ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 042I

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

63. Jahrgang
14. Februar 2020


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

GESETZGEBUNGSAKTE

 

*

Praktische Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof

1

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

GESETZGEBUNGSAKTE

14.2.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

LI 42/1


PRAKTISCHE ANWEISUNGEN FÜR DIE PARTEIEN IN DEN RECHTSSACHEN VOR DEM GERICHTSHOF

INHALTSVERZEICHNIS

(Die angegebenen Zahlen verweisen auf die Absatznummern)

I.

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN 1-9
Abschnitte des Verfahrens vor dem Gerichtshof und ihre wesentlichen Merkmale 1
Vertretung der Parteien vor dem Gerichtshof 2-3
Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof und Prozesskostenhilfe 4-6
Schutz personenbezogener Daten 7-9

II.

SCHRIFTLICHES VERFAHREN 10-50
Zweck des schriftlichen Verfahrens 10
Das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung 11-12
Das schriftliche Verfahren in Klageverfahren 13-19
Klageschrift 13-14
Klagebeantwortung 15-16
Erwiderung und Gegenerwiderung 17
Antrag auf Durchführung eines beschleunigten Verfahrens 18
Anträge auf Aussetzung der Vollziehung oder auf einstweilige Anordnungen (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) 19
Das schriftliche Verfahren in Rechtsmittelverfahren 20-32
Rechtsmittelschrift 21-25
Rechtsmittelbeantwortung 26
Anschlussrechtsmittel 27
Anschlussrechtsmittelbeantwortung 28
Erwiderung und Gegenerwiderung 29-30
Rechtsmittel gemäß Art. 57 der Satzung 31
Vertraulichkeit in Rechtsmittelverfahren 32
Streithilfe in Klage- und Rechtsmittelverfahren 33-38
Antrag auf Zulassung zur Streithilfe 33
Streithilfeschriftsatz 34
Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz 35
Verspätete Anträge auf Zulassung zur Streithilfe 36
Streithilfe im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder eines beschleunigten Verfahrens 37
Ausschluss der Streithilfe in Vorabentscheidungssachen 38
Form und Struktur der Verfahrensschriftstücke 39-45
Einreichung und Übermittlung der Verfahrensschriftstücke 46-50

III.

MÜNDLICHES VERFAHREN 51-69
Zweck der mündlichen Verhandlung 52
Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung 53
Ladung zur mündlichen Verhandlung und Notwendigkeit einer raschen Beantwortung dieser Ladung 54
Vorkehrungen im Hinblick auf die mündliche Verhandlung 55-57
Üblicher Ablauf einer mündlichen Verhandlung 58
Erster Abschnitt der mündlichen Verhandlung: mündliche Ausführungen 59-64
Zweck der mündlichen Ausführungen 59
Redezeit und deren etwaige Verlängerung 60
Zahl der Vortragenden 61
Sprache der mündlichen Ausführungen 62-64
Zweiter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs 65
Dritter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Erwiderungen 66
Bedeutung und Erfordernisse des Simultandolmetschens 67-68
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung 69

IV.

SCHLUSSBESTIMMUNGEN 70-71

DER GERICHTSHOF —

gestützt auf die Verfahrensordnung, insbesondere Art. 208,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 25. November 2013 hat der Gerichtshof auf der Grundlage von Art. 208 seiner Verfahrensordnung neue Praktische Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof (1) erlassen. Diese Anweisungen sollten den Parteien und ihren Vertretern konkrete Anweisungen an die Hand geben, die auf die neue Verfahrensordnung vom 25. September 2012 (2) gestützt waren, und insbesondere die Erfahrungen berücksichtigen, die im ersten Jahr der Umsetzung dieser Verfahrensordnung erworben wurden.

(2)

Seit dem Inkrafttreten dieser Anweisungen am 1. Februar 2014 hat es jedoch einige wichtige Entwicklungen gegeben, und zwar sowohl in technischer Hinsicht als auch im Bereich der Rechtsetzung.

(3)

Zum einen nutzen die Parteien zunehmend elektronische Kommunikationsmittel für die Übermittlung ihrer Verfahrensschriftstücke, was zu einer zügigeren Bearbeitung der Rechtssachen beiträgt, zugleich aber voraussetzt, dass zuvor näher geregelt wird, wie eine solche Übermittlung erfolgt, und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Behandlung und die Übersetzung des eingereichten Schriftstücks zu erleichtern und gegebenenfalls die Vertraulichkeit der darin enthaltenen Informationen zu wahren.

(4)

Zum anderen ist die Verfahrensordnung des Gerichtshofs seit 2012 mehrfach geändert worden, um Einzelheiten von Handlungen der Parteien vor dem Rechtsprechungsorgan zu klären und zu präzisieren sowie die Änderungen widerzuspiegeln, die der Unionsgesetzgeber in Bereichen wie dem Schutz personenbezogener Daten oder der Behandlung von Rechtsmitteln im Sinne von Art. 58a des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union vorgenommen hat.

(5)

Im Interesse einer geordneten Rechtspflege und der besseren Lesbarkeit halber sind daher neue Praktische Anweisungen zu erlassen, die den genannten Entwicklungen Rechnung tragen.

(6)

Diese neuen Anweisungen, die für alle beim Gerichtshof anhängigen Kategorien von Rechtssachen gelten, sollen die einschlägigen Bestimmungen der Satzung und der Verfahrensordnung nicht ersetzen. Sie sollen es den Parteien und ihren Vertretern ermöglichen, die Tragweite dieser Bestimmungen besser zu verstehen und den Ablauf des Verfahrens vor dem Gerichtshof genauer zu erfassen, insbesondere die Zwänge, denen der Gerichtshof vor allem hinsichtlich der Behandlung und Übersetzung der Verfahrensschriftstücke oder der Simultanverdolmetschung der in den mündlichen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen unterliegt. Die Beachtung und Berücksichtigung dieser Anweisungen stellen sowohl für die Parteien als auch für den Gerichtshof die beste Garantie für eine optimale Behandlung der Rechtssachen durch das Rechtsprechungsorgan dar —

ERLÄSST FOLGENDE PRAKTISCHE ANWEISUNGEN:

I.   ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Abschnitte des Verfahrens vor dem Gerichtshof und ihre wesentlichen Merkmale

1.

Vorbehaltlich besonderer Bestimmungen des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Satzung) oder der Verfahrensordnung umfasst das Verfahren vor dem Gerichtshof in der Regel ein schriftliches und ein mündliches Verfahren. Das schriftliche Verfahren dient dem Zweck, dem Gerichtshof die Rügen, die Klage- und Verteidigungsgründe oder Argumente der Parteien des Verfahrens oder, in Vorlagesachen, die Erklärungen darzulegen, die die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zu den von den Gerichten der Mitgliedstaaten der Union gestellten Fragen abgeben möchten. Das darauf folgende mündliche Verfahren soll es dem Gerichtshof ermöglichen, seine Kenntnis der Rechtssache durch eine etwaige Anhörung der Parteien oder Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung und gegebenenfalls durch die Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts zu vervollständigen.

Vertretung der Parteien vor dem Gerichtshof

2.

Gemäß Art. 19 der Satzung müssen die Parteien im Verfahren vor dem Gerichtshof zwingend durch eine insoweit ordnungsgemäß ermächtigte Person vertreten sein. Anders als die Mitgliedstaaten, die anderen Vertragsstaaten des Abkommens des Europäischen Wirtschaftsraums (im Folgenden: EWR-Abkommen), die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelsassoziation (im Folgenden: EFTA) sowie die Unionsorgane, die in der Regel durch einen Bevollmächtigten vertreten werden, der für jede Sache bestellt wird, werden die anderen Parteien des Verfahrens durch einen Anwalt vertreten, der berechtigt ist, vor einem Gericht eines Mitgliedstaats oder eines anderen Vertragsstaats des EWR-Abkommens aufzutreten. Der entsprechende Nachweis muss auf Verlangen in jedem Verfahrensstadium erbracht werden können. Den Anwälten gleichgestellt sind nach Art. 19 Abs. 7 der Satzung Hochschullehrer, die Angehörige von Mitgliedstaaten sind, deren Rechtsordnung ihnen gestattet, vor Gericht als Vertreter einer Partei aufzutreten.

3.

