschluss von 2011 dargelegt, enthielt die Aufforderung zur Interessenbekundung keine spezifischen Einzelheiten über die genauen zum Verkauf stehenden Vermögenswerte, über das Zuschlagskriterium und über den Zeitplan der nächsten Schritte des Ausschreibungsverfahrens. Die Kommission ist der Auffassung, dass das Ausschreibungsverfahren insgesamt aus den in den folgenden Erwägungsgründen dargelegten Gründen dennoch ausreichend transparent war.

(380)

Erstens wurde im Aufruf zur Interessenbekundung erwähnt, dass die Bieter in der Lage sein müssen, „die Kontinuität des Seeverkehrsdienstes zu gewährleisten“. Dies war das einzige Auswahlkriterium, das Italien berücksichtigte, um festzulegen, ob ein Interessent an der Ausschreibung teilnehmen durfte oder nicht. Zwar wurde in der Aufforderung nicht angegeben, wie die Bieter nachweisen konnten, dass sie diese Anforderung erfüllen, doch bedeutet dies standardmäßig, dass alle geeigneten Belege verwendet werden konnten (132). Der Kommission sind keine Informationen zugegangen, aus denen hervorgeht, dass einer oder mehrere der fünf ausgeschlossenen Interessenten tatsächlich ausreichende Nachweise dafür erbracht hätte(n), über ausreichende finanzielle Mittel zu verfügen, um, wie im Aufruf zur Interessenbekundung gefordert, die Kontinuität des Dienstes gewährleisten zu können. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieses Auswahlkriterium für alle interessierten Bieter klar und im Hinblick auf das verfolgte Ziel auch gerechtfertigt war.

(381)

Zweitens wurde, wie in Erwägungsgrund 378 erläutert, durch den Verweis auf das Gesetzesdekret Nr. 135 vom 25. September 2009 den interessierten Parteien deutlich gemacht, dass nach Abschluss des Ausschreibungsverfahrens ein neuer Vertrag (mit einer Höchstdauer von acht Jahren) unterzeichnet werden würde und dass der jährliche Betrag der Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auf höchstens 72 685 642 EUR pro Jahr festgesetzt werden würde. Darüber hinaus wurde im Aufruf zur Interessenbekundung angegeben, dass das Ziel der Verkauf der Sparte sei, die sich der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse widmet. Darüber hinaus wurden, wie von Italien bestätigt, allen 11 Parteien, die sich schließlich zur Teilnahme an der Due-Diligence-Phase entschlossen hatten, die einschlägigen Informationen über den Umfang des Verkaufs, einschließlich des Entwurfs des zwischen dem Käufer und dem Staat abzuschließenden Vertrags zur Verfügung gestellt. Dies ermöglichte es den Parteien, sich zu entscheiden, ob sie an dem Bieterverfahren teilnehmen wollten oder nicht, und die Höhe ihres Gebots im Fall einer positiven Entscheidung festzulegen. Die Kommission weist darauf hin, dass es bei Verkaufsverfahren zwischen privaten Anbietern gängige Praxis ist, dass kommerziell sensible Informationen erst in der Phase der Due-Diligence-Prüfung zur Verfügung gestellt werden. Aus demselben Grund mussten die interessierten Parteien Vertraulichkeitsvereinbarungen unterzeichnen, bevor sie Zugang zu den entsprechenden Unterlagen erhielten (siehe Erwägungsgrund 71). Auf dieser Grundlage ist die Kommission der Auffassung, dass aus dem Aufruf zur Interessenbekundung (133) hinreichend klar hervorging, dass der Verkauf die mit einem neuen Vertrag gebündelte Tirrenia-Sparte betraf. Nach der Interessenbekundung erhielten die Parteien Zugang zu allen notwendigen Informationen, die sie brauchten, um über ein mögliches Angebot zu entscheiden.

(382)

Drittens stellt die Kommission in Bezug auf den Zeitplan für die nachfolgenden Phasen des Ausschreibungsverfahrens Folgendes fest: Die interessierten Bieter, die das einzige Auswahlkriterium erfüllten, wurden mit Schreiben vom 10. November 2010 zur Teilnahme an der Due-Diligence-Prüfung eingeladen. Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 teilte dann der Sonderverwalter den verbleibenden interessierten Bietern die relevanten Einzelheiten zu den nächsten Schritten des Verfahrens, insbesondere zum Zeitplan und den Kriterien für die Zulassung zur zweiten Phase der Due-Diligence-Prüfung mit. Die Kommission ist der Ansicht, dass das Fehlen dieser Informationen in der Aufforderung zur Interessenbekundung (134) potenzielle Bieter wahrscheinlich nicht davon abgehalten hat, ihr Interesse zu bekunden.

(383)

Viertens stellt die Kommission fest, dass auf der Grundlage der Aufforderung 21 Parteien ihr Interesse an einer Übernahme der Tirrenia-Sparte bekundet haben. Zu diesen 21 Parteien gehörten nationale, europäische und außereuropäische Unternehmen, darunter einige der führenden Fährbetreiber Italiens (z. B. Grandi Navi Veloci, Moby). Die Kommission ist der Ansicht, dies bestätige, dass allen potenziellen Bietern ausreichend Gelegenheit gegeben wurde, ihr Interesse an einer Teilnahme am Ausschreibungsverfahren zu bekunden. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass interessierte Parteien keine aufwendigen Verfahren befolgen mussten und keine erheblichen Kosten gehabt hätten, ihr Interesse zu bekunden. Es genügte, ein Schreiben zu übermitteln, in dem sie ihre Fähigkeit unter Beweis stellten, die Kontinuität des Seetransportdienstes zu gewährleisten. Die sechzehn dieses Auswahlkriterium erfüllenden Parteien wurden dann zur Due-Diligence-Prüfung eingeladen, und elf von ihnen beschlossen, sich daran zu beteiligen. Erst nach dieser Phase mussten die Parteien entscheiden, ob sie ein Gebot abgeben wollten und wenn ja, wie hoch ihr Gebot sein würde.

(384)

Schließlich stellte die Kommission im Beschluss von 2012 fest, dass es ungewiss sei, ob sich alle potenziellen Bieter in den frühen Phasen des Ausschreibungsverfahrens der Möglichkeit bewusst gewesen seien, die Entrichtung eines Teils des Kaufpreises über mehrere Jahre zinsfrei aufzuschieben können. Diese Möglichkeit wurde in der Aufforderung zur Interessenbekundung nicht erwähnt, aber auch nicht ausgeschlossen (135). CIN gab sein Angebot auf einer Grundlage ab, die die gestaffelte Entrichtung von fast der Hälfte des Kaufpreises ermöglichte. Die Kommission stellt zunächst fest, dass, da die Ausschreibung einen öffentlichen Dienstleistungsvertrag mit einer Laufzeit von acht Jahren umfasste, der Aufschub der Entrichtung eines Teils des Kaufpreises über die Laufzeit dieses Vertrags nicht ungewöhnlich war. Bei Konzessionsverträgen ist es in der Tat üblich, dass die Konzessionsgebühr in Raten und nicht vollständig im Voraus entrichtet wird. Insbesondere stellt die Kommission fest, dass der reale Wert des Angebots von CIN, der sich aus der Abzinsung der aufgeschobenen Zahlungen auf ihren Wert zum Zeitpunkt des Verkaufs ergibt, nur etwa 4 % niedriger ist, als wenn der volle Preis im Voraus bezahlt worden wäre. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser relativ kleine Unterschied wahrscheinlich nicht die Bereitschaft der betroffenen Parteien zur Interessenbekundung beeinflusst hat. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Wert der Tirrenia-Sparte (einschließlich des neuen Vertrags) nicht bekannt war, als die Parteien ihr Interesse bekundeten, sodass die Kenntnis der Stundungsmöglichkeit zu diesem Zeitpunkt keinen Einfluss auf die Entscheidung zur Teilnahme am Ausschreibungsverfahren gehabt haben dürfte. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass das verbindliche Angebot von CIN (einschließlich der Teilstundung) im Datenraum zur Verfügung gestellt wurde und alle anderen Bieter ausdrücklich aufgefordert wurden, ein besseres Angebot zu unterbreiten. Trotz einer Frist von sechzehn Tagen und der Möglichkeit, ebenfalls einen Zahlungsaufschub in ihre Angebote aufzunehmen, meldete sich keiner der anderen Bieter. Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Möglichkeit, die Entrichtung (eines Teils) des Kaufpreises aufzuschieben, nicht als eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit oder der Transparenz des Ausschreibungsverfahrens angesehen werden kann.

(385)

Auf der Grundlage des Vorstehenden ist die Kommission der Auffassung, dass das Ausschreibungsverfahren insgesamt gesehen vom Wettbewerb bestimmt und transparent war. Insbesondere die Absicht von Tirrenia, die Sparte zur Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse (d. h. die Tirrenia-Sparte) zu veräußern und mit dem erfolgreichen Bieter einen neuen Vertrag mit einer Laufzeit von acht Jahren abzuschließen, wurde auf breiter Basis bekannt gemacht, sodass alle potenziellen Bieter auf den betreffenden regionalen oder internationalen Märkten erreicht wurden. Darüber hinaus berücksichtigt die Kommission, dass potenzielle Bieter leicht ihr Interesse bekunden konnten und zu diesem Zeitpunkt keine Verpflichtungen eingingen. Unter der Voraussetzung, dass sie nachweisen konnten, dass sie das einzige Auswahlkriterium erfüllten, erhielten alle Parteien die notwendigen Informationen und Zeit, um entscheiden zu können, ob und wie viel sie für die Tirrenia-Sparte bieten wollten. Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass ihre Zweifel, dass das Ausschreibungsverfahren aufgrund möglicher Mängel in der Aufforderung zur Interessenbekundung nicht transparent genug war, zerstreut sind.

Diskriminierungsfreier Charakter der Ausschreibung und höchster Preis als Zuschlagskriterium

(386)

In Randnummer 92 der Bekanntmachung über den Begriff der staatlichen Beihilfe wird hervorgehoben, dass die diskriminierungsfreie Behandlung aller Bieter in allen Phasen des Verfahrens und objektive Auswahl- und Vergabekriterien, die im Vorfeld des Verfahrens festgelegt werden, unabdingbare Voraussetzungen sind, um sicherzustellen, dass die daraus resultierende Transaktion den Marktbedingungen entspricht. Darüber hinaus ist in dieser Randnummer festgelegt, dass die Kriterien für die Auftragsvergabe zur Gewährleistung der Gleichbehandlung einen Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglichen müssen. Schließlich sollte nach Randnummer 95 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe bei der Veräußerung von Vermögenswerten durch öffentliche Einrichtungen das einzige relevante Kriterium für die Auswahl des Käufers der höchste gebotene Preis (136) sein, wobei auch die geforderten vertraglichen Vereinbarungen (z. B. die Verkaufsgarantie des Verkäufers) zu berücksichtigen sind.

(387)

Wie oben angegeben (siehe Erwägungsgrund 380), enthielt der Aufruf zur Interessenbekundung nur eine Auswahlbedingung, nämlich dass die Bieter in der Lage sein mussten, „die Kontinuität des Seeverkehrsdienstes sicherzustellen“. Fünf der 21 Interesse bekundenden Parteien wurden ausgeschlossen, da sich herausstellte, dass sie diese Bedingung nicht erfüllen konnten (siehe auch Fußnote 34). Die Kommission ist der Ansicht, dass das einzig anwendbare Auswahlkriterium objektiv war und allen interessierten Parteien im Aufruf zur Interessenbekundung hinreichend deutlich gemacht worden war.

(388)

Die 16 verbleibenden interessierten Bieter wurden dann zur Due-Diligence-Phase eingeladen, fünf von ihnen gaben aber an, nicht mehr interessiert zu sein. Während der viermonatigen Due-Diligence-Phase erhielten die elf verbleibenden Parteien Zugang zu einem Datenraum mit allen relevanten Informationen (siehe Erwägungsgrund 72), der es ihnen ermöglichte, die Geschäftssparte und den zum Verkauf stehenden Entwurf des neuen Vertrags zu beurteilen. Allen Bietern standen somit die gleichen Informationen zur Verfügung und sie wurden jederzeit gleich behandelt.

(389)

Am 2. Februar 2011 übermittelte der Sonderverwalter den elf verbliebenen interessierten Bietern ein Schreiben, in dem das Verfahren und die Anforderungen für die Abgabe eines Angebots im Einzelnen dargelegt wurden. In diesem Schreiben wurden insbesondere die Bedingungen für den Verkauf klar festgelegt: Erstellung eines Geschäftsplans für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie sie im Entwurf des Vertrags definiert sind, und Bereitstellung der erforderlichen Garantien, um die finanzielle Solidität des Bieters nachzuweisen. Italien hat für den Fall, dass mehr als ein zu berücksichtigendes Angebot einginge, bestätigt, dass das einzige Zuschlagskriterium das Höchstgebot sei. In der Tat stellt die Kommission fest, dass der Sonderverwalter am 29. April 2011 verbesserte Angebote von den übrigen interessierten Parteien mit dem Ziel eingefordert hat, den bestmöglichen finanziellen Ertrag aus dem Verkauf zu erzielen.

(390)

Die Bedenken der Kommission im Beschluss von 2011, dass das Gesetzesdekret Nr. 134/2008 die Vergabe der Ausschreibung auf der Grundlage anderer Kriterien erlauben könnte, sind damit ausgeräumt. Alle Parteien wurden während der verschiedenen Stadien des Ausschreibungsverfahrens korrekt und gleichwertig informiert, sodass sie ein Angebot in voller Kenntnis des Verfahrens und der Anforderungen abgeben konnten. Die Kommission ist außerdem der Auffassung, dass das Zuschlagskriterium einen objektiven Vergleich und eine objektive Bewertung der Angebote ermöglicht.

Der Zahlungsaufschub für einen Teil des Kaufpreises für CIN

(391)

Die Kommission stellte im Beschluss von 2012 fest, dass der tatsächliche Wert (137) des von CIN gebotenen Kaufpreises unter dem Marktwert liegt, der von dem vom zuständigen Ministerium ernannten Sachverständigen festgelegt wurde. In der Rechtssache des Landes Burgenland hat der Gerichtshof jedoch entschieden, dass in dem Fall, in dem eine öffentliche Behörde ein ihr gehörendes Unternehmen im Wege eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Ausschreibungsverfahrens veräußert, davon ausgegangen werden kann, dass der Marktpreis dem höchsten (verbindlichen und glaubwürdigen) Angebot entspricht und dass nur dieser Preis in Betracht zu ziehen ist, ohne dass zur Überprüfung des Marktpreises auf andere Bewertungsmethoden, etwa unabhängige Gutachten, zurückgegriffen werden muss (138). Darüber hinaus kann selbst das höchste Angebot, das im Rahmen eines aufgrund unzulässiger Bedingungen fehlerhaften Vergabeverfahrens abgegeben wird, gleichwohl dem Marktpreis entsprechen, wenn die Mängel, mit denen die Ausschreibungsbedingungen behaftet gewesen sind, keinen Einfluss auf die Höhe des Angebots gehabt haben, indem sie seinen Wert gemindert haben (139).

(392)

Die Kommission weist darauf hin, dass, da im vorliegenden Fall der von CIN gezahlte Preis das Ergebnis eines offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahrens ist, davon ausgegangen werden kann, dass dieser Preis dem Marktpreis entspricht. Es ist daher nicht notwendig, diesen Preis mit den Gutachten zu vergleichen, die von den von Italien bzw. der Kommission benannten unabhängigen Sachverständigen ermittelt wurden. Darüber hinaus stimmt die Kommission mit Italien überein (siehe Erwägungsgrund 176), dass die unabhängigen Sachverständigen notwendigerweise bestimmte Annahmen getroffen haben, sodass die daraus resultierenden Bewertungen auf jeden Fall sorgfältig zu interpretieren sind. Schließlich gab, wie von CIN angemerkt (siehe Erwägungsgrund 236), mindestens ein potenzieller Bieter an, dass die Tirrenia-Sparte vom von Italien benannten unabhängigen Sachverständigen zu hoch bewertet worden sei. Auch wenn dieser Beleg „anekdotischen“ Charakter hat, bestätigt er doch, dass Sachverständigenbewertungen nicht immer dem Marktwert entsprechen, der von den Wirtschaftsbeteiligten im Rahmen einer Ausschreibung ermittelt wird.

(393)

Der Vollständigkeit halber ist die Kommission der Ansicht, dass es auch eine wirtschaftliche Begründung für den Zahlungsaufschub gibt. Wie von CIN hervorgehoben (siehe Erwägungsgrund 240), steht der Zahlungsaufschub in der Tat mit der Art des Verkaufsgegenstandes im Zusammenhang, d. h. mit einer Sparte, deren effektiver Wert (wie von der Banca Profilo bestätigt, siehe Abschnitt 2.3.3.4 und Erwägungsgrund 240) von der tatsächlichen Zahlung der im neuen Vertrag festgelegten Ausgleichsbeträge über einen Zeitraum von acht Jahren abhängt. Der Zahlungsaufschub (eines Teils des Kaufpreises) kann daher auch als logische Folge der Art der ausgeschriebenen Vermögenswerte (insbesondere des öffentlichen Dienstleistungsauftrags und der damit verbundenen Ausgleichszahlungen) angesehen werden.

(394)

Die Kommission kommt auf der Grundlage des Vorstehenden daher zu dem Schluss, dass ihre Bedenken hinsichtlich des Aufschubs der Entrichtung eines Teils des Kaufpreises ausgeräumt sind.

Sicherstellung, dass die Dienstleistungen zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbracht werden

(395)

In diesem Fall wurde nicht der neue Vertrag selbst, sondern der neue Vertrag, der mit der Tirrenia-Sparte gebündelt und an bestimmte Bedingungen hinsichtlich des Personalbestands geknüpft ist, ausgeschrieben. Im Beschluss von 2012 vertrat die Kommission den vorläufigen Standpunkt, dass Bieter, soweit sie bereits angemessen mit Schiffen und Besatzungen ausgestattet waren, geringere Kosten gehabt hätten, wenn sie nicht verpflichtet gewesen wären, einen Teil der Kapitalanlagen und Mitarbeiter von Tirrenia zu übernehmen. Die Kommission vertrat daher die vorläufige Auffassung, dass die Ausschreibung des neuen Vertrags ohne Verpflichtung zur Übernahme der für die Erfüllung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse erforderlichen Schiffe und Besatzungen der Tirrenia zu geringeren Kosten für die Allgemeinheit geführt hätte.

(396)

Da es sich bei Tirrenia um ein Großunternehmen in Sonderverwaltung handelte, verlangte das allgemeine innerstaatliche Recht (140) von seinem Erwerber, für einen Zeitraum von zwei Jahren den Personalbestand aufrechtzuerhalten, der zur Erfüllung der in den Geschäftsplänen von Tirrenia festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich war. Vor diesem Hintergrund sieht der Vertrag für die Übertragung der Sparte vor, dass CIN den ehemaligen Mitarbeitern von Tirrenia eine Beschäftigung (auf der Grundlage neuer Verträge) anbietet und über den Zeitraum von zwei Jahren Abstand von Entlassungen (141) nimmt. Die Kommission stellt zunächst fest, dass diese Erfordernis auf einer rechtlichen Verpflichtung beruht, die die italienischen Behörden bei der Gestaltung der Übertragung der Sparte nicht außer Acht lassen konnten, und dass diese Verpflichtung zeitlich auf zwei Jahre begrenzt ist. Die Kommission stellt ferner fest, dass die Tirrenia-Sparte den Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse auf der Grundlage der im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen fortsetzen wird. In diesem Sinne trug Italien vor, dass CIN nur die Besatzungen und Verwaltungsbeschäftigten zu übernehmen habe, die für den kontinuierlichen Betrieb der öffentlichen Dienstleistungen erforderlich sind. Darüber hinaus brachte Italien vor, dass CIN diese Mindestbelegschaftsstärke hätte einhalten müssen, unabhängig von Beschäftigungsbedingungen. Angesichts der Tatsache, dass die Lohnkosten durch die im Rahmen des neuen Vertrags an CIN gezahlten Ausgleichsleistungen gedeckt werden, ist die Kommission der Ansicht, dass die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Beschäftigungszahlen in der Praxis keine Belastung für CIN darstellt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass diese Verpflichtung den Verkaufspreis der Sparte gesenkt und CIN auf diese Weise einen Vorteil verschafft hat. Darüber hinaus war diese Lösung auch für Tirrenia (und damit für den Eigentümer Italien) von Vorteil, da das Unternehmen keine Abfindungskosten für das von CIN wieder eingestellte Personal zahlen musste. Die Kommission stellt fest, dass Ecorys die Gesamtabfindungskosten für das gesamte Personal von Tirrenia auf mindestens 35 Mio. EUR geschätzt hat.

(397)

Durch die Bündelung der Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte mit einem neuen öffentlichen Dienstleistungsvertrag (142) unterliegt der Erwerber automatisch der Verpflichtung, die Kontinuität der Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu gewährleisten, und erhält einen Liegeplatzvorrang. Die Kommission stellt zunächst fest, dass nur die für die Erfüllung der öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen erforderlichen Vermögenswerte mit dem öffentlichen Dienstleistungsvertrag gebündelt wurden. Alle anderen Vermögenswerte (darunter z. B. Immobilien, sechs Schiffe und eine Kunstsammlung) wurden über separate Ausschreibungsverfahren verkauft. Zweitens ist die Kommission der Ansicht, dass die Bündelung der Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte mit dem neuen gemeinwirtschaftlichen Vertrag über Dienstleistungen aus folgenden Gründen nicht zu einem niedrigeren Verkaufswert führt, als wenn die Vermögenswerte und dieser Vertrag getrennt verkauft worden wären:

Wie oben angegeben (siehe Erwägungsgrund 164), organisierte der Sonderverwalter von Tirrenia getrennte Ausschreibungen für den Verkauf von sechs Schiffen, die nur auf Routen eingesetzt wurden, die nicht Gegenstand gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen sind. Von diesen sechs Schiffen konnte nur eines an einen Bieter verkauft werden, der beabsichtigte, es weiterhin zu Schifffahrtszwecken zu nutzen. Die anderen fünf Schiffe konnten nur zum Zweck der Verschrottung verkauft werden. Darüber hinaus wiesen die Reeder (143), die im März 2011 gebeten wurden, den Wert der Schiffe von Tirrenia zu bestimmen, darauf hin, dass die Wirtschaftskrise erhebliche Auswirkungen gehabt habe, die sich in niedrigeren Preisen für Schiffe und in einem Überangebot an Schiffen auf dem Markt niedergeschlagen hätten. Aus diesen Gründen erscheint es unwahrscheinlich, dass alle verbleibenden 18 Schiffe von Tirrenia zu Schifffahrtszwecken (d. h. zu einem höheren Preis als ihrem Schrottwert) hätten verkauft werden können. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Bündelung dieser Schiffe mit dem gemeinwirtschaftlichen Vertrag über Dienstleistungen es ermöglicht hat, einen höheren Preis (144) für die Schiffe von Tirrenia zu erzielen, da der Käufer als Gegenleistung für den Betrieb der Schiffe auf den gemeinwirtschaftlichen Routen einen Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen über einen Zeitraum von acht Jahren erhält.

Im Beschluss von 2012 sprach die Kommission die Möglichkeit an, dass die Bieter bereits mit genügend Schiffen und Besatzungen ausgestattet seien und es daher vorziehen könnten, Schiffe sowie Mitarbeiter nicht von Tirrenia übernehmen zu müssen. Die Kommission stellt fest, dass CIN zu dem Zeitpunkt, als das Unternehmen begann, seinen Verpflichtungen im Rahmen des neuen Vertrags nachzukommen, über insgesamt 1 239 Mitarbeiter und 18 Schiffe verfügte (die zu der von ihm erworbenen Tirrenia-Sparte gehörten). Die Kommission hält es für unwahrscheinlich, dass potenzielle Bieter über derart umfangreiche Ressourcen für den (Wieder-)Einsatz zur Erfüllung der im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verfügten. Dies gilt umso mehr, als der neue Vertrag spezifische Anforderungen an die Schiffe enthält, die auf den verschiedenen Routen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse einzusetzen sind (z. B. an die Kapazität). Jeder Betreiber, der über die erforderlichen Ressourcen verfügte, hätte sie wahrscheinlich bereits auf anderen Routen eingesetzt, und ihre Umschichtung im Einklang mit dem neuen Vertrag hätte zwangsläufig zum Verlust von Einnahmen aus früherer Nutzung geführt. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass sowohl Grimaldi als auch GNV an dem Ausschreibungsverfahren teilgenommen haben und dass keines der beiden Unternehmen gegenüber der Kommission geltend gemacht hat, dass sie es vorgezogen hätten, die Schiffe von Tirrenia nicht erwerben zu müssen.

