ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 345

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

60. Jahrgang
27. Dezember 2017


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2017/2394 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 ( 1 )

1

 

*

Verordnung (EU) 2017/2395 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf Übergangsbestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen der Einführung des IFRS 9 auf die Eigenmittel und zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor als Großkredite ( 1 )

27

 

*

Verordnung (EU) 2017/2396 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1316/2013 und (EU) 2015/1017 im Hinblick auf die Verlängerung der Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen sowie die Einführung technischer Verbesserungen für den Fonds und die Europäische Plattform für Investitionsberatung

34

 

 

RICHTLINIEN

 

*

Richtlinie (EU) 2017/2397 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt und zur Aufhebung der Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG des Rates ( 1 )

53

 

*

Richtlinie (EU) 2017/2398 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit  ( 1 )

87

 

*

Richtlinie (EU) 2017/2399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge

96

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/1


VERORDNUNG (EU) 2017/2394 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) sieht harmonisierte Vorschriften und Verfahren zur Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden vor, die für die Durchsetzung der grenzüberschreitenden Verbraucherschutzgesetze zuständig sind. Artikel 21a der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 sieht eine Überprüfung der Wirksamkeit und der operativen Mechanismen der genannten Verordnung vor. Die Kommission ist infolge dieser Überprüfung zu dem Schluss gelangt, dass die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 nicht ausreicht, um den Herausforderungen bei der Durchsetzung im Rahmen des Binnenmarkts, einschließlich des digitalen Binnenmarkts, wirksam zu begegnen.

(2)

In der Mitteilung der Kommission vom 6. Mai 2015„Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“ wird als eine der Prioritäten dieser Strategie die Notwendigkeit genannt, das Verbrauchervertrauen durch eine schnellere, und konsequentere Durchsetzung der Verbraucherschutzvorschriften zu fördern. In der Mitteilung der Kommission vom 28. Oktober 2015„Den Binnenmarkt weiter ausbauen: mehr Chancen für die Menschen und die Unternehmen“ wird bekräftigt, dass die Durchsetzung der Rechtsvorschriften der Union über den Verbraucherschutz durch die Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 weiter verbessert werden sollte.

(3)

Die ineffektive Rechtsdurchsetzung bei grenzüberschreitenden Verstößen, einschließlich Verstößen im digitalen Umfeld, ermöglicht es Unternehmern, sich der Durchsetzung zu entziehen, indem sie ihren Standort innerhalb der Union wechseln. Das führt zu einer Wettbewerbsverzerrung für gesetzestreue Unternehmer, die im Inland oder grenzüberschreitend (online oder offline) tätig sind, schädigt damit unmittelbar die Verbraucher und untergräbt das Vertrauen der Verbraucher in grenzüberschreitende Transaktionen und den Binnenmarkt. Ein erhöhter Harmonisierungsgrad, der eine wirksame und effiziente Zusammenarbeit bei der Durchsetzung zwischen den zuständigen Durchsetzungsbehörden beinhaltet, ist deshalb erforderlich, um Verstöße nach dieser Verordnung zu erkennen, Ermittlungen dazu zu führen und ihre Einstellung oder Untersagung anzuordnen.

(4)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 wurde ein Netz zuständiger Durchsetzungsbehörden in der gesamten Union geschaffen. Die wirksame Koordinierung zwischen verschiedenen zuständigen Behörden, die an diesem Netz teilnehmen, sowie weiteren Behörden auf Ebene der Mitgliedstaaten ist erforderlich. Die koordinierende Rolle der zentralen Verbindungsstelle sollte in jedem Mitgliedstaat einer Behörde übertragen werden. Diese Behörde sollte über ausreichend Befugnisse und die notwendigen Ressourcen verfügen, um diese wichtige Aufgabe wahrzunehmen. Jeder Mitgliedstaat wird ermutigt, eine der zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung als zentrale Verbindungsstelle zu benennen.

(5)

Die Verbraucher sollten auch vor Verstößen nach dieser Verordnung geschützt werden, die bereits eingestellt wurden, aber deren schädigende Folgen noch nachwirken können. Die zuständigen Behörden sollten über die notwendigen Mindestbefugnisse verfügen, die sie benötigen, um Ermittlungen vornehmen und die Einstellung solcher Verstöße und ihr Verbot für die Zukunft anordnen zu können, damit diese sich nicht wiederholen, und damit ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes zu gewährleisten.

(6)

Die zuständigen Behörden sollten über Mindestbefugnisse zur Ermittlung und Durchsetzung verfügen, damit sie diese Verordnung anwenden, rascher und effizienter miteinander kooperieren und Unternehmer davon abhalten können, Verstöße nach dieser Verordnung zu begehen. Diese Befugnisse sollten ausreichend sein, um den Durchsetzungsherausforderungen des elektronischen Handels und des digitalen Umfelds wirksam zu begegnen und um unredliche Unternehmer daran zu hindern, Lücken im Durchsetzungssystem durch einen Umzug in Mitgliedstaaten auszunutzen, deren zuständige Behörden nicht über die zur Bekämpfung unerlaubter Verhaltensweisen erforderlichen Mittel verfügen. Mit diesen Befugnissen sollten die Mitgliedstaaten dazu befähigt werden, sicherzustellen, dass erforderliche Informationen und Beweismaterial rechtsgültig zwischen den zuständigen Behörden ausgetauscht werden können, um eine wirksame Durchsetzung auf gleichem Niveau in allen Mitgliedstaaten zu erreichen.

(7)

Jeder Mitgliedstaat sollte sicherstellen, dass sämtliche zuständigen Behörden in seinem Hoheitsgebiet über alle Mindestbefugnisse verfügen, die erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Anwendung dieser Verordnung zu gewährleisten. Mitgliedstaaten sollten beschließen können, nicht jeder zuständigen Behörde alle Befugnisse zu übertragen sofern gewährleistet ist, dass jede dieser Befugnisse bei jedem Verstoß nach dieser Verordnung im Bedarfsfall wirksam und soweit erforderlich ausgeübt werden kann. Die Mitgliedstaaten sollten zudem befugt sein, nach Maßgabe dieser Verordnung zu beschließen, dass bestimmte Aufgaben auf benannte Stellen übertragen werden oder dass die zuständigen Behörden ermächtigt werden, Verbraucherorganisationen, Unternehmerverbände, benannte Stellen oder weitere betroffene Personen zur Wirksamkeit der von einem Unternehmer vorgeschlagenen Zusage zur Einstellung des Verstoßes nach dieser Verordnung zu konsultieren. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch nicht verpflichtet sein, benannte Stellen in die Anwendung dieser Verordnung einzubinden oder vorzusehen, dass Verbraucherorganisationen, Unternehmerverbände, benannte Stellen oder weitere betroffene Personen zur Wirksamkeit der vorgeschlagenen Zusagen zur Einstellung des Verstoßes nach dieser Verordnung konsultiert werden.

(8)

Die zuständigen Behörden sollten in der Lage sein, Ermittlungen oder Verfahren auf eigene Veranlassung einzuleiten, wenn ihnen Verstöße nach dieser Verordnung durch andere Mittel als Verbraucherbeschwerden bekannt werden.

(9)

Die zuständigen Behörden sollten Zugang zu den relevanten Dokumenten, Daten und Informationen im Zusammenhang mit dem Gegenstand einer Ermittlung oder abgestimmter Ermittlungen auf Verbrauchermärkten („Sweeps“) haben, um festzustellen, ob ein Verstoß gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen stattgefunden hat oder gerade stattfindet, und insbesondere um den verantwortlichen Unternehmer zu identifizieren, unabhängig davon, wer die betreffenden Dokumente, Daten oder Informationen besitzt, und in welchem Format oder auf welchem Datenträger sie vorliegen oder wo sie sich befinden. Die zuständigen Behörden sollten von Dritten in der digitalen Wertschöpfungskette unmittelbar die Herausgabe aller relevanten Beweismittel, Daten und Informationen gemäß der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) und nach Maßgabe der Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten verlangen können.

(10)

Die zuständigen Behörden sollten die Möglichkeit haben, die Vorlage aller relevanten Auskünfte von allen öffentlichen Behörden, Stellen oder Agenturen in ihrem Mitgliedstaat oder allen natürlichen oder juristischen Personen, einschließlich beispielsweise Zahlungsdienstleistern, Internetdienstanbietern, Telekommunikationsbetreibern, Registern und Registrierungsstellen für Domainnamen und Anbietern von Hostdiensten, anzufordern, um festzustellen, ob ein Verstoß nach dieser Verordnung stattgefunden hat oder gerade stattfindet.

(11)

Die zuständigen Behörden sollten erforderliche Prüfungen vor Ort vornehmen können und die Befugnis haben, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel zu betreten, die der von der Prüfung betroffene Unternehmer zu Zwecken seiner gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit nutzt.

(12)

Die zuständigen Behörden sollten von jedem Vertreter oder Mitglied des Personals des von der Prüfung betroffenen Unternehmers verlangen können, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Prüfung Erklärungen zu Sachverhalten, Informationen, Daten oder Dokumenten abgeben, und sie sollten die Antworten dieser Vertreter oder Mitglieder des Personals aufzeichnen können.

(13)

Die zuständigen Behörden sollten die Einhaltung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen überprüfen und Beweismaterial für Verstöße nach dieser Verordnung erlangen können, auch für Verstöße, die während oder nach dem Erwerb von Waren oder Dienstleistungen stattfinden. Die zuständigen Behörden sollten daher die Befugnis haben, Waren oder Dienstleistungen als Testeinkäufe, erforderlichenfalls mit verdeckter Identität zu erwerben, um Verstöße nach dieser Verordnung aufzudecken, wie zum Beispiel die Nichtgewährung des Widerrufsrechts der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen, und um Beweismaterial zu beschaffen. Diese Befugnis sollte die Befugnis einschließen, Produkte oder Dienstleistungen zu prüfen, zu betrachten, zu untersuchen, auseinanderzunehmen oder zu testen, die von der zuständigen Behörde zu diesen Zwecken erworben wurden. Die Befugnis, Waren oder Dienstleistungen als Testeinkäufe zu erwerben, könnte die Befugnis der zuständigen Behörden einschließen, sicherzustellen, dass etwaige Zahlungen rückerstattet werden, wenn die Rückerstattung nicht unverhältnismäßig ist und auch sonst mit Unionsrecht und nationalem Recht vereinbar ist.

(14)

Insbesondere im digitalen Umfeld sollten die zuständigen Behörden Verstöße nach dieser Verordnung schnell und effektiv abstellen können, insbesondere auch dann wenn der Unternehmer beim Verkauf von Waren oder Dienstleistungen seine Identität verschleiert oder innerhalb der Union oder in einen Drittstaat umzieht, um sich der Durchsetzung zu entziehen. In Fällen, in denen die Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung von Kollektivinteressen der Verbraucher besteht, sollten die zuständigen Behörden vorläufige Maßnahmen gemäß nationalem Recht ergreifen können, darunter die Löschung von Inhalten einer Online-Schnittstelle oder die Anordnung, dass beim Zugriff auf eine Online-Schnittstelle ein ausdrücklicher Warnhinweis an die Verbraucher angezeigt wird. Vorläufige Maßnahmen sollten nicht über das für die Verwirklichung ihres Ziels erforderliche Maß hinausgehen. Außerdem sollten die zuständigen Behörden die Befugnis haben, die Anzeige eines ausdrücklichen Warnhinweises an die Verbraucher beim Zugang zu einer Online-Schnittstelle anzuordnen oder die Entfernung oder Änderung digitaler Inhalte anzuordnen, wenn keine anderen wirksamen Mittel verfügbar sind, um eine illegale Praxis abzustellen. Diese Maßnahmen sollten nicht über das Maß hinausgehen, das für die Verwirklichung ihres Ziels, den Verstoß nach dieser Verordnung einzustellen oder zu untersagen, erforderlich ist.

(15)

Zur Verwirklichung des Ziels dieser Verordnung — wobei zu betonen ist, dass die Unternehmer bereit sein müssen, gemäß dem Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen zu handeln und die Folgen ihrer Verstöße nach dieser Verordnung zu beheben — sollten die zuständigen Behörden die Möglichkeit haben, mit den Unternehmern Zusagen zu vereinbaren, die die Schritte und Maßnahmen umfassen, die ein Unternehmer bezüglich eines Verstoßes, insbesondere die Einstellung eines Verstoßes, zu ergreifen hat.

(16)

Sanktionen für Verstöße gegen das Verbraucherrecht stellen einen erheblichen Teil des Durchsetzungssystems dar, da sie direkte Auswirkungen auf den Abschreckungsgrad der behördlichen Durchsetzung haben. Da die grenzüberschreitende Dimension eines Verstoßes im Rahmen nationaler Sanktionssysteme nicht immer berücksichtigt werden kann, sollten die zuständigen Behörden im Rahmen ihrer Mindestbefugnisse auch die Befugnis haben, Sanktionen für Verstöße nach dieser Verordnung zu verhängen. Die Mitgliedstaaten sollten nicht verpflichtet sein, ein neues Sanktionssystem für Verstöße nach dieser Verordnung vorzusehen. Stattdessen sollten sie den zuständigen Behörden vorschreiben, das geltende System für gleichartige Verstöße im Inland möglichst unter Berücksichtigung des Umfangs und der Reichweite des betreffenden Verstoßes anzuwenden. Angesichts der Ergebnisse des Berichts der Kommission über den Eignungstest des Verbraucher- und Marketingrechts, könnte es als erforderlich angesehen werden, die Sanktionen bei Verstößen gegen das Verbraucherrecht der Union zu verstärken.

(17)

Verbraucher sollten das Recht haben, Ausgleich für Schäden zu verlangen, die infolge von Verstößen nach dieser Verordnung entstanden sind. Je nach Art des Falls sollte die Befugnis der zuständigen Behörden, vom Unternehmer auf dessen Initiative zusätzliche Abhilfezusagen zugunsten der von dem mutmaßlichen Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen Verbraucher entgegenzunehmen oder gegebenenfalls zu versuchen, vom Unternehmer Zusagen zu erhalten, um den von dem Verstoß betroffenen Verbrauchern angemessene Abhilfe anzubieten, zur Beseitigung der nachteiligen Folgen eines grenzüberschreitenden Verstoßes für die Verbraucher beitragen. Zu diesen Abhilfemaßnahmen könnten unter anderem Reparatur, Ersatz, Minderung des Preises, Vertragsbeendigung oder Erstattung des für die Waren oder Dienstleistungen gezahlten Preises gehören, mit denen gegebenenfalls die negativen Folgen des Verstoßes nach dieser Verordnung für den betroffenen Verbraucher gemäß dem Unionsrecht gemildert werden. Das sollte nicht das Recht des Verbrauchers berühren, auf geeignetem Wege einen Rechtsbehelf einzulegen. Gegebenenfalls sollten die zuständigen Behörden Verbraucher, die vorbringen, infolge eines Verstoßes nach dieser Verordnung geschädigt worden zu sein, auf geeignetem Wege darüber unterrichten, wie sie Entschädigungsansprüche nach nationalem Recht geltend machen können.

(18)

Die Durchführung und die Ausübung von Befugnissen in Anwendung dieser Verordnung sollten verhältnismäßig und der Art des Verstoßes gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen und der dadurch bewirkten tatsächlichen oder potenziellen Schädigung angemessen sein. Die zuständigen Behörden sollten allen Fakten und Umständen des Falls Rechnung tragen und die Maßnahmen treffen, die am besten geeignet und unbedingt notwendig sind, um gegen den Verstoß nach dieser Verordnung vorzugehen. Diese Maßnahmen sollten verhältnismäßig, wirksam und abschreckend sein.

(19)

Die Durchführung und die Ausübung von Befugnissen in Anwendung dieser Verordnung sollten ferner mit dem Recht der Union und nationalem Recht vereinbar sein, insbesondere mit den geltenden Verfahrensgarantien und den Grundsätzen bezüglich der Grundrechte. Den Mitgliedstaaten sollte es weiterhin freigestellt sein, in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht in ihrem nationalen Recht Bedingungen und Beschränkungen für die Ausübung der Befugnisse festzulegen. Ist zum Beispiel für das Betreten der Räumlichkeiten von natürlichen und juristischen Personen nach nationalem Recht die vorherige Genehmigung durch eine Justizbehörde des betreffenden Mitgliedstaats erforderlich, so sollte die Befugnis des Zugangs zu diesen Räumlichkeiten nur nach Erlangung einer solchen vorherigen Genehmigung ausgeübt werden.

(20)

Die Mitgliedstaaten sollten entscheiden können, ob die zuständigen Behörden diese Befugnisse unmittelbar in eigener Verantwortung, durch Befassung anderer zuständiger Behörden oder anderer Behörden, durch Anweisungen an benannte Stellen oder im Wege eines Antrags an die zuständigen Gerichte ausüben. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass diese Befugnisse wirksam und zügig ausgeübt werden.

(21)

Bei der Beantwortung von Ersuchen, die durch den Amtshilfemechanismus gestellt wurden, sollten die zuständigen Behörden gegebenenfalls auch weitere ihnen auf nationaler Ebene erteilte Befugnisse oder Maßnahmen, einschließlich der Befugnis, eine Strafverfolgung einzuleiten oder zu veranlassen, nutzen. Es ist von größter Bedeutung, dass Gerichte und andere Behörden, insbesondere jene, die an der Strafverfolgung beteiligt sind, über die erforderlichen Mittel und Befugnisse verfügen, um mit den zuständigen Behörden wirksam und zügig zusammenzuarbeiten.

(22)

Die Wirksamkeit und Effizienz des Amtshilfemechanismus sollten verbessert werden. Die angeforderten Informationen sollten innerhalb der in dieser Verordnung gesetzten Fristen bereitgestellt werden, und die erforderlichen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen sollten zügig ergriffen werden. Die zuständigen Behörden sollten Informations- und Durchsetzungsersuchen innerhalb bestimmter Fristen beantworten, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Die Verpflichtungen der zuständigen Behörde im Rahmen des Amtshilfemechanismus sollten weiterhin bestehen, es sei denn, dass auf nationaler Ebene außerhalb des Rahmens des Amtshilfemechanismus erlassene Durchsetzungsmaßnahmen und Verwaltungsentscheidungen voraussichtlich für die rasche und wirksame Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union sorgen werden. Dabei sollten unter Verwaltungsentscheidungen Entscheidungen verstanden werden, mit denen die Maßnahmen zur Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union umgesetzt werden. In diesen Ausnahmefällen sollten die zuständigen Behörden berechtigt sein, ein Ersuchen um Durchsetzungsmaßnahmen, das im Rahmen des Amtshilfemechanismus übermittelt wurde, abzulehnen.

(23)

Die Kommission sollte besser in der Lage sein, die Arbeitsweise des Amtshilfemechanismus zu koordinieren und zu überwachen, Orientierungshilfe zu geben, Empfehlungen auszusprechen und bei aufkommenden Problemen Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten herauszugeben. Die Kommission sollte auch besser in der Lage sein, die zuständigen Behörden effektiv und schnell bei der Beilegung von Streitigkeiten über die Auslegung ihrer Verpflichtungen aus dem Amtshilfemechanismus zu unterstützen.

(24)

Diese Verordnung sollte harmonisierte Vorschriften enthalten, in denen die Verfahren für die Koordinierung der Ermittlungs- und der Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen bei weitverbreiteten Verstößen und weitverbreiteten Verstößen mit Unions-Dimension festgelegt sind. Mit koordinierten Aktionen gegen weitverbreitete Verstöße und weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension sollte sichergestellt werden, dass die zuständigen Behörden die angemessensten und effizientesten Instrumente wählen können, um solche Verstöße einzustellen und gegebenenfalls von den verantwortlichen Unternehmern Abhilfezusagen zugunsten der Verbraucher entgegenzunehmen oder zu versuchen, solche zu erhalten.

(25)

Die betroffenen zuständigen Behörden sollten ihre Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen einer koordinierten Aktion abstimmen, um wirksam gegen den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension vorzugehen und seine Einstellung oder seine Untersagung zu bewirken. Zu diesem Zweck sollten die zuständigen Behörden alle erforderlichen Beweismittel und Informationen untereinander austauschen und einander die erforderliche Unterstützung gewähren. Die von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden sollten in koordinierter Weise die erforderlichen Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen, um die Einstellung oder die Untersagung des Verstoßes zu bewirken.

(26)

Die Beteiligung jeder zuständigen Behörde an einer koordinierten Aktion, insbesondere an den Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen, die eine zuständige Behörde ergreifen muss, sollte ausreichend sein, um wirksam gegen den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension vorzugehen. Die von diesem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden sollten verpflichtet sein, nur diejenigen notwendigen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um alle erforderlichen Beweismittel und Informationen für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension einzuholen und die Einstellung oder die Untersagung des Verstoßes zu bewirken. Allerdings sollten fehlende verfügbare Ressourcen der von diesem Verstoß betroffenen zuständigen Behörde nicht als berechtigter Grund für die Nichtteilnahme an einer koordinierten Aktion gelten.

(27)

Die von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden, die an einer koordinierten Aktion beteiligt sind, sollten die Möglichkeit haben, nationale Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit demselben Verstoß und gegen denselben Unternehmer durchzuführen. Gleichzeitig sollte die zuständige Behörde jedoch weiterhin verpflichtet sein, ihre Ermittlungs- und Durchsetzungstätigkeiten im Rahmen der koordinierten Aktion mit anderen von diesem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden zu koordinieren, es sei denn, dass auf nationaler Ebene außerhalb des Rahmens der koordinierten Aktion erlassene Durchsetzungsmaßnahmen und Verwaltungsentscheidungen voraussichtlich für die rasche und wirksame Einstellung oder Untersagung des weitverbreiteten Verstoßes oder des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension sorgen werden. Dabei sollten unter Verwaltungsentscheidungen Entscheidungen verstanden werden, mit denen die Maßnahmen zur Einstellung oder Untersagung des Verstoßes umgesetzt werden. In diesen Ausnahmefällen sollten die zuständigen Behörden berechtigt sein, die Teilnahme an der koordinierten Aktion abzulehnen.

(28)

Wenn der begründete Verdacht auf einen weitverbreiteten Verstoß besteht, sollten die von diesem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden einvernehmlich eine koordinierte Aktion einleiten. Um festzustellen, welche zuständigen Behörden von einem weitverbreiteten Verstoß betroffen sind, sollten sämtliche relevanten Aspekte des Verstoßes berücksichtigt werden, insbesondere der Geschäfts- oder Wohnsitz des Unternehmers, der Standort der Vermögenswerte des Unternehmers, der Standort der Verbraucher, die durch den mutmaßlichen Verstoß geschädigt wurden, und der Standort der Verkaufsstellen des Unternehmers, d. h. Geschäfte und Internetseiten.

(29)

Die Kommission sollte mit den Mitgliedstaaten enger zusammenarbeiten, um umfangreiche Verstöße zu verhindern. Deshalb sollte die Kommission den zuständigen Behörden jeden Verdacht auf einen Verstoß nach dieser Verordnung melden. Hat die Kommission beispielsweise bei der Überwachung der von den zuständigen Behörden abgegebenen Warnmeldungen den begründeten Verdacht, dass ein weitverbreiteter Verstoß mit Unions-Dimension vorliegt, sollte sie die Mitgliedstaaten über die zuständigen Behörden und die zentralen Verbindungsstellen, die von diesem mutmaßlichen Verstoß betroffen sind, unterrichten und dabei die Gründe mitteilen, die eine mögliche koordinierte Aktion rechtfertigen. Die betroffenen zuständigen Behörden sollten auf der Grundlage von Informationen, die ihnen vorliegen oder leicht zugänglich sind, geeignete Ermittlungen durchführen. Sie sollten die Ergebnisse ihrer Ermittlungen den anderen zuständigen Behörden, den von diesem Verstoß betroffenen zentralen Verbindungsstellen und der Kommission mitteilen. Gelangen die betroffenen zuständigen Behörden zu dem Schluss, dass aus diesen Ermittlungen hervorgeht, dass möglicherweise gerade ein Verstoß stattfindet sollten sie die koordinierte Aktion einleiten, indem sie die Maßnahmen gemäß dieser Verordnung ergreifen. Eine koordinierte Aktion gegen einen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension sollte stets von der Kommission koordiniert werden. Wenn sich herausstellt, dass der entsprechende Mitgliedstaat von diesem Verstoß betroffen ist, sollte er sich an einer koordinierten Aktion beteiligen, um dazu beizutragen, dass alle erforderlichen Beweismittel und Informationen zu dem Verstoß beschafft werden und seine Einstellung oder seine Untersagung bewirkt wird. Was die Durchsetzungsmaßnahmen anbelangt, so sollten Straf- und Gerichtsverfahren in den Mitgliedstaaten nicht durch die Anwendung dieser Verordnung beeinträchtigt werden. Der Grundsatz des ne bis in idem sollte eingehalten werden. Wenn allerdings derselbe Unternehmer erneut die gleiche Handlung oder Unterlassung begeht, die einen Verstoß nach dieser Verordnung darstellt, der bereits Gegenstand eines Durchsetzungsverfahrens gewesen ist, das zur Einstellung oder zur Untersagung des Verstoßes geführt hat, so sollte das als neuer Verstoß angesehen werden, gegen den die zuständigen Behörden vorgehen sollten.

(30)

Die betroffenen zuständigen Behörden sollten die erforderlichen Ermittlungsmaßnahmen ergreifen, um die Einzelheiten eines weitverbreiteten Verstoßes oder eines weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension festzustellen, insbesondere die Identität des Unternehmers, Handlungen oder Unterlassungen des Unternehmers und die Auswirkungen des Verstoßes. Die zuständigen Behörden sollten Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen, die sich auf die Ergebnisse der Ermittlungen stützen. Gegebenenfalls sollten das Ergebnis der Ermittlungen und die Bewertung des weitverbreiteten Verstoßes oder des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension in einem gemeinsamen Standpunkt dargelegt werden, auf den sich die zuständigen Behörden der von der koordinierten Aktion betroffenen Mitgliedstaaten geeinigt haben und der an die für den Verstoß verantwortlichen Unternehmer gerichtet ist. Der gemeinsame Standpunkt sollte keine bindende Entscheidung der zuständigen Behörden darstellen. Er sollte hingegen dem Adressaten die Möglichkeit geben, zu den Sachverhalten, die Gegenstand des gemeinsamen Standpunkts sind, Stellung zu nehmen.

(31)

Im Zusammenhang mit weitverbreiteten Verstößen oder mit weitverbreiteten Verstößen mit Unions-Dimension sollten die Verteidigungsrechte der Unternehmer gewahrt werden. Das erfordert insbesondere, dem Unternehmer das Recht auf Gehör zu gewähren, und in dem Verfahren die Amtssprache oder eine der für amtliche Zwecke verwendeten Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, zu verwenden. Auch ist unbedingt sicherzustellen, dass das Unionsrecht über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen eingehalten werden.

(32)

Die betroffenen zuständigen Behörden sollten im Rahmen ihrer Zuständigkeit die erforderlichen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen. Allerdings beschränken sich die Auswirkungen von weitverbreiteten Verstößen oder weitverbreiteten Verstößen mit Unions-Dimension nicht auf einen einzigen Mitgliedstaat. Daher ist es erforderlich, dass die zuständigen Behörden zusammenarbeiten, um diese Verstöße zu bekämpfen und ihre Einstellung oder Untersagung zu bewirken.

(33)

Die wirksame Aufdeckung von Verstößen nach dieser Verordnung sollte durch den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden und der Kommission unterstützt werden, indem Warnmeldungen abgegeben werden, wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein solcher Verstoß vorliegt. Die Kommission sollte den Informationsaustausch koordinieren.

(34)

Verbraucherorganisationen spielen eine wesentliche Rolle bei der Information der Verbraucher über ihre Rechte, bei ihrer Aufklärung und beim Schutz ihrer Interessen, einschließlich bei der Beilegung von Streitigkeiten. Verbraucher sollten zur Kooperation mit den zuständigen Behörden ermutigt werden, damit die Anwendung dieser Verordnung verbessert wird.

(35)

Verbraucherorganisationen und gegebenenfalls Unternehmerverbänden sollte gestattet sein, den zuständigen Behörden vermutete Verstöße nach dieser Verordnung zu melden und mit ihnen die zur Aufdeckung, Ermittlung und Einstellung von Verstößen erforderlichen Informationen auszutauschen, zu Ermittlungen oder Verstößen Stellung zu nehmen und die zuständigen Behörden über den Missbrauch von Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen zu unterrichten.

(36)

Um die ordnungsgemäße Durchführung dieser Verordnung sicherzustellen, sollten die Mitgliedstaaten benannte Stellen, Europäische Verbraucherzentren, Verbraucherorganisationen und -verbände sowie gegebenenfalls Unternehmerverbände, welche über das nötige Fachwissen verfügen, ermächtigen, gegenüber den zuständigen Behörden der relevanten Mitgliedstaaten und der Kommission externe Warnmeldungen über vermutete Verstöße nach dieser Verordnung abzugeben und die ihnen vorliegenden Informationen bereitzustellen. Mitgliedstaaten könnten hinreichende Gründe dafür haben, solche Einrichtungen nicht zu diesen Aktionen zu ermächtigen. In diesem Zusammenhang sollte ein Mitgliedstaat, der beschließt, eine dieser Einrichtungen nicht zur Abgabe externer Warnmeldungen zu ermächtigen, eine Erklärung mit einer rechtfertigenden Begründung abgeben.

(37)

Sweeps sind eine andere Form der Durchsetzungskoordinierung, die sich als ein wirksames Instrument bei der Bekämpfung von Verstößen gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen erwiesen hat und die sowohl für den Online- als auch den Offline-Bereich beibehalten und in Zukunft noch ausgebaut werden sollte. Sweeps sollten insbesondere dann durchgeführt werden, wenn Markttrends, Verbraucherbeschwerden oder andere Hinweise darauf hindeuten, dass weitverbreitete Verstöße gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen stattgefunden haben oder gerade stattfinden.

(38)

Daten zu Verbraucherbeschwerden könnten den politischen Entscheidungsträgern auf nationaler und auf Unionsebene helfen, das Funktionieren von Verbrauchermärkten zu bewerten und Verstöße zu erkennen. Der Austausch solcher Daten auf Unionsebene sollte gefördert werden.

(39)

Es ist von entscheidender Bedeutung, soweit es als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung erforderlich ist, dass die Mitgliedstaaten einander und die Kommission über ihre Tätigkeiten zum Schutz der Verbraucherinteressen informieren, dazu gehören ihre Unterstützung der Tätigkeiten von Verbraucherverbänden, ihre Unterstützung der Tätigkeiten von Stellen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten zuständig sind, und ihre Unterstützung des Zugangs der Verbraucher zum Recht. Die Mitgliedstaaten sollten gemeinsam Informationen über die Verbraucherpolitik in den genannten Bereichen in Zusammenarbeit mit der Kommission austauschen können.

(40)

Die bestehenden Durchsetzungsherausforderungen gehen über die Grenzen der Union hinaus, und die Interessen der Verbraucher in der Union müssen vor in Drittländern ansässigen unseriösen Unternehmern geschützt werden. Daher sollten internationale Amtshilfeabkommen mit Drittländern zur Durchsetzung von Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen ausgehandelt werden. Diese internationalen Abkommen sollten den Gegenstand dieser Verordnung betreffen und auf Unionsebene ausgehandelt werden, um den optimalen Schutz der Verbraucher in der Union und die reibungslose Zusammenarbeit mit Drittländern sicherzustellen.

(41)

Die zwischen den zuständigen Behörden ausgetauschten Informationen sollten strengen Vorschriften über Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen, damit Ermittlungen nicht beeinträchtigt werden oder der Ruf der Unternehmer nicht ungerechterweise geschädigt wird. Eine Offenlegung sollten die zuständigen Behörden nur im Einzelfall und nur in angezeigten und erforderlichen Fällen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschließen, wobei das Gemeinwohl, wie zum Beispiel die öffentliche Sicherheit, der Verbraucherschutz, die öffentliche Gesundheit und der Umweltschutz oder die ordnungsgemäße Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungen zu berücksichtigen sind.

(42)

Um die Transparenz des Kooperationsnetzes zu erhöhen und das Bewusstsein der Verbraucher und der allgemeinen Öffentlichkeit zu schärfen, sollte die Kommission alle zwei Jahre eine Übersicht über die Informationen, Statistiken und Entwicklungen im Bereich der Durchsetzung des Verbraucherrechts erstellen, die im Rahmen der in dieser Verordnung vorgesehenen Zusammenarbeit gesammelt werden, und sie der Öffentlichkeit zugänglich machen.

(43)

Weitverbreitete Verstöße sollten wirksam und effizient aufgeklärt werden. Zu diesem Zweck sollte ein System zum Austausch von Durchsetzungsprioritäten alle zwei Jahre geschaffen werden.

(44)

Zur Sicherstellung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zur Festlegung der praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise der elektronischen Datenbank übertragen werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ausgeübt werden.

(45)

Diese Verordnung berührt nicht die sektoralen Rechtsvorschriften der Union über die Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden oder die geltenden sektoralen Rechtsvorschriften der Union über Ausgleichszahlungen an Verbraucher für Schäden, die aus Verstößen gegen diese Rechtsvorschriften herrühren. Diese Verordnung lässt außerdem andere, in den sektoralen Rechtsvorschriften der Union vorgesehene Kooperationssysteme und -netze unberührt. Diese Verordnung fördert die Zusammenarbeit und die Koordinierung zwischen dem Verbraucherschutznetz und den Netzen der durch die sektoralen Rechtsvorschriften der Union geschaffenen Regulierungsstellen und -behörden. Diese Verordnung lässt die Anwendung von Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen in den Mitgliedstaaten unberührt.

(46)

Diese Verordnung lässt das — nationalem Recht unterliegende — Recht, individuelle oder kollektive Entschädigung zu fordern, unberührt und sieht die Durchsetzung solcher Forderungen nicht vor.

(47)

Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (6), die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) und die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) sollten im Zusammenhang mit der vorliegenden Verordnung gelten.

(48)

Diese Verordnung berührt nicht die geltenden Unionsvorschriften über die Befugnisse der durch die sektoralen Rechtsvorschriften der Union geschaffenen nationalen Regulierungsstellen. Gegebenenfalls und falls möglich sollten diese Stellen die ihnen nach Unionsrecht und nationalem Recht zur Verfügung stehenden Befugnisse nutzen, um Verstöße nach dieser Verordnung einzustellen oder zu untersagen oder die zuständigen Behörden dabei zu unterstützen.

(49)

Diese Verordnung berührt nicht die Funktion und die Befugnisse der zuständigen Behörden und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde im Bereich des Schutzes der kollektiven wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher bei Zahlungskontendienstleistungen und Wohnimmobilienkreditverträgen nach der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (9) und der Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (10).

(50)

Angesichts der bestehenden Kooperationsmechanismen nach der Richtlinie 2014/17/EU und der Richtlinie 2014/92/EU sollte der Amtshilfemechanismus nicht für Verstöße innerhalb der Union gegen diese Richtlinien gelten.

(51)

Diese Verordnung lässt die Verordnung Nr. 1 des Rates (11) unberührt.

(52)

Diese Verordnung wahrt die Grundrechte und Grundsätze, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt werden und Eingang in die Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gefunden haben. Dementsprechend sollte diese Verordnung im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen, einschließlich derjenigen, die die Freiheit der Meinungsäußerung und die Pressefreiheit und -pluralität betreffen, ausgelegt und angewandt werden. Bei der Ausübung der Mindestbefugnisse dieser Verordnung sollten die zuständigen Behörden für ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den durch Grundrechte geschützten Interessen wie einem hohen Maß an Verbraucherschutz, der unternehmerischen Freiheit und der Informationsfreiheit sorgen.

(53)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung des Verbraucherschutzrechts verantwortlichen nationalen Behörden, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, weil diese allein nicht in der Lage sind, die Zusammenarbeit und Koordinierung sicherzustellen, sondern vielmehr wegen seines territorialen und persönlichen Geltungsbereichs auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(54)

Die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 sollte daher aufgehoben werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

EINLEITENDE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

In dieser Verordnung werden die Bedingungen festgelegt, unter denen die zuständigen Behörden, die in den Mitgliedstaaten als für die Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen verantwortlich benannt wurden, untereinander und mit der Kommission zusammenarbeiten und Aktionen koordinieren, um die Einhaltung dieser Rechtsvorschriften und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sicherzustellen und um den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher zu fördern.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Verordnung gilt für Verstöße innerhalb der Union, weitverbreitete Verstöße und weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension, selbst wenn diese Verstöße vor Beginn oder Abschluss der Durchsetzung eingestellt wurden.

(2)   Diese Verordnung berührt nicht die Unionsvorschriften im Bereich des Internationalen Privatrechts, insbesondere nicht die Vorschriften über die Zuständigkeit der Gerichte und das anwendbare Recht.

(3)   Diese Verordnung berührt nicht die Anwendung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen in den Mitgliedstaaten, insbesondere die Tätigkeit des Europäischen Justiziellen Netzes.

(4)   Diese Verordnung berührt nicht die Erfüllung weitergehender Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Amtshilfe im Rahmen des Schutzes der kollektiven wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher, einschließlich in Strafsachen, die sich aus anderen Rechtsakten, einschließlich bilateraler und multilateraler Übereinkünfte, ergeben.

(5)   Diese Verordnung berührt nicht die Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12).

(6)   Diese Verordnung berührt nicht die Möglichkeit, weitere öffentliche oder private Durchsetzungsmaßnahmen nach nationalem Recht durchzuführen.

(7)   Diese Verordnung berührt nicht das einschlägige Unionsrecht zum Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.

(8)   Diese Verordnung berührt nicht das nationale Recht zur Entschädigung von Verbrauchern für Schäden, die durch die Verletzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen entstanden sind.

(9)   Diese Verordnung hindert die zuständigen Behörden nicht daran, Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen gegen mehrere Unternehmer wegen ähnlicher Verstöße nach dieser Verordnung durchzuführen.

(10)   Kapitel III dieser Verordnung gilt nicht für Verstöße innerhalb der Union nach Richtlinie 2014/17/EU und Richtlinie 2014/92/EU.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.

„Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen“ die im Anhang aufgeführten Verordnungen und Richtlinien, letztere in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form;

2.

„Verstoß innerhalb der Union“ jede Handlung oder Unterlassung, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstößt und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann, die in einem anderen Mitgliedstaat oder anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem

a)

die Handlung oder die Unterlassung ihren Ursprung hatte oder stattfand,

b)

der für die Handlung oder Unterlassung verantwortliche Unternehmer niedergelassen ist, oder

c)

Beweismittel oder Vermögensgegenstände des Unternehmers vorhanden sind, die einen Zusammenhang mit der Handlung oder der Unterlassung aufweisen;

3.

„weitverbreiteter Verstoß“

a)

jede Handlung oder Unterlassung, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstößt und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann, die in mindestens zwei anderen Mitgliedstaaten als dem Mitgliedstaat ansässig sind, in dem

i)

die Handlung oder die Unterlassung ihren Ursprung hatte oder stattfand,

ii)

der für die Handlung oder Unterlassung verantwortliche Unternehmer niedergelassen ist, oder

iii)

Beweismittel oder Vermögensgegenstände des Unternehmers vorhanden sind, die einen Zusammenhang mit der Handlung oder der Unterlassung aufweisen, oder

b)

alle Handlungen oder Unterlassungen desselben Unternehmers, die gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstoßen und die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt haben, schädigen oder voraussichtlich schädigen können, und in mindestens drei Mitgliedstaaten gleichzeitig stattfinden sowie gemeinsame Merkmale aufweisen, einschließlich derselben unerlaubten Verhaltensweise und derselben verletzten Interessen;

4.

„weitverbreiteter Verstoß mit Unions-Dimension“ einen weitverbreiteten Verstoß, der in mindestens zwei Dritteln der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens zwei Drittel der Bevölkerung der Union ausmachen, die Kollektivinteressen von Verbrauchern geschädigt hat, schädigt oder voraussichtlich schädigen kann;

5.

„Verstöße nach dieser Verordnung“ Verstöße innerhalb der Union, weitverbreitete Verstöße und weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension;

6.

„zuständige Behörde“ jede Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene, die für die Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen verantwortlich ist und von einem Mitgliedstaat als zuständig benannt worden ist;

7.

„zentrale Verbindungsstelle“ die Behörde, die von einem Mitgliedstaat als mit der Koordinierung der Anwendung dieser Verordnung im jeweiligen Mitgliedstaat benannt worden ist;

8.

„benannte Stelle“ eine Stelle, die ein berechtigtes Interesse an der Einstellung oder Untersagung von Verstößen gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen hat und die von einem Mitgliedstaat benannt und von einer zuständigen Behörde angewiesen wurde, um im Auftrag dieser zuständigen Behörde die erforderlichen Informationen zu sammeln und die erforderlichen und ihr nach nationalem Recht zur Verfügung stehenden Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes zu bewirken;

9.

„ersuchende Behörde“ die zuständige Behörde, die einen Antrag auf Amtshilfe stellt;

10.

„ersuchte Behörde“ die zuständige Behörde, die einen Antrag auf Amtshilfe entgegen nimmt;

11.

„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere privater oder öffentlicher Natur ist, die selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können;

12.

„Verbraucher“ jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen;

13.

„Verbraucherbeschwerde“ eine durch hinreichende Beweise untermauerte Darlegung, dass ein Unternehmer gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen verstoßen hat, verstößt oder verstoßen könnte;

14.

„Schädigung der kollektiven Verbraucherinteressen“ die tatsächliche oder mögliche Schädigung der Interessen mehrerer Verbraucher, die durch Verstöße innerhalb der Union, weitverbreitete Verstöße oder weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension betroffen sind;

15.

„Online-Schnittstelle“ eine Software, einschließlich einer Internetseite, Teilen einer Internetseite oder einer Anwendung, die von einem Unternehmer oder in dessen Auftrag betrieben werden und dazu dienen, den Verbrauchern Zugang zu den Waren oder Dienstleistungen des Unternehmers zu gewähren;

16.

„Sweeps“ abgestimmte Ermittlungen in Bezug auf Verbrauchermärkte durch gleichzeitige koordinierte Kontrollaktionen zur Prüfung der Einhaltung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen oder zur Feststellung von Verstößen dagegen.

Artikel 4

Benachrichtigung über Verjährungsfristen

Jede zentrale Verbindungsstelle benachrichtigt die Kommission über die in ihrem eigenen Mitgliedstaat geltenden Verjährungsfristen für die Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen nach Artikel 9 Absatz 4. Die Kommission erstellt eine Übersicht der übermittelten Verjährungsfristen und stellt sie den zuständigen Behörden zur Verfügung.

KAPITEL II

ZUSTÄNDIGE BEHÖRDEN UND IHRE BEFUGNISSE

Artikel 5

Zuständige Behörden und zentrale Verbindungsstellen

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt die oder mehrere zuständigen Behörden und die zentrale Verbindungsstelle, die für die Anwendung dieser Verordnung verantwortlich sind.

(2)   Die zuständigen Behörden erfüllen ihre Verpflichtungen nach dieser Verordnung, als ob sie im Interesse der Verbraucher ihres eigenen Mitgliedstaats und im eigenen Interesse handelten.

(3)   Innerhalb jedes Mitgliedstaats ist die zentrale Verbindungsstelle verantwortlich für die Koordinierung der Ermittlungs- und Durchsetzungstätigkeiten der zuständigen Behörden, der anderen Behörden nach Artikel 6 und gegebenenfalls der benannten Stellen, die Verstöße nach dieser Verordnung betreffen.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Behörden und zentralen Verbindungsstellen über die für die Anwendung dieser Verordnung erforderlichen Ressourcen verfügen, einschließlich ausreichender Haushaltsmittel und anderer Ressourcen, Sachwissen, Verfahren und anderer Regelungen.

(5)   Gibt es mehr als eine zuständige Behörde in ihrem Hoheitsgebiet, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die jeweiligen Pflichten der zuständigen Behörden klar definiert sind und dass diese eng zusammenarbeiten, um diese Pflichten wirksam zu erfüllen.

Artikel 6

Zusammenarbeit innerhalb der Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieser Verordnung

(1)   Zur ordnungsgemäßen Anwendung dieser Verordnung stellt jeder Mitgliedstaat sicher, dass seine zuständigen Behörden, andere Behörden und gegebenenfalls die benannten Stellen effektiv zusammenarbeiten.

(2)   Die anderen Behörden nach Absatz 1 ergreifen auf Antrag einer zuständigen Behörde alle erforderlichen und ihnen nach nationalem Recht zur Verfügung stehenden Maßnahmen, um Verstöße nach dieser Verordnung einzustellen oder zu untersagen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die anderen Behörden nach Absatz 1 über die Mittel und Befugnisse für eine effektive Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden bei der Anwendung dieser Verordnung verfügen. Diese anderen Behörden informieren die zuständigen Behörden regelmäßig über die Maßnahmen, die in Anwendung dieser Verordnung ergriffen wurden.

Artikel 7

Funktion der benannten Stellen

(1)   Eine zuständige Behörde („anweisende Behörde“) kann gegebenenfalls und in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht eine benannte Stelle anweisen, die erforderlichen Informationen über einen Verstoß nach dieser Verordnung zu sammeln oder die erforderlichen und ihr nach nationalem Recht zur Verfügung stehenden Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, um die Einstellung oder Untersagung dieses Verstoßes zu bewirken. Die anweisende Behörde weist eine benannte Stelle nur an, wenn nach Abstimmung mit der ersuchenden Behörde oder den anderen von dem Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen zuständigen Behörden sowohl die ersuchende Behörde als auch die ersuchte Behörde oder alle betroffenen zuständigen Behörden darin übereinstimmen, dass durch die benannte Stelle die Einholung der erforderlichen Informationen oder die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes voraussichtlich in einer mindestens ebenso effizienten und wirksamen Weise bewirkt wird wie im Fall eines Tätigwerdens der anweisenden Behörde.