In Vorabentscheidungsverfahren trägt der Gerichtshof hinsichtlich der Vertretung der Parteien des Ausgangsrechtsstreits jedoch den vor dem vorlegenden Gericht geltenden Verfahrensvorschriften Rechnung. Jede Person, die vor diesem Gericht befugt ist, eine Partei zu vertreten, kann sie daher auch vor dem Gerichtshof vertreten. Lassen die nationalen Verfahrensvorschriften dies zu, können die Parteien des Ausgangsrechtsstreits selbst schriftliche und mündliche Ausführungen machen. Bestehen insoweit Zweifel, kann der Gerichtshof jederzeit Auskünfte von diesen Parteien, ihren Vertretern oder dem vorlegenden Gericht einholen.

Kosten des Verfahrens vor dem Gerichtshof und Prozesskostenhilfe

4.

Vorbehaltlich Art. 143 der Verfahrensordnung ist das Verfahren vor dem Gerichtshof kostenfrei; für die Erhebung einer Klage oder die Einreichung eines Verfahrensschriftstücks fallen dem Gerichtshof gegenüber keinerlei Gebühren oder sonstige Abgaben an. Die in den Art. 137 ff. der Verfahrensordnung genannten Kosten umfassen ausschließlich die sogenannten „erstattungsfähigen“ Kosten, d. h. etwaige Leistungen an Zeugen und Sachverständige sowie die für das Verfahren vor dem Gerichtshof notwendigen Aufwendungen der Parteien im Zusammenhang mit der Vergütung ihres Vertreters und dessen Aufwendungen für die Reise und den Aufenthalt in Luxemburg, wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird. Der Gerichtshof entscheidet im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten und setzt diese fest, während es in Vorlagesachen dem vorlegenden Gericht obliegt, über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.

5.

Ist eine Partei oder, in Vorlagesachen, eine Partei des Ausgangsrechtsstreits außerstande, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise zu bestreiten, so kann sie jederzeit unter den Voraussetzungen der Art. 115 bis 118 und 185 bis 189 der Verfahrensordnung die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragen. Ein solcher Antrag kann jedoch nur berücksichtigt werden, wenn ihm alle notwendigen Auskünfte und Belege beigefügt sind, die dem Gerichtshof eine Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Antragstellers ermöglichen. Da der Gerichtshof in Vorlagesachen auf Ersuchen eines Gerichts eines Mitgliedstaats entscheidet, müssen die Parteien des Ausgangsrechtsstreits Prozesskostenhilfe vorrangig bei diesem Gericht oder den zuständigen Stellen des betreffenden Mitgliedstaats beantragen; die vom Gerichtshof gewährte Hilfe ist gegenüber der auf nationaler Ebene gewährten Hilfe nachrangig.

6.

Gibt der Gerichtshof einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe statt, trägt er ausschließlich — gegebenenfalls in den vom Spruchkörper festgesetzten Grenzen — die Kosten der Unterstützung und der Vertretung des Antragstellers vor dem Gerichtshof. Nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung können diese Kosten später mit der Entscheidung, mit der das Verfahren beendet und über die Kosten entschieden wird, vom Gerichtshof wieder zurückgefordert werden. Der Spruchkörper, der über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe entschieden hat, kann diese außerdem jederzeit entziehen, wenn sich die Voraussetzungen, unter denen sie bewilligt wurde, im Lauf des Verfahrens ändern.

Schutz personenbezogener Daten

7.

In dem Bestreben, einen bestmöglichen Schutz personenbezogener Daten, insbesondere im Rahmen der Veröffentlichungen, die der Gerichtshof hinsichtlich der bei ihm anhängig gemachten Rechtssachen vornimmt, zu erreichen, behandelt er die Vorlagesachen in der Regel in anonymisierter Form. Dies bedeutet in der Praxis, dass der Gerichtshof, sofern nicht besondere Umstände vorliegen, Namen und Vornamen der im Vorabentscheidungsersuchen genannten natürlichen Personen sowie gegebenenfalls weitere Angaben, die eine Wiedererkennung ermöglichen könnten, weglässt, falls das vorlegende Gericht dies nicht schon vor dem Versenden seines Ersuchens getan hat. Sämtliche in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten sind aufgefordert, in ihren schriftlichen oder mündlichen Erklärungen die so gewährte Anonymität zu wahren.

8.

Dasselbe gilt für Rechtsmittel. Sofern nicht besondere Umstände vorliegen, wahrt der Gerichtshof die vom Gericht gewährte Anonymität, und die Parteien des Verfahrens sind aufgefordert, diese Anonymität im Rahmen des Verfahrens vor dem Gerichtshof ebenfalls zu wahren.

9.

Wünscht eine Partei eines Verfahrens vor dem Gerichtshof, dass ihre Identität oder bestimmte sie betreffende Angaben im Rahmen einer beim Gerichtshof anhängigen Rechtssache vertraulich behandelt werden — oder umgekehrt, dass ihre Identität oder diese Angaben im Rahmen dieser Rechtssache nicht vertraulich behandelt werden —, kann sie sich an den Gerichtshof wenden, damit dieser entscheidet, ob eine vollständige oder teilweise Anonymisierung der fraglichen Rechtssache vorzunehmen bzw. die bereits gewährte Anonymität beizubehalten ist. Ein solches Ersuchen muss allerdings, um wirksam zu sein, so rasch wie möglich gestellt werden. Wegen der zunehmenden Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ist es nämlich sehr viel schwieriger, eine Anonymisierung durchzuführen, wenn die Mitteilung zur betreffenden Rechtssache bereits im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht oder, in Vorlagesachen, das Vorabentscheidungsersuchen — ungefähr einen Monat nach seiner Einreichung beim Gerichtshof — bereits an die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zugestellt worden ist.

II.   SCHRIFTLICHES VERFAHREN

Zweck des schriftlichen Verfahrens

10.

Das schriftliche Verfahren spielt eine wesentliche Rolle bei der Befassung des Gerichtshofs mit der Rechtssache. Dieser Verfahrensabschnitt muss es ihm ermöglichen, sich durch die eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen eine genaue Vorstellung vom Gegenstand der bei ihm anhängigen Rechtssache und deren Bedeutung zu machen. Auch wenn dies für alle beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen gilt, sind Ablauf und Konturen des schriftlichen Verfahrens bei den verschiedenen Verfahrensarten jedoch unterschiedlich. Während die Parteien in Klage- und Rechtsmittelverfahren aufgefordert sind, zu den von den anderen Parteien des Verfahrens eingereichten Schriftsätzen Stellung zu nehmen, ist das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung nicht kontradiktorisch, da die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten lediglich aufgefordert sind, ihre etwaigen Erklärungen zu den Vorlagefragen eines nationalen Gerichts einzureichen, ohne grundsätzlich Kenntnis davon zu haben, wie sich die anderen Beteiligten zu diesen Fragen verhalten. Daraus ergeben sich andere Anforderungen sowohl hinsichtlich der Form und des Inhalts dieser Erklärungen als auch bezüglich des weiteren Ablaufs des Verfahrens. Zu beachten ist jedoch, dass die Mehrzahl der im schriftlichen Verfahren eingereichten Schriftsätze oder Erklärungen übersetzt werden müssen. Daher sind kurze und einfache Sätze vorzuziehen, und die Argumentation der Parteien muss in dem Schriftsatz oder den Erklärungen und nicht in den eventuell beigefügten Anlagen, die in der Regel nicht übersetzt werden, enthalten sein.

Das schriftliche Verfahren bei Vorlagen zur Vorabentscheidung

11.

Da das Vorabentscheidungsverfahren kein streitiges Verfahren ist, unterliegt die Einreichung der schriftlichen Erklärungen durch die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten keinen besonderen Formerfordernissen. Wird ihnen durch den Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen zugestellt, können sie daher, wenn sie es wünschen, einen Schriftsatz einreichen, in dem sie zum Ersuchen des vorlegenden Gerichts Stellung nehmen. Der Zweck dieses Schriftsatzes — der innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten (zuzüglich einer pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) ab Zustellung des Vorabentscheidungsersuchens einzureichen ist — liegt darin, dem Gerichtshof Aufschluss über die Tragweite dieses Ersuchens und insbesondere darüber zu verschaffen, wie die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu beantworten sind.

