ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 282

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

59. Jahrgang
19. Oktober 2016


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

 

*

Beschluss (EU) 2016/1841 des Rates vom 5. Oktober 2016 über den Abschluss des im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossenen Übereinkommens von Paris im Namen der Europäischen Union

1

 

 

Übereinkommen von Paris

4

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2016/1842 der Kommission vom 14. Oktober 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 in Bezug auf die elektronische Kontrollbescheinigung für eingeführte ökologische/biologische Erzeugnisse und bestimmte andere Elemente sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 in Bezug auf die Anforderungen für haltbar gemachte oder verarbeitete ökologische/biologische Erzeugnisse und die Übermittlung von Informationen ( 1 )

19

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2016/1843 der Kommission vom 18. Oktober 2016 mit Übergangsmaßnahmen zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Akkreditierung amtlicher Laboratorien für die amtliche Untersuchung auf Trichinen ( 1 )

38

 

 

Durchführungsverordnung (EU) 2016/1844 der Kommission vom 18. Oktober 2016 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

40

 

 

Durchführungsverordnung (EU) 2016/1845 der Kommission vom 18. Oktober 2016 zur Festsetzung des Zuteilungskoeffizienten für Anträge auf Beihilfe zur Verringerung der Milcherzeugung gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1612

42

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2016/1846 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die Maßnahme SA.41187 (2015/C) (ex 2015/NN) Ungarns bezüglich des Gesundheitsbeitrags der Unternehmen der Tabakindustrie (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4049)  ( 1 )

43

 

*

Beschluss (EU) 2016/1847 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die staatliche Beihilfe — SA.41612-2015/C (ex SA.33584-2013/C (ex 2011/NN)) der Niederlande in Bezug auf den Profifußballverein MVV Maastricht (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4053)  ( 1 )

53

 

*

Beschluss (EU) 2016/1848 der Kommission vom 4. Juli 2016. über die von Ungarn durchgeführte Maßnahme SA.40018 (2015/C) (ex 2015/NN) 2014 beschlossene Änderung der ungarischen Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4056)  ( 1 )

63

 

*

Beschluss (EU) 2016/1849 der Kommission vom 4. Juli 2016 über die Maßnahme SA.41613 — 2015/C (ex SA.33584 — 2013/C (ex 2011/NN)) der Niederlande in Bezug auf den Profifußballverein PSV Eindhoven (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4093)  ( 1 )

75

 

 

Berichtigungen

 

*

Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 1130/2011 der Kommission vom 11. November 2011 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelzusatzstoffe im Hinblick auf eine Liste der Europäischen Union der für die Verwendung in Lebensmittelzusatzstoffen, Lebensmittelenzymen, Lebensmittelaromen und Nährstoffen zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe ( ABl. L 295 vom 12.11.2011 )

84

 

*

Berichtigung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1768 der Kommission vom 4. Oktober 2016 zur Zulassung von Guanidinoessigsäure als Zusatzstoff in Futtermitteln für Masthühner, Absetzferkel und Mastschweine sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 904/2009 ( ABl. L 270 vom 5.10.2016 )

84

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

INTERNATIONALE ÜBEREINKÜNFTE

19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/1


BESCHLUSS (EU) 2016/1841 DES RATES

vom 5. Oktober 2016

über den Abschluss des im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossenen Übereinkommens von Paris im Namen der Europäischen Union

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 6 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zustimmung des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Auf der 21. Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC), die vom 30. November bis zum 12. Dezember 2015 in Paris stattfand, wurde der Wortlaut eines Übereinkommens über die Verstärkung der weltweiten Reaktion auf den Klimawandel angenommen.

(2)

Das Übereinkommen von Paris wurde am 22. April 2016 im Einklang mit dem Beschluss (EU) 2016/590 des Rates (2) unterzeichnet.

(3)

Das Übereinkommen von Paris tritt am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem mindestens 55 Vertragsparteien des UNFCCC, auf die insgesamt ein geschätzter Anteil von mindestens 55 % der Gesamttreibhausgasemissionen entfällt, ihre Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde hinterlegt haben. Zu den Vertragsparteien des UNFCCC gehören auch die Union und ihre Mitgliedstaaten. In seinen Schlussfolgerungen vom 18. März 2016 betonte der Europäische Rat, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten das Übereinkommen von Paris so bald wie möglich und so rechtzeitig abschließen müssen, dass sie zu dem Zeitpunkt des Inkrafttretens Vertragsparteien sind.

(4)

Das Übereinkommen von Paris tritt an die Stelle des nach dem Kyoto-Protokoll von 1997 verfolgten Ansatzes.

(5)

Das Übereinkommen von Paris gibt unter anderem ein langfristiges Ziel vor, das mit den Bestrebungen im Einklang steht, den weltweiten Temperaturanstieg bei deutlich weniger als 2 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten und die Bemühungen fortzusetzen, ihn bei 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu halten. Zur Verwirklichung dieses Ziels werden die Vertragsparteien aufeinanderfolgende national festgelegte Beiträge erarbeiten, übermitteln und beibehalten.

(6)

Nach dem Übereinkommen von Paris müssen die Vertragsparteien ab dem Jahr 2023 auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und der bis dahin getroffenen Durchführungsmaßnahmen alle fünf Jahre eine weltweite Bestandsaufnahme durchführen, bei der sie die Fortschritte verfolgen und die Emissionssenkungen, Anpassung und gewährte Unterstützung prüfen, und jeder nachfolgende Beitrag einer Vertragspartei muss eine Steigerung gegenüber ihrem zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Beitrag darstellen und ihre größtmögliche Ambition ausdrücken.

(7)

Das verbindliche Ziel, die internen gesamtwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 % im Vergleich zu 1990 zu reduzieren, wurde in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 23. und 24. Oktober 2014 zum Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 gebilligt. Am 6. März 2015 nahm der Rat diesen Beitrag der Union und ihrer Mitgliedstaaten als ihren beabsichtigten nationalen Beitrag an, der dem UNFCCC-Sekretariat übermittelt wurde.

(8)

In ihrer Mitteilung zum Vorschlag für die Unterzeichnung des Übereinkommens von Paris durch die Union betonte die Kommission, dass der globale Übergang zu sauberer Energie als politische Querschnittsaufgabe Veränderungen beim Investitionsverhalten und Anreize für den Übergang erfordert. Eine der Hauptprioritäten der Union besteht darin, eine krisenfeste Energieunion zu schaffen, die ihre Bürger mit sicherer, nachhaltiger, wettbewerbsfähiger und erschwinglicher Energie versorgt. Dies kann nur erreicht werden, wenn weiterhin ehrgeizige Klimaschutzmaßnahmen getroffen und bei anderen Aspekten der Energieunion Fortschritte erzielt werden.

(9)

Der Rat bekräftigte in seinen Schlussfolgerungen vom 18. September 2015, dass die Union und ihre Mitgliedstaaten beabsichtigen, im Rahmen des Übereinkommens von Paris gemeinsam zu handeln, und begrüßte die Absicht Norwegens und Islands, sich an dieser gemeinsamen Maßnahme zu beteiligen.

(10)

Die gemeinsame Maßnahme der Union und ihrer Mitgliedstaaten wird zu gegebener Zeit vereinbart und das der Union und den Mitgliedstaaten zugeteilte Emissionsniveau berücksichtigen.

(11)

Nach Artikel 4 Absatz 16 des Übereinkommens von Paris ist dem Sekretariat die gemeinsame Maßnahme einschließlich des jeder Vertragspartei innerhalb des betreffenden Zeitraums zugeteilten Emissionsniveaus zu notifizieren.

(12)

Das Übereinkommen von Paris steht mit den Umweltzielen der Europäischen Union gemäß Artikel 191 AEUV im Einklang, namentlich Erhaltung und Schutz der Umwelt und Verbesserung ihrer Qualität sowie Schutz der menschlichen Gesundheit und Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels.

(13)

Das Übereinkommen von Paris und die Zuständigkeitserklärung sollten im Namen der Union genehmigt werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das am 12. Dezember 2015 im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen angenommene Übereinkommen von Paris wird im Namen der Union genehmigt.

Der Wortlaut des Übereinkommens von Paris liegt diesem Beschluss bei.

Die Zuständigkeitserklärung, die diesem Beschluss beigefügt ist, wird ebenfalls im Namen der Union genehmigt.

Artikel 2

Der Präsident des Rates benennt die Person(en), die befugt ist (sind), im Namen der Union gemäß Artikel 20 Absatz 1 des Übereinkommens von Paris die Ratifikationsurkunde zusammen mit der Zuständigkeitserklärung beim Generalsekretär der Vereinten Nationen zu hinterlegen.

Artikel 3

(1)   Die Mitgliedstaaten sind bestrebt, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ihre Ratifikationsurkunden gleichzeitig mit der Union oder so bald wie möglich danach zu hinterlegen.

(2)   Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission über ihren Beschluss zur Ratifikation des Übereinkommens von Paris oder gegebenenfalls über den voraussichtlichen Zeitpunkt des Abschlusses der notwendigen Verfahren in Kenntnis.

Artikel 4

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 5. Oktober 2016

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LAJČÁK


(1)  Zustimmung vom 4. Oktober 2016 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  Beschluss (EU) 2016/590 des Rates vom 11. April 2016 über die Unterzeichnung des im Rahmen des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen geschlossenen Übereinkommens von Paris im Namen der Europäischen Union (ABl. L 103 vom 19.4.2016, S. 1).


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/4


ÜBERSETZUNG

ÜBEREINKOMMEN VON PARIS

DIE VERTRAGSPARTEIEN DIESES ÜBEREINKOMMENS —

ALS Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, im Folgenden als „Rahmenübereinkommen“ bezeichnet,

GESTÜTZT auf die durch Beschluss 1/CP.17 der Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens auf ihrer siebzehnten Tagung eingerichteten Durban-Plattform für verstärktes Handeln,

IN VERFOLGUNG des Zieles des Rahmenübereinkommens und geleitet von seinen Grundsätzen einschließlich des Grundsatzes der Gerechtigkeit und der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten,

IN ANERKENNUNG der Notwendigkeit einer wirksamen und fortschreitenden Reaktion auf die akute Bedrohung durch Klimaänderungen auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse,

ZUDEM IN ANERKENNUNG der speziellen Bedürfnisse und besonderen Gegebenheiten der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, vor allem derjenigen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind, wie im Rahmenübereinkommen vorgesehen,

UNTER VOLLER BERÜCKSICHTIGUNG der speziellen Bedürfnisse und der besonderen Lage der am wenigsten entwickelten Länder hinsichtlich der Finanzierung und der Weitergabe von Technologie,

IN ANERKENNUNG dessen, dass die Vertragsparteien nicht nur von den Klimaänderungen, sondern auch von den Auswirkungen der zu ihrer Bewältigung ergriffenen Maßnahmen betroffen sein können,

UNTER BETONUNG dessen, dass zwischen dem Vorgehen gegen und der Bewältigung von Klimaänderungen und ihren Auswirkungen sowie dem gerechten Zugang zu nachhaltiger Entwicklung und der Beseitigung der Armut ein innerer Zusammenhang besteht,

IN ANERKENNUNG DESSEN, dass die Gewährleistung der Ernährungssicherheit und die Beendigung des Hungers grundsätzlich Vorrang haben und dass die Systeme der Nahrungsmittelerzeugung gegenüber den nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen besonders anfällig sind,

UNTER BERÜCKSICHTIGUNG der zwingenden Notwendigkeit eines gerechten Strukturwandels für die arbeitende Bevölkerung und der Schaffung menschenwürdiger Arbeit und hochwertiger Arbeitsplätze im Einklang mit den national festgelegten Entwicklungsprioritäten,

IN DER ERKENNTNIS, dass die Klimaänderungen die ganze Menschheit mit Sorge erfüllen, sollen die Vertragsparteien beim Vorgehen gegen Klimaänderungen ihre jeweiligen Verpflichtungen im Hinblick auf die Menschenrechte, das Recht auf Gesundheit, die Rechte von indigenen Völkern, lokalen Gemeinschaften, Migranten, Kindern, Menschen mit Behinderungen und besonders schutzbedürftigen Menschen und das Recht auf Entwicklung sowie die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung der Rolle der Frau und die Gerechtigkeit zwischen den Generationen achten, fördern und berücksichtigen,

IN ANERKENNUNG der Bedeutung der Erhaltung und gegebenenfalls Erweiterung von Senken und Speichern der im Rahmenübereinkommen genannten Treibhausgase,

IN ANBETRACHT DESSEN, wie wichtig es ist, die Integrität aller Ökosysteme einschließlich der Meere und den Schutz der biologischen Vielfalt, in manchen Kulturen als Mutter Erde gewürdigt, zu gewährleisten, und in Anbetracht der großen Bedeutung, die der Begriff „Klimagerechtigkeit“ für manche im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen Klimaänderungen hat,

IN BEKRÄFTIGUNG der Bedeutung von Bildung, Ausbildung und öffentlichem Bewusstsein, der Beteiligung der Öffentlichkeit, des öffentlichen Zugangs zu Informationen und der Zusammenarbeit auf allen Ebenen in den von diesem Übereinkommen erfassten Angelegenheiten,

IN ANERKENNUNG DESSEN, wie wichtig es ist, dass sich alle staatlichen Ebenen und verschiedene Akteure bei der Bewältigung der Klimaänderungen in Übereinstimmung mit den jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vertragsparteien einbringen,

ZUDEM IN DER ERKENNTNIS, dass nachhaltige Lebensweisen und nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster, hinsichtlich derer die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, die Führung übernehmen, eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimaänderungen spielen —

SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:

Artikel 1

Für die Zwecke dieses Übereinkommens finden die in Artikel 1 des Rahmenübereinkommens enthaltenen Begriffsbestimmungen Anwendung. Darüber hinaus

a)

bedeutet „Rahmenübereinkommen“ das am 9. Mai 1992 in New York angenommene Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen;

b)

bedeutet „Konferenz der Vertragsparteien“ die Konferenz der Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens;

c)

bedeutet „Vertragspartei“ eine Vertragspartei dieses Übereinkommens.

Artikel 2

(1)   Dieses Übereinkommen zielt darauf ab, durch Verbesserung der Durchführung des Rahmenübereinkommens einschließlich seines Zieles die weltweite Reaktion auf die Bedrohung durch Klimaänderungen im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und den Bemühungen zur Beseitigung der Armut zu verstärken, indem unter anderem

a)

der Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau gehalten wird und Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, da erkannt wurde, dass dies die Risiken und Auswirkungen der Klimaänderungen erheblich verringern würde;

b)

die Fähigkeit zur Anpassung an die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen erhöht und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen sowie eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung so gefördert wird, dass die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird;

c)

die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.

(2)   Dieses Übereinkommen wird als Ausdruck der Gerechtigkeit und des Grundsatzes der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten durchgeführt.

Artikel 3

Zur Verwirklichung des in Artikel 2 genannten Zieles dieses Übereinkommens sind von allen Vertragsparteien als national festgelegte Beiträge zu der weltweiten Reaktion auf Klimaänderungen ehrgeizige Anstrengungen im Sinne der Artikel 4, 7, 9, 10, 11 und 13 zu unternehmen und zu übermitteln. Die Anstrengungen aller Vertragsparteien werden im Laufe der Zeit eine Steigerung darstellen, wobei die Notwendigkeit anerkannt wird, die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, bei der wirksamen Durchführung dieses Übereinkommens zu unterstützen.

Artikel 4

(1)   Zum Erreichen des in Artikel 2 genannten langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, wobei anerkannt wird, dass der zeitliche Rahmen für das Erreichen des Scheitelpunkts bei den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, größer sein wird, und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken auf der Grundlage der Gerechtigkeit und im Rahmen der nachhaltigen Entwicklung und der Bemühungen zur Beseitigung der Armut herzustellen.

(2)   Jede Vertragspartei erarbeitet, übermittelt und behält aufeinanderfolgende national festgelegte Beiträge bei, die sie zu erreichen beabsichtigt. Die Vertragsparteien ergreifen innerstaatliche Minderungsmaßnahmen, um die Ziele dieser Beiträge zu verwirklichen.

(3)   Jeder nachfolgende national festgelegte Beitrag einer Vertragspartei wird eine Steigerung gegenüber ihrem zum fraglichen Zeitpunkt geltenden national festgelegten Beitrag darstellen und ihre größtmögliche Ambition unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und ihrer jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten ausdrücken.

(4)   Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, sollen weiterhin die Führung übernehmen, indem sie sich zu absoluten gesamtwirtschaftlichen Emissionsreduktionszielen verpflichten. Die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sollen ihre Minderungsanstrengungen weiter verstärken; sie werden ermutigt, mit der Zeit angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten auf gesamtwirtschaftliche Emissionsreduktions- oder -begrenzungsziele überzugehen.

(5)   Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird Unterstützung bei der Durchführung dieses Artikels in Übereinstimmung mit den Artikeln 9, 10 und 11 gewährt, wobei anerkannt wird, dass eine verstärkte Unterstützung ihnen die Möglichkeit eröffnen wird, sich für ihre Maßnahmen höhere Ambitionen zu setzen.

(6)   Die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern können Strategien, Pläne und Maßnahmen für eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung erarbeiten und übermitteln, die ihre besonderen Gegebenheiten widerspiegeln.

(7)   Der Zusatznutzen für die Minderung, der sich aus den Anpassungsmaßnahmen und/oder Plänen zur wirtschaftlichen Diversifizierung der Vertragsparteien ergibt, kann zu den Minderungsergebnissen aufgrund dieses Artikels beitragen.

(8)   Bei der Übermittlung ihrer national festgelegten Beiträge stellen alle Vertragsparteien die erforderlichen Informationen zur Gewährleistung der Eindeutigkeit, Transparenz und Verständlichkeit in Übereinstimmung mit Beschluss 1/CP.21 und allen einschlägigen Beschlüssen der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien zur Verfügung.

(9)   Jede Vertragspartei übermittelt alle fünf Jahre einen national festgelegten Beitrag in Übereinstimmung mit Beschluss 1/CP.21 und allen einschlägigen Beschlüssen der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien; sie wird von den Ergebnissen der in Artikel 14 genannten weltweiten Bestandsaufnahme unterrichtet.

(10)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien prüft auf ihrer ersten Tagung gemeinsame Zeitrahmen für die national festgelegten Beiträge.

(11)   Eine Vertragspartei kann ihren bestehenden national festgelegten Beitrag jederzeit in Übereinstimmung mit den Leitlinien, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien beschlossen werden, anpassen, um ihr Ambitionsniveau anzuheben.

(12)   Die von den Vertragsparteien übermittelten national festgelegten Beiträge werden in ein vom Sekretariat geführtes öffentliches Register eingetragen.

(13)   Die Vertragsparteien rechnen über ihre national festgelegten Beiträge ab. Bei der Abrechnung über die anthropogenen Emissionen und den Abbau entsprechend ihren national festgelegten Beiträgen fördern die Vertragsparteien die Umweltintegrität, Transparenz, Genauigkeit, Vollständigkeit, Vergleichbarkeit sowie Konsistenz und gewährleisten die Vermeidung von Doppelzählungen im Einklang mit den Leitlinien, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien beschlossen werden.

(14)   Im Zusammenhang mit ihren national festgelegten Beiträgen sollen die Vertragsparteien bei der Anerkennung und Umsetzung von Minderungsmaßnahmen im Hinblick auf die anthropogenen Emissionen und den Abbau, soweit angemessen, die aufgrund des Rahmenübereinkommens bestehenden Methoden und Leitlinien im Lichte des Absatzes 13 berücksichtigen.

(15)   Bei der Durchführung dieses Übereinkommens berücksichtigen die Vertragsparteien die Sorgen derjenigen Vertragsparteien, deren Wirtschaft von den Auswirkungen der Gegenmaßnahmen am stärksten betroffen ist, insbesondere der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind.

(16)   Die Vertragsparteien einschließlich der Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration und ihrer Mitgliedstaaten, die eine Vereinbarung getroffen haben, bei der Anwendung des Absatzes 2 gemeinsam zu handeln, notifizieren dem Sekretariat zum Zeitpunkt der Übermittlung ihrer national festgelegten Beiträge die Bedingungen dieser Vereinbarung einschließlich des jeder Vertragspartei innerhalb der betreffenden Zeitraums zugeteilten Emissionsniveaus. Das Sekretariat unterrichtet seinerseits die Vertragsparteien und die Unterzeichner des Rahmenübereinkommens über die Bedingungen der Vereinbarung.

(17)   Jede Partei einer solchen Vereinbarung ist in Übereinstimmung mit den Absätzen 13 und 14 dieses Artikels und mit den Artikeln 13 und 15 für ihr Emissionsniveau, das in der in Absatz 16 dieses Artikels bezeichneten Vereinbarung angegeben ist, verantwortlich.

(18)   Wenn gemeinsam handelnde Vertragsparteien im Rahmen und zusammen mit einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration handeln, die selbst Vertragspartei dieses Übereinkommens ist, ist jeder Mitgliedstaat dieser Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration einzeln sowie zusammen mit der Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration in Übereinstimmung mit den Absätzen 13 und 14 dieses Artikels und mit den Artikeln 13 und 15 für sein Emissionsniveau, das in der nach Absatz 16 dieses Artikels notifizierten Vereinbarung angegeben ist, verantwortlich.

(19)   Eingedenk des Artikels 2 und unter Berücksichtigung ihrer gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten angesichts der unterschiedlichen nationalen Gegebenheiten sollen sich alle Vertragsparteien um die Ausarbeitung und Übermittlung langfristiger Strategien für eine hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarme Entwicklung bemühen.

Artikel 5

(1)   Die Vertragsparteien sollen Maßnahmen zur Erhaltung und gegebenenfalls Verbesserung von Senken und Speichern von Treibhausgasen, darunter Wälder, nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d des Rahmenübereinkommens ergreifen.

(2)   Die Vertragsparteien werden ermutigt, unter anderem durch ergebnisbasierte Zahlungen Maßnahmen zur Umsetzung und Unterstützung des vorhandenen Rahmens zu ergreifen, der durch die aufgrund des Rahmenübereinkommens bereits vereinbarten diesbezüglichen Leitlinien und Beschlüsse geschaffen wurde, und zwar im Hinblick auf Politikansätze und positive Anreize für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Reduktion der Emissionen aufgrund der Entwaldung und der Verschlechterung des Zustands der Wälder und die Rolle der Erhaltung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder und die Erhöhung der in ihnen gespeicherten Kohlenstoffvorräte in den Entwicklungsländern sowie im Hinblick auf alternative Politikansätze wie etwa gemeinsame Minderungs- und Anpassungsansätze für die integrierte und nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder, wobei erneut bekräftigt wird, wie wichtig gegebenenfalls die Förderung des mit diesen Ansätzen verbundenen Nutzens des Waldes über seine Funktion als Kohlenstoffspeicher hinaus durch bestimmte Anreize ist.

Artikel 6

(1)   Die Vertragsparteien erkennen an, dass sich manche von ihnen für eine freiwillige Zusammenarbeit bei der Umsetzung ihrer national festgelegten Beiträge entscheiden, um sich für ihre Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen höhere Ambitionen setzen zu können und um die nachhaltige Entwicklung und die Umweltintegrität zu fördern.

(2)   Beteiligen sich Vertragsparteien auf freiwilliger Grundlage an kooperativen Ansätzen, die die Verwendung international übertragener Minderungsergebnisse zum Erreichen der national festgelegten Beiträge beinhalten, so fördern sie die nachhaltige Entwicklung und gewährleisten die Umweltintegrität und die Transparenz, auch beim Verwaltungshandeln; sie wenden im Einklang mit den Leitlinien, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien beschlossen wurden, ein verlässliches Abrechnungsverfahren an, um unter anderem die Vermeidung von Doppelzählungen zu gewährleisten.

(3)   Die Verwendung international übertragener Minderungsergebnisse zum Erreichen der national festgelegten Beiträge nach diesem Übereinkommen ist freiwillig und bedarf der Genehmigung durch die teilnehmenden Vertragsparteien.

(4)   Hiermit wird ein Mechanismus zur Minderung der Emissionen von Treibhausgasen und zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung unter der Weisungsbefugnis und Leitung der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien eingesetzt, der von den Vertragsparteien auf freiwilliger Grundlage genutzt werden kann. Er wird von einem Gremium beaufsichtigt, das von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien bestimmt wird, und ist darauf gerichtet,

a)

die Minderung der Emissionen von Treibhausgasen zu fördern und gleichzeitig die nachhaltige Entwicklung zu unterstützen;

b)

die Beteiligung der durch eine Vertragspartei ermächtigten öffentlichen und privaten Rechtsträger an der Minderung der Emissionen von Treibhausgasen durch bestimmte Anreize zu fördern und zu erleichtern;

c)

zur Absenkung des Emissionsniveaus bei der als Gastland dienenden Vertragspartei beizutragen, die Nutzen aus den Minderungstätigkeiten ziehen wird, aus denen sich Emissionsreduktionen ergeben, die auch von einer anderen Vertragspartei zur Erfüllung ihres national festgelegten Beitrags verwendet werden können;

d)

eine allgemeine Minderung der weltweiten Emissionen zu erreichen.

(5)   Die Emissionsreduktionen, die sich aus dem in Absatz 4 genannten Mechanismus ergeben, dürfen nicht zum Nachweis des Erreichens des national festgelegten Beitrags der als Gastland dienenden Vertragspartei verwendet werden, wenn sie von einer anderen Vertragspartei zum Nachweis des Erreichens ihres national festgelegten Beitrags verwendet werden.

(6)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien stellt sicher, dass ein Teil der Erlöse aus Tätigkeiten im Rahmen des in Absatz 4 genannten Mechanismus dazu verwendet wird, die Verwaltungskosten zu decken sowie die für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen besonders anfälligen Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, dabei zu unterstützen, die Anpassungskosten zu tragen.

(7)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien beschließt auf ihrer ersten Tagung Regeln, Modalitäten und Verfahren für den in Absatz 4 genannten Mechanismus.

(8)   Die Vertragsparteien erkennen an, wie wichtig es ist, dass ihnen integrierte, ganzheitliche und ausgewogene nicht marktbasierte Ansätze zur Verfügung stehen, die sie bei der Umsetzung ihrer national festgelegten Beiträge im Zusammenhang mit nachhaltiger Entwicklung und der Beseitigung der Armut in abgestimmter und wirksamer Weise, unter anderem durch Minderung, Anpassung, Finanzierung, Weitergabe von Technologie und Aufbau von Kapazitäten, soweit angemessen, unterstützen. Diese Ansätze sind darauf gerichtet,

a)

die Ambition auf dem Gebiet der Minderung und Anpassung zu fördern;

b)

die Beteiligung des öffentlichen und des privaten Sektors an der Umsetzung der national festgelegten Beiträge zu verbessern;

c)

Gelegenheiten für eine Koordinierung zwischen den Instrumenten und den einschlägigen institutionellen Regelungen zu ermöglichen.

(9)   Hiermit wird ein Rahmen für nicht marktbasierte Ansätze für eine nachhaltige Entwicklung festgelegt, um die in Absatz 8 genannten nicht marktorientierten Ansätze zu fördern.

Artikel 7

(1)   Hiermit legen die Vertragsparteien das globale Ziel für die Anpassung durch die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit, die Stärkung der Widerstandsfähigkeit und die Verringerung der Anfälligkeit gegenüber Klimaänderungen fest, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten und eine angemessene Reaktion auf dem Gebiet der Anpassung im Zusammenhang mit dem in Artikel 2 genannten Temperaturziel zu gewährleisten.

(2)   Die Vertragsparteien erkennen an, dass die Anpassung für alle eine weltweite Herausforderung mit lokalen, subnationalen, nationalen, regionalen und internationalen Dimensionen ist und dass sie als Schlüsselfaktor einen Beitrag zu der langfristigen weltweiten Reaktion auf die Klimaänderungen zum Schutz der Menschen, der Existenzgrundlagen und der Ökosysteme leistet, wobei die vordringlichen und unmittelbaren Bedürfnisse der für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen besonders anfälligen Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, berücksichtigt werden.

(3)   Die Anpassungsbemühungen der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, werden im Einklang mit den Modalitäten anerkannt, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung zu beschließen sind.

(4)   Die Vertragsparteien erkennen an, dass der derzeitige Anpassungsbedarf erheblich ist, dass sich durch ein höheres Minderungsniveau die Notwendigkeit zusätzlicher Anpassungsbemühungen verringern kann und dass ein höherer Anpassungsbedarf höhere Anpassungskosten mit sich bringen können.

(5)   Die Vertragsparteien bestätigen, dass mit den Anpassungsmaßnahmen ein von den Ländern ausgehender, geschlechtergerechter, partizipatorischer und vollständig transparenter Ansatz unter Berücksichtigung von besonders schutzbedürftigen Gruppen, Gemeinschaften und Ökosystemen verfolgt werden soll und dass die Anpassungsmaßnahmen auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse und gegebenenfalls traditionelles Wissen, das Wissen indigener Völker und lokale Wissenssysteme gegründet und ausgerichtet sein sollen, um zu erreichen, dass die Anpassung, soweit angemessen, in die einschlägigen sozioökonomischen und umweltrelevanten Politiken und Maßnahmen einbezogen wird.

(6)   Die Vertragsparteien erkennen an, wie wichtig Unterstützung und internationale Zusammenarbeit bei Anpassungsbemühungen sind, und wie wichtig es ist, die Bedürfnisse der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, vor allem derjenigen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind, zu berücksichtigen.

(7)   Die Vertragsparteien sollen ihre Zusammenarbeit bei der Verstärkung der Anpassungsbemühungen unter Berücksichtigung des Anpassungsrahmens von Cancún intensivieren, auch im Hinblick auf

a)

den Austausch von Informationen, bewährten Verfahren, Erfahrungen und Erkenntnissen, gegebenenfalls auch solcher, die sich auf die Wissenschaft, die Planung, die Politik und die Umsetzung im Zusammenhang mit Anpassungsmaßnahmen beziehen;

b)

die Stärkung der institutionellen Regelungen einschließlich derjenigen aufgrund des Rahmenübereinkommens, die diesem Übereinkommen dienen, um die Zusammenführung der einschlägigen Informationen und Kenntnisse und die Gewährung technischer Unterstützung und Beratung an die Vertragsparteien zu erleichtern;

c)

die Verbesserung der klimawissenschaftlichen Erkenntnisse unter Einbeziehung der Forschung, der systematischen Beobachtung des Klimasystems und der Frühwarnsysteme in einer den Klimadiensten als Grundlage dienenden und die Entscheidungsfindung unterstützenden Weise;

d)

die Unterstützung der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, bei der Bestimmung wirksamer Anpassungsverfahren, des Anpassungsbedarfs, der Prioritäten, der gewährten und erhaltenen Unterstützung für Anpassungsmaßnahmen und -bemühungen sowie der Probleme und Lücken in einer mit der Förderung bewährter Verfahren im Einklang stehenden Weise;

e)

die Verbesserung der Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der Anpassungsmaßnahmen.

(8)   Die Sonderorganisationen und die anderen Organisationen der Vereinten Nationen werden ermutigt, die Bemühungen der Vertragsparteien zur Durchführung der in Absatz 7 genannten Maßnahmen unter Berücksichtigung des Absatzes 5 zu unterstützen.

(9)   Jede Vertragspartei befasst sich gegebenenfalls mit Prozessen zur Planung der Anpassung und der Durchführung von Maßnahmen einschließlich der Ausarbeitung oder Verbesserung einschlägiger Pläne, Politiken und/oder Beiträge, wozu Folgendes gehören kann:

a)

die Durchführung von Anpassungsmaßnahmen, -projekten und/oder -bemühungen;

b)

der Prozess der Erstellung und Umsetzung nationaler Anpassungspläne;

c)

die Abschätzung der Auswirkungen der Klimaänderungen und der Anfälligkeit gegenüber den Klimaänderungen, um die national festgelegten Vorrangmaßnahmen unter Berücksichtigung der besonders gefährdeten Menschen, Orte und Ökosysteme festzulegen;

d)

die Überwachung und Bewertung der Anpassungspläne, -politiken, -programme und -maßnahmen und der damit verbundene Erkenntnisgewinn;

e)

die Stärkung der Widerstandsfähigkeit der sozioökonomischen und ökologischen Systeme, unter anderem durch wirtschaftliche Diversifizierung und nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen.

(10)   Jede Vertragspartei soll gegebenenfalls regelmäßig eine Anpassungsmitteilung, die ihre Prioritäten, ihren Durchführungs- und Unterstützungsbedarf, ihre Pläne und Maßnahmen enthalten kann, vorlegen und auf den neuesten Stand bringen, wobei für die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, keine zusätzliche Belastung entstehen soll.

(11)   Die in Absatz 10 genannte Anpassungsmitteilung wird gegebenenfalls als Bestandteil von oder in Verbindung mit anderen Mitteilungen oder Dokumenten, darunter auch einem nationalen Anpassungsplan, einem national festgelegten Beitrag im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 und/oder einer nationalen Mitteilung, vorgelegt und regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht.

(12)   Die in Absatz 10 genannten Anpassungsmitteilungen werden in ein vom Sekretariat geführtes öffentliches Register eingetragen.

(13)   Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird in Übereinstimmung mit den Artikeln 9, 10 und 11 fortlaufende und verstärkte internationale Unterstützung für die Durchführung der Absätze 7, 9, 10 und 11 gewährt.

(14)   Durch die in Artikel 14 genannte weltweite Bestandsaufnahme werden unter anderem

a)

die Anpassungsbemühungen der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, anerkannt;

b)

die Durchführung der Anpassungsmaßnahmen unter Berücksichtigung der in Absatz 10 genannten Anpassungsmitteilungen verbessert;

c)

die Angemessenheit und Wirksamkeit der Anpassung und der dafür gewährten Unterstützung überprüft;

d)

die insgesamt erzielten Fortschritte beim Erreichen des in Absatz 1 genannten globalen Anpassungsziels überprüft.

Artikel 8

(1)   Die Vertragsparteien erkennen an, wie wichtig es ist, Verluste und Schäden, die mit den nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen einschließlich extremer Wetterereignisse und sich langsam anbahnender Ereignisse verbunden sind, zu vermeiden, auf ein Mindestmaß zu verringern und zu bewältigen, und welche Rolle die nachhaltige Entwicklung bei der Verringerung der Gefahr von Verlusten und Schäden spielt.

(2)   Der Internationale Mechanismus von Warschau für Verluste und Schäden, die mit Klimaänderungen verbunden sind, unterliegt der Weisungsbefugnis und Leitung der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien und kann nach Maßgabe der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien verbessert und verstärkt werden.

(3)   Die Vertragsparteien sollen das Verständnis, die Maßnahmen und die Unterstützung, gegebenenfalls auch im Rahmen des Internationalen Mechanismus von Warschau, in kooperativer und vermittelnder Weise im Hinblick auf die mit den nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen verbundenen Verluste und Schäden verbessern.

(4)   Folglich können zu den Bereichen der Kooperation und Vermittlung mit dem Ziel der Stärkung des Verständnisses, der Maßnahmen und der Unterstützung folgende gehören:

a)

Frühwarnsysteme;

b)

Notfallvorsorge;

c)

sich langsam anbahnende Ereignisse;

d)

möglicherweise zu unumkehrbaren und dauerhaften Verlusten und Schäden führende Ereignisse;

e)

umfassende Risikobewertung und umfassendes Risikomanagement;

f)

Risikoversicherungsfazilitäten, Bündelung von Klimarisiken und andere Versicherungslösungen;

g)

nichtwirtschaftliche Verluste;

h)

Widerstandsfähigkeit von Gemeinschaften, Existenzgrundlagen und Ökosystemen.

(5)   Der Internationale Mechanismus von Warschau arbeitet mit den aufgrund des Übereinkommens bestehenden Gremien und Sachverständigengruppen sowie mit einschlägigen Organisationen und Sachverständigengremien außerhalb des Übereinkommens zusammen.

Artikel 9

(1)   Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, stellen finanzielle Mittel bereit, um in Fortführung ihrer bestehenden Verpflichtungen aus dem Rahmenübereinkommen die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sowohl bei der Minderung als auch bei der Anpassung zu unterstützen.

(2)   Die anderen Vertragsparteien werden ermutigt, diese Unterstützung auf freiwilliger Grundlage zu gewähren oder fortzusetzen.

(3)   Im Rahmen eines weltweiten Bemühens sollen die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, weiterhin die Führung dabei übernehmen, Mittel der Klimafinanzierung aus ganz verschiedenen Quellen, mittels ganz verschiedener Instrumente und über ganz verschiedene Wege unter Beachtung der bedeutenden Rolle öffentlicher Mittel durch verschiedene Maßnahmen einschließlich der Unterstützung der von den Ländern ausgehenden Strategien zu mobilisieren, wobei sie die Bedürfnisse und Prioritäten der Vertragsparteien berücksichtigen, die Entwicklungsländer sind. Diese Mobilisierung von Mitteln der Klimafinanzierung soll eine Steigerung gegenüber den bisherigen Bemühungen darstellen.

(4)   Durch die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel soll ein Gleichgewicht zwischen Anpassung und Minderung angestrebt werden, und zwar unter Berücksichtigung der von den Ländern ausgehenden Strategien sowie der Prioritäten und Bedürfnisse der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, vor allem derjenigen, die besonders anfällig für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen sind und erhebliche Kapazitätsengpässe haben, wie etwa die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, sowie unter Berücksichtigung der Notwendigkeit öffentlicher Mittel und aus Zuschüssen bestehender Mittel für die Anpassung.

(5)   Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, übermitteln alle zwei Jahre als Anhaltspunkt dienende quantitative und qualitative Informationen im Zusammenhang mit den Absätzen 1 und 3, soweit zutreffend, einschließlich, soweit verfügbar, Informationen über die voraussichtliche Höhe der öffentlichen Finanzmittel, die den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, zur Verfügung gestellt werden sollen. Die anderen Vertragsparteien, die Mittel zur Verfügung stellen, werden ermutigt, diese Informationen alle zwei Jahre auf freiwilliger Grundlage zu übermitteln.

(6)   Die in Artikel 14 genannte weltweite Bestandsaufnahme berücksichtigt die von den Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, und/oder den Organen dieses Übereinkommens zur Verfügung gestellten einschlägigen Informationen über die Bemühungen im Zusammenhang mit der Klimafinanzierung.

(7)   Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, übermitteln alle zwei Jahre im Einklang mit den Modalitäten, Verfahren und Leitlinien, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung nach Artikel 13 Absatz 13 zu beschließen sind, transparente und konsistente Informationen über die geleistete und die durch öffentliches Handeln mobilisierte Unterstützung für die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind. Die anderen Vertragsparteien werden ermutigt, dasselbe zu tun.

(8)   Der Finanzierungsmechanismus des Rahmenübereinkommens einschließlich seiner Aufgaben erfüllenden Einrichtungen dient als Finanzierungsmechanismus dieses Übereinkommens.

(9)   Die Institutionen, die diesem Übereinkommen dienen, einschließlich der Aufgaben erfüllenden Einrichtungen des Finanzierungsmechanismus des Rahmenübereinkommens bemühen sich um die Gewährleistung eines effizienten Zugangs zu finanziellen Mitteln durch vereinfachte Genehmigungsverfahren und verstärkte Unterstützung im Bereich der Leistungsbereitschaft für die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder und die kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, im Rahmen ihrer nationalen Klimaschutzstrategien und -pläne.

Artikel 10

(1)   Die Vertragsparteien haben eine gemeinsame langfristige Vision von der Bedeutung einer uneingeschränkten Verwirklichung der Entwicklung und Weitergabe von Technologie für die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Klimaänderungen und die Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen.