(2)   Ist die ersuchende Behörde oder sind die anderen von einem Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen zuständigen Behörden der Auffassung, dass die Bedingungen des Absatzes 1 nicht erfüllt sind, so teilt/teilen sie dies der anweisenden Behörde unter Angabe der rechtfertigenden Gründe unverzüglich schriftlich mit. Wenn die anweisende Behörde diese Auffassung nicht teilt, so kann sie die Angelegenheit an die Kommission verweisen, die unverzüglich dazu Stellung nimmt.

(3)   Die anweisende Behörde ist weiterhin dazu verpflichtet, die erforderlichen Informationen zu beschaffen oder die erforderlichen Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, falls

a)

die benannte Stelle die erforderlichen Informationen nicht einholen oder die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes nach dieser Verordnung nicht unverzüglich bewirken kann oder

b)

die von einem Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen zuständigen Behörden nicht darin übereinstimmen, dass die benannte Stelle gemäß Absatz 1 angewiesen werden darf.

(4)   Die anweisende Behörde ergreift alle erforderlichen Maßnahmen, um eine Offenlegung von Informationen zu verhindern, die unter die Vorschriften über Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nach Artikel 33 fallen.

Artikel 8

Informationen und Listen

(1)   Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission unverzüglich folgende Information sowie deren etwaige Änderungen mit:

a)

die zuständigen Behörden, die zentrale Verbindungsstelle, die benannten Stellen und die Einrichtungen, die nach Artikel 27 Absatz 1 externe Warnmeldungen abgeben, sowie deren Kontaktdaten, und

b)

Informationen über die Organisation, Befugnisse und Verantwortlichkeiten der zuständigen Behörden.

(2)   Die Kommission führt und aktualisiert auf ihrer Internetseite eine öffentlich verfügbare Liste der zuständigen Behörden, zentralen Verbindungsstellen, benannten Stellen und der Einrichtungen, die nach Artikel 27 Absatz 1 oder 2 externe Warnmeldungen abgeben.

Artikel 9

Mindestbefugnisse der zuständigen Behörden

(1)   Jede zuständige Behörde verfügt über die für die Anwendung dieser Verordnung erforderlichen Mindestermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse nach den Absätzen 3, 4, 6 und 7 dieses Artikels und übt diese gemäß Artikel 10 aus.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten beschließen, nicht jeder zuständigen Behörde sämtliche Befugnisse zu übertragen, sofern jede dieser Befugnisse bei jedem Verstoß nach dieser Verordnung gemäß Artikel 10 wirksam und soweit erforderlich ausgeübt werden kann.

(3)   Die zuständigen Behörden verfügen mindestens über die folgenden Ermittlungsbefugnisse, die es ihnen gestatten,

a)

Zugang zu allen relevanten Dokumenten, Daten oder Informationen in Bezug auf einem Verstoß nach dieser Verordnung, in jeder Form oder jedem Format zu erhalten, unabhängig von ihrem Speichermedium oder dem Ort, an dem sie aufbewahrt werden;

b)

von jeder Behörde, Stelle oder Agentur in ihrem Mitgliedstaat oder von jeder natürlichen oder juristischen Person die Bereitstellung aller relevanten Informationen, Daten oder Dokumente in jeder Form oder jedem Format, unabhängig von ihrem Speichermedium oder dem Ort, an dem sie aufbewahrt werden, zu verlangen, und zwar zur Feststellung, ob ein Verstoß nach dieser Verordnung stattgefunden hat oder gerade stattfindet, und zur Feststellung der Einzelheiten dieses Verstoßes, wozu auch die Rückverfolgung von Daten- und Finanzströmen, die Feststellung der Identität der an Daten- und Finanzströmen beteiligten Personen und die Feststellung der Bankverbindung und des Inhabers von Internetseiten gehört;

c)

erforderliche Prüfungen vor Ort vorzunehmen, einschließlich der Befugnis, alle Räumlichkeiten, Grundstücke und Transportmittel zu betreten, die der von der Prüfung betroffene Unternehmer zu Zwecken seiner gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit nutzt, oder andere Behörden dazu aufzufordern, um Informationen, Daten oder Dokumente, unabhängig von ihrem Speichermedium zu untersuchen, sicherzustellen oder Kopien davon anzufertigen oder zu erhalten; alle Informationen, Daten oder Dokumente für den erforderlichen Zeitraum und in dem für die Prüfung erforderlichen Ausmaß sicherzustellen; von jedem Vertreter oder Mitglied des Personals des von der Prüfung betroffenen Unternehmers zu verlangen, dass sie in Bezug auf den Gegenstand der Prüfung Erklärungen zu Sachverhalten, Informationen, Daten oder Dokumenten abgeben, und die Antworten aufzuzeichnen;

d)

Waren oder Dienstleistungen als Testeinkäufe zu erwerben, erforderlichenfalls mit verdeckter Identität, diese zu prüfen und zu betrachten, zu untersuchen, auseinanderzunehmen oder zu testen, um Verstöße nach dieser Verordnung aufzudecken und Beweismaterial zu beschaffen.

(4)   Die zuständigen Behörden verfügen mindestens über die folgenden Durchsetzungsbefugnisse, die es ihnen gestatten,

a)

vorläufige Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr einer schwerwiegenden Schädigung der Kollektivinteressen von Verbrauchern zu ergreifen;

b)

zu versuchen, von dem für den Verstoß nach dieser Verordnung verantwortlichen Unternehmer Zusagen zur Einstellung des Verstoßes zu erhalten, oder solche Zusagen zu akzeptieren;

c)

vom Unternehmer auf dessen Initiative zusätzliche Abhilfezusagen zugunsten der von dem mutmaßlichen Verstoß nach dieser Verordnung betroffenen Verbraucher entgegenzunehmen oder gegebenenfalls zu versuchen, vom Unternehmer Zusagen zu erhalten, um den von diesem Verstoß betroffenen Verbrauchern angemessene Abhilfe anzubieten;

d)

gegebenenfalls Verbraucher, die vorbringen, infolge eines Verstoßes nach dieser Verordnung geschädigt worden zu sein, in angemessener Weise darüber zu informieren, wie sie Entschädigungsansprüche nach nationalem Recht geltend machen können;

e)

die Einstellung von Verstößen durch den Unternehmer nach dieser Verordnung schriftlich anzuordnen;

f)

die Einstellung oder Untersagung von Verstößen nach dieser Verordnung zu bewirken;

g)

wenn keine anderen wirksamen Mittel zur Verfügung stehen, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes nach dieser Verordnung zu bewirken, und um das Risiko einer schwerwiegenden Schädigung der Kollektivinteressen von Verbrauchern zu verhindern,

i)

Inhalte von Online- Schnittstellen zu entfernen oder den Zugang zu einer Online-Schnittstelle zu beschränken oder anzuordnen, dass beim Zugriff auf die Online-Schnittstelle ein ausdrücklicher Warnhinweis an die Verbraucher angezeigt wird,

ii)

anzuordnen, dass Anbieter von Hosting-Diensten den Zugang zu einer Online-Schnittstelle entfernen, sperren oder beschränken, oder

iii)

gegebenenfalls anzuordnen, dass Register oder Registrierungsstellen für Domänennamen einen vollständigen Domänennamen entfernen, und der betreffenden zuständigen Behörde seine Registrierung zu gestatten,

auch durch Aufforderung an Dritte oder andere Behörden, solche Maßnahmen durchzuführen.

h)

Sanktionen, wie beispielsweise Geldbußen oder Zwangsgelder, für Verstöße nach dieser Verordnung sowie für das Versäumnis, Entscheidungen, Anordnungen, vorläufige Maßnahmen, Zusagen des Unternehmers oder anderen nach dieser Verordnung ergriffenen Maßnahmen Folge zu leisten, zu verhängen.

Die in Buchstabe h genannten Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein und im Einklang mit den Anforderungen des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen stehen. Insbesondere ist gegebenenfalls die Art, Schwere und Dauer des betreffenden Verstoßes gebührend zu berücksichtigen.

(5)   Die Befugnis zur Verhängung von Sanktionen, wie beispielsweise Geldbußen oder Zwangsgelder, für Verstöße nach dieser Verordnung gilt für jeden Verstoß gegen das Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen, sofern in dem einschlägigen im Anhang genannten Unionsrechtsakt Sanktionen vorgesehen sind. Dies berührt nicht die Befugnis der nationalen Behörden, nach nationalem Recht Sanktionen, wie beispielsweise Bußgelder oder andere Geldstrafen oder Zwangsgelder, zu verhängen, wenn in den im Anhang genannten Unionsrechtsakten keine Sanktionen vorgesehen sind.

(6)   Die zuständigen Behörden sind befugt, von sich aus Ermittlungen oder Verfahren einzuleiten, um die Einstellung oder Untersagung von Verstößen nach dieser Verordnung zu bewirken.

(7)   Die zuständigen Behörden können sämtliche abschließenden Entscheidungen, Zusagen des Unternehmers oder nach dieser Verordnung erlassene Anordnungen veröffentlichen, wozu auch die Offenlegung der Identität des für den Verstoß nach dieser Verordnung verantwortlichen Unternehmers gehört.

(8)   Die zuständigen Behörden können gegebenenfalls Verbraucherorganisationen, Unternehmerverbände, benannte Stellen oder weitere betroffene Personen zur Wirksamkeit der vorgeschlagenen Zusagen zur Einstellung des Verstoßes nach dieser Verordnung konsultieren.

Artikel 10

Ausübung der Mindestbefugnisse

(1)   Die Ausübung der Befugnisse nach Artikel 9 erfolgt entweder

a)

unmittelbar durch die zuständigen Behörden in eigener Verantwortung,

b)

gegebenenfalls durch Befassung anderer zuständiger Behörden oder anderer Behörden,

c)

gegebenenfalls durch Anweisung benannter Stellen oder

d)

im Wege eines Antrags an die Gerichte, die für den Erlass der erforderlichen Entscheidung zuständig sind, gegebenenfalls auch im Wege eines Rechtsbehelfs, wenn der Antrag auf Erlass der erforderlichen Entscheidung keinen Erfolg hatte.

(2)   Die in Anwendung dieser Verordnung erfolgende Durchführung und Ausübung der Befugnisse nach Artikel 9 muss verhältnismäßig sein und im Einklang mit dem Unionsrecht und dem nationalen Recht, einschließlich der geltenden Verfahrensgarantien und der Grundsätze der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, stehen. Die in Anwendung dieser Verordnung ergriffenen Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen müssen der Art und dem tatsächlichen oder potenziellen Gesamtschaden des Verstoßes gegen Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen angemessen sein.

KAPITEL III

AMTSHILFEMECHANISMUS

Artikel 11

Auskunftsersuchen

(1)   Eine ersuchte Behörde erteilt auf Ersuchen einer ersuchenden Behörde dieser unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 30 Tagen, sofern nichts anderes vereinbart wurde, alle relevanten Auskünfte, die erforderlich sind, um festzustellen, ob ein Verstoß innerhalb der Union stattgefunden hat oder gerade stattfindet, und um die Einstellung dieses Verstoßes zu bewirken.

(2)   Die ersuchte Behörde unternimmt die angemessenen und erforderlichen Ermittlungen oder ergreift alle anderen erforderlichen oder angemessenen Maßnahmen, um die geforderten Auskünfte zu beschaffen. Bei Bedarf werden diese Ermittlungen mit der Unterstützung anderer Behörden oder benannter Stellen ausgeführt.

(3)   Auf Ersuchen der ersuchenden Behörde kann die ersuchte Behörde Beamten der ersuchenden Behörde die Erlaubnis erteilen, die Beamten der ersuchten Behörde bei deren Ermittlungen zu begleiten.

Artikel 12

Durchsetzungsersuchen

(1)   Auf Ersuchen einer ersuchenden Behörde ergreift eine ersuchte Behörde alle erforderlichen und verhältnismäßigen Durchsetzungsmaßnahmen, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken, indem sie die Befugnisse gemäß Artikel 9 sowie alle zusätzlichen Befugnisse, über die sie nach nationalem Recht verfügt, ausübt. Die ersuchte Behörde entscheidet über die angemessenen Durchsetzungsmaßnahmen, die erforderlich sind, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken, und ergreift diese unverzüglich, spätestens jedoch sechs Monate nach Eingang des Ersuchens, sofern sie keine besonderen Gründe für eine Verzögerung vorbringt. Gegebenenfalls verhängt die ersuchte Behörde Sanktionen, wie beispielsweise Geldbußen oder Zwangsgelder, gegen den für den Verstoß innerhalb der Union verantwortlichen Unternehmer. Die ersuchte Behörde kann vom Unternehmer auf dessen Initiative zusätzliche Abhilfezusagen zugunsten der von dem mutmaßlichen Verstoß innerhalb der Union betroffenen Verbraucher entgegennehmen oder gegebenenfalls versuchen, vom Unternehmer Zusagen zu erhalten, um den von diesem Verstoß betroffenen Verbrauchern angemessene Abhilfe anzubieten;

(2)   Die ersuchte Behörde informiert die ersuchende Behörde regelmäßig über die Schritte und Maßnahmen, die sie eingeleitet hat und die sie einzuleiten gedenkt. Die ersuchte Behörde benachrichtigt unverzüglich mittels der elektronischen Datenbank nach Artikel 35 die ersuchende Behörde, die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über die getroffenen Maßnahmen und deren Wirkung auf den Verstoß innerhalb der Union, einschließlich darüber,

a)

ob vorläufige Maßnahmen verhängt wurden;

b)

ob der Verstoß eingestellt wurde;

c)

welche Maßnahmen ergriffen wurden und ob diese Maßnahmen umgesetzt wurden;

d)

in welchem Umfang den von dem mutmaßlichen Verstoß betroffenen Verbrauchern Abhilfezusagen angeboten wurden.

Artikel 13

Verfahren für Amtshilfeersuchen

(1)   In Amtshilfeersuchen erteilt die ersuchende Behörde die Auskünfte, die benötigt werden, damit die ersuchte Behörde das Ersuchen erfüllen kann, einschließlich des gesamten erforderlichen Beweismaterials, das nur in dem Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde verfügbar ist.

(2)   Amtshilfeersuchen werden durch die ersuchende Behörde an die zentrale Verbindungsstelle des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde und informationshalber an die zentrale Verbindungsstelle des Mitgliedstaats der ersuchenden Behörde gesandt. Die zentrale Verbindungsstelle des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde leitet das Ersuchen unverzüglich an die entsprechende zuständige Behörde weiter.

(3)   Amtshilfeersuchen und alle damit verbundenen Mitteilungen werden schriftlich mittels Standardformularen erstellt und auf elektronischem Wege über die gemäß Artikel 35 eingerichtete Datenbank übermittelt.

(4)   Die betroffenen zuständigen Behörden vereinbaren die Sprachen, die in Amtshilfeersuchen und in allen damit verbundenen Mitteilungen zu verwenden sind.

(5)   Wenn keine Einigung über die Sprachen erzielt wird, wird das Amtshilfeersuchen in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchenden Behörde, und die Antwort in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats der ersuchten Behörde übermittelt. In diesem Fall gewährleistet jede zuständige Behörde die erforderlichen Übersetzungen der Ersuchen, Antworten und weiteren Dokumente, die sie von der anderen zuständigen Behörde entgegen nimmt.

(6)   Die ersuchte Behörde richtet ihre Antwort direkt an die ersuchende Behörde und an die zentralen Verbindungsstellen der Mitgliedstaaten der ersuchenden und der ersuchten Behörde.

Artikel 14

Ablehnung eines Amtshilfeersuchens

(1)   Eine ersuchte Behörde kann ein Auskunftsersuchen nach Artikel 11 ablehnen, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Nach Konsultation der ersuchenden Behörde liegt es nahe, dass die ersuchende Behörde die ersuchten Auskünfte nicht benötigt, um festzustellen, ob ein Verstoß innerhalb der Union stattgefunden hat oder gerade stattfindet, oder um festzustellen, ob ein begründeter Verdacht vorliegt, dass es zu einem Verstoß kommen kann;

b)

die ersuchende Behörde ist nicht damit einverstanden, dass die Auskünfte unter die Vorschriften über Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nach Artikel 33 fallen;

c)

vor den Justizbehörden in dem Mitgliedstaat der ersuchten oder dem der ersuchenden Behörde wurden bereits strafrechtliche Ermittlungen oder Gerichtsverfahren gegen denselben Unternehmer in Verbindung mit demselben Verstoß innerhalb der Union eingeleitet.

(2)   Eine ersuchte Behörde kann ein Durchsetzungsersuchen nach Artikel 12 nach einer Konsultation mit der ersuchenden Behörde ablehnen, wenn eine oder mehrere der folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

wegen desselben Verstoßes innerhalb der Union und gegen denselben Unternehmer wurden bei den Justizbehörden in dem Mitgliedstaat der ersuchten Behörde bereits strafrechtliche Ermittlungen oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet oder liegt bereits ein Urteil, ein gerichtlicher Vergleich oder eine richterliche Anordnung vor;

b)

wegen desselben Verstoßes innerhalb der Union und gegen denselben Unternehmer wurde in dem Mitgliedstaat der ersuchten Behörde bereits die Ausübung der erforderlichen Durchsetzungsbefugnisse eingeleitet oder ist bereits eine Verwaltungsentscheidung ergangen, um die rasche und wirksame Einstellung oder Untersagung des Verstoßes innerhalb der Union zu bewirken;

c)

nach einer sachdienlichen Ermittlung hat ihrer Ansicht nach kein Verstoß innerhalb der Union stattgefunden;

d)

die ersuchende Behörde hat nach Ansicht der ersuchten Behörde nicht die Informationen, die benötigt werden, nach Artikel 13 Absatz 1 vorgelegt,

e)

die ersuchte Behörde hat Zusagen des Unternehmers akzeptiert, den Verstoß innerhalb der Union innerhalb einer bestimmten Frist einzustellen, und diese Frist ist noch nicht abgelaufen.

Die ersuchte Behörde muss jedoch dem Durchsetzungsersuchen nach Artikel 12 Folge leisten, wenn der Unternehmer seine Zusagen gemäß Unterabsatz 1 Buchstabe e innerhalb der Frist nicht erfüllt.

(3)   Die ersuchte Behörde informiert die ersuchende Behörde und die Kommission über die Ablehnung des Amtshilfeersuchens und die Gründe für die Ablehnung.

(4)   Im Falle einer Meinungsverschiedenheit zwischen der ersuchenden Behörde und der ersuchten Behörde kann die ersuchende Behörde oder die ersuchte Behörde die Angelegenheit an die Kommission weiterleiten, die dazu unverzüglich eine Stellungnahme abgibt. Wenn die Angelegenheit nicht an sie weitergeleitet wird, kann die Kommission dennoch von Amts wegen eine Stellungnahme abgeben. Zum Zweck der Abgabe einer Stellungnahme kann die Kommission relevante Informationen und Dokumente anfordern, die die ersuchende Behörde und die ersuchte Behörde ausgetauscht haben.

(5)   Die Kommission überwacht die Funktionsweise des Amtshilfemechanismus und die Einhaltung der Verfahren und Fristen für die Bearbeitung von Amtshilfeersuchen durch die zuständigen Behörden. Die Kommission hat Zugang zu den Amtshilfeersuchen und zu den Informationen und Dokumenten, die zwischen der ersuchenden und der ersuchten Behörde ausgetauscht werden.

(6)   Gegebenenfalls gibt die Kommission Orientierungshilfe und berät die Mitgliedstaaten, um eine wirksame und effiziente Arbeitsweise des Amtshilfemechanismus zu gewährleisten.

KAPITEL IV

KOORDINIERTER ERMITTLUNGS- UND DURCHSETZUNGSMECHANISMUS BEI WEITVERBREITETEN VERSTÖßEN UND BEI WEITVERBREITETEN VERSTÖßEN MIT UNIONS-DIMENSION

Artikel 15

Verfahren für Entscheidungen zwischen Mitgliedstaaten

In Angelegenheiten nach diesem Kapitel handeln die betroffenen zuständigen Behörden einvernehmlich.

Artikel 16

Allgemeine Grundsätze der Zusammenarbeit

(1)   Besteht ein begründeter Verdacht, dass ein weitverbreiteter Verstoß oder ein weitverbreiteter Verstoß mit Unions-Dimension stattfindet, so informieren die von diesem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden und die Kommission einander sowie die von diesem Verstoß betroffenen zentralen Verbindungsstellen unverzüglich durch die Abgabe von Warnmeldungen gemäß Artikel 26.

(2)   Die von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden koordinieren die Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen, mit denen sie gegen diese Verstöße vorgehen. Sie tauschen alle erforderlichen Beweismittel und Informationen aus und gewähren einander und der Kommission unverzüglich jede erforderliche Unterstützung.

(3)   Die von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden stellen sicher, dass alle erforderlichen Beweismittel und Informationen beschafft und alle erforderlichen Durchsetzungsmaßnahmen ergriffen werden, um die Einstellung oder Untersagung des Verstoßes zu bewirken.

(4)   Unbeschadet des Absatzes 2 beeinträchtigt die Anwendung dieser Verordnung nicht die Durchführung nationaler Ermittlungs- und Durchsetzungstätigkeiten durch die zuständigen Behörden im Zusammenhang mit demselben Verstoß durch denselben Unternehmer.

(5)   Gegebenenfalls dürfen die zuständigen Behörden Kommissionsbeamte und weitere, von der Kommission autorisierte Begleitpersonen zur Teilnahme an den koordinierten Ermittlungen, Durchsetzungsmaßnahmen und weiteren Maßnahmen nach diesem Kapitel einladen.

Artikel 17

Einleitung koordinierter Aktionen und Benennung eines Koordinators

(1)   Besteht ein begründeter Verdacht auf einen weitverbreiteten Verstoß, so leiten die von dem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden eine koordinierte Aktion ein, die auf einer Vereinbarung zwischen ihnen beruht. Die Einleitung der koordinierten Aktion wird den von dem Verstoß betroffenen zentralen Verbindungsstellen und der Kommission unverzüglich mitgeteilt.

(2)   Die von dem vermuteten weitverbreiteten Verstoß betroffenen zuständigen Behörden benennen eine von dem vermuteten weitverbreiteten Verstoß betroffene zuständige Behörde als Koordinator. Können diese zuständigen Behörden keine Einigung über die Benennung erzielen, so übernimmt die Kommission die Rolle des Koordinators.

(3)   Hat die Kommission den begründeten Verdacht auf einen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension, so unterrichtet sie unverzüglich gemäß Artikel 26 die zuständigen Behörden und die zentralen Verbindungsstellen, die von dem mutmaßlichen Verstoß betroffen sind. Die Kommission gibt in der Unterrichtung die Gründe an, die eine mögliche koordinierte Aktion rechtfertigen. Die von dem mutmaßlichen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden führen auf der Grundlage von Informationen, die ihnen vorliegen oder leicht zugänglich sind, geeignete Ermittlungen durch. Die von dem mutmaßlichen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden teilen die Ergebnisse ihrer Ermittlungen gemäß Artikel 26 den anderen zuständigen Behörden, den von dem Verstoß betroffenen zentralen Verbindungsstellen und der Kommission innerhalb eines Monats nach Datum der Unterrichtung durch die Kommission mit. Geht aus diesen Ermittlungen hervor, dass möglicherweise ein weitverbreiteter Verstoß mit Unions-Dimension stattfindet, so beginnen die von dem Verstoß betroffenen zuständigen Behörden mit der koordinierten Aktion und ergreifen die Maßnahmen gemäß Artikel 19 und gegebenenfalls gemäß den Artikeln 20 und 21.

(4)   Die koordinierten Aktionen gemäß Absatz 3 werden von der Kommission koordiniert.

(5)   Eine zuständige Behörde schließt sich der koordinierten Aktion an, wenn sich im Zuge der koordinierten Aktion herausstellt, dass sie von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffen ist.

Artikel 18

Gründe für eine Ablehnung der Teilnahme an der koordinierten Aktion

(1)   Eine zuständige Behörde kann die Teilnahme an einer koordinierten Aktion aus einem der folgenden Gründe ablehnen:

a)

gegen denselben Unternehmer wurden wegen desselben Verstoßes im Mitgliedstaat der zuständigen Behörde bereits strafrechtliche Ermittlungen oder ein Gerichtsverfahren eingeleitet, ist bereits ein Urteil ergangen oder liegt bereits ein gerichtlicher Vergleich vor;

b)

die Ausübung der erforderlichen Durchsetzungsbefugnisse wurde bereits vor der Abgabe einer Warnmeldung gemäß Artikel 17 Absatz 3 eingeleitet oder eine Verwaltungsentscheidung ist wegen desselben Verstoßes gegen denselben Unternehmer im Mitgliedstaat der zuständigen Behörde ergangen, um die rasche und wirksame Einstellung oder Untersagung des weitverbreiteten Verstoßes oder des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension zu bewirken;

c)

aus der angemessenen Ermittlung geht hervor, dass die tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen des mutmaßlichen weitverbreiteten Verstoßes oder weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension im Mitgliedstaat der zuständigen Behörde vernachlässigbar sind und die zuständige Behörde daher keine Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen muss;

d)

der betreffende weitverbreitete Verstoß oder der weitverbreitete Verstoß mit Unions-Dimension hat nicht im Mitgliedstaat der zuständigen Behörde stattgefunden, und daher muss die zuständige Behörde keine Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen;

e)

die zuständige Behörde hat Zusagen des für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmers akzeptiert, den Verstoß im Mitgliedstaat der zuständigen Behörde einzustellen, und diese Zusagen wurden erfüllt, weshalb die zuständige Behörde keine Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen muss.

(2)   Lehnt eine zuständige Behörde die Teilnahme an der koordinierten Aktion ab, so informiert sie unverzüglich die Kommission sowie die anderen von dem weitverbreiteten Verstoß oder dem weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen zuständigen Behörden und zentralen Verbindungsstellen über ihre Entscheidung, gibt die Gründe dafür an und legt die erforderlichen Nachweise vor.

Artikel 19

Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen koordinierter Aktionen

(1)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden stellen sicher, dass Ermittlungen und Prüfungen in wirksamer, effizienter und koordinierter Weise durchgeführt werden. Sie bemühen sich, gleichzeitig miteinander Ermittlungen und Prüfungen durchzuführen und vorläufige Maßnahmen anzuwenden, soweit das nach dem einzelstaatlichen Verfahrensrecht zulässig ist.

(2)   Der Amtshilfemechanismus nach Kapitel III darf genutzt werden, wenn er erforderlich ist, um insbesondere das notwendige Beweismaterial und andere Informationen aus anderen als den durch die koordinierte Aktion betroffenen Mitgliedstaaten zu beschaffen oder um sicherzustellen, dass der betroffene Unternehmer die Durchsetzungsmaßnahmen nicht umgeht.

(3)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden legen gegebenenfalls das Ergebnis der Ermittlungen und die Bewertung des weitverbreiteten Verstoßes oder gegebenenfalls des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension in einem gemeinsamen Standpunkt, auf den sie sich geeinigt haben, dar.

(4)   Sofern nichts anderes zwischen den von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden vereinbart ist, teilt der Koordinator den gemeinsamen Standpunkt dem für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer mit. Der für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortliche Unternehmer erhält die Gelegenheit, zu den Sachverhalten, die Gegenstand des gemeinsamen Standpunkts sind, gehört zu werden.

(5)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden beschließen, gegebenenfalls den gemeinsamen Standpunkt unbeschadet des Artikels 15 oder der Vorschriften für Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nach Artikel 33 vollständig oder auszugsweise auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen und können die Ansichten von Verbraucherorganisationen, Unternehmerverbänden und anderen betroffenen Parteien einholen. Die Kommission veröffentlicht nach Vereinbarung mit den betroffenen zuständigen Behörden den gemeinsamen Standpunkt oder Auszüge daraus auf ihrer Internetseite.

Artikel 20

Zusagen bei koordinierten Aktionen

(1)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden können den für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer aufgrund eines nach Artikel 19 Absatz 3 angenommenen gemeinsamen Standpunkts auffordern, innerhalb einer bestimmten Frist Zusagen zur Einstellung des Verstoßes vorzuschlagen. Der Unternehmer kann auch auf eigene Initiative Zusagen zur Einstellung des Verstoßes vorschlagen oder den Verbrauchern, die von diesem Verstoß betroffen sind, Abhilfezusagen anbieten.

(2)   Unbeschadet der Vorschriften über Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nach Artikel 33 dürfen die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden gegebenenfalls die vom für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer vorgeschlagenen Zusagen auf ihren Internetseiten veröffentlichen, oder darf die Kommission gegebenenfalls die von diesem Unternehmer vorgeschlagenen Zusagen auf ihrer Internetseite veröffentlichen, wenn sie von den betroffenen zuständigen Behörden darum ersucht wird. Die zuständigen Behörden und die Kommission können die Ansichten von Verbraucherorganisationen und Unternehmerverbänden oder anderen betroffenen Parteien, einholen.

(3)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden bewerten die vorgeschlagenen Zusagen und teilen das Ergebnis der Bewertung dem für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer mit; wurden vom Unternehmer Abhilfezusagen angeboten, so unterrichten sie gegebenenfalls die Verbraucher, die vorbringen, infolge des Verstoßes des Unternehmers geschädigt worden zu sein. Wenn die Zusagen verhältnismäßig und ausreichend sind, um die Einstellung des weitverbreiteten Verstoßes oder des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension zu bewirken, akzeptieren die zuständigen Behörden die Zusagen und setzen eine Frist, innerhalb derer die Zusagen umgesetzt werden müssen.

(4)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden überwachen die Umsetzung der Zusagen. Sie stellen insbesondere sicher, dass der für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortliche Unternehmer dem Koordinator regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der Zusagen Bericht erstattet. Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden dürfen gegebenenfalls die Ansichten von Verbraucherorganisationen und Sachverständigen einholen, um zu prüfen, ob die von dem Unternehmer ergriffenen Schritte im Einklang mit den Zusagen stehen.

Artikel 21

Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen koordinierter Aktionen

(1)   Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden ergreifen im Rahmen ihrer Zuständigkeit alle erforderlichen Durchsetzungsmaßnahmen gegen den für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer, um die Einstellung oder Untersagung des weitverbreiteten Verstoßes zu bewirken.

Gegebenenfalls verhängen sie Sanktionen, wie beispielsweise Geldbußen oder Zwangsgelder, gegen den für den weitverbreiteten Verstoß oder den weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension verantwortlichen Unternehmer. Die zuständigen Behörden können vom Unternehmer auf dessen Initiative zusätzliche Abhilfezusagen zugunsten der von dem mutmaßlichen weitverbreiteten Verstoß oder dem mutmaßlichen weitverbreiteten Verstoß mit Unions-Dimension betroffenen Verbraucher entgegennehmen oder gegebenenfalls versuchen, vom Unternehmer Zusagen zu erhalten, um den vom Verstoß betroffenen Verbrauchern angemessene Abhilfe anzubieten.

Durchsetzungsmaßnahmen sind insbesondere angezeigt, wenn

a)

eine sofortige Durchsetzungsmaßnahme erforderlich ist, um die rasche und wirksame Einstellung oder Untersagung des Verstoßes zu bewirken,

b)

nicht davon auszugehen ist, dass der Verstoß infolge der Zusagen, die der für den Verstoß verantwortliche Unternehmer vorgeschlagen hat, eingestellt wird,

c)

der für den Verstoß verantwortliche Unternehmer vor Ablauf der von den betroffenen zuständigen Behörden gesetzten Frist keine Zusagen vorgeschlagen hat,

d)

die von dem für den Verstoß verantwortlichen Unternehmer vorgeschlagenen Zusagen nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass der Verstoß eingestellt oder gegebenenfalls für die dadurch geschädigten Verbraucher Abhilfe geschaffen wird oder

e)

der für den Verstoß verantwortliche Unternehmer die Zusagen, den Verstoß einzustellen oder gegebenenfalls für die dadurch geschädigten Verbraucher Abhilfe zu schaffen, vor Ablauf der Frist nach Artikel 20 Absatz 3 nicht umsetzt.

(2)   Die Durchsetzungsmaßnahmen nach Absatz 1 müssen wirksam, effizient und in koordinierter Weise ergriffen werden, um die Einstellung oder Untersagung des weitverbreiteten Verstoßes oder des weitverbreiteten Verstoßes mit Unions-Dimension zu bewirken. Die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden bemühen sich darum, Durchsetzungsmaßnahmen in den von diesem Verstoß betroffenen Mitgliedstaaten gleichzeitig durchzuführen.

Artikel 22

Abschluss der koordinierten Aktionen

(1)   Die koordinierte Aktion wird abgeschlossen, wenn die von der koordinierten Aktion betroffenen zuständigen Behörden zu dem Schluss gelangen, dass der weitverbreitete Verstoß oder der weitverbreitete Verstoß mit Unions-Dimension in allen betroffenen Mitgliedstaaten eingestellt oder untersagt wurde oder dass ein solcher Verstoß nicht begangen wurde.

(2)   Der Koordinator informiert die Kommission, gegebenenfalls die zuständigen Behörden und die zentralen Verbindungsstellen der von der koordinierten Aktion betroffenen Mitgliedstaaten unverzüglich über den Abschluss der koordinierten Aktion.

Artikel 23

Rolle des Koordinators

(1)   Der gemäß Artikel 17 oder Artikel 29 ernannte Koordinator hat insbesondere die folgenden Aufgaben:

a)

Er stellt sicher, dass alle betroffenen zuständigen Behörden und die Kommission ordnungsgemäß und rechtzeitig über den Fortschritt der Ermittlungen oder gegebenenfalls der Durchsetzungsmaßnahmen, die geplanten nächsten Schritte und die zu ergreifenden Maßnahmen unterrichtet werden;

b)

er koordiniert und verfolgt die von den betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung ergriffenen Ermittlungsmaßnahmen;

c)

er koordiniert die Vorbereitung und den Austausch aller erforderlichen Dokumente zwischen den betroffenen zuständigen Behörden und der Kommission;

d)

er hält Kontakt zu dem Unternehmer und gegebenenfalls weiteren von den Ermittlungs- oder Durchsetzungsmaßnahmen betroffenen Parteien, wenn nichts anderes zwischen den betroffenen zuständigen Behörden und dem Koordinator vereinbart wurde;

e)

er koordiniert gegebenenfalls die Bewertung, die Konsultationen und die Überwachung durch die betroffenen zuständigen Behörden sowie weitere Schritte, die erforderlich sind, um die von den betroffenen Unternehmern vorgeschlagenen Zusagen zu entwickeln und umzusetzen;

f)

er koordiniert gegebenenfalls die von den betroffenen zuständigen Behörden ergriffenen Durchsetzungsmaßnahmen;

g)

er koordiniert Amtshilfeersuchen, die von den betroffenen zuständigen Behörden nach Kapitel III gestellt wurden.

(2)   Der Koordinator haftet nicht für die Handlungen oder Unterlassungen der betroffenen zuständigen Behörden bei der Ausübung der Befugnisse nach Artikel 9.

(3)   Wenn die koordinierten Aktionen weitverbreitete Verstöße oder weitverbreitete Verstöße mit Unions-Dimension gegen die in Artikel 2 Absatz 10 genannten Unionsvorschriften betreffen, lädt der Koordinator die Europäische Bankenaufsichtsbehörde dazu ein, eine Beobachterfunktion zu übernehmen.

Artikel 24

Sprachenregelung

(1)   Die Sprachen, die von den zuständigen Behörden für Benachrichtigungen und für alle sonstigen Mitteilungen nach diesem Kapitel, die im Zusammenhang mit den koordinierten Aktionen und Sweeps stehen, verwendet werden, werden zwischen den betroffenen zuständigen Behörden vereinbart.

(2)   Wenn keine Einigung zwischen den betroffenen zuständigen Behörden erreicht werden kann, werden Benachrichtigungen und sonstige Mitteilungen in der Amtssprache bzw. einer der Amtssprachen des Mitgliedstaats abgefasst, der die Benachrichtigung oder sonstige Mitteilung vornimmt. In diesem Fall sorgt jede betroffene zuständige Behörde — sofern erforderlich — für die Übersetzung der Benachrichtigungen, Mitteilungen und sonstigen Dokumente, die sie von anderen zuständigen Behörden entgegen nimmt.

Artikel 25

Sprachenregelung für die Kommunikation mit den Unternehmern

Für die Zwecke der in diesem Kapitel beschriebenen Verfahren hat der Unternehmer das Recht, in der Amtssprache oder einer der für amtliche Zwecke verwendeten Amtssprachen des Mitgliedstaats, in dem der Unternehmer seinen Geschäfts- oder Wohnsitz hat, zu kommunizieren.

KAPITEL V

UNIONSWEITE TÄTIGKEITEN

Artikel 26

Warnmeldungen

(1)   Eine zuständige Behörde benachrichtigt unverzüglich die Kommission, andere zuständige Behörden und zentrale Verbindungsstellen über jeden begründeten Verdacht, dass ein Verstoß nach dieser Verordnung in ihrem Gebiet stattfindet, der die Verbraucherinteressen in anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

(2)   Die Kommission benachrichtigt unverzüglich die betroffenen zuständigen Behörden und zentralen Verbindungsstellen über jeden begründeten Verdacht, dass ein Verstoß nach dieser Verordnung stattgefunden hat.

(3)   Im Fall einer Benachrichtigung, das heißt bei Abgabe einer Warnmeldung, nach Absatz 1 oder 2 liefert die zuständige Behörde oder die Kommission Informationen über den vermuteten Verstoß nach dieser Verordnung und insbesondere, und soweit verfügbar, die folgenden Informationen:

a)

eine Beschreibung der Handlung oder Unterlassung, die den Verstoß darstellt;

b)

Einzelheiten zu dem Produkt oder der Dienstleistung, das oder die von dem Verstoß betroffen ist;

c)

die Namen der Mitgliedstaaten, die von dem Verstoß betroffen sind oder betroffen sein können;

d)

die Identität des Unternehmers oder der Unternehmer, der/die für den Verstoß verantwortlich ist/sind oder verdächtigt wird/werden, dafür verantwortlich zu sein;

e)

die Rechtsgrundlage für mögliche Aktionen unter Bezugnahme auf nationales Recht und die entsprechenden Bestimmungen der im Anhang genannten Unionsrechtsakte;

f)

eine Beschreibung und den Status aller Rechtshandlungen, Durchsetzungsmaßnahmen oder weiteren Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Verstoß ergriffen wurden, sowie ihre Termine und Dauer;

g)

die Identität der zuständigen Behörden, die rechtliche Verfahren einleiten und weitere Maßnahmen ergreifen.

(4)   Bei Abgabe einer Warnmeldung kann die zuständige Behörde die zuständigen Behörden und die relevanten zentralen Verbindungsstellen in anderen Mitgliedstaaten sowie die Kommission — oder kann die Kommission die zuständigen Behörden und die relevanten zentralen Verbindungsstellen in anderen Mitgliedstaaten — auf der Grundlage von Informationen, die den relevanten zuständigen Behörden bzw. der Kommission vorliegen oder leicht zugänglich sind, darum bitten zu überprüfen, ob ähnliche vermutete Verstöße im Gebiet dieser anderen Mitgliedstaaten stattfinden oder ob bereits Durchsetzungsmaßnahmen gegen solche Verstöße in diesen Mitgliedstaaten ergriffen wurden. Die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten und die Kommission reagieren unverzüglich auf das Ersuchen.

Artikel 27

Externe Warnmeldungen

(1)   Jeder Mitgliedstaat ermächtigt benannte Stellen, Europäische Verbraucherzentren, Verbraucherorganisationen und -verbände sowie gegebenenfalls Unternehmerverbände, die über das erforderliche Fachwissen verfügen, gegenüber den zuständigen Behörden der relevanten Mitgliedstaaten und der Kommission eine Warnmeldung über vermutete Verstöße nach dieser Verordnung abzugeben und die ihnen vorliegenden Informationen nach Artikel 26 Absatz 3 bereitzustellen („externe Warnmeldung“), es sei denn, diese Vorgehensweise wäre nicht gerechtfertigt. Jeder Mitgliedstaat übermitteln der Kommission unverzüglich die Liste dieser Einrichtungen sowie etwaige Änderungen dieser Liste.

(2)   Die Kommission ermächtigt nach einer Konsultation mit den Mitgliedstaaten Verbände, die Verbraucherinteressen und gegebenenfalls Unternehmerinteressen auf Unionsebene vertreten, eine externe Warnmeldung abzugeben.

(3)   Die zuständigen Behörden sind nicht dazu verpflichtet, als Antwort auf eine externe Warnmeldung ein Verfahren einzuleiten oder eine andere Maßnahme zu ergreifen. Einrichtungen, die externe Warnmeldungen abgeben, gewährleisten, dass die bereitgestellten Informationen zutreffend, richtig und aktuell sind; gegebenenfalls korrigieren sie die übermittelten Informationen unverzüglich oder ziehen diese zurück.

Artikel 28

Austausch weiterer für die Erkennung von Verstößen relevanter Informationen

Soweit es zur Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung erforderlich ist, benachrichtigen die zuständigen Behörden die Kommission und die zuständigen Behörden der betroffenen Mitgliedstaaten über die elektronische Datenbank nach Artikel 35 unverzüglich über jede Maßnahme, mit der sie gegen einen Verstoß nach dieser Verordnung im Rahmen ihrer Zuständigkeit vorgehen, wenn sie den Verdacht haben, dass der betreffende Verstoß die Verbraucherinteressen in anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

Artikel 29

Sweeps

(1)   Die zuständigen Behörden können beschließen, Sweeps durchzuführen, um die Einhaltung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen zu überprüfen oder Verstöße gegen dieses aufzudecken. Sofern nichts anderes zwischen den beteiligten zuständigen Behörden vereinbart ist, werden die Sweeps von der Kommission koordiniert.

(2)   Bei der Durchführung von Sweeps können die beteiligten zuständigen Behörden die Ermittlungsbefugnisse nach Artikel 9 Absatz 3 und weitere Befugnisse, die ihnen nach nationalem Recht übertragen wurden, nutzen.

(3)   Die zuständigen Behörden können benannte Stellen sowie Kommissionsbeamte und weitere, von der Kommission autorisierte Begleitpersonen zur Teilnahme an Sweeps einladen.

Artikel 30

Koordinierung sonstiger Tätigkeiten zur Förderung der Ermittlungen und der Durchsetzung

(1)   Soweit es zur Verwirklichung des Ziels dieser Verordnung erforderlich ist, informieren die Mitgliedstaaten einander und die Kommission über ihre Tätigkeiten in den folgenden Bereichen:

a)

Schulung ihrer Beamten, die an der Anwendung dieser Verordnung beteiligt sind;

b)

Erfassung, Klassifizierung und Austausch von Daten über Verbraucherbeschwerden;

c)

Aufbau sektorspezifischer Netze von Beamten;

d)

Entwicklung von Informations- und Kommunikationsmitteln; und

e)

gegebenenfalls Entwicklung von Standards, Methoden und Leitlinien zur Anwendung der Verordnung.

(2)   Soweit es zur Verwirklichung des Ziels dieser Verordnung erforderlich ist, können die Mitgliedstaaten die Tätigkeiten in den in Absatz 1 aufgeführten Bereichen koordinieren und gemeinsam organisieren.

Artikel 31

Austausch von Beamten zwischen zuständigen Behörden

(1)   Die zuständigen Behörden können an Austauschprogrammen von Beamten anderer Mitgliedstaaten zur Verbesserung der Zusammenarbeit teilnehmen. Die zuständigen Behörden ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um den Beamten aus anderen Mitgliedstaaten eine wirksame Rolle bei den Tätigkeiten der zuständigen Behörde zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sind diese Beamten befugt, die ihnen von der jeweiligen zuständigen Gastbehörde übertragenen Aufgaben gemäß dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats auszuführen.

(2)   Während des Austauschs gelten für die zivil- und strafrechtliche Haftung der Beamten dieselben Bestimmungen wie für die Beamten der zuständigen Gastbehörde. Die Beamten anderer Mitgliedstaaten müssen die beruflichen Standards und angemessene interne Verhaltensregeln der zuständigen Gastbehörde einhalten. Diese Verhaltensregeln gewährleisten insbesondere den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, ein faires Verfahren und die Einhaltung der Vorschriften über Vertraulichkeit und Berufs- und Geschäftsgeheimnisse nach Artikel 33.

Artikel 32

Internationale Zusammenarbeit

(1)   Soweit es zur Verwirklichung des Ziels dieser Verordnung erforderlich ist, arbeitet die Union mit Drittländern und mit den zuständigen internationalen Organisationen in den von dieser Verordnung abgedeckten Bereichen zum Schutz der Verbraucherinteressen zusammen. Die Union und die betroffenen Drittländer können Abkommen über Regelungen zur Zusammenarbeit schließen, einschließlich der Festlegung von Regelungen für Amtshilfe, den Austausch vertraulicher Informationen und Austauschprogramme für Bedienstete.

(2)   Die Abkommen zwischen der Union und Drittländern über die Zusammenarbeit und Amtshilfe zum Schutz und zur Förderung der Verbraucherinteressen müssen den einschlägigen Datenschutzvorschriften für die Weitergabe personenbezogener Daten an Drittländer entsprechen.

(3)   Wenn eine zuständige Behörde Informationen von einer Behörde aus einem Drittland entgegen nimmt, die für die zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten möglicherweise relevant sind, leitet sie die Informationen an diese zuständigen Behörden weiter, sofern das nach den bilateralen anwendbaren Amtshilfeabkommen mit diesem betreffenden Drittland zulässig ist und sofern das Unionsrecht über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten eingehalten wird.