12.

Diese Stellungnahme sollte zwar vollständig sein und vor allem die Argumentation enthalten, die die Antwort des Gerichtshofs auf die Vorlagefragen stützen kann, es ist jedoch nicht erforderlich, den in der Vorlageentscheidung dargelegten rechtlichen oder tatsächlichen Rahmen des Rechtsstreits noch einmal aufzugreifen, es sei denn, er gibt Anlass zu ergänzenden Bemerkungen. Vorbehaltlich besonderer Umstände oder spezieller Bestimmungen der Verfahrensordnung, in denen wegen der Dringlichkeit der Rechtssache eine Beschränkung der Länge der Schriftsätze vorgesehen ist, sollten die in einem Vorabentscheidungsverfahren eingereichten schriftlichen Erklärungen 20 Seiten nicht überschreiten.

Das schriftliche Verfahren in Klageverfahren

Klageschrift

13.

Da das Klageverfahren ein streitiges Verfahren ist, unterliegt sein schriftliches Verfahren strengeren Regeln. Diese sind in den Art. 119 ff. (Vierter Titel) der Verfahrensordnung niedergelegt und betreffen sowohl die Vorgabe, dass die Parteien durch einen Bevollmächtigten oder Anwalt vertreten sein müssen, als auch die formellen Anforderungen an den Inhalt und die Vorlage von Schriftsätzen. Insbesondere ergibt sich aus Art. 120 der Verfahrensordnung, dass in der Klageschrift neben Namen und Wohnsitz des Klägers und der Bezeichnung des Beklagten der Streitgegenstand, die geltend gemachten Klagegründe und Argumente, gegebenenfalls durch Beweise oder Beweisangebote untermauert, sowie die Anträge des Klägers genau anzugeben sind. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben führt zur Unzulässigkeit der Klageschrift, die, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 30 Seiten nicht überschreiten sollte.

14.

Nach Art. 120 Buchst. c der Verfahrensordnung ist der Klageschrift außerdem zwingend eine kurze Darstellung der Klagegründe beizufügen. Diese Darstellung — die nicht länger sein sollte als zwei Seiten — soll die Abfassung der Mitteilung zu jeder beim Gerichtshof anhängig gemachten Rechtssache erleichtern, die nach Art. 21 Abs. 4 der Verfahrensordnung im Amtsblatt der Europäischen Union zu veröffentlichen ist.

Klagebeantwortung

15.

Für die in Art. 124 der Verfahrensordnung geregelte Klagebeantwortung gelten grundsätzlich dieselben Formerfordernisse wie für die Klageschrift. Sie ist binnen zwei Monaten nach Zustellung der Klageschrift einzureichen. Diese Frist — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — kann nur ausnahmsweise verlängert werden; hierfür muss rechtzeitig ein gebührend begründeter Antrag gestellt werden, in dem die Umstände dargelegt sind, die eine solche Verlängerung rechtfertigen können.

16.

Da der rechtliche Rahmen des Verfahrens durch die Klageschrift festgelegt wird, ist das Vorbringen in der Klagebeantwortung so weit wie möglich anhand der in der Klageschrift geltend gemachten Klagegründe oder Rügen zu gliedern. Das Vorbringen neuer Klage- und Verteidigungsgründe im Lauf des Verfahrens ist unzulässig, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Darüber hinaus ist der rechtliche und tatsächliche Rahmen des Rechtsstreits in der Klagebeantwortung nur insoweit vorzutragen, als seine Darstellung in der Klageschrift bestritten wird oder weiterer Angaben bedarf. Wie die Klageschrift sollte auch die Klagebeantwortung, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 30 Seiten nicht überschreiten.

Erwiderung und Gegenerwiderung

17.

Wenn sie es für erforderlich halten, können Kläger und Beklagter ihr Vorbringen ergänzen, und zwar der Kläger durch eine Erwiderung und der Beklagte durch eine Gegenerwiderung. Für diese Schriftsätze gelten dieselben Formerfordernisse wie für die Klageschrift und die Klagebeantwortung, sie müssen aufgrund ihres fakultativen und ergänzenden Charakters jedoch zwangsläufig kürzer sein als diese. Da der Rahmen des Rechtsstreits und die in Rede stehenden Klage- und Verteidigungsgründe oder Rügen in der Klageschrift und der Klagebeantwortung eingehend dargelegt (bzw. bestritten) wurden, liegt der Zweck der Erwiderung und der Gegenerwiderung allein darin, es dem Kläger und dem Beklagten zu ermöglichen, ihre Auffassung zu erläutern oder ihr Vorbringen zu einer wichtigen Frage zu präzisieren, wobei der Präsident im Übrigen gemäß Art. 126 der Verfahrensordnung selbst auch festlegen kann, auf welche Punkte sich die Erwiderung und die Gegenerwiderung beziehen sollten. Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, sollten Erwiderung und Gegenerwiderung daher nicht länger sein als etwa zehn Seiten. Sie sind innerhalb der vom Gerichtshof bestimmten Fristen bei der Kanzlei einzureichen; eine Verlängerung wird vom Präsidenten nur ausnahmsweise und auf gebührend begründeten Antrag gewährt.

Antrag auf beschleunigtes Verfahren

18.

Erfordert die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung, kann der Kläger oder der Beklagte beantragen, die Rechtssache einem von den Bestimmungen der Verfahrensordnung abweichenden beschleunigten Verfahren zu unterwerfen. Diese in Art. 133 der Verfahrensordnung vorgesehene Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn mit gesondertem Schriftsatz ein entsprechender Antrag eingereicht wird, in dem ausführlich die Gründe dargelegt werden, die die Durchführung eines solchen Verfahrens rechtfertigen können. Wird dem Antrag stattgegeben, kommt es zu einer Anpassung des schriftlichen Verfahrens. Die üblichen Fristen für die Einreichung von Schriftsätzen werden nämlich verkürzt, wie auch deren zulässige Länge gekürzt wird, und eine Erwiderung, eine Gegenerwiderung oder ein Streithilfeschriftsatz kann gemäß Art. 134 der Verfahrensordnung nur dann eingereicht werden, wenn der Präsident dies für erforderlich hält.

Anträge auf Aussetzung der Vollziehung oder auf einstweilige Anordnungen (Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes)

19.

Mit einer Klage kann auch ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Handlung oder ein Antrag auf einstweilige Anordnungen nach den Art. 278 bzw. 279 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: AEUV) verbunden werden. Gemäß Art. 160 der Verfahrensordnung ist ein solcher Antrag jedoch nur dann zulässig, wenn er von dem Antragsteller, der die betreffende Handlung beim Gerichtshof angefochten hat, oder von einer Partei des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits gestellt wird. Der Antrag ist mit gesondertem Schriftsatz einzureichen und muss sowohl den Streitgegenstand bezeichnen und die Umstände, aus denen sich die Dringlichkeit einer Entscheidung ergibt, als auch die den Erlass der beantragten Anordnung dem ersten Anschein nach rechtfertigenden Sach- und Rechtsgründe anführen. In der Regel wird die Antragsschrift dann der anderen Partei des Verfahrens zugestellt, der vom Präsidenten eine kurze Frist zur schriftlichen oder mündlichen Stellungnahme gesetzt wird. Bei besonderer Dringlichkeit kann der Präsident dem Antrag auch schon vor einer solchen Stellungnahme vorläufig stattgeben. In diesem Fall kann die Entscheidung, mit der das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgeschlossen wird, jedoch erst nach Anhörung dieser anderen Partei erlassen werden.

Das schriftliche Verfahren im Rechtsmittelverfahren

20.

Das schriftliche Verfahren im Rechtsmittelverfahren weist zahlreiche Ähnlichkeiten mit dem schriftlichen Verfahren in Klageverfahren auf. Die einschlägigen Vorschriften finden sich in den Art. 167 ff. (Fünfter Titel) der Verfahrensordnung, die auch den notwendigen Inhalt einer Rechtsmittelschrift und einer Rechtsmittelbeantwortung sowie die Tragweite der darin enthaltenen Anträge regeln.

Rechtsmittelschrift

21.