(398)

Um zu überprüfen, dass die Bündelung des neuen Vertrags mit der Tirrenia-Sparte und dem Personalbestand für CIN nicht belastend ist, hat die Kommission im Zuge der formellen Untersuchung eine Studie bei einem unabhängigen Sachverständigen (Ecorys) in Auftrag gegeben. Ecorys wurde damit beauftragt, (siehe Erwägungsgrund 96 ff.), den Marktwert der Tirrenia-Sparte ohne die zusätzlichen Auflagen zu ermitteln. In seiner Studie kam Ecorys zu dem Schluss, dass bei einem Verkauf der Tirrenia-Sparte ohne jegliche Bedingung und insbesondere ohne Bündelung mit einem neuen öffentlichen Dienstleistungsvertrag für die Erfüllung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse (und somit auch ohne die Verpflichtung, die Kontinuität dieser öffentlichen Dienstleistung zu gewährleisten) das Unternehmen zum Liquidationswert von 303,5 Mio. EUR zu verkaufen wäre. Ecorys stützte sich bei dieser Schlussfolgerung auf die Annahme, dass die Tirrenia-Sparte ohne Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nicht rentabel weitergeführt werden könnte. Ecorys stellte fest, dass der Liquidationswert niedriger sei als der Wert, der sich aus der Ausschreibung ergab, und wies darauf hin, dass eine sofortige Liquidation (im Wesentlichen ein Verkauf der Schiffe) daher für einen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmer keine gangbare Alternative sei. Darüber hinaus verglich Ecorys die Personalausstattung der Tirrenia-Sparte mit derjenigen mehrerer vergleichbarer Fährunternehmen und kam zu dem Schluss, dass sich die Mitarbeiterzahl und die Personalkostenstruktur von Tirrenia in Bezug auf den Anteil der Arbeitskosten an den Gesamteinnahmen und das Verhältnis Arbeitskosten/Personal nicht von denen vergleichbarer Unternehmen unterschieden. Die Analyse ergab keinen wesentlichen Unterschied zwischen der Tirrenia-Sparte und vergleichbaren Unternehmen, der auf einen Personalüberschuss oder überhöhte Arbeitskosten hätte hindeuten können. Ein potenzieller Käufer hätte somit wenig Spielraum gehabt, einen Teil der Belegschaft zu entlassen oder zu ersetzen. Auf dieser Grundlage kam Ecorys zu dem Schluss, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass sich die Verpflichtung zum Erhalt der Arbeitsplätze wesentlich auf den Wert der Tirrenia-Sparte ausgewirkt hat. Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die Bündelung des neuen Vertrags mit der Tirrenia-Sparte im Zusammenhang mit der Belegschaftssituation weder den Verkaufspreis der Sparte gedrückt noch CIN einen Vorteil verschafft hat.

(399)

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung des Personalbestands durch das allgemeine innerstaatliche Recht und nicht durch den Verkäufer bedingt ist. Außerdem ist diese Bedingung für den Erwerber der Tirrenia-Sparte nicht belastend, wie auch Ecorys, der unabhängige Sachverständige der Kommission, bestätigt hat. Die Bedingung, die Kontinuität der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu gewährleisten, die eine direkte Folge der Bündelung der Vermögenswerte und der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung ist, kann nicht als preisdrückend angesehen werden. Im Gegenteil hätte der separate Verkauf der Vermögenswerte, wie oben vorgebracht, zu einem niedrigeren Preis geführt (was Ecorys bestätigt). Darüber hinaus ist es höchst unwahrscheinlich, dass es potenzielle Bieter gegeben hätte, die am Erwerb des öffentlichen Dienstleistungsauftrags interessiert gewesen wären, ohne angesichts der großen Anzahl von Schiffen und Besatzungen, die zur Erbringung dieser Dienstleistung erforderlich sind, auch die Vermögenswerte zu übernehmen. Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass jeder marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftsbeteiligte beschlossen hätte, die Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte zusammen mit einem neuen öffentlichen Dienstleistungsvertrag zu verkaufen, um so den bestmöglichen Preis zu erzielen. Auf dieser Grundlage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Italien keine Bedingungen gestellt hat, die geeignet gewesen wären, den Preis zu drücken, oder die ein privater Verkäufer nicht verlangt hätte. Außerdem kommt die Kommission unter diesen Voraussetzungen zu dem Schluss, dass ihre Bedenken ausgeräumt sind, die Ausschreibung des neuen Vertrags zusammen mit der Tirrenia-Sparte und den Personalverpflichtungen könnte nicht zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit führen.

Starke Schutzvorkehrungen bei der Gestaltung des Verfahrens, wenn nur ein Gebot abgegeben wird

(400)

Auf Grundlage der oben beschriebenen Beurteilung (siehe Erwägungsgründe 375 bis 399) kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das Ausschreibungsverfahren offen, transparent und diskriminierungsfrei in Übereinstimmung mit den Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgte. In Randnummer 68 der DAWI-Mitteilung ist ausgeführt, dass „bei Ausschreibungen, bei denen nur ein einziges Angebot abgegeben wird, nicht davon ausgegangen werden [kann], dass durch das Verfahren hinreichend sichergestellt ist, dass die geringsten Kosten für die Allgemeinheit verursacht werden“.

(401)

Da im Ausschreibungsverfahren für die Tirrenia-Sparte (zu dem auch der neue Vertrag gehört) nur CIN ein Angebot abgegeben hat, würde ein solches Angebot normalerweise nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass dem erfolgreichen Bieter kein Vorteil gewährt wird.

(402)

Die Kommission hat jedoch den in Randnummer 68 der DAWI-Mitteilung ausgedrückten Standpunkt in ihren Ausführungen in den DAWI-Leitlinien (145) differenziert, in dem sie feststellt, dass dies nicht bedeutet, „dass es keine Fälle geben kann, in denen aufgrund besonders strenger Vorkehrungen bei der Ausgestaltung des Verfahrens auch ein Verfahren, in dessen Rahmen nur ein einziges Angebot eingereicht wird, ausreichend sein kann, um die Erbringung der Dienstleistung zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit zu gewährleisten“.

(403)

Die Kommission ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall solche Schutzvorkehrungen vorhanden waren. Dies beinhaltet vor allem folgende Aspekte:

Das Ausschreibungsverfahren wurde so organisiert, dass das Interesse potenzieller Bieter maximiert wurde. Darüber hinaus mussten diese potenziellen Bieter keine aufwändigen Verfahren durchlaufen und keine erheblichen Kosten auf sich nehmen, um ihr Interesse zu bekunden. Infolgedessen gingen nicht weniger als 21 Interessenbekundungen von italienischen, europäischen und außereuropäischen Unternehmen ein, von denen sechzehn zur Due-Diligence-Phase eingeladen wurden (siehe Erwägungsgrund 387).

Ein echter Wettbewerb war bis zum Ende des Ausschreibungsverfahrens möglich. Insbesondere verblieben bis zur Phase der Abgabe von Angeboten elf potenzielle Bieter. Drei von ihnen (Onorato Partecipazioni S.r.l., Grimaldi Compagnia di Navigazione S.p.A. und Marinvest S.r.l.) beschlossen, sich unter dem Namen CIN zusammenzuschließen und ein verbindliches Angebot abzugeben. Die Kommission ist der Auffassung, dass von den übrigen acht möglichen Bietern wahrscheinlich mindestens fünf aufgrund ihres Profils (ihrer Erfahrung und finanziellen Ressourcen) in der Lage gewesen wären, ein Angebot abzugeben, oder ein echtes Interesse an der Abgabe eines Angebots hatten (da sie z. B. in diesem Sektor und/oder in Italien bereits aktiv waren).

Bereits im Voraus wurde ein Mindestpreis auf der Grundlage der Bewertung durch den von Italien bestellten unabhängigen Sachverständigen festgelegt (siehe Erwägungsgrund 73). Dieser Mindestpreis wurde allen potenziellen Bietern im Datenraum zur Verfügung gestellt und setzte einen relativ hohen Ankerpunkt für Startgebote. Wie bereits erwähnt (siehe Erwägungsgrund 168), gab ein potenzieller Bieter für die Tirrenia-Sparte an, dass der Mindestpreis zu hoch war. Dieser hohe Mindestpreis trug zwar dazu bei, dass das Verfahren zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit führte, könnte aber auch andere potenzielle Bieter davon abgehalten haben, ein Angebot einzureichen.

Das von CIN am 14. April 2011 abgegebene verbindliche Angebot wurde im Datenraum zur Verfügung gestellt und mit Schreiben vom 2. Mai 2011 forderte der Sonderverwalter alle für die Due-Diligence-Phase in Betracht gezogenen Bieter auf, bis zum 12. Mai 2011 ein besseres Angebot als das von CIN abzugeben. Auf Antrag eines der potenziellen Käufer wurde die Frist für die Abgabe besserer Angebote vom Sonderverwalter bis zum 19. Mai 2011 verlängert. Die Aufforderung zur Abgabe besserer Angebote ist eine besonders starke Schutzvorkehrung, um sicherzustellen, dass das höchstmögliche Angebot (und damit die geringsten Kosten für die Allgemeinheit) erzielt wird. Darüber hinaus zeigt der Antrag einer Partei auf Fristverlängerung, dass bis zum allerletzten Moment des Ausschreibungsverfahrens echter Wettbewerb bestand.

(404)

Die Kommission ist der Auffassung, dass das Ausschreibungsverfahren angesichts der genannten Schutzvorkehrungen, insbesondere hinsichtlich des Mindestpreises und der Aufforderung zur Abgabe höherer Gebote, ausreichend war, um die Erbringung der Dienstleistung zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit zu gewährleisten, selbst wenn schließlich nur ein Gebot abgegeben wurde. Der Vollständigkeit halber stellt die Kommission fest, dass sich der vorliegende Fall von den folgenden Fällen mit nur einem Angebot unterscheidet:

Im Ausschreibungsverfahren für den Betrieb einer schnellen Passagierschiffsverbindung zwischen Messina und Reggio Calabria reichte nur Ustica Lines ein Angebot ein. Dieses Unternehmen war jedoch auch das einzige, das Interesse bekundet hatte, sodass ein echter Wettbewerb nie möglich war. In diesem Fall kam die Kommission daher zwangsläufig zu dem Schluss, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt war und dass der Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse eine staatliche Beihilfe darstellte. (146) Die Kommission erinnert daran, dass in dem zu beurteilenden Fall 21 Parteien ihr Interesse bekundet hatten und elf von ihnen am letzten Teil der Ausschreibung teilnahmen.

Im Ausschreibungsverfahren für die Vergabe der Pressevertriebskonzessionen in Belgien hat nur bpost (der etablierte Anbieter dieser Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse) ein Angebot eingereicht. Während ursprünglich drei Unternehmen Interesse an einer Teilnahme an der Ausschreibung bekundet hatten, zog sich ein Unternehmen vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe zurück, ein weiteres Unternehmen gab bekannt, dass es kein Angebot mehr abgeben wolle (allerdings drei Tage, nachdem bpost sein Angebot abgegeben hatte). Die belgischen Behörden brachten jedoch vor, dass während des Ausschreibungsverfahrens echter Wettbewerb existiert habe und dass es ausreichende Schutzvorkehrungen gegeben habe, um sicherzustellen, dass die Ausschreibung zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit führen würde. Die Kommission stellte jedoch fest, dass die Schutzvorkehrungen in diesem Fall unzureichend waren, und kam daher zu dem Schluss, dass das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt war und dass der Ausgleich für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse eine staatliche Beihilfe darstellte (147). Während die italienischen Behörden ein offenes Ausschreibungsverfahren angewandt hatten, verfolgten die belgischen Behörden ein Verhandlungsverfahren (148), das nach Randnummer 66 der DAWI-Mitteilung „nur in Ausnahmefällen als ausreichen betrachtet werden [kann], um das vierte Altmark-Kriterium zu erfüllen“. Die Kommission stellt fest, dass abgesehen von diesem wichtigen Unterschied auch die Schutzvorkehrungen im bpost-Fall völlig anders gestaltet waren als im vorliegenden Fall. Schließlich ist anzumerken, dass im Fall bpost der etablierte Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse den Zuschlag erhielt, nachdem er das einzige Angebot abgegeben hatte und nur ein möglicher konkurrierender Bieter präsent war. Im vorliegenden Fall wurde die Ausschreibung von einem Bieter gewonnen, der keine Verbindung zum etablierten Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse hatte, wobei mehrere glaubwürdige, möglicherweise konkurrierende Bieter präsent waren und die obengenannten Schutzvorkehrungen eingehalten wurden. Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Umstände im Fall bpost nicht mit denen im vorliegenden Fall vergleichbar sind.

(405)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass sich das für den Verkauf der Tirrenia-Sparte angewandte Ausschreibungsverfahren in folgenden Punkten erheblich von dem Verfahren zur Auswahl des Betreibers der Schifffahrtsdienste zwischen dem französischen Festland und Korsika (149) (im Folgenden „Fall SNCM“) unterscheidet:

Die französischen Behörden haben die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nach einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung vergeben. Nach Randnummer 66 der DAWI-Mitteilung kann ein solches Verfahren „nur in Ausnahmefällen als ausreichend betrachtet werden, um das vierte Altmark-Kriterium zu erfüllen“. Im Gegensatz dazu nutzen die italienischen Behörden ein offenes Ausschreibungsverfahren.

Im Fall SNCM wurden zwar zwei Angebote abgegeben, doch wurde eines der Angebote aufgrund eines Auswahlkriteriums abgelehnt. Die beiden Angebote wurden daher nicht einmal auf ihre Vorzüge bezüglich des wirtschaftlich günstigsten Angebots miteinander verglichen. Selbst wenn also tatsächlich zwei Gebote abgegeben wurden, reichte dies nicht aus, um einen wirksamen Wettbewerb zu gewährleisten. Im Tirrenia-Ausschreibungsverfahren nahmen jedoch elf Parteien an der Schlussphase teil und die Kommission ist der Auffassung, dass bis zum Abschluss des Verfahrens (siehe Erwägungsgrund 403) ein echter Wettbewerb möglich war, auch wenn letztlich nur CIN ein Angebot einreichte.

Im Fall von SNCM war der etablierte Betreiber, die SNCM/CMN-Gruppe, ebenfalls an der Ausschreibung beteiligt und verfügte über einen erheblichen Wettbewerbsvorteil, da er bereits über Schiffe verfügte, die die im Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst festgelegten technischen Anforderungen erfüllten. Dies war von entscheidender Bedeutung, da diese Anforderungen den Bau fast maßgeschneiderter Schiffe verlangten, die einigen Schiffen von SNCM ähnlich waren. Daraus entstanden hohe Kosten für mögliche interessierte andere Bieter. Im vorliegenden Fall konnte und wollte der etablierte Betreiber Tirrenia SV kein Gebot abgeben, und der erfolgreiche Bieter hatte keine Verbindung zum etablierten Betreiber. Da die Ausschreibung Schiffe umfasste, die die technischen Voraussetzungen für den Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse erfüllten, hatte keiner der möglichen Bieter gegenüber den anderen einen Wettbewerbsvorteil.

Darüber hinaus vertrat die Kommission im Fall von SNCM die Auffassung, dass die sehr kurze Zeitspanne, die zwischen der Vergabe des Vertrags über den öffentlichen Seeverkehrsdienst und der Aufnahme des Verkehrsdienstes lag (weniger als ein Monat), wahrscheinlich ein erhebliches Zugangshindernis für neue Marktteilnehmer dargestellt hat. Die Kommission stellt fest, dass im Fall Tirrenia zwischen dem Abschluss des Ausschreibungsverfahrens und der Aufnahme des Betriebs der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse durch CIN mehr als ein Jahr lag.

(406)

Auf Grundlage des Vorstehenden kommt die Kommission zu dem Schluss, dass das vierte Altmark-Kriterium im vorliegenden Fall erfüllt ist.

(407)

Da die vier Bedingungen, die der Gerichtshof in der Rechtssache Altmark aufgestellt hat, kumulativ erfüllt sind, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Vergabe des neuen Vertrags gebündelt mit der Tirrenia-Sparte und dem Liegeplatzvorrang für CIN, einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises für CIN, dem Unternehmen keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft.

7.1.3.5.   Schlussfolgerung

(408)

Da nicht alle in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegten Kriterien erfüllt sind, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Vergabe des neuen Vertrags an CIN gebündelt mit der Tirrenia und der Liegeplatzpriorität, einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises für das Unternehmen, keine staatliche Beihilfe an CIN darstellt.

7.1.4.   Die durch das Gesetz von 2010 festgelegten Maßnahmen

(409)

Im Beschluss von 2011 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass alle Maßnahmen des Gesetzesdekrets Nr. 125/2010, das mit Änderungen in das Gesetz von 2010 umgewandelt wurde, staatliche Beihilfen zugunsten der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe darstellen, soweit die jeweiligen Begünstigten in der Lage waren, diese Maßnahmen zur Deckung laufender Kosten zu nutzen und dadurch ihre finanzielle Lage insgesamt zu verbessern.

(410)

Auf Grundlage der während des förmlichen Prüfverfahrens erhaltenen Informationen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die drei Maßnahmen getrennt zu bewerten sind.

7.1.4.1.   Mutmaßliche Verwendung von Mitteln, die für die Nachrüstung von Schiffen vorgesehen waren, zur Deckung laufender Kosten

(411)

Staatliche Mittel: Die fraglichen Mittel wurden aus dem Staatshaushalt gewährt (siehe Erwägungsgrund 109) und ihre Verwendung zur Deckung laufender Kosten wurde durch das Gesetz von 2010 ermöglicht. Die Maßnahme ist daher dem Staat zuzurechnen und wird aus staatlichen Mitteln gewährt.

(412)

Selektivität: Die Maßnahme wurde nur den Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia selbst, gewährt und ist daher selektiv. Der Vollständigkeit halber weist die Kommission darauf hin, dass CIN nicht in den Genuss dieser Maßnahme gekommen ist.

(413)

Wirtschaftlicher Vorteil: Die Kommission stellt fest, dass Tirrenia rund 12 051 900 EUR für die Durchführung der zur Einhaltung der internationalen Sicherheitsnormen erforderlichen Schiffsnachrüstungen erhalten hat und diese Mittel auf der Grundlage des Gesetzes von 2010 vorübergehend zur Deckung laufender Kosten verwenden konnte (siehe Erwägungsgrund 109). Wie vorstehend erläutert (siehe Erwägungsgrund 110), wurde ein Teil dieser Mittel (d. h. 4 657 005,35 EUR) von der Banca Carige zur Verrechnung zweier offener Forderungen der Bank gegenüber Tirrenia verwendet. Darüber hinaus bestätigten die italienischen Behörden (siehe Erwägungsgrund 192), dass Tirrenia effektiv nur 630 600 EUR der Mittel verwendet hat, zur Finanzierung von Nachrüstungen auf dem Schiff Clodia. Die verbleibenden 11 421 300 EUR wurden weder zur Bezahlung von Nachrüstungen verwendet, noch wurden sie an den Staat zurückgezahlt. Schließlich musste der neue Eigentümer der Tirrenia-Sparte (d. h. CIN) für die noch erforderlichen Nachrüstungen aus eigenen Mitteln aufkommen (diese Verbindlichkeit in Höhe von 11 421 300 EUR wurde in der von der Banca Profilo erstellten Bewertung berücksichtigt). Italien hat nicht nachgewiesen, dass diese Barmittel zu Marktbedingungen gewährt wurden. Darüber hinaus hat Tirrenia die Barmittel mit Ausnahme der 630 600 EUR, die für die Nachrüstung des Schiffes Clodia verwendet wurden, weder zurückgezahlt noch für ihren ursprünglichen Zweck (d. h. zur Finanzierung von Schiffsnachrüstungen) verwendet. Da kein normaler Wirtschaftsbeteiligter in der Lage war, von einer solchen Maßnahme zu profitieren, ist die Kommission der Auffassung, dass sie Tirrenia zwangsläufig einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffte.

(414)

Auswirkungen auf den Handel: Aus den in den Erwägungsgründen 310 bis 311 dargelegten Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die Gewährung dieser Maßnahme an Tirrenia geeignet ist, den Handel in der Union zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verzerren.

(415)

Schlussfolgerung: Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die durch das Gesetz von 2010 ermöglichte Verwendung der ursprünglich für die Nachrüstung von Schiffen bestimmten 11 421 300 EUR durch Tirrenia zur Deckung laufender Kosten eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

7.1.4.2.   Abgabenbefreiungen im Zusammenhang mit dem Privatisierungsverfahren

(416)

Wie in Erwägungsgrund 111 beschrieben, sind gemäß Artikel 1 des Gesetzes von 2010 bestimmte Handlungen und Transkationen, die zur Privatisierung der Tirrenia-Gruppe vorgenommen wurden und die in Artikel 19ter Absätze 1 bis 15 des Gesetzesdekrets Nr. 135/2009, mit Änderungen in das Gesetz von 2009 umgewandelt, beschrieben sind, von allen Abgaben, die normalerweise auf diese Handlungen und Transaktionen zu entrichten wären, befreit.

(417)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass zwei getrennte Übertragungsvorgänge zu beurteilen sind: 1) die Übertragung der ehemaligen Tirrenia-Tochtergesellschaften Caremar, Saremar und Toremar von Tirrenia (jetzt in Sonderverwaltung) auf die Regionen Kampanien, Sardinien und Toskana und 2) die Übertragung der Tirrenia-Sparte von Tirrenia SV auf CIN. Die erlassenen Abgaben betreffen insbesondere die Eintragungsgebühr, die Grundbuch- und Hypothekeneintragungsgebühren, die Stempelsteuer (zusammen im Folgenden „die indirekten Abgaben“), die Mehrwertsteuer und die Körperschaftssteuer. Die Begünstigten dieser Beihilfemaßnahme sind der Verkäufer, der Käufer oder beide.

(418)

Die Kommission erkennt zunächst an, dass die Übertragungen auf die Regionen weder der Körperschaftssteuer (da keine Gegenleistung erbracht wurde) noch der Mehrwertsteuer (die nach nationalem Recht nicht auf solche Transaktionen anwendbar ist) unterlagen. Was die indirekten Abgaben anbelangt, so waren diejenigen Abgaben, die nach nationalem Recht nur von den Erwerbern zu entrichten waren, von den Regionen zu entrichten, die in diesem Fall im Rahmen ihres öffentlichen Auftrags, d. h. als staatliche Einrichtungen, handelten. Als solche gelten sie nicht als Wirtschaftsunternehmen. Daher wird keine der obengenannten Abgabenbefreiungen in diesem Beschluss weiter geprüft.

(419)

Die Kommission stellt ferner fest, dass die Abgabenbefreiung Tirrenia keinen Vorteil hinsichtlich der Mehrwertsteuer verschafft haben kann, da Übertragungen wie der Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer (150) fallen. Darüber hinaus nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass im Kaufvertrag für die Tirrenia-Sparte eindeutig festgelegt ist, dass der Käufer, d. h. CIN, alle Steuern, Abgaben und Notarkosten im Zusammenhang mit der Übertragung zu tragen hat, ohne dass auf eine Befreiung der CIN von diesen Abgaben hingewiesen würde. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass CIN nicht von dieser Maßnahme profitiert haben kann. Aus diesen Gründen wird keine der obengenannten Abgabenbefreiungen in diesem Beschluss weiter geprüft.

(420)

Vor diesem Hintergrund wird die Kommission daher nur prüfen, ob Tirrenia SV für beide Übertragungen von einer Befreiung von der Eintragungssteuer, den Grundbuch- und Hypothekeneintragungsgebühren und der Stempelsteuer (den indirekten Abgaben) sowie von einer Befreiung von der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus der Übertragung der Tirrenia-Sparte auf CIN profitiert hat.

(421)

Staatliche Mittel: Eine Abgabenbefreiung bedeutet per Definition einen Verzicht auf staatliche Mittel. Da diese Befreiungen zudem durch das Gesetz von 2010 gewährt wurden (siehe Erwägungsgrund 111 Buchstabe b), sind sie dem Staat zuzurechnen.