(4)   Die im Rahmen dieser Verordnung übermittelten Informationen können von einer zuständigen Behörde auch an eine Behörde eines Drittlands im Rahmen eines Amtshilfeabkommens mit diesem Drittland übermittelt werden, sofern die Einwilligung der zuständigen Behörde, von der die Informationen ursprünglich stammen, eingeholt wurde und das Unionsrecht über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten eingehalten wird.

KAPITEL VI

GEMEINSAME REGELUNGEN

Artikel 33

Verwendung und Offenlegung von Informationen sowie von Berufs- und Geschäftsgeheimnissen

(1)   Die Informationen, die im Rahmen der Anwendung dieser Verordnung von den zuständigen Behörden und der Kommission gesammelt oder ihnen übermittelt wurden, dürfen ausschließlich zur Sicherstellung der Einhaltung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen verwendet werden.

(2)   Die Informationen nach Absatz 1 sind vertraulich zu behandeln; ihre Nutzung und Offenlegung darf nur unter gebührender Berücksichtigung der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich der Geschäftsgeheimnisse und des geistigen Eigentums, erfolgen.

(3)   Dennoch dürfen die zuständigen Behörden nach vorheriger Konsultation der zuständigen Behörde, die die Informationen bereitgestellt hat, die erforderlichen Informationen offenlegen, um

a)

Verstöße nach dieser Verordnung nachzuweisen; oder

b)

die Einstellung oder Untersagung von Verstößen nach dieser Verordnung zu bewirken.

Artikel 34

Verwendung von Beweismaterial und Ermittlungsergebnissen

Die zuständigen Behörden dürfen alle ihnen übermittelten Informationen, Unterlagen, Erkenntnisse, Erklärungen, beglaubigten Kopien und Ermittlungsergebnisse — unabhängig von ihrem Speichermedium — in gleicher Weise als Beweismittel verwenden wie entsprechende im eigenen Mitgliedstaat beschaffte Unterlagen.

Artikel 35

Elektronische Datenbank

(1)   Die Kommission richtet eine elektronische Datenbank für sämtliche Mitteilungen zwischen zuständigen Behörden, zentralen Verbindungsstellen und der Kommission im Rahmen dieser Verordnung ein und unterhält diese. Alle über die elektronische Datenbank übermittelten Informationen werden in dieser Datenbank gespeichert und verarbeitet. Die Datenbank ist für zuständige Behörden, zentrale Verbindungsstellen und die Kommission unmittelbar zugänglich.

(2)   Informationen, die von Einrichtungen bereitgestellt werden, die nach Artikel 27 Absatz 1 oder 2 eine externe Warnmeldung abgeben, werden in der elektronischen Datenbank gespeichert und verarbeitet. Diese Einrichtungen haben jedoch keinen Zugriff auf die Datenbank.

(3)   Wenn eine zuständige Behörde, benannte Stelle oder andere Einrichtung, die eine Warnmeldung im Sinne des Artikels 27 Absatz 1 oder 2 abgibt, feststellt, dass sich eine nach Artikel 26 oder Artikel 27 von ihr abgegebene Warnmeldung über einen Verstoß später als unbegründet erwiesen hat, zieht sie diese Warnmeldung zurück. Die Kommission löscht die relevanten Informationen unverzüglich aus der Datenbank und informiert die Beteiligten über die Gründe für diese Maßnahme.

Die Daten über einen Verstoß werden in der elektronischen Datenbank nicht länger gespeichert, als es für die Zwecke, für die sie erhoben und verarbeitet wurden, erforderlich ist, jedoch nicht länger als fünf Jahre ab dem Tag, an dem

a)

eine ersuchte Behörde der Kommission nach Artikel 12 Absatz 2 die Einstellung eines Verstoßes innerhalb der Union meldet;

b)

der Koordinator den Abschluss der koordinierten Aktion nach Artikel 22 Absatz 1 meldet; oder

c)

in allen anderen Fällen die Informationen in die Datenbank eingegeben wurden.

(4)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung der praktischen und operativen Modalitäten für die Funktionsweise der elektronischen Datenbank. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 38 Absatz 2 erlassen.

Artikel 36

Verzicht auf die Erstattung von Auslagen

(1)   Die Mitgliedstaaten verzichten auf alle Forderungen auf Erstattung von Auslagen, die in Anwendung dieser Verordnung entstanden sind.

(2)   Ungeachtet des Absatzes 1 haftet in Bezug auf Durchsetzungsersuchen nach Artikel 12 der Mitgliedstaat der ersuchenden Behörde dem Mitgliedstaat der ersuchten Behörde für Kosten und Verluste, die infolge von Maßnahmen entstanden sind, die von einem Gericht bei der Beurteilung des Vorliegens des entsprechenden Verstoßes zurückgewiesen und als unbegründet angesehen wurden.

Artikel 37

Prioritätensetzung bei der Durchsetzung

(1)   Bis zum 17. Januar 2020 und danach alle zwei Jahre tauschen die Mitgliedstaaten untereinander und mit der Kommission Informationen über ihre Durchsetzungsprioritäten bei der Anwendung dieser Verordnung aus.

Diese Informationen umfassen

a)

Informationen über Markttrends, die die Verbraucherinteressen in dem betreffenden Mitgliedstaat und in anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnten;

b)

eine Übersicht über Maßnahmen, die nach dieser Verordnung in den vorangegangenen zwei Jahren durchgeführt wurden, insbesondere Ermittlungs- und Durchsetzungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den weitverbreiteten Verstößen;

c)

die Statistiken, die durch Warnmeldungen nach Artikel 26 ausgetauscht werden;

d)

die vorläufigen Schwerpunkte für die Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen für die nächsten zwei Jahre in dem betreffenden Mitgliedstaat; und

e)

die vorgeschlagenen Schwerpunkte für die Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen für die nächsten zwei Jahre.

(2)   Unbeschadet des Artikels 33 erstellt die Kommission alle zwei Jahre eine Übersicht über die Informationen gemäß Absatz 1 Buchstaben a, b und c und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament hierüber.

(3)   Im Fall des Eintretens wesentlich veränderter Umstände oder Marktbedingungen in den zwei Jahren nach der Einreichung ihrer letzten Durchsetzungsprioritäten aktualisieren die Mitgliedstaaten ihre Durchsetzungsprioritäten und unterrichten die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission hierüber.

(4)   Die Kommission fasst die von den Mitgliedstaaten nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels vorgelegten Durchsetzungsprioritäten zusammen und erstattet dem in Artikel 38 Absatz 1 genannten Ausschuss jährlich Bericht, um die Prioritätensetzung bei den Maßnahmen im Rahmen dieser Verordnung zu erleichtern. Die Kommission tauscht ferner mit den Mitgliedstaaten bewährte Verfahren und Benchmarks aus, insbesondere zur Entwicklung von Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 38

Ausschuss

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Artikel 39

Benachrichtigungen

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut aller Bestimmungen des nationalen Rechts mit, die sie in den unter diese Verordnung fallenden Bereichen erlassen, sowie den Wortlaut aller Abkommen — außer solcher, die sich auf Einzelfälle beziehen —, die sie in den unter diese Verordnung fallenden Bereichen schließen.

Artikel 40

Berichterstattung

(1)   Bis zum 17. Januar 2023 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vor.

(2)   Dieser Bericht enthält eine Evaluierung der Anwendung dieser Verordnung, einschließlich einer Bewertung der Wirksamkeit der Durchsetzung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen nach dieser Verordnung, insbesondere in Bezug auf die Befugnisse der zuständigen Behörden gemäß Artikel 9; ferner wird darin insbesondere geprüft, wie sich die Einhaltung des Unionsrechts zum Schutz der Verbraucherinteressen durch Unternehmer in wichtigen, durch den grenzüberschreitenden Handel betroffenen Verbrauchermärkten entwickelt hat.

Diesem Bericht wird erforderlichenfalls ein Gesetzgebungsvorschlag beigefügt.

Artikel 41

Aufhebung

Die Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 wird mit Wirkung vom 17. Januar 2020 aufgehoben.

Artikel 42

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab 17. Januar 2020.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 34 vom 2.2.2017, S. 100.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 14. November 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 30. November 2017.

(3)  Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“) (ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1).

(4)  Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

(7)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(8)  Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI des Rates (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 89).

(9)  Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 34).

(10)  Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 214).

(11)  Verordnung Nr. 1 des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385).

(12)  Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30).


ANHANG

In Artikel 3 Nummer 1 genannte Richtlinien und Verordnungen

1.

Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95 vom 21.4.1993, S. 29).

2.

Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse (ABl. L 80 vom 18.3.1998, S. 27).

3.

Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. L 171 vom 7.7.1999, S. 12).

4.

Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) (ABl. L 178 vom 17.7.2000, S. 1).

5.

Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67): Artikel 86 bis 100.

6.

Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) (ABl. L 201 vom 31.7.2002, S. 37): Artikel 13.

7.

Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. L 271 vom 9.10.2002, S. 16).

8.

Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. L 46 vom 17.2.2004, S. 1).

9.

Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).

10.

Verordnung (EG) Nr. 1107/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität (ABl. L 204 vom 26.7.2006, S. 1).

11.

Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21): Artikel 1, Artikel 2 Buchstabe c und Artikel 4 bis 8.

12.

Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36): Artikel 20.

13.

Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 14).

14.

Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).

15.

Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (ABl. L 293 vom 31.10.2008, S. 3): Artikel 22, 23 und 24.

16.

Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (ABl. L 33 vom 3.2.2009, S. 10).

17.

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1): Artikel 9, 10, 11 und Artikel 19 bis 26.

18.

Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1).

19.

Verordnung (EU) Nr. 181/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 1).

20.

Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).

21.

Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 63): Artikel 13.

22.

Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) (ABl. L 165 vom 18.6.2013, S. 1): Artikel 14.

23.

Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 60 vom 28.2.2014, S. 34): Artikel 10, 11, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 21, 22 und 23, Kapitel 10 sowie Anhänge I und II.

24.

Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 214): Artikel 3 bis 18 und Artikel 20 Absatz 2.

25.

Richtlinie (EU) 2015/2302 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl. L 326 vom 11.12.2015, S. 1).

26.

Verordnung (EU) 2017/1128 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 1).


27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/27


VERORDNUNG (EU) 2017/2395 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf Übergangsbestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen der Einführung des IFRS 9 auf die Eigenmittel und zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor als Großkredite

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 24. Juli 2014 veröffentlichte das International Accounting Standards Board den International Financial Reporting Standard (IFRS) 9 Finanzinstrumente (im Folgenden „IFRS 9“). Der IFRS 9 soll die Rechnungslegung für Finanzinstrumente verbessern, indem Schwierigkeiten angegangen werden, die während der Finanzkrise in diesem Bereich zutage getreten sind. Insbesondere wird mit dem IFRS 9 dem von den G20 vorgegebenen Ziel Rechnung getragen, sich einem stärker zukunftsorientierten Modell für die Anerkennung erwarteter Kreditverluste aus finanziellen Vermögenswerten zuzuwenden. In Bezug auf den Ausweis erwarteter Kreditverluste aus finanziellen Vermögenswerten ersetzt der IFRS 9 den internationalen Rechnungslegungsstandard IAS 39.

(2)

Die Kommission hat den IFRS 9 durch die Verordnung (EU) 2016/2067 der Kommission (4) übernommen. Gemäß der genannten Verordnung wird von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (im Folgenden „Institute“), die zur Aufstellung ihres Abschlusses die IFRS anwenden, verlangt, den IFRS 9 mit Beginn ihres ersten am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden.

(3)

Die Anwendung des IFRS 9 könnte dazu führen, dass die Rückstellungen für erwartete Kreditverluste plötzlich signifikant ansteigen und in der Folge das harte Kernkapital der Institute plötzlich zurückgeht. Während der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht sich derzeit mit der längerfristigen regulatorischen Behandlung von Rückstellungen für erwartete Kreditverluste befasst, sollten Übergangsbestimmungen in die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) aufgenommen werden, die, diese potenziell signifikant negativen Auswirkungen einer Rechnungslegung, bei der erwartete Kreditverluste einbezogen werden, auf das harte Kernkapital zu verringern.

(4)

In seiner Entschließung vom 6. Oktober 2016 zu dem Thema „Internationale Rechnungslegungsstandards: IFRS 9“ (6), forderte das Europäische Parlament eine progressive Einführung, wodurch die Auswirkungen des neuen Wertminderungsmodells des IFRS 9 verringert würden.

(5)

Wenn die Eröffnungsbilanz eines Instituts an dem Tag, an dem das Institut erstmals den IFRS 9 anwendet, einen Rückgang des harten Kernkapitals infolge von erhöhten Rückstellungen für erwartete Kreditverluste — einschließlich der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste für finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität im Sinne des Anhangs A zu IFRS 9 gemäß dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 (7) der Kommission („Anhang zu IFRS 9“) — im Vergleich zur Schlussbilanz zum vorangegangenen Tag widerspiegelt, sollte es dem Institut erlaubt werden, einen Anteil der erhöhten Rückstellungen für erwartete Kreditverluste für einen Übergangszeitraum in sein hartes Kernkapital einzubeziehen. Die Dauer dieses Übergangszeitraums sollte höchstens fünf Jahre betragen und 2018 beginnen. Der Anteil der Rückstellungen für erwartete Kreditverluste, der in das harte Kernkapital miteinbezogen werden kann, sollte im Laufe der Zeit auf Null zurückgehen, damit an dem Tag, der unmittelbar auf das Ende des Übergangszeitraums folgt, die volle Umsetzung des IFRS 9 erreicht ist. Die Auswirkungen der Rückstellungen für erwartete Kreditverluste auf das harte Kernkapital sollten während des Übergangszeitraums nicht vollständig neutralisiert werden.

(6)

Die Institute sollten entscheiden, ob sie diese Übergangsbestimmungen anwenden, und die zuständige Behörde entsprechend unterrichten. Während des Übergangszeitraums sollte ein Institut die Möglichkeit haben, seine erste Entscheidung einmal rückgängig zu machen, jedoch nur nach vorheriger Erlaubnis der zuständigen Behörde, die sicherstellen sollte, dass eine solche Entscheidung nicht durch Aufsichtsarbitrageerwägungen bestimmt ist.

(7)

Da Rückstellungen für erwartete Kreditverluste, die nach dem Tag, an dem das Institut erstmals den IFRS 9 anwendet, entstanden sind, aufgrund einer Verschlechterung der makroökonomischen Aussichten unerwartet ansteigen könnten, sollte den Instituten in solchen Fällen eine zusätzliche Entlastung gewährt werden.

(8)

Von Instituten, die entscheiden, die Übergangsbestimmungen zur Abfederung der Auswirkungen der Rückstellungen für erwartete Kreditverluste auf das harte Kernkapital anzuwenden, sollte verlangt werden, dass sie die Berechnung der direkt von den Rückstellungen für erwartete Kreditverluste betroffenen regulatorischen Posten anpassen, um sicherzustellen, dass die Eigenmittelanforderungen für diese Institute nicht unangemessen gelockert werden. Beispielsweise sollten die spezifischen Kreditrisikoanpassungen, um die der Risikopositionswert nach dem Standardansatz für das Kreditrisiko verringert wird, um einen Faktor verringert werden, der zu einem Anstieg des Risikopositionswerts führt. Hierdurch würde sichergestellt, dass einem Institut nicht gleichzeitig eine Erhöhung seines harten Kernkapitals aufgrund von Übergangsbestimmungen und ein verringerter Risikopositionswert zugute kommen würde.

(9)

Die Institute, die entscheiden, die in dieser Verordnung festgelegten Übergangsbestimmungen im Zusammenhang mit dem IFRS 9 anzuwenden, sollten ihre Eigenmittel, ihre Kapitalquoten und ihre Verschuldungsquote offenlegen, und zwar sowohl mit als auch ohne Anwendung dieser Übergangsbestimmungen, damit die Öffentlichkeit die Auswirkungen der genannten Bestimmungen nachvollziehen kann.

(10)

Es ist außerdem angebracht, Übergangsbestimmungen für die Ausnahme von der Obergrenze für Großkredite vorzusehen, die für Risikopositionen bestimmter öffentlicher Schuldtitel der Mitgliedstaaten gilt, die auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lauten. Die Dauer des Übergangszeitraums sollte drei Jahre ab 1. Januar 2018 für Risikopositionen dieser Art, die am 12. Dezember 2017 oder danach entstanden sind, betragen, während für Risikopositionen dieser Art, die vor diesem Tag entstanden sind, Bestandsschutz gelten sollte und diese weiterhin unter die Ausnahme für Großkredite fallen sollten.

(11)

Um die Anwendung der Übergangsbestimmungen gemäß dieser Verordnung ab dem 1. Januar 2018 zu ermöglichen, sollte diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

(12)

Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 wird wie folgt geändert:

1.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 473a

Einführung des IFRS 9

(1)   Abweichend von Artikel 50 und bis zum Ablauf der Übergangsphase gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels können folgende Institute den Betrag gemäß dem vorliegenden Absatz in ihr hartes Kernkapital einrechnen:

a)

Institute, die ihre Abschlüsse nach den internationalen Rechnungslegungsstandards aufstellen, welche nach dem Verfahren des Artikels 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 angenommen wurden;

b)

Institute, die gemäß Artikel 24 Absatz 2 der vorliegenden Verordnung die Bewertung von Vermögenswerten und außerbilanziellen Posten und die Ermittlung der Eigenmittel nach internationalen Rechnungslegungsstandards vornehmen, die nach dem in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 festgelegten Verfahren angenommen wurden;

c)

Institute, die die Bewertung von Vermögenswerten und außerbilanziellen Posten im Einklang mit Rechnungslegungsstandards gemäß der Richtlinie 86/635/EWG vornehmen und die ein Modell für erwartete Kreditverluste verwenden, das mit demjenigen identisch ist, das bei den nach dem in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 festgelegten Verfahren angenommenen internationalen Rechnungslegungsstandards verwendet wird.

Der Betrag gemäß Unterabsatz 1 wird als Summe der folgenden Beträge berechnet:

a)

für Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 2 unterliegen, der anhand folgender Formel berechnete Betrag (ABSA):

Formula

wobei

A2,SA = der nach Absatz 2 berechnete Betrag;

A4,SA = der nach Absatz 4 berechnete Betrag, der auf den nach Absatz 3 berechneten Beträgen basiert;

f= der in Absatz 6 festgelegte anwendbare Faktor;

t= Erhöhung des harten Kernkapitals aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beträge A2,SA und A4,SA.

b)

für Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 3 unterliegen, der anhand folgender Formel berechnete Betrag (ABIRB):

Formula

wobei

A2,IRB = der nach Absatz 2 berechnete Betrag, der nach Absatz 5 Buchstabe a angepasst wurde;

A4,IRB = der nach Absatz 4 berechnete Betrag, der auf den nach Absatz 3 berechneten Beträgen basiert, die nach Absatz 5 Buchstaben b und c angepasst wurden;

f= der in Absatz 6 festgelegte anwendbare Faktor;

t= Erhöhung des harten Kernkapitals aufgrund der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Beträge A2,IRB und A4,IRB.

(2)   Die Institute berechnen die in Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a und b genannten Beträge A2,SA und A2,IRB jeweils als den höheren der unter den Buchstaben a und b des vorliegenden Absatzes genannten Beträge getrennt für ihre Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 2 unterliegen, und für ihre Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 3 unterliegen.:

a)

Null;

b)

der Betrag, berechnet nach Ziffer i, abzüglich des nach Ziffer ii berechneten Betrags:

i)

die Summe aus den erwarteten 12-Monats-Kreditverlusten, die nach Abschnitt 5.5.5 des IFRS 9 gemäß dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1126/2008der Kommission („Anhang zu IFRS 9“) ermittelt wurden, und dem Betrag der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste, die nach Abschnitt 5.5.3 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, zum 1. Januar 2018 oder am Tag der ersten Anwendung des IFRS 9;

ii)

der Gesamtbetrag der Wertminderungsaufwendungen für als Kredite und Forderungen eingestufte finanzielle Vermögenswerte, bis zur Endfälligkeit gehaltene Finanzinvestitionen und zur Veräußerung verfügbare finanzielle Vermögenswerte gemäß IAS 39 Absatz 9 mit Ausnahme von Eigenkapitalinstrumenten und Anteilen an Organismen für gemeinsame Anlagen, ermittelt gemäß den Paragraphen 63, 64, 65, 67, 68 und 70 des IAS 39 im Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 vom 31. Dezember 2017 oder am Tag vor dem Tag der ersten Anwendung des IFRS 9.

(3)   Die Institute berechnen den Betrag, um den der Betrag nach Buchstabe a den Betrag nach Buchstabe b des vorliegenden Absatzes übersteigt getrennt für ihre Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 2 unterliegen, und für ihre Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 3 unterliegen:

a)

Summe aus den erwarteten 12-Monats-Kreditverlusten, die nach Abschnitt 5.5.5 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, und dem Betrag der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste, die nach Abschnitt 5.5.3 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, mit Ausnahme der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste für finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität im Sinne des Anhangs A des Anhangs zu IFRS 9 zum Tag der Meldung;

b)

Summe aus den erwarteten 12-Monats-Kreditverlusten, die nach Abschnitt 5.5.5 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, und dem Betrag der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste, die nach Abschnitt 5.5.3 des Anhangs zu IFRS 9ermittelt wurden, mit Ausnahme der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste für finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität im Sinne des Anhangs A des Anhangs zu IFRS 9ab dem 1. Januar 2018 oder am Tag der ersten Anwendung des IFRS 9.

(4)   Für Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 2 unterliegen und bei denen der nach Absatz 3 Buchstabe a festgelegte Betrag den in Absatz 3 Buchstabe b festgelegten Betrag übersteigt, setzen die Institute A4,SA der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen gleich; andernfalls setzen sie A4,SA gleich Null.

Für Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 3 unterliegen und bei denen der nach Absatz 3 Buchstabe a festgelegte Betrag nach Anwendung von Absatz 5 Buchstabe b den Betrag für diese Risikopositionen wie in Absatz 3 Buchstabe b festgelegt nach Anwendung von Absatz 5 Buchstabe c übersteigt, setzen die Institute A4,IRB der Differenz zwischen diesen beiden Beträgen gleich; andernfalls setzen sie A4,IRB gleich Null.

(5)   Für Risikopositionen, die der Risikogewichtung nach Teil 3 Titel II Kapitel 3 unterliegen, wenden die Institute die Absätze 2 bis 4 wie folgt an:

a)

Für die Berechnung von A2,IRB ziehen die Institute von jedem der nach Absatz 2 Buchstabe b Ziffern i und ii des vorliegenden Artikels berechneten Beträge die Summe der gemäß Artikel 158 Absätze 5, 6, und 10 berechneten erwarteten Verlustbeträge zum 31. Dezember 2017 oder am Tag vor dem Tag der ersten Anwendung des IFRS 9 ab. Ergibt die Berechnung für den in Absatz 2 Buchstabe b Ziffer i des vorliegenden Artikels genannten Betrag eine negative Zahl, so setzt das Institut den Wert dieses i Betrags gleich Null. Ergibt die Berechnung für den in Absatz 2 Buchstabe b Ziffer ii des vorliegenden Artikels genannten Betrag eine negative Zahl, so setzt das Institut den Wert dieses Betrags gleich Null.

b)

Die Institute ersetzen den gemäß Absatz 3 Buchstabe a des vorliegenden Artikels berechneten Betrag durch die Summe aus den erwarteten 12-Monats-Kreditverlusten, die nach Abschnitt 5.5.5 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, und dem Betrag der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste, die nach Abschnitt 5.5.3 des Anhangs zu IFRS 9 ermittelt wurden, mit Ausnahme der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste für finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität im Sinne des Anhangs A zu IFRS 9, abzüglich der Summe der damit zusammenhängenden erwarteten Verlustbeträge für dieselben Risikopositionen, die gemäß Artikel 158 Absätze 5, 6, und 10 berechnet werden, zum Tag der Meldung. Ergibt die Berechnung eine negative Zahl, so setzt das Institut den Wert des Betrags nach Absatz 3 Buchstabe a des vorliegenden Artikels gleich Null.

c)

Die Institute ersetzen den gemäß Absatz 3 Buchstabe b des vorliegenden Artikels berechneten Betrag durch die Summe aus den erwarteten 12-Monats-Kreditverlusten, die nach Abschnitt 5.5.5 des Anhangs zu IFRS 9ermittelt wurden, und dem Betrag der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste, die nach Abschnitt 5.5.3 des Anhangs zu EFRS 9 ermittelt wurden, mit Ausnahme der Wertberichtigung für die über die Laufzeit erwarteten Kreditverluste für finanzielle Vermögenswerte mit beeinträchtigter Bonität im Sinne des Anhangs A zu IFRS 9 ab dem 1. Januar 2018 oder zum Tag der ersten Anwendung des IFRS 9, abzüglich der Summe der damit zusammenhängenden erwarteten Verlustbeträge für dieselben Risikopositionen, die gemäß Artikel 158 Absätze 5, 6, und 10 berechnet werden. Ergibt die Berechnung eine negative Zahl, so setzt das Institut den Wert des Betrags nach Absatz 3 des vorliegenden Artikels Buchstabe b gleich Null.

(6)   Die Institute berechnen die in Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstaben a und b genannten Beträge ABSA und ABIRB mittels folgender Faktoren:

a)

0,95 im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018,

b)

0,85 im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2019,

c)

0,7 im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2020,

d)

0,5 im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2021,

e)

0,25 im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2022.

Institute, deren Geschäftsjahr nach dem 1. Januar 2018, aber vor dem 1. Januar 2019 beginnt, passen die in Unterabsatz 1 Buchstaben a bis e genannten Daten an ihr Geschäftsjahr an, melden der zuständigen Behörde die angepassten Daten und legen sie offen.

Institute, die die in Absatz 1 genannten Rechnungslegungsstandards am oder 1. Januar 2019 oder danach anzuwenden beginnen, wenden die relevanten Faktoren entsprechend den Buchstaben b bis e des Unterabsatzes 1 beginnend mit dem Faktor an, der dem Jahr der ersten Anwendung dieser Rechnungslegungsstandards entspricht.

(7)   Bezieht ein Institut einen Betrag nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels in sein hartes Kernkapital ein, so nimmt es eine Neuberechnung aller Anforderungen nach dieser Verordnung und nach der Richtlinie 2013/36/EU vor, bei denen einer der folgenden Posten zur Anwendung kommt, ohne die Auswirkungen zu berücksichtigen, die die Rückstellungen für erwartete Kreditverluste, die es in sein hartes Kernkapital einbezogen hat, auf diese Posten haben:

a)

Betrag der latenten Steueransprüche, der nach Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe c vom harten Kernkapital abgezogen wird oder nach Artikel 48 Absatz 4 ein Risikogewicht erhält;

b)

Risikopositionswert, der gemäß Artikel 111 Absatz 1 ermittelt wird, wobei die spezifischen Kreditrisikoanpassungen, um die der Risikopositionswert verringert wird, mit dem folgenden Skalierungsfaktor (sf) multipliziert werden:

Formula

wobei gilt:

ABSA = der nach Absatz 1 Unterabsatz 2 Buchstabe a berechnete Betrag;

RASA = der Gesamtbetrag der spezifischen Kreditrisikoanpassungen.

c)

Betrag der nach Artikel 62 Buchstabe d berechneten Ergänzungskapitalposten.

(8)   Während des in Absatz 6 des vorliegenden Artikels genannten Zeitraums legen die Institute, die sich entschieden haben, die Übergangsbestimmungen gemäß diesem Artikel anzuwenden, zusätzlich zur Offenlegung der Informationen, die gemäß Teil 8 verlangt wird, die Beträge der Eigenmittel, des harten Kernkapitals und des Kernkapitals, der harten Kernkapitalquote, der Kernkapitalquote, der Gesamtkapitalquote und der Verschuldungsquote offen, die sie hätten, wenn sie diesen Artikel nicht anwenden würden.

(9)   Ein Institut entscheidet, ob es die im vorliegenden Artikel festgelegte Regelungen während des Übergangszeitraums anwendet, und unterrichtet die zuständige Behörde bis zum 1. Februar 2018 über seine Entscheidung. Hat ein Institut die vorherige Erlaubnis der zuständigen Behörde erhalten, so kann es seine ursprüngliche Entscheidung während der Übergangszeit ein Mal rückgängig machen. Die Institute legen jegliche im Einklang mit diesem Unterabsatz getroffene Entscheidung offen.

Ein Institut, das entschieden hat, die im vorliegenden Artikel festgelegte Übergangsbestimmungen anzuwenden, kann entscheiden, Absatz 4 nicht anzuwenden; in diesem Fall unterrichtet es die zuständige Behörde bis zum 1. Februar 2018 über seine Entscheidung. In diesem Fall setzt das Institut den Betrag A4 in Absatz 1 gleich Null. Hat ein Institut die vorherige Erlaubnis der zuständigen Behörde erhalten, so kann es seine ursprüngliche Entscheidung während der Übergangszeit ein Mal rückgängig machen Die Institute legen jegliche im Einklang mit diesem Unterabsatz getroffene Entscheidung offen.

(10)   Die EBA gibt nach Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 bis zum 30. Juni 2018 Leitlinien zu den Offenlegungsanforderungen nach diesem Artikel heraus.“

2.

In Artikel 493 werden folgende Absätze angefügt:

„(4)   Abweichend von Artikel 395 Absatz 1 können die zuständigen Behörden den Instituten gestatten, jede der in Absatz 5 des vorliegenden Artikels aufgeführten Risikopositionen, die die Voraussetzungen nach Absatz 6 des vorliegenden Artikels erfüllen, bis zu den folgenden Obergrenzen zu halten:

a)

100 % des Kernkapitals des Instituts bis zum 31. Dezember 2018;

b)

75 % des Kernkapitals des Instituts bis zum 31. Dezember 2019;

c)

50 % des Kernkapitals des Instituts bis zum 31. Dezember 2020.

Die in Unterabsatz 1 Buchstaben a, b und c genannten Höchstgrenzen gelten für Risikopositionswerte nach Berücksichtigung der Wirkung der Kreditrisikominderung gemäß den Artikeln 399 bis 403.

(5)   Die Übergangsbestimmungen nach Absatz 4 gelten für folgende Risikopositionen:

a)

Aktiva in Form von Forderungen an Zentralstaaten, Zentralbanken oder öffentliche Stellen der Mitgliedstaaten;

b)

Aktiva in Form von Forderungen, die von Zentralstaaten, Zentralbanken oder öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten ausdrücklich abgesichert sind;

c)

sonstige Risikopositionen, die gegenüber Zentralstaaten, Zentralbanken oder öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten bestehen oder von diesen abgesichert sind;

d)

Aktiva in Form von Forderungen an regionale oder lokale Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten, die nach Artikel 115 Absatz 2 wie Risikopositionen gegenüber dem Zentralstaat behandelt werden;

e)

sonstige Risikopositionen, die gegenüber regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten bestehen oder von diesen abgesichert sind und nach Artikel 115 Absatz 2 wie Risikopositionen gegenüber dem Zentralstaat behandelt werden.

Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 Buchstaben a, b und c gelten die Übergangsbestimmungen nach Absatz 4 des vorliegenden Artikels nur für Aktiva und sonstige Risikopositionen, die gegenüber öffentlichen Stellen bestehen oder von diesen abgesichert sind und nach Artikel 116 Absatz 4 wie Risikopositionen gegenüber dem Zentralstaat, einer regionalen oder einer lokalen Gebietskörperschaft behandelt werden. Werden Aktiva und sonstige Risikopositionen, die gegenüber öffentlichen Stellen bestehen oder von diesen abgesichert sind, nach Artikel 116 Absatz 4 wie Risikopositionen gegenüber einer regionalen oder einer lokalen Gebietskörperschaft behandelt, so sind die Übergangsbestimmungen nach Absatz 4 des vorliegenden Artikels nur zulässig, wenn die gegenüber dieser regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft bestehenden Risikopositionen nach Artikel 115 Absatz 2 wie Risikopositionen gegenüber dem Zentralstaat behandelt werden.

(6)   Die Übergangsbestimmungen nach Absatz 4 des vorliegenden Artikels gelten nur, wenn eine Risikoposition nach Absatz 5 des vorliegenden Artikels alle folgenden Bedingungen erfüllt:

a)

Der Risikoposition würde nach Artikel 495 Absatz 2 in seiner am 31. Dezember 2017 geltenden Fassung ein Risikogewicht von 0 % zugewiesen;

b)

die Risikoposition entstand am oder nach dem 12. Dezember 2017.

(7)   Eine vor dem 12. Dezember 2017 entstandene Risikoposition nach Absatz 5 des vorliegenden Artikels, der am 31. Dezember 2017 nach Artikel 495 Absatz 2 ein Risikogewicht von 0 % zugewiesen wurde, ist von der Anwendung des Artikels 395 Absatz 1 ausgenommen.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Januar 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  Stellungnahme vom 8. November 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. C 209 vom 30.6.2017, S. 36.

(3)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 30. November 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Dezember 2017.

(4)  Verordnung (EU) 2016/2067 der Kommission vom 22. November 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf International Financial Reporting Standard 9 (ABl. L 323 vom 29.11.2016, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(6)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1126/2008 der Kommission vom 3. November 2008 zur Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 320 vom 29.11.2008, S. 1).


27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/34


VERORDNUNG (EU) 2017/2396 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. Dezember 2017

zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1316/2013 und (EU) 2015/1017 im Hinblick auf die Verlängerung der Laufzeit des Europäischen Fonds für strategische Investitionen sowie die Einführung technischer Verbesserungen für den Fonds und die Europäische Plattform für Investitionsberatung

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 172 und 173, Artikel 175 Absatz 3 und Artikel 182 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Seit der Vorlage Mitteilung der Kommission „Eine Investitionsoffensive für Europa“ (im Folgenden „Investitionsoffensive“) am 26. November 2014 haben sich die Bedingungen für einen Investitionsanstieg verbessert; auch das Vertrauen in die Wirtschaft und das Wachstum in Europa kehren zurück. Mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2 % im Jahr 2015 verzeichnet die Union nun im vierten Jahr in Folge eine moderate Erholung; die Arbeitslosenquoten sind jedoch nach wie vor höher als vor der Krise. Wenngleich sich der Gesamtbeitrag des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) zum Wachstum derzeit noch nicht abschätzen lässt, da die makroökonomischen Auswirkungen größerer Investitionsvorhaben nicht unmittelbar spürbar sein können, tragen die mit der Investitionsoffensive angestoßenen umfassenden Anstrengungen bereits konkrete Früchte. Die Investitionstätigkeit hat sich 2017 allmählich erholt, auch wenn die Entwicklung weiterhin zögerlich verläuft und sie hinter ihren historischen Niveaus zurückbleibt.

(2)

Diese positive Investitionsdynamik sollte aufrechterhalten und die Anstrengungen sollten fortgeführt werden, um die Investitionen in der Weise zu einem langfristig tragfähigen Trend zurückzuführen, sodass sie die Realwirtschaft erreichen. Die Mechanismen der Investitionsoffensive haben sich bewährt und sollten nun so ausgebaut werden, dass sie weiter Privatinvestitionen in Sektoren zu mobilisieren, die für die Zukunft Europas von Bedeutung sind und in denen noch Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen bestehen, sodass wesentliche makroökonomische Auswirkungen erzielt und Arbeitsplätze geschaffen werden.

(3)

Am 1. Juni 2016 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Europa investiert wieder — Eine Bestandsaufnahme der Investitionsoffensive für Europa“, in der sie die bisherigen Ergebnisse der Investitionsoffensive und die geplanten nächsten Schritte darlegt, darunter die Verlängerung des EFSI über die ursprünglichen drei Jahre hinaus, die Aufstockung des Finanzierungsfensters für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) innerhalb des bestehenden Rahmens und der Ausbau der Europäischen Plattform für Investitionsberatung (EIAH).

(4)

Am 11. November 2016 nahm der Europäische Rechnungshof eine Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1316/2013 und (EU) 2015/1017 und zu der gemäß Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/1017 vorgenommenen Bewertung durch die Kommission mit dem Titel „Der Vorschlag zur Verlängerung und Aufstockung des EFSI ist verfrüht“ an.

(5)

Der von der Europäischen Investitionsbank (EIB)-Gruppe umgesetzte und mitfinanzierte EFSI ist aus quantitativer Sicht auf dem Weg, das Ziel der Mobilisierung von mindestens 315 000 000 000 EUR an zusätzlichen Investitionen in die Realwirtschaft bis Mitte 2018 zu erreichen. Besonders rasch waren die Marktreaktion und -aufnahme im Rahmen des KMU-Finanzierungsfensters: Hier übertrifft der EFSI deutlich alle Erwartungen, was auch darauf zurückzuführen ist, dass zunächst die vorhandenen Fazilitäten und Mandate des Europäischen Investitionsfonds (EIF) (InnovFin-KMU-Bürgschaftsfazilität, die COSME-Kreditbürgschaftsfazilität und das EIB-Risikokapitalmandat (RCR, Risk Capital Resources) genutzt wurden, um für einen zügigen Anlauf zu sorgen. Daher wurde das KMU-Finanzierungsfenster im Juli 2016 im Rahmen der geltenden Bestimmungen der Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) um 500 000 000 EUR aufgestockt. Aufgrund der außergewöhnlichen Nachfrage nach Finanzierungen für KMU im Rahmen des EFSI muss ein größerer Anteil der Finanzierung an KMU gerichtet werden. Unter diesem Aspekt sollten 40 % der erhöhten Risikoübernahmekapazität des EFSI darauf verwendet werden, den Zugang von KMU zu Finanzierungen auszuweiten.

(6)

Am 28. Juni 2016 kam der Europäische Rat zu folgender Schlussfolgerung, dass die Investitionsoffensive für Europa und insbesondere der EFSI bereits konkrete Ergebnisse erbracht haben und ein wichtiger Schritt und Beitrag zur Mobilisierung von Privatinvestitionen sind, während gleichzeitig knappe Haushaltsmittel intelligent eingesetzt werden. Der Europäische Rat hat zur Kenntnis genommen, dass die Kommission beabsichtige, in Kürze Vorschläge für die Zukunft des EFSI vorzulegen, die vom Europäischen Parlament und vom Rat vorrangig geprüft werden müssten.

(7)

Der EFSI wurde zunächst für einen Zeitraum von drei Jahren geschaffen und sollte mindestens 315 000 000 000 EUR an Investitionen mobilisieren, wodurch das Ziel der Förderung des Wachstums und der Schaffung von Arbeitsplätzen unterstützt wird. Die Bestrebung, dieses übergeordnete Ziel zu erreichen, sollte die Zusätzlichkeit der gewählten Vorhaben jedoch nicht überlagern. Die Union spricht sich daher nicht nur für eine Verlängerung des Investitionszeitraums und Aufstockung der finanziellen Ausstattung des EFSI, sondern auch für eine stärkere Fokussierung auf die Zusätzlichkeit aus. Die Verlängerung fällt in den Zeitraum des aktuellen mehrjährigen Finanzrahmens und sollte bis 2020 zu mindestens 500 000 000 000 EUR an Investitionen führen. Um die Schlagkraft des EFSI noch weiter zu steigern und die angestrebte Verdoppelung des Investitionsziels zu erreichen, sollten auch die Mitgliedstaaten ihren Beiträgen Vorrang einräumen.

(8)

Wenn keine Maßnahmen zur Stärkung des Binnenmarkts und zur Schaffung eines günstigen Geschäftsumfelds erfolgen und keine sozial ausgewogenen und nachhaltigen Strukturreformen durchgeführt werden, können der EFSI und die Maßnahmen zu seiner Durchführung ihr Potenzial nicht vollständig entfalten. Zudem sind gut strukturierte Vorhaben im Rahmen von Investitions- und Entwicklungsplänen auf Ebene der Mitgliedstaaten für den Erfolg des EFSI von grundlegender Bedeutung.

(9)

Für die Zeit nach 2020 wird die Kommission die notwendigen Vorschläge unterbreiten, um zu gewährleisten, dass die strategischen Investitionen auf einem tragfähigen Niveau verbleiben. Jedem Gesetzgebungsvorschlag sollten die Schlussfolgerungen eines Berichts der Kommission und eine unabhängige Bewertung zugrunde liegen, die auch eine makroökonomische Beurteilung der Frage umfasst, ob die Beibehaltung eines Systems zur Förderung von Investitionen sinnvoll ist. In diesem Bericht und der unabhängigen Bewertung sollte, soweit zutreffend; auch die Anwendung der Verordnung (EU) 2015/1017 in der durch die vorliegende Verordnung geänderten Fassung während des verlängerten Durchführungszeitraums des EFSI geprüft werden.

(10)

Der mit dieser Verordnung verlängerte EFSI sollte es ermöglichen, verbleibendes Marktversagen und suboptimale Investitionsbedingungen auszugleichen und weiter mit stärkerem Augenmerk auf die Zusätzlichkeit Finanzmittel des Privatsektors für Investitionen zu mobilisieren, die für die künftige Schaffung von Arbeitsplätzen — unter anderem für Jugendliche — und das künftige Wachstum in Europa sowie für dessen Wettbewerbsfähigkeit von entscheidender Bedeutung sind. Die Investitionen betreffen Bereiche wie Energie, Umwelt und Klimaschutz, Sozial- und Humankapital und die dazugehörige Infrastruktur sowie Gesundheitsversorgung, Forschung und Innovation, grenzüberschreitenden und nachhaltigen Verkehr und digitalen Wandel. Insbesondere sollte der Beitrag der aus dem EFSI geförderten Vorhaben zur Erreichung der im Rahmen der 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) (COP 21) vereinbarten ehrgeizigen Ziele der Union und zur Einhaltung der Zusage der Union, den Ausstoß von Treibhausgasen um 80 bis 95 % zu senken, erhöht werden. Um der Klimaschutzkomponente im Rahmen des EFSI mehr Gewicht zu verleihen, sollte die EIB auf ihrer Erfahrung als einer der weltweit größten Geldgeber für den Klimaschutz aufbauen und auf ihre international vereinbarte, hochmoderne Methodik zur glaubwürdigen Ermittlung von klimapolitischen Komponenten oder Kostenteilungen zurückgreifen. Vorhaben sollten nicht künstlich so strukturiert werden, dass sie unter die wiedergegebenen Begriffsbestimmungen von KMU bzw. kleinen Unternehmen mit mittelgroßer Marktkapitalisierung fallen. Auch vorrangige Vorhaben in den Bereichen Energieverbundnetze und Energieeffizienz sollten vermehrt gefördert werden.

Darüber hinaus sollten EFSI-Förderungen für Autobahnen auf die Unterstützung privater und/oder öffentlicher Investitionen in Verkehrsvorhaben in Kohäsionsländern, weniger entwickelten Regionen oder in grenzüberschreitende Verkehrsvorhaben sowie auf Fälle beschränkt werden, in denen sie erforderlich sind, um die Straßenverkehrssicherheit auszubauen, aufrechtzuerhalten oder zu verbessern, Geräte für intelligente Verkehrssysteme (IVS) zu entwickeln, die Integrität und Standards bestehender Autobahnen (darunter sichere Parkplätze, Tankstellen für alternative saubere Kraftstoffe und elektrische Ladesysteme) im transeuropäischen Verkehrsnetz sicherzustellen oder zur Vervollständigung des transeuropäischen Verkehrsnetzes bis 2030, gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) und der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) beizutragen. Im digitalen Sektor sowie im Rahmen der ehrgeizigen Strategie der Union für die digitale Wirtschaft sollten neue Ziele für die digitale Infrastruktur festgelegt werden, um sicherzustellen, dass die digitale Kluft überwunden wird und die Union sich im neuen Zeitalter des sogenannten „Internets der Dinge“, der Blockchain-Technologie, der Cyber- und Netzwerksicherheit weltweit eine Vorreiterrolle sichern kann. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt es sich zu präzisieren, dass Vorhaben in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Fischerei und Aquakultur sowie andere Elemente der Bioökonomie im weiteren Sinne im Rahmen der allgemeinen Ziele für eine Förderung durch den EFSI in Frage kommen, auch wenn dies bereits der Fall ist.

(11)

Die Kultur- und Kreativwirtschaft spielt eine Schlüsselrolle bei der Reindustrialisierung Europas, ist ein Wachstumsmotor und nimmt eine strategische Position ein, sodass Innovationen in diesem Bereich Übertragungseffekte für andere Wirtschaftszweige wie Tourismus, Einzelhandel und digitale Technologien bewirken können. Neben dem mit der Verordnung(EU) Nr. 1295/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (7) eingerichteten Programm „Kreatives Europa“ und der mit ebenfalls mit der genannten Verordnung eingerichteten Bürgschaftsfazilität für die Kultur- und Kreativbranche sollte der EFSI dazu beitragen, den Kapitalmangel in diesen Wirtschaftszweigen zu überwinden, indem er die Unterstützung im Rahmen des Programms „Kreatives Europa“ und der Bürgschaftsfazilität für die Kultur- und Kreativbranche ergänzt, sodass diese risikoreichen Vorhaben in größerem Umfang finanziert werden können.

(12)

Auch Vorhaben, in die Unternehmen, die in der Union ansässig sind und über sie hinausreichen, eingebunden sind, sollten aus dem EFSI gefördert werden, wenn sie Investitionen in der Union fördern, insbesondere wenn sie grenzüberschreitende Elemente aufweisen. Die EIAH sollte proaktiv Unterstützung leisten, um solche Vorhaben zu fördern und zu stärken.