(2)   In Kenntnis der Bedeutung von Technologien für die Durchführung von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen im Rahmen dieses Übereinkommens und in Anerkennung der bisherigen Bemühungen um ihre Anwendung und Verbreitung verstärken die Vertragsparteien die gemeinsamen Maßnahmen im Bereich der Entwicklung und Weitergabe von Technologie.

(3)   Der aufgrund des Rahmenübereinkommens geschaffene Technologiemechanismus dient diesem Übereinkommen.

(4)   Hiermit wird ein Technologierahmen geschaffen, der übergeordnete Leitlinien für die Arbeit des Technologiemechanismus in Verbindung mit der Förderung und Erleichterung verstärkter Anstrengungen bei der Entwicklung und Weitergabe von Technologie vorgibt, um die Durchführung dieses Übereinkommens in Verfolgung der in Absatz 1 genannten langfristigen Vision zu unterstützen.

(5)   Die Beschleunigung, Förderung und Ermöglichung von Innovationen ist von entscheidender Bedeutung für eine wirksame und langfristige weltweite Reaktion auf die Klimaänderungen und für die Förderung des Wirtschaftswachstums und der nachhaltigen Entwicklung. Diese Bemühungen werden gegebenenfalls, auch durch den Technologiemechanismus und mit finanziellen Mitteln auch durch den Finanzierungsmechanismus des Rahmenübereinkommens, unterstützt, um partnerschaftliche Ansätze im Bereich der Forschung und Entwicklung zu fördern und den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, den Zugang zu Technologien, insbesondere in den Frühphasen des Technologiezyklus, zu erleichtern.

(6)   Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird Unterstützung einschließlich finanzieller Unterstützung bei der Durchführung dieses Artikels einschließlich der Verstärkung der gemeinsamen Maßnahmen im Bereich der Entwicklung und Weitergabe von Technologie in den verschiedenen Phasen des Technologiezyklus gewährt, um ein Gleichgewicht zwischen der Unterstützung bei der Minderung und der Unterstützung bei der Anpassung herzustellen. Die in Artikel 14 genannte weltweite Bestandsaufnahme berücksichtigt die verfügbaren Informationen über die Bemühungen im Zusammenhang mit der Unterstützung im Bereich der Entwicklung und Weitergabe von Technologie zugunsten der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind.

Artikel 11

(1)   Durch den Kapazitätsaufbau im Rahmen dieses Übereinkommens sollen die Kapazität und die Fähigkeit der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, insbesondere der Länder mit den geringsten Kapazitäten wie etwa der am wenigsten entwickelten Länder, und der für die nachteiligen Auswirkungen der Klimaänderungen besonders anfälligen Länder wie etwa der kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern, wirksame Schritte zur Bewältigung der Klimaänderungen unter anderem durch die Durchführung von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, gestärkt und die Entwicklung, Verbreitung und Anwendung von Technologie, der Zugang zu Klimafinanzierung, einschlägige Aspekte der Bildung, der Ausbildung und des öffentlichen Bewusstseins und die transparente, rechtzeitige und genaue Weiterleitung von Informationen erleichtert werden.

(2)   Der Kapazitätsaufbau soll von den Ländern ausgehen, auf den nationalen Bedürfnissen beruhen und darauf eingehen und die Eigenverantwortung der Vertragsparteien, insbesondere der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, auch auf nationaler, subnationaler und lokaler Ebene fördern. Er soll sich auf die Erkenntnisse unter anderem aus den Tätigkeiten zum Kapazitätsaufbau aufgrund des Rahmenübereinkommens stützen und ein wirksamer, schrittweiser Prozess sein, der partizipatorisch, übergreifend und geschlechtergerecht ist.

(3)   Alle Vertragsparteien sollen zusammenarbeiten, um die Kapazitäten der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, zur Durchführung dieses Übereinkommens zu stärken. Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, sollen die Unterstützung für Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau in den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, verstärken.

(4)   Alle Vertragsparteien, die die Kapazität der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, zur Durchführung dieses Übereinkommens unter anderem durch regionale, bilaterale und multilaterale Ansätze stärken, berichten regelmäßig über diese Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Kapazitätsaufbau. Die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sollen regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der Pläne, Politiken, Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Aufbau von Kapazitäten zur Durchführung dieses Übereinkommens berichten.

(5)   Die Tätigkeiten zum Aufbau von Kapazitäten werden durch geeignete institutionelle Regelungen zur Unterstützung der Durchführung dieses Übereinkommens verstärkt, darunter auch die aufgrund des Rahmenübereinkommens geschaffenen institutionellen Regelungen, die diesem Übereinkommen dienen. Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien prüft und fasst auf ihrer ersten Tagung einen Beschluss über die anfänglichen institutionellen Regelungen für den Kapazitätsaufbau.

Artikel 12

Soweit angebracht, arbeiten die Vertragsparteien dabei zusammen, Maßnahmen zur Verbesserung der Bildung, der Ausbildung, des öffentlichen Bewusstseins, der Beteiligung der Öffentlichkeit und des öffentlichen Zugangs zu Informationen auf dem Gebiet der Klimaänderungen zu ergreifen, wobei sie die Bedeutung dieser Schritte für die Verstärkung der Maßnahmen aufgrund dieses Übereinkommens anerkennen.

Artikel 13

(1)   Hiermit wird zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und zur Förderung einer wirksamen Umsetzung ein erweiterter Transparenzrahmen für Maßnahmen und Unterstützung geschaffen, der durch eine inhärente Flexibilität die unterschiedlichen Kapazitäten der Vertragsparteien berücksichtigt und auf gemeinsamen Erfahrungen aufbaut.

(2)   Der Transparenzrahmen bietet denjenigen Vertragsparteien, die Entwicklungsländer und in Anbetracht ihrer Kapazitäten darauf angewiesen sind, Flexibilität bei der Durchführung dieses Artikels. Die in Absatz 13 genannten Modalitäten, Verfahren und Leitlinien tragen dieser Flexibilität Rechnung.

(3)   Der Transparenzrahmen stützt sich auf die Transparenzregelungen aufgrund des Rahmenübereinkommens und verstärkt sie, wobei die besonderen Gegebenheiten der am wenigsten entwickelten Länder und der kleinen Inselstaaten unter den Entwicklungsländern berücksichtigt werden; er wird in einer vermittelnden, zurückhaltenden und nicht auf Strafen ausgerichteten Weise unter Achtung der nationalen Souveränität angewendet und vermeidet es, die Vertragsparteien unangemessenen zu belasten.

(4)   Die Transparenzregelungen aufgrund des Rahmenübereinkommens einschließlich der nationalen Mitteilungen, der Zweijahresberichte und der aktualisierten Zweijahresberichte, der internationalen Bewertung und Überprüfung und der internationalen Konsultation und Analyse sind Bestandteil der Erfahrungen, auf die bei der Erarbeitung der Modalitäten, Verfahren und Leitlinien nach Absatz 13 zurückgegriffen wird.

(5)   Zweck des Rahmens für die Transparenz der Maßnahmen ist es, als Beitrag zu der weltweiten Bestandsaufnahme nach Artikel 14 ein klares Verständnis zu vermitteln über die Maßnahmen zur Bewältigung der Klimaänderungen im Lichte des Zieles des Rahmenübereinkommens nach dessen Artikel 2, unter anderem durch Verdeutlichung und Verfolgung der Fortschritte beim Erreichen der jeweiligen national festgelegten Beiträge der Vertragsparteien nach Artikel 4, und über die Anpassungsmaßnahmen der Vertragsparteien nach Artikel 7, unter Einbeziehung der bewährten Verfahren, Prioritäten, Bedürfnisse und Lücken.

(6)   Zweck des Rahmens für die Transparenz der Unterstützung ist es, als Beitrag zu der weltweiten Bestandsaufnahme nach Artikel 14 klare Angaben über die von den einzelnen Vertragsparteien jeweils gewährte beziehungsweise erhaltene Unterstützung im Rahmen der Maßnahmen zur Bewältigung der Klimaänderungen nach den Artikeln 4, 7, 9, 10 und 11 zu erlangen und, soweit möglich, einen vollständigen Überblick über die insgesamt gewährte finanzielle Unterstützung zu bieten.

(7)   Jede Vertragspartei übermittelt regelmäßig folgende Informationen:

a)

einen nationalen Bericht mit einem Verzeichnis der anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und des Abbaus solcher Gase durch Senken, der anhand der von der Zwischenstaatlichen Sachverständigengruppe für Klimaänderungen anerkannten und von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien vereinbarten Methoden der guten Praxis erstellt wird;

b)

die erforderlichen Informationen zur Verfolgung der Fortschritte bei der Umsetzung und dem Erreichen ihres national festgelegten Beitrags nach Artikel 4.

(8)   Jede Vertragspartei soll, soweit angebracht, auch Informationen über die Auswirkungen der Klimaänderungen und die Anpassung daran nach Artikel 7 übermitteln.

(9)   Die Vertragsparteien, die entwickelte Länder sind, müssen — und die anderen Vertragsparteien, die Unterstützung gewähren, sollen — Informationen über die Unterstützung übermitteln, die sie den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, in Form von finanziellen Mitteln, Weitergabe von Technologie und Kapazitätsaufbau nach den Artikeln 9, 10 und 11 gewährt haben.

(10)   Die Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, sollen Informationen über die Unterstützung übermitteln, die sie in Form von finanziellen Mitteln, Weitergabe von Technologie und Kapazitätsaufbau nach den Artikeln 9, 10 und 11 benötigt und erhalten haben.

(11)   Die von jeder Vertragspartei übermittelten Informationen nach den Absätzen 7 und 9 unterliegen einer technischen Überprüfung durch Sachverständige im Einklang mit Beschluss 1/CP.21. Bei den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer und in Anbetracht ihrer Kapazitäten darauf angewiesen sind, umfasst der Überprüfungsprozess auch Hilfe bei der Bestimmung des Bedarfs im Bereich des Kapazitätsaufbaus. Außerdem beteiligt sich jede Vertragspartei an einer vermittelnden multilateralen Erörterung der Fortschritte im Hinblick auf die Bemühungen nach Artikel 9 und auf die jeweilige Umsetzung und das Erreichen ihres national festgelegten Beitrags.

(12)   Die technische Überprüfung durch Sachverständige nach diesem Absatz besteht, soweit zutreffend, aus einer Prüfung der gewährten Unterstützung der Vertragspartei und ihrer Umsetzung und ihrem Erreichen ihres national festgelegten Beitrags. Die Überprüfung gibt außerdem Aufschluss über verbesserungswürdige Bereiche bei der Vertragspartei und umfasst auch eine Prüfung, ob die Informationen mit den in Absatz 13 genannten Modalitäten, Verfahren und Leitlinien unter Berücksichtigung der dieser Vertragspartei nach Absatz 2 eingeräumten Flexibilität entsprechen. Besondere Aufmerksamkeit gebührt bei der Überprüfung den jeweiligen nationalen Fähigkeiten und Gegebenheiten der Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind.

(13)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien beschließt auf ihrer ersten Tagung auf der Grundlage der Erfahrungen aus den transparenzbezogenen Regelungen aufgrund des Rahmenübereinkommens und in Ausführung dieses Artikels gemeinsame Modalitäten, Verfahren beziehungsweise Leitlinien für die Transparenz der Maßnahmen und der Unterstützung.

(14)   Den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, wird Unterstützung bei der Durchführung dieses Artikels gewährt.

(15)   Ferner wird den Vertragsparteien, die Entwicklungsländer sind, fortlaufend Unterstützung beim Aufbau transparenzbezogener Kapazitäten gewährt.

Artikel 14

(1)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien führt in regelmäßigen Abständen eine Bestandsaufnahme der Durchführung dieses Übereinkommens durch, um die gemeinsamen Fortschritte bei der Verwirklichung des Zwecks dieses Übereinkommens und seiner langfristigen Ziele zu bewerten (als „weltweite Bestandsaufnahme“ bezeichnet). Sie handelt dabei in umfassender und vermittelnder Weise unter Berücksichtigung von Minderung, Anpassung und Mitteln zur Durchführung und Unterstützung sowie im Lichte der Gerechtigkeit und der besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse.

(2)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien führt ihre erste weltweite Bestandaufnahme im Jahr 2023 und danach alle fünf Jahre durch, sofern sie nicht etwas anderes beschließt.

(3)   Das Ergebnis der weltweiten Bestandsaufnahme dient zur Unterrichtung der Vertragsparteien für die auf nationaler Ebene zu entscheidende Aktualisierung und Verstärkung ihrer Maßnahmen und ihrer Unterstützung im Einklang mit den einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens sowie für die Verstärkung der internationalen Zusammenarbeit bei Klimaschutzmaßnahmen.

Artikel 15

(1)   Hiermit wird ein Mechanismus zur Erleichterung der Durchführung und zur Förderung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Übereinkommens eingerichtet.

(2)   Der in Absatz 1 genannte Mechanismus besteht aus einem Ausschuss, der sich aus Sachverständigen zusammensetzt, einen vermittelnden Charakter hat und in einer transparenten, als nicht streitig angelegten und nicht auf Strafen ausgerichteten Weise handelt. Der Ausschuss berücksichtigt besonders die jeweiligen nationalen Fähigkeiten und Gegebenheiten der Vertragsparteien.

(3)   Der Ausschuss nimmt seine Aufgaben nach den Modalitäten und Verfahren wahr, die von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien auf ihrer ersten Tagung beschlossen werden, und erstattet dieser jährlich Bericht.

Artikel 16

(1)   Die Konferenz der Vertragsparteien als oberstes Gremium des Rahmenübereinkommens dient als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens.

(2)   Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, können an den Beratungen jeder Tagung der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien als Beobachter teilnehmen. Dient die Konferenz der Vertragsparteien als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens, so werden Beschlüsse aufgrund dieses Übereinkommens nur von den Vertragsparteien dieses Übereinkommens gefasst.

(3)   Dient die Konferenz der Vertragsparteien als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens, so wird jedes Mitglied des Präsidiums der Konferenz der Vertragsparteien, das eine Vertragspartei des Rahmenübereinkommens, aber zu dem Zeitpunkt keine Vertragspartei dieses Übereinkommens vertritt, durch ein zusätzliches Mitglied ersetzt, das von den Vertragsparteien dieses Übereinkommens aus den eigenen Reihen zu wählen ist.

(4)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien überprüft in regelmäßigen Abständen die Durchführung dieses Übereinkommens und fasst im Rahmen ihres Auftrags die notwendigen Beschlüsse, um seine wirksame Durchführung zu fördern. Sie erfüllt die ihr aufgrund dieses Übereinkommens zugewiesenen Aufgaben und

a)

setzt die zur Durchführung dieses Übereinkommens für notwendig erachteten Nebenorgane ein;

b)

erfüllt die zur Durchführung dieses Übereinkommens notwendigen sonstigen Aufgaben.

(5)   Die Geschäftsordnung der Konferenz der Vertragsparteien und die aufgrund des Rahmenübereinkommens angewendete Finanzordnung finden sinngemäß im Rahmen dieses Übereinkommens Anwendung, sofern nicht die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien durch Konsens etwas anderes beschließt.

(6)   Die erste Tagung der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien wird vom Sekretariat in Verbindung mit der ersten Tagung der Konferenz der Vertragsparteien einberufen, die nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens anberaumt wird. Nachfolgende ordentliche Tagungen der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien finden in Verbindung mit ordentlichen Tagungen der Konferenz der Vertragsparteien statt, sofern nicht die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien etwas anderes beschließt.

(7)   Außerordentliche Tagungen der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien finden statt, wenn es die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien für notwendig erachtet oder eine Vertragspartei schriftlich beantragt, sofern dieser Antrag innerhalb von sechs Monaten nach seiner Übermittlung durch das Sekretariat von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien unterstützt wird.

(8)   Die Vereinten Nationen, ihre Sonderorganisationen und die Internationale Atomenergie-Organisation sowie jeder Mitgliedstaat einer solchen Organisation oder jeder Beobachter bei einer solchen Organisation, der nicht Vertragspartei des Rahmenübereinkommens ist, können auf den Tagungen der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien als Beobachter vertreten sein. Jede Stelle, national oder international, staatlich oder nichtstaatlich, die in von diesem Übereinkommen erfassten Angelegenheiten fachlich befähigt ist und dem Sekretariat ihren Wunsch mitgeteilt hat, auf einer Tagung der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien als Beobachter vertreten zu sein, kann als solcher zugelassen werden, sofern nicht mindestens ein Drittel der anwesenden Vertragsparteien widerspricht. Die Zulassung und Teilnahme von Beobachtern unterliegen der in Absatz 5 bezeichneten Geschäftsordnung.

Artikel 17

(1)   Das nach Artikel 8 des Rahmenübereinkommens eingesetzte Sekretariat dient als Sekretariat dieses Übereinkommens.

(2)   Artikel 8 Absatz 2 des Rahmenübereinkommens über die Aufgaben des Sekretariats und Artikel 8 Absatz 3 des Rahmenübereinkommens über die für sein ordnungsgemäßes Arbeiten zu treffenden Vorkehrungen finden sinngemäß auf dieses Übereinkommen Anwendung. Das Sekretariat erfüllt darüber hinaus die ihm aufgrund dieses Übereinkommens und von der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien zugewiesenen Aufgaben.

Artikel 18

(1)   Das Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Beratung und das Nebenorgan für die Durchführung, die nach Artikel 9 beziehungsweise 10 des Rahmenübereinkommens eingesetzt sind, dienen als Nebenorgan für wissenschaftliche und technologische Beratung beziehungsweise Nebenorgan für die Durchführung dieses Übereinkommens. Die Bestimmungen des Rahmenübereinkommens über die Arbeit dieser beiden Organe finden sinngemäß auf dieses Übereinkommen Anwendung. Tagungen des Nebenorgans für wissenschaftliche und technologische Beratung und des Nebenorgans für die Durchführung dieses Übereinkommens werden in Verbindung mit den Tagungen des Nebenorgans für wissenschaftliche und technologische Beratung beziehungsweise des Nebenorgans für die Durchführung des Rahmenübereinkommens abgehalten.

(2)   Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, können an den Beratungen jeder Tagung der Nebenorgane als Beobachter teilnehmen. Dienen die Nebenorgane als Nebenorgane dieses Übereinkommens, so werden Beschlüsse aufgrund dieses Übereinkommens nur von den Vertragsparteien dieses Übereinkommens gefasst.

(3)   Erfüllen die aufgrund der Artikel 9 und 10 des Rahmenübereinkommens eingesetzten Nebenorgane ihre Aufgaben im Zusammenhang mit Angelegenheiten, die dieses Übereinkommen betreffen, so wird jedes Mitglied der Präsidien dieser Nebenorgane, das eine Vertragspartei des Rahmenübereinkommens, aber zu dem Zeitpunkt keine Vertragspartei dieses Übereinkommens vertritt, durch ein zusätzliches Mitglied ersetzt, das von den Vertragsparteien dieses Übereinkommens aus den eigenen Reihen zu wählen ist.

Artikel 19

(1)   Die durch das Rahmenübereinkommen oder in seinem Rahmen eingesetzten Nebenorgane oder anderen institutionellen Regelungen, die nicht in diesem Übereinkommen genannt sind, dienen diesem Übereinkommen auf Beschluss der als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienenden Konferenz der Vertragsparteien. Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien legt die von diesen Nebenorganen oder Regelungen zu erfüllenden Aufgaben fest.

(2)   Die als Tagung der Vertragsparteien dieses Übereinkommens dienende Konferenz der Vertragsparteien kann diesen Nebenorganen und institutionellen Regelungen weitere Maßgaben erteilen.

Artikel 20

(1)   Dieses Übereinkommen liegt für die Staaten und Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens sind, zur Unterzeichnung auf; es bedarf der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung durch sie. Es liegt vom 22. April 2016 bis 21. April 2017 am Sitz der Vereinten Nationen in New York zur Unterzeichnung auf. Danach steht dieses Übereinkommen von dem Tag an, an dem es nicht mehr zur Unterzeichnung aufliegt, zum Beitritt offen. Die Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- und Beitrittsurkunden werden beim Verwahrer hinterlegt.

(2)   Jede Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragspartei dieses Übereinkommens wird, ohne dass einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei ist, ist durch alle Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen gebunden. Sind ein oder mehrere Mitgliedstaaten einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration Vertragspartei dieses Übereinkommens, so entscheiden die Organisation und ihre Mitgliedstaaten über ihre jeweiligen Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen. In diesen Fällen sind die Organisation und die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Rechte aufgrund dieses Übereinkommens gleichzeitig auszuüben.

(3)   In ihren Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden erklären die Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf die durch dieses Übereinkommen erfassten Angelegenheiten. Diese Organisationen teilen auch jede wesentliche Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeiten dem Verwahrer mit, der seinerseits die Vertragsparteien unterrichtet.

Artikel 21

(1)   Dieses Übereinkommen tritt am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem mindestens 55 Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens, auf die insgesamt ein geschätzter Anteil von mindestens 55 v. H. der gesamten weltweiten Emissionen von Treibhausgasen entfällt, ihre Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden hinterlegt haben.

(2)   Einzig und allein für den Zweck des Absatzes 1 bedeutet „die gesamten weltweiten Emissionen von Treibhausgasen“ die aktuellste Menge, die von den Vertragsparteien des Rahmenübereinkommens an oder vor dem Tag der Annahme dieses Übereinkommens übermittelt wurde.

(3)   Für jeden Staat oder für jede Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, der beziehungsweise die nach Erfüllung der in Absatz 1 vorgesehenen Bedingungen für das Inkrafttreten dieses Übereinkommen ratifiziert, annimmt, genehmigt oder ihm beitritt, tritt dieses Übereinkommen am dreißigsten Tag nach dem Zeitpunkt der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde durch den betreffenden Staat oder die betreffende Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration in Kraft.

(4)   Für die Zwecke des Absatzes 1 zählt eine von einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration hinterlegte Urkunde nicht als zusätzliche Urkunde zu den von ihren Mitgliedstaaten hinterlegten Urkunden.

Artikel 22

Die Bestimmungen des Artikels 15 des Rahmenübereinkommens über die Beschlussfassung über Änderungen des Rahmenübereinkommens finden sinngemäß auf dieses Übereinkommen Anwendung.

Artikel 23

(1)   Die Bestimmungen des Artikels 16 des Rahmenübereinkommens über die Beschlussfassung über Anlagen und Änderung von Anlagen des Rahmenübereinkommens finden sinngemäß auf dieses Übereinkommen Anwendung.

(2)   Die Anlagen dieses Übereinkommens sind Bestandteil dieses Übereinkommens; sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, stellt eine Bezugnahme auf dieses Übereinkommen gleichzeitig eine Bezugnahme auf die Anlagen dar. Solche Anlagen sind auf Listen, Formblätter und andere erläuternde Materialien wissenschaftlicher, technischer, verfahrensmäßiger oder verwaltungstechnischer Art beschränkt.

Artikel 24

Die Bestimmungen des Artikels 14 des Rahmenübereinkommens über die Beilegung von Streitigkeiten finden sinngemäß auf dieses Übereinkommen Anwendung.

Artikel 25

(1)   Jede Vertragspartei hat eine Stimme, sofern nicht in Absatz 2 etwas anderes bestimmt ist.

(2)   Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration üben in Angelegenheiten ihrer Zuständigkeit ihr Stimmrecht mit der Anzahl von Stimmen aus, die der Anzahl ihrer Mitgliedstaaten entspricht, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind. Eine solche Organisation übt ihr Stimmrecht nicht aus, wenn einer ihrer Mitgliedstaaten sein Stimmrecht ausübt, und umgekehrt.

Artikel 26

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen ist Verwahrer dieses Übereinkommens.

Artikel 27

Vorbehalte zu diesem Übereinkommen sind nicht zulässig.

Artikel 28

(1)   Eine Vertragspartei kann jederzeit nach Ablauf von drei Jahren nach dem Zeitpunkt, zu dem dieses Übereinkommen für sie in Kraft getreten ist, durch eine an den Verwahrer gerichtete schriftliche Notifikation von diesem Übereinkommen zurücktreten.

(2)   Der Rücktritt wird nach Ablauf eines Jahres nach dem Eingang der Rücktrittsnotifikation beim Verwahrer oder zu einem gegebenenfalls in der Rücktrittsnotifikation genannten späteren Zeitpunkt wirksam.

(3)   Eine Vertragspartei, die vom Rahmenübereinkommen zurücktritt, gilt auch als von diesem Übereinkommen zurückgetreten.

Artikel 29

Die Urschrift dieses Übereinkommens, dessen arabischer, chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, wird beim Generalsekretär der Vereinten Nationen hinterlegt.

GESCHEHEN zu Paris am 12. Dezember 2015.

ZU URKUND DESSEN haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.


Erklärung der Europäischen Union gemäß Artikel 20 Absatz 3 des Übereinkommens von Paris

Die folgenden Staaten sind derzeit Mitgliedstaaten der Europäischen Union: das Königreich Belgien, die Republik Bulgarien, die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, Irland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Republik Kroatien, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, Rumänien, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland, das Königreich Schweden und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.

Die Europäische Union erklärt, dass sie im Einklang mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere aufgrund seines Artikels 191 und seines Artikels 192 Absatz 1, befugt ist, internationale Übereinkommen zu schließen und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen umzusetzen, um die Erreichung folgender Ziele zu fördern:

Erhaltung und Schutz der Umwelt sowie Verbesserung ihrer Qualität,

Schutz der menschlichen Gesundheit,

umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen,

Förderung von Maßnahmen auf internationaler Ebene zur Bewältigung regionaler oder globaler Umweltprobleme und insbesondere zur Bekämpfung des Klimawandels.

Die Europäische Union erklärt, dass die Verpflichtung, die mit ihrem am 6. März 2015 übermittelten beabsichtigten nationalen Beitrag verbunden ist, durch gemeinsame Maßnahmen der Union und ihrer Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten erfüllt wird.

Die Europäische Union wird gemäß Artikel 20 Absatz 3 des Übereinkommens weiterhin regelmäßig Angaben zu jeder wesentlichen Änderung des Umfangs ihrer Zuständigkeit übermitteln.


VERORDNUNGEN

19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/19


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2016/1842 DER KOMMISSION

vom 14. Oktober 2016

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 in Bezug auf die elektronische Kontrollbescheinigung für eingeführte ökologische/biologische Erzeugnisse und bestimmte andere Elemente sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 in Bezug auf die Anforderungen für haltbar gemachte oder verarbeitete ökologische/biologische Erzeugnisse und die Übermittlung von Informationen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (1), insbesondere auf Artikel 38 Buchstaben a, d und e,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 der Kommission (2) enthält Vorschriften für Einfuhren von ökologischen/biologischen Erzeugnissen aus Drittländern.

(2)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 wird den Kontrollstellen und Kontrollbehörden ein bestimmter Zeitraum für die Einreichung ihres Antrags auf Anerkennung im Hinblick auf die Konformität mit Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 eingeräumt. Da die Durchführung der Bestimmungen über die Einfuhr konformer Erzeugnisse noch bewertet wird und die betreffenden Leitlinien, Muster, Fragebögen und das notwendige elektronische Übermittlungssystem noch ausgearbeitet werden, sollte die Frist für die Einreichung der Anträge durch die Kontrollstellen und Kontrollbehörden verlängert werden.

(3)

Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Mitgliedstaaten die Prüfung der Sendungen ökologischer/biologischer Erzeugnisse vor ihrer Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union unterschiedlich handhaben. Im Interesse einheitlicher und wirksamer Kontrollen sollte in Anbetracht der im Einklang mit Artikel 27 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 durchzuführenden Risikobewertung klargestellt werden, welche Arten von Kontrollen für die Prüfung der Sendungen erforderlich sind. Ferner ist es angezeigt, die Begriffsbestimmung der Behörden, die dafür zuständig sind, die Sendungen zu prüfen und die Kontrollbescheinigungen mit einem Sichtvermerk zu versehen, umzuformulieren, um klarzustellen, dass es sich dabei um die für die Durchführung amtlicher Kontrollen im Bereich der ökologischen/biologischen Produktion zuständigen und gemäß Artikel 27 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 bestimmten Behörden handelt.

(4)

Unterschiedliche Praktiken der Kontrollstellen und Kontrollbehörden wurden auch in Bezug auf die Klassifizierung der in den Erzeugniskategorien gemäß den Anhängen III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 einzuführenden Erzeugnisse beobachtet. Um eine einheitlichere Klassifizierung in diesen Erzeugniskategorien zu erreichen, sollten daher im Interesse der Klarheit und Rechtssicherheit für die Unternehmer gewisse Begriffsbestimmungen festgelegt werden, sodass eine einheitliche Anwendung der Vorschriften durch die Kontrollstellen und Kontrollbehörden sichergestellt und die Beaufsichtigung durch die zuständigen Behörden erleichtert wird.

(5)

Bei Kategorien, die sich auf unverarbeitete oder verarbeitete Erzeugnisse beziehen, sollten die Begriffe mit Blick auf die Vereinfachung und die Kohärenz mit den Hygienevorschriften den Begriffsbestimmungen für unverarbeitete Erzeugnisse und Verarbeitungserzeugnisse der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) entsprechen. Es sollte jedoch klargestellt werden, dass Arbeitsgänge der Kennzeichnung und Verpackung für die Einstufung des Erzeugnisses als unverarbeitet oder verarbeitet ohne Belang sind.

(6)

Die beiden Einfuhrregelungen gemäß Artikel 33 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 schließen sich grundsätzlich gegenseitig aus. Wenn ein Drittland im Einklang mit Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 als gleichwertig anerkannt ist, ist eine Anerkennung der Kontrollstelle oder Kontrollbehörde dieses Landes gemäß Artikel 33 Absatz 3 nicht erforderlich. Gemäß Artikel 10 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 kann eine Kontrollbehörde oder Kontrollstelle im Einklang mit Artikel 33 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 folglich nur für ein Land anerkannt werden, das nicht gemäß Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 anerkannt ist. Um jedoch etwaige Hindernisse für die Einfuhr von ökologischen/biologischen Erzeugnissen zu vermeiden, sollte es möglich sein, dass auch die Kontrollstellen oder Kontrollbehörden eines anerkannten Drittlandes anerkannt werden, sofern die Anerkennung des betreffenden Drittlandes nicht für das einzuführende Erzeugnis gilt. Die bestehende Ausnahmeregelung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 sollte daher umformuliert werden, sodass der gängigen Praxis durch Bezugnahme auf Erzeugnisse anstelle von Erzeugniskategorien Rechnung getragen wird.

(7)

Auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 dürfen aus einem Drittland eingeführte Erzeugnisse auf dem Unionsmarkt als ökologisch/biologisch in den Verkehr gebracht werden, wenn dafür eine durch die zuständigen Behörden oder die Kontrollbehörden oder -stellen eines anerkannten Drittlandes bzw. durch eine anerkannte Kontrollbehörde oder -stelle ausgestellte Kontrollbescheinigung vorliegt.

(8)

Im Einklang mit der Maßnahme 12 des Aktionsplans für die Zukunft der ökologischen Erzeugung in der Europäischen Union (4) hat die Kommission ein System zur elektronischen Bescheinigung von Einfuhren ökologischer/biologischer Erzeugnisse entwickelt, das als Modul in das in der Entscheidung 2003/24/EG der Kommission (5) vorgesehene EDV-System für das Veterinärwesen (Trade Control and Expert System — TRACES) integriert wurde.

(9)

Einige Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 müssen geändert werden, um das elektronische Bescheinigungssystem zu lancieren und für ein ordnungsgemäßes Funktionieren dieses Systems zu sorgen. Aus diesem Grund sollten die Vorschriften der betreffenden Zollbehörde des Mitgliedstaats für die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr sowie die Arbeitsabläufe für die Ausstellung und das Versehen der Kontrollbescheinigung mit einem Sichtvermerk, einschließlich der Prüfung der Verbindung zwischen der Kontrollbescheinigung und der Zollanmeldung, klarer gefasst werden. In diesem Zusammenhang sollte auch der Arbeitsablauf für die Ausstellung und das Versehen der Kontrollbescheinigung mit einem Sichtvermerk im Rahmen besonderer Zollverfahren erläutert werden. Für das ordnungsgemäße Funktionieren des elektronischen Systems ist es angezeigt, auf die E-Mail-Adressen der anerkannten Kontrollstellen und Kontrollbehörden zu verweisen.

(10)

Zur Gewährleistung der Integrität der in die Union eingeführten ökologischen/biologischen Erzeugnisse ist es erforderlich klarzustellen, dass die Kontrollstelle oder Kontrollbehörde, die die Kontrollbescheinigung ausstellt, auch den Erzeuger oder Verarbeiter des Erzeugnisses zertifiziert. Unterscheidet sich der Unternehmer, der den letzten Arbeitsgang zur Aufbereitung im Sinne von Artikel 2 Buchstabe i der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 ausführt, vom ursprünglichen Erzeuger oder Verarbeiter des Erzeugnisses, sollte die Kontrollbescheinigung von der Kontrollstelle oder Kontrollbehörde ausgestellt werden, die den letzten Arbeitsgang geprüft hat. Darüber hinaus ist klarzustellen, dass die in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 aufgeführten Kontrollstellen oder Kontrollbehörden Kontrollbescheinigungen nur entsprechend den Bedingungen ihrer Anerkennung ausstellen dürfen, während jene in Anhang IV der genannten Verordnung nur für Erzeugnisse oder Ursprungsländer Bescheinigungen ausstellen dürfen, für die sie im entsprechenden Verzeichnis aufgeführt sind.

(11)

Erfahrungsgemäß bestehen unterschiedliche Praktiken bei der Durchführung von Kontrollen durch die die Kontrollbescheinigung ausstellende Kontrollstelle oder Kontrollbehörde. Deshalb ist es notwendig zu präzisieren, welche Kontrollen vor der Ausstellung der Bescheinigung durchgeführt werden müssen. Kontrollstellen oder Kontrollbehörden sollten erst nach der vollständigen Dokumentenprüfung sowie gegebenenfalls — entsprechend ihrer Risikobewertung — nach einer Warenkontrolle der betreffenden Erzeugnisse die Bescheinigung ausstellen. Bei verarbeiteten landwirtschaftlichen Erzeugnissen sollten sich die Kontrollstellen und Kontrollbehörden in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 vergewissern, dass alle Zutaten einer Kontrolle im Einklang mit den Bedingungen für die Anerkennung des betreffenden Drittlands unterzogen wurden, während die Kontrollbehörden und Kontrollstellen in Anhang IV der genannten Verordnung sicherstellen sollten, dass die Zutaten durch nach Unionsrecht anerkannte Kontrollstellen oder Kontrollbehörden kontrolliert und bescheinigt bzw. dass sie in der Union erzeugt wurden. Ebenso sind die Kontrollen festzulegen, die durch die Kontrollstellen oder Kontrollbehörden in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 durchgeführt werden müssen, die Unternehmer in der abschließenden Phase der Produktionskette zertifizieren, die ausschließlich Arbeitsgänge der Kennzeichnung und Verpackung ausführen. In solchen Fällen muss geprüft werden, ob die betreffenden Erzeugnisse durch die Kontrollstellen oder Kontrollbehörden kontrolliert und bescheinigt wurden, die im genannten Anhang aufgeführt und für das betreffende Land und die betreffende Erzeugniskategorie anerkannt sind.

(12)

Die Behörden, die die Zugangsrechte zu TRACES für die elektronische Kontrollbescheinigung erteilen und aktualisieren, sollten festgelegt werden. Darüber hinaus sollten Vorschriften festgelegt werden, mit denen die Authentizität, Integrität und Lesbarkeit der Informationen und begleitenden Metadaten in TRACES für den gesamten Zeitraum sichergestellt wird, in dem sie aufbewahrt werden müssen.

(13)

Ferner sollte ein wirksamer und effizienter Austausch von Informationen zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten vorgesehen werden, falls Unregelmäßigkeiten festgestellt werden, insbesondere in den Fällen, in denen Erzeugnisse als ökologisch/biologisch gekennzeichnet sind, aber keine Kontrollbescheinigung vorliegt.

(14)

Da die letzten durch die Mitgliedstaaten erteilten Einfuhrgenehmigungen am 30. Juni 2015 abgelaufen sind, sollte jede Bezugnahme auf Einfuhrgenehmigungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 gestrichen werden.

(15)

Die Unternehmer und die Mitgliedstaaten sollten über ausreichend Zeit zur Anpassung ihrer Verfahren an die elektronische Kontrollbescheinigung von TRACES verfügen. Daher ist ein Übergangszeitraum vorzusehen, in dem die Kontrollbescheinigung weiterhin in Papierform ausgestellt und mit einem Sichtvermerk versehen werden kann.

(16)

Im Interesse des reibungslosen Funktionierens der elektronischen Kontrollbescheinigung, insbesondere um Umstellungserzeugnisse eindeutig von den Drittländern gewährten Anerkennungen auszuschließen, den Wortlaut in Bezug auf den Ursprung von Erzeugnissen aus anerkannten Drittländer zu vereinheitlichen und die Erzeugniskategorie C anzupassen, damit diese auch Algen, einschließlich Mikroalgen, umfasst, ist es angezeigt, bestimmte Elemente der Anhänge III und IV der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 zu ändern, ohne dass der Geltungsbereich der Drittländern bzw. Kontrollstellen und Kontrollbehörden zuvor gewährten Anerkennungen modifiziert wird.

(17)

Nach Informationen aus den Vereinigten Staaten ist die Behandlung von Äpfeln und Birnen mit Antibiotika zur Bekämpfung des Feuerbrands in diesem Drittland seit Oktober 2014 nicht mehr zulässig. Daher ist es gerechtfertigt, die entsprechende Einschränkung für die Erzeugniskategorien A und D aus Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 zu streichen.

(18)

Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit der Umsetzung des Äquivalenzsystems ist es erforderlich, das Muster der Kontrollbescheinigung und der Teilkontrollbescheinigung gemäß den Anhängen V und VI der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 anzupassen, um Informationen über den Erzeuger oder Verarbeiter des Erzeugnisses sowie das betreffende Ursprungsland zu liefern, wenn dieses ein anderes als das Ausfuhrland des Erzeugnisses ist.

(19)

Die Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission (6) enthält Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion, die Kennzeichnung und die Kontrolle.

(20)

Da die in die Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 eingefügten neuen Begriffsbestimmungen für „verarbeitet“ und „unverarbeitet“ darauf hindeuten würden, dass einige der unter den Begriff „Aufbereitung“ gemäß Artikel 2 Buchstabe i der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 fallenden Arbeitsgänge nicht als Verarbeitungsverfahren zu betrachten sind, würden die Vorschriften für die Herstellung verarbeiteter Lebens- und Futtermittel gemäß Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 unklar. Daher sollten die Vorschriften über die Vorsorgemaßnahmen, die getroffen werden müssen, um das Risiko einer Kontamination durch unzulässige Stoffe oder Erzeugnisse bzw. jedes Vermischen oder den Austausch mit nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnissen zu vermeiden, umformuliert werden, um deutlich zu machen, dass sie gegebenenfalls für die Unternehmer gelten, die Erzeugnisse haltbar machen. Zu diesem Zweck ist es angemessen, auch die Begriffe „Haltbarmachung“ und „Verarbeitung“ zu bestimmen.

(21)

Auch Angaben über Einfuhrsendungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 sollten über TRACES übermittelt werden.

(22)

Für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des elektronischen Bescheinigungssystems müssen die Angaben, die die Mitgliedstaaten der Kommission über die zuständigen Behörden und Kontrollstellen oder Kontrollbehörden übermitteln, auch E-Mail-Adressen und Internet-Websites umfassen. Es ist angezeigt, eine neue Frist für die Übermittlung dieser Angaben zu setzen.