(422)

Selektivität: Da die Abgabenbefreiungen nur für Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit der Privatisierung der ehemaligen Tirrenia-Gruppe gewährt werden, sind sie selektiv. Italien hat weder vorgebracht noch nachgewiesen, dass die Abgabenbefreiungen nicht selektiv sind.

(423)

Wirtschaftlicher Vorteil: Hinsichtlich der indirekten Abgaben war Tirrenia von der Entrichtung dieser Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit den beiden in Erwägungsgrund 416 beschriebenen Übertragungen (auf die Regionen und auf CIN) befreit und kam somit in den Genuss eines wirtschaftlichen Vorteils in Höhe der Abgaben, die normalerweise für diese Art von Vorgängen und Handlungen nach nationalem Recht geschuldet werden.

(424)

Ferner stellt die Kommission hinsichtlich der Übertragung der Tirrenia-Sparte an CIN fest, dass diese Übertragung gegen eine von CIN gezahlte Gegenleistung (d. h. 380 100 000 EUR) erfolgte. Die Erlöse aus dieser Übertragung würden daher normalerweise der Körperschaftssteuer unterliegen. Die Befreiung von dieser Steuer stellt einen wirtschaftlichen Vorteil dar, da der Erlös aus dem Verkauf von Vermögenswerten oder eines Unternehmens normalerweise bei der Berechnung der Körperschaftssteuer eines Unternehmens berücksichtigt wird. Die Kommission weist darauf hin, dass sich daran nichts ändert, nur weil zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht festgestellt werden kann, ob Tirrenia tatsächlich in den Genuss der Einkommensteuerbefreiung kommen wird, da noch unklar ist, ob zum Zeitpunkt der vollständigen Liquidation von Tirrenia eine Körperschaftssteuer fällig wird (151).

(425)

Auswirkungen auf den Handel: Aus den in den Erwägungsgründen 310 bis 311 dargelegten Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass die oben beschriebene Befreiung Tirrenias von bestimmten Abgaben geeignet ist, den Handel in der Union zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verzerren.

(426)

Schlussfolgerung: Die durch das Gesetz von 2010 gewährten Befreiungen i) von indirekten Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit den Übertragungen von Caremar, Saremar, Toremar und der Tirrenia-Sparte auf die jeweiligen Erwerber sowie ii) von der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus dem Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN stellen eine staatliche Beihilfe für Tirrenia dar.

7.1.4.3.   Möglichkeit der Nutzung von FAS-Mitteln zur Deckung laufender Kosten

(427)

In den Beschlüssen von 2011 und 2012 erwähnte die Kommission die Möglichkeit für die ehemaligen Unternehmen der Tirrenia-Gruppe, FAS-Mittel zu nutzen (siehe Erwägungsgrund 111 Buchstabe c), um laufende Kosten zu decken. Im Verlauf des förmlichen Prüfverfahrens stellten die italienischen Behörden jedoch klar, dass die Mittel des FAS nicht als zusätzliche Ausgleichsleistung für Tirrenia (oder andere Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe) gedacht waren. Die Mittel waren vielmehr zur Ergänzung der Haushaltsmittel bereitgestellt worden, die für die Zahlung des Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse an die Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe vorgesehen waren, falls sich die vorgesehenen Mittel als unzureichend erweisen sollten. Tatsächlich ermöglichte Artikel 1 Absatz 5ter des Gesetzes von 2010 den Regionen die Verwendung der FAS-Mittel zur Finanzierung (eines Teils) der Ausgleichszahlungen für den öffentlichen Linienverkehr und damit zur Gewährleistung der Kontinuität der öffentlichen Seeverkehrsdienste. Diese Maßnahme betrifft also lediglich eine Mittelzuweisung innerhalb des italienischen Staatshaushalts für die Zahlung des Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse.

(428)

In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die FAS-Mittel lediglich eine Finanzierungsquelle darstellen, die es dem Staat ermöglicht, die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen (die auf der Grundlage des verlängerten ursprünglichen Vertrags gewährt wurden) zu leisten, und keine Maßnahme, die Tirrenia zusätzlich zu diesen Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zugutekommen kann. Die mögliche Verwendung von FAS-Mitteln stellt also keine staatliche Beihilfe für Tirrenia dar und wird daher in diesem Beschluss Entscheidung nicht weiter geprüft.

7.1.5.   Schlussfolgerung zum Vorliegen der Beihilfen

(429)

Auf der Grundlage der oben beschriebenen Bewertung stellt die Kommission fest, dass

die Ausgleichszahlungen an Tirrenia für den Betrieb von Seeverkehrsverbindungen im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 und der Vorrang bei den Liegeplätzen auf diesen gemeinwirtschaftlichen Routen im selben Zeitraum staatliche Beihilfen an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen und als neue Beihilfe gelten,

die Verlängerung der Rettungsbeihilfe vom 28. August 2011 bis zum 18. September 2012 eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt,

die Vergabe des neuen Vertrags an CIN für den Zeitraum vom 18. Juli 2012 bis zum 18. Juli 2020, gebündelt mit der Tirrenia-Sparte und dem Liegeplatzvorrang — einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises für CIN — den vier Altmark-Kriterien entspricht und daher keine staatliche Beihilfe an CIN im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt,

die durch das Gesetz von 2010 ermöglichte Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten durch Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV eine staatliche Beihilfe an Tirrenia darstellt,

die durch das Gesetz von 2010 gewährten Befreiungen von i) indirekten Abgaben auf die Übertragungen von Caremar, Saremar, Toremar auf die Regionen Kampanien, Sardinien und Toskana und der Tirrenia-Sparte auf CIN und von ii) der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus dem Verkauf der Sparte an CIN eine staatliche Beihilfe für Tirrenia darstellen und

die Möglichkeit, FAS-Mittel zur Deckung laufender Kosten zu verwenden, wie im Gesetz von 2010 festgelegt, keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt.

7.2.   Rechtmäßigkeit der Beihilfen

(430)

Alle in den Rahmen dieses Beschlusses fallenden Maßnahmen sind vor der förmlichen Genehmigung der Kommission in Kraft gesetzt worden. Daher wurden diese Beihilfemaßnahmen, soweit sie nicht durch die DAWI-Entscheidung von 2005 und den DAWI-Beschluss von 2011 von der Anmeldungspflicht ausgenommen waren, von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt (152).

7.3.   Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Binnenmarkt

(431)

Sofern die oben bezeichneten Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, muss sich deren Vereinbarkeit anhand der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels sowie in Artikel 106 Absatz 2 AEUV festgelegten Ausnahmen beurteilen lassen.

7.3.1.   Die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags zwischen dem Staat und Tirrenia

7.3.1.1.   Geltende Rechtsvorschriften

(432)

Wie bereits oben erwähnt, wurde die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags über das Ende 2008 hinaus durch aufeinanderfolgende Rechtsakte wie folgt durchgeführt:

a)

Gesetzesdekret Nr. 207 vom 30. Dezember 2008, umgewandelt in Gesetz Nr. 14 vom 27. Februar 2009, legte die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags auf die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2009 fest,

b)

Gesetzesdekret Nr. 135 vom 25. September 2009, in das Gesetz von 2009 umgewandelt, legte unter anderem die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags auf die Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 30. September 2010 fest und

c)

Gesetzesdekret Nr. 125 vom 5. August 2010, umgewandelt in das Gesetz von 2010, sah eine weitere Verlängerung des ursprünglichen Vertrags auf die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis zum Ende des Privatisierungsverfahrens von Tirrenia und Siremar vor.

(433)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass die Gewährung von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags dem DAWI-Beschluss von 2011 und dem DAWI-Rahmen von 2011 zeitlich vorausgeht. Jedoch sind im DAWI-Paket von 2011 — Artikel 10 des DAWI-Beschlusses von 2011 und Randnummer 69 des DAWI-Rahmens von 2011 — Anwendungsvorschriften auch für Beihilfen festgelegt, die vor seinem Inkrafttreten am 31. Januar 2012 gewährt wurden. So lautet Artikel 10 Buchstabe b des DAWI-Beschlusses von 2011 wie folgt:

„Beihilfen, die vor dem Inkrafttreten dieses Beschlusses wirksam wurden [d. h. vor dem 31. Januar 2012] und weder mit dem Binnenmarkt vereinbar waren noch von der Anmeldungspflicht nach Entscheidung 2005/842/EG befreit waren, jedoch die Voraussetzungen dieses Beschlusses erfüllen, gelten als mit dem Binnenmarkt vereinbar und sind von der vorherigen Anmeldepflicht befreit.“

(434)

In den Randnummern 68 und 69 des DAWI-Rahmens von 2011 ist festgelegt, dass die Kommission die Grundsätze dieses Gemeinschaftsrahmens auf alle ihr gemeldeten Beihilfevorhaben anwendet, unabhängig davon, ob die Anmeldung vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Rahmens, also dem 31. Januar 2012, erfolgte, sowie auf alle rechtswidrigen Beihilfen, über die sie nach dem 31. Januar 2012 zu entscheiden hat, auch wenn diese Beihilfen vor dem 31. Januar 2012 gewährt wurden. Die Randnummern 14, 19, 20, 24, 39 und 60 des DAWI-Rahmens von 2011 sind in letzterem Fall nicht anwendbar.

(435)

Infolgedessen bedeuten die oben beschriebenen Regeln für die Anwendung des DAWI-Beschlusses von 2011 und des DAWI-Rahmens von 2011, dass die Tirrenia während des Verlängerungszeitraums gewährten Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gemäß dem Paket für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von 2011 bewertet werden können. Sollten die einschlägigen Vorschriften des DAWI-Beschlusses von 2011 oder des DAWI-Rahmens von 2011 eingehalten werden, ist diese Beihilfemaßnahme für den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 mit dem Binnenmarkt vereinbar (153).

(436)

Die Kommission stellt fest, dass sowohl die am 19. Dezember 2005 in Kraft getretene DAWI-Entscheidung von 2005 als auch der DAWI-Beschluss von 2011 nur auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichszahlungen für Seeverkehrsverbindungen zu Inseln anwendbar sind, bei denen das durchschnittliche jährliche Verkehrsaufkommen in den beiden Geschäftsjahren vor dem Jahr, in dem die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbracht wurde, 300 000 Passagiere nicht überstieg. In den Jahren 2007, 2008 und 2009 überschritt die Zahl der Passagiere auf drei der zwölf von Tirrenia im Rahmen des ursprünglichen Vertrags betriebenen Routen jedoch die Schwelle von 300 000 Passagieren pro Jahr (Neapel–Palermo, Civitavecchia–Olbia und Genua–Porto Torres) (154). Daher kann die Kommission für diese drei Routen die Vereinbarkeit des Ausgleichs für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, den Tirrenia im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags bis zum 18. Juli 2012 erhalten hat, weder auf der Grundlage der DAWI-Entscheidung von 2005 noch auf der Grundlage des DAWI-Beschlusses von 2011 beurteilen.

(437)

Folglich würde bei drei der von Tirrenia bedienten Routen die Vereinbarkeit der Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die Tirrenia ab 2009 und bis zum Abschluss des Privatisierungsverfahrens gewährt wurden, normalerweise in den Anwendungsbereich des DAWI-Rahmens von 2011 fallen. Gemäß Absatz 9 des DAWI-Rahmens von 2011 müssen Beihilfen für Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Schwierigkeiten jedoch nach den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien bewertet werden. Tirrenia wurde am 5. August 2010 zum Sonderverwaltungsverfahren zugelassen und am 12. August 2010 für zahlungsunfähig erklärt und befand sich somit zum Zeitpunkt der im Gesetz von 2010 vorgesehenen Verlängerung bereits in Schwierigkeiten im Sinne von Punkt 10 Buchstabe c der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien. Daher befand sich das Unternehmen als Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zumindest während eines Teils des Verlängerungszeitraums (vom 12. August 2010 bis zum Verkauf am 18. Juli 2012) in Schwierigkeiten.

(438)

Die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien (155) sind am 1. August 2014 in Kraft getreten und gelten rückwirkend für Beihilfen für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind. In diesen Leitlinien ist festgelegt, dass die Vereinbarkeitsüberprüfung von vor dem 31. Januar 2012 gewährten Beihilfen (dem Datum, an dem der DAWI-Rahmen von 2011 in Kraft trat) für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, mit Ausnahme der Bestimmungen in den Randnummern 9, 14, 19, 20, 24, 39 und 60 nach Vorgaben des DAWI-Rahmens von 2011 erfolgt. (156) Daher sind dieselben Regeln auf den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum Abschluss der Privatisierung am 18. Juli 2012 anzuwenden.

(439)

Da drei der zu prüfenden Routen von Tirrenia nicht in den Anwendungsbereich der DAWI-Entscheidung von 2005 und des DAWI-Beschlusses von 2011 fallen, und aus Gründen der Kürze und Effizienz wird die Kommission zunächst prüfen, ob die Ausgleichszahlungen, die Tirrenia für den Betrieb aller zwölf Seeverkehrsrouten während des Verlängerungszeitraums gewährt wurden, mit Ausnahme der in Randnummern 9, 14, 19, 20, 24, 39 und 60 des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen von 2011 genannten Bestimmungen mit den Bestimmungen dieses Rahmens in Einklang stehen. Erst nach diesem ersten Schritt wird die Kommission prüfen, ob dieselbe Ausgleichszahlung (nur für die neun Routen, auf denen die Schwelle von 300 000 Passagieren nicht überschritten wird) möglicherweise mit dem Binnenmarkt vereinbar und nach der DAWI-Entscheidung von 2005 von der Anmeldungspflicht ausgenommen war, da sie Beihilfen betrifft, die zwischen dem 19. Dezember 2005 und dem 31. Januar 2012 gewährt worden waren (siehe Erwägungsgrund 432).

7.3.1.2.   Echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gemäß Artikel 106 AEUV

(440)

Nach Randnummer 12 des DAWI-Rahmens von 2011 muss „Die Beihilfe […] für eine echte und genau abgesteckte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags bestimmt sein.“ In Randnummer 13 ist festgelegt, dass die „Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die von unter normalen Marktbedingungen handelnden Unternehmen unter Bedingungen, die sich — z. B. im Hinblick auf den Preis, die objektiven Qualitätsmerkmale, die Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung — mit dem öffentlichen Interesse, wie vom Staat definiert, decken, bereits zufriedenstellend erbracht werden oder erbracht werden können, nicht mit der Verpflichtung zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen verbinden [können]. In Bezug auf die Feststellung, ob eine Dienstleistung vom Markt erbracht werden kann, beschränkt sich die Bewertung der Kommission auf die Prüfung der Frage, ob die Definition des Mitgliedstaats mit einem offensichtlichen Fehler behaftet ist, sofern in den EU-Rechtsvorschriften keine strengeren Bestimmungen vorgesehen sind.“ Schließlich verweist Randnummer 56 des DAWI-Rahmens von 2011 auf den „großen Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten“ hinsichtlich der Art der Dienstleistungen, die als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingestuft werden können.

(441)

Die Beurteilung, ob die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse allgemeinen Charakter haben, muss auch vor dem Hintergrund der DAWI-Mitteilung (siehe Erwägungsgründe 325 und 342), der Seekabotageverordnung (siehe Erwägungsgründe 327 bis 329) und der Rechtsprechung (siehe Erwägungsgründe 331 und 332) erfolgen. Daher muss die Kommission für den Verlängerungszeitraum bewerten,

1)

ob eine Nutzernachfrage bestand,

2)

ob die Nachfrage nicht ohne eine von den Behörden auferlegte Verpflichtung von den Marktteilnehmern hätte befriedigt werden können (Vorliegen eines Marktversagens),

3)

ob die bloße Inanspruchnahme von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unzureichend war, um diesen Mangel zu beheben (der Ansatz der geringsten Beeinträchtigung).

(442)

Die Kommission weist darauf hin, dass die zwölf von Tirrenia während des Verlängerungszeitraums betriebenen Routen im Rahmen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse dieselben sind, mit denen CIN im Rahmen des neuen Vertrags betraut wurde. Darüber hinaus hat die Kommission die Wettbewerbssituation auf diesen Routen während des Verlängerungszeitraums bereits beschrieben und bewertet. Vor diesem Hintergrund stützt sich die folgende Beurteilung auf die relevanten Teile der oben für den neuen Vertrag vorgenommenen Beurteilung (siehe Abschnitt 7.1.3.1) und bezieht sich auf diese.

(443)

Vor diesem Hintergrund erinnert die Kommission zunächst daran (siehe Erwägungsgrund 152), dass Italien die im ursprünglichen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen in erster Linie auferlegt hat, um i) die territoriale Anbindung der Inseln an das Festland sicherzustellen und ii) durch regelmäßige und zuverlässige Seeverkehrsdienste zur wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Inseln beizutragen. Die Kommission kam bereits zu dem Schluss (siehe Erwägungsgrund 334), dass dies in der Tat legitime Ziele des öffentlichen Interesses sind. Darüber hinaus kommt die Kommission aus den oben beschriebenen Gründen (siehe Erwägungsgründe 335 und 336) zu dem Schluss, dass Italien bei der Definition von reinen Frachtdiensten als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse keinen offensichtlichen Fehler begangen hat.

(444)

Die fraglichen Routen werden seit vielen Jahren, d. h. zumindest seit Inkrafttreten des ursprünglichen Vertrags, weitgehend unverändert betrieben. Die einzigen Änderungen im Umfang des Dienstes während des Verlängerungszeitraums waren im Vergleich zur Situation Ende 2008 (als der ursprüngliche Vertrag auslaufen sollte) die Kürzungen bei den im Rahmen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse betriebenen Routen. Im Einzelnen:

wurde 2009 die gemeinwirtschaftliche Route Fiumicino–Arbatax eingestellt,

wurde 2009 die Route Fiumicino–Golfo Aranci (auf der Tirrenia auf kommerzieller Basis tätig war) eingestellt,

musste ab 2010 gemeinwirtschaftliche Route Neapel–Palermo während der Hauptsaison auf kommerzieller Basis betrieben werden, da Ausgleichszahlungen für den öffentlichen Dienst nur für den Betrieb in der Nebensaison gewährt wurden.

(445)

Um die tatsächliche Nutzernachfrage nach den Diensten zu veranschaulichen, legten die italienischen Behörden detaillierte Statistiken vor, aus denen hervorgeht, dass Tirrenia im Jahr 2009, dem ersten Jahr der Verlängerung, auf den zwölf Routen des gemischten Verkehrsdienstes insgesamt 1 181 768 Passagiere, 276 391 Fahrzeuge und fast 3 Millionen laufende Meter Fracht im Rahmen des gemeinwirtschaftlichen Verkehrs (d. h. für zwei Routen nicht in der Hauptsaison) befördert hat. Diese Zahlen waren 2010 etwas niedriger (siehe Erwägungsgrund 338), doch ist der Unterschied vor allem darauf zurückzuführen, dass die Route Neapel–Palermo ab 2010 in der Hauptsaison nicht mehr Teil des gemeinwirtschaftlichen Auftrags war. Bei der Korrektur dieses Unterschieds glichen sich die Zahlen für 2011 denen von 2009 an, was zeigt, dass die Gesamtnutzernachfrage signifikant und ziemlich stabil war.

(446)

Wie bereits angegeben (siehe Erwägungsgrund 339), legten die italienischen Behörden für den Zeitraum 2007-2018 auch detaillierte Statistiken auf der Ebene der einzelnen Routen vor. Die Kommission hat bereits nachgewiesen (siehe Tabelle 4), dass 2010 sowohl für gemischte Dienste als auch für Frachtdienste auf jeder der zwölf betroffenen Routen eine beträchtliche Nutzernachfrage bestand. Die gleiche Analyse für die Jahre 2009 und 2011 (157) lieferte keine Hinweise darauf, dass die Nutzernachfrage nach den Fährdiensten auf den betreffenden Routen eingebrochen ist.

(447)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die obengenannten Statistiken eindeutig belegen, dass auf jeder der zwölf fraglichen gemeinwirtschaftlich betriebenen Routen eine echte Nachfrage nach Personen- und Frachtdiensten besteht. Daraus lässt sich folgern, dass diese Dienste einer echten Nutzernachfrage entsprechen und somit echte öffentliche Bedürfnisse befriedigen.

(448)

Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 342), hat die Kommission auch zu prüfen, ob der Dienst unangemessen gewesen wäre, wenn seine Erbringung allein den Marktkräften überlassen worden wäre, und zwar im Hinblick auf die Anforderungen an die öffentlichen Dienstleistungen, die der Mitgliedstaat aufgrund der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags auferlegt hat. In Randnummer 48 der DAWI-Mitteilung ist diesbezüglich ausgeführt, dass sich „die Kommission darauf [beschränkt] zu prüfen, ob dem betreffenden Mitgliedstaat ein offensichtlicher Fehler unterlaufen ist“.

(449)

Die Kommission stellt fest, dass auf einigen Routen, die von Tirrenia im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags bedient werden mussten, in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 auch andere Betreiber ihre Fährdienste anboten, wenn auch nicht unbedingt das ganze Jahr über und mit der gleichen Häufigkeit. Die Kommission hat vorstehend (Erwägungsgründe 343 bis 348) bereits für jede einzelne betroffene Route beurteilt, ob die von anderen Wirtschaftsbeteiligten angebotenen Dienstleistungen denjenigen, die CIN im Rahmen des neuen Vertrags zu leisten hatte, entsprach. Die Kommission erinnert daran, dass diese Beurteilung auf der Wettbewerbssituation auf diesen Routen zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 18. Juli 2012 beruht. Da die von CIN zu erbringenden Dienstleistungen hinsichtlich der bedienten Routen, der Frequenzen und der technischen Anforderungen nahezu identisch mit denen sind, die Tirrenia während des Verlängerungszeitraums zu erbringen hatte, gilt die Schlussfolgerung der Kommission (siehe Erwägungsgrund 348), dass die Marktkräfte allein nicht ausreichten, um den Erfordernissen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse gerecht zu werden, während des gesamten Verlängerungszeitraums auch für Tirrenia. Tatsächlich war Tirrenia auf einer Reihe von Routen der einzige Betreiber, während auf den übrigen Routen die von anderen Betreibern angebotenen Dienste hinsichtlich Kontinuität, Regelmäßigkeit, Kapazität und Qualität nicht gleichwertig waren und daher den gemeinwirtschaftlichen Erfordernissen, die Tirrenia aufgrund des ursprünglichen (und verlängerten) Vertrags auferlegt wurden, nicht in vollem Umfang gerecht wurden.

(450)

Schließlich beschloss Italien im Hinblick auf die geplante Privatisierung und zur Gewährleistung der Kontinuität der öffentlichen Dienstleistungen, die im Rahmen des ursprünglichen Vertrags erbracht wurden, diesen Vertrag unverändert zu verlängern (mit den in Erwägungsgrund 444 beschriebenen begrenzten Ausnahmen und vorbehaltlich der ab 2010 geltenden Änderung der Ausgleichsmethode). Die Kommission räumt ein, dass die Nachfrage der Nutzer (wie oben beschrieben, siehe Erwägungsgründe 445 und 446) nicht durch die Auferlegung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen für alle Betreiber, die die fraglichen Routen bedienen, hätte befriedigt werden können. Insbesondere war Tirrenia auf mehreren Routen der einzige Wirtschaftsbeteiligte (siehe z. B. Erwägungsgrund 345), und wo dies nicht der Fall war, entsprach das Angebot der anderen Beteiligten nicht den/allen Anforderungen an Regelmäßigkeit, Kontinuität und Qualität. Darüber hinaus ist der Betrieb der meisten (wenn nicht aller) Routen, insbesondere in der Nebensaison, verlustbehaftet, sodass sie ohne Ausgleichszahlungen im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse wahrscheinlich überhaupt nicht bedient werden würden. Ecorys gelangte in seinem Bericht zu ähnlichen Schlussfolgerungen (siehe Erwägungsgrund 98). Darüber hinaus räumt die Kommission ein, dass in Anbetracht des Privatisierungsverfahrens von Tirrenia die Verlängerung des bestehenden öffentlichen Dienstleistungsvertrags die einzige Möglichkeit war, die Kontinuität der öffentlichen Dienstleistungen bis zum Abschluss des Privatisierungsverfahrens zu gewährleisten.