(13)

Der Zusätzlichkeit als einem wesentlichen Merkmal des EFSI sollte bei der Auswahl der Vorhaben erhöhte Aufmerksamkeit zukommen. Insbesondere sollten Maßnahmen nur dann für eine Unterstützung durch den EFSI in Frage kommen, wenn sie ein eindeutig ermitteltes Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen ausgleichen. Bei Vorhaben im Bereich der physischen Infrastruktur zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten im Rahmen des Finanzierungsfensters „Infrastruktur und Innovation“, auch im Bereich e-Infrastruktur — insbesondere Breitband-Infrastruktur —, sowie bei Dienstleistungen, die für die Schaffung, die Umsetzung, die Instandhaltung oder das Funktionieren der entsprechenden Infrastruktur notwendig sind, sollte angesichts ihrer Schwierigkeit und des hohen Mehrwerts für die Union angenommen werden, dass eine starke Zusätzlichkeit gegeben ist.

(14)

Der EFSI sollte im Regelfall auf Vorhaben ausgerichtet sein, die ein höheres Risiko aufweisen als Vorhaben, die im Rahmen der üblichen EIB-Geschäfte gefördert werden, und der EFSI-Investitionsausschuss (im Folgenden „Investitionsausschuss“) sollte bei der Bewertung der Zusätzlichkeit die Risiken berücksichtigen, die Investitionen im Wege stehen, wie etwa länder-, branchen- oder regionsspezifische Risiken sowie Risiken in Verbindung mit Innovationen, insbesondere solchen, die mit unerprobten Technologien zur Förderung von Wachstum, Nachhaltigkeit und Produktivität einhergehen.

(15)

Kombinierte Finanzierungstätigkeiten und/oder Mischfinanzierungen, die nicht rückzahlbare Unterstützungsleistungen und/oder Finanzierungsinstrumente aus dem Gesamthaushaltsplan der Union, etwa die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds oder Finanzierungen im Rahmen der aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 errichteten Fazilität „Connecting Europe“ (CEF) und Horizont 2020 — das durch die Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) eingeführten Rahmenprogramm für Forschung und Innovation, mit Finanzierungen der EIB-Gruppe, einschließlich der EIB-Finanzierung im Rahmen des EFSI, sowie anderer Investoren kombinieren, sollten — zur Gewährleistung einer umfassenderen geografischen Abdeckung des EFSI und zur Steigerung der Effizienz der EFSI-Maßnahmen — gefördert werden. Kombinierte Finanzierungen und/oder Mischfinanzierungen zielen darauf ab, den Mehrwert der Ausgaben der Union durch Mobilisierung zusätzlicher Mittel privater Investoren zu steigern und zu gewährleisten, dass die unterstützten Maßnahmen wirtschaftlich und finanziell tragfähig sind. Hierzu wurden parallel zur Vorlage des Vorschlags der Kommission für die vorliegende Verordnung aus den CEF-Finanzierungsinstrumenten Mittel in Höhe von 1 000 000 000 EUR an die Zuschusskomponente der CEF übertragen, um eine Kombination mit dem EFSI zu erleichtern. Im Februar 2017 wurde eine entsprechende Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für gemischte Vorhaben veröffentlicht. Weitere 145 000 000 EUR werden anderen einschlägigen Instrumenten zugewiesen, insbesondere solchen, die auf Energieeffizienz abzielen. Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um sicherzustellen, dass Unionsmittel und EFSI-Unterstützung problemlos miteinander kombiniert werden können. Die Kommission hat hierzu zwar bereits konkrete Leitlinien veröffentlicht, doch sollte das Vorgehen in der Frage der Kombination von Unionsmitteln EFSI im Hinblick darauf weiter ausgearbeitet werden, die Investitionen zu erhöhen, die durch die Hebelwirkung aufgrund der Kombination von Unionsmitteln und EFSI begünstigt werden, wobei potenzielle gesetzgeberische Entwicklungen zu berücksichtigen sind. Um die Wirtschaftlichkeit und eine angemessene Hebelwirkung zu gewährleisten, sollten solche kombinierten Finanzierungen 90 % der Gesamtkosten der Vorhaben für die weniger entwickelten Regionen und 80 % für alle übrigen Regionen grundsätzlich nicht übersteigen.

(16)

Um die Inanspruchnahme des EFSI in weniger entwickelten Regionen und Übergangsregionen zu erhöhen, sollten die allgemeinen Ziele, für die im Rahmen des EFSI Unterstützung gewährt werden kann, erweitert werden. Entsprechende Vorhaben wären nach wie vor durch den Investitionsausschuss zu prüfen; sie müssen denselben Förderkriterien für die Inanspruchnahme der durch die Verordnung (EU) 2015/1017 errichteten Garantie (im Folgenden „EU-Garantie“) einschließlich des Grundsatzes der Zusätzlichkeit unterliegen. Da es in Bezug auf die Größe der Vorhaben, die für eine Förderung durch den EFSI in Frage kommen, keine Einschränkungen geben sollte, sollten Projektträger bei kleineren Vorhaben nicht davon abgehalten werden, einen Antrag auf Finanzierung aus EFSI-Mitteln zu stellen. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die technische Hilfe zu stärken und den EFSI in weniger entwickelten Regionen und Übergangsregionen bekannter zu machen.

(17)

Investitionsplattformen sind ein wichtiges Instrument, um auf Marktversagen zu reagieren, was vor allem bei der Finanzierung mehrfacher, regionaler oder sektoraler Vorhaben, darunter auch Vorhaben im Bereich Energieeffizienz, sowie grenzübergreifender Vorhaben gilt. Es ist außerdem wichtig, Partnerschaften mit nationalen Förderbanken oder -instituten zu unterstützen, auch mit Blick auf die Einrichtung von Investitionsplattformen. Die Zusammenarbeit mit Finanzintermediären kann in dieser Hinsicht auch eine wichtige Rolle spielen. Mit der Begutachtung, Auswahl und Überwachung kleiner, untergeordneter Vorhaben sollte die EIB hierbei gegebenenfalls Finanzintermediäre oder genehmigte förderfähige Finanzvehikel beauftragen.

(18)

Im Fall, dass Finanzintermediäre oder genehmigte förderfähige Finanzvehikel mit der Begutachtung, Auswahl und Überwachung kleiner Vorhaben beauftragt werden, sollte sich der Investitionsausschuss nicht das Recht vorbehalten können, die Nutzung von EU-Garantien für untergeordnete Vorhaben im Rahmen entsprechender EIB-Finanzierungen und -Investitionen zu genehmigen, wenn der EFSI-Beitrag zu solchen kleinen, untergeordneten Vorhaben unter einem festgelegten Schwellenwert liegt. Der EFSI Lenkungsrat (im Folgenden „Lenkungsrat“) sollte gegebenenfalls Leitlinien dazu geben, wie der Investitionsausschuss bei der Bewertung von untergeordneten Vorhaben, die über dem genannten Schwellenwert liegen, verfahren sollte.

(19)

Die Union sollte über den gesamten Investitionszeitraum eine EU-Garantie bereitstellen, die zu keinem Zeitpunkt 26 000 000 000 EUR übersteigen sollte, um die Investitionsförderung aus dem EFSI zu ermöglichen; von diesem Betrag sollten höchstens 16 000 000 000 EUR vor dem 6. Juli 2018 verfügbar sein.

(20)

Es wird erwartet, dass die EFSI-Förderung dank der Kombination der EU-Garantie mit dem von der EIB bereitzustellenden Betrag von 7 500 000 000 EUR zu 100 000 000 000 EUR an zusätzlichen EIB- und EIF-Investitionen führen wird. Diese vom EFSI geförderten 100 000 000 000 EUR dürften bis 2020 wiederum mindestens 500 000 000 000 EUR an zusätzlichen Investitionen in die Realwirtschaft anstoßen.

(21)

Zur teilweisen Finanzierung des Beitrags aus dem Gesamthaushalt der Union an den EU-Garantiefonds für die zusätzlich zu tätigenden Investitionen sollte eine Mittelübertragung aus den verfügbaren Mitteln der CEF gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 sowie aus den Einnahmen und Rückzahlungen aus dem CEF- Fremdfinanzierungsinstrument und aus dem Europäischen Fonds 2020 für Energie, Klimaschutz und Infrastruktur (im Folgenden „Fonds Marguerite“) erfolgen. Für die Mittelübertragungen aus Einnahmen und Rückzahlungen ist eine Abweichung von Artikel 140 Absatz 6 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) erforderlich, um ihre Inanspruchnahme durch ein anderes Instrument zu genehmigen.

(22)

Auf der Grundlage der Erfahrungen mit den aus dem EFSI geförderten Investitionen sollte die Zielquote des EU-Garantiefonds auf 35 % der Gesamtgarantieverpflichtungen der EU festgelegt werden, um ein angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten.

(23)

Im Einklang mit dem außergewöhnlichen Bedarf an KMU-Finanzierungen im Rahmen des EFSI, der sich fortsetzen dürfte, sollte das KMU-Finanzierungsfenster erweitert werden. Besonderes Augenmerk sollte sozialen Unternehmen und sozialen Diensten gelten; dazu sollten auch neue Instrumente, die dem Bedarf und den Besonderheiten des Wirtschaftszweigs der sozialen Unternehmen und sozialen Dienste Rechnung tragen, entwickelt und eingesetzt werden.

(24)

Um die Sichtbarkeit der EU-Garantie zu steigern, sollten die EIB und der EIF sicherstellen, dass die Endbegünstigten, und unter anderem auch KMU, Kenntnis von der Möglichkeit einer EFSI-Förderung haben. In jeder Vereinbarung über die EFSI-Förderung sollte auf den EFSI deutlich verwiesen werden.

(25)

Um die Transparenz im Zusammenhang mit EFSI-Vorhaben zu steigern, sollte der Investitionsausschuss in seinen öffentlich zugänglichen Entscheidungen erläutern, aus welchen Gründen er der Auffassung ist, dass ein bestimmtes Vorhaben von der EU-Garantie erfasst werden sollte, und dabei besonders auf die Erfüllung des Kriteriums der Zusätzlichkeit eingehen. Die Bewertungsmatrix der Indikatoren sollte veröffentlicht werden, sobald ein Vorhaben im Rahmen der EU-Garantie unterzeichnet wird. Die Veröffentlichung sollte keine sensiblen Geschäftsinformationen enthalten.

(26)

Die Bewertungsmatrix sollte strikt im Einklang mit dieser Verordnung und mit der Delegierten Verordnung (EU) 2015/1558 der Kommission (10) und dem dazugehörigen Anhang als Instrument für eine unabhängige und transparente Bewertung für den Investitionsausschuss verwendet werden, damit die EU-Garantie vorrangig für Vorhaben verwendet wird, die höhere Bewertungen und einen Mehrwert bieten. Die EIB sollte eine Ex-ante-Berechnung der Bewertungskennziffern und Indikatoren vornehmen und die Ergebnisse nach Abschluss des Vorhabens überwachen.

(27)

Damit Vorhaben besser bewertet werden können. sollte der Lenkungsrat im Rahmen der strategischen Ausrichtung des EFSI für jede der Säulen der Bewertungsmatrix eine Mindestkennziffer festlegen.

(28)

Die einschlägige Unionspolitik in Bezug auf nicht kooperierende Länder und Gebiete für Steuerzwecke ist in den Rechtsakten der Union und den Schlussfolgerungen des Rates, insbesondere im Anhang der Schlussfolgerungen vom 8. November 2016, sowie nachträglichen Aktualisierungen festgelegt.

(29)

Die erforderliche Sorgfalt, die bei EIB-Investitionen und Finanzierungen im Rahmen dieser Verordnung zu walten hat, sollte eine eingehende Prüfung der Vereinbarkeit mit den geltenden Unionsrechtsvorschriften und den vereinbarten internationalen und Unionsstandards im Bereich Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung, Steuerbetrug und Steuerumgehung umfassen. Ferner sollte die EIB im Zusammenhang mit der EFSI-Berichterstattung nach Ländern aufgeschlüsselte Informationen über die Vereinbarkeit der EFSI-Vorhaben mit der Politik der EIB und des EIF in Bezug auf nicht kooperative Länder und Gebiete sowie die Liste der Intermediäre zur Verfügung stellen, mit denen die EIB und der EIF kooperieren.

(30)

Es ist angezeigt, einige technische Präzisierungen zum Inhalt der Vereinbarung über die Verwaltung des EFSI und über die Gewährung der EU-Garantie, zu den von der Vereinbarung erfassten Finanzierungsinstrumenten und zu den Modalitäten der Deckung von Wechselkursrisiken in die Verordnung aufzunehmen. Die Vereinbarung mit der EIB über die Verwaltung des EFSI und über die Gewährung der EU-Garantie sollte im Einklang mit dieser Verordnung angepasst werden.

(31)

Ungeachtet ihres Ziels, auf der Grundlage bestehender Beratungsdienste der EIB und der Kommission aufzubauen und um als zentrale Anlaufstelle für die Projektfinanzierungsberatung in der EU zu fungieren, sollte die EIAH ausgebaut werden, und ihre Tätigkeit sollte sich zusätzlich darauf konzentrieren, einen aktiven Beitrag zu dem Ziel der sektoralen und geografischen Diversifizierung des EFSI zu leisten und die EIB und nationale Förderbanken oder -institute bei der Ausarbeitung und Entwicklung von Vorhaben zu unterstützen, was insbesondere für weniger entwickelte Regionen und Übergangsregionen gilt, und, soweit dies erforderlich ist, Hilfe bei der Strukturierung der Nachfrage nach EFSI-Förderung leisten. Die EIAH sollte das Ziel verfolgen, in jedem Mitgliedstaat mindestens ein Kooperationsabkommen mit einer nationalen Förderbank oder einem nationalen Förderinstitut zu schließen. In Mitgliedstaaten, in denen es keine nationalen Förderbanken oder Förderinstitute gibt, sollte die EIAH gegebenenfalls und auf Ersuchen des betroffenen Mitgliedstaats proaktiv beratende Unterstützung zur Einrichtung derartiger Banken oder Institute leisten. Besonderes Augenmerk sollte die EIAH darauf legen, die Vorbereitung von Vorhaben zu unterstützen, an denen zwei oder mehr Mitgliedstaaten beteiligt sind oder die zur Erreichung der Ziele der COP 21 beitragen. Des Weiteren sollte sie sich aktiv an der Einrichtung von Investitionsplattformen beteiligen und Beratung zur Kombination anderer EU-Finanzierungsquellen mit dem EFSI anbieten. Bei Bedarf und unter Berücksichtigung bestehender Fördersysteme sollte erforderlichenfalls eine lokale Präsenz des EIAH gewährleistet werden, damit vor Ort konkrete, proaktive und maßgeschneiderte Unterstützung geleistet wird.

(32)

Das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik stützt sich auf eine detaillierte Analyse der Pläne der Mitgliedstaaten für haushaltspolitische, makroökonomische und strukturelle Reformen und den Mitgliedstaaten werden länderspezifische Empfehlungen erteilt. Vor diesem Hintergrund sollte die EIB die Kommission über die Erkenntnisse über Investitionshemmnisse und -engpässe in den Mitgliedstaaten unterrichten, die sie bei der Umsetzung der Investitionsvorhaben im Rahmen dieser Verordnung gewonnen hat. Die Kommission wird aufgefordert, diesen und anderen Erkenntnissen bei ihren Arbeiten im Rahmen der dritten Säule der Investitionsoffensive Rechnung zu tragen.

(33)

Um Marktversagen ausgleichen und Marktlücken schließen zu können, geeignete zusätzliche Investitionen anzustoßen und eine geografisch und regional ausgewogene Verteilung von aus EFSI-Mitteln finanzierten Vorhaben zu fördern, ist ein integrierter und rationalisierter Ansatz zur Förderung von Wachstum, Beschäftigung und Investitionen notwendig. Die auf die EFSI-Finanzierung verwandten Mittel sollten zur Erreichung dieser Ziele beitragen.

(34)

Um die in der Verordnung (EU) 2015/1017 festgesetzten Investitionsziele zu fördern, sollten gegebenenfalls Mischfinanzierungen mit bestehenden Fonds gefördert werden, um bei den Finanzierungsmodalitäten und -bedingungen angemessene Vergünstigungen anzubieten, wozu auch die Mittel für EFSI-Vorhaben zählen.

(35)

In Fällen, in denen die Verwirklichung eines durchführbaren Vorhabens durch angespannte Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten verhindert würde oder in denen es notwendig ist, die Einrichtung von Investitionsplattformen oder die Finanzierung von Vorhaben in Branchen oder Bereichen mit eklatantem Marktversagen oder suboptimaler Investitionssituation zu fördern, sollten die EIB und die Kommission im Interesse einer besseren Abwicklung des Vorhabens Änderungen vornehmen, insbesondere was die Vergütung der EU-Garantie betrifft, um zu einer Senkung der Kosten für die Finanzierung des Vorhabens beizutragen, die der Begünstigte der EIB-Finanzierung im Rahmen des EFSI trägt. Erforderlichenfalls sollten ähnliche Anstrengungen unternommen werden, damit untergeordnete Vorhaben durch den EFSI unterstützt werden. Wenn die Kosten der EFSI-Finanzierung untergeordneter Vorhaben durch die Nutzung der Dienste lokaler oder regionaler Intermediäre gesenkt werden können, sollte diese Option ebenfalls in Erwägung gezogen werden.

(36)

Um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, die finanzielle Tragfähigkeit des EFSI zu wahren, sollten die Bemühungen, die darauf gerichtet sind, die Finanzierungskosten von EFSI-Vorhaben im Fall von angespannten Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten zu senken oder die Einrichtung von Investitionsplattformen oder die Finanzierung von Vorhaben in Branchen oder Bereichen mit eklatantem Marktversagen oder suboptimaler Investitionssituation zu fördern, mit anderen verfügbaren Unionsfinanzmitteln und -Instrumenten, die von der EIB-Gruppe eingesetzt werden, koordiniert werden.

(37)

Die Verordnungen (EU) Nr. 1316/2013 und (EU) 2015/1017 sollten daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EU) 2015/1017 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe b erhält folgende Fassung:

„b)

grenzüberschreitende, mehrere Länder einbeziehende, regionale oder makroregionale Plattformen, in denen Partner aus verschiedenen Mitgliedstaaten, Regionen oder Drittländern gruppiert sind, die an Vorhaben in einem bestimmten geografischen Gebiet interessiert sind,“.

2.

Artikel 4 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

a)

Buchstabe a wird wie folgt geändert:

i)

Ziffer ii erhält folgende Fassung:

„ii)

der Höhe des von der EIB über den EFSI bereitzustellenden finanziellen Beitrags von mindestens 7 500 000 000 EUR in Garantien oder in Barmitteln sowie die Bedingungen hierfür,“.

ii)

Ziffer iv erhält folgende Fassung:

„iv)

der Entgeltgestaltung für Geschäfte im Rahmen der EU-Garantie, die mit der Entgeltgestaltung der EIB in Einklang stehen muss;“.

iii)

Folgende Ziffer wird angefügt:

„v)

der Verfahren, um unbeschadet des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 5 über die Satzung der Europäischen Investitionsbank und der darin enthaltenen Vorrechte der EIB erforderlichenfalls zu einer Senkung der Finanzierungskosten eines Vorhabens beizutragen, die der Begünstigte der EIB-Finanzierung im Rahmen des EFSI trägt — insbesondere durch eine Anpassung der Vergütung der EU-Garantie —, was vor allem für Fälle gilt, in denen die Verwirklichung eines durchführbaren Vorhabens durch angespannte Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten verhindert würde oder in denen es notwendig ist, die Einrichtung von Investitionsplattformen oder die Finanzierung von Vorhaben in Branchen oder Bereichen mit eklatantem Marktversagen oder suboptimaler Investitionssituation zu erleichtern, und zwar in einem Maße, das die notwendige Finanzierung der Mittelausstattung des Garantiefonds nicht erheblich beeinträchtigt;“.

b)

Buchstabe b Ziffer iii erhält folgende Fassung:

„iii)

der Regelung, dass der Lenkungsrat Beschlüsse im Einklang mit dem Verfahren nach Artikel 7 Absatz 3 fasst,“.

c)

Buchstabe c Ziffer i erhält folgende Fassung:

„i)

detaillierter Regeln für die Bereitstellung der EU-Garantie gemäß Artikel 11, einschließlich ihrer Deckungsmodalitäten, der festgelegten Deckung der Portfolios aus bestimmten Instrumentenarten und der möglichen Auslöser für den Abruf von Garantiebeträgen,“.

3.

Artikel 5 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung bedeutet ‚Zusätzlichkeit‘ die Förderung von Geschäften durch den EFSI, durch die Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen ausgeglichen werden sollen und die in dem Zeitraum, in dem die EU-Garantie eingesetzt werden kann, durch die EIB, den EIF oder im Rahmen bestehender Finanzinstrumente der Union ohne eine EFSI-Förderung nicht oder nicht im gleichen Ausmaß hätten durchgeführt werden können. Durch den EFSI geförderte Vorhaben sind auf die Verwirklichung der in Artikel 9 Absatz 2 festgelegten allgemeinen Ziele ausgerichtet, zielen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltigem Wachstum ab und weisen in der Regel ein höheres Risikoprofil auf als Vorhaben, die im Rahmen üblicher Geschäfte der EIB gefördert werden. Das EFSI-Portfolio muss insgesamt ein höheres Risikoprofil haben als das Investitionsportfolio, das von der EIB im Rahmen ihrer üblichen Investitionspolitik vor Inkrafttreten dieser Verordnung gefördert wurde.

Um Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen besser ausgleichen zu können und insbesondere die Nutzung von Investitionsplattformen für untergeordnete Vorhaben zu fördern und so für Komplementarität zu sorgen und eine Verdrängung anderer Teilnehmer desselben Marktes zu vermeiden, müssen die durch den EFSI geförderten Sondertätigkeiten der EIB als bevorzugte Option und, wenn hinreichend begründet,

a)

Aspekte wie Nachrangigkeit aufweisen, d. h. etwa anderen Investoren gegenüber eine nachrangige Position einnehmen,

b)

eine Beteiligung an Risikoteilungsinstrumenten vorsehen,

c)

grenzübergreifende Merkmale aufweisen,

d)

spezifischen Risiken ausgesetzt sein oder

e)

andere in Anhang II Abschnitt 3 Buchstabe d näher erläuterte Aspekte aufweisen.

Unbeschadet der Verpflichtung, der in Unterabsatz 1 festgelegten Definition des Begriffs der Zusätzlichkeit nachzukommen, sind die folgenden Aspekte ein wichtiges Indiz für die Zusätzlichkeit:

Vorhaben, die im Sinne von Artikel 16 der EIB-Satzung ein Risiko aufweisen, das einer Sondertätigkeit der EIB entspricht, was insbesondere dann gilt, wenn entsprechende Vorhaben länder-, branchen- oder regionsspezifische Risiken aufweisen, insbesondere Risiken, die in weniger entwickelten Regionen und Übergangsregionen auftreten, und/oder wenn solche Vorhaben Risiken in Verbindung mit Innovationen aufweisen, insbesondere solchen, die mit unerprobten Technologien zur Förderung von Wachstum, Nachhaltigkeit und Produktivität einhergehen,

Vorhaben im Bereich der physischen Infrastruktur, einschließlich e-Infrastruktur für Verbindungen zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder zur Ausweitung einer entsprechenden Infrastruktur eines Mitgliedstaats auf einen oder mehrere andere Mitgliedstaaten;“.

4.

Artikel 6 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 erhält der einleitende Satzteil folgende Fassung:

„Die EFSI-Vereinbarung hat festzulegen, dass der EFSI Vorhaben zu fördern hat, durch die Marktversagen oder suboptimale Investitionsbedingungen ausgeglichen werden und die“.

b)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Die Größe der Vorhaben, die für eine Förderung durch den EFSI für durch die EIB oder den EIF über Finanzintermediäre durchgeführte Geschäfte infrage kommen, ist nicht beschränkt. Um sicherzustellen dass mit dem EFSI auch untergeordnete Vorhaben gefördert werden, bauen die EIB und der EIF erforderlichenfalls und in dem möglichen Maße ihre Zusammenarbeit mit nationalen Förderbanken oder -instituten aus und unterstützen die Möglichkeiten, die sich durch die Einrichtung von Investitionsplattformen bieten.“

5.

Artikel 7 wird wie folgt geändert:

a)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(1a)   Alle an den Verwaltungsstrukturen des EFSI beteiligten Organe und Einrichtungen bemühen sich, für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den einschlägigen EFSI Leitungsgremien zu sorgen.“

b)

In Absatz 3 erhalten die Unterabsätze 1 und 2 die folgende Fassung:

„(3)   Der Lenkungsrat setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen: Drei Mitglieder werden von der Kommission, ein Mitglied von der EIB und ein Sachverständiger als Mitglied ohne Stimmrecht vom Europäischen Parlament ernannt. Weisungen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, Regierungen der Mitgliedstaaten oder anderen öffentlichen oder privaten Einrichtungen werden von diesem Sachverständigen weder angefordert noch angenommen; er handelt in völliger Unabhängigkeit. Der Sachverständige nimmt seine Pflichten unbefangen und im Interesse des EFSI wahr.

Der Lenkungsrat wählt unter seinen stimmberechtigten Mitgliedern einen Vorsitzenden für eine Amtszeit von drei Jahren, die einmal verlängert werden kann. Der Lenkungsrat erörtert die Standpunkte aller seiner Mitglieder und berücksichtigt diese so weit wie dies irgend möglich ist. Gelingt es den Mitgliedern nicht, ihre Standpunkte anzunähern, so fasst der Lenkungsrat seine Beschlüsse einstimmig unter seinen stimmberechtigten Mitgliedern. Eine ausführliche Darstellung der Standpunkte aller Mitglieder ist in das Sitzungsprotokoll des Lenkungsrats aufzunehmen.

Die detaillierten Sitzungsprotokolle des Lenkungsrats werden veröffentlicht, sobald sie vom Lenkungsrat genehmigt wurden. Das Europäische Parlament ist unverzüglich über die Veröffentlichung zu unterrichten.“

c)

Absatz 5 Unterabsatz 2 erhält folgende Fassung:

„Der geschäftsführende Direktor wird von einem stellvertretenden geschäftsführenden Direktor unterstützt. Der geschäftsführende Direktor und der stellvertretende geschäftsführende Direktor nehmen als Beobachter an den Sitzungen des Lenkungsrats teil. Der geschäftsführende Direktor erstattet dem Lenkungsrat vierteljährlich Bericht über die Tätigkeiten des EFSI.“

d)

Absatz 8 Unterabsatz 3 wird wie folgt geändert:

i)

Buchstabe e erhält folgende Fassung:

„e)

Klimaschutz, Umweltschutz und Umweltmanagement,“.

ii)

Folgender Buchstabe wird angefügt:

„l)

nachhaltige Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Aquakultur sowie andere Elemente der Bioökonomie im weiteren Sinne.“

e)

In Absatz 10 erhält Satz 2 folgende Fassung:

„Jedes Mitglied des Investitionsausschusses teilt dem Lenkungsrat, dem geschäftsführenden Direktor und dem stellvertretenden geschäftsführenden Direktor unverzüglich alle Informationen mit, die erforderlich sind, um laufend zu prüfen, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.“

f)

In Absatz 11 wird folgender Satz angefügt:

„Erhält der geschäftsführende Direktor Kenntnis von einer solchen Pflichtverletzung, so obliegt es ihm, den Lenkungsrat zu informieren und entsprechende Maßnahmen vorzuschlagen sowie deren Umsetzung zu verfolgen. Der geschäftsführende Direktor nimmt seine Sorgfaltspflicht bezüglich potenzieller Interessenskonflikte von Mitgliedern des Investitionsausschusses wahr.“

g)

Absatz 12 wird wie folgt geändert:

i)

In Unterabsatz 2 erhält Satz 2 folgende Fassung:

„Beschlüsse zur Genehmigung des Einsatzes der EU-Garantie sind öffentlich und zugänglich und enthalten eine Begründung, in der insbesondere auf die Erfüllung des Zusätzlichkeitskriteriums eingegangen wird. In ihnen wird auch auf die allgemeine Bewertung verwiesen, die auf der Bewertungsmatrix von Indikatoren gemäß Absatz 14 beruht. Die Veröffentlichung enthält keine sensiblen Geschäftsinformationen. Bei seiner Beschlussfassung stützt sich der Investitionsausschuss auf die von der EIB vorgelegten Unterlagen.

Die Bewertungsmatrix, bei der es sich um ein Instrument für den Investitionsausschuss handelt, um dem Einsatz der EU-Garantie bei jenen Vorhaben Vorrang einzuräumen, die höhere Bewertungskennziffern und einen Mehrwert aufweisen, ist nach der Unterzeichnung eines Vorhabens öffentlich zugänglich. Die Veröffentlichung enthält keine sensiblen Geschäftsinformationen.

Die Teile der Beschlüsse des Investitionsausschusses, die sensible Geschäftsinformationen enthalten, werden auf Anfrage und unter strenger Vertraulichkeit von der EIB an das Europäische Parlament weitergeleitet.“

ii)

Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

„Die EIB legt zweimal jährlich dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission eine Liste aller Beschlüsse des Investitionsausschusses sowie die dazugehörigen Bewertungsmatrizen vor. Für die Vorlage gelten strenge Anforderungen an die Vertraulichkeit.“

h)

Absatz 14 erhält folgende Fassung:

„(14)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 23 Absätze 1 bis 3 und Absatz 5 delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Verordnung durch Erstellung einer Bewertungsmatrix von Indikatoren zu erlassen, die vom Investitionsausschuss zu benutzen ist, um eine unabhängige und transparente Bewertung der potenziellen und tatsächlichen Inanspruchnahme der EU-Garantie sicherzustellen. Solche delegierten Rechtsakte werden in einem engen Dialog mit der EIB vorbereitet.

Der Lenkungsrat legt als Teil der strategischen Ausrichtung des EFSI für jede der Säulen der Bewertungsmatrix eine Mindestkennziffer fest, damit Vorhaben besser bewertet werden können.

Wenn bei einem Vorhaben die Bewertungskennziffer für eine Säule unter der Mindestkennziffer liegt, die allgemeine Bewertung im Rahmen der Bewertungsmatrix aber ergibt, dass die Finanzierung des Vorhabens Vorhaben entweder einem deutlichen Marktversagen gegensteuern oder auf ein hohes Maß an Zusätzlichkeit aufweisen würde, darf der Lenkungsrat dem Investitionsausschuss auf Antrag der EIB gestatten, das Geschäft zu prüfen.“

6.

Artikel 9 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 2 wird wie folgt geändert:

i)

Der einleitende Teil erhält folgende Fassung:

„(2)   Die EU-Garantie wird für EIB-Finanzierungen und -Investitionen gewährt, die von dem Investitionsausschuss genehmigt wurden, oder für Finanzmittel oder Garantien, die dem EIF gemäß Artikel 11 Absatz 3 zur Durchführung von EIB-Finanzierungen und -Investitionen zur Verfügung gestellt werden.

Mit der Begutachtung, Auswahl und Überwachung kleiner, untergeordneter Vorhaben beauftragt die EIB gegebenenfalls Finanzintermediäre oder genehmigte förderfähige Finanzvehikel, insbesondere Investitionsplattformen und nationale Förderbanken oder -institute, um auf diese Weise bei untergeordneten Vorhaben den Zugang zu Finanzmitteln zu verbessern bzw. zu ermöglichen. Ungeachtet Absatz 5 Unterabsatz 3 kann sich der Investitionsausschuss nicht das Recht vorbehalten, den Einsatz der EU-Garantie für untergeordnete Vorhaben, mit denen Finanzintermediäre oder genehmigte förderfähige Finanzvehikel beauftragt wurden, zu genehmigen, wenn der EFSI-Beitrag bei diesen untergeordneten Vorhaben unter 3 000 000 EUR liegt. Für das Verfahren, nach dem der Investitionsausschuss über den Einsatz der EU-Garantie bei untergeordneten Vorhaben mit einem EFSI-Beitrag ab 3 000 000 EUR entscheidet, stellt der Lenkungsrat bei Bedarf Leitlinien zur Verfügung.

Die betreffenden Vorhaben stehen mit der Unionspolitik in Einklang und dienen einem der folgenden allgemeinen Ziele:“.

ii)

In Buchstabe c wird folgende Ziffer angefügt:

„iv)

Eisenbahninfrastruktur, andere Schienenverkehrsvorhaben und Seehäfen;“.

iii)

In Buchstabe e werden folgende Ziffern eingefügt:

„ia)

Blockchain-Technologie;

ib)

Internet der Dinge;

ic)

Infrastrukturen für Cybersicherheit und Netzwerkschutz;“.

iv)

Buchstabe g wird wie folgt geändert:

Ziffer ii erhält folgende Fassung:

„ii)

Kultur- und Kreativwirtschaft; hier sind — durch Wechselwirkungen mit dem mit der Verordnung(EU) Nr. 1295/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) eingerichteten Programm „Kreatives Europa“ und dem ebenfalls mit der genannten Verordnung eingerichteten Bürgschaftsfazilität für die Kultur- und Kreativbranche — branchenspezifische Finanzierungsmechanismen zur Vergabe maßgeschneiderter Darlehen an die Kultur- und Kreativwirtschaft zu genehmigen.

Ziffer v erhält folgende Fassung:

„v)

soziale Infrastrukturen, soziale Dienste und Sozial- und Solidarwirtschaft;“.

v)

Folgende Buchstaben werden angefügt:

„h)

nachhaltige Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei, Aquakultur sowie andere Elemente der Bioökonomie im weiteren Sinne;

i)

im Rahmen der Anforderungen dieser Verordnung im Falle der in den Anhängen I und II des Durchführungsbeschlusses 2014/99/EU der Kommission (*2) aufgelisteten weniger entwickelten Regionen bzw. Übergangsregionen sonstige für eine EIB-Förderung in Frage kommende Industrie- und Dienstleistungszweige.

(*2)  Durchführungsbeschluss 2014/99/EU der Kommission vom 18. Februar 2014 zur Erstellung der Liste der Regionen, die für eine Unterstützung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds in Frage kommen, sowie der Mitgliedstaaten, die für eine Unterstützung aus dem Kohäsionsfonds in Frage kommen, mit Bezug auf den Zeitraum 2014-2020 (ABl. L 50 vom 20.2.2014, S. 22).“"

vi)

Folgender Unterabsatz wird angefügt:

„Gemäß den auf der 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) (COP 21) eingegangenen Verpflichtungen sorgt die EIB eingedenk der Tatsache, dass der EFSI nachfrageorientiert ist, dafür, dass mindestens 40 % der Finanzierungen im Rahmen des EFSI-Finanzierungsfensters „Infrastruktur und Innovation“ Vorhaben zugutekommen, deren Komponenten einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine EFSI-Finanzierung für KMU und kleine Unternehmen mit mittlerer Kapitalausstattung wird bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt. Die EIB geht bei der Ermittlung der zum Klimaschutz beitragenden Komponenten oder Kostenbeteiligungen von Vorhaben nach dem international vereinbarten Verfahren vor. Der Lenkungsrat stellt bei Bedarf detaillierte Leitlinien hierfür bereit.“

b)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Der Investitionszeitraum, in dem die EU-Garantie zur Förderung von Finanzierungen und Investitionen, die unter diese Verordnung fallen, gewährt werden kann, läuft bis zum

a)

31. Dezember 2020 für EIB-Finanzierungen und Investitionen, für die bis zum 31. Dezember 2022 ein Vertrag zwischen der EIB und dem Begünstigten oder dem Finanzintermediär unterzeichnet wurde,

b)

31. Dezember 2020 für EIF-Finanzierungen und Investitionen, für die bis zum 31. Dezember 2022 ein Vertrag zwischen dem EIF und dem Finanzintermediär unterzeichnet wurde.“

c)

Absatz 4 erhält folgende Fassung:

„(4)   Bei Bedarf und soweit möglich arbeitet die EIB mit nationalen Förderbanken oder -instituten und Investitionsplattformen zusammen.“

d)

Absatz 5 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

„Der Investitionsausschuss kann beschließen, sich das Recht zur Genehmigung neuer Vorhaben, die von oder innerhalb von genehmigten förderfähigen Finanzvehikeln vorgelegt werden, vorzubehalten.“

7.

Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

„a)

EIB-Darlehen, Garantien, Rückgarantien, Kapitalmarktinstrumente, jede andere Form von Instrumenten zur Finanzierung oder Bonitätsverbesserung, einschließlich nachrangiger Fremdkapitalfinanzierungen, Eigenkapitalbeteiligungen oder Quasi-Eigenkapitalbeteiligungen, einschließlich zugunsten von nationalen Förderbanken oder -instituten, Investitionsplattformen oder -fonds;“.

8.

Artikel 11 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Die Höhe der EU-Garantie darf zu keinem Zeitpunkt 26 000 000 000 EUR überschreiten, von denen ein Teil für die Bereitstellung von EIB-Finanzmitteln oder Garantien für den EIF nach Absatz 3 eingesetzt werden kann. Die aus dem Gesamthaushalt der Union im Rahmen der EU-Garantie geleisteten Nettozahlungen zusammengenommen dürfen 26 000 000 000 EUR nicht überschreiten und vor dem 6. Juli 2018 nicht mehr als 16 000 000 000 EUR betragen.“

b)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Stellt die EIB dem EIF für die Durchführung von EIB-Finanzierungen und -Investitionen Finanzmittel oder Garantien zur Verfügung, deckt die EU-Garantie diese Finanzmittel oder Garantien bis zu einem anfänglichen Höchstbetrag von 6 500 000 000 EUR in vollem Umfang ab, sofern die EIB stufenweise einen Betrag von mindestens 4 000 000 000 EUR an Finanzmitteln oder Garantien ohne Deckung durch die EU-Garantie zur Verfügung stellt. Unbeschadet des Absatzes 1 kann der Höchstbetrag von 6 500 000 000 EUR gegebenenfalls vom Lenkungsrat bis zu einer Höhe von maximal 9 000 000 000 EUR angepasst werden, ohne dass die EIB verpflichtet ist, die von ihr gewährten Finanzmittel oder Garantien entsprechend über den Betrag von 4 000 000 000 EUR hinaus aufzustocken.“

c)

In Absatz 6 erhalten die Buchstaben a und b folgende Fassung:

„a)

im Fall der in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a genannten Schuldtitel

i)

den Kapitalbetrag und die der EIB geschuldeten, bei ihr jedoch nicht eingegangenen Zinsen und Beträge gemäß den Bedingungen der Finanzierungen bis zum Zeitpunkt des Ausfalls; im Falle nachrangiger Fremdkapitalfinanzierungen gilt ein Zahlungsaufschub, eine Kürzung oder ein erforderlicher Ausstieg als Ausfall;

ii)

Verluste aufgrund von Schwankungen bei anderen Währungen als dem Euro in Märkten, in denen die Möglichkeiten für eine langfristige Absicherung begrenzt sind;

b)

im Fall der in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe a genannten Eigenkapitalbeteiligungen oder Quasi-Eigenkapitalbeteiligungen den investierten Betrag und die damit verbundenen Finanzierungskosten sowie Verluste aufgrund von Schwankungen bei anderen Währungen als dem Euro;“.

9.

Artikel 12 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5)   Die in Absatz 2 genannte Ausstattung des Garantiefonds wird zur Erreichung eines gemessen an den Gesamtgarantieverpflichtungen der EU angemessenen Niveaus (im Folgenden „Zielbetrag“) eingesetzt. Der Zielbetrag wird auf 35 % der gesamten EU-Garantieverpflichtungen festgesetzt.“

b)

Absätze 7 bis 10 erhalten folgende Fassung:

„(7)   Ab dem 1. Juli 2018 legt die Kommission, falls die Mittelausstattung des Fonds nach Inanspruchnahme der EU-Garantie unter 50 % des Zielbetrags fällt oder falls sie laut ihrer Risikobewertung binnen eines Jahres unter diesen Betrag fallen könnte, einen Bericht über die gegebenenfalls erforderlichen außergewöhnlichen Maßnahmen vor.

(8)   Nach einer Inanspruchnahme der EU-Garantie wird die über den Zielbetrag hinausgehende Ausstattung der in Absatz 2 Buchstaben b und d des vorliegenden Artikels genannten Art innerhalb der in Artikel 9 festgelegten Grenzen des Investitionszeitraums zur Wiederherstellung des vollen Garantiebetrags verwendet.

(9)   Die in Absatz 2 Buchstabe c vorgesehene Ausstattung wird zur Wiederherstellung des vollen EU-Garantiebetrags verwendet.

(10)   Falls der EU-Garantiebetrag vollständig bis zu einem Betrag von 26 000 000 000 EUR wiederhergestellt wird, wird jeder Betrag im Garantiefonds, der über den Zielbetrag hinausgeht, in den Gesamthaushalt der Union als interne zweckgebundene Einnahme nach Artikel 21 Absatz 4 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 eingezahlt; dies gilt für Haushaltslinien, die unter Umständen als Quelle für eine Umschichtung in den Garantiefonds herangezogen wurden.“

10.

Artikel 14 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

i)

In Unterabsatz 1 erhält Satz 2 folgende Fassung:

„Eine solche Unterstützung erstreckt sich unter anderem darauf, dass bei der Inanspruchnahme technischer Hilfe bei der Vorhabenstrukturierung, der Inanspruchnahme innovativer Finanzinstrumente und der Nutzung öffentlich-privater Partnerschaften zielgerichtete Unterstützung geleistet wird sowie dass zu relevanten Themen mit Bezug zum Unionsrecht gegebenenfalls Informationen bereitgestellt werden, wobei die Besonderheiten und Bedürfnisse von Mitgliedstaaten mit weniger entwickelten Finanzmärkten und die Lage in den verschiedenen Branchen zu berücksichtigen sind.“

ii)

in Unterabsatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Sie leistet außerdem Unterstützung bei der Ausarbeitung von Klimaschutz- oder Kreislaufwirtschaftsvorhaben oder Teilen davon, insbesondere im Zusammenhang mit der COP 21, von Vorhaben im digitalen Sektor sowie von Vorhaben gemäß Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 3 zweiter Gedankenstrich.“

b)

Absatz 2 wird wie folgt geändert:

i)

Buchstabe c erhält folgende Fassung:

„c)

der Nutzung des lokalen Wissens, um die EFSI-Förderung in der gesamten Union zu erleichtern, sowie, falls möglich, der aktiven Unterstützung des in Anhang II Abschnitt 8 genannten Ziels der sektoralen und geografischen Diversifizierung des EFSI durch Hilfestellung für die EIB und nationale Förderbanken oder -institute bei der Ausarbeitung und Aufstellung von Vorhaben, was insbesondere für weniger entwickelte Regionen und Übergangsregionen gilt, und, soweit dies erforderlich ist, durch Hilfe bei der Strukturierung der Nachfrage nach EFSI-Förderung;“.

ii)

Buchstabe e erhält folgende Fassung:

„e)

der proaktiven, beratenden Unterstützung — soweit notwendig durch Präsenz vor Ort — bei der Einrichtung von Investitionsplattformen, insbesondere grenzüberschreitender und makroregionaler Investitionsplattformen, an denen mehrere Mitgliedstaaten und/oder Regionen beteiligt sind,“.

iii)

Folgende Buchstaben werden angefügt:

„f)

der Nutzung des Potenzials, das durch die Einwerbung und Finanzierung kleiner Vorhaben entsteht, auch im Rahmen von Investitionsplattformen,

g)

der Beratung in Bezug auf die Kombinierung von EFSI-Förderungen mit anderen EU-Finanzierungsquellen (wie den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds, Horizont 2020 und der durch Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 geschaffene Fazilität ‚Connecting Europe‘), damit praktische Probleme im Zusammenhang mit der Nutzung solcher kombinierter Finanzierungsquellen gelöst werden können.

h)

der proaktiven Hilfestellung zur Förderung und Unterstützung von Geschäften nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b.“

c)

Absatz 5 erhält folgende Fassung:

„(5)   Zur Erreichung des in Absatz 1 genannten Ziels und um die Erbringung von Beratungsdiensten vor Ort zu erleichtern, ist die EIAH bestrebt, auf die Sachkenntnis der EIB, der Kommission, nationaler Förderbanken oder -institute und der Verwaltungsbehörden der europäischen Struktur- und Investitionsfonds zurückzugreifen.“

d)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(5a)   Die EIB empfiehlt Projektträgern, die bei der EIB einen Finanzierungsantrag stellen — vor allem, wenn es sich um untergeordnete Vorhaben handelt —, sich mit ihren Vorhaben an die EIAH zu wenden, damit ihre Vorhaben besser vorbereitet werden können und/oder geprüft werden kann, ob die Möglichkeit besteht, Vorhaben über Investitionsplattformen zu bündeln. Außerdem werden Projektträger, deren Antrag auf eine EIB-Finanzierung abgelehnt wurde oder bei denen trotz der Möglichkeit einer Finanzierung durch die EIB Finanzierungslücken bestehen, von der EIB informiert, dass sie ihre Vorhaben beim Europäischen Investitionsvorhabenportal registrieren können.“

e)

In Absatz 6 erhält Satz 2 folgende Fassung:

„Die Zusammenarbeit zwischen der EIAH auf der einen Seite und einer nationalen Förderbank oder eines nationalen Förderinstituts, eines internationalen Finanzinstituts oder eines Instituts oder einer Verwaltungsbehörde — einschließlich solcher, die als nationale Berater fungieren —, die über einschlägige Sachkenntnis für die Zwecke des EIAH verfügt, auf der anderen Seite, kann in Form einer vertraglichen Partnerschaft erfolgen. Die EIAH verfolgt das Ziel, in jedem Mitgliedstaat mindestens ein Kooperationsabkommen mit einer nationalen Förderbank oder einem nationalen Förderinstitut zu schließen. In Mitgliedstaaten, in denen es keine nationalen Förderbanken oder Förderinstitute gibt, leistet die EIAH gegebenenfalls und auf Ersuchen des betroffenen Mitgliedstaats proaktiv beratende Unterstützung zur Einrichtung derartiger Banken oder Institute.“

f)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(6a)   Im Interesse einer möglichst großen geografischen Reichweite der Beratungsdienste in der gesamten Union und damit das vor Ort in Bezug auf den EFSI vorhandene Wissen Früchte trägt, wird, soweit erforderlich, unter Berücksichtigung bestehender Fördersysteme für eine Präsenz des EIAH vor Ort gesorgt, damit vor Ort konkrete, proaktive und maßgeschneiderte Unterstützung geleistet werden kann. Diese Präsenz wird insbesondere in den Mitgliedstaaten oder Regionen eingerichtet, in denen bei der Ausarbeitung von Vorhaben im Rahmen des EFSI Schwierigkeiten bestehen. Die EIAH leistet beim Wissenstransfer auf die regionale und lokale Ebene Unterstützung, damit auf regionaler und lokaler Ebene Kapazitäten und Kompetenzen entstehen.“

g)

Absatz 7 erhält folgende Fassung:

„(7)   Als Beitrag zur Deckung der Geschäftskosten der EIAH wird bis zum 31. Dezember 2020 aus dem Gesamthaushalt der Union ein jährlicher Referenzbetrag von 20 000 000 EUR für die Dienste nach Absatz 2 bereitgestellt, soweit die genannten Kosten nicht durch die verbleibenden Beträge aus Entgelten nach Absatz 4 abgedeckt sind.“

11.