Wie sich aus den Art. 168 und 169 der Verfahrensordnung — die insoweit die Art. 56 bis 58 der Satzung ergänzen — ergibt, kann sich ein Rechtsmittel nicht gegen eine Handlung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union richten, sondern muss gegen die Entscheidung des Gerichts gerichtet sein, mit dem dieses in erster Instanz über die Klage gegen diese Handlung entschieden hat. Daraus folgt, dass die Rechtsmittelanträge zwingend auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts in der Gestalt der Entscheidungsformel gerichtet sein müssen und sich nicht auf die Nichtigerklärung der vor dem Gericht angefochtenen Handlung richten dürfen. Ferner müssen die in der Rechtsmittelschrift — die, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 25 Seiten nicht überschreiten sollte — geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente die beanstandeten Punkte der Begründung dieser Entscheidung genau bezeichnen und substantiiert die Gründe darlegen, aus denen diese rechtsfehlerhaft sein soll; andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig.

22.

Um die Abfassung der Mitteilung zu erleichtern, die nach Art. 21 Abs. 4 der Verfahrensordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird, muss der Rechtsmittelführer der Rechtsmittelschrift außerdem eine kurze Darstellung der Rechtsmittelgründe von höchstens zwei Seiten Länge beifügen und die Belegstücke und Unterlagen bei der Kanzlei hinterlegen, die die Einhaltung der in Art. 19 der Satzung festgelegten und in Art. 119 der Verfahrensordnung übernommenen Anforderungen bescheinigen.

23.

In den Fällen des Art. 58a der Satzung muss der Kläger seiner Rechtsmittelschrift außerdem einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels von höchstens sieben Seiten Länge als Anlage beifügen, der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und, sollte dieses teilweise zugelassen werden, die Rechtsmittelgründe zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss.

24.

Der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels muss in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die mit jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, und darlegen, warum diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist.

25.

Nach Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung führt das Fehlen eines solchen Antrags dazu, dass das Rechtsmittel insgesamt unzulässig ist.

Rechtsmittelbeantwortung

26.

Innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten ab Zustellung der Rechtsmittelschrift — zu der die pauschale Entfernungsfrist von zehn Tagen hinzukommt — kann jede Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht eine Rechtsmittelbeantwortung einreichen. Deren Inhalt unterliegt den Anforderungen des Art. 173 der Verfahrensordnung, und die Anträge müssen nach Art. 174 der Verfahrensordnung auf die vollständige oder teilweise Stattgabe oder Zurückweisung des Rechtsmittels gerichtet sein. Die Rechtsausführungen in der Rechtsmittelbeantwortung sollten so weit wie möglich anhand der vom Rechtsmittelführer geltend gemachten Rechtsmittelgründe gegliedert sein. Es ist jedoch nicht erforderlich, darin den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen des Rechtsstreits wiederzugeben, es sei denn, seine Darstellung in der Rechtsmittelschrift wird bestritten oder gibt Anlass zu weiteren Erläuterungen. Dagegen muss eine vollständige oder teilweise Unzulässigkeit des Rechtsmittels in der Rechtsmittelbeantwortung selbst gerügt werden, da die — in Art. 151 der Verfahrensordnung vorgesehene — Möglichkeit, mit gesondertem Schriftsatz eine Einrede der Unzulässigkeit der Klage zu erheben, bei Rechtsmitteln nicht besteht. Wie die Rechtsmittelschrift sollte auch die Rechtsmittelbeantwortung, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, 25 Seiten nicht überschreiten.

Anschlussrechtsmittel

27.

Will eine Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, der die Rechtsmittelschrift zugestellt worden ist, die Entscheidung des Gerichts in einem Aspekt beanstanden, der in der Rechtsmittelschrift nicht aufgegriffen worden ist, muss sie ein Anschlussrechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts einlegen. Dieses Rechtsmittel ist mit gesondertem Schriftsatz innerhalb derselben, nicht verlängerbaren Frist, wie sie für die Einreichung der Rechtsmittelbeantwortung gilt, einzulegen und muss den Anforderungen der Art. 177 und 178 der Verfahrensordnung entsprechen. Die geltend gemachten Rechtsgründe und -argumente müssen sich von den in der Rechtsmittelbeantwortung geltend gemachten unterscheiden.

Anschlussrechtsmittelbeantwortung

28.

Wird ein solches Anschlussrechtsmittel eingelegt, kann der Rechtsmittelführer ebenso wie jede andere Partei der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht, die ein Interesse an der Stattgabe oder der Zurückweisung des Anschlussrechtsmittels hat, eine Beantwortung einreichen, deren Gegenstand auf die mit dem Anschlussrechtsmittel geltend gemachten Gründe zu begrenzen ist. Nach Art. 179 der Verfahrensordnung ist diese Anschlussrechtsmittelbeantwortung innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten nach Zustellung der Anschlussrechtsmittelschrift (zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) einzureichen.

Erwiderung und Gegenerwiderung

29.

Die Rechtsmittelschrift und ihre Beantwortung sowie die Anschlussrechtsmittelschrift und ihre Beantwortung können durch eine Erwiderung und eine Gegenerwiderung ergänzt werden, insbesondere damit die Parteien zu einer Unzulässigkeitseinrede oder zu in der Beantwortung geltend gemachten neuen Gesichtspunkten Stellung nehmen können. Im Unterschied zur Regelung bei den Klageverfahren setzt dies jedoch eine ausdrückliche Genehmigung durch den Präsidenten des Gerichtshofs voraus. Zu diesem Zweck muss der (Anschluss-)Rechtsmittelführer innerhalb von sieben Tagen (zuzüglich der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen) nach Zustellung der (Anschluss-)Rechtsmittelbeantwortung einen gebührend begründeten Antrag stellen, in dem er die Gründe darlegt, aus denen er eine Erwiderung für erforderlich hält. Dieser Antrag — der drei Seiten nicht überschreiten sollte — muss aus sich heraus verständlich sein, ohne dass es einer Heranziehung der (Anschluss-)Rechtsmittelschrift oder ihrer Beantwortung bedarf.

30.

Aufgrund der Besonderheit der Rechtsmittel, die auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt sind, kann der Präsident außerdem, wenn er dem Antrag auf Erwiderung stattgibt, den Gegenstand und die Seitenzahl dieses Schriftsatzes sowie der darauf folgenden Gegenerwiderung begrenzen. Die Einhaltung dieser Vorgaben ist wesentliche Voraussetzung für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens. Das Überschreiten der zulässigen Seitenzahl oder das Aufwerfen anderer Fragen in der Erwiderung oder Gegenerwiderung führt dazu, dass der Schriftsatz seinem Verfasser zurückgesandt wird.

Rechtsmittel gemäß Art. 57 der Satzung

31.

Die in den Nrn. 20 bis 30 dieser Anweisungen angeführten Regeln gelten allerdings nicht uneingeschränkt für die Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts, mit denen ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe abgelehnt wird, oder solche, die auf einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach den Art. 278 oder 279 AEUV ergehen. Gemäß Art. 57 Abs. 3 der Satzung unterliegen solche Rechtsmittel nämlich demselben Verfahren wie ein unmittelbar beim Gerichtshof gestellter Antrag auf Erlass einstweiliger Anordnungen. Den Parteien wird daher eine kurze Frist für die Einreichung etwaiger Stellungnahmen zum Rechtsmittel gesetzt, und der Gerichtshof entscheidet über dieses ohne zusätzliches schriftliches Verfahren und ohne mündliches Verfahren.

Vertraulichkeit in Rechtsmittelverfahren

32.

Wie sich aus den vorstehenden Bestimmungen ergibt, werden die Rechtsmittelschrift und die in der Folge eingereichten Schriftsätze sämtlichen Parteien der betreffenden Rechtssache vor dem Gericht zugestellt, und zwar unabhängig von der verfahrensrechtlichen Stellung, die sie vor dem Gericht hatten (Hauptpartei oder Streithelfer). Da Rechtsmittel nach Art. 58 der Satzung auf Rechtsfragen beschränkt sind, dürften die Parteien in ihren Schriftsätzen grundsätzlich keine geheimen oder vertraulichen Angaben machen. Sollte dies ausnahmsweise doch der Fall sein, ist die Partei, die sich auf die Vertraulichkeit bestimmter Angaben in ihrem Schriftsatz beruft, aufgefordert, mit gesondertem Schriftsatz einen gebührend begründeten Antrag auf vertrauliche Behandlung (in dem präzisiert wird, welche Angaben der Vertraulichkeit unterliegen sollen und welche Parteien von diesem Antrag betroffen sind) und eine nicht vertrauliche Fassung ihres Schriftsatzes vorzulegen, der diesen anderen Parteien zugestellt werden kann. Falls diesem Antrag auf vertrauliche Behandlung — die jedenfalls nicht über die vertrauliche Behandlung hinausgehen kann, die das Gericht bereits gegenüber einem Streithelfer gewährt hat — teilweise stattgegeben wird, ist die Partei, der diese Vertraulichkeit gewährt wird, aufgefordert, unverzüglich eine neue, nicht vertrauliche Fassung ihres Schriftsatzes zu erstellen, der den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt werden kann.