(451)

Daher kommt die Kommission zum Schluss, dass Italien keine offensichtlichen Fehler bei der Betrauung von Tirrenia mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse begangen hat. Die in den Beschlüssen von 2011 und 2012 geäußerten Zweifel der Kommission sind somit zerstreut.

7.3.1.3.   Notwendigkeit eines Betrauungsakts, in dem die Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen und die Methoden zur Berechnung der Ausgleichsleistungen festgelegt sind

(452)

Wie in Abschnitt 2.3 des DAWI-Rahmens von 2011 dargelegt, bedeutet das Konzept der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Artikel 106 AEUV, dass das betreffende Unternehmen im Wege eines oder mehrerer Verwaltungs- oder Rechtsakte mit der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut wurde.

(453)

In diesen Rechtsakten muss insbesondere Folgendes festgelegt sein:

a)

der genaue Gegenstand der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung und ihre Dauer,

b)

das Unternehmen und das betreffende Gebiet,

c)

die Art der Exklusivrechte,

d)

die Parameter für die Berechnung, Überwachung und etwaige Änderung der Ausgleichszahlungen;

e)

die Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation.

(454)

In ihren Beschlüssen von 2011 und 2012 äußerte die Kommission Zweifel daran, dass der Betrauungsakt eine umfassende Beschreibung der Art der von Tirrenia während des Verlängerungszeitraums zu erbringenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen enthalten habe. Darüber hinaus betonte die Kommission, dass für den Zeitraum 2005-2008 kein Fünfjahresplan angenommen worden sei, wie es im ursprünglichen Vertrag festgelegt worden war. Die Kommission erinnerte jedoch auch daran, dass verschiedene Elemente der Betrauung in verschiedenen Rechtsakten enthalten sein können, ohne die Angemessenheit der Definition der Verpflichtungen infrage zu stellen. Während des Verlängerungszeitraums schloss das Gesetz für die Betrauung von Tirrenia den ursprünglichen Vertrag (in der geänderten und im Laufe der Zeit verlängerten Fassung), die Fünfjahrespläne, eine Reihe von Ad-hoc-Entscheidungen der italienischen Behörden, die CIPE-Richtlinie und das Gesetz von 2009 ein.

(455)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission zunächst fest, dass der ursprüngliche Vertrag (in der im Laufe der Zeit geänderten Fassung), der den Kern des Betrauungsgesetzes für Tirrenia ausmacht, bis zum Abschluss der Privatisierung auf der Grundlage einer Reihe von Gesetzesdekreten (siehe Erwägungsgrund 432) in vollem Umfang anwendbar blieb. Aus diesen Dokumenten geht hervor, dass Tirrenia bis zum Abschluss der Privatisierung mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut war.

(456)

Nach dem ursprünglichen Vertrag müssen in den Fünfjahresplänen die zu bedienenden Routen und anzulaufenden Häfen, die Art und Kapazität der dazu verwendeten Schiffe, die einzuhaltende Verkehrsfrequenz und das Tarifsystem einschließlich der Fahrpreisermäßigungen insbesondere für Bewohner der Inselregionen festgelegt werden. Solange der Plan für den Zeitraum 2005-2008 nicht formell angenommen war, galt weiterhin der Plan für den Zeitraum 2000-2004 (gebilligt durch Ministerialdekret vom 20. September 2001) vorbehaltlich einer Reihe von Ad-hoc-Änderungen (siehe Erwägungsgrund 33), die von der Regierung (in der Regel vom Minister oder von der interministeriellen Konferenz (158)) beschlossen wurden. Diese Änderungen begrenzten im Laufe der Zeit im Wesentlichen den Umfang der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen (z. B. durch die Einstellung bestimmter Routen, einschließlich der in Erwägungsgrund 444 beschriebenen Änderungen), während die meisten Verpflichtungen des Plans 2000-2004 (der die von Italien im Zusammenhang mit der Entscheidung von 2001 eingegangenen Verpflichtungen vollständig widerspiegelt) unverändert bestehen blieben. Sofern keine Entscheidung getroffen wurde, ein bestimmtes Element des Plans 2000-2004 zu ändern (z. B. eine Route, eine Frequenz, einen Schiffstyp), galten die Bestimmungen dieses Plans während des Zeitraums vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 in vollem Umfang weiter. Vor 2009 wurde die im ursprünglichen Vertrag vorgesehene ursprüngliche Tarifregelung durch eine Reihe von Folgeakten geändert. Während des gesamten Verlängerungszeitraums wurden jedoch keine interministeriellen Dekrete zur weiteren Änderung der von den Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia selbst, zu erhebenden Tarife erlassen. Auf dieser Grundlage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die Tirrenia während des Verlängerungszeitraums zu erfüllen hatte, hinreichend klar definiert waren.

(457)

Die Kommission hat bereits in den Erwägungsgründen 239 und 240 des Beschlusses von 2011 festgestellt, dass die für die Berechnung des Ausgleichsbetrags erforderlichen Parameter im Voraus festgelegt wurden und klar beschrieben sind. Insbesondere für das Jahr 2009 enthält der ursprüngliche Vertrag (siehe Erwägungsgründe 38 bis 40) eine erschöpfende und genaue Liste der zu berücksichtigenden Kostenelemente sowie die Methode zur Berechnung der Gesamtkapitalrendite für den Betreiber. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 18. Juli 2012 ist die entsprechende Methode in der CIPE-Richtlinie festgelegt (siehe Erwägungsgründe 41 ff.). Genauer gesagt werden in der CIPE-Richtlinie die zu berücksichtigenden Kostenelemente und die Gesamtkapitalrendite im Einzelnen aufgeführt. Schließlich ist im Gesetz von 2009 der maximale Ausgleichsbetrag von 72 685 642 EUR festgelegt, der seit 2010 gilt. Darüber hinaus sah der ursprüngliche Vertrag vor, dass die Ausgleichsleistung in Raten ausgezahlt werden sollte, und stellte sicher, dass die geleistete Zahlung auf den tatsächlichen Kosten und Einnahmen basierte, die bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen anfielen. Auf diese Weise konnte eine Überkompensation erkannt und leicht vermieden werden. Gegebenenfalls konnte der Staat dann die Überkompensation von Tirrenia zurückfordern.

(458)

Auf dieser Grundlage ist die Kommission der Auffassung, dass in Einhaltung des DAWI-Rahmens von 2011 für den Zeitraum der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags in den Betrauungsakten eine klare Definition der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, der Dauer, der Tätigkeit und des betroffenen Gebiets, der Parameter für die Berechnung, Kontrolle und Überprüfung der Ausgleichszahlungen sowie der Vorkehrungen zur Vermeidung und Rückzahlung einer Überkompensation festgelegt wurde.

7.3.1.4.   Dauer des Betrauungszeitraums

(459)

Wie in Randnummer 17 des DAWI-Rahmens von 2011 angegeben, „sollte [die Dauer des Betrauungszeitraums] durch Verweis auf objektive Kriterien wie etwa die Notwendigkeit einer Amortisierung nicht übertragbaren festen Sachanlagevermögens begründet werden. Die Dauer des Betrauungszeitraums darf jedoch den Zeitraum grundsätzlich nicht überschreiten, der für die Abschreibung der Vermögenswerte, die für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse am wichtigsten sind, erforderlich ist.“

(460)

Italien brachte vor, dass die Dauer der Verlängerung dem Zeitraum entspreche, der für die Abschreibung der für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingesetzten wichtigsten Vermögenswerte erforderlich sei. Im Einzelnen beläuft sich die Gesamtlaufzeit des ursprünglichen Vertrags in der verlängerten Form auf etwas mehr als 23,5 Jahre. Die von Tirrenia für den Betrieb der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse eingesetzten Schiffe haben eine nutzbare Lebensdauer (159) von 30 Jahren (für Motorfähren) bzw. 20 Jahren (für Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge) und werden über diesen Zeitraum abgeschrieben. Außerdem erinnerte Italien daran, dass die Verlängerung vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 notwendig gewesen sei, um die Kontinuität der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse bis zum Abschluss der Privatisierung zu gewährleisten.

(461)

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Dauer des Betrauungszeitraums hinreichend gerechtfertigt ist und daher Randnummer 17 des DAWI-Rahmens von 2011 eingehalten wird.

7.3.1.5.   Einhaltung der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission (160)

(462)

Nach Randnummer 18 des DAWI-Rahmens von 2011 ist die „Beihilfe nur dann nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn das Unternehmen, soweit erforderlich, die Bestimmungen der Richtlinie 2006/111/EG“ erfüllt.

(463)

Ferner ist in Randnummer 44 des DAWI-Rahmens von 2011 festgelegt: „Übt ein Unternehmen auch Tätigkeiten aus, bei denen es sich nicht um die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse handelt, müssen in dessen Buchführung die Kosten und Einnahmen in Verbindung mit der Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse von allen anderen Tätigkeiten im Einklang mit den in Randnummer 31 dargelegten Grundsätzen getrennt ausgewiesen werden.“

(464)

Italien erinnerte daran, dass Tirrenia nach Erwägungsgrund 4 der Entscheidung von 2001 ab dem 1. Januar 2001 für jede Route eine getrennte Buchführung zu erstellen hatte. Entsprechend verlangt Artikel 1 Absatz 4 des Beschlusses von 2004 von Adriatica (das 2004 mit Tirrenia fusionierte) ab dem 1. Januar 2004 getrennte Bücher für jede Route. Im Zusammenhang mit der Entscheidung von 2001 und auf Ersuchen der Kommission erstellte PriceWaterhouseCoopers (im Folgenden „PWC“) eine Studie, die die analytische Buchführung von Tirrenia für den Zeitraum 1992-1999 reproduziert. In diesem Zusammenhang gab PWC eine Stellungnahme ab, in der das Unternehmen bestätigte, dass die zur Erstellung der Buchführung angewandte Methodik angemessen war und der geltenden Buchführungspraxis entsprach. Nach Angaben Italiens haben Tirrenia und Adriatica ihre analytische Buchführung weiterhin auf dieser Grundlage erstellt und damit den in den Entscheidungen von 2001 und 2004 festgelegten Anforderungen entsprochen. Für den untersuchten Zeitraum hat Italien auch die Routenabrechnungen von Tirrenia für die Jahre 2009, 2010 und 2011 als Beleg vorgelegt.

(465)

Für das Jahr 2012 hat CIN ab dem Zeitpunkt der Aufnahme seiner Dienste (in Übereinstimmung mit seinen Verpflichtungen im Rahmen des neuen Vertrags) über jede einzelne Route Buch geführt. Der Sonderverwalter hat für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 18. Juli 2012 keine solche Bilanz erstellt, da der Abschluss der Privatisierung unmittelbar bevorstand. Der Sonderbeauftragte legte dem Ministerium für Wirtschaftsentwicklung für das Jahr 2012 jedoch vierteljährliche Finanzberichte vor. Die italienischen Behörden haben diese Berichte als Belege vorgelegt. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Berichte ausreichen, um nachzuweisen, dass die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, die Tirrenia SV gewährt wurden, die Nettokosten des gemeinwirtschaftlichen Dienstes nicht vollständig deckten, und schloss somit auch eine mögliche Quersubventionierung aus (siehe auch Erwägungsgrund 472). Die Kommission stellt fest, dass damit die beiden Hauptziele der getrennten Buchführung, d. h. die Vermeidung von Überkompensation und Quersubventionierung, erreicht sind.

(466)

Auf der Grundlage vorstehender Ausführungen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände der Privatisierung kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die in den Randnummern 18 und 44 des DAWI-Rahmens von 2011 festgelegten Anforderungen erfüllt wurden.

7.3.1.6.   Höhe der Ausgleichsleistung

(467)

Randnummer 21 des DAWI-Rahmens von 2011 besagt Folgendes: „Die Höhe der Ausgleichsleistung darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Nettokosten … für die Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen einschließlich eines angemessenen Gewinns zu decken“.

(468)

Da im vorliegenden Fall zumindest ein Teil der Ausgleichszahlungen eine rechtswidrige Beihilfe darstellt, die vor dem Inkrafttreten des DAWI-Rahmens von 2011 gewährt wurde (161), sieht Randnummer 69 des Rahmens ausdrücklich vor, dass für die Beurteilung der staatlichen Beihilfe die „Net-avoided-cost“-Methode nicht erforderlich ist. Stattdessen können alternative Methoden zur Berechnung der Nettokosten, die zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erforderlich sind, verwendet werden, etwa die auf der Kostenzuweisung basierende Methode. Nach der letztgenannten Methode würden die Nettokosten als Differenz zwischen den Kosten und den Einnahmen aus der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, wie im Betrauungsgesetz festgelegt und geschätzt, berechnet. In Randnummern 28 bis 38 des DAWI-Rahmens von 2011 wird ausführlicher dargelegt, wie diese Methodik anzuwenden ist.

(469)

In ihren Beschlüssen von 2011 und 2012 konnte die Kommission nicht feststellen, ob der Ausgleichsbetrag verhältnismäßig war, da sie nach wie vor Zweifel an der Einstufung einiger der Tirrenia übertragenen öffentlichen Dienstleistungen als echte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse hatte. Diese Bedenken wurden in Abschnitt 7.3.1.2 angesprochen. Die Kommission äußerte jedoch auch Bedenken hinsichtlich der Risikoprämie von 6,5 %, die ab 2010 zur Anwendung kam. Insbesondere bezweifelte die Kommission, dass diese Prämie ein angemessenes Risikoniveau widerspiegelt, da Tirrenia auf den ersten Blick nicht die Risiken zu übernehmen schien, die normalerweise beim Betrieb solcher Dienste anfallen.

(470)

Vor diesem Hintergrund erinnert die Kommission daran, dass sie im Beschluss von 2011 die vorläufige Auffassung vertreten hat, dass Tirrenia möglicherweise nur für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben ab 2010 überkompensiert wurde. Auch wenn die Kommission für das Jahr 2009 keine solchen Bedenken geäußert hat, haben die italienischen Behörden die Berechnung des Ausgleichsbetrags für 2009 (d. h. 80 Mio. EUR), der auf der Grundlage der im ursprünglichen Vertrag festgelegten Methodik ermittelt wurde, vorgelegt. Es ist darauf hinzuweisen, dass Tirrenia etwa 93,1 Mio. EUR beantragt hatte, Italien die Erstattung eines Teiles der Kosten jedoch ablehnte, da sie nach dieser Methode nicht beihilfefähig waren. Auf dieser Grundlage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Tirrenia für die Erfüllung seiner gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Jahr 2009 keine Überkompensation erhalten hat.

(471)

Ab 2010 hätte im Prinzip die Risikoprämie von 6,5 % zur Bestimmung der Kapitalrendite nach der WACC-Formel angewandt werden müssen. Wie jedoch bereits erläutert (siehe Erwägungsgrund 362), hat Italien klargestellt, dass es, da der Ausgleichsbetrag durch das Gesetz von 2009 gedeckelt sei, beschlossen habe, die Berechnung zu vereinfachen, indem 6,5 % als pauschale Kapitalrendite angewandt würden. Ferner wies Italien darauf hin, dass Tirrenia aufgrund seiner Schwierigen finanziellen Situation am 5. August 2010 unter Sonderverwaltung gestellt werden musste. Laut Italien war es nicht möglich, die Nettokosten (d. h. die Kosten abzüglich der gemachten Einnahmen) für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen mit der höchsten durch das Gesetz von 2009 festgelegten Ausgleichsleistung vollständig zu decken. Daher hätte Tirrenia im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 18. Juli 2012 keinerlei Kapitalrendite erhalten.

(472)

Auf der Basis der von den italienischen Behörden vorgelegten Routenabrechnungen konnte die Kommission überprüfen, dass die Nettokosten der von Tirrenia erbrachten gemeinwirtschaftlichen Dienste (ohne Berücksichtigung etwaiger Kapitalerträge) in den Jahren 2010 und 2011 den Ausgleichshöchstbetrag von 72 685 642 EUR überschritten haben. Daher hat Tirrenia in diesen Jahren tatsächlich keine Kapitalrendite erhalten. Für das erste Halbjahr 2012 geht aus den vierteljährlichen Abrechnungen des Sonderverwalters eindeutig hervor, dass das Betriebsergebnis (162) von Tirrenia (d. h. vor außerordentlichen Kosten) auch nach Berücksichtigung des im Gesetz von 2009 festgelegten anteiligen Ausgleichshöchstbetrags negativ ist. Es kann somit gefolgert werden, dass Tirrenia auch in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis zum 18. Juli 2012 keine Kapitalrendite erhalten hat. Insgesamt kommt die Kommission zu dem Schluss, dass Tirrenia in der Zeit der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags keine Überkompensation erhalten hat.

(473)

Gemäß Randnummer 49 des DAWI-Rahmens von 2011 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die für die Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährten Ausgleichszahlungen nicht dazu führen, dass Unternehmen eine Überkompensation (wie in Randnummer 47 des Rahmens definiert) erhalten. Die Mitgliedstaaten müssen hierfür auf Anfrage der Kommission Nachweise vorlegen. Ferner müssen sie regelmäßig zum Ende der Betrauungsdauer und in jedem Fall in Abständen von höchstens drei Jahren Kontrollen vornehmen oder sicherstellen, dass solche Kontrollen durchgeführt werden. Diesbezüglich stellt die Kommission fest, dass die italienischen Behörden die erforderlichen Nachweise wie oben beschrieben (siehe Erwägungsgründe 464 und 465) beigebracht haben. In der Tat hat Tirrenia ihre Routenabrechnungen jedes Jahr dem beaufsichtigenden Ministerium vorgelegt, damit dieses die Höhe der Ausgleichszahlungen überprüfen kann. Ferner erinnert die Kommission daran, dass der Ausgleich in Raten ausgezahlt wird (siehe Erwägungsgrund 36) und dass die endgültige Auszahlung auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten und Einnahmen des Jahres erfolgt. Dadurch wird sichergestellt, dass der Ausgleichsbetrag die Nettokosten der Dienstleistung nicht übersteigt (zu denen im Prinzip eine Kapitalrendite hinzugerechnet wird, auch wenn dies in der Praxis im Bewertungszeitraum nicht der Fall war). Der Vollständigkeit halber stellt die Kommission fest, dass die Tätigkeit des vom italienischen Staat ernannten Sonderverwalters ab dem 5. August 2010 einen weiteren Schutzmechanismus gegen Überkompensation darstellte. Die Kommission ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen ausreichen, um eine mögliche Überkompensation vermeiden und aufdecken zu können.

(474)

Aus den vorstehenden Gründen (siehe Erwägungsgründe 467 bis 473) kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die anwendbaren Anforderungen des Abschnitts 2.8 (Höhe des Ausgleichs) des DAWI-Rahmens von 2011 erfüllt sind.

7.3.1.7.   Der Liegeplatzvorrang

(475)

Artikel 19ter Absatz 21 des Gesetzes von 2009 legt eindeutig fest, dass der Liegeplatzvorrang notwendig ist, um die territoriale Anbindung der Inseln zu gewährleisten, aber auch im Hinblick auf die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia. Gäbe es keinen Liegeplatzvorrang für Unternehmen, die mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betraut sind, müssten diese (bisweilen) beim Anlegen warten, bis sie an der Reihe sind, hierdurch müssten sie Verzögerungen in Kauf nehmen, die dem Ziel einer zuverlässigen und bequemen Verbindung zu den Bürgern zuwiderlaufen würden. Ein regelmäßiger Fahrplan ist in der Tat notwendig, um die Mobilitätsbedürfnisse der Inselbevölkerung zu befriedigen und zur wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Inseln beizutragen. Da der ursprüngliche Vertrag (in der verlängerten Fassung) spezifische Zeitplanverpflichtungen für die Abfahrt von Routen im Rahmen der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse vorsieht, trägt der Liegeplatzvorrang außerdem dazu bei, dass die Häfen die Liegeplätze und Liegezeiten so zuteilen, dass der Betreiber der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse seinen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nachkommen kann.

(476)

Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass diese Maßnahme gewährt wird, um Tirrenia in die Lage zu versetzen, die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu erfüllen, die eine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellen (siehe Erwägungsgrund 449). Darüber hinaus haben die italienischen Behörden bestätigt, dass der Liegeplatzvorrang nur für Dienstleistungen gilt, die im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen erbracht werden (und beispielsweise nicht, wenn Tirrenia in der Hauptsaison Routen auf kommerzieller Basis bedient). Die Kommission hat die Vereinbarkeit der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse und der damit verbundenen Ausgleichszahlungen für Tirrenia während der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags bereits eingehend geprüft (siehe Erwägungsgründe 440 bis 474). Die Kommission ist daher der Ansicht, dass sich ihre Vereinbarkeitsbeurteilung des Liegeplatzvorrangs darauf beschränken kann, festzustellen, ob diese Maßnahme zu einer Überkompensation führen kann oder nicht.

(477)

Die Kommission nimmt die von Italien vorgebrachten Argumente zur Kenntnis, wonach ein möglicher geldwerter Vorteil aus dem Liegeplatzvorrang begrenzt wäre (siehe Erwägungsgrund 191). Infolgedessen sei auch das Risiko einer Überkompensation durch diese Maßnahme begrenzt. In dem Maße, in dem diese Maßnahme die Betriebskosten des Betreibers der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse senkten oder die Einnahmen des Betreibers des Dienstes erhöhten, würden sich diese Auswirkungen in der internen Buchführung des Betreibers in vollem Umfang niederschlagen. Daher sind die Überkompensationskriterien, die wie oben beschrieben (siehe Abschnitt 7.3.1.6) auf Tirrenia angewandt wurden, auch geeignet, eine mögliche Überkompensation aufgrund des Liegeplatzvorrangs aufzudecken.

(478)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass der Liegeplatzvorrang, der untrennbar mit der von Tirrenia erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verbunden ist, auch auf der Grundlage von Artikel 106 Absatz 2 AEUV und des DAWI-Rahmens von 2011 mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

7.3.1.8.   Einhaltung der DAWI-Entscheidung von 2005

(479)

Wie oben erläutert (siehe Erwägungsgrund 436) überstieg das durchschnittliche jährliche Passagieraufkommen in den beiden Finanzjahren vor der Zuweisung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf den Routen Neapel–Palermo, Civitavecchia–Olbia und Genua–Porto Torres 300 000 Passagiere. Für die übrigen neun Routen (163), die von Tirrenia im Rahmen des ursprünglichen Vertrags bedient und verlängert wurden, ist diese Schwelle nicht überschritten. Somit sind für diese neun Routen die Anforderungen von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe c der DAWI-Entscheidung von 2005 erfüllt. Ferner ist die Kommission der Auffassung, dass Artikel 2 Absatz 2 der DAWI-Entscheidung von 2005, der die Einhaltung der Seekabotageverordnung vorschreibt, ebenfalls erfüllt ist (164). Auf dieser Grundlage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die übrigen neun Routen auf der Basis der DAWI-Entscheidung von 2005 bewertet werden können.

(480)

Die Kommission hat bereits festgestellt (siehe Abschnitt 7.3.1.3), dass für den Zeitraum der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags in den Betrauungsakten die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die Dauer, das Unternehmen und das betroffene Gebiet, die Parameter für die Berechnung, Kontrolle und Überprüfung der Ausgleichszahlungen sowie die Modalitäten für die Vermeidung bzw. Rückzahlung einer Überkompensation klar definiert wurden. Daher wird für die verbleibenden neun Routen Artikel 4 (Betrauung) der DAWI-Entscheidung von 2005 eingehalten.

(481)

Darüber hinaus ist die Kommission zu dem Schluss gekommen (siehe Abschnitt 7.3.1.6), dass i) Tirrenia während des Zeitraums der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags keine Überkompensation erhalten hat und dass ii) die italienischen Behörden regelmäßige Kontrollen durchgeführt haben, um zu verhindern, dass Tirrenia eine Überkompensation erhält. Auf dieser Grundlage stellt die Kommission fest, dass auch Artikel 5 (Ausgleichszahlungen) und Artikel 6 (Kontrolle der Überkompensation) der DAWI-Entscheidung von 2005 für die übrigen neun Routen eingehalten werden.

(482)

Angesichts des untrennbaren Zusammenhangs mit der Erbringung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse und in Anbetracht der obigen Bewertung (siehe Abschnitt 7.3.1.7) steht auch der für den Betrieb der neun verbleibenden Routen gewährte Liegeplatzvorrang im Einklang mit der DAWI-Entscheidung von 2005.