Artikel 16 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Die EIB erstattet der Kommission — gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit dem EIF — alle sechs Monate Bericht über die EIB-Finanzierungen und -Investitionen, die unter diese Verordnung fallen. In dem Bericht wird auch bewertet, inwieweit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der EU-Garantie und die zentralen Leistungsindikatoren nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe f Ziffer iv eingehalten wurden. Zudem enthält der Bericht statistische Daten und Finanz- und Rechnungslegungsdaten zu allen EIB-Finanzierungen und -Investitionen, sowohl auf Einzelbasis als auch auf aggregierter Basis. Der Bericht umfasst ferner einmal jährlich Informationen zu den Hindernissen, auf die die EIB bei Investitionstätigkeiten im Rahmen dieser Verordnung stößt.“

12.

Artikel 17 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Der Vorsitz des Lenkungsrates und der geschäftsführende Direktor erstatten auf Verlangen des Europäischen Parlaments oder des Rates dem ersuchenden Organ Bericht über die Leistung des EFSI, einschließlich, wenn das Europäische Parlament ein solches Ersuchen stellt, durch Teilnahme an einer Anhörung vor dem Europäischen Parlament. Auf Ersuchen des Europäischen Parlaments oder des Rates erstattet der geschäftsführende Direktor dem ersuchenden Organ auch über die Arbeit des Investitionsausschusses Bericht.“

b)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Der Vorsitz des Lenkungsrates und der geschäftsführende Direktor beantworten Fragen, die dem EFSI vom Europäischen Parlament oder vom Rat gestellt werden, mündlich oder schriftlich spätestens innerhalb von fünf Wochen nach deren Eingang. Darüber hinaus beantwortet der geschäftsführende Direktor mündlich oder schriftlich Fragen des Europäischen Parlaments oder des Rates bezüglich der Arbeit des Investitionsausschusses.“

13.

Artikel 18 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 6 erhält folgende Fassung:

„(6)   Bevor im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens ab 2021 ein neuer Vorschlag eingereicht wird, und am Ende des Investitionszeitraums legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, in dem die Anwendung dieser Verordnung unabhängig bewertet wird und der das Folgende enthält:

a)

eine Bewertung der Funktionsweise des EFSI, der Inanspruchnahme der EU-Garantie und der Funktionsweise der EIAH;

b)

eine Bewertung, ob im Rahmen des EFSI die Mittel des Gesamthaushalt der Union effizient verwendet werden, in ausreichendem Umfang Privatkapital mobilisiert wird und private Investitionen eingebunden werden;

c)

eine Bewertung, ob die Fortführung eines Investitionsförderungssystems aus makroökonomischer Sicht sinnvoll ist;

d)

die Bewertung — am Ende des Investitionszeitraums — der Anwendung des Verfahrens nach Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer v.“

b)

Absatz 7 erhält folgende Fassung:

„(7)   Die Kommission unterbreitet unter entsprechender Berücksichtigung des ersten Berichts, der eine unabhängige Bewertung nach Absatz 6 enthält, im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens ab 2021 einen Gesetzgebungsvorschlag einschließlich angemessener Finanzierungen.“

c)

Absatz 8 erhält folgende Fassung:

„(8)   In dem Bericht nach Absatz 6 des vorliegenden Artikels wird auch die Nutzung der Bewertungsmatrix nach Artikel 7 Absatz 14 und Anhang II bewertet, wobei insbesondere die Angemessenheit der einzelnen Säulen und ihre jeweilige Rolle bei der Bewertung betrachtet wird. der Bericht wird, soweit dies erforderlich und aufgrund der Ergebnisse entsprechend gerechtfertigt ist, von ein Vorschlag zur Änderung des delegierten Rechtsakts nach Artikel 7 Absatz 14 begleitet.“

14.

Dem Artikel 19 wird folgender Absatz angefügt:

„Die EIB und der EIF informieren die Endbegünstigten, auch KMU, über das Vorhandensein von EFSI-Förderungen oder verpflichten die Finanzintermediäre dazu, dies zu tun, indem sie die betreffenden Informationen, insbesondere im Fall von KMU, in der betreffenden Vereinbarung über die Gewährung einer EFSI-Förderung sichtbar machen, damit die Öffentlichkeit besser informiert ist und die Öffentlichkeitswirkung verbessert wird.“

15.

Artikel 20 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 des vorliegenden Artikels wird dem Rechnungshof auf dessen Antrag und im Einklang mit Artikel 287 Absatz 3 AEUV uneingeschränkt Zugang zu allen Dokumenten oder Informationen gewährt, die für die Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich sind.“

16.

Artikel 22 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Im Rahmen ihrer Finanzierungen und Investitionen, die unter diese Verordnung fallen, halten die EIB und der EIF die geltenden Rechtsvorschriften der Union sowie international und auf Unionsebene vereinbarte Normen ein und unterstützen demnach im Rahmen dieser Verordnung keine Vorhaben, die der Geldwäsche, der Terrorismusfinanzierung, der Steuerumgehung, dem Steuerbetrug oder der Steuerhinterziehung dienen.

Darüber hinaus gehen die EIB und der EIF mit Einrichtungen, die in Staaten oder Gebieten registriert oder niedergelassen sind, die im Rahmen der einschlägigen Politik der Union als nicht kooperierende Staaten oder Gebiete oder gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates (*3) als Drittländer mit hohem Risiko gelten oder die auf Unionsebene oder international vereinbarte Steuernormen und Standards für Transparenz und Informationsaustausch nicht einhalten, weder neue Geschäfte ein noch erneuern sie bestehende Geschäfte.

Werden mit Finanzintermediären Vereinbarungen geschlossen, so setzen die EIB und der EIF die in diesem Artikel genannten Anforderungen in die betreffenden Vereinbarungen um und verlangen von den Finanzintermediären, über die Einhaltung dieser Anforderungen Bericht zu erstatten.

Die EIB und der EIF überprüfen ihre Politik gegenüber nicht kooperierenden Staaten und Gebieten spätestens nach Annahme der Unionsliste nicht kooperierender Staaten und Gebiete für Steuerzwecke.

In allen folgenden Jahren legen die EIB und der EIF dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Umsetzung ihrer Politik zu kooperationsunwilligen Gebieten bei EFSI-Finanzierungen und -Investitionen vor, der auch nach Ländern aufgeschlüsselte Informationen und eine Liste der Finanzintermediäre umfasst, mit denen sie zusammenarbeiten.

(*3)  Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. L 141 vom 5.6.2015, S. 73).“"

17.

In Artikel 23 Absatz 2 Unterabsatz 1 erhalten die Sätze 1 und 2 folgende Fassung:

„Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 7 Absätze 13 und 14 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 4. Juli 2015 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung.“

18.

Anhang II wird nach Maßgabe des Anhangs der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Die Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 5 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Die Finanzausstattung für die Durchführung der CEF wird für den Zeitraum von 2014 bis 2020 auf 30 192 259 000 EUR zu jeweiligen Preisen festgesetzt. Dieser Betrag wird wie folgt aufgeteilt:

a)

Verkehrssektor: 24 050 582 000 EUR, wovon 11 305 500 000 EUR aus dem Kohäsionsfonds übertragen werden und gemäß der vorliegenden Verordnung ausschließlich in Mitgliedstaaten ausgegeben werden, die mit Mitteln des Kohäsionsfonds gefördert werden können;

b)

Telekommunikationssektor: 1 066 602 000 EUR;

c)

Energiesektor: 5 075 075 000 EUR.

Diese Beträge gelten unbeschadet der Anwendung des in der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates (*4) vorgesehenen Flexibilitätsmechanismus.

(*4)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1311/2013 des Rates vom 2. Dezember 2013 zur Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2014–2020 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 884).“"

2.

In Artikel 14 werden die folgenden Absätze angefügt:

„(5)   Abweichend von Artikel 140 Absatz 6 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 gelten Einnahmen und Rückzahlungen aus den Finanzinstrumenten, die nach der vorliegenden Verordnung eingerichtet wurden, und aus den Finanzinstrumenten, die nach der Verordnung (EG) Nr. 680/2007 eingerichtet wurden, und die mit Finanzinstrumenten zusammengelegt wurden, die nach Absatz 3 des vorliegenden Artikels der vorliegenden Verordnung eingerichtet wurden, bis zu einem Höchstbetrag von 125 000 000 EUR als interne zweckgebundene Einnahme im Sinne des Artikels 21 Absatz 4 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 für den gemäß der Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates (*5) eingerichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen.

(6)   Abweichend von Artikel 140 Absatz 6 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 gelten Einnahmen und Rückzahlungen aus dem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 680/2007 eingerichteten Europäischer Fonds 2020 für Energie, Klimaschutz und Infrastruktur (im Folgenden ‚Fonds Marguerite‘) bis zu einem Höchstbetrag von 25 000 000 EUR als interne zweckgebundene Einnahme im Sinne des Artikels 21 Absatz 4 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 für den gemäß der Verordnung (EU) 2015/1017 eingerichteten Europäischen Fonds für strategische Investitionen.

(*5)  Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 — der Europäische Fonds für strategische Investitionen (ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1).“"

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 13. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 75 vom 10.3.2017, S. 57.

(2)  ABl. C 185 vom 9.6.2017, S. 62.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 12. Dezember 2017.

(4)  Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2015 über den Europäischen Fonds für strategische Investitionen, die europäische Plattform für Investitionsberatung und das europäische Investitionsvorhabenportal sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1291/2013 und (EU) Nr. 1316/2013 — der Europäische Fonds für strategische Investitionen (ABl. L 169 vom 1.7.2015, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1316/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 913/2010 und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 680/2007 und (EG) Nr. 67/2010 (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 129).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1).

(7)  Verordnung (EU) Nr. 1295/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa (2014-2020) und zur Aufhebung der Beschlüsse Nr. 1718/2006/EG, Nr. 1855/2006/EG und Nr. 1041/2009/EG (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 221).

(8)  Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (2014-2020) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1982/2006/EG (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 104).

(9)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).

(10)  Delegierte Verordnung (EU) 2015/1558 der Kommission vom 22. Juli 2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2015/1017 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Erstellung einer Bewertungsmatrix im Hinblick auf den Einsatz der EU-Garantie (ABl. L 244 vom 19.9.2015, S. 20).


ANHANG

Anhang II der Verordnung (EU) 2015/1017 wird wie folgt geändert:

1.

Abschnitt 2 wird wie folgt geändert:

a)

Dem Buchstaben b werden folgende Absätze angefügt:

„EFSI-Förderungen für Autobahnen beschränken sich auf private und/oder öffentliche Investitionen

in Verkehrsvorhaben — in Kohäsionsländern oder weniger entwickelten Regionen — oder in grenzüberschreitende Verkehrsvorhaben;

in Maßnahmen zum Ausbau, zur Instandhaltung oder zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, in den Aufbau intelligenter Verkehrssysteme (IVS) oder die Sicherstellung der Integrität und der Standards bei vorhandenen Autobahnen des transeuropäischen Verkehrsnetzes, insbesondere in Bezug auf sichere Parkplätze, Tankstellen für alternative saubere Kraftstoffe bzw. Ladestationen für Elektrofahrzeuge;

als Beitrag zur Fertigstellung des transeuropäischen Verkehrsnetzes bis 2030.

EFSI-Fördermittel können ausdrücklich auch für die Instandhaltung und den Ausbau bestehender Verkehrsinfrastruktur gewährt werden.“

b)

Unter Buchstabe c erhält der zweite Satz folgende Fassung:

„In diesem Zusammenhang wird erwartet, dass die EIB Finanzierungen aus dem EFSI zur Verfügung stellen wird, um ein Gesamtziel von mindestens 500 000 000 000 EUR öffentlicher oder privater Investitionen zu erreichen, was Finanzierungen mit einschließt, die durch den EIF im Rahmen von EFSI-Geschäften hinsichtlich der in Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b genannten Instrumente, über nationale Förderbanken oder -institute oder durch einen besseren Zugang zu Finanzmitteln für Unternehmen mit bis zu 3 000 Mitarbeitern mobilisiert werden.“

2.

Dem Abschnitt 3 wird folgender Buchstabe angefügt:

„d)

Liegen eines oder mehrere der folgenden Merkmale vor, wird ein Geschäft in der Regel als Sondertätigkeit der EIB eingestuft:

Nachrangigkeit gegenüber anderen Kreditgebern, einschließlich nationaler Förderbanken oder -institute und privater Kreditgeber,

Beteiligung an Risikoteilungsinstrumenten, wenn von der betreffenden Position für die EIB ein hohes Risiko ausgeht,

spezifische Risikoexpositionen, wie länder-, branchen- oder regionsspezifische Risiken, insbesondere Risiken, die in weniger entwickelten Regionen und Übergangsregionen auftreten, und/oder mit Innovationen verbundene Risiken, die besonders bei unerprobter Technologie auftreten, mit der das Wachstum gefördert, zur Nachhaltigkeit beigetragen und die Produktivität gesteigert werden kann,

Eigenkapitalrisiken, wie leistungsbezogene Zahlungen, oder

sonstige feststellbare Merkmale, die gemäß den Kreditrisikoleitlinien der EIB das Risiko erhöhen, beispielsweise durch Gegenparteirisiko, eingeschränkte Sicherheiten und Rückzahlung lediglich durch Rückgriff auf die Vermögenswerte des Vorhabens.“

3.

Dem Abschnitt 5 wird folgender Satz angefügt:

„Sobald ein Vorhaben im Rahmen der EU-Garantie unterzeichnet wird, wird die Bewertungsmatrix veröffentlicht; sensible Geschäftsinformationen sind von der Offenlegungspflicht ausgenommen.“

4.

Abschnitt 6 wird wie folgt geändert:

a)

Buchstabe b wird wie folgt geändert:

i)

Die Sätze 1 und 2 des ersten Gedankenstrichs erhalten folgende Fassung:

„Für Geschäfte vom Typ ‚Fremdkapital‘ führen die EIB oder der EIF ihre Standardrisikobewertung unter Einbeziehung der Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit und der Beitreibungsquote durch. Auf der Grundlage dieser Parameter quantifizieren die EIB oder der EIF das Risiko für jedes Geschäft.“

ii)

Satz 1 des zweiten Gedankenstrichs erhält folgende Fassung:

„Jedes Geschäft vom Typ ‚Fremdkapital‘ erhält nach dem System für die Darlehenseinstufung der EIB oder des EIF eine Risikoeinstufung (die Darlehenseinstufung der Transaktion).“

iii)

Satz 1 des dritten Gedankenstrichs erhält folgende Fassung:

„Vorhaben müssen wirtschaftlich und technisch durchführbar sein, und die Finanzierung durch die EIB muss entsprechend solider Bankgrundsätze strukturiert sein und den hohen Grundsätzen für das Risikomanagement entsprechen, die von der EIB oder dem EIF in ihren internen Leitlinien aufgestellt werden.“

iv)

Der vierte Gedankenstrich erhält folgende Fassung:

„Die Preise für Produkte vom Typ ‚Fremdkapital‘ werden gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer iv festgelegt.“

b)

Buchstabe c wird wie folgt geändert:

i)

Satz 2 des ersten Gedankenstrichs erhält folgende Fassung:

„Die Bestimmung, ob ein Geschäft Risiken vom Typ ‚Eigenkapital‘ mit sich bringt oder nicht, gründet sich unabhängig von seiner Rechtsform oder Benennung auf die Standardbewertung der EIB oder des EIF.“

ii)

Satz 1 des zweiten Gedankenstrichs erhält folgende Fassung:

„Die Geschäfte der EIB vom Typ ‚Eigenkapital‘ werden gemäß den internen Vorschriften und Verfahren der EIB oder des EIF durchgeführt.“

iii)

Der dritte Gedankenstrich erhält folgende Fassung:

„Die Preise für Investitionen vom Typ ‚Eigenkapital‘ werden gemäß Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer iv festgelegt.“

5.

In Abschnitt 7 Buchstabe c wird das Wort „anfänglichen“ gestrichen.

6.

Abschnitt 8 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 Satz 2 wird das Wort „anfänglichen“ gestrichen.

b)

Unter Buchstabe a wird in Absatz 1 Satz 1 das Wort „anfänglichen“ gestrichen.

c)

Unter Buchstabe b wird in Satz 1 das Wort „anfänglichen“ gestrichen.


Erklärung der Kommission zur Aufstockung der Fazilität „Connecting Europe“ um 225 Mio. EUR

Das Europäische Parlament und der Rat haben eine politische Einigung über die Finanzierung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI 2.0) erzielt, der zufolge ein Betrag von 275 Mio. EUR aus Finanzierungsinstrumenten der Fazilität „Connecting Europe“ umgeschichtet wird. Dies sind 225 Mio. EUR weniger, als die Kommission vorgeschlagen hatte.

Die Kommission wird die Finanzplanung der Fazilität „Connecting Europe“ anpassen, um der entsprechenden Aufstockung um 225 Mio. EUR Rechnung zu tragen.

Im Rahmen der Haushaltsverfahren für die Jahre 2019 und 2020 wird die Kommission geeignete Vorschläge unterbreiten, um eine optimale Zuweisung dieses Betrags innerhalb des Programms der Fazilität „Connecting Europe“ zu gewährleisten.


RICHTLINIEN

27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/53


RICHTLINIE (EU) 2017/2397 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt und zur Aufhebung der Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG des Rates

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 91 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinien 91/672/EWG (3) und 96/50/EG (4) des Rates sind die ersten Schritte hin zur Harmonisierung und Anerkennung der Berufsqualifikationen von Besatzungsmitgliedern in der Binnenschifffahrt.

(2)

Die Anforderungen für den Rhein befahrende Besatzungsmitglieder fallen nicht in den Geltungsbereich der Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG und werden von der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) gemäß der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein festgelegt.

(3)

Die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (5) gilt für andere Binnenschifffahrtsberufe als Schiffsführer. Die gegenseitige Anerkennung von Zeugnissen bzw. Patenten auf der Grundlage der Richtlinie 2005/36/EG ist jedoch für die regelmäßigen und häufigen grenzüberschreitenden Tätigkeiten in der Binnenschifffahrt — insbesondere auf mit Binnenwasserstraßen anderer Mitgliedstaaten verbundenen Binnenwasserstraßen — keine optimale Lösung.

(4)

Eine von der Kommission 2014 zu Bewertungszwecken durchgeführten Studie belegt, dass die Beschränkung des Geltungsbereichs der Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG auf Schiffsführer und die Tatsache, dass gemäß diesen Richtlinien ausgestellte Befähigungszeugnisse für Schiffsführer (Schiffsführerpatente) nicht automatisch für die Rheinschifffahrt anerkannt werden, die Mobilität von Besatzungsmitgliedern in der Binnenschifffahrt beeinträchtigen.

(5)

Um Mobilität zu erleichtern und die Sicherheit des Schiffsverkehrs und den Schutz des menschlichen Lebens und der Umwelt zu gewährleisten, ist es unerlässlich, dass Mitglieder einer Decksmannschaft und insbesondere Personen, die für Maßnahmen in Notsituationen an Bord von Fahrgastschiffen zuständig sind, und Personen, die am Bunkervorgang von Schiffen beteiligt sind, die Flüssigerdgas als Brennstoff verwenden, entsprechende Zeugnisse besitzen. Damit dies wirksam durchgesetzt werden kann, sollten die betreffenden Personen die entsprechenden Zeugnisse bei der Ausübung ihres Berufs mit sich führen. Diese Erwägungen gelten auch in Bezug auf junge Menschen, deren Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz es im Einklang mit der Richtlinie 94/33/EG des Rates (6) zu schützen gilt.

(6)

Das Befahren von Binnenwasserstraßen zu Sport- oder Erholungszwecken, der Betrieb nicht frei fahrender Fähren und das Befahren von Binnenwasserstraßen durch Streitkräfte und Notfalldienste sind Tätigkeiten, für die keine Qualifikationen erforderlich sind, die den für die berufsmäßige Schifffahrt zur Beförderung von Gütern und Personen vorgeschriebenen Befähigungen entsprechen würden. Daher sollten Personen, die diese Tätigkeiten durchführen, nicht von dieser Richtlinie erfasst werden.

(7)

Schiffsführer, die unter Bedingungen fahren, die ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen, sollten über besondere Berechtigungen verfügen, insbesondere für das Fahren in Großverbänden, das Führen von Fahrzeugen, die Flüssigerdgas als Brennstoff verwenden, das Fahren bei schlechter Sicht, das Befahren von Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter oder das Befahren von Wasserstraßen, die besondere Risiken für die Schifffahrt darstellen. Zur Erlangung solcher Berechtigungen sollten Schiffsführer besondere zusätzliche Befähigungen nachweisen müssen.

(8)

Um die Sicherheit der Schifffahrt zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten anhand harmonisierter Kriterien festlegen, welche Binnenwasserstraßen maritimen Charakter aufweisen. Die Befähigungsanforderungen für das Befahren dieser Wasserstraßen sollten auf Unionsebene festgelegt werden. Ohne die Mobilität von Schiffsführern unnötig einzuschränken, sollte diese Richtlinie — soweit es für die Sicherheit der Schifffahrt erforderlich ist und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der einschlägigen europäischen Flussschifffahrtskommission — den Mitgliedstaaten ferner die Möglichkeit geben, anhand harmonisierter Kriterien und Verfahren festzulegen, welche Wasserstraßen besondere Risiken für die Schifffahrt darstellen. In diesen Fällen sollten die entsprechenden Befähigungsanforderungen auf Ebene der Mitgliedstaaten festgelegt werden.

(9)

Zwecks Förderung der unionsweiten Mobilität von Personen, die am Betrieb von Fahrzeugen beteiligt sind, und in Anbetracht der Tatsache, dass für alle Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die im Einklang mit dieser Richtlinie ausgestellt werden, verbindliche Mindeststandards gemäß harmonisierten Kriterien gelten sollten, sollten die Mitgliedstaaten Berufsqualifikationen, die gemäß dieser Richtlinie nachgewiesen sind, anerkennen. Jeder Inhaber des entsprechenden Befähigungszeugnisses sollte damit seinen Beruf auf allen Binnenwasserstraßen der Union ausüben können.

(10)

Mangels grenzüberschreitender Tätigkeiten auf bestimmten nationalen Binnenwasserstraßen und zur Senkung von Kosten sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, auf nationalen Binnenwasserstraßen, die nicht mit einer schiffbaren Binnenwasserstraße eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind, davon abzusehen, den Besitz von Unionsbefähigungszeugnissen zwingend vorzuschreiben. Allerdings sollten Unionsbefähigungszeugnisse den Zugang zum Schiffsbetrieb auf diesen nicht verbundenen Wasserstraßen gewähren.

(11)

Die Richtlinie 2005/36/EG bleibt gültig für Mitglieder einer Decksmannschaft, die nicht Inhaber eines nach dieser Richtlinie ausgestellten Unionsbefähigungszeugnisses sein müssen, sowie für Binnenwasserstraßen betreffende Qualifikationen, die nicht unter die vorliegende Richtlinie fallen.

(12)

In Fällen, in denen Mitgliedstaaten eine Ausnahme von der Verpflichtung des Mitführens eines Unionsbefähigungszeugnisses gewähren, sollten sie Unionsbefähigungszeugnisse für Personen anerkennen, die auf denjenigen ihrer nationalen Binnenwasserstraßen tätig sind, die nicht mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind, in dem die Ausnahme Anwendung findet. Diese Mitgliedstaaten sollten in Bezug auf die betreffenden Binnenwasserstraßen auch dafür sorgen, dass die Daten zu den Fahrzeiten und den durchgeführten Reisen im Schifferdienstbuch von Inhabern eines Unionsbefähigungszeugnisses validiert werden, wenn das Besatzungsmitglied dies beantragt. Zudem sollten diese Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen und Sanktionen festlegen und durchsetzen, um Betrug und andere rechtswidrige Praktiken auf diesen nicht verbundenen Binnenwasserstraßen im Zusammenhang mit Unionsbefähigungszeugnissen und Schifferdienstbüchern zu verhindern.

(13)

Mitgliedstaaten, die Ausnahmen von der Verpflichtung des Mitführens eines Unionsbefähigungszeugnisses gewähren, sollten die Möglichkeit haben, die Unionsbefähigungszeugnisse von Personen auszusetzen, die auf denjenigen ihrer nationalen Binnenwasserstraßen tätig sind, die nicht mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind, in dem die Ausnahme Anwendung findet.

(14)

Einem Mitgliedstaat, in dem es keine mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbundene Binnenwasserstraße gibt und der sich gemäß dieser Richtlinie gegen die Ausstellung von Unionsbefähigungszeugnissen entscheidet, würde eine unverhältnismäßige und unnötige Verpflichtung auferlegt werden, müsste er alle Bestimmungen dieser Richtlinie umsetzen und anwenden. Daher sollte ein solcher Mitgliedstaat von der Verpflichtung zur Umsetzung und Anwendung der Bestimmungen über die Ausstellung von Befähigungszeugnissen ausgenommen werden, solange er bei seiner Entscheidung bleibt, keine Unionsbefähigungszeugnisse auszustellen. Ein solcher Mitgliedstaat sollte dennoch verpflichtet sein, in seinem Hoheitsgebiet die Unionsbefähigungszeugnisse anzuerkennen, um die Mobilität der Arbeitskräfte in der Union zu fördern, den mit dieser Mobilität verbundenen Verwaltungsaufwand zu mindern und die Binnenschifffahrt als Berufsweg attraktiver zu gestalten.

(15)

In einigen Mitgliedstaaten ist die Binnenschifffahrt eine beschränkte Aktivität, die nur in geografisch abgegrenzten Gebieten oder jahreszeitlich auf Wasserstraßen ohne Verbindungen zu anderen Mitgliedstaaten erfolgt. Während der Grundsatz der Anerkennung von Berufsbefähigungszeugnissen nach dieser Richtlinie auch in diesen Mitgliedstaaten gewahrt werden sollte, sollte der Verwaltungsaufwand dennoch verhältnismäßig sein. Der Einsatz von Durchführungsinstrumenten wie Datenbanken und Registern würde zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand ohne tatsächliche Vorteile führen, da der Informationsfluss zwischen den Mitgliedstaaten auch durch andere Mittel der Zusammenarbeit erreicht werden kann. Es ist daher gerechtfertigt, es den betroffenen Mitgliedstaaten zu gestatten, nur jene Mindestvorschriften umzusetzen, die für die Anerkennung von nach dieser Richtlinie ausgestellten Berufsbefähigungszeugnissen erforderlich sind.

(16)

In bestimmten Mitgliedstaaten ist die Binnenschifffahrt technisch nicht möglich. Es würde daher einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für diese Mitgliedstaaten darstellen, wenn sie diese Richtlinie umsetzen müssten.

(17)

Es ist wichtig, dass die Binnenschifffahrt Programme bieten kann, die darauf ausgerichtet sind, sowohl Menschen, die über fünfzig Jahre alt sind, im Beruf zu halten als auch die Fertigkeiten und die Beschäftigungsfähigkeit junger Menschen zu verbessern.

(18)

Die Kommission sollte gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Besatzungsmitglieder schaffen, die ihren Beruf ausschließlich und regelmäßig in der Union ausüben, und sollte jegliche Abwärtsspirale bei den Löhnen und jedwede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder der Flagge beenden.

(19)

In Anbetracht der seit 2003 bestehenden Zusammenarbeit zwischen der Union und der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR), die zur Gründung des Europäischen Ausschusses für die Ausarbeitung von Standards im Bereich der Binnenschifffahrt (CESNI) unter dem Dach der ZKR geführt hat, sowie im Interesse der Straffung des Rechtsrahmens für Berufsqualifikationen in Europa sollten Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die im Einklang mit der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein ausgestellt wurden, welche Anforderungen enthält, die mit denen der vorliegenden Richtlinie übereinstimmen, auf allen Binnenwasserstraßen der Union gültig sein. Solche Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die in Drittländern ausgestellt wurden, sollten unter dem Vorbehalt der Gegenseitigkeit in der Union anerkannt werden.

(20)

Es ist wichtig, dass Arbeitgeber die sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird, anwenden, wenn sie Mitglieder einer Decksmannschaft in der Union beschäftigen, die in einem Drittland ausgestellte und von den zuständigen Behörden in der Union anerkannte Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher besitzen.

(21)

Um beim Abbau von Hemmnissen für die Mobilität der Arbeitskräfte und bei der Vereinfachung der Rechtsrahmen für Berufsqualifikationen in Europa Fortschritte zu erzielen, können alle Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die in einem Drittland auf der Grundlage von mit der vorliegenden Richtlinie übereinstimmenden Anforderungen ausgestellt werden, vorbehaltlich einer Bewertung durch die Kommission und sofern das betreffende Drittland gemäß dieser Richtlinie ausgestellte Urkunden anerkennt, auf allen Wasserstraßen der Union anerkannt werden.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten Befähigungszeugnisse nur für Personen ausstellen, die die Mindestanforderungen an Befähigung und Alter erfüllen und ihre medizinische Tauglichkeit und die zur Erlangung bestimmter Qualifikationen erforderliche Fahrzeit nachweisen können.

(23)

Es ist wichtig, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten jungen Menschen Anreize bieten, eine Berufsqualifikation in der Binnenschifffahrt zu erwerben, und dass sie spezifische Maßnahmen einleiten, um die Aktivitäten der Sozialpartner in dieser Hinsicht zu fördern.

(24)

Um die gegenseitige Anerkennung von Qualifikationen zu gewährleisten, sollten Befähigungszeugnisse auf der Grundlage der für den Betrieb von Fahrzeugen erforderlichen Befähigungen ausgestellt werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Personen, für die Befähigungszeugnisse ausgestellt werden, die jeweiligen Mindestbefähigungsanforderungen erfüllen, und dass dies in einem angemessenen Beurteilungsverfahren überprüft wird. Eine solche Beurteilung könnte in Form einer Verwaltungsprüfung erfolgen oder Teil eines zugelassenen Ausbildungsprogramms sein, das nach einheitlichen Standards durchgeführt wird, sodass sichergestellt ist, dass die Mindestbefähigungsanforderungen für die verschiedenen Qualifikationen in allen Mitgliedstaaten vergleichbar sind.

(25)

Schiffsführer sollten beim Befahren der Binnenwasserstraßen der Union in der Lage sein, ihre Kenntnisse der Verkehrsregeln auf Binnenwasserstraßen, wie die Europäische Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (CEVNI) oder andere einschlägige Verkehrsregeln, und der geltenden Besatzungsvorschriften, einschließlich der Ruhezeiten, die im Unionsrecht, in innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder in auf regionaler Ebene vereinbarten spezifischen Regelwerken wie der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein festgelegt sind, anzuwenden.

(26)

Aufgrund der Sicherheitsverantwortung bei der Ausübung des Berufs des Schiffsführers, dem Fahren unter Radar und dem Bunkervorgang von Fahrzeugen, die Flüssigerdgas als Brennstoff verwenden, oder dem Führen von Fahrzeugen, die Flüssigerdgas als Brennstoff verwenden, sollte im Rahmen einer praktischen Prüfung überprüft werden, ob die erforderliche Mindestbefähigung tatsächlich erlangt wurde. Um die Beurteilung der Befähigung weiter zu erleichtern, könnte eine solche praktische Prüfung unter Einsatz zugelassener Simulatoren durchgeführt werden.

(27)

Für die Gewährleistung der Sicherheit in der Binnenschifffahrt sind Fertigkeiten bei der Bedienung der Bordfunkstelle wesentlich. Es ist wichtig, dass die Mitgliedstaaten alle Mitglieder der Deckmannschaft, die gegebenenfalls das Fahrzeug führen müssen, ermutigen, die entsprechende Sprechfunkausbildung zu absolvieren und das entsprechende Zeugnis zu erwerben. Für Schiffsführer und Steuerleute sollten diese Ausbildung sowie das entsprechende Zeugnis verpflichtend sein.

(28)

Die Ausbildungsprogramme müssen zugelassen sein, damit sichergestellt ist, dass sie die einheitlichen Mindestanforderungen in Bezug auf Inhalt und Organisation erfüllen. Solche einheitlichen Mindestanforderungen beseitigen unnötige Hemmnisse für den Berufseintritt, indem verhindert wird, dass sich Personen, die die erforderlichen Fertigkeiten bereits im Rahmen ihrer Ausbildung erworben haben, unnötigen zusätzlichen Prüfungen unterziehen müssen. Zugelassene Ausbildungsprogramme könnten auch Arbeitskräften mit Erfahrungen in anderen Wirtschaftszweigen den Zugang zum Binnenschifffahrtsberuf erleichtern, da ihnen möglicherweise Ausbildungsprogramme zugutekommen könnten, die gezielt ihren bereits erworbenen Befähigungen Rechnung tragen.

(29)

Im Interesse einer weiteren Erleichterung der Mobilität der Schiffsführer sollte den Mitgliedstaaten gestattet werden, die Befähigungen für die Schifffahrt auf einem Abschnitt einer Binnenwasserstraße mit besonderen Risiken zu beurteilen, sofern der Mitgliedstaat, in dem sich dieser Abschnitt der Binnenwasserstraße befindet, dem zustimmt.

(30)

Die Fahrzeit sollte anhand validierter Einträge im Schifferdienstbuch überprüft werden. Um dies zu ermöglichen, sollten die Mitgliedstaaten Schifferdienstbücher und Bordbücher ausstellen und dafür sorgen, dass in den Letzteren die Reisen der Fahrzeuge erfasst werden. Die medizinische Tauglichkeit eines Bewerbers sollte von einem zugelassenen Arzt bestätigt werden.

(31)

Wenn für das Be- und Entladen, beispielsweise im Falle von Baggerarbeiten oder zum Manövrieren zwischen Be- und Entladestellen, aktive Fahrvorgänge erforderlich sind, sollten die Mitgliedstaaten die für diese Aktivitäten verwendete Zeit als Fahrzeit ansehen und entsprechend erfassen.

(32)

Wenn die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen mit der Verarbeitung personenbezogener Daten verbunden sind, so sollte diese im Einklang mit den EU-Rechtsvorschriften über den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere den Verordnungen (EG) Nr. 45/2001 (7) und (EU) 2016/679 (8) des Europäischen Parlaments und des Rates, durchgeführt werden.

(33)

Zur Förderung einer effizienten Verwaltung von Befähigungszeugnissen sollten die Mitgliedstaaten die für die Durchführung der vorliegenden Richtlinie zuständigen Behörden benennen und Register zur Erfassung der Daten von Befähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern anlegen. Um den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission für die Zwecke der Durchführung, Durchsetzung und Bewertung dieser Richtlinie, der Statistik, der Wahrung der Sicherheit und der Leichtigkeit des Schiffsverkehrs zu erleichtern, sollten die Mitgliedstaaten Informationen dieser Art einschließlich der Daten der Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher melden, indem sie diese Informationen in eine von der Kommission geführte Datenbank aufnehmen. Bei der Führung der Datenbank sollte die Kommission den Grundsätzen des Schutzes personenbezogener Daten angemessen Rechnung tragen.

(34)

Behörden, auch Behörden in Drittländern, die Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher nach Vorgaben ausstellen, die mit denen der vorliegenden Richtlinie übereinstimmen, verarbeiten personenbezogene Daten. Die Behörden, die an der Durchführung und Durchsetzung der vorliegenden Richtlinie beteiligt sind, und erforderlichenfalls internationale Organisationen, die jene übereinstimmenden Vorschriften erlassen haben, sollten für die Zwecke der Evaluierung dieser Richtlinie, für die Zwecke der Statistik, zur Wahrung der Sicherheit und der Leichtigkeit des Schiffsverkehrs und zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen diesen Behörden ebenfalls Zugang zu der von der Kommission geführten Datenbank haben. Dieser Zugang sollte jedoch unter dem Vorbehalt eines angemessenen Datenschutzes, besonders im Falle personenbezogener Daten, und bei Drittländern und internationalen Organisationen auch des Grundsatzes der Gegenseitigkeit stehen.

(35)

Um die Binnenschifffahrt weiter zu modernisieren und den Verwaltungsaufwand weiter zu verringern und die Urkunden weniger anfällig für Manipulationen zu machen, sollte die Kommission unter Berücksichtigung des Grundsatzes der besseren Rechtsetzung die Möglichkeit prüfen, Unionsbefähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher in Papierform durch elektronische Lösungen wie elektronische Berufsausweise und elektronische Bordgeräte zu ersetzen.

(36)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der vorliegenden Richtlinie sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden im Hinblick auf die Ablehnung — soweit dies angemessen ist — der geplanten Annahme von Befähigungsanforderungen in Bezug auf besondere Risiken auf bestimmten Binnenwasserstraßenabschnitten durch einen Mitgliedstaat. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (9) ausgeübt werden.

(37)

Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der vorliegenden Richtlinie sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse in Bezug auf die Annahme von Mustern für die Ausstellung von Unionsbefähigungszeugnissen, Zeugnissen über praktische Prüfungen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern und die Annahme von Beschlüssen in Bezug auf die Anerkennung nach Artikel 10 übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.

(38)

Um harmonisierte Mindeststandards für die Ausstellung von Befähigungszeugnissen zu gewährleisten sowie den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und die Durchführung, Überwachung und Bewertung der vorliegenden Richtlinie durch die Kommission zu erleichtern, sollte der Kommission die Befugnis zum Erlass von Rechtsakten gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Bezug auf die Festlegung von Befähigungsstandards, medizinischen Tauglichkeitsstandards, Standards für praktische Prüfungen, Standards für die Zulassung von Simulatoren sowie Standards für Merkmale und Bedingungen der Nutzung einer von der Kommission geführten Datenbank übertragen werden, in der die wichtigsten Angaben zu Unionsbefähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern, Bordbüchern und anerkannten Urkunden erfasst werden. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt und dass diese Konsultationen mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung (10) niedergelegt wurden. Um insbesondere eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte zu gewährleisten, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.

(39)

Es sollten Übergangsmaßnahmen nicht nur für das Problem der Befähigungszeugnisse für Schiffsführer, die gemäß der Richtlinie 96/50/EG, der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein oder bestimmten nationalen Rechtsvorschriften ausgestellt wurden, sondern auch für das Problem der Befähigungszeugnisse, die für andere Kategorien von Mitgliedern einer Decksmannschaft, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, ausgestellt wurden, vorgesehen werden. Diese Maßnahmen sollten, soweit möglich, bereits anerkannte Ansprüche bewahren sowie für qualifizierte Besatzungsmitglieder einen angemessenen Zeitraum zur Beantragung eines Unionsbefähigungszeugnisses vorsehen. Diese Maßnahmen sollten daher einen angemessenen Zeitraum vorsehen, in dem die betreffenden Zeugnisse auf den Binnenwasserstraßen der Union, für die sie vor Ablauf des Umsetzungszeitraums galten, weiterhin verwendet werden können. Diese Maßnahmen sollten außerdem für alle diese Zeugnisse ein System für den Übergang zu den neuen Vorschriften gewährleisten, insbesondere wo dies Fahrten in einem geografisch abgegrenzten Gebiet betrifft.

(40)

Die Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Berufsqualifikationen in der Binnenschifffahrt in Europa wird durch eine enge Zusammenarbeit zwischen der Union und der ZKR und durch die Ausarbeitung von CESNI-Standards erleichtert. Der Ausschuss CESNI, der Sachverständigen aus allen Mitgliedstaaten offensteht, arbeitet Standards im Bereich der Binnenschifffahrt aus, auch für die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Die europäischen Flussschifffahrtskommissionen, die einschlägigen internationalen Organisationen, die Sozialpartner und die Berufsverbände sollten umfassend in die Konzeption und die Abfassung von CESNI-Standards einbezogen werden. Wenn die in dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, sollte die Kommission beim Erlass von Durchführungsrechtsakten und delegierten Rechtsakten im Einklang mit der vorliegenden Richtlinie auf die vom CESNI ausgearbeiteten Standards Bezug nehmen.

(41)

Da das Ziel der Richtlinie, d. h. die Schaffung eines gemeinsamen Rahmens für die Anerkennung von beruflichen Mindestqualifikationen im Bereich der Binnenschifffahrt, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern wegen seiner Reichweite und Auswirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(42)

Um ein ausgewogeneres Verhältnis von Frauen und Männern in der Binnenschifffahrt zu gewährleisten, ist es wichtig, dass der Zugang von Frauen zu den entsprechenden Qualifikationen und Berufen gefördert wird.

(43)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union müssen die Informationen, die die Mitgliedstaaten der Kommission im Zusammenhang mit der Umsetzung einer Richtlinie vorlegen müssen, klar und genau sein. Dies gilt auch für diese Richtlinie, die konkret einen zielgerichteten Ansatz für die Umsetzung vorgibt.

(44)

Die Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG sollten daher aufgehoben werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL 1

GEGENSTAND, GELTUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

In dieser Richtlinie werden die Voraussetzungen und Verfahren für die Ausstellung von Zeugnissen über die Qualifikation von Personen, die an dem Betrieb eines Fahrzeugs auf Binnenwasserstraßen der Union beteiligt sind, sowie für die Anerkennung solcher Qualifikationen in den Mitgliedstaaten festgelegt.

Artikel 2

Geltungsbereich

(1)   Diese Richtlinie gilt für Mitglieder einer Decksmannschaft, Sachkundige für Flüssigerdgas sowie Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt folgender Fahrzeugarten auf Binnenwasserstraßen der Union:

a)

Schiffe mit einer Länge von 20 m oder mehr;

b)

Schiffe, deren Produkt aus Länge, Breite und Tiefgang ein Volumen von 100 m3 oder mehr ergibt;

c)

Schlepp- und Schubboote, die ausgelegt sind zum

i)

Schleppen oder Schieben von Schiffen gemäß den Buchstaben a und b,

ii)

Schleppen oder Schieben von schwimmendem Gerät,

iii)

längsseitigen Fortbewegen von Schiffen gemäß den Buchstaben a und b oder von schwimmendem Gerät;

d)

Fahrgastschiffe;

e)

Schiffe, für die eine Betriebserlaubnis gemäß Richtlinie 2008/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (11) verlangt wird;

f)

schwimmendes Gerät.

(2)   Diese Richtlinie gilt nicht für Personen, die

a)

Binnenwasserstraßen zu Sport- oder Erholungszwecken befahren;

b)

am Betrieb nicht frei fahrender Fähren beteiligt sind;

c)

am Betrieb von Fahrzeugen beteiligt sind, die von den Streitkräften, den Ordnungskräften, vom Katastrophenschutz, den Schifffahrtsbehörden, der Feuerwehr und anderen Notfalldiensten verwendet werden.

(3)   Unbeschadet des Artikels 39 Absatz 3 gilt diese Richtlinie auch nicht für Personen, die Fahrten in Mitgliedstaaten unternehmen, in denen es keine mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbundenen Binnenwasserstraßen gibt, und die ausschließlich

a)

in einem geografisch abgegrenzten Gebiet Fahrten unternehmen, bei denen die Entfernung vom Abfahrtsort zu keinem Zeitpunkt mehr als zehn Kilometer beträgt, oder

b)

jahreszeitlich fahren.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

1.

„Binnenwasserstraße“ eine für die in Artikel 2 genannten Fahrzeuge befahrbare Wasserstraße, mit Ausnahme des Meeres;

2.

„Fahrzeug“ ein Schiff oder ein schwimmendes Gerät;

3.

„Schiff“ ein Binnenschiff oder ein Seeschiff;

4.

„Schleppboot“ ein eigens zum Schleppen gebautes Schiff;

5.

„Schubboot“ ein eigens zur Fortbewegung eines Schubverbands gebautes Schiff;

6.

„Fahrgastschiff“ ein zur Beförderung von mehr als 12 Fahrgästen gebautes und eingerichtetes Schiff;

7.

„Unionsbefähigungszeugnis“ einen von einer zuständigen Behörde ausgestelltes Zeugnis, das bescheinigt, dass eine Person die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllt;

8.

„STCW-Übereinkommen“ das STCW-Übereinkommen im Sinne des Artikels 1 Nummer 21 der Richtlinie 2008/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (12);

9.