(23)

Die Verordnungen (EG) Nr. 1235/2008 und (EG) Nr. 889/2008 sind daher entsprechend zu ändern.

(24)

Um für einen reibungslosen Übergang zum neuen elektronischen Bescheinigungssystem zu sorgen, sollte die vorliegende Verordnung sechs Monate nach dem Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten. Die Änderung der Erzeugniskategorie C, damit diese auch Algen, einschließlich Mikroalgen, umfasst, sollte jedoch ab dem Zeitpunkt der Anwendung der entsprechenden Bestimmungen der Durchführungsverordnung (EU) 2016/673 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 (7) gelten, mit denen die Verwendung von Mikroalgen für Lebensmittel zugelassen wird.

(25)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für die ökologische/biologische Produktion —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008

Die Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a)

Die Nummern 5 und 6 erhalten folgende Fassung:

„5.   „Prüfung der Sendung“: die Prüfung durch die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats im Rahmen der amtlichen Kontrollen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (*) sowie im Rahmen der Erfüllung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 und der vorliegenden Verordnung durch systematische Dokumentenprüfungen, stichprobenartige Nämlichkeitskontrollen und gegebenenfalls — entsprechend der Risikobewertung der Behörde — durch Warenkontrolle vor der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union gemäß Artikel 13 der vorliegenden Verordnung;

6.   „betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats“: die vom Mitgliedstaat gemäß Artikel 27 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 bestimmte Zollbehörde, Behörde für Lebensmittelsicherheit oder andere Behörde, die für die Prüfung der Sendungen und das Versehen der Kontrollbescheinigung mit einem Sichtvermerk zuständig ist;

(*)  Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).“"

b)

Die folgenden Nummern 8 bis 11 werden hinzugefügt:

„8.   ‚Aquakulturerzeugnisse‘: Aquakulturerzeugnisse im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 34 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (**);

9.   ‚unverarbeitet‘: unverarbeitet im Sinne der Begriffsbestimmung für unverarbeitete Erzeugnisse gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (***), ungeachtet der Arbeitsgänge der Kennzeichnung und Verpackung;

10.   ‚verarbeitet‘: verarbeitet im Sinne der Begriffsbestimmung für Verarbeitungserzeugnisse gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe o der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, ungeachtet der Arbeitsgänge der Kennzeichnung und Verpackung;

11.   ‚Eingangsort‘: der Ort der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr.

(**)  Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. L 354 vom 28.12.2013, S. 22)."

(***)  Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1).“"

2.

Artikel 4 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Die Kommission prüft, ob sie eine Kontrollstelle oder Kontrollbehörde anerkennt und in das Verzeichnis gemäß Artikel 3 aufnimmt, nachdem sie einen Aufnahmeantrag vom Vertreter der betreffenden Kontrollstelle oder Kontrollbehörde auf der Grundlage des von der Kommission gemäß Artikel 17 Absatz 2 zur Verfügung gestellten Antragsmusters erhalten hat. Nur vollständige, vor dem 31. Oktober 2017 eingegangene Anträge werden bei der Erstellung des ersten Verzeichnisses berücksichtigt.“

3.

Artikel 7 Absatz 2 Buchstaben e und f erhalten folgende Fassung:

„e)

den Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse, die Internetadresse und die Codenummer der Kontrollbehörde(n) und Kontrollstelle(n), die von der unter Buchstabe d genannten zuständigen Behörde für die Durchführung von Kontrollen anerkannt wurde(n);

f)

den Namen, die Anschrift, die E-Mail-Adresse, die Internetadresse und die Codenummer der Behörde(n) und Kontrollstelle(n), die in dem Drittland für die Ausstellung der Bescheinigungen für die Einfuhr in die Europäische Union zuständig ist bzw. sind;“

4.

Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a erhält folgende Fassung:

„a)

Werden die im Drittland geltenden Maßnahmen oder ihre Durchführung und insbesondere das Kontrollsystem nach Aufnahme des Drittlands in das Verzeichnis geändert, so muss das Drittland dies der Kommission unverzüglich mitteilen; etwaige Änderungen der Informationen gemäß Artikel 7 Absatz 2 Buchstaben d, e und f müssen der Kommission unverzüglich über das elektronische Datenaustauschsystem gemäß Artikel 94 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mitgeteilt werden;“

5.

Artikel 10 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Abweichend von Absatz 2 Buchstabe b können Erzeugnisse, die ihren Ursprung in einem anerkannten, in dem Verzeichnis gemäß Artikel 7 aufgeführten Drittland haben, aber nicht unter die diesem Drittland gewährte Anerkennung fallen, in das genannte Verzeichnis aufgenommen werden.“

6.

Artikel 13 erhält folgende Fassung:

„Artikel 13

Kontrollbescheinigung

(1)   Eine Sendung von in Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 genannten Erzeugnissen, die gemäß Artikel 33 derselben Verordnung eingeführt werden, kann in der Union nur in den zollrechtlich freien Verkehr überführt werden, wenn

a)

der betreffenden zuständigen Behörde des Mitgliedstaats ein Original der Kontrollbescheinigung vorgelegt wird;

b)

die Sendung durch die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats geprüft und die Kontrollbescheinigung von ihr mit einem Sichtvermerk versehen wird und

c)

die Nummer der Kontrollbescheinigung gemäß Artikel 158 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (****) in der Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angegeben ist.

Die Sendung wird durch die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats, in dem die Sendung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union überführt wird, geprüft und die Kontrollbescheinigung wird von ihr mit einem Sichtvermerk versehen.

Die Mitgliedstaaten legen die Eingangsorte in ihr Hoheitsgebiet fest und teilen der Kommission die benannten Eingangsorte mit.

(2)   Die Kontrollbescheinigung wird auf der Grundlage des Musters und der Anweisungen in Anhang V und mit Hilfe des EDV-Systems für das Veterinärwesen (Trade Control and Expert System — TRACES) gemäß der Entscheidung 2003/24/EG der Kommission (*****) von der zuständigen Kontrollbehörde oder Kontrollstelle ausgestellt, von der betreffenden zuständigen Behörde des Mitgliedstaats mit einem Sichtvermerk versehen und vom ersten Empfänger ausgefüllt.

Beim Original der Kontrollbescheinigung handelt es sich um eine ausgedruckte und von Hand unterzeichnete Kopie der in TRACES ausgefüllten Bescheinigung oder alternativ eine Kontrollbescheinigung, die mit einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur gemäß Artikel 3 Nummer 11 der Verordnung (EU) 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (******) oder einer elektronischen Signatur versehen wurde, die gleichwertige Garantien in Bezug auf die einer Signatur zugewiesenen Funktionen bietet, indem Regeln und Bedingungen angewendet werden, die denjenigen in den Bestimmungen der Kommission über elektronische und digitalisierte Dokumente im Anhang des Beschlusses 2004/563/EG, Euratom der Kommission (*******) entsprechen.

Handelt es sich beim Original der Kontrollbescheinigung um eine ausgedruckte und von Hand unterzeichnete Kopie der in TRACES ausgefüllten Bescheinigung, prüfen die Kontrollbehörden, Kontrollstellen und betreffenden zuständigen Behörden des Mitgliedstaats sowie der erste Empfänger in jeder Phase der Ausstellung und des Versehens der Kontrollbescheinigung mit einem Sichtvermerk sowie ihrer Vorlage, dass die Kopie mit den Angaben in TRACES übereinstimmt.

(3)   Um mit einem Sichtvermerk versehen zu werden, muss die Kontrollbescheinigung von der Kontrollbehörde oder Kontrollstelle des Erzeugers oder Verarbeiters des betreffenden Erzeugnisses oder — wenn der Unternehmer, der den letzten Arbeitsgang zur Aufbereitung ausführt, sich vom Erzeuger oder Verarbeiter des Erzeugnisses unterscheidet — von der Kontrollstelle oder Kontrollbehörde des Unternehmers ausgestellt worden sein, der den letzten Arbeitsgang zur Aufbereitung im Sinne von Artikel 2 Buchstabe i der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 ausführt.

Diese Kontrollbehörde oder Kontrollstelle ist

a)

eine Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die in Anhang III der vorliegenden Verordnung für die betreffenden Erzeugnisse und für das Drittland aufgeführt ist, in dem die Erzeugnisse ihren Ursprung haben oder in dem gegebenenfalls der letzten Arbeitsgang zur Aufbereitung ausgeführt wurde, oder

b)

eine Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die in Anhang IV der vorliegenden Verordnung für die betreffenden Erzeugnisse und für das Drittland aufgeführt ist, in dem die Erzeugnisse ihren Ursprung haben oder in dem der letzte Arbeitsgang zur Aufbereitung ausgeführt wurde.

(4)   Die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die die Kontrollbescheinigung ausstellt, stellt die Kontrollbescheinigung erst dann aus und unterzeichnet die Erklärung in Feld 18 der Bescheinigung, wenn sie eine Dokumentenprüfung auf der Grundlage aller einschlägiger Kontrollunterlagen, insbesondere des Produktionsplans für das betreffende Erzeugnis, aller Beförderungspapiere und Handelspapiere, vorgenommen und gegebenenfalls — entsprechend ihrer Risikobewertung — eine Warenkontrolle der Sendung durchgeführt hat.

Ist bei verarbeiteten Lebensmitteln die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die die Kontrollbescheinigung ausstellt, jedoch in Anhang III aufgeführt, stellt sie die Kontrollbescheinigung erst dann aus und unterzeichnet die Erklärung in Feld 18 der Bescheinigung, wenn sie sich vergewissert hat, dass alle ökologischen/biologischen Zutaten des Erzeugnisses von einer Kontrollbehörde oder Kontrollstelle geprüft und bescheinigt wurden, die von dem betreffenden Drittland im genannten Anhang anerkannt ist; ist die die Bescheinigung ausstellende Kontrollbehörde oder Kontrollstelle in Anhang IV aufgeführt, stellt sie die Kontrollbescheinigung erst dann aus und unterzeichnet die Erklärung in Feld 18 der Bescheinigung, wenn sie sich vergewissert hat, dass alle ökologischen/biologischen Zutaten solcher Erzeugnisse von einer Kontrollbehörde oder Kontrollstelle geprüft und bescheinigt wurden, die in Anhang III oder IV aufgeführt ist, oder wenn die Erzeugnisse gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 in der Union erzeugt und bescheinigt wurden.

Wenn der Unternehmer, der den letzten Arbeitsgang zur Aufbereitung ausführt, sich vom Erzeuger oder Verarbeiter des Erzeugnisses unterscheidet, stellt die in Anhang IV aufgeführte bescheinigende Kontrollbehörde oder Kontrollstelle die Kontrollbescheinigung erst dann aus und unterzeichnet die Erklärung in Feld 18 der Bescheinigung, wenn sie eine Dokumentenprüfung auf der Grundlage aller einschlägigen Kontrollunterlagen, einschließlich aller Beförderungspapiere und Handelspapiere, vorgenommen und sich vergewissert hat, dass die Erzeugung bzw. Verarbeitung des betreffenden Erzeugnisses durch eine für das betreffende Erzeugnis und das betreffende Drittland gemäß Artikel 33 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 anerkannte Kontrollbehörde oder Kontrollstelle geprüft wurde, sowie wenn sie gegebenenfalls — entsprechend ihrer Risikobewertung — eine Warenkontrolle der Sendung durchgeführt hat.

Auf Anfrage der Kommission oder der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats stellt die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die die Kontrollbescheinigung gemäß den Unterabsätzen 2 und 3 ausstellt, unverzüglich ein Verzeichnis aller Unternehmer in der ökologischen/biologischen Produktion und der zuständigen Kontrollbehörden oder Kontrollstellen, deren Kontrolle diese Unternehmer ihre Tätigkeiten unterstellt haben, zur Verfügung.

(5)   Die Kontrollbescheinigung wird in einem einzigen Original erstellt.

Der erste Empfänger oder gegebenenfalls der Einführer kann zur Unterrichtung der Kontrollbehörden und Kontrollstellen gemäß Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 eine Kopie der Kontrollbescheinigung anfertigen. Jede solche Kopie muss mit dem Aufdruck bzw. Stempelaufdruck „KOPIE“ versehen sein.

(6)   Bei der Prüfung einer Sendung versieht die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats das Original der Kontrollbescheinigung in Feld 20 mit einem Sichtvermerk und gibt es an die Person zurück, die es eingereicht hat.

(7)   Nach Annahme der Sendung füllt der erste Empfänger Feld 21 der Kontrollbescheinigung aus, um zu bescheinigen, dass die Annahme der Sendung gemäß Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 erfolgt ist.

Anschließend sendet der erste Empfänger das Original der Bescheinigung an den in Feld 11 der Bescheinigung genannten Einführer, um Artikel 33 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 zu entsprechen.

(****)  Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1)."

(*****)  Entscheidung 2003/24/EG der Kommission vom 30. Dezember 2002 über die Entwicklung eines integrierten EDV-Systems für das Veterinärwesen (ABl. L 8 vom 14.1.2003, S. 44)."

(******)  Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73)."

(*******)  Beschluss 2004/563/EG, Euratom der Kommission vom 7. Juli 2004 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 251 vom 27.7.2004, S. 9).“"

7.

Die folgenden Artikel 13a bis 13d werden eingefügt:

„Artikel 13a

Fälle höherer Gewalt oder außergewöhnliche Umstände

(1)   In Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, in denen das elektronische System nicht funktioniert, insbesondere bei einer Störung des Systems oder bei Fehlen einer dauerhaften Verbindung, können Kontrollbescheinigungen und Teilkontrollbescheinigungen gemäß Artikel 13 Absätze 3 bis 7 im Einklang mit den Absätzen 2, 3 und 4 dieses Artikels und auf der Grundlage der Muster und Anweisungen in Anhang V oder VI ausgestellt und mit einem Sichtvermerk versehen werden, ohne TRACES zu verwenden. Die zuständigen Behörden, Kontrollbehörden, Kontrollstellen und Unternehmer setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis und geben innerhalb von zehn Kalendertagen nach Wiederherstellung des Systems alle erforderlichen Angaben in TRACES ein.

(2)   Wenn die Kontrollbescheinigung ohne Verwendung von TRACES ausgestellt wird, ist sie in einer der Amtssprachen der Union zu erstellen und mit Ausnahme der Stempel und Unterschriften ausschließlich in Großbuchstaben oder ausschließlich in Maschinenschrift auszufüllen.

Die Kontrollbescheinigung ist in der Amtssprache bzw. einer der Amtssprachen des Abfertigungsmitgliedstaats zu erstellen. Erforderlichenfalls können die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats eine Übersetzung der Kontrollbescheinigung in ihre Amtssprache bzw. eine ihrer Amtssprachen verlangen.

Nicht beglaubigte Änderungen oder Streichungen machen die Bescheinigung ungültig.

(3)   Die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle, die die Kontrollbescheinigung ausstellt, gibt jeder ausgestellten Bescheinigung eine laufende Nummer, führt in chronologischer Reihenfolge über die erteilten Bescheinigungen Buch und ordnet den Bescheinigungen später die jeweilige laufende Nummer nach TRACES zu.

(4)   Wird die Kontrollbescheinigung ohne Verwendung von TRACES ausgestellt und mit dem Sichtvermerk versehen, finden Artikel 15 Absatz 1 Unterabsätze 2 und 3 sowie Artikel 15 Absatz 5 keine Anwendung.

Artikel 13b

Einführer

Der Einführer gibt die Nummer der Kontrollbescheinigung in der Zollanmeldung zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr gemäß Artikel 158 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 an.

Artikel 13c

Zugangsrechte

Die Kommission ist dafür verantwortlich, den zuständigen Behörden im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, den im Einklang mit Artikel 33 Absatz 2 derselben Verordnung anerkannten zuständigen Behörden von Drittländern sowie den Kontrollbehörden und Kontrollstellen in Anhang III bzw. IV der vorliegenden Verordnung Zugangsrechte zu TRACES zu erteilen und diese zu aktualisieren. Vor Erteilung von Zugangsrechten zu TRACES prüft die Kommission die Identität der betreffenden zuständigen Behörden, Kontrollbehörden und Kontrollstellen.

Die zuständigen Behörden gemäß Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 sind dafür verantwortlich, Unternehmern, Kontrollbehörden und Kontrollstellen in der Union Zugangsrechte zu TRACES zu erteilen und diese zu aktualisieren. Vor Erteilung von Zugangsrechten zu TRACES prüfen die zuständigen Behörden die Identität der betreffenden Unternehmer, Kontrollbehörden und Kontrollstellen. Die Mitgliedstaaten benennen jeweils eine einzige Behörde, die für die Koordinierung der Zusammenarbeit und der Kontakte mit der Kommission in diesem Bereich verantwortlich ist.

Die zuständigen Behörden teilen der Kommission die erteilten Zugangsrechte mit. Die Kommission schaltet die Zugangsrechte in TRACES frei.

Artikel 13d

Integrität und Lesbarkeit der Informationen

Die Integrität der gemäß der vorliegenden Verordnung erfassten Informationen in TRACES wird geschützt.

Das System bietet insbesondere folgende Garantien:

a)

jeder Nutzer wird eindeutig identifiziert, und es umfasst wirksame Maßnahmen zur Kontrolle der Zugriffsrechte zum Schutz vor illegaler, böswilliger oder unbefugter Einsichtnahme, Vernichtung, Veränderung oder Verschiebung von Informationen, Dateien und Metadaten;

b)

es ist mit physischen Sicherheitssystemen zum Schutz vor Eingriffen und Umwelteinflüssen sowie mit Softwaresystemen zum Schutz vor Cyberangriffen ausgestattet;

c)

es bewahrt die gespeicherten Daten unter sicheren Hardware- und Softwarebedingungen;

d)

es verhindert mit verschiedenen Mitteln unbefugte Änderungen und umfasst Verfahren zur Sicherstellung der Integrität, mit denen sich feststellen lässt, ob Informationen verändert wurden;

e)

es gibt für jeden wichtigen Verfahrensschritt einen Prüfpfad an;

f)

es bietet zuverlässige Verfahren für Formatkonvertierung und Migration, um zu gewährleisten, dass die Informationen während der gesamten geforderten Aufbewahrungsdauer lesbar und zugänglich sind;

g)

es umfasst eine ausreichend genaue und dem neuesten Stand entsprechende funktionelle und technische Dokumentation über den Betrieb und die Merkmale des Systems, die den organisatorischen Einheiten für leistungsbezogene und/oder technische Spezifikationen jederzeit zugänglich sein muss.“

8.

Artikel 14 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Wird eine Sendung aus einem Drittland in das Zolllagerverfahren oder in den aktiven Veredelungsverkehr gemäß der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 überführt und einer oder mehreren Aufbereitungen gemäß Unterabsatz 2 unterzogen, nimmt die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats die Prüfung der Sendung gemäß Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung vor Durchführung der ersten Aufbereitung vor. Die Bezugsnummer der Zollanmeldung, unter der die Waren für das Zolllagerverfahren oder den aktiven Veredelungsverkehr angemeldet wurden, ist in Feld 19 der Kontrollbescheinigung anzugeben.

Die Aufbereitung ist auf folgende Arten von Vorgängen beschränkt:

a)

Verpackung oder Umpackung oder

b)

Etikettierung hinsichtlich der Form des Hinweises auf die ökologische/biologische Produktion.

Nach dieser Aufbereitung wird die Sendung vor der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr den Maßnahmen gemäß Artikel 13 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung unterzogen.

Im Anschluss an dieses Verfahren wird das Original der Kontrollbescheinigung gegebenenfalls für die Zwecke von Artikel 33 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 an den in Feld 11 der Bescheinigung genannten Einführer der Sendung zurückgesandt.“

b)

Absatz 2 wird wie folgt geändert:

i)

Unterabsatz 2 erhält folgende Fassung:

„Für jede der Partien, die sich aus der Aufteilung ergeben, übermittelt der in Feld 11 der Kontrollbescheinigung genannte Einführer der betreffenden zuständigen Behörde des Mitgliedstaats über TRACES eine Teilkontrollbescheinigung, wobei das Muster und die Anweisungen des Anhangs VI eingehalten werden müssen. Nach Prüfung der Partie versieht die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats die Teilkontrollbescheinigung in Feld 13 für die Zwecke der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr mit einem Sichtvermerk. Die Partie wird durch die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Partie in den zollrechtlich freien Verkehr in der Union überführt wird, geprüft und die Teilkontrollbescheinigung wird von ihr mit einem Sichtvermerk versehen.“

ii)

Unterabsatz 4 wird gestrichen.

9.

Artikel 15 wird wie folgt geändert:

a)

Dem Absatz 1 werden die folgenden Unterabsätze 2 und 3 angefügt:

„Führt die Prüfung einer Sendung durch die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats zur Feststellung eines Verstoßes oder einer Unregelmäßigkeit, aufgrund dessen/derer das Versehen der Bescheinigung mit einem Sichtvermerk und die Überführung der Erzeugnisse in den zollrechtlich freien Verkehr abgelehnt wird, setzt die Behörde die Kommission sowie die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich über TRACES von dem Verstoß oder der Unregelmäßigkeit in Kenntnis.

Die Mitgliedstaaten sorgen für eine wirksame und effiziente Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden, die amtliche Kontrollen durchführen, im Hinblick auf den unverzüglichen Austausch von Informationen über die Feststellung von Sendungen mit Erzeugnissen gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, die mit Verweis auf die ökologische/biologische Produktion gekennzeichnet sind, für die aber keine Einfuhrabsicht gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 angemeldet wurde. Die betreffende zuständige Behörde des Mitgliedstaats setzt die Kommission sowie die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich über TRACES von diesen Feststellungen in Kenntnis.“

b)

Folgender Absatz 5 wird angefügt:

„(5)   Der Einführer, der erste Empfänger oder ihre Kontrollbehörde bzw. Kontrollstelle übermittelt die Informationen über Verstöße oder Unregelmäßigkeiten in Bezug auf eingeführte Erzeugnisse an die betreffenden zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mittels TRACES über das elektronische Datenaustauschsystem gemäß Artikel 94 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 889/2008.“

10.

Artikel 17 Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   In dem Computersystem gemäß Absatz 1 müssen die einschlägigen Anträge, Unterlagen und Informationen gemäß der vorliegenden Verordnung gesammelt werden können.“

11.

Artikel 18 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„Das erste Verzeichnis der anerkannten Länder umfasst Argentinien, Australien, Costa Rica, Indien, Israel (********), Neuseeland und die Schweiz. Es enthält nicht die Codenummern gemäß Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe f der vorliegenden Verordnung. Diese Codenummern werden vor dem 1. Juli 2010 durch eine Aktualisierung des Verzeichnisses gemäß Artikel 17 Absatz 2 hinzugefügt.

(********)  Im Folgenden wird darunter das Gebiet des Staates Israel mit Ausnahme der seit Juni 1967 unter israelischer Verwaltung stehenden Gebiete (namentlich die Golanhöhen, der Gazastreifen, Ostjerusalem und das restliche Westjordanland) verstanden.“"

12.

Artikel 19 wird aufgehoben.

13.

Folgender Artikel 19a wird eingefügt:

„Artikel 19a

Übergangsbestimmungen für die Verwendung von nicht in TRACES ausgestellten Kontrollbescheinigungen

Bis zum 19. Oktober 2017 dürfen die in Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe a genannten Kontrollbescheinigungen bzw. die in Artikel 14 Absatz 2 genannten Teilkontrollbescheinigungen gemäß Artikel 13 Absätze 3 bis 7 im Einklang mit Artikel 13a Absätze 1, 2 und 3 und auf der Grundlage der Muster und Anweisungen in Anhang V oder VI ausgestellt und mit einem Sichtvermerk versehen werden, ohne TRACES zu verwenden.“

14.

Anhang III wird gemäß Anhang I der vorliegenden Verordnung geändert.

15.

In Anhang IV wird in das Verzeichnis der Erzeugniskategorien „C: Erzeugnisse der Aquakultur und Meeresalgen“ durch „C: Unverarbeitete Erzeugnisse der Aquakultur und Algen“ ersetzt.

16.

Anhang V erhält die Fassung von Anhang II der vorliegenden Verordnung.

17.

Anhang VI erhält die Fassung von Anhang III der vorliegenden Verordnung.

Artikel 2

Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008

(1)

In Artikel 2 werden die folgenden Buchstaben t und u angefügt:

„t)   „Haltbarmachung“: alle Maßnahmen außer landwirtschaftlicher Erzeugung und Ernte, denen Erzeugnisse unterzogen werden, die aber nicht zur Verarbeitung gemäß Buchstabe u zählen, einschließlich aller in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe n der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (*********) genannten Maßnahmen und ausschließlich der Verpackung oder Kennzeichnung des Erzeugnisses;

u)   „Verarbeitung“: alle Maßnahmen gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe m der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, einschließlich der Verwendung der Stoffe gemäß Artikel 19 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 834/2007. Arbeitsgänge der Verpackung oder der Kennzeichnung gelten nicht als Verarbeitung.

(*********)  Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1).“"

(2)

Die Überschrift des Titels II erhält folgende Fassung:

„TITEL II

VORSCHRIFTEN FÜR DIE PRODUKTION, HALTBARMACHUNG, VERARBEITUNG, VERPACKUNG, BEFÖRDERUNG UND LAGERUNG ÖKOLOGISCHER/BIOLOGISCHER ERZEUGNISSE“

(3)

Die Überschrift von Titel II Kapitel 3 erhält folgende Fassung:

„KAPITEL 3

Haltbar gemachte und verarbeitete Erzeugnisse“

(4)

Artikel 26 erhält folgende Fassung:

„Artikel 26

Vorschriften für die Haltbarmachung von Erzeugnissen und die Herstellung verarbeiteter Lebens- und Futtermittel

(1)   Unternehmer, die Erzeugnisse haltbar machen oder verarbeitete Lebens- und Futtermittel herstellen, müssen geeignete Verfahren einrichten und regelmäßig aktualisieren, die auf einer systematischen Identifizierung der kritischen Stufen im Verarbeitungsprozess beruhen.

Die Anwendung dieser Verfahren muss jederzeit gewährleisten, dass die haltbar gemachten oder verarbeiteten Erzeugnisse den Vorschriften für die ökologische/biologische Produktion genügen.

(2)   Die Unternehmer müssen die Verfahrensvorschriften gemäß Absatz 1 anwenden und einhalten. Sie müssen insbesondere dafür Sorge tragen, dass

a)

Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um das Risiko einer Kontamination durch unzulässige Stoffe oder Erzeugnisse zu vermeiden;

b)

geeignete Reinigungsmaßnahmen durchgeführt werden, deren Wirksamkeit überwacht wird und über die Aufzeichnungen geführt werden;

c)

nichtökologische/nichtbiologische Erzeugnisse nicht mit einem Bezug auf die ökologische/biologische Produktion in den Verkehr gebracht werden.

(3)   Soweit in der betreffenden Aufbereitungseinheit auch nichtökologische/nichtbiologische Erzeugnisse aufbereitet oder gelagert werden, trägt der Unternehmer dafür Sorge, dass

a)

die Arbeitsgänge räumlich oder zeitlich getrennt von ähnlichen Arbeitsgängen mit nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnissen kontinuierlich in geschlossener Folge durchgeführt werden, bis die gesamte Partie durchgelaufen ist;

b)

ökologische/biologische Erzeugnisse vor und nach den Arbeitsgängen räumlich oder zeitlich von nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnissen getrennt gelagert werden;

c)

die Kontrollbehörde oder Kontrollstelle über die unter den Buchstaben a und b genannten Arbeitsgänge informiert und ein aktualisiertes Verzeichnis über sämtliche Arbeitsgänge und verarbeiteten Mengen geführt wird;

d)

alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um die Partien/Lose zu identifizieren und jedes Vermischen oder den Austausch mit nichtökologischen/nichtbiologischen Erzeugnissen zu vermeiden;

e)

die Arbeitsgänge mit ökologischen/biologischen Erzeugnissen erst nach einer geeigneten Reinigung der Produktionsanlagen durchgeführt werden.

(4)   Bei der Verwendung von Zusatzstoffen, Verarbeitungshilfsstoffen und anderen Stoffen und Zutaten für die Verarbeitung von Lebens- oder Futtermitteln sowie der Anwendung jeglicher Verarbeitungspraktiken, wie z. B. des Räucherns, sind die Grundsätze der guten Herstellungspraxis zu beachten.“

(5)

Dem Artikel 84 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„Der Einführer übermittelt die Informationen gemäß den Absätzen 1 und 2 unter Verwendung des EDV-Systems für das Veterinärwesen (Trade Control and Expert System — TRACES), das mit der Entscheidung 2003/24/EG der Kommission (**********) eingerichtet wurde.

(**********)  Entscheidung 2003/24/EG der Kommission vom 30. Dezember 2002 über die Entwicklung eines integrierten EDV-Systems für das Veterinärwesen (ABl. L 8 vom 14.1.2003, S. 44).“"

(6)

Artikel 94 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a)

Die Buchstaben a und b erhalten folgende Fassung:

„a)

bis zum 30. Juni 2017 die Informationen gemäß Artikel 35 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, einschließlich der E-Mail- und der Internetadresse, sowie anschließend jede Änderung dieser Informationen;

b)

bis zum 30. Juni 2017 die Informationen gemäß Artikel 35 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, einschließlich der Anschrift sowie der E-Mail- und der Internetadresse, sowie anschließend jede Änderung dieser Informationen;“;

b)

folgender Buchstabe e wird angefügt:

„e)

bis zum 30. Juni 2017 den Namen, die Anschrift, die E-Mail- und die Internetadresse der betreffenden zuständigen Behörden des Mitgliedstaats gemäß Artikel 2 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 sowie anschließend jede Änderung dieser Informationen.“

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 19. April 2017. Jedoch gilt Artikel 1 Nummer 2 ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung und Artikel 1 Nummer 15 ab dem 7. Mai 2017.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 14. Oktober 2016

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 189 vom 20.7.2007, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates hinsichtlich der Regelung der Einfuhren von ökologischen/biologischen Erzeugnissen aus Drittländern (ABl. L 334 vom 12.12.2008, S. 25).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1).

(4)  COM(2014) 179 final.

(5)  Entscheidung 2003/24/EG der Kommission vom 30. Dezember 2002 über die Entwicklung eines integrierten EDV-Systems für das Veterinärwesen (ABl. L 8 vom 14.1.2003, S. 44).

(6)  Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. L 250 vom 18.9.2008, S. 1).

(7)  Durchführungsverordnung (EU) 2016/673 der Kommission vom 29. April 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. L 116 vom 30.4.2016, S. 8).


ANHANG I

Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1235/2008 wird wie folgt geändert:

(1)

Nach der Überschrift „VERZEICHNIS DER DRITTLÄNDER UND ZUGEHÖRIGE SPEZIFIKATIONEN GEMÄSS ARTIKEL 7“ wird die folgende Anmerkung eingefügt:

Anmerkung: Gemäß Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 dürfen während des Umstellungszeitraums produzierte Tiere und tierische Erzeugnisse in der Union nicht unter Verwendung der in den Artikeln 23 und 24 derselben Verordnung genannten Angaben bei der Kennzeichnung und Werbung vermarktet werden. Derartige Erzeugnisse sind also auch von den Anerkennungen in Bezug auf die Erzeugniskategorien B und D für alle in diesem Anhang aufgeführten Drittländer ausgeschlossen.“

(2)

In den Einträgen betreffend Argentinien, Australien, Costa Rica, Indien, Israel, Japan, die Schweiz, Tunesien und Neuseeland wird die Fußnote „(1) Meeresalgen nicht eingeschlossen.“ gestrichen.

(3)

Der Argentinien betreffende Eintrag wird wie folgt geändert:

a)

In Nummer 1 werden die Einschränkungen für die Erzeugniskategorien B und D gestrichen;

b)

Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A, B und F, die in Argentinien erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Argentinien mit ökologischen/biologischen Zutaten, die in Argentinien erzeugt wurden, verarbeitet wurden.“

(4)

In dem Australien betreffenden Eintrag erhält Nummer 2 folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in Australien erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Australien mit ökologischen/biologischen Zutaten, die in Australien erzeugt wurden, verarbeitet wurden.“

(5)

Der Costa Rica betreffende Eintrag wird wie folgt geändert:

a)

Betrifft nicht die deutsche Fassung;

b)

Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in Costa Rica erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Costa Rica mit ökologischen/biologischen Zutaten, die in Costa Rica erzeugt wurden, verarbeitet wurden.“

(6)

In dem Israel betreffenden Eintrag erhält Nummer 2 folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in Israel erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Israel mit ökologischen/biologischen Zutaten verarbeitet wurden, die in Israel erzeugt oder nach Israel eingeführt wurden:

aus der Europäischen Union

oder aus einem Drittland im Rahmen einer als gleichwertig anerkannten Regelung im Einklang mit Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007.“

(7)

In dem Japan betreffenden Eintrag erhält Nummer 2 folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in Japan erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Japan mit ökologischen/biologischen Zutaten verarbeitet wurden, die in Japan erzeugt oder nach Japan eingeführt wurden:

aus der Europäischen Union

oder aus einem Drittland, für das Japan anerkannt hat, dass die Erzeugnisse in dem betreffenden Drittland nach Vorschriften produziert und kontrolliert wurden, die den japanischen Rechtsvorschriften gleichwertig sind.“

(8)

Der die Schweiz betreffende Eintrag wird wie folgt geändert:

a)

In Nummer 1 wird die Einschränkung für die Erzeugniskategorie B gestrichen;

b)

Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in der Schweiz erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorien D und E, die in der Schweiz mit ökologischen/biologischen Zutaten verarbeitet wurden, die in der Schweiz erzeugt oder in die Schweiz eingeführt wurden:

aus der Europäischen Union

oder aus einem Drittland, für das die Schweiz anerkannt hat, dass die Erzeugnisse in dem betreffenden Drittland nach Vorschriften produziert und kontrolliert wurden, die den schweizerischen Rechtsvorschriften gleichwertig sind.“

(9)

In dem Tunesien betreffenden Eintrag erhält Nummer 2 folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A und F, die in Tunesien erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Tunesien mit ökologischen/biologischen Zutaten, die in Tunesien erzeugt wurden, verarbeitet wurden.“

(10)

In dem die Vereinigten Staaten von Amerika betreffenden Eintrag werden in Nummer 1 die Einschränkungen für die Erzeugniskategorien A und D gestrichen.

(11)

Der Neuseeland betreffende Eintrag wird wie folgt geändert:

a)

In Nummer 1 werden die Einschränkungen für die Erzeugniskategorien B und D gestrichen;

b)

Nummer 2 erhält folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorien A, B und F, die in Neuseeland erzeugt wurden, und Erzeugnisse der Kategorie D, die in Neuseeland mit ökologischen/biologischen Zutaten verarbeitet wurden, die in Neuseeland erzeugt oder nach Neuseeland eingeführt wurden:

aus der Europäischen Union,

aus einem Drittland im Rahmen einer als gleichwertig anerkannten Regelung im Einklang mit Artikel 33 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007

oder aus einem Drittland, dessen Produktions- und Kontrollvorschriften auf der Grundlage der Garantien und Informationen, die von der zuständigen Behörde des betreffenden Landes gemäß den von der MAF aufgestellten Vorschriften geliefert wurden, als dem MAF-Programm 'Official Organic Assurance Programme' gleichwertig anerkannt worden sind, wobei nur die aus ökologischem Landbau stammenden Zutaten eingeführt werden dürfen, die mit einem Höchstanteil von 5 % an Erzeugnissen landwirtschaftlichen Ursprungs in die in Neuseeland aufbereiteten Erzeugnisse der Kategorie D eingehen sollen.“

(12)

In dem die Republik Korea betreffenden Eintrag erhält Nummer 2 folgende Fassung:

„2.

Ursprung: Erzeugnisse der Kategorie D, die in der Republik Korea mit ökologisch/biologisch erzeugten Zutaten verarbeitet wurden, die in der Republik Korea erzeugt oder in die Republik Korea eingeführt wurden:

aus der Europäischen Union

oder aus einem Drittland, für das die Republik Korea anerkannt hat, dass die Produkte in diesem Drittland nach Vorschriften erzeugt und kontrolliert wurden, die den Rechtsvorschriften der Republik Korea gleichwertig sind.“.


ANHANG II

„ANHANG V

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ANHANG III

„ANHANG VI

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19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/38


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2016/1843 DER KOMMISSION

vom 18. Oktober 2016

mit Übergangsmaßnahmen zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Akkreditierung amtlicher Laboratorien für die amtliche Untersuchung auf Trichinen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (1), insbesondere auf Artikel 63 Absatz 1 Unterabsatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 wurden die Regeln und Verfahrensvorschriften für amtliche Kontrollen erheblich geändert. Sie gilt seit dem 1. Januar 2006. Die unmittelbare Anwendung einiger dieser Regeln und Verfahrensvorschriften ab diesem Datum wäre jedoch in bestimmten Fällen mit praktischen Schwierigkeiten verbunden gewesen.

(2)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 müssen Laboratorien, welche die bei den amtlichen Kontrollen gezogenen Proben analysieren, gemäß bestimmten dort genannten Europäischen Normen akkreditiert sein. In der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 702/2013 der Kommission (2) sind jedoch bestimmte Übergangsmaßnahmen festgelegt, darunter auch eine Ausnahme von dieser Anforderung für Laboratorien, damit ein reibungsloser Übergang zur umfassenden Anwendung der neuen Regeln und Verfahrensvorschriften gewährleistet ist. Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 702/2013 gilt bis zum 31. Dezember 2016.

(3)

Die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 28. Juli 2009 über die Erfahrungen mit der Anwendung der Hygieneverordnungen (EG) Nr. 852/2004, (EG) Nr. 853/2004 und (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (3) (im Folgenden „Bericht“) „soll eine Bestandsaufnahme der bisherigen Erfahrungen aller Beteiligten mit der Durchführung des Hygienepakets, einschließlich eventueller Probleme, in den Jahren 2006, 2007 und 2008 bieten“.

(4)

Der Bericht geht auch auf die Erfahrungen mit den Übergangsmaßnahmen ein, einschließlich der in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 festgelegten. Aus dem Bericht geht hervor, dass nach wie vor Schwierigkeiten bei der Akkreditierung schlachthofeigener Laboratorien bestehen.

(5)

Am 6. Mai 2013 nahm die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit, Pflanzenvermehrungsmaterial und Pflanzenschutzmittel (4) an. In diesem Vorschlag sind die Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 und eine mögliche Ausnahme von der Akkreditierungspflicht für amtliche Laboratorien vorgesehen, deren einzige Tätigkeit im Nachweis von Trichinen in Fleisch besteht.

(6)

Daher sollten mit dieser Verordnung weitere Übergangsmaßnahmen festgelegt werden, bis die neue Verordnung vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen ist.

(7)

Entsprechend sollte ein weiterer Übergangszeitraum festgelegt werden, in dem die in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 702/2013 festgelegten Übergangsregelungen weiterhin gelten sollten.

(8)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Mit dieser Verordnung werden Übergangsmaßnahmen für die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 für einen Übergangszeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020 festgelegt.

Artikel 2

Abweichend von Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 kann die zuständige Behörde ein Laboratorium benennen, das amtliche Untersuchungen auf Trichinen durchführt und in einem Schlachthof oder einem Wildverarbeitungsbetrieb angesiedelt ist, sofern dieses Laboratorium, auch wenn es nicht gemäß der in Buchstabe a des genannten Absatzes angeführten Europäischen Norm akkreditiert ist, der zuständigen Behörde ausreichende Garantien dafür liefert, dass Qualitätskontrollverfahren in Bezug auf die Analyse von Proben, die es im Rahmen der amtlichen Überwachung durchführt, existieren.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 18. Oktober 2016

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 702/2013 der Kommission vom 22. Juli 2013 mit Übergangsmaßnahmen zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Akkreditierung amtlicher Laboratorien für die amtliche Untersuchung auf Trichinen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1162/2009 der Kommission (ABl. L 199 vom 24.7.2013, S. 3).