7.3.1.9.   Schlussfolgerung

(483)

Auf der Grundlage der Würdigung in den Erwägungsgründen 432 bis 474 kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Ausgleichszahlungen, die Tirrenia für die Erbringung der Seeverkehrsdienste, die Gegenstand der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags sind, im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 gewährt wurden, den geltenden Bedingungen des DAWI-Rahmens von 2011 entsprechen und daher gemäß Artikel 106 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.

(484)

Darüber hinaus ist auf der Grundlage der Würdigung in den Erwägungsgründen 479 bis 481 festzustellen, dass die Tirrenia gewährten Ausgleichszahlungen und der Liegeplatzvorrang für den Betrieb von neun Routen (165) während des Verlängerungszeitraums ebenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Verpflichtung zur vorherigen Anmeldung gemäß der DAWI-Entscheidung von 2005 befreit sind.

7.3.2.   Rechtswidrige Verlängerung der Rettungsbeihilfe für Tirrenia

(485)

Auf der Grundlage der Entscheidung von 2010 war die Rettungsbeihilfe für Tirrenia, soweit sie auf den am 28. August 2011 auslaufenden Zeitraum von sechs Monaten beschränkt ist, mit dem Binnenmarkt vereinbar. Gemäß den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 war Italien jedoch verpflichtet, der Kommission innerhalb von sechs Monaten entweder i) den Nachweis der vollständigen Rückzahlung des Darlehens und/oder der Beendigung der Bürgschaft oder ii) einen Umstrukturierungs- (oder Liquidations-)Plan zu übermitteln.

(486)

Die Bürgschaft wurde am 11. Juli 2011 in Anspruch genommen, doch erstattete Tirrenia dem Staat den gesamten geschuldeten Betrag erst am 18. September 2012 (siehe Erwägungsgrund 59). Daher konnte Italien nicht nachweisen, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt wurde und/oder dass die Bürgschaft innerhalb des am 28. August 2011 ablaufenden Zeitraums von sechs Monaten beendet wurde.

(487)

Nach den von Italien im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens übermittelten Informationen (siehe Abschnitt 4.2) war ein Liquidationsplan für Tirrenia vor Ablauf der in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 vorgesehenen Sechsmonatsfrist auf der Website von Tirrenia SV verfügbar. Darüber hinaus bringt Italien vor, dass es die Kommission jederzeit über den Fortgang des Privatisierungsverfahrens der Tirrenia-Sparte auf dem Laufenden gehalten habe.

(488)

Die Informationen in den Unterlagen der Kommission bestätigen, dass die italienischen Behörden die Kommission tatsächlich über die damals laufende Privatisierung der Tirrenia-Sparte informiert haben. Darüber hinaus bestätigte Italien auch Tirrenias Absicht, die Rettungsbeihilfe vor Ablauf der Sechsmonatsfrist aus den Erlösen aus der Privatisierung zurückzuzahlen. Die italienischen Behörden haben der Kommission jedoch keinen formellen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorgelegt. Die Kommission besaß zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis davon, dass auf der Website von Tirrenia SV ein Liquidationsplan bekanntgegeben worden war. Darüber hinaus kann die Tatsache, dass die Kommission über das Privatisierungsverfahren der Tirrenia-Sparte informiert wurde, die förmliche Vorlage eines Liquidationsplans nicht ersetzen. Insbesondere muss der Kommission die Möglichkeit gegeben werden, zu beurteilen, ob der Liquidationsplan im Einklang mit den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 steht, weshalb er von Italien formell hätte vorgelegt werden müssen.

(489)

Ferner stellt die Kommission fest, dass sie am 5. Oktober 2011 ein Schreiben absandte, in dem sie Italien aufforderte, zu bestätigen, dass es den Anforderungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 und der Entscheidung von 2010 nachgekommen sei. Die Kommission sandte am 28. November 2011 ein Erinnerungsschreiben an Italien, auf das die italienischen Behörden am 12. Dezember 2011 antworteten. Daher hatte Italien, soweit es die Kommission angeht, bis zum letztgenannten Zeitpunkt (und damit nach Ablauf der Sechsmonatsfrist) weder i) einen Nachweis über die vollständige Rückzahlung des Darlehens und/oder die Beendigung der Bürgschaft noch ii) einen Umstrukturierungs- (oder Liquidations-)Plan vorgelegt.

(490)

In seiner Antwort auf das Schreiben der Kommission vom 5. Oktober 2011 bestätigte Italien, dass eine Rückzahlung vor dem 28. August 2011 beabsichtigt gewesen sei, sich das Privatisierungsverfahren jedoch aufgrund der Notwendigkeit, eine Genehmigung der Fusion durch die Kommission einzuholen, verzögert habe. Da der Erlös der Privatisierung zur Rückzahlung an den Staat notwendig gewesen sei, habe diese Rückzahlung nicht vor Ablauf der Frist am 28. August 2011 erfolgen können. Die Kommission weist darauf hin, dass sich die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 12. Dezember 2011 in keiner Weise auf den nach ihren späteren Angaben bereits vor dem 28. August 2011 öffentlich zugänglichen Liquidationsplan von Tirrenia bezogen haben. Stattdessen versuchte Italien lediglich zu erklären, warum die Rückzahlung nicht vor Ablauf der Sechsmonatsfrist erfolgen konnte. Hätten die italienischen Behörden der Kommission jedoch vor dem 28. August 2011 einen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorgelegt, hätten sie solche Erklärungen nicht abgeben müssen. Die Kommission wertet dies als weiteren Beleg dafür, dass Italien innerhalb der geforderten Sechsmonatsfrist keinen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorgelegt hat.

(491)

Auch wenn der Kommission das Privatisierungsverfahren bekannt war, ihr aber kein detaillierter Liquidationsplan vorlag, ist Italien seiner in der Entscheidung von 2010 eingegangenen Verpflichtung nicht nachgekommen, der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Genehmigung der Rettungsbeihilfe einen Umstrukturierungs- (oder Liquidations-)Plan zu übermitteln. Infolgedessen muss die Rettungsbeihilfe ab dem Ablauf der Sechsmonatsfrist am 28. August 2011 als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe betrachtet werden. Die Kommission ist der Auffassung, dass die rechtswidrig verlängerte Rettungsbeihilfe aus anderen Gründen als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten muss, da sie weder die einschlägigen Bedingungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien noch die des DAWI-Rahmens von 2011 erfüllt (166).

(492)

In der Tat stellt die Kommission im vorliegenden Fall fest, dass die rechtswidrig verlängerte Rettungsbeihilfe nicht für echte und korrekt definierte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt wurde, wie in Randnummer 12 des DAWI-Rahmens von 2011 gefordert. Tirrenia erhielt bereits einen Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auf der Grundlage des ursprünglichen (verlängerten) Vertrags, während die Rettungsbeihilfe als befristete Rettungsbeihilfe angemeldet und genehmigt wurde und nicht als Ausgleich für die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Aus diesem Grund kann diese Maßnahme nach dem DAWI-Rahmen von 2011 nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten.

(493)

Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission positiv fest, dass Tirrenia SV bereits am 18. September 2012 einen Betrag von 25 852 548,93 EUR zurückgezahlt hat. Diese Zahlung überstieg den Betrag von 25 203 063,89 EUR, der dem Staat am 11. Juli 2011 zurückzuzahlen war. Da die rechtswidrig verlängerte Rettungsbeihilfe jedoch für unvereinbar befunden wurde, muss die Rückzahlung mindestens auch einen Betrag in Höhe der gesetzlichen Rückforderungszinsen enthalten. Sollten die von Tirrenia SV gezahlten Zinsen nicht ausreichen, müsste der verbleibende Zinsbetrag noch zurückgefordert werden.

7.3.3.   Mutmaßliche Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten

(494)

Da die mögliche Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, ist ihre Vereinbarkeit anhand der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels und in Artikel 106 Absatz 2 AEUV festgelegten Ausnahmen zu prüfen.

(495)

Die Kommission stellt fest, dass Tirrenia spätestens zum 5. August 2010, dem Datum der Zulassung zum Sonderverwaltungsverfahren, als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft wurde. Am selben Tag wurde das Gesetzesdekret verabschiedet, das die Anwendung der Maßnahme ermöglichte. Nach Kenntnis der Kommission wurden die Mittel zum ersten Mal am 12. August 2010 zur Deckung laufender Kosten verwendet, als die Banca Carige 4 657 005,35 EUR zur Verrechnung zweier Schuldenposten von Tirrenia verwendete (siehe Erwägungsgrund 110). Daher muss diese Maßnahme grundsätzlich auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien bewertet werden.

(496)

Selbst wenn diese Maßnahme vor dem Inkrafttreten der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014 am 1. August 2014 gewährt wurde, wird die Kommission gemäß Randnummer 139 dieser Leitlinien bei der Prüfung von Beihilfen an Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Schwierigkeiten wie Tirrenia die Bestimmungen von Kapitel 5 dieser Leitlinien unabhängig vom Zeitpunkt der Beihilfegewährung anwenden.

(497)

Die Kommission stellt fest, dass die mögliche Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten im Gegensatz zu der in der Entscheidung von 2010 genehmigten Rettungsbeihilfe von Italien nie angemeldet wurde. Darüber hinaus hat Tirrenia dem Staat die Mittel für die Nachrüstung von Schiffen, die zur Deckung laufender Kosten eingesetzt wurden, nicht innerhalb der in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014 festgelegten Sechsmonatsfrist zurückgezahlt. Schließlich hat Italien, wie oben erläutert (siehe Abschnitt 7.3.2), der Kommission weder einen Umstrukturierungsplan noch einen Liquidationsplan für Tirrenia vorgelegt. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014 nicht als vereinbare Umstrukturierungsbeihilfe gelten kann.

(498)

Würdigt die Kommission gemäß Randnummer 9 des DAWI-Rahmens die Vereinbarkeit von Beihilfen, die Anbietern von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Schwierigkeiten vor dem 31. Januar 2012, dem Datum des Inkrafttretens des DAWI-Rahmens von 2011, gewährt wurden, mit den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014, so gelten diese Beihilfen mit Ausnahme der Randnummern 9, 14, 19, 20, 24, 39 und 60 des DAWI-Rahmens von 2011 als mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie den sonstigen Bestimmungen des Rahmens entsprechen (167).

(499)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass Tirrenia im Rahmen der vorliegenden Maßnahme die Mittel nur vorübergehend zur Deckung laufender Kosten verwenden durfte. Tatsächlich war Tirrenia verpflichtet, diese zweckgebundenen Mittel wieder aufzufüllen, damit sie für ihren ursprünglichen Zweck verwendet werden konnten, d. h. zur Finanzierung der erforderlichen Nachrüstungen an den Schiffen von Tirrenia. Diese Nachrüstungen waren erforderlich, um neue internationale Sicherheitsstandards zu erfüllen, und waren daher entscheidend dafür, dass die Schiffe von Tirrenia für die Erfüllung ihrer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zur Verfügung standen. In der Praxis hielt sich Tirrenia jedoch nicht an die vorgenannte Forderung und investierte nur für die Nachrüstung des Schiffes Clodia. Infolgedessen hatte CIN die Nachrüstungen der übrigen betroffenen Schiffe aus eigenen Mitteln zu erbringen. Selbst wenn diese Maßnahme einen Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen darstellen würde, was von Italien nicht nachgewiesen wurde, hätte Tirrenia somit de facto eine unvereinbare Überkompensation erhalten, da die Mittel zur Nachrüstung der Schiffe (168) weder wieder aufgestockt noch an den Staat zurückbezahlt wurden. Daher ist die Kommission der Ansicht, dass diese Maßnahme auf der Grundlage des DAWI-Rahmens von 2011 nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten kann.

(500)

Vollständigkeitshalber merkt die Kommission an, dass die in Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben a, b, d und e AEUV festgelegten Ausnahmen ebenfalls nicht auf diese Maßnahme anwendbar sind.

(501)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass der Betrag von 11 421 300 EUR (169), der weder zur Finanzierung von Schiffsnachrüstungen verwendet noch an den Staat zurückgezahlt wurde, eine Betriebsbeihilfe darstellt, die die Kosten verringert, die Tirrenia andernfalls aus eigenen Mitteln hätte tragen müssen, und ist daher nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar (170). Die Kommission stellt fest, dass diese Beihilfe dem Empfänger ab dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes von 2010, d. h. ab dem 6. Oktober 2010, tatsächlich zur Verfügung stand.

7.3.4.   Abgabenbefreiungen im Zusammenhang mit dem Privatisierungsverfahren

(502)

Die Kommission ist bereits zu dem Schluss gekommen (siehe Erwägungsgründe 416 bis 426), dass die durch das Gesetz von 2010 gewährten Befreiungen von i) indirekten Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit den Übertragungen von Caremar, Saremar, Toremar und der Tirrenia-Sparte auf die jeweiligen Erwerber und von ii) der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus der Übertragung der Tirrenia-Sparte auf CIN eine staatliche Beihilfe für Tirrenia darstellen.

(503)

In beiden Fällen entspricht die Höhe der Beihilfe den Abgaben, die für diese Art von Transaktionen normalerweise zu entrichten gewesen wäre. Die Vereinbarkeit dieser staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt ist daher im Licht der durch Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV und Artikel 106 Absatz 2 AEUV festgelegten Ausnahmen zu prüfen.

(504)

Die Kommission ist der Auffassung, dass keine dieser Ausnahmeregelungen auf der Grundlage einer der in Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV vorgesehenen Ausnahmeregelungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar gelten kann.

(505)

Darüber hinaus stellt die Kommission im Zusammenhang mit der Übertragung der Tirrenia-Sparte auf CIN fest, dass Tirrenia SV zum Zeitpunkt der Annahme des vorliegenden Beschlusses keine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse mehr erbringt. Daher können auch die in Artikel 106 Absatz 2 AEUV festgelegten Vereinbarkeitsgründe nicht geltend gemacht werden.

(506)

Zu den Übertragungen auf die Regionen stellt die Kommission fest, dass es sich bei den über diese Abgabenbefreiung gezahlten Beihilfen um eine einmalige Maßnahme im Zusammenhang mit einer Übertragung von Vermögenswerten im Hinblick auf die Umstrukturierung und anschließende Privatisierung der Tirrenia-Gruppe handelt. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass sie nicht untrennbar mit der von Tirrenia erbrachten Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verbunden ist und daher nicht auf derselben Vereinbarkeitsgrundlage beurteilt werden sollte. Tatsächlich steht eine solche Befreiung nicht im Zusammenhang mit dem Betrieb von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, wie sie im ursprünglichen Vertrag definiert sind, der zum Übertragungszeitpunkt (November 2009) in Kraft war. Daher können auch für diese Übertragungen die in Artikel 106 Absatz 2 AEUV festgelegten Vereinbarkeitsgründe nicht geltend gemacht werden.

(507)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass die Abgabenbefreiungen von Tirrenia Betriebsbeihilfen darstellen, die die Kosten verringern, die Tirrenia SV ansonsten aus eigenen Mitteln hätte tragen müssen, und daher mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind (171).

7.3.5.   Schlussfolgerung zur Vereinbarkeit der Beihilfen

(508)

Auf der Grundlage der vorstehenden Bewertung stellt die Kommission fest, dass

die Tirrenia gewährten Ausgleichsleistungen und der Liegeplatzvorrang für die Bedienung der Seerouten für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 nach Artikel 106 AEUV, dem DAWI-Rahmen von 2011 und für neun (172) der zwölf Routen auch nach der DAWI-Entscheidung von 2005 mit dem Binnenmarkt vereinbar sind,

die Rettungsbeihilfe für Tirrenia rechtswidrig auf den Zeitraum vom 11. Juli 2011 bis zum 18. September 2012 (dem Zeitpunkt der Rückzahlung) verlängert wurde und mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist,

die Verwendung von Mitteln für die Nachrüstung von Schiffen zur Deckung laufender Kosten eine Betriebsbeihilfe für Tirrenia darstellt und diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist,

die Befreiung von Tirrenia von indirekten Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Caremar, Saremar und Toremar sowie der Tirrenia-Sparte auf die jeweiligen Erwerber eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Betriebsbeihilfe für Tirrenia darstellt und die Befreiung von Tirrenia von der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus der Übertragung der Tirrenia-Sparte auf CIN ebenfalls eine unvereinbare Betriebsbeihilfe für Tirrenia darstellt.

7.4.   Beantwortung der Schriftsätze von Grimaldi

(509)

Wie bereits beschrieben (siehe Abschnitt 6), hat Grimaldi der Kommission und den italienischen Behörden mehrere Schriftsätze übermittelt. Diese Schriftsätze wurden nach Ablauf der Fristen für Stellungnahmen interessierter Dritte zum Beschluss von 2011 und zum Beschluss von 2012 eingereicht. Darüber hinaus hat Grimaldi zwar angegeben, dass es ein Wettbewerber von CIN sei und daher als interessierte Partei infrage kommen könnte, das obligatorische Beschwerdeformular nach Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1589 aber nicht ausgefüllt. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass einige Vorbringungen Grimaldis in diesem Beschluss nicht behandelt werden können, da sie nicht in den Anwendungsbereich des förmlichen Prüfverfahrens fallen.

(510)

Ungeachtet des Vorgenannten stellt die Kommission hinsichtlich der von Grimaldi in seinen Schriftsätzen erhobenen Vorwürfe Folgendes fest:

Die Vorwürfe hinsichtlich des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Artikel 102 Buchstabe b AEUV wurden von der nationalen Wettbewerbsbehörde AGCM untersucht und zunächst in ihrem Beschluss Nr. 27053 vom 28. März 2018 behandelt (zum Zeitpunkt der Annahme des vorliegenden Beschlusses bleibt der Fall nach der teilweisen Aufhebung diesen Beschluss durch das TAR offen — siehe Erwägungsgrund 279).

Die Kommission stellte fest, dass die Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen im öffentlichen Interesse, die CIN auf der Grundlage des neuen Vertrags gewährt wurden, keine staatliche Beihilfe darstellen, da sie die vier Altmark-Kriterien erfüllen. Die Bewertung der Kommission ergab, dass jede der von CIN im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Regelung betriebenen Routen als echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu betrachten ist (173) (siehe Erwägungsgrund 348) und dass CIN keine Überkompensation erhalten hat (siehe Erwägungsgrund 366).

Dem neuen Vertrag zufolge ist CIN verpflichtet, dem Verkehrsministerium jedes Jahr seine Verwaltungsabrechnung zur Überprüfung vorzulegen. Diese Abrechnungen sind nach Routen aufgeteilt und von einem unabhängigen Rechnungsprüfer beglaubigt und gewährleisten, dass die Kosten und Einnahmen der gemeinwirtschaftlichen Tätigkeiten von den kommerziellen Aktivitäten getrennt werden. Die Kommission hat eine Kopie der Abrechnungen erhalten.

Der Verzug bei der Entrichtung eines Teils des aufgeschobenen Kaufpreises für die Tirrenia-Sparte ist Gegenstand eines von Tirrenia SV eingeleiteten nationalen Gerichtsverfahrens.

Die geplante Fusion zwischen CIN und Moby scheint keine Fragen zu staatlichen Beihilfen aufzuwerfen, da das aus der Fusion hervorgehende Unternehmen weiterhin in der Lage ist, getrennte Rechnungsbücher für seine gemeinwirtschaftlichen und seine kommerziellen Aktivitäten zu führen.

Der neue Vertrag sieht Strafen für Verstöße von CIN gegen seine Verpflichtungen aus dem Vertrag vor, und daher sind alle mutmaßlichen Verstöße (z. B. Preiserhöhungen) ein Thema, dem die nationalen Behörden nachgehen müssen.

8.   SCHLUSSFOLGERUNG

(511)

Die Kommission stellt fest, dass Italien einige der geprüften Beihilfemaßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig umgesetzt hat. Auf der Grundlage der vorstehenden Bewertung entschied die Kommission, dass der Ausgleich für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen, der Tirrenia im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags gewährt wurde, nach Artikel 106 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Da der Liegeplatzvorrang außerdem untrennbar mit der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch Tirrenia verbunden ist, ist diese Maßnahme nach Artikel 106 AEUV ebenfalls mit dem Binnenmarkt vereinbar. Für neun der zwölf betroffenen Routen, für die gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gelten, war Italien von der Verpflichtung zur vorherigen Anmeldung nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV befreit, da die Tirrenia gewährten Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und der für den Betrieb dieser neun Routen gewährte Liegeplatzvorrang mit der DAWI-Entscheidung von 2005 in Einklang standen.

(512)

Die rechtswidrig verlängerte Rettungsbeihilfe für Tirrenia in der Zeit vom 11. Juli 2011 bis zum 18. September 2012 ist jedoch mit dem Binnenmarkt unvereinbar. Darüber hinaus stellt die Verwendung von Mitteln, die für die Nachrüstung von Schiffen vorgesehen waren, zur Deckung laufender Kosten eine Betriebsbeihilfe für Tirrenia dar, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist. Schließlich stellt auch die Befreiung von den indirekten Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Caremar, Saremar, Toremar und der Tirrenia-Sparte auf die jeweiligen Erwerber sowie von der Körperschaftssteuer auf den Erlös aus dem Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN eine Betriebsbeihilfe für Tirrenia dar, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist.

(513)

Dieser Beschluss betrifft keine anderen Fragen, die unter die Beschlüsse von 2011 und 2012 (174) fallen oder die der Kommission im Zuge des im Rahmen dieser Beschlüsse eingeleiteten Prüfverfahrens durch Beteiligte zur Kenntnis gebracht wurden, noch greift er etwaigen diesbezüglichen Entscheidungen vor.

9.   RÜCKFORDERUNG

(514)

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist die Kommission dazu befugt zu entscheiden, dass der betreffende Mitgliedstaat die Beihilfe umzugestalten oder aufzuheben hat, wenn sie die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt hat (175). Ebenfalls aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dient die einem Mitgliedstaat durch eine Entscheidung der Kommission auferlegte Verpflichtung zur Aufhebung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe zur Wiederherstellung der früheren Lage (176).

(515)

Der Gerichtshof der Europäischen Union urteilte in diesem Zusammenhang, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn der Empfänger den als rechtswidrige Beihilfe gewährten Betrag zurückgezahlt und dadurch den Vorteil, den er auf dem Binnenmarkt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, verloren hat, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist (177).

(516)

An diese Rechtsprechung anknüpfend, heißt es in Artikel 16 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger … zurückzufordern.“

(517)

Da die fraglichen Maßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV umgesetzt wurden und folglich als rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen sind, müssen die Beträge eingezogen werden, um die Situation wiederherzustellen, die vor der Bewilligung bestanden hat. Die Rückforderung erstreckt sich auf den Zeitraum ab dem Zeitpunkt, zu dem die Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung. Auf den zurückzufordernden Betrag werden bis zur tatsächlichen Rückzahlung Zinsen erhoben.

(518)

Im vorliegenden Fall wurde über den Beihilfeempfänger, Tirrenia SV, bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet. Daher kann eine tatsächliche Wiedereinziehung nur durch die Eintragung der Forderung aus der zurückzufordernden Beihilfe in die Insolvenztabelle erreicht werden (178). In diesem Fall muss nach Eintragung der Forderung i) der Gesamtbetrag der Beihilfe wiedererlangt werden oder, wenn das nicht erreicht werden kann, ii) das Unternehmen abgewickelt werden und endgültig seine Tätigkeiten einstellen.