Streithilfe in Klage- und Rechtsmittelverfahren

Antrag auf Zulassung zur Streithilfe

33.

Gemäß Art. 40 der Satzung können zum einen die Mitgliedstaaten und die Unionsorgane und zum anderen, unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 dieses Artikels, dritte Vertragsstaaten des EWR-Abkommens, die EFTA-Überwachungsbehörde, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union sowie alle anderen natürlichen oder juristischen Personen einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, um die Anträge einer Partei in vollem Umfang oder teilweise zu unterstützen. Ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe kann nur berücksichtigt werden, wenn er innerhalb der Frist des Art. 130 Abs. 1 (Klageverfahren) oder des Art. 190 Abs. 2 (Rechtsmittelverfahren) der Verfahrensordnung gestellt wird und den Anforderungen des Art. 130 Abs. 2 bis 4 der Verfahrensordnung entspricht.

Streithilfeschriftsatz

34.

Wird dem Antrag auf Zulassung zur Streithilfe stattgegeben, werden dem Streithelfer alle den Parteien zugestellten Verfahrensschriftstücke übermittelt, mit Ausnahme gegebenenfalls der geheimen oder vertraulichen Belegstücke oder Dokumente. Der Streithelfer verfügt über einen Monat nach Erhalt dieser Schriftstücke, um einen Streithilfeschriftsatz einzureichen. Dieser Schriftsatz muss den Anforderungen des Art. 132 Abs. 2 der Verfahrensordnung genügen, dabei aber inhaltlich knapper gefasst sein als der Schriftsatz der unterstützten Partei; er sollte nicht länger als zehn Seiten sein. Da die Streithilfe akzessorisch zum Rechtsstreit zwischen den Hauptparteien ist, hat sich der Streithelfer einer Wiederholung der in den Schriftsätzen der von ihm unterstützten Partei enthaltenen Gründe oder Argumente in seinem Schriftsatz zu enthalten und darf nur zusätzliche Gründe oder Argumente darlegen, die die Auffassung dieser Partei bestätigen. Eine Wiedergabe des rechtlichen und tatsächlichen Rahmens des Rechtsstreits ist überflüssig, es sei denn, seine Darstellung in den Schriftsätzen der Hauptparteien wird bestritten oder bedarf zusätzlicher Angaben.

Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz

35.

Nach Einreichung des Streithilfeschriftsatzes kann der Präsident, wenn er es für erforderlich erachtet, eine Frist für die Einreichung einer kurzen Stellungnahme zu diesem Schriftsatz setzen. Die Einreichung dieser Stellungnahme, deren Länge fünf Seiten nicht überschreiten sollte, ist jedoch fakultativ. Eine solche Stellungnahme dient allein dazu, es den Hauptparteien zu ermöglichen, auf bestimmte Behauptungen des Streithelfers einzugehen oder sich zu neuen Gründen oder Argumenten zu äußern, die der Streithelfer vorgebracht hat. Sind solche Gesichtspunkte nicht gegeben, sollte von einer Einreichung einer Stellungnahme abgesehen werden, um das schriftliche Verfahren nicht unnötig zu verlängern.

Verspätete Anträge auf Zulassung zur Streithilfe

36.

Soweit er den Anforderungen des Art. 130 Abs. 2 bis 4 der Verfahrensordnung entspricht, kann auch ein Antrag auf Zulassung zur Streithilfe berücksichtigt werden, der nach Ablauf der in Art. 130 Abs. 1 oder Art. 190 Abs. 2 der Verfahrensordnung bezeichneten Frist gestellt wird, vorausgesetzt er geht vor der in Art. 60 Abs. 4 der Verfahrensordnung vorgesehenen Entscheidung über die Eröffnung des mündlichen Verfahrens beim Gerichtshof ein. In diesem Fall kann der Streithelfer in der mündlichen Verhandlung Stellung nehmen, wenn eine solche stattfindet.

Streithilfe im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder eines beschleunigten Verfahrens

37.

Das Gleiche gilt grundsätzlich im Rahmen eines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz oder bei Durchführung eines beschleunigten Verfahrens. Außer bei besonderen Umständen, die die Einreichung schriftlicher Stellungnahmen rechtfertigen, kann sich die in einem solchen Verfahren zur Streithilfe zugelassene Person oder Stelle nur mündlich äußern, falls eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird.

Ausschluss der Streithilfe in Vorabentscheidungssachen

38.

Die vorstehenden Regeln zur Streithilfe gelten dagegen nicht für Vorlagen zur Vorabentscheidung. Da es sich bei dieser Kategorie von Rechtssachen nicht um streitige Verfahren handelt und der Gerichtshof, wenn er sich im Wege der Vorabentscheidung zur Auslegung oder zur Gültigkeit des Unionsrechts äußert, eine besondere Funktion ausübt, können nur die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten — und gegebenenfalls die nach Art. 24 Abs. 2 der Satzung ersuchten Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union — schriftliche oder mündliche Erklärungen zu den dem Gerichtshof von den Gerichten der Mitgliedstaaten vorgelegten Fragen abgeben.

Form und Struktur der Verfahrensschriftstücke

39.

Abgesehen vom Vorstehenden und den Vorgaben zum Inhalt von Verfahrensschriftstücken, die sich aus der Satzung und der Verfahrensordnung ergeben, müssen die beim Gerichtshof eingereichten Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen bestimmten zusätzlichen Anforderungen genügen, um dem Gerichtshof ihre Lektüre und Behandlung, insbesondere auf elektronischem Weg, zu erleichtern. Diese Anforderungen betreffen sowohl die Form und Einreichung der Verfahrensschriftstücke als auch ihre Struktur und Länge.

40.

Zunächst ist es im Hinblick auf die Form unerlässlich, dass die Schriftsätze und schriftlichen Erklärungen so eingereicht werden, dass sie vom Gerichtshof elektronisch verwaltet, insbesondere gescannt und mit Texterkennungsprogrammen bearbeitet werden können. In diesem Zusammenhang sollte deshalb Folgendes beachtet werden:

der Schriftsatz oder die Erklärungen sind auf weißem unliniertem Papier in DIN-A4-Format abgefasst, das nur einseitig (also nicht auf Vorder- und Rückseite) beschrieben wird;

es ist eine gängige Schrifttype (z. B. Times New Roman, Courier oder Arial) mit einer Schriftgröße von mindestens 12 pt im Haupttext und 10 pt in den Fußnoten zu verwenden, bei einem Zeilenabstand von 1,5 sowie einem Abstand von mindestens 2,5 cm (zum linken und rechten sowie zum oberen und unteren Rand);

sämtliche Absätze des Schriftsatzes oder der Erklärungen sind fortlaufend zu nummerieren;

dies gilt auch für die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen, einschließlich ihrer etwaigen Anlagen und des Anlagenverzeichnisses, die in der rechten oberen Ecke fortlaufend zu nummerieren sind;

die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen umfassen jeweils höchstens 1 500 Zeichen, Leerzeichen nicht mitgezählt;

die Seiten des Schriftsatzes oder der Erklärungen sind, wenn sie dem Gerichtshof nicht auf elektronischem Weg zugesandt werden, so miteinander zu verbinden, dass die Verbindung leicht entfernt werden kann, d. h., sie sollen nicht z. B. mit Klebstoff oder Heftklammern fest zusammengefügt werden.

41.