(3)  KOM(2009) 403 endg.

(4)  COM(2013) 265 final.


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/40


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2016/1844 DER KOMMISSION

vom 18. Oktober 2016

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (1),

gestützt auf die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 der Kommission vom 7. Juni 2011 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates für die Sektoren Obst und Gemüse und Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse (2), insbesondere auf Artikel 136 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 für die in ihrem Anhang XVI Teil A aufgeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt.

(2)

Gemäß Artikel 136 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 wird der pauschale Einfuhrwert an jedem Arbeitstag unter Berücksichtigung variabler Tageswerte berechnet. Die vorliegende Verordnung sollte daher am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 136 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 543/2011 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind im Anhang der vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 18. Oktober 2016

Für die Kommission,

im Namen des Präsidenten,

Jerzy PLEWA

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(2)  ABl. L 157 vom 15.6.2011, S. 1.


ANHANG

Pauschale Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrwert

0702 00 00

MA

133,9

ZZ

133,9

0707 00 05

TR

145,2

ZZ

145,2

0709 93 10

TR

154,9

ZZ

154,9

0805 50 10

AR

91,3

CL

95,5

TR

85,9

UY

51,6

ZA

73,6

ZZ

79,6

0806 10 10

BR

278,4

EG

169,2

TR

151,7

ZZ

199,8

0808 10 80

AR

191,8

AU

196,9

BR

124,9

CL

154,2

NZ

137,0

ZA

117,5

ZZ

153,7

0808 30 90

CN

75,0

TR

134,9

ZZ

105,0


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1106/2012 der Kommission vom 27. November 2012 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 471/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über Gemeinschaftsstatistiken des Außenhandels mit Drittländern hinsichtlich der Aktualisierung des Verzeichnisses der Länder und Gebiete (ABl. L 328 vom 28.11.2012, S. 7). Der Code „ZZ“ steht für „Andere Ursprünge“.


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/42


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2016/1845 DER KOMMISSION

vom 18. Oktober 2016

zur Festsetzung des Zuteilungskoeffizienten für Anträge auf Beihilfe zur Verringerung der Milcherzeugung gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1612

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (1),

gestützt auf die Delegierte Verordnung (EU) 2016/1612 der Kommission vom 8. September 2016 zur Gewährung einer Beihilfe zur Verringerung der Milcherzeugung (2), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

In der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1612 ist eine Beihilfe für Milcherzeuger vorgesehen, die sich verpflichten, ihre Kuhmilchlieferungen für einen Zeitraum von drei Monaten zu verringern. Diese Beihilfe wird auf der Grundlage von Beihilfeanträgen gezahlt. Übersteigt die Gesamtmenge der gemeldeten zulässigen und plausiblen Beihilfeanträge die maximale Gesamtmenge gemäß Artikel 1 Absatz 1 der genannten Verordnung, müssen die Mitgliedstaaten auf die Menge im jeweiligen Beihilfeantrag einen Zuteilungskoeffizienten anwenden.

(2)

Die Mengen in den für den Zeitraum November und Dezember 2016 sowie Januar 2017 gemeldeten Beihilfeanträge übersteigen die maximale Gesamtmenge. Daher muss ein Zuteilungskoeffizient festgesetzt werden.

(3)

Zur raschen Umsetzung der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1612 sollte die vorliegende Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Der Zuteilungskoeffizient für die Mengen in den Anträgen auf Beihilfe für die Verringerung von Kuhmilchlieferungen im November und Dezember 2016 sowie Januar 2017 gemäß der Delegierten Verordnung (EU) 2016/1612 ist 0,12462762.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 18. Oktober 2016

Für die Kommission,

im Namen des Präsidenten,

Jerzy PLEWA

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 671.

(2)  ABl. L 242 vom 9.9.2016, S. 4.


BESCHLÜSSE

19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/43


BESCHLUSS (EU) 2016/1846 DER KOMMISSION

vom 4. Juli 2016

über die Maßnahme SA.41187 (2015/C) (ex 2015/NN) Ungarns bezüglich des Gesundheitsbeitrags der Unternehmen der Tabakindustrie

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4049)

(Nur der ungarische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im März 2015 erlangte die Kommission Kenntnis über einen neuen Gesundheitsbeitrag, den Ungarn für Unternehmen der Tabakindustrie eingeführt hat. Mit Schreiben vom 13. April 2015 übermittelte die Kommission ein Auskunftsersuchen an die ungarischen Behörden und informierte sie darüber, dass die Kommission den Erlass eines Beschlusses zur Aussetzung der Maßnahme gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (2) in Erwägung ziehen werde.

(2)

Mit Schreiben vom 12. Mai 2015 antwortete Ungarn auf das Auskunftsersuchen. Ungarn hat sich darin allerdings nicht zu der möglichen Aussetzungsanordnung der Kommission geäußert.

(3)

Die Kommission teilte Ungarn mit Schreiben vom 15. Juli 2015 ihre Entscheidung mit, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf den Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“). Die Kommission ordnete im Einleitungsbeschluss die unverzügliche Aussetzung der Maßnahme an.

(4)

Der Einleitungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. In dem Beschluss hat die Kommission die Beteiligten zur Einreichung von Stellungnahmen zu der Maßnahme aufgefordert.

(5)

Der Kommission sind Stellungnahmen von zwei Beteiligten zugegangen. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 hat die Kommission die Stellungnahmen an Ungarn weitergeleitet, das die Gelegenheit zur Äußerung erhielt. Ungarn hat sich zu diesen Stellungnahmen jedoch nicht geäußert.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

(6)

Am 16. Dezember 2014 hat das ungarische Parlament das Gesetz XCIV von 2014 über den Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie für das Jahr 2015 (im Folgenden das „Gesetz“) verabschiedet. Mit dem Gesetz wird eine als „Gesundheitsbeitrag“ bezeichnete Steuer auf den Jahresumsatz eingeführt, der mit Tabakwarenherstellung und -handel in Ungarn erzielt wird; diese Steuer wird zusätzlich zu den bestehenden Unternehmenssteuern in Ungarn, vor allem zu der Körperschaftssteuer, erhoben. Der Beitrag gilt für zugelassene Lagerinhaber, Importeure und registrierte Händler von Tabakwaren. Das angegebene Ziel des Gesetzes ist die Beschaffung von Mitteln zur Finanzierung des Gesundheitssystems, um die Qualität der Gesundheitsdienste zu verbessern.

(7)

Der Gesundheitsbeitrag wird auf den mit Tabakwarenherstellung und -handel in Ungarn erzielten Umsatz des Vorjahres erhoben, unter der Bedingung, dass der aus diesen Tätigkeiten stammende Umsatz mindestens 50 % des jährlichen Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmacht. Außer den Kosten für gewisse im Steuerjahr getätigte Investitionen ist keine Kostenabsetzung vorgesehen. Der Gesundheitsbeitrag ist progressiver Natur. Die Höhe des Beitrags hängt von dem jährlichen Umsatz des Unternehmens ab:

Für den Teil des Umsatzes unter 30 Mrd. HUF: 0,2 % des Umsatzes bzw. mindestens 30 Mio. HUF;

für den Teil des Umsatzes zwischen 30 Mrd. HUF und 60 Mrd. HUF: 2,5 % des Umsatzes;

für den Teil des Umsatzes über 60 Mrd. HUF: 4,5 % des Umsatzes.

(8)

Nach Paragraf 6 Absatz 6 des Gesetzes kann sich die aus dem Gesundheitsbeitrag ergebende Steuerschuld um bis zu 80 % verringern, sofern das Unternehmen bestimmte Investitionen tätigt, die der Definition des Artikels 3 Absatz 4 Nummer 7 des Rechnungslegungsgesetzes C von 2000 (4) entsprechen. Diese Ermäßigung entspricht der positiven Differenz zwischen 30 % des für eine Investition im Steuerjahr ausgewiesenen Betrags und dem für die Durchführung des Investitionsvorhabens genutzten Betrag an staatlichen oder EU-Zuschüssen.

(9)

Gemäß dem Gesetz ist die Steueranmeldung bis zum 30. Juni 2015 einzureichen und die Steuer innerhalb von 30 Tagen nach dieser Frist zu zahlen.

(10)

Das Gesetz ist am 1. Februar 2015 in Kraft getreten und hätte in seiner ursprünglichen Fassung am 31. Dezember 2015 außer Kraft treten sollen. Am 24. Juni 2015 wurde eine Änderung des Gesetzes im ungarischen Amtsblatt veröffentlicht, womit der Gesundheitsbeitrag dauerhaft eingerichtet wurde.

3.   FÖRMLICHES PRÜFVERFAHREN

3.1.   Gründe für die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(11)

Die Kommission leitete das förmliche Prüfverfahren ein, weil sie zu der vorläufigen Schlussfolgerung gelangt ist, dass die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags (die Beitragssätze und die umsatzbezogenen Besteuerungsstufen) und die Bestimmungen über die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen (im Folgenden zusammen „die umstrittenen Maßnahmen“) rechtswidrige und nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfen darstellen.

(12)

Die Kommission war insbesondere der Auffassung, dass durch die mit dem Gesetz eingeführten progressiven Beitragssätze umsatzabhängig zwischen Unternehmen unterschieden wird und daher Unternehmen mit niedrigen Umsätzen und somit kleineren Unternehmen ein selektiver Vorteil gewährt wird. Zudem ist die Kommission von den von Ungarn vorgebrachten Argumenten nicht überzeugt, dass Unternehmen mit höheren Umsätzen den Produktmarkt derart beeinflussen und die negativen Auswirkungen, die Rauchen auf die Gesundheit hat, bei ihnen in einem solchen Maße größer sind, dass die Anwendung progressiver Beitragssätze gerechtfertigt ist.

(13)

Die Kommission war ebenso der Auffassung, dass durch die Möglichkeit der Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen von Investitionen Unternehmen, die solche Investitionen getätigt haben, ein selektiver Vorteil gewährt wird. Die Kommission stellte weiterhin fest, dass die Möglichkeit der Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen von Investitionen, die die Steigerung der Herstellungs- und Handelskapazitäten des Unternehmens zum Ziel haben, nicht mit dem Ziel des Gesundheitsbeitrags vereinbar zu sein scheint, Mittel für das Gesundheitssystem zu beschaffen, um dadurch die Qualität der Gesundheitsleistungen zu verbessern, da Rauchen bekanntlich eine große Rolle bei der Entstehung zahlreicher Krankheiten spielt und somit in bedeutendem Ausmaß zur Erhöhung der Gesundheitskosten beiträgt.

(14)

Die Kommission ist daher zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass die umstrittenen Maßnahmen weder durch die Natur oder den inneren Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt noch mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.

3.2.   Stellungnahmen von Beteiligten

(15)

Der Kommission sind Stellungnahmen von zwei Beteiligten zugegangen, die den Einleitungsbeschluss begrüßen und der vorläufigen beihilferechtlichen Würdigung der Kommission zustimmen. Sie haben ihre Besorgnis über mögliche Gesetzesänderungen und andere ähnliche Maßnahmen geäußert, die von den ungarischen Behörden erlassen werden könnten.

(16)

Ein Beteiligter betonte, dass sich die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen ausschließlich auf Investitionen in Ungarn beziehe, da nach dem ungarischen Verbrauchersteuergesetz ein Unternehmen in Ungarn gemeldet sein und dort einen Firmensitz haben müsse, um Tabak in Ungarn verkaufen und herstellen zu können. Daher berücksichtige das Gesetz nur die Investitionen, die in Ungarn von einheimischen Unternehmen oder von in Ungarn ansässigen Tochtergesellschaften ausländischer multinationaler Unternehmen getätigt werden.

3.3.   Stellungnahme Ungarns

(17)

Die ungarischen Behörden stimmen der Schlussfolgerung der Kommission nicht zu, dass es sich bei den umstrittenen Maßnahmen um staatliche Beihilfen handelt. Im Kern argumentieren sie, dass die Maßnahmen nicht selektiv seien. Bezüglich der Progressivität der Beitragssätze machen die ungarischen Behörden geltend, dass bei öffentlichen Steuern der Bezugsrahmen sowohl durch die Steuerbemessungsgrundlage als auch den Steuersatz vorgegeben sei (dies gelte auch bei progressiven Steuersätzen) und dass Unternehmen in der gleichen Sachlage diejenigen seien, die den gleichen Umsatz erzielen. Bei diesem progressiven System unter Verwendung von Besteuerungsstufen unterlägen Unternehmen mit derselben Bemessungsgrundlage demselben Beitragssatz, und der errechnete Betrag des Beitrags sei ebenfalls identisch. Daher vertreten die ungarischen Behörden die Auffassung, dass das progressive Beitragssystem nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung führe, da für Unternehmen in der gleichen Sach- und Rechtslage der gleiche Beitragssatz gelte, was bedeute, dass das System nicht selektiv sei.

(18)

Bezüglich der Verringerung der Steuerschuld bei Investitionen argumentieren die ungarischen Behörden, dass das Gesetz nicht nach der Art oder dem Wert der Investition und den Unternehmen, die die Investition durchführen, unterscheide. Die Unternehmen, die Investitionen mit gleichem Wert tätigen, befänden sich in der gleichen Sach- und Rechtslage. Die ungarischen Behörden unterstreichen, dass sich die Verringerung der Steuerschuld nicht nur auf Investitionen beziehe, die in Ungarn getätigt werden, und dass der Wert aller Investitionen in der Berechnung berücksichtigt werden könne. Die ungarischen Behörden stellen des Weiteren fest, dass die Berechnung des Investitionswerts von der Definition für Investitionen und der Berechnung des Wertes der Investition nach dem Rechnungslegungsgesetz abhängig sei, das über den Geltungsbereich des Gesetzes zum Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie hinausgehe.

3.4.   Stellungnahmen Ungarns zu den Stellungnahmen der Beteiligten

(19)

Ungarn hat nicht auf die Stellungnahmen der Beteiligten reagiert, die mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 weitergeleitet wurden.

4.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

4.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV

(20)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV bestimmt: „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(21)

Somit müssen die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Maßnahme als Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung gewertet werden kann: i) die Maßnahme muss dem Staat zuzurechnen sein und aus staatlichen Mitteln finanziert werden; ii) sie muss dem Begünstigten einen Vorteil verschaffen; iii) dieser Vorteil muss selektiv sein; und iv) die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

4.1.1.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(22)

Um als staatliche Beihilfe eingestuft zu werden, muss eine Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert werden und einem Staat zuzurechnen sein.

(23)

Da die umstrittenen Maßnahmen auf einem Rechtsakt des ungarischen Parlaments beruhen, sind sie eindeutig dem ungarischen Staat zuzurechnen.

(24)

Im Hinblick auf die Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln ist festzustellen, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn eine Maßnahme zu dem Ergebnis führt, dass der Staat auf Einnahmen verzichtet, die er unter normalen Umständen von einem Unternehmen erhalten würde (5). Im vorliegenden Fall verzichtet Ungarn auf Mittel, die es sonst von Unternehmen mit niedrigerem Umsatz (und somit kleineren Unternehmen) einnehmen würde, wenn diese den Gesundheitsbeitrag in derselben Höhe entrichten würden wie Unternehmen mit einem höheren Umsatz (und somit größere Unternehmen).

4.1.2.   Vorteil

(25)

Nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte umfasst der Begriff der Beihilfe nicht nur positive Leistungen, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat (6). Ein Vorteil kann durch verschiedene Arten der steuerlichen Entlastung des Unternehmens gewährt werden, insbesondere durch eine Reduzierung des anwendbaren Steuersatzes, der Bemessungsgrundlage oder des fälligen Steuerbetrags (7). Wenngleich bei einer Maßnahme, die eine Steuer- oder Abgabenermäßigung vorsieht, keine positive Übertragung staatlicher Mittel erfolgt, begründet sie dennoch einen Vorteil, weil sie die betroffenen Unternehmen finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen und zu einem Einnahmenverlust für den Staat führt (8).

(26)

Das Gesetz legt progressive Beitragssätze fest, die sich auf den Jahresumsatz beziehen, der mit Tabakwarenherstellung und -handel in Ungarn erzielt wird, und von den Besteuerungsstufen abhängen, in die das Unternehmen mit seinem Umsatz fällt. Die Progressivität dieser Sätze bewirkt, dass der Prozentsatz des auf den Umsatz eines Unternehmens erhobenen Beitrags progressiv in Abhängigkeit von der Zahl der Besteuerungsstufen, in die der Umsatz fällt, steigt. Das führt dazu, dass Unternehmen mit niedrigem Umsatz (kleinere Unternehmen) einem wesentlich niedrigeren durchschnittlichen Beitragssatz unterliegen als Unternehmen mit hohem Umsatz (größere Unternehmen). Dadurch, dass Unternehmen mit niedrigem Umsatz einem wesentlich niedrigeren durchschnittlichen Beitragssatz unterliegen, werden sie im Vergleich zu Unternehmen mit hohem Umsatz weniger belastet, was den kleineren Unternehmen gegenüber größeren Unternehmen einen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft.

(27)

In ähnlicher Weise verschafft die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Verringerung der Steuerschuld um bis zu 80 % durch Tätigung von Investitionen im Steuerjahr den Unternehmen, die eine solche Investition getätigt haben, einen Vorteil, da ihre Steuerbemessungsgrundlage bzw. ihre Steuerbelastung im Vergleich zu Unternehmen, die von dieser Verringerung nicht Gebrauch machen können, verringert wird.

4.1.3.   Selektivität

(28)

Eine Maßnahme ist selektiv, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV begünstigt. Für steuerliche Regelungen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Selektivität einer Maßnahme auf Grundlage einer dreistufigen Analyse zu beurteilen ist (9). Erstens wird die im Mitgliedstaat anwendbare allgemeine oder normale Steuerregelung ermittelt: „das Bezugssystem“. Zweitens ist zu bestimmen, ob eine Maßnahme von diesem System abweicht, indem sie zwischen Wirtschaftsteilnehmern differenziert, die sich angesichts der inhärenten Ziele des Systems in einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage befinden. Wenn die betreffende Maßnahme keine Abweichung vom Bezugssystem darstellt, ist sie nicht selektiv. Wenn sie eine Abweichung darstellt (und daher prima facie selektiv ist), ist im dritten Schritt zu prüfen, ob die abweichende Maßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des (Bezugs-) Steuersystems gerechtfertigt ist (10). Wenn eine prima facie selektive Maßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Systems gerechtfertigt ist, ist sie nicht als selektiv anzusehen und fällt daher nicht unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

4.1.3.1.   Referenzsystem

(29)

Bei dem Bezugssystem handelt es sich um die Anwendung eines besonderen Gesundheitsbeitrags für Unternehmen, der sich auf den Umsatz bezieht, den sie in Ungarn durch die Herstellung und den Vertrieb von Tabakwaren erwirtschaften. Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags Teil dieses Bezugssystems sein kann.

(30)

Wie der Gerichtshof festgestellt hat (11), ist es nicht immer ausreichend, die Prüfung der Selektivität auf die Frage zu beschränken, ob die Maßnahme von dem vom Mitgliedstaat festgelegten Bezugssystem abweicht. Es muss auch geprüft werden, ob der Mitgliedstaat die Grenzen dieses Systems kohärent bzw. im gegenteiligen Fall eindeutig willkürlich oder parteiisch festgelegt hat, um bestimmte Unternehmen gegenüber anderen zu begünstigen. Andernfalls könnten die Mitgliedstaaten die Regeln für staatliche Beihilfen umgehen, wenn sie, statt allgemeine Vorschriften für sämtliche Unternehmen vorzusehen, von denen zugunsten bestimmter Unternehmen Ausnahmen gemacht werden, das gleiche Ergebnis erreichen, indem sie ihre Steuervorschriften derart anpassen und verknüpfen, dass ihre Anwendung selbst zu einer unterschiedlichen steuerlichen Belastung für die verschiedenen Unternehmen führt (12). In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Artikel 107 Absatz 1 AEUV gemäß der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Beihilfemaßnahmen unterscheidet, sondern diese nach ihren Wirkungen und somit unabhängig von den verwendeten Techniken beschreibt (13).

(31)

Während die Anwendung einer Einheitssteuer auf den Jahresumsatz, der mit Tabakwarenherstellung und -handel in Ungarn erzielt wird, eine angemessene Maßnahme ist, um Mittel für die Finanzierung des Gesundheitssystems zu beschaffen, scheint das durch das Gesetz eingeführte progressive Beitragssystem von Ungarn bewusst so gestaltet worden zu sein, dass es bestimmte Unternehmen gegenüber anderen bevorzugt. Im Rahmen der progressiven Beitragsstruktur, die mit dem Gesetz eingeführt wurde, unterliegen die Unternehmen verschiedenen progressiv bis auf 4,5 % steigenden Beitragssätzen, abhängig davon, in welche Besteuerungsstufen ihr Umsatz fällt. Infolgedessen werden abhängig vom Umsatz der Unternehmen (und davon, ob der Umsatz die im Gesetz festgelegten Schwellen übersteigt) verschiedene Durchschnittssätze für den Gesundheitsbeitrag angewandt.

(32)

Da jedes Unternehmen mit einem unterschiedlichen Satz belastet wird, kann die Kommission keinen festen Bezugssatz für den Gesundheitsbeitrag ermitteln. Ungarn hat weder einen konkreten Beitragssatz als den „normalen“ Satz ausgewiesen noch erklärt, warum ein höherer Satz für Unternehmen mit hohem Umsatz durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt wäre oder warum für Unternehmen mit niedrigerem Umsatz niedrigere Beitragssätze gelten sollten.

(33)

Die mit dem Gesetz eingeführte progressive Beitragsstruktur bewirkt daher, dass verschiedene Unternehmen unterschiedliche Beitragssätze (als Anteil an ihrem gesamten Jahresumsatz) in Abhängigkeit von ihrer Größe zahlen, da der von dem Unternehmen erzielte Umsatz in gewisser Weise mit seiner Größe korreliert. Das eigentliche Ziel des Gesundheitsbeitrags ist jedoch, Mittel für das Gesundheitssystem zu beschaffen, um die Qualität der Gesundheitsleistungen in Ungarn zu verbessern; denn Rauchen spielt eine beträchtliche Rolle als Ursache zahlreicher Krankheiten und trägt in erheblichem Maße zur Erhöhung der Gesundheitskosten bei. Die Kommission ist der Auffassung, dass die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags den Zusammenhang zwischen den von den Tabakhändlern und -herstellern ausgehenden negativen Gesundheitsauswirkungen und deren Umsatz nicht korrekt widerspiegelt.

(34)

Angesichts dieses Zwecks ist die Kommission der Auffassung, dass sich alle Unternehmen, die den Gesundheitsbeitrag entrichten müssen, unabhängig von ihrem Umsatz in einer vergleichbaren Sach- und Rechtslage befinden und Ungarn keine überzeugende Rechtfertigung dafür vorgelegt hat, warum es bei der Erhebung des Gesundheitsbeitrags zwischen diesen Arten von Unternehmen unterscheidet. Die Kommission verweist diesbezüglich auf die nachstehenden Erwägungsgründe 42 bis 48. Ungarn hat daher den Gesundheitsbeitrag bewusst so gestaltet, dass bestimmte Unternehmen, nämlich die mit einem niedrigeren Umsatz (also kleinere Unternehmen), willkürlich bevorzugt und andere, d. h. größere Unternehmen, benachteiligt werden (14).

(35)

Das Bezugssystems ist daher selektiv, was angesichts des Ziels des Gesundheitsbeitrags, d. h., der Beschaffung von Mitteln für das ungarische Gesundheitssystem, nicht gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall ist das geeignete Bezugssystem ein Gesundheitsbeitrag für in Ungarn tätige Unternehmen auf Grundlage ihres Umsatzes, allerdings ohne die progressive Struktur der Beitragssätze.

4.1.3.2.   Abweichung vom Bezugssystem

(36)

Im zweiten Schritt muss geprüft werden, ob die Maßnahme zugunsten bestimmter Unternehmen, die sich angesichts des inhärenten Ziels des Bezugssystems in einer ähnlichen Sach- und Rechtslage befinden, vom Bezugssystem abweicht.

(37)

Wie in Erwägungsgrund 33 ausgeführt, ist das inhärente Ziel des Gesundheitsbeitrags, Mittel für das Gesundheitssystem zu beschaffen, um so die Qualität von Gesundheitsleistungen in Ungarn zu verbessern. Wie in Erwägungsgrund 34 erwähnt, sollte in Anbetracht dieses Ziels bei allen Unternehmen, die in der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren tätig sind, davon ausgegangen werden, dass sie sich in einer ähnlichen Sach- und Rechtslage befinden, und zwar unabhängig von ihrer Größe oder ihrem Umsatz.

(38)

Die Progressivität des Gesundheitsbeitrags in Ungarn führt somit zu einer Differenzierung zwischen Tabakherstellern und -händlern in Anhängigkeit von ihrer Größe.

(39)

Aufgrund des progressiven Charakters der in diesem Gesetz festgelegten Beitragsätze zahlen Unternehmen mit einem Umsatz, für den die niedrigeren Besteuerungsstufen gelten, einen wesentlich niedrigeren Gesundheitsbeitrag als Unternehmen mit einem Umsatz, für den die höheren Besteuerungsstufen gelten. Dieses führt dazu, dass Unternehmen mit geringem Umsatz sowohl wesentlich geringeren Grenzsteuersätzen als auch wesentlich niedrigeren Durchschnittssteuersätzen unterliegen als Unternehmen mit hohem Umsatz und somit für die gleichen Tätigkeiten wesentlich geringer besteuert werden. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass die mit dem Gesetz eingeführte progressive Beitragsstruktur zugunsten von Unternehmen mit niedrigerem Umsatz von dem Bezugssystem abweicht, das einen Gesundheitsbeitrag für alle Unternehmen in Ungarn vorschreibt, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren befassen.

(40)

Ebenso wird bei der Möglichkeit, die Steuerschuld eines Unternehmens durch Investitionen um bis zu 80 % zu verringern, zwischen Unternehmen, die Investitionen getätigt haben, und denen, die dies nicht getan haben, unterschieden. Bezüglich des oben genannten inhärenten Ziels des Gesundheitsbeitrags befinden sich Unternehmen, die Investitionen getätigt haben, und Unternehmen, die dies nicht getan haben, in einer ähnlichen Sach- und Rechtslage, da Unternehmen, die Investitionen getätigt haben, in keiner Weise dazu beitragen, die negativen externen Effekte des Rauchens zu reduzieren. Ganz im Gegenteil scheint die Möglichkeit, die Steuerschuld durch das Tätigen von Investitionen zu reduzieren, mit denen die Herstellungs- und Handelskapazitäten des Unternehmens gestärkt werden sollen, im Widerspruch zu dem inhärenten Ziel des Gesundheitsbeitrags zu stehen. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass die Bestimmungen des Gesetzes bezüglich einer Verringerung der Steuerschuld im Falle von Investitionen zu einer Differenzierung zwischen Unternehmen führen, die sich angesichts des inhärenten Ziels des Gesundheitsbeitrags in einer ähnlichen Sach- und Rechtslage befinden, und somit eine Abweichung vom Bezugssystem bewirken.

(41)

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die umstrittenen Maßnahmen prima facie selektiv sind.

4.1.3.3.   Rechtfertigung

(42)

Eine Maßnahme, die vom Referenzsystem abweicht, ist nicht selektiv, wenn sie durch die Natur oder den inneren Aufbau dieses Systems gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn die selektive Behandlung in den für die Funktionsweise und Wirksamkeit des Systems notwendigen inhärenten Mechanismen begründet ist (15). Es ist Sache des Mitgliedstaats, eine entsprechende Rechtfertigung vorzulegen. Mitgliedstaaten können zu diesem Zweck keine außenpolitischen Ziele — wie z. B. regional-, umwelt- oder industriepolitische Ziele — heranziehen, um damit die unterschiedliche Behandlung von Unternehmen im Rahmen einer bestimmten Regelung zu rechtfertigen.

(43)

Die ungarischen Behörden haben argumentiert, dass der Gesundheitsbeitrag auf die Herstellung und den Handel von Produkten erhoben werde, die ein Gesundheitsrisiko darstellen, und sich nicht auf den Gewinn der Wirtschaftsbeteiligten beziehe, während der Beitragssatz an die finanzielle Tragfähigkeit der zu besteuernden Unternehmen angepasst sei. Nach Auffassung der ungarischen Behörden spiegele sich die Zahlungsfähigkeit und der Risikograd der Unternehmen in ihrem Marktanteil und ihrer Marktführerschaft und somit in ihren Preisvorgaben wider und nicht in ihrer Rentabilität. Der Gewinn als Bemessungsgrundlage für den Beitrag sei der am wenigsten geeignete Faktor, um die Gesundheitsschäden zu beschreiben, die von den in Rede stehenden Unternehmen verursacht werden. Des Weiteren hätten Unternehmen mit höherem Umsatz und größerem Marktanteil im Vergleich zu Unternehmen mit niedrigerem Umsatz einen größeren Einfluss auf den Produktmarkt, als die Differenz zwischen ihren Umsätzen nahelegen würde. Bezüglich des Ziels des Beitrags habe dies zur Folge, dass Unternehmen mit höherem Umsatz auf dem Markt für Tabakwaren auch exponentiell höhere negative Auswirkungen des Rauchens auf die Gesundheit generieren.

(44)

In diesem Fall ist die Kommission der Auffassung, dass aufgrund des beträchtlichen relativen Zuwachses des progressiven Beitragssatzes die Zahlungsfähigkeit nicht als Leitprinzip für eine umsatzabhängige Besteuerung dienen kann. Anders als bei gewinnabhängigen Steuern (16) werden bei der Umsatzsteuer die Kosten, die bei der Erwirtschaftung des Umsatzes entstehen, nicht berücksichtigt. Da keine gegenteiligen Beweise vorliegen, scheint es zweifelhaft, dass allein der Umsatz — unabhängig von den anfallenden Kosten — die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens widerspiegelt. Zudem ist die Kommission nicht davon überzeugt, dass Unternehmen mit höheren Umsätzen verglichen mit Unternehmen mit niedrigeren Umsätzen den Produktmarkt derart beeinflussen und die negativen Auswirkungen, die Rauchen auf die Gesundheit hat, bei ihnen automatisch in einem solchen Maße größer sind, dass die Anwendung progressiver umsatzabhängiger Beitragssätze, wie sie mit dem Gesetz eingeführt wurden, gerechtfertigt ist.

(45)

In jedem Fall ist die Kommission der Auffassung, dass selbst wenn die Zahlungsfähigkeit und die negativen Auswirkungen auf die Gesundheit als inhärente Prinzipien des umsatzabhängigen Gesundheitsbeitrags angesehen werden können, dieses lediglich einen linearen Beitragssatz rechtfertigen würde, es sei denn, es zeigt sich, dass die Zahlungsfähigkeit und die Verursachung negativer Auswirkungen auf die Gesundheit progressiv mit einer Umsatzsteigerung zunehmen. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass progressive umsatzabhängige Beitragssätze nur dann gerechtfertigt sind, wenn das spezifische Ziel des Beitragsprogressive Beitragssätze erforderlich macht, d. h., wenn sich z. B. zeigt, dass sich die externen Effekte einer Aktivität, denen der Beitrag entgegenwirken soll, ebenfalls progressiv erhöhen. Das Muster dieser Progressivität müsste auch gerechtfertigt werden. Vor allem müsste erläutert werden, warum ein Umsatz über 60 Mrd. HUF einen 22-mal größeren Effekt auf die Gesundheit hat als ein Umsatz unter 30 Mrd. HUF. Ungarn hat keine derartige Rechtfertigung vorgebracht.

(46)

Die Kommission ist nicht davon überzeugt, dass der Schaden für die Gesundheit, der durch die Herstellung und den Verkauf von Tabakwaren entsteht, progressiv mit dem erzielten Umsatz und mit den Beitragssätzen, die unter dieser Maßnahme vorgesehen sind, steigen würde. Ferner scheint auch die Bedingung, dass der Umsatz aus der Herstellung und dem Verkauf von Tabakwaren mindestens 50 % des jährlichen Gesamtumsatzes des Unternehmens ausmachen muss, der Begründung einer progressiven Besteuerung aufgrund der Auswirkungen von Tabakwaren auf die Gesundheit zu widersprechen. In Bezug auf den Zweck des Beitrags würde das bedeuten, dass Tabakwaren von Unternehmen, die weniger als 50 % ihres jährlichen Gesamtumsatzes aus der Herstellung und dem Verkauf von Tabakwaren erzielen, keine solch negativen Auswirkungen auf die Gesundheit haben wie Produkte, die von Unternehmen verkauft werden, bei denen der aus Tabakwaren erzielte Anteil am Umsatz höher ist. Auch diese Anforderung scheint nicht im Einklang mit dem angeblichen Zweck der Maßnahme zu stehen.

(47)

Die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen von Investitionen kann auch nicht durch die Natur und den inneren Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt werden. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Möglichkeit einer Verringerung der Steuerschuld um bis zu 80 % bei Tätigung von Investitionen dem inhärenten Ziel des Gesundheitsbeitrags widerspricht. Das eigentliche Ziel des Gesundheitsbeitrags ist es, Mittel für das Gesundheitssystem zu beschaffen, um die Qualität der Gesundheitsleistungen in Ungarn zu verbessern; denn Rauchen spielt eine beträchtliche Rolle als Ursache zahlreicher Krankheiten und trägt in erheblichem Maße zur Erhöhung der Gesundheitskosten bei. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass die Möglichkeit einer Verringerung der Steuerschuld nicht mit diesem inhärenten Ziel vereinbar ist, da, wie unter Erwägungsgrund 40 bereits ausgeführt wurde, solche Investitionen die Handels- und Herstellungskapazitäten des Unternehmens erhöhen und somit auch die negativen externen Effekte, die mit dem Gesundheitsbeitrag eigentlich angegangen werden sollen. Außerdem sollte ein Beitrag, der sich aus der Umsatzbesteuerung finanziert, keine Kosten berücksichtigen.

(48)

Die Kommission ist dementsprechend nicht der Auffassung, dass die Maßnahme durch die Natur oder den inneren Aufbau des Bezugssystems gerechtfertigt ist. Es sollte daher davon ausgegangen werden, dass diese Maßnahmen Tabakunternehmen mit niedrigerem Umsatz (und somit kleineren Unternehmen) und Unternehmen, die für eine Verringerung des Gesundheitsbeitrags infrage kommende Investitionen getätigt haben, einen selektiven Vorteil verschaffen.

4.1.4.   Wettbewerbsverzerrungen und Auswirkungen auf den Handel innerhalb der Union

(49)

Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags bestimmt, dass eine Maßnahme erst dann als staatliche Beihilfe anzusehen ist, wenn sie den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und den Handel innerhalb der Union beeinträchtigt. Die in Rede stehenden Maßnahmen beziehen sich auf alle Unternehmen, die in Ungarn Umsatz aus der Herstellung und dem Handel mit Tabakwaren erzielen. Die ungarische Tabakindustrie ist wettbewerbsorientiert und durch das Vorhandensein von Marktteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten und internationalen Unternehmen gekennzeichnet, sodass jede Beihilfe zugunsten bestimmter Unternehmen geeignet ist, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen. Sofern die Maßnahmen Unternehmen mit niedrigerem Umsatz und solche Unternehmen entlasten, die Investitionen aus den Mitteln tätigen, die sie normalerweise hätten zahlen müssen, wenn sie den Gesundheitsbeitrag in derselben Höhe hätten entrichten müssen wie Unternehmen mit höherem Umsatz und Unternehmen, die keine Investitionen tätigen, stellt die im Rahmen dieser Maßnahmen gewährte Beihilfe eine Betriebsbeihilfe dar, da sie die Unternehmen von Kosten entlastet, die sie normalerweise im Rahmen ihres laufenden Betriebes oder ihrer üblichen Tätigkeiten hätten tragen müssen. Der Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass Betriebsbeihilfen den Wettbewerb verzerren (17), sodass bei jeder Beihilfe, die diesen Unternehmen gewährt wird, davon auszugehen ist, dass sie den Wettbewerb verzerrt oder zu verzerren droht, da sie die finanzielle Lage der Unternehmen auf dem ungarischen Tabakmarkt stärkt. Folglich verzerren diese Maßnahmen den Wettbewerb oder drohen ihn zu verzerren und beeinträchtigen den Handel innerhalb der Union.

4.1.5.   Schlussfolgerung

(50)

Da alle Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt sind, ist die Kommission der Auffassung, dass die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags der Unternehmen der Tabakindustrie und die Bestimmungen über die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen staatliche Beihilfen im Sinne dieser Bestimmung darstellen.

4.2.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

(51)

Staatliche Beihilfen sind mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie in eine der in Artikel 107 Absatz 2 AEUV (18) angeführten Kategorien fallen, und können als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn sie nach Auffassung der Kommission in eine der in Artikel 107 Absatz 3 AEUV (19) genannten Kategorien fallen. Jedoch trägt der Mitgliedstaat, der die staatliche Beihilfe gewährt, die Beweislast dafür, dass seine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 2 oder Absatz 3 AEUV (20) mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(52)

Die Kommission stellt fest, dass die ungarischen Behörden keine Argumente vorgebracht haben, die nachweisen, dass die Maßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, und dass Ungarn zu den im Einleitungsbeschluss geäußerten Zweifeln über die Vereinbarkeit der Maßnahme nicht Stellung genommen hat. Die Kommission ist der Auffassung, dass keine der in den vorstehenden Vertragsbestimmungen enthaltenen Ausnahmen zum Tragen kommt, da die Maßnahmen auf keines der in diesen Bestimmungen aufgelisteten Ziele ausgerichtet zu sein scheint. Daher können die Maßnahmen nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden.

4.3.   Rückforderung der Beihilfe

(53)

Der Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie ist nie bei der Kommission angemeldet oder von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt worden. Da die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags und die Bestimmungen über die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV und neue Beihilfen im Sinne des Artikels 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (21) darstellen, die unter Verstoß gegen das in Artikel 108 Absatz 3 AEUV vorgesehenen Durchführungsverbot in Kraft getreten sind, stellen diese Maßnahmen zudem rechtswidrige Beihilfen im Sinne des Artikels 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2015/1589 dar.

(54)

Aus der Feststellung, dass die Maßnahmen rechtswidrige und nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare staatliche Beihilfe darstellen, folgt, dass die Beihilfen von ihren Empfängern gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) 2015/1589 zurückzufordern ist.

(55)

Infolge der Aussetzungsanordnung, die die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss erlassen hat, hat Ungarn versichert, dass es die Einführung des Gesundheitsbeitrags für die Tabakindustrie ausgesetzt habe.

(56)

Deshalb ist im Rahmen der Maßnahme de facto keine staatliche Beihilfe gewährt worden. Aus diesem Grund ist auch keine Rückforderung erforderlich.

5.   SCHLUSSFOLGERUNG

(57)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags der Unternehmen der Tabakindustrie und die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen und dass Ungarn die Beihilfen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt hat.

(58)

Dieser Beschluss greift möglichen Prüfungen der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahmen mit den im AEUV verankerten Grundfreiheiten, insbesondere mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 49 AEUV nicht vor —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die progressive Struktur des Gesundheitsbeitrags der Unternehmen der Tabakindustrie und die Bestimmungen über die Verringerung der Steuerschuld durch das Tätigen bestimmter Investitionen, die Ungarn mit dem Gesetz XCIV von 2014 über den Gesundheitsbeitrag der Unternehmen der Tabakindustrie eingeführt hat, stellen mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar, die unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt wurden.