(519)

Die in Erwägungsgrund 508 erwähnte unvereinbaren staatlichen Beihilfen für Tirrenia müssen an Italien zurückgezahlt werden, soweit sie ausgezahlt wurden. Im Einzelnen werden die zurückzufordernden Beihilfen wie folgt festgelegt:

a)

Der Kapitalbetrag der Rettungsbeihilfe, d. h. 25 203 063,89 EUR, zuzüglich der Rückforderungszinsen, die ab dem Zeitpunkt der Auszahlung der beiden Darlehenstranchen und ab dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme der staatlichen Bürgschaft durch die BIIS (d. h. dem 28. Februar 2011 für die erste Tranche von 20 000 000 EUR, dem 23. März 2011 für die zweite Tranche von 5 000 000 EUR und dem 11. Juli 2011 für den Betrag von 203 063,89 EUR) bis zur vollständigen Rückzahlung anfallen. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass der Kapitalbetrag der Beihilfe und ein Teil der Rückforderungszinsen vom Empfänger bereits zurückgezahlt wurden.

b)

Die Mittel für die Nachrüstung von Schiffen, die zur Deckung laufender Kosten eingesetzt wurden, d. h. 11 421 300 EUR, zuzüglich der ab dem Inkrafttreten des Gesetzes von 2010, d. h. ab dem 6. Oktober 2010, bis zur vollständigen Rückzahlung anfallenden Zinsen.

c)

Soweit die indirekten Abgaben auf Vorgänge und Handlungen im Zusammenhang mit den Übertragungen von Caremar, Saremar und Toremar auf die Regionen Kampanien, Sardinien bzw. Toskana und mit der Übertragung der Tirrenia-Sparte auf CIN vom Verkäufer zu zahlen sind, entspricht der Beihilfebetrag den Abgaben, die normalerweise für diese Art von Geschäften zu entrichten sind. Italien hat eine Liste aller Dokumente vorzulegen, die tatsächlich von Abgaben befreit worden sind, und berechnet die normalerweise fälligen Abgaben. Zu diesen Beträgen werden Rückforderungszinsen hinzugerechnet, die ab dem Datum der offiziellen Dokumente, für die eine Abgabenbefreiung gewährt wurde, bis zur vollständigen Rückzahlung anfallen.

(520)

Darüber hinaus befreit Italien den Erlös aus dem Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN nicht von der von Tirrenia SV zu entrichtenden Körperschaftssteuer.

10.   WIRTSCHAFTLICHE KONTINUITÄT

(521)

Wenn ein Verkauf oder eine Übertragung des Empfängers einer rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Beihilfe erfolgt ist, kann die Rückzahlungspflicht auf andere Unternehmen, auf die die Anteile oder Geschäfte des Empfängers übertragen wurden, ausgedehnt werden (179). Im Falle eines Anteilskaufs, bei dem der Begünstigte noch immer existiert und auf dem Markt aktiv ist und lediglich den Eigentümer gewechselt hat, bleibt die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe beim Begünstigten. Im Falle eines Unternehmenskaufs, bei dem ein anderes Unternehmen das Geschäft mit einigen oder allen Vermögenswerten des ursprünglichen Begünstigten fortführt, sollte dieses andere Unternehmen als Begünstigter der staatlichen Beihilfe angesehen werden, sofern die Übertragungs- oder Verkaufsstruktur den Schluss zulässt, dass eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen besteht.

(522)

Kann hingegen nachgewiesen werden, dass der Vorteil der rechtswidrigen Beihilfe trotz der Übertragung eines Teils oder der Gesamtheit der Vermögenswerte beim ursprünglichen Empfänger verbleibt und das erwerbende Unternehmen eine wesentlich andere Tätigkeit ausübt, so verbleibt die Rückzahlungsverpflichtung beim ursprünglichen Empfänger der Beihilfe. Nach der Rechtsprechung können bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Kontinuität folgende Faktoren berücksichtigt werden: der Umfang der Übertragung (Vermögenswerte und Verpflichtungen, Kontinuität der Belegschaft, gebündelte Vermögenswerte), der Kaufpreis, die Identität der Eigentümer des übernehmenden Unternehmens und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt, zu dem die Übertragung durchgeführt wurde (nach Beginn der Untersuchung, der Einleitung des Verfahrens oder der endgültigen Entscheidung) und die wirtschaftliche Logik der Transaktion (180).

(523)

Nach derselben Rechtsprechung können die genannten Faktoren je nach den besonderen Gegebenheiten in der vorliegenden Sache in unterschiedlichem Umfang berücksichtigt werden. Daraus folgt, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, die Gesamtheit dieser Faktoren zu berücksichtigen, wie die Verwendung des Ausdrucks „können berücksichtigt werden“ (181) und die Tatsache zeigen, dass es keine Hierarchie zwischen diesen Faktoren gibt. Im vorliegenden Fall ist die Kommission insbesondere der Auffassung, dass bei der Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität die Besonderheit der Transaktion zwischen Tirrenia SV und CIN berücksichtigt werden sollte, bei der es um die Privatisierung eines Teils eines öffentlichen Unternehmens im Wege eines Ausschreibungsverfahrens für einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag mit einer Laufzeit von acht Jahren in Verbindung mit den für den Betrieb der in diesem Vertrag festgelegten Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erforderlichen Vermögenswerten ging.

(524)

Um festzustellen, ob eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Tirrenia SV und CIN besteht, und um somit festzustellen, ob das letztgenannte Unternehmen für die Rückzahlung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe haftbar gemacht werden kann, die dem erstgenannten Unternehmen gewährt wurde, berücksichtigte die Kommission die genannten Indikatoren angesichts der besonderen Gegebenheiten in dieser Sache.

10.1.   Der Gegenstand der Übertragung

(525)

Dieser Indikator betrifft den Umfang der Übertragung der bestehenden Vermögenswerte und Verpflichtungen von Tirrenia di Navigazione (später Tirrenia SV) auf CIN, einschließlich der vertraglichen Beziehungen mit den Beschäftigten und Lieferanten. Einleitend ist anzumerken, dass keine der bestehenden Verbindlichkeiten übertragen wurde: Sie verblieben vollständig bei Tirrenia SV, und zwar bis zum Zeitpunkt der Annahme dieses Beschlusses. Die Übertragung beinhaltete in der Tat die vollständige Abschreibung aller Ansprüche auf die übertragenen Vermögenswerte, wie Hypotheken, Pfändungen und Prioritätsansprüche.

(526)

Darüber hinaus stellt die Kommission in Bezug auf die Vermögenswerte zunächst fest, dass das Verfahren zum Verkauf der Tirrenia-Sparte auf einen gescheiterten Versuch folgte, Tirrenia di Navigazione in seiner Gesamtheit mit allen Vermögenswerten und Verpflichtungen, einschließlich der Tochtergesellschaft Siremar, zu privatisieren. Der zweite, erfolgreiche Privatisierungsversuch betraf nur die Vermögenswerte, die für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und die damit verbundenen vertraglichen Beziehungen zu den Lieferanten für notwendig erachtet wurden, mit einem anderen und engeren Geltungsbereich im Vergleich zum ersten Versuch (ca. 45 % in Bezug auf die Anzahl der Schiffe). Die Vermögenswerte, die für die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht als notwendig erachtet wurden, wurden separat, nach unterschiedlichen und nicht miteinander verbundenen Ausschreibungen, verkauft; sie umfassten sechs Schiffe, Immobilien in Italien und im Ausland sowie eine Kunstsammlung. Darüber hinaus wurde die Tirrenia-Tochtergesellschaft Siremar über ein separates Ausschreibungsverfahren verkauft. Da Siremar mit mehreren Schiffen und einer großen Zahl an Mitarbeitern mehrere Routen zwischen Sizilien und anderen kleineren Inseln betrieb, schränkt diese Trennung den Tätigkeitsbereich der Tirrenia-Sparte im Vergleich zur ursprünglichen Tirrenia di Navigazione weiter ein.

(527)

Andererseits stellt die Kommission fest, dass die Marke Tirrenia in den Geltungsbereich der Übertragung einbezogen wurde und ihr Wert in dem von CIN gezahlten Marktpreis enthalten war.

(528)

Schließlich stellt die Kommission auch fest, dass es hinsichtlich der Belegschaft keine Übertragung von Arbeitsverträgen von Tirrenia SV auf CIN gab. Tatsächlich schreibt Artikel 2112 des italienischen Zivilgesetzbuches vor, dass im Falle eines Betriebsübergangs die bestehenden Arbeitsverträge mit dem Käufer fortbestehen und jeder Arbeitnehmer alle daraus resultierenden Rechte behält. Nach Gesetzesdekret Nr. 270/1999 ist diese ordentliche Regelung jedoch nicht auf die Übertragung einer Sparte eines Unternehmens anwendbar, das einem Sonderverwaltungsverfahren unterliegt und wesentliche öffentliche Dienstleistungen erbringt. Der neue Eigentümer ist hingegen verpflichtet, das für die Erbringung der Dienstleistung erforderliche Personal zu übernehmen und zwei Jahre lang auf Massenentlassungen zu verzichten (siehe Erwägungsgrund 160). Die Kommission stellt fest, dass die allgemeine Regel zwar für eine klare Kontinuität im Personalbestand zwischen Tirrenia SV und CIN gesorgt hätte, die Ausnahme Tirrenia SV jedoch effektiv die Möglichkeit gegeben hat, alle Verträge mit seinen Mitarbeitern zu kündigen. In der Folge verhandelte CIN neue Vertragsbedingungen mit den Gewerkschaften der Belegschaft und bot nur jenen Mitarbeitern neue Verträge an, die tatsächlich an der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen arbeiteten, wobei die geltenden Arbeitsgesetze vollständig respektiert wurden.

(529)

Die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der Beschäftigtenzahl war in der Tat durch ein allgemeines Gesetz festgelegt (siehe Erwägungsgrund 528) und musste daher von den italienischen Behörden bei der Gestaltung des Verkaufsverfahrens beachtet werden. Doch auch ohne diese rechtliche Verpflichtung stellt die Kommission fest, dass in der Schifffahrtsbranche für den Betrieb von Schiffen die in den Besatzungstabellen festgelegte verbindliche Mindestzahl von Beschäftigten mit festgelegten Qualifikationen benötigt wird (siehe Erwägungsgrund 175). Tatsächlich hätte CIN im vorliegenden Fall nach Abschluss des neuen Vertrags in kurzer Zeit über 1 200 Mitarbeiter einstellen müssen, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass CIN aus Gründen der Zweckmäßigkeit und zur Senkung der Anwerbungskosten die meisten Mitarbeiter von Tirrenia SV eingestellt hätte, auch wenn das Unternehmen nicht verpflichtet gewesen wäre, neue Arbeitsverträge anzubieten.

(530)

Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission zu dem Schluss, dass es de facto zwar eine Kontinuität in der Belegschaft gab, dass diese jedoch auf die faktischen Umstände (d. h. den Umfang der Übertragung) und auf die geltenden Arbeitsgesetze zurückzuführen war. Andererseits wurde nur ein Teil des Vermögens von Tirrenia SV und keine seiner Verbindlichkeiten an CIN übertragen.

10.2.   Der Kaufpreis

(531)

Nach der ständigen Rechtsprechung könnte die Übertragung der Vermögenswerte zu einem unter dem Marktpreis liegenden Preis ebenfalls ein Indikator für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen dem liquidierten Unternehmen, das zur Rückzahlung der Beihilfe an den Staat verpflichtet ist, und dem neu gegründeten Unternehmen sein. In der vorliegenden Sache stellt die Kommission fest, dass die Vermögenswerte im Rahmen einer Ausschreibung übertragen wurden, die ausreichend offen, transparent und diskriminierungsfrei war, um so, wie in Abschnitt 7.1.3.4 beschrieben, einen Marktpreis zu erzielen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die gemeinsame Ausschreibung der Vermögenswerte und des öffentlichen Dienstleistungsauftrags negative Auswirkungen auf das Ergebnis der Ausschreibung hatte. Im Gegenteil, Italien hat gezeigt, dass bei der Durchführung getrennter Ausschreibungen für einige der anderen Schiffe von Tirrenia und Siremar nur der Schrottwert hätte erzielt werden können. Tatsächlich haben die an den Verkauf geknüpften Bedingungen, wie z. B. die Auflage, den Personalbestand zwei Jahre lang aufrechtzuerhalten, nach Ausweis des Berichts von Ecorys den Preis nicht gedrückt (182). Selbst wenn der schließlich gezahlte Preis niedriger war als der, der in dem von der Banca Profilo vorgelegten unabhängigen Sachverständigengutachten ermittelt wurde, weil ein Teil der Zahlung aufgeschoben wurde, war ein solcher Zahlungsaufschub ein integraler Bestandteil der Dynamik des Ausschreibungsverfahrens, in dessen Rahmen alle anderen Bieter die Möglichkeit hatten, das Angebot von CIN mit ähnlichen Zahlungsbedingungen zu überbieten (183). In der Tat ist es gängige Rechtsprechung, dass das Ergebnis einer offenen und transparenten Ausschreibung noch genauer ist als jede Expertenbewertung (184).

(532)

In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Umstände der Übertragung die Übertragung jeglichen wirtschaftlichen Vorteils, den Tirrenia SV erhalten hat, an CIN ausschließen.

10.3.   Die Identität der Eigentümer

(533)

Wenn die Übertragung der Vermögenswerte zwischen zwei verbundenen Einheiten erfolgt, ist dies ein deutliches Zeichen dafür, dass der Zweck der Übertragung durchaus darin bestehen kann, die Verpflichtung zur Rückzahlung von Beihilfen zu umgehen, die in einer Kommissionsentscheidung als rechtswidrig und unvereinbar eingestuft wurden. Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass Tirrenia SV und CIN keinerlei Verbindungen untereinander hatten und haben. Ersteres ist ein öffentliches Unternehmen, das sich letztlich vollständig im Besitz des Finanz- und Wirtschaftsministeriums befand (185). Letzteres war ursprünglich ein privatwirtschaftliches Konsortium, an dem sowohl ein bestehender Fährbetreiber (Moby) als auch drei Fonds beteiligt waren. Alle Beteiligten an diesem Konsortium haben privaten Charakter (186). Daher stellt die Kommission fest, dass weder Tirrenia SV Kontrolle über CIN noch CIN über Tirrenia SV ausüben konnte.

10.4.   Der Zeitplan der Übertragung

(534)

Wenn die Übertragung der Vermögenswerte zeitlich nach dem Erlass eines Kommissionsbeschlusses erfolgte, in dem Bedenken an der Vereinbarkeit einer bereits gewährten Beihilfe mit dem Binnenmarkt aufgekommen ist, ist dies ein weiterer Hinweis darauf, dass eine solche Übertragung zur Umgehung einer Rückforderungsanordnung erfolgt sein könnte. Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass die Veröffentlichung des Aufrufs zur Interessenbekundung am 15. September 2010 und die Unterzeichnung des Kaufvertrags mit CIN am 25. Juli 2011 erfolgte. Der Beschluss der Kommission, ein förmliches Prüfverfahren einzuleiten, wurde hingegen am 5. Oktober 2011 angenommen. Dieser Beschluss betraf u. a. die Privatisierung der Tirrenia-Sparte. Die Kommission erweiterte darüber hinaus die Untersuchung unter anderem auf den neuen, am 7. November 2012 von CIN unterzeichneten Vertrag (187). Auch wenn die Übertragung erst am 19. Juli 2012 Rechtskraft erhielt, geschah dies aufgrund der Notwendigkeit, eine Genehmigung für die Fusion durch die Kommission zu erhalten. Die Kommission stellt jedoch fest, dass der Kaufvertrag am 25. Juli 2011 bereits gültig und bindend war, auch wenn sich die Zusammensetzung einer der Parteien später teilweise änderte, um die im Laufe des Fusionsverfahrens aufgeworfenen Wettbewerbsbedenken auszuräumen. Es kann nicht infrage gestellt werden, dass die Parteien, als sie den Vertrag unterzeichneten, nicht wussten, dass die Kommission einige Monate später ein formelles Prüfverfahren einleiten würde, geschweige denn konnten sie dessen Inhalt kennen, das damit verbundene Risiko für eine der Parteien abschätzen und beschließen, die Vermögenswerte zu übertragen, um ein solches Prüfverfahren gegenstandslos zu machen. Dies gilt für die im Beschluss von 2011 und noch mehr für die im Beschluss von 2012, der nach dem Abschluss des Verkaufs und der Betrauung von CIN mit dem neuen Vertrag angenommen wurde, beschriebenen Maßnahmen.

(535)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass Italien die Kommission im Rahmen der Gespräche mit der Kommission zur Umsetzung der Seekabotageverordnung (siehe auch Abschnitt 2.4) frühzeitig über seine Absicht informierte, die Tirrenia-Sparte im Bündel mit dem neuen Vertrag zu veräußern. Italien meldete darüber hinaus aus Gründen der Rechtssicherheit den Entwurf des neuen Vertrags an (188). Dies ist ein weiterer starker Hinweis darauf, dass Italien nicht die Absicht hatte, eine künftige Rückforderungsanordnung zu umgehen, indem es die Übertragung der Sparte und die Betrauung mit dem neuen Vertrag in der in Abschnitt 7.1.3 beschriebenen und bewerteten Weise organisierte.

10.5.   Die wirtschaftliche Logik der Übertragung

(536)

Dieser Indikator bezieht sich sowohl auf die Absichten der an der Vermögensübertragung beteiligten Parteien als auch auf die wirtschaftliche Begründung im Hinblick auf das künftige Geschäft des Unternehmens, das diese Vermögenswerte betreiben wird. Diesbezüglich stellt die Kommission zunächst fest, dass die italienischen Behörden zum einen die Absicht hatten, der Verpflichtung zur Liberalisierung des Seeverkehrssektors nach der Seekabotageverordnung nachzukommen, indem sie ihren wichtigsten öffentlichen Betreiber, die Tirrenia-Gruppe, einschließlich Tirrenia SV, privatisierten und das übernehmende Unternehmen mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betrauten. Diese Übertragung von Vermögenswerten zusammen mit Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen war zwar nach dieser Verordnung nicht vorgeschrieben, aber eine der Optionen, die Italien zur Umsetzung der Liberalisierung zur Verfügung standen (siehe auch Erwägungsgrund 114), und war im Vergleich zum Ergebnis von zwei getrennten Verfahren unter diesen Umständen die beste Lösung, auch im Hinblick auf den Verkaufspreis der Vermögenswerte (189). Auf der anderen Seite war es die Absicht von CIN, die Routen mit gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen effizienter als die zuvor tätige Tirrenia di Navigazione (später Tirrenia SV) zu betreiben und dadurch einen Gewinn zu erzielen (auch unter Berücksichtigung der Routen und Zeiträume, in denen das Unternehmen auf dem freien Markt tätig war).

(537)

Was die künftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens anbelangt, so stellt die Kommission fest, dass CIN zwar dieselben oder sehr ähnliche Routen und Frequenzen wie Tirrenia anbietet, dies aber nur die logische Folge der anhaltenden Notwendigkeit ist, echte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu erbringen, wie sie im neuen Vertrag festgelegt sind. Mit anderen Worten sollte die Kontinuität der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse nicht mit der wirtschaftlichen Kontinuität nach den Regeln für staatliche Beihilfen verwechselt und vermengt werden. Tatsächlich ist die Kommission der Ansicht, dass Italien zum Erreichen des eigentlichen Zwecks des neuen Vertrags, d. h. i) der Gewährleistung der territorialen Anbindung der Inseln an das Festland und ii) des Beitrags zur wirtschaftlichen Entwicklung der betreffenden Inseln, verpflichtet war, den geographischen Anwendungsbereich des neuen Vertrags in ähnlicher Weise wie den des ursprünglichen Vertrags zu gestalten.

(538)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass die Bedingungen für die laufende Ausführung der öffentlichen Dienstleistungsverpflichtungen durch CIN deutlich anders gestaltet sind. Die Höhe der Ausgleichsleistung wird über einen völlig anderen Mechanismus festgelegt, der einen effizienten Betrieb des Dienstleisters voraussetzt, und in der Tat hat sich CIN folgende Ziele gesetzt: Steigerung der Effizienz der Flotte in Bezug auf Wartung, Versicherung, Treibstoffkosten und Besatzungsmanagement, Verbesserung des Online-Verkaufs, Verbesserung der Qualität und des Angebots an Borddienstleistungen, Erhöhung der Zahl der Passagiere und der Menge der transportierten Güter. Da es in der Tat keine Garantie für eine vollständige Kostendeckung gibt und die Höhe der nominalen Ausgleichsleistung für mehrere Jahre festgelegt ist (d. h., dass sie de facto sinkt), hatte CIN keine andere Wahl, als die von Tirrenia di Navigazione verfolgte Geschäftsstrategie vollständig zu überarbeiten. Letzteres Unternehmen hat in seiner langen Geschichte innerhalb der Tirrenia-Gruppe stets und konsequent als öffentlicher Dienst ohne jegliche Strategie zur Erzielung einer nachhaltigen Rentabilität gearbeitet, während Tirrenia SV lediglich die geordnete Abwicklung des Unternehmens anstrebte und gleichzeitig die Kontinuität der öffentlichen Dienstleistungen bis zur Übertragung des Eigentums auf CIN im Anschluss an das Ausschreibungsverfahren sicherstellte.

(539)

CIN erfüllte somit seine gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und seine übrigen Aktivitäten unter völlig anderen Betriebsbedingungen als Tirrenia SV und auf der Grundlage einer eigenen Strategie. In der Tat verlangten die italienischen Behörden von CIN weder ein bestimmtes Geschäftsmodell noch die Aufrechterhaltung eines bestimmten Tätigkeitsbereichs, der über die im neuen Vertrag festgelegten Tätigkeiten hinausgeht, noch die Übernahme bestimmter Vermögenswerte oder Mitarbeiter, die nicht untrennbar mit dem Betrieb der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Sinne des neuen Vertrags verbunden sind. In dieser Hinsicht stand (und steht) es CIN frei, die Art und Weise der Unternehmensführung nach eigenem Ermessen zu ändern.

(540)

Die Kommission stellt fest, dass die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen hinsichtlich der Routen und Frequenzen zwar zwangsläufig ähnlich sind, da sie ähnlichen gemeinwirtschaftlichen Erfordernissen entsprechen, sich die Bedingungen für ihre Erfüllung und die dahinterstehende Geschäftsstrategie jedoch unterscheiden. In der Tat war diese de facto bestehende Ähnlichkeit der unternommenen Tätigkeiten auf die sehr spezifischen Umstände des Falls zurückzuführen und wurde durch die andersartigen finanziellen Bestimmungen für die Tätigkeiten von CIN abgemildert.

10.6.   Schlussfolgerung zur wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Tirrenia SV und CIN

(541)

Auf der Grundlage des Vorstehenden stellt die Kommission fest, dass der Kaufpreis, die Identität der Eigentümer und der Zeitpunkt der Transaktionen keinen Hinweis auf eine wirtschaftliche Kontinuität darstellen. Auch wenn der Umfang der Transaktion und ihre wirtschaftliche Logik einige Elemente enthalten, die auf eine wirtschaftliche Kontinuität hindeuten, stellt die Kommission bei den beiden letztgenannten Kriterien fest, dass jedes Element einer potenziellen Kontinuität durch die sehr spezifischen Umstände dieser Transaktion motiviert ist, d. h. die Bündelung der Vermögensübertragung und des öffentlichen Dienstleistungsauftrags in einem einzigen Verfahren, den Umfang der Transaktion und die allgemein geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften. Insbesondere gibt es keine Hinweise auf eine versuchte Umgehung einer Rückforderungspflicht. Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission zu dem Schluss, dass insgesamt keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen Tirrenia und CIN besteht. Dies bedeutet auch, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung der rechtswidrigen und unvereinbaren staatlichen Beihilfen, die Tirrenia gewährt wurden, nicht auf CIN übertragen wird —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

(1)   Die Tirrenia gewährten Ausgleichsleistungen und der für die Erbringung von Seeverkehrsdienstleistungen auf zwölf Routen im Rahmen des ursprünglichen Vertrags gewährte und für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 18. Juli 2012 verlängerte Liegeplatzvorrang stellen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die staatliche Beihilfe für den Betrieb der drei Routen Neapel–Palermo, Civitavecchia–Olbia und Genua–Porto Torres wurde von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt.

(2)   Die in Absatz 1 dieses Artikels genannte staatliche Beihilfe ist mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 2

(1)   Die Verlängerung der Rettungsbeihilfe vom 11. Juli 2011 bis zum 18. September 2012 stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die staatliche Beihilfe wurde von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt.

(2)   Die in Absatz 1 dieses Artikels genannte staatliche Beihilfe — in Höhe von 25 203 063,89 EUR — ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 3

(1)   Die Befreiung von den indirekten Abgaben auf die Übertragung von Caremar, Saremar, Toremar und der Tirrenia-Sparte auf die Regionen Kampanien, Sardinien und Toskana bzw. auf CIN stellt eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die staatliche Beihilfe wurde von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt.

(2)   Die Befreiung des Erlöses aus dem Verkauf der Tirrenia-Sparte an CIN von der Körperschaftssteuer stellt eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die staatliche Beihilfe wurde von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt.

(3)   Die in Absatz 1 und 2 dieses Artikels genannten staatlichen Beihilfen sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

(4)   Zum Zeitpunkt der Annahme dieses Beschlusses hat Italien die in Absatz 2 dieses Artikels genannte Beihilfe noch nicht ausgezahlt.