Über diese formalen Anforderungen hinaus sind die beim Gerichtshof eingereichten Verfahrensschriftstücke so abzufassen, dass ihre Struktur und Tragweite von den ersten Seiten an verstanden werden können. Nachdem auf der ersten Seite die Bezeichnung des Schriftstücks, die Nummer der Rechtssache (sofern von der Kanzlei bereits mitgeteilt) und die von ihr betroffenen Parteien oder ihre Initialen (wenn die Rechtssache anonymisiert ist) angegeben worden sind, beginnen der Schriftsatz oder die schriftlichen Erklärungen mit einer kurzen Darstellung der vom Verfasser gewählten Gliederung oder mit einem Inhaltsverzeichnis. Der Schriftsatz oder die Erklärungen enden zwingend mit den Anträgen des Verfassers oder, in Vorlagesachen, mit den Antworten, die er auf die vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen zu geben vorschlägt.

42.

Die dem Gerichtshof übermittelten Schriftstücke unterliegen zwar — mit Ausnahme der sich aus der Satzung oder der Verfahrensordnung ergebenden — keinen weiteren inhaltlichen Vorgaben, es ist jedoch zu beachten, dass sie die Grundlage für das Aktenstudium durch den Gerichtshof bilden und dass sie in der Regel vom Gerichtshof oder vom Organ, von dem sie stammen, übersetzt werden müssen. Im Interesse eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs und im eigenen Interesse der Parteien sind die Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen daher in einfacher und klarer Sprache ohne Verwendung von Fachbegriffen eines nationalen Rechtssystems abzufassen. Wiederholungen sind zu vermeiden, und kurze Sätze sind langen und komplexen Sätzen mit Einschüben und Nebensätzen möglichst vorzuziehen.

43.

Berufen sich die Parteien in ihren Schriftsätzen oder Erklärungen auf eine bestimmte Vorschrift oder Regelung des nationalen oder des Unionsrechts, ist die entsprechende Fundstelle genau anzugeben, sowohl bezüglich des Zeitpunkts ihres Erlasses und, wenn möglich, ihrer Veröffentlichung als auch hinsichtlich ihrer zeitlichen Anwendbarkeit. Wird aus einer Gerichtsentscheidung oder Schlussanträgen eines Generalanwalts zitiert, sind sowohl die Bezeichnung und die Nummer der betreffenden Rechtssache als auch die ECLI („European Case Law Identifier“)-Nummer der Entscheidung oder Schlussanträge und die genaue Fundstelle des fraglichen Auszugs oder der fraglichen Passage anzugeben.

44.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die rechtliche Argumentation der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten in den Schriftsätzen oder schriftlichen Erklärungen und nicht in den eventuell beigefügten Anlagen, die in der Regel nicht übersetzt werden, enthalten sein muss. Nur die Unterlagen, die im Text des Schriftsatzes oder der Erklärungen erwähnt werden und erforderlich sind, um den Inhalt zu verdeutlichen oder zu stützen, sind dem Schriftsatz oder den Erklärungen als Anlagen beizufügen. Gemäß Art. 57 Abs. 4 der Verfahrensordnung werden Anlagen nur entgegengenommen, wenn sie mit einem Anlagenverzeichnis eingereicht werden. Dieses Verzeichnis muss für jedes beigefügte Schriftstück folgende Angaben enthalten: die Nummer der Anlage, eine kurze Angabe ihrer Art sowie die Angabe, auf welcher Seite oder in welchem Absatz des Schriftsatzes oder der Erklärungen das Schriftstück angeführt wird, wodurch seine Einreichung gerechtfertigt ist.

45.

Weicht ein Verfahrensschriftstück offensichtlich von den vorstehenden Vorgaben, insbesondere denjenigen, die seine Länge betreffen, ab, kann der Kanzler den Verfasser auffordern, die Mängel des eingereichten Schriftstücks innerhalb einer kurzen Frist zu beheben.

Einreichung und Übermittlung der Verfahrensschriftstücke

46.

Nur die in den Verfahrensvorschriften ausdrücklich vorgesehenen Schriftstücke können bei der Kanzlei eingereicht werden. Sie sind innerhalb der gesetzten Fristen unter Einhaltung der Anforderungen des Art. 57 der Verfahrensordnung einzureichen.

47.

Die vom Gerichtshof empfohlene Art, ein Verfahrensschriftstück einzureichen, ist die Einreichung im Wege der Anwendung e-Curia. Sie ermöglicht es, Verfahrensschriftstücke auf ausschließlich elektronischem Weg einzureichen und zuzustellen, ohne dass es einer Erstellung beglaubigter Kopien des dem Gerichtshof übermittelten Schriftstücks oder dessen zusätzlicher Übersendung auf dem Postweg bedarf. Die Modalitäten des Zugangs zur Anwendung e-Curia und die Voraussetzungen für ihre Nutzung sind im Beschluss des Gerichtshofs vom 16. Oktober 2018 über die Einreichung und die Zustellung von Verfahrensschriftstücken im Wege der Anwendung e-Curia sowie in den Voraussetzungen für die Nutzung, auf die der Beschluss verweist, genau beschrieben. Diese Dokumente sind auf der Website des Unionsorgans (https://curia.europa.eu/jcms/jcms/P_78957/de/) verfügbar.

48.

Wird ein Verfahrensschriftstück dem Gerichtshof nicht über diese Anwendung übermittelt, kann es auch auf dem Postweg an den Gerichtshof gerichtet werden. Die das Schriftstück enthaltende Sendung ist an die Kanzlei des Gerichtshofs, Rue du Fort Niedergrünewald — L-2925 Luxemburg, zu richten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 57 Abs. 7 der Verfahrensordnung für die Berechnung der Verfahrensfristen allein Tag und Uhrzeit des Eingangs des Originals bei der Kanzlei maßgebend sind. Um eine Verfristung zu vermeiden, wird daher nachdrücklich empfohlen, die fragliche Sendung einige Tage vor Ablauf der für die Einreichung des Schriftstücks gesetzten Frist per Einschreiben oder per Eilbrief zu versenden oder aber das fragliche Schriftstück in der Kanzlei des Gerichtshofs oder, außerhalb ihrer Öffnungszeiten, an der Rezeption der Gebäude des Gerichtshofs (rue du Fort Niedergrünewald) abzugeben, wo der diensthabende Pförtner den Empfang des Schriftstücks bestätigt und darauf Tag und Uhrzeit der Einreichung vermerkt.

49.

Derzeit ist es auch möglich, der Kanzlei die Kopie des unterzeichneten Originals eines Verfahrensschriftstücks als Anlage zu einer E-Mail (ecj.registry@curia.europa.eu) oder per Telefax [(+352) 43 37 66] zu übermitteln. Da diese Arten der Übermittlung allerdings technischen Grenzen unterliegen, ist zu beachten, dass die Einreichung eines Verfahrensschriftstücks per E-Mail oder Telefax für die Wahrung der Verfahrensfristen nur dann maßgebend ist, wenn das unterzeichnete Original des Schriftstücks mit den in Art. 57 Abs. 2 der Verfahrensordnung genannten Anlagen und Kopien spätestens zehn Tage nach Übermittlung der Kopie des unterzeichneten Originals per Fax oder E-Mail bei der Kanzlei eingeht. Das Original ist daher unverzüglich, unmittelbar nach der Übermittlung der Kopie abzuschicken oder abzugeben, ohne dass an ihm irgendwelche Korrekturen oder Änderungen, seien sie auch noch so unbedeutend, vorgenommen werden. Bei Abweichungen zwischen dem unterzeichneten Original und der zuvor übermittelten Kopie wird nur der Tag des Eingangs des unterzeichneten Originals berücksichtigt.

50.

Um die Behandlung der eingereichten Schriftstücke und Erklärungen und insbesondere deren Übersetzung in eine oder mehrere Amtssprachen der Union zu erleichtern, werden die Parteien gebeten, zusätzlich zum fristgerechten Versand der Originalfassung ihres Schriftstücks oder ihrer Erklärungen, die allein maßgebend ist, eine editierbare Fassung (Textverarbeitungssoftware wie „Word“, „OpenOffice“ oder „LibreOffice“) des Schriftstücks oder der Erklärungen an folgende Adresse zu übermitteln: editable-versions@curia.europa.eu.

III.   MÜNDLICHES VERFAHREN

51.