Artikel 2

Einzelbeihilfen, die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung gewährt werden, stellen keine Beihilfen dar, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Gewährung die Voraussetzungen einer nach Artikel 2 der Verordnungen (EG) Nr. 994/98 (22) oder (EU) 2015/1588 (23) des Rates erlassenen Verordnung erfüllen, je nachdem, welche der beiden Verordnungen zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe in Kraft war.

Artikel 3

Einzelbeihilfen, die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung gewährt werden, sind bis zu der für derartige Beihilfen geltenden Beihilfehöchstintensität mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Gewährung die Voraussetzungen einer nach Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 994/98 (die durch die Verordnung (EU) 2015/1588 aufgehoben und ersetzt wurde) erlassenen Verordnung oder die Voraussetzungen einer anderen genehmigten Beihilferegelung erfüllen.

Artikel 4

Ungarn stellt alle ausstehenden Beihilfezahlungen im Rahmen der in Artikel 1 genannten Regelung ab dem Zeitpunkt der Annahme dieses Beschlusses ein.

Artikel 5

Ungarn gewährleistet, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 6

(1)   Binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses wird Ungarn der Kommission eine detaillierte Beschreibung der Maßnahmen übermitteln, die bereits getroffen wurden bzw. geplant sind, um diesem Beschluss nachzukommen.

(2)   Ungarn wird die Kommission über die Fortschritte der nationalen Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses informieren. Ungarn wird auf Anfrage der Kommission unverzüglich Informationen über die Maßnahmen übermitteln, die bereits getroffen wurden bzw. geplant sind, um diesem Beschluss nachzukommen.

Artikel 7

Dieser Beschluss ist an Ungarn gerichtet.

Brüssel, den 4. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 277 vom 21.8.2015, S. 24.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1), aufgehoben durch Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(3)  Vgl. Fußnote 1.

(4)  Eine „Investition“ umfasst den Erwerb oder die Schaffung materieller Vermögenswerte, die Herstellung materieller Vermögenswerte durch das eigene Unternehmen, die Tätigkeiten zur Installation oder Nutzung der erworbenen materiellen Vermögenswerte vor der Vollendung der Installation oder dem Beginn der normalen Nutzung (Transport, Zollabfertigung, Vermittlungstätigkeit, Fundamentbau, Installation und sämtliche Tätigkeiten zum Erwerb der materiellen Vermögenswerte, einschließlich Planung, Vorbereitung, Durchführung, Kredit und Versicherung); Investitionen umfassen ebenso Tätigkeiten, die zu der Modernisierung bestehender materieller Vermögenswerte, der Änderung ihrer Zweckbestimmung, ihrer Umwandlung oder der direkten Erhöhung ihrer Nutzungsdauer oder Kapazität dienen, zusammen mit den anderen oben genannten Tätigkeiten und den damit verbundenen Tätigkeiten.

(5)  Urteil Frankreich/Ladbroke Racing und Kommission, C-83/98 P, EU:C:2000:248, Rn. 48 bis 51. Ebenso kann eine Maßnahme, die bestimmten Unternehmen eine Steuerermäßigung oder eine Stundung für normalerweise fällige Steuerzahlungen gewährt, eine staatliche Beihilfe sein, siehe die verbundenen Rechtssachen Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, Rn. 46.

(6)  Urteil Adria-Wien Pipeline, C-143/99, EU:C:2001:598, Rn. 38.

(7)  Vgl. Urteil Italien/Kommission, C-66/02, EU:C:2005:768, Rn. 78; Urteil Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C-222/04, EU:C:2006:8, Rn. 132; Urteil Ministerio de Defensa und Navantia, C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 21 bis 31. Siehe auch Randnummer 9 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(8)  Verbundene Rechtssachen Air Liquide Industries Belgium, C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403 und EU:C:2006:216, Rn. 30, und Urteil Banco Exterior de España, C-387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14.

(9)  Siehe z. B. Urteil Kommission/Niederlande (NOx), C-279/08 P, EU:C:2011:551; Urteil Adria-Wien Pipeline, C-143/99, EU:C:2001:598, verbundene Rechtssachen Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, GIL Insurance, C-308/01, EU:C:2004:252.

(10)  Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung.

(11)  Verbundene Rechtssachen Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732.

(12)  Ebd., Rn. 92.

(13)  Urteil British Aggregates/Kommission, C-487/06 P, EU:C:2008:757, Rn. 85 und 89 und die dort zitierte Rechtsprechung, und Urteil Kommission/Niederlande (NOx), C-279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 51.

(14)  Verbundene Rechtssachen Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732. Vgl. auch entsprechendes Urteil in der Rechtssache Hervis Sport/és Divatkereskedelmi, C-385/12, EU:C:2014:47, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, „dass die Art. 49 AEUV und 54 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats betreffend eine Steuer auf den Umsatz des Einzelhandels in Verkaufsräumen entgegenstehen, die die Steuerpflichtigen, die in einer Unternehmensgruppe ‚verbundene Unternehmen‘ im Sinne dieser Regelung bilden, verpflichtet, ihre Umsätze in Hinblick auf die Anwendung eines stark progressiven Steuersatzes zusammenzurechnen und sodann den auf diese Weise erhaltenen Steuerbetrag anteilsmäßig nach ihrem tatsächlichen Umsatz untereinander aufzuteilen, wenn — was zu prüfen dem vorlegenden Gericht obliegt — die einer Unternehmensgruppe angehörenden und von der höchsten Tarifstufe der Sondersteuer erfassten Steuerpflichtigen in den meisten Fällen mit Unternehmen ‚verbunden‘ sind, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben.“

(15)  Vgl. beispielsweise die verbundenen Rechtssachen Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 69.

(16)  Siehe die Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, Randnummer 24. Die Feststellung zur Umverteilungslogik, die eine progressive Besteuerung rechtfertigen kann, wird explizit nur für die Besteuerung von Gewinnen oder (Netto-)Einkommen formuliert, nicht aber für die Besteuerung von Umsätzen.

(17)  Urteil Heiser, C-172/03, EU:C:2005:130, Rn. 55. Siehe auch Urteil Kommission/Italien und Wam C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54 und die dort zitierte Rechtsprechung, sowie Rousse Industry/Kommission, C-271/13 P, EU:C:2014:175, Rn. 44. Verbundene Rechtssachen Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission, C-71/09 P, C-73/09 P und C-76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 136. Siehe auch Urteil Deutschland/Kommission, C-156/98, EU:C:2000:467, Rn. 30 und die dort zitierte Rechtsprechung.

(18)  Die in Artikel 107 Absatz 2 des Vertrags vorgesehenen Ausnahmen betreffen: a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher; b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind; und c) Beihilfen für bestimmte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland.

(19)  Die in Artikel 107 Absatz 3 des Vertrags vorgesehenen Ausnahmen betreffen: a) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung von bestimmten Gebieten; b) Beihilfen für gewisse wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats; c) Beihilfen zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete; d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes; und e) Beihilfen, die der Rat durch einen Beschluss bestimmt.

(20)  Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T-68/03, EU:T:2007:253, Rn. 34.

(21)  Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(22)  Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 142 vom 14.5.1998, S. 1).

(23)  Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1).


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/53


BESCHLUSS (EU) 2016/1847 DER KOMMISSION

vom 4. Juli 2016

über die staatliche Beihilfe — SA.41612-2015/C (ex SA.33584-2013/C (ex 2011/NN)) der Niederlande in Bezug auf den Profifußballverein MVV Maastricht

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4053)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im Jahr 2010 wurde die Kommission darüber informiert, dass die Niederlande eine Beihilfemaßnahme zugunsten des Profifußballvereins MVV Maastricht durchgeführt hatten. In den Jahren 2010 und 2011 gingen bei der Kommission auch Beschwerden über Maßnahmen zugunsten anderer Profifußballvereine in den Niederlanden, nämlich Willem II Tilburg, FC Den Bosch aus 's-Hertogenbosch, PSV aus Eindhoven und NEC aus Nijmegen, ein. Mit Schreiben vom 2. September 2011 übermittelten die Niederlande der Kommission weitere Auskünfte über die Maßnahme betreffend MVV.

(2)

Mit Schreiben vom 6. März 2013 setzte die Kommission die Niederlande über ihren Beschluss in Kenntnis, wegen der Maßnahmen zugunsten von Willem II, NEC, MVV Maastricht, PSV und FC Den Bosch das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. (2) Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den in Rede stehenden Maßnahmen Stellung zu nehmen.

(4)

Zu der Maßnahme zugunsten von MVV nahmen die Niederlande im Rahmen des Verfahrens mit Schreiben vom 31. Mai 2013 und 12. November 2013 Stellung. Mit Schreiben vom 26. März 2014 antworteten die Niederlande auf ein Auskunftsersuchen. Am 13. Juni 2014 fand ein Treffen zwischen Vertretern der Kommissionsdienststellen und der Gemeinde Maastricht statt, dem ein Schreiben der Niederlande vom 30. Juli 2014 folgte.

(5)

Die Kommission erhielt keine Stellungnahmen von betroffenen Parteien betreffend die Maßnahmen zugunsten von MVV.

(6)

Entsprechend dem Einleitungsbeschluss und im Einvernehmen mit den Niederlanden wurden die Untersuchungen in Bezug auf die verschiedenen Vereine getrennt behandelt. Die Untersuchung betreffend MVV wurde als Sache SA.41612 registriert.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Die Maßnahme und der Begünstigte

(7)

Der niederländische Fußballverband Koninklijke Nederlandse Voetbal Bond (im Folgenden „KNVB“) ist die Dachorganisation für Meisterschaften im Profi- und Amateurfußball. In den Niederlanden gibt es zwei Profifußballligen. In der Saison 2014/2015 gab es 38 Profifußballvereine, von denen 18 in der höchsten Spielklasse (Eredivisie) und 20 in der zweiten Liga (Eerste Divisie) spielten.

(8)

Die Maastrichtse Voetbal Vereniging wurde 1908 gegründet und firmiert seit 2010/2011 als Maatschappelijke Voetbal Vereniging Maastricht (im Folgenden „MVV“). Der Verein trägt seine Heimspiele im Fußballstadion De Geusselt in Maastricht aus. Im Jahr 2000 stieg MVV von der höchsten Spielklasse in die zweite Liga ab. MVV hat seit 1970 in keinem europäischen Turnier gespielt.

(9)

Die rechtliche Struktur von MVV ist die einer Stiftung — Stichting MVV. Nach den von den Niederlanden vorgelegten Auskünften handelt es sich bei MVV um ein kleines Unternehmen (3). In der Saison 2009/2010 beschäftigte MVV 38 Mitarbeiter und in der Saison 2010/2011 waren es 35 Mitarbeiter. In beiden Jahren blieben der Umsatz und die Bilanzsumme deutlich unter 10 Mio. EUR.

(10)

Im ersten Quartal 2010 erfuhr die Gemeinde Maastricht (im Folgenden „Gemeinde“), dass MVV vor ernsthaften Finanzschwierigkeiten stand. Die Schuldenlast war auf 6,5 Mio. EUR gestiegen; 1,7 Mio. EUR dieser Summe wurden der Gemeinde in Form eines nachrangigen Darlehens geschuldet. Im April 2010 riefen Anhänger, Unternehmen und Sponsoren eine Initiative zur Abwendung der Insolvenz von MVV ins Leben („Initatiefgroup MVV Maastricht“). Diese Initiative führte zu einem Geschäftsplan, durch den die finanzielle Lage von MVV saniert und MVV zu einem rentablen Fußballverein gemacht werden sollte. Die Gemeinde befolgte diesen Plan. Im Mai 2010 verzichtete die Gemeinde im Rahmen einer Gläubigervereinbarung, aber nicht im Rahmen eines förmlichen Verfahrens zur Zahlungsaussetzung, auf ihre Forderung von 1,7 Mio. EUR. Außerdem kaufte sie das Stadion und das Trainingsgelände, die nur von MVV benutzt wurden, aber aufgrund einer Transaktion, die eine Erbpacht über 1,85 Mio. EUR umfasste, im wirtschaftlichen Eigentum eines Dritten (der Stiftung Stichting Stadion Geusselt) standen. Der Kaufpreis wurde anhand eines externen Bewertungsberichts ermittelt:

(11)

Die Niederlande haben ihr Vorhaben, auf eine Forderung in Höhe von 1,7 Mio. EUR zu verzichten und das Fußballstadion sowie das Trainingsgelände für 1,85 Mio. EUR zu kaufen, nicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV bei der Kommission angemeldet.

2.2.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

(12)

Im Einleitungsbeschluss kam die Kommission zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass die Gemeinde dem Fußballverein MVV durch den Einsatz staatlicher Mittel einen selektiven Vorteil verschafft und ihm somit eine Beihilfe gewährt hat. Die Kommission war der Auffassung, dass beide Maßnahmen gemeinsam beschlossen wurden und eng miteinander verknüpft waren. Die Kommission vertrat auch die Auffassung, dass Beihilfemaßnahmen für Profifußballvereine den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigen. In Bezug auf den Schuldenerlass durch die Gemeinde konnte die Kommission auf der Grundlage der verfügbaren Informationen nicht zu dem Schluss kommen, dass das Verhalten der Gemeinde das eines typischen Gläubigers in einer Marktwirtschaft war. In Ermangelung eines vor dem Kauf erstellten glaubhaften Geschäftsplans konnte die Kommission in Bezug auf den Kauf des Stadions und des Trainingsgeländes durch einen Dritten nicht zu dem Schluss kommen, dass das Verhalten der Gemeinde das eines typischen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers war. Schließlich verlangte die Kommission detaillierte Angaben über Aussagen im Gemeinderat, wonach Erträge aus dem Kauf des Stadions durch den Dritten (die Stiftung Stadium De Geusselt) zur Deckung bevorrechtigter Schuldenteile von MVV, beispielsweise Rentenbeiträge und Steuern, weitergegeben würden.

(13)

Die Kommission stellt fest, dass sich MVV bereits vor 2010 seit mehreren Jahren in einer schwierigen Finanzlage befand. In der Saison 2007/2008 machte MVV einen Verlust von 0,15 Mio. EUR und wies ein negatives Eigenkapital (minus 2,7 Mio. EUR) auf. Im Geschäftsjahr 2008/2009 erwirtschaftete MVV einen Verlust von 1,1 Mio. EUR, und das Eigenkapital betrug minus 3,8 Mio. EUR. Bis zum März 2010 kamen weitere Verluste in Höhe von 1,3 Mio. EUR hinzu, sodass das Eigenkapital auf minus 5,17 Mio. EUR sank. Im April 2010 konnte MVV Gehälter und andere laufende Ausgaben nicht mehr bezahlen und stand kurz vor der Insolvenz.

(14)

Auf dieser Grundlage stellte die Kommission im Einleitungsbeschluss fest, dass sich MVV in finanziellen Schwierigkeiten befand, als die Unterstützungsmaßnahmen gewährt wurden. Um die Vereinbarkeit der Unterstützungsmaßnahmen mit den „Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten“ von 2004 (4) (im Folgenden „Leitlinien“) beurteilen zu können, verlangte die Kommission Angaben zur Einhaltung aller in den Leitlinien aufgeführten Vorschriften.

(15)

Die Kommission konnte insbesondere nicht überprüfen, ob die Vorschriften unter den Randnummern 34 bis 37 der Leitlinien betreffend die Beschaffenheit und die Erfüllung eines Umstrukturierungsplans eingehalten worden waren. Die Kommission konnte auch nicht überprüfen, ob ausreichende Ausgleichsmaßnahmen im Sinne der Randnummern 38-42 der Leitlinien getroffen worden waren. Es musste außerdem nachgewiesen werden, dass die Unterstützungsmaßnahme auf das erforderliche Minimum beschränkt worden war, dass der Empfänger zu seiner Umstrukturierung einen angemessenen eigenen Beitrag geleistet hatte und dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe eingehalten wurde.

3.   STELLUNGNAHMEN DER NIEDERLANDE

(16)

Hinsichtlich der Maßnahmen für MVV widersprachen die Niederlande der Sichtweise, dass diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe darstellen. Nach Ansicht der Niederlande handelte die Gemeinde im Jahr 2010 bei ihrem Verzicht auf ihren Anspruch gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Gläubigers, weil sie eine nachrangige Forderung gegen ein Unternehmen hatte, das am Rande der Insolvenz stand. Die Niederlande trugen vor, dass ein rein formaler Konkursantrag oder Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens durch einen Gläubiger den sofortigen Konkurs ausgelöst hätte. Nach Ansicht der Niederlande hätte die Gemeinde im Falle einer Insolvenz von MVV von ihrem nachrangigen Darlehen aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nichts wiedererlangt. Die Forderung war nachrangig und somit von niedrigerem Rang als Forderungen in Höhe von rund 3 Mio. EUR (sowohl bevorrechtigte („preferente“) als auch ungesicherte („concurrente“) Forderungen anderer Gläubiger). Die Niederlande behaupteten, dass es deshalb unwahrscheinlich war, einen Ausgleich für die Darlehenssumme zu erhalten und sogar „preferente“ und „concurrente“ Gläubiger bereit gewesen waren, auf ihre Ansprüche im Rahmen des allgemeinen Umstrukturierungsplans zu verzichten. MVV hätte nach den Regeln des KNVB gleichzeitig seine Lizenz für die Teilnahme am Profifußball verlieren können, wenn die Gemeinde im Mai 2010 nicht auf ihre Forderung verzichtet und damit die Eröffnung eines offiziellen Insolvenzverfahrens ausgelöst hätte. Es gab keine Möglichkeit, diese Lizenz an einen anderen Verein zu übertragen.

(17)

Hinsichtlich des Erwerbs des von MVV genutzten Stadions De Geusselt und der Trainingsanlagen argumentierten die Niederlande, dass dieser Erwerb auf der Grundlage externem Sachwissens vollzogen wurde und somit im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers war. Diese Einschätzung umfasste die Bewertung des Rechts auf Erbpacht und des Wertes der Gebäude auf dem Grundstück. Die Niederlande betonten auch die strategische Lage des Stadions in Maastricht und die Interessen der Gemeinde in Bezug auf die erhebliche gemeindliche (Neu-) Entwicklung des Gebiets von De Geusselt, in das Stadion und Trainingsgelände eingebettet sind.

(18)

Hilfsweise brachten die Niederlande vor, dass die Maßnahmen den Wettbewerb nicht verfälschen oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten würden, selbst wenn man davon ausginge, dass die Maßnahmen einen selektiven Vorteil für MVV gebracht hätten. Die Niederlande betonten die schwache Position von MVV im nationalen Profifußball, die eine Teilnahme an Turnieren auf europäischer Ebene sehr unwahrscheinliche machen würde. Es wurde auch festgestellt, dass die Kommission nicht nachweisen konnte, dass die an MVV gewährte Beihilfe den Wettbewerb oder den Handel in einem der im Einleitungsbeschluss genannten Märkte verfälschen oder beeinträchtigen würde.

(19)

Hilfsweise führten die Niederlande aus, dass die Maßnahme selbst dann mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre, wenn man sie als Beihilfe betrachte. Diese Argumente stützten sich zum einen auf die Leitlinien und zum anderen auf eine direkte Prüfung der Vereinbarkeit mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c und d AEUV.

4.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

4.1.   Vorliegen staatlicher Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(20)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV genannten Voraussetzungen gelten kumulativ, sodass sie sämtlich erfüllt sein müssen, damit eine Maßnahme als staatliche Beihilfe angesehen wird.

(21)

Auf Grundlage des Einleitungsbeschlusses bewertete die Kommission die Entscheidung der Gemeinde vom 25. Mai 2010, auf eine nachrangige Forderung an MVV von 1,7 Mio. EUR zu verzichten und das Stadion De Geusselt und die Trainingsanlagen von MVV für eine Summe von 1,85 Mio. EUR zu kaufen. Die Niederlande tragen vor, dass beide Maßnahmen den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmers beachten und deshalb nicht als staatliche Beihilfe eingestuft werden sollten.

(22)

Nach Ansicht der Kommission — und im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung (5) — gibt es zwischen den beiden Maßnahmen eine zwangsläufige und untrennbare Verbindung. Bei dieser Schlussfolgerung berücksichtigte die Kommission die zeitliche Abfolge der in Rede stehenden Maßnahmen, deren Zweck und die Situation von MVV zu dem Zeitpunkt, als die Gemeinde entschied, MVV zu unterstützen (6). Die Kommission stellt zunächst fest, dass beide Maßnahmen bei der gleichen Sitzung des Gemeinderates am 25. Mai 2010 gemeinsam vorgetragen und beschlossen wurden. Ziel beider Maßnahmen war es, die Rettung von MVV in nächster Zukunft zu gewährleisten und beide Maßnahmen wurden — in einem Antrag — als Teil der Position der Gemeinde in Bezug auf den von der „Initiatiefgroep MVV Maastricht“ entworfenen Rettungsplan erörtert. Die Kommission gelangt daher zu der Auffassung, dass die Maßnahmen, hinsichtlich ihrem Zweck und der Lage von MVV zum damaligen Zeitpunkt, eng miteinander verknüpft sind — es galt die Rettung von MVV aufgrund der offensichtlich prekären Finanzlage zu gewährleisten.

(23)

Beide Maßnahmen wurden von der Gemeinde beschlossen und haben unmittelbare finanzielle Folgen für den Haushalt der Gemeinde (die Maßnahmen belaufen sich auf 3,55 Mio. EUR). Sie beinhalten somit die Verwendung staatlicher Mittel. Diese Schlussfolgerung wird von den Niederlanden nicht bestritten. Die Übertragung von staatlichen Mitteln kann in vielerlei Formen erfolgen, so etwa durch direkte Zuschüsse, Darlehen, Bürgschaften, direkte Beteiligungen am Kapital von Unternehmen und Sachleistungen. Ein Verzicht auf Ansprüche des Staates und Investitionen zu anderen Bedingungen als Marktbedingungen gelten ebenfalls als Übertragungen staatlicher Mittel.

(24)

Die Niederlande und die Gemeinde bringen vor, dass die Gemeinde beim Verzicht auf Ansprüche in Übereinstimmung mit dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Gläubigers und beim Erwerb des Stadions und der Trainingsanlagen in Übereinstimmung mit dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt und MVV somit keinen unzulässigen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe. Die Kommission teilt diese Sichtweise aus folgenden Gründen nicht.

(25)

Es liegt immer ein Vorteil vor, wenn sich die Finanzlage eines Unternehmens als Folge staatlichen Eingreifens verbessert. Um zu bewerten, ob eine Maßnahme unzulässig ist, muss die Finanzlage des Unternehmens nach der Maßnahme mit der Finanzlage vergleichen werden, die bestehen würde, wäre die Maßnahme nicht durchgeführt worden. Es ist unbestritten, dass sich die Finanzlage von MVV durch die geprüften Maßnahmen deutlich verbessert hat.

4.1.1.   Verzicht auf das nachrangige Darlehen/den nachrangigen Anspruch

(26)

Durch die von der Gemeinde und den anderen wichtigen Gläubigern ergriffenen Maßnahmen konnte MVV seine Bilanz bereinigen. Die Kommission stellt fest, dass auch andere wichtige Gläubiger von MVV, d. h. solche mit Ansprüchen von 150 000 EUR oder mehr, ebenfalls auf ihre Ansprüche verzichtet haben, während kleinere Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichtet haben. Diese Maßnahmen, die zu einem Verzicht von Ansprüchen in Höhe von 2,25 Mio. EUR durch private Parteien führten, und die Maßnahmen der Gemeinde, fanden nicht im Rahmen eines förmlichen Verfahrens zur Zahlungseinstellung statt. Das Fehlen eines formellen Rahmens erklärt, warum eine Minderheit der Gläubiger mit Forderungen von insgesamt 145 347 EUR am Ende den Forderungsverzicht nicht mitgetragen haben, obwohl einige von ihnen dies zugesagt hatten. Die Kommission nimmt auch die Tatsache zur Kenntnis, dass andere Ansprüche, auf die verzichtet wurde, nicht wie der Anspruch der Gemeinde nachrangig waren. Nach Ansicht der Niederlande macht das Fehlen eines formellen Verfahrens keinen wesentlichen Unterschied in dem Sinne, dass das Ergebnis der Schuldenbereinigung für die Gemeinde identisch zu dem gewesen wäre, das in einem förmlichen Verfahren zur Zahlungseinstellung nach nationalem Konkursrecht eingetreten wäre, d. h. andere Gläubiger hätten zu einer Gläubigervereinbarung gezwungen werden können, was im Falle der Gemeinde ohnehin zum Gesamtverlust der (nachrangigen) Darlehenssumme geführt hätte.

(27)

Die Kommission stellt jedoch wie bereits im Einleitungsbeschluss erwähnt fest, dass drei Gläubiger nicht vollständig auf ihre Forderungen verzichtet haben, sondern diese in einen Anspruch auf mögliche zukünftige Transferzahlungen, die für aus dem Verein ausscheidende Spieler an MVV bezahlt werden, umgewandelt haben. In diesem Zusammenhang wiesen die Niederlande darauf hin, dass diese drei Gläubiger bevorrechtigte und besicherte Forderungen in Höhe von 1,135 Mio. EUR hatten. Diese hätten daher im Falle eines formellen Insolvenzverfahrens bessere Aussichten auf Erfolg gehabt als andere Gläubiger mit unbesicherten Forderungen, geschweige denn die Gemeinde mit ihrem nachrangigen Anspruch, zumindest einen Teil ihrer Ansprüche wiederzuerlangen. Obwohl das Darlehen der Gemeinde nicht zu den gleichen Bedingungen vergeben wurde, ist die Kommission der Auffassung, dass ein privater Kapitalgeber auf seinen Anspruch nicht vollständig verzichtet hätte. Zumindest hätte er für den Verzicht einer solch erheblichen Kreditsumme andere (mögliche) Sicherheiten verlangt — oder zumindest versucht zu verlangen — auch wenn die Chancen auf Rückzahlung gering waren. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass sich die Gemeinde möglicherweise über die anderen Gläubiger hätte absichern können, wenn die Beteiligung der Gemeinde für den Rettungsplan tatsächlich eine solch große Rolle spielte. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass der vollständige Verzicht der Gemeinde auf das Darlehen ohne Bedingung oder Sicherheiten nicht im Einklang mit dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Gläubigers ist.

(28)

Die Niederlande wiesen in Bezug auf die Entscheidung, sich an der Gläubigervereinbarung außerhalb eines förmlichen Verfahrens zur Zahlungseinstellung zu beteiligen, darauf hin, dass der KNVB dem Verein MVV im Falle eines förmlichen Verfahrens zur Zahlungseinstellung die Lizenz für die Teilnahme am Profifußball entzogen hätte. Eine formelle Zahlungseinstellung wurde daher im Interesse der Gemeinde und der großen Mehrheit der anderen Gläubiger nicht in Betracht gezogen. Daher unterscheidet sich die Position der Gemeinde aufgrund dieses Aspekts nicht von der Position anderer Gläubiger.

(29)

In diesem Zusammenhang verweisen die niederländischen Behörden auf den Teil im Einleitungsbeschluss, in dem die Kommission zu dem Schluss kam, dass die Maßnahmen der Gemeinde Arnheim zugunsten des Fußballvereins Vitesse keine staatliche Beihilfe darstellen: Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung müsste die Situation genauso gewürdigt werden, wie die der Gemeinde Arnheim, d. h. die Entscheidungen der Gemeinde müssten in Bezug auf den Grundsatz des privaten Gläubigers als in Übereinstimmung mit Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass jeder Fall nach seiner besonderen Lage beurteilt werden muss. Im Falle Arnheim/Vitesse besagen die an die Gläubigervereinbarung geknüpften Bedingungen, dass die Gemeinde und die anderen Gläubiger vollständig gleichgestellt wurden (jeder könnte 12 % seiner ausstehenden Forderungen erhalten), was bei Maastricht/MVV nicht der Fall ist: Die anderen (bevorrechtigten) Gläubiger könnten im Gegenzug für ihren Verzicht auf Ansprüche von möglichen Einnahmen aus Spielertransfers profitieren, was für Maastricht nicht der Fall war.

(30)

Die anderen, von den Niederlanden angeführten Gründe in Bezug auf die sozioökonomischen Folgen eines Konkurses von MVV, können im Rahmen einer Bewertung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht berücksichtigt werden.

(31)

Zum einen beziehen sich die sozioökonomischen Folgen einer möglichen Insolvenz von MVV auf die Rolle der Gemeinde als öffentliche Behörde und nicht auf die Position eines Kapitalgebers. Diese Belange sind Teil eines breiteren Interesses an anderen allgemeinen politischen Zielen, so zum Beispiel die infrastrukturelle und wirtschaftliche Entwicklung der Region, die Sportpolitik der Gemeinde und ihre kommunale Partnerschaft, obwohl die Gemeinde laut Protokoll der Gemeinderatsitzung vom 25. Mai 2010 für das Gebiet De Geusselt als Kapitalgeber hätte auftreten können. Daraus ergibt sich, dass der Darlehensverzicht — als er erfolgte — nicht oder nur teilweise an die privaten kommerziellen Interessen der Gemeinde als Eigentümer des Grundstücks oder als Unternehmen geknüpft war. Sofern kommerzielle Interessen bestanden, haben die Niederlande keine Details darüber vorgetragen, um welche Interessen es sich dabei handeln könnte. Zum anderen wird darauf hingewiesen, dass der Darlehensverzicht als solches den Konkurs von MVV nicht verhindert hätte: Weitere Stützungsmaßnahmen wie der Kauf des Stadions und des Trainingsgeländes, der nach Ansicht der Kommission mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Investors nicht im Einklang stand, war notwendig. Wie bereits oben erläutert, müssen diese Maßnahmen gemeinsam beurteilt werden.

(32)

Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Gemeinde bei der Entscheidung im Mai 2010, auf ihren Anspruch über 1,7 Mio. EUR zu verzichten, nicht als marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsteilnehmer gehandelt hat. Diese Schlussfolgerung stützt sich auch auf die Tatsache, dass der Darlehensverzicht zusammen mit dem Kauf des Trainingsgeländes und des Stadions zu beurteilen ist. Dabei kommt die Kommission zu dem Schluss, dass dieser entsprechend der folgenden Erläuterung nicht im Einklang mit dem Grundsatz des Kapitalgebers ist.

4.1.2.   Erwerb des Trainingsgeländes und des Stadions

(33)

Die Gemeinde hat nicht nur auf einen nachrangigen Anspruch gegen MVV verzichtet, sondern auch das Stadion De Geusselt und die Trainingsanlagen des Vereins Klein Geusselt gekauft. Auch dieser Kauf gehörte zum Gesamtplan zur Rettung und Umstrukturierung von MVV. Die Niederlande machen geltend, dass dieser Kauf keine staatliche Beihilfe darstellt, weil er zu Marktbedingungen erfolgte. Dieses Argument beruht auf der Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand (7) (im Folgenden „Mitteilung zum Verkauf von Grundstücken“), sowie auf dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Dabei dürfen Finanzhandlungen der öffentlichen Hand in Bezug auf ein Unternehmen nicht als das Verschaffen eines Vorteils für ein Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden, wenn diese Handlungen unter identischen Bedingungen auch für andere Betreiber vertretbar gewesen wären. In Bezug auf die Mitteilung zum Verkauf von Grundstücken erkennen die Niederlande an, dass diese den Verkauf von Grundstücken, nicht aber den Erwerb von Immobilien betrifft. Trotzdem sind sie der Ansicht, dass diese Mitteilung analog gilt.

(34)

Die Kommission stellt fest, dass der Kaufpreis von 1,85 Mio. EUR auf der Basis eines externen Gutachtens ermittelt wurde und der Kommission (Bericht des Sachverständigen Van Der Horst Taxateurs vom Juni 2010) vorgelegt wurde. Die Kommission stellt auch fest, dass die Gemeinde bereits im Besitz des Grundstücks war, auf dem das Stadion erbaut wurde. Sie kaufte das Stadion und die sonstigen Vermögenswerte, aber auch das Erbpachtrecht am Grundstück (recht van erfpacht). […] (*) Der Preis von 1,85 Mio. EUR umfasst auch die Trainingsanlagen, die im Sachverständigengutachten nicht enthalten waren. Es wird darauf hingewiesen, dass das Sachverständigengutachten die Identität des Käufers nicht benennt.

(35)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die Gründe der Gemeinde für einen Kauf des Stadions auch Überlegungen betreffend die „öffentliche Gesundheit“ und den „sozialen Zusammenhalt“ mit einbezogen, da sie das „Sportgelände“ im Gebiet De Geusselt erhalten und entwickeln wollte (8). Solche politischen Ziele wären nicht Teil der Investitionsentscheidung eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Deshalb kann die Gemeinde nicht mit einem marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmer gleichgesetzt werden. Zum anderen ist die Kommission nicht der Ansicht, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsteilnehmer bereit gewesen wäre, das Fußballstadion zum Wiederbeschaffungswert zu kaufen. Im Gegensatz zu Grundstücken oder anderen Waren gehört ein Fußballstadion zum Produktionsvermögen, mit dem Einnahmen generiert werden können, bei dem aber auch Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung anfallen. Ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsteilnehmer würde so ein Stadion nur auf der Grundlage eines Geschäftsplans kaufen, der mit hoher Wahrscheinlichkeit eine hinreichend rentable Nutzung nachweist. Ein solcher Geschäftsplan würde auch den Preis bestimmen, zu dem ein Darlehensgeber bereit wäre, das Stadion zu kaufen. Die Gemeinde hatte weder vor dem Kauf noch bei der Entscheidung, das Stadion zu kaufen, einen derartigen Geschäftsplan. Tatsächlich wurde der Gemeinderat im Mai 2010 vom Gemeindevorstand darüber informiert, dass für die künftige Nutzung des Stadions als multifunktionale Einrichtung ein Plan erstellt wird. Ein solcher Plan wurde dem Gemeinderat tatsächlich vorgelegt, aber erst im Dezember 2010. Die Kommission stellt fest, dass die Gemeinde im Mai 2010, als die Entscheidung zum Kauf des Stadions getroffen wurde, von jährlichen Kosten von 380 000 EUR für Instandhaltung und Instandsetzung des Stadions ausging, während der von MVV verlangte jährliche Pachtzins nur 75 000 EUR betrug (9). Die Differenz von 305 000 EUR würde durch Einnahmen aus der Vermietung für andere Veranstaltungen finanziert werden oder von der Gemeinde getragen werden müssen. Obwohl der Kaufpreis so festgelegt wurde, dass potenzielle Verluste als Folge des MVV gewährten niedrigen Pachtzinses berücksichtigt wurden, kann man nicht daraus schließen, dass ein privater Marktteilnehmer einen Vertrag eingegangen wäre, dem ein erkanntes hohes Verlustrisiko anhaftet. Der dem Gemeinderat im Dezember 2010 vorgelegte Bericht bestätigt, dass „angesichts der derzeitigen Situation eine kommerzielle oder kostendeckende Nutzung des Stadions nicht möglich ist“. Im Juni 2012 stellt ein vom Gemeindeprüfungsamt (10) angefertigter Bericht fest, dass die Nutzung des Stadions verlustbringend blieb.

(36)

Aufgrund der Dringlichkeit eines Verkaufs auf Seiten von MVV hätte man ferner von einem Marktteilnehmer erwartet, dass er diesen Zeitpunkt als Hebel verwendet, um einen besseren Preis, als den von einem Sachverständigen geschätzten Wert, zu erzielen. Dies war bei der Gemeinde nicht der Fall, die den vom Sachverständigen ermittelten Wert einfach als „realistisch“ akzeptierte.

(37)

Diese Schlussfolgerung wird durch das spezifische Interesse der Gemeinde in Bezug auf die Entwicklungspläne für das Gebiet De Geusselt nicht geändert. Im Rettungsplan aus dem Jahr 2010 verweisen die Niederlande auf Seiten der Gemeinde vor Juni 2010 auf keinerlei Kaufüberlegungen oder Berechnung zu einem möglichen Kauf. Eine solche Beurteilung vor einem Kauf ist jedoch etwas, das man von einem marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber erwarten könnte.

(38)

Aus all diesen Gründen zieht die Kommission den Schluss, dass die Gemeinde im Jahr 2010 bei der Entscheidung über Maßnahmen zum Kauf des Stadions und des Trainingsgeländes nicht als marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsteilnehmer gehandelt hat.

4.1.3.   Auswirkungen der Beihilfe auf MVV

(39)

Der Vorteil für MVV war zum einen, dass MVV von seiner Schuldenlast befreit wurde und zum anderen, dass MVV weiterhin in seinem Heimstadion De Geusselt Fußball spielen konnte. Nach dem Kauf durch die Gemeinde betrug der monatliche Pachtzins für die nicht ausschließliche Nutzung beider Einrichtungen 3 % des MVV-Haushalts bzw. mindestens 75 000 EUR (11). Die Kommission stellt auch fest, dass die von der Gemeinde bezahlte Summe von 1,85 Mio. EUR entsprechend den Bestimmungen des Kaufvertrages vom Verkäufer, der dritten Partei Stichting Stadion De Geusselt (12), zur Begleichung von Steuerschulden, Spielergehälterschulden und Rückständen auf Rentenbeitragspflichten verwendet werden würde; diese Schulden fielen nicht unter die Gläubigervereinbarung. Diese Summe von 1,85 Mio. EUR wurde für die Saison 2009/2010 auf den MVV-Konten tatsächlich als außerordentlicher Ertrag mit dem Vermerk „Beitrag Gemeinde Maastricht“ (Bijdrage Gemeente Maastricht) verbucht. Der der Stichting Stadion De Geusselt zustehende Verkaufserlös wurde tatsächlich für die Entschuldung und Umstrukturierung von MVV verwendet (siehe Brief der Stiftung an die Gemeinde vom 9. Juni 2010).

(40)

Die Niederlande haben Zweifel daran angemeldet, dass Beihilfen für Vereine, die nicht auf europäischer Ebene Fußball spielen, und insbesondere eine Beihilfen zugunsten von MVV Auswirkungen auf den Binnenmarkt haben können. In diesem Zusammenhang weist die Kommission darauf hin, dass MVV jedes Jahr ein potenzieller Teilnehmer bei europäischen Fußballturnieren ist. Grundsätzlich kann MVV selbst als Zweitligist Einfluss auf den Wettbewerb um den nationalen Pokal haben und den Pokal gewinnen, wodurch der Verein in der darauffolgenden Saison um den Europapokal spielen dürfte. Auch ein niedrig eingestufter Fußballverein kann innerhalb kurzer Zeit ein höheres Niveau erreichen (13). Die Kommission weist ferner darauf hin, dass Profifußballvereine neben der Teilnahme an Fußballturnieren in verschiedenen Märkten wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, etwa auf dem Transfermarkt für Profispieler oder in den Bereichen Werbung, Sponsoring, Merchandising oder Medienberichterstattung. Unterstützungsmaßnahmen für einen Profifußballverein stärken dessen Position auf jedem dieser Märkte, die meist mehrere Mitgliedstaaten betreffen. Werden also staatliche Mittel dazu verwendet, einem Profifußballverein einen selektiven Vorteil zu verschaffen, so können diese Unterstützungsmaßnahmen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigen (14). Im Jahr 2010 hatten mehrere Spieler von MVV die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats, insbesondere die belgische Staatsangehörigkeit.