Artikel 4

(1)   Die Verwendung von Mitteln, die für die Nachrüstung von Schiffen vorgesehen waren, zur Deckung laufender Kosten stellt eine staatliche Beihilfe an Tirrenia im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Die staatliche Beihilfe wurde von Italien unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt.

(2)   Die in Absatz 1 dieses Artikels genannte staatliche Beihilfe — in Höhe von 11 421 300 EUR — ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 5

(1)   Die Vergabe des neuen Vertrags für den Zeitraum vom 18. Juli 2012 bis zum 18. Juli 2020, gebündelt mit der Tirrenia-Sparte und dem Liegeplatzvorrang an CIN — einschließlich der aufgeschobenen Entrichtung eines Teils des Kaufpreises durch CIN — stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

(2)   Die im Gesetz von 2010 festgelegte Möglichkeit, Mittel des Fondo Aree Sottoutilizzate zur Deckung laufender Kosten zu verwenden, stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 6

(1)   Italien fordert die in den Artikeln 2, 3 und 4 genannten, mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen, soweit sie bereits ausgezahlt wurden, von den Empfängern zurück.

(2)   Die Rückforderungsbeträge umfassen Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfen den Empfängern zur Verfügung gestellt wurden, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (190) und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 (191) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Auf der Grundlage der ihr zu Verfügung stehenden Informationen erkennt die Kommission an, dass der Empfänger den Nennbetrag der in Artikel 2 genannten Beihilfe bereits zurückgezahlt hat.

(5)   Italien stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 2 und 3 genannten Beihilfen ein.

Artikel 7

(1)   Die in Artikel 6 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weisezurückgefordert.

(2)   Italien stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 8

(1)   Italien übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der vom Empfänger zurückzufordern ist;

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

Unterlagen, die belegen, dass eine Rückzahlungsanordnung an den Empfänger ergangen ist.

(2)   Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 6 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Italien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Italien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Empfänger bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 9

Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.

Die Kommission kann die Beihilfebeträge und die Rückforderungszinsen, die nach diesem Beschluss zurückzuzahlen sind, unbeschadet des Artikels 30 der Verordnung (EU) 2015/1589 veröffentlichen.

Brüssel, den 2. März 2020

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Exekutiv-Vizepräsidentin


(1)   ABl. C 28 vom 1.2.2012, S. 18, und ABl. C 84 vom 22.3.2013, S. 58.

(2)  Die ehemalige Tirrenia-Gruppe bestand aus den Unternehmen Tirrenia di Navigazione S.p.A., Adriatica S.p.A., Caremar — Campania Regionale Marittima S.p.A., Saremar — Sardegna Regionale Marittima S.p.A., Siremar — Sicilia Regionale Marittima S.p.A. und Toremar — Toscana Regionale Marittima S.p.A.

(3)  Staatliche Beihilfen — Italienische Republik — Staatliche Beihilfen SA.32014 (11/C) (ex 11/NN), SA.32015 (11/C) (ex 11/NN) und SA.32016 (11/C) (ex 11/NN) — Staatliche Beihilfen zugunsten der ehemaligen Tirrenia-Gruppe (potenzielle staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen sowie potenzielle staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit der Privatisierung) (SA.28172 (CP 103/2009), SA.29989 (CP 393/2009), SA.30107 (CP 414/2009), SA.30206 (CP 3/2010), SA.31645 (CP 234/2010), SA.31715 (CP 248/2010)) — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (ABl. C 28 vom 1.2.2012, S. 18).

(4)  Sämtliche Änderungen betrafen Maßnahmen zugunsten von Saremar.

(5)  Staatliche Beihilfen — Italien — Staatliche Beihilfen SA.32014 (2011/C), SA.32015 (2011/C) und SA.32016 (2011/C) — Italien — Staatliche Beihilfen zugunsten der Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe und ihrer Käufer — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (ABl. C 84 vom 22.3.2013, S. 58).

(6)  Beschluss (EU) 2018/261 der Kommission vom 22. Januar 2014 über die Maßnahmen SA.32014 (2011/C), SA.32015 (2011/C), SA.32016 (2011/C) der Region Sardinien zugunsten von Saremar (ABl. L 49 vom 22.2.2018, S. 22).

(7)  Siehe das Urteil vom 6. April 2017, Regione autonoma della Sardegna (Italien) / Kommission, T-219/14, ECLI:EU:T:2017:266.

(8)  Fintecna (Finanziaria per i Settori Industriale e dei Servizi S.p.A.) steht im alleinigen Eigentum des italienischen Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen und ist auf die Durchführung von Börsengängen und Privatisierungsverfahren spezialisiert, ferner beschäftigt es sich mit Rationalisierungs- und Umstrukturierungsprojekten für Unternehmen, die sich in industriellen, finanziellen oder organisatorischen Schwierigkeiten befinden.

(9)  Entscheidung 2001/851/EG der Kommission vom 21. Juni 2001 über eine staatliche Beihilfe Italiens zugunsten der Seeverkehrsgesellschaft Tirrenia di Navigazione (ABl. L 318 vom 4.12.2001, S. 9).

(10)  Entscheidung 2005/163/EG der Kommission vom 16. März 2004 über eine staatliche Beihilfe Italiens zugunsten der Seeverkehrsgesellschaften Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar (Tirrenia-Gruppe) (ABl. L 53 vom 26.2.2005, S. 29).

(11)  Im Einzelnen: Adriatica, Caremar, Siremar, Saremar und Toremar.

(12)  Urteil des Gerichts vom 4. März 2009, Tirrenia di Navigazione u. a / Kommission, T-265/04, T-292/04 und T-504/04, ECLI:EU:T:2009:48.

(13)  Die Übertragung wurde am 1. Juni 2011 formal abgeschlossen.

(14)  Artikel 19ter Absatz 10 des Gesetzes von 2009.

(15)  Davon 19 839 226 EUR aus Kampanien und 10 030 606 EUR aus Latium.

(16)  Dies umfasst den CIN eingeräumten Zahlungsaufschub für einen Teil des Kaufpreises für den Erwerb der Tirrenia-Sparte und einige mutmaßliche zusätzliche Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit der Siremar-Sparte (z. B. staatliche Bürgschaften und Kapitalaufstockungen für die Compagnia delle Isole (im Folgenden „CdI“), das Unternehmen, das die Siremar-Sparte ursprünglich erwarb).

(17)  Insbesondere wurde das „Bonus Sardo – Vacanza-Projekt“, das einen Teil von Maßnahme 7 ausmacht, im Beschluss von 2014 nicht beurteilt und wird auch in diesem Beschluss nicht behandelt.

(18)  Vor 2007 wurde die Route auch in der Hauptsaison im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedient.

(19)  Vor 2008 wurde die Route auch in der Hauptsaison im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedient.

(20)  So annullierte SNAV im Zeitraum 2009–2012 76 Abfahrten auf dieser Route, während Tirrenia nur 19 Abfahrten annullierte (d. h. viermal weniger). Darüber hinaus fielen von diesen 76 Annullierungen durch SNAV 19 Annullierungen auf Feiertage, die restlichen 57 waren auf ungünstige Wetterbedingungen zurückzuführen. Trotz fast gleicher Abfahrtszeit annullierte Tirrenia nur fünf Abfahrten (oder zehnmal weniger als SNAV) aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen. Die übrigen Annullierungen durch Tirrenia waren auf höhere Gewalt zurückzuführen, d. h. sieben auf einen Streik des Personals und weitere sieben auf technische Probleme.

(21)  Im Einzelnen setzte Tirrenia zwei zwischen 1999 und 2000 gebaute Schiffe ein, während SNAV seinen Dienst mit Schiffen aus den Jahren 1973, 1974, 1980 und nur in einem Fall aus dem Jahr 1989 erbrachte.

(22)  Der ursprüngliche Vertrag erlaubte auch den Betrieb einer Frachtverbindung von Genua nach Cagliari, doch wurde diese Möglichkeit nur bis zum Juli 2008 und nicht während des Verlängerungszeitraums genutzt.

(23)  Die an Tirrenia bis zum Tag der Übertragung des Eigentums an der Tirrenia-Sparte auf CIN gezahlte Summe. Für den restlichen Zeitraum von 2012 erhielt CIN 32 707 232,54 EUR. Die Gesamtsumme der Ausgleichszahlung von 72 685 642 EUR für das Jahr 2012 entsprach daher der im Gesetz von 2009 festgelegten Höchstgrenze für Ausgleichszahlungen.

(24)  Ab dem 25. November 2010 werden durch Beschluss der interministeriellen Konferenz über die Festlegung der jährlichen Subvention, die gemäß Artikel 11 des Gesetzes Nr. 856/1986 zwischen dem Ministerium für Infrastruktur und Verkehr, dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen und dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung eingerichtet wurde (im Folgenden „interministerielle Konferenz“), sämtliche Überkompensationen von künftigen Subventionsvorauszahlungen abgezogen.

(25)  Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica (Interministerieller Ausschuss für die Wirtschaftsplanung).

(26)   Gazzetta Ufficiale della Repubblica Italiana Nr. 50 vom 28. Februar 2008.

(27)  Gemäß Artikel 1 Buchstabe 999 des Gesetzes Nr. 296 vom 27. Dezember 2006 und Artikel 1 Buchstabe e des Gesetzesdekrets Nr. 430/1997.

(28)  Die gewünschte Rendite für einen Eigenkapitalinvestor angesichts des Risikoprofils des Unternehmens und der damit verbundenen Cashflows.

(29)  Genehmigung staatlicher Beihilfen gemäß den Artikeln 107 und 108 des AEU-Vertrags — Vorhaben, gegen die von der Kommission keine Einwände erhoben werden (ABl. C 102 vom 2.4.2011, S. 1).

(30)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

(31)  Näheres ist Erwägungsgründen 79 bis 81 zu entnehmen.

(32)  Artikel 4 Absatz 4quater des Gesetzesdekrets Nr. 134 vom 28. August 2008, umgewandelt in das Gesetz Nr. 166 vom 27. Oktober 2008 über dringende Maßnahmen für die Umstrukturierung großer zahlungsunfähiger Unternehmen („ Disposizioni urgenti in materia di ristrutturazione di grandi imprese in crisi “).

(33)  Siehe Erwägungsgrund 27 zu weiteren Hintergrundinformationen zur Verwendung des Begriffs „Sparte“ in diesem Zusammenhang.

(34)  The Financial Times, Il Corriere della Sera, Il Sole 24 Ore, La Repubblica, Il Giornale, Il Mattino und Il Giornale di Sicilia.

(35)  Delloyd, Naftemporiki, Fairplay, Lloyd’s List und Tradewinds.

(36)  Fünf Unternehmen wurden ausgeschlossen, weil sie nicht hinreichend nachweisen konnten, dass sie in der Lage waren, die Kontinuität des öffentlichen Seeverkehrsdienstes zu gewährleisten, da die betroffenen natürlichen Personen offensichtlich nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügten.

(37)  Nach Angaben der italienischen Behörden gaben die übrigen fünf zur Teilnahme an der Due-Diligence-Phase aufgeforderten Unternehmen an, dass sie an einer Beteiligung an der Transaktion nicht mehr interessiert seien.

(38)  In diesem Schreiben vom 2. Februar 2011 forderte der Sonderverwalter die interessierten Unternehmen auf, bis zum 15. März 2011 ein endgültiges, bedingungsloses und verbindliches Angebot für den Erwerb der Tirrenia-Sparte zusammen mit einer auf erste Anforderung zahlbaren Bankbürgschaft in Höhe von 20 Mio. EUR, die die im Angebot eingegangenen Verpflichtungen abdeckt, sowie einen Geschäftsplan vorzulegen, der mit den im Entwurf des neuen Vertrags nach dem Gesetz von 2010 vorgesehenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen im Einklang steht.

(39)  Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 24 vom 29.1.2004, S. 1).

(40)  Dazu gehören unter anderem Tarifobergrenzen, die Einstellung bestimmter Dienste und der Verkauf von Transportkapazitäten auf bestimmten Routen an andere Betreiber.

(41)  Da Moby und CIN die einzigen Unternehmen waren, die diese Routen bedienten, verpflichtete sich Onorato Partecipazioni dazu, 1) das aggregierte Angebot an Transportdienstleistungen auf den Routen Civitavecchia–Olbia und Genua–Olbia beizubehalten oder zu erhöhen, 2) eine Tarifobergrenze einzuhalten und dabei auf die von Moby im Jahr 2014 festgelegten Hauptsaisonpreise abzustellen und 3) 10 % der Transportkapazität in der Hauptsaison mit einem Rabatt von 20 % auf die Tarife an unabhängige Dritte zu verkaufen.

(42)  Patent- und geistige Eigentumsrechte, Konzessionen, Lizenzen, Markenrechte und ähnliche Rechte, andere immaterielle Vermögenswerte.

(43)  Systeme und Maschinen, industrielle und kommerzielle Ausrüstung, andere materielle Vermögenswerte.

(44)  Der Tag, an dem der neue Vertrag von CIN und dem zuständigen Ministerium unterzeichnet wird.

(45)  Zum gesetzlichen Zinssatz auf Jahresbasis ohne Kapitalisierung, die vom Inkrafttreten bis zur Begleichung des Saldos anfallen.

(46)  Insbesondere ging die Banca Profilo davon aus, dass die gesamte Tirrenia-Sparte nach Ablauf des neuen Vertrags liquidiert werden würde. Im Gegenteil dazu geht Ecorys davon aus, dass die Schiffe, die sowohl im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen (d. h. in der Nebensaison) als auch auf kommerzieller Basis (d. h. in der Hauptsaison) betrieben werden, die letztgenannten Dienste weiterführen und dann am Ende ihrer Nutzungsdauer verkauft würden. Ecorys hat jedoch nicht festgestellt, ob es rentabel ist, diese Dienste nur in der Hauptsaison weiter zu betreiben (so z. B. decken die aktuellen Arbeitsverträge der Belegschaft sowohl die Haupt- als auch die Nebensaison ab).

(47)  Ecorys weist darauf hin, dass eine solche Verlängerung zwar nicht ausgeschlossen werden kann, dass aber die Unsicherheiten und das Fehlen zuverlässiger Informationen über die Bedingungen der Verlängerung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse es vernünftig erscheinen lassen, den Wert der Tirrenia-Sparte unabhängig von einer möglichen künftigen Verlängerung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu bewerten.

(48)  Ecorys berechnete diesen Wert als Differenz zwischen den Kosten für die Entlassung des gesamten Personals und dem bereinigten Nettowert der Vermögenswerte der Tirrenia-Sparte.

(49)  Ecorys ist der Ansicht, dass dieses Verhältnis anzeigt, ob die Arbeitskosten im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen einen signifikanten Einfluss auf das Budget der Tirrenia-Sparte haben.

(50)  Nach Ansicht von Ecorys zeigt dieses Verhältnis, ob die Arbeitskosten der Tirrenia-Sparte im Vergleich zu ähnlichen Unternehmen unverhältnismäßig hoch sind.

(51)  Im Einzelnen: vom 24. Dezember bis zum 6. Januar, vom Mittwoch vor Ostern bis zum Dienstag nach Ostern, an den Feiertagen am 25. April, 1. Mai, 2. Juni, 1. November und am 8. Dezember sowie zwei Wochen im August nach Absprache mit den beaufsichtigenden Ministerien.

(52)  Wie durch Artikel 19 Absatz 13bis des Gesetzesdekrets Nr. 78/2009 in der in das Gesetz Nr. 102/2009 umgewandelten Form und durch Artikel 19ter Absatz 19 des Gesetzes von 2009 festgelegt.

(53)  Die Sicherheitsstandards wurden dann in der Richtlinie 98/18/EG des Rates vom 17. März 1998, in italienisches Recht umgesetzt durch das Gesetzesdekret Nr. 45 vom 4. Februar 2000, und in der Richtlinie 2003/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. April 2003, in italienisches Recht umgesetzt durch das Gesetzesdekret Nr. 52 vom 8. März 2005, und in der Richtlinie 2003/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, in italienisches Recht umgesetzt durch das Gesetzesdekret Nr. 65 vom 14. März 2005, ausführlich behandelt.

(54)  Alle Mittel (d. h. 7 000 000 EUR), die in Artikel 19 Absatz 19ter des Gesetzes von 2009 vorgesehen sind, und 16 750 000 EUR aus den Mitteln, die in Gesetz Nr. 102/2009 vorgesehen wurden.

(55)   Gazzetta Ufficiale della Repubblica Italiana Nr. 137 vom 16. Juni 2009.

(56)  FAS ist ein nationaler Fonds, der die Umsetzung der italienischen Regionalpolitik unterstützt. Seine Mittel sind hauptsächlich für Regionen bestimmt, die von den italienischen Behörden als solche ausgewiesen wurden.

(57)  Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates vom 7. Dezember 1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) (ABl. L 364 vom 12.12.1992, S. 7). Die Kommission stellt fest, dass die Seekabotageverordnung die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, ihre Seetransportunternehmen zu privatisieren, sie jedoch dazu zwingt, diesen speziellen Markt zu liberalisieren.

(58)  Das Mahnschreiben wurde am 28. Januar 2010 angenommen, Italien jedoch erst am nächsten Tag davon benachrichtigt.

(59)  Auch, wenn die förmliche Übertragung des Eigentums von Tirrenia, Toremar und Siremar erst 2012 erfolgte.

(60)  Siehe das Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans, C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415.

(61)  Entscheidung 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67) (im Folgenden „DAWI-Entscheidung von 2005“).

(62)  Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4).

(63)  Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3).

(64)  Mitteilung der Kommission: Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15).

(65)  Diese Randnummer lautet: „Beihilfen für Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die sich in Schwierigkeiten befinden, sind nach den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten zu prüfen“.

(66)  Eine ausführliche Beschreibung des Kriteriums findet sich in Erwägungsgrund 301 Punkt 4.

(67)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 2001, Analir u. a., C-205/99, ECLI:EU:C:2001:107‚ Rn. 27 und 28.

(68)  Beide Unternehmen wurden von ein und derselben Sonderverwaltung und ein und demselben Sonderverwalter geführt.

(69)  Es wurden zwei Ausschreibungsverfahren durchgeführt: ein Verfahren für Tirrenias Schnellfähren Aries, Taurus, Capricorn, Scorpio und Scatto sowie ein getrenntes Verfahren für Tirrenias Motorschiff Domiziana. Erstgenanntes Ausschreibungsverfahren schloss auch die Schnellfähre Guizzo von Siremar ein.

(70)  Um zu veranschaulichen, dass nicht alle Mitarbeiter Tirrenias vom Käufer übernommen werden mussten, erwähnt Italien, dass die Belegschaft von Tirrenia zum Zeitpunkt der Due-Diligence-Prüfung 1 414 Mitarbeiter zählte, während diese Zahl nach der Übertragung des Eigentums auf CIN um 12 % auf 1 239 zurückgegangen sei (davon 313 mit befristeten Verträgen). Darüber hinaus wurden von den 18 Führungskräften von Tirrenia nur 4 von CIN übernommen.

(71)  Dazu gehören unterschiedliche risikofreie Zinssätze, Betas, Kosten der Verschuldung und einige Unterschiede bei der Berechnung des Liquidationswerts (vor allem bei den Personalabfindungskosten).

(72)  So verwendete die Banca Profilo beispielsweise die Zinssätze für 10-jährige italienische Staatsanleihen als risikofreien Zinssatz, da die Tirrenia-Sparte ausschließlich in Italien tätig ist. Ecorys verwendete jedoch die niedrigeren Zinssätze für deutsche Staatsanleihen, die jedoch laut Banca Profilo die Kapitalkosten der Sparte unterschätzten.

(73)  Im Besonderen nimmt Italien Bezug auf das Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland/Kommission, C-214/12 P, C-215/12 P, C-223/12 P, ECLI:EU:C:2013:682, Rn. 93-96.

(74)   ABl. L 92 vom 13.4.2010, S. 19.

(75)  Tirrenia SV verweist insbesondere auf das Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2005, Fred Olsen, S.A., T-17/02, ECLI:EU:T:2005:218, Rn. 215.

(76)  Tirrenia SV bezieht sich auf die Urteile vom 10. Mai 2005, Italien / Kommission, C-400/99, ECLI:EU:C:2005:275 und vom 4. März 2009, Tirrenia di Navigazione / Kommission, T-265/04, T-292/04, T-504/04, ECLI:EU:T:2009:48.

(77)  Tirrenia SV fügt hinzu, dass Tirrenia selbst in der Hauptsaison die im Vertrag festgelegten Anforderungen in Bezug auf die Häufigkeit der Fahrten und die Anzahl der Fähren erfüllen und außerdem ermäßigte Tarife für Anwohner und besondere Passagierkategorien anbieten müsse. Tirrenia stand es jedoch frei, die Entgelte für alle anderen Passagiere unter Wettbewerbsbedingungen festzulegen.

(78)  Siehe: http://www.tirreniadinavigazioneamministrazionestraordinaria.it/

(79)  Urteil vom 28. Februar 2012, Grazer Wechselseitige Versicherung AG/Kommission, T-282/08, ECLI:EU:T:2012:91.

(80)  Tirrenia SV bezieht sich auf das Urteil vom 28. Februar 2012, Land Burgenland und Österreich/Kommission, T 268/08 und T 281/08, ECLI:EU:T:2012:90, Rn. 70, 72 und 87.

(81)  Dazu zählen folgende Maßnahmen: 1) die Verpflichtung für Moby, den Frachtdienst auf der Route Livorno–Cagliari einzustellen, falls ein neuer Betreiber sein Interesse am Betrieb dieses Dienstes bekunde, 2) die Verpflichtung für Moby, den Dienst Genua–Porto Torres einzustellen, um Überschneidungen mit CIN zu vermeiden, 3) die Verpflichtung sowohl für Moby als auch für CIN, 10 % der gemischten Passagier- und Frachtverkehrskapazität auf jeder der Routen Civitavecchia–Olbia und Genua–Olbia an andere Betreiber zu verkaufen und 4) die Verpflichtung sowohl für Moby als auch für CIN, die Unterzeichnung und Beendigung von Code-Sharing- oder anderen Arten von Vereinbarungen über den Verkauf von Fahrkarten mit Wettbewerbern oder mit Parteien, die mit Wettbewerbern verbunden sind, auf den Routen Civitavecchia–Olbia, Genua–Porto Torres und Genua–Olbia zu vermeiden.

(82)  Dies betrifft den Verkauf der Tirrenia- und der Siremar-Sparte (Anmerkung der Kommission).

(83)  Die Kommission hat diese Tatsache auch im Verfahren zur geplanten Fusion zwischen CIN und der Tirrenia-Sparte berücksichtigt (M.6362, das später eingestellt wurde, da die Beteiligten ihre Anmeldung zurückzogen).

(84)  Insbesondere verweist CIN auf Seite 6 des Gutachtens mit der Klarstellung des Sachverständigen, dass die Wertspanne des Segments „auf der Grundlage der Annahme der fortgesetzten Anwendung des Vertrags über die öffentlichen Dienstleistungen zwischen der Geschäftssparte und dem italienischen Staat und der Zahlung des entsprechenden Ausgleichs aufgrund des anzuwendenden Vertragsentwurfs festgelegt [wurde], der insbesondere im Spartenplan auf der Basis der Spanne angegeben war. … So könnte beispielsweise um 10 % geringere Entgelte bei unveränderten Annahmen in dem von der Unternehmensleitung erstellten Plan eine Verringerung der Spanne um etwa 35,0 Mio. EUR bewirken“.

(85)  CIN betont, dass der tatsächlich von „konkurrierenden“ Betreibern angebotene Gelegenheitsverkehr im Vergleich zu den Diensten, die von CIN auf der Grundlage der im neuen Vertrag festgelegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen garantiert würden, auf keinen Fall vergleichbar sei, weder hinsichtlich der Häufigkeit der Verbindungen (die, wo Verbindungen bestehen, im Wesentlichen auf die Hauptsaison beschränkt seien) noch in Bezug auf die angebotene Frequenz.

(86)  CIN ist der Ansicht, dass dieses Risiko besonders relevant sei, da das Unternehmen keine Exklusivrechte besitze und daher nicht die Gewissheit habe, die Dienste auf exklusiver Basis betreiben zu können.