Wie sich aus Art. 20 Abs. 4 der Satzung ergibt, umfasst die mündliche Verhandlung im Wesentlichen zwei getrennte Abschnitte: die Anhörung der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten und die Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts. Nach Art. 20 Abs. 5 der Satzung kann der Gerichtshof, wenn er der Auffassung ist, dass die Rechtssache keine neue Rechtsfrage aufwirft, jedoch beschließen, ohne Schlussanträge des Generalanwalts über die Sache zu entscheiden. Eine mündliche Verhandlung wird nicht systematisch durchgeführt.

Zweck der mündlichen Verhandlung

52.

In Anbetracht der Bedeutung, die dem schriftlichen Verfahren im Rahmen der beim Gerichtshof anhängigen Rechtssachen zukommt, ist vorbehaltlich der Anwendung von Art. 76 Abs. 3 der Verfahrensordnung für die Frage, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, in Vorabentscheidungsverfahren nicht entscheidend darauf abzustellen, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist, sondern darauf, wie der Gerichtshof den Mehrwert dieser Verhandlung und ihren möglichen Beitrag zur Entscheidung des Rechtsstreits oder zur Ermittlung der Antworten beurteilt, die er auf die von einem mitgliedstaatlichen Gericht gestellten Fragen geben könnte. Eine mündliche Verhandlung wird vom Gerichtshof daher stets dann durchgeführt, wenn sie zu einem besseren Verständnis der Rechtssache und deren Bedeutung beitragen kann, unabhängig davon, ob die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten einen entsprechenden Antrag gestellt haben.

Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

53.

Halten die Parteien oder Beteiligten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in einer Rechtssache für erforderlich, müssen sie, nachdem sie über den Abschluss des schriftlichen Verfahrens unterrichtet worden sind, dem Gerichtshof jedenfalls schriftlich die genauen Gründe mitteilen, aus denen sie von ihm gehört werden möchten. Diese Begründung — die nicht mit einem Schriftsatz oder schriftlichen Erklärungen zu verwechseln ist und drei Seiten nicht überschreiten darf — muss sich aus einer konkreten Beurteilung der Zweckmäßigkeit einer mündlichen Verhandlung für die betreffende Partei ergeben, und es ist anzugeben, in Bezug auf welche Aktenbestandteile oder Ausführungen diese Partei eine eingehendere Darlegung oder Widerlegung in einer mündlichen Verhandlung für erforderlich hält. Eine allgemeine Begründung unter Bezugnahme auf die Bedeutung der Rechtssache oder der vom Gerichtshof zu behandelnden Fragen genügt als solche nicht.

Ladung zur mündlichen Verhandlung und Notwendigkeit einer raschen Beantwortung dieser Ladung

54.

Beschließt der Gerichtshof, in einer bestimmten Rechtssache eine mündliche Verhandlung durchzuführen, setzt er hierfür den genauen Tag und die genaue Uhrzeit fest. Die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten werden umgehend von der Kanzlei geladen, die sie auch über die Besetzung des Spruchkörpers, an den die Rechtssache verwiesen wurde, über vom Gerichtshof beschlossene prozessleitende Maßnahmen und gegebenenfalls über das Unterbleiben von Schlussanträgen des Generalanwalts unterrichtet. Damit der Gerichtshof die mündliche Verhandlung unter den bestmöglichen Bedingungen durchführen kann, werden die Parteien oder die Beteiligten gebeten, das Schreiben der Kanzlei rasch zu beantworten und dabei insbesondere mitzuteilen, ob sie beabsichtigen, an der Sitzung tatsächlich teilzunehmen, sowie den Namen des Anwalts oder Bevollmächtigten anzugeben, der sie in der Sitzung vertreten wird. Eine späte Antwort auf die Ladungen der Kanzlei gefährdet die ordnungsgemäße Durchführung der Sitzung sowohl hinsichtlich der Redezeit, die der Gerichtshof der betreffenden Partei gewährt, als auch hinsichtlich der Erfordernisse, die sich aus der Verwaltung des Dolmetscherdienstes ergeben.

Vorkehrungen im Hinblick auf die mündliche Verhandlung

55.

Unabhängig von ihrem Titel und ihrer Eigenschaft müssen die vor dem Gerichtshof auftretenden Personen eine Robe tragen. Die an einer mündlichen Verhandlung teilnehmenden Bevollmächtigten und Anwälte sollten daher ihre eigene Robe mitbringen. Der Gerichtshof hält einige Roben für Parteien oder Vertreter vor, die nicht über eine solche verfügen. Da diese Roben jedoch nach Zahl und Größe nur begrenzt verfügbar sind, werden die betroffenen Parteien und Vertreter gebeten, den Gerichtshof in ihrer Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Vorhinein entsprechend zu informieren.

56.

In dieser Antwort sollten die Parteien und ihre Vertreter, damit eine bestmögliche Durchführung der mündlichen Verhandlung gewährleistet ist, dem Gerichtshof auch mitteilen, ob besondere Maßnahmen zu ergreifen sind, um ihre tatsächliche Teilnahme an der Verhandlung, insbesondere im Fall einer Behinderung oder eingeschränkter Mobilität, zu ermöglichen.

57.

Sowohl aufgrund der bisweilen schwierigen Verkehrsverhältnisse in Luxemburg als auch wegen der für den Zugang zu den Gebäuden des Gerichtshofs geltenden Sicherheitsmaßnahmen wird empfohlen, die nötigen Vorkehrungen zu treffen, um sich am betreffenden Tag einige Zeit vor der für die Eröffnung der Sitzung festgelegten Uhrzeit im Sitzungssaal einzufinden. Vor Beginn der Sitzung bitten die Mitglieder des Spruchkörpers nämlich üblicherweise die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten zu einer kurzen Unterredung über die Gestaltung der Sitzung. Der Berichterstatter und der Generalanwalt können die Parteien oder Beteiligten bei dieser Gelegenheit auffordern, in der Sitzung zusätzliche Erläuterungen zu bestimmten Fragen abzugeben oder den einen oder anderen besonderen Aspekt der fraglichen Rechtssache zu vertiefen.

Üblicher Ablauf einer mündlichen Verhandlung

58.

Auch wenn ihr Ablauf je nach den besonderen Umständen des Einzelfalls verschieden sein kann, umfasst eine mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof in der Regel drei getrennte Teile: die eigentlichen mündlichen Ausführungen, Fragen von Mitgliedern des Gerichtshofs und Erwiderungen.

Erster Abschnitt der mündlichen Verhandlung: mündliche Ausführungen

Zweck der mündlichen Ausführungen

59.

Sofern keine besonderen Umstände vorliegen, beginnt die Sitzung üblicherweise mit den mündlichen Ausführungen der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten. In Anbetracht der Kenntnis, die der Gerichtshof am Ende des schriftlichen Verfahrens bereits von der Rechtssache hat, dienen diese Ausführungen nicht dazu, den Inhalt der eingereichten Schriftsätze oder schriftlichen Erklärungen zu wiederholen. Sie sollen den Parteien oder Beteiligten ermöglichen, etwaigen Aufforderungen zur Konzentration der mündlichen Ausführungen nachzukommen oder Fragen zu beantworten, die der Gerichtshof vor der Sitzung an sie gerichtet hat. Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung, die die gleiche Auffassung vertreten oder den gleichen Standpunkt einnehmen, sollten sich so weit wie möglich vor der Sitzung absprechen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden.

Redezeit und deren etwaige Verlängerung

60.

Die Redezeit wird vom Präsidenten des Spruchkörpers nach Anhörung des Berichterstatters und gegebenenfalls des für die Rechtssache bestimmten Generalanwalts festgelegt. In der Regel beträgt die Redezeit unabhängig davon, an welchen Spruchkörper die Rechtssache verwiesen wurde, 15 Minuten; sie kann jedoch je nach Art oder besonderer Komplexität der Rechtssache, der Zahl und der Verfahrensstellung der Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung sowie etwaiger prozessleitender Maßnahmen verlängert oder verkürzt werden. Der Präsident des Spruchkörpers kann ausnahmsweise auf gebührend begründeten Antrag einer Partei oder eines in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten eine längere Redezeit gewähren. Ein solcher Antrag kann jedoch nur berücksichtigt werden, wenn er von der Partei oder dem Beteiligten in der Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung gestellt wird und jedenfalls spätestens zwei Wochen vor dem Sitzungstermin beim Gerichtshof eingeht.

Zahl der Vortragenden

61.

Aus Gründen des ordnungsgemäßen Ablaufs der Sitzung darf für die in der Sitzung auftretenden Parteien oder Beteiligten jeweils nur eine Person mündlich vortragen. Ausnahmsweise kann gleichwohl eine zweite Person zum Vortrag zugelassen werden, wenn die Art oder die besondere Komplexität der Rechtssache dies rechtfertigt und ein entsprechender, gebührend begründeter Antrag in der Antwort der Partei oder des Beteiligten auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung jedenfalls spätestens zwei Wochen vor dem Sitzungstermin gestellt wird. Die Zulassung einer zweiten Person bedeutet jedoch keine Verlängerung der Redezeit; die beiden Vortragenden müssen sich vielmehr die der betreffenden Partei eingeräumte Redezeit teilen.

Sprache der mündlichen Ausführungen

62.

Unbeschadet der Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, sich ihrer eigenen Amtssprache zu bedienen, wenn sie an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen, und der Möglichkeit für Drittstaaten, sich einer der in Art. 36 der Verfahrensordnung genannten Sprachen zu bedienen, wenn sie sich an einem Vorabentscheidungsverfahren beteiligen oder einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten, müssen sich die anderen Parteien des Verfahrens bei ihren mündlichen Ausführungen der Verfahrenssprache bedienen, die nach den in Art. 37 der Verfahrensordnung genannten Regeln bestimmt wurde.

63.

In Vorabentscheidungsverfahren können die Parteien des Ausgangsrechtsstreits ausnahmsweise beim Gerichtshof beantragen, sich im mündlichen Verfahren einer anderen als der Sprache des vorlegenden Gerichts bedienen zu dürfen. Dieser Antrag — der in der Antwort der betreffenden Partei auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung zu stellen ist — muss gebührend begründet sein und erläutern, warum die Verwendung einer anderen Sprache beantragt wird und was für diese andere Sprache unter den in Art. 36 der Verfahrensordnung genannten Sprachen spricht. Über diesen Antrag entscheidet nach Art. 37 Abs. 4 der Verfahrensordnung je nach Fall der Präsident des Spruchkörpers, an den die Rechtssache verwiesen wurde, oder der Gerichtshof nach Anhörung der anderen Partei(en) des Ausgangsrechtsstreits und des Generalanwalts. Wird dem Antrag stattgegeben, kann die beantragte Sprache von allen in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten verwendet werden.

64.

Die in der vorstehenden Nummer genannte Ausnahme gilt allerdings nur für Vorabentscheidungsverfahren. Liegt keiner der in Nr. 62 dieser Anweisungen genannten Fälle vor, müssen sich die Parteien des Verfahrens in einem Klage- oder Rechtsmittelverfahren, wenn sie ihre mündlichen Ausführungen machen, erwidern oder etwaige Fragen des Gerichtshofs beantworten, der Verfahrenssprache bedienen (3).

Zweiter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs

65.

Unabhängig von den Fragen, die die Mitglieder des Gerichtshofs vor oder in der mündlichen Verhandlung stellen können, können die Vortragenden nach ihren mündlichen Ausführungen aufgefordert werden, zusätzliche Fragen der Mitglieder des Gerichtshofs zu beantworten. Diese Fragen dienen dazu, die Aktenkenntnis der Mitglieder des Gerichtshofs zu vervollständigen, und ermöglichen es den Vortragenden, bestimmte Punkte zu erläutern oder zu vertiefen, die nach dem schriftlichen Verfahren und den mündlichen Ausführungen gegebenenfalls noch zusätzlicher Erläuterungen bedürfen.

Dritter Abschnitt der mündlichen Verhandlung: Erwiderungen

66.

Nach diesem Austausch haben die Parteien oder die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten schließlich die Möglichkeit, eine kurze Erwiderung abzugeben, wenn sie es für erforderlich halten. Diese Erwiderungen von jeweils höchstens fünf Minuten Dauer stellen keine zweite Runde mündlicher Ausführungen dar. Sie dienen allein dazu, es den Vortragenden zu ermöglichen, kurz auf die von den anderen Teilnehmern an der mündlichen Verhandlung oder den Mitgliedern des Gerichtshofs in der Sitzung abgegebenen Stellungnahmen oder gestellten Fragen einzugehen. Sind für eine Partei zwei Vortragende zugelassen worden, darf nur einer von ihnen erwidern.

Bedeutung und Erfordernisse des Simultandolmetschens

67.

Unabhängig davon, ob es sich um die mündlichen Ausführungen, die Erwiderungen oder die Beantwortung von Fragen handelt, müssen sich die Vortragenden bewusst sein, dass die Mitglieder des Spruchkörpers, der Generalanwalt und die in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten ihren Ausführungen häufig in einer simultan gedolmetschten Fassung folgen. Im Interesse eines ordnungsgemäßen Ablaufs der Sitzung und zur Gewährleistung der Qualität des Dolmetschens sollten die Vertreter der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten daher, wenn sie über einen — auch kurzen — Text, Notizen oder eine Gliederung für ihre Ausführungen verfügen, diese(n) möglichst frühzeitig vor der Sitzung per E-Mail (Interpretation@curia.europa.eu) oder Fax ([+352] 43 03 36 97) der Direktion Dolmetschen übermitteln. Dieser Text bzw. diese Notizen sind ausschließlich für die Dolmetscher bestimmt und werden nach der Sitzung vernichtet. Sie werden weder an die Mitglieder des Spruchkörpers oder den für die Rechtssache bestimmten Generalanwalt weitergeleitet noch zu den Akten der Rechtssache genommen.

68.

Um das Dolmetschen und damit das Verständnis der mündlichen Ausführungen seitens der Mitglieder des Spruchkörpers, des für die Rechtssache zuständigen Generalanwalts und der anderen an der mündlichen Verhandlung teilnehmenden Parteien zu erleichtern, ist es unerlässlich, dass in der Sitzung in einem natürlichen Rhythmus, ruhig und nicht zu schnell in das Mikrofon gesprochen wird. Das Dolmetschen wird erleichtert, wenn der Vortragende vorab die Gliederung seiner Ausführungen angibt und kurze und einfache Sätze verwendet. Wenn er in seinen Ausführungen auf eine Entscheidung des Gerichtshofs oder des Gerichts Bezug nimmt, sollte er das Datum der Entscheidung sowie die Nummer und die Bezeichnung der betreffenden Rechtssache angeben.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung

69.

Die aktive Teilnahme der Parteien oder der in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten endet nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Vorbehaltlich des außergewöhnlichen Falles einer Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens gemäß Art. 83 der Verfahrensordnung können die Parteien oder Beteiligten keine schriftlichen oder mündlichen Erklärungen insbesondere in Reaktion auf die Schlussanträge des Generalanwalts mehr abgeben, wenn der Präsident des Spruchkörpers die mündliche Verhandlung für geschlossen erklärt hat.

IV.   SCHLUSSBESTIMMUNGEN

70.

Die Praktischen Anweisungen für die Parteien in den Rechtssachen vor dem Gerichtshof vom 25. November 2013 werden durch diese Praktischen Anweisungen aufgehoben und ersetzt.

71.

Diese Praktischen Anweisungen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie treten am ersten Tag des Monats, der auf den Monat ihrer Veröffentlichung folgt, in Kraft.

Geschehen zu Luxemburg, den 10. Dezember 2019.


(1)  ABl. L 31 vom 31.1.2014, S. 1.

(2)  ABl. L 265 vom 29.9.2012, S. 1, in der zuletzt am 26. November 2019 (ABl. L 316 vom 6.12.2019, S. 103) geänderten Fassung.

(3)  Bei Vertragsverletzungsverfahren darf sich der beklagte Mitgliedstaat im mündlichen Verfahren einer anderen Sprache als der im schriftlichen Verfahren verwendeten bedienen, sofern diese andere Sprache eine der Amtssprachen dieses Staates ist und rechtzeitig — möglichst in der Antwort auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung — ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Wird dem Antrag stattgegeben, kann die beantragte Sprache von allen in Art. 23 der Satzung bezeichneten Beteiligten verwendet werden.