(41)

In Anbetracht der obigen Ausführungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Darlehensverzicht und der Kauf des Trainingsgeländes und des Stadions (für insgesamt 3,55 Mio. EUR) eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen. Die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt wird nachfolgend bewertet.

4.2.   Würdigung gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV

(42)

Die Kommission muss deshalb bewerten, ob die Beihilfemaßnahmen an MVV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es Aufgabe des Mitgliedstaats, mögliche Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anzuführen und aufzuzeigen, dass die Voraussetzungen für eine derartige Vereinbarkeit gegeben sind (15).

(43)

Keine der in Artikel 107 Absatz 2 AEUV genannten Ausnahmen gelten für die in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen. Die Niederlande haben auch vorgetragen, dass dies der Fall sein würde.

(44)

Zu den in Artikel 107 Absatz 3 AEUV genannten Ausnahmen stellt die Kommission fest, dass die Ausnahmebestimmungen gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV für keine niederländische Region Anwendung finden. Die fraglichen Beihilfemaßnahmen stellen weder ein Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse dar noch zielen sie auf die Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben der Niederlande im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV ab.

(45)

Im Hinblick auf die Ausnahme in Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV, d. h. Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, argumentierten die Niederlande, dass diese Ausnahmeregelung angewandt werden könnte, falls die Kommission der Auffassung ist, dass die in Rede stehenden Maßnahmen eine staatliche Beihilfe darstellen. In diesem Zusammenhang argumentierten die Niederlande auch, dass Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV zu Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes in Verbindung mit Artikel 165 AEUV in die Analyse der Kommission einfließen sollte.

(46)

Bei der Beurteilung des Begriffs der „Entwicklung des Wirtschaftslebens“ im Sportbereich berücksichtigt die Kommission Artikel 165 Absatz 1 AEUV und den letzten Gedankenstrich in Artikel 165 Absatz 2 AEUV, in dem die Bedeutung der Förderung der europäischen Dimension des Sports unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Sports, nämlich seine auf freiwilligem Engagement basierenden Strukturen sowie seine soziale und pädagogische Funktion, anerkannt werden. Allerdings unterscheidet der Vertrag zwischen den Begriffen Sport und Kultur; daher kann Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV nicht für die Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe an MVV herangezogen werden.

(47)

Für die Beurteilung der Beihilfemaßnahmen gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV hat die Kommission eine Reihe von Verordnungen, Rahmenvorschriften, Leitlinien und Mitteilungen über beihilfefähige Formen der Unterstützung und horizontale oder sektorspezifische Zwecke herausgegeben. Da MVV in finanziellen Schwierigkeiten war, als die Maßnahmen ergriffen wurden, und die Gemeinde Beihilfe gewährte, um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, hält die Kommission es für angebracht zu prüfen, ob die in den Leitlinien (16) festgelegten Kriterien Anwendung finden könnten. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass die Leitlinien den Profifußball nicht ausschließen. Diese wirtschaftliche Tätigkeit fällt daher unter die Leitlinien.

(48)

Im Juli 2014 veröffentlichte die Kommission neue Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (17). Sie sind jedoch auf diese nicht angezeigte und im Jahr 2010 gewährte Beihilfe nicht anwendbar. Gemäß Randnummer 137 der neuen Leitlinien würde dies ohnehin nur dann für eine ohne Genehmigung der Kommission gewährte Beihilfe zur Rettung oder Umstrukturierung gelten, wenn ein bestimmter Teil der Beihilfe oder die gesamte Beihilfe nach der Veröffentlichung der neuen Leitlinien im Amtsblatt der Europäischen Union gewährt wird. Gemäß Randnummer 138 der neuen Leitlinien wird die Kommission die Würdigung in allen anderen Fällen auf der Grundlage der Leitlinien durchführen, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe galten. Im vorliegenden Fall wird die Kommission ihre Analyse daher auf die Leitlinien von 2004 stützen (siehe Erwägungsgrund 14 oben).

(49)

Laut Randnummer 11 der Leitlinien wird ein Unternehmen auch dann als in Schwierigkeiten befindlich angesehen, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, beispielsweise steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts. Schlimmstenfalls ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig oder es wurde bereits ein Insolvenzverfahren nach innerstaatlichem Recht eingeleitet. Wie in den Erwägungsgründen unter Erwägungsgrund 13 oben angegeben, war das Eigenkapital von MVV seit der Saison 2007/2008 negativ und im ersten Quartal 2010 erreichte das Eigenkapital einen Minuswert von 5,1 Mio. EUR, während sich die Gesamtschulden von MVV auf 6,4 Mio. EUR beliefen. Die Niederlande betonten, dass MVV im Frühjahr 2010 praktisch insolvent war. MVV war daher im Sinne der Leitlinien eindeutig ein Unternehmen in Schwierigkeiten. Dies wird von den Niederlanden nicht bestritten. Daher erfolgt die Bewertung der Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfe für MVV gemäß den Leitlinien.

(50)

In Abschnitt 3.2 verlangen die Leitlinien, dass die Gewährung einer Beihilfe an die Durchführung eines Umstrukturierungsplans gebunden ist. Gemäß Randnummer 59 der Leitlinien muss ein Umstrukturierungsplan für ein KMU (wie es bei MVV der Fall ist) jedoch nicht von der Kommission gebilligt werden, obwohl er die in den Randnummern 35, 36 und 37 der Leitlinien festgelegten Vorschriften erfüllen und vom betreffenden Mitgliedstaat genehmigt und der Kommission mitgeteilt werden muss. Die Kommission stellt fest, dass die Niederlande einen Umstrukturierungsplan mitgeteilt haben, der die in den Randnummern 34 bis 37 der Leitlinien festgelegten Vorschriften berücksichtigt. Die Gesamtkosten der Umstrukturierung beliefen sich auf fast 6 Mio. EUR. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass die Entscheidung der Gemeinde, Unterstützungsmaßnahmen an MVV zu vergeben, einer Reihe von Voraussetzungen untergeordnet war. Diese Voraussetzungen wurden im Geschäftsplan von 2010 festgelegt, auf die in Erwägungsgrund 10 Bezug genommen wird.

(51)

In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass die Entscheidung der Gemeinde, auf sein Darlehen an MVV zu verzichten und De Geusselt zu kaufen, auf einer Analyse zu Art und Ursachen der Schwierigkeiten von MVV basierte. Die Transaktion beruhte auf einer Reihe von Voraussetzungen, die zum Ziel hatten, die langfristige Rentabilität des Vereins innerhalb eines angemessenen Zeitraums von drei Jahren wiederherzustellen und die Anforderungen des KNVB für eine fortlaufende Lizenzierung von MVV zur Teilnahme an Profimeisterschaften zu erfüllen. Zum Umstrukturierungsplan gehörten ein neues Management, Personalabbau und die Reduzierung der Anzahl der Spieler. Der Umstrukturierungsplan stützt sich nicht auf externe Faktoren, die MVV zwar verfolgen aber nicht vollständig kontrollieren kann, so zum Beispiel neue Sponsoren finden und Zuschauerzahlen erhöhen. Die stetige Verbesserung der finanziellen Situation des Vereins sowie die Weiterführung des Betriebs als Profifußballverein werden angestrebt. Die unten aufgeführten Erwägungsgründe zur Entwicklung zeigen, dass sich der Plan als realistisch erwies.

(52)

Die ergriffenen Maßnahmen waren notwendig, um die Rentabilität von MVV wiederherzustellen. Die finanzielle Gesundheit des Vereins wurde in der Tat wiederhergestellt. Dank dieser Maßnahmen verbuchte MVV über die gesamte Saison 2009/2010 einen Gewinn von 3,9 Mio. EUR und zum ersten Mal seit mehreren Jahren ein positives Eigenkapital in Höhe von 0,051 Mio. EUR. Die darauffolgende Saison 2010/2011 endete mit einem Gewinn von 0,021 Mio. EUR und das Eigenkapital von MVV belief sich auf 0,072 Mio. EUR. In der Saison 2011/2012 erreichte MVV den Break-even-Punkt. Zu Beginn der Saison 2011/2012 wurde der Finanzstatus von MVV durch den KNVB von Kategorie 1 (ungenügend) auf Kategorie 3 (gut) hochgestuft.

4.2.1.   Ausgleichsmaßnahmen

(53)

Nach den Randnummern 38-42 der Leitlinien muss der Empfänger Ausgleichsmaßnahmen ergreifen, um die wettbewerbsverzerrende Wirkung der Beihilfe und deren negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen so gering wie möglich zu halten. Gemäß Randnummer 41 der Leitlinien gilt diese Bedingung allerdings nicht für kleine Unternehmen wie den MVV.

4.2.2.   Begrenzung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß

(54)

Die Kommission stellt auch fest, dass der Umstrukturierungsplan gemäß Randnummern 43 und 44 neben den internen Einsparungen in erheblichem Maße von externen privaten Einrichtungen finanziert wird. Mehrere private Einrichtungen verzichteten ebenfalls auf ihre Darlehen. Der Gesamtbeitrag der Gläubiger und der Gemeinde zur Refinanzierung von MVV lag bei rund 5,8 Mio. EUR (alle Forderungsverzichte plus Stadion und Erbpachtkauf). Der Beitrag durch Forderungsverzichte von privaten (ohne staatliche) Einrichtungen belief sich auf 2,25 Mio. EUR und war damit höher als die 25 %, die für kleine Unternehmen erforderlich sind.

(55)

Die Höhe der Beihilfe war notwendig. Entsprechend dem Umstrukturierungsplan sollte dies in den Jahren 2011/2012 und 2012/2013 zu geringeren Verlusten und später zu moderaten positiven Ergebnisse führen. Damit konnte MVV keine neuen Spieler kaufen oder sie mit höheren Gehältern locken.

(56)

Der Plan sollte einem schlankeren MVV einen Neuanfang ohne alte Schuldenlast, aber mit einer neuen Organisationsstruktur ermöglichen. Die Maßnahmen sollten beim MVV zu einer gesunden Finanzlage führen und die Anforderungen des KNVB erfüllen. In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission daran, dass jeder niederländische Profifußballverein vom KNVB eine Lizenz benötigt, die er nur dann erhält, wenn er verschiedene Verpflichtungen erfüllt. Eine der Verpflichtungen bezieht sich auf die finanzielle Gesundheit des Vereins. Für jede Saison muss ein Verein bis zum 1. November, 1. März und 15. Juni Finanzberichte, in denen er unter anderem seine aktuelle Finanzlage sowie den Haushalt für die nächste Saison aufzeigt, vorlegen. Auf der Grundlage dieser Berichte werden die Vereine in drei Kategorien eingeteilt (1 — ungenügend, 2 — ausreichend, 3 — gut). Vereine in der Kategorie 1 können zur Vorlage von Verbesserungsvorschlägen verpflichtet werden, damit sie in Kategorie 2 oder 3 eingestuft werden können. Kommen Vereine einem Plan nicht nach, kann der KNVB als Sanktion u. a. eine offizielle Verwarnung aussprechen, den Abzug von Meisterschaftspunkten verhängen und — als letzte Sanktion — den Entzug der Lizenz anordnen. Ein Profifußballverein in den Niederlanden verliert seine Lizenz, wenn er für insolvent erklärt wird. Sollte ein Nachfolgeverein gegründet werden, würde dieser nicht direkt für die Profifußballligen zugelassen werden, sondern müsste in der zweithöchsten Amateurliga beginnen.

(57)

Zum Umstrukturierungsplan gehörten ein neues Management, eine neue Organisationsstruktur, ein neuer Name, Gehaltskürzungen, Personalabbau und die Reduzierung der Anzahl der Spieler. Mehrere Spieler wurden verkauft, bestehende Verträge wurden entweder beendet oder zu niedrigeren Gehältern verlängert, neue Verträge wurden entweder ohne Transferzahlungen abgeschlossen oder Spieler von anderen Vereinen ausgeliehen und einige Amateurverträge wurden abgeschlossen; damit wurden die Kosten für Personal und Spieler von 40 % reduziert. Wie in den Erwägungsgründen 26 ff. beschrieben, verzichteten andere Gläubiger auf Ansprüche gegen MVV von insgesamt 2,25 Mio. EUR (die Gemeinde nicht mitgerechnet). Damit war MVV fast vollständig schuldenfrei.

(58)

Die Kommission ist der Auffassung, dass der Umstrukturierungsplan den Ursachen der finanziellen Schwierigkeiten von MVV begegnet, insbesondere die Kosten für Spieler in Form von Löhnen und Transferzahlungen. Man kann von einem Profifußballverein nicht erwarten, dass er im Sinne der Leitlinien in andere Märkte diversifiziert; man kann aber Einsparungen in seiner Kernaktivität erwarten und dies hat MVV getan. Die Niederlande haben auch eine Liste der von MVV ergriffenen Maßnahmen zur weiteren Kürzung der Vereinskosten vorgelegt. Der Umstrukturierungsplan stützt sich nicht auf externe Faktoren, die MVV zwar verfolgen aber nicht vollständig kontrollieren kann, so zum Beispiel neue Sponsoren finden und Zuschauerzahlen erhöhen. Die Kommission ist daher der Ansicht, dass MVV durch die Umsetzung des Plans die Möglichkeit bekommt, im niederländischen Profifußball weiterhin auf gesunder Basis aktiv zu bleiben; dies wurde auch vom KNVB erkannt, der dem Verein den Status der Kategorie 3 zuerkannte. Die Kommission stellt auch fest, dass der Umstrukturierungsplan neben den internen Einsparungen in erheblichem Maße von externen privaten Einrichtungen finanziert wird. Dies erfüllt die Anforderung der Randnummer 44 der Leitlinien, wonach bei einem kleinen Unternehmen wie MVV mindestens 25 % der Umstrukturierungskosten durch eigene Beiträge des Empfängers aufgebracht werden sollten. Dazu gehören auch Fremdfinanzierungen, die den Glauben an die Rentabilität des Beihilfeempfängers zeigen.

(59)

Die Niederlande legten außerdem Informationen über weitere Aktivitäten des neu strukturierten MVV zugunsten der Gesellschaft vor. Dazu gehörten eine Reihe von Schulen in Maastricht und das Projekt Euregio. Diese Aktivitäten sind als Beitrag zur sozialen und pädagogischen Funktion des Sports entsprechend Artikel 165 AEUV anzusehen.

Kontrolle und Jahresbericht und Grundsatz der „einmaligen Beihilfe“

(60)

Nach Randnummer 49 der Leitlinien muss der Mitgliedstaat mittels regelmäßiger und detaillierter Berichte über die ordnungsgemäße Umsetzung des Umstrukturierungsplans berichten. Für mittelständische Unternehmen enthält Randnummer 51 weniger strenge Vorschriften. Für diese wird die jährliche Übermittlung von Kopien der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung in der Regel als ausreichend angesehen. Die Niederlande haben sich verpflichtet, diese Berichte vorzulegen. Entsprechend den Leitlinien verpflichteten sich die Niederlande, einen Abschlussbericht über die Fertigstellung des Umstrukturierungsplans vorzulegen.

(61)

Die Randnummern 72-77 der Leitlinien beziehen sich auf den Grundsatz der „einmaligen“ Beihilfe, wonach Umstrukturierungsbeihilfen in einem Zeitraum von zehn Jahren nur einmal gewährt werden sollten. Die Niederlande gaben an, dass MVV in den zehn Jahren vor der Gewährung der in Rede stehenden Beihilfe keine staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung erhalten hat. Die Niederlande haben sich auch verpflichtet, MVV während einem Zeitraum von zehn Jahren keine neuen staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung zu gewähren.

5.   SCHLUSSFOLGERUNG

(62)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Niederlande ihren Verpflichtungen aus Artikel 108 Absatz 3 AEUV nicht nachgekommen sind, weil sie es versäumt haben, im Jahr 2010, als sich MVV in finanziellen Schwierigkeiten befand, die dem Verein gewährte staatliche Beihilfe in Höhe von 3,55 Mio. EUR vorab anzumelden. Diese Beihilfe kann jedoch nach den Leitlinien als eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Umstrukturierungsbeihilfe angesehen werden, da alle in den Leitlinien genannten einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 3,55 Mio. EUR, die die Niederlande dem Fußballverein MVV Maastricht gewährt haben, ist nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 4. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  Beschluss der Kommission in der Sache SA.33584 (2013/C) (ex 2011/NN) — Beihilfe der Niederlande für bestimmte niederländische Profifußballvereine von 2008-2011 — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 116 vom 23.4.2013, S. 19).

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  In Artikel 2 Absatz 2 des Anhangs der Empfehlung 2003/361/EC der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36) wird ein Unternehmen, das weniger als 50 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz 10 Mio. EUR nicht übersteigt, als kleines Unternehmen definiert.

(4)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2). Die Anwendung dieser Leitlinien wurde durch die Mitteilung der Kommission betreffend die Verlängerung der Anwendbarkeit der Leitlinien der Gemeinschaft vom 1. Oktober 2004 für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten verlängert (ABl. C 296 vom 2.10.2012, S. 3).

(5)  Rechtssache T-1/12, Französische Republik/Europäische Kommission, Rn. 37 ff. und die darin zitierte Rechtsprechung (Rechtssache T-11/95, BP Chemicals Limited/Kommission der Europäischen Gemeinschaften).

(6)  Rechtssache BP Chemicals Limited, Rn. 171.

(7)  ABl. C 209 vom 10.7.1997, S. 3.

(*)  Vertrauliche Angaben.

(8)  Siehe Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 25. Mai 2010, Punkt 10. Obwohl die Gemeinde in Punkt 5 als einen der Gründe für den Kauf des Stadions angibt, ihre Stellung auf dem Immobilienmarkt zu sichern, verweist sie auch auf andere wirtschaftliche und gesellschaftliche Einflüsse, die sie zu erreichen wünschte.

(9)  Am 21. Juni 2010 wurde mit MVV ein neuer Pachtvertrag geschlossen.

(10)  Rekenkamer Maastricht: De relatie tussen de gemeente Maastricht en MVV.

(11)  Der neue Pachtzins war an den Umsatz von MVV gekoppelt, wobei der Mindestpachtzins 75 000 EUR betrug; sofern MVV floriert, steigt der Pachtzins. Außerdem sollten die aus dem Stadion durch andere Nutzungen erwachsenden Pachteinnahmen der Gemeinde zukommen.

(12)  Eine Stiftung, die nach Angaben der Niederlande sowohl von MVV als auch von der Gemeinde Maastricht unabhängig ist.

(13)  Dies wird belegt durch das Beispiel eines anderen niederländischen Fußballvereins (PEC Zwolle), der in der Saison 2010/2011 ebenfalls in der zweiten Liga spielte. PEC stieg 2012/2013 in die höchste Spielklasse auf und gewann 2013/2014 den niederländischen Pokal. Damit war PEC berechtigt, 2014/2015 auf europäischer Ebene zu spielen.

(14)  Beschlüsse der Kommission in Bezug auf Deutschland vom 20. März 2013 zur Multifunktionsarena der Stadt Erfurt (Sache SA.35135 (2012/N)), Rn. 12 und Multifunktionsarena der Stadt Jena (Sache SA.35440 (2012/N)), Zusammenfassungen im ABl. C 140, 18.5.2013, S. 1 und Beschluss der Kommission vom 2. Oktober 2013 zum Fußballstadion Chemnitz (Sache SA.36105 (2013/N)), Zusammenfassung im ABl. C 50 vom 21.2.2014, S. 1.

(15)  Rechtssache C-364/90, Italien/Kommission, EU:C:1993:157, Rn. 20.

(16)  Vgl. Fußnote 4.

(17)  Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1).


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/63


BESCHLUSS (EU) 2016/1848 DER KOMMISSION

vom 4. Juli 2016.

über die von Ungarn durchgeführte Maßnahme SA.40018 (2015/C) (ex 2015/NN) 2014 beschlossene Änderung der ungarischen Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4056)

(Nur der ungarische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den genannten Artikeln (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Die Kommission erlangte durch Presseartikel von Dezember 2014 Kenntnis von der 2014 beschlossenen Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes 2008, das die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette regelt. Mit Schreiben vom 17. März 2015 richtete die Kommission ein Auskunftsverlangen an die ungarischen Behörden, die dieses mit Schreiben vom 16. April 2015 beantworteten.

(2)

Die Kommission teilte Ungarn mit Schreiben vom 15. Juli 2015 mit, dass sie die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) hinsichtlich der Beihilfemaßnahme beschlossen hatte (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“). Die Kommission ordnete im Einleitungsbeschluss außerdem die unverzügliche Aussetzung der Maßnahme gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (2) an.

(3)

Der Einleitungsbeschluss wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu der Beihilfemaßnahme Stellung zu nehmen.

(4)

Der Kommission ist die Stellungnahme eines Beteiligten zugegangen. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 hat die Kommission die Stellungnahme an Ungarn weitergeleitet, das Gelegenheit zur Äußerung erhielt. Ungarn hat sich zu der Stellungnahme nicht geäußert.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Das Lebensmittelkettengesetz 2008, mit dem eine Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette eingeführt wird

(5)

Die auf die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette anwendbaren Bestimmungen finden sich im Gesetz XLVI über die Lebensmittelkette aus dem Jahr 2008 und der diesbezüglichen amtlichen Überwachung (im Folgenden „Lebensmittelkettengesetz“) sowie im Erlass Nr. 40 des Ministers für ländliche Entwicklung vom 27. April 2012 über die Regeln zur Erklärung und Entrichtung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette. Unternehmen, die gemäß dem Lebensmittelkettengesetz als an der Lebensmittelkette beteiligte Marktteilnehmer gelten, müssen die Gebühr in Abhängigkeit von ihrem mit bestimmten Tätigkeiten erzielten Umsatz zahlen. Das Gesetz enthält eine Liste der Tätigkeiten (4), für die Unternehmen eine Inspektionsgebühr zahlen müssen.

(6)

Alle in Ungarn tätigen Unternehmen (Gesellschaften und andere juristische Personen, aber auch Privatpersonen, die ihren Tätigkeiten als Einzelunternehmer oder Primärerzeuger nachgehen), die im Jahr vor der Erklärung Umsätze aus den aufgelisteten Tätigkeiten erzielt haben, müssen die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette zahlen. Mit der Gebühr sollen die Kosten des Nationalen Amtes für die Sicherheit der Lebensmittelkette (einer staatlichen Einrichtung) für die Durchführung von Aufgaben im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten der Regulierung und Überwachung der Lebensmittelkette gedeckt werden. Die Überwachungsgebühr wird jährlich berechnet und die gebührenpflichtige Person muss unabhängig davon, ob konkrete amtliche Vor-Ort-Kontrollen durchgeführt wurden, eine Erklärung abgeben und die entsprechende Zahlung leisten.

(7)

Bis zum 31. Dezember 2014 bestimmte das Lebensmittelkettengesetz, dass alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer die Gebühr in Form eines Pauschalsatzes von 0,1 % des relevanten Umsatzes zahlen müssen.

(8)

Die erhobene Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette darf nur für die in der Strategie über die Sicherheit der Lebensmittelkette dargelegten Aufgaben und für die Tätigkeiten der für die Lebensmittelkette zuständigen Behörde verwendet werden.

2.2.   Die 2014 beschlossene Änderung des Lebensmittelkettengesetzes

(9)

Infolge der 2014 beschlossenen und zum 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Änderung des Artikels 47/B des ungarischen Gesetzes LXXIV über die Lebensmittelkette (5) (im Folgenden: „2014 beschlossene Änderung“) wurden besondere Regeln über die Berechnung der Inspektionsgebühr für den Umsatz von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter (6) am ungarischen Markt verkaufen, eingeführt.

(10)

Mit der 2014 beschlossenen Änderung des Lebensmittelkettengesetzes wird für Betreiber von Geschäften, in denen kurzlebige Konsumgüter verkauft werden (7), eine progressive Gebührenstruktur mit Gebührensätzen von 0 % bis 6 % eingeführt. Im Detail werden die folgenden Sätze auf Umsätze, die der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette unterliegen, angewandt:

0 % auf den Teil des Umsatzes bis einschließlich 500 Mio. HUF (rund 1,6 Mio. EUR);

0,1 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 500 Mio. HUF und 50 Mrd. HUF (rund 160,6 Mio. EUR);

1 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 50 Mrd. HUF und 100 Mrd. HUF (rund 321,2 Mio. EUR);

2 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 100 Mrd. HUF und 150 Mrd. HUF (rund 481,8 Mio. EUR);

3 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 150 Mrd. HUF und 200 Mrd. HUF (rund 642,4 Mio. EUR);

4 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 200 Mrd. HUF und 250 Mrd. HUF (rund 803 Mio. EUR);

5 % auf den Teil des Umsatzes zwischen 250 Mrd. HUF und 300 Mrd. HUF (rund 963,5 Mio. EUR);

6 % auf den Teil des Umsatzes über 300 Mrd. HUF.

(11)

Gemäß der 2014 beschlossenen Änderung des Lebensmittelkettengesetzes wird die Gebühr bei allen übrigen an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmern nach wie vor mit einem Pauschalsatz von 0,1 % des relevanten Umsatzes berechnet.

(12)

Weder in der geänderten Bestimmung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes noch in der einschlägigen Begründung werden Gründe für die Einführung einer besonderen Regelung der Gebührensätze für Geschäfte, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, genannt. Es wird nicht erläutert, wie die verschiedenen Umsatzspannen und die sich daraus ergebenden Gebührensätze festgelegt wurden.

(13)

Die Gebühr muss von den an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmern erklärt werden. Sie ist jährlich in zwei gleichen Raten zum 31. Juli und zum 31. Januar zu entrichten. Das Gesetz sieht vereinfachte Verfahren für Fälle vor, in denen die Gebühr weniger als 1 000 HUF (rund 3,20 EUR) beträgt. In einem solchen Fall muss die Gebühr zwar ebenso erklärt, aber nicht gezahlt werden.

(14)

Für alle nicht fristgerecht entrichteten Inspektionsgebühren müssen Verzugszinsen gezahlt werden. Eine Verzugsentschädigung kann erhoben werden, wenn die natürlichen oder juristischen Personen, die der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette unterliegen, ihrer Erklärungspflicht nicht, nicht rechtzeitig, unvollständig oder unter Angabe falscher Auskünfte nachkommen.

3.   FÖRMLICHES PRÜFVERFAHREN

3.1.   Gründe für die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(15)

Die Kommission leitete das förmliche Prüfverfahren ein, weil sie zu diesem Stand der Auffassung war, dass die mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführte progressive Gebührenstruktur (Gebührensätze und Umsatzspannen) eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellte.

(16)

Die Kommission war insbesondere der Auffassung, dass die mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführten progressiven Gebührensätze eine Unterscheidung zwischen Unternehmen beinhalteten, die auf deren Umsätzen und damit auf deren Größe beruhte, so dass Unternehmen mit niedrigen Umsätzen und damit kleineren Unternehmen ein selektiver Vorteil verschafft wurde. Ungarn hatte keine Nachweise dafür erbracht, dass die progressive Gebührenstruktur, die für Geschäfte, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, wie z. B. Supermärkte, gilt, einem ähnlich progressiven Anstieg der Kosten entspricht, die dem Nationalen Amt für die Sicherheit der Lebensmittelkette durch die Inspektion der betreffenden Geschäfte entstehen. Ungarn hatte daher nicht nachgewiesen, dass die Maßnahme durch die Natur oder den allgemeinen Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt war. Die Kommission war somit der Auffassung, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellte, da auch alle anderen Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt zu sein schienen.

(17)

Die Kommission äußerte schließlich Zweifel an der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt. Die Kommission wies insbesondere darauf hin, dass sie eine staatliche Beihilfe nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären kann, wenn sie gegen andere Regeln des Unionsrechts, wie die im AEUV verankerten Grundfreiheiten oder die Bestimmungen der Verordnungen und Richtlinien der Union, verstößt. Die Kommission konnte zu diesem Stand nicht ausschließen, dass die Maßnahme insbesondere auf in ausländischem Eigentum stehende Unternehmen abzielte, was eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 49 AEUV über die Niederlassungsfreiheit darstellen könnte, und äußerte auch Zweifel daran, dass die mit der Maßnahme einhergehenden Unterschiede in der steuerlichen Behandlung zur Erfüllung der in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) vorgesehenen Verpflichtungen erforderlich und angemessen sind.

3.2.   Änderung der Rechtsgrundlage für die Inspektionsgebühr nach der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(18)

Am 27. Oktober 2015 unterbreitete die ungarische Regierung dem ungarischen Parlament einen Vorschlag für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes XLVI über die Lebensmittelkette aus dem Jahr 2008 und der diesbezüglichen amtlichen Überwachung. Am 17. November 2015 verabschiedete das ungarische Parlament das Gesetz CLXXXII 2015 zur Änderung des Gesetzes XLVI über die Lebensmittelkette aus dem Jahr 2008 und der diesbezüglichen amtlichen Überwachung, das am 26. November 2015 im Ungarischen Amtsblatt (Magyar Közlöny) Nr. 182/2015 veröffentlicht wurde. Das neue Gesetz trat am 31. Tag nach seiner Veröffentlichung, d. h. am 27. Dezember 2015, in Kraft.

(19)

Die Änderung vom November 2015 beseitigt die mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführte progressive Gebührenstruktur und führt wieder für alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer eine pauschale Inspektionsgebühr von 0,1 % ein, so wie dies vor der 2014 beschlossenen Änderung der Fall war.

3.3.   Stellungnahme Ungarns

(20)

Ungarn übermittelte der Kommission keine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss.

(21)

Stattdessen übermittelte Ungarn der Kommission mit einem an das für Wettbewerb zuständige Kommissionsmitglied gerichteten Schreiben vom 16. September 2015 einen Vorschlag für eine Änderung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette. Gemäß diesem Vorschlag sollte der Gebührensatz von 0 % aufgehoben und statt der progressiven Gebührenstruktur mit acht Gebührensätzen (zwischen 0 % und 6 %) ein System mit zwei Gebührensätzen eingeführt werden (0,1 % für Einzelhandelsbetriebe mit niedrigem Umsatz und 0,3 % für Einzelhandelsbetriebe mit höherem Umsatz).

(22)

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 teilten die Dienststellen der Kommission Ungarn mit, dass der Unterschied zwischen den Gebührensätzen im neuen Vorschlag zwar geringer ist, die vorgeschlagene neue Gebühr aber dennoch nach wie vor eine progressive Gebührenstruktur darstellt, die aus beihilferechtlicher Sicht problematisch ist, wenn sie nicht durch die Leitprinzipien des Inspektionsgebührensystems gerechtfertigt ist.

(23)

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2015 übermittelte Ungarn zusätzliche Informationen und Daten, die die duale progressive Gebührenstruktur mit den Kosten für die Überwachung großer Marktteilnehmer und anderer Handelsbetriebe rechtfertigen sollen. Ungarn argumentierte insbesondere, dass große Marktteilnehmer eine komplexe Struktur hätten, was kompliziertere Kontrollen und deutlich mehr Ressourcen seitens der kontrollierenden Behörde erfordere.

(24)

Die Dienststellen der Kommission kamen Ungarns Bitte um Feedback zu dem in seinem Schreiben vom 16. September 2015 gemachten Vorschlag und zu den zusätzlichen Informationen in seinem Schreiben vom 7. Oktober 2015 nach und teilten Ungarn mit Schreiben vom 17. März 2016 mit, dass die vorgelegten Daten nicht nachweisen, dass die Kontrollkosten im Verhältnis zum Umsatz auf gleiche Weise wie die Gebührensätze ansteigen. Die Dienststellen der Kommission bestätigten insbesondere ihre Ansicht, dass die übermittelten Zahlen und Angaben nicht zeigen, dass die Inspektionskosten für Unternehmen, für die der Gebührensatz von 0,3 % gilt, dreimal so hoch sind — pro Forint des kontrollierten Umsatzes — wie für jene Unternehmen, für die der Gebührensatz von 0,1 % gilt. Folglich ist davon auszugehen, dass die progressive Struktur mit zwei Gebührensätzen den Unternehmen, die in die niedrigere Spanne fallen, einen selektiven Vorteil verschafft.

(25)

Schließlich hat Ungarn diesen Legislativvorschlag zur Änderung des Gesetzes XLVI über die Lebensmittelkette aus dem Jahr 2008 und der diesbezüglichen amtlichen Überwachung nicht dem ungarischen Parlament vorgelegt.

3.4.   Stellungnahmen von Beteiligten

(26)

Der Kommission ist eine Stellungnahme von einem Beteiligten zugegangen. Der Beteiligte ist im ungarischen Markt tätig und schließt sich der Beurteilung der Kommission im Einleitungsbeschluss an. Er argumentiert, dass die Maßnahme so gestaltet sei, dass sie speziell auf ausländische Unternehmen abziele, was seiner Ansicht nach angesichts der Struktur des ungarischen Einzelhandelsmarktes möglich sei. Laut dem Beteiligten betreiben ausländische Unternehmen im Einzelhandelssektor in Ungarn Zweigniederlassungen oder Tochterunternehmen, wodurch ihr (konsolidierter) Umsatz steige. Im Gegensatz dazu seien ungarische Unternehmen in einem Franchise-System organisiert, bei dem jedes einzelne Geschäft — oder eine beschränkte Anzahl an Geschäften — von einem anderen Rechtsträger geführt werde, der nicht Teil des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe des Franchisegebers sei. Der Beteiligte legte Schätzungen vor, wonach ausländische Einzelhändler (Unternehmensgruppen) derzeit einen Marktanteil von insgesamt rund 50 % in Ungarn haben, aber rund 95 % der Inspektionsgebühren tragen, während ungarische Einzelhändler üblicherweise in die Gebührenspannen nach Artikel 47/B des Gesetzes über die Lebensmittelkette fallen, die mit 0 % oder 0,1 % belastet werden.

(27)

Mit anderen Worten: Ungarische Lebensmitteleinzelhändler fallen aufgrund ihrer Franchise-System-Organisation automatisch in die niedrigeren Gebührenspannen (mit Gebührensätzen von 0 % oder 0,1 %), während Zweigniederlassungen/Tochterunternehmen von ausländischen EU-Muttergesellschaften, die nicht in einem Franchise-System organisiert sind, gewöhnlich den hohen Gebühren unterliegen. Laut dem Betroffenen verschafft die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette sowohl kleineren Unternehmen als auch jenen im Einzelhandel tätigen Unternehmen, die nicht in einem System mit Zweigniederlassungen organisiert sind, einen selektiven Vorteil.

3.5.   Stellungnahme Ungarns zu der Stellungnahme des Beteiligten

(28)

Der Kommission ist keine Stellungnahme Ungarns zu der Stellungnahme des Beteiligten, die mit Schreiben vom 13. Oktober 2015 an Ungarn weitergeleitet wurde, zugegangen.

4.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

(29)

Die Kommission beschränkt ihre Würdigung in diesem Beschluss auf die Bestimmungen der 2014 beschlossenen Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes, insbesondere auf die in Erwägungsgrund 10 beschriebene geänderte Bestimmung, die eine progressive Gebührenstruktur (Gebührensätze und Umsatzspannen) für Geschäfte, die in Ungarn kurzlebige Konsumgüter verkaufen, festlegt.

4.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV

(30)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV lautet: „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(31)

Die folgenden kumulativen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Maßnahme als Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung eingestuft werden kann: i) Die Maßnahme ist dem Staat zuzurechnen und wird aus staatlichen Mitteln finanziert; ii) sie verschafft dem Begünstigten einen Vorteil; iii) dieser Vorteil ist selektiv und (iv) die Maßnahme verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen und den beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

4.1.1.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(32)

Um als staatliche Beihilfe eingestuft zu werden, muss eine Maßnahme aus staatlichen Mitteln finanziert und einem Mitgliedstaat zuzurechnen sein.

(33)

Da die Maßnahme auf einem Rechtsakt des ungarischen Parlaments beruht, ist sie eindeutig dem ungarischen Staat zuzurechnen. Ungarns Argument, dass die Gebühr dem ungarischen Staat nicht zugerechnet werden könne, weil die Rechtsgrundlage für die Gebühr die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sei, kann nicht gefolgt werden.

(34)

Wenn ein Mitgliedstaat eine Steuerbefreiung in Umsetzung einer Unionsrichtlinie entsprechend seinen Verpflichtungen aus dem AEUV erlässt, so ist die Steuerbefreiung den Unionsgerichten zufolge (9) nicht dem Mitgliedstaat zuzurechnen, sondern auf einen Rechtsakt des Unionsgesetzgebers zurückzuführen und stellt daher keine staatliche Beihilfe dar. Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sieht jedoch allgemeine Verpflichtungen für Mitgliedstaaten vor und verpflichtet sie nicht dazu, für die Durchführung von Kontrollen progressive Gebühren auf Umsatzbasis festzulegen, sodass nicht geltend gemacht werden kann, dass die 2014 beschlossene Änderung auf einen Rechtsakt des Unionsgesetzgebers zurückzuführen sei. Artikel 26 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 lautet: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene finanzielle Mittel für die amtlichen Kontrollen verfügbar sind, und zwar aus beliebigen Mitteln, die sie für angemessen halten, einschließlich einer allgemeinen Besteuerung oder der Einführung von Gebühren oder Kostenbeiträgen, damit die erforderlichen personellen und sonstigen Mittel bereitgestellt werden können.“ Nach Artikel 27 Absatz 1 „[können d]ie Mitgliedstaaten … Gebühren oder Kostenbeiträge zur Deckung der Kosten erheben, die durch die amtlichen Kontrollen entstehen.“ Es ist daher Sache der einzelnen Mitgliedstaaten, die Höhe der Gebühren innerhalb der Grenzen dieser Rechtsvorschriften und insbesondere im Einklang mit Artikel 27 festzusetzen. Jede in diesem Zusammenhang getroffene Entscheidung ist daher dem ungarischen Staat zuzurechnen.

(35)

Im Hinblick auf die Finanzierung der Maßnahme aus staatlichen Mitteln ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn eine Maßnahme dazu führt, dass der Staat auf Einnahmen verzichtet, die er unter normalen Umständen andernfalls von einem Unternehmen erheben müsste (10). Im vorliegenden Fall verzichtet der ungarische Staat auf Mittel, die er von Betreibern von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und ein niedrigeres Umsatzniveau aufweisen (also kleineren Unternehmen), einziehen müsste, wenn sie der gleichen Inspektionsgebühr unterliegen würden wie Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und ein höheres Umsatzniveau aufweisen.

4.1.2.   Vorteil

(36)

Nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte umfasst der Begriff der Beihilfe nicht nur positive Vorteile, sondern auch Maßnahmen, die auf verschiedenste Art und Weise die Steuer- und Abgabenlast mindern, die normalerweise das Budget eines Unternehmens belastet. (11) Wenngleich bei einer Maßnahme, die eine Steuer- oder Abgabenermäßigung vorsieht, kein positiver Transfer staatlicher Mittel erfolgt, begründet sie dennoch einen Vorteil, weil sie die betroffenen Unternehmen in eine günstigere finanzielle Lage als andere Steuerzahler versetzt und zu einem Einkommensverlust für den Staat führt. (12) Ein Vorteil kann durch verschiedene Formen der steuerlichen Entlastung eines Unternehmens gewährt werden, insbesondere durch eine Reduzierung des anwendbaren Steuersatzes, der Bemessungsgrundlage oder des fälligen Steuerbetrags. (13)

(37)

Die 2014 beschlossene Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes sieht für Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, eine progressive Gebührenstruktur vor, bei der es darauf ankommt, in welche Spanne der Umsatz der jeweiligen Unternehmen fällt. Der progressive Charakter der Gebühren bewirkt, dass der durchschnittliche Prozentsatz der auf den Umsatz eines Geschäftes erhobenen Gebühr steigt, wenn sein Umsatz steigt und die nächsthöhere Spanne erreicht. Das führt dazu, dass Unternehmen mit niedrigem Umsatz (kleinere Unternehmen) wesentlich niedrigeren durchschnittlichen Gebührensätzen unterliegen als Unternehmen mit hohem Umsatz (größere Unternehmen). Dadurch, dass Unternehmen mit niedrigem Umsatz einem wesentlich niedrigeren durchschnittlichen Gebührensatz unterliegen, müssen sie im Vergleich zu Unternehmen mit hohem Umsatz eine geringere Steuer- und Abgabenlast tragen, was im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV einen Vorteil für kleinere Unternehmen gegenüber größeren Unternehmen darstellt.