(87)  Dies berücksichtigt nur die Zahl des Besatzungspersonals (Bordpersonal, auch bei Urlaub oder dienstfreier Zeit) ohne die Zahl des jeder Route zugeordneten Ersatz- und Landpersonals. CIN weist auch darauf hin, dass die geltenden Vorschriften genaue Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeiten, der Sicherheit und des Schutzes des Personals machten, um eine ausreichende Größe und die angemessene Ausbildung der Besatzung für jede Fährverbindung zu gewährleisten.

(88)  Siehe im Detail Abschnitte 5.2.1, 5.2.2, 5.2.3 und 5.2.4.

(89)  Insbesondere erwähnte Pan Med, dass Grimaldi Frachtdienste auf den Routen Ravenna–Catania, Salerno–Cagliari, Palermo–Cagliari und Trapani–Cagliari betriebe. Nach Angaben von Pan Med verkehrten Moby und Sardinia Ferries auf der Route Civitavecchia–Olbia auf saisonaler Basis, während Moby auf der Route Genua–Olbia das ganze Jahr über verkehre. Laut Pan Med habe Moby auch eine wöchentliche Verbindung zwischen Civitavecchia und Arbatax betrieben.

(90)  Palermo, Catania, Ragusa, Trapani, sowie die Flughäfen von Lampedusa und Pantelleria.

(91)  Die Kommission wird diese unbegründete Behauptung in diesem Beschluss nicht weiter bewerten, da die von den italienischen Behörden vorgelegte analytische Buchführung zeigt, dass Tirrenia 2010 auf dieser Route einen Verlust einfuhr.

(92)  Nach Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(93)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(94)  Darüber hinaus rügt Grimaldi, dass es, da die Überprüfung des wirtschaftlichen und finanziellen Gleichgewichts des neuen Vertrags nur alle drei Jahre und offensichtlich freiwillig erfolge, im Wesentlichen keine Möglichkeit gebe, Schwankungen bei den Treibstoffkosten bei der Festlegung des Ausgleichs zu berücksichtigen.

(95)  Diesen Punkt hat die AGCM in ihrem Beschluss Nr. 27 053 Absätze 198 bis 207 weiter ausgeführt. Siehe im Detail Abschnitt 6.2.

(96)  GURI Nr. 240 vom 13. Oktober 1990.

(97)  Siehe das Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans, C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415.

(98)   ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4.

(99)  Siehe insbesondere die Urteile des Gerichtshofs vom 17. September 1980, Philip Morris/Kommission, C-730/79, ECLI:EU:C:1980:209, Rn. 11; vom 22. November 2001, Ferring, C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627, Rn. 21; vom 29. April 2004, Italien/Kommission, C-372/97, ECLI:EU:C:2004:234, Rn. 44.

(100)  Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Het Vlaamse Gewest/Kommission, T-214/95, ECLI:EU:T:1998:77.

(101)  Verordnung (EWG) Nr. 4055/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf die Seeschifffahrt zwischen Mitgliedstaaten sowie zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern (ABl. L 378 vom 31.12.1986 S. 1).

(102)  Diese Maßnahme wird insbesondere im Fall SA.15631 geprüft.

(103)  Urteil des Gerichtshofs vom 26. Oktober 2016, Kommission/Alouminion tis Ellados, C-590/14 P, ECLI:EU:C:2016:797, Rn. 45.

(104)  Urteil des Gerichts vom 6. März 2002, Territorio Histórico de Àlava – Diputación Foral de Álava u. a./Kommission, T-127/99, T-129/99 und T-148/99, ECLI:EU:T:2002:59, Rn. 175.

(105)  Mitteilung C(2004) 43 der Kommission – Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr (ABl. C 13 vom 17.1.2004, S. 3).

(106)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 2001, Analir u. a., C-205/99, ECLI:EU:C:2001:107.

(107)  Mitteilung der Kommission zur Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 3577/92 des Rates zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage), COM(2014) 232 final vom 22.4.2014.

(108)  Siehe Urteil vom 1. März 2017, SNCM/Kommission, T-454/13, ECLI:EU:T:2017:134, Rn. 130 und 134.

(109)  Urteil des Gerichts vom 24. März 2011, BUPA Ltd u. a./Kommission, T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 186.

(110)  Siehe die Urteile vom 11. April 1989, Ahmed Saeed Flugreisen, C- 66/86, ECLI:EU:C:1989:140, Rn. 55; vom 18. Juni 1998, Corsica Ferries France, C-266/96, ECLI:EU:C:1998:306, Rn. 45; vom 15. Juni 2005, Fred Olsen/Kommission, T-17/02, ECLI:EU:T:2005:218, Rn. 186 ff.

(111)  Die Kommission stellt fest, dass es auf jeden Fall für zwei der drei reinen Frachtrouten keinen gemischten Dienst gibt, der im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse auf diesen Routen betrieben wird. Nur auf der Route Neapel–Cagliari hatte CIN sowohl gemischte Dienste als auch den reinen Frachttransport zu bedienen, letzterer musste 2014 eingestellt werden (siehe Erwägungsgrund 103), um das wirtschaftlich-finanzielle Gleichgewicht des Betriebs wiederherzustellen.

(112)  Die Kommission stützt sich dabei auf Daten, die sie von den Websites des Istituto Nazionale di Statistica (für den Seeverkehr) und der Associazione Italiana Gestori Aeroporti (für den Luftverkehr) bezog.

(113)  Bis zur Fusion von Tirrenia und Adriatica (siehe Erwägungsgrund 13).

(114)  Gesamtzahl der Passagiere geteilt durch die Gesamtzahl der Hin- und Rückfahrten in diesem Zeitraum.

(115)  Gesamtfrachtaufkommen (in laufenden Metern) geteilt durch die Gesamtzahl der Hin- und Rückfahrten in diesem Zeitraum.

(116)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 20. Februar 2001, Analir u. a., C-205/99, ECLI:EU:C:2001:107‚ Rn. 71.

(117)  Der neue Vertrag sieht auch vor, dass die Verbindung von Genua statt von Livorno aus betrieben werden kann, aber von dieser Möglichkeit wurde in der Praxis nie Gebrauch gemacht.

(118)  Zu Hintergrundinformationen siehe: https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/IP_18_3450

(119)  Der Vollständigkeit halber stellt die Kommission fest, dass Italien selbst dann, wenn es von den Absichten Grimaldis oder Pan Meds, den Fährverkehr auf dieser Route aufzunehmen, gewusst hätte (und dies weder behauptet noch nachgewiesen wurde), zu dem Schluss hätte kommen können, dass die Dienste von Grimaldi oder Pan Med nicht ausreichen würden, um den Bedarf an gemeinwirtschaftlichen Leistungen zu decken (z. B. weil sie in Bezug auf die bedienten Häfen, die Qualität oder die angebotene Kapazität nicht gleichwertig gewesen wären oder weil die Kontinuität und Regelmäßigkeit dieses Dienstes nicht sichergestellt werden konnte).

(120)  Im Einzelnen: Minoan Lines Shipping, La Méridionale, Moby, Grandi Navi Veloci, Liberty Lines, Grimaldi Group, Corsica Ferries, SNAV und Caronte & Tourist. Unternehmen der ehemaligen Tirrenia-Gruppe (z. B. Caremar, Toremar) waren aus der Vergleichsgruppe ausgeschlossen.

(121)  Die Kommission erinnert daran, dass 2009 das letzte Jahr war, in dem Tirrenia unter normalen Bedingungen tätig (d. h. noch nicht unter Sonderverwaltung gestellt) war.

(122)  Der Gesamtbetrag der Ausgleichsleistungen, die CIN im Zeitraum 2012-2018 erhalten hat, entspricht den Nettokosten, die bei der Bereitstellung der Dienstleistungen im öffentlichen Interesse anfallen, einschließlich einer Kapitalrendite von etwa 3,4 %.

(123)  Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 1).

(124)  Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 vom 30.4.2004, S. 114).

(125)  Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über das öffentliche Auftragswesen und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).

(126)  Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).

(127)  Nach Artikel 21 der Richtlinie 2004/18/EG.

(128)  Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 2004/18/EG lautet: „ ‚Dienstleistungskonzessionen‘ sind Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.“

(129)  Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 262 vom 19.7.2016, S. 1).

(130)  In Fußnote 146 der Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe stellt die Kommission fest, dass die Unionsgerichte im Zusammenhang mit staatlichen Beihilfen häufig auf ein „offenes“ Ausschreibungsverfahren verweisen. Die Verwendung des Wortes „offen“ bezieht sich nach den Vergaberichtlinien jedoch nicht auf ein bestimmtes Verfahren. Daher ist die Kommission der Ansicht, dass der Ausdruck „vom Wettbewerb bestimmt“ angemessener erscheint, ohne die Absicht zu haben, von den in der Rechtsprechung festgelegten materiellen Bedingungen abzuweichen.

(131)  Im Einzelnen: Gesetzesdekret Nr. 134 vom 28. August 2008, umgewandelt in Gesetz Nr. 166 vom 27. Oktober 2008.

(132)  Außerdem war, wie bereits erläutert (siehe Erwägungsgrund 373), Artikel 36 Absatz 1 der Richtlinie 2004/18/EG nicht auf diese Ausschreibung anwendbar. Daher war Italien nicht verpflichtet, im Aufruf zur Interessenbekundung weitere Angaben zu den Auswahlkriterien zu machen.

(133)  Die Kommission weist darauf hin, dass Italien im Rahmen der Aufforderung zur Interessenbekundung auch nicht verpflichtet war, eine detaillierte Beschreibung der genauen zu verkaufenden Vermögenswerte und des neuen öffentlichen Dienstleistungsvertrags vorzulegen, da Artikel 36 Absatz 1 der Richtlinie 2004/18/EG nicht auf dieses Ausschreibungsverfahren anwendbar war.

(134)  Da außerdem Artikel 36 Absatz 1 der Richtlinie 2004/18/EG auf dieses Ausschreibungsverfahren nicht anwendbar war, war Italien auch nicht verpflichtet, in der Aufforderung zur Interessenbekundung zu beschreiben, wie die nachfolgenden Phasen des Ausschreibungsverfahrens organisiert werden würden.

(135)  Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass Italien nicht dazu verpflichtet war, die (möglichen) Zahlungsbedingungen in der Ausschreibung im Einzelnen aufzuführen, da Artikel 36 Absatz 1 der Richtlinie 2004/18/EU nicht auf dieses Ausschreibungsverfahren anwendbar war.

(136)  Urteil des Gerichts vom 28. Februar 2012, Land Burgenland und Österreich/Kommission, T-268/08 und T-281/08, ECLI:EU:T:2012:90, Rn. 87.

(137)  Erreicht durch Abzinsung der aufgeschobenen Zahlungen auf ihrem Wert zum Zeitpunkt des Verkaufs.

(138)  Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland/Kommission, C-214/12 P, C-215/12 P und C-223/12 P, ECLI:EU:C:2013:682, Rn. 94 bis 95.

(139)  Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland/Kommission, C-214/12 P, C-215/12 P und C-223/12 P, ECLI:EU:C:2013:682, Rn. 96).

(140)  Artikel 63 Absatz 2 des Gesetzesdekrets Nr. 270/1999 schreibt vor, dass sich jeder potenzielle Erwerber einer Sparte eines Großunternehmens in Sonderverwaltung verpflichten muss, das Niveau der Belegschaft (d. h. die Zahl der Beschäftigten) aufrechtzuerhalten und die Geschäftstätigkeit für mindestens zwei Jahre nach dem Erwerb fortzusetzen.

(141)  Dies ist nur in besonderen Fällen nicht bindend.

(142)  Ein Entwurf dieses Vertrags wurde allen Bietern im Datenraum zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus waren seine wichtigsten Bestimmungen bereits in Artikel 19ter des Gesetzesdekrets Nr. 135 vom 25. September 2009 festgelegt worden.

(143)  Ferrando & Massone Srl.

(144)  Dies folgt daraus, dass, wenn ein Schiff noch nicht das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hat, sein Wert für die Schifffahrt höher als sein Schrottwert wäre. In einem Szenario, in dem die Schiffe separat verkauft werden, ist es wahrscheinlich, dass zumindest einige Schiffe zu ihrem Schrottwert verkauft werden müssten. Durch die Bündelung des Verkaufs der Schiffe mit den Dienstleistungen im öffentlichen Interesse bleiben daher alle Schiffe in Betrieb und können zu einem höheren Preis als ihrem Schrottwert verkauft werden.

(145)  Siehe insbesondere die Antwort der Kommission auf Frage 68 in ihrem Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen „Leitfaden für die Anwendung der Unionsvorschriften über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ vom 29. April 2013 (siehe: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/overview/new_guide_eu_rules_procurement_en.pdf).

(146)  Entscheidung der Kommission in der Sache SA.42710, Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse — schnelle Personenseeverkehrsverbindung zwischen Messina und Reggio Calabria — Italien (ABl. C 40 vom 2.2.2018, S. 4).

(147)  Entscheidung der Kommission in der Beihilfesache SA.42366, Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen an bpost im Zeitraum 2016-2020 — Belgien (ABl. C 341 vom 16.9.2016, S. 5).

(148)  Artikel 30 der Richtlinie 2004/18/EG, Artikel 1 Absatz 9 Buchstabe a der Richtlinie 2004/17/EG.

(149)  Entscheidung der Kommission in der Beihilfesache SA.22843, Vertrag über den öffentlichen Seeverkehrsdienst für Korsika 2007-2013, vergeben an SNCM und CMN (ABl. L 220 vom 17.8.2013, S. 20).

(150)  Nach Präsidialdekret Nr. 633 vom 26. Oktober 1972 gelten Übertragungen von laufenden Betrieben oder Geschäftseinheiten auf ein anderes Unternehmen nicht als Lieferung von Gegenständen und sind daher von der Mehrwertsteuer befreit.

(151)  Insbesondere werden die Erträge im Fall von Insolvenzverfahren wie dem von Tirrenia SV nach den in Artikel 183 des konsolidierten Einkommensteuergesetzes festgelegten Regeln ermittelt. Auf der Grundlage dieser Bestimmung ergibt sich der Ertrag eines Unternehmens für den Zeitraum vom Beginn des Insolvenzverfahrens bis zu dessen Abschluss aus der Differenz zwischen dem Vermögen des Unternehmens zu Beginn des Verfahrens und dem Restvermögen am Ende des Verfahrens. Vor Abschluss des Verfahrens ist es daher nicht möglich vorauszusehen, ob und in welcher Höhe eine Steuerschuld besteht. Da die Liquidation von Tirrenia SV noch nicht abgeschlossen ist, lässt sich nicht abschließend feststellen, ob überhaupt eine Körperschaftssteuer fällig wird.

(152)  Die italienischen Behörden haben lediglich die im Rahmen des neuen Vertrags gewährten Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen angemeldet (siehe Erwägungsgrund 4), die nach Auffassung der Kommission keine staatliche Beihilfe darstellen. Darüber hinaus hat Italien vorgebracht, das die Ausgleichsleistungen die Tirrenia für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Rahmen der Verlängerung des ursprünglichen Vertrags gewährt wurden, mit der DAWI-Entscheidung von 2005 vereinbar und von der Anmeldungspflicht ausgenommen gewesen seien. Die Kommission wird in Abschnitt 7.3.1 prüfen, ob dies tatsächlich der Fall war.

(153)  Der Vollständigkeit halber stellt die Kommission fest, dass die Übergangsbestimmung in Artikel 10 Buchstabe a des DAWI-Beschlusses von 2011, nach der jede Beihilfe, die vor dem Inkrafttreten des Beschlusses wirksam wurde (also vor dem 31. Januar 2012), mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldungspflicht nach der DAWI-Entscheidung von 2005 befreit war, für einen weiteren Zeitraum von zwei Jahren (d. h. bis einschließlich 30. Januar 2014) mit dem Binnenmarkt vereinbar und von der Anmeldepflicht befreit ist. Das bedeutet, dass die Beihilfe, die im Rahmen der in Rede stehenden Beihilferegelung im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten der DAWI-Entscheidung von 2005 am 19. Dezember 2005 und dem Inkrafttreten des DAWI-Beschlusses von 2011 am 31. Januar 2012 gewährt wurde, als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet wird, jedoch erst ab dem Zeitpunkt, zu dem sie gewährt wurde, und bis einschließlich 30. Januar 2014. Für Beihilfen, die ab dem 31. Januar 2012 gewährt wurden, ist die Übergangsbestimmung nach Artikel 10 Buchstabe a des DAWI-Beschlusses von 2011 nicht anwendbar und die Vereinbarkeit auf der Grundlage des DAWI-Beschlusses von 2011 zu prüfen.

(154)  Die Kommission stellt fest, dass diese drei Routen zwar das ganze Jahr über im Rahmen der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen bedient wurden, dies jedoch schrittweise auf die Nebensaison reduziert wurde, wobei die Bedienung in der Hauptsaison dann auf kommerzieller Basis erfolgte (siehe Erwägungsgrund 34). Da sich jedoch sowohl die DAWI-Entscheidung von 2005 als auch der DAWI-Beschluss von 2011 auf den „Jahresverkehr“ beziehen, kann die Kommission die Zahl der im Rahmen der kommerziellen Bedienung des Dienstes beförderten Passagiere nicht wie von Italien vorgeschlagen aus der Gesamtzahl herausrechnen.

(155)   ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1.

(156)  Siehe Randnummer 140 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014.

(157)  Aus Gründen der Kürze verzichtet die Kommission in diesem Beschluss auf die detaillierten Zahlen.

(158)  Für die zu beurteilenden Beschlüsse setzt sich diese Konferenz aus dem Minister für Infrastruktur und Verkehr, dem Minister für Wirtschaft und Finanzen und dem Minister für Wirtschaftsentwicklung zusammen.

(159)  Siehe Beschluss der interministeriellen Konferenz vom 30. Dezember 2004. Mit diesem Beschluss wurde der ursprünglich vorgesehene Abschreibungszeitraum für Motorfähren von 20 auf 30 Jahre und für Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge von 15 auf 20 Jahre verlängert.

(160)  Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17).

(161)  Wie in Erwägungsgrund 436 festgestellt. Die Rechtswidrigkeit der für andere Routen gewährten Beihilfe wird in Abschnitt 7.3.1.8 weiter untersucht.

(162)  Dieser Teil des Ergebnisses ist fast vollständig auf die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zurückzuführen, da Tirrenia in der Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2012 nahezu keine kommerziellen Aktivitäten zu verzeichnen hatte. Auch alle Gewinne oder Verluste aus z. B. Verkäufen von Vermögenswerten, die nicht im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen im öffentlichen Interesse stehen, wurden unter den außerordentlichen Ergebnissen verbucht.

(163)  Der Klarheit halber: Es handelt sich um die gemischten Routen Genua–Olbia–Arbatax, Civitavecchia–Cagliari–Arbatax, Neapel–Cagliari, Palermo–Cagliari, Trapani–Cagliari, Termoli–Tremiti-Inseln und die Frachtrouten Livorno–Cagliari, Neapel–Cagliari und Ravenna–Catania.

(164)  Die Kommission erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass festgestellt wurde, dass die Bedienung dieser neun Routen eine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellt (siehe Abschnitt 7.3.1.2) und die Anforderungen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen der Seekabotageverordnung erfüllen. Darüber hinaus akzeptierte die Kommission die Verlängerung des ursprünglichen Vertrags mit Tirrenia im Hinblick auf das Privatisierungsverfahren des Unternehmens, weshalb ihre mit Gründen versehene Stellungnahme vom 21. Juni 2012 Tirrenia nicht betraf (siehe Erwägungsgrund 121).

(165)  Die genauen Routen sind in Fußnote 159 aufgeführt.

(166)  Selbst wenn diese Beihilfe vor dem Inkrafttreten der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014 gewährt wurde, muss die Kommission gemäß Randnummer 139 dieser Leitlinien bei der Prüfung von Beihilfen für Anbieter von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Schwierigkeiten wie Tirrenia die Bestimmungen dieser Leitlinien unabhängig vom Zeitpunkt der Beihilfegewährung anwenden. Wenn die Kommission die Vereinbarkeit von Beihilfen, die Anbietern von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse in Schwierigkeiten vor dem 31. Januar 2012 gewährt wurden, mit den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014 prüft, gelten diese Beihilfen mit Ausnahme der Randnummern 9, 14, 19, 20, 24, 39 und 60 des DAWI-Rahmens von 2011 als mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie den sonstigen Bestimmungen des Rahmens entsprechen.

(167)  Siehe Randnummer 140 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2014.

(168)  Mit Ausnahme der Nachrüstung der Clodia, die von Tirrenia bezahlt wurde.

(169)  Wie in Erwägungsgrund 192 erläutert, verwendete Tirrenia von den 12 051 900 EUR, die für die Durchführung von Schiffsnachrüstungen zur Einhaltung internationaler Sicherheitsnormen gewährt wurden, tatsächlich nur 630 600 EUR zur Finanzierung der Nachrüstungen für das Schiff Clodia.

(170)  Urteil des Gerichtshofs vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C-301/87, EU:C:1990:67, Rn. 41.

(171)  Siehe Fußnote 166.

(172)  Zu den einzelnen Routen siehe Fußnote 159.

(173)  Grimaldis Vorbringen, dass andere Betreiber Dienstleistungen erbrächten, die als gleichwertig mit den von CIN im Rahmen des neuen Vertrags erbrachten Dienstleistungen gelten könnten, kann aus mehreren Gründen nicht akzeptiert werden. Insbesondere hat Grimaldi die Wettbewerbssituation nicht zum Zeitpunkt der Betrauung von CIN bewertet, sondern verweist auf den Beschluss der AGCM, die sich hauptsächlich auf die Situation seit 2015 bezieht. Darüber hinaus hat Grimaldi selbst in dem Fall, dass zum Zeitpunkt der Betrauung von CIN ein anderer Betreiber präsent war, nicht nachgewiesen, dass dieser Dienstleistungen erbrachte, die denen von CIN gleichwertig waren. Tatsächlich können die von diesen anderen Betreibern angebotenen Dienste nur auf die Hauptsaison beschränkt sein, eine andere Frequenz haben oder nicht genau dieselben Häfen verbinden. Daher wurde nicht nachgewiesen, dass die von anderen Betreibern erbrachten Dienstleistungen ausreichen, um die im neuen Vertrag festgelegten Anforderungen an die Dienstleistungen im öffentlichen Interesse zu erfüllen.

(174)  Siehe Erwägungsgründe 1 und 5 dieses Beschlusses.

(175)  Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 1973, Kommission/Deutschland, C-70/72, ECLI:EU:C:1973:87, Rn. 13.

(176)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, C-142/87, ECLI:EU:C:1990:125, Rn. 66.

(177)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C-75/97, ECLI:EU:C:1999:311, Rn. 64 und 65.

(178)  Das nationale Recht regelt den Rang der Beihilfeforderung in der Insolvenztabelle, sofern der Rang mit dem Effektivitätsgrundsatz und dem Grundsatz der Gleichwertigkeit im Einklang steht. Siehe Randnummer 64 der Mitteilung der Kommission über die Rückforderung rechtswidriger und mit dem Binnenmarkt unvereinbarer staatlicher Beihilfen (ABl. C 247 vom 23.7.2019 S. 1). Eine Forderung, die sich aus einer Beihilfe ergibt, kann auf keinen Fall nachrangig gegenüber gewöhnlichen unbesicherten Forderungen sein. Mit der endgültigen Registrierung der Forderung aufgrund einer staatlichen Beihilfe wird auch der Anfall zusätzlicher Rückforderungszinsen gestoppt.

(179)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-303/88, ECLI:EU:C:1991:136.

(180)  Urteil vom 24. September 2019, Fortischem a.s. / Kommission, T-121/15, ECLI:EU:T:2019:684, Rn. 208.

(181)  Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 156.

(182)  Siehe Erwägungsgrund 99.

(183)  Siehe Erwägungsgrund 384.

(184)  Siehe Erwägungsgrund 391.

(185)  Siehe Erwägungsgrund 13.

(186)  Die Tatsache, dass Onorato Partecipazioni später das vollständige Eigentum und die Kontrolle über Moby und CIN übernahm (siehe auch Erwägungsgrund 82), ändert nichts an dieser Tatsache.

(187)  Eine geänderte Version dieses Beschlusses wurde von der Kommission am 19. Dezember 2012 erlassen (siehe Erwägungsgrund 5).

(188)  Siehe Erwägungsgrund 4.

(189)  Siehe Erwägungsgrund 398.

(190)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(191)  Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).