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ISSN 1977-0642 |
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Amtsblatt der Europäischen Union |
L 34 |
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Ausgabe in deutscher Sprache |
Rechtsvorschriften |
59. Jahrgang |
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(1) Text von Bedeutung für den EWR |
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DE |
Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben. Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte. |
II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter
BESCHLÜSSE
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10.2.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 34/1 |
BESCHLUSS (EU) 2016/151 DER KOMMISSION
vom 1. Oktober 2014
über die staatliche Beihilfe Deutschlands SA.31550 (2012/C) (ex 2012/NN) zugunsten des Nürburgrings
(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 3634)
(Nur der deutsche Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. DAS VERFAHREN
1.1. FÖRMLICHES PRÜFVERFAHREN
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(1) |
Von 2002 bis 2012 führte Deutschland eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der deutschen Rennstrecke Nürburgring durch, darunter Unterstützungsmaßnahmen für den Bau eines Freizeitparks, von Hotels und Restaurants sowie für die Ausrichtung von Formel-1-Rennen. Eigentümer des Nürburgring-Komplexes waren die in Staatseigentum befindlichen Unternehmen Nürburgring GmbH („NG“), Motorsport Resort Nürburgring GmbH („MSR“) und Congress- und Motorsport Hotel Nürburgring GmbH („CMHN“). |
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(2) |
Im Juli 2010 übermittelte die Eifelpark GmbH („Eifelpark“), Eigentümerin eines Freizeitparks in der deutschen Region Eifel, der Kommission Informationen über mutmaßliche staatliche Beihilfen für die Finanzierung der Freizeiteinrichtungen an der Nürburgring-Rennstrecke im Rahmen des Projekts „Nürburgring 2009“. Im April 2011 wurde der Kommission von dem deutschen Motorsportverein „Ja zum Nürburgring e.V.“ eine zweite Beschwerde wegen staatlicher Beihilfen zugeleitet. Der Verein äußerte sich besorgt, dass das — angeblich rote Zahlen schreibende — Projekt „Nürburgring 2009“ den eigentlichen Betrieb der Rennstrecke gefährde. |
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(3) |
Mit Schreiben vom 21. März 2012 (im Folgenden „Beschluss vom 21. März 2012“) setzte die Kommission Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der in Abschnitt 2 des vorliegenden Beschlusses beschriebenen Beihilfemaßnahmen 1-17 das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuleiten (im Folgenden „förmliches Prüfverfahren“) (2). Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den Maßnahmen Stellung zu nehmen. |
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(4) |
Am 15. Mai 2012 gewährte Deutschland weitere Unterstützungsmaßnahmen (Maßnahmen 18 und 19), die in Abschnitt 2 beschrieben sind, und meldete sie am 25. Mai 2012 bei der Kommission an. Mit Schreiben vom 7. August 2012 (im Folgenden „Beschluss vom 7. August 2012“) setzte die Kommission Deutschland von ihrem Beschluss in Kenntnis, das Prüfverfahren auf die neuen Beihilfemaßnahmen auszuweiten (4). Der Beschluss der Kommission über die Ausweitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (5) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den weiteren Maßnahmen Stellung zu nehmen. |
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(5) |
Am 23. April 2012, 15. Juni 2012, 18. Juli 2012, 20. Juli 2012, 17. August 2012, 7. September 2012 und 18. Januar 2013 erhielt die Kommission Stellungnahmen Deutschlands. Zu dem Beschluss vom 21. März 2012 übermittelten neun Beteiligte der Kommission zwischen dem 9. August 2012 und dem 18. Oktober 2012 ihre Stellungnahmen. Am 18. Oktober 2012 und 23. Oktober 2012 übermittelte die Kommission Deutschland die Stellungnahmen der Beteiligten. Deutschland antwortete am 15. November 2012. Zu dem Beschluss vom 7. August 2012 gingen bei der Kommission zwischen dem 5. November 2012 und dem 30. November 2012 Stellungnahmen von drei Beteiligten ein. Am 3. Dezember 2012 übermittelte die Kommission Deutschland die Stellungnahmen der Beteiligten. Deutschland antwortete am 2. Januar 2013. |
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(6) |
Am 29. Januar 2013, 4. Juni 2014 und 5. Juni 2014 ersuchte die Kommission Deutschland um weitere Auskünfte; Deutschland antwortete am 15. April 2013, 4. Juni 2014 bzw. 6. Juni 2014. |
1.2. INSOLVENZVERFAHREN UND VERÄUSSERUNG DES VERMÖGENS
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(7) |
Am 24. Juli 2012 ordnete das Amtsgericht Bad Neuenahr-Ahrweiler die vorläufige Eigenverwaltung des Vermögens der Eigentümergesellschaften des Nürburgrings (NR, MSR und CMHN) an. Das Insolvenzverfahren in Form der Eigenverwaltung des Vermögens wurde schließlich am 1. November 2012 vom Amtsgericht eröffnet. Seither wird die Geschäftsführung von NG, MSR und CMHN vom Eigenverwalter oder Sanierungsgeschäftsführer und vom Sachwalter wahrgenommen (im Folgenden beide als „Insolvenzverwalter“ bezeichnet). Beide sind nicht an Weisungen der Gesellschafter gebunden. NG, MSR und CMHN behielten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG (im Folgenden „KPMG“) im Insolvenzverfahren als alleinigen Finanzberater, der in ihrem Auftrag die Veräußerung ihres Vermögens organisierte und für alle Kontakte mit interessierten Bietern zuständig war. |
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(8) |
Seit Oktober 2012 erörtert die Kommission mit Deutschland und den Insolvenzverwaltern die beihilferechtlichen Probleme, die sich aus der Veräußerung des Vermögens von NG, MSR und CMHN ergeben könnten. |
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(9) |
Seit dem 1. November 2012 wird der gesamte Komplex von der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH („NBG“) betrieben, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der NG, die von den Insolvenzverwaltern neu gegründet wurde. Die NBG ersetzt die frühere Betriebsgesellschaft Nürburgring Automotive GmbH (im Folgenden „NAG“) (6). |
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(10) |
Vor dem Hintergrund der Insolvenz von NG, MSR und CMHN haben die Insolvenzverwalter ab Mai 2013 die Veräußerung deren Vermögen in Angriff genommen. Am 15. Mai 2013 wurde ein Bietverfahren zur Veräußerung des Vermögens eingeleitet. Mit zwei Schreiben vom 23. Mai 2013 übermittelten die Dienststellen der Kommission Deutschland und den Insolvenzverwaltern eine Stellungnahme zu den verschiedenen Möglichkeiten für die Veräußerung des Vermögens, die mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen im Einklang stehen würden (7). |
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(11) |
Zur Veräußerung des Vermögens von NG, MSR und CMHN erteilte Deutschland am 10. April 2013, 15. April 2013, 30. April 2013, 9. Oktober 2013, 27. Februar 2014 und — im Anschluss an die Auskunftsverlangen der Kommission vom 13. März 2014, 23. Mai 2014, 4. Juli 2014 und 7. Juli 2014 — am 23. April 2014, 26. Mai 2014 und 10. Juli 2014 Auskünfte. Am 18. Oktober 2012, 7. März 2013, 11. Oktober 2013 und 26. Februar 2014 fanden in Brüssel Gespräche zwischen der Kommission, Deutschland und den Insolvenzverwaltern statt. Die Kommission erhielt außerdem weitere Stellungnahmen von Beteiligten. |
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(12) |
Am 23. Dezember 2013 übermittelte „Ja zum Nürburgring e.V.“ (im Folgenden „Beschwerdeführer 1“) (8) und am 2. Januar 2014 der deutsche Automobilclub ADAC e.V., der sich am Bietverfahren beteiligt hatte (im Folgenden „Beschwerdeführer 2“) Schreiben, in denen sie geltend machten, dass die laufende Veräußerung des Vermögens des Nürburgrings durch die Insolvenzverwalter gegen die Beihilfevorschriften verstieß. Am 4. Februar 2014 forderte Beschwerdeführer 1 die Kommission zur Aussetzung des Veräußerungsprozesses auf und legte neue Informationen vor. Auf ein Schreiben der Kommission vom 13. Januar 2014 hin übermittelte Deutschland seine Anmerkungen zu den im Schreiben der beiden Beschwerdeführer vom 10. Februar 2014 geltend gemachten Forderungen. Beschwerdeführer 1 übermittelte weitere Ausführungen am 8. Juli 2014, zu denen Deutschland am 14. Juli 2014 Stellung nahm. |
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(13) |
Am 10. April 2014 legte die [Bieter 3], Inc. (im Folgenden „Beschwerdeführer 3“ oder „[Bieter 3]“), die sich am Bietverfahren beteiligt hatte, bei der Kommission Beschwerde über das Veräußerungsverfahren ein. Am 17. April 2014 legte Herr Meyrick Cox (im Folgenden „Beschwerdeführer 4“), der dem Bieterkonsortium [Bieter 2] (im Folgenden „[Bieter 2]“, bestehend aus [Bieter 2] European Capital Partners LLP, Herrn Meyrick Cox, Herrn Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff und Wadell & Reed, Inc.) angehörte, bei der Kommission Beschwerde über das Veräußerungsverfahren ein. Diese Beschwerden wurden am 16. April 2014 bzw. am 17. April 2014 an Deutschland weitergeleitet. Am 25. April 2014 übermittelte Deutschland seine Stellungnahme zu der von Beschwerdeführer 4 eingelegten Beschwerde. Am 5. Mai 2014 übermittelte Deutschland seine Stellungnahme zu der von Beschwerdeführer 3 eingelegten Beschwerde. Am 19. Mai 2014 übermittelte Beschwerdeführer 3 weitere Argumente. Am 22. Mai 2014 übermittelte Deutschland seine Anmerkungen zu diesen weiteren Argumenten. Beschwerdeführer 3 übermittelte am 23. Mai 2014 weitere Informationen, zu denen Deutschland am 10. Juli 2014 eine Stellungnahme abgab; zu seinen weiteren Ausführungen vom 16. Juni 2014 und 7. Juli 2014 nahm Deutschland am 11. Juli 2014 Stellung. Am 29. Juli, 20. August, 8. September und 12. September 2014 übermittelte Deutschland weitere Auskünfte, in denen auch auf die Bemerkungen der Beschwerdeführer 3 und 4 vom 21. August, 3. September, und 12. September 2014 eingegangen wurde. Ferner fanden am 22. Juli bzw. 5. September 2014 zwei Treffen der Kommissionsdiensstellen mit Vertretern Deutschlands, den Insolvenzverwaltern und KPMG in Brüssel statt. |
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(14) |
Da das förmliche Prüfverfahren mit einem Negativbeschluss der Kommission mit Rückforderung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen abgeschlossen werden könnte, hat Deutschland die Kommission gebeten zu bestätigen, dass eine NG, MSR und CMHN auferlegte Rückzahlungsverpflichtung nicht für den Erwerber der Vermögenswerte oder dessen als Betriebsgesellschaft agierende Tochtergesellschaft gelten würde und dass die Rückzahlungsverpflichtung den Betrieb des Nürburgrings durch die NBG während der Saison 2014, nach der die Liquidation dieser Gesellschaft vorgesehen ist, nicht behindern würde. |
2. BESCHREIBUNG DER BEIHILFEMASSNAHMEN
2.1. DIE BEIHILFEGEBER
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(15) |
Fünf Körperschaften haben Fördermittel gewährt: 1) das Land Rheinland-Pfalz (9) (im Folgenden „das Land“), 2) die landeseigene Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz GmbH (im Folgenden „ISB“), 3) die Rheinland-Pfälzische Gesellschaft für Immobilien und Projektmanagement GmbH (im Folgenden „RIM“), eine 100 %ige Tochter der ISB, 4) der Landkreis Ahrweiler und 5) die NG (10). |
2.2. DIE MUTMASSLICHEN BEGÜNSTIGTEN
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(16) |
Bis zum 30. April 2010 war die NG Eigentümerin und Betreiberin des Nürburgring-Komplexes (11). |
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(17) |
Am 1. Mai 2010 erfolgte eine Umstrukturierung von Eigentumsverhältnissen und Betrieb des Nürburgring-Komplexes. Die NG blieb Eigentümerin der Rennstrecke und des Freizeitparks und erwarb über eine Beteiligung von 93,3 % an der MSR (12), das mittelbare Eigentum an den Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben und wurde mittelbar zu 93,3 % Eigentümerin der CMHN (13) (MSR und CMHN blieben die unmittelbaren Eigentümer der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe). Der Betrieb der Rennstrecke, des Freizeitparks, sowie der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe wurde mittels eines Betriebspachtvertrags an die NAG (14) übertragen, vgl. Maßnahme 10 (15). |
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(18) |
Wie bereits erwähnt befinden sich die Begünstigten NG, MSR und CMHN in einem Insolvenzverfahren. Weitere Begünstigte, für die ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sind die IPC Gesellschaft für internationale Projektcoordination mbH („IPC“) (16), die Weber Projektierungs- und Realisierungs GmbH („Weber“) (17) und die Cash Settlement and Ticketing GmbH („CST“) (18). |
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(19) |
Die Begünstigten, die ihre Betriebstätigkeit fortsetzen und nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind, sind Mediinvest GmbH, mittlerweile in Return Projektmanagement GmbH umbenannt („Mediinvest“) (19), Geisler & Trimmel General Contractor GmbH („Geisler & Trimmel“) (20), NAG and Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring GmbH & Co. KG („FSZ“) (21). Die nicht mehr bestehenden Beihilfeempfänger sind Erlebnispark Nürburgring GmbH & Co. KG („EWN“) (22), Motorsport Akademie Nürburgring GmbH & Co. KG („MAN“) (23), Test & Training International GmbH („TTI“) (24), Bike World Nürburgring GmbH („BWN1“) (25), BikeWorld Nürburgring Besitz („BWNB“), BikeWorld Nürburgring GmbH („BWN2“), Camp 4 Fun GmbH & Co. KG („Camp4Fun“) (26) und MI-Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH („MIB“) (27). |
2.3. BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN
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(20) |
Gegenstand dieses Prüfverfahrens sind die Finanzierung der Errichtung und des Betriebs der Einrichtungen der Rennstrecke und der Tourismuseinrichtungen vor dem Projekt „Nürburgring 2009“, der Errichtung all dieser Einrichtungen im Rahmen des Projekts „Nürburgring 2009“ und der Organisation von Formel-1-Rennveranstaltungen. Mit dem Projekt „Nürburgring 2009“ sollte die Rennstrecke mit verschiedenen Attraktionen aufgewertet werden, um ihre ganzjährige Attraktivität zu steigern. Das Projekt „Nürburgring 2009“ umfasste einen Teilbereich I (hauptsächlich Tribünen- und Unterhaltungseinrichtungen) und einen Teilbereich II (hauptsächlich Beherbergungseinrichtungen) (28). |
a) Maßnahmen, auf die der Beschluss vom 21. März 2012 Bezug nimmt
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(21) |
Maßnahme 1 (Bereitstellung von Kapital durch das Land und den Landkreis Ahrweiler für die NG in Form von Einstellungen in die Kapitalrücklage und Kapitalerhöhungen): Kapital in Form von Einstellungen in die Kapitalrücklage (29) wurde der NG am 1. Mai 2002 in Höhe von 2 179 000 EUR (30) und am 21. Dezember 2004 in Höhe von 22 839 241 EUR (31) vom Land gewährt. Ferner erhöhten das Land und der Landkreis Ahrweiler das Kapital der NG am 31. August 2004 um 4 887 000 EUR (32) und am 4. September 2007 um 10 000 000 EUR. Insgesamt führten das Land und der Landkreis Ahrweiler der NG im Zeitraum 2002 bis 2007 Kapital in Höhe von 39 905 241 EUR zu. |
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(22) |
Maßnahme 2 (Gesellschafterdarlehen der NG für ihre Tochtergesellschaft vor Beginn des Projekts „Nürburgring 2009“): Unabhängig vom Projekt „Nürburgring 2009“ gewährte die NG ihren Tochtergesellschaften die in den Tabellen 1-4 aufgeführten Gesellschafterdarlehen in einer Gesamthöhe von 11 176 953,14 EUR. Der Zinssatz wurde mit 6 % vereinbart, Sicherheiten wurden nicht gestellt. Tabelle 1 Gesellschafterdarlehen der NG zugunsten von EWN, FSZ, MAN, TTI und Camp4Fun
Tabelle 2 Darlehen, die die NG der BWNB vor deren Umbenennung gewährt hat
Tabelle 3 Darlehen, die die NG der BWN1 vor deren Zusammenschluss mit BWNB gewährt hat
Tabelle 4 Darlehen, die die NG der BWN2 vor deren Zusammenschluss mit BWNB und der Umbenennung von BWNB gewährt hat
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(23) |
Maßnahme 3 (Darlehen, die das Land NG über den Liquiditätspool bereitgestellt hat): Diese Maßnahme umfasst Darlehen, die das Land der NG aus seinem sogenannten Liquiditätspool (33) gewährt hat. Im Zusammenhang mit den Formel-1-Rennveranstaltungen und dem Projekt „Nürburgring 2009“ (34) nimmt die NG seit 2003 bzw. 2008 am Liquiditätspool des Landes teil (35). Die ISB nimmt ebenfalls an dem Liquiditätspool teil. Der Liquiditätspool dient der Liquiditätsoptimierung innerhalb der verschiedenen Holdings, Stiftungen und öffentlichen Unternehmen des Landes. Grundlage für die Teilnahme der verschiedenen Unternehmen und Stiftungen an dem Liquiditätspool ist eine Vereinbarung zwischen dem jeweiligen Unternehmen/der jeweiligen Stiftung und dem Finanzministerium des Landes. Für den Fall, dass innerhalb des Pools die Liquiditätsnachfrage die Höhe der verfügbaren Mittel übersteigt, wird die Liquiditätslücke kurzfristig auf dem Kapitalmarkt finanziert. Im Zeitraum vom 30. Juni 2003 bis zum 11. Mai 2010 gewährte das Land der NG Darlehen in Höhe von insgesamt 399 805 370 EUR (einschließlich der Darlehen in Höhe von 53 443 493 EUR, die das Land der NG in der Zeit vom 30. Juni 2003 bis zum 30. Juni 2009 für Formel-I-Rennveranstaltungen gewährt hat, und der Darlehen in Höhe von 170 Mio. EUR, die das Land der NG im Zeitraum vom 23. Juni 2008 bis zum 30. Juni 2010 für das Projekt „Nürburgring 2009“ gewährt hat (36). Begünstigter der Beihilfe ist die NG. Einzelheiten sind Tabelle 5 zu entnehmen. Tabelle 5 Darlehen, die aus dem Liquiditätspool des Landes an die NG ausgezahlt wurden (*6)
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(24) |
Maßnahme 4 (Darlehen der NG an die MSR): Im Zusammenhang mit dem Projekt „Nürburgring 2009“ gewährte die NG der MSR am 27. Dezember 2007 ein Darlehen über 300 000 EUR zu einem Zinssatz von 7 %. Sicherheiten wurden nicht gestellt. |
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(25) |
Maßnahme 5 (Darlehen, Patronatserklärung und Rangrücktritt der NG zugunsten der CST): Im Zeitraum vom 27. August 2008 bis zum 18. April 2011 gewährte die NG der CST Darlehen in Höhe von insgesamt 11 032 060 EUR zu einem Zinssatz von 6 % (37). Tabelle 6 Darlehen, die die NG der CST gewährt hat
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(26) |
Zur Vermeidung der Insolvenz der CST gab die NG am 23. Dezember 2009 eine Patronatserklärung zugunsten der CST mit Befristung bis zum 31. Dezember 2011 ab. Darin verpflichtet sich die NG gegenüber der CST, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Abwendung der Insolvenz der CST notwendig sind. Die Patronatserklärung wurde in Anspruch genommen. Am 13. Dezember 2010 erklärte die NG den Rangrücktritt gegenüber der CST in Bezug auf ihre Forderungen in Höhe von 10,4 Mio. EUR. |
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(27) |
Maßnahme 6 (Vergütungszahlung der NG an IPC und Darlehen für MSR über PNG): Im Zeitraum 2006-2008 erhielt die IPC von der NG insgesamt 640 000 EUR als Gegenleistung für ihre Dienste bei der Suche nach privaten Investoren. Außerdem gewährte die NG der Pinebeck Nürburgring GmbH (im Folgenden „PNG“) am 15. Oktober 2008 ein Darlehen über 3 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 6 %. Am 15. Oktober 2008 nutzte die PNG dieses Darlehen, um der MSR ein Darlehen in Höhe von 3 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 6 % zu gewähren, wobei die PNG das Darlehen nur in Höhe von 2 941 000 EUR auszahlte (38). Beide Darlehen waren durch Sicherheiten zugunsten der NG im Wert von 3 Mio. EUR besichert. |
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(28) |
Maßnahme 7 (Abtretung von Forderungen der MIB an die NG): Am 17. April 2009 trat die MIB ihre Darlehensforderungen gegen die CST in Höhe von 1 476 830,88 EUR (39) an die NG ab. Für diese Darlehen zahlte die NG den Betrag von 1 476 830,88 EUR an die MIB. Durch diesen Vorgang konnten die Forderungen der MIB in voller Höhe von der NG zurückgezahlt werden, die ihrerseits Gläubiger der CST wurde (40). |
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(29) |
Maßnahme 8 (ISB-Darlehen für NG, MSR und CMHN): Um Finanzierungskosten einzusparen und die Finanzierung langfristig zu sichern, wurde am 28. Juli 2010 eine vollständige Umstrukturierung der Finanzierungsvereinbarungen vorgenommen. Die Verbindlichkeiten gegenüber dem Liquiditätspool des Landes (Maßnahme 3), ein Darlehen über […] EUR der Bank für Tirol und Vorarlberg AG für die CMHN (41), ein Darlehen über […] EUR der Kreissparkasse Ahrweiler für die MSR (42) und die Darlehen über 85 512 000 EUR, die RIM der MSR über stille Beteiligungen der RIM an Mediinvest gewähr hat, sowie die nachfolgenden Darlehen der Mediinvest für die MSR (Maßnahme 11) wurden zu einem einzigen Darlehen in Höhe von 325 265 000 EUR umstrukturiert, das die ISB im Rahmen des ihr vom Land erteilten Kreditauftrags NG, MSR und CMHN gewährte (43). Die Umstrukturierung der betreffenden Finanzierungsvereinbarungen stellt zusätzlich zu den zugrunde liegenden Darlehen eine eigene Maßnahme dar. Dies resultiert in einem neuen Darlehen zugunsten von NG, MSR und CMHN. Das Darlehen ist in vier Tranchen aufgeteilt: Tranche 1 in Höhe von 96 574 200 EUR zugunsten der NG für Infrastruktur, Tranche 2 in Höhe von 113 590 800 EUR zugunsten der NG für sonstige Investitionen (44), Tranche 3 in Höhe von 92 000 000 EUR zugunsten der MSR für sonstige Investitionen und Tranche 4 in Höhe von 23 100 000 EUR für CMHN für sonstige Investitionen Tranche 1 für die Einrichtungen am Nürburgring wurde zinslos gewährt. Die Tranchen 2 bis 4 betreffen die Maßnahmen zur Tourismusförderung (siehe Tabelle 7). Die Besicherung des ISB-Darlehens in Form von Grundschulden entspricht einer Höhe von 93 658 000 EUR, wobei die Besicherung der Tranchen 2 bis 4 gegenüber der Besicherung der Tranche 1 Vorrang hat. In Tabelle 7 sind die Konditionen des ISB-Darlehens zusammen mit dem zum damaligen Zeitpunkt gültigen Basiszinssatz aufgeführt. Tabelle 7 Finanzierungskonditionen des ISB-Darlehens
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(30) |
Maßnahme 9 (Garantieerklärung des Landes gegenüber ISB betreffend Maßnahme 8: ISB-Darlehen für NG, MSR und CMHN): Am 28. Juli 2010 erteilte das Land gegenüber der ISB eine unbedingte und unwiderrufliche Garantie- und Freistellungserklärung (100 %ige Deckung der Verbindlichkeiten) über die Erfüllung aller Verbindlichkeiten aus dem ISB-Darlehen durch NG, MSR und CMHN. Weder NG noch MSR oder CMHN zahlten für die Garantie eine Gebühr. Wie das ISB-Darlehen (Maßnahme 8) bezieht sich die Garantieerklärung sowohl auf die Einrichtungen des Nürburgrings als auch auf die Maßnahmen zur Tourismusförderung. |
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(31) |
Maßnahme 10 (Verpachtung des Nürburgring-Komplexes an die NAG): Im Rahmen der 2010 durchgeführten Umstrukturierung verpachteten NG, EWN, Nürburgring Adventure GmbH (46), Camp4Fun, MSR und CMHN ab dem 1. Mai 2010 die Rennstrecke, den Freizeitpark und andere Einrichtungen für die Dauer von 20 Jahren (47) an die NAG (48). Auf eine Ausschreibung (Vergabeverfahren) wurde dabei verzichtet. Die Verpachtung erstreckte sich auf die Einrichtungen und den Betrieb des Nürburgrings und die Maßnahmen zur Tourismusförderung. Die Veranstaltung von Formel-1-Renn war allerdings Gegenstand eines gesonderten Konzessionsvertrags (Maßnahme 17) und war somit von der Verpachtung ausgenommen. Der Mindestpachtzins pro Jahr wurde folgendermaßen festgesetzt: für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 30. April 2011 auf 0 EUR, für den Zeitraum vom 1. Mai 2011 bis zum 30. April 2012 auf 5 Mio. EUR, für den Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis zum 30. April 2012: sofern Baumängel bis zum 30. April 2012 beseitigt worden sind, auf 11,5 Mio. EUR, andernfalls auf 10 Mio. EUR, und für den Zeitraum ab dem 1. Mai 2013 auf 15 Mio. EUR (49). Im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Oktober 2012 entrichtete die NAG einen Pachtzins in Höhe von […] EUR (50). Der Pachtvertrag wurde durch den am 27. November 2012 zwischen NG, MSR, CMHN, CST und NBG sowie dem Sachwalter einerseits und NAG, Mediinvest und anderen Unternehmen andererseits geschlossenen Vergleichsvertrag rückwirkend zum 31. Oktober 2012 beendet. |
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(32) |
Maßnahme 11(Darlehen der RIM für die MSR über Mediinvest als Vermittlerin bzw. — im Falle eines der Darlehen -über die PNG): Zwischen dem 29. Mai 2008 und dem 7. Juli 2009 gewährte die RIM der Mediinvest elf Darlehen über insgesamt 85 512 000 EUR in Form stiller Beteiligungen zur Finanzierung des Teilbereichs II (Hotels) des Projekts „Nürburgring 2009“ (51). Im selben Zeitraum setzte die Mediinvest, die als Vermittler zwischen der RIM (gewährende Stelle) und der MSR (Begünstigte) auftrat, diese Mittel dazu ein, der MSR Darlehen zu einem höheren Zinssatz zu gewähren (siehe unten) (52). Für die stillen Beteiligungen wurde zusätzlich zur Festverzinsung eine variable Verzinsung in Höhe von 2 % vereinbart, die grundsätzlich entweder vom Veräußerungserlös des Anteils der Mediinvest an der MSR oder vom Jahresgewinn der Mediinvest im Jahr 2009 abhängig war. Ferner wurden Sicherheiten gestellt. In Tabelle 8 sind die stillen Beteiligungen in einer Übersicht zusammengestellt: Tabelle 8 Stille Beteiligungen der RIM an der Mediinvest
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(33) |
Im Zeitraum vom 27. Mai 2008 bis zum 7. Juli 2009 gewährte die Mediinvest der MSR neun Darlehen im Gesamtwert von EUR 75 484 000 EUR zu einem Zinssatz von 7 % (bzw. 5,1 % ab dem 1. November 2009); es wurden keine Sicherheiten gestellt. In Tabelle 9 sind die stillen Beteiligungen in einer Übersicht zusammengestellt: Tabelle 9 Darlehen der Mediinvest für die MSR
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(34) |
Darüber hinaus gewährte die Mediinvest der PNG am 12. November 2008 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 6 % (bis zum 31. Dezember 2009), und letztere gewährte der MSR am selben Tag ein Darlehen über denselben Betrag und zum selben Zinssatz. |
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(35) |
Maßnahme 12 (Garantieerklärung des Landes gegenüber ISB betreffend Maßnahme 11: Stille Beteiligungen der RIM an Mediinvest): Im Zusammenhang mit den Darlehen der ISB für die RIM, die von der RIM für Darlehen für die Mediinvest eingesetzt wurden (Maßnahme 11), leistete das Land gegenüber der ISB eine Garantie für die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen bis zu einer Höhe von 140 Mio. EUR (100 %ige Deckung der Verbindlichkeiten) (53). Es wurde keine Gebühr für die Garantie entrichtet. Nach Auffassung der Kommission ist der Begünstigte der in Rede stehenden Maßnahme die MSR, da dieses Unternehmen auch der Begünstigte der Maßnahme 11 ist. |
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(36) |
Maßnahme 13 (Einnahmen aus einer Spielbankabgabe, die das Land der NG zuführte): Im Februar 2009 wurde das Spielbankgesetz Rheinland-Pfalz dahingehend geändert, dass Teile der Einnahmen aus einer Spielbankabgabe der NG zugeführt werden konnten. Die übertragenen Steuereinnahmen waren für Zwecke der Tourismusförderung bestimmt. Zugeführt wurden 1,6 Mio. EUR am 29. Dezember 2009, 3,2 Mio. EUR am 29. Oktober 2010 und erneut 3,2 Mio. EUR am 29. März 2011, d. h. insgesamt 8 Mio. EUR. |
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(37) |
Maßnahme 14 (Gesellschafterdarlehen des Landes für die NG und Rangrücktritt zugunsten des Projekts „Nürburgring 2009“): Für die Vorbereitung und Durchführung des Projekts „Nürburgring 2009“ erhielt die NG vom Land folgende zinslose Darlehen ohne feste Laufzeit: 20 Mio. EUR am 21. August 2007, 10 Mio. EUR am 22. Dezember 2009, 4,65 Mio. EUR am 28. Dezember 2010 und 3,2 Mio. EUR am 26. April 2011 (54). Außerdem gewährte das Land der NG am 9. Dezember 2011 ein weiteres Darlehen in Höhe von 4,95 Mio. EUR. Überdies gab das Land, um die Insolvenz der NG zu verhindern, am 29. August 2007 eine Rangrücktrittserklärung für den gesamten Betrag des vorgenannten Darlehens in Höhe von 20 Mio. EUR ab. |
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(38) |
Maßnahme 15 (Übertragung der Geschäftsanteile an der MSR von Mediinvest und Geisler & Trimmel auf die NG und von Weber auf die RIM): Mit Anteilskaufvertrag vom 25. März 2010 wurden die Anteile der Mediinvest (49,5 %) und von Geisler & Trimmel (33,8 %) an der MSR auf die NG übertragen, die ihrerseits bereits 10 % der Anteile hielt. Die von Weber gehaltenen Anteile an der MSR (6,7 %) wurden mit gleicher Urkunde auf die RIM übertragen. Der Kaufpreis betrug je Geschäftsanteil 1 EUR (d. h. insgesamt 3 EUR) (55). |
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(39) |
Maßnahme 16 (Gesellschafterdarlehen und Zuschuss des Landes an die NG für Formel-1-Rennveranstaltungen): Ferner gewährte das Land der NG am 11. Januar 2011 ein zinsloses Darlehen ohne feste Laufzeit in Höhe von 40 405 000 EUR zum Ausgleich von Verlusten aus der Formel 1, das zunächst durch den Liquiditätspool zwischenfinanziert wurde. Außerdem stellte das Land im Juli 2011 für die Organisation der Formel-1-Rennveranstaltungen im Jahr 2011 einen Zuschuss in Höhe von 13,5 Mio. EUR zur Verfügung. |
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(40) |
Maßnahme 17 (Formel-1-Konzessionsvertrag): Am 13. Dezember 2010 wurde zwischen der NG und der NAG ein Konzessionsvertrag über die Organisation von Formel-1-Rennveranstaltungen geschlossen (56). In diesem Konzessionsvertrag überträgt die NG der NAG die Organisation der Formel-1-Rennveranstaltungen und verpflichtet sich dafür zur Zahlung eines Ausgleichs (57). Nach Angaben Deutschlands sollte die NAG auf der Grundlage dieses Vertrags finanzielle Mittel erhalten, die bei der Berechnung des Pachtzinses im Rahmen des zwischen der NG und der NAG geschlossenen Betriebspachtvertrags nicht berücksichtigt werden würden, doch haben keine Mittelübertragungen zwischen NG und NAG stattgefunden. Auf der Grundlage des am 27. November 2012 zwischen NG, MSR, CMHN, CST und NBG sowie dem Insolvenzverwalter einerseits und NAG, Mediinvest und anderen Unternehmen andererseits geschlossenen Vergleichsvertrags wurde die Konzession beendet. |
b) Maßnahmen, auf die der Beschluss vom 7. August 2012 Bezug nimmt
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(41) |
Maßnahme 18 (Stundung von Zinszahlungen aus einem ISB-Darlehen zugunsten von NG, MSR und CMHN): Am 15. Mai 2012 nahm die ISB eine Stundung von Zinsen im Betrag von 2,98 Mio. EUR, die am 30. April 2012 fällig gewesen wären, bis zum 15. November 2012 vor (einschließlich einer Stundung der Entschädigung in Höhe von 48 913,78 EUR für Nichtabnahme des unverbrauchten Teils des Darlehens). Für die gestundeten Beträge wurde ein Jahreszinssatz von 8,17 % in Rechnung gestellt. Diese Zinsstundung teilt sich wie folgt auf die einzelnen Gesellschaften auf: 1,473 Mio. EUR entfallen auf die NG, 1,205 Mio. EUR auf die MSR und 303 000 EUR auf die CMHN. |
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(42) |
Maßnahme 19 (Rangrücktritt und Freistellungserklärung): Am 15. Mai 2012 erklärte das Land seinen Rangrücktritt für Darlehen im Betrag von bis zu 254 Mio. EUR, die ISB als Teil des Darlehens in Höhe von 325 265 000 EUR NG, MSR & CMHN gewährt hatte (Maßnahme 8). Hinsichtlich der Rückzahlung dieser Darlehen ab 2014 erklärte das Land am 15. Mai 2012 außerdem, dass NG, MSR und CMHN, falls sie ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, von ihren Zahlungsverpflichtungen freigestellt würden und das Land seine Garantie zugunsten der ISB einlösen würde (Maßnahme 9). |
2.4. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG UND AUSWEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
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(43) |
Die Kommission gelangte in ihren Beschlüssen vom 21. März 2012 und 7. August 2012 zu der vorläufigen Schlussfolgerung, dass es sich bei allen 19 Maßnahmen um staatliche Beihilfen handelte, und äußerte Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem AEUV. |
2.5. BIETVERFAHREN UND VERÄUSSERUNG DER VERMÖGENSWERTE
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(44) |
Am 14. Mai 2013 wurde die Einleitung des Bietverfahrens mit einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters angekündigt. Am 15. Mai 2013 veröffentlichte die KPMG in der Financial Times, im Handelsblatt und auf der Website des Nürburgrings eine Aufforderung zur Abgabe einer Interessensbekundung. Im Rahmen des Bietverfahrens stand die KPMG im Namen der Veräußerer mit rund 300 Investoren in Kontakt. Die Interessenten wurden um Abgabe einer Interessensbekundung gebeten (rund 70 Unternehmen bekundeten Interesse); nachdem diesen eine Reihe von Unterlagen zum Nürburgring zur Verfügung gestellt worden war, wurden sie gebeten, bis zum 26. September 2013 ein indikatives Angebot abzugeben. Mit Schreiben vom 19. Juli 2013 teilten die Veräußerer allen interessierten Investoren Folgendes mit: „All parties that intend to participate in next stage of the process are invited to submit an Indicative Offer by 5:00 pm (CET) on 12 September 2013. Offer handed in after the deadline will also be considered“ (58). Die genannte Frist vom 12. September 2013 für die Abgabe eines indikativen Angebots wurde per Schreiben vom 12. September 2013 bis zum 26. September 2013 verlängert: „The Vendors have decided to extend the deadline for Indicative Offers, in order to enable potential investors to complete their analysis of the provided material. The updated deadline now ends at 5 p. m. CET on 26 September 2013. Offers handed in after the deadline will also be considered“ (59). Mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 wurde die Frist für die Einreichung bestätigender Angebote von den Veräußerern per vom 11. Dezember 2013 bis zum 17. Februar 2014 verlängert. „In order to enable potential investors to complete their analysis of the provided information material and to provide a final offer that fully reflects the value potential of the Nürburgring, the timeline which used to end at 5 p. m. CET on 11 December 2013 now ends at 5 p. m. CET on 17 February 2014. For the sake of clarity, offers handed in after that timeline will, in principle, also be considered provided that the terms of the offer qualify for the further process. Any disadvantage caused by the delay will not be compensated for and will have to be fully borne by the investor. Please note that the Vendors may choose the parties which will qualify for the further process shortly after the updated timeline ends.“ (60). |
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(45) |
Die Insolvenzverwalter haben für die Veräußerung der Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN die folgende Strukturierung beschlossen und durchgeführt. |
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(46) |
Für das Bietverfahren wurden die Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN in 11 Verwertungseinheiten unterteilt (61). In der veröffentlichten Aufforderung zur Abgabe einer Interessenbekundung heißt es wie folgt: „The Vendors intend to sell the assets to one or more investors (‚Project RING‘). Investors will have the opportunity to acquire all assets, defined asset clusters (‚Proposed Asset Clusters‘) or individual assets. The Proposed Asset Clusters have been defined based on the separability of assets and related costs. It is intended that the transaction will be structured as an asset deal. All third party and financing liabilities will remain with the insolvent legal entities allowing a new start on a clean balance sheet.“ [„Die Verkäufer beabsichtigen, die Vermögensgegenstände des Nürburgrings an einen oder mehrere Investoren zu veräußern (‚Projekt RING‘). Investoren haben die Möglichkeit, alle Vermögensgegenstände, definierte Einheiten (‚Verwertungseinheiten‘) oder einzelne Vermögenwerte zu erwerben. Die Verwertungseinheiten sind vor dem Hintergrund der Separierbarkeit der Vermögenswerte und der damit einhergehenden Kosten definiert worden. Die Transaktion soll als Asset Deal strukturiert werden. Alle Finanzierungs- und Drittverbindlichkeiten sollen bei den insolventen Gesellschaften verbleiben. Die Transaktion erlaubt somit einen Neustart auf Basis einer bereinigten Bilanz.“] (62). Des Weiteren hieß es in dem Prozessbrief vom 19. Juli 2013 an die interessierten Investoren: „Investors will have the opportunity to acquire the assets of the Vendors in either their entirety, or in defined asset clusters (‚Proposed Asset Clusters‘), or in individual assets. Proposed Asset Clusters have been defined based on the severability of assets of the Nürburgring and related costs.“ [„Investoren haben die Möglichkeit, alle Vermögensgegenstände der Veräußerer, definierte Einheiten (‚angebotene Verwertungseinheiten‘) oder einzelne Vermögensgegenstände zu erwerben.“] Die angebotenen Verwertungseinheiten wurden nach der Separierbarkeit des Nürburgrings und der damit verbundenen Kosten definiert (63). |
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(47) |
Die Insolvenzverwalter stellten keine Bedingungen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung der Vermögenswerte. Etwaige Nutzungsbeschränkungen bestehen aufgrund baurechtlicher oder emissionsschutzrechtlicher Bestimmungen sowie des per Landesgesetz garantierten öffentlichen Zugang zum Nürburgring. |
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(48) |
Den an die interessierten Investoren gerichteten Prozessbriefen vom 19. Juli 2013 und vom 17. Oktober 2013 zufolge sollten Investoren auf der Grundlage folgender Kriterien ausgewählt werden: a) Wertmaximierung über alle Vermögenswerte und b) erwartete Transaktionssicherheit (64). Diese Auswahlkriterien wurden wie folgt detailliert erläutert: „Value for the assets in scope of the respective offer; Potential value implications for those assets that are not included in the respective offer, if any; Costs for further separation of the assets in scope of the respective offer, if any; Costs to fulfil key assumptions and conditions of the respective offer; Closing probability“. [„Angebotspreis für die im Angebot umfassten Vermögenswerte; mögliche Wertimplikationen für all jene Vermögenswerte, die nicht Bestandteil des Angebots sind, soweit relevant; Kosten für die weitere Separierung der im betreffenden Angebot ausgewählten Vermögenswerte, soweit relevant; Kosten für die Umsetzung wesentlicher Annahmen und Bedingungen des betreffenden Angebots sowie Abschlusswahrscheinlichkeit“]. Ferner wurde Folgendes dargelegt: „the closing probability will be assessed by taking into consideration the (i) outstanding due diligence requirements, (ii) secured financing for the transaction, supported by confirmation of financing partners, (iii) required steps for the regulatory clearance, (iv) required internal approval steps until the transaction could be consummated and (v) strategic rationale for the acquisition or future plans for the assets of the NG, MSR and CMHN and the likelihood of their realisation“. [„Die Beurteilung der Abschlusswahrscheinlichkeit erfolgt auf der Grundlage i) der ausstehenden Due-diligence-Erfordernisse, ii) der Finanzierungssicherheit, die durch eine Finanzierungsbestätigung des Finanzierungspartners unterstützt wird, iii) der notwendigen Schritte für eine regulatorische Freigabe, iv) der erforderlichen internen Genehmigungen bis zu Durchführung der Transaktion und v) der strategischen Rationale für die Akquisition oder die Zukunftspläne für die Vermögenswerte der Besitzgesellschaften NG, MSR und CMHN und die Wahrscheinlichkeit ihrer Umsetzung.“] Es wird festgestellt, dass Umweltschutzerwägungen nicht Teil der Kriterien für die Auswahl des endgültigen Angebots waren. |
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(49) |
Mit den Prozessbriefen vom 17. Oktober 2013 und vom 17. Dezember 2013 wurden die Bieter, die ein qualifiziertes Angebot abgegeben hatten, darüber informiert, dass a) indikative bzw. endgültige Angebote auch dann berücksichtigt würden, wenn sie nach Ablauf der jeweiligen Abgabefrist eingingen, sofern die Angebote die Voraussetzungen für die nächste Runde erfüllten; b) dass die Nachteile aus der Säumnis vollständig von dem betreffenden Bieter zu tragen seien und dass c) die Veräußerer die Auswahlentscheidung möglicherweise bereits kurzfristig nach dem Abgabetermin treffen würden. Den Insolvenzverwaltern zufolge wurden alle Bieter darüber unterrichtet, dass sie zwischen der Abgabefrist und dem Abschluss des Kaufvertrags ihr Angebot verbessern oder ein neues Angebot unterbreiten könnten. |
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(50) |
24 Interessenten (65) gaben bis Anfang Februar 2014 ein indikatives Angebot ab. Von diesen Interessenten qualifizierten sich 18 für die Due Diligence (66) und 13 Bieter gaben bestätigende Angebote für alle oder einzelne Verwertungseinheiten ab, wobei die folgenden vier Bieter Angebote für alle Vermögensgegenstände unterbreiteten: 1) Capricorn Automotive GmbH und Capricorn Holding GmbH (im Folgenden „Capricorn“), 2) [Bieter 2] 3) [Bieter 3] und 4) [Bieter 4]. Grundlage für die Auswahlkriterien war a) das Ziel der Wertmaximierung über alle Vermögenswerte und b) das Ziel der Transaktionssicherheit (67). Die Angebote, die diese Kriterien erfüllten, wurden in der letzten Phase des Verkaufsprozesses berücksichtigt. Hierbei handelte es sich um Gesamtangebote für alle Verwertungseinheiten. Von diesen Bietern erbrachten Capricorn and [Bieter 2] den Nachweis der Finanzierbarkeit: Am 7. März 2014 übermittelte die [Bieter 2] ein verbindliches Bestätigungsschreiben vom 24. Februar 2014, mit dem KPMG über ihre Finanzierungsfähigkeit unterrichtet wurde; am 11. März 2014 übermittelte Capricorn den Veräußerern ein an Capricorn gerichtetes verbindliches Schreiben der […] vom 10. März 2014, in dem die […] Capricorn zusagt, den Erwerb der in Rede stehenden Vermögenswerte mit einem Kredit von [41-49] Mio. EUR zu unterlegen. Auf der Grundlage der bestätigenden Angebote wurden mit den beiden vorgenannten Bietern die Verträge parallel ausgehandelt. Die Verträge wurden notariell beurkundet, und zwar am 7. März 2014 im Falle der [Bieter 2] und am 10. März 2014 im Falle von Capricorn. |
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(51) |
Am 11. März 2014 genehmigte der Gläubigerausschuss der insolventen Gesellschaften die Veräußerung an Capricorn (insbesondere an die capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft GmbH), zu, da Capricorn das eindeutig beste Angebot einschließlich eines Finanzierungsnachweises unterbreitet hatte. Das Angebot von Capricorn sah die Übernahme sämtlicher Verwertungseinheiten zu einem Preis von 77 Mio. EUR vor, das Angebot von [Bieter 2] lag bei [47-52] Mio. EUR. Der Kaufvertrag mit Capricorn wurde am 11. März 2014 von NG, MSR und CMHN und vom Insolvenzverwalter am 13. März 2014 unterzeichnet (68). |
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(52) |
Im Anschluss an das beschriebene Bietverfahren wurden die Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN (alle materiellen und immateriellen Vermögenswerte einschließlich Grund- und Immobilienbesitz, Marken, Handelsbezeichnungen und Internetdomainrechte), aber keine Verbindlichkeiten und finanziellen Vermögenswerte von Capricorn erworben. Die Gesellschafter von Capricorn sind die Capricorn HOLDING GmbH (69) mit 67 % der Geschäftsanteile und die GetSpeed GmbH & Co KG (70) mit 33 % der Geschäftsanteile. |
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(53) |
Nach deutschem Recht (71) und nach Rechtsprechung deutscher Arbeitsgerichte (72) gehen die mit den Verwertungseinheiten verbundenen bestehenden Arbeitsverhältnisse automatisch auf den Erwerber der Vermögenswerte, d. h. die neue Besitzgesellschaft, über; im Falle einer Insolvenz allerdings kann der Erwerber den Insolvenzverwalter bitten, die Arbeitsverträge zu kündigen. Im vorliegenden Fall ist im Kaufvertrag vorgesehen, dass die NBG (derzeitige Betriebsgesellschaft des Nürburgring-Komplexes) die Arbeitsverträge auf Ersuchen von Capricorn im Jahr 2014 beenden würde. Capricorn kam nämlich zu dem Schluss, dass das Unternehmen für einen wirtschaftlich rentablen Betrieb der erworbenen Vermögenswerte (ab Anfang 2014) nur 253 der insgesamt 297 Beschäftigten benötigen würde; Capricorn bat deshalb NBG, die Arbeitsverhältnisse von 44 Beschäftigten zu beenden. Folglich werden ab dem 1. Januar 2015 (Beginn des Betriebs der erworbenen Vermögenswerte durch Capricorn) 85 % der Gesamtbelegschaft der insolventen Gesellschaften bei Capricorn beschäftigt sein. |
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(54) |
Die Parteien des Kaufvertrags sind zum Vollzug des Vertrags erst dann verpflichtet, wenn die Kommission einen Beschluss erlassen hat, in dem sie feststellt, dass weder der Erwerber noch dessen Betriebsgesellschaft als Begünstige der prüfungsgegenständlichen Beihilfen anzusehen sind und somit auch nicht für eine Beihilfenrückforderung haften, und wenn a) entweder die Frist für eine gerichtliche Überprüfung des Kommissionsbeschlusses ohne Einlegung eines Rechtsmittels abgelaufen ist oder b) im Falle des Einlegens eines Rechtsmittels ein bestandskräftiges Urteil des Gerichts ergangen ist, das den Beschluss der Kommission bestätigt. Mit dieser Auflage sollte die Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis für die Vermögenswerte von 77 Mio. EUR und dem mit diesen verbundenen Risiko gedeckt werden, dass aufgrund der Kommissionsbeschlüsse vom 21. Mai 2012 und 7. August 2012 zur Einleitung bzw. Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens staatliche Beihilfen in Höhe von 456 Mio. EUR zurückgefordert werden könnten. |
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(55) |
Die Saison 2014 wird noch von der NBG durchgeführt. Anschließend wird die NBG in die Liquidation überführt. Der Cashflow 2014 der NBG (6 Mio. EUR) verbleibt bei den Veräußerern und wird im Interesse einer einfacheren Vertragsabwicklung auf den Kaufpreis pauschaliert angerechnet. Was die Darlehensnehmer NG, MSR und CMHN betrifft, haben sie im Rahmen des Insovenzverfahrens all ihre Tätigkeiten endgültig eingestellt und Verfügen über kein Personal. Zugleich sind die Insolvenzverwalter damit beauftragt, über Gerichtsverfahren nach deutschem Insolvenzrecht alle Forderungen und Verbindlichkeiten der Unternehmen im Insolventsverfahren zu regeln. Sobald diese Forderungen und Verbindlichkeiten beglichen sind und das Insolvenzgericht die endgültige Liquidation beschließt, können die Unternehmen aus dem Handelregister gelöscht werden. |
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(56) |
Um die Saison 2015 durchführen zu können, gründet der Erwerber (Capricorn) eine Betriebsgesellschaft, die unter Capricorn NÜRBURGRING GmbH (im Folgenden „OpCo“) firmieren und die Verträge für die Saison 2015 abschließen wird. Der Kommission wurde zugesagt, dass mit den nachstehenden Maßnahmen dafür Sorge getragen werde, dass die Beihilfeempfänger definitiv aus dem Markt ausscheiden: Sofern Anfang 2015 noch kein bestandskräftiger Kommissionsbeschluss vorliegt, werden die veräußerten Vermögenswerte vor dem 1. Januar 2015 auf ein neues Unternehmen („NewCo“) übertragen, an dem der Erwerber 95,1 % und ein unabhängiger Treuhänder 4,9 % der Anteile halten wird. Der Treuhänder wird im Interessse der Gläubiger und nicht im Interesse der zahlungsunfähigen Beihilfeempfänger handeln, sei jedoch nicht an Weisungen der Gläubiger gebunden. Ferner wird zwischen NewCo und OpCo ein Betriebspachtvertrag geschlossen, der mit Wirkung zum Vollzugstag des Kaufvertrags enden wird. Die Geschäfte der OpCo werden unter ihrem Namen, auf der Grundlage ihres Geschäftsplans und mit Beschäftigten ihrer Wahl (siehe Erwägungsgrund 53) geführt. Der an NewCo zu zahlende Pachtzins von insgesamt [4,6-5,1] Mio. EUR pro Jahr wird in die Insolvenzmasse der Nürburgring-Unternehmen eingehen (alle Zahlungen zugunsten der Insolvenzmasse werden ausschließlich zwecks Auszahlung an die Gläubiger in die Treuhänderkonten der Insolvenzverwalter überwiesen). Sobald der Beschluss der Kommission wirksam wird, überträgt der Treuhänder alle seine NewCo-Anteile dem Erwerber. Sollte der Erwerber jedoch seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, kann der Treuhänder die Vermögenswerte veräußern. Sollte der Kommissionsbeschluss für nichtig erklärt werden, würden die Vermögenswerte wieder an die Insolvenzverwalter gehen, die diese dann unverzüglich verkaufen müssten, da selbst in einem solchen Fall nach deutschem Insolvenzrecht die Liquidationspflicht weiterhin besteht. Die Möglichkeit einer Weiterführung der Geschäfte der Nürburg-Unternehmen durch NewCo besteht nicht. Die Kommission stellt fest, das die Regelung nichts an den grundlegenden Bedingungen für die Veräußerung (einschließlich des Kaufpreises und der Zahlungsbedingungen) ändert (73). |
3. STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS
3.1. UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN
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(57) |
In einer Stellungnahme zum förmlichen Prüfverfahren weist Deutschland darauf hin, dass die NG zum 1. Juli 2008 (74) bzw. am 28. Juli 2010, d. h. zum Zeitpunkt der Gewährung des ISB-Darlehens in Höhe von 325 265 Mio. EUR, nicht als ein Unternehmen in Schwierigkeiten zu betrachten war (75). Zur Lage von NG, MSR und CMHN in der Zeit von Mai 2012 bis Juli 2012 und zur Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens macht Deutschland geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die Insolvenz von NG, MSR und CMHN eine irreversible Folge ihres auf der Grundlage der vorläufigen Prüfung (76) gefassten Beschlusses, die Rettungsbeihilfe nicht zu genehmigen, gewesen sei, und dass die Kommission damit gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (77) verstoßen habe. Deutschland argumentiert ferner, dass die NG den Bau der Infrastruktur und insbesondere die Veranstaltung von Formel-1- und Superbike-Rennen im Auftrag der öffentlichen Hand durchgeführt habe (78) und dies daher bei der Untersuchung ihrer wirtschaftlichen Lage, der Einstufung als Unternehmen in Schwierigkeiten und der Anwendung des Grundsatzes der „einmaligen Beihilfe“ nicht hätte berücksichtigt werden dürfen (79). |
3.2. STAATLICHE MITTEL UND ZURECHENBARKEIT ZUM STAAT
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(58) |
In Bezug auf die Maßnahmen der NG räumt Deutschland ein, dass die Mittel dem Staat zuzurechnen sind (80). |
3.3. WIRTSCHAFTLICHE TÄTIGKEIT
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(59) |
Nach Auffassung Deutschlands stellen der Bau der Tribüne und der Multifunktionshallen, die Erschließungsmaßnahmen sowie der Bau der Attraktionen für Bildung und Unterhaltung (Teilbereich I (81) des Projekts „Nürburgring 2009“) insofern keine wirtschaftliche Tätigkeit dar, als sich das Urteil zum Flughafen Leipzig/Halle (82) nicht auf die Errichtung allgemeiner (Regional- und Sport-) Infrastruktur übertragen lasse (83). Der Bau betreffe Einrichtungen, die die Kriterien des Weißbuchs Sport der Kommission von 2007 (multifunktionale Nutzung, diskriminierungsfreier Zugang usw.) erfüllen. Außerdem führt Deutschland an, dass kein privater Investor ein derartiges Projekt durchführen würde und Rennstrecken mangels Rentabilität in der Regel nicht von Privaten errichtet werden (84). |
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(60) |
Da Formel-1-Veranstaltungen aus deutscher Sicht grundsätzlich strukturell defizitär sind, könnten sie nicht als regulärer Geschäftsbetrieb der NG angesehen werden; da ihre Austragung selbst nach Einrechnung der staatlichen Förderung zu einem negativen Ergebnis für die NG führte, hätte das Unternehmen diese Veranstaltungen ohne Zusage der öffentlichen Finanzierung nicht durchgeführt. Deutschland hätte sich aus regionalpolitischen Gründen dafür entschieden, die Formel-1-Veranstaltungen über NG zu Arm's-length-Bedingungen zu finanzieren (85). Daher macht Deutschland geltend, dass die Organisation dieser Veranstaltungen nicht als wirtschaftliche Tätigkeit der NG angesehen werden kann. Sollte die Finanzierung dieser Maßnahmen jedoch als Beihilfe eingestuft werden, führt Deutschland an, dass die Kriterien für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) erfüllt seien. |
3.4. SELEKTIVITÄT
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(61) |
Deutschland führt an, dass die Finanzierung der Maßnahmen, selbst wenn sie als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden sollte, keinen selektiven Charakter habe, da die Kriterien des Weißbuchs Sport von 2007 erfüllt seien (mehrere Nutzer, diskriminierungsfreier Zugang, multifunktionale Nutzung und Vermietung zu angemessenen marktbasierten Preisen; die Infrastruktur würde nicht vom Markt bereitgestellt, weil sie nicht rentabel ist; Verantwortung öffentlicher Stellen). |
3.5. VORTEIL
a) Maßnahmen, auf die der Beschluss vom 21. März 2012 Bezug nimmt
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(62) |
Deutschland räumt ein, dass kein langfristiger privater Investor gefunden wurde, der bereit gewesen wäre, in das Projekt „Nürburgring 2009“ zu investieren. |
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(63) |
Zu Maßnahme 1 (Einzahlungen in die Kapitalrücklage und Kapitalerhöhungen im August 2004, Dezember 2004 und September 2007) führt Deutschland an, dass die Frage eines etwaigen Vorteils unerheblich sei, da die Maßnahme nicht auf eine wirtschaftliche Tätigkeit abziele. |
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(64) |
Zu Maßnahme 2 bringt Deutschland vor, dass die Höhe des Zinssatzes der Darlehen, die die NG ihren Tochtergesellschaften gewährt hat (6 %), den Tochtergesellschaft keinen Vorteil verschaffte, da es sich dabei um einen marktüblichen Zinssatz handle. |
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(65) |
Im Rahmen von Maßnahme 3 wurden, so Deutschland, die durch 170 Mio. EUR (86) aus dem Liquiditätspool finanzierten Maßnahmen zu marktüblichen Konditionen durchgeführt, da a) der Pool vom Land wie bei einer marktwirtschaftlichen Holding genutzt worden sei (87), b) die NG die anfallenden Zinsen ordnungsgemäß gezahlt habe und c) die Finanzierung im Rahmen von Maßnahme 8 vollständig zurückgeführt worden sei. Deutschland führte ferner aus, dass die der ISB aus dem Liquiditätspool des Landes gewährten Darlehen ausschließlich der Refinanzierung der ISB im Hinblick auf ihre eigenen Darlehen für die NG gedient hätten (siehe auch Erwägungsgrund 70) und dass die Marktkonditionen des Landes aus den Transaktionen des Liquiditätspools nicht an die NG als Darlehensnehmerin weitergegeben worden seien. |
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(66) |
Zu Maßnahme 4 (Darlehen der NG für die MSR) stellt Deutschland fest, dass der Zinssatz von 7 % marktkonform zu sein scheint. |
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(67) |
Maßnahme 5 (Unterstützung der CST durch die NG) ist nach Angaben Deutschlands marktkonform: Nach der anfänglichen paritätischen Finanzierung des Projekts durch NG und MIB sei die MIB später nicht in der Lage gewesen, die benötigten Gesellschafterdarlehen in derselben Höhe aufzubringen wie die NG. Da ein Rückzug der NG aus dem Projekt die fristgerechte Bereitstellung des Ticketsystems beeinträchtigt und die vorherige Investition der NG aller Wahrscheinlichkeit nach wertlos gemacht hätte, sei es für die NG günstiger gewesen, das geplante Projekt zu geänderten Konditionen fortzuführen, zumal der Geschäftsplan eine angemessene Rendite habe erwarten lassen und die NG Sicherheiten von der NG erhalten habe. |
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(68) |
In Bezug auf Maßnahme 6 (Zahlungen an die IPC sowie das der MSR über die PNG gewährte Darlehen) argumentiert Deutschland, dass die Empfänger die jeweiligen Zahlungen als Vergütung für Leistungen und als Darlehen zu marktkonformen Bedingungen erhalten hätten. |
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(69) |
In Bezug auf Maßnahme 7 (Abtretung der Forderungen der MIB gegen die CST an die NG) geht Deutschland nicht auf einen etwaigen Vorteil ein. |
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(70) |
Zu Maßnahme 8 (ISB-Darlehen an NG, MSR und CMHN) weist Deutschland darauf hin, dass die ISB nicht unabhängig (nach dem Arm's-length-Prinzip) als (eigenständiges) Unternehmen, sondern in ihrer Eigenschaft als Förderbank im Auftrag von und als Teil der Verwaltung des Landes Rheinland-Pfalz handele (88). Nach Auffassung Deutschlands sind die Grundsätze der Verständigung II auf die Refinanzierung des ISB-Darlehens (89) durch Teilnahme der ISB am Liquiditätspool anwendbar. Daher stelle diese Teilnahme keine Beihilfe zugunsten der ISB dar (90). |
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(71) |
Zu Maßnahme 9 (Garantie des Landes gegenüber der ISB betreffend Maßnahme 8) macht Deutschland geltend, dass die betreffende Garantie- und Freistellungserklärung allein die Risikoverteilung im Innenverhältnis Land — ISB regele und keine Begünstigung der Darlehensnehmer (NG, MSR und CMHN) darstelle, da sie für diese nicht zu verbesserten Darlehenskonditionen geführt habe (91). |
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(72) |
Zu Maßnahme 10 (Betriebspachtvertrag vom 25. März 2010) legte Deutschland ein vom Land in Auftrag gegebenes Gutachten vom 29. September 2011 über den Betriebspachtzins für den Nürburgring vor, in dem eine Reihe Minimal- und Maximalwerte für marktübliche Jahrespachtbeträge ermittelt wurden. Deutschland führt an, dass die erwarteten Pachteinnahmen dem Gutachten zufolge 20 % über dem maximalen Marktpreis lagen und somit die Baukosten des Verpächters in Höhe von 330 Mio. EUR amortisiert und einen angemessenen Gewinn ermöglicht hätten (92). |
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(73) |
Was die Darlehen im Rahmen von Maßnahme 11 (Darlehen der RIM an die MSR über Mediinvest und PNG) anbelangt, über die Teilbereich II des Projekts „Nürburgring 2009“ finanziert wurde, so argumentiert Deutschland, dass diese dem Grundsatz des marktwirtschaftliche handelnden Investors entsprachen und keinen Vorteil darstellten, da die angewendeten Zinssätze über dem geltenden Referenzzinssatz lagen (mit Ausnahme von zwei Darlehen vom 12. November 2008 bzw. 22. Dezember 2008). |
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(74) |
Zu Maßnahme 12 (Darlehen der RIM an die MSR über Mediinvest nach Maßnahme 11) macht Deutschland geltend, dass die Garantie des Landes nur zu einem Vorteil für die Empfänger der Darlehen führe, aber der ISB oder der RIM keinen Vorteil verschaffe, da diese Garantie eine Voraussetzung für die Gewährung der Darlehen war. |
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(75) |
Für die Maßnahmen 13 und 14 (Einnahmen aus einer Spielbankabgabe für Zwecke der Tourismusförderung (93) und Gesellschafterdarlehen des Landes) macht Deutschland keine Übereinstimmung mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Investors geltend. In Bezug auf die Spielbankabgabe bezeichnet Deutschland die Maßnahme als Ausgleich für Infrastrukturkosten im Zusammenhang mit der Tourismusförderung. Zum Rangrücktritt erklärt Deutschland, dass dieser bei Gesellschafterdarlehen rein deklaratorische Wirkung habe, da jedes Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren ohnehin in den Nachrang rücke, dass der Rangrücktritt damit auch nur eine potenzielle Belastung des öffentlichen Haushalts zur Folge habe und folglich keinen Vorteil darstelle (94). |
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(76) |
Zu Maßnahme 15 (Übernahme der MSR-Geschäftsanteile durch NG und RIM) macht Deutschland geltend, dass dies Mediinvest, Geisler & Trimmel und Weber aus folgenden Gründen keinen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe: a) Die Übernahme erfolgte zu einem symbolischen Kaufpreis von nur 1 EUR pro Geschäftsanteil; b) sie war nicht mit anderen Vorteilen wie einer Kündigung von Gesellschafterdarlehen oder Garantien der Gesellschafter verbunden; c) NG und RIM übernahmen die MSR-Anteile, um das Eigentum an Teilbereich II mit jenem an Teilbereich I von „Nürburgring 2009“ zusammenzuführen und so ein einheitliches Betriebskonzept zu ermöglichen, und d) die Frage, ob die MSR zum Zeitpunkt der Übertragung möglicherweise ein Unternehmen in Schwierigkeiten war, habe auf diese Würdigung keinen Einfluss, da es sich bei der MSR um eine GmbH handelte, d. h., die Haftung der Gesellschafter war damit ohnehin auf das Gesellschaftskapital beschränkt. |
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(77) |
In Bezug auf Maßnahme 16 (Finanzierung der Verluste der NG im Zusammenhang mit Formel-1-Rennen durch das Land) macht Deutschland geltend, dass es sich nicht um eine wirtschaftliche Tätigkeit handle und die Finanzierung von Formel-1-Veranstaltungen in der Regel defizitär sei. |
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(78) |
Zur Maßnahme 17 (Formel-1-Konzessionsvertrag) führt Deutschland an, dass dieser mit den Konditionen des Betriebspachtvertrags in Zusammenhang stehe. Da die Pacht weit (d. h. […] %) über der marktüblichen Pacht liege, würden sich, so Deutschland, die beiden Verträge insgesamt gesehen aufwiegen (einschließlich der Vorteile, die der NAG aus dem Konzessionsvertrag erwachsen) (95). |
b) Maßnahmen, auf die der Beschluss vom 7. August 2012 Bezug nimmt (96)
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(79) |
Maßnahme 18 (Umschuldung) sei, so Deutschland, zur Vermeidung der unmittelbaren Insolvenz erforderlich gewesen; ein privater Gesellschafter hätte die Maßnahme ebenfalls ergriffen. |
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(80) |
Maßnahme 19 (Rangrücktritt und Freistellungserklärung) stellt Deutschland zufolge keine auch nur potenzielle Belastung des öffentlichen Haushalts dar und ein privater Gesellschafter hätte sich ebenso verhalten. Außerdem habe die Rangrückstellung keine Folgen für die Gesellschafter, da keine wesentlichen Forderungen anderer Gläubiger bestünden. |
3.6. VERFÄLSCHUNG DES WETTBEWERBS UND BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS
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(81) |
Deutschland führt an, dass bei den Maßnahmen zugunsten der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe nicht die Gefahr einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten bestehe (97). |
3.7. VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT
a) Einrichtungen der Rennstrecke
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(82) |
Deutschland bringt vor, dass der Nürburgring für die Wirtschaft und Beschäftigung in der Eifelregion von entscheidender Bedeutung sei, dass es sich um eine wichtige Infrastruktureinrichtung für den Amateur-/Breitensport handle, dass er Teil der deutschen Motorsportgeschichte und Kultur und somit Teil des Kulturerbes der Union sei, dass dem Nürburgring große Bedeutung für die Sicherheit im Straßenverkehr in der ganzen Welt zukomme, da die hier getesteten Automobile weltweit exportiert werden, dass das Fahrsicherheitszentrum Sicherheitstraining anbiete und dass die geprüften Maßnahmen weniger die Rennstrecke als solche beträfen, sondern vielmehr die Sportinfrastruktur und sportfremde Infrastruktur, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Rennstrecke und der Organisation von Formel-1-Rennen stehe. |
b) Vereinbarkeit der Beihilfen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV
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(83) |
Deutschland führt an, dass die Errichtung von Sportstätten als gemeinsames Ziel im Sinne des Artikels 165 AEUV (98) angesehen werden könne und dass Maßnahmen, die den Zugang zu Sportangeboten ermöglichen, förderfähig seien (99). Der Nürburgring werde nicht nur für wenige Profiveranstaltungen genutzt, sondern auch für Amateurwettbewerbe und das Training junger Motorsportler. Außerdem werden am Nürburgring auch andere Sportveranstaltungen wie Rad- (Rad&Run) und Laufsportveranstaltungen (Fisherman's Friend StrongmanRun) sowie Triathlon (Green Hell Triathlon) ausgetragen. |
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(84) |
Aus Sicht Deutschland sind die Maßnahmen aus folgenden Gründen erforderlich: Von insgesamt […] Veranstaltungstagen wird der Nürburgring nur an […] Tagen ausschließlich für den Profisport genutzt, an […] Tagen ausschließlich für den Amateur-/Breitensport und an […] Tagen gleichzeitig von Amateur-/Breitensport und Profisport. Bei den an den Veranstaltungen beteiligten Sportlern handelt es sich zu über […] % um Amateur-/Breitensportler ([…] Profisportler gegenüber […] Amateursportlern). Bei den Profisportveranstaltungen handelt es sich um Formel-1-Rennen, die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft, die Superbike World Championship, die Musikveranstaltung Rock am Ring und die Testfahrten der Automobilhersteller. Breitensportler können die Strecke mit ihrem eigenen Fahrzeug befahren. An den Wochenenden veranstalten die großen deutschen Motorsportverbände (wie der ADAC) Amateur-Rennserien. Während der Woche nutzen einzelne Clubs die Strecke zu Trainingszwecken bzw. für Amateurwettbewerbe. Im Motorsport gibt es keine unterschiedlichen Infrastrukturen für den Profi- bzw. den Amateur-/Breitensport. Außerdem dienten die geprüften Maßnahmen der Behebung eines Marktversagens. Eine Anlagenrendite (return on investment) könne bei solchen Maßnahmen nicht erwartet werden. Anders als bei Multifunktionsarenen finden hier nur eine oder zwei Rennserien pro Jahr statt. Deshalb wäre kein privater Investor bereit, eine solche Infrastruktur zu bauen bzw. zu finanzieren. Eine Beteiligung privater Unternehmen an der Finanzierung von Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“ war gescheitert. Das öffentliche Engagement habe folglich auch einen Anreizeffekt gehabt. Ohne den ausdrücklichen politischen Willen der Landesregierung hätte die NG die Modernisierung und Erweiterung der Sportinfrastruktur nicht im gleichen Umfang vorgenommen. Außerdem macht Deutschland geltend, dass die Finanzierung der Maßnahmen verhältnismäßig sei. Die Erreichung der Ziele wäre mit einer geringeren Förderung durch die öffentliche Hand nicht möglich gewesen. Die Anlagen waren veraltet und bedurften der Modernisierung. Eine Duplikation von Infrastrukturen sei dabei nicht erfolgt. Anders als in den Verfahren der Kommission zu Multifunktionsarenen (100) betreffen die geprüften Maßnahmen weder den Neubau von Sportinfrastruktur noch führten sie zu einem wesentlichen Kapazitätsausbau. |
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(85) |
Nach Auffassung Deutschlands sind die Auswirkungen auf den Handel und Wettbewerb gering und laufen dem gemeinsamen Interesse nicht zuwider. Wie das Oberlandesgericht Koblenz (101) feststellte, verfügt der Nürburgring mit der Nordschleife über ein Alleinstellungsmerkmal. Die Verteilung der verschiedenen internationalen und nationalen Veranstaltungen auf die verschiedenen Rennstrecken sei über einen langen Zeitraum gewachsen, so dass die Förderung der Sportinfrastruktur am Nürburgring nicht zu einer Abwanderung von Veranstaltungen zum Nürburgring führe. Außerdem finde am Nürburgring nur eine geringe Anzahl internationaler Veranstaltungen statt. |
c) Vereinbarkeit der Beihilfen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV
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(86) |
Deutschland führt an, dass der Nürburgring — die längste permanente Rennstrecke der Welt mit dem ältesten noch erhaltenen Boxenviertel weltweit — Teil des kulturellen Erbes der Union sei (102). Teile von ringowerk (eine Mischung aus Museum und Science Centre) hätten musealen Charakter. Die Maßnahmen zur Förderung der Motorsportkultur seien erforderlich gewesen, da diese eine gemeinsame kulturelle Identität in Deutschland und in der Union schaffe und eine private Finanzierung von Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“ gescheitert sei. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig, da keine Überkompensation für diese Maßnahme erfolgte. Die Handels- und Wettbewerbsbedingungen im Bereich der Kultureinrichtungen seien durch die Fördermaßnahmen nicht in einem Maße beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Kultureinrichtungen am Nürburgring stünden im Wettbewerb mit anderen regionalen und überregionalen Kultureinrichtungen, so dass deren Marktanteil gering sei. |
d) Vereinbarkeit der Beihilfen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV
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(87) |
Deutschland macht ferner geltend, dass die Inanspruchnahme von Krediten aus dem Liquiditätspool durch die NG und die Beteiligung der ISB am Liquiditätspool (Maßnahme 3) mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV vereinbar seien, da aufgrund des Zusammenbruchs des Interbankenmarktes eine Kreditaufnahme auf dem Markt praktisch unmöglich war. |
e) Vereinbarkeit der Beihilfen mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV
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(88) |
Deutschland macht geltend, dass ein Teil der Investitionsmaßnahmen zur Tourismusförderung die seinerzeit geltenden DAWI-Anforderungen erfüllte (103) und dass dieser Zuordnung kein offensichtlicher Fehler zugrunde liege. Im Einzelnen weist Deutschland darauf hin, dass Teile des ringowerks (insbesondere die Motorsport-Ausstellung, das Grüne Hölle Multimedia Theater, der ringomeister und das testocentre) einen musealen Charakter haben und dem öffentlichen Interesse der (kulturellen) Bildung dienen. Das Warsteiner Event Centre diene als vielfältig nutzbare Kongress-, Messe- und Konferenzeinrichtung, und das Parkhaus sei an Tagen ohne Großveranstaltungen nicht ausgelastet. Deutschland macht geltend, dass ohne öffentliche Finanzierung kein unter normalen Marktbedingungen handelndes Unternehmen die Investitionen in diese drei Einrichtungen getätigt hätte. Die gescheiterte Privatfinanzierung von Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“ habe gezeigt, dass für die Bereitstellung solcher Maßnahmen kein Markt bestehe. |
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(89) |
Deutschland führt an, dass die Organisation von Formel-1-Veranstaltungen als DAWI betrachtet werde, da dafür auch in anderen Ländern öffentliche Zuschüsse gezahlt werden. Außerdem habe dies einen enormen Prestigeeffekt sowie volkswirtschaftliche Auswirkungen und eine identitätsstiftende Wirkung für den betreffenden Mitgliedstaat und die Union insgesamt. |
f) Vorübergehender Unionsrahmen
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(90) |
Deutschland führt an, dass die Tranchen 2 bis 4 des ISB-Darlehens (Maßnahme 8) nach der Mitteilung der Kommission — Vorübergehender Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungsmitteln in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise (104) (Vorübergehender Unionsrahmen) mit dem Binnenmarkt vereinbar seien. Selbst wenn die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass die NG zum 1. Juli 2008 als Unternehmen in Schwierigkeiten zu betrachten sei und der Vorübergehende Unionsrahmen nicht auf die Tranchen 2 bis 4 des ISB-Darlehens angewendet werden könne, würde lediglich die Differenz zwischen dem am Markt zu zahlenden und dem tatsächlich gezahlten Zinssatz, nicht jedoch der gesamte Nennwert des Darlehens eine Beihilfe zugunsten von NG, MSR und CMHN darstellen (105). |
3.8. VERÄUSSERUNG DER VERMÖGENSWERTE
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(91) |
In seinen Ausführungen bleibt Deutschland dabei, dass die Veräußerungsstruktur keine staatlichen Beihilfen zugunsten des Erwerbers der Vermögensgegenstände beinhaltet. Außerdem macht Deutschland geltend, dass das Veräußerungsverfahren einen Bruch der wirtschaftlichen Kontinuität von NG, MSR und CMHN darstelle. Sollte das förmliche Prüfverfahren zu einem Negativbeschluss der Kommission und zur Rückforderung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen führen, beträfen die damit verbundenen Rückzahlungsverpflichtungen von NG, MSR und CMHN nicht den Erwerber der in Rede stehenden Vermögenswerte. Bezüglich der Bedingung, dass die Veräußerung der Nürburgring-Vermögenswerte erst vollzogen wird, wenn ein bestandskräftiger Beschluss der Kommission vorliegt, in dem festgestellt wird, dass von dem Erwerber der Vermögenswerte keine staatlichen Beihilfen zurückgefordert werden, macht Deutschland geltend, dass diese Bedingung kein Hindernis für die Abwicklung der Beihilfeempfänger sei sowie keine Weiterführung der Geschäfte und keinen Vorteil zugunsten des Erwerbers darstelle. |
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(92) |
Bezüglich des Bruchs der wirtschaftlichen Kontinuität weist Deutschland auf Folgendes hin:
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(93) |
In Bezug auf die Bedingung, dass die Veräußerung der Nürburgring-Vermögenswerte erst vollzogen wird, wenn ein bestandskräftiger Beschluss der Kommission vorliegt, in dem festgestellt wird, dass von dem Erwerber der Vermögenswerte keine staatlichen Beihilfen zurückgefordert werden, macht Deutschland Folgendes geltend:
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(94) |
Nach Auffassung Deutschlands ist durch dieses Verfahren gewährleistet, dass zwischen NG, MSR und CMHN und den im Rahmen des Bietverfahrens angebotenen Vermögenswerten keine wirtschaftliche Kontinuität besteht. Daher müssten etwaige potenziell mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen zugunsten von NG, MSR und CMHN nach einem entsprechenden Beschluss der Kommission von diesen Gesellschaften zurückgefordert werden und würden nicht den Erwerber der zu veräußernden Vermögensgegenstände betreffen. Ferner macht Deutschland geltend, dass die aufschiebende Bedingung im Kaufvertrag zwischen den Veräußerern und dem Erwerber weder ein Hindernis für die Liquidation der Nürburgring-Unternehmen noch für die Rückforderung früherer staatlicher Beihifen von diesen Unternehmen sei. Die Beihilfeempfänger würden definitiv aus dem Markt ausscheiden. Sollte der Verkauf an Capricorn für nichtig erklärt werden, würden die Vermögenswerte dennoch veräußert und die Veräußerer abgewickelt werden. |
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(95) |
Deutschland unterrichtete die Kommission über die Veräußerungsstruktur, um Rechtssicherheit zu erlangen, dass die Veräußerung der Vermögenswerte keine Elemente staatlicher Beihilfen enthält und der/die erfolgreiche(n) Bieter nicht für Rückforderungen mit dem Binnenmarkt unvereinbarer staatlicher Beihilfen haftet/n. |
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(96) |
Deutschland hatte ferner zugesagt, der Kommission über den Verlauf des Veräußerungsverfahrens Bericht zu erstatten. Die Berichte wurden in regelmäßigen Abständen übermittelt. Darin wurde bestätigt, dass das Veräußerungsverfahren nach den mit der Kommission erörterten Grundsätzen durchgeführt wurde. Sie enthielten ferner Angaben zu den Bietern, ihren Angeboten, zum endgültigen Kaufpreis und zu anderen relevanten Punkten. |
4. BESCHWERDEN ZUR VERÄUSSERUNG DER VERMÖGENSWERTE
4.1. BESCHWERDE VON JA ZUM NÜRBURGRING e.V. (BESCHWERDEFÜHRER 1)
a) Beschwerde
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(97) |
Beschwerdeführer 1 macht geltend, dass die Ausgestaltung des Bietverfahrens für die Veräußerung der Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN (d. h. die Veräußerung der Rennstrecke mit den Beherbergungsbetrieben und dem Freizeitpark als Ganzes) nicht geeignet war, die Wettbewerbsverzerrungen auf den relevanten Märkten zu beseitigen, da das Ziel des Verfahrens in einem unveränderten Betrieb des Komplexes und dem Übergang der überwiegenden Anzahl der Mitarbeiter von NG, MSR und CMHN auf den Erwerber der Vermögenswerte bestand. Ferner macht Beschwerdeführer 1 in seiner Beschwerde geltend, dass die insolventen Unternehmen im Insolvenzverfahren im Rahmen der Eigenverwaltung die Veräußerung lediglich unter Aufsicht eines Sachwalters (107) selbst vornehmen, dass die Bieter keine getrennten Angebote für die einzelnen Verwertungseinheiten abgeben müssen und dass Angebote für die Gesamtheit aller Vermögenswerte möglich sind. |
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(98) |
Ferner macht Beschwerdeführer 1 geltend, dass die Beihilfen auf den Erwerber der Vermögenswerte übertragen würden, da alle Vermögenswerte, rund 300 Beschäftigte und das operative Geschäft von NBG an einen einzigen Bieter veräußert würden und dadurch eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen dem alten und dem neuen Eigentümer/Betreiber gegeben wäre. Beschwerdeführer 1 behauptet außerdem, dass die Veräußerer aufgrund des Kriteriums der Wertmaximierung über alle Vermögenswerte Angebote für die Gesamtheit der Vermögenswerte bevorzugten und dadurch Angebote für einzelne Vermögenswerte benachteiligt würden. |
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(99) |
Des Weiteren kritisiert Beschwerdeführer 1, dass das Bietverfahren durch mangelnde Transparenz hinsichtlich der Zuschlagskriterien und der Finanzkennzahlen bezüglich der Gewinne von NG gekennzeichnet sei und die Bieter nicht gleichberechtigt behandelt würden; so sei der Zugang zum virtuellen Datenraum auf fünf Bieter beschränkt worden. Beschwerdeführer 1 macht ferner geltend, dass die Mitteilung über die Fristverlängerung auf Mitte Februar 2014 für die Abgabe verbindlicher Angebote von den Veräußerern nur an die Gesamtbieter gegangen sei, die Zugang zu dem virtuellen Datenraum erhalten hätten. Bieter, die wie Beschwerdeführer 2 nur Angebote für einzelne Verwertungseinheiten abgegeben haben, seien dagegen nicht über die Fristverlängerung informiert worden. Ferner weist Beschwerdeführer 1 darauf hin, dass das Land und Capricorn von derselben Rechtsanwaltskanzlei vertreten werden würden. |
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(100) |
Beschwerdeführer 1 beantragt, das gegenwärtige Bietverfahren einzustellen und mit klaren Zuschlagskriterien neu zu eröffnen, die Rennstrecke als DAWI einzustufen und getrennt von den Beherbergungsbetrieben und dem Freizeitpark zu veräußern. |
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(101) |
Darüber hinaus macht Beschwerdeführer 1 geltend, das die NBG neue nicht angemeldete und nicht mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen erhalten habe, weil sie von der insolventen NG für den Betrieb am Nürburgring Kapital in Form einer Einstellung von 2 239 243 EUR in die freie Kapitalrücklage erhalten habe, dass der Betrieb auf der Grundlage eines neuen Pachtvertrags zwischen NG, MSR, CMHN und NBG erfolge, der nicht ausgeschrieben worden sei, dass die NBG keinen Pachtzins zahle und dass die NBG nicht bestrebt sei, höhere Umsätze zu erzielen bzw. Kosten einzusparen, da sie den gesamten Personalbestand beibehalten und die Kosten für die Ausrichtung der Formel 1 getragen habe. Beschwerdeführer 1 macht ferner geltend, dass für die Übernahme der Arbeitsverhältnisse der NAG-Beschäftigten durch die NBG auf der Grundlage des am 26. Juli 2013 mit der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossenen Tarifvertrags festgelegt ist, dass den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen durch den Übergang keine wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Nachteile entstehen dürfen und dass daraus erkennbar sei, dass ein mit rechtswidrigen Beihilfen aufgebautes Geschäftsmodell aufrechterhalten werde. |
b) Von Deutschland übermittelte Stellungnahme der Insolvenzverwalter
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(102) |
Nach Auffassung der Insolvenzverwalter sollte die Beschwerde zurückgewiesen werden, da sie nicht aufzeige, dass der in Rede stehende Veräußerungsprozess von einem marktüblichen Veräußerungsprozess abweiche. |
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(103) |
In einem offenen, bedingungsfreien und transparenten Bietverfahren könnten Angebote für die Gesamtheit der Vermögenswerte nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Wenn ein solches Gesamtangebot höher sei als die Summe der insgesamt eingegangenen Angebote für einzelne Vermögenswerte, würde ein marktwirtschaftlich handelnder Eigentümer dem Gesamtangebot den Zuschlag erteilen. Unter diesen Umständen könne nur der Preis des Gesamtangebots als Marktpreis gelten (108). Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der von den Beschwerdeführern geforderte Ausschluss von Gesamtangeboten bei einer Veräußerung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens einen Eingriff in die durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union geschützte unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht der Insolvenzgläubiger bedeuten würde. |
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(104) |
Eine Präferenz für ein Gesamtangebot habe nicht bestanden. Beschwerdeführer 2 habe allein aus dem Grund, dass sein Kaufpreisangebot für den Kaufgegenstand nicht hoch genug gewesen sei, keinen Zugang zum Datenraum erhalten. |
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(105) |
Das Bietverfahren sei als mehrstufiges Verfahren durchgeführt worden. Die Bieter qualifizierten sich für die nächste Phase des Verfahrens nur, wenn ein Vertragsabschluss hinreichend wahrscheinlich war. Dies habe den Vorteil, dass die sensiblen Unternehmensdaten nicht mehr Bietern zugänglich gemacht werden müssten als notwendig und dass die Kosten der Due Diligence (detaillierten Unternehmensprüfung) sowohl für den Veräußerer als auch die Bieter mit unzureichenden Kaufpreisangeboten reduziert werden könnten. Den Bietern seien in jeder Phase des Bietverfahrens ausreichende Informationen zur Verfügung gestellt worden. |
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(106) |
Die Wertungskriterien seien eindeutig und unmissverständlich definiert worden. Zuschlagskriterium sei der wahrscheinlichkeitsgewichtete Gesamterlös, der mit Unterkriterien unterlegt ist. |
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(107) |
Der Datenraum sei nicht aus technischen Gründen auf fünf Bieter beschränkt worden. Die Anzahl an eingerichteten Zugängen sei das Ergebnis der Angebotsauswertung gewesen. |
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(108) |
Den Insolvenzverwaltern zufolge wurde die NBG als Vehikel für den vorübergehenden Betrieb des operativen Geschäfts des Nürburgrings im Vorfeld der Veräußerung gegründet und ausgestattet. Das operative Geschäft habe zuvor in den Händen der NAG gelegen. Die Gesellschaften NG, MSR und CMHN seien seit der Verpachtung des Nürburgrings an die NAG lediglich reine Besitzgesellschaften ohne operative Tätigkeiten gewesen. Den Insolvenzverwaltern zufolge kamen NG, MSR und CMHN für die Übernahme des operativen Geschäfts nicht in Betracht, da zum einen eine Aufteilung des operativen Geschäfts auf die drei Gesellschaften gesonderte Konzepte erfordert hätte und sie zum anderen nicht mit den Verwertungseinheiten übereinstimmten, die auf eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Immobilien abzielten. Außerdem entspreche bei vielen Unternehmen der Abschluss von Verträgen mit insolventen Gesellschaften nicht den internen Compliance-Regeln, so dass das operative Geschäft in einer nicht insolventen Tochtergesellschaft fortgeführt werden musste, damit den Kunden des Nürburgrings ein akzeptabler Vertragspartner zur Verfügung stand. Zudem könne den Mitarbeitern ein Wechsel von der NAG in insolvente Gesellschaften nicht zugemutet werden. Die NBG sei nicht als langfristige Auffanglösung gegründet und ausgestattet worden. Sie stehe daher im Gegensatz zu den von ihr bewirtschafteten Vermögensgegenständen des Nürburgrings auch nicht zum Verkauf. Des Weiteren erklären die Insolvenzverwalter, dass die Kapitalausstattung der NBG im Hinblick auf die Veräußerung (Vermeidung von Mindereinnahmen bei stillgelegten Betrieben) nach ausschließlich wirtschaftlichen Erwägungen vorgenommen worden sei, dass die Vermögenswerte der NG durch die NBG erhöht und nicht gemindert worden seien (109), dass der NGB aus der vorgenannten Kapitalausstattung kein Vorteil erwachsen sei und dass die Gründung und Ausstattung der NBG nicht dem Staat, sondern den Insolvenzverwaltern zuzurechnen seien. |
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(109) |
Auch der Tarifvertrag zwischen der NBG und Ver.di sei geschlossen worden, um das operative Geschäft in der NBG bis zur Veräußerung fortführen zu können und nicht, um den Nürburgring darüber hinaus als wirtschaftliche Einheit zu erhalten. Dieser Vertrag sei mit der NBG, nicht mit den Veräußerern geschlossen worden. Die Arbeitsverträge seien im Einklang mit § 613 a BGB und nicht auf der Grundlage des Tarifvertrags von der NAG auf NGB übergegangen. Nach den Artikeln 7 und 9 AEUV und der Richtlinie 2001/23/EG des Rates (110) dürfen wettbewerbliche Erwägungen nicht zur Umgehung oder Absenkung der Sozialstandards führen. Für die NBG als Interimslösung sei es wichtig, dass die für das operative Geschäft erforderlichen Mitarbeiter, die vornehmlich bei der NAG, aber auch bei der NG (20 Beschäftigte) angestellt waren, dem Übergang auf die NBG zustimmen. Die NBG musste verhindern, die verbliebenen qualifizierten Mitarbeiter während der Übergangsphase ersetzen zu müssen. Zwischen Anfang 2011 und Ende 2012 war die Personalstärke um 114 VZÄ (von 402 auf 288 VZÄ) reduziert worden. Zu Beginn der Saison 2013 wurden wieder 290 VZÄ beschäftigt. Die Bieter seien darauf hingewiesen worden, dass sie die Möglichkeit haben, den Umfang der Transaktion an ihr späteres Geschäftskonzept anzupassen. Die Übernahme von Beschäftigten bedeute nicht, dass an einem Geschäftsmodell festgehalten werde. |
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(110) |
Nach Auffassung Deutschlands ist es weder beihilferechtlich geboten noch in Anbetracht des Europäischen Sozialmodells akzeptabel, dass ein Erwerber von Vermögenswerten eines in der Insolvenz befindlichen Unternehmens unter Androhung der Haftung für die Rückzahlung der diesem Unternehmen zuvor gewährten Beihilfen dazu veranlasst werden sollte, die Übernahme der Arbeitsverträge des insolventen Unternehmens zu vermeiden und Arbeitsverträge neu abzuschließen. |
4.2. BESCHWERDE DES ADAC e.V. (BESCHWERDEFÜHRER 2)
a) Die Beschwerde
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(111) |
Der Beschwerdeführer 2 erklärt, dass er von den Veräußerern darüber unterrichtet worden sei, dass er in der nächsten Runde der Veräußerung nicht berücksichtigt werden könne, weil der von ihm gebotene Kaufpreis erheblich niedriger sei als jener der anderen Gebote und sich das Angebot zudem nur auf einen Teil der Vermögenswerte bezog, während mit dem Verfahren eine Wertmaximierung für alle Vermögenswerte angestrebt würde. |
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(112) |
Beschwerdeführer 2 behauptet, dass das Veräußerungsverfahren auf eine wirtschaftliche Kontinuität der Aktivitäten und der Marktposition des Nürburgrings in seiner gegenwärtigen Form abziele und daher ungeeignet sei, den Übergang des Vorteils der bereits gewährten Beihilfen auf den Erwerber zu verhindern. Beschwerdeführer 2 macht geltend, dass nur ein Verkauf der verschiedenen Vermögensgegenstände und Aktivitäten des Nürburgrings an mehrere Teilbieter geeignet sei, die wirtschaftliche Kontinuität zu durchbrechen, dass eine Präferenz der Veräußerer bestehe, alle Vermögensgegenstände als Gesamtpaket an einen einzigen Investor statt die Vermögenswerte einzeln zu veräußern, dass der Erwerb einzelner Vermögenswerte de facto nicht möglich gewesen sei, es keine Wertungskriterien für Angebote für Teile der Vermögenswerte im Vergleich zu Gesamtangeboten gebe und dass nur Gesamtangebote in der zweite Stufe des Verfahrens berücksichtigt worden seien. |
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(113) |
Beschwerdeführer 2 macht außerdem geltend, dass die von den Insolvenzverwaltern durchgeführte Veräußerung nicht den beihilferechtlichen Vorschriften entspreche, insbesondere aufgrund mangelnder Transparenz und Diskriminierungsfreiheit, und es daher nicht geeignet sei, den tatsächlichen Marktpreis zu erzielen. Beschwerdeführer 2 behauptet, dass in den Angebotsunterlagen angebotspreisrelevante Angaben zur finanziellen Situation der NG fehlten, was zu überhöhten indikativen Angeboten geführt habe, so dass es wahrscheinlich ist, dass diese nach der Datenraumphase nach unten korrigiert werden müssten. Beschwerdeführer 2 führt an, dass die Gewinnerwartungen für das Jahr 2013 gegenüber den den Bietern übermittelten Informationen substanziell nach unten korrigiert worden seien, ohne dass die Bieter darüber informiert wurden und ihnen eine Möglichkeit zur Neubewertung gegeben wurde. Ferner macht Beschwerdeführer 2 geltend, dass die Angaben zur finanziellen Situation der NBG und zu den erforderlichen mittel- und langfristigen Investitionen nicht hinreichend offengelegt worden seien und in den Verkaufsunterlagen eine Dauerhaftigkeit der Vertragsbeziehungen suggeriert worden sei, obwohl die Verträge mit Beschwerdeführer 2 nur um ein Jahr (2014) verlängert wurden. Darüber hinaus sei das Kriterium der Transaktionssicherheit nicht ausreichend berücksichtigt worden, ansonsten hätte der Kaufinteressent La Tene Capital Limited mit einem unrealistisch hohen Angebot und ohne Finanzierungsbestätigung keinen Zugang zum Datenraum erhalten. |
b) Von Deutschland übermittelte Stellungnahme der Insolvenzverwalter
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(114) |
Die Antworten der Insolvenzverwalter in den Erwägungsgründen 102 bis 106 auf das Vorbringen von Beschwerdeführer 1 gelten auch für die Einwände von Beschwerdeführer 2. |
4.3. BESCHWERDE VON [BIETER 3] (BESCHWERDEFÜHRER 3)
a) Die Beschwerde
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(115) |
Beschwerdeführer 3 macht geltend, dass nicht das höchste Kaufangebot, sondern ein bevorzugter lokaler Bieter den Zuschlag erhalten habe. Beschwerdeführer 3 zufolge dürften nicht-wirtschaftliche Erwägungen wie regionale Ziele oder industriepolitische Gründe, die von einem marktwirtschaftlich handelnden Investor nicht akzeptiert würden, nicht bei einem niedrigeren Preis berücksichtigt werden, sondern würden vielmehr auf eine staatliche Beihilfe hindeuten (111). Beschwerdeführer 3 macht geltend, dass Capricorn den Zuschlag erhalten hätte, obwohl sein eigenes Kaufpreisangebot von 150 Mio. EUR (112) erheblich höher gewesen sei. Des Weiteren führt Beschwerdeführer 3 aus, dass einem niedrigeren Angebot nur dann ausnahmsweise der Zuschlag erteilt werden kann, wenn ersichtlich ist, dass der Verkauf an den Bieter mit dem höchsten Gebot nicht möglich ist (Transaktionssicherheit), d. h., wenn der Käufer nicht in der Lage ist, den Kaufpreis zu zahlen (113). Dem Beschwerdeführer zufolge war dies aus den nachstehenden Gründen nicht der Fall: 1) Beschwerdeführer 3 habe eine verbindliche Finanzierungszusage eines Private-Equity-Fonds in Höhe von 30 Mio. EUR unterbreitet und 2) es sei nicht möglich gewesen, eine verbindliche Finanzierungszusage für weitere Tranchen des Kaufpreises zu erhalten, da die Veräußerer Informationen zu spät oder gar nicht übermittelt hätten. Beschwerdeführer 3 habe den Veräußerern mitgeteilt, dass die ausstehenden Finanzierungszusagen bis zum 31. März 2014 übermittelt werden könnten. Beschwerdeführer 3 führt aus, dass er mit dem Tag der Beschwerde (10. April 2014) eine Finanzierungszusage über 110 Mio. EUR hätte beibringen können; der Kommission hat Beschwerdeführer 3 allerdings eine an den Beschwerdeführer 3 gerichtete Absichtserklärung der Jupiter Financing Group, Inc. („Jupiter Financial Group“) mit Datum 26. März 2014 vorgelegt, in der die Jupiter Financial Group den Beschwerdeführer über ihren verbindlichen Vorschlag für die Finanzierung des Erwerbs der Nürburgring-Vermögenswerte unterrichtet (siehe Fußnote 105 zur den finanziellen Komponenten dieses Vorschlags). Dieser Finanzierungsvorschlag erfolgte unter anderem unter dem Vorbehalt des Abschlusses einer Due Diligence, die die Jupiter Financial Group zufriedenstellen würde. |
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(116) |
Beschwerdeführer 3 macht außerdem geltend, dass 6 Mio. EUR des Kaufpreisangebots von Capricorn für den Nürburgring in Höhe von insgesamt 77 Mio. EUR aus der Saison 2014 finanziert und weitere 11 Mio. EUR erst in den Jahren 2015 bis 2018 gezahlt würden, so dass sich der tatsächliche Barkaufpreis auf 60 Mio. EUR belaufen würde; dies seien 50 Mio. EUR weniger als der von ihm gebotene Barkaufpreis von 110 Mio. EUR. Würden darüber hinaus die künftigen Barzahlungen berücksichtigt werden, ergäbe sich eine Differenz von 73 Mio. EUR zwischen dem Angebot von Capricorn und dem Angebot von Beschwerdeführer 3. Abschließend macht Beschwerdeführer 3 geltend, dass Capricorn Beihilfen in Höhe von mindestens 73 Mio. EUR erhalten habe; hierbei handele es sich um die Differenz zwischen dem von ihm als Bieter des Höchstgebots unterbreiteten Kaufpreis und dem Kaufpreis des Bieters, der den Zuschlag erhalten habe. Berücksichtige man zudem die Unterstützung zugunsten der Nachbargemeinden, würden die Beihilfen um 200 Mio. EUR steigen und sich auf insgesamt 273 Mio. EUR belaufen. |
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(117) |
Beschwerdeführer 3 macht ferner geltend, dass das Angebot von Capricorn nicht bedingungsfrei gewesen sei, denn es enthalte die Bedingung, dass ein bestandskräftiger Beschluss der Kommission vorliegt, in dem eine Ausweitung der Rückforderungsanordnung ausgeschlossen wird. Dies stelle eine Abweichung von den veröffentlichten Grundsätzen des Verkaufsverfahrens und somit einen Verstoß gegen das Ausschreibungsverfahren dar, weil die anderen Parteien (wie Beschwerdeführer 3) nicht über derartige Anpassungen unterrichtet worden seien. |
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(118) |
Des Weiteren behauptet Beschwerdeführer 3, dass der Verkauf der Vermögenswerte nicht im Zuge eines offenen, transparenten und bedingungsfreien Bietverfahrens erfolgt sei. Insbesondere macht Beschwerdeführer 3 Folgendes geltend:
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(119) |
Beschwerdeführer 3 macht geltend, dass die Veräußerung mit Ressourcen einhergeht, die dem Staat zuzurechnen sind (119), dass eine neue staatliche Beihilfe zugunsten von Capricorn vorliege und eine etwaige Rückforderungsanordnung für Beihilfen, die dem Veräußerer für die Vermögenswerte gewährt wurden, auf Capricorn ausgeweitet werden müsste (120). Schließlich macht Beschwerdeführer 3 geltend, der Kaufvertrag sei aufgrund der Verletzung des Durchführungsverbots nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV ungültig. |
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(120) |
Abschließend trägt Beschwerdeführer 3 vor, Capricorn habe die Ende Juli fällige zweite Kaufpreisrate nicht bezahlt, was darauf hindeute, dass Capricorn kein durchfinanziertes Angebot vorgelegt habe. Daraufhin seien die Finanzierungsbedingungen für den Erwerb der Vermögenswerte des Nürburgrings unter klarem Verstoß gegen die Regeln, die von den Veräußerern und in dem den Bietern übersandten Prozessbrief festgelegt worden waren, zugunsten von Capricorn geändert worden, was eine weitere Beihilfe zugunsten von Capricorn darstellen könne. |
b) Von Deutschland übermittelte Stellungnahme der Insolvenzverwalter
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(121) |
Nach Angaben der Insolvenzverwalter hat Beschwerdeführer 3 keine verbindliche Finanzierungszusage in Höhe von 30 Mio. EUR vorgelegt, und zwar weder mit seinem bestätigenden Angebot vom 17. Februar 2014 (in dem auf ein bindendes Finanzierungscommitment von […] in Höhe von 30 Mio. EUR Bezug genommen wurde) noch mit der Beschwerde. Die Ankündigung von Beschwerdeführer 3, den Finanzierungsnachweis zu einem späteren Zeitpunkt nachreichen zu können, sei nicht einmal durch unverbindliche Erklärungen Dritter untermauert worden. Im Gegensatz zu den bestätigenden Angeboten von Capricorn und [Bieter 2] habe das bestätigende Angebot von Beschwerdeführer 3 nicht den im Prozessbrief vom 17. Oktober 2013 festgelegten Anforderungen an die Finanzierung genügt. Am 11. März 2014 hätten die Veräußerer daher keinen Grund gehabt, Beschwerdeführer 3 den Zuschlag zu erteilen. Für die Veräußerer sei das Risiko, dass sich durch das Warten auf den Finanzierungsnachweis von Beschwerdeführer 3 die Zahl der Bieter auf einen oder null reduziert, nicht zu akzeptieren gewesen, denn: a) das [Bieter 2] habe darauf bestanden, dass der Eigentumsübergang am 3. April 2014 vollzogen würde, und b) bei der Substantiierung des Angebots von Beschwerdeführer 3 seien keine Fortschritte erzielt worden, obwohl dieser seine Interessensbekundung am 17. Mai 2013 und sein indikatives Angebot bereits am 30. September 2013 eingereicht habe, so dass sich die Wahrscheinlichkeit eines Vertragsabschlusses mit Beschwerdeführer 3 verringert habe. Die angebliche Finanzierungszusage der Jupiter Financial Group vom 26. März 2014 sei den Veräußerern nicht zur Verfügung gestellt worden, während ein auf den 31. März 2014 datiertes, aber nicht unterzeichnetes Schreiben des Investmentbank- und Beratungsunternehmens […] unter dem Vorbehalt eines zufriedenstellenden Abschlusses der Due Diligence gestanden habe. Der Entwicklungsfonds für die Nachbargemeinden des Nürburgrings in Höhe von 200 Mio. EUR sei nicht den Veräußerern zugutegekommen. |
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(122) |
Nach Angaben der Insolvenzverwalter war allen Bietern mitgeteilt worden, dass die Auswahl des erfolgreichen Bieters möglicherweise bereits kurz nach Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe am 17. Februar 2014 erfolgen würde. Die von den Veräußerern übermittelten Informationen seien nicht geeignet gewesen, die Erwartung zu wecken, dass das Verfahren verlängert würde. In der von Beschwerdeführer 3 zitierten Pressemitteilung habe es geheißen, die Insolvenzverwalter beabsichtigten, im ersten Quartal 2014 einen Vertrag abzuschließen. Die Insolvenzverwalter erklären, es sei unwahr, dass der Sachwalter öffentlich geäußert habe, es sei beabsichtigt, Ende März eine Entscheidung zu treffen, dass Capricorn bereits vor Abschluss der Gläubigerausschusssitzung darüber informiert worden sei, den Zuschlag zu erhalten, und dass am 9. März 2014 eine Pressemitteilung von Capricorn veröffentlicht worden sei. |
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(123) |
Die Insolvenzverwalter erklären, die Transaktionsstruktur (Verkauf der Vermögenswerte einzeln, gebündelt oder in ihrer Gesamtheit, ohne Übertragung von Geschäftsanteilen oder Verbindlichkeiten) habe sich im Laufe des Bietverfahrens nicht geändert. Der Ausdruck „clean balance sheet“ habe nichts anderes besagt, als dass die Übertragung der Verbindlichkeiten im Rahmen des Verkaufs ausgeschlossen gewesen sei. Der Umstand, dass die Veräußerer die Besitzgesellschaften seien und die operativen Geschäfte von der NBG geführt würden, sei allen Interessenten bereits im Teaser mitgeteilt worden, der Beschwerdeführer 3 am 17. Mai 2013 übersandt worden sei. Sollte Beschwerdeführer 3 tatsächlich — wie behauptet — erst während der Due Diligence die Tätigkeit der NBG zur Kenntnis genommen haben, so kann den Insolvenzverwaltern zufolge daraus nur der Schluss gezogen werden, dass sich Beschwerdeführer 3 mit den umfangreichen Unterlagen, die für die Abgabe des indikativen Angebots zur Verfügung gestellt worden seien, unzureichend auseinandergesetzt habe. Die Veräußerer hätten zu keinem Zeitpunkt verlangt, dass der Erwerber die Verträge der NBG übernimmt. Eine Übernahme des Pachtvertrags zwischen den Veräußerern und der NBG durch den Erwerber sei für die Insolvenzverwalter wegen der besonderen Situation der NBG im Hinblick auf die von Anfang an beabsichtigte Veräußerung der Vermögenswerte ohnehin nicht in Betracht gekommen. Die Insolvenzverwalter machen geltend, Beschwerdeführer 3 habe sehr spät erkannt, dass er bei einer Übernahme der Vermögenswerte zum 1. Januar 2014 einen weitgehend „leeren“ Nürburgring hätte und dass die von ihm angestrebten neuen Verträge mit Kunden und Sponsoren aufgrund der Vorlaufzeit bei (Renn)Veranstaltungen überwiegend erst in der Saison 2015 zu (erhöhten) Einnahmen führen würde. Zudem hätten die Veräußerer immer wieder betont, dass die Bieter den Kaufgegenstand selbst frei definieren könnten. |
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(124) |
Was die Schadensersatzforderungen Dritter angeht, hätten die Veräußerer Beschwerdeführer 3 darauf aufmerksam gemacht, dass es ihm kaum möglich sein werde, mit den Kunden der NBG neue Verträge zu — für den Kunden — gegenüber laufenden Verträgen schlechteren Konditionen abzuschließen, solange die Frage des Schadensersatzes wegen der Nichteinhaltung der Verträge mit der NBG nicht geklärt sei. Es habe dem Risiko Rechnung getragen werden müssen, dass Erwerber und Vertragspartner einen neuen Vertrag mit der Maßgabe schließen, dass der Vertragspartner ein hohes Entgelt zahlt, die Differenz zur alten Entgelthöhe als Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend macht und in späteren Jahren, für die kein Vertrag mit der NBG bestand, deutlich niedrigere Entgelte zahlt. Die Forderung der Veräußerer nach einer Freistellung sei bei Asset Deals, die zur Betriebseinstellung führen, keineswegs unüblich und sei geeignet, eine bestmögliche Verwertung im Interesse der Gläubiger abzusichern. |
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(125) |
Die Frist für die Abgabe der bestätigenden Angebote wurde nach Angaben der Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 17. Dezember 2013 verlängert, da auch andere Bieter noch kein zufriedenstellendes Angebot abgegeben hatten. Den Bietern sei wiederholt deutlich gemacht worden, dass die NBG das operative Geschäft erst nach der Saison 2012 übernommen habe und somit im Wesentlichen Altverträge der NAG habe abarbeiten müssen und deswegen (noch) kein verlässliches Berichtswesen für das operative Geschäft bestehe. Den Insolvenzverwaltern zufolge obliegt es den potenziellen Erwerbern, den damit verbundenen Risiken Rechnung zu tragen. |
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(126) |
Die Insolvenzverwalter weisen darauf hin, dass Beschwerdeführer 3 am 6. März 2014 ein Mark-up zum Kaufvertrag zu seinem bestätigenden Angebot nachgereicht habe. Der am 13. Februar verhandelte Entwurf des Kaufvertrags habe von den Veräußerern gestammt. Es sei mithin klar gewesen, dass der nächste Entwurf von Beschwerdeführer 3 zu erstellen sein würde. |
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(127) |
Nach Angaben der Insolvenzverwalter hatten alle Bieter, die sich für die jeweilige Phase des Auswahlverfahrens qualifizierten, im Datenraum dieselben Unterlagen zur Verfügung. Die in der Beschwerde angegebenen Unterlagen hätten zu einem früheren Zeitpunkt auch den Veräußerern und insbesondere anderen Bietern nicht zur Verfügung gestanden, alle Bieter hätten die gleiche Chance gehabt, die Unterlagen im Datenraum einzusehen, und andere Bieter hätten die Due Diligence mit denselben Unterlagen vollständig abgeschlossen. Alle Bieter seien früh genug darauf hingewiesen worden, dass das Berichtswesen der Gesellschaften deutliche Unzulänglichkeiten aufwies. Fast alle Unterlagen der Veräußerer und der NBG seien auf Deutsch in den Datenraum eingestellt worden, und die Veräußerer seien nicht verpflichtet gewesen, alle Unterlagen auf Englisch bereitzustellen. |
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(128) |
Außerdem tragen die Insolvenzverwalter vor, dass der Zeitraum für die Abgabe der Angebote und Finanzierungsnachweise ausreichend bemessen gewesen sei. Beschwerdeführer 3 habe zehn Monate (vom 8. April 2013 als Zeitpunkt des Erstkontakts zwischen [Bieter 3] und den Veräußerern bis zum 17. Februar 2014) für die Abgabe des Finanzierungsnachweises und fast vier Monate (vom 23. Oktober 2013 bis zum 17. Februar 2014) für die Due Diligence zur Verfügung gehabt. Die Insolvenzverwalter seien damit über die Vorgaben hinausgegangen, die sich der Beschlusspraxis der Kommission (121) entnehmen ließen. |
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(129) |
Die Verhandlungen über den neuen Bierlieferungsvertrag und mit „Rock am Ring“ seien nicht von Capricorn, sondern von der NBG geführt und die entsprechenden Unterlagen in den Datenraum eingestellt worden. Der von Beschwerdeführer 3 behauptete Bezug zu Capricorn bestehe nicht. |
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(130) |
Die Veräußerer hätten keine Umweltkriterien in das Bietverfahren für die Auswahl des finalen Angebots eingeführt. Die einzigen Kriterien im Bietverfahren für die Auswahl des finalen Angebots seien gewesen: a) die Maximierung des Gesamterlöses für alle Vermögenswerte und b) die erwartete Transaktionssicherheit. Das Angebot von Beschwerdeführer 3 habe wegen fehlender Transaktionssicherheit nicht ausgewählt werden können, da Beschwerdeführer 3 bei Abgabe seines bestätigenden Angebots keine Finanzierungsbestätigung vorgelegt habe. Gleichzeitig hätten die Veräußerer Gespräche mit [Bieter 2] und in der Endphase der Verkaufsverhandlungen mit [Bieter 2] und Capricorn geführt, da [Bieter 2] ein Angebot in Höhe von [32-39] Mio. EUR vorgelegt hatte (siehe Tabelle 10 unten) und Verhandlungen zwischen Capricorn und der […] im Gange waren, die in der Finanzierungszusage der Bank vom 10. März 2014 resultierten. Wegen des Fehlens einer Finanzierungsbestätigung für das bestätigende Angebot habe im Falle von Beschwerdeführer 3 ein hohes Abschlussrisiko bestanden. Ferner hätten die Insolvenzverwalter versucht, anhand weiterer Indizien im Geschäftsmodell von Beschwerdeführer 3, die für eine Realisierung der Transaktion hätten sprechen können, dessen Chancen abzuschätzen, die Finanzierung doch noch zu bewerkstelligen. Das Geschäftsmodell von Beschwerdeführer 3 habe auf […] und auf […] beruht. Da die geltenden Lärmschutzauflagen am Nürburgring […] entgegengestanden hätten und ein […] nicht bestanden habe, sei eine kurzfristige Umsetzung des Konzepts nicht zu erwarten gewesen. Das Konzept von Beschwerdeführer 3 sei daher als Indiz für ein erhebliches Abschlussrisiko oder zumindest für einen erheblichen Zeit- und Verhandlungsbedarf gewertet worden. Die Vereinbarkeit des Konzepts mit den Lärmschutzauflagen am Nürburgring sei kein Auswahlkriterium gewesen. |
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(131) |
Zur Behauptung von Beschwerdeführer 3, das Angebot von Capricorn sei nicht bedingungsfrei, da es von einem bestandskräftigen Kommissionsbeschluss abhänge, mit dem eine Ausweitung der Rückforderungsanordnung ausgeschlossen werde, erklären die Insolvenzverwalter und Deutschland, dass der Mark-up-Vertrag von Beschwerdeführer 3 ähnliche Bedingungen enthalte. Nach den einschlägigen Bestimmungen der von den Insolvenzverwaltern und Deutschland vorgelegten Mark-up-Verträge hatten der Veräußerer und/oder der Erwerber das Recht, von dem Vertrag zurückzutreten, wenn die Kommission bis zum 15. Juli 2014 (nach dem Vertragsentwurf vom 14. Januar 2014) bzw. bis zum 31. Dezember 2014 (nach dem Mark-up-Entwurf vom 14. Februar 2014) keinen Positivbeschluss erlassen hätte. |
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(132) |
Nach Auffassung der Insolvenzverwalter ist der Umstand, dass keiner der beiden Bieter, die ein qualifiziertes Angebot abgegeben hatten, die Forderung nach einer gesicherten Finanzierung (Garantie über die Kaufpreiszahlung oder Zahlung des Kaufpreises auf ein Treuhandkonto) in vollem Umfang erfüllte und dass die Veräußerer deshalb auf diese Forderung faktisch verzichteten, ohne dies Beschwerdeführer 3 mitzuteilen, kein Beleg für ein intransparentes Verfahren. Beschwerdeführer 3 sei mangels Abgabe eines bestätigenden Angebots mit Finanzierungsnachweis nicht betroffen gewesen. Eine Bekanntgabe des angeblichen Verzichts an alle Bieter hätte das Bietverfahren nicht beeinflusst. Der Verzicht sei zudem nicht ursächlich dafür gewesen, dass Beschwerdeführer 3 keine Finanzierungsbestätigung vorgelegt habe, und entspreche dem Verhalten eines hypothetischen privaten Veräußerers. |
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(133) |
Die Insolvenzverwalter machen geltend, dass die Maßnahmen der Insolvenzverwalter und des Gläubigerausschusses nicht dem Staat zugerechnet werden könnten und eine Begünstigung von Capricorn nicht zu erkennen sei, da die Veräußerer das Auswahlverfahren nach den Maßstäben des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten durchgeführt hätten. |
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(134) |
Bezüglich der Behauptung, Capricorn habe kein durchfinanziertes Angebot abgegeben, weil es die zweite Kaufpreisrate nicht bezahlt habe, und habe möglicherweise durch die Änderung der Finanzierungsbedingungen für den Erwerb der Vermögenswerte des Nürburgrings zugunsten von Capricorn weitere Beihilfen erhalten, bringt Deutschland folgende Argumente vor: a) Capricorn hat dadurch keinen Vorteil erhalten, weil die zweite Tranche zu einem Zinssatz von 8 % und gegen dingliche Sicherung umfinanziert wurde (siehe Fußnote 72); b) die Umfinanzierung der zweiten Tranche beinhaltet keine staatliche Beihilfe, da die Entscheidung über die Umfinanzierung nicht dem Staat zuzurechnen ist, sondern allein von den Insolvenzverwaltern ohne Einbeziehung des Landes getroffen wurde; c) es gab keine Abweichung von den Regeln, die von den Veräußerern festgesetzt worden waren, und dem den Bietern übermittelten Prozessbrief, weil die Veräußerer im Bietverfahren keine Vorgaben bezüglich der Kaufpreistranchen vor dem Closing gemacht hatten, so dass ein möglicher Wunsch eines Bieters, Barsicherheiten für den Kaufpreis durch andere werthaltige Sicherheiten zu ersetzen, keine Auswirkung auf die Bewertung der Angebote gehabt hätte. |
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(135) |
Nach Auffassung der Insolvenzverwalter sollte die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen werden. Die unsubstantiierten Andeutungen von Beschwerdeführer 3 zur Finanzierung seien nicht mit dem Verhalten eines umsichtigen Marktteilnehmers oder Insolvenzverwalters zu vereinbaren gewesen. |
4.4. BESCHWERDE DES HERRN MEYRICK COX (BESCHWERDEFÜHRER 4)
a) Die Beschwerde
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(136) |
Beschwerdeführer 4 trägt vor, Capricorn sei der Zuschlag nicht für das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt worden, sondern weil es sich um ein deutsches Unternehmen handele und die Veräußerer nicht an ein von einer Beteiligungsgesellschaft geführtes Konsortium verkaufen wollten. Weiter behauptet er, Capricorn habe ein bei mehreren Kriterien niedrigeres Angebot als [Bieter 2] eingereicht. Insbesondere macht Beschwerdeführer 4 geltend,
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(137) |
Beschwerdeführer 4 behauptet ferner, Capricorn habe die Ende Juli fällige zweite Kaufpreisrate nicht gezahlt; durch den Verzicht auf die für ausstehende Zahlungen vorgesehene Vertragsstrafe von 25 Mio. EUR sowie auf die Verzugszinsen von 8 % seien Capricorn weitere staatliche Beihilfen gewährt worden. Dies werfe auch Fragen bezüglich der Informationen auf, die dem Gläubigerausschuss von KPMG und den Insolvenzverwaltern im Rahmen des Bietverfahrens übermittelt wurden, und belege, dass die finanzielle Leistungsfähigkeit von Capricorn nicht ordnungsgemäß dargestellt wurde. |
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(138) |
Des Weiteren vertritt Beschwerdeführer 4 die Auffassung, es habe nie eine unterzeichnete Finanzierungsvereinbarung zwischen der […] und Capricorn gegeben, sondern lediglich ein Term Sheet, weshalb Capricorn, als der Gläubigerausschuss zusammentrat, keine Finanzierungsvereinbarung hatte. |
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(139) |
Abschließend kommt Beschwerdeführer 4 zu dem Schluss, aus den von ihm übermittelten Informationen werde deutlich, dass Capricorn bei der Veräußerung der Vermögenswerte des Nürburgrings ein Vorteil verschafft worden sei, dass sich dieser Vorteil aus einer Entscheidung ergebe, die nicht mit der Art und Weise vereinbar sei, wie ein gewerblicher Veräußerer das Verfahren durchgeführt und die Angebote anhand der Vergabekriterien bewertet hätte, dass ein solcher gewerblicher Veräußerer nicht zu dem Ergebnis gelangt wäre, das Angebot von Capricorn sei insgesamt wirtschaftlich günstiger als das Angebot von [Bieter 2], und dass ein neues Verfahren eingeleitet werden müsse, in dem im Hinblick auf ein offenes, faires und bedingungsfreien Bietverfahren eine Reihe einheitlicher Kriterien angewandt, ein klarer Zeitplan aufgestellt und eingehalten und die Identität der Bieter gegenüber dem Gläubigerausschuss abgeschirmt werde. |
b) Von Deutschland übermittelte Stellungnahme der Insolvenzverwalter
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(140) |
Die Insolvenzverwalter erklären, Beschwerdeführer 4 sei als Mitglied des [Bieter 2] nur indirekt betroffen. Sie schlagen vor, die Beschwerde zurückzuweisen, da das Bietverfahren offen, transparent und bedingungsfrei gewesen sei und die Vermögenswerte unter dem Gesichtspunkt der Gesamterlösmaximierung an den Bestbieter veräußert worden seien. |
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(141) |
Die Insolvenzverwalter widersprechen der Behauptung, die Mitglieder des Gläubigerausschusses hätten der Veräußerung an Capricorn zugestimmt, weil es sich um ein deutsches Unternehmen und nicht um ein von einer Beteiligungsgesellschaft geführtes Konsortium gehandelt habe. |
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(142) |
Nach Angaben der Insolvenzverwalter führt das Angebot von Capricorn im Vergleich zum Angebot von [Bieter 2] zu einem deutlich höheren Verkaufserlös; hinsichtlich der Transaktionssicherheit wiesen die beiden Angebote keine entscheidenden Unterschiede auf, die den Zuschlag an das wesentlich geringere Angebot rechtfertigen würden (bei beiden Angeboten war die Transaktionssicherheit zufriedenstellend, aber nicht auf höchstem Niveau). [Bieter 2] sei auch nicht bereit gewesen, eine Bankbürgschaft für den Kaufpreis zu stellen oder diesen auf ein Treuhandkonto einzuzahlen, obwohl dies im Prozessbrief vom 17. Oktober 2013 ausdrücklich verlangt worden sei. Trotz mehrfacher Aufforderung hätten weder [Bieter 2], der Fremdkapital hätte beschaffen sollen) noch ein anderes Mitglied von [Bieter 2] eine rechtlich bindende Erklärung abgegeben, mit der es sich verpflichtet hätte, die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Dagegen habe Herr Robertino Wild, der Gesellschafter von Capricorn, umfangreiche Sicherheiten gestellt, und die Fremdfinanzierung von Capricorn sei durch eine geschäftsübliche Finanzierungsbestätigung der […] unterlegt worden. Die Insolvenzverwalter hätten diese Finanzierungsbestätigung geprüft und dem Gläubigerausschuss über das Ergebnis ihrer Prüfung berichtet, dass nämlich die Finanzierungsbestätigung keine ungewöhnlichen Vorbehalte oder Bedingungen enthielt. Nicht nur der Eigenanteil von [14-17] Mio. EUR, sondern auch der Fremdanteil von [41-49] Mio. EUR sei durch eine Vertragsstrafe in Höhe von [22-27] Mio. EUR abgesichert worden, die der Erwerber zu zahlen habe, wenn die Veräußerer wegen ausstehender Zahlungen vom Vertrag zurücktreten sollten. Auch die Vertragsstrafe ist durch Sicherheiten unterlegt. Der Gläubigerausschuss sei der Einschätzung der Insolvenzverwalter gefolgt. |
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(143) |
Zu den Up-front-Zahlungen erklären die Insolvenzverwalter, das [Bieter 2]-Angebot habe Vorteile (bis zum 31. März 2014 Zahlung von [30-33] Mio. EUR im Falle von [Bieter 2], Zahlung von [4.6-5.1] Mio. EUR im Falle von Capricorn) und Nachteile gehabt: Die von [BIETER 2] bereitgestellten Mittel sollten mit Ausnahme einer Tranche von [7,1-7,6] Mio. EUR bis zum Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses auf einem Sperrkonto verbleiben und den Veräußerern entweder bei Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses oder — wenn der Erwerber auch bei Nichtvorliegen eines bestandskräftigen Beschlusses nicht vom Vertrag zurückgetreten wäre (wobei eine Verlängerung der Rücktrittsfrist nicht ausgeschlossen war) — bis zum 31.März 2015 überwiesen werden. Bei Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses im Jahr 2014 hätten die Veräußerer im Falle von [Bieter 2] Zugang zu [30-33] Mio. EUR und im Falle von Capricorn zu [58-63] Mio. EUR (plus rund 6 Mio. EUR aus dem Cashflow der NBG). |
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(144) |
Ein Vergleich der Angebote von Capricorn und [Bieter 2] zeige, dass das Angebot von Capricorn den höchsten nominalen Kaufpreis aufweise und zum besten wirtschaftlichen Ergebnis führe: Tabelle 10 Vergleich der Angebote von Capricorn und [Bieter 2]
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(145) |
Die Erfolgsbilanz der Mitglieder von [Bieter 2] und ihre größere Erfahrung mit Transaktionen im Bereich Fusionen und Übernahmen hätten es nicht gerechtfertigt, dem Angebot mit dem deutlich niedrigeren Kaufpreis den Zuschlag zu erteilen. Die Kompetenz der Konsortialpartner wird von den Veräußerern nicht bestritten, sei jedoch kein Zuschlagskriterium gewesen. Auch die Höhe der Investitionen am Nürburgring nach dem Kauf sei kein Zuschlagskriterium gewesen. |
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(146) |
Die Insolvenzverwalter hätten keinen Bieter diskriminiert, und aus der Beschwerde sei nicht zu erkennen, welche ihrer Handlungen dazu geführt haben sollten, dass [Bieter 2] ein niedrigeres Angebot abgegeben habe als Capricorn. Die Insolvenzverwalter weisen die Argumente von Beschwerdeführer 4 zurück, die beteiligten Personen seien nicht verfügbar gewesen und der Verkaufsprozess sei in die Länge gezogen worden, um Capricorn die Abgabe eines Angebots zu ermöglichen. [Bieter 2] sei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, dass bis zur Sitzung des Gläubigerausschusses am 11. März 2014 weitere Verhandlungen mit anderen Bietern stattfinden würden. |
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(147) |
Ferner weisen die Insolvenzverwalter darauf hin, dass ihre Maßnahmen und die Zustimmung des Gläubigerausschusses nicht dem Staat zugerechnet werden könnten und dass im Verkaufsprozess kein Vorteil verschafft worden sei, da er marktüblichem Verhalten entsprochen habe. |
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(148) |
Bezüglich der Behauptung von Beschwerdeführer 4, es habe nie eine Finanzierungsvereinbarung zwischen der […] und Capricorn bestanden, machte Deutschland geltend, dass die […] ihr Finanzierungsangebot nach einer umfassenden rechtlichen und finanziellen Due Diligence bestätigt und ihre Finanzierungsbestätigung nie aufgehoben habe. |
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(149) |
Hinsichtlich der Behauptung von Beschwerdeführer 4, Capricorn habe die zweite Kaufpreisrate nicht gezahlt, macht Deutschland die in Erwägungsgrund 134 dargelegten Argumente geltend. |
5. BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN
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(150) |
In diesem Beschluss geht es vorab um die Frage, ob die NG und ihre Tochtergesellschaften MSR und CMHN zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahmen 1 bis 19 Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (127) („Leitlinien“) waren. Anschließend wird die Kommission prüfen, ob die betreffenden Maßnahmen für die Begünstigten staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen, und schließlich, ob diese Beihilfen mit dem AEUV vereinbar sein könnten. |
5.1. SCHWIERIGKEITEN VON NG, MSR UND CMHN
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(151) |
Wenn die Maßnahmen 1 bis 19 staatliche Beihilfen darstellen würden und wenn NG, MSR und CMHN zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen wären, müssten diese Maßnahmen anhand des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV und insbesondere der Leitlinien auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geprüft werden. Eine der Kernfragen lautet daher, ob NG, MSR und CMHN Unternehmen in Schwierigkeiten waren. Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass sie sich zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden und daher auf dem privaten Kreditmarkt keine Mittel hätten aufnehmen können. |
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(152) |
Die folgende Würdigung stützt sich auf die Randnummern 9 bis 11 der Leitlinien. Die Kommission verweist auf ihre Würdigung in den Erwägungsgründen 202 bis 206 des Beschlusses vom 21. März 2012, in der vorläufig nicht ausgeschlossen wurde, dass die NG am 1. Juli 2008 als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien anzusehen war (siehe auch die Erwägungsgründe 46 und 47 des Beschlusses vom 7. August 2012). Zudem stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 6 bis 13 des Beschlusses vom 7. August 2012 fest, dass NG, MSR und CMHN Unternehmen in Schwierigkeiten waren. |
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(153) |
Die Kommission ist der Auffassung, dass sie jedes Unternehmen als Ganzes bewerten muss, und zwar unter Einbeziehung aller Geschäftsbereiche. Es kann nicht akzeptiert werden, dass Deutschland die mit Verlust arbeitenden Geschäftsbereiche, d. h. die Formel-1-Rennveranstaltungen und das Projekt „Nürburgring 2009“ aus der Bewertung der Finanzkennzahlen ausnimmt. Ferner ist klar, dass die Unternehmen keinen Zugang zu externen Finanzierungsquellen hatten. |
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(154) |
Die wichtigsten Finanzkennzahlen der NG für den Zeitraum 2001-2011 stellten sich wie folgt dar: Tabelle 11 Wichtigste Finanzkennzahlen der NG 2001-2011 (in Mio. EUR)
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(155) |
Nach Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien befindet sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten, „wenn bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren gegangen ist“. Diese Bestimmung spiegelt die Annahme wider, dass ein Unternehmen, das einen massiven Verlust seines gezeichneten Kapitals erleidet, nicht in der Lage sein dürfte, diese Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben (wie unter Randnummer 9 der Leitlinien ausgeführt). |
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(156) |
Die Kommission stellt weiter fest, dass nach Randnummer 11 der Leitlinien ein Unternehmen als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden kann, „wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts.“ In dieser Hinsicht verweist das Gericht darauf, dass negatives Eigenkapital „als erheblicher Indikator dafür angesehen werden kann, dass sich ein Unternehmen in einer schwierigen finanziellen Lange befindet.“ (128). |
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(157) |
Nach den Finanzausweisen der NG für die Jahre 2001-2011 war nicht mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verlorengegangen. Gleichwohl war das Eigenkapital des Unternehmens im Zeitraum 2006-2011 negativ. In früheren Fällen ist die Kommission davon ausgegangen, dass die Tatsache, dass ein Unternehmen ein negatives Eigenkapital aufweist, de facto impliziert, dass das gesamte gezeichnete Kapital dieses Unternehmens verlorengegangen ist und a priori anzunehmen ist, dass die unter Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien genannten Kriterien erfüllt sind (129). |
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(158) |
Im Falle der NG stellt die Kommission fest, dass wohl nur deshalb nicht mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verlorenging, weil das Unternehmen keine angemessenen Maßnahmen getroffen hatte. Solche angemessenen Maßnahmen hätten darauf abgezielt, das Eigenkapital des Unternehmens vom negativen in den positiven Bereich überzuführen und es gleichzeitig auf ein angemessenes Niveau zu erhöhen. Hierfür könnte entweder eine Aktivierung von Verlustvorträgen oder eine Kapitalerhöhung oder beides in Betracht kommen. |
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(159) |
In diesem Zusammenhang geht die Kommission davon aus, dass eine Aktivierung von Verlustvorträgen zum Verlust des gesamten gezeichneten Kapitals des Unternehmens geführt hätte, da die kumulierten Verluste höher waren als das gezeichnete Kapital. Aus diesem Grund sieht die Kommission die unter Randnummer 10 Buchstabe a der Leitlinien genannten Kriterien im vorliegenden Fall als seit 2006 erfüllt an. |
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(160) |
Bezug nehmend auf Randnummer 11 der Leitlinien ist die Kommission außerdem der Auffassung, dass sich die NG bereits seit 2002 in Schwierigkeiten befand, denn: a) der Jahresumsatz der NG ging in diesem Zeitraum um 80 % auf insgesamt 89,4 Mio. EUR zurück, und das Unternehmen verzeichnete während dieses Zeitraums in fast allen Jahren Verluste; b) während des gesamten Betrachtungszeitraums wies die NG eine übermäßige Verschuldung auf, die von 119 % des Umsatzes im Jahr 2002 auf 4 150 % des Umsatzes im Jahr 2011 anstieg; c) selbst 2004 und 2005, als die Verschuldung des Unternehmens auf unter 100 % des Umsatzes zurückging, blieb der Verschuldungsgrad mit rund 70 % des Umsatzes immer noch sehr hoch, und auch in diesen Jahren verzeichnete das Unternehmen Umsatzrückgänge und in jedem Jahr Verluste; d) die NG wies während des größten Teils dieses Zeitraums (2006-2011) ein negatives Eigenkapital auf. |
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(161) |
Die wichtigsten Finanzkennzahlen der MSR für den Zeitraum 2007-2011 stellen sich wie folgt dar: Tabelle 12 Wichtigste Finanzkennzahlen der MSR 2007-2011 (in Mio. EUR)
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(162) |
Die wichtigsten Finanzkennzahlen der CMHN für den Zeitraum 2008-2011 stellen sich wie folgt dar: Tabelle 13 Wichtigste Finanzkennzahlen der CMHN 2008-2011 (in Mio. EUR)
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(163) |
Die Kommission stellt fest, dass ihr von MSR und CMHN keine Unterlagen übermittelt wurden, aus denen die Rentabilitätsaussichten dieser Unternehmen ersichtlich wären. |
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(164) |
Bezug nehmend auf Randnummer 11 der Leitlinien geht die Kommission davon aus, dass sich MSR und CMHN bereits seit 2007 bzw. 2008 in Schwierigkeiten befanden, da sie minimale Erträge, erhebliche jährliche Verluste und eine steigende Verschuldung aufwiesen, die ihre Jahresumsätze bei weitem überstieg. |
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(165) |
Die Kommission kann dem Argument Deutschlands, NG, MSR und CMHN seien keine Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen, da der Bau von Infrastruktur und die Organisation von Formel-1- und Superbike-Rennveranstaltungen im Auftrag der öffentlichen Hand erfolgt seien und daher bei der Untersuchung ihrer Finanzlage nicht berücksichtigt werden dürften, nicht zustimmen. |
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(166) |
Erstens stellt die Kommission fest, dass der Bau von Infrastruktur für den Motorsport, Freizeitaktivitäten, Beherbergung und Gastronomie sowie die Organisation von Motorsportveranstaltungen nicht als Sondereffekte außerhalb der regulären Geschäftstätigkeit von NG, MSR und CMHN anzusehen sind. Vielmehr handelte es sich dabei um die Kerngeschäftsbereiche dieser Unternehmen. Selbst wenn sowohl die Gesellschafter als auch die Geschäftsleitung NG, MSR und CMHN als ein Vehikel gesehen haben, um die Sportinfrastruktur „Nürburgring“ im Eigentum der öffentlichen Hand zu halten und unrentable Sportveranstaltungen durchzuführen, die ohne Deckung der Verluste durch die öffentliche Hand nicht angeboten worden wären, dürften die Gesellschafter und die Geschäftsleitung dennoch nicht zulassen, dass sich die Verbindlichkeiten auf so ineffiziente und verlustbringende Weise entwickeln, wie dies aus den vorstehenden Finanzkennzahlen dieser Unternehmen hervorgeht, ohne dass dafür ein solider und realistischer Geschäftsplan erarbeitet wird. Daher müssen die genannten Geschäftsbereiche in die Bewertung der Finanzlage mit einfließen. |
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(167) |
Zweitens ist die Kommission der Auffassung, dass der Umstand, dass der Bau der genannten Infrastruktureinrichtungen und die Organisation von Motorsportveranstaltungen durchaus zu den Schwierigkeiten von NG, MSR und CMHN beigetragen haben mögen, an sich nicht der Erkenntnis entgegensteht, dass die NG bereits vor dem Start des Projekts „Nürburgring 2009“ die typischen Symptome für ein Unternehmen in Schwierigkeiten aufwies. Ein gesundes Unternehmen müsste seine Kosten für solche Aktivitäten anpassen, um überleben zu können. In den Jahren 2008 und 2009 wiesen NG, MSR und CMHN Verluste und eine steigende Verschuldung aus (Anstieg um 537 % im Zeitraum 2002-2011, 4 052 % im Zeitraum 2007-2011 bzw. 443 % im Zeitraum 2008-2011). Obwohl das Projekt „Nürburgring 2009“ 2010 abgeschlossen war, deuten die nachfolgenden Finanzergebnisse von NG, MSR und CMHN darauf hin, dass ihre Schwierigkeiten anhielten. |
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(168) |
Die Kommission ist daher zu dem Schluss gekommen, dass NG, MSR und CMHN zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahmen 1 bis 19 Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien und ihre Schwierigkeiten so gravierend waren, dass sie auf dem Markt keine Finanzierung erhalten hätten. |
5.2. VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFEN
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(169) |
Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. |
a) Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit
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(170) |
Ein Teil von Maßnahme 1 (Eigenkapitalerhöhungen), der vom Land und vom Landkreis Ahrweiler durchgeführt wurde, sowie ein anderer Teil von Maßnahme 1 (Einstellungen in die Kapitalrücklage) und die Maßnahmen 3, 9, 16 und 19, die vom Land allein durchgeführt wurden, stammen eindeutig aus staatlichen Mitteln und sind dem Staat zuzurechnen. |
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(171) |
In Bezug auf die Maßnahmen der NG (Maßnahmen 2, 4, 5, 6, 7, 10, 12, 13, 14, 15 — hinsichtlich der Übertragung von Geschäftsanteilen an der MSR auf die NG — und 17) räumt Deutschland ausdrücklich ein, dass die Mittel dem Staat zuzurechnen sind. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Aufsichtsrat der NG das Land und den Landkreis Ahrweiler als Gesellschafter der NG vertrat. In diesem Zusammenhang erklärte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende in der Sitzung vom 28. August 2005, die Vergabe an private Investoren könne nur erfolgen, wenn das Risiko für das Land gering sei (130). Ferner gab er in einem Workshop des Aufsichtsrats am 20. Dezember 2005 zu bedenken, dass eine Entscheidung über eine Investition der NG im neuen Kabinett nach der Landtagswahl getroffen werden müsse (131). Zudem kündigte die Landesregierung die Realisierung der Investition Erlebnisregion Nürburgring in der Regierungserklärung vom 30. Mai 2006 an, und der Ministerrat nahm am 19. September 2006 zur Kenntnis, dass der Aufsichtsrat der NG die Umsetzung des Projekts unter maßgeblicher Beteiligung eines privaten Dritten beabsichtigte (132). Außerdem verfassten das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie das Ministerium der Finanzen des Landes kontinuierlich Gutachten, Stellungnahmen und Weisungen für das Projekt „Nürburgring 2009“ (133), das am 2. Dezember 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Nach Auffassung der Kommission ist auch das Darlehen, das die NG der MSR über die PNG als Intermediär gewährt hat (Maßnahme 6), eine Maßnahme der NG und daher dem Staat zuzurechnen. |
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(172) |
Was das ISB-Darlehen (Maßnahme 8) und die Stundung von Zinszahlungen (Maßnahme 18) anbelangt, hat Deutschland eingeräumt, dass die ISB das Darlehen auf Anweisung des Landes gewährt hatte. Zu den Darlehen der RIM an die MSR über Mediinvest und die PNG als Intermediäre (Maßnahme 11) und zur Übertragung von Geschäftsanteilen an der MSR auf die RIM (Teil von Maßnahme 15) stellt die Kommission fest, dass es sich bei der RIM um eine öffentliche Einrichtung handelt, deren Aufgabe in der Unterstützung der Wirtschafts- und Strukturpolitik des Landes besteht (134). Daher wirkten ISB und RIM für die Zwecke der genannten Maßnahmen in staatlichem Auftrag an der Umsetzung der Landespolitik mit, was belegt, dass die Tätigkeiten der ISB und der RIM, was diese Maßnahmen angeht, dem Staat zuzurechnen sind. Daher sind bei all diesen Maßnahmen Mittel im Spiel, die dem Staat zuzurechnen sind. |
b) Wirtschaftliche Tätigkeit
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(173) |
Analog zum Urteil in der Rechtssache Flughafen Leipzig/Halle (135) kann der Bau von Infrastruktureinrichtungen als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden, wenn damit unmittelbar eine kommerzielle Nutzung verbunden ist, was hier der Fall ist. |
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(174) |
Der Betrieb von Sporteinrichtungen (einschließlich Rennstrecken und Offroad-Parks), Freizeitparks (136), Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben, Fahrsicherheitszentren, Fahrschulen, Multifunktionshallen und bargeldlosen Bezahlsystemen sowie deren Verpachtung zu professionellen und nichtprofessionellen Zwecken (137) stellt sowohl für den Eigentümer als auch für den Betreiber eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Folglich stellt auch der Bau oder die Renovierung von Infrastruktureinrichtungen, die untrennbar mit diesen Tätigkeiten verbunden sind, eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten gelten hingegen unter anderem die Nutzung einer Sporteinrichtung durch nichtprofessionelle Nutzer (138) und das Jugendtraining durch professionelle Sportclubs, sofern die Buchführung für diese Tätigkeiten getrennt von der Buchführung für die wirtschaftlichen Tätigkeiten erfolgt (139). Angesichts der untrennbaren Verbindung zwischen der Infrastruktur und der wirtschaftlichen Tätigkeit, für die sie genutzt wird, sind der Bau, Ausbau oder Betrieb der Sport- und Tourismusinfrastruktureinrichtungen am Nürburgring sowohl für die Investoren als auch für die Betreiber wirtschaftliche Tätigkeiten, selbst wenn die Erträge aus dem Betrieb der Infrastruktur die Kosten für ihre Errichtung nicht decken und über 90 % der Sportaktivitäten am Nürburgring als Amateursport einzustufen sind. Diese Tatsache spielt lediglich auf der Ebene der Nutzer eine Rolle: nichtprofessionelle Nutzer sind keine Unternehmen. Die Sport- und Tourismusinfrastruktur am Nürburgring ist keine allgemeine Infrastruktur wie beispielsweise eine öffentliche Straße, die zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Für die Finanzierung der Errichtung der in Rede stehenden Infrastruktur (über die Darlehen aus dem Liquiditätspool und Gesellschafterdarlehen bzw. später über das ISB-Darlehen) gelten daher die Vorschriften für staatliche Beihilfen. |
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(175) |
Bei der Organisation von Formel-1- oder sonstigen Motorsportrennveranstaltungen handelt es sich um die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Profisportmarkt, der wesentlich von Senderechten profitiert. Der Umstand, dass Formel-1- und andere Motorsportveranstaltungen strukturell defizitär sind oder regionalpolitischen Zielen dienen, reicht als Grund nicht aus, um ihre Finanzierung vom Geltungsbereich der Vorschriften für staatliche Beihilfen auszunehmen. Die Kommission stellt daher fest, dass Formel-1- und andere Motorsportrennveranstaltungen eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. |
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(176) |
Tourismusförderung, Projekterschließung, Bau von Immobilien, Unternehmensführung und Handel mit Automobilen oder Motorrädern gelten ebenfalls als wirtschaftliche Tätigkeiten. |
c) Selektivität
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(177) |
Die Kommission ist der Auffassung, dass die Maßnahmen auf der Ebene der Betreiber (NG im Falle der Maßnahmen 1, 3, 8, 9, 13, 14, 16, 18 und 19; EWN, FSZ, MAN, TTI, BWN, BWNB und Camp4Fun im Falle von Maßnahme 2; MSR im Falle der Maßnahmen 4, 5, 8, 9, 11, 12, 18 und 19; CST im Falle von Maßnahme 5; MIB im Falle von Maßnahme 7; CMHN im Falle der Maßnahmen 8, 9, 18 und 19; NAG im Falle der Maßnahmen 10 und 17; Mediinvest, Geisler & Trimmel und Weber im Falle von Maßnahme 15) selektiven Charakter haben, da sie diesen Betreibern eine Begünstigung verschaffen. Ferner wurde die Betrauung mit dem Bau und dem Betrieb der Infrastruktur nicht transparent, diskriminierungsfrei und im Einklang mit den Vergabevorschriften vergeben. Auf der Ebene der Nutzer sind die Maßnahmen allerdings nicht selektiv, da der Zugang für Amateursportclubs und die breite Öffentlichkeit auf transparente und diskriminierungsfreie Weise gewährleistet ist. |
d) Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels
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(178) |
Durch die Maßnahmen 1 bis 19 entsteht eine Verfälschung des Wettbewerbs auf den Märkten für den Betrieb von Rennstrecken, Offroad-Parks, Freizeitparks, Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben, Fahrsicherheitszentren, Fahrschulen, Multifunktionshallen und bargeldlosen Bezahlsystemen sowie auf den Märkten für Tourismusförderung, Projekterschließung, den Bau von Immobilien, Unternehmensführung und den Handel mit Automobilen oder Motorrädern, da die Beihilfen zugunsten der Infrastruktur am Nürburgring und der Formel-1-Veranstaltungen die Nutzung dieser Infrastruktur fördern. Die Organisation von Formel-1- und anderen Motorsportveranstaltungen fördert den Zustrom von Kunden zu diesen Veranstaltungen. |
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(179) |
Die in Rede stehenden Maßnahmen verschafften NG, MSR und CMHN die Möglichkeit, ihren Betrieb aufrechtzuerhalten, so dass sie im Gegensatz zu anderen Wettbewerbern, die sich in finanziellen Schwierigkeiten befanden, nicht die Konsequenzen tragen mussten, die sich normalerweise aus ihren schwachen Finanzergebnissen ergeben hätten. Dies stellt insofern eine Verfälschung des Wettbewerbs dar, als andere auf denselben Märkten tätige Unternehmen ihren Betrieb ohne staatliche Unterstützung gewährleisten müssen. |
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(180) |
Hinsichtlich der Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten steht der Nürburgring mit seinen Formel-1-Veranstaltungen und der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) im Wettbewerb mit anderen Rennstrecken in der Union, die Spitzenwettkämpfe im Motorsport ausrichten, und es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Freizeitpark am Nürburgring auch Besucher aus Belgien anzieht (dessen Grenze zu Deutschland rund 50 km vom Nürburgring entfernt liegt). In diesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass eine Beschwerde des konkurrierenden Freizeitparkbetreibers Eifelpark vorliegt (vgl. Erwägungsgrund 2). Außerdem ist nicht auszuschließen, dass in Bezug auf den Betrieb von Offroad-Parks, Beherbergungs- und Gastronomiebetrieben, Fahrsicherheitszentren, Fahrschulen, Multifunktionshallen und bargeldlosen Bezahlsystemen sowie in den Bereichen Tourismusförderung, Projekterschließung, Bau von Immobilien, Unternehmensführung und Handel mit Automobilen oder Motorrädern Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten entstehen. |
e) Vorteil
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(181) |
Für die Prüfung, ob eine Transaktion zwischen einer staatlichen Stelle und einem Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstellt, ist nach ständiger Kommissionspraxis, die durch die Rechtsprechung bestätigt wurde, der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers heranzuziehen (140). Diesem Grundsatz zufolge muss der Staat, wenn er auf dem Markt als gewerblicher Unternehmer tätig ist, wie ein privater Marktteilnehmer handeln. Andernfalls könnte eine staatliche Beihilfe vorliegen. Wenn der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers Anwendung findet, ist für das Vorliegen einer Beihilfe folglich ausschlaggebend, ob sich ein privater Wirtschaftsbeteiligter in einer ähnlichen Situation gleich verhalten hätte. Bei der Anwendung dieses Grundsatzes können als Gründe für die Gewährung von Fördermaßnahmen ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen berücksichtigt werden. Wie in der einschlägigen Rechtsprechung festgestellt, können staatliche Maßnahmen nicht getrennt betrachtet werden, sondern müssen im Zusammenhang mit anderen Beihilfemaßnahmen geprüft werden (141). |
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(182) |
Bei der Prüfung der Frage, ob den Eigentümern bzw. Betreibern (NG, MSR und CMHN bis zum 30. April 2010 und auch NAG vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Oktober 2012) ein Vorteil verschafft wurde, ist daher der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers anzuwenden. Zunächst ist festzustellen, dass die Maßnahmen 1 bis 19 keine Pari-passu-Transaktionen (142) sind, da Deutschland keinen privaten Investor gefunden hatte, der bereit gewesen wäre, unter vergleichbaren Bedingungen (zum Beispiel in den Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“) zu investieren. Zwei Darlehen wurden zwar von privaten Anbietern gewährt, die entsprechenden Beträge waren jedoch im Verhältnis zu den öffentlichen Investitionen gering, die Darlehen betrafen nur den Teilbereich II des Projekts „Nürburgring 2009“ (d. h. hauptsächlich die Hotels) (143), und sie wurden nicht der NG oder einem anderen Beihilfeempfänger gewährt, sondern nur der CMHN und der MSR. Tabelle 14 Darlehen privater Finanzinstitute an CMHN/MSR
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(183) |
Auf jeden Fall räumt Deutschland ein, dass auch für den Teilbereich II des Projekts kein langfristiger privater Investor gefunden wurde. |
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(184) |
Außerdem wurden der Kommission Geschäftspläne für das Projekt „Nürburgring 2009“ und für die NG für den Zeitraum 2006 bis 2010 übermittelt: Tabelle 15 Geschäftspläne für das Projekt „Nürburgring 2009“ (in Mio. EUR)
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(185) |
Aus Tabelle 15 geht klar hervor, dass die veranschlagten Kosten in der Vorbereitungsphase des Projekts „Nürburgring 2009“ kontinuierlich anstiegen, während seine Gewinne (Ergebnis vor Steuern) deutlich zurückgingen, von einem Gewinn von 22 Mio. EUR im Plan vom Dezember 2005 auf einen Verlust von 35 Mio. EUR im Plan vom Dezember 2009. Ein privater Investor hätte einen derartig drastischen Anstieg der Kosten und einen erheblichen Rückgang der Gewinne in der Projektvorbereitungsphase zwischen Dezember 2005 und Dezember 2009 (nach den vorliegenden Informationen waren die Hauptfinanzierungen für die Bauvorhaben in der Zeit von Mai 2008 bis Juni 2010 gewährt worden) nicht akzeptiert. |
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(186) |
Auf jeden Fall hat die Kommission bei der Prüfung der betreffenden Geschäftspläne, die sie im Rahmen der Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers berücksichtigt hat, Folgendes festgestellt:
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(187) |
Aus diesen Gründen kann die Kommission nicht davon ausgehen, dass die Ausreichung von öffentlichen Fördermitteln an die NG als ein Unternehmen in Schwierigkeiten (siehe Abschnitt 5.1), die auf die Finanzierung ihrer damaligen (Betrieb der Rennstrecke) oder zukünftigen betrieblichen Tätigkeit (Betrieb der Rennstrecke sowie neuer Hotels) ausgerichtet war, auf der Grundlage der betreffenden Geschäftspläne als marktkonform angesehen werden kann. |
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(188) |
In Bezug auf den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers lässt sich zu den einzelnen Maßnahmen Folgendes anführen: |
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(189) |
Zu Maßnahme 1 (Bereitstellung von Kapital durch das Land und den Landkreis Ahrweiler für die NG in Form von Einstellungen in die Kapitalrücklage und Kapitalerhöhungen) stellt die Kommission fest, dass die dargestellte Analyse der vorgelegten Geschäftspläne relevant ist. Kein privater Investor hätte der NG 2004 und in den folgenden Jahren Kapital zur Verfügung gestellt. Das der NG am 1. Mai 2002 (2 179 000 EUR) und am 21. Dezember 2004 (22 839 241 EUR) vom Land zugeführte Kapital sowie das ihr am 31. August 2004 (4 887 000 EUR) und am 4. September 2007 (10 000 000 EUR) vom Land und vom Landkreis Ahrweiler zugeführte Kapital stellen daher Beihilfen in Höhe des vollen Betrags des bereitgestellten Kapitals dar. |
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(190) |
Zu Maßnahme 2 (die Gesellschafterdarlehen der NG vor Beginn des Projekts „Nürburgring 2009“) stellt die Kommission auf der Grundlage der von Deutschland übermittelten Finanzkennzahlen fest, dass EWN, Camp4Fun und TTI jährliche Verluste verzeichneten und ein negatives Eigenkapital aufwiesen, als sie ihren jeweiligen Teil von Maßnahme 2 erhielten (siehe die Tabellen 1 bis 4). Gleichzeitig verzeichneten BWN1, BWNB und BWN2, die im Zeitraum 2004-2007 Darlehen erhalten hatten, während dieses gesamten Zeitraums jährliche Verluste und wiesen 2005, 2006 und 2007 auch ein negatives Eigenkapital aus. MAN schließlich verzeichnete sowohl kumulierte als auch jährliche Verluste, als es seinen Teil von Maßnahme 2 erhielt. Bezug nehmend auf Randnummer 11 der Leitlinien ist die Kommission daher der Auffassung, dass sich diese Unternehmen zum Zeitpunkt von Maßnahme 2 in Schwierigkeiten befanden. Dagegen stellt die Kommission auf der Grundlage der von Deutschland übermittelten Finanzkennzahlen fest, dass sich die FSZ nicht in Schwierigkeiten befand, als sie ihren Teil von Maßnahme 2 erhielt, da sich anhand ihrer Finanzkennzahlen keines der unter Randnummer 11 der Leitlinien genannten Anzeichen belegen lässt. Mit der Vergabe von Darlehen an Unternehmen, die sich in solchen Schwierigkeiten befanden, dass kein privater Investor sie zu keinem Zinssatz finanziert hätte, vor allem da diese Unternehmen zu einem Unternehmen gehörten, das sich seinerseits in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten befand (NG), wurde diesen Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags der Darlehen verschafft. Die Darlehen der NG an ihre Tochtergesellschaften EWN (6 195 170,02 EUR), BWN/BWNB (3 760 000 EUR), Camp4Fun (450 000 EUR), MAN (100 000 EUR) und TTI (25 000 EUR) sind daher nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die Beträge der den Unternehmen MAN und TTI gewährten Darlehen unter der De-minimis-Obergrenze liegen, Deutschland aber weder geltend gemacht noch belegt hat, dass alle Voraussetzungen der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission (144) erfüllt waren. Diese Verordnung könnte jedoch in der Rückforderungsphase angewandt werden, sofern Deutschland nachweist, dass alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind. Ferner stellt die Kommission fest, dass die der FSZ gewährten Darlehen (646 738,12 EUR) dieser keinen Vorteil verschafften, da der angewandte Zinssatz von 6 % marktüblich ist, weil er dem deutschen Basissatz zum Gewährungszeitpunkt (5,06 % im April 2002, 4,8 % im März 2003 und 5,19 % im März 2008) (145) zuzüglich der für die finanzielle Lage der FSZ zu addierenden (100) Basispunkte entspricht, wobei berücksichtigt wird, dass FSZ bei Erhalt der Darlehen keines der in Randnummer 11 der Leitlinien genannten Symptome aufwies (146). Daher stellen die FSZ gewährten Darlehen keine staatliche Beihilfe dar. |
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(191) |
In Bezug auf Maßnahme 3 (die Darlehen aus dem Liquiditätspool des Landes an die NG) hat Deutschland keinen Nachweis dafür erbracht, dass die NG nicht von Zinssätzen profitierte, die im Vergleich zu den Konditionen ihrer Wettbewerber günstiger waren. Außerdem ist schwer vorstellbar, dass einem Unternehmen, das sich in vergleichbaren finanziellen Schwierigkeiten wie die NG befindet, auf dem Markt überhaupt Finanzierungsmittel bereitgestellt würden, zu welchem Zinssatz auch immer. Zudem findet die letztendliche Rückzahlung der Mittel und der entsprechenden Zinsen erst nachträglich statt und ist zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahmen nicht bekannt; daher kann dieser Aspekt bei der Prüfung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht berücksichtigt werden. Demnach wurden die aus dem Liquiditätspool finanzierten Maßnahmen nicht zu Marktkonditionen durchgeführt. Mit der Vergabe von Darlehen an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, wurde dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags der Darlehen verschafft. Insgesamt enthielten die der NG zwischen dem 30. Juni 2003 und dem 11. Mai 2010 vom Land gewährten Darlehen (siehe die Aufstellung der Darlehen in Tabelle 5) Beihilfen von 399 805 370 EUR. |
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(192) |
Nach Prüfung des genannten Grundsatzes gelangt die Kommission in Bezug auf Maßnahme 4 (Darlehen der NG an die MSR) zum gleichen Schluss. Denn es ist nicht vorstellbar, dass zum Zeitpunkt der Maßnahme (Dezember 2007) einem Unternehmen, das sich in vergleichbaren finanziellen Schwierigkeiten wie die MSR befindet (siehe Tabelle 12 und Erwägungsgrund 155), auf dem Markt überhaupt Finanzierungsmittel bereitgestellt worden wären, zu welchem Zinssatz auch immer. Mit der Vergabe eines Darlehens an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, wurde dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags des Darlehens verschafft. Der Vorteil, den die NG der MSR mit dem am 27. Dezember 2007 gewährten Darlehen von 300 000 EUR verschaffte, beträgt demnach 300 000 EUR. |
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(193) |
Die Unterstützung der CST durch die NG (Maßnahme 5) entspricht nicht dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers. Denn die Kommission stellt auf der Grundlage der von Deutschland übermittelten Finanzkennzahlen fest, dass die CST im Zeitraum 2008-2011 jährliche Verluste verzeichnete und ein negatives Eigenkapital aufwies und zudem 2009 in Liquidation ging. Bezug nehmend auf Randnummer 11 der Leitlinien ist die Kommission daher der Auffassung, dass sich die CST in Schwierigkeiten befand, als sie (in den Jahren 2008 bis 2011, siehe Tabelle 6) die zu Maßnahme 5 gehörenden Darlehen erhielt. Mit der Vergabe von Darlehen an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, vor allem da die CST zu einem Unternehmen gehörte, das sich seinerseits in gravierenden finanziellen Schwierigkeiten befand (NG), wurde diesem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags der Darlehen verschafft. Der Vorteil, den die NG der CST mit den dieser zwischen dem 27. August 2008 und dem 18. April 2011 gewährten Darlehen von insgesamt 11 032 060 EUR verschaffte, entspricht demnach dem Betrag der Darlehen. |
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(194) |
In der Patronatserklärung, die die NG am 23. Dezember 2009 zugunsten der CST abgab, sagte die NG zu, die Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen zu finanzieren, die die CST selbst nicht leisten konnte. Zur Finanzierung dieser finanziellen Verpflichtungen würde die NG der CST Darlehen zu einem Zinssatz von 6 % gewähren. Die Zusage umfasste auch einen Rangrücktritt für die Forderungen der NG aus den von ihr auf der Grundlage der Patronatserklärung vom 23. Dezember 2009 finanzierten Darlehen, der vorsah, dass die einschlägigen Forderungen der NG gegen die CST den letzten Rang hinter den Forderungen aller anderen Gläubigern gegen die CST einnehmen. In diesem Zusammenhang ist die Kommission der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Gläubiger nicht zugesagt hätte, die nicht zurückgezahlten Darlehen eines Unternehmens in gravierenden Schwierigkeiten zu finanzieren, und keinen Rangrücktritt für bestehende Forderungen gegen ein Unternehmen in gravierenden Schwierigkeiten erklärt hätte, da eine solche Maßnahme de facto auf den Verlust der Forderungen hinauslaufen würde. Deshalb stellt die Patronatserklärung, die die genannte Zusage für die Finanzierung der nicht zurückgezahlten Darlehen und den Rangrücktritt für die sich daraus ergebenden Forderungen umfasste, nach Auffassung der Kommission einen Vorteil dar. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die Patronatserklärung eine Maßnahme darstellt, die zusätzlich zu den Darlehen der Jahre 2008 bis 2011 (siehe Erwägungsgrund 182) gewährt wurde, denn: a) sie wurde nicht zum selben Zeitpunkt wie diese Darlehen gewährt; b) sie war in den Verträgen über die zugrunde liegenden Darlehen weder vorgesehen noch vorgeschrieben; c) sie wurde von der NG nach eigenem Ermessen beschlossen, um die Insolvenz der CST abzuwenden. Der Umfang der Maßnahme entspricht dem Gesamtbetrag der von der NG auf der Grundlage der Patronatserklärung vom 23. Dezember 2009 finanzierten Darlehen, der der Kommission jedoch nicht vorliegt. |
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(195) |
Der Rangrücktritt für die Forderungen schließlich wurde von der NG und der CST am 13. Dezember 2010 vereinbart und bezog sich laut Vertrag auf die bis zum 30. November 2010 gewährten Darlehen in Höhe von insgesamt 10,4 Mio. EUR (d. h. die ersten 13 der insgesamt 15 in Tabelle 6 aufgeführten Darlehen). Dieser Rangrücktritt führte dazu, dass die Forderungen der NG gegen die CST den letzten Rang hinter den Forderungen aller anderen Gläubiger gegen die CST einnehmen. In diesem Zusammenhang ist die Kommission der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Gläubiger einen solchen Rangrücktritt für bestehende Forderungen gegen ein Unternehmen in gravierenden Schwierigkeiten nicht akzeptiert hätte, da eine solche Maßnahme de facto auf den Verlust der Forderungen hinauslaufen würde. Deshalb stellt der Rangrücktritt nach Auffassung der Kommission einen Vorteil dar. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass der Rangrücktritt von 2010 eine Maßnahme darstellt, die zusätzlich zu den zugrunde liegenden Darlehen gewährt wurde, denn: a) er wurde nicht zum selben Zeitpunkt wie diese Darlehen beschlossen; b) er war in den Verträgen über die zugrunde liegenden Darlehen weder vorgesehen noch vorgeschrieben; c) er wurde von der NG nach eigenem Ermessen beschlossen, um die Insolvenz der CST abzuwenden. Der Umfang der Maßnahme entspricht dem Gesamtbetrag der nachrangigen Darlehen, d. h. 10,4 Mio. EUR. |
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(196) |
In Bezug auf die Zahlungen der NG an die IPC (Maßnahme 6) nimmt die Kommission die Feststellung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz zur Kenntnis, dass ein sorgfältig handelnder Kaufmann die betreffenden Unternehmen nicht für die Erbringung von Dienstleistungen ausgewählt hätte und dass die NG frühere Tätigkeiten dieser Unternehmen nicht mit der gebotenen Sorgfalt geprüft hatte, um zu ermitteln, ob sie die notwendige Eignung besaßen und ob die von ihnen angebotenen Konditionen für die Finanzierung des Projekts „Nürburgring 2009“ realistisch waren (147). In diesem Zusammenhang ist die Kommission der Auffassung, dass den Unternehmen mit der Auswahl der IPC für die Erbringung dieser besonderen Dienstleistungen ein Vorteil verschafft wurde. Die Maßnahme stellt daher eine staatliche Beihilfe in Höhe der an diese Unternehmen geleisteten Zahlungen von insgesamt 640 000 EUR dar. |
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(197) |
Zudem ist die Kommission der Auffassung, dass das Darlehen der NG an die PNG von 3 Mio. EUR und das Darlehen der PNG an die MSR von 2 941 000 EUR zusammen eine Maßnahme bilden, bei der die PNG nur als Intermediär auftrat und dafür eine Gebühr von […] EUR erhielt. Begünstigte der Maßnahme war die MSR, die letztlich das Darlehen zu einem Zeitpunkt erhielt, zu dem sie sich in solchen finanziellen Schwierigkeiten befand, dass sie auf dem Markt keine Finanzierung erhalten hätte. Mit der Vergabe eines Darlehens an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, wurde dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags des Darlehens verschafft. Der Vorteil, den die NG der MSR mit dem Darlehen vom 15. Oktober 2008 verschaffte, beträgt demnach 2 941 000 EUR. |
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(198) |
Im Rahmen von Maßnahme 7 trat die MIB ihre Forderungen gegen die CST, die Nehmerin der betreffenden Darlehen, an die NG ab, die der MIB dafür einen Nominalpreis plus Zinsen zahlte. Da sich die CST in Schwierigkeiten befand (siehe Erwägungsgrund 184), stellt die Kommission fest, dass es nicht wahrscheinlich war, dass die MIB ihre Forderungen gegen die CST würde realisieren können. Deshalb kam diese Maßnahme der MIB zugute, die ihre Forderungen realisieren konnte und von der NG als Gläubiger eines Unternehmens in Schwierigkeiten abgelöst wurde. In Ermangelung eines Rentabilitätsplans der CST, mit dem eine Rückkehr des Unternehmens zur Rentabilität und damit auch die Aussichten auf Begleichung seiner Schulden hätten glaubhaft gemacht werden können, ist diese Maßnahme nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar. Die Abtretung von Forderungen der MIB in Höhe von 1 476 830,88 EUR an die NG stellt daher eine Beihilfe in Höhe des Kaufpreises von 1 476 830,88 EUR dar. |
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(199) |
Zu Maßnahme 8 (Darlehen der ISB in Höhe von 325 265 000 EUR an NG, MSR und CMHN) ist festzustellen, dass mit der Vergabe von Darlehen ohne eine entsprechende Garantie (Maßnahme 9) an Unternehmen, die sich in solchen Schwierigkeiten befanden, dass kein privater Investor sie zu keinem Zinssatz finanziert hätte, den Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags der Darlehen verschafft worden sein könnte. In diesem besonderen Fall besteht die Beihilfe jedoch nicht in dem Darlehen (Maßnahme 8), sondern nur in der Garantie (Maßnahme 9), da die Kommission nicht ausschließen kann, dass ein privater Gläubiger NG, MSR und CMHN wegen der Garantie des Landes (Maßnahme 9) Darlehen zu vergleichbaren Bedingungen hätte gewähren können. |
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(200) |
Maßnahme 9, die Garantie für das ISB-Darlehen in Höhe von 325 265 000 EUR (Maßnahme 8), war nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar. Denn hierbei handelt es sich um eine regionalentwicklungspolitische Maßnahme öffentlicher Stellen; ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber würde keine derartigen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten und zum erheblichen Nachteil der eigenen finanziellen Interessen treffen. Ferner stellt die Kommission fest, dass es nicht Ziel der Regionalentwicklungspolitik ist, Unternehmen in Schwierigkeiten in die Rentabilität zurückzuführen. Außerdem ist die Kommission der Auffassung, dass die in der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (148) („Garantiemitteilung“) genannten Voraussetzungen, die das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ausschließen würden, nicht erfüllt sind. Denn die Begünstigten waren Unternehmen in Schwierigkeiten, die Garantie deckte das Darlehen zu 100 %, und es wurde keine Garantieprämie für die Übernahme des Ausfallrisikos des garantierten Darlehens durch das Land gezahlt. Angesichts der gravierenden finanziellen Schwierigkeiten der Begünstigten (NG, MSR und CMHN) zum Zeitpunkt der Stellung der betreffenden Garantie (siehe die Tabellen 11 bis 13), geht die Kommission davon aus, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Gläubiger den Begünstigten unter diesen Voraussetzungen eine Garantie gestellt hätte. Der Kommission liegen keine Hinweise dafür vor, dass die Garantie in Anspruch genommen wurde. Deshalb stellt Maßnahme 9 nach Auffassung der Kommission eine staatliche Beihilfe dar. Die Höhe der Beihilfe, die NG, MSR und CMHN durch die Garantie des Landes gewährt wurde, entspricht den Beträgen der betreffenden Darlehen (Maßnahme 8), d. h. 96 574 200 EUR und 113 590 800 EUR im Falle der NG, 92 000 000 EUR im Falle der MSR und 23 100 000 EUR im Falle der CMHN. |
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(201) |
Zu Maßnahme 10 (Verpachtung des Nürburgring-Komplexes an die NAG) stellt die Kommission fest, dass mit einem Bietverfahren im Allgemeinen ausgeschlossen werden kann, dass einem Pächter ein Vorteil verschafft wird. Im vorliegenden Fall wurde jedoch für die Auswahl des Betreibers des modernisierten Nürburgring-Komplexes keine Ausschreibung durchgeführt. Dennoch lag die im Pachtvertrag angesetzte Mindestpacht abgesehen von den ersten drei Pachtjahren (d. h. vom 1. Mai 2010 bis zum 30. April 2013) innerhalb der Bandbreite der Minimal- und Maximalwerte für marktübliche Jahrespachtbeträge, die im Sachverständigengutachten vom 29. September 2011 festgestellt wurden. Der EBITDA-Pachtzins lag mit Ausnahme des zweiten Pachtjahres sogar höher als die im Sachverständigengutachten angegebene maximale marktkonforme Jahrespacht. Die Kommission stellt daher fest, dass der Mindestpachtzins von 15 Mio. EUR ab 1. Mai 2013 nach dem Sachverständigengutachten vom 29. September 2011 als marktkonform gelten könnte, da er innerhalb der Bandbreite der marktüblichen Pachtbeträge lag und daher der NG keinen selektiven Vorteil verschafft hätte. Der Pachtvertrag lief jedoch tatsächlich nur vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Oktober 2012. Der im Gutachten und im Pachtvertrag für die ersten drei Pachtjahre festgelegte Mindestpachtzins ist in Tabelle 16 aufgeführt. Tabelle 16 Mindestpachtzins für den Nürburgring-Komplex
Aus diesen Gründen ist die Kommission der Auffassung, dass der im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. Oktober 2012 erhobene Pachtzins der NAG einen selektiven Vorteil verschafft hat, der der Differenz entspricht zwischen a) dem Pachtzins, der nach dem Sachverständigengutachten hätte erhoben werden müssen, und b) dem im Pachtvertrag festgelegten Pachtzins. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass eine Beihilfe in Höhe von 9 Mio. EUR, d. h. der Differenz zwischen den genannten Beträgen a und b, vorliegt (für das dritte Jahr wird nur die Hälfte der Differenz berechnet, da der Pachtvertrag am 31. Oktober 2012, d. h. Mitte des dritten Jahres, auslief) (149). |
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(202) |
Zu Maßnahme 11 (die Darlehen der RIM an die MSR über Mediinvest als Intermediär und — im Falle eines der Darlehen — auch über die PNG als Intermediär) gibt Deutschland selbst an, dass für die Finanzierung des Teilbereichs II des Projekts „Nürburgring 2009“ keine privaten Investoren gefunden werden konnten. Außerdem geht aus dem Gutachten des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz hervor, dass die potenziellen Investoren das Projekt als zu Marktbedingungen nicht rentabel einstuften. Mehrere private Betreiber von Freizeitparks lehnten eine Beteiligung an dem Projekt ab. Ohne eine entsprechende Garantie (Maßnahme 12) könnte mit der Vergabe eines Darlehens an Unternehmen, die sich in solchen Schwierigkeiten befanden, dass kein privater Investor sie zu keinem Zinssatz finanziert hätte, den Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags der Darlehen verschafft worden sein. In diesem besonderen Fall besteht die Beihilfe jedoch nicht in den Darlehen (Maßnahme 11), sondern nur in der Garantie (Maßnahme 12), da die Kommission nicht ausschließen kann, dass ein privater Gläubiger der MSR wegen der Garantie des Landes (Maßnahme 12) Darlehen zu vergleichbaren Bedingungen hätte gewähren können. Die Kommission stellt fest, dass die Mediinvest und die PNG nicht die eigentlichen Empfänger der Beihilfen waren, sondern lediglich als Intermediäre auftraten, damit die Darlehen der RIM die MSR erreichten. Mit dieser Dienstleistung erzielte zudem nur die Mediinvest einen Gewinn, der einer Zinssatzdifferenz von höchstens 4,3 % (zwischen den von der RIM erhaltenen Darlehen und den der MSR gewährten Darlehen) entsprach, während die PNG nicht von unterschiedlichen Zinssätzen profitierte (für das von der Mediinvest erhaltene Darlehen galt derselbe Zinssatz wie für das der MSR gewährte Darlehen). Außerdem kann die Kommission angesichts der in den Erwägungsgründen 32 bis 34 und in Tabelle 14 wiedergegebenen Daten nicht den Schluss ziehen, dass die Mediinvest und die PNG für ihre Dienstleistungen nicht marktübliche Zinssätze in Rechnung gestellt hätten oder dass die Zinssatzdifferenzen (höchstens 4,3 % im Falle der Mediinvest, 0 % im Falle der PNG) über dem Marktniveau gelegen hätten. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass die Mediinvest und die PNG nicht als Begünstigte von Maßnahme 11 angesehen werden können. |
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(203) |
In Bezug auf Maßnahme 12, d. h. die der ISB gewährte Garantie des Landes für die stillen Beteiligungen der RIM an der Mediinvest (Maßnahme 11) ist die Kommission der Auffassung, dass es der MSR mit dieser Konstruktion ermöglicht werden sollte, die als Maßnahme 11 beschriebenen Darlehen zu erhalten. Die MSR befand sich zum Zeitpunkt der Darlehen in einer sehr schlechten finanziellen Lage. Kein privater Investor hätte einem Unternehmen in einer so schlechten finanziellen Lage eine Garantie gewährt. Der Kommission liegen keine Hinweise dafür vor, dass die Garantie in Anspruch genommen wurde. Deshalb stellt Maßnahme 12 nach Auffassung der Kommission eine staatliche Beihilfe dar. Die Höhe der Beihilfe, die durch die Garantie des Landes für die MSR gewährt wurde, entspricht dem Betrag der betreffenden Darlehen (Maßnahme 11), d. h. 85 484 000 EUR. |
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(204) |
Bezüglich Maßnahme 13 (Bereitstellung von Einnahmen aus der Spielbankabgabe für die Tourismusförderung zugunsten der NG durch das Land) ist die Kommission der Auffassung, dass es sich hierbei um eine tourismuspolitische Maßnahme öffentlicher Stellen handelt; ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber würde keine derartigen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen in Schwierigkeiten und zum erheblichen Nachteil seiner eigenen finanziellen Interessen treffen. Ferner stellt die Kommission fest, dass es nicht Ziel der Tourismuspolitik ist, Unternehmen in Schwierigkeiten in die Rentabilität zurückzuführen. Angesichts der schlechten Finanzlage der NG ist die Kommission der Auffassung, dass der NG ein Vorteil in Höhe des Gesamtbetrags der in Rede stehenden Maßnahmen verschafft wurde. Insgesamt stellen die vom Land für die NG bereitgestellten Einnahmen aus der Spielbankabgabe in Höhe von 1,6 Mio. EUR im Jahr 2009 und je 3,2 Mio. EUR in den Jahren 2010 und 2011 eine Beihilfe zugunsten der NG dar. |
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(205) |
Die Ausführungen zu Maßnahme 13 in Bezug auf die Tourismuspolitik gelten auch für Maßnahme 14 (die Darlehen des Landes und Rangrücktritt). Zudem wurde mit der Vergabe eines Darlehens an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags des Darlehens verschafft. Die Darlehen in Höhe von 20 Mio. EUR vom 21. August 2007, 10 Mio. EUR vom 22. Dezember 2009, 4,65 Mio. EUR vom 28. Dezember 2010 und 3,2 Mio. EUR vom 26. April 2011 sowie ein weiteres Darlehen in Höhe von 4,95 Mio. EUR vom 9. Dezember 2011, die der NG vom Land gewährt wurden, stellen daher Beihilfen dar, deren Höhe dem Betrag der Darlehen entspricht. |
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(206) |
Infolge des Rangrücktritts, den das Land am 29. August 2007 in Bezug auf das genannte Darlehen von 20 Mio. EUR erklärte, um die Insolvenz der NG abzuwenden, nehmen die Forderungen des Landes gegen die NG den letzten Rang hinter den Forderungen aller anderen Gläubiger gegen die NG ein. Vor diesem Hintergrund stellt der Rangrücktritt (Teil von Maßnahme 14) nach Auffassung der Kommission einen gesonderten Vorteil zugunsten des Darlehens von 20 Mio. EUR im Rahmen von Maßnahme 14 dar, da er die Möglichkeiten des Landes, seine Forderungen gegen die NG einzuziehen, erheblich verringert hat. Der Umfang der Maßnahme entspricht dem Betrag des nachrangigen Darlehens, da sie es der NG ermöglichte, sich der Rückzahlung des nachrangigen Darlehens in Höhe von 20 Mio. EUR zu entziehen. |
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(207) |
Zu Maßnahme 15 (Übernahme der Geschäftsanteile an der MSR durch die NG und die RIM) ist festzuhalten, dass die MSR zum Zeitpunkt der Maßnahme in Schwierigkeiten war, d. h. mit Verlust arbeitete. Dies wiederum bedeutet, dass der im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit erwirtschaftete und den Gesellschaftern zur Verfügung gestellte Betrag negativ war. In diesem Sinne schlugen sich die negativen betrieblichen Ergebnisse der MSR in einem negativen Wert der einzelnen Geschäftsanteile nieder. Anders ausgedrückt hätte ein potenzieller Investor eigentlich Anspruch auf einen Betrag in Höhe der Verluste der MSR aus ihrer Geschäftstätigkeit, die sich in den Geschäftsanteilen widerspiegeln. Mit dem Kauf der MSR wollten die NG und die RIM das Unternehmen eindeutig unterstützen. Der Eigentümerwechsel als solcher beinhaltet jedoch keine Beihilfe für die MSR. Es sind vielmehr die sich daran anschließenden Maßnahmen (z. B. Darlehen der NG an die MSR), die Beihilfen für die MSR darstellen könnten. Wegen der Gesellschaftsrechtsform der MSR haften die Gesellschafter nicht für die Verbindlichkeiten des Unternehmens, und beim Verkauf der MSR durch seine früheren Eigentümer an die NG und die RIM wurde den Veräußerern nur ein dem Kaufpreis entsprechender symbolischer Preis von 3 EUR gezahlt. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass der Preis von 1 EUR pro Anteil für die Veräußerer der MSR-Anteile, d. h. die Mediinvest, Geisler & Trimmel und Weber, keinen wirtschaftlichen Vorteil darstellt. |
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(208) |
Maßnahme 16 umfasst ein Gesellschafterdarlehen und einen Zuschuss des Landes an die NG für Formel-1-Rennveranstaltungen. Aus seinem Liquiditätspool stellte das Land der NG zwischen 2003 und 2007 24 978 808 EUR und 2009 15 426 562 EUR zur Verfügung (Maßnahme 3). Zur Refinanzierung dieser Beträge gewährte das Land der NG 2011 ein zinsloses Darlehen in Höhe von 40 405 000 EUR. Ferner erhielt die NG im Juli 2011 einen Zuschuss von 13,5 Mio. EUR aus dem Landeshaushalt. Der Vorteil, den diese öffentlichen Zuwendungen für die NG darstellen, liegt auf der Hand, da die NG von einer Belastung befreit wurde, die sie normalerweise selbst hätte tragen müssen. Das Darlehen ist nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar. Mit der Vergabe eines Darlehens an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor es zu keinem Zinssatz finanziert hätte, wurde dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des Betrags des Darlehens verschafft. Der Vorteil, den das Land der NG mit dem am 11. Januar 2011 gewährten Darlehen von 40 405 000 EUR verschaffte, beträgt demnach 40 405 000 EUR. Der Vorteil, den das Land der NG mit dem im Juli 2011 gewährten Zuschuss von 13,5 Mio. EUR verschaffte, beträgt 13,5 Mio. EUR. |
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(209) |
Zu dem Formel-1-Konzessionsvertrag (Maßnahme 17) führte Deutschland an, die Organisation von Formel-1-Rennveranstaltungen stelle eine nach den Vorschriften für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfemaßnahme dar. Deutschland macht jedoch nicht geltend, dass die Maßnahme ein beihilfefreier Ausgleich ist, der alle Kriterien des Altmark-Urteils erfüllt. Schließlich hat Deutschland nicht belegt, dass die Konzessionsgebühr ausweislich eines Sachverständigengutachtens oder einer Marktstudie eine marktübliche Höhe hatte oder dass die Konzession ausgeschrieben worden war. In Ermangelung von Nachweisen dafür, dass die Maßnahme marktkonform war, ist die Kommission daher der Auffassung, dass der Konzessionsvertrag der NAG einen Vorteil verschaffte. Bei dieser Maßnahme hätte der Beihilfebetrag im Prinzip der Differenz zwischen der Konzessionsgebühr und dem Marktwert der Konzession entsprochen. Da jedoch nach Angaben Deutschlands auf der Grundlage des Vertrags keine Zahlungen geleistet wurden, ist die darin enthaltene staatliche Beihilfe nicht verwirklicht worden und kann kein Beihilfebetrag ermittelt werden. |
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(210) |
Im Gegensatz zu Deutschland ist die Kommission der Auffassung, dass die Stundung der Zinszahlungen (Maßnahme 18) nicht mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar ist und daher insbesondere angesichts der Finanzlage der NG, der MSR und der CMHN einen wirtschaftlichen Vorteil darstellt. Denn die NG, die MSR und die CMHN befanden sich, wie oben dargelegt, zum Zeitpunkt der Maßnahme in einer sehr schlechten finanziellen Lage. Mit der Stundung der Zinszahlungen für ein Darlehen an ein Unternehmen, das sich in solchen Schwierigkeiten befand, dass kein privater Investor ihm zu keinem Zinssatz ein Darlehen gewährt hätte, wurde dem Unternehmen ein Vorteil in Höhe des ausstehenden Betrags des umgeschuldeten Darlehens verschafft. Die Stundung von 1,473 Mio. EUR im Falle der NG, 1,205 Mio. EUR im Falle der MSR und 303 000 EUR im Falle der CMHN, die von der ISB am 15. Mai 2012 gewährt wurde, stellt daher eine Beihilfe dar, deren Höhe dem ausstehenden Betrag der umgeschuldeten Darlehen entspricht. |
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(211) |
In Bezug auf die Freistellungserklärung des Landes und den Rangrücktritt (Maßnahme 19) stellt die Kommission Folgendes fest: a) Die 2012 gestellte staatliche Garantie für Forderungen von bis zu 254 Mio. EUR (für ein Darlehen von 325 265 000 EUR) wurde durch eine Erklärung des Landes gewährt, um die Insolenz der NG, der MSR und der CMHN abzuwenden, die sich zu diesem Zeitpunkt in gravierenden Schwierigkeiten befanden. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass die Maßnahme nicht die Voraussetzungen der Garantiemitteilung erfüllte, den Begünstigten daher einen Vorteil verschaffte und damit eine staatliche Beihilfe darstellt. b) Der Rangrücktritt des Landes von 2012 für seine Forderungen aus der genannten Freistellungserklärung führte dazu, dass die Forderungen des Landes den letzten Rang hinter den Forderungen aller anderen Gläubiger gegen die NG, die MSR und die CMHN einnehmen. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Gläubiger einen solchen Rangrücktritt für bestehende Forderungen gegen Unternehmen in gravierenden Schwierigkeiten nicht akzeptiert hätte, da eine solche Maßnahme de facto auf den Verlust der Forderungen hinauslaufen würde. Deshalb stellt der Rangrücktritt nach Auffassung der Kommission einen Vorteil dar. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die Freistellungserklärung und der Rangrücktritt von 2012 eine Maßnahme darstellen, die zusätzlich zu der Garantie von 2010 gewährt wurde. Denn die Freistellungserklärung und der Rangrücktritt von 2012 waren in der Garantie von 2010 weder vorgesehen noch vorgeschrieben, sondern wurden von den Behörden nach eigenem Ermessen beschlossen, um 2012 die Insolvenz der NG, der MSR und der CMHN abzuwenden. Der Umfang der Maßnahme entspricht dem Betrag der von der Freistellungserklärung und dem Rangrücktritt von 2012 abgedeckten Schulden, d. h. 254 Mio. EUR. |
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(212) |
Die genannten Maßnahmen betreffen nach Auffassung der Kommission den Betrieb eines Komplexes, der nicht Teil der allgemeinen Infrastruktur ist, und wurden nicht in der Erwartung getroffen, dass der Beitrag des Landes eine marktübliche Rendite erbringen würde. Daher liegt eine staatliche Beihilfe für den Bau und den Betrieb der genannten Einrichtungen vor, die deren Betreiber, d. h. insbesondere der NG, zugutekommt. |
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(213) |
Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die staatliche Beihilfe in der Differenz zwischen einem angemessenen Marktpreis für das Darlehen bzw. die Garantie und dem tatsächlich für die Maßnahme gezahlten Preis besteht; da sich die Beihilfeempfänger in so gravierenden Schwierigkeiten befanden, dass sie auf dem Markt keine Finanzierung erhalten hätten, entspricht der Vorteil dem vollen Umfang der in Rede stehenden Maßnahmen. |
f) Schlussfolgerung zum Vorliegen staatlicher Beihilfen
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(214) |
Aus diesen Gründen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass ein Teil von Maßnahme 2 (die Darlehen der NG an die FSZ) sowie die Maßnahmen 8, 11 und 15 keine staatlichen Beihilfen darstellen, während Maßnahme 1, ein Teil von Maßnahme 2 (die Darlehen der NG an EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, BWN1, BWNB und BWN2) sowie die Maßnahmen 3 bis 7, 9, 10, 12 bis 14 und 16 bis 19 staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen. |
5.3. RECHTSWIDRIGE BEIHILFEN
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(215) |
Maßnahme 1, ein Teil von Maßnahme 2 (die Darlehen der NG an EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, BWN1, BWNB und BWN2) sowie die Maßnahmen 3 bis 7, 9, 10, 12 bis 14 und 16 bis 19 wurden unter Verstoß gegen die Anmeldepflicht und das Durchführungsverbot nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt. Die Kommission sieht diese Maßnahmen daher als rechtswidrige staatliche Beihilfen an. |
5.4. VEREINBARKEIT DER BEIHILFEN MIT DEM BINNENMARKT
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(216) |
Soweit bestimmte Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen, muss ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anhand der Ausnahmeregelungen der Absätze 2 und 3 dieses Artikels geprüft werden. |
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(217) |
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es Sache des Mitgliedstaats, mögliche Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geltend zu machen und nachzuweisen, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind (150). |
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(218) |
Da die Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen und da NG, MSR und CMHN seit 2002, 2007 bzw. 2008 Unternehmen in Schwierigkeiten waren, stellt die Kommission fest, dass die in Rede stehenden Maßnahmen nur anhand des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV und insbesondere der Leitlinien auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt geprüft werden sollten. Nach Randnummer 20 der Leitlinien kann „ein Unternehmen in Schwierigkeiten nicht als geeignetes Mittel zur Verwirklichung anderer politischer Ziele dienen, bis seine Rentabilität gewährleistet ist. Nach Auffassung der Kommission können Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten deswegen nur dann zur Entwicklung von Wirtschaftszweigen beitragen, ohne den Handel so weit zu beeinträchtigen, dass dies dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft, wenn die in den vorliegenden Leitlinien beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind.“ Entgegen dem Vorbringen Deutschlands ist die Ausnahme nach Artikel 107 Absatz 2 AEUV im vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil die unterstützten Dienstleistungen keine im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Dienstleistungen, sondern wirtschaftliche Tätigkeiten in dem Wettbewerb unterliegenden Wirtschaftszweigen sind. Auch die Ausnahme nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV ist in dieser Beihilfesache nicht anwendbar, da das Vorhaben und die Unternehmen, die durch die geprüften Maßnahmen unterstützt wurden, nicht als wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse erachtet werden können und das Wirtschaftsleben Deutschlands nicht beträchtlich gestört war. Die Ausnahme nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV ist ebenfalls nicht anwendbar, weil die geförderten Tätigkeiten offensichtlich weder der Förderung der Kultur noch der Erhaltung des kulturellen Erbes dienen. |
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(219) |
Im vorliegenden Fall sind die einschlägigen Voraussetzungen in den Abschnitten 3.1 und 3.2nicht erfüllt. Denn die Maßnahmen sind nicht nach 6 Monaten ausgelaufen, und Deutschland hat keinen Umstrukturierungsplan im Sinne der Leitlinien angemeldet. Zudem ist nicht nachgewiesen worden, dass die Beihilfen auf das erforderliche Minimum beschränkt waren, insbesondere durch einen erheblichen eigenen Beitrag der Beihilfeempfänger. Die Behörden haben auch keinen Liquidationsplan vorgelegt. |
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(220) |
Die Kommission kann keine sonstigen möglichen Gründe für die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Binnenmarkt erkennen (151). Denn im vorliegenden Fall befanden sich die Beihilfeempfänger zum Zeitpunkt der Gewährung der Maßnahmen in Schwierigkeiten und kommen daher nicht für die Anwendung einer anderen Grundlage für die Vereinbarkeitsprüfung als die Leitlinien in Betracht. |
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(221) |
Aus diesen Gründen sieht die Kommission Maßnahme 1, einen Teil von Maßnahme 2 (die Darlehen der NG an EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, BWN1, BWNB und BWN2) sowie die Maßnahmen 3 bis 7, 9, 10, 12 bis 14 und 16 bis 19 als mit dem AEUV unvereinbar an. |
5.5. RÜCKFORDERUNG
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(222) |
Nach dem AEUV und der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission, wenn sie die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt feststellt, befugt zu entscheiden, dass der betreffende Mitgliedstaat sie aufzuheben oder umzugestalten hat (152). Ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs dient die Verpflichtung des Mitgliedstaats, eine von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehene Beihilfe aufzuheben, der Wiederherstellung der früheren Lage (153). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass dieses Ziel erreicht ist, sobald der Empfänger die Beträge, die ihm als rechtswidrige Beihilfe gewährt wurden, zurückgezahlt hat. Durch diese Rückzahlung verliert er den Vorteil, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wird wiederhergestellt (154). |
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(223) |
Im Einklang mit der Rechtsprechung gilt nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (155) Folgendes: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern […].“ |
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(224) |
Da die vorliegenden Maßnahmen unter Verletzung des Artikels 108 AEUV nicht bei der Kommission angemeldet wurden und folglich eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstellen, müssen sie zur Wiederherstellung der Marktsituation vor der Gewährung der Beihilfe zurückgefordert werden. Die Rückforderung sollte sich auf den Zeitraum ab dem Zeitpunkt, zu dem der Begünstigte den Vorteil erlangte, d. h. ihm die Beihilfe zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung erstrecken; die Rückforderungsbeträge sollten die bis zur tatsächlichen Rückzahlung angefallenen Zinsen umfassen. |
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(225) |
Die Kommission stellt fest, dass bestimmte Begünstigte (NG, MSR, CMHN, CST (156), IPC) sich in einem Insolvenzverfahren befinden (157). Nach ständiger Rechtsprechung wirkt sich die Tatsache, dass ein Begünstigter zahlungsunfähig ist oder sich in einem Insolvenzverfahren befindet, nicht auf seine Verpflichtung zur Rückzahlung rechtswidriger und unvereinbarer Beihilfen aus (158). Gleichzeitig ist es in den meisten Fällen, in denen der Begünstigte zahlungsunfähig ist, nicht möglich, die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe in voller Höhe (einschließlich Zinsen) zurückzuerhalten, da das Vermögen des Empfängers nicht ausreicht, um alle Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Daher kann die Lage vor Gewährung der Beihilfe nicht in der üblichen Weise in vollem Umfang wiederhergestellt werden. Da die Rückforderung letztlich auf die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrung abzielt, hat der Gerichtshof entschieden, dass in solchen Fällen die Liquidation des begünstigten Unternehmens als annehmbare Option zur Rückzahlung angesehen werden kann (159). Somit kann nach Auffassung der Kommission davon ausgegangen werden, dass ein Beschluss, mit dem ein Mitgliedstaat zur Rückforderung einer rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe von einem zahlungsunfähigen Empfänger angewiesen wird, ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, wenn die Beihilfe in voller Höhe zurückgezahlt worden ist oder, im Falle der Rückzahlung eines Teilbetrags, wenn die auf Rückzahlung der Beihilfe gerichtete Forderung in der Forderungstabelle eingetragen ist, das Unternehmen abgewickelt wird und seine Vermögenswerte zu Marktbedingungen veräußert werden, was die endgültige Einstellung seiner Tätigkeiten bedeutet. Allgemein sollte sichergestellt werden, dass kein Wirtschaftsbeteiligter nach dem Verschwinden des Beihilfeempfängers von rechtswidrigen und unvereinbaren Beihilfen profitiert. |
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(226) |
Die Rückforderung betrifft auch Begünstigte, die sich nicht im Insolvenzverfahren befinden: NAG, und BikeWorld GmbH für BWN1, BWNB und BWN2 (nach der Übernahme von BWN1 durch BWNB wurde das neuaufgestellte Unternehmen in BWNB2 umbenannt; dieses Unternehmen firmierte anschließend unter BikeWorld GmbH). |
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(227) |
Die Kommission stellt fest, dass bestimmte Begünstigte — EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, MIB — zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Beschlusses nicht mehr bestehen. |
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(228) |
EWN, MAN und Camp4Fun wurden am 6. September 2011, 29. August 2013 bzw. 1. März 2010 aufgelöst. Es gab keine förmliche Liquidation. Zwischen diesen drei Begünstigten und ihrem verbleibenden Gesellschafter NG besteht wirtschaftliche Kontinuität. Als verbleibender Gesellschafter dieser Begünstigten haftet NG für deren Schulden einschließlich der aus staatlichen Beihilfen resultierenden Schulden. Da sich NG in einem Liquidationsverfahren befindet, ist dafür Sorge zu tragen, dass die Forderung bezüglich der Zahlung der Beihilfe ordnungsgemäß in die Forderungstabelle eingetragen wird und NG seine Geschäftstätigkeit endgültig einstellt. Ferner sollte sichergestellt werden, dass kein Wirtschaftsbeteiligter nach dem Verschwinden von NG von rechtswidrigen und unvereinbaren Beihilfen profitiert. Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die den Begünstigten gewährten Beihilfen von NG als deren wirtschaftlichem Nachfolger zurückzufordern sind. Da NG die Beihilfen gewährt hat und gleichzeitig der wirtschaftliche Nachfolger der Beihilfeempfänger ist, muss die Rückforderung durch den Staat erfolgen. |
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(229) |
MIB wurde nicht liquidiert, sondern am 6. September 2013 mit NAG zusammengeschlossen, so dass es nicht mehr als juristische Person besteht. Folglich ist NAG wie im Handelsregister angegeben nach § 2 Absatz 1 Umwandlungsgesetz der wirtschaftliche Nachfolger von MIB. Als wirtschaftlicher Nachfolger von MIB muss NAG die Beihilfe zurückzahlen. |
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(230) |
TTI wurde nach dem deutschen Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung am 4. Dezember 2007 liquidiert. TTI war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die durch einen Beschluss der Gesellschafter über die Liquidation aufgelöst wurde. Danach bestand der einzige Zweck von TTI in der Durchführung der Abwicklung. Nach § 70 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung hatte der Liquidator „die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen …“. Dann wurde das verbleibende Barvermögen auf die Gesellschafter aufgeteilt. Zu diesem Zeitpunkt war die Gesellschaft bereits aufgelöst. Nach Angaben Deutschlands gab es keine Rechtsnachfolge nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Kontinuität, weil der Großteil des Barvermögens den Gesellschaftern zufloss, keine Geschäftstätigkeit mehr durchgeführt wurde und keine Übertragung des Geschäfts oder Übernahme der Verbindlichkeiten durch die Gesellschafter erfolgte. Deutschland erklärte ferner, dass die Vermögenswerte von TTI nicht in einem Bietverfahren veräußert wurden, da sie bei Einleitung der Liquidation von TTI am 12. März 2004 lediglich den Abschlusssaldo von 19 777,39 EUR, Steuerrückforderungen von 1 222,01 EUR und Zinsen von einem Bankkonto in Höhe von 30,69 EUR umfassten. Da TTI wie dargelegt liquidiert wurde, hatte es keinen wirtschaftlichen Nachfolger, zumal nach der Liquidation keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wurde und die Gesellschafter keine Vermögenswerte oder operativen Elemente von TTI erhielten, sondern nur sehr geringes Barvermögen. Vor diesem Hintergrund und weil das Geschäft von TTI niemandem übertragen wurde, ist die Kommission der Auffassung, dass die durch die in Rede stehende Maßnahme bedingte Beihilfe an niemanden übertragen wurde. Das Unternehmen wurde bereits vollständig liquidiert und die Rückforderung ist gegenstandslos, weil der Begünstigte der Beihilfe nicht mehr besteht und keinen wirtschaftlichen Nachfolger hat. |
6. BEWERTUNG DER WIRTSCHAFTLICHEN KONTINUITÄT ZWISCHEN DEN INSOLVENTEN UNTERNEHMEN UND DEM ERWERBER DER VERMÖGENSWERTE
6.1. VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE ZUGUNSTEN DES ERWERBERS DER VERMÖGENSWERTE
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(231) |
Wenn die Kommission auf der Grundlage der Artikel 107 und 108 AEUV einen Negativbeschluss erlässt, mit dem die Rückforderung einer mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe angeordnet wird, muss der betreffende Mitgliedstaat die unvereinbare Beihilfe zurückfordern. Die Rückforderungsverpflichtung kann dann auf ein neues Unternehmen, dem das betreffende Unternehmen einen Teil seiner Vermögenswerte übertragen oder verkauft hat, ausgedehnt werden, wenn die Übertragungs- bzw. Veräußerungsstruktur auf eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen schließen lässt. Staatliche Beihilfen für den Erwerber könnten auch das Ergebnis einer Veräußerung der Vermögenswerte unter ihrem Marktwert sein (selbst wenn keine wirtschaftliche Kontinuität vorliegt). |
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(232) |
Um zu entscheiden, ob der Erwerber der Vermögenswerte durch staatliche Beihilfen begünstigt wird, muss die Kommission prüfen, ob die Vermögenswerte zu ihrem Marktpreis veräußert wurden, und weitere im Folgenden behandelte Kriterien untersuchen. |
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(233) |
Nach dem Urteil des Gerichts in der Sache Italien und SIM 2/Kommission (160), auf das die Kommission ihre Entscheidungen in den Beihilfesachen Olympic Airlines, Alitalia und SERNAM (161) stützte, wird die Prüfung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen dem „alten“ Unternehmen und den neuen Strukturen anhand einer Reihe von Indikatoren vorgenommen. Dabei können die folgenden Faktoren berücksichtigt werden: Gegenstand der Veräußerung (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva), Kaufpreis, Identität des/der Erwerber(s), Zeitpunkt der Veräußerung (nach der Einleitung der vorläufigen Prüfung, des förmlichen Prüfverfahrens oder nach dem abschließenden Beschluss) und die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion. Diese Indikatoren wurden vom Gericht in seinem Urteil vom 28. März 2012 in der Rechtssache Ryanair/Kommission (162) übernommen, das mithin die Alitalia-Entscheidung bestätigt. |
6.1.1. Gegenstand der Veräußerung
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(234) |
Die Kommission stellt fest, dass die von Capricorn übernommenen Vermögenswerte alle Vermögenswerte der insolventen NG, MSR und CMHN umfassen und mit den wichtigsten Tätigkeiten dieser Gesellschaften zusammenhängen. Die Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN wurden jedoch im Rahmen des Bietverfahrens in 11 Verwertungseinheiten unterteilt, und alle Bieter konnten für einzelne Vermögenswerte sowie für eine, mehrere oder alle Verwertungseinheiten Angebote einreichen (siehe Abschnitt 2.5). Die Einteilung der Verwertungseinheiten erfolgte unter Berücksichtigung der zu erwartenden wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Vermögenswerte, des Investoreninteresses und der Separierungskosten. Die Insolvenzverwalter stellten keine Bedingungen hinsichtlich der zukünftigen Nutzung der Vermögenswerte. Die Kommission hält fest, dass die Entscheidung, alle Vermögenswerte an ein einziges Unternehmen zu veräußern, nicht von den Insolvenzverwaltern, sondern von den Marktkräften (d. h. von den Wirtschaftsbeteiligten, die ein Angebot für die Vermögenswerte abgegeben haben) getroffen wurde. Alle Bieter hatten die Möglichkeit, ein Angebot für eine der 11 Verwertungseinheiten, für alle oder bestimmte Vermögenswerte einzureichen. Aus marktbedingten Gründen lag der Wert der Angebote für einzelne Vermögenswerte oder Verwertungseinheiten unter dem Wert des höchsten Angebots für die Gesamtheit der Vermögenswerte. Dies dürfte eine Folge der wirtschaftlichen Interdependenz der Verwertungseinheiten sein: Ohne die Rennstrecke wären die Hotels nicht rentabel und ohne die Hotels wäre ein rentabler Betrieb der Rennstrecke mit Profirennen, Rockkonzerten und anderen Aktivitäten mit großem Einzugsbereich schwieriger. |
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(235) |
Hinsichtlich der Beschäftigten enthalten weder die Unterlagen für das Bietverfahren noch der Kaufvertrag über die einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften hinausgehende Verpflichtungen (z. B. eine Beschäftigungsgarantie) zum Übergang der Arbeitsverträge auf den neuen Eigentümer. Nach deutschem Recht gehen die Beschäftigungsverhältnisse automatisch auf den Erwerber der Vermögenswerte über. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (163) kann der Erwerber vom Insolvenzverwalter die Beendigung der Arbeitsverträge verlangen. Folglich konnte der Erwerber grundsätzlich selbst entscheiden, welchen Beschäftigten er neue Verträge anbieten wollte. Im vorliegenden Fall prüfte Capricorn seinen Bedarf mit Blick auf den rentablen Betrieb der erworbenen Vermögenswerte und beschloss, nicht alle Beschäftigten der Veräußerer, sondern 85 % davon (d. h. 253 der insgesamt 297 Beschäftigten) am 1. Januar 2015 (Termin der Aufnahme des Betriebs der erworbenen Vermögenswerte) zu übernehmen. Da Capricorn unabhängig über die Übernahme der Beschäftigten entscheiden konnte, führt die bestätigte Einstellung bestehenden Personals nicht zu einer Fortführung des Geschäftsbetriebs. Zudem sollen Management und Personal 2014 vollständig umstrukturiert werden. |
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(236) |
Ferner stellt die Kommission fest, dass die das laufende Geschäft prägenden Veranstaltungsverträge ganz überwiegend nach der Saison 2014 beendet sein werden. Neue Verträge für die Zeit ab 1. Januar 2015 werden von der vom Erwerber gegründeten Betriebsgesellschaft mit den Kunden und Lieferanten verhandelt und abgeschlossen. Dabei werden auch neue Vertragspartner angesprochen. Capricorn beabsichtigt, selbst eine Reihe von Veranstaltungen zu organisieren, anstatt die Rennstrecke an externe Veranstalter zu vermieten. |
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(237) |
Die Kommission hält fest, dass der Gegenstand der künftigen Tätigkeiten von Capricorn sich beträchtlich von denen der Nürburgring-Gruppe unterscheiden wird (siehe unten, insbesondere Abschnitt 6.1.5.). |
6.1.2. Der Kaufpreis
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(238) |
Zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Kontinuität müssen die Vermögenswerte im Rahmen des Bietverfahrens zu ihrem Marktwert verkauft werden. |
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(239) |
Der Marktwert ist der Preis, den ein unter Marktbedingungen handelnder privater Investor hätte festsetzen können (164). |
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(240) |
Deutschland hat die Vermögenswerte im Wege eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens an den Bieter verkauft, der das höchste Angebot mit einer gesicherten Finanzierung eingereicht hat. |
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(241) |
Erstens enthielt die Aufforderung zur Interessenbekundung für die Nürburgring-Vermögenswerte keine Beschränkung hinsichtlich der Bieter, so dass jeder in dem Bietverfahren ein Angebot einreichen konnte. |
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(242) |
Zweitens ist hinsichtlich des Transparenzgrundsatzes festzustellen, dass die Veräußerer allen Bietern genügend Zeit für eine sachgemäße Bewertung der Vermögenswerte gaben und alle erforderlichen und detaillierten Informationen zur Verfügung stellten. Nach dem Prozessbrief „Project RING — procedures for the submission of a final offer“, den KPMG interessierten Investoren am 17. Oktober 2013 sandte, sollten die Bieter, die eine gesicherte Finanzierung des in ihren indikativen Angeboten enthaltenen Preises nachweisen konnten, umfassenden Zugang zu einem elektronischen Datenraum erhalten und an einem Meeting mit dem NBG-Management und an einem strukturierten Q&A Prozess teilnehmen können. Hingegen würden Bieter, die nicht diegenannte Versicherung abgeben und keinen Beleg der Verfügbarkeit der erforderlichen Finanzierung vorweisen konnten, lediglich begrenzten Zugang zum elektronischen Datenraum und zum Financial Fact Book (FFB) der Veräußerer erhalten; sie sollten die Mitglieder des Teams, das das FFB erstellt hat, treffen, eine Ortsbegehung durchführen und an einem Meeting zur Vorabdiskussion des Kaufvertragsentwurfs teilnehmen können. |
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(243) |
Außerdem standen die Veräußerer (KPMG) und alle Bieter, die sich für die betreffende Phase des Bietverfahrens qualifiziert hatten, über Schreiben und E-Mails von Juli 2013 bis April 2014 ständig miteinander im Kontakt, damit diesen Bietern alle relevanten Informationen und Klarstellungen übermittelt werden konnten. In diesem Rahmen wurde auf die Fragen dieser Bieter geantwortet oder auf ihre Behauptungen reagiert und es wurden ihnen alle Informationen zu den weiteren Schritten des Bietverfahrens übermittelt. So sandte KPMG beispielsweise die folgenden Schreiben und E-Mails an die Bieter: a) das Schreiben vom 19. Juli 2013, mit dem die Bieter über das Verfahren für die Einreichung eines indikativen Angebotes unterrichtet wurden; b) das Schreiben vom 12. September 2013, mit dem den Bietern die Verlängerung der Frist für die Einreichung indikativer Angebote mitgeteilt wurde; c) die E-Mail vom 19. September 2013, mit der einer der Bieter ([Bieter 5]) neuere Informationen über die finanzielle Leistungsfähigkeit des Nürburgrings erhielt; d) das Schreiben vom 17. Oktober 2013, mit dem ein Bieter ([Bieter 3]) über das Verfahren für die Einreichung eines endgültigen Angebotes unterrichtet wurde; e) die E-Mail vom 28. Oktober 2013, mit der einem der Bieter ([Bieter 2]) die vorläufigen Termine für die Treffen mit Interessenträgern mitgeteilt wurden; f) das Schreiben vom 3. Dezember 2013, mit dem ein Bieter ([Bieter 6]) darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass sein indikatives Angebot nicht mehr berücksichtigt wurde, da sich seine Finanzierungspartner zurückgezogen hatten und keine anderen genannt worden waren, weshalb die Finanzierung des Angebots als nicht gesichert erachtet und die Abschlusswahrscheinlichkeit als unzureichend bewertet wurde; g) das Schreiben vom 11. Dezember 2013 mit umfassenden und klaren Erläuterungen zu den Problemen und Behauptungen, die ein Bieter ([Bieter 3]) in einem Schreiben vom 9. Dezember 2013 (zwei Tage vorher) dargelegt hatte; h) das Schreiben vom 18. Dezember 2013 mit umfassenden und klaren Erläuterungen zu den Problemen und Behauptungen, die ein Bieter ([Bieter 3]) in einem Schreiben vom 11. Dezember 2013 (sieben Tage vorher) dargelegt hatte; i) die E-Mail vom 18. Februar 2014, mit der ein Bieter ([Bieter 3]) um bestimmte Präzisierungen und Bestätigungen zu seinem mit E-Mail vom 17. Februar 2014 (einen Tag vorher) übermittelten endgültigen Angebot gebeten und aufgefordert wurde, u. a. seine verbindliche Finanzierungszusage z. B. in Form eines verbindlichen Bestätigungsschreibens nachzuweisen und näher auszuführen, wann er mit den ausstehenden Finanzierungszusagen rechnete und wann er die Geschäftsbedingungen des Angebots voraussichtlich endgültig festlegen werde; j) die E-Mail vom 9. April 2014, mit der einem Bieter ([Bieter 3]) auf seine (sieben Tage vorher gesandte) E-Mail vom 2. April 2014 hin mitgeteilt wurde, dass KPMG noch keine näheren Angaben zu der von diesem Bieter geplanten Finanzierungsstruktur oder schriftliche Bestätigung von Drittparteien über die Unterstützung seines Angebots erhalten habe. |
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(244) |
Drittens geht aus den von Deutschland übermittelten Unterlagen hervor, dass in keiner Phase des Bietverfahrens Bieter diskriminiert wurden. Wie in Erwägungsgrund 235 dargelegt, erhielten alle Bieter Informationen und Präzisierungen bezüglich der im Bietverfahren zugrunde gelegten Auswahlkriterien, Regeln und Verfahren, der Fristen für die Einreichung indikativer und endgültiger Angebote, der Verlängerung solcher Fristen, der finanziellen Lage des Nürburgrings, der in den indikativen oder endgültigen Angeboten der Bieter fehlenden Angaben und möglicher Fragen der Bieter. Gleichzeitig wurden Bieter, die die Auswahlkriterien des Bietverfahrens erfüllten (insbesondere die Vorlage einer Bestätigung von Finanzierungspartnern für die Finanzierung der Angebote), nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen. Die Kommission stellt zudem fest, dass mit keinem Bieter Exklusivverhandlungen geführt wurden und auch mit Bietern, deren endgültige Angebote nicht die genannte Finanzierungsbestätigung enthielten, in einem angemessenen zeitlichen Rahmen verhandelt wurde, da eine solche Bestätigung noch erfolgen konnte. |
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(245) |
Wie in Erwägungsgrund 54 beschrieben, enthält der Kaufvertrag eine Klausel, nach der die Parteien zum Vollzug des Vertrags erst verpflichtet sind, wenn: 1) die Kommission einen bestandskräftigen Beschluss erlässt, aus dem hervorgeht, dass weder der Erwerber noch seine Betriebsgesellschaft als Begünstigter der hier geprüften Beihilfen anzusehen sind und dass dementsprechend eventuelle Rückzahlungsforderungen weder an den Erwerber noch an die Betriebsgesellschaft zu richten sind, und 2a) die Frist für eine gerichtliche Überprüfung des Kommissionsbeschlusses ohne Einlegung eines Rechtsbehelfs abgelaufen ist oder 2b) nach Einlegung eines Rechtsbehelfs ein rechtskräftiges Urteil des Gerichts ergangen ist, das den Beschluss der Kommission bestätigt. Deutschland erläuterte, dass diese Klausel auf die fehlende Bereitschaft der Bieter, das Risiko einer Haftung für eine Rückforderung staatlicher Beihilfen zu übernehmen, zurückzuführen ist, dass die Veräußerer diese Klausel akzeptiert hatten, um die Vermögenswerte verkaufen zu können, und dass die Veräußerer, wie auch im ersten Entwurf des Kaufvertrags erklärt wurde, die Bieter von Beginn des Bietverfahrens an darauf hingewiesen hatten, dass sie bereit waren, mit den Bietern über die Auswirkungen des Beihilfeverfahrens zu sprechen (165). Deutschland erklärte ferner, dass ein Kommissionsbeschluss über die staatliche Beihilfe für den Nürburgring in den Mark-ups von Capricorn, [Bieter 2] und [Bieter 3] zum Kaufvertrag zur Bedingung gemacht wurde. |
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(246) |
Viertens wurden für die Bieter außer den durch den rechtlichen Rahmen bedingten Einschränkungen keine Bedingungen festgelegt, wie deutlich an der Aufforderung zur Interessenbekundung und den Schreiben von KPMG an die Bieter abzulesen ist. |
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(247) |
Daraus folgt, dass dieses Auswahlverfahren an sich hinreichend gewährleistet, dass der Preis der an den Erwerber veräußerten Vermögenswerte dem Marktwert entspricht. Somit kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Veräußerung der Vermögenswerte zum Marktpreis erfolgte, da die Vermögenswerte im Wege eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens an den Bieter veräußert wurden, der das höchste Angebot mit einer gesicherten Finanzierung eingereicht hat. |
6.1.3. Die Identität des Erwerbers
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(248) |
Die Kommission muss feststellen, dass zwischen dem neuen Eigentümer der Vermögenswerte und NG, MSR und CMHN keine Verbindungen bestehen, damit die Haftung des neuen Eigentümers bei einer etwaigen Rückforderung von mit dem Binnenmarkt unvereinbaren staatlichen Beihilfen ausgeschlossen werden kann. |
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(249) |
Zwischen Capricorn und NG, MSR, CMHN oder deren Anteilseignern oder den bisherigen Pächtern des Nürburgrings bestehen weder gesellschaftsrechtliche noch persönliche direkte oder indirekte Verbindungen. Demnach bestehen keine Verbindungen zwischen der Nürburgring-Gruppe und ihren Anteilseignern einerseits und dem neuen Eigentümer und dessen Anteilseignern andererseits. |
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(250) |
Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Käufer ein von NG, MSR und CMHN unabhängiges Unternehmen ist. |
6.1.4. Der Zeitpunkt der Veräußerung
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(251) |
Die Kommission muss prüfen, ob der Zeitpunkt des Bietverfahrens zu einer Umgehung eines Kommissionsbeschlusses über die Rückforderung von mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen führen kann. |
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(252) |
Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass im Anschluss an die Ausweitung des Hauptprüfverfahrens auf die Maßnahmen, die bei der Kommission als Rettungsbeihilfen angemeldet wurden, 2012 vom zuständigen deutschen Amtsgericht das Insolvenzverfahren eingeleitet und Insolvenzverwalter benannt wurden. Die Veräußerung der Vermögenswerte wurde im Mai 2013 von den Insolvenzverwaltern eingeleitet, bevor ein Beschluss der Kommission zum Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens ergangen war. Da der Erwerber darauf besteht, dass die Übertragung erst stattfindet, wenn ein abschließender Beschluss der Kommission nicht mehr gerichtlich angefochten werden kann, tritt der Kaufvertrag erst nach Erlass dieses Rückforderungsbeschlusses in Kraft und auch das Insolvenzverfahren wird erst danach abgeschlossen. Die Zahlung der ersten Kaufpreisrate fand vor Erlass dieses Beschlusses statt. Nach dem Kaufvertrag wird die Übertragung der Vermögenswerte an dem Tag wirksam, an dem dieser Beschluss Bestandskraft erlangt. |
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(253) |
Im vorliegenden Fall weist die Tatsache, dass die Veräußerung von den vom zuständigen Amtsgericht bestellten Insolvenzverwaltern eingeleitet wurde und die Entscheidung über die Übertragung der Vermögenswerte vor Erlass dieses Kommissionsbeschlusses erfolgt ist, nach Auffassung der Kommission nicht so eindeutig auf eine wirtschaftliche Kontinuität hin, wie das der Fall wäre, wenn die Veräußerungsentscheidung von den Beihilfeempfängern selbst getroffen oder der Veräußerungsprozess erst nach Erlass dieses Beschlusses eingeleitet würde. |
6.1.5. Die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion
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(254) |
Das Kriterium der ökonomischen Folgerichtigkeit dient der Beurteilung, ob der Erwerber der Vermögenswerte diese auf die gleiche Weise wie der frühere Eigentümer oder aber für eine andere Tätigkeit oder Strategie nutzen wird. |
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(255) |
Nach Auffassung der Kommission wird der neue Eigentümer die Möglichkeit haben, seine Tätigkeiten unter anderen Bedingungen als NG, MSR und CMHN auszuüben und sein eigenes Geschäftsmodell umzusetzen. |
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(256) |
Das Geschäftskonzept der Veräußerer wird vom Erwerber nicht übernommen. Die beiden vorhandenen Rennstrecken (Grand-Prix-Strecke und Nordschleife) werden in Zukunft […]genutzt, die eine […] ermöglichen. Zu diesem Zweck plant Capricorn den Bau zusätzlicher Einrichtungen und die Ausstattung […]. Ein Teil der Einrichtungen, die im Rahmen von Teilbereich II des „Projekts Nürburgring 2009“ gebaut wurden, wird stillgelegt (z. B. […]). Der ringoracer wird veräußert und die ringocard als Bezahlsystem abgeschafft. Im ringoboulevard werden die […]. |
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(257) |
Außerdem wird sich der Nürburgring nach den Plänen des Erwerbers von einer Tourismusattraktion hin zu einem Technologiecluster und Industriepool wandeln. Die Nutzung der Rennstrecken zu […] und die […] sollen einen Schwerpunkt der Aktivitäten am Nürburgring bilden. Zudem sollen durch […] gehoben werden. Der Erwerber plant überdies die […] am Nürburgring, wobei er […]. |
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(258) |
Der Erwerber wird die Vermögenswerte demnach nicht auf die gleiche Weise nutzen wie die insolventen Gesellschaften. Im Gegenteil will Capricorn die erworbenen Vermögenswerte in sein eigenes Geschäftskonzept integrieren und Synergien schaffen, was sein Interesse am Kauf der Vermögenswerte rechtfertigt. Verglichen mit dem gegenwärtigen Geschäftsmodell hat Capricorn ein neues Konzept für die Nutzung der Vermögenswerte entwickelt. Außerdem war der Betrieb einiger Vermögenswerte strukturell defizitär, was weitere Umstrukturierungs- und Optimierungsmaßnahmen erforderlich machen könnte. |
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(259) |
Die genannten Aspekte zeigen, dass die ökonomische Folgerichtigkeit des Angebots von Capricorn nicht in einer Fortführung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Nürburgring-Gruppe besteht, sondern in der Integration bestimmter Vermögenswerte und eines Teils der Belegschaft der Nürburgring-Gruppe in einen Konzern, der seiner eigenen wirtschaftlichen Logik folgt. |
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(260) |
Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die ökonomische Folgerichtigkeit des Betriebs darin besteht, dem neuen Eigentümer die Nutzung der Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN unter anderen Bedingungen zu ermöglichen, und nicht in der Fortführung der Strategie dieser Unternehmen. |
6.1.6. Schlussfolgerung zur wirtschaftlichen Kontinuität von NG, MSR und CMHN durch die Veräußerung der Vermögenswerte
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(261) |
Die Vermögenswerte wurden im Wege eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens zu ihrem dabei ermittelten Marktwert an den Bieter verkauft, der das höchste Angebot mit einer gesicherten Finanzierung eingereicht hat. Deutschland hat der Kommission mitgeteilt, dass der Erwerber keine wirtschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zu NG, MSR oder CMHN hat. Die Veräußerungsentscheidung wurde vor einem etwaigen Negativbeschluss der Kommission im Zusammenhang mit dem förmlichen Prüfverfahren getroffen. Der neue Eigentümer wird die Vermögenswerte unter anderen Bedingungen und nach einem anderen Geschäftsmodell als NG, MSR und CMHN nutzen; der Gegenstand seiner Tätigkeiten wird sich erheblich von dem der Tätigkeiten der Nürburgring-Gruppe unterscheiden. |
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(262) |
Angesichts dessen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass zwischen NG, MSR und CMHN und dem Erwerber der Vermögenswerte, Capricorn, oder seiner Betriebsgesellschaft keine wirtschaftliche Kontinuität vorliegt, so dass diese nicht für etwaige staatliche Beihilfen haften, die von den Begünstigten zurückgefordert werden müssen. |
6.1.7. Die Abhängigkeit des Vertragsvollzugs von einem Kommissionsbeschluss
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(263) |
Der von den Veräußerern und Capricorn geschlossene Kaufvertrag enthält eine Klausel, nach der die Veräußerung der Vermögenswerte des Nürburgrings erst vollzogen ist, sobald mit einem bestandskräftigen Kommissionsbeschluss festgestellt wird, dass die Beihilfe nicht vom Erwerber der Vermögenswerte zurückgefordert wird. Wie schon in Erwägungsgrund 56 ausgeführt, werden die veräußerten Vermögenswerte, sofern Anfang 2015 noch kein bestandskräftiger Kommissionsbeschluss vorliegt, vor dem 1. Januar 2015 an NewCo veräußert, an der der Erwerber 95,1 % und ein unabhängiger Treuhänder 4,9 % der Anteile halten werden. Der Treuhänder handelt im Interesse der Gläubiger und nicht der insolventen Beihilfeempfänger, ist aber nicht an Weisungen der Gläubiger gebunden. Ferner wird ein Betriebspachtvertrag zwischen NewCo und OpCo geschlossen, der mit Wirkung zum Vollzugstag endet. Die Geschäfte von OpCo werden unter ihrem Namen, auf der Grundlage ihres Geschäftsplans und mit Beschäftigten ihrer Wahl geführt. NewCo erhält von OpCo einen jährlichen Pachtzins von insgesamt [4,6-5,1] Mio. EUR, der in die Insolvenzmasse der Nürburgring-Unternehmen eingehen wird (alle Zahlungen zugunsten der Insolvenzmasse werden ausschließlich zwecks Auszahlung an die Gläubiger in die Treuhänderkonten der Insolvenzverwalter überwiesen). Sobald der Beschluss der Kommission bestandskräftig wird, überträgt der Treuhänder alle seine Anteile an NewCo an den Erwerber. Wenn der Erwerber jedoch seinen vertraglichen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt, kann der Treuhänder die Vermögenswerte veräußern. Sollte der Kommissionsbeschluss für nichtig erklärt werden, würden die Vermögenswerte wieder an die Insolvenzverwalter gehen, die diese dann unverzüglich verkaufen müssten, da die Liquidationspflicht nach deutschem Insolvenzrecht selbst in einem solchen Fall weiter besteht. Die Möglichkeit einer Weiterführung der Geschäfte der Nürburgring-Unternehmen durch NewCo besteht nicht. |
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(264) |
Die Kommission stellt fest, dass mit dieser Vorgehensweise:
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(265) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass die Angebote anderer Bieter, die die Endphase des Bietverfahrens erreichten oder fast erreichten, ähnliche Bedingungen enthielten (166). Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall eine Rückforderungsumgehung weder bezweckt wird noch droht und dass die in Rede stehende Vorgehensweise lediglich den Zweck einer geordneten Liquidation verfolgt. |
6.2. BESCHWERDEN ZUR VERÄUSSERUNG DER VERMÖGENSWERTE
6.2.1. Beschwerden der Beschwerdeführer 1 und 2
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(266) |
Ausgehend von den Angaben der Insolvenzverwalter und der Beschwerdeführer 1 bis 4 betrachtet die Kommission die von Beschwerdeführer 1 und Beschwerdeführer 2 vorgebrachten Beanstandungen nicht als gerechtfertigt. Die Vermögenswerte des Nürburgrings wurden in 11 Verwertungseinheiten aufgeteilt. Ausgehend von den Nachweisen, die von den Insolvenzverwaltern und den Beschwerdeführern 1 bis 4 vorgelegt wurden, ist die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass die Bieter in einem offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Auswahlverfahren Angebote für einen Vermögenswert, mehrere oder alle Vermögenswerte unterbreiten konnten. Auch wenn Capricorn als Bieter mit dem höchsten Angebot mit gesicherter Finanzierung letztendlich den Zuschlag für alle Vermögenswerte erhielt, ist dies an sich kein Beweis für eine wirtschaftliche Kontinuität (siehe auch Abschnitt 6.2.7). Die Kommission vermutet in diesem Zusammenhang, dass es den Beschwerdeführern 1 und 2 eher darum ging, die Übertragung der Rennstrecke an einen privaten Investor zu verhindern. |
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(267) |
Die Bieter, die wie Beschwerdeführer 2 nur für einzelne Verwertungseinheiten ein Angebot einreichten, wurden nicht über die Verlängerung der Frist für die Einreichung verbindlicher Angebote bis zum 17. Februar 2014 informiert, weil ihre indikativen Angebote aufgrund der niedrigen Angebotswerte nicht für die zweite Phase des Auswahlverfahrens in Betracht kamen. Nach Auffassung der Kommission ist dies jedoch kein Verstoß gegen den Transparenzgrundsatz, da diesen Bietern mitgeteilt wurde, sie könnten ihr indikatives Angebot jederzeit vor Erteilung des Zuschlags für den Vertrag erhöhen, und anzunehmen ist, dass die Insolvenzverwalter die Bieter in diesem Fall nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung über die Fristverlängerung informieren würden. |
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(268) |
Die Kommission erachtet es als vernünftig und effizient, dass nur die Bieter, deren Angebotswert hoch genug war, Zugang zu detaillierten Informationen über die Vermögenswerte erhielten (anhand denen sie u. a. den künftigen Investitionsbedarf bewerten konnten). Angesichts der in den verschiedenen Verfahrensphasen erteilten Informationen ist die Kommission zudem der Auffassung, dass den Bietern genügend Informationen für die Erstellung ihrer Angebote gegeben wurden. Außerdem haben die Beschwerdeführer 1 und 2 keine konkrete Information genannt, die sie an der Abgabe eines Angebots hindern würde. |
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(269) |
Bezüglich der angeblich aus den Unterlagen zum Bietverfahren hervorgehenden langfristigen Vertragsbeziehungen stellt die Kommission fest, dass in dem hier vorliegenden Fall der Übertragung von Vermögenswerten die Arbeits- und Mietverträge nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen übertragen werden, dass die Veranstaltungsverträge grundsätzlich nur weiterlaufen können, wenn beide Vertragsparteien zustimmen, und dass Veranstaltungsverträge für die Übertragung der Vermögenswerte nicht zwangsläufig große wirtschaftliche Bedeutung haben. Zur Frage, ob durch den Betrieb von NGB neue Beihilfen gewährt wurden, stellt die Kommission fest, dass NGB von den Insolvenzverwaltern nur als Vehikel bis Ende 2014 für den vorübergehenden Betrieb der Vermögenswerte während des Insolvenz- und des Bietverfahrens gegründet wurde. Die Wahrnehmung des operativen Geschäfts durch eine vorübergehend bestehende Tochtergesellschaft eines insolventen Unternehmens während des Insolvenzverfahrens ist nach deutschem Recht zulässig und kann den Insolvenzverwaltern nicht untersagt werden. Im vorliegenden Fall lieferten die Insolvenzverwalter auch eine wirtschaftliche Begründung für das Bestehen von NBG für NG, MSR und CMHN, da die Gründung von NBG nach Auffassung der Verwalter den Wert der Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN und damit des Gegenstands der Liquidation gesteigert hat. Gleichwohl nimmt die Kommission die Umstände der Gründung von NBG zur Kenntnis, d. h., dass NBG eine Tochtergesellschaft der Beihilfeempfänger NG, MSR und CMHN und, da sie deren sämtliche Aktiva und Passiva erhalten hat, deren Rechtsnachfolger ist, dass NBG diese Aktiva und Passiva unentgeltlich und nicht auf der Grundlage eines Bietverfahrens oder Wertgutachtens erhalten hat, genau dieselben Mitarbeiter beschäftigt und deren Geschäfte weiterführt. Daraus folgert die Kommission, dass zwischen NBG und den Beihilfeempfängern NG, MSR und CMHN eine wirtschaftliche Kontinuität besteht, weshalb mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen zugunsten von NG, MSR und CMHN ebenfalls von NGB zurückgefordert werden müssen. |
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(270) |
Die Kommission steht ferner auf dem Standpunkt, dass der Vertrag zwischen NBG und der Gewerkschaft ver.di geschlossen wurde, um das operative Geschäft von NBG bis zum Verkauf der Vermögenswerte fortzuführen, nicht aber um die wirtschaftliche Kontinuität des Nürburgrings nach der Veräußerung aufrechtzuerhalten. Die Arbeitsverträge gehen aufgrund des deutschen Arbeitsrechts und nicht aufgrund des Tarifvertrags von NBG auf Capricorn über. Da keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den Veräußerern und Capricorn besteht, ist nach Auffassung der Kommission nur relevant, dass Capricorn nach eigenem Ermessen entscheiden kann, welche Arbeitsverträge von NBG übernommen werden, und dass Capricorn beabsichtigt, rund 20 % dieser Verträge nicht zu übernehmen. |
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(271) |
Die Kommission weist daher die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 und 2 als ungerechtfertigt zurück, da die in Rede stehenden Vermögenswerte an den Bieter veräußert wurden, der im Rahmen eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahren das höchste Gebot einschließlich eines Finanzierungsnachweises vorlegte. |
6.2.2. Beschwerde des Beschwerdeführers 3
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(272) |
Die Kommission stellt fest, dass das indikative und das endgültige Angebot von Beschwerdeführer 3 keinen Nachweis seiner Finanzierungsfähigkeit beinhalteten. Dies wurde Beschwerdeführer 3 mit den Schreiben vom 17. Oktober 2013, vom 11., 17. und 18. Dezember 2013 und mit den E-Mails vom 18. Februar 2014 und 9. April 2014 von den Veräußerern mitgeteilt. Beschwerdeführer 3 hatte bis zur Erteilung des Zuschlags durch den Gläubigerausschuss am 11. März 2014 und auch danach keine Nachweise zur Finanzierung seines Angebots beigebracht, die gerechtfertigt hätten, dass die Veräußerer keinem der beiden Angebote mit nachgewiesener Finanzierung den Zuschlag erteilen, sondern auf die Vorlage des Finanzierungsnachweises für das Angebot von Beschwerdeführer 3 warten. In diesem Zusammenhang sei auf Folgendes hingewiesen: a) In seiner E-Mail vom 21. Februar 2014 erklärte Beschwerdeführer 3, er sei zuversichtlich, alle verbindlichen Finanzierungszusagen in den kommenden zwei bis fünf Wochen zu erhalten; b) in seinem Schreiben vom 11. März 2014 gab Beschwerdeführer 3 an, er würde alle verbindlichen Finanzierungszusagen bis zum 31. März 2014 vorlegen können; c) in einem nicht unterzeichneten Schreiben vom 31. März 2014 der […] (Investmentbank und Beratungsunternehmen), das Beschwerdeführer 3 am 2. April 2014 KPMG vorlegte, heißt es, dass ein potenzieller Investor […] Mio. EUR zur Finanzierung des Erwerbs des Nürburgrings für Beschwerdeführer 3 bereitstellen werde. Diese angebliche Finanzierung stand allerdings u. a. unter dem Vorbehalt eines alle Parteien zufriedenstellenden Abschlusses der Due Diligence sowie der Erstellung und Übermittlung von endgültigen Unterlagen; der potenzielle Erwerber wurde nicht genannt. Daher hält die Kommission fest, dass Beschwerdeführer 3 sogar nach dem Capricorn erteilten Zuschlag für die Nürburgring-Vermögenswerte den Veräußerern keine Finanzierungszusage eines spezifischen Finanzierungspartners für den Erwerb des Nürburgrings aus erster Hand vorlegte. Stattdessen übermittelte Beschwerdeführer 3 den Veräußerern lediglich: a) ein endgültiges Angebot, das auf eine Finanzierungszusage für 30 Mio. EUR Bezug nahm, aber keinen Nachweis für diese Zusage (z. B. in Form eines verbindlichen Bestätigungsschreibens des betreffenden Finanzierungspartners) und keine näheren Angaben darüber enthielt, wann Beschwerdeführer 3 mit den ausstehenden Finanzierungszusagen rechnete und wann er die Geschäftsbedingungen des Angebots endgültig festlegen werde; b) ein nicht unterzeichnetes Schreiben, in dem auf die Finanzierung eines nicht genannten Investors Bezug genommen wurde, die jedoch von dem zufriedenstellenden Abschluss der Due Diligence sowie der Übermittlung von endgültigen Unterlagen abhing (Schreiben der […] vom 31. März 2014). Nach Auffassung der Kommission ist nicht nachgewiesen, dass die angebliche Finanzierungszusage der Jupiter Financial Group vom 26. März 2014 den Veräußerern jemals übermittelt wurde. Die Kommission stellt ferner fest, dass die Veräußerer die Frist für die Vorlage des Finanzierungsnachweises von Beschwerdeführer 3 nicht verlängerten, weil viel dafür sprach, dass [Bieter 2] im Falle einer Fristverlängerung sein Angebot zurückziehen würde. [BIETER 2] hatte z. B. mit einer E-Mail des [Bieter 2]-Vertreters an KPMG vom 13. Januar 2014 erklärt, dass alle Veräußerungsvoraussetzungen vor dem 3. April 2014 vorliegen müssten, da [Bieter 2] sonst sein Angebot zurückziehen würde. Zudem berücksichtigten die Veräußerer, dass der Wert der Vermögenswerte später auch sinken konnte, da der Einfluss des Erwerbers auf das Geschäft in der Saison 2014 abnehme und der Abschluss der Verträge für 2015 anlaufen müsse. Die Kommission weist darauf hin, dass Beschwerdeführer 3 nicht an der Vorlage des Finanzierungsnachweises für sein bestätigendes Angebot in der Endphase des Veräußerungsprozesses gehindert war, solange kein endgültiger Kaufvertrag unterzeichnet war. Daher entspricht nach Auffassung der Kommission das Verhalten der Veräußerer dem eines marktwirtschaftlich handelnden Veräußerers. Die Bewertung des Angebots von Beschwerdeführer 3 ist daher marktkonform. |
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(273) |
Gleichzeitig stellt die Kommission fest, dass die Veräußerer Gespräche mit [Bieter 2] und in der Endphase der Verkaufsverhandlungen mit [Bieter 2] und Capricorn führten, da [Bieter 2] ein Angebot in Höhe von 35 Mio. EUR vorgelegt hatte (siehe Tabelle 10) und bestätigte Verhandlungen zwischen Capricorn und der […] in der Finanzierungszusage der Bank vom 10. März 2014 resultierten. Bezüglich der Bewertung des Angebots von Capricorn stellt die Kommission fest, dass Capricorn eine Finanzierungszusage ihres Finanzierungspartners […] für ein Darlehen von 45 Mio. EUR vorlegte. Diese Zusage vom 10. März 2014 wurde den Veräußerern am 11. März 2014 vorgelegt, d. h. am Tag der Sitzung des Gläubigerausschusses, in der dieser über den Zuschlag für den Nürburgring entscheiden wollte. Capricorn legte eine Zusage für eine höhere Finanzierung als [Bieter 2] vor, da die Finanzierungszusage für [Bieter 2] für einen Betrag von [32-39] Mio. EUR galt. Ferner nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass das Gesamtangebot von Capricorn in Höhe von 77 Mio. EUR über dem Angebot von [Bieter 2] in Höhe von [47-52] Mio. EUR lag. Für das Gesamtangebot von [Bieter 2] sollten [30-33] Mio. EUR 2014 gezahlt werden, wovon allerdings [22-27] Mio. EUR bis März 2015 auf einem Sperrkonto bleiben sollten; die restlichen [16,5-18] Mio. EUR sollten in den Jahren 2016, 2017 und 2018 gezahlt werden. |
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(274) |
Bezüglich der Vollzugsbedingung des zwischen den Veräußerern und Capricorn geschlossenen Kaufvertrags, nach der die Veräußerung der Vermögenswerte des Nürburgrings erst bei Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses vollzogen ist, in dem festgestellt wird, dass die Beihilfe nicht vom Erwerber der Vermögenswerte zurückgefordert wird, stellt die Kommission fest, dass nach den Bestimmungen in den relevanten Teilen der von den Insolvenzverwaltern und Deutschland vorgelegten Mark-ups von Beschwerdeführer 3 der Erwerber und der Veräußerer von dem Vertrag zurücktreten konnten, wenn bis zum 15. Juli 2014 (nach dem Vertragsentwurf vom 14. Januar 2014) bzw. bis zum 31. Dezember 2014 (nach dem Vertragsentwurf vom 14. Februar 2014) kein Positivbeschluss der Kommission erlassen worden wäre. Dieses Rücktrittsrecht war nicht befristet. |
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(275) |
Zu den weiteren Behauptungen des Beschwerdeführers 3 stellt die Kommission Folgendes fest:
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(276) |
Die Kommission weist daher die Beschwerde des Beschwerdeführers 3 als ungerechtfertigt zurück, da die in Rede stehenden Vermögenswerte an den Bieter veräußert wurden, der im Rahmen eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens das höchste Gebot einschließlich eines Finanzierungsnachweises vorgelegt hat. |
6.2.3. Beschwerde des Beschwerdeführers 4
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(277) |
Nach dem Vergleich in Tabelle 10 werden durch das Angebot von Capricorn bei der Veräußerung höhere Einnahmen als durch das Angebot von [Bieter 2] erzielt. |
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(278) |
Zu den Behauptungen des Beschwerdeführers 4 stellt die Kommission Folgendes fest:
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(279) |
Die Kommission hat daher keinen Nachweis für eine Diskriminierung von [Bieter 2] im Bietverfahren gefunden. Der Vorwurf, [Bieter 2] sei schlechter als andere Bieter einschließlich Capricorn behandelt worden, ist daher nicht gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass [Bieter 2] ein bestätigendes Angebot abgab, den Vertrag aushandelte und als zweitbester Bieter mit gesicherter Finanzierung den finalisierten Vertragsentwurf unterzeichnen durfte. Bezüglich des Kriteriums eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses ist darauf hinzuweisen, dass die von [Bieter 2] bereitgestellten Mittel mit Ausnahme einer Tranche von [7,1-7,6] Mio. EUR auf einem Sperrkonto verbleiben und entweder bei Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses oder wenn der Erwerber auch bei Nichtvorliegen eines bestandskräftigen Beschlusses nicht vom Vertrag zurücktreten würde (wobei eine Verlängerung der Rücktrittsfrist nicht ausgeschlossen war), bis zum 31. März 2015 den Veräußerern überwiesen werden sollte. |
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(280) |
Die Kommission weist daher die Beschwerde des Beschwerdeführers 4 als ungerechtfertigt zurück, da die in Rede stehenden Vermögenswerte an den Bieter veräußert wurden, der im Rahmen eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens das höchste Gebot einschließlich eines Finanzierungsnachweises vorgelegt hat. |
6.2.4. Schlussfolgerung
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(281) |
Aus den dargelegten Gründen und auf der Grundlage der verfügbaren Informationen hat die Kommission keinen Nachweis für einen Verstoß gegen den Grundsatz eines offenen, transparenten, diskriminierungs- und bedingungsfreien Bietverfahrens für die Veräußerung der Vermögenswerte von NG, MSR und CMHN oder für ein über dem Preisangebot von Capricorn liegendes Gebot mit gesicherter Finanzierung gefunden. |
7. SCHLUSSFOLGERUNG
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(282) |
Die Kommission stellt fest, dass ein Teil der Maßnahme 2 (Darlehen für die FSZ) sowie die Maßnahmen 8, 11 und 15 keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 darstellen. |
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(283) |
Die Kommission stellt fest, dass Deutschland Maßnahme 1, einen Teil der Maßnahme 2 (Darlehen von NG für EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, BWN1, BWNB und BWN2) sowie die Maßnahmen 3 bis 7, 9 und 10, 12 bis 14 und 16 bis 19 rechtswidrig durchgeführt und damit gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen hat. |
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(284) |
Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass Maßnahme 1, ein Teil der Maßnahme 2 (Darlehen von NG für EWN, MAN, TTI, Camp4Fun, BWN1, BWNB und BWN2) sowie die Maßnahmen 3 bis 7, 9 und 10, 12 bis 14 und 16 bis 19 zugunsten von Nürburgring GmbH, Motorsport Resort Nürburgring GmbH, Congress- und Motorsport Hotel Nürburgring GmbH, Cash Settlement and Ticketing GmbH, Nürburgring Automotive GmbH, Erlebnispark Nürburgring GmbH & Co. KG, Motorsport Akademie Nürburgring GmbH & Co. KG, Test & Training International GmbH, Bike World Nürburgring GmbH, BikeWorld Nürburgring Besitz GmbH, BikeWorld Nürburgring GmbH, Camp 4 Fun GmbH & Co. KG, IPC Gesellschaft für internationale Projektcoordination mbH bzw. MI-Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 darstellten und mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind, da die einschlägigen Voraussetzungen der Leitlinien für die Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen nicht erfüllt sind und keine andere Grundlage für ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt festgestellt wurde. |
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(285) |
Die Kommission kommt ferner zu der folgenden Schlussforderung:
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HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die folgenden von Deutschland durchgeführten Maßnahmen stellen keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar:
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Teil der Maßnahme 2
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Maßnahme 8
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Maßnahme 11
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Maßnahme 15
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Artikel 2
Die folgenden staatlichen Beihilfen, die von Deutschland in Form der nachstehend aufgeführten Maßnahmen unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union rechtswidrig durchgeführt wurden, sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar:
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Maßnahme 1
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Teil der Maßnahme 2
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Maßnahme 3
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Maßnahme 4
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Teil der Maßnahme 5
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Maßnahme 6
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Maßnahme 7
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Maßnahme 9
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Maßnahme 10
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Maßnahme 12
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Maßnahme 13
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Maßnahme 14
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Maßnahme 16
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Maßnahme 17
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Maßnahme 18
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Maßnahme 19
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Artikel 3
(1) Deutschland fordert die im Rahmen der in Artikel 2 genannten Maßnahmen gewährte und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von den Begünstigten zurück einschließlich von der Nürburgring Betriebsgesellschaft mbH als wirtschaftlicher Nachfolgerin der Nürburgring GmbH, der Motorsport Resort Nürburgring GmbH und der Congress- und Motorsport Hotel Nürburgring GmbH.
(2) Der Erwerber der nach dem Bietverfahren veräußerten Vermögenswerte, capricorn NÜRBURGRING Besitzgesellschaft GmbH, und seine Tochtergesellschaften sind nicht von einer etwaigen Rückforderung unvereinbarer staatlicher Beihilfen betroffen.
(3) Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe den Begünstigten zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden. Deutschland teilt die in diesem Beschluss nicht genannten genauen Zeitpunkte mit, zu denen die Beihilfen vom Land gewährt wurden.
(4) Die Zinsen werden im Einklang mit Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (168) der Kommission 167 und mit der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (169) nach der Zinseszinsformel berechnet.
(5) Deutschland stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 2 genannte Beihilfe ein.
Artikel 4
(1) Die in Artikel 2 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.
(2) Deutschland stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.
Artikel 5
(1) Deutschland übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:
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a) |
Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der von jedem Begünstigten zurückzufordern ist; |
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b) |
ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. geplant sind, um diesem Beschluss nachzukommen; |
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c) |
Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an die Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist. |
(2) Deutschland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Deutschland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. geplant sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Deutschland ausführliche Angaben über die vom Begünstigten bereits zurückgezahlten Beihilfebeträge und Zinsen.
Artikel 6
Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.
Brüssel, den 1. Oktober 2014
Für die Kommission
Joaquín ALMUNIA
Vizepräsident
(1) Beihilfesache SA.31550 (2012/C) (ABl. C 216 vom 21.7.2012, S. 14), und Beihilfesache SA.34890 (2012/C) (ABl. C 333 vom 30.10.2012, S. 1).
(2) Mit Beschluss vom 20. Juni 2012 übermittelte die Kommission Deutschland eine Berichtigung des Beschlusses vom 21. März 2012.
(3) ABl. C 216 vom 21.7.2012, S. 14.
(4) Am 22. August 2012 wurde die Sache SA.34890 (2012/C), eingeleitet durch den Beschluss vom 7. August 2012 über die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens, administrativ mit der Sache SA.31550 (2012/C) zusammengefasst.
(5) ABl. C 333 vom 30.10.2012, S. 1.
(6) Grundlage dafür war der Vergleichsvertrag zwischen NG, NAG und NBG vom 27. November 2012.
(7) Insbesondere wiesen die Dienststellen der Kommission darauf hin, dass 1) im Fall des Ausschlusses der Rennstrecke vom Bietverfahren das Vorliegen weiterer staatlicher Beihilfen zugunsten des Erwerbers und eine Übertragung „alter“ Beihilfen nicht ausgeschlossen werden könnten; 2) die Zugänglichkeit der Rennstrecke für die Öffentlichkeit — mit Ausnahme der Nutzung der Rennstrecke des Nürburgrings für kommerzielle Zwecke wie Testfahrten der Automobilindustrie — unter bestimmten Voraussetzungen als neutrales Element im anhängigen Beihilfeverfahren angesehen werden könnte; 3) im Hinblick auf eine Beschäftigungsgarantie für die Arbeitnehmer bis Ende 2016 der Beschluss der Kommission in der Beihilfesache SERNAM (Beschluss der Kommission vom 4. April 2012, SA.34547 — Frankreich — Reprise des actifs du groupe SERNAM dans le cadre de son redressement judiciaire) berücksichtigt werden sollte; 4) die Veräußerung nicht a priori zu einer Übertragung möglicherweise zurückzufordernder staatlicher Beihilfe von den Eigentümern des Vermögens auf den/die etwaigen Erwerber des Vermögens führen sollte.
(8) Nach der Kündigung des Pachtvertrags zwischen NG und NAG im Februar 2012 gab Beschwerdeführer 1, einer der beiden ersten Beschwerdeführer, seine negative Haltung zur staatlichen Beihilfe für die Rennstrecke auf und erklärte, dass die 2012 als Rettungsbeihilfe angemeldeten Maßnahmen genehmigt werden sollten, dass die Rennstrecke an sich keine Beihilfen erhalten habe und daher aus dem Prüfverfahren ausgenommen werden sollte und dass es sich beim Betrieb des Nürburgrings um Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) handele.
(9) „Land Rheinland-Pfalz“.
(10) Unternehmenszweck der NG ist die Förderung des Automobilsektors und des Motorsports sowie die Förderung des Tourismus in der Region Eifel. Die NG gehört zu 90 % dem Land und zu 10 % dem Landkreis Ahrweiler. Das Land und der Landkreis Ahrweiler sind als Gesellschafter der NG im NG-Aufsichtsrat vertreten.
(11) Eine Beschreibung des Nürburgring-Komplexes findet sich in Abschnitt 2.1 des Beschlusses vom 21. März 2012.
(12) Unternehmenszweck der MSR ist die Projektentwicklung und die Errichtung von Immobilien, Ferienanlagen, Hotels und Resorts sowie die Beteiligung an Unternehmen, die mit der Projektentwicklung am Nürburgring in Verbindung stehen. Seit dem 25. März 2010 steht die MSR zu 93,3 % im Eigentum der NG und zu 6,7 % im Eigentum der RIM. Vor dem 25. März 2010 waren Mediinvest GmbH (49,5 %), Geisler & Trimmel General Contractor GmbH (33,8 %), NG (10 %) und Weber Projektierungs- und Realisierungs GmbH (6,7 %) Gesellschafter der MSR.
(13) Unternehmenszweck der CMHN ist die Errichtung und der Betrieb von Hotels, Ferienimmobilien und Resorts. Die CMHN ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der MSR.
(14) Unternehmenszweck der NAG ist der Betrieb der Rennstrecken des Nürburgrings, der Hotels, des Fahrsicherheitszentrums, der Rennfahrschule, der Multifunktionshallen, des ringowerks sowie aller weiteren Destinationen des Nürburgrings. Gesellschafter der NAG sind zu jeweils 50 % die Mediinvest GmbH und die Lindner Unternehmensgruppe GmbH & Co Hotel KG.
(15) Die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe wurden auf der Grundlage eines Vertrags mit der NAG von der Lindner Hotels AG betrieben.
(16) Die Abwicklung von IPC wurde 4. Dezember 2008 in das Handelsregister eingetragen. Der Abschluss der Abwicklung wurde dem Handelsregister bislang nicht mitgeteilt.
(17) Weber führte den Bau der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe aus. Am 23. November 2010 wurde die Abwicklung von Weber eingeleitet.
(18) Unternehmenszweck der CST war das Betreiben eines bargeldlosen Bezahlsystems, bei dem die Kunden für ihren Besuch aller Attraktionen des Nürburgring-Komplexes mit einer Karte (ringocard) bezahlen. Gesellschafter der CST waren bis zum 1. November 2012 zu jeweils 50 % die NG und die MIB. Am 19. Dezember 2012 begann die NG als 100 %ige Eigentümerin mit der Abwicklung. Die Vermögenswerte wurden auf die NG übertragen. Nach Angaben Deutschland wurde das Unternehmen am 22. Mai 2014 aus dem Handelsregister gelöscht.
(19) Unternehmenszweck der Mediinvest ist die Vermittlung des Abschlusses von Grundstücks- und Gebäudeverträgen, Projektentwicklung sowie die Errichtung von Immobilien, Ferienanlagen und Resorts. Mediinvest steht zu 100 % im Eigentum von Herrn Kai Richter. Am 18. Juni 2013 wurde Mediinvest in Return Projektmanagement GmbH umbenannt.
(20) Geisler & Trimmel führte den Bau der Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe aus.
(21) Unternehmenszweck der FSZ ist die Errichtung, das Eigentum und der Betrieb eines Fahrsicherheitszentrums. Sie stand zu 41 % im Eigentum der NG. Im Oktober 2013 beendeten die Mehrheitseigner die Beteiligung an der NG.
(22) Unternehmenszweck der EWN war der Betrieb der „Erlebniswelt“ mit motorsportlich orientierten Attraktionen am Nürburgring. Am 31. März 2011 wurde die Gesellschaft umfirmiert in ringowerk GmbH & Co. KG; alleinige Gesellschafterin war bis zum 24. August 2011 die NG — zu diesem Zeitpunkt ging das Vermögen an der EWN auf die NG über, wodurch das Erlöschen der Gesellschaft ohne förmliche Abwicklung in das Handelsregister eingetragen wurde.
(23) Unternehmenszweck der MAN war die Förderung des deutschen Motorsports durch Betrieb einer Schulungseinrichtung. Alleinige Eigentümerin war die NG. Das Unternehmen wurde abgewickelt und am 11. Dezember 2013 aus dem Handelsregister gelöscht. Das gesamte Vermögen wurde auf die NG übertragen.
(24) Unternehmenszweck der TTI war die Förderung, die Lancierung, die Errichtung und der Betrieb von Fahrsicherheitszentren. Die NG hielt 26 % des Unternehmens, während die verbleibenden 74 % im Eigentum von Brands Hatch Leisure Group Limited, Fawkham Longfield, Kent/Vereinigtes Königreich (26 %), Test & Training Gesellschaft mbH, Teesdorf/Österreich (26 %) und Tilke GmbH, Aachen (22 %) standen. Das Unternehmen wurde abgewickelt. Am 4. Dezember 2007 wurde das Unternehmen aus dem Handelsregister gelöscht.
(25) Unternehmenszweck der BWN war der Handel mit neuen und gebrauchten Motorrädern sowie die Förderung des Motorradtourismus in der Eifel. Mit Wirkung zum 6. September 2005 schloss sich die Bike World Nürburgring GmbH („BWN“) mit der BikeWorld Nürburgring Besitz GmbH („BWNB“) zusammen. Das Käuferunternehmen BWNB wurde anschließend in BikeWorld Nürburgring GmbH („BWN2“) umbenannt. Am 15. Mai 2007 veräußerte die NG ihren 49 %igen Anteil an letzterem Unternehmen an Herrn Norbert Brückner und Herrn Jörg Jovy und verzichtete auf die Rückzahlung ihrer Darlehen. Die BWN2 stellte ihre Geschäftstätigkeit am Nürburgring im Jahr 2008 ein. Nach Angaben Deutschlands wurde BWN2 in BikeWorld GmbH umbenannt, und der Sitz des Unternehmens wurde nach St. Ingbert im Saarland verlegt.
(26) Unternehmenszweck von Camp4Fun war der Betrieb eines Offroad-Parks. Bis zum 18. Oktober 2010 war die NG alleinige Kommanditistin der Gesellschaft, danach ging ihr Vermögen auf die NG über und das Erlöschen der Gesellschaft ohne förmliche Liquidation wurde in das deutsche Handelsregister eingetragen.
(27) Unternehmenszweck der MIB war die Beteiligung an anderen Unternehmen und die Übernahme von deren Geschäftsführung. Die MIB stand zu 80 % im Eigentum von Herrn Kai Richter und zu 20 % im Eigentum von Herrn Klaus König. Am 18. Juni 2013 erfolgte der Zusammenschluss zwischen MIB und NAG.
(28) Eine ausführlichere Beschreibung der Teilbereiche I und II des Nürburgring-Projekts findet sich in Abschnitt 2.2 des Beschlusses vom 21. März 2012.
(29) Kapitalrücklagen sind Zuzahlungen von Gesellschaftern in das Eigenkapital, die nicht gezeichnetes Kapital sind. Der Begriff wird in Bilanzen häufig als Teil des Eigenkapitals einer Aktiengesellschaft geführt. Die Kapitalrücklage dient zur Berücksichtigung des Teils des Eigenkapitals, der bei einer Kapitalerhöhung den Nennwert der Aktien (Stammaktien) übersteigt. Die ausgegebenen und eingezahlten Stammaktien plus der Kapitalrücklage zusammengenommen ergeben den Gesamtbetrag, der von den Anlegern bei der Ausgabe für die Aktien bezahlt wurde.
(30) Einstellung von 2 179 000 EUR in die Kapitalrücklage durch einen Verzicht auf 1999 fällige Zinsen für ein 1981 vom Land übernommenes Darlehen der Bundesrepublik Deutschland („Altdarlehen Bund“).
(31) Einstellung von 22 839 241 EUR in die Kapitalrücklage durch einen Forderungsverzicht hinsichtlich eines 1981 vom Land übernommenen Darlehens der Bundesrepublik Deutschland („Altdarlehen Bund“).
(32) Der Betrag von 4 887 000 EUR setzt sich zusammen aus einem Beitrag des Landes durch Forderungsverzicht hinsichtlich eines 1981 vom Land übernommenen Darlehens der Bundesrepublik Deutschland („Altdarlehen Bund“) in Höhe von 4 398 300 EUR und einem Beitrag des Landkreises Ahrweiler durch Liquiditätszufuhr in Höhe von 488 700 EUR.
(*1) Seit 2002 wurden die Darlehen für EWN in Höhe von 722 264,49 EUR zurückgezahlt.
(*2) Seit 2002 wurden die Darlehen für FSZ bis auf einen Betrag von […] EUR zurückgezahlt, der im Rahmen einer Ausgleichszahlung von […] EUR in Verbindung mit dem Ausschluss der NG aus der Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring Verwaltungs GmbH und der Beendigung der Beteiligung der NG an der FSZ ausgeglichen wurde.
(*3) MAN zahlte das Darlehen am 28. November 2005 in voller Höhe zurück.
(*4) Camp4Fun zahlte das Darlehen am 18. Dezember 2003 in voller Höhe zurück.
(*5) […]: Die Angaben in Klammern unterliegen der Geheimhaltung.
(33) Im Rahmen des Projekts „Nürburgring 2009“ hat das Land der ISB folgende Beträge zur Verfügung gestellt: 285 265 000 EUR am 30. Juli 2010, 5 Mio. EUR am 30. September 2010, 5 Mio. EUR am 31. Dezember 2010, 5 Mio. EUR am 31. März 2011, 5 Mio. EUR am 31. Mai 2011 und 10 Mio. EUR am 31. Juli 2011. Insgesamt verwendete die ISB in der Zeit vom 31. Juli 2010 bis zum 31. Oktober 2011 einen Betrag in Höhe von 315 265 000 EUR aus dem Liquiditätspool des Landes für die Refinanzierung ihres NG, MSR und CMHN gewährten Darlehens über 325 265 000 EUR (Maßnahme 8). Bis zur vollen Rückzahlung der Darlehen im November 2011 wurde der Zinssatz täglich festgesetzt. Die Zinsen beliefen sich auf insgesamt 2 326 680 EUR und wurden jeweils am Ende des folgenden Monats fristgerecht gezahlt.
(34) Das Projekt „Nürburgring 2009“ besteht aus den Teilbereichen I und II: Teilbereich I umfasst Tribüne, welcomeocenter, ringoarena (für bis zu 5 100 Besucher) und Erschließungsmaßnahmen, ringoboulevard (Shopping Mall mit der größten Multitouch-Video-Wand der Welt), WARSTEINER Eventcenter (für bis zu 1 500 Besucher), Autowelten (Ausstellungs- und Verkaufsflächen für Automobilhersteller), ringowerk (Indoor-Attraktionen wie ein Multi-MEDIA-Theater, eine historische Ausstellung, interaktive Anwendungen und ringoracer, die schnellste Achterbahn der Welt) sowie die ringokartbahn (eine Indoor-Kartbahn). Teilbereich II besteht aus zwei Hotels (einschließlich eines Spielkasinos), 100 Ferienhäusern, fünf Restaurants, einer Diskothek und einem Merchandising-Shop.
(35) Zu den Problemen bei der Verwaltung und Finanzierung des Liquiditätspools siehe Jahresbericht 2011 des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz, Teil II, S. 7-15, abrufbar unter http://www.rechnungshof-rlp.de/Jahresberichte/.
(36) Die Darlehen aus dem Liquiditätspool wurden vollständig zurückgezahlt (vgl. Tabelle 6). Die Zinsen in Höhe von insgesamt 5 059 174,46 EUR wurden gezahlt.
(*6) Die Zahlungen basierten auf einer am 20. Februar 2003 zwischen dem Land und der NG geschlossenen vertraglichen Vereinbarung zum Liquiditätspool. Die Zinsen für das entsprechende Darlehen beruhten auf dem täglichen Zinssatz, den das Land auf dem Markt erhielt. Die Zinsen wurden für jeden Tag einzeln berechnet (jeweiliger Zinssatz/360).
(37) Am 31. Dezember 2010 wurde ein Betrag von 3 589 297,04 EUR zurückgezahlt. Zu den Problemen bei Geschäftsführung und Finanzierung der CST siehe Jahresbericht 2011 des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz, Teil II, S. 16-21, abrufbar unter http://www.rechnungshof-rlp.de/Jahresberichte/.
(38) Das Darlehen war am 22. Januar 2009 voll zurückgezahlt; es wurden Zinsen in Höhe von 48 500 EUR gezahlt. Deutschland erklärte jedoch, dass das Darlehen von Geisler & Trimmel an die NG zurückgezahlt wurde, nicht von der MSR an die PNG und von der PNG an die NG.
(39) 1 450 000 EUR zuzüglich 26 830,88 EUR Zinsen.
(40) Im Jahr 2010 rechnete die NG das Darlehen mit ihren Verbindlichkeiten gegenüber der CST in Höhe von 1 439 297,04 EUR auf. Die verbleibenden Verbindlichkeiten der CST gegenüber der NG in Höhe von 37 533,84 EUR wurden im Rahmen der Abwicklung der CST und der Übertragung ihres Vermögens auf die NG abgebaut.
(41) Am 25. Mai 2008 gewährte die Bank für Tirol und Vorarlberg AG der CMHN ein Darlehen über […] EUR.
(42) Am 18. Januar 2010 gewährte die Kreissparkasse Ahrweiler der MSR ein Darlehen über […] EUR.
(43) Nach Maßgabe des ihr vom Land erteilten Kreditauftrags führte die ISB nicht die üblichen Kreditprüfungshandlungen durch.
(44) In Bezug auf Tranche 2 hat die NG einen Betrag von 4 735 000 Mio. EUR des in Höhe von 118 325 800 EUR aufgenommenen Darlehens nicht in Anspruch genommen, so dass das Land der NG einen Betrag von 113 590 800 EUR zahlte; in diesem Zusammenhang zahlte die NG eine Vergütung von 141 835,54 EUR an die ISB.
(45) Zum durchschnittlichen EONIA-Satz zum 28. Juli 2010 siehe www.global-rates.com/interest-rates/eonia/2010.aspx.
(46) Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des betreffenden Betriebspachtvertrags war die Nürburgring GmbH Alleinaktionärin der Nürburgring Adventure GmbH. Am 25. Oktober 2010 fusionierte die Nürburgring Adventure GmbH mit der NG.
(47) Mit der einseitigen Option für die NAG, den Pachtvertrag zweimal um 5 Jahre zu verlängern.
(48) Als der Betriebspachtvertrag am 25. März 2010 unterzeichnet wurde, lautete der Firmenname der NAG noch GrundKapital Management GmbH.
(49) Der Pachtvertrag sieht Folgendes vor: a) einen Mindestpachtzins und b) einen Pachtzins in Abhängigkeit vom Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibung und Amortisation (EBITDA) des Pächters (EBITDA-Pachtzins): vom 1. Mai 2010 bis 30. April 2011 90 % des EBITDA des Pächters, vom 1. Mai 2011 bis 30. April 2012 90 % des EBITDA des Pächters, mindestens jedoch 5 Mio. EUR, vom 1. Mai 2012 bis 30. April 2013: sofern Baumängel bis zum 30. April 2012 beseitigt worden sind: 85 % des EBITDA des Pächters, mindestens jedoch 11,5 Mio. EUR, andernfalls 90 % des EBITDA des Pächters, mindestens jedoch 10 Mio. EUR, und ab dem 1. Mai 2013 jährlich 85 % des EBITDA des Pächters, mindestens jedoch 15 Mio. EUR. Eine kritische Würdigung der Höhe des Pachtzinses findet sich im Jahresbericht 2012 des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz, S. 98-102, abrufbar unter www.rechnungshof-rlp.de/Jahresberichte.
(50) Pachtzins von […] EUR zzgl. […] EUR auf der Grundlage des Vergleichsvertrags.
(51) Die Darlehen in Form der stillen Beteiligungen wurden am 30. Juli 2010 in vollem Umfang an die RIM zurückgezahlt. Insgesamt zahlte die Mediinvest Zinsen in Höhe von […] EUR an die RIM. Deutschland präzisierte nicht, ob die MSR die ihr von Mediinvest gewährten Darlehen zurückgezahlt hat.
(52) Nach Angaben des Rechnungshofs des Landes beläuft sich der Zinsvorteil der Mediinvest durch die erhöhten Zinssätze auf insgesamt […] EUR (Gutachtliche Äußerung des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz vom 15. Juni 2010, Teil II, S. 20).
(53) Die Garantie in Höhe von bis zu 50 Mio. EUR vom 28. August 2008 wurde am 17. Dezember 2008 auf 80 Mio. EUR und in der Folge am 26. Mai 2009 auf 140 Mio. EUR aufgestockt.
(54) Erklärter Zweck der Darlehen vom 28. Dezember 2010 und 26. April 2011 war — wie aus dem Bericht von Ernst & Young vom 9. September 2010 hervorgeht — der Ausgleich des negativen Cashflow aus der mittelfristigen Planung der NG für den Zeitraum 2010-2030.
(55) Die NG hält demnach gegenwärtig 93,3 % und die RIM 6,7 % der Anteile an der MSR. Die Veräußerer wurden durch den Veräußerungsvertrag nicht ihrer Haftung enthoben, und weder NG noch RIM haben finanzielle Verpflichtungen übernommen.
(56) Eine kritische Würdigung der Höhe des Ausgleichs findet sich im Jahresbericht 2012 des Rechnungshofs des Landes Rheinland-Pfalz, S. 103-107, abrufbar unter www.rechnungshof-rlp.de/Jahresberichte.
(57) Der vertraglich vereinbarte Ausgleich, den die NAG erhielt, beinhaltete einen pauschalen Erstattungsbetrag von […] EUR für die verkauften Eintrittskarten, […] % der Erlöse aus dem Verkauf derjenigen Eintrittskarten, die nach den ersten […] Karten verkauft wurden, sowie den Erlös von […] verkauften Eintrittskarten im Jahr 2011 und von […] verkauften Eintrittskarten in den darauf folgenden Jahren. Für die Durchführung der Formel-1-Veranstaltung im Jahr 2011 betrug das Mindestentgelt grundsätzlich […] EUR; sofern der Erlös aus dem Verkauf von Eintrittskarten unter […] EUR lag, verringerte sich die Höhe des Ausgleichs um […] EUR je […] EUR, die der Erlös unter […] EUR zurückblieb (Beispiel: Bei einem Erlös aus dem Verkauf von Eintrittskarten in Höhe von […] EUR betrug der Ausgleich […] EUR). Allerdings wurde eine Mindesthöhe des Ausgleichs von […] EUR vereinbart. Die an die Organisatoren und Fahrer der Formel-1-Rennen zu entrichtenden Gebühren sowie die Leistungen für die Instandhaltung der Strecke für die Grade-1-Lizenzierung der Féderation Internationale de l'Automobile („FIA“) wurden in voller Höhe von der NG getragen und waren von der Leistungspflicht der NAG ausgenommen.
(58) Prozessbrief vom 19. Juli 2013, „Project RING — information and procedures for the submission of an indicative offer“, S. 3, Abschnitt „Indicative Offer“.
(59) Prozessbrief vom 12.September 2013, „Project RING — Project RING — Extension of the timeline for the submission of indicative offers“, S. 1, Abschnitt „Extension of the Deadline for the Indicative Offers“.
(60) Prozessbrief vom 17. Dezember 2013, „Project RING — Extension of the timeline for the submission of final offers“, S. 1, Abschnitt „Extension of the timeline for the final offers“.
(61) 1A. Grand Prix-Strecke, 1B. Nordschleife, 2. 4-Sterne Hotel, 3. Eifeldorf „Grüne Hölle“ mit 3-Sterne Hotel, 4. Ferienpark Drees, 5. Erbbaugrundstück Dorint, 6. Offroad Park, 7. Personalhaus Adenau, 8. Wohngebäude Balkhausen, 9. Haus Licht, 10. Sonstige Grünflächen.
(62) Abschnitt „Veräußerung der Vermögenswerte des Nürburgrings“ der Aufforderung zur Abgabe einer Interessenbekundung.
(63) Prozessbrief vom 19. Juli 2013, „Project RING — information and procedures for the submission of an indicative offer“, S. 1, Abschnitt „Indicative Offer“.
(64) Die Auswahlkriterien sind auf Seite 4 des Prozessbriefs vom 19. Juli 2013, „Project RING — information and procedures for the submission of an indicative offer“, und auf Seite 6 des Prozessbriefs vom 17. Oktober 2013, „Project RING — procedures for the submission of a final offer“, dargelegt.
(65) 9 Angebote bezogen sich auf alle Verwertungseinheiten, 3 Angebote betrafen die Rennstrecke und 11 Angebote andere Verwertungseinheiten oder einzelne Vermögenswerte.
(66) Das Gesamtangebot mit dem höchsten Preis wurde mit 100 % bewertet. Insgesamt wurden 6 indikative Gesamtangebote abgegeben, die mehr als 25 % des Bestgebots boten. Die Gesamtangebote, die 25 % des Bestgebots nicht erreichten, fanden wegen der Kaufpreishöhe zunächst keine weitere Berücksichtigung. Das Gleiche galt für die Rennstreckenangebote, die zusammen mit den Einzelangeboten für die übrigen Vermögenswerte insgesamt die 25 % des Bestgebots nicht erreichten. Da fünf der sechs qualifizierten Gesamtangebote zur Zeit der Abgabe der indikativen Angebote eine noch unklare Finanzierung aufwiesen, wurden diese aufgefordert, die Finanzierbarkeit der Transaktion darzustellen.
(67) Siehe Fußnote 60.
(68) Nach Angaben Deutschlands erfolgt die Aufteilung des Kaufpreises von 77 Mio. EUR auf die drei insolventen Gesellschaften im Einklang mit dem deutschen Insolvenz- und Steuerrecht.
(69) Die Capricorn Group ist eine deutsche Unternehmensgruppe, die international in den Bereichen Fertigung von Baugruppen für den Rennsport, Tests von Rennwagen und Instandhaltung von historischen Rennfahrzeugen tätig ist. Alle Geschäftsanteile der capricorn HOLDING GmbH werden von Herrn Robertino Wild gehalten.
(70) GetSpeed GmbH & Co KG ist ein deutsches Motorsportunternehmen. Zu den Leistungen des Unternehmens gehören Werkstattservices, Betreuung von Rennveranstaltungen und Coaching von Fahrern. 99 % der Geschäftsanteile werden von Herrn Axel Heinemann und 1 % von Herrn Adam Osieka gehalten.
(71) § 613 a BGB.
(72) Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19. Dezember 2013-6 AZR 790/12; Urteil des BAG vom 20. März 2003-8 AZR 97/02.
(73) Die Insolvenzverwalter und der Erwerber haben am 13. August 2014 vereinbart, dass die zweite Tranche des Kaufpreises am 31. Oktober 2014 anstatt am 31. Juli 2014 fällig ist und dafür Zinsen von 8 % erhoben werden und eine dingliche Sicherung (die an die Stelle der Barsicherheit von [3-9] Mio. EUR tritt) durch folgende Sicherheiten vorgenommen wird: a) die Capricorn-Anteile von Herrn Robertino Wild, Anteilseigner von Capricorn; b) alle Forderungen zwischen den Unternehmen der Capricorn-Gruppe; c) Ansprüche aufgrund eines (noch abzuschließenden) Kaufvertrags bezüglich des „Campus“-Projekts und d) die Kunstsammlung von Herrn Robertino Wild. Das Land war an der Aushandlung des vorgenannten Vertrags nicht beteiligt.
(74) Die von der Kommission am 19. Februar 2009 in der Sache C 38/2009 genehmigte Bundesrahmenregelung für niedrigverzinsliche Darlehen („vorläufige Bundesrahmenregelung“) gilt für Unternehmen, die sich am 1. Juli 2008 nicht in Schwierigkeiten befanden. Unternehmen, die zu diesem Zeitpunkt nicht in Schwierigkeiten waren, aber danach aufgrund der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten sind, können die Beihilferegelung in Anspruch nehmen.
(75) Deutschland macht geltend, dass die NG die harten Kriterien unter Randnummer 10 der Leitlinien für die Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe nicht erfüllte, dass sich bei den weichen Kriterien unter Randnummer 11 der Leitlinien kein eindeutiges Bild ergebe und dass die allgemeine Bestimmung der Randnummer 9 der Leitlinien ebenfalls nicht zutreffe.
(76) Deutschland führt an, dass die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens dem Zweck von Rettungsbeihilfem entgegenlief; mit der Beihilfe sollte die unmittelbare Insolvenz von NG, MSR und CMHN vermieden werden und den Gesellschaften sechs Monte Zeit für die Erstellung eines Umstrukturierungsplans verschafft werden. Außerdem seien die Gesellschafter bereit gewesen, bestimmten Zielen des Umstrukturierungsplans zuzustimmen, die unter anderem auch die Veräußerung der Vermögenswerte und die anschließende Liquidation von NG, MSR und CMHN umfassten. Da gegen die NG bislang kein Rückforderungsbeschluss erlassen wurde, die Kriterien der Deggendorf-Rechtsprechung nicht erfüllt waren und es sich hier um eine einmalige Konstellation handelte, würde durch eine Genehmigung der Rettungsbeihilfe kein Präzedenzfall geschaffen.
(77) Deutschland nimmt hier Bezug auf den Beschluss des Gerichts vom 8. Dezember 2000, BP Nederland u. a./Kommission, T-237/99, Slg. 2000, II-3849, Randnummer 37; Urteil des Gerichts vom 11. Mai 2005, Saxonia Edelmetalle GmbH, T-111/01, Slg. 2001, II-2335, Randnummer 26, Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juni 1989, Publishers Association/Kommission, C-56/89, Slg. 1989, 1693, Randnummer 39; Beschluss des Gerichts vom 12. Januar 1993, SPO u. a./Kommission, T-29/92 (R), Slg. 1992, II-2161, Randnummer 38 ff.
(78) Deutschland nimmt hier Bezug auf das Urteil des Gerichts vom 24. September 2008, Kahla/Thüringen Porzellan GmbH/Kommission, T-20/03, Slg. 2008, II-2305, Randnummer 124 ff. Deutschland führt an, dass diese Maßnahmen aus beihilferechtlicher Sicht als Sondereffekte und nicht als Teil der regulären wirtschaftlichen Tätigkeit der NG angesehen werden sollten und dass sowohl die Gesellschafter als auch die Geschäftsführer die NG als ein Vehikel gesehen haben, um die Sportinfrastruktur „Nürburgring“ im Eigentum der öffentlichen Hand zu halten und aus sich heraus unrentable Sportveranstaltungen durchzuführen, die ohne Einstehen der öffentlichen Hand für diese Verluste nicht angeboten worden wären. Ohne dieses Grundverständnis hätten weder die Gesellschafter noch die Geschäftsführung der NG die Entwicklung der Verbindlichkeiten in dieser Weise zugelassen. Daher dürften die Kosten dieser Sondereffekte nicht in die Bewertung der finanziellen Lage einfließen.
(79) Zu dem Begriff der „einmaligen Beihilfe“ siehe Abschnitt 3.3 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien.
(80) Die betreffenden Maßnahmen mussten vom Aufsichtsrat der NG genehmigt werden, dessen Mitglieder vom Land und vom Landkreis bestellt werden.
(81) Das Investitionsvolumen von Teilbereich I beläuft sich auf 215 Mio. EUR (185 Mio. EUR aus dem Liquiditätspool und 30 Mio. EUR aus einem Gesellschafterdarlehen des Landes).
(82) Urteil des Gerichts vom 24. März 2011, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt (T-443/08) und Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig-Halle GmbH (T-455/08) gegen Europäische Kommission, Slg. 2011, II-1311, im Rechtsmittelverfahren bestätigt, siehe Urteil des Gerichtshofes vom 19. Dezember 2012, Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig-Halle GmbH/Europäische Kommission, C-288/11, Slg. 2012, I-0000.
(83) Deutschland führt an, dass eine solche Änderung der Beschlusspraxis der Kommission im Widerspruch zum Weißbuch Sport und zum Grundsatz der Rechtssicherheit stehe. Eine solche Änderung könne nur auf künftige Fälle Anwendung finden, nicht jedoch für den Bau der Sportinfrastruktur am Nürburgring, der bereits 2011 abgeschlossen wurde. Ein Verbot von Beihilfen für die Finanzierung des Baus und Betriebs von Sportinfrastruktur würde eine Verschiebung der Kompetenzverteilung zwischen den Organen der EU und den Mitgliedstaaten bedeuten und damit gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen.
(84) Deutschland weist darauf hin, dass zwischen 1999 und 2011 weltweit 8 von 11 gebauten Rennstrecken mit staatlichen Mitteln errichtet wurden. Dabei wird auf die Studie Formula Money von Communication & Network Consulting aus dem Jahr 2011, S. 145 verwiesen.
(85) Deutschland führt an, dass die Formel 1 mit erheblichen volkswirtschaftlichen Effekten in den austragenden Ländern verbunden ist (das Verhältnis zwischen den Zuschüssen und diesen Effekten soll 1:5 betragen).
(86) Deutschland macht geltend, dass die Mittelaufnahme aus dem Liquiditätspool für das Projekt einen Ausnahmefall darstelle, der nicht der üblichen Nutzung des Pools entspreche. Die Finanzierung über den Liquiditätspool sei vorübergehend zur Vorfinanzierung der laufenden Projektmaßnahmen bis zur Ablösung durch einen langfristigen Investor erfolgt.
(87) Deutschland bringt vor, dass der Zweck des Liquiditätspools darin bestehe, den Cashflow zwischen dem Land und seinen verschiedenen Tochtergesellschaften in einer wirtschaftlich sinnvollen Weise zu optimieren, insbesondere um die Finanzierungskosten der Holding zu senken, dass kurzfristiger Bedarf vom Land über den Kapitalmarkt gedeckt werde, und dass die Verzinsung für die Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Liquiditätspool zu den für das Land am freien Markt erzielbaren Tagessätzen erfolge, dass dem Land keine Aufwendungen für Zinsausgaben entstehen, die Marktkonditionen des Landes 1:1 an die Teilnehmer des Liquiditätspools weitergegeben werden und das Finanzministerium des Landes lediglich als Abwicklungsplattform fungiere.
(88) Bezugnehmend auf Erwägungsgrund 137 des Beschlusses vom 21. März 2012 erklärt Deutschland, dass es im Falle von Förderbanken (Spezialkreditinstituten) auf zwei Ebenen Begünstigte geben könne, zum einen die Spezialkreditinstitute und zum anderen die Unternehmen, die Finanzierungen von Spezialkreditinstituten erhalten. Die Haftungsvorteile für Spezialkreditinstitute seien in der Verständigung II von 2002 verankert. Im Beschluss vom 21. März 2012 werde davon ausgegangen, dass die Darlehenstätigkeit von Spezialkreditinstituten auf Situationen beschränkt ist, in denen der Darlehensnehmer auf dem Markt kein Darlehen zu denselben Konditionen erhalten würde. Deutschland macht dagegen geltend, dass Förderbanken durchaus Darlehen zu Marktkonditionen gewähren können (die Tätigkeit von Spezialkreditinstituten sei nicht auf die Gewährung von Beihilfen beschränkt), und dass daher im jeweiligen Einzelfall eine beihilferechtliche Würdigung erfolgen müsse.
(89) In Bezug auf das ISB-Darlehen (Maßnahme 8) führt Deutschland an, dass der Vorteil allenfalls der Differenz zwischen dem Marktzinssatz und dem tatsächlich gezahlten Zinssatz, keinesfalls jedoch dem Gesamtbetrag des Darlehens entspreche. Sofern die Kommission daran Zweifel habe, solle ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben werden.
(90) Deutschland macht geltend, dass die Kommission mit der Verständigung II der Beibehaltung von Haftungsvorteilen zugunsten von rechtlich selbständigen Spezialkreditinstituten zugestimmt habe, soweit deren Tätigkeit auf eine genau definierte öffentliche Förderaufgabe beschränkt ist. Unter diesen Bedingungen sei z. B. der Einsatz von Garantien wie Gewährträgerhaftung, Anstaltslast und Refinanzierungsgarantien mit den Vorschriften über staatliche Beihilfen vereinbar. Deutschland weist ferner darauf hin, dass die Kommission in ihrer Entscheidung vom 16. Juni 2004 in der Beihilfesache N179/04 — Bürgschaften der finnischen Kommunen — anerkannt habe, dass Spezialkreditinstitute keine Unternehmen darstellen, solange sie nur in Bezug auf ihre öffentliche Aufgabe von staatlicher Förderung profitieren.
(91) Deutschland führt an, dass die Darlehenskonditionen erschöpfend und unabhängig im Kreditauftrag des Landes festgelegt wurden; für die ISB sei insofern kein Spielraum vorhanden gewesen. Die Entscheidung über die Gewährung des Darlehens und die damit verbundenen Risiken seien beim Land verblieben, das überdies aufgrund des Kreditauftrags nach dem BGB in vollem Umfang als Bürge für das Darlehen haftet.
(92) Deutschland führt ferner an, es sei unwichtig, ob die Errichtungskosten durch anschließende Verpachtung amortisiert werden können oder nicht, da die Investitionskosten sunk costs darstellen, die für einen umsichtig handelnden Investor keinerlei Einfluss auf zukünftige Entscheidungen haben. Selbst wenn die Investitionskosten durch die Pacht amortisiert werden müssten, so wäre auf die geplanten Investitionen ohne unvorhergesehene Kostensteigerungen abzustellen. Die bei der Planung des Projekts veranschlagten Kosten betrugen ursprünglich 215 Mio. EUR (135 Mio. EUR für Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“ und 80 Mio. EUR für Teilbereich II des Projekts „Nürburgring 2009“), wohingegen sich die tatsächlichen Kosten auf 330 Mio. EUR beliefen (215 Mio. EUR für Teilbereich I des Projekts „Nürburgring 2009“ und 115 Mio. EUR für Teilbereich II des Projekts „Nürburgring 2009“). Daher würde selbst die Mindestpacht in Höhe von ca. 280 Mio. EUR die geplanten Investitionen amortisieren.
(93) Deutschland weist darauf hin, dass die Mittel dem Ausgleich der Verluste der NG im Zusammenhang mit Investitionen zur Erhöhung der touristischen Attraktivität des Nürburgrings im Rahmen des Projekts „Nürburgring 2009“ dienen sollten, dessen Ziel darin bestand, die Attraktivität des Nürburgrings während des gesamten Jahres zu steigern und somit die strukturschwache Eifelregion durch eine Stärkung des Tourismus wirtschaftlich zu fördern.
(94) Deutschland bezieht sich hier auf die Rechtssache C-72/91 Sloman Neptun.
(95) Ferner führt Deutschland an, dass dieses System darauf ausgerichtet sei, möglichst viele Besucher anzuziehen, dem Land zu einer Maximierung der positiven volkswirtschaftlichen Effekte zu verhelfen und die erheblichen Kosten für die NG (Fahrerfeldgebühr, FIA-Grade-1-Lizenzierung der Rennstrecke) zu decken.
(96) Deutschland führt an, dass die Beurteilung der Kommission, dass es sich bei der NG zum 1. Juli 2008 um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelte, unzutreffend sei, dass die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe auf die angemeldete Rettungsbeihilfe falsch sei, dass die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens nicht verhältnismäßig sei und die Maßnahmen beihilfefrei seien.
(97) Deutschland argumentiert, dass die internationalen Gäste nicht wegen der Beherbergungs- oder Gastronomiebetriebe, sondern wegen der Rennstrecke kämen. Daher kommt Deutschland zu dem Schluss, dass die betreffenden Maßnahmen keine Auswirkungen auf die Tourismusströme haben.
(98) Deutschland nimmt hier Bezug auf den Beschluss der Kommission in der Beihilfesache SA.33728 — Finanzierung einer neuen Multifunktionsarena in Kopenhagen, Erwägungsgrund 33.
(99) Deutschland nimmt hier Bezug auf den Beschluss der Kommission in den Beihilfesachen SA.31722 — Steuervergünstigungen zur Förderung des ungarischen Sportsektors, Erwägungsgrund 86 ff. und SA.33952 — Kletteranlagen des Deutschen Alpenvereins, Erwägungsgrund 68.
(100) Deutschland nimmt hier Bezug auf die Beihilfesachen SA.33168 — Uppsala Arena und SA.33728 — Finanzierung einer neuen Multifunktionsarena in Kopenhagen.
(101) Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13.12.2012 in der Sache U 73/12 Kart.
(102) Deutschland nimmt Bezug auf die Beihilfesachen N 158/2010 — Fussballmuseum Dortmund und N 164/2010 — Leipziger Reit- und Rennverein Scheibenholz. Allerdings weist Deutschland nicht nach, dass die Rennstrecke nach deutschem Recht als Kulturdenkmal geschützt ist.
(103) Deutschland macht Folgendes geltend: Das öffentliche Interesse liege in volkswirtschaftlichen bzw. regionalwirtschaftlichen Effekten und der Förderung von Sport und Kultur; es liege ein Marktversagen vor, da die Maßnahmen ohne staatliche Förderung nicht möglich wären; der Umsatz der NG hätte in den drei Jahren vor den Maßnahmen unter 100 Mio. EUR und die Beihilfe unter 30 Mio. EUR pro Jahr gelegen; der Gesellschaftervertrag der NG und die durch einen entsprechenden Kabinettsbeschluss des Landes gedeckte Genehmigung durch den NG-Aufsichtsrat stellten den Betrauungsakt dar; die Parameter für die Berechnung des Ausgleichs könnten aus den aktualisierten Geschäftsplanungen abgeleitet werden. Deutschland weist ferner darauf hin, dass das DAWI-Paket erst Ende 2006 in Kraft getreten sei, dass für die Zeit davor keine zusätzlichen Vorschriften bezüglich der Form des Betrauungsakts bestanden und dass für die Zeit danach eine Einordnung als bestehende Beihilfe sachgerecht sei.
(104) ABl. C 6 vom 11.1.2011, S. 6.
(105) Deutschland nimmt hier Bezug auf die Beschlüsse der Kommission in den Sachen C 38/2005 Biria Gruppe, Erwägungsgrund 93, C-51/06 Arcelor Huta Warszawa, Erwägungsgrund 111 ff., C 43/2001 Chemischen Werke Piesteritz, Erwägungsgründe 107 ff. und das Urteil des Gerichts vom 3. März 2010, Freistaat Sachsen/Kommission, T-102/07 und T-120/07 Slg. 2010, II-585, Randnummer 218.
(106) Erster Teil der deutschen Insolvenzordnung (InsO).
(107) Beschwerdeführer 1 legte ein Schreiben des zuständigen Amtsgerichts vom 29. Januar 2014 vor, in dem das Gericht erklärte, dass im Falle der Eigenverwaltung das Insolvenzgericht und der Insolvenzverwalter die Veräußerung der Vermögenswerte nicht vornehmen, sondern das Verfahren nur überwachen, so dass nach Auffassung des Gerichts keine Grundlage für eine Tätigkeit des Insolvenzgerichts im Rahmen der Veräußerung der Vermögenswerte bestehe.
(108) Die Insolvenzverwalter beziehen sich hier auf das Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2010, Seydaland, C-239/09, Slg. 2010, I-13083, Randnummer 34.
(109) NBG schloss das Geschäftsjahr 2013 mit einem EBITDA (vor Pacht) von 2 920 000 EUR erfolgreich ab. 2013 zahlte die NBG Pacht in Höhe von 2 661 000 EUR.
(110) Richtlinie 2003/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. L 82 vom 22. 3.2001, S. 16).
(111) Beschwerdeführer 3 nimmt Bezug auf die Entscheidung der Kommission vom 30. April 2008 über die staatliche Beihilfe Österreichs für die Privatisierung der Bank Burgenland und auf das Urteil des Gerichtshofs vom 24. Oktober 2013, C-214/12P, C-215/12, C-223/12 P, n(och nicht in der Sammlung veröffentlicht.)
(112) Dem Beschwerdeführer zufolge setzte sich das in Rede stehende Angebot wie folgt zusammen: 1) 90 Mio. EUR in bar bei Abschluss, 2) 20 Mio. EUR zum 31. März 2014 und 3) ein Betrag von höchstens von 40 Mio. EUR als ergebnisabhängige Zahlung in Höhe von 20 % des betreffenden jährlichen EBITDA des Nürburgring-Komplexes nach Erwerb durch den Beschwerdeführer 3. Darüber hinaus habe sich Beschwerdeführer 3 verpflichtet, einen Entwicklungsfonds von 200 Mio. EUR für die Nachbargemeinden des Nürburgrings einzurichten.
(113) Beschwerdeführer 3 nimmt Bezug auf die Entscheidung der Kommission vom 30. April 2008 zur Bank Burgenland.
(114) So sei Beschwerdeführer 3 auf der Grundlage der von den Veräußerern zur Verfügung gestellten Unterlagen davon ausgegangen, dass der Erwerb der Vermögenswerte und die Aufnahme des Betrieb auf der Grundlage einer ausgeglichenen Bilanz („clean balance sheet“) möglich sei, d. h. ohne alte oder laufende Verbindlichkeiten und Verpflichtungen aufgrund bestehender Vertragsverhältnisse, dass er mit den Kunden und Sponsoren neue Verträge zu neuen Konditionen habe aushandeln wollen, um auf diese Weise seine Investition teilweise zu refinanzieren, dass es sich dann allerdings gezeigt habe, dass alle einschlägigen Vereinbarungen für den Betrieb des Nürburgrings mit einer dritten Partei (der NGB) auf der Grundlage eines neuen Pachtvertrags mit den Veräußern abgeschlossen worden waren und dass dies letztlich bedeutet hätte, dass der Beschwerdeführer — nachdem er den Zuschlag für die Vermögenswerte erhalten hätte — gezwungen gewesen wäre, sowohl den Pachtvertrag als auch einige andere Vereinbarungen zwischen der NBG und Dritten zu übernehmen, dass andere von der NGB eingegangene Vereinbarungen nicht automatisch auf ihn übergegangen wären, aber von ihm hätten eingehalten werden müssen, insbesondere da die Veräußerer angeblich von ihm verlangt hätten, die volle finanzielle Verantwortung bei Schadensersatzklagen (aufgrund der Nichtzurverfügungstellung der Nürburgring-Anlagen durch die NBG) zu übernehmen, und dass Beschwerdeführer 3 deshalb angeblich sein Geschäftsmodell hätte ändern müssen: Während Beschwerdeführer 3 ursprünglich geplant hatte, die Zwischenfinanzierung des Nürburgring-Erwerbs — teilweise — durch Abschluss angepasster Vereinbarungen mit Kunden und Sponsoren des Nürburgrings abzusichern, sei er gezwungen gewesen, die bestehenden Verträge zu berücksichtigen bzw. mindestens wirtschaftlich einzuhalten.
(115) Beschwerdeführer 3 macht einerseits geltend, dass berechtigte Zweifel daran bestünden, dass Capricorn am 17. Februar 2014, der Frist für die Angebotsabgabe, für den gesamten Kaufpreis eine verbindliche Finanzierungszusage habe beibringen können und dass deshalb solange mit der Entscheidung über den Zuschlag für das beste Angebot gewartet worden sei, bis Capricorn alle Formalkriterien erfüllte; andererseits sei Beschwerdeführer 3, wie im finalen Angebot dargelegt, in der Lage gewesen, eine verbindliche Finanzierungszusage für 90 Mio. EUR vorzulegen.
(116) Beschwerdeführer 3 führt weiter aus, dass nicht nur er, sondern auch andere Bieter falsche Informationen erhalten hätten, dass Beschwerdeführer 3 geplant hatte, im Frühjahr 2014 Verhandlungen mit seinen eigenen bevorzugten Lieferanten aufzunehmen, um einzelne Details in seinem Kaufangebot für die Nürburgring-Vermögenswerte noch weiter abzustimmen, und dass ihm die Veräußerer jedoch gesagt hätten, dass der Bierliefervertrag für 2014 nicht mehr geändert werden könnte, da Beschwerdeführer 3 ansonsten im Falle von Entschädigungsforderungen aufgrund der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtungen der NGB gegenüber dem aktuellen Bierlieferanten haften müsste. Beschwerdeführer 3 zufolge würde der Wechsel von Warsteiner zu Bitburger beweisen, dass die Informationen, die er erhalten haben, falsch gewesen seien und dass er als Bieter gezielt getäuscht worden sei.
(117) Beschwerdeführer 3 macht geltend, dass im Prozessbrief vom 17. Juni 2013 die Bereitstellung einer Garantie über die Kaufpreiszahlung, zahlbar auf erstes Anfordern und ausgestellt von einer seriösen europäischen Bank, verlangt worden sei, dass Capricorn keine Garantie für den gesamten Kaufpreis vorgelegt habe und dass die Veräußerer ihre eigenen Zahlungsbedingungen geändert haben müssten, um zu gewährleisten, dass der Zuschlag mit den veröffentlichten Zuschlagskriterien übereinstimme.
(118) Beschwerdeführer 3 macht gelten, dass er das Angebot in voller Kenntnis und unter Einhaltung der gesetzlichen Lärmschutzbestimmungen eingereicht habe.
(119) Beschwerdeführer 3 nimmt Bezug auf das Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Stardust Marine, C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Randnummern 54-55, und auf die Beschlüsse der Kommission in den Beihilfesachen Georgsmarienhütte (ABl. C 199 vom 14.7.2001, S. 4) Erwägungsgrund 27), Flughafen Dortmund (ABl. C 217 vom 15.9.2007, S. 25) Erwägungsgründe 54-55), und N 510/2008 Alitalia.
(120) Beschwerdeführer 3 nimmt Bezug auf die Beschlüsse der Kommission in den Beihilfesachen CDA vom 16. Dezember 2000, Erwägungsgrund 117, und Biria Group vom 14. Dezember 2010, Erwägungsgründe 79-80, sowie auf das Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Olympic Airways, T-415/05, Slg. 2010, II-4749, Randnummer 157, und das Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, Randnummer 135 (noch nicht in der Sammlung veröffentlicht).
(121) Die Insolvenzverwalter nehmen Bezug auf die Entscheidung der Kommission vom 30. April 2008 in der Sache C-56/06 — Privatisierung der Bank Burgenland und auf den Beschluss der Kommission vom 19. Juni 2013 in der Sache SA.36197 — Privatisierung der ANA — Aeroportos de Portugal sowie auf die Mitteilung der Kommission über den Verkauf von Grundstücken.
(122) Beschwerdeführer 4 erwähnt, Capricorn habe während des Verfahrens mutmaßlich mehrere Unternehmen im Hinblick auf Hilfe bei der Finanzierung seines Angebots kontaktiert, Capricorn habe seine Finanzierungsunterstützung für die Veräußerer in einer frühen Phase des Verfahrens falsch dargestellt, die Gesellschafterstruktur bei der zu einem Drittel am Capricorn-Konsortium beteiligten GetSpeed sei nicht ganz klar, der Gläubigerausschuss sei nicht in vollem Umfang über die Finanzierung des Angebots von Capricorn durch die […] unterrichtet gewesen, und Capricorn habe öffentlich eingeräumt, nicht über eine Finanzierung für seine angekündigte Investition von 25 Mio. EUR in die Vermögenswerte des Nürburgrings zu verfügen. Außerdem habe der Gläubigerausschuss nicht genügend Zeit gehabt, um die Bedingungen der Finanzierungsbestätigung der […] für das Angebot von Capricorn zu prüfen.
(123) Beschwerdeführer 4 erklärt, das Angebot von [Bieter 2] habe eine Up-front-Zahlung von 32,5 Mio. EUR Anfang April 2014 umfasst, während das Angebot von Capricorn nur die Up-front-Zahlungen von 5 Mio. EUR im März 2014, 5 Mio. EUR im Juli 2014 und 5 Mio. EUR im Dezember 2014 enthalten habe.
(124) Beschwerdeführer 4 macht geltend, in seinem Angebot sei der Abschluss bereits für April 2014 vorgesehen gewesen, die Zahlungen von [Bieter 2] seien garantiert oder von der Rentabilität des Geschäfts abhängig gewesen, die Mitglieder von [Bieter 2] seien bedeutende, solide finanzierte Unternehmen mit einer Erfolgsbilanz im Bereich Fusionen und Übernahmen, während das Angebot von Capricorn frühestens am 1. Januar 2015 wirksam werde, weitere Zahlungen von Capricorn seien unter anderem erst nach Abschluss der Prüfung bestehender staatlicher Beihilfen durch die Kommission und etwaiger Verfahren vor den EU-Gerichten fällig, die Veräußerer hätten für den Fall, dass die Kommission ihre Prüfung nicht bis zum 1. Januar 2015 abschließt, Capricorn die Option eingeräumt, die Vermögenswerte des Nürburgrings ab diesem Zeitpunkt bis zum Abschluss der Prüfung zu pachten, Capricorn sei ein kleines Unternehmen mit geringem Kapital, wenig Erfahrung im Bereich Fusionen und Übernahmen und in jüngster Vergangenheit einer Reihe nicht abgeschlossener Projekte.
(125) Beschwerdeführer 4 führt an, dass [Bieter 2] über Erfahrung als Eigentümer und Betreiber mehrerer großer Rennstrecken, Betreiber von Hotels und Freizeiteinrichtungen und Veranstalter von Festivals verfüge und dass [Bieter 2] der größte Investor in der Formel 1 sei und in große Automobilhersteller und Freizeitunternehmen investiere, während Capricorn noch keine Erfahrungen mit dem Betrieb von Rennstrecken oder Hotels, der Veranstaltung von Festivals, der Förderung des Rennsports oder der Markteinführung von Produkten gesammelt habe.
(126) Beschwerdeführer 4 weist darauf hin, dass [Bieter 2] weniger Gelegenheit zu Kontakten mit den Veräußerern geboten worden sei als Capricorn, dass die Frist für das finale Angebot zunächst vom 11. Dezember 2013 auf den 17. Februar 2014 verlängert und dann am 11. März 2014, wenige Stunden nach Eingang des Angebots von Capricorn, abgebrochen worden sei und dass [Bieter 2] nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, sein Angebot zu erhöhen oder zu ändern.
(*7) Der Cashflow der NBG für das Jahr 2014 im Falle von Capricorn (6 Mio. EUR) und die ergebnisabhängigen Zahlungen im Falle von [Bieter 2] für die Jahre 2015-2017 (15 Mio. EUR) hängen vom Erfolg des jeweiligen operativen Geschäfts ab. Im Falle von [Bieter 2] haben die Veräußerer anders als im Falle von Capricorn keinen Einfluss auf dieses Geschäft.
(127) ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.
(*8) Ergebnis vor Steuern (Earnings before taxes — EBT).
(*9) Anstieg der Verluste im Wesentlichen aufgrund deutlicher Erhöhung der Aufwendungen für Veranstaltungen von 21,2 Mio. EUR im Jahr 2005 auf 44,0 Mio. EUR im Jahr 2006.
(128) Urteil des Gerichts vom 3. März 2010, Freistaat Sachsen/Kommission, T-102/07, und MB Immobilien und MB System/Kommission, T-120/07, Slg. 2010, II-585, Randnummer 106.
(129) Entscheidung der Kommission in der Sache C 38/2007 Arbel Fauvet Rail (ABl. L 238 vom 5.9.2008, S. 27), vom Gericht bestätigt, Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2011, T-267/08 und T-279/08, Slg. 2011 II-1999, Randnummer 141; Beschluss der Kommission in der Sache C 27/2010 United Textiles (ABl. L 279 vom 12.10.2012, S. 30).
(130) Gutachten des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz vom 15. Juni 2010, Teil I, S. 14.
(131) Siehe Fußnote 129.
(132) Gutachten des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz vom 15. Juni 2010, Teil I, S. 15.
(133) Gutachten des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz vom 15. Juni 2010, Teile I und II.
(134) Siehe die Beschreibung der RIM unter http://test.isb.rlp.de/de/die-isb/beteiligungen/rheinland-pfaelzische-gesellschaft-fuer-immobilien-und-projektmanagement/
(135) Urteil des Gerichts vom 24 März 2011, Freistaat Sachsen, Flughafen Leipzig/Halle u. a./Kommission, T-443/08 und T-455/08, Slg. 2011, II-1311, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs vom 19. Dezember 2012, Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig/Halle GmbH/Kommission, C-288/11 P (noch nicht in der Sammlung veröffentlicht).
(136) C 53/2002 Space Park Development.
(137) SA.35440 Arena Jena. In Bezug auf Profisportinfrastruktur siehe SA.31722 Hungarian tax benefit scheme. Zum Betrieb von für die breite Öffentlichkeit bestimmten Sportzentren, die einen Eintrittspreis verlangen, siehe SA.33952 Kletteranlagen des Deutschen Alpenvereins.
(138) SA.33618 Uppsala arena; SA.35135 Arena Erfurt; SA.35440 Arena Jena.
(139) N 118/2000 Support to professional sport clubs.
(140) Siehe z. B. Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission („ALFA Romeo“), C-305/89, Slg. 1991, I-1603, Randnummern 18 und 19; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. April 1998, Cityflyer Express/Kommission, T-16/96, Slg. 1998, II-757, Randnummer 51; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Januar 1999, Neue Maxhütte Stahlwerke und Lech-Stahlwerke/Kommission, T-129/95, T-2/96 und T-97/96, Slg. 1999, II-17, Randnummer 104; Urteil des Gerichts vom 28. Februar 2012, Land Burgenland und Österreich/Kommission,T-268/08 und T-281/08, Slg. 2012, II-0000, Randnummer 48.
(141) Urteil des Gerichtshofs vom 19. März 2013, Bouygues SA und Bouygues Télécom SA/Kommission, C-399/10 P und C-401/10 P (noch nicht in der Sammlung veröffentlicht); Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. September 1998, BP Chemicals/Kommission, T-11/95, Slg. 1998, II-3235, Randnummer 171.
(142) Eine Pari-passu-Transaktion ist eine Transaktion, die von öffentlichen Stellen und privaten Wirtschaftsbeteiligten, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, zu gleichen Bedingungen (und daher mit gleich hohen Risiken und Erträgen) durchgeführt wird.
(143) Die Darlehen, die die beiden Minderheitsgesellschafter der MSR dieser gewährt haben (Geisler & Trimmel: […] Mio. EUR; Weber: […] Mio. EUR; beide unbesichert zu einem Zinssatz von […] %), sind nicht relevant, da diese Unternehmen den Bau der Infrastruktureinrichtungen ausführten und als Beteiligte mit eigenen Interessen an dem Projekt nicht berücksichtigt werden können.
(*10) Das Projekt trug die Bezeichnung „Erlebnisregion Nürburgring“ und umfasste auch ein Hotel.
(*11) Basisszenario (weder Worst- noch Best-Case-Szenario).
(*12) Ergebnisse für den Zeitraum 2010-2030.
(*13) Worst-Case-Szenario.
(144) Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis -Beihilfen (ABl. L 379 vom 28.12.2006, S. 5).
(145) Siehe http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html.
(146) Siehe Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6).
(147) Siehe den Jahresbericht 2009 des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz, S. 3 und 4, abrufbar unter http://www.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/4741-15.pdf.
(148) ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.
(149) Die Beihilfe beläuft sich auf folgenden Betrag (in Mio. EUR): 1,6 + 12 + (12,3/2) – [0 + 5 + (11,5/2)] = 9.
(150) Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C-364/90, Slg. 1993, I-2097, Randnummer 20.
(151) In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass der Landkreis Ahrweiler in der Fördergebietskarte 2007-2013 auch nicht als Fördergebiet ausgewiesen ist.
(152) Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 1973, Kommission/Deutschland, C-70/72, Slg. 1973, 813, Randnummer 13.
(153) Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Slg. 1994, I-4103, Randnummer 75.
(154) Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C-75/97, Slg. 1999, I-30671, Randnummern 64-65.
(155) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).
(156) Nach Angaben Deutschlands wurde das Unternehmen am 22. Mai 2014 im Handelsregister gelöscht.
(157) NG, MSR und CMHN befinden sich seit 1. November 2012 im Liquidations- bzw. Insolvenzverfahren. Nach deutschem Recht ändert sich das Geschäftsziel des Unternehmens mit der Eröffnung des Liquidations- bzw. Insolvenzverfahrens: Das Unternehmen ist nicht mehr in vollem Umfang tätig, sondern eine reine Abwicklungsgesellschaft, die nach deutschem Recht gelöscht wird; bis zum Abschluss des Insolvenz- bzw. Liquidationsverfahrens muss das Unternehmen als Abwicklungsgesellschaft jedoch das Vermögen nach dem Grundsatz der wirtschaftlichen Haushaltsführung nutzen.
(158) Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1994, Spanien/Kommission („Merco“), C-42/93, Slg. 1994, I-4175.
(159) Urteil des Gerichtshofs vom 15. Januar 1986, Kommission/Belgien, C-52/84, Slg. 1986, 89.
(160) Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italienische Republik und SIM 2 Multimedia SpA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C-328/99 und C-399/00,Slg. 2003 I-4035.
(161) Entscheidung der Kommission vom 17. September 2008, Staatliche Beihilfen N 321/2008, N 322/2008 und N 323/2008 — Griechenland — Vente de certains actifs d'Olympic Airlines/Olympic Airways Services; Entscheidung der Kommission vom 12. November 2008, Staatliche Beihilfe N 510/2008 — Italien — Sale of assets of Alitalia; Beschluss der Kommission vom 4. April 2012, SA.34547 — Frankreich — Reprise des actifs du groupe SERNAM dans le cadre de son redressement judiciaire.
(162) Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair Ltd./Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164.
(163) Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19. Dezember 2013 (6 AZR 790/12); Urteil des BAG vom 20. März 2003 (8 AZR 97/02).
(164) Urteil des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2010, Seydaland, C-239/09, Slg. 2010, I-13083, Randnummer 34.
(165) Die entsprechende Passage des ersten Entwurfs des Kaufvertrags lautet: „Dem Bieter ist bekannt, das gegenwärtig ein Prüfverfahren bei der Europäischen Kommission anhängig ist, das die Zulässigkeit dem Nürburgring gewährter Beihilfen und deren mögliche Rückforderung zum Gegenstand hat. Die Verkäufer stehen in regelmäßigen Kontakt mit der zuständigen Dienststelle der Europäischen Kommission und streben dabei einen förmlichen Beschluss an, aus dem hervorgeht, dass diese keine Rückforderung der Beihilfen von dem Käufer anordnet. Sie stehen einer konstruktiven Diskussion mit dem Bieter, wie mit diesem Umstand im Rahmen des Verkaufs einzelner oder aller Vermögensgegenstände des Nürburgrings und ggf. mit einer Übergangszeit bis zu einem Beschluss der Kommission umzugehen ist, aufgeschlossen gegenüber.“
(166) Das Angebot von [Bieter 2] sah insbesondere vor, dass der angebotene Kaufpreis erst bei Vorliegen eines bestandskräftigen Kommissionsbeschlusses zahlbar wäre, mit dem die Rückforderung der Beihilfen vom Erwerber der Vermögenswerte ausgeschlossen würde. Das Angebot von [Bieter 3] enthielt die Klausel, dass der Erwerber auch bei Vorliegen eines Kommissionsbeschlusses nach eigenem Ermessen vom Kauf zurücktreten könne.
(167) Der diesbezügliche Teil des Schreibens vom 17. Dezember 2013 lautet wie folgt: „For the sake of clarity, offers handed in after that timeline will, in principle, also be considered provided that the terms of the offer qualify for the further process. Any disadvantage caused by the delay will not be compensated for and will have to be fully borne by the investor. Please note that the Vendors may choose the parties which will qualify for the further process shortly after the updated timeline ends.“
(168) Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.)
(169) Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).
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10.2.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 34/68 |
BESCHLUSS (EU) 2016/152 DER KOMMISSION
vom 1. Oktober 2014
über die staatliche Beihilfe SA.27339 (12/C) (ex 11/NN) der Bundesrepublik Deutschland zugunsten des Flughafens Zweibrücken und der den Flughafen nutzenden Luftverkehrsgesellschaften
(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 5063)
(Nur der englische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 (1),
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den oben genannten Bestimmungen (2) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. VERFAHREN
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(1) |
In einer parlamentarischen Anfrage vom Dezember 2008 sprach die Abgeordnete des Europäischen Parlaments Hiltrud Breyer die öffentliche Finanzierung des Flughafens Zweibrücken an (3). Die Abgeordnete machte geltend, das Land Rheinland-Pfalz (im Folgenden „Land“) habe im Zeitraum 2005-2006 die Flugplatz GmbH Aeroville Zweibrücken (im Folgenden „FGAZ“) mit 2,4 Mio. EUR bezuschusst, womit die FGAZ wiederum ihre 100 %ige Tochtergesellschaft, die Flughafen Zweibrücken GmbH (im Folgenden „FZG“) finanziert habe. Ferner seien im selben Zeitraum am Flugplatz Baumaßnahmen in Höhe von 6,96 Mio. EUR vollständig aus dem Haushalt des Landes finanziert worden. |
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(2) |
Die parlamentarische Anfrage wurde von Kommissar Antonio Tajani am 6. Januar 2009 beantwortet. Ferner wurde sie unter dem Aktenzeichen CP 5/2009 als Beschwerde registriert. Am 22. Januar 2009, am 24. September 2010 und am 15. März 2011 forderte die Kommission zusätzliche Informationen von den deutschen Behörden an. Diese wurden von den deutschen Behörden mit Schreiben vom 23. März 2009, vom 27. Januar 2011 und vom 19. Mai 2011 übermittelt. |
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(3) |
Am 8. April 2008 forderte die Kommission zusätzliche Informationen von der Fluggesellschaft Ryanair an. Diese Informationen wurden von Ryanair am 15. Juli 2011 eingereicht. Eine deutsche Übersetzung der Informationen von Ryanair wurde den deutschen Behörden am 18. August 2011 übermittelt. Am 26. September 2011 erklärten die deutschen Behörden, zu diesem Zeitpunkt nicht Stellung nehmen zu wollen. |
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(4) |
Mit Schreiben vom 22. Februar 2012 informierte die Kommission die deutschen Behörden über ihren Beschluss, ein Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV hinsichtlich der öffentlichen Finanzierung des Betreibers des Flughafens Zweibrücken und der Anreize zugunsten der Luftverkehrsgesellschaften, die den Flughafen nutzen, einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“). |
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(5) |
Mit Schreiben vom 24. Februar 2012 forderte die Kommission nach Einleitung des Verfahrens weitere Auskünfte an. Die deutschen Behörden haben ihre Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss am 4. Mai 2012 eingereicht und auf das Ersuchen der Kommission nach weiteren Auskünften am 16. April 2012 reagiert. |
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(6) |
Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (4) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme zu der mutmaßlichen Beihilfe auf. |
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(7) |
Bei der Kommission sind Stellungnahmen von vier Beteiligten eingegangen, und zwar Ryanair, Airport Marketing Services (im Folgenden „AMS“), Germanwings und TUIFly. Diese wurden an die deutschen Behörden weitergeleitet, welche die Gelegenheit erhielten, innerhalb eines Monats darauf zu reagieren. Die Stellungnahme der deutschen Behörden ging am 26. Oktober 2012 ein. |
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(8) |
Darüber hinaus gingen bei der Kommission am 20. Dezember 2013, 17. Januar 2014 und 31. Januar 2014 weitere Stellungnahmen von Ryanair ein. Diese Stellungnahmen wurden an die deutschen Behörden weitergeleitet, die sich nicht zu diesen äußern wollten. |
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(9) |
Mit Schreiben vom 6. November 2013, 14. März 2014 und 2. April 2014 forderte die Kommission weitere Auskünfte an. Die deutschen Behörden kamen den Aufforderungen der Kommission am 16. Dezember 2013, 15. Januar 2014, 5. April 2014, 15. April 2014, 24. April 2014, 11. Juni 2014 und 27. Juni 2014 nach. |
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(10) |
Mit Schreiben vom 25. Februar 2014 informierte die Kommission die deutschen Behörden über die Annahme der Luftverkehrsleitlinien von 2014 (5) am 20. Februar 2014 und darüber, dass diese Leitlinien vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union im vorliegenden Fall anwendbar sein würden. Den deutschen Behörden wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb von 20 Werktagen nach der Veröffentlichung im Amtsblatt eine Stellungnahme zu diesen Leitlinien und deren Anwendung abzugeben. |
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(11) |
Mit Schreiben vom 24. Februar 2014 informierte die Kommission auch die Beteiligten über die Annahme der Luftverkehrsleitlinien von 2014 am 20. Februar 2014 und darüber, dass diese Leitlinien vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union im vorliegenden Fall anwendbar sein würden. Den Beteiligten wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb von 20 Werktagen nach der Veröffentlichung im Amtsblatt eine Stellungnahme zu diesen Leitlinien und deren Anwendung abzugeben. |
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(12) |
Die Luftverkehrsleitlinien von 2014 wurden am 4. April 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie ersetzen die Luftverkehrsleitlinien von 1994 (6) sowie die Luftverkehrsleitlinien von 2005 (7). |
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(13) |
Am 15. April 2014 wurde eine Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, in der Mitgliedstaaten und Beteiligte aufgefordert wurden, innerhalb von einem Monat nach Veröffentlichung Stellungnahmen zur Anwendung der Luftverkehrsleitlinien von 2014 in diesem Fall einzureichen (8). |
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(14) |
Am 8. Mai 2014 gingen Stellungnahmen von den deutschen Behörden zur Anwendung der Leitlinien von 2014 ein. Die deutschen Behörden stimmten der Anwendung der Luftverkehrsleitlinien von 2014 in diesem Fall zu. Die Beteiligten gaben keine Stellungnahmen ab. |
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(15) |
In einem Schreiben vom 17. Juli 2014 stimmten die deutschen Behörden einem ausnahmsweisen Verzicht auf ihre Rechte, die sich aus Artikel 342 AEUV in Verbindung mit Artikel 3 der Verordnung 1/1958 ergeben (9), sowie der Annahme und Bekanntgabe dieses Beschlusses nach Artikel 297 AEUV in englischer Sprache zu. |
2. HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZUR UNTERSUCHUNG UND ZU DEN MASSNAHMEN
2.1. GESCHICHTE UND ENTWICKLUNG DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN
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(16) |
Der Flughafen Zweibrücken war bis zum Jahr 1991 Militärflugplatz und wurde in dem Jahr von der US-Armee aufgegeben. In den Jahren 1992 bis 1999 war der Flugplatz Gegenstand eines von der Europäischen Union kofinanzierten Konversionsprojekts (10). Die EU-Mittel wurden eingesetzt, um den Flugplatz für die Zivilluftfahrt nutzbar zu machen. Die erforderlichen Maßnahmen umfassten die Beseitigung von Hindernissen, die Modernisierung und Einrichtung eines Towers und eines Entwässerungssystems der Start- und Landebahn. Die privaten Investoren des Projekts zogen für einen späteren Zeitpunkt ferner den Bau eines Gewerbegebiets, eines Multimediaparks und einer Freizeitanlage in Betracht. |
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(17) |
Zwischen 2000 und 2006 wurde der Flugplatz nicht allgemein von der gewerblichen Luftfahrt genutzt, sondern von Militärflugzeugen, Privatflugzeugen, für Freizeitflüge und allenfalls gelegentlich für einen gewerblichen Flug. Die Mehrzahl der Passagiere wurde durch militärische Flüge befördert. Die restlichen Passagiere wurden durch Flüge in unternehmenseigenen Flugzeugen oder durch Taxiflüge befördert. Gewerbliche Luftverkehrsgesellschaften konnten nicht gewonnen werden. Dies lag zum Teil an dem Bestehen eines Luftkampfübungsgebiets der NATO (POLYGONE), wodurch zivilen Betreibern das Erreichen und Verlassen des Flughafens Zweibrücken während der Betriebszeiten des Übungsgebiets erheblich erschwert wurde. |
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(18) |
Erst nach der Einrichtung einer Kontrollzone (CTR Zweibrücken) zur Regulierung der Nutzung des Luftraums durch Zivil- und Militärflugzeuge konnte eine gewerbliche Luftverkehrsgesellschaft gewonnen werden. Der gewerbliche Linien- und Charterverkehr wurde am 15. September 2006 mit dem Erstflug von Germanwings nach Berlin aufgenommen. TUIFly nahm den Charterverkehr am 30. März 2007 auf. Ryanair betrieb seine einzige Verbindung von Zweibrücken nach London-Stansted im Zeitraum von 28. Oktober 2008 bis zum 22. September 2009 und stellte seine Dienstleistungen am Flughafen Zweibrücken danach ein. |
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(19) |
Die Jahreskapazität des Flughafens Zweibrücken liegt derzeit bei ungefähr 700 000 Passagieren, könnte jedoch unter Berücksichtigung der Kapazitäten der Start- und Landebahnen und der Abfertigungsbereiche bis zu einer Million Fluggäste betragen. |
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(20) |
Table 1 zeigt die Entwicklung des Flughafens Zweibrücken anhand der Fluggastzahlen und Flugbewegungen zwischen 2006 und 2012. Tabelle 1 Fluggastzahlen 2006-2012 (11)
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2.2. GEOGRAFISCHE LAGE DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN
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(21) |
Der Flughafen Zweibrücken liegt 4 km südöstlich von Zweibrücken im Land Rheinland-Pfalz. Die nächsten (12) anderen Flughäfen sind:
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(22) |
Laut dem Gutachten von „Desel Consulting“ und der „Airport Research GmbH“ aus dem Jahr 2009 (13) stammen ungefähr 15 % der Fluggäste im Jahr aus anderen Mitgliedstaaten (Luxemburg und Frankreich). Die übrigen Fluggäste stammen aus Deutschland, größtenteils aus der Region des südwestlichen Kreises Saarpfalz, der Stadt Saarbrücken, der Stadt Saarlouis und der Region Saarpfalz-Kreis. |
2.3. RECHTLICHER UND WIRTSCHAFTLICHER RAHMEN DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN
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(23) |
Der Flughafen Zweibrücken befindet sich im Eigentum der FZG und wird von dieser betrieben. Die FZG ist eine 100 %ige Tochter der FGAZ, mit der sie einen Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag abgeschlossen hat. Mit dem Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag wird sichergestellt, dass alle Verluste der FZG von der FGAZ getragen und alle Gewinne an die FGAZ abgeführt werden. |
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(24) |
Die FGAZ befindet sich wiederum in gemeinschaftlichem Eigentum. Anteilseigner der FGAZ sind zu je 50 % das Land Rheinland-Pfalz und der Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz Zweibrücken („ZEF“), ein Verband aus Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts in Rheinland-Pfalz. Die öffentlichen Eigentümer der FGAZ decken deren Finanzbedarf mit jährlichen Kapitalzuführungen. Laut den deutschen Behörden übt die FGAZ selbst keine Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Flugverkehr aus. Was die Luftfahrt angeht, reicht die FGAZ die öffentlichen Finanzmittel lediglich an die FZG weiter. Allerdings übt die FGAZ Aktivitäten in Bezug auf die Vermarktung von in der Nähe des Flughafens Zweibrücken gelegenen Grundstücken aus. |
3. BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN UND GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS
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(25) |
Die Kommission untersuchte verschiedene Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Flughafen Zweibrücken. Die Kommission prüfte, ob diese Maßnahmen eine staatliche Beihilfe darstellten und ob diese gegebenenfalls als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet werden könnte. |
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(26) |
Die folgenden Maßnahmen wurden als potenzielle staatliche Beihilfen zugunsten der FGAZ und FZG untersucht:
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(27) |
Die folgenden Maßnahmen wurden als potenzielle staatliche Beihilfen zugunsten der Luftverkehrsgesellschaften geprüft, die Zweibrücken nutzen:
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3.1. ÖFFENTLICHE FINANZIERUNG DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN DURCH DAS LAND RHEINLAND-PFALZ UND DEN ZEF
3.1.1. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
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(28) |
Die öffentliche Finanzierung des Flughafens Zweibrücken erfolgte auf zwei unterschiedliche Weisen. Zum einen unterstützten das Land Rheinland-Pfalz und der ZEF bestimmte Infrastrukturinvestitionen der FZG mit direkten Zuschüssen. Zum anderen führten die FGAZ-Eigentümer der FGAZ jährlich Kapital zu. Der Zweck dieser Kapitalzuführungen, mit denen die eigenen Verluste der FGAZ ausgeglichen wurden, bestand darin, die FGAZ in die Lage zu versetzen, ihre Verpflichtungen nach dem Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag zu erfüllen, demzufolge die FGAZ die Verluste der FZG ausgleichen muss. |
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(29) |
Die zwischen 2000 und 2005 sowie zwischen 2006 und 2009 gewährten direkten Zuschüsse für bestimmte Infrastrukturinvestitionen sind in Tabelle 2 und Tabelle 3 aufgeführt. Tabelle 2 Investitionen in die Infrastruktur zwischen 2000 und 2005
Tabelle 3 Investitionen in die Infrastruktur zwischen 2006 und 2009
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(30) |
Das Gesamtinvestitionsvolumen zwischen 2000 und 2009 belief sich auf 27 987 281 EUR, während sich der Gesamtbetrag an Zuschüssen vom Land auf 21 588 534 EUR belief. Die größten Einzelinvestitionen waren die Verlängerung der Start- und Landebahn im Zeitraum 2001-2003 ([…] EUR), die Modernisierung des Terminals im Jahr 2006 ([…] EUR) sowie die Modernisierung der Start- und Landebahn im Zeitraum 2008-2009 ([…] EUR). |
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(31) |
In Tabelle 4 sind die relevanten Daten zu den Kapitalzuführungen des Landes Rheinland-Pfalz/ZEF zugunsten der FGAZ und zum Ausgleich der Verluste der FZG durch die FGAZ aufgeführt. |
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(32) |
Außerdem ist zu beachten, dass das Land und der ZEF zwischen 2000 und 2009 zwar beide 50 % der Anteile an der FGAZ hielten und die Kapitalzuführungen im Prinzip zu gleichen Teilen bereitstellten, das Land den Anteil des ZEF tatsächlich aber subventionierte. Bis Ende 2005 deckte das Land neben seinem eigenen Anteil von 50 % der erforderlichen Kapitalzuführungen auch 90 % des Anteils des ZEF. Danach reduzierte das Land den letztgenannten Prozentsatz zunächst auf 80 % im Jahr 2006 und anschließend auf 60 % ab dem Jahr 2007. Das Land deckte also zwischen 95 % (bis 2005) und 80 % (ab 2007) der jährlichen Verluste der FGAZ. Tabelle 4 Kapitalzuführungen und Ergebnisse der gewerblichen Aktivitäten
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3.1.2. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
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(33) |
Im Einleitungsbeschluss wird zwischen der Finanzierung der Infrastruktur des Flughafens Zweibrücken durch öffentliche Mittel und der Finanzierung der Betriebskosten durch öffentliche Mittel unterschieden. |
3.1.2.1. Investitionen in die Infrastruktur
Vorliegen einer Beihilfe
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(34) |
Im Einleitungsbeschluss wird zunächst darauf hingewiesen, dass die FZG hinsichtlich der Investitionen in die Infrastruktur des Flughafens ein Unternehmen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV sei. Es wird an das Urteil zum Flughafen Leipzig-Halle (14) erinnert, in dem das Gericht bestätigte, dass eine Einrichtung, die eine Flughafeninfrastruktur erbaut und betreibt und dabei Gebühren auf die Nutzer umlegt, eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Einzige Ausnahme sind bestimmte Tätigkeiten, die in den Bereich der Ausübung hoheitlicher Gewalt fallen; diese Tätigkeiten werden als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten betrachtet und unterliegen daher nicht den Beihilfevorschriften. Im Einleitungsbeschluss werden die deutschen Behörden zudem aufgefordert, weitere Auskünfte darüber vorzulegen, welche Tätigkeiten als nichtwirtschaftlich eingestuft werden könnten. |
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(35) |
Im Einleitungsbeschluss wird auch festgestellt, dass die FGAZ keine Flughafen-bezogenen Tätigkeiten selbst ausführte, sondern lediglich die erhaltenen öffentlichen Mittel an die FZG weiterleitete. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die FGAZ einige wirtschaftliche Tätigkeiten in Bezug auf an den Flughafen angrenzende Grundstücke ausübte. Aufgrund dieser Tätigkeiten wird im Einleitungsbeschluss die Ansicht vertreten, dass die FGAZ ebenfalls ein Unternehmen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellt. |
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(36) |
Angesichts der Tatsache, dass die direkten Zuschüsse für Investitionsprojekte vom Haushalt des Landes getragen wurden und dass die Kapitalzuführungen zugunsten der FGAZ (und schließlich der FZG) aus dem Haushalt des Landes und des ZEF stammten, wird im Einleitungsbeschluss der Schluss gezogen, dass die Maßnahmen aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden. |
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(37) |
Bezüglich der Frage, ob der FGAZ und der FZG ein Vorteil entstanden ist, wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die öffentliche Finanzierung keinen Vorteil darstellt, sofern das öffentliche Organ, das die Finanzierung bereitstellt, als „marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber“ agiert. Im Einleitungsbeschluss wird darauf hingewiesen, dass die deutschen Behörden bisher keine Belege dafür vorgelegt haben, dass sie bei der Bereitstellung der öffentlichen Finanzierung als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert haben. Vielmehr scheint es, dass bei der Bereitstellung der Finanzierung von den öffentlichen Behörden regionale und soziale Aspekte berücksichtigt wurden. Daher konnte nicht festgestellt werden, dass die Behörden als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber agiert hatten, so dass im Einleitungsbeschluss der vorläufige Schluss gezogen wird, dass die öffentliche Finanzierung der FGAZ und der FZG einen Vorteil verschafft hat. |
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(38) |
Anschließend wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die öffentliche Finanzierung nur zugunsten der FGAZ/FZG erfolgte und es sich daher um eine selektive Maßnahme handelt. |
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(39) |
Schließlich wird im Einleitungsbeschluss erklärt, dass aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs zwischen Regionalflughäfen jeder Vorteil, der dem Flughafen Zweibrücken zuteil wird, den Wettbewerb verfälschen könnte. Es wird insbesondere auf den Flughafen Saarbrücken verwiesen, der nur 39 Straßenkilometer vom Flughafen Zweibrücken entfernt ist. Im Einleitungsbeschluss wird zudem in Anbetracht der Prognosen für den Luftverkehr am Flughafen Zweibrücken darauf hingewiesen, dass es wahrscheinlich sei, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch die Vorteilsgewährung beeinträchtigt werde. |
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(40) |
Schließlich wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die Finanzierung der Infrastrukturinvestitionen am Flughafen Zweibrücken staatliche Beihilfen darstellen, da alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind. |
Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt
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(41) |
Im Einleitungsbeschluss wird festgestellt, dass die Vereinbarkeit der öffentlichen Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005 zu prüfen ist. In den Leitlinien werden Kriterien genannt, welche die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV berücksichtigen muss. Nach Randnummer 61 der Luftverkehrsleitlinien 2005 ist eine solche öffentliche Finanzierung unter den folgenden Voraussetzungen mit dem Binnenmarkt vereinbar:
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(42) |
Darüber hinaus sollten staatliche Beihilfen für Flughäfen — wie jede andere staatliche Beihilfe — einen Anreizeffekt haben und notwendig und angemessen in Bezug auf das angestrebte legitime Ziel sein, um als mit dem Binnenmarkt vereinbar eingestuft zu werden. |
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(43) |
Bezüglich der Frage, ob der Bau und Betrieb der Infrastruktur einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse dient, wird im Einleitungsbeschluss angemerkt, dass der Flughafen Zweibrücken der besseren Anbindung des Teils des Landes Rheinland-Pfalz dient, in dem er sich befindet. Es wird ferner daran erinnert, dass der Flughafen laut Stellungnahme der deutschen Behörden als Wirtschaftsmotor in der Region diene. Im Einleitungsbeschluss wird jedoch auch festgestellt, dass der Flughafen die gewerbliche Luftfahrt erst im Jahr 2006 aufnahm und dass sich andere Flughäfen, vor allem der Flughafen Saarbrücken, in der Nähe befinden und für eine Anbindung der Region sorgen. Aufgrund der letztgenannten Feststellung wird im Einleitungsbeschluss die Frage aufgeworfen, ob die öffentliche Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen für Zweibrücken einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse dient oder ob durch sie lediglich die bereits vorhandene Infrastruktur in der Region verdoppelt wird. |
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(44) |
Hinsichtlich der Notwendigkeit und Angemessenheit der Infrastruktur gaben die deutschen Behörden an, dass ausschließlich Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt wurden, die erforderlich waren, damit der Flughafen alle relevanten Sicherheitsstandards erfüllt. Im Einleitungsbeschluss wird jedoch festgestellt, dass sich der Flughafen Zweibrücken in einer so geringen Entfernung zum Flughafen Saarbrücken befindet, dass von einem Wettbewerb mit diesem auszugehen war. Auch andere Flughäfen könnten in direktem Wettbewerb zum Flughafen Zweibrücken stehen, insbesondere hinsichtlich Fracht- oder Touristikflügen. Unter diesen Umständen werden im Einleitungsbeschluss Zweifel daran geäußert, dass die Infrastruktur in Zweibrücken in Bezug auf das gesetzte Ziel notwendig und angemessen ist. |
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(45) |
Mit Blick auf die Perspektiven der Infrastruktur wird im Einleitungsbeschluss an die Angabe der deutschen Behörden erinnert, dass von einer Entwicklung der Passagierzahlen auf ungefähr 335 000 im Jahr 2015 und möglicherweise mehr als 1 000 000 bis zum Jahr 2025 ausgegangen werde. Zudem hatten die deutschen Behörden angegeben, dass die Rentabilitätsgrenze im Jahr 2015 erreicht werden solle. Im Einleitungsbeschluss wird jedoch darauf hingewiesen, dass der Flughafen Zweibrücken seit Aufnahme des gewerblichen Flugverkehrs im Jahr 2006 offensichtlich stetig und vermehrt Verluste macht, weswegen daran gezweifelt wird, ob der Flughafen in Zukunft Gewinne abwirft. Diese Zweifel werden durch die Nähe des Flughafens Saarbrücken gestützt, der mit Zweibrücken möglicherweise um dieselben Passagiere konkurriert. Vor diesem Hintergrund wurden im Einleitungsbeschluss Zweifel daran geäußert, dass die Flughafeninfrastruktur mittelfristige Perspektiven für die Nutzung bietet. |
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(46) |
Schließlich wird im Einleitungsbeschluss daran gezweifelt, ob alle potenziellen Nutzer diskriminierungsfreien und einheitlichen Zugang zur Infrastruktur erhielten. Zudem wird die Frage aufgeworfen, ob die Entwicklung des Handels in einem Maße beeinträchtigt würde, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft, insbesondere angesichts der Nähe zum Flughafen Saarbrücken. |
3.1.2.2. Betriebsbeihilfen
Vorliegen einer Beihilfe
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(47) |
Im Einleitungsbeschluss wird zunächst auf die vorherige Schlussfolgerung hingewiesen, dass die FGAZ und die FZG Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind. Zudem wird daran erinnert, dass die Kapitalzuführungen unmittelbar von öffentlichen Behörden stammen; sie stellen eine Übertragung staatlicher Mittel dar und sind dem Staat zuzurechnen. Wenn weiterhin bedacht wird, dass die Betriebsbeihilfen den Beihilfeempfänger bei einigen der Ausgaben im Zusammenhang mit seiner geschäftlichen Tätigkeit entlasten, stellen die Kapitalzuführungen an die FGAZ und FZG einen wirtschaftlichen Vorteil dar, der ihnen unter den üblichen Marktbedingungen nicht entstanden wäre. Schließlich wird daran erinnert, dass Betriebsbeihilfen aus denselben Gründen geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, wie die öffentliche Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen. Es wird der Schluss gezogen, dass Betriebsbeihilfen in Form von Kapitalzuführungen zugunsten der FGAZ und der FZG staatliche Beihilfen darstellen. |
Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt — DAWI-Entscheidung
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(48) |
Die deutschen Behörden vertraten den Standpunkt, dass der Flughafen Zweibrücken mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („DAWI“) betraut ist und die Betriebsbeihilfen auf der Grundlage der DAWI-Entscheidung von 2005 (15) von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung freigestellt und mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Nachdem festgestellt wurde, dass der Flughafen Zweibrücken weniger als 1 000 000 Passagiere abfertigt und daher die Voraussetzung von Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe d der DAWI-Entscheidung von 2005 erfüllt, wurden im Einleitungsbeschluss Zweifel daran geäußert, dass der Betrieb des Flughafens eine DAWI darstellt. |
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(49) |
Insbesondere wird im Einleitungsbeschluss das Argument der deutschen Behörden zurückgewiesen, dass ein Beitrag zur regionalen und wirtschaftlichen Entwicklung der Region genüge, um den gesamten Betrieb des Flughafens als DAWI anzuerkennen. Es wird betont, dass die Region bereits eine hohe Flughafendichte aufweist und daher offenbar keine Notwendigkeit besteht, den Flughafen Zweibrücken mit einer DAWI im Bereich der Erbringung von Flughafendiensten zu betrauen. |
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(50) |
Im Einleitungsbeschluss wird überdies erklärt, dass es zum derzeitigen Entwicklungsstand nicht klar ist, ob die in Artikel 4 der DAWI-Entscheidung von 2005 genannten Kriterien erfüllt sind. Die allgemeine, in § 45 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung („LuftVZO“) vorgesehene Betriebspflicht erfüllt die in Artikel 4 der DAWI-Entscheidung von 2005 festgelegten Voraussetzungen nicht. Ferner erlischt die Pflicht, sobald entschieden wird, dass der Flughafen schließt. Zudem wird festgestellt, dass die Kommission aufgrund fehlender