4.1.3.   Selektivität

(38)

Eine Maßnahme ist selektiv, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV begünstigt.

(39)

Für steuerliche Regelungen hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Selektivität einer Maßnahme grundsätzlich anhand eines dreistufigen Prüfschemas zu beurteilen ist. (14) Erstens wird die im Mitgliedstaat anwendbare allgemeine oder normale Steuerregelung ermittelt: „das Referenzsystem“. Zweitens ist zu bestimmen, ob eine bestimmte Maßnahme von diesem System abweicht, indem sie Wirtschaftsteilnehmer, die sich angesichts der dem System innewohnenden Ziele in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, unterschiedlich behandelt. Wenn die betreffende Maßnahme keine Abweichung vom Referenzsystem darstellt, ist sie nicht selektiv. Wenn sie eine Abweichung darstellt (und daher prima facie selektiv ist) ist im dritten Schritt des Prüfschemas zu prüfen, ob die abweichende Maßnahme durch die Natur oder den Aufbau des (Referenz-) Steuersystems gerechtfertigt ist. (15) Wenn eine prima facie selektive Maßnahme durch die Natur oder den Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt ist, ist sie nicht als selektiv anzusehen und fällt daher nicht unter Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

a)   Referenzsystem

(40)

Im vorliegenden Fall betrachtet die Kommission die Inspektionsgebühr für in der Lebensmittelkette in Ungarn tätige Unternehmen als das Referenzsystem (16). Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführte progressive Gebührenstruktur nicht Teil dieses Referenzsystems sein kann.

(41)

Wie der Gerichtshof klargestellt hat (17), ist es nicht immer ausreichend, die Prüfung der Selektivität auf die Frage zu beschränken, ob die Maßnahme vom Referenzsystem, so wie es vom Mitgliedstaat definiert wird, abweicht. Es muss auch geprüft werden, ob der Mitgliedstaat die Grenzen dieses Systems auf einheitliche Weise, oder, im Gegenteil, eindeutig willkürlich oder voreingenommen festgelegt hat, um bestimmte Unternehmen gegenüber anderen zu bevorzugen. Andernfalls könnten die Mitgliedstaaten die Beihilfevorschriften umgehen, wenn sie, statt allgemeine Regeln für alle Unternehmen festzulegen, von denen sie für manche Unternehmen eine Abweichung treffen, das gleiche Ergebnis erreichen, indem sie ihre Regeln so anpassen und kombinieren, dass alleine durch ihre Anwendung verschiedene Unternehmen eine verschiedene Steuer- und Abgabenlast tragen (18). In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass Artikel 107 Absatz 1 AEUV gemäß der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht nach den Gründen oder Zielen staatlicher Beihilfen unterscheidet, sondern diese nach ihren Wirkungen und somit unabhängig von den verwendeten Techniken beschreibt (19).

(42)

Auch wenn die Anwendung einer pauschalen Gebühr auf den Umsatz von an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmern ein geeignetes Mittel zur Deckung der dem Staat für seine Inspektionstätigkeiten entstehenden Kosten im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ist, scheint die mit der 2014 beschlossenen Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes eingeführte progressive Gebührenstruktur von Ungarn speziell darauf ausgelegt worden zu sein, bestimmte Unternehmen gegenüber anderen zu bevorzugen. Vor der 2014 beschlossenen Änderung mussten alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer, einschließlich Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, die Gebühr in Form eines Pauschalsatzes von 0,1 % des relevanten Umsatzes zahlen. Bei Anwendung der mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführten progressiven Gebührenstruktur können Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, je nach den Spannen, in die ihr Umsatz fällt, acht verschiedenen Gebührensätzen unterliegen, die bei 0 % beginnen und progressiv bis auf 6 % anwachsen. Infolge der 2014 beschlossenen Änderung findet somit ein durchschnittlicher Steuersatz auf gebührenpflichtige Unternehmen Anwendung, der sich je nach der Art ihrer Tätigkeit (ob sie Geschäfte betreiben, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen) und ihres Umsatzniveaus (ob es den in dieser Änderung festgelegten Schwellenwert übersteigt) unterscheidet.

(43)

Da die einzelnen Unternehmen mit einem unterschiedlichen Gebührensatz belastet werden, kann die Kommission bei den Gebühren nach der 2014 beschlossenen Änderung nicht einen einzigen Referenz-Gebührensatz ermitteln. Ungarn hat auch keinen konkreten Gebührensatz als den Referenzsatz oder „normalen“ Gebührensatz ausgewiesen und weder erklärt, warum ein höherer Gebührensatz für Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und ein hohes Umsatzniveau aufweisen, durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt wäre, noch, warum für bestimmte Kategorien von Betreibern von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und niedrigere Umsatzniveaus aufweisen, niedrigere Gebührensätze gelten sollten.

(44)

Die 2014 beschlossene Änderung bewirkt daher, dass verschiedene Unternehmen unterschiedliche Gebührensätze (ausgedrückt als Anteil an ihrem gesamten Jahresumsatz) zahlen, die von ihren Tätigkeiten und — da der von den Unternehmen erzielte Umsatz in gewissem Maße mit ihrer Größe korreliert — ihrer Größe abhängen. Der Zweck der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette ist es jedoch, die gesundheits- und sicherheitsspezifische Kontrolle von Lebensmitteln beim Durchlaufen der Lebensmittelkette zu finanzieren, und die progressive Gebührenstruktur mit Gebührensätzen zwischen 0 % und 6 % spiegelt das Verhältnis zwischen den Kosten der Vor-Ort-Inspektionen, die Gegenstand der Maßnahme sind, und dem Umsatz der in Rede stehenden Unternehmen nicht wider.

(45)

Angesichts dieses Zwecks ist die Kommission der Ansicht, dass sich alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer im Allgemeinen und alle Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, im Besonderen unabhängig von ihren Tätigkeiten oder ihrem Umsatz in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, und Ungarn hat keine überzeugende Rechtfertigung dafür vorgelegt, dass es bei der Erhebung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette zwischen diesen Arten von Unternehmen einen Unterschied macht. Die Kommission verweist diesbezüglich auf die nachstehenden Erwägungsgründe (52) bis (57). Ungarn hat daher die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette bewusst so gestaltet, dass bestimmte Unternehmen, nämlich Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und ein niedrigeres Umsatzniveau aufweisen (also kleinere Unternehmen), willkürlich bevorzugt und andere, nämlich größere Unternehmen, die tendenziell in ausländischem Besitz stehen, benachteiligt werden. (20)

(46)

Das Referenzsystem ist daher auf eine Art selektiv angelegt, die hinsichtlich des Zwecks der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette, nämlich die gesundheits- und sicherheitsspezifische Kontrolle von Lebensmitteln beim Durchlaufen der Lebensmittelkette zu finanzieren, nicht gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall ist das angebrachte Referenzsystem die Auferlegung einer Inspektionsgebühr für an der Lebensmittelkette in Ungarn beteiligte Unternehmen auf Grundlage ihres Umsatzes, wobei die progressive Gebührenstruktur nicht Teil dieses Systems ist.

b)   Abweichung vom Referenzsystem

(47)

In einem zweiten Schritt muss geprüft werden, ob die Maßnahme zugunsten bestimmter Unternehmen, die sich in Bezug auf den dem System innewohnenden Zweck in einer ähnlichen tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, vom Referenzsystem abweicht.

(48)

Wie in Erwägungsgrund 44 dargelegt, wohnt der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette der Zweck inne, die gesundheits- und sicherheitsspezifische Kontrolle von Lebensmitteln beim Durchlaufen der Lebensmittelkette in Ungarn zu finanzieren. Wie in dem genannten Erwägungsgrund weiter dargelegt, ist davon auszugehen, dass alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer im Allgemeinen und alle Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, im Besonderen sich in Bezug auf diesen Zweck unabhängig von ihren Tätigkeiten oder ihrem Umsatz in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.

(49)

Wie in Erwägungsgrund 37 dargelegt, bewirkt die progressive Gebührenstruktur, die gemäß der 2014 beschlossenen Änderung nur für Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, gilt, dass Unternehmen mit hohem Umsatz im Vergleich zu Betreibern von Geschäften mit niedrigem Umsatz und anderen an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmern sowohl wesentlich höheren marginalen Inspektionsgebühren als auch wesentlich höheren durchschnittlichen Gebührensätzen unterliegen. Mit anderen Worten: Auf der Grundlage der mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführten progressiven Gebührenstruktur werden Unternehmen, die sich im Hinblick auf den Zweck der Inspektionsgebühr in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, in Abhängigkeit von ihren Tätigkeiten und ihrer Größe unterschiedlich behandelt.

(50)

Die Kommission stellt fest, dass insbesondere die in der 2014 beschlossenen Änderung des Lebensmittelkettengesetzes festgelegten Gebührensätze und die damit verbundenen Spannen einen Anstieg der Gebühren für gebührenpflichtige Unternehmen in Abhängigkeit von ihrem Umsatz und damit von ihrer Größe bewirken. Der marginale Gebührensatz liegt bei 0,1 % für Unternehmen, die einen Umsatz von über 500 Mio. HUF, nicht jedoch über 50 Mrd. HUF erzielen. Dieser marginale Satz ist 60 mal so hoch und liegt bei 6 % für Unternehmen, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und einen Umsatz von über 300 Mrd. HUF erzielen. Dieser Anstieg des marginalen Gebührensatzes hat zur Folge, dass das durchschnittliche Gebührenniveau für ein Geschäft mit einem Umsatz in der obersten Spanne wesentlich höher als das durchschnittliche Gebührenniveau für ein Unternehmen mit niedrigerem Umsatz (und somit kleineres Unternehmen) ist.

(51)

Die mit der 2014 beschlossenen Änderung eingeführte progressive Gebührenstruktur weicht somit vom Referenzsystem, das in der Auferlegung einer Inspektionsgebühr für an der Lebensmittelkette in Ungarn beteiligte Unternehmen besteht, ab, wobei sich diese Abweichung zugunsten von Betreibern von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und ein niedrigeres Umsatzniveau aufweisen (also kleineren Unternehmen), auswirkt. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die streitige Maßnahme prima facie selektiv ist.

c)   Begründung

(52)

Eine Maßnahme, die vom Referenzsystem abweicht, ist nicht selektiv, wenn sie durch die Natur oder den Aufbau dieses Systems gerechtfertigt ist. Dies ist der Fall, wenn die selektive Behandlung durch die für die Funktionsweise und Wirksamkeit des Systems notwendigen inhärenten Mechanismen begründet ist (21). Mitgliedstaaten können zu diesem Zweck keine externen politischen Ziele — wie z. B. regional-, umwelt- oder industriepolitische Ziele — geltend machen, um damit eine unterschiedliche Behandlung von Unternehmen im Rahmen eines bestimmten Systems zu rechtfertigen. Es ist Sache des Mitgliedstaats, d. h. der ungarischen Behörden, eine Begründung vorzulegen.

(53)

Die ungarischen Behörden haben argumentiert, dass mit der Abweichung gewährleistet werden solle, dass der Inspektionsgebührensatz in einem angemesseneren Verhältnis zu den Mitteln steht, die die Behörde für die Inspektion größerer Marktteilnehmer benötigt (z. B. Zertifikate, Zeit für die Inspektion mit IT- und Qualitätssicherungssystemen, Zahl der Unternehmensstandorte, Heranziehung von Experten und Fahrzeugkosten). Nach Ansicht der ungarischen Behörden sollten an der Lebensmittelkette beteiligte Marktteilnehmer, die höhere Umsätze erzielen und aufgrund der größeren Zahl ihrer Kunden ein größeres Risiko darstellen, einen größeren Beitrag zur Finanzierung der Lebensmittelketten-Inspektionen leisten.

(54)

Die Kommission ist der Auffassung, dass umsatzabhängige progressive Gebühren nur gerechtfertigt sein können, wenn das mit der Gebühr verfolgte spezifische Ziel solche progressiven Gebührensätze erfordert, d. h. wenn die Kosten, die diese Gebühr decken soll, oder die negativen externen Effekte aus einer Tätigkeit, für die die Gebühr erhoben wird, auch mit dem Umsatz steigen — und zwar überproportional (22). Da die Gebühr für die Überwachung der Einzelhandelsketten die gesundheits- und sicherheitsspezifische Kontrolle von Lebensmitteln beim Durchlaufen der Lebensmittelkette finanzieren soll, sieht die Kommission keinen Grund, weshalb die Kosten solcher Kontrollen bei größeren Unternehmen überproportional zunehmen sollten.

(55)

Ungarn hat zum Beispiel keine Nachweise dafür erbracht, warum der Betreiber eines Einzelhandelsgeschäfts mit hohem Umsatz etwa beim Verkauf einer Packung Zucker ein 60-fach größeres Risiko darstellen oder 60-mal so teure Kontrollen erfordern sollte wie der Betreiber eines kleinen Supermarktes mit niedrigem Umsatz, der die gleiche Packung Zucker verkauft. Während der mit dem Verkauf dieser Packung Zucker erzielte Umsatz für beide Unternehmen vergleichbar ist, ist die Gebühr pro Forint des Umsatzes aus dem Verkauf dieser Packung für den Betreiber des kleineren Supermarktes tatsächlich 60-mal geringer.

(56)

Die Kommission stellt ferner fest, dass das von Ungarn vorgebrachte Argument, dem zufolge an der Lebensmittelkette beteiligte Marktteilnehmer mit höheren Umsätzen mehr zur Finanzierung der Inspektion der Lebensmittelkette beitragen sollten, dadurch untergraben wird, dass ein Geschäft, das kurzlebige Konsumgüter verkauft und einen hohen Umsatz erzielt, für diesen Umsatz höheren Gebührensätzen unterliegt als andere an der Lebensmittelkette beteiligte Marktteilnehmer, die keine kurzlebige Konsumgüter verkaufen und das gleiche Umsatzniveau aufweisen, aber weiterhin einem Pauschalsatz von 0,1 % unterliegen.

(57)

Die Kommission ist dementsprechend nicht der Auffassung, dass die Maßnahme durch die Natur oder den allgemeinen Aufbau des Referenzsystems gerechtfertigt ist. Es ist daher festzustellen, dass die Maßnahme Unternehmen, die Geschäfte betreiben, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen und einen niedrigeren Umsatz aufweisen (und damit kleineren Unternehmen) einen selektiven Vorteil verschafft.

4.1.4.   Verfälschung des Wettbewerbs und Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten

(58)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist eine Maßnahme nur dann als staatliche Beihilfe einzustufen, wenn sie den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und sich auf Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirkt. Die Maßnahme findet auf Unternehmen Anwendung, die aus bestimmten, mit der Lebensmittelkette zusammenhängenden Tätigkeiten Umsätze erzielen und kurzlebige Konsumgüter auf dem ungarischen Markt verkaufen, u. a. auch auf Marktteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten. Der Markt, den die Unternehmen, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, bedienen, ist — sowohl in Ungarn als auch in anderen Mitgliedstaaten — dadurch gekennzeichnet, dass Marktteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten anwesend sind, die faktisch auf internationaler Ebene tätig sind oder sein könnten. Der progressive Charakter der umsatzabhängigen Gebühr könnte manche dieser Marktteilnehmer zum Nachteil anderer erheblich begünstigen und ihre Stellung auf dem ungarischen Markt und auf dem europäischen Markt insgesamt stärken. Die Maßnahme hat daher einen Einfluss auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen, die der progressiven Gebühr unterliegen, sie verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen und wirkt sich auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten aus.

4.1.5.   Schlussfolgerung

(59)

Da alle Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt sind, ist die Kommission der Auffassung, dass die mit der 2014 beschlossenen Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes eingeführte progressive Gebührenstruktur für Unternehmen, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, eine staatliche Beihilfe im Sinne der genannten Bestimmung des AEUV bildet.

4.2.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt

(60)

Eine staatliche Beihilfe ist als mit dem Binnenmarkt vereinbar zu betrachten, wenn sie in eine der in Artikel 107 Absatz 2 AEUV angeführten Kategorien (23) fällt; sie kann als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn die Kommission feststellt, dass sie in eine der in Artikel 107 Absatz 3 AEUV genannten Kategorien (24) fällt. Jedoch trägt der Mitgliedstaat, der die staatliche Beihilfe gewährt, die Beweislast dafür, dass die von ihm gewährte staatliche Beihilfe nach Artikel 107 Absätze 2 oder 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (25).

(61)

Die Kommission stellt fest, dass die ungarischen Behörden keine Argumente für die Vereinbarkeit der 2014 beschlossenen Änderung des ungarischen Lebensmittelkettengesetzes mit dem Binnenmarkt vorgelegt haben. Ungarn hat zu den im Einleitungsbeschluss geäußerten Zweifeln über die Vereinbarkeit der Maßnahme nicht Stellung genommen und auf die Stellungnahmen des Beteiligten zur Vereinbarkeit nicht reagiert. (26) Die Kommission ist der Auffassung, dass keine der in den vorstehenden Bestimmungen bezeichneten Freistellungen bzw. Ausnahmen anwendbar ist, da die Maßnahme nicht auf die Erreichung eines der in diesen Bestimmungen aufgelisteten Ziels ausgerichtet zu sein scheint. Daher kann die Maßnahme nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar eingestuft werden.

(62)

Die Kommission erinnert ferner daran, dass sie staatliche Beihilfe, die gegen andere Regeln des Unionsrechts, wie die im AEUV verankerten Grundfreiheiten oder die Bestimmungen der Verordnungen und Richtlinien der Union, verstoßen, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären kann. In dieser Hinsicht wurden die im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken der Kommission, dass die Maßnahme insbesondere auf in ausländischem Eigentum stehende Unternehmen abzielt, was eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 49 AEUV über die Grundfreiheit der Niederlassung darstellen könnte, nicht ausgeräumt. Ungarn hat zu dem möglichen Verstoß gegen Artikel 49 AEUV und zu den Ausführungen des Beteiligten zu diesem Aspekt nicht Stellung genommen.

(63)

Ungarn machte geltend, dass die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 die Rechtsgrundlage für die 2014 beschlossene Änderung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette sei. Auf Grundlage der von den ungarischen Behörden gelieferten Informationen (27) vertritt die Kommission aus den folgenden vier Gründen nicht die Auffassung, dass die Maßnahme — in der 2014 geänderten Form — mit der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vereinbar ist.

(64)

Erstens: Auf der Grundlage der von Ungarn gelieferten Informationen ist weder nachgewiesen worden, dass die — 2014 geänderte — Inspektionsgebühr gemäß den in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 festgelegten Kriterien für die Gebührenberechnung berechnet wurde, noch dass sie die den zuständigen Behörden bei ihrer amtlichen Kontrolltätigkeit erwachsenden Gesamtkosten nicht überstieg, so wie es in Artikel 27 Absatz 4 Buchstabe a dieser Verordnung ausdrücklich vorausgesetzt wird.

(65)

Zweitens: Die bei der Erstellung der Berechnungsmethode der Inspektionsgebühr berücksichtigten Kosten scheinen nicht mit jenen im Einklang zu stehen, die in Artikel 27 Absatz 4 Buchstabe a in Verbindung mit Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 genannt sind. Wenngleich die Kosten für die Gebührenberechnung nach letzterer Bestimmung die Kosten für die „Löhne und Gehälter des bei den amtlichen Kontrollen eingesetzten Personals“ umfassen können, haben die ungarischen Behörden der Kommission mitgeteilt, dass die von ihnen berechnete Inspektionsgebühr auch die (höheren) Kosten aus der umfassenderen Kategorie „Personalgehälter“ deckten (28).

(66)

Drittens: Obwohl die ungarischen Behörden zur Berechnung von pauschalen Gebühren im Einklang mit Artikel 27 Absatz 4 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 berechtigt sind, haben sie keine stichhaltige Begründung für den progressiven Charakter dieser Inspektionsgebühr und für ihre Strukturen (Gebührenstaffelungen und -sätze) vorgelegt. Insbesondere hat Ungarn keine Nachweise erbracht, dass die progressive Gebührenstruktur (Gebührensätze und Umsatzspannen) für Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, einem ähnlichen progressiven Muster bei den Kosten entspricht, die dem Nationalen Amt für die Sicherheit der Lebensmittelkette bei der Inspektion der genannten Unternehmen entstehen.

(67)

Viertens: Wenngleich die progressive Gebühr im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nach Angaben Ungarns gerechtfertigt sei, weil eine Gebühr benötigt werde, die den größeren Verwaltungsmitteln entspricht, die die zuständigen Behörden für ihre Kontrollen von großen Marktteilnehmern benötigen, erkennt die Kommission angesichts der Art der amtlichen Kontrollen nicht, warum die Prüfung von mehreren Filialen großer Einzelhandelsunternehmen teurer oder komplexer sein kann als die Prüfung von mehreren Filialen von Marktteilnehmern im Franchisesystem (die jedoch erheblich geringeren Inspektionsgebühren unterliegen, weil der Umsatz jeder einzelnen Filiale für sich genommen wesentlich geringer ist).

(68)

In Anbetracht der obigen Ausführungen ist die Kommission nicht der Auffassung, dass die mit der Maßnahme einhergehenden Unterschiede in der steuerlichen Behandlung zur Erfüllung der in der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vorgesehenen Verpflichtungen erforderlich und angemessen sind.

4.3.   Das geänderte Gesetz über die Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette

(69)

Wie in Abschnitt 3.2. ausgeführt, basiert die zum 17. November 2015 geänderte Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette nicht länger auf progressiven Gebührensätzen. Das Gesetz CLXXXII aus dem Jahr 2015 zur Änderung des Gesetzes XLVI über die Lebensmittelkette aus dem Jahr 2008 und der diesbezüglichen amtlichen Überwachung sieht stattdessen einen Pauschalsatz von 0,1 % für alle an der Lebensmittelkette beteiligten Marktteilnehmer vor. Durch die Abschaffung der progressiven Gebührenstruktur werden die im Einleitungsbeschluss geltend gemachten beihilferechtlichen Bedenken hinsichtlich der progressiven Struktur ausgeräumt.

4.4.   Rückforderung der Beihilfe

(70)

Die Änderung aus dem Jahr 2014 wurde weder zur Genehmigung angemeldet noch von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt. Da die Änderung aus dem Jahr 2014 eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV und eine neue Beihilfe im Sinne des Artikels 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates (29) darstellt, die unter Verstoß gegen das Durchführungsverbot nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV durchgeführt wurde, stellt diese Maßnahme zudem eine rechtswidrige Beihilfe im Sinne des Artikels 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2015/1589 dar.

(71)

Da die Maßnahme eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellt, ist die Beihilfe nach Artikel 16 der Verordnung (EU) 2015/1589 von ihren Empfängern zurückzufordern.

(72)

Infolge der Aussetzungsanordnung, die die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss erlassen hat, hat Ungarn jedoch bestätigt, dass es die Zahlung der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette für jene Unternehmen, die in die betreffende Kategorie der progressiven Inspektionsgebühr fallen, ausgesetzt hat.

(73)

Deshalb kam es im Rahmen der Maßnahme nicht zu einer effektiven Beihilfegewährung. Aus diesem Grund ist keine Rückforderung erforderlich.

5.   SCHLUSSFOLGERUNG

(74)

Die Kommission stellt fest, dass Ungarn die in Rede stehende Beihilfe rechtswidrig unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union durchgeführt hat.

(75)

Dieser Beschluss ergeht unbeschadet einer möglichen Prüfung der Vereinbarkeit der Maßnahme mit den im AEUV verankerten Grundfreiheiten, insbesondere mit der Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 49 AEUV —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die mit der Änderung des Gesetzes LXXIV im Jahr 2014 eingeführte progressive Gebührenstruktur (Gebührensätze und Umsatzspannen) für Betreiber von Geschäften, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen, stellt eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar, die unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig durchgeführt wurde.

Artikel 2

Die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung bewilligte Einzelbeihilfe stellt keine Beihilfe dar, wenn sie zum Zeitpunkt der Gewährung die Voraussetzungen der Verordnung erfüllt, die nach Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates (30) bzw. der Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates (31) (d. h. der zum Zeitpunkt der Gewährung geltenden Verordnung) erlassen wurde.

Artikel 3

Ungarn stellt alle ausstehenden Beihilfezahlungen nach der in Artikel 1 genannten Regelung mit dem Datum der Annahme dieses Beschlusses ein.

Artikel 4

Ungarn gewährleistet, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an Ungarn gerichtet.

Brüssel, den 4. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 277 vom 21.8.2015, S. 12.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über Besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(3)  Vgl. Fußnote [1].

(4)  Die ungarischen Behörden haben in ihrem Antwortschreiben an die Kommission vom 16. April 2015 dargelegt: „Die folgenden Tätigkeiten unterliegen einer Inspektionsgebühr:

Vertrieb von Tieren, die zur Nahrungsmittelproduktion, Zucht oder zu Versuchszwecken gehalten werden;

Vertrieb von Pflanzen, die für Zwecke der Nahrungsmittel- oder Tierfuttermittelproduktion angebaut wurden, sowie von Saatgut, pflanzlichen Erzeugnissen, Verbreitungsmaterial und Pflanzgut;

Lebensmittelproduktion oder -vertrieb, einschließlich Gaststättengewerbe und öffentliche Gemeinschaftsverpflegung;

Produktion oder Vertrieb von Tierfutter;

Produktion oder Vertrieb von veterinärmedizinischen Präparaten und Produkten;

Produktion oder Vertrieb von Pestiziden, Mitteln zur Ertragssteigerung oder EG-Düngemitteln;

Behandlung, Nutzung, Weiterverarbeitung und Transport von Nebenprodukten tierischen Ursprungs oder Inverkehrbringen von daraus hergestellten Produkten;

Führung eines Unternehmens, das Folgendes betreibt: Transport von Nutztieren, eine Anlage zum Waschen und Desinfizieren von Fahrzeugen für den Viehtransport, eine Quarantänestation zur Aufnahme von Tieren eines fremden Bestandes, eine Tierverladeanlage, eine Sammelstation, einen Handelsplatz, eine Fütterungs- und Tränkungsstation, eine Ruhestation oder einen Tiermarkt;

Produktion oder Lagerung von Vermehrungsmaterial;

Betrieb eines phytosanitären, veterinären oder Lebensmittel- bzw. Tierfuttermittelanalyse-Labors;

Vertrieb von Geräten für die Kennzeichnung von Tieren.“

(5)  Gesetz LXXIV aus dem Jahr 2014, mit dem bestimmte Steuergesetze und andere damit verbundene Gesetze sowie das Gesetz CXXII aus dem Jahr 2010 über die Nationale Steuer- und Zollverwaltung geändert werden.

(6)  Kurzlebige Konsumgüter werden in Artikel 2 Absatz 18a des ungarischen Handelsgesetzbuchs wie folgt definiert: „kurzlebige Konsumgüter: mit Ausnahme von Gütern, die im Gaststättengewerbe verkauft werden, jene Lebensmittel, Kosmetika, Drogerieartikel, Haushaltsreiniger und Haushaltschemikalien, Hygienepapierprodukte, die die täglichen Bedürfnisse und Anforderungen der Bevölkerung befriedigen und die der Konsument typischerweise innerhalb eines Jahres konsumiert, aufbraucht oder ersetzt.“ Gemäß Artikel 2 Absatz 18b des ungarischen Handelsgesetzbuchs sind „Geschäfte, die kurzlebige Konsumgüter verkaufen“, „jene Geschäfte, bei denen kurzlebige Konsumgüter den überwiegenden Teil des Umsatzes ausmachen.“

(7)  Für die Zwecke dieses Beschlusses umfasst der Verweis auf Betreiber von Geschäften, in denen kurzlebige Konsumgüter verkauft werden, alle Unternehmen, die der Gebühr für die Inspektion der Lebensmittelkette im Hinblick auf Umsätze aus Geschäften, in denen kurzlebige Konsumgüter verkauft werden, unterliegen.

(8)  Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 165 vom 30.4.2004, S. 1).

(9)  Urteil Deutsche Bahn/Kommission, T-351/02, EU:T:2006:104, Rn. 102.

(10)  Urteil Frankreich/Ladbroke Racing Ltd und Kommission, C-83/98 P, EU:C:2000:248, Rn. 48 bis 51. Ebenso kann eine Maßnahme, die bestimmten Unternehmen eine Steuerermäßigung oder eine Stundung für normalerweise fällige Steuerzahlungen gewährt, eine staatliche Beihilfe sein, siehe die verbundenen Rechtssachen Paint Graphos u. a., C-8/08 bis C-0/08, EU:C:2011:550, Rn. 46.

(11)  Urteil Adria-Wien Pipeline, C-143/99, EU:C:2001:598, Rn. 38.

(12)  Urteil Air Liquide Industries Belgium, C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403, Rn. 30, und Urteil Banco Exterior de Espana, C-387/92, EU:C:1994:100, Rn. 14.

(13)  Siehe Urteil Italien/Kommission, C-66/02, EU:C:2005:768, Rn. 78; Urteil Cassa di Risparmio di Firenze u. a., C-222/04, EU:C:2006:8, Rn. 132; Urteil Ministerio de Defensa und Navantia, C-522/13, EU:C:2014:2262, Rn. 21 bis 31. Siehe auch Randnummer 9 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(14)  Vgl. zum Beispiel Urteil Kommission/Niederlande, C-279/08 P, EU:C:2011:551; Urteil Adria-Wien Pipeline, C-143/99, EU:C:2001:598; Urteil Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550; Urteil GIL Insurance, C-308/01, EU:C:2004:252.

(15)  Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(16)  Vgl. Fußnote 4.

(17)  Verbundene Rechtssachen Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732.

(18)  Ebd., Rn. 92.

(19)  Urteil British Aggregates/Kommission, C-487/06 P, Rn. 85 und 89 und die dort angeführte Rechtsprechung, und Urteil Kommission/Niederlande, NOx), C-279/08 P, EU:C:2011:551, Rn. 51.

(20)  Urteil Kommission und Spanien/Government of Gibraltar und Vereinigtes Königreich, C-106/09 P und C-107/09 P, EU:C:2011:732. Vgl. in Analogie auch Urteil Hervis Sport- és Divatkereskedelmi Kft., C-385/12, EU:C:2014:47, in dem der Gerichtshof festgestellt hat, „dass die Art. 49 AEUV und 54 AEUV dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats betreffend eine Steuer auf den Umsatz des Einzelhandels in Verkaufsräumen entgegenstehen, die die Steuerpflichtigen, die in einer Unternehmensgruppe „verbundene Unternehmen“ im Sinne dieser Regelung bilden, verpflichtet, ihre Umsätze im Hinblick auf die Anwendung eines stark progressiven Steuersatzes zusammenzurechnen und sodann den auf diese Weise erhaltenen Steuerbetrag anteilsmäßig nach ihrem tatsächlichen Umsatz untereinander aufzuteilen, wenn — was zu prüfen dem vorlegenden Gericht obliegt — die einer Unternehmensgruppe angehörenden und von der höchsten Tarifstufe der Sondersteuer erfassten Steuerpflichtigen in den meisten Fällen mit Unternehmen „verbunden“ sind, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben.“

(21)  Vgl. beispielsweise Urteil Paint Graphos u. a., C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550, Rn. 69.

(22)  Tatsächlich bewirkt ein Pauschalsatz bereits eine höhere Gebühr für Geschäfte mit höherem Umsatz.

(23)  Die in Artikel 107 Absatz 2 AEUV vorgesehenen Ausnahmen betreffen: a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher; b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, und c) Beihilfen für bestimmte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland.

(24)  Die in Artikel 107 Absatz 3 AEUV vorgesehenen Freistellungen betreffen: a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von bestimmten Gebieten; b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats; c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete; d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes und e) Beihilfen, die der Rat durch einen Beschluss bestimmt.

(25)  Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T-68/03, EU:T:2007:253 Rn. 34.

(26)  Wie in Erwägungsgrund (4) ausgeführt, wurde diese Stellungnahme am 13. Oktober 2015 an Ungarn zur etwaigen Stellungnahme weitergeleitet.

(27)  Der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit mit Schreiben vom 26. Februar [Ares(2015)835210] bzw. vom 19. Mai 2015 [Ares (2015)2083309] übermittelte Informationen.

(28)  Vgl. das Schreiben der ungarischen Behörden an die Dienststellen der Kommission vom 7. Oktober 2015.

(29)  Verordnung (EU) Nr. 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 9).

(30)  Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 142 vom 14.5.1998 S. 1).

(31)  Verordnung (EU) 2015/1588 des Rates vom 13. Juli 2015 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1).


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/75


BESCHLUSS (EU) 2016/1849 DER KOMMISSION

vom 4. Juli 2016

über die Maßnahme SA.41613 — 2015/C (ex SA.33584 — 2013/C (ex 2011/NN)) der Niederlande in Bezug auf den Profifußballverein PSV Eindhoven

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4093)

(Nur der niederländische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im Mai 2011 erfuhr die Kommission aus Presseberichten und durch Schriftsätze von Bürgern, dass die Gemeinde Eindhoven plant, den Eindhovener Profifußballverein Philips Sport Vereniging (im Folgenden: „PSV“) durch ein finanzielles Rechtsgeschäft zu unterstützen. In den Jahren 2010 und 2011 gingen bei der Kommission auch Beschwerden über Maßnahmen zugunsten anderer Profifußballvereine in den Niederlanden, nämlich MVV Maastricht, Willem II Tilburg, FC Den Bosch aus 's-Hertogenbosch und NEC aus Nijmegen, ein. Am 26. und 28. Juli 2011 übermittelten die Niederlande der Kommission Auskünfte über die Maßnahme betreffend PSV.

(2)

Mit Schreiben vom 6. März 2013 setzte die Kommission die Niederlande über ihren Beschluss in Kenntnis, wegen der Maßnahmen zugunsten von Willem II Tilburg, NEC, MVV Maastricht, PSV und FC Den Bosch das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den in Rede stehenden Maßnahmen Stellung zu nehmen.

(4)

Zu der Maßnahme zugunsten von PSV nahmen die Niederlande mit Schreiben vom 6. Juni und 12. November 2013 und vom 12. und 14. Januar und 22. April 2016 Stellung.

(5)

Bei der Kommission gingen Stellungnahmen der folgenden Beteiligten ein: von der Gemeinde Eindhoven (im Folgenden „Gemeinde“) am 23. Mai 2013, am 11. September 2013 und am 26. September 2013 und von PSV am 24. Mai 2013. Die Kommission leitete diese an die Niederlande weiter und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Niederlande übermittelten eine Stellungnahme mit Schreiben vom 12. November 2013.

(6)

Am 9. Juli 2013, 25. Februar 2015 und 13. Oktober 2015 fanden Treffen mit den Niederlanden statt.

(7)

Am 17. Juli 2013 reichte die Gemeinde beim Gericht der Europäischen Union Klage gegen den Einleitungsbeschluss vom 6. März 2013 ein (3).

(8)

Entsprechend dem Einleitungsbeschluss und im Einvernehmen mit den Niederlanden wurden die Untersuchungen in Bezug auf die verschiedenen Vereine getrennt behandelt. Die Untersuchung betreffend PSV wurde als Sache SA.41613 registriert.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Die Maßnahme

(9)

Der niederländische Fußballverband Koninklijke Nederlandse Voetbal Bond (im Folgenden „KNVB“) ist die Dachorganisation für Meisterschaften im Profi- und Amateurfußball. In den Niederlanden gibt es zwei Profifußball-Ligen. In der Saison 2014/2015 gab es 38 Profifußballvereine, von denen 18 in der höchsten Spielklasse (Eredivisie) und 20 in der zweiten Liga (Eerste Divisie) spielten.

(10)

PSV wurde im Jahr 1913 gegründet und trägt seine Heimspiele in Eindhoven aus. Im Jahr 1999 wurden die kommerziellen Tätigkeiten von PSV in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung [naamloze vennootschap] zusammengefasst Mit Ausnahme einer Aktie besitzt Foundation PSV Football sämtliche Aktien. Die verbleibende Akte besitzt Eindhoven Football Club PSV. PSV spielt in der höchsten Spielklasse und kämpft in dieser Liga regelmäßig um die Spitzenplätze. In den Saisons 2014/2015 und 2015/2016 wurde PSV Meister in der Eredivisie. PSV nimmt regelmäßig an europäischen Turnieren teil und gewann sowohl den Europapokal (1987/1988) als auch den UEFA-Pokal (1977/1978).

(11)

PSV ist Besitzer seines Fußballstadions namens Philips-Stadion (im Folgenden „Stadion“). Bis zum Jahr 2011 war PSV auch Eigentümer des Stadiongrundstücks und des Trainingsgeländes De Herdgang. Im Jahr 2011 war PSV mit ernsthaften Liquiditätsproblemen konfrontiert. Deshalb wandte sich PSV an die Gemeinde, das Unternehmen Philips und einige andere Unternehmen in Eindhoven sowie an bestimmte Banken. Einige dieser Unternehmen stimmten der Gewährung neuer bzw. der Verlängerung bestehender Kredite zu, um PSV zu helfen, die schwierige Zeit zu überbrücken.

(12)

Zu diesem Zeitpunkt verhandelten die Gemeinde und PSV über ein Verkaufs- und Rückpachtgeschäft. Sie einigten sich darauf, dass die Gemeinde das Stadiongrundstück und das Grundstück des Trainingsgeländes für 48 385 000 EUR kauft. Der Wert des Stadiongrundstücks wurde mit 41 160 000 EUR veranschlagt. Zur Finanzierung des Kaufs nahm die Gemeinde bei einer Bank ein langfristiges Darlehen in gleicher Höhe zu einem festen Zinssatz auf. Das Stadiongrundstück wurde PSV dann über eine 40-jährige Erbpacht (erfpacht), die auf Verlangen von PSV verlängert werden kann, zur Verfügung gestellt. Der jährliche Pachtzins beträgt 2 463 030 EUR. Der jährliche Gesamtpachtzins setzt sich aus Pachtzinsen für das Stadiongrundstück (1 863 743 EUR), für das Grundstück des Trainingsgeländes (327 151 EUR) und für einen Parkplatz (272 135 EUR) zusammen. Der Vertrag enthielt eine Klausel, wonach die Pachtzinsen nach 20 Jahren überprüft wird.

(13)

Die Niederlande haben dieses Verkaufs- und Rückpachtgeschäft nicht gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV vorab bei der Kommission angemeldet.

2.2.   Gründe für die Einleitung des Verfahrens

(14)

Im Einleitungsbeschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass Beihilfemaßnahmen für Profifußballvereine den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigen. Die Kommission bezweifelte auch die Angemessenheit des festgesetzten Verkaufspreises für das Stadiongrundstück und der festgesetzten Grundstückspacht. Sie kam zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass die Gemeinde dem Fußballverein PSV durch den Einsatz staatlicher Mittel einen selektiven Vorteil verschafft und ihm somit eine Beihilfe gewährt hatte.

(15)

Da sich die Niederlande insbesondere auf die Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand (4) (im Folgenden „Mitteilung zum Verkauf von Immobilien“) stützen, wiederholte die Kommission, dass der Leitfaden in dieser Mitteilung laut seiner Einführung nur „Verkäufe von Bauten oder Grundstücken der öffentlichen Hand“ betrifft. Er betrifft nicht den Erwerb von Grundstücken oder die Abtretung oder Vermietung von Grundbesitz durch die öffentliche Verwaltung. Derartige Geschäfte können ebenfalls Elemente staatlicher Beihilfe enthalten.

(16)

Die Kommission stellte in Bezug auf die externen Gutachten, auf die sich die Gemeinde stützt, die Richtigkeit der Berechnungen aufgrund von Grundstückspreisen für gemischte Verwendung anstelle von Grundstückspreisen für ein Stadion infrage. Die Kommission stellte auch infrage, wie realistisch die verwendeten Gewinn- und Risikomargen waren, die für die Berechnung des Grundstückwertes für künftige Entwicklungen nach Ablauf der Erbpacht herangezogen wurden.

(17)

Zu diesem Zeitpunkt war die Kommission nicht davon überzeugt, dass die Gemeinde die Absicht hatte sicherzustellen, dass das Rechtsgeschäft dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers entspricht (im Folgenden „MEIP“). Vielmehr wollte sie einen Verlust vermeiden; d. h., es wurden Sicherungen eingebaut, um das Rechtsgeschäft für den Haushalt der Gemeinde neutral zu gestalten. Dies wäre für einen typischen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber selbst dann nicht akzeptabel gewesen, wenn er sich bei der Bewertung der Grundstücke und der Festsetzung der Pachtzinsen auf externe Gutachten gestützt hätte.

3.   STELLUNGNAHMEN DER NIEDERLANDE

(18)

Die Niederlande sind der Ansicht, bei den Rechtsgeschäften handele es sich aus den folgenden Gründen um keine staatliche Beihilfe: a) der Grundstückswert und der jährliche Pachtzins wurden durch externe Sachverständige im Einklang mit der Mitteilung zum Verkauf von Immobilien festgestellt. Diese Mitteilung bilde den Rahmen, nach dem das Rechtsgeschäft beihilferechtlich zu bewerten sei; b) PSV zahlt der Gemeinde mit der Erbpacht eine Pacht, die höher ist als die Raten, die die Gemeinde an die Bank zahlt, wodurch sicherstellt ist, dass der Vorgang für die Gemeinde finanziell mehr als nur neutral ist; c) PSV leistet für diese Zahlungen eine Sicherheit, die durch den Verkauf von Dauerkarten gedeckt ist; d) sollte PSV Konkurs anmelden, fällt das Grundstück und das Stadion an die Gemeinde zurück; e) der Pachtzins wird nach 20 Jahren auf der Grundlage eines neuen Bewertungsberichts überprüft.

(19)

Nach Ansicht der Niederlande handelte die Gemeinde beim Erwerb des Stadiongeländes zu Marktbedingungen und im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers und dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Gläubigers. Sie beauftragte eine unabhängige Grundstücksbewertung, um den Kaufpreis auf der Grundlage des Grundstückmarktwertes zu bestimmen.

(20)

Bezüglich der Grundstücksbewertung als Grundstück für gemischte Verwendung stellten die Niederlande fest, dass das Verhalten eines öffentlichen Kapitalgebers mit dem eines privaten Kapitalgebers im Hinblick darauf zu vergleichen sei, wie sich ein privater Kapitalgeber bei dem fraglichen Vorgang, angesichts der zum entsprechenden Zeitpunkt verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen, verhalten hätte. Daher wurde ein Sachverständiger beauftragt, den Wert des Grundstücks in seinem aktuellen Zustand bei einem Verkauf zu dem besten Preis zu bestimmen, der bei einem gut vorbereiteten Verkaufsverfahren und unter Berücksichtigung des Entwicklungspotenzials des Geländes zu erzielen wäre.

(21)

Dementsprechend beziehen sich die Niederlande auf den unabhängigen Bewertungsbericht, in dem festgestellt wird, dass eine Bewertung das Grundstück beeinflussende, realistisch mögliche und absehbare zukünftige Entwicklungen in Betracht ziehen müsse. Der Bericht berücksichtigt die mögliche Entwicklung des Stadiongeländes und stellt fest, dass eine Nutzung als Mischgebiet mit Büro- und Wohngebäuden am wahrscheinlichsten wäre, sofern das Stadion abgerissen wird. Es wäre angemessen, die Bewertung auf diese Aussicht zu stützen, selbst wenn eine solche Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten nicht eintreten könnte. Die Niederlande und der Bewertungsbericht unterstreichen, dass diese Annahme vor allem deshalb realistisch sei, weil das Grundstück im Zentrum der Stadt gelegen ist. Für zentral gelegene Grundstücke ist das Potenzial für eine progressive Wertentwicklung viel größer als für an der Peripherie gelegene Grundstücke. Im vorliegenden Fall befindet sich die Gemeinde weiterhin in der komfortablen Lage, selbst über die Stadtplanung und damit auch über die mögliche künftige Nutzung des Stadions zu entscheiden.

(22)

Die Niederlande vertreten die Ansicht, dass die zukünftige/möglich gemischte Nutzung des Grundstücks für Wohnungen/Büros der logischen Stadtentwicklung der jüngsten Vergangenheit und den weiteren Perspektiven für das Gebiet, in dem das Stadion liegt, folgt. Die direkte Umgebung des Grundstücks hat sich von einem überwiegenden Industriegebiet zu einem gemischten Wohn- und Bürogebiet im Zentrum der Stadt entwickelt. Die Gemeinde hat ein eigenes Interesse am Stadionbereich, weil der Erwerb von strategischen Grundstücken Teil ihrer Stadtentwicklungsstrategie ist, die in der „Interimstructuurvisie 2009“ festgelegt ist. Dieses Dokument bildet den Rahmen für die Umgestaltung von stillgelegten Industriegebieten in zentrale städtische Gebiete mit einer Mischung aus Wohnbauten, kreativen Freizeitmöglichkeiten, Geschäften und Büros. Zu dieser Strategie gehört erklärtermaßen als Teil der langfristigen Investitionsstrategie zur Realisierung dieser Pläne die frühzeitige Sicherung strategischer Grundstücke. Weil die Gemeinde nicht alle einzelnen Raumplanungen gleichzeitig realisieren kann, will sie den Erwerb (zur Sicherung) von Grundstücken als Teil dieser Logik auch mit langfristigen Pachtverträgen kombinieren. Die Vereinbarung über das Stadion folgt dieser Planungslogik. Nach Ansicht der Gemeinde war der Eigentumserwerb eine willkommene und im Interesse der Gemeinde liegende Gelegenheit. Gleichzeitig sichere der Grundstückserwerb für die Dauer der Erbpacht einen verlässlichen Zufluss von Einnahmen.

(23)

Daher vertritt der Bewertungsbericht unter Bezug auf den allgemein anerkannten Grundsatz, wonach der Wert eines Grundstücks anhand der intensivsten und besten Nutzung eines Gebiets geschätzt werden sollte, die Auffassung, dass der Preis auf einem gemischt genutzten Grundstück beruhen sollte. Der Bewertungsbericht berücksichtigt auch die voraussichtlichen Kosten für den Abriss der bestehenden Gebäude und die Entwicklung des Gebiets sowie die für den Bau von Wohnungen und Büros erwarteten Kosten. Die Bewertung ermittelt den möglichen Wert der Büros und Wohnungen unter Bezugnahme auf die jüngsten Entwicklungen in der Nachbarschaft. Als zusätzlichen Risikopuffer baut der Sachverständige für Wertermittlung im Vergleich zu ähnlichen Projekten eine Geschossflächenzahl von nur 80 % ein.

(24)

Der Grundstücksbewertungsbericht ermittelt den jährlichen Pachtzins anhand der angenommenen Werte für das Stadiongrundstück und das Grundstück der Trainingsgeländes (zusammen mit 48 385 000 EUR bewertet) sowie dem Parkplatz (mit 6 010 000 EUR bewertet), der sich schon im Besitz der Gemeinde befand. Als Referenz verwendet er den Zinssatz für langfristige niederländische Staatsanleihen im Jahr 2011 von 3,54 %. Um das Risiko einer Grundstückswertminderung und/oder eines Zahlungsausfalls abzudecken, schlägt er eine Prämie von 1,5 % auf. Der Pachtzins ist daher so festgelegt, dass der Gemeinde eine Rendite von 5,04 % zur Verfügung steht.

(25)

Die Bewertung des externen Sachverständigen geht von einer Grundstückswertsteigerung über 40 Jahre entsprechend der erwarteten durchschnittlichen Inflationsrate von jährlich 1,7 % aus. Auf dieser Grundlage findet es die Bewertung als angemessen, dass PSV einen jährlichen Pachtzins in Höhe von 2 463 030 EUR bezahlt. Die Niederlande machen geltend, dass dieser Betrag den Pachten, die Profifußballvereine anderswo im Land für Stadionpachten bezahlen, entspricht und deshalb im Einklang mit den Marktbedingungen ist. In Bezug auf die angenommene Grundstückswertsteigerung von 1,7 % berücksichtigt die Studie als Sicherheitsmarge nach 20 Jahren eine Minderung des akkumulierten Grundstückswerts um 22,5 % und legt den geschätzten Pachtzins ab dem 21. Jahr auf dieser niedrigeren Basis fest. Angesichts der Sicherheitsmarge von 22,5 % beläuft sich die in der Bewertung tatsächlich verwendete Wertzuwachsrate für die gesamten 40 Jahre auf 1,01 % (0,4 % für die ersten 20 Jahre).

(26)

Der Bericht räumt ein, dass langfristige Pachtverträge von mehr als 15 Jahren bestimmte Risiken beinhalten können. Aus der Sicht eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers wird der lange Zeitraum, in dem er den Wert einer in einem Mischgebiet gelegenen Immobilie noch nicht realisieren kann, durch den Pachtzins-Aufschlag ausgeglichen, der bereits auf dem angenommenen Wert eines gemischt genutzten Grundstücks beruht. Dies wird nach 20 Jahren anhand eines neuen Bewertungsberichts umfassend überprüft. Diese Überprüfung würde den Grundstückswert und eine angemessene Rendite auf diesen Wert berücksichtigen. Die Pacht bringt während der Pachtdauer Einnahmen und danach die Möglichkeit, das Potenzial des Grundstücks zu realisieren.

(27)

Die Risiken für die Gemeinde würden auch durch weitere Faktoren begrenzt. Der Bewertungsbericht geht in Bezug auf das Flächennutzungsrisiko von bestimmten Annahmen zum Flächennutzungsplan aus. Diese basieren auf der Tatsache, dass die Gebiete rund um das Stadion im Flächennutzungsplan nicht mehr als industriell, sondern als gemischt genutzte Gebiete ausgewiesen wurden. In einem Fall erreichte ein Kapitalgeber die Neuausweisung im Flächennutzungsplan innerhalb von acht Wochen. Daher unterstellen die Bewertungssachverständigen diese Annahme als realistisch. Dabei wurde die Befugnis der Gemeinde, den Planungsprozess zu beeinflussen, nicht mit einbezogen, sondern die Entwicklung in den umliegenden Gebieten und die Verwaltungspraxis bei der Erteilung von Baugenehmigungen und Neuausweisungen für private Bauträger betrachtet. Die Planungsgesetze ermöglichen flexible Umbenennungen. Der Bewertungsbericht ging von einer geringeren Bebauungsdichte als in den Nachbargrundstücken aus, um die Berechnungsrisiken weiter zu reduzieren.

(28)

Selbst wenn der Flächennutzungsplan für das Stadion in seinem aktuellen Zustand bestehen bliebe, wären diese Risiken nicht groß dar. Der aktuelle Flächennutzungsplan sieht ein Stadion und eine gewerbliche Verwendung vor. Ein unveränderter Flächennutzungsplan würde nur zu einem etwas geringeren Grundstückswert führen. Nach Ansicht der Niederlande würde er jede gewerbliche Nutzung auf dem Gelände und die Entwicklung erfolgreicher gewerblicher Tätigkeiten ermöglichen. Der unabhängige Sachverständige für Wertermittlung war der Auffassung, dass eine gemischte Verwendung die geeignete Grundlage für eine Bewertung ist. Der Vorschlag dazu kam nicht von der Gemeinde.

(29)

Der Erbpachtvertrag sieht vor, dass die Gemeinde über das Grundstück und das Stadion frei verfügen und das Grundstückspotenzial entwickeln kann, falls PSV den Pachtzins nicht bezahlt oder Konkurs anmeldet. Die Gebäude auf dem Grundstück werden dann zum Eigentum der Gemeinde. Wie oben erwähnt, berücksichtigt der Kaufpreis von 48 385 000 EUR bereits die voraussichtlichen Abriss- und Entwicklungskosten und den Pachtzins wird in 20 Jahren umfassend überprüft. Außerdem verpfändete PSV den Erlös aus seinen Dauerkarten als Sicherheit für die Zahlung des Pachtzinses und leistete (für einen Zeitraum von zunächst zehn Jahren) eine Anzahlung in Höhe von zwei Jahren Grundstückspacht.

(30)

Am Ende des Pachtvertrags wird die Gemeinde nicht nur die Zinsen vereinnahmt haben, sondern weiterhin Eigentümer des Stadiongrundstücks sein, mit einem im Verhältnis zu heute vermutlich höheren Wert und verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten. Die Gemeinde kann dann auch ohne Entschädigungszahlung an PSV über die Gebäude auf dem Grundstück verfügen.

4.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(31)

Die Gemeinde und PSV reichten im Rahmen des Verfahrens mit den Stellungnahmen der Niederlande identische Stellungnahmen ein. Darüber hinaus beschrieb die Gemeinde das Verfahren, das zum Beschluss führte, das Stadiongrundstück zu kaufen, sowie die diesen Beschluss leitenden Motive. Nach Angaben der Gemeinde begannen die Verhandlungen mit PSV über eine Verkaufs- und Rückpachtvereinbarung im Januar 2011. Das zugrunde liegende Ziel war es, PSV mit einem haushaltsneutralen Rechtsgeschäft zu unterstützen, ohne dem Verein dabei einen finanziellen Vorteil zu gewähren, den er unter Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

(32)

Zu diesem Zweck und mit dieser Absicht beauftragte die Gemeinde das unabhängige Grundstücksbewertungsunternehmen Troostwijk Taxaties B.V. (im Folgenden „Troostwijk“), den Marktpreis für das betreffende Grundstück und eine angemessene jährliche Pachtsumme zu bestimmen. Im März 2011 lieferte Troostwijk eine Bewertung für das Stadiongrundstück und andere Grundstücke, die PSV an die Gemeinde verkaufen wollte. Unter Berücksichtigung der Entwicklungsmöglichkeiten für das Stadiongrundstück bestimmte das Unternehmen einen Marktpreis von 41 160 000 EUR für das Stadiongrundstück in seinem damaligen Zustand. Die bei der Bestimmung des Grundstückswertes und des Pachtzinses angewandte Methode wurde von einem für die Gemeinde tätigen externen Wirtschaftsprüfungsunternehmen genehmigt. Dabei wäre der Pachtzins höher als die von der Gemeinde für das zur Finanzierung des Grundstückserwerbs aufgenommene Darlehen zu zahlenden Zinsen.

(33)

Nachdem die Kommission im Mai 2011 Informationen über das geplante Rechtsgeschäft angefordert hatte, legte die Gemeinde besonderen Wert darauf, dass die Maßnahme marktüblichen Bedingungen folgt und sich auf ihren Haushalt nicht negativ auswirkt. Die Gemeinde betonte, dass der Grundstückserwerb für sie auch deshalb interessant sei, weil er sich mit ihrer Grundstückserwerbs- und Entwicklungsstrategie vereinbaren lässt. Die Gemeinde hätte ein eigenes Interesse an diesem Grundstückskauf, weil das Grundstück für die Gemeinde einen höheren Wert hätte als für einen anderen möglichen Kapitalgeber.

5.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME — VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 1 AEUV

(34)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV genannten Voraussetzungen gelten kumulativ; sie müssen also sämtlich erfüllt sein, damit eine Maßnahme als staatliche Beihilfe angesehen wird.

5.1.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit an den Staat

(35)

Die Gemeinde entschied, das Stadiongrundstück und das Grundstück des Trainingsgeländes De Herdgang für 48 385 000 EUR zu kaufen und anschließend an PSV zu verpachten. Diese Maßnahme betrifft den Haushalt der Gemeinde und damit die Verwendung staatlicher Mittel. Daher ist sie dem Staat zurechenbar.

5.2.   Mögliche Auswirkungen der Beihilfe auf Handel und Wettbewerb

(36)

Die Niederlande haben Auswirkungen auf den Binnenmarkt durch mögliche Beihilfen für Vereine, die nicht auf europäischer Ebene Fußball spielen, in Frage gestellt. Allerdings werden Profifußballvereine als Unternehmen behandelt, die der Beihilfenkontrolle unterliegen. Fußball ist eine Erwerbstätigkeit und bietet Dienstleistungen gegen Entgelt; der Fußball hat ein hohes Maß an Professionalität entwickelt und damit seine wirtschaftliche Bedeutung erhöht (5).

(37)

Profifußballvereine üben neben der Teilnahme an Fußballturnieren in verschiedenen Märkten wirtschaftliche Tätigkeiten von internationaler Bedeutung aus, etwa auf dem Transfermarkt für Profispieler oder in den Bereichen Werbung, Sponsoring, Merchandising Medienberichterstattung. Unterstützungsmaßnahmen für einen Profifußballverein stärken dessen Position auf jedem dieser Märkte, die meist mehrere Mitgliedstaaten betreffen. Werden also staatliche Mittel dazu verwendet, einem Profifußballverein — unabhängig davon, in welcher Liga er spielt, einen selektiven Vorteil zu verschaffen, so können diese Unterstützungsmaßnahmen den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigen (6).

5.3.   Selektiver Vorteil

(38)

Damit eine Maßnahme als staatliche Beihilfe eingestuft werden kann, muss sie dem begünstigten Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, den es unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht erhalten hätte. Der Erwerb des PSV-Grundstücks und die anschließende Verpachtung an PSV würde einen solchen Vorteil darstellen, wenn die an PSV gestellten Bedingungen vorteilhafter als durch Marktbedingungen gerechtfertigt wären.

(39)

Die typischen Interessen eines Kapitalgebers/Verpächters bei einem kommerziellen Verkaufs- und Rückpachtgeschäft sind eine angemessene Investitionsrendite in Form von Pacht während der Pachtdauer und Eigentum an einem Vermögenswert, der bereits von einem zuverlässigen Pächter genutzt wird. Der Kapitalgeber/Verpächter besitzt einen langfristig verpachteten Vermögenswert mit stetigem Einnahmestrom.

5.3.1.   Die Anwendung der Mitteilung zum Verkauf von Immobilien

(40)

Die Niederlande beziehen sich bei dieser Bewertung auf die Mitteilung zum Verkauf von Immobilien. Nach dieser Mitteilung stellt der Verkauf von Grundstücken und Gebäuden durch die öffentliche Verwaltung keine Beihilfe dar, wenn die öffentliche Verwaltung erstens nach einem bedingungsfreien Bieterverfahren das höchste oder einzige Gebot akzeptiert und zweitens der Verkaufspreis in Ermangelung eines solchen Bieterverfahrens mindestens auf den von einem unabhängigen Sachverständigengutachten ermittelten Wert festgelegt wird.

(41)

Die Kommission wiederholt, dass der Leitfaden in dieser Mitteilung laut seiner Einführung nur „Verkäufe von Bauten oder Grundstücken der öffentlichen Hand“ betrifft. Er betrifft nicht den Erwerb von Grundstücken oder die Abtretung oder Vermietung von Grundbesitz durch die öffentliche Verwaltung. Derartige Geschäfte können ebenfalls Elemente staatlicher Beihilfe enthalten. Ferner ist es im vorliegenden Fall nicht ausreichend, lediglich den Wert des Grundstücks zu bestimmen. Das Verkaufs- und Rückpachtgeschäft beinhaltet auch einen Pachtzins. Auch die Marktkonformität dieses Pachtzinses muss festgestellt werden.

(42)

In jedem Fall handelt es sich bei den Mechanismen in der Mitteilung zum Verkauf von Immobilien lediglich um Werkzeuge, mit denen festgestellt wird, ob der Staat als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gehandelt hat. Es handelt sich daher nur um spezifische Beispiele für die Anwendung des MEIP-Grundsatzes bei Grundstücksgeschäften zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen (7).

5.3.2.   Einhaltung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers

(43)

Die Kommission muss daher prüfen, ob ein privater Kapitalgeber bereit gewesen wäre, die zu prüfenden Maßnahmen zu gleichen Bedingungen zu gewähren. Es wird davon ausgegangen, dass der hypothetische private Kapitalgeber umsichtig handelt und eine üblicherweise zu erwartende Rendite anstrebt, ohne dabei ein im Verhältnis zur Rendite zu großes Risiko einzugehen. Der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers wäre nicht eingehalten, wenn der Preis für das Grundstück über und der Pachtzins unter dem Marktpreis festgesetzt würde.

(44)

Die Niederlande und die Gemeinde argumentieren, dass die Gemeinde auf der Grundlage einer vorab erstellten unabhängigen gutachterlichen Bewertung und deshalb unter Einhaltung des Grundsatzes eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt habe. Das Rechtsgeschäft basierte auf dem Marktwert des Grundstücks und bot PSV daher keinen Vorteil.

(45)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Einhaltung von Marktbedingungen grundsätzlich durch unabhängige Wertgutachten bestimmt werden kann.

(46)

In Bezug auf die Marktkonformität der Ergebnisse der externen Gutachten, auf die sich die Gemeinde stützt, wurden die Niederlande im Eröffnungsbeschluss aufgefordert zu begründen, warum die Gutachter bei ihren Berechnungen den Grundstückspreis für gemischte Verwendung anstelle den Grundstückspreis für ein Stadion verwendet haben. Die Kommission verlangte auch eine Begründung für die Gewinn- und Risikomargen, die bei der Berechnung des Grundstückwertes für künftige Entwicklungen nach Ablauf der Erbpacht verwendet wurden.

(47)

Anhand der von den Niederlanden und der Gemeinde gemachten Angaben stellt die Kommission fest, dass das unabhängige Grundstücksbewertungsunternehmen Troostwijk die Grundstücksbewertung vor dem Grundstückserwerb durch die Gemeinde durchgeführt hatte. Als die Verhandlungen über eine Verkaufs- und Rückpachtvereinbarung mit PSV im Januar 2011 aufgenommen wurden, war das grundlegende Ziel, PSV mit einem Rechtsgeschäft zu unterstützen, ohne dem Verein dabei einen finanziellen Vorteil zu gewähren, den er unter Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Deshalb beauftragte die Gemeinde das unabhängige Grundstücksbewertungsunternehmen Troostwijk, den Marktpreis für das betreffende Grundstück und einen marktkonformen Betrag für den jährlichen Pachtzins zu bestimmen.

(48)

Die der Bewertung zugrunde liegenden Annahmen erscheinen begründet gewesen zu sein. Im Bewertungsbericht vom März 2011 bewertete Troostwijk den Marktpreis für das Stadiongrundstück in seinem damaligen Zustand unter Berücksichtigung seiner Entwicklungsperspektiven und legte einen Preis von 41 160 000 EUR fest. Die bei der Bestimmung des Grundstückswertes und des Pachtzinses angewandte Methode wurde von einem für die Gemeinde tätigen externen Wirtschaftsprüfungsunternehmen genehmigt.

(49)

Der Bewertungsbericht von Troostwijk zieht das Grundstück beeinflussende, realistisch mögliche und absehbare zukünftige Entwicklungen in Betracht. Der Bericht berücksichtigt die mögliche Entwicklung des Stadiongeländes und stellt fest, dass eine Nutzung als Mischgebiet mit Büro- und Wohngebäuden am wahrscheinlichsten wäre, sofern das Stadion abgerissen wird. Der Bewertungsbericht unterstreicht, dass diese Annahme vor allem deshalb realistisch sei, weil das Grundstück im Zentrum der Stadt gelegen ist. Für zentral gelegene Grundstücke ist das Potenzial für eine progressive Wertentwicklung viel größer als für an der Peripherie gelegene Grundstücke. Der Bewertungsbericht bezieht sich auch auf einen allgemeinen Bewertungsgrundsatz, wonach die intensivste und beste Nutzung eines Gebiets die Grundlage für die Wertbestimmung eines Grundstücks bildet.

(50)

Wie in Erwägungsgrund 22 erläutert, harmoniert die zukünftige Nutzung entsprechend der Beschreibung der Niederlande auch mit der längerfristigen Stadtentwicklungsstrategie der Gemeinde für das gesamte Gebiet, in dem das Stadion gelegen ist. Nach Darstellung der Gemeinde wäre die Wahrscheinlichkeit, eine Umwidmung des Grundstücks bewilligt zu bekommen, für jeden Besitzer des in Rede stehenden Grundstücks sehr hoch.

(51)

In jedem Fall besitzt nach Darstellung der Niederlande die aktuelle Flächennutzung des Grundstücks für ein Stadion und eine gewerbliche Verwendung auch ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial.

(52)

Dies lässt den Schluss zu, dass die gutachterliche Einschätzung, das Grundstück auf der Grundlage einer gemischten Verwendung zu bewerten, annehmbar scheint. Die Kommission hat bereits anerkannt, dass eine Gemeinde die Bewertung eines Grundstücks auf die langfristige Wertentwicklungsperspektive eines Grundstücks stützen kann, wenn in dem Gebiet, in dem das Grundstück liegt, zu erwartende Verbesserungen entsprechend einer Geschäftsplanungsstrategie erfolgen (8).

(53)

PSV zahlt der Gemeinde eine von einem unabhängigen Sachverständigenunternehmen für Wertermittlung festgelegte Erbpacht. Die Berechnung beruhte auf dem Preis, der für eine später mögliche Nutzung als Wohn- und Büroraum angenommen wurde sowie auf dem Zinssatz für langfristige Staatsanleihen im Jahr 2011, zuzüglich einer Risikoprämie von 1,5 %.

(54)

Somit spiegelt der Pachtzins bereits den geschätzten Preis des Grundstücks bei einer nichtsportlichen Verwendung wider. Sie ist daher höher als der anhand der aktuellen Nutzung des Grundstücks berechnete Pachtzins.

(55)

Der Bericht räumt ein, dass langfristige Pachtverträge von mehr als 15 Jahren aufgrund von Grundstückswertschwankungen bestimmte Risiken beinhalten können. Allerdings werden diese Risiken durch mehrere Faktoren beschränkt, die in den Erwägungsgründen 56 bis 59 weiter erörtert werden.

(56)

Die Annahmen im Bewertungsbericht können als konservativ eingestuft werden. Der Bewertungsbericht legt den möglichen Wert für Büros und Wohnungen unter Bezugnahme auf die jüngsten benachbarten Entwicklungen fest und baut für den möglichen Verkaufspreis der Wohnungen im Vergleich zu ähnlichen Projekten lediglich eine Geschossflächenzahl von 80 % als zusätzlichen Risikopuffer ein.

(57)

In Bezug auf die angenommene Grundstückswertsteigerung von 1,7 %, die der angenommenen Inflationsrate entspricht, beinhaltet die Bewertung einen Korrekturmechanismus: nach 20 Jahren wird der akkumulierte Grundstückswert um eine Sicherheitsmarge von 22,5 % gemindert. Kombiniert man beide Annahmen, wird die erwartete Wertsteigerung über einen Pachtzeitraum von 40 Jahren auf 1,01 % pro Jahr und für die ersten 20 Jahre auf 0,4 % pro Jahr geschätzt. Somit scheint die ursprüngliche Annahme von 1,7 % in Kombination mit der Sicherheitsmarge angemessen, da es sich bei dem betreffenden Vermögenswert um ein stadtmittig gelegenes Grundstück handelt, von dem erwartet werden kann, dass es den Wert behält oder im Wert steigt (obwohl das Grundstück derzeit für gewerbliche Verwendung eingestuft ist, basiert der Pachtzins bereits auf dem angenommenen Wert eines gemischt genutzten Grundstücks). Darüber hinaus betrug die Inflationsrate der Niederlande im Jahr 2011 2,3 % (9), während die EZB ein Inflationsziel von 2 % verfolgt. Beide Werte liegen deutlich über den vom Sachverständigen für Wertermittlung angenommenen Wachstumsraten für Grundstückswerte.

(58)

Abgesehen von diesen Absicherungen des Pachtzinses enthält der von der Gemeinde verhandelte Pachtvertrag verschiedene andere Bestimmungen, um mögliche Risiken, insbesondere das Ausfallrisiko von PSV, zu decken. Der Fußballverein stellt seine Einnahmen aus dem Verkauf von Dauerkarten als Sicherheit für die Pachtzahlungen. Außerdem hat PSV eine einer Pacht von etwa zwei Jahren entsprechende Kaution von 5 Mio. EUR geleistet. Diese wurde vom Kaufpreis abgezogen und wird vom beteiligten Notar für zehn Jahre verwahrt.

(59)

Die Parteien haben vereinbart, dass des Pachtzins nach 20 Jahren auf Antrag einer Partei umfassend überprüft werden kann. Diese Überprüfung wird auf der Grundlage eines neuen Bewertungsberichts erfolgen. Die neue Grundstückspacht bestimmt sich dann nach dem Grundstückswert zu diesem Zeitpunkt zuzüglich einer angemessenen Rendite auf Staatsanleihen und zuzüglich einer Risikoprämie. Als weitere Sicherheit für die Gemeinde haben die Parteien vereinbart, dass die Nutzungsrechte am Grundstück und am Stadion der Gemeinde zufallen, falls PSV Konkurs anmeldet oder seinen Pachtzinszahlungen nicht nachkommt. Diese Klausel stellt eine Abweichung von der nach niederländischem Zivilrecht vorgesehenen Folge dar, wonach das Pachtrecht Teil der Konkursmasse wird und somit nicht mehr unter der Kontrolle des Grundstückeigentümers steht. Im aktuellen Fall bleibt die Gemeinde am Ende des Pachtverhältnisses Eigentümer des Grundstücks und kann dessen Verwendung bestimmen.

(60)

Obwohl die Annahmen im Bewertungsbericht entsprechend den Erwägungsgründen 48 bis 57 begründet erscheinen, bleibt ein Vergleich mit anderen Handelsgeschäften schwierig, weil die von den Niederlanden für Zwecke des Benchmarkings vorgelegten Pachtverträge andere Sektoren betreffen (beispielsweise den Wohnungsbausektor in Amsterdam). Deshalb hat die Kommission bei der Beurteilung, ob das in Rede stehende Rechtsgeschäft mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar ist, zunächst geklärt, ob eine andere Handelsgeschäftsgrundlage — basierend auf einem Darlehensgeschäft der Gemeinde Eindhoven zugunsten von PSV mit dem Grundstück als Besicherung — als Benchmark gedient haben könnte.

(61)

Die Kommission stellt fest, dass der von PSV zu zahlende Pachtzins höher ist als der Marktzins für ein solches Darlehen, wenn man die Unterschiede zwischen einem Verkaufs- und Rückpachtgeschäft und einem Darlehen berücksichtigt. Der bedeutendste Unterschied bezieht sich auf die Tatsache, dass die Gemeinde bei einem Zahlungsausfall von PSV nach Erhalt des Darlehens von der Gemeinde allenfalls den Nominalbetrag des Darlehens zurückerhalten würde. Sie könnte von einer Grundstückswertsteigerung über den Nominalbetrag des Darlehens hinaus nicht profitieren. Bei der Verkaufs- und Rückpachtvereinbarung wird die Gemeinde ab dem Beginn des Pachtvertrages, mit allen Eigentumsrechten im Falle eines Ausfalls, zum Eigentümer des Grundstücks. Auf diesen Gesichtspunkt legte die Gemeinde bei der Entscheidung über diese Maßnahme besonderen Wert, da insbesondere die garantierte uneingeschränkte Verfügung über das Grundstück nach einem möglichen Ausfall von PSV von den allgemeinen Bestimmungen des niederländischen Rechts zu Gunsten der Gemeinde abweicht (Erwägungsgrund 59). Jede Grundstückswertsteigerung kommt daher (nach Festlegung der Darlehensbedingungen) nur der Gemeinde zugute.

(62)

Deshalb würde man bei einem Verkaufs- und Rückpachtgeschäft von vornherein eine geringere Rendite erwarten als bei einem Darlehen. Deshalb wäre die Rendite auf ein Darlehen, das mit guten Sicherheiten an ein Unternehmen mit einem dem Fußballverein PSV ähnlichen Rating vergeben wird, die Benchmark-Obergrenze.

(63)

In Ermangelung verlässlicher marktbasierter Ersatzgrößen (10) müsste der marktübliche Referenzzinssatz für das Alternativszenario eines Darlehens an PSV auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (11) berechnet werden. Im Interesse einer konservativen Berechnung ist zu berücksichtigen, dass PSV im Jahr 2011 eine schlechte Bonität aufwies, sowie von einer hohen Besicherung für das Darlehen (d. h. das Grundstück) ausgehen. Dies würde einen Referenzzinssatz von 6,05 % ergeben.

(64)

Ein Darlehensgeber erwartet somit eine um 1,01 % höhere Rendite als die Gemeinde beim Kauf- und Rückverpachtungsgeschäft. Allerdings handelt die Gemeinde nach wie vor wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber, wenn davon ausgegangen wird, dass ein Darlehensgeber bereit wäre, im Gegenzug für eine mögliche Grundstückswertsteigerung auf eine Rendite von 1,01 % zu verzichten (siehe Erwägungsgrund 61). Anhand der Merkmale des Rechtsgeschäfts wäre ein solches Wertsteigerungspotential mit mindestens 1,01 % zu bewerten. Deshalb scheint die von der Gemeinde erwartete Rendite beim Kauf- und Rückpachtgeschäft mit marktüblichen Vergleichswerten im Einklang zu stehen.

(65)

Somit verschaffte das Verkaufs- und Rückpachtgeschäft PSV offenbar keine ungerechtfertigten Vorteile und erbrachte für die Gemeinde eine Rendite, die nach dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers angemessen ist.

(66)

Schließlich sei darauf hingewiesen, dass der jährliche Pachtzins nach Angaben der Niederlande mit den Pachten vergleichbar ist, die Profifußballvereine anderswo im Land für Stadionpachten bezahlen. Trotz der Schwierigkeit eines solchen Vergleichs aufgrund der verschiedenen Örtlichkeiten sollte betont werden, dass die anderen Vereine die jährliche Pacht nicht nur für das Stadiongrundstück, sondern für den gesamten Stadionkomplex bezahlen. Im Vergleich dazu ist PSV Eigentümer des Stadions, trägt die Kosten für Betrieb und Wartung und zahlt für das Stadiongrundstück einen zusätzlichen Pachtzins.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

(67)

Folglich kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die im Einleitungsbeschluss geäußerten Zweifeln hinreichend ausgeräumt wurden. Die Gemeinde hat sich beim Kauf des Stadiongrundstücks und bei der anschließenden Rückverpachtung an den PSV so verhalten, wie es ein hypothetischer privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Position auch getan haben könnte. Daher stellt das Rechtsgeschäft keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Maßnahme der Niederlande zugunsten des Fußballvereins PSV Eindhoven stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 4. Juli 2016

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  Beschluss der Kommission in der Sache SA.33584 (2013/C) (ex 2011/NN) — Beihilfe der Niederlande für bestimmte niederländische Profifußballvereine von 2008-2011 — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. C 116 vom 23.4.2013, S. 19).

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Rechtssache T-370/13, Gemeente Eindhoven/Kommission.

(4)  ABl. C 209 vom 10.7.1997, S. 3.

(5)  Rechtssache C-325/08, Olympique Lyonnais, EU:C:2010:143, Rn. 27 und 28; Rechtssache C-519/04 P, Meca-Medina und Majcen/Kommission, EU:C:2006:492, Rn. 22; Rechtssache C-415/93, Bosman, EU:C:1995:463, Rn. 73.

(6)  Beschlüsse der Kommission in Bezug auf Deutschland vom 20. März 2013 zur Multifunktionsarena der Stadt Erfurt (Sache SA.35135 (2012/N)), Rn. 12, und Multifunktionsarena der Stadt Jena (Sache SA.35440 (2012/N)), Zusammenfassungen im ABl. C 140 vom 18.5.2013, S. 1, und Beschluss der Kommission vom 2. Oktober 2013 zum Fußballstadion Chemnitz (Sache SA.36105 (2013/N)), Zusammenfassung im ABl. C 50 vom 21.2.2014, S. 1, Rn. 12-14; Beschlüsse der Kommission in Bezug auf Spanien vom 18. Dezember 2013 über mögliche staatliche Beihilfen für vier spanische Profifußballvereine (Sache SA.29769 (2013/C)), Rn. 28, Real Madrid CF (Sache SA.33754 (2013/C)), Rn. 20, und mutmaßliche Beihilfe zugunsten von drei Fußballvereinen in Valencia (Sache SA.36387 (2013/C)), ABl. C 69 vom 7.3.2014, S. 99, Rn. 16.

(7)  Diesem MEIP-Grundsatz zufolge liegt keine staatliche Beihilfe vor, wenn ein in einer Marktwirtschaft unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnder privater Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen bereit gewesen wäre, dem Begünstigten die in Rede stehenden Maßnahmen zu gewähren.

(8)  Beschluss 2011/529/EU der Kommission vom 20. April 2011 über die Maßnahme C-37/04 (ex NN 51/04), die Finnland zugunsten von Componenta Oyj durchgeführt hat (ABl. L 230 vom 7.9.2011, S. 69), Rn. 68 bis 74.

(9)  http://data.worldbank.org/indicator/FP.CPI.TOTL.ZG/countries/NL?display=graph (auf Englisch).

(10)  In diesem Fall gab es keine ausreichenden Daten, um eine marktbasierte Ersatzgröße für den Referenzzinssatz zu konstruieren.

(11)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.


Berichtigungen

19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/84


Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 1130/2011 der Kommission vom 11. November 2011 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelzusatzstoffe im Hinblick auf eine Liste der Europäischen Union der für die Verwendung in Lebensmittelzusatzstoffen, Lebensmittelenzymen, Lebensmittelaromen und Nährstoffen zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe

( Amtsblatt der Europäischen Union L 295 vom 12. November 2011 )

Seite 183, Teil 2:

Anstatt:

„Sorbinsäure — Sorbate (Teil 6 Tabelle 3)“

muss es heißen:

„Sorbinsäure — Sorbate (Teil 6 Tabelle 2)“


19.10.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/84


Berichtigung der Durchführungsverordnung (EU) 2016/1768 der Kommission vom 4. Oktober 2016 zur Zulassung von Guanidinoessigsäure als Zusatzstoff in Futtermitteln für Masthühner, Absetzferkel und Mastschweine sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 904/2009

( Amtsblatt der Europäischen Union L 270 vom 5. Oktober 2016 )

Seite 5, Artikel 3 Absatz 2:

Anstatt:

„2.   Einzel- und Mischfuttermittel, die den in Absatz 1 beschriebenen Stoff enthalten, dürfen gemäß den Bestimmungen, die vor dem 25. Oktober 2017 galten, bis zum 25. Oktober 2016 in Verkehr gebracht und bis zur Erschöpfung der Bestände verwendet werden.“

muss es heißen:

„2.   Einzel- und Mischfuttermittel, die den in Absatz 1 beschriebenen Stoff enthalten, dürfen gemäß den Bestimmungen, die vor dem 25. Oktober 2016 galten, bis zum 25. Oktober 2017 in Verkehr gebracht und bis zur Erschöpfung der Bestände verwendet werden.“