„Mitglieder einer Decksmannschaft“ Personen, die am allgemeinen Betrieb eines Fahrzeugs auf Binnenwasserstraßen der Union beteiligt sind und verschiedene Aufgaben wie beispielsweise Aufgaben im Zusammenhang mit der Navigation, der Überwachung des Betriebs des Fahrzeugs, dem Ladungsumschlag, der Ladungsstauung, der Fahrgastbeförderung, der Schiffsbetriebstechnik, der Wartung und Instandsetzung, der Kommunikation, der Gesundheit und Sicherheit sowie dem Umweltschutz ausführen, mit Ausnahme von Personen, die ausschließlich mit dem Betrieb der Maschinen, Krane oder elektrischen und elektronischen Anlagen betraut sind;

10.

„Sprechfunkzeugnis“ ein von einem Mitgliedstaat gemäß der Vollzugsordnung für den Funkdienst, die dem Internationalen Fernmeldevertrag beigefügt ist, ausgestelltes nationales Zeugnis, mit dem die Erlaubnis zum Bedienen einer Funkstelle auf einem Binnenwasserstraßenfahrzeug erteilt wird;

11.

„Sachkundiger für die Fahrgastschifffahrt“ eine an Bord tätige Person, die qualifiziert ist, in Notsituationen an Bord von Fahrgastschiffen Maßnahmen zu ergreifen;

12.

„Sachkundiger für Flüssigerdgas“ eine Person, die qualifiziert ist, am Bunkervorgang von Fahrzeugen, die Flüssigerdgas als Brennstoff nutzen, beteiligt zu sein oder der Schiffsführer eines solchen Fahrzeugs zu sein;

13.

„Schiffsführer“ ein Mitglied der Decksmannschaft, das qualifiziert ist, ein Fahrzeug auf den Binnenwasserstraßen der Mitgliedstaaten zu führen und die Gesamtverantwortung an Bord, auch für die Besatzung, die Fahrgäste und die Ladung, zu tragen;

14.

„besonderes Risiko“ ein Sicherheitsrisiko aufgrund besonderer Schifffahrtsbedingungen, für die ein Schiffsführer über eine Befähigung verfügen muss, die über die allgemeinen Befähigungsstandards für die Führungsebene hinausgeht;

15.

„Befähigung“ die nachgewiesene Fähigkeit, Kenntnisse und Fertigkeiten einsetzen zu können, die nach den festgelegten Standards für die ordnungsgemäße Ausführung der für den Betrieb von Binnenwasserfahrzeugen notwendigen Aufgaben erforderlich sind;

16.

„Führungsebene“ das Maß an Verantwortung, das mit der Funktion des Schiffsführers und der Gewährleistung, dass andere Mitglieder der Decksmannschaft alle Aufgaben im Rahmen des Betriebs eines Fahrzeugs ordnungsgemäß ausführen, verbunden ist;

17.

„Betriebsebene“ das Maß an Verantwortung, das mit der Funktion des Matrosen, Bootsmannes oder Steuermannes und der Kontrolle über die Erfüllung aller Aufgaben verbunden ist, die in den dieser Person übertragenen Verantwortungsbereich fallen und nach geeigneten Verfahren unter der Leitung einer auf der Führungsebene tätigen Person ausgeführt werden;

18.

„Großverband“ einen Schubverband, bei dem das Produkt aus Gesamtlänge und Gesamtbreite des geschobenen Fahrzeugs 7 000 m2 oder mehr beträgt;

19.

„Schifferdienstbuch“ eine persönliche Aufzeichnung der Berufserfahrung eines Besatzungsmitglieds, insbesondere Einzelheiten zu seinen Fahrzeiten und Reisen;

20.

„Bordbuch“ eine offizielle Aufzeichnung der von einem Fahrzeug und seiner Besatzung ausgeführten Reisen;

21.

„aktives Schifferdienstbuch“ oder „aktives Bordbuch“ ein für Eintragungen offenes Schifferdienst- oder Bordbuch;

22.

„Fahrzeit“ die in Tagen berechnete Zeit, die Mitglieder einer Decksmannschaft während einer Reise an Bord eines Fahrzeugs auf Binnenwasserstraßen verbringen, einschließlich Be- und Entladetätigkeiten, für die aktiver Schiffsbetrieb erforderlich ist, die von der zuständigen Behörde validiert wurde;

23.

„schwimmendes Gerät“ eine schwimmende Konstruktion mit auf ihr vorhandenen Arbeitseinrichtungen wie Krane, Bagger, Rammen, Elevatoren;

24.

„Länge“ die größte Länge des Schiffskörpers in Metern, ohne Ruder und Bugspriet;

25.

„Breite“ die größte Breite des Schiffskörpers in Metern, gemessen an der Außenseite der Beplattung (ohne Schaufelräder, Scheuerleisten und Ähnliches);

26.

„Tiefgang“ der senkrechte Abstand vom tiefsten Punkt des Schiffskörpers, ohne Berücksichtigung des Kiels oder anderer fester Anbauten, bis zur Ebene der größten Einsenkung des Schiffskörpers, in Metern;

27.

„jahreszeitlicher Betrieb“ einen auf maximal sechs Monate pro Jahr begrenzten Fahrbetrieb.

KAPITEL 2

UNIONSBEFÄHIGUNGSZEUGNISSE

Artikel 4

Verpflichtung zum Mitführen eines Unionsbefähigungszeugnisses für Mitglieder einer Decksmannschaft

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Mitglieder einer Decksmannschaft, die Binnenwasserstraßen der Union befahren, ein im Einklang mit Artikel 11 ausgestelltes Unionsbefähigungszeugnis für Mitglieder einer Decksmannschaft oder ein nach Artikel 10 Absatz 2 oder 3 anerkanntes Zeugnis mit sich führen.

(2)   Für andere Mitglieder einer Decksmannschaft als dem Schiffsführer gilt, dass ihre Unionsbefähigungszeugnisse und in Artikel 22 genannten Schifferdienstbücher in der Form einer einzigen Urkunde auszufertigen sind.

(3)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels sind Zeugnisse von am Betrieb eines Fahrzeugs beteiligten Personen, bei denen es sich nicht um Schiffsführer handelt, die gemäß der Richtlinie 2008/106/EG und somit gemäß dem STCW-Übereinkommen ausgestellt oder anerkannt wurden, auch auf Seeschiffen gültig, die auf Binnenwasserstraßen betrieben werden.

Artikel 5

Verpflichtung zum Mitführen eines Unionsbefähigungszeugnisses bei besonderen Tätigkeiten

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt und Sachkundige für Flüssigerdgas entweder ein im Einklang mit Artikel 11 ausgestelltes Unionsbefähigungszeugnis oder ein nach Artikel 10 Absatz 2 oder 3 anerkanntes Zeugnis mit sich führen.

(2)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels sind Zeugnisse von am Betrieb eines Fahrzeugs beteiligten Personen, die gemäß der Richtlinie 2008/106/EG und somit gemäß dem STCW-Übereinkommen ausgestellt oder anerkannt wurden, auch auf Seeschiffen gültig, die auf Binnenwasserstraßen betrieben werden.

Artikel 6

Verpflichtung für Schiffsführer zum Besitz besonderer Berechtigungen

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Schiffsführer besondere, im Einklang mit Artikel 12 erteilte Berechtigungen besitzen, wenn sie

a)

Wasserstraßen befahren, die gemäß Artikel 8 als Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter klassifiziert wurden;

b)

Wasserstraßen befahren, die gemäß Artikel 9 als Binnenwasserstraßenabschnitte mit besonderen Risiken ausgewiesen wurden;

c)

unter Radar fahren;

d)

Fahrzeuge führen, die mit Flüssigerdgas betrieben werden;

e)

in Großverbänden fahren.

Artikel 7

Ausnahmen in Bezug auf nationale Binnenwasserstraßen, die nicht mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind

(1)   Ein Mitgliedstaat kann Personen nach Artikel 4 Absatz 1, Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6, die ausschließlich auf nationalen Binnenwasserstraßen tätig sind, die nicht mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats — einschließlich Wasserstraßen, die als Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter klassifiziert wurden — verbunden sind, von den Verpflichtungen nach Artikel 4 Absätze 1 und 2, Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6, Artikel 22 Absatz 1 Unterabsatz 1 und Artikel 22 Absätze 3 und 6 ausnehmen.

(2)   Ein Mitgliedstaat, der Ausnahmen nach Absatz 1 gewährt, kann für die in Absatz 1 genannten Personen Befähigungszeugnisse unter Bedingungen ausstellen, die von den allgemeinen Bedingungen dieser Richtlinie abweichen, sofern durch solche Zeugnisse ein angemessenes Sicherheitsniveau gewährleistet ist. Die Anerkennung dieser Zeugnisse in anderen Mitgliedstaaten unterliegt der Richtlinie 2005/36/EG oder gegebenenfalls der Richtlinie 2005/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (13).

(3)   Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über alle nach Absatz 1 gewährten Ausnahmen. Die Kommission macht Informationen über die gewährten Ausnahmen öffentlich zugänglich.

Artikel 8

Klassifizierung von Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter

(1)   Die Mitgliedstaaten klassifizieren einen Binnenwasserstraßenabschnitt in ihrem Hoheitsgebiet als Binnenwasserstraße mit maritimem Charakter, wenn eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

a)

das Übereinkommen über die Internationalen Regeln zur Verhütung von Zusammenstößen auf See ist anwendbar;

b)

die Tonnen und Schifffahrtszeichen entsprechen denen der Seeschifffahrt;

c)

terrestrische Navigation ist auf dieser Binnenwasserstraße erforderlich; oder

d)

für die Navigation auf dieser Binnenwasserstraße wird eine Schiffsausrüstung benötigt, deren Bedienung besondere Kenntnisse erfordert.

(2)   Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission Binnenwasserstraßenabschnitte in ihrem Hoheitsgebiet, die als Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter klassifiziert wurden. Der Notifizierung an die Kommission ist eine Begründung beizufügen, die sich auf die Kriterien nach Absatz 1 stützt. Die Kommission macht umgehend eine Liste der notifizierten Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter öffentlich zugänglich.

Artikel 9

Binnenwasserstraßenabschnitte mit besonderen Risiken

(1)   Sofern erforderlich für die Sicherheit der Schifffahrt, können die Mitgliedstaaten bestimmte Binnenwasserstraßenabschnitte, die durch ihr jeweiliges Hoheitsgebiet verlaufen, nach dem in den Absätzen 2 bis 4 festgelegten Verfahren als Binnenwasserstraßenabschnitte mit besonderen Risiken ausweisen, sofern solche Risiken auf eine oder mehrere der folgenden Ursachen zurückzuführen sind:

a)

häufig wechselnde Strömungsmuster und -geschwindigkeiten;

b)

die hydromorphologischen Merkmale der Binnenwasserstraße und das Fehlen angemessener Fahrwasserinformationsdienste auf der Binnenwasserstraße beziehungsweise geeigneter Karten;

c)

das Vorhandensein einer speziellen örtlichen Verkehrsregelung, die durch besondere hydromorphologische Merkmale der Binnenwasserstraße gerechtfertigt ist, oder

d)

eine hohe Unfallhäufigkeit an bestimmten Abschnitten der Binnenwasserstraße, die darauf zurückzuführen ist, dass eine Befähigung fehlt, die nicht von den in Artikel 17 aufgeführten Standards erfasst wird.

Wenn die Mitgliedstaaten es für die Gewährleistung der Sicherheit für erforderlich erachten, konsultieren sie bei dem Verfahren zur Ausweisung der Abschnitte gemäß Unterabsatz 1 die zuständige europäische Flussschifffahrtskommission

(2)   Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission zusammen mit einer Begründung die Maßnahmen, die sie nach Absatz 1 dieses Artikels und nach Artikel 20 zu erlassen gedenken, spätestens sechs Monate vor dem vorgesehenen Datum des Erlasses dieser Maßnahmen.

(3)   Befinden sich die in Absatz 1 genannten Binnenwasserstraßenabschnitte an der Grenze zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten, stimmen die betreffenden Mitgliedstaaten sich ab und notifizieren die Kommission gemeinsam.

(4)   Gedenkt ein Mitgliedstaat eine Maßnahme zu erlassen, die nach den Kriterien der Absätze 1 und 2 dieses Artikels nicht gerechtfertigt ist, so kann die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der Notifizierung Durchführungsrechtsakte mit dem Beschluss, den Erlass der Maßnahme abzulehnen, erlassen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 33 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

(5)   Die Kommission macht die von den Mitgliedstaaten erlassenen Maßnahmen zusammen mit der in Absatz 2 genannten Begründung öffentlich zugänglich.

Artikel 10

Anerkennung

(1)   Alle in den Artikeln 4 und 5 genannten Unionsbefähigungszeugnisse sowie alle in Artikel 22 genannten Schifferdienstbücher oder Bordbücher, die von den zuständigen Behörden im Einklang mit dieser Richtlinie ausgestellt wurden, sind auf allen Binnenwasserstraßen der Union gültig.

(2)   Alle Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die gemäß der Verordnung über das Schiffspersonal auf dem Rhein, deren Anforderungen mit denen dieser Richtlinie übereinstimmen, ausgestellt wurden, sind auf allen Binnenwasserstraßen der Union gültig.

Solche Zeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die von einem Drittland ausgestellt wurden, sind nur dann auf allen Binnenwasserstraßen der Union gültig, wenn das betreffende Drittland die nach dieser Richtlinie ausgestellten Unionsurkunden in seinem Hoheitsgebiet anerkennt.

(3)   Unbeschadet des Absatzes 2 sind alle Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die gemäß den nationalen Vorschriften eines Drittlandes, deren Anforderungen mit denen dieser Richtlinie übereinstimmen, ausgestellt wurden, vorbehaltlich des Verfahrens der Absätze 4 und 5 auf allen Binnenwasserstraßen der Union gültig.

(4)   Jedes Drittland kann bei der Kommission einen Antrag auf Anerkennung der von seinen Behörden ausgestellten Zeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern stellen. Dem Antrag sind alle Angaben beizufügen, die erforderlich sind, um feststellen zu können, ob die für die Ausstellung der betreffenden Urkunden geltenden Anforderungen mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmen.

(5)   Nach Eingang eines Antrags auf Anerkennung nach Absatz 4 prüft die Kommission das System zur Erteilung von Befähigungszeugnissen in dem antragstellenden Drittland, um zu ermitteln, ob die für die Ausstellung der in dem Antrag genannten Zeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher geltenden Anforderungen mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmen.

Stimmen diese Anforderungen überein, so erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte, mit denen die vom betreffenden Drittland ausgestellten Zeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher in der Union anerkannt werden, vorausgesetzt das Drittland erkennt die nach dieser Richtlinie ausgestellten Unionsurkunden seinerseits in seinem Hoheitsgebiet an.

Bei dem Erlass eines Durchführungsrechtsakts gemäß Unterabsatz 2 dieses Absatzes gibt die Kommission genau an, für welche der in Absatz 4 dieses Artikels genannten Urkunden die Anerkennung gilt. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 33 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

(6)   Kommt ein Mitgliedstaat zu dem Schluss, dass ein Drittland die Anforderungen dieses Artikels nicht mehr erfüllt, so teilt er dies der Kommission unter Angabe der Gründe für seine Einschätzung umgehend mit.

(7)   Die Kommission prüft alle acht Jahre, ob das System zur Erteilung von Befähigungszeugnissen in dem Drittland nach Absatz 5 Unterabsatz 2 die in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllt. Stellt die Kommission fest, dass die in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen nicht mehr erfüllt sind, findet Absatz 8 Anwendung.

(8)   Stellt die Kommission fest, dass die Ausstellung der in den Absätzen 2 und 3 dieses Artikels genannten Urkunden nicht mehr auf der Grundlage von Anforderungen erfolgt, die mit den Anforderungen dieser Richtlinie übereinstimmen, so erlässt sie Durchführungsrechtsakte zur Aussetzung der Gültigkeit der nach diesen Anforderungen ausgestellten Befähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher für alle Binnenwasserstraßen der Union. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 33 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

Werden die festgestellten Mängel hinsichtlich der angewandten Standards behoben, kann die Kommission die Aussetzung jederzeit aufheben.

(9)   Die Kommission macht die Liste der Drittländer gemäß den Absätzen 2 und 3 zusammen mit den Urkunden, die auf allen Binnenwasserstraßen der Union als gültig anerkannt werden, öffentlich zugänglich.

KAPITEL 3

AUSSTELLUNG VON ZEUGNISSEN ÜBER BERUFSQUALIFIKATIONEN

ABSCHNITT I

Verfahren für die Ausstellung von Unionsbefähigungszeugnissen und besonderen Berechtigungen für Schiffsführer

Artikel 11

Ausstellung und Gültigkeit von Unionsbefähigungszeugnissen

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Personen, die einen Antrag auf Ausstellung von Unionsbefähigungszeugnissen für Mitglieder einer Decksmannschaft beziehungsweise für Unionsbefähigungszeugnisse für besondere Tätigkeiten stellen, hinreichende Nachweise zu den folgenden Aspekten vorlegen:

a)

ihrer Identität;

b)

darüber, dass sie die für die von ihnen beantragte Qualifikation erforderlichen Mindestanforderungen des Anhangs I in Bezug auf Alter, Befähigung, Einhaltung der Verwaltungsvorschriften und Fahrzeiten erfüllen;

c)

gegebenenfalls darüber, dass sie die Standards für die medizinische Tauglichkeit nach Artikel 23 erfüllen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen Unionsbefähigungszeugnisse aus, nachdem sie überprüft haben, ob die von den Antragstellern vorgelegten Urkunden echt und gültig sind und ob für die Antragsteller nicht bereits ein gültiges Unionsbefähigungszeugnis ausgestellt wurde.

(3)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung von Mustern für Unionsbefähigungszeugnisse und für die als ein einziges Dokument auszufertigenden Urkunden, in denen Unionsbefähigungszeugnisse und Schifferdienstbücher zusammengeführt werden. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 33 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

(4)   Die Gültigkeit des Unionsbefähigungszeugnisses für Mitglieder einer Decksmannschaft endet spätestens am Tag der nächsten nach Artikel 23 vorgeschriebenen ärztlichen Untersuchung.

(5)   Unbeschadet der in Absatz 4 genannten Beschränkung sind Unionsbefähigungszeugnisse für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatente) höchstens 13 Jahre gültig.

(6)   Unionsbefähigungszeugnisse für besondere Tätigkeiten sind höchstens fünf Jahre gültig.

Artikel 12

Ausstellung und Gültigkeit von besonderen Berechtigungen für Schiffsführer

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Personen, die die in Artikel 6 genannten besonderen Berechtigungen beantragen, hinreichende Nachweise zu den folgenden Aspekten vorlegen:

a)

ihrer Identität;

b)

darüber, dass sie die für die von ihnen beantragte besondere Berechtigung erforderlichen Mindestanforderungen des Anhangs I in Bezug auf Alter, Befähigung, Einhaltung der Verwaltungsvorschriften und Fahrzeiten erfüllen;

c)

darüber, dass sie über ein Unionsbefähigungszeugnis für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatent) oder ein gemäß Artikel 10 Absätze 2 und 3 anerkanntes Zeugnis verfügen oder die nach dieser Richtlinie vorgesehenen Mindestanforderungen für Unionsbefähigungszeugnisse für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatente) erfüllen.

(2)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels müssen die Antragsteller für besondere Berechtigungen für das Befahren von Binnenwasserstraßenabschnitten mit besonderen Risiken nach Artikel 6 Buchstabe b bei den in Artikel 20 Absatz 3 genannten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten hinreichende Nachweise zu den folgenden Aspekten vorlegen:

a)

ihrer Identität;

b)

darüber, dass sie die nach Artikel 20 festgelegten Befähigungsanforderungen in Bezug auf die besonderen Risiken des betreffenden Binnenwasserstraßenabschnitts erfüllen, für den die Berechtigung erforderlich ist;

c)

darüber, dass sie über ein Unionsbefähigungszeugnis für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatent) oder ein gemäß Artikel 10 Absätze 2 und 3 anerkanntes Zeugnis verfügen oder die nach dieser Richtlinie vorgesehenen Mindestanforderungen für Unionsbefähigungszeugnisse für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatente) erfüllen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen die in den Absätzen 1 und 2 genannten besonderen Berechtigungen aus, nachdem sie überprüft haben, ob die vom Antragsteller vorgelegten Urkunden echt und gültig sind.

(4)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständige Behörde, die die Unionsbefähigungszeugnisse für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatente) ausstellt, im Einklang mit dem in Artikel 11 Absatz 3 genannten Muster in dem Zeugnis (Patent) alle nach Artikel 6 ausgestellten besonderen Berechtigungen angibt. Die Gültigkeit einer solchen besonderen Berechtigung endet mit dem Ablauf der Gültigkeit des Unionsbefähigungszeugnisses.

(5)   Abweichend von Absatz 4 dieses Artikels wird die in Artikel 6 Buchstabe d genannte besondere Berechtigung nach dem in Artikel 11 Absatz 3 genannten Muster als Unionsbefähigungszeugnis für Sachkundige für Flüssigerdgas ausgestellt; ihre Gültigkeitsdauer wird nach Artikel 11 Absatz 6 festgelegt.

Artikel 13

Verlängerung von Unionsbefähigungszeugnissen und besonderen Berechtigungen für Schiffsführer

Bei Ablauf eines Unionsbefähigungszeugnisses verlängern die Mitgliedstaaten das Zeugnis und gegebenenfalls die darin enthaltenen besonderen Berechtigungen auf Antrag unter den folgenden Voraussetzungen:

a)

bei Unionsbefähigungszeugnissen für Mitglieder einer Decksmannschaft und bei besonderen Berechtigungen mit Ausnahme derjenigen nach Artikel 6 Buchstabe d müssen die in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a und c genannten hinreichenden Nachweise vorgelegt worden sein;

b)

bei Unionsbefähigungszeugnissen für besondere Tätigkeiten müssen die in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a und b genannten hinreichenden Nachweise vorgelegt worden sein.

Artikel 14

Aussetzung und Entzug von Unionsbefähigungszeugnissen und besonderen Berechtigungen für Schiffsführer

(1)   Liegen Hinweise darauf vor, dass die Anforderungen für den Besitz eines Befähigungszeugnisses oder einer besonderen Berechtigung nicht mehr erfüllt sind, nimmt der Mitgliedstaat, der das Zeugnis oder die besondere Berechtigung ausgestellt hat, alle erforderlichen Kontrollen vor und entzieht dem Inhaber gegebenenfalls das Zeugnis oder die besondere Berechtigung.

(2)   Jeder Mitgliedstaat kann die Gültigkeit eines Unionsbefähigungszeugnisses vorübergehend aussetzen, wenn er die Aussetzung aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung als erforderlich erachtet.

(3)   Die Mitgliedstaaten erfassen Aussetzungen und Entziehungen umgehend in der in Artikel 25 Absatz 2 genannten Datenbank.

ABSCHNITT II

Administrative Zusammenarbeit

Artikel 15

Kooperation

Stellt ein in Artikel 39 Absatz 3 genannter Mitgliedstaat fest, dass ein Befähigungszeugnis, das von einer zuständigen Behörde in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt wurde, die in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen nicht erfüllt, oder liegen Gründe der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung vor, so ersucht die zuständige Behörde die ausstellende Behörde, eine Aussetzung dieses Befähigungszeugnisses gemäß Artikel 14 zu prüfen. Die ersuchende Behörde setzt die Kommission über ihr Ersuchen in Kenntnis. Die Behörde, die das betreffende Befähigungszeugnis ausgestellt hat, prüft das Ersuchen und teilt der anderen Behörde ihre Entscheidung mit. Bis zur Mitteilung der Entscheidung der ausstellenden Behörde kann jede zuständige Behörde den betreffenden Personen Tätigkeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich untersagen.

Die in Artikel 39 Absatz 3 genannten Mitgliedstaaten arbeiten auch mit zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten zusammen, um dafür zu sorgen, dass die Fahrzeit und die Reisen von Inhabern von Befähigungszeugnissen und Schifferdienstbüchern, die nach dieser Richtlinie anerkannt sind, erfasst werden, sofern der Inhaber eines Schifferdienstbuches die Erfassung beantragt und die Reisen, die in einem Zeitraum von höchstens 15 Monaten vor dem Datum des Antrags auf Validierung durchgeführt wurden, validiert werden. Die in Artikel 39 Absatz 3 genannten Mitgliedstaaten unterrichten gegebenenfalls die Kommission über die Binnenwasserstraßen in ihrem Hoheitsgebiet, auf denen Befähigungen für das Befahren von Wasserstraßen mit maritimem Charakter erforderlich sind.

ABSCHNITT III

Befähigungen

Artikel 16

Anforderungen für Befähigungen

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in den Artikeln 4, 5 und 6 genannten Personen gemäß Artikel 17 über die erforderliche Befähigung für den sicheren Betrieb eines Fahrzeugs verfügen.

(2)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels wird die Befähigung für den Umgang mit besonderen Risiken nach Artikel 6 Buchstabe b im Einklang mit Artikel 20 beurteilt.

Artikel 17

Beurteilung der Befähigung

(1)   Die Kommission erlässt gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Richtlinie durch Festlegung der Standards für Befähigungen und entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten gemäß den in Anhang II aufgeführten grundlegenden Anforderungen.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Personen, die die in den Artikeln 4, 5 und 6 genannten Urkunden beantragen, gegebenenfalls durch Bestehen einer Prüfung nachweisen, dass sie die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Befähigungsstandards erfüllen, wobei die Prüfung wie folgt organisiert wurde:

a)

unter der Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde im Einklang mit Artikel 18 oder

b)

als Teil eines nach Artikel 19 zugelassenen Ausbildungsprogramms.

(3)   Der Nachweis der Einhaltung der Befähigungsstandards muss eine praktische Prüfung beinhalten, die der Erlangung folgender Urkunden dient:

a)

eines Unionsbefähigungszeugnisses für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatents);

b)

einer in Artikel 6 Buchstabe c genannten besonderen Berechtigung für das Führen eines Schiffes unter Radar;

c)

eines Unionsbefähigungszeugnisses für Sachkundige für Flüssigerdgas;

d)

eines Unionsbefähigungszeugnisses für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt.

Die zur Erlangung der unter den Buchstaben a und b dieses Absatzes genannten Urkunden durchgeführten praktischen Prüfungen können an Bord eines Fahrzeugs oder an einem Simulator, der den Anforderungen des Artikels 21 entspricht, durchgeführt werden. Bezüglich der Buchstaben c und d dieses Absatzes können praktische Prüfungen an Bord eines Fahrzeugs oder an einer geeigneten Landanlage durchgeführt werden.

(4)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Richtlinie durch Festlegung der Standards für praktische Prüfungen gemäß Absatz 3 dieses Artikels zu erlassen, in denen die besonderen Befähigungen und die Voraussetzungen, die während der praktischen Prüfungen zu prüfen sind, sowie die Mindestanforderungen für Fahrzeuge, auf denen praktische Prüfungen abgenommen werden können, festgelegt werden.

Artikel 18

Prüfung unter der Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in Artikel 17 Absatz 2 Buchstabe a genannten Prüfungen unter ihrer Zuständigkeit organisiert werden. Sie sorgen dafür, dass diese Prüfungen von Prüfern durchgeführt werden, die qualifiziert sind, die in Artikel 17 Absatz 1 genannten Befähigungen und entsprechende Kenntnisse und Fertigkeiten zu beurteilen.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen den Bewerbern, die die praktische Prüfung gemäß Artikel 17 Absatz 3 bestanden haben, ein Zeugnis über die praktische Prüfung aus, wenn diese Prüfung an einem Simulator, der den Anforderungen des Artikels 21 entspricht, durchgeführt wurde und der Bewerber die Ausstellung eines solchen Zeugnisses beantragt hat.

(3)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung von Mustern für die in Absatz 2 dieses Artikels genannten Zeugnisse über praktische Prüfungen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 33 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

(4)   Die Mitgliedstaaten erkennen die in Absatz 2 genannten Zeugnisse über praktische Prüfungen, die von den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten ausgestellt wurden, ohne weitere Anforderungen oder Beurteilungen an.

(5)   Bei schriftlichen oder computergestützten Prüfungen können die in Absatz 1 genannten Prüfer durch qualifizierte Aufsichtspersonen ersetzt werden.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Prüfer und qualifizierten Aufsichtspersonen gemäß diesem Kapitel nicht von Interessenkonflikten betroffen sind.

Artikel 19

Zulassung von Ausbildungsprogrammen

(1)   Die Mitgliedstaaten können für die in den Artikeln 4, 5 und 6 genannten Personen Ausbildungsprogramme einrichten. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass diese Ausbildungsprogramme, in deren Rahmen Zeugnisse erworben werden können, die die Erfüllung der in Artikel 17 Absatz 1 genannten Befähigungsstandards bescheinigen, von den zuständigen Behörden desjenigen Mitgliedstaats zugelassen werden, in dessen Hoheitsgebiet die betreffende Ausbildungseinrichtung ihre Ausbildungsprogramme durchführt.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Bewertung und Sicherung der Qualität der Ausbildungsprogramme durch die Anwendung eines nationalen oder internationalen Qualitätsstandards nach Artikel 27 Absatz 1 gewährleistet wird.

(2)   Die Mitgliedstaaten dürfen die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Ausbildungsprogramme nur zulassen, wenn

a)

Ausbildungsziele, Lerninhalte, Methoden, eingesetzte Medien, Verfahren, gegebenenfalls einschließlich des Einsatzes von Simulatoren, und Lernmaterialien ordnungsgemäß dokumentiert sind und sie den Bewerbern das Erreichen der in Artikel 17 Absatz 1 genannten Befähigungsstandards ermöglichen;

b)

die Programme zur Beurteilung der jeweiligen Befähigungen von qualifizierten Personen durchgeführt werden, die über fundierte Kenntnisse des Ausbildungsprogramms verfügen;

c)

von qualifizierten Prüfern, die nicht von Interessenkonflikten betroffen sind, eine Prüfung zur Feststellung der Erfüllung der in Artikel 17 Absatz 1 genannten Befähigungsstandards durchgeführt wird.

(3)   Die Mitgliedstaaten erkennen alle Zeugnisse an, die nach dem Abschluss der nach Absatz 1 von anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Ausbildungsprogramme vergeben wurden.

(4)   Die Mitgliedstaaten widerrufen die von ihnen erteilte Zulassung von Ausbildungsprogrammen oder setzen die Zulassung aus, wenn die Ausbildungsprogramme die in Absatz 2 aufgeführten Kriterien nicht mehr erfüllen.

(5)   Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission die Liste der zugelassenen Ausbildungsprogramme sowie alle Ausbildungsprogramme, deren Zulassung widerrufen oder ausgesetzt wurde. Die Kommission macht diese Informationen öffentlich zugänglich. In der Liste sind der Name des Ausbildungsprogramms, die Titel der zu vergebenden Zeugnisse, die Einrichtung, die die Zeugnisse vergibt, das Jahr des Inkrafttretens der Zulassung und die entsprechende Qualifikation sowie etwaige besondere Berechtigungen, zu deren Erwerb das betreffende Zeugnis berechtigt, aufzuführen.

Artikel 20

Beurteilung der Befähigung in Bezug auf besondere Risiken

(1)   Mitgliedstaaten, die Binnenwasserstraßenabschnitte mit besonderen Risiken im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 in ihrem Hoheitsgebiet ausweisen, bestimmen die zusätzliche Befähigung, über die Schiffsführer verfügen müssen, die diese Binnenwasserstraßenabschnitte befahren, sowie die Schritte, die zum Nachweis der Erfüllung dieser Anforderungen erforderlich sind. Wenn die Mitgliedstaaten es zur Gewährleistung der Sicherheit für erforderlich erachten, konsultieren sie bei dem Verfahren zur Bestimmung dieser Befähigungen die zuständige europäische Flussschifffahrtskommission.

Unter Berücksichtigung der für das Befahren des Binnenwasserstraßenabschnitts mit besonderen Risiken erforderlichen Befähigungen kann der Nachweis der Erfüllung dieser zusätzlichen Anforderungen wie folgt erbracht werden:

a)

anhand einer bestimmten Anzahl von Fahrten, die auf dem betreffenden Abschnitt durchgeführt wurden,

b)

anhand einer Simulatorprüfung,

c)

anhand eines Multiple-Choice-Tests,

d)

anhand einer mündlichen Prüfung oder

e)

anhand einer Kombination der Möglichkeiten nach den Buchstaben a bis d.

Bei der Anwendung dieses Absatzes wenden die Mitgliedstaaten objektive, transparente, nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Kriterien an.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Verfahren zur Beurteilung der Befähigung der Bewerber in Bezug auf besondere Risiken eingeführt und öffentlich zugängliche Instrumente bereitgestellt werden, die es Schiffsführern erleichtern, die erforderliche Befähigung in Bezug auf besondere Risiken zu erwerben.

(3)   Ein Mitgliedstaat kann die Befähigung von Bewerbern in Bezug auf die in Binnenwasserstraßenabschnitten in anderen Mitgliedstaaten bestehenden besonderen Risiken auf der Grundlage der nach Absatz 1 für diesen Binnenwasserstraßenabschnitt festgelegten Anforderungen überprüfen, wenn der Mitgliedstaat, in dem der Binnenwasserstraßenabschnitt liegt, dieser Überprüfung zustimmt. In diesem Fall stellt dieser Mitgliedstaat dem Mitgliedstaat, der die Überprüfung durchführt, die notwendigen Mittel zur Verfügung, damit er diese Überprüfung vornehmen kann. Die Mitgliedstaaten müssen eine Verweigerung der Zustimmung mit objektiven und verhältnismäßigen Gründen rechtfertigen.

Artikel 21

Einsatz von Simulatoren

(1)   Zur Beurteilung von Befähigungen eingesetzte Simulatoren müssen von den Mitgliedstaaten zugelassen werden. Diese Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn nachgewiesen ist, dass der Simulator den mittels der in Absatz 2 genannten delegierten Rechtsakte festgelegten Standards für Simulatoren entspricht. In der Zulassung ist anzugeben, welche Befähigungen am Simulator beurteilt werden dürfen.

(2)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte zur Ergänzung dieser Richtlinie durch Festlegung von Standards für die Zulassung von Simulatoren zu erlassen, in denen die funktionalen und technischen Mindestanforderungen sowie die diesbezüglichen Verwaltungsverfahren festgelegt werden, damit sichergestellt ist, dass die für eine Beurteilung der Befähigung eingesetzten Simulatoren so konstruiert sind, dass sie für die Feststellung der Befähigung gemäß den in Artikel 17 Absatz 3 genannten Standards für praktische Prüfungen geeignet sind.

(3)   Die Mitgliedstaaten erkennen ohne weitere technischen Anforderungen oder Evaluierungen die Simulatoren an, die von zuständigen Behörden in anderen Mitgliedstaaten gemäß Absatz 1 zugelassen wurden.

(4)   Die Mitgliedstaaten widerrufen die Zulassung von Simulatoren oder setzen diese Zulassung aus, wenn diese Simulatoren die in Absatz 2 genannten Standards nicht mehr erfüllen.

(5)   Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission die Liste der zugelassenen Simulatoren. Die Kommission macht diese Informationen öffentlich zugänglich.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen einen nicht-diskriminierenden Zugang zu den Simulatoren zum Zwecke der Beurteilung sicher.

ABSCHNITT IV

Fahrzeiten und medizinische Tauglichkeit

Artikel 22

Schifferdienstbuch und Bordbuch

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Schiffsführer die Fahrzeiten nach Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b und Reisen nach Artikel 20 Absatz 1 in einem Schifferdienstbuch nach Absatz 6 dieses Artikels oder in einem nach Artikel 10 Absatz 2 oder 3 anerkannten Schifferdienstbuch erfassen.

Wenn Mitgliedstaaten Artikel 7 Absatz 1 oder Artikel 39 Absatz 2 anwenden, gilt abweichend von Unterabsatz 1 dieses Absatzes die dort festgelegte Verpflichtung nur dann, wenn der Inhaber eines Schifferdienstbuches die Erfassung beantragt.

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass ihre zuständigen Behörden auf Antrag eines Besatzungsmitglieds die Daten zu den Fahrzeiten und Reisen, die innerhalb von höchstens 15 Monaten vor dem Antrag erfolgten, nach der Überprüfung der Echtheit und Gültigkeit der erforderlichen urkundlichen Nachweise in dem Schifferdienstbuch validieren. Sind elektronische Instrumente wie z. B. elektronische Schifferdienstbücher und elektronische Bordbücher, einschließlich geeigneter Verfahren zur Gewährleistung der Echtheit der Urkunden, verfügbar, so können die entsprechenden Daten ohne weitere Verfahren validiert werden.

Es werden alle Fahrzeiten berücksichtigt, die auf Binnenwasserstraßen der Mitgliedstaaten erworben werden. Bei Binnenwasserstraßen, die nicht vollständig im Gebiet der Union verlaufen, werden auch die Fahrzeiten auf Abschnitten, die außerhalb des Gebiets der Union verlaufen, berücksichtigt.

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Fahrten der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Fahrzeuge in dem in Absatz 6 des vorliegenden Artikels genannten Bordbuch oder in einem nach Artikel 10 Absatz 2 oder 3 anerkannten Bordbuch erfasst werden.

(4)   Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte zur Festlegung von Mustern für Schifferdienstbücher und Bordbücher, wobei sie die für die Durchführung dieser Richtlinie erforderlichen Informationen hinsichtlich der Identifizierung der Person, ihrer Fahrzeiten und der ausgeführten Reisen berücksichtigt. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 33 Absatz 2 genannten Beratungsverfahren erlassen.

Beim Erlass dieser Durchführungsrechtsakte berücksichtigt die Kommission, dass das Bordbuch auch zur Überprüfung von Besatzungsvorschriften und zur Erfassung der Reisen des Fahrzeugs im Zusammenhang mit der Durchführung der Richtlinie 2014/112/EU des Rates (14) herangezogen wird.

(5)   Die Kommission legt bis zum 17. Januar 2026 dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Bewertung zu fälschungssicheren elektronischen Schifferdienstbüchern, Bordbüchern und Berufsausweisen, die Unionsbefähigungszeugnisse für die Binnenschifffahrt enthalten, vor.

(6)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Besatzungsmitglieder nur ein aktives Schifferdienstbuch besitzen und dass auf dem Fahrzeug nur ein aktives Bordbuch mitgeführt wird.

Artikel 23

Medizinische Tauglichkeit

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die ein Unionsbefähigungszeugnis beantragenden Mitglieder einer Decksmannschaft ihre medizinische Tauglichkeit nachweisen, indem sie der zuständigen Behörde ein gültiges ärztliches Tauglichkeitszeugnis vorlegen, das von einem von der zuständigen Behörde anerkannten Arzt nach Durchführung und Bestehen einer Tauglichkeitsuntersuchung ausgestellt wird.

(2)   Der Antragsteller legt der zuständigen Behörde ein ärztliches Tauglichkeitszeugnis vor, wenn er Folgendes beantragt:

a)

sein erstes Unionsbefähigungszeugnis für Mitglieder einer Decksmannschaft;

b)

sein Unionsbefähigungszeugnis für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatent);

c)

die Verlängerung seines Unionsbefähigungszeugnisses für Mitglieder einer Decksmannschaft, wenn die in Absatz 3 dieses Artikels genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Ärztliche Tauglichkeitszeugnisse, die zur Erlangung eines Unionsbefähigungszeugnisses ausgestellt werden, dürfen bei der Beantragung eines Unionsbefähigungszeugnisses nicht älter als drei Monate sein.

(3)   Inhaber eines Unionsbefähigungszeugnisses für Mitglieder einer Decksmannschaft müssen ab dem 60. Lebensjahr mindestens alle fünf Jahre ihre medizinische Tauglichkeit nach Absatz 1 nachweisen. Ab dem 70. Lebensjahr müssen die Inhaber alle zwei Jahre ihre medizinische Tauglichkeit nach Absatz 1 nachweisen.

(4)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass Arbeitgeber, Schiffsführer und die Behörden der Mitgliedstaaten ein Mitglied einer Decksmannschaft auffordern können, seine medizinische Tauglichkeit nach Absatz 1 nachzuweisen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses Mitglied der Decksmannschaft die in Absatz 6 genannten Anforderungen an die medizinische Tauglichkeit nicht mehr erfüllt.

(5)   Kann der Antragsteller die medizinische Tauglichkeit nicht in vollem Umfang nachweisen, können die Mitgliedstaaten Risikominderungsmaßnahmen oder Beschränkungen zur Gewährleistung einer gleichwertigen Sicherheit der Schifffahrt auferlegen. In diesem Fall sind diese Risikominderungsmaßnahmen und Beschränkungen im Zusammenhang mit der medizinischen Tauglichkeit in das Unionsbefähigungszeugnis gemäß dem in Artikel 11 Absatz 3 genannten Muster einzutragen.

(6)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte auf der Grundlage der in Anhang III genannten grundlegenden Anforderungen an die medizinische Tauglichkeit zu erlassen, um diese Richtlinie durch die Festlegung der Standards für die medizinische Tauglichkeit samt der diesbezüglichen Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der vom Arzt durchzuführenden Untersuchungen, der Kriterien, die der Arzt zur Feststellung der Arbeitstauglichkeit anwenden muss, sowie der Liste der Beschränkungen und Risikominderungsmaßnahmen, zu ergänzen.

KAPITEL 4

VERWALTUNGSBESTIMMUNGEN

Artikel 24

Schutz personenbezogener Daten

(1)   Die Verarbeitung jeglicher personenbezogenen Daten durch die Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie erfolgt im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union über den Schutz personenbezogener Daten, insbesondere der Verordnung (EU) 2016/679.

(2)   Die Verarbeitung jeglicher personenbezogenen Daten durch die Kommission gemäß dieser Richtlinie erfolgt im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 45/2001.

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass personenbezogene Daten ausschließlich zu folgenden Zwecken verarbeitet werden:

a)

Durchführung, Durchsetzung und Bewertung dieser Richtlinie;

b)

Informationsaustausch zwischen den Behörden, die Zugang zu der in Artikel 25 genannten Datenbank haben, und der Kommission;

c)

Erstellung von Statistiken.

Aus diesen Daten abgeleitete anonymisierte Informationen können zur Unterstützung von Maßnahmen zur Förderung des Binnenschiffsverkehrs verwendet werden.

(4)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in den Artikeln 4 und 5 genannten Personen, deren personenbezogene Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, in den in Artikel 25 Absatz 1 genannten Registern und der in Artikel 25 Absatz 2 genannten Datenbank verarbeitet werden, vorab davon in Kenntnis gesetzt werden. Die Mitgliedstaaten gewähren diesen Personen Zugang zu ihren personenbezogenen Daten und übermitteln ihnen jederzeit auf Antrag eine Kopie dieser Daten.

Artikel 25

Register

(1)   Als Beitrag zu einer effizienten Verwaltung im Hinblick auf die Ausstellung, Verlängerung, Aussetzung und den Entzug von Befähigungszeugnissen führen die Mitgliedstaaten Register der Unionsbefähigungszeugnisse, Schifferdienstbücher und Bordbücher, die unter ihrer Zuständigkeit nach dieser Richtlinie ausgestellt wurden, und gegebenenfalls auch der nach Artikel 10 Absatz 2 anerkannten ausgestellten, verlängerten, ausgesetzten oder entzogenen, oder als verloren, gestohlen oder zerstört gemeldeten, oder abgelaufenen Urkunden.

Bei Unionsbefähigungszeugnissen werden in den Registern unter anderem die im Unionsbefähigungszeugnis aufgeführten Daten sowie die ausstellende Behörde erfasst.

Bei Schifferdienstbüchern werden in den Registern der Name und die Nummer des Dienstbuchinhabers, die Nummer des Schifferdienstbuchs, das Ausstellungsdatum und die ausstellende Behörde erfasst.

Bei Bordbüchern werden in den Registern der Name des Fahrzeugs, die Einheitliche Europäische Schiffsnummer (ENI-Nummer), die Nummer des Bordbuchs, das Ausstellungsdatum und die ausstellende Behörde erfasst.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die in den Registern befindlichen Angaben zu Schifferdienstbüchern und Bordbüchern durch weitere Angaben zu ergänzen, die gemäß den nach Artikel 22 Absatz 4 festgelegten Mustern für Schifferdienstbücher und Bordbücher erforderlich sind, um den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten weiter zu erleichtern.

(2)   Für die Zwecke der Durchführung, Durchsetzung und Bewertung dieser Richtlinie, zur Wahrung der Sicherheit, zur Gewährleistung der Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sowie zu statistischen Zwecken und zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den Behörden, die für die Durchführung dieser Richtlinie zuständig sind, erfassen die Mitgliedstaaten in einer von der Kommission geführten Datenbank zuverlässig und umgehend die Daten im Zusammenhang mit den in Absatz 1 genannten Befähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 31 delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die Standards für die Merkmale einer solchen Datenbank und die Voraussetzungen für deren Nutzung festzulegen, insbesondere zu:

a)

den Anweisungen für die Eingabe von Daten in die Datenbank;

b)

den Zugangsrechten der Nutzer, gegebenenfalls unterschieden nach Art des Nutzers, Art des Zugangs und Verwendungszweck der Daten;

c)

der Höchstdauer der Datenspeicherung im Einklang mit Absatz 3 dieses Artikels, gegebenenfalls unterschieden nach Art der Urkunde;

d)

den Anweisungen bezüglich des Betriebs der Datenbank und ihrer Interaktion mit den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Registern.

(3)   Alle personenbezogenen Daten, die sich in den in Absatz 1 genannten Registern oder in der in Absatz 2 genannten Datenbank befinden, dürfen nicht länger gespeichert werden, als es für die Zwecke erforderlich ist, zu denen die Daten erhoben wurden bzw. zu denen sie gemäß dieser Richtlinie weiterverarbeitet werden. Sobald diese Daten für die betreffenden Zwecke nicht mehr benötigt werden, sind sie zu vernichten.

(4)   Die Kommission kann Behörden von Drittländern oder internationalen Organisationen Zugang zu der Datenbank gewähren, sofern dies für die Zwecke des Absatzes 2 dieses Artikels notwendig ist, vorausgesetzt,

a)

die Anforderungen des Artikels 9 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 sind erfüllt und

b)

das Drittland oder die internationale Organisation schränkt nicht den Zugang der Mitgliedstaaten und der Kommission zu seiner/ihrer entsprechenden Datenbank ein.

Die Kommission stellt sicher, dass das Drittland oder die internationale Organisation die Daten an ein weiteres Drittland oder eine weitere internationale Organisation nicht ohne ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Kommission und nur unter Erfüllung der von der Kommission festgelegten Bedingungen übermittelt.

Artikel 26

Zuständige Behörden

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen gegebenenfalls die zuständigen Behörden für:

a)

die Organisation und Überwachung der in Artikel 18 genannten Prüfungen;

b)

die Zulassung der in Artikel 19 genannten Ausbildungsprogramme;

c)

die Zulassung der in Artikel 21 genannten Simulatoren;

d)

die Ausstellung, Verlängerung, Aussetzung oder den Entzug der Zeugnisse und die Ausstellung der besonderen Berechtigungen nach den Artikeln 4, 5, 6, 11, 12, 13, 14 und 38 wie auch der in Artikel 22 genannten Schifferdienstbücher und Bordbücher;

e)

die Validierung der Fahrzeiten in Schifferdienstbüchern nach Artikel 22;

f)

die Bestimmung der Ärzte, die ärztliche Tauglichkeitszeugnisse nach Artikel 23 ausstellen dürfen;

g)

das Führen der in Artikel 25 genannten Register;

h)

die Aufdeckung und Bekämpfung von Betrug und sonstigen in Artikel 29 genannten rechtswidrigen Praktiken.

(2)   Die Mitgliedstaaten nennen der Kommission alle zuständigen Behörden in ihrem Hoheitsgebiet, die sie gemäß Absatz 1 benannt haben. Die Kommission macht diese Angaben öffentlich zugänglich.

Artikel 27

Überwachung

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle Tätigkeiten von staatlichen und nichtstaatlichen Einrichtungen unter ihrer Zuständigkeit im Zusammenhang mit Ausbildung und Beurteilung der Befähigung, sowie die Ausstellung und Aktualisierung von Unionsbefähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern ständig im Rahmen eines Qualitätssicherungssystems überwacht werden, damit sichergestellt ist, dass die Ziele dieser Richtlinie erreicht werden;

(2)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die angestrebten Ausbildungsziele und die entsprechenden Befähigungsstandards klar definiert und bezüglich der zu beurteilenden Kenntnisse und Fertigkeiten festgelegt sind und im Einklang mit dieser Richtlinie geprüft werden;

(3)   Die Mitgliedstaaten sorgen unter Berücksichtigung der Strategien, Systeme, Kontrollen und internen Qualitätssicherungsprüfungen, die zur Erreichung der vorgegebenen Ziele aufgestellt wurden dafür, dass die Qualitätsstandards Folgendes umfassen:

a)

die Ausstellung, Verlängerung, Aussetzung und den Entzug von Unionsbefähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern,

b)

alle Ausbildungskurse und -programme,

c)

von den Mitgliedstaaten oder in deren Auftrag vorgenommene Prüfungen und Beurteilungen, sowie

d)

die von Ausbildern und Prüfern erwartete Qualifikation und Erfahrung.,

Artikel 28

Evaluierung

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass unabhängige Stellen die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Beurteilung von Befähigungen sowie mit der Verwaltung von Unionsbefähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern und Bordbüchern bis zum 17. Januar 2037 und anschließend mindestens alle zehn Jahre evaluieren.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Ergebnisse der Evaluierung dieser unabhängigen Stellen ordnungsgemäß dokumentiert und den betreffenden zuständigen Behörden vorgelegt werden. Falls erforderlich, ergreifen die Mitgliedstaaten Maßnahmen, um alle bei der unabhängigen Evaluierung festgestellten Mängel zu beheben.

Artikel 29

Prävention von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Praktiken

(1)   Die Mitgliedstaaten ergreifen geeignete Maßnahmen zur Prävention von Betrug und anderen rechtswidrigen Praktiken im Zusammenhang mit den in dieser Richtlinie vorgesehenen Unionsbefähigungszeugnissen, Schifferdienstbüchern, Bordbüchern, ärztlichen Tauglichkeitszeugnissen und Registern.

(2)   Die Mitgliedstaaten tauschen einschlägige Informationen mit den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten über die Ausstellung von Befähigungszeugnissen für Personen aus, die im Betrieb von Fahrzeugen tätig sind, einschließlich Informationen über die Aussetzung und den Entzug von Zeugnissen. Hierbei wahren sie uneingeschränkt die in der Verordnung (EU) 2016/679 festgelegten Grundsätze des Schutzes personenbezogener Daten.

Artikel 30

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten erlassen Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Vorschriften zu verhängen sind, und treffen alle für die Anwendung der Sanktionen erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

KAPITEL 5

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 31

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 17 Absätze 1 und 4, Artikel 21 Absatz 2, Artikel 23 Absatz 6 und Artikel 25 Absätze 1 und 2 wird der Kommission für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem 16. Januar 2018 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung nach diesem Artikel kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts konsultiert die Kommission die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen, im Einklang mit den in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung enthaltenen Grundsätzen.

(5)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(6)   Ein delegierter Rechtsakt, der nach diesem Artikel erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 32

CESNI-Standards und delegierte Rechtsakte

Delegierte Rechtsakte, die nach dieser Richtlinie erlassen wurden — außer solchen, die auf Artikel 25 beruhen —, haben auf die vom CESNI festgelegten Standards zu verweisen, sofern

a)

diese Standards verfügbar und auf dem aktuellen Stand sind;

b)

diese Standards gegebenenfalls einschlägige in den Anhängen festgelegten Anforderungen erfüllen;

c)

die Interessen der Union durch Änderungen am Beschlussfassungsverfahren des CESNI nicht beeinträchtigt werden.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Kommission andere Standards vorsehen oder auf solche verweisen.

Verweisen nach dieser Richtlinie erlassene delegierte Rechtsakte auf Standards, nimmt die Kommission den gesamten Wortlaut dieser Standards in diese delegierten Rechtsakte auf und fügt in Anhang IV den einschlägigen Verweis ein bzw. aktualisiert diesen und fügt den Beginn der Anwendung ein.

Artikel 33

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Bezugnahmen auf den Ausschuss, der nach Artikel 7 der durch diese Richtlinie aufgehobenen Richtlinie 91/672/EWG eingesetzt wurde, gelten als Verweise auf den durch diese Richtlinie eingesetzten Ausschuss.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

Wird die Stellungnahme des Ausschusses im schriftlichen Verfahren eingeholt, wird das Verfahren ohne Ergebnis abgeschlossen, wenn der Vorsitz des Ausschusses dies innerhalb der Frist für die Abgabe der Stellungnahme beschließt.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Wird die Stellungnahme des Ausschusses im schriftlichen Verfahren eingeholt, so kann der Vorsitz beschließen, das Verfahren innerhalb der Frist für die Übermittlung der Stellungnahme ohne Ergebnis abzuschließen.

Artikel 34

CESNI-Standards und Durchführungsrechtsakte

Beim Erlass der Durchführungsrechtsakte nach Artikel 11 Absatz 3, Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 22 Absatz 4 verweist die Kommission auf die vom CESNI festgelegten Standards und legt den Beginn der Anwendung fest, sofern

a)

diese Standards verfügbar und auf dem aktuellen Stand sind;

b)

diese Standards gegebenenfalls einschlägige in den Anhängen festgelegte Anforderungen erfüllen;

c)

die Interessen der Union durch Änderungen am Beschlussfassungsverfahren des CESNI nicht beeinträchtigt werden.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann die Kommission andere Standards vorsehen oder auf solche verweisen.

Verweisen nach dieser Richtlinie erlassene Durchführungsrechtsakte auf Standards, nimmt die Kommission den gesamten Wortlaut dieser Standards in diese Durchführungsrechtsakte auf.

Artikel 35

Überprüfung

(1)   Die Kommission überprüft diese Richtlinie zusammen mit den Durchführungsrechtsakten und den delegierten Rechtsakten, die in dieser Richtlinie genannt sind, und legt dem Europäischen Parlament und dem Rat die Ergebnisse der Überprüfung spätestens bis zum 17. Januar 2030 vor.

(2)   Bis zum 17. Januar 2028 stellt jeder Mitgliedstaat der Kommission im Einklang mit den von der Kommission in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten bereitgestellten Leitlinien über die Erhebung von Informationen, deren Format und deren Inhalt die für die Zwecke der Überwachung der Durchführung und der Bewertung dieser Richtlinie notwendigen Informationen zur Verfügung.

Artikel 36

Schrittweise Einführung

(1)   Die Kommission erlässt die in Artikel 17 Absätze 1 und 4, Artikel 21 Absatz 2, Artikel 23 Absatz 6 und Artikel 25 Absätze 1 und 2 genannten delegierten Rechtsakte bis zum 17. Januar 2020.

Spätestens 24 Monate nach dem Erlass der in Artikel 25 Absatz 2 genannten delegierten Rechtsakte richtet die Kommission die Datenbank nach jenem Artikel ein.

(2)   Die Kommission erlässt die in Artikel 11 Absatz 3, Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 22 Absatz 4 genannten Durchführungsrechtsakte bis zum 17. Januar 2020.

Artikel 37

Aufhebung

Die Richtlinien 91/672/EWG und 96/50/EG werden mit Wirkung vom 18. Januar 2022 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Richtlinie.

Artikel 38

Übergangsbestimmungen

(1)   Nach der Richtlinie 96/50/EG ausgestellte Schiffsführerpatente und die in Artikel 1 Absatz 6 der Richtlinie 96/50/EG genannten Patente sowie die in Artikel 1 Absatz 5 der Richtlinie 96/50/EG genannten Rheinschifferpatente, die vor dem 18. Januar 2022 ausgestellt wurden, bleiben noch höchstens 10 Jahre nach dem genannten Datum auf den Binnenwasserstraßen der Union gültig, auf denen sie vor Ablauf der Frist gültig waren.

Vor dem 18. Januar 2032 stellt der Mitgliedstaat, der die in Unterabsatz 1 genannten Patente ausgestellt hat, Schiffsführern, die Inhaber solcher Patente gemäß dem in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Muster sind, auf deren Antrag ein Unionsbefähigungszeugnis oder ein Zeugnis nach Artikel 10 Absatz 2 dieser Richtlinie aus, vorausgesetzt, dass der Schiffsführer die in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a und c genannten hinreichenden Nachweise vorgelegt hat.

(2)   Bei der Ausstellung von Unionsbefähigungszeugnissen nach Absatz 1 schützen die Mitgliedstaaten zuvor erworbene Berechtigungen so weit wie möglich, insbesondere hinsichtlich der in Artikel 6 genannten besonderen Berechtigungen.

(3)   Besatzungsmitglieder, die nicht der Schiffsführer sind und ein von einem Mitgliedstaat vor dem 18. Januar 2022 ausgestelltes Befähigungszeugnis oder eine Qualifikation besitzen, das in einem oder mehreren Mitgliedstaaten anerkannt wird, können dieses Zeugnis oder diese Qualifikation noch höchstens zehn Jahre nach Ablauf der Frist nutzen. In dieser Zeit können sich diese Besatzungsmitglieder für die Zwecke der Anerkennung ihrer Qualifikation durch die Behörden anderer Mitgliedstaaten weiterhin auf die Richtlinie 2005/36/EG berufen. Vor dem Ablauf dieses Zeitraums können sie bei einer zuständigen Behörde, die solche Zeugnisse ausstellt, die Ausstellung eines Unionsbefähigungszeugnisses oder eines Zeugnisses in Anwendung des Artikels 10 Absatz 2 beantragen, vorausgesetzt, dass sie die in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a und c genannten hinreichenden Nachweise vorgelegt haben.

Beantragt ein in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genanntes Besatzungsmitglied ein Unionsbefähigungszeugnis oder ein Zeugnis gemäß Artikel 10 Absatz 2, sorgt der Mitgliedstaat dafür, dass ein Befähigungszeugnis ausgestellt wird, bei dem die Befähigungsanforderungen denen des zu ersetzenden Zeugnisses ähneln oder niedriger als diese sind. Ein Zeugnis, bei dem die Anforderungen höher sind als die Anforderungen des zu ersetzenden Zeugnisses, wird nur dann ausgestellt, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

für das Unionsbefähigungszeugnis für Matrosen: 540 Tage Fahrzeit, davon mindestens 180 Tage in der Binnenschifffahrt;

b)

für das Unionsbefähigungszeugnis für Bootsmänner: 900 Tage Fahrzeit, davon mindestens 540 Tage in der Binnenschifffahrt;

c)

für das Unionsbefähigungszeugnis für Steuerleute: 1 080 Tage Fahrzeit, davon mindestens 720 Tage in der Binnenschifffahrt.

Die Fahrerfahrung wird anhand eines Schifferdienstbuchs, eines Bordbuchs oder anderer Belege nachgewiesen.

Die Mindestdauer der Fahrzeiten nach Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c dieses Absatzes kann um höchstens 360 Tage Fahrzeit verkürzt werden, wenn der Bewerber Inhaber eines von der zuständigen Behörde anerkannten Zeugnisses über eine Fachausbildung auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt ist, die eine praktische Ausbildung im Führen von Schiffen umfasst. Die Verkürzung der Mindestdauer darf die Dauer der Fachausbildung nicht überschreiten.

(4)   Schifferdienstbücher und Bordbücher, die vor dem 18. Januar 2022 nach anderen Vorschriften als denen dieser Richtlinie ausgestellt wurden, können noch höchsten zehn Jahre nach dem 18. Januar 2022 weitergeführt werden.

(5)   Abweichend von Absatz 3 gilt für Besatzungsmitglieder von Fähren, die nationale Zeugnisse besitzen, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/50/EG fallen und vor dem 18. Januar 2022 ausgestellt wurden, dass solche Zeugnisse noch höchstens 20 Jahre auf den Binnenwasserstraßen der Union gültig bleiben, auf denen sie vor diesem Datum gültig waren.

Vor dem Ablauf dieses Zeitraums können die Besatzungsmitglieder von Fähren bei einer zuständigen Behörde, die derartige Zeugnisse ausstellt, die Ausstellung eines Unionsbefähigungszeugnisses oder eines Zeugnisses gemäß Artikel 10 Absatz 2 beantragen, vorausgesetzt, dass sie die in Artikel 11 Absatz 1 Buchstaben a und c genannten hinreichenden Nachweise vorlegen. Absatz 3 Unterabsätze 2 und 3 dieses Artikels gelten entsprechend.

(6)   Abweichend von Artikel 4 Absatz 1 können Mitgliedstaaten bis zum 17. Januar 2038 Schiffsführern von Seeschiffen gestatten, beim Befahren besonderer Binnenwasserstraßen ein Befähigungszeugnis für Kapitäne mitzuführen, das im Einklang mit den Bestimmungen des STCW-Übereinkommens ausgestellt wurde, sofern

a)

dieses Befahren einer Binnenwasserstraße zu Beginn oder am Ende einer Seefahrt erfolgt und

b)

der Mitgliedstaat die in diesem Absatz genannten Zeugnisse zum 16. Januar 2018 für mindestens fünf Jahre auf den betreffenden Binnenwasserstraßen anerkannt hat.

Artikel 39

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 17. Januar 2022 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels muss ein Mitgliedstaat, in dem alle in Artikel 4 Absatz 1, Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 6 genannten Personen ausschließlich auf nationalen Binnenwasserstraßen tätig sind, die nicht mit dem Wasserstraßennetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind, nur diejenigen Vorschriften in Kraft setzen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Artikel 7, 8 und 10 in Bezug auf die Anerkennung von Befähigungszeugnissen und des Schifferdienstbuches, des Artikels 14 Absätze 2 und 3 in Bezug auf Aussetzungen, des Artikels 22 Absatz 1 Unterabsatz 2, des Artikels 22 Absatz 2, des Artikels 26 Absatz 1 Buchstabe d (gegebenenfalls), des Artikels 26 Absatz 1 Buchstaben e und h, des Artikels 26 Absatz 2 und des Artikels 29 in Bezug auf die Prävention von Betrug, des Artikels 30 in Bezug auf Sanktionen sowie des Artikels 38 mit Ausnahme von dessen Absatz 2 in Bezug auf die Übergangsbestimmungen sicherzustellen. Der betreffende Mitgliedstaat setzt diese Vorschriften bis zum 17. Januar 2022 in Kraft.

Dieser Mitgliedstaat darf keine Unionsbefähigungszeugnisse ausstellen und keine Ausbildungsprogramme oder Simulatoren zulassen, bis er die verbleibenden Bestimmungen dieser Richtlinie umgesetzt und angewandt und die Kommission darüber unterrichtet hat.

(3)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels muss ein Mitgliedstaat, in dem alle Personen nach Artikel 2 Absatz 3 ausgenommen sind, nur diejenigen Vorschriften in Kraft setzen, die erforderlich sind, um die Einhaltung des Artikels 10 in Bezug auf die Anerkennung der Befähigungszeugnisse und des Schifferdienstbuches, des Artikels 38 in Bezug auf die Anerkennung von gültigen Befähigungszeugnissen und des Artikels 15 sicherzustellen. Der betreffende Mitgliedstaat setzt diese Vorschriften bis zum 17. Januar 2022 in Kraft.

Dieser Mitgliedstaat darf keine Unionsbefähigungszeugnisse ausstellen und keine Ausbildungsprogramme oder Simulatoren zulassen, bis er die verbleibenden Bestimmungen dieser Richtlinie umgesetzt und angewandt und die Kommission darüber unterrichtet hat.

(4)   Abweichend von Absatz 1 dieses Artikels ist ein Mitgliedstaat nicht verpflichtet, diese Richtlinie umzusetzen, solange die Binnenschifffahrt in seinem Hoheitsgebiet technisch nicht möglich ist.

Dieser Mitgliedstaat darf keine Unionsbefähigungszeugnisse ausstellen und keine Ausbildungsprogramme oder Simulatoren zulassen, bis er die Bestimmungen dieser Richtlinie umgesetzt und angewandt und die Kommission darüber unterrichtet hat.

(5)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten nationalen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Bereich erlassen.

Artikel 40

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 41

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 389 vom 21.10.2016, S. 93.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 14. November 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 4. Dezember 2017.

(3)  Richtlinie 91/672/EWG des Rates vom 16. Dezember 1991 über die gegenseitige Anerkennung der einzelstaatlichen Schifferpatente für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr (ABl. L 373 vom 31.12.1991, S. 29).

(4)  Richtlinie 96/50/EG des Rates vom 23. Juli 1996 über die Harmonisierung der Bedingungen für den Erwerb einzelstaatlicher Schifferpatente für den Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr in der Gemeinschaft (ABl. L 235 vom 17.9.1996, S. 31).

(5)  Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22).

(6)  Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz (ABl. L 216 vom 20.8.1994, S. 12).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

(8)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(9)  Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(10)  ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(11)  Richtlinie 2008/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über die Beförderung gefährlicher Güter im Binnenland (ABl. L 260 vom 30.9.2008, S. 13).

(12)  Richtlinie 2008/106/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Mindestanforderungen für die Ausbildung von Seeleuten (ABl. L 323 vom 3.12.2008, S. 33).

(13)  Richtlinie 2005/45/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die gegenseitige Anerkennung von Befähigungszeugnissen der Mitgliedstaaten für Seeleute und zur Änderung der Richtlinie 2001/25/EG (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 160).

(14)  Richtlinie 2014/112/EU des Rates vom 19. Dezember 2014 zur Durchführung der von der Europäischen Binnenschifffahrtsunion (EBU), der Europäischen Schifferorganisation (ESO) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) geschlossenen Europäischen Vereinbarung über die Regelung bestimmter Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der Binnenschifffahrt (ABl. L 367 vom 23.12.2014, S. 86).


ANHANG I

MINDESTANFORDERUNGEN IN BEZUG AUF ALTER, EINHALTUNG DER VERWALTUNGSVORSCHRIFTEN, BEFÄHIGUNG UND FAHRZEITEN

Die in diesem Anhang festgelegten Mindestanforderungen an die Qualifikationen von Mitgliedern einer Decksmannschaft sind als stufenweise aufsteigendes Qualifikationsniveau zu verstehen, mit Ausnahme der Qualifikationen für Decksleute und Auszubildende, die auf demselben Niveau einzustufen sind.

1.   Qualifikationen von Mitgliedern einer Decksmannschaft auf dem Einstiegsniveau

1.1.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Decksleute

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

mindestens das 16. Lebensjahr vollendet haben;

eine grundlegende Sicherheitsausbildung entsprechend den nationalen Anforderungen abgeschlossen haben.

1.2.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Auszubildende

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

mindestens das 15. Lebensjahr vollendet haben;

einen Ausbildungsvertrag geschlossen haben, nach dem ein nach Artikel 19 zugelassenes Ausbildungsprogramm vorgesehen ist.

2.   Qualifikationen für Mitglieder einer Decksmannschaft auf der Betriebsebene

2.1.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Matrosen

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

a)

mindestens das 17. Lebensjahr vollendet haben;

ein zugelassenes, mindestens zwei Jahre umfassendes Ausbildungsprogramm nach Artikel 19 absolviert haben, das auf den in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene beruht;

eine Fahrzeit von mindestens 90 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms vorweisen können;

oder

b)

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

eine Beurteilung seiner Befähigung bei einer Verwaltungsbehörde nach Artikel 18 bestanden haben, in deren Rahmen überprüft wurde, dass die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene erfüllt sind;

eine Fahrzeit von mindestens 360 Tagen vorweisen können — oder von mindestens 180 Tagen, wenn der Bewerber zusätzlich eine als Mitglied einer Decksmannschaft auf einem Seeschiff erworbene Berufserfahrung von mindestens 250 Tagen nachweisen kann;

oder

c)

über eine vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm erworbene Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren oder eine vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm erworbene Berufserfahrung von mindestens 500 Tagen als Mitglied einer Decksmannschaft auf einem Seeschiff verfügen oder vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm ein mindestens drei Jahre umfassendes, beliebiges Berufsausbildungsprogramm absolviert haben;

ein nach Artikel 19 zugelassenes, mindestens neun Monate umfassendes Ausbildungsprogramm absolviert haben, das die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene umfasst;

eine Fahrzeit von mindestens 90 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms vorweisen können.

2.2.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Bootsmänner

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

a)

eine als Matrose geleistete Fahrzeit von mindestens 180 Tagen vorweisen können;

oder

b)

ein nach Artikel 19 zugelassenes, mindestens drei Jahre umfassendes Ausbildungsprogramm absolviert haben, das die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene umfasst;

eine Fahrzeit von mindestens 270 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms vorweisen können.

2.3.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Steuerleute

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

a)

eine als Bootsmann geleistete Fahrzeit von mindestens 180 Tagen vorweisen können;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen;

oder

b)

ein nach Artikel 19 zugelassenes, mindestens drei Jahre umfassendes Ausbildungsprogramm absolviert haben, das die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene umfasst;

eine Fahrzeit von mindestens 360 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms vorweisen können;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen;

oder

c)

über eine Berufserfahrung von mindestens 500 Tagen als Schiffsführer auf See verfügen;

eine Beurteilung seiner Befähigung bei einer Verwaltungsbehörde nach Artikel 18 bestanden haben, in deren Rahmen überprüft wurde, dass die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Betriebsebene erfüllt sind;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen.

3.   Qualifikationen für Mitglieder einer Decksmannschaft auf der Führungsebene

3.1.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Schiffsführer (Schiffsführerpatente)

Jeder Bewerber um ein Unionsbefähigungszeugnis muss

a)

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

ein nach Artikel 19 zugelassenes, mindestens drei Jahre umfassendes Ausbildungsprogramm absolviert haben, das die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Führungsebene umfasst;

eine Fahrzeit von mindestens 360 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms oder nach dessen Abschluss vorweisen können;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen;

oder

b)

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

über das Unionsbefähigungszeugnis für Steuerleute oder ein Zeugnis für Steuerleute, das nach Artikel 10 Absatz 2 oder Absatz 3 anerkannt wurde, verfügen;

eine Fahrzeit von mindestens 180 Tagen vorweisen können;

eine Beurteilung seiner Befähigung bei einer Verwaltungsbehörde nach Artikel 18 bestanden haben, in deren Rahmen überprüft wurde, dass die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Führungsebene erfüllt sind;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen;

oder

c)

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

eine Fahrzeit von mindestens 540 Tagen vorweisen können — oder von mindestens 180 Tagen, wenn der Bewerber zusätzlich eine als Mitglied einer Decksmannschaft auf einem Seeschiff erworbene Berufserfahrung von mindestens 500 Tagen nachweisen kann;

eine Beurteilung seiner Befähigung bei einer Verwaltungsbehörde nach Artikel 18 bestanden haben, in deren Rahmen überprüft wurde, dass die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Führungsebene erfüllt sind;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen;

oder

d)

über eine vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm erworbene Berufserfahrung von mindestens fünf Jahren oder eine vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm erworbene Berufserfahrung von mindestens 500 Tagen als Mitglied einer Decksmannschaft auf einem Seeschiff verfügen oder ein vor der Einschreibung in ein zugelassenes Ausbildungsprogramm erworbenes, mindestens drei Jahre umfassendes beliebiges Berufsausbildungsprogramm absolviert haben;

ein nach Artikel 19 zugelassenes, mindestens anderthalb Jahre umfassendes Ausbildungsprogramm absolviert haben, das die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für die Führungsebene umfasst;

eine Fahrzeit von mindestens 180 Tagen als Teil dieses zugelassenen Ausbildungsprogramms und von mindestens 180 Tage nach dessen Abschluss vorweisen können;

über ein Sprechfunkzeugnis verfügen.

3.2.   Mindestanforderungen für besondere Berechtigungen für Unionsbefähigungszeugnisse für Schiffsführer (Unionsschiffsführerpatente)

3.2.1.   Wasserstraßen mit maritimem Charakter

Jeder Bewerber muss

die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für das Befahren von Wasserstraßen mit maritimem Charakter erfüllen.

3.2.2.   Radar

Jeder Bewerber muss

die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für das Führen von Schiffen unter Radar erfüllen.

3.2.3.   Flüssigerdgas

Jeder Bewerber muss

über ein in Abschnitt 4.2 genanntes Unionsbefähigungszeugnis für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG) verfügen.

3.2.4.   Großverbände

Jeder Antragsteller muss eine Fahrzeit von mindestens 720 Tagen vorweisen können, davon mindestens 540 Tage als Schiffsführer und mindestens 180 Tage als Führer eines Großverbands.

4.   Qualifikationen für besondere Tätigkeiten

4.1.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt

 

Jeder Bewerber um das erste Unionsbefähigungszeugnis für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt muss

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt erfüllen.

 

Jeder Bewerber um eine Verlängerung eines Unionsbefähigungszeugnisses für Sachkundige für die Fahrgastschifffahrt muss

eine erneute Verwaltungsprüfung ablegen oder im Einklang mit Artikel 17 Absatz 2 ein neues zugelassenes Ausbildungsprogramm absolvieren.

4.2.   Mindestanforderungen für die Ausstellung eines Befähigungszeugnisses für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG)

 

Jeder Bewerber um das erste Unionsbefähigungszeugnis für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG) muss

mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben;

die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG) erfüllen.

 

Jeder Bewerber um eine Verlängerung eines Unionsbefähigungszeugnisses für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG) muss

a)

die folgenden Fahrzeiten an Bord eines mit Flüssigerdgas als Brennstoff betriebenen Fahrzeugs vorweisen können:

mindestens 180 Tage während der zurückliegenden fünf Jahre, oder

mindestens 90 Tage im vorangegangenen Jahr

oder

b)

die in Anhang II festgelegten Befähigungsstandards für Sachkundige für Flüssigerdgas (LNG) erfüllen.


ANHANG II

GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN AN DIE BEFÄHIGUNG

1.   Grundlegende Befähigungsanforderungen auf der Betriebsebene

1.1.   Navigation

Der Matrose unterstützt die Führung eines Fahrzeugs beim Manövrieren und Steuern eines Fahrzeugs auf Binnenwasserstraßen. Der Matrose muss diese Unterstützung auf allen Arten von Wasserstraßen und in allen Arten von Häfen leisten können. Der Matrose muss insbesondere in der Lage sein,

beim Fertigmachen des Fahrzeugs zur Fahrt zu helfen, damit unter allen Umständen eine sichere Fahrt gewährleistet ist;

Unterstützung beim Festmachen und Ankern zu leisten;

Unterstützung beim nautisch sicheren und ökonomischen Fahrbetrieb und Manövrieren des Fahrzeugs zu leisten.

1.2.   Betrieb des Fahrzeugs

Der Matrose muss in der Lage sein,

die Führung des Fahrzeugs bei der Überwachung des Fahrzeugbetriebs und der Fürsorge für die an Bord befindlichen Personen zu unterstützen;

die Ausrüstung des Fahrzeugs zu verwenden.

1.3.   Ladungsumschlag, Ladungsstauung und Fahrgastbeförderung

Der Matrose muss in der Lage sein,

die Führung des Fahrzeugs bei der Vorbereitung, Stauung und Überwachung der Ladung während des Be- und Entladens zu unterstützen;

die Schiffsführung bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für die Fahrgäste zu unterstützen;

Menschen mit Behinderung sowie Personen mit eingeschränkter Mobilität gemäß der Unterweisung und den Instruktionen nach Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) direkte Unterstützung zu leisten.

1.4.   Schiffsbetriebstechnik und Elektrotechnik, Elektronik und Leittechnik

Der Matrose muss in der Lage sein,

die Führung des Fahrzeugs in Fragen der Schiffsbetriebstechnik, Elektrotechnik, Elektronik und Leittechnik zu unterstützen, um die allgemeine technische Sicherheit zu gewährleisten;

Wartungsarbeiten an der Ausrüstung in den Bereichen Schiffsbetriebstechnik, Elektrotechnik, Elektronik und Leittechnik durchzuführen, um die allgemeine technische Sicherheit zu gewährleisten.

1.5.   Wartung und Instandsetzung

Der Matrose muss in der Lage sein,

die Führung des Fahrzeugs bei der Wartung und Instandsetzung des Fahrzeugs, seiner Anlagen und seiner Ausrüstung zu unterstützen.

1.6.   Kommunikation

Der Matrose muss in der Lage sein,

allgemein und fachgerecht zu kommunizieren; dazu gehört auch die Fähigkeit, im Falle von Kommunikationsproblemen Standardredewendungen zu verwenden;

umgänglich zu sein.

1.7.   Gesundheit, Sicherheit und Umweltschutz

Der Matrose muss in der Lage sein,

sicherheitsbezogene Arbeitsvorschriften einzuhalten und die Bedeutung der Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften und die Bedeutung der Umwelt zu verstehen;

die Bedeutung der Ausbildung zur Sicherheit an Bord zu würdigen und in Notfällen umgehend zu handeln;

Brandschutzmaßnahmen zu ergreifen und Brandbekämpfungsgeräte ordnungsgemäß zu bedienen;

seine Aufgaben unter Berücksichtigung der Bedeutung des Umweltschutzes wahrzunehmen.

2.   Grundlegende Befähigungsanforderungen auf der Führungsebene

2.0.   Aufsicht

Der Schiffsführer muss in der Lage sein:

gemäß Abschnitt 1 dieses Anhangs anderen Mitgliedern der Decksmannschaft Anweisungen zu erteilen und die von ihnen ausgeführten Aufgaben zu überwachen, was ausreichende Fähigkeiten zur Ausführung dieser Aufgaben voraussetzt.

2.1.   Navigation

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

Reisen zu planen und auf Binnenwasserstraßen zu navigieren; dazu gehört auch die Fähigkeit, unter Berücksichtigung der geltenden Verkehrsregeln und der geltenden vereinbarten Regeln im Bereich der Binnenschifffahrt die logischste, wirtschaftlichste und umweltfreundlichste Reiseroute zum Be- bzw. Entladeziel auszuwählen;

seine Kenntnisse der geltenden Besatzungsvorschriften, einschließlich seiner Kenntnisse betreffend Ruhezeiten und die Zusammensetzung der Mitglieder einer Decksmannschaft, anzuwenden;

bei Gewährleistung des sicheren Betriebs des Fahrzeugs unter allen Bedingungen auf Binnenwasserstraßen Fahrzeuge zu führen und zu manövrieren; dies gilt auch für Situationen mit hohem Verkehrsaufkommen oder Situationen, in denen andere Fahrzeuge Gefahrgut befördern, wofür Grundkenntnisse des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf Binnenwasserstraßen (ADN) erforderlich sind;

auf navigatorische Notfälle auf Binnenwasserstraßen zu reagieren.

2.2.   Betrieb des Fahrzeugs

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

seine Kenntnisse der Konstruktion und des Baus von Binnenschiffen auf den Betrieb unterschiedlicher Arten von Fahrzeugen anzuwenden, und er muss über Grundkenntnisse der technischen Vorschriften für Binnenschiffe gemäß der Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) verfügen;

die vorgeschriebene Ausrüstung gemäß dem geltenden Zeugnis des Fahrzeugs zu kontrollieren und zu überwachen.

2.3.   Ladungsumschlag, Ladungsstauung und Fahrgastbeförderung

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

die Sicherheit beim Beladen, Stauen, Befestigen und Entladen sowie die Ladungsfürsorge während der Reise zu planen und zu gewährleisten;

die Stabilität des Fahrzeugs zu planen und zu gewährleisten;

die sichere Beförderung von Fahrgästen und deren Fürsorge während der Fahrt zu planen und zu gewährleisten, einschließlich der unmittelbaren Hilfeleistung für Menschen mit Behinderung sowie Personen mit eingeschränkter Mobilität gemäß der Unterweisung und den Instruktionen nach Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010.

2.4.   Schiffsbetriebstechnik und Elektrotechnik, Elektronik und Leittechnik

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

den Arbeitsablauf in den Bereichen Schiffsbetriebstechnik und Elektrotechnik, Elektronik und Leittechnik zu planen;

die Antriebsmaschinen und die Hilfsmaschinen und -ausrüstung zu überwachen;

in Bezug auf die Pumpe und das Pumpenkontrollsystem des Fahrzeugs zu planen und Anweisungen zu geben;

die sichere Verwendung und Bedienung, Wartung und Instandsetzung der elektrotechnischen Geräte des Fahrzeugs zu organisieren;

die sichere Wartung und Instandsetzung der technischen Anlagen zu kontrollieren.

2.5.   Wartung und Instandsetzung

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

die sichere Wartung und Instandsetzung des Fahrzeugs und seiner Ausrüstung zu organisieren.

2.6.   Kommunikation

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

Personal zu führen, sich sozial verantwortlich zu verhalten sowie für die Organisation der Arbeitsabläufe und die Ausbildung an Bord des Fahrzeugs zu sorgen;

jederzeit eine gute Kommunikation zu gewährleisten, wozu auch die Verwendung von Standardredewendungen im Falle von Kommunikationsproblemen gehört;

ein ausgewogenes und geselliges Arbeitsumfeld an Bord zu fördern.

2.7.   Gesundheit, Sicherheit, Fahrgastrechte und Umweltschutz

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

die geltenden rechtlichen Anforderungen zu verfolgen und Maßnahmen zum Schutz des menschlichen Lebens zu ergreifen;

für den Schutz und die Sicherheit der an Bord befindlichen Personen zu sorgen, einschließlich der unmittelbaren Hilfeleistung für Menschen mit Behinderung sowie Personen mit eingeschränkter Mobilität gemäß der Unterweisung und den Instruktionen nach Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010;

Notfall- und Schadensbegrenzungspläne aufzustellen und Notfallsituationen zu bewältigen;

für die Einhaltung der Umweltschutzanforderungen zu sorgen.

3.   Grundlegende Befähigungsanforderungen für besondere Berechtigungen

3.1.   Befahren von Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

mit aktuellem Kartenmaterial, Nachrichten für Schiffsführer und Seefahrer sowie anderen, für Wasserstraßen mit maritimem Charakter bestimmten Veröffentlichungen zu arbeiten;

mit Gezeitenhöhen, -ströme, -perioden und -zyklen, Zeittafeln für Gezeitenströmungen und Gezeiten sowie Abweichungen innerhalb eines Mündungsgebiets umzugehen;

SIGNI (Signalisation de voies de Navigation Intérieure) und IALA (International Association of Marine Aids to Navigation and Lighthouse Authorities) zur sicheren Navigation auf Binnenwasserstraßen mit maritimem Charakter zu verwenden.

3.2.   Radarnavigation

Der Schiffsführer muss in der Lage sein,

mithilfe des Radars vor dem Ablegen geeignete Maßnahmen in Bezug auf die Navigation zu ergreifen;

Radarbilder auszuwerten und die Radarinformationen zu analysieren;

Störungen unterschiedlichen Ursprungs zu reduzieren;

unter Berücksichtigung der geltenden vereinbarten Regeln im Bereich der Binnenschifffahrt und im Einklang mit den Bestimmungen über die Anforderungen für die Radarfahrt (Besatzungsvorschriften, technische Vorschriften für Schiffe usw.) mit Radar zu fahren;

besondere Umstände wie z. B. Verkehrsdichte, Anlagenausfall, gefährliche Situationen zu bewältigen.

4.   Grundlegende Befähigungsanforderungen für besondere Tätigkeiten

4.1.   Sachkundiger für die Fahrgastschifffahrt

Der Bewerber muss in der Lage sein,

den Einsatz von Rettungsmitteln an Bord von Fahrgastschiffen zu organisieren;

Sicherheitsanweisungen anzuwenden und die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Fahrgäste im Allgemeinen sowie insbesondere in Notfällen zu ergreifen (z. B. Evakuierung, Schäden, Kollision, Auflaufen, Brand, Explosion und andere Situationen, in denen die Gefahr einer Panik besteht), einschließlich der unmittelbaren Hilfeleistung für Menschen mit Behinderung sowie Personen mit eingeschränkter Mobilität gemäß der Unterweisung und den Instruktionen nach Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010;

in einfachem Englisch zu kommunizieren;

die einschlägigen Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 zu erfüllen.

4.2.   Sachkundiger für Flüssigerdgas (LNG)

Der Bewerber muss in der Lage sein,

für die Einhaltung der Rechtsvorschriften und Standards für mit Flüssigerdgas als Brennstoff betriebene Fahrzeuge sowie sonstiger relevanter Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften zu sorgen;

sich der wichtigen Aspekte im Hinblick auf Flüssigerdgas bewusst zu sein und die damit verbundenen Risiken zu erkennen und zu bewältigen;

die Flüssigerdgas-spezifischen Systeme sicher zu betreiben;

für die regelmäßige Überprüfung der Flüssigerdgas-Anlage zu sorgen;

das Bunkern von Flüssigerdgas in sicherer und kontrollierter Weise vornehmen zu können;

die Flüssigerdgas-Anlage für die Wartung von Fahrzeugen vorzubereiten;

Krisensituationen im Zusammenhang mit Flüssigerdgas zu bewältigen.


(1)  Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1).

(2)  Richtlinie (EU) 2016/1629 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. September 2016 zur Festlegung technischer Vorschriften für Binnenschiffe, zur Änderung der Richtlinie 2009/100/EG und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/87/EG (ABl. L 252 vom 16.9.2016, S. 118).


ANHANG III

GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN AN DIE MEDIZINISCHE TAUGLICHKEIT

Medizinische Tauglichkeit, die die körperliche und psychische Tauglichkeit umfasst, bedeutet, dass die an Bord eines Fahrzeugs tätige Person nicht an Krankheiten oder Behinderungen leidet, derentwegen sie nicht in der Lage ist,

die zum Führen eines Fahrzeugs notwendigen Aufgaben auszuführen;

die ihr zugewiesenen Aufgaben jederzeit zu erfüllen; oder

ihr Umfeld korrekt wahrzunehmen.

Die ärztliche Untersuchung bezieht sich insbesondere auf das Seh- und Hörvermögen, die Motorik sowie den neuropsychiatrischen und kardiovaskulären Befund.


ANHANG IV

ANWENDBARE ANFORDERUNGEN

Tabelle A

Gegenstand, Artikel

Konformitätsanforderungen

Beginn der Anwendung

Praktische Prüfungen, Artikel 17 Absatz 4

[CESNI …]

[___]

Zulassung von Simulatoren, Artikel 21 Absatz 2

 

 

Merkmale und Voraussetzungen für die Nutzung von Registern, Artikel 25 Absatz 2

 

 


Tabelle B

Nummer

Grundlegende Befähigungsanforderung

Konformitätsanforderungen

Beginn der Anwendung

1

Grundlegende Befähigungsanforderungen auf der Betriebsebene

[CESNI …]

[___]

2

Grundlegende Befähigungsanforderungen auf der Führungsebene

3

Grundlegende Befähigungsanforderungen für besondere Berechtigungen

 

 

3.1

Befahren von Wasserstraßen mit maritimem Charakter

 

 

3.2

Radarnavigation

 

 

4

Grundlegende Befähigungsanforderungen für besondere Tätigkeiten

 

 

4.1

Sachkundiger für die Fahrgastschifffahrt

 

 

4.2

Sachkundiger für Flüssigerdgas (LNG)

 

 


Tabelle C

Grundlegende Anforderungen an die medizinische Tauglichkeit

Konformitätsanforderungen

Beginn der Anwendung

Ärztliche Tauglichkeitsuntersuchung

[CESNI …]

[___]


27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/87


RICHTLINIE (EU) 2017/2398 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2)

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) dient dem Schutz der Arbeitnehmer vor der Gefährdung ihrer Gesundheit und Sicherheit durch die Exposition gegenüber Karzinogenen und Mutagenen am Arbeitsplatz In der Richtlinie wird durch einen Rahmen allgemeiner Grundsätze ein einheitliches Niveau des Schutzes gegen die Gefährdung durch Karzinogene und Mutagene vorgegeben, um die Mitgliedstaaten in die Lage zu versetzen, eine einheitliche Anwendung der Mindestvorschriften zu gewährleisten. Verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte, die auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Daten, der wirtschaftlichen Machbarkeit, einer umfassenden Beurteilung der sozioökonomischen Auswirkungen sowie der Verfügbarkeit von Protokollen und Techniken für die Expositionsmessung am Arbeitsplatz, festgelegt werden, sind ein wichtiger Bestandteil der in der Richtlinie festgelegten allgemeinen Vorkehrungen zum Schutz der Arbeitnehmer. Durch die in dieser Richtlinie festgelegten Mindestanforderungen soll der Schutz der Arbeitnehmer auf Unionsebene sichergestellt werden. Die Mitgliedstaaten können strengere verbindliche Arbeitsplatzgrenzwerte festlegen.

(2)

Die Arbeitsplatzgrenzwerte sind Teil des Risikomanagements gemäß der Richtlinie 2004/37/EG. Die Einhaltung dieser Grenzwerte berührt nicht andere Verpflichtungen der Arbeitgeber gemäß jener Richtlinie, insbesondere die Verringerung der Verwendung von Karzinogenen und Mutagenen am Arbeitsplatz, die Vermeidung oder Verringerung der Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen und Maßnahmen, die zu diesem Zweck durchgeführt werden sollten. Diese Maßnahmen sollten, soweit technisch möglich, die Substitution des Karzinogens oder Mutagens durch Stoffe, Gemische oder Verfahren, die für die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht oder weniger gefährlich sind, und die Verwendung in einem geschlossenen System oder andere Maßnahmen zur Verringerung des Niveaus der Exposition der Arbeitnehmer umfassen. In diesem Zusammenhang ist es von grundlegender Bedeutung, dass dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen wird, wenn Ungewissheiten bestehen.

(3)

Bei den meisten Karzinogenen und Mutagenen ist es wissenschaftlich nicht möglich, Grenzen zu ermitteln, unterhalb deren bei der Exposition keine schädlichen Wirkungen auftreten würden. Obgleich die Festlegung der Grenzwerte für Karzinogene und Mutagene bei der Arbeit gemäß dieser Richtlinie die Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer, die sich aus der Exposition bei der Arbeit ergeben, nicht vollständig beseitigt (Restrisiko), trägt sie dennoch zu einer erheblichen Verringerung der von dieser Exposition ausgehenden Risiken im Rahmen des schrittweisen und zielorientierten Ansatzes gemäß der Richtlinie 2004/37/EG bei. Bei anderen Karzinogenen und Mutagenen ist es wissenschaftlich möglich, Grenzen zu ermitteln, unterhalb deren bei der Exposition nicht mit schädlichen Wirkungen zu rechnen ist.

(4)

Als Höchstgrenzen für die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber einigen Karzinogenen oder Mutagenen gelten Grenzwerte, die gemäß der Richtlinie 2004/37/EG nicht überschritten werden dürfen. Diese Grenzwerte sollten überprüft werden, und es sollten Grenzwerte für weitere Karzinogene oder Mutagene festgelegt werden.

(5)

Die Kommission nimmt auf der Grundlage der Durchführungsberichte, die nach Artikel 17a der Richtlinie 89/391/EWG des Rates (4) alle fünf Jahre von den Mitgliedstaaten vorgelegt werden, eine Bewertung der Durchführung des rechtlichen Rahmens für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, einschließlich der Richtlinie 2004/37/EG, vor und erstattet den einschlägigen Organen und dem Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz (Advisory Committee on Safety and Health at Work — ACSH)bei Bedarf Bericht über Initiativen zur Verbesserung des Funktionierens dieses Rahmens und unterbreitet erforderlichenfalls geeignete Gesetzgebungsvorschläge.

(6)

Die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte sollten erforderlichenfalls auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich neuer wissenschaftlicher und technischer Daten sowie faktengesicherter bewährter Verfahren, Techniken und Protokolle für die Messung der Expositionswerte am Arbeitsplatz, überprüft werden. Diese Informationen sollten nach Möglichkeit Angaben zu Restrisiken für die Gesundheit der Arbeitnehmer sowie Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Ausschusses für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition (Scientific Committee on Occupational Exposure Limits — SCOEL)und des Beratenden Ausschusses für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz einschließen. Angaben zu Restrisiken, die auf Unionsebene veröffentlicht werden, sind eine wertvolle Hilfe für die künftige Arbeit zur Begrenzung der Risiken durch die berufsbedingte Exposition gegenüber Karzinogenen und Mutagenen, so auch durch Überprüfung der in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte. Die Transparenz dieser Angaben sollte weiter gefördert werden.

(7)

Da zur Exposition gegenüber Stoffen keine kohärenten Daten vorliegen, müssen Arbeitnehmer, die Stoffen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können, geschützt werden, indem eine geeignete Gesundheitsüberwachung durchgesetzt wird. Daher sollte die Möglichkeit bestehen, dass eine angemessene Gesundheitsüberwachung von Arbeitnehmern, für die die Ergebnisse der in Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 2004/37/EG vorgesehenen Bewertung ein Risiko hinsichtlich ihrer Sicherheit oder Gesundheit erkennen lassen, nach Beendigung der Exposition auf Hinweis eines Arztes oder einer für die Gesundheitsüberwachung zuständigen Behörde fortgesetzt wird. Diese Überwachung sollte in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder der dort üblichen Praxis durchgeführt werden. Artikel 14 der Richtlinie 2004/37/EG sollte deshalb dahin gehend geändert werden, dass diese Gesundheitsüberwachung bei allen betroffenen Arbeitnehmern erfolgt.

(8)

Damit die Sicherheit und die entsprechende Versorgung der Arbeitnehmer gewährleistet werden können, müssen die Mitgliedstaaten bei den Arbeitgebern geeignete und kohärente Daten erheben. Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission für ihre Berichte über die Durchführung der Richtlinie 2004/37/EG Daten zur Verfügung stellen. Die Kommission fördert bereits bewährte Datenerhebungsverfahren in den Mitgliedstaaten und sollte gegebenenfalls weitere Verbesserungen für die Datenerhebung gemäß der Richtlinie 2004/37/EG vorschlagen.

(9)

Da der Ausschuss für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition in seinen Empfehlungen darauf hinweist, dass die Überwachung der Exposition anhand empfohlener Arbeitsplatzgrenzwerte und biologischer Grenzwerte möglich ist, sind die Arbeitgeber nach der Richtlinie 2004/37/EG gehalten, vorhandene geeignete Verfahren zur Messung der Expositionswerte für Karzinogene und Mutagene am Arbeitsplatz anzuwenden. Damit die in jener Richtlinie festgelegten Pflichten gestärkt und ein ähnlicher und hochwertiger Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer sowie gleiche Ausgangsbedingungen in der gesamten Union gewährleistet werden können, ist es wichtig, die Gleichwertigkeit der Verfahren zur Messung der Konzentration von Karzinogenen und Mutagenen in der Luft im Vergleich zu den Grenzwerten nach der Richtlinie 2004/37/EG zu verbessern.

(10)

Die Änderungen des Anhangs III der Richtlinie 2004/37/EG, die mit dieser Richtlinie vorgenommen werden, ist ein erster Schritt in einem längerfristigen Prozess zur Aktualisierung der Richtlinie 2004/37/EG. Den nächsten Schritt in diesem Prozess stellt der von der Kommission vorgelegte Vorschlag zur Festlegung von Grenzwerten und Hinweisen „Haut“ für sieben weitere Karzinogene dar. Darüber hinaus hat die Kommission in ihrer Mitteilung vom 10. Januar 2017 mit dem Titel „Sicherere und gesündere Arbeitsbedingungen für alle — Modernisierung der Rechtsvorschriften und Maßnahmen der EU im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ angekündigt, dass weitere Änderungen der Richtlinie 2004/37/EG geplant sind. Die Kommission sollte im Einklang mit Artikel 16 der Richtlinie 2004/37/EG und der gängigen Praxis weiterhin kontinuierlich an Aktualisierungen des Anhangs III jener Richtlinie arbeiten. Diese Arbeit sollte in den Fällen, in denen dies angezeigt ist, zu Vorschlägen für die künftige Überprüfung der in der Richtlinie 2004/37/EG und der vorliegenden Richtlinie festgelegten Grenzwerte sowie zu Vorschlägen für zusätzliche Grenzwerte führen.

(11)

Es ist erforderlich, bei allen Karzinogenen und Mutagenen andere Resorptionswege, einschließlich der Möglichkeit einer Aufnahme durch die Haut, zu berücksichtigen, um das größtmögliche Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

(12)

Der Wissenschaftliche Ausschuss für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition unterstützt die Kommission insbesondere in den Fällen, in denen es darum geht, die neuesten wissenschaftlichen Daten festzustellen, auszuwerten und eingehend zu analysieren, sowie dabei, Arbeitsplatzgrenzwerte zum Schutz der Arbeitnehmer vor chemischen Gefahren, die gemäß der Richtlinie 98/24/EG des Rates (5) sowie der Richtlinie 2004/37/EG auf Unionsebene festgesetzt werden müssen, vorzuschlagen. In Bezug auf die chemischen Arbeitsstoffe o-Toluidin und 2-Nitropropan lagen 2016 keine Empfehlungen des Wissenschaftlichen Ausschusses für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition vor, weshalb aus anderen Quellen gewonnene, angemessen belastbare und öffentlich verfügbare wissenschaftliche Daten berücksichtigt wurden.

(13)

Die in Anhang III der Richtlinie 2004/37/EG festgelegten Grenzwerte für Vinylchloridmonomer und Hartholzstäube sollten unter Berücksichtigung neuerer wissenschaftlicher und technischer Daten überprüft werden. Gemäß der Empfehlung des Wissenschaftlichen Ausschusses für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition und des Internationalen Krebsforschungszentrums sollte in Bezug auf den in Anhang III festgelegten Grenzwert weiter geprüft werden, ob eine Unterscheidung zwischen Hart- und Weichholzstäuben gemacht werden sollte.

(14)

Eine Mischexposition gegenüber mehr als einer Holzart ist weit verbreitet, was eine Bewertung der Exposition gegenüber verschiedenen Holzarten schwieriger macht. Arbeitnehmer in der Union sind häufig Hart- und Weichholzstäuben ausgesetzt, was Atemwegssymptome und Atemwegserkrankungen verursachen kann, wobei eine mögliche Erkrankung an nasalem oder sinonasalem Karzinom die schwerwiegendsten Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Es ist deshalb angezeigt festzulegen, dass bei einer Mischung von Hartholzstäuben mit anderen Holzstäuben der gemäß Anhang für Hartholzstaub festgelegte Grenzwert für sämtliche in der Mischung enthaltenen Holzstäube gilt.

(15)

Bestimmte Chrom(VI)-Verbindungen erfüllen die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1A oder 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) und sind daher Karzinogene im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für Chrom(VI)-Verbindungen festzulegen, die Karzinogene im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG sind. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für diese Chrom(VI)-Verbindungen festzulegen.

(16)

In Bezug auf Chrom VI kann ein Grenzwert von 0,005 mg/m3 unangemessen und in einigen Sektoren kurzfristig schwer einzuhalten sein. Deshalb sollte ein Übergangszeitraum festgelegt werden, in dem ein Grenzwert von 0,010 mg/m3 gilt. Für die spezifische Situation, dass die Arbeitstätigkeit Schweiß- oder Plasmascheidearbeiten oder ähnliche raucherzeugende Arbeitsverfahren beinhaltet, sollte während dieses Übergangszeitraums ein Grenzwert von 0,025 mg/m3 und danach der allgemeine Grenzwert von 0,005 mg/m3 gelten.

(17)

Bestimmte feuerfeste Keramikfasern erfüllen die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und sind daher Karzinogene im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für diejenigen feuerfesten Keramikfasern festzulegen, die Karzinogene im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG sind. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für diese feuerfesten Keramikfasern festzulegen.

(18)

Es gibt hinreichende Nachweise für die Karzinogenität von alveolengängigem kristallinem Siliciumdioxidstaub (im Folgenden „Quarzfeinstaub“). Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Daten, sollte ein Grenzwert für Quarzfeinstaub festgelegt werden. Für bei einem Arbeitsverfahren entstehenden Quarzfeinstaub besteht keine Einstufung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008. Es ist daher angezeigt, Arbeiten, bei denen durch ein Arbeitsverfahren Exposition gegenüber Quarzfeinstaub entsteht, in Anhang I der Richtlinie 2004/37/EG aufzunehmen und einen Grenzwert für Quarzfeinstaub (im Folgenden „alveolengängiger Anteil“) festzulegen, der insbesondere in Anbetracht der Zahl der exponierten Arbeitnehmer überprüft werden sollte.

(19)

Leitlinien und Beispiele bewährter Verfahren, die von der Kommission, den Mitgliedstaaten oder den Sozialpartnern zusammengestellt wurden, oder andere Initiativen, wie die im Rahmen des sozialen Dialogs getroffene Vereinbarung über den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch gute Handhabung und Verwendung von kristallinem Siliciumdioxid und dieses enthaltenden Produkten (NEPSi), sind wertvolle und notwendige Instrumente zur Ergänzung regulatorischer Maßnahmen und insbesondere zur Unterstützung der wirksamen Umsetzung von Grenzwerten und sollten deshalb ernsthaft in Betracht gezogen werden. Sie umfassen auch Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung der Exposition wie die Unterdrückung von Staubemissionen von Quarzfeinstaub durch Wasserzufuhr.

(20)

Ethylenoxid erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Der Ausschuss für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition hat in Bezug auf Ethylenoxid festgestellt, dass größere Mengen des Stoffs durch die Haut aufgenommen werden können. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für Ethylenoxid festzulegen und diesem Stoff einen Hinweis auf die Möglichkeit einer signifikanten Aufnahme durch die Haut zuzuweisen.

(21)

1,2-Epoxypropan erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Daten, kann eine Expositionsgrenze bestimmt werden, unterhalb derer bei der Exposition gegenüber diesem Karzinogen nicht mit schädlichen Wirkungen zu rechnen ist. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für 1,2-Epoxypropan festzulegen.

(22)

Acrylamid erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Der Ausschuss für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition hat in Bezug auf Acrylamid festgestellt, dass größere Mengen des Stoffs durch die Haut aufgenommen werden können. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für Acrylamid festzulegen und diesem Stoff einen Hinweis auf die Möglichkeit einer signifikanten Aufnahme durch die Haut zuzuweisen.

(23)

2-Nitropropan erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für 2-Nitropropan festzulegen.

(24)

o-Toluidin erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für o-Toluidin festzulegen und diesem Stoff einen Hinweis auf die Möglichkeit einer signifikanten Aufnahme durch die Haut zuzuweisen.

(25)

1,3-Butadien erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1A) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für 1,3-Butadien festzulegen.

(26)

Hydrazin erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Der Ausschuss für die Grenzwerte berufsbedingter Exposition hat in Bezug auf Hydrazin festgestellt, dass größere Mengen des Stoffs durch die Haut aufgenommen werden können. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für Hydrazin festzulegen und diesem Stoff einen Hinweis auf die Möglichkeit einer signifikanten Aufnahme durch die Haut zuzuweisen.

(27)

Bromethylen erfüllt die Kriterien für eine Einstufung als karzinogener Stoff (Kategorie 1B) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 und ist daher ein Karzinogen im Sinne der Richtlinie 2004/37/EG. Es ist möglich, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen, einschließlich der wissenschaftlichen und technischen Daten, einen Grenzwert für dieses Karzinogen festzulegen. Es ist daher angezeigt, einen Grenzwert für Bromethylen festzulegen.

(28)

Diese Richtlinie erhöht den Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz. Die Mitgliedstaaten sollten diese Richtlinie in ihr nationales Recht umsetzen. Sie sollten sicherstellen, dass die zuständigen Behörden über eine ausreichende Anzahl geschulter Mitarbeiter und sonstige Ressourcen verfügen, damit sie die ihnen obliegenden Aufgaben in Bezug auf eine ordnungsgemäße und wirksame Umsetzung dieser Richtlinie im Einklang mit dem nationalen Recht oder den nationalen Gepflogenheiten wahrnehmen können. Die Anwendung dieser Richtlinie durch den Arbeitgeber würde erleichtert, wenn sie, wo einschlägig, über Leitlinien verfügen würden, die bessere Wege zur Einhaltung der Richtlinie aufzeigen

(29)

Die Kommission hat den Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz konsultiert. Sie hat außerdem eine zweistufige Anhörung der Sozialpartner auf Unionsebene gemäß Artikel 154 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union durchgeführt.

(30)

Der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz hat in seinen Stellungnahmen für mehrere Stoffe, wie Quarzfeinstaub, Acrylamid und 1,3-Butadien, Fristen für die Überprüfung der verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte vorgeschlagen. Die Kommission sollte diesen Stellungnahmen Rechnung tragen, wenn sie Stoffe für eine wissenschaftliche Bewertung vorrangig auswählt.

(31)

In seiner Stellungnahme zu feuerfesten Keramikfasern ist der Beratende Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz zwar zu dem Schluss gelangt, dass ein verbindlicher Arbeitsplatzgrenzwert festgelegt werden muss, hat sich jedoch nicht auf einen entsprechenden Wert einigen können. Die Kommission sollte den Beratenden Ausschuss für Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz deshalb unbeschadet seiner Arbeitsmethoden und der Autonomie der Sozialpartner ermutigen, eine aktualisierte Stellungnahme zu feuerfesten Keramikfasern vorzulegen, damit eine Einigung über den Grenzwert für diesen Stoff erzielt werden kann.

(32)

Männer und Frauen sind am Arbeitsplatz oft verschiedensten Stoffen ausgesetzt, die zu erhöhten Gesundheitsrisiken und zu negativen Auswirkungen, unter anderem auf die Fortpflanzungsorgane, einschließlich Fruchtbarkeitsstörungen oder Unfruchtbarkeit, führen und die embryonale Entwicklung sowie die Laktation beeinträchtigen können. Reproduktionstoxische Stoffe unterliegen den von der Union festgelegten Mindestvorschriften für den Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern, insbesondere denen der Richtlinie 98/24/EG und der Richtlinie 92/85/EWG des Rates (7). Reproduktionstoxische Stoffe, die auch Karzinogene oder Mutagene sind, unterliegen den Bestimmungen der Richtlinie 2004/37/EG. Die Kommission sollte überprüfen, ob die Notwendigkeit besteht, die Anwendung der in der Richtlinie 2004/37/EG festgelegten Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer auf alle reproduktionstoxischen Stoffe auszudehnen.

(33)

Diese Richtlinie steht im Einklang mit den in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundrechten und Grundsätzen, insbesondere dem Recht auf Leben und dem Recht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen gemäß Artikel 2 und Artikel 31.

(34)

Die in dieser Richtlinie festgelegten Grenzwerte werden im Lichte der Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) fortlaufend überprüft, um insbesondere dem Zusammenspiel zwischen den gemäß der Richtlinie 2004/37/EG festgelegten Grenzwerten und den DNEL-Werten (Derived No Effect Levels — abgeleitete Expositionshöhe, unterhalb deren der Stoff zu keiner Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit führt) Rechnung zu tragen, die zum wirksamen Schutz der Arbeitnehmer im Rahmen der genannten Verordnung für gefährliche Chemikalien festgelegt wurden.

(35)

Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer gegen die besondere Gefährdung durch Karzinogene und Mutagene, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr aufgrund ihres Ausmasses und ihrer Auswirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(36)

Da diese Richtlinie den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz betrifft, sollte sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens umgesetzt werden.

(37)

Die Richtlinie 2004/37/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 2004/37/EG wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 6 wird folgender Absatz angefügt:

„Die Mitgliedstaaten berücksichtigen die unter Absatz 1 Buchstaben a bis g dieses Artikels aufgeführten Informationen in ihren Berichten, die sie der Kommission gemäß Artikel 17a der Richtlinie 89/391/EWG vorlegen.“;

2.

Artikel 14 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Maßnahmen zur Durchführung einer geeigneten Gesundheitsüberwachung von Arbeitnehmern, für die die Ergebnisse der in Artikel 3 Absatz 2 vorgesehenen Bewertung ein Risiko hinsichtlich ihrer Sicherheit oder Gesundheit erkennen lassen, werden von den Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten oder der dort üblichen Praxis festgelegt. Der Arzt oder die Behörde, der bzw. die für die Überwachung der Gesundheit der Arbeitnehmer zuständig ist, kann darauf hinweisen, dass die Gesundheitsüberwachung nach dem Ende der Exposition so lange fortzusetzen ist, wie er bzw. sie es für den Schutz der Gesundheit des betreffenden Arbeitnehmers für erforderlich hält.“

b)

Absatz 8 erhält folgende Fassung:

„(8)   Alle Krebserkrankungen, die gemäß den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten oder der dort üblichen Praxis als Folge einer Exposition gegenüber einem Karzinogen oder Mutagen bei der Arbeit festgestellt wurden, sind der zuständigen Behörde zu melden.

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen in ihren Berichten, die sie der Kommission gemäß Artikel 17a der Richtlinie 89/391/EWG vorlegen, die Informationen nach diesem Absatz.“

3.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 18a

Bewertung

Wenn die Kommission im Rahmen der Bewertung gemäß Artikel 17a der Richtlinie 89/391/EWG das nächste Mal die Durchführung dieser Richtlinie bewertet, überprüft sie auch, ob der Grenzwert für Quarzfeinstaub geändert werden muss. Die Kommission legt gegebenenfalls Vorschläge für notwendige Änderungen in Bezug auf diese Stoffe vor.

Spätestens im ersten Quartal 2019 prüft die Kommission unter Berücksichtigung der neuesten Entwicklungen der wissenschaftlichen Kenntnisse, ob der Anwendungsbereich dieser Richtlinie zu ändern ist und reproduktionstoxische Stoffe aufzunehmen sind. Auf dieser Grundlage legt die Kommission nach Anhörung der Sozialpartner gegebenenfalls einen Gesetzgebungsvorschlag vor.“;

4.

In Anhang I wird folgende Nummer angefügt:

„6.

Arbeiten, bei denen aufgrund eines Arbeitsverfahrens eine Exposition gegenüber Quarzfeinstaub besteht.“;

5.

Anhang III erhält die Fassung des Anhangs dieser Richtlinie.

Artikel 2

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 17. Januar 2020 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit.

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der nationalen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 487 vom 28.12.2016, S. 113.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 25. Oktober 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Dezember 2017.

(3)  Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates) (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 50).

(4)  Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. L 183 vom 29.6.1989, S. 1).

(5)  Richtlinie 98/24/EG des Rates vom 7. April 1998 zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer vor der Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit (vierzehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 131 vom 5.5.1998, S. 11).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353, vom 31.12.2008, S. 1).

(7)  Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (zehnte Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) (ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1).

(8)  Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).


ANHANG

„ANHANG III

Grenzwerte und andere damit unmittelbar zusammenhängende Bestimmungen (Artikel 16)

A.   GRENZWERTE BERUFSBEDINGTER EXPOSITION

Bezeichnung des Arbeitsstoffs

EG-Nr. (1)

CAS Nr. (2)

Grenzwerte (3)

Hin-weis

Übergangsmaßnahmen

mg/m3  (4)

ppm (5)

f/ml (6)

Hartholzstäube

2  (7)

Grenzwert 3 mg/m3 bis zum 17. Januar 2023

Chrom(VI)-Verbindungen, die Karzinogene im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a Ziffer i

(als Chrom)

0,005

Grenzwert 0,010 mg/m3 bis zum 17. Januar 2025

Grenzwert: 0,025 mg/m3 für Schweiß- oder Plasmaschneidearbeiten oder ähnliche raucherzeugende Arbeitsverfahren bis zum 17. Januar 2025

Feuerfeste Keramikfasern,

die Karzinogene im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a Ziffer i sind

0,3

 

Alveolengängiges kristallines Siliciumdioxid (Quarzfeinstaub)

0,1  (8)

 

Benzol

200-753-7

71-43-2

3,25

1

Haut (9)

 

Vinylchloridmonomer

200-831-0

75-01-4

2,6

1

 

Ethylenoxid

200-849-9

75-21-8

1,8

1

Haut (9)

 

1,2-Epoxypropan

200-879-2

75-56-9

2,4

1

 

Acrylamid

201-173-7

79-06-1

0,1

Haut (9)

 

2-Nitropropan

201-209-1

79-46-9

18

5

 

o-Toluidin

202-429-0

95-53-4

0,5

0,1

Haut (9)

 

1,3-Butadien

203-450-8

106-99-0

2,2

1

 

Hydrazin

206-114-9

302-01-2

0,013

0,01

Haut (9)

 

Bromethylen

209-800-6

593-60-2

4,4

1

 

B.   ANDERE DAMIT UNMITTELBAR ZUSAMMENHÄNGENDE BESTIMMUNGEN

p.m.“


(1)  Die EG-Nummer, d. h. die Einecs-, ELINCS- oder NLP-Nummer, ist die offizielle Nummer des Stoffes in der Europäischen Union, wie in Anhang VI Teil 1 Abschnitt 1.1.1.2 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 definiert.

(2)  CAS-Nr.: Nummer des ‚Chemical Abstracts Service‘.

(3)  Gemessen oder berechnet anhand eines Bezugszeitraums von 8 Stunden.

(4)  mg/m3 = Milligramm pro Kubikmeter Luft bei 20 °C und 101,3 kPa (760 mm Quecksilbersäule).

(5)  ppm = Volumenteile pro Million in Luft (ml/m3).

(6)  f/ml = Fasern pro Milliliter.

(7)  Einatembarer Anteil: Wenn Hartholzstäube mit anderen Holzstäuben vermischt sind, gilt der Grenzwert für sämtliche in der Mischung enthaltenen Holzstäube.

(8)  Alveolengängiger Anteil.

(9)  Deutliche Erhöhung der Gesamtbelastung des Körpers durch dermale Exposition möglich.


27.12.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 345/96


RICHTLINIE (EU) 2017/2399 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank, (1)

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Rat für Finanzstabilität (FSB) hat am 9. November 2015 ein Term Sheet über die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (den „Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC)-Standard“) veröffentlicht, das von der G20 im November 2015 gebilligt wurde. Das Ziel des TLAC-Standards ist, sicherzustellen, dass global systemrelevante Banken („global systemically important banks“, G-SIBs) — im Unionsrecht als global systemrelevante Institute (G-SRIs) bezeichnet — über die erforderliche Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit verfügen, damit sichergestellt werden kann, dass — während und unmittelbar nach einer Abwicklung — kritische Funktionen fortgeführt werden können, ohne dass das Geld der Steuerzahler (öffentliche Mittel) oder die Finanzstabilität aufs Spiel gesetzt werden. In ihrer Mitteilung vom 24. November 2015 mit dem Titel „Auf dem Weg zur Vollendung der Bankenunion“ hat sich die Kommission dazu verpflichtet, bis Ende 2016 einen Gesetzgebungsvorschlag vorzulegen, der es ermöglicht, den TLAC-Standard wie international vereinbart bis 2019 in Unionsrecht umzusetzen.

(2)

Bei der Umsetzung des TLAC-Standards in Unionsrecht muss den bestehenden institutsspezifischen Mindestanforderungen für Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten („minimum requirement for own funds and eligible liabilities“, MREL) Rechnung getragen werden, die gemäß der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (4) für alle Institute in der Union gelten. Da TLAC und MREL dasselbe Ziel verfolgen — die Gewährleistung einer ausreichenden Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit von Instituten in der Union — sollten die beiden Anforderungen einander in einem gemeinsamen Rahmen ergänzen. Zur Durchführung hat die Kommission vorgeschlagen, dass das harmonisierte Mindestniveau des TLAC-Standards für G-SRIs (die „TLAC-Mindestanforderung“) und die für die Einhaltung dieses Standards angewendeten Kriterien für berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten durch Änderungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) in das Unionsrecht eingeführt werden sollten, während dem institutsspezifischen Aufschlag für G-SRIs und der institutsspezifischen Anforderung für Nicht-G-SRIs sowie den einschlägigen Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit durch gezielte Änderungen der Richtlinie 2014/59/EU und der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) Rechnung getragen werden sollte.

Die oben genannten Gesetzgebungsakte, in der Fassung des Änderungsvorschlages, sowie die Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (7) werden durch die vorliegende Richtlinie, die den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge betrifft, ergänzt.

(3)

In Anbetracht dieser Vorschläge und zur Gewährleistung der Rechtssicherheit für die Märkte und für die Unternehmen, die den MREL und der TLAC unterliegen, ist es wichtig, rechtzeitig für Klarheit über die Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit von Verbindlichkeiten, die für die Einhaltung der MREL und des Unionsrechts zur Umsetzung der TLAC angewendet werden, zu sorgen und angemessene Bestandsschutzvorschriften für die Berücksichtigungsfähigkeit der Verbindlichkeiten, die vor Inkrafttreten der überarbeiteten Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit ausgegeben wurden, einzuführen.

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Institute über eine ausreichende Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit verfügen, damit eine reibungslose und rasche Verlustabsorption und Rekapitalisierung mit geringstmöglichen Auswirkungen auf die Finanzstabilität gewährleistet ist, während gleichzeitig angestrebt wird, Auswirkungen auf die Steuerzahler zu vermeiden. Zu diesem Zweck sollten Institute dauerhaft die TLAC-Mindestanforderung, die durch eine Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Unionsrecht umzusetzen ist, sowie eine Anforderung für die Eigenmittel und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten gemäß der Richtlinie 2014/59/EU erfüllen.

(5)

Nach dem TLAC-Standard müssen G-SRIs die TLAC-Mindestanforderung von einigen Ausnahmen abgesehen mit nachrangigen Verbindlichkeiten erfüllen, die in der Insolvenzrangfolge nach den vom Geltungsbereich der TLAC ausgeschlossenen Verbindlichkeiten eingereiht sind (im Folgenden „Nachrangigkeitsanforderung“). Nach dem TLAC-Standard ist die Nachrangigkeit durch die rechtlichen Wirkungen eines Vertrags (sogenannte „vertragliche Nachrangigkeit“), die Gesetze eines bestimmten Rechtsgebiets (sogenannte „gesetzliche Nachrangigkeit“) oder eine bestimmte Unternehmensstruktur (sogenannte „strukturelle Nachrangigkeit“) zu erreichen. Sofern dies nach der Richtlinie 2014/59/EU erforderlich ist, sollten Institute, die in den Anwendungsbereich der genannten Richtlinie fallen, ihre firmenspezifischen Anforderungen mit nachrangigen Verbindlichkeiten erfüllen, um das Risiko zu minimieren, dass Gläubiger rechtliche Schritte einleiten, um nachzuweisen, dass die Gläubiger bei der Abwicklung größere Verluste erlitten haben als bei einem regulären Insolvenzverfahren der Fall gewesen wäre (der Grundsatz „keine Schlechterstellung von Gläubigern“).

(6)

Einige Mitgliedstaaten haben die Regelung der Insolvenzrangfolge unbesicherter vorrangiger Schuldtitel in ihrem nationalen Insolvenzrecht geändert oder sind derzeit im Begriff, dies zu tun, um ihren Instituten eine effizientere Einhaltung der Nachrangigkeitsanforderung zu ermöglichen und dadurch die Abwicklung zu erleichtern.

(7)

Die bisher erlassenen nationalen Vorschriften weichen stark voneinander ab. Das Fehlen harmonisierter Unionsvorschriften führt zu Unsicherheiten für ausgebende Institute und Anleger und dürfte die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung bei grenzüberschreitend tätigen Instituten erschweren. Zudem dürften durch das Fehlen harmonisierter Unionsvorschriften Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt entstehen, da die Kosten, die Instituten durch die Erfüllung der Nachrangigkeitsanforderung entstehen, sowie die Kosten, die Anleger beim Erwerb der von Instituten begebenen Schuldtitel tragen, innerhalb der Union erheblich voneinander abweichen können.

(8)

In seiner Entschließung vom 10. März 2016 zur Bankenunion (8) forderte das Europäische Parlament die Kommission zur Vorlage von Vorschlägen auf, mit denen die rechtlichen Risiken von Entschädigungsansprüchen auf Basis des Grundsatzes „keine Schlechterstellung von Gläubigern“ verringert werden sollten, und der Rat rief die Kommission in seinen Schlussfolgerungen vom 17. Juni 2016 auf, einen Vorschlag für einen gemeinsamen Ansatz bei der Rangfolge der Bankengläubiger vorzulegen, um die Rechtssicherheit im Falle einer Abwicklung zu erhöhen.

(9)

Es ist daher erforderlich, die erheblichen Hindernisse für das Funktionieren des Binnenmarkts zu beseitigen, Wettbewerbsverzerrungen, die sich aus dem Fehlen harmonisierter Unionsvorschriften über die Rangfolge von Bankengläubigern ergeben, zu vermeiden, und solchen Hindernissen und Verzerrungen in Zukunft vorzubeugen. Aus diesem Grund ist Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union für diese Richtlinie die geeignete Rechtsgrundlage.

(10)

Um die Kosten, die durch Erfüllung der Nachrangigkeitsanforderung entstehen, sowie alle etwaigen negativen Auswirkungen auf die Finanzierungskosten auf ein Minimum zu reduzieren, sollte es diese Richtlinie den Mitgliedstaaten ermöglichen, gegebenenfalls die bestehende Kategorie gewöhnlicher unbesicherter vorrangiger Schuldtitel beizubehalten, deren Emission für Institute kostengünstiger ist als die aller anderen nachrangigen Verbindlichkeiten. Um die Abwicklungsfähigkeit von Instituten zu verbessern, sollte diese Richtlinie dennoch die Mitgliedstaaten zur Schaffung einer neuen Kategorie „nicht bevorrechtigter“ vorrangiger Schuldtitel verpflichten, die in der Insolvenzrangfolge über Eigenmittelinstrumenten und anderen nachrangigen Verbindlichkeiten, die nicht als Eigenmittelinstrumente gelten, aber unter anderen vorrangigen Verbindlichkeiten eingereiht sein sollten. Institute sollten auch weiterhin Schuldtitel sowohl der vorrangigen als auch der „nicht bevorrechtigten“ vorrangigen Kategorie ausgeben können. Unbeschadet anderer Optionen und Ausnahmen, die im TLAC-Standard vorgesehen sind, um die Nachrangigkeitsanforderung zu erfüllen, sollte von diesen beiden Kategorien nur die „nicht bevorrechtigte“ vorrangige Kategorie auf die Nachrangigkeitsanforderung anrechenbar sein. Dies soll den Instituten ermöglichen, die kostengünstigeren gewöhnlichen vorrangigen Schuldtitel für ihre Finanzierung oder für andere operative Zwecke heranziehen und Schuldtitel der neuen „nicht bevorrechtigten“ vorrangigen Kategorie für die Beschaffung von Finanzmitteln unter gleichzeitiger Erfüllung der Nachrangigkeitsanforderung ausgeben. Die Mitgliedstaaten sollten mehrere Kategorien für andere gewöhnliche unbesicherte Verbindlichkeiten schaffen können, sofern sie unbeschadet anderer Optionen und Ausnahmen, die im TLAC-Standard vorgesehen sind, sicherstellen, dass nur die „nicht bevorrechtigte“ vorrangige Kategorie von Schuldtiteln auf die Nachrangigkeitsanforderung anrechenbar ist.

(11)

Damit gewährleistet ist, dass die neue „nicht bevorrechtigte“ vorrangige Kategorie von Schuldtiteln die im TLAC-Standard beschriebenen und in der Richtlinie 2014/59/EU festgelegten Kriterien für die Berücksichtigungsfähigkeit erfüllt und dadurch die Rechtssicherheit erhöht, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass diese Schuldtitel eine ursprüngliche vertragliche Laufzeit von mindestens einem Jahr haben, keine eingebetteten Derivate umfassen und selbst keine Derivate sind, und dass in den einschlägigen Vertragsunterlagen und gegebenenfalls im Prospekt im Zusammenhang mit ihrer Emission explizit auf ihren niedrigeren Rang im regulären Insolvenzverfahren hingewiesen wird. Schuldtitel mit variabler Verzinsung, die sich aus einem in großem Umfang genutzten Referenzsatz, wie Euribor oder Libor, herleitet, und nicht auf Landeswährung des Emittenten lautende Schuldtitel sollten, soweit Hauptforderung, Rückzahlung und Zinsen auf dieselbe Währung lauten, nicht allein wegen dieser Merkmale als Schuldtitel, die eingebettete Derivate umfassen, betrachtet werden. Diese Richtlinie sollte etwaige Anforderungen im nationalen Recht unberührt lassen, nach denen Schuldtitel in dem vom Emittenten geführten Unternehmensregister für Verbindlichkeiten registriert sein müssen, damit sie die Voraussetzungen für eine „nicht bevorrechtigte“ vorrangige Kategorie von Schuldtiteln gemäß dieser Richtlinie erfüllen.

(12)

Um die Rechtssicherheit für Anleger zu erhöhen, sollten die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Insolvenzrechtsvorschriften dafür sorgen, dass gewöhnliche unbesicherte Schuldtitel und andere gewöhnliche unbesicherte Verbindlichkeiten, die keine Schuldtitel sind, einen höheren Rang einnehmen als die neue „nicht bevorrechtigte“ vorrangige Kategorie von Schuldtiteln. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem gewährleisten, dass die neue Kategorie der „nicht bevorrechtigten“ vorrangigen Schuldtitel in der Rangfolge über Eigenmittelinstrumenten und über jeglichen nachrangigen Verbindlichkeiten, die nicht als Eigenmittel gelten, steht.

(13)

Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung harmonisierter Vorschriften über den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenz für die Zwecke des Sanierungs- und Abwicklungsrahmens der Union und insbesondere zur Verbesserung der Wirksamkeit der Regelung der Gläubigerbeteiligung, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus. Insbesondere sollte diese Richtlinie die anderen Optionen und Ausnahmen nicht berühren, die im TLAC-Standard vorgesehen sind, um die Nachrangigkeitsanforderung zu erfüllen.

(14)

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Änderungen der Richtlinie 2014/59/EU sollten für unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln gelten, die zum Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser Richtlinie oder danach ausgegeben wurden. Im Interesse der Rechtssicherheit und um die Übergangskosten möglichst niedrig zu halten, müssen jedoch angemessene Schutzbestimmungen hinsichtlich des in der Insolvenz einzunehmenden Rangs von Forderungen aus Schuldtiteln, die vor diesem Tag ausgegeben wurden, eingeführt werden. Die Mitgliedstaaten sollten daher sicherstellen, dass der in der Insolvenz einzunehmende Rang aller ausstehenden unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln, die von Instituten vor diesem Tag ausgegeben wurden, den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in ihrer am 31. Dezember 2016 verabschiedeten Fassung unterliegt. In dem Maße, wie bestimmte nationale Rechtsvorschriften in ihrer am 31. Dezember 2016 verabschiedeten Fassung zum Ziel haben, den Instituten zu ermöglichen, nachrangige Verbindlichkeiten zu emittieren, sollte ein Teil oder die Gesamtheit der ausstehenden unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln, die vor dem Geltungsbeginn dieser Richtlinie ausgegeben wurden, denselben Rang in der Insolvenz einnehmen können wie die „nicht bevorrechtigten“ vorrangigen Schuldtitel, die unter den Bedingungen dieser Richtlinie ausgegeben wurden. Außerdem sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie ihre nationalen Rechtsvorschriften über den Rang, den unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, die nach dem Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser Rechtsvorschriften ausgegeben wurden, im regulären Insolvenzverfahren einnehmen, anzupassen, um die in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen einzuhalten. In diesem Fall sollten nur die unbesicherten Forderungen aus den Schuldtiteln, die vor der Anwendung dieser neuen nationalen Rechtsvorschriften ausgegeben wurden, weiterhin den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in ihrer am 31. Dezember 2016 verabschiedeten Fassung unterliegen.

(15)

Diese Richtlinie sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, vorzuschreiben, dass diese Richtlinie weiterhin gelten sollte, wenn die emittierenden Unternehmen insbesondere wegen der Veräußerung ihrer Kredit- oder Anlagetätigkeiten an eine dritte Partei nicht mehr dem Sanierungs- und Abwicklungsrahmen der Union unterliegen.

(16)

Mit dieser Richtlinie wird der Rang der unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln im Rahmen eines regulären Insolvenzverfahrens harmonisiert; sie erstreckt sich nicht auf den Rang der Einlagen in der Insolvenz über die geltenden Bestimmungen der Richtlinie 2014/59/EU hinaus. Diese Richtlinie gilt deshalb unbeschadet der bestehenden oder künftigen nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über reguläre Insolvenzverfahren, die den Rang der Einlagen in der Insolvenz zum Gegenstand haben, soweit dieser Rang nicht durch die Richtlinie 2014/59/EU harmonisiert ist, unabhängig davon, wann die Einlagen getätigt wurden. Bis zum 29. Dezember 2020 sollte die Kommission die Anwendung der Richtlinie 2014/59/EU in Bezug auf den Rang der Einlagen in der Insolvenz überprüfen und insbesondere die Notwendigkeit weiterer Änderungen der Richtlinie bewerten.

(17)

Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit für die Märkte und einzelnen Institute und zur Erleichterung der wirksamen Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteilig sollte die vorliegende Richtlinie am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Richtlinie 2014/59/EU

Die Richtlinie 2014/59/EU wird wie folgt geändert:

1.

In Artikel 2 Absatz 1 erhält Nummer 48 folgende Fassung:

„48.

‚Schuldtitel‘:

i)

für die Zwecke von Artikel 63 Absatz 1 Buchstaben g und j: Anleihen und andere Formen übertragbarer Schuldtitel, Instrumente, mit denen eine Schuld begründet oder anerkannt wird, und Instrumente, die einen Anspruch auf den Erwerb von Schuldtiteln begründen, und

ii)

für die Zwecke von Artikel 108: Anleihen und andere Formen übertragbarer Schuldtitel und Instrumente, mit denen eine Schuld begründet oder anerkannt wird;“

2.

Artikel 108 erhält folgende Fassung:

„Artikel 108

Rang in der Insolvenzrangfolge

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass in ihrem nationalen Recht über das reguläre Insolvenzverfahren

a)

folgende Forderungen denselben Rang haben, welcher höher ist als der Rang von Forderungen von gewöhnlichen nicht abgesicherten Gläubigern:

i)

der Teil erstattungsfähiger Einlagen von natürlichen Personen, Kleinstunternehmen und kleinen und mittleren Unternehmen, der die in Artikel 6 der Richtlinie 2014/49/EU festgelegte Deckungssumme überschreitet,

ii)

Einlagen, die als erstattungsfähige Einlagen von natürlichen Personen und Kleinstunternehmen und von kleinen und mittleren Unternehmen gelten würden, wenn sie nicht auf Zweigstellen von Instituten mit Sitz in der Union zurückgehen würden, die sich außerhalb der Union befinden,

b)

folgende Forderungen denselben Rang haben, der höher als der Rang nach Buchstabe a ist:

i)

gedeckte Einlagen,

ii)

Einlagensicherungssysteme, die im Fall der Insolvenz in die Rechte und Pflichten der gedeckten Einleger eintreten.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass bei den in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d genannten Unternehmen gewöhnliche unbesicherte Forderungen nach ihrem nationalen Recht über das reguläre Insolvenzverfahren einen höheren Rang einnehmen als unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)

die ursprüngliche vertragliche Laufzeit der Schuldtitel beträgt mindestens ein Jahr;

b)

die Schuldtitel beinhalten keine eingebetteten Derivate und sind selbst keine Derivate;

c)

in den einschlägigen Vertragsunterlagen und gegebenenfalls dem Prospekt im Zusammenhang mit der Emission wird explizit auf den niedrigeren Rang gemäß diesem Absatz hingewiesen.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, welche die Bedingungen nach Absatz 2 Buchstaben a, b und c des vorliegenden Artikels erfüllen, in ihrem nationalen Recht über das reguläre Insolvenzverfahren einen höheren Rang einnehmen als Forderungen aus in Artikel 48 Absatz 1 Buchstaben a bis d genannten Instrumenten.

(4)   Unbeschadet der Absätze 5 und 7 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass ihre nationalen Rechtsvorschriften über das reguläre Insolvenzverfahren in der am 31. Dezember 2016 verabschiedeten Fassung für den im regulären Insolvenzverfahren vorgesehenen Rang von unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln gelten, die von den in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d der vorliegenden Richtlinie genannten Unternehmen vor dem Tag des Beginns der Anwendung der Maßnahmen nach nationalem Recht zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/2399 des Europäischen Parlaments und des Rates (*1) ausgegeben wurden.

(5)   Hat ein Mitgliedstaat nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 28. Dezember 2017 ein nationales Gesetz über den im regulären Insolvenzverfahren einzunehmenden Rang von unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln, die nach dem Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser nationalen Rechtsvorschriften ausgegebenen wurden, verabschiedet, so findet Absatz 4 keine Anwendung auf Forderungen aus Schuldtiteln, die nach dem Zeitpunkt des Beginns der Anwendung dieser nationalen Rechtsvorschriften ausgegeben wurden, vorausgesetzt, dass alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Gemäß diesem nationalen Gesetz nehmen bei den in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d genannten Unternehmen gewöhnliche unbesicherte Forderungen im regulären Insolvenzverfahren einen höheren Rang ein als unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, die folgende Voraussetzungen erfüllen:

i)

die ursprüngliche vertragliche Laufzeit der Schuldtitel beträgt mindestens ein Jahr;

ii)

die Schuldtitel beinhalten keine eingebetteten Derivate und sind selbst keine Derivate und

iii)

in den einschlägigen Vertragsunterlagen und gegebenenfalls dem Prospekt im Zusammenhang mit der Emission wird explizit auf den niedrigeren Rang gemäß dem nationalen Recht hingewiesen.

b)

Gemäß diesem nationalen Recht nehmen unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, die die Bedingungen gemäß Buchstabe a des vorliegenden Unterabsatzes erfüllen, im regulären Insolvenzverfahren einen höheren Rang ein als Forderungen aus Instrumenten nach Artikel 48 Absatz 1 Buchstaben a bis d.

Am Tag des Inkrafttretens der Maßnahmen im nationalem Recht zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/2399 müssen die in Unterabsatz 1 Buchstabe b genannten unbesicherten Forderungen aus Schuldtiteln denselben Rang einnehmen wie in Absatz 2 Buchstaben a, b und c und Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannt.

(6)   Für die Zwecke von Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 5 Unterabsatz 1 Buchstabe a Ziffer ii werden Schuldtitel mit variabler Verzinsung, die sich aus einem in großem Umfang genutzten Referenzsatz herleitet, und nicht auf die Landeswährung des Emittenten lautende Schuldtitel, soweit Hauptforderung, Rückzahlung und Zinsen auf dieselbe Währung lauten, nicht allein wegen dieser Merkmale als Schuldtitel, die eingebettete Derivate umfassen, betrachtet.

(7)   Mitgliedstaaten, die bereits vor dem 31. Dezember 2016 ein nationales Gesetz über das reguläre Insolvenzverfahren verabschiedet haben, wonach gewöhnliche unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, die von den in Artikel 1 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstaben a bis d genannten Unternehmen ausgegeben wurden, in zwei oder mehr unterschiedliche Ränge aufgegliedert werden oder wonach der Rang solcher gewöhnlicher unbesicherter Forderungen aus Schuldtiteln im Verhältnis zu allen anderen gewöhnlichen unbesicherten Forderungen mit demselben Rang geändert wird, können vorschreiben, dass Schuldtitel mit dem niedrigsten Rang unter den genannten gewöhnlichen unbesicherten Forderungen denselben Rang einnehmen wie die Forderungen, welche die Voraussetzungen nach Absatz 2 Buchstaben a, b und c und Absatz 3 des vorliegenden Artikels erfüllen.

(*1)  Richtlinie (EU) 2017/2399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge (ABl. L 345 vom 27.12.2017, S. 96).“"

Artikel 2

Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens bis zum 29. Dezember 2018 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Die Mitgliedstaaten wenden diese Maßnahmen ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens im nationalen Recht an.

(2)   Bei Erlass der in Absatz 1 genannten Maßnahmen nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

(3)   Absatz 2 findet keine Anwendung, wenn mit den nationalen Maßnahmen der Mitgliedstaaten, die vor dem Tag des Inkrafttretens dieser Richtlinie in Kraft sind, dieser Richtlinie nachgekommen wird. In diesen Fällen unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission entsprechend.

(4)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde den Wortlaut der wichtigsten Maßnahmen nach nationalem Recht mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 3

Überprüfung

Bis zum 29. Dezember 2020 überprüft die Kommission die Anwendung des Artikels 108 Absatz 1 der Richtlinie 2014/59/EU. Die Kommission überprüft insbesondere die Notwendigkeit weiterer Änderungen in Bezug auf den Rang der Einlagen in der Insolvenz. Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht darüber vor.

Artikel 4

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 5

Adressaten

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Straßburg am 12. Dezember 2017.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

A. TAJANI

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. MAASIKAS


(1)  ABl. C 132 vom 26.4.2017, S. 1.

(2)  ABl. C 173 vom 31.5.2017, S. 41.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 30. November 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Dezember 2017.

(4)  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates und der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190).

(5)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(6)  Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. L 225 vom 30.7.2014, S. 1).

(7)  Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(8)  Noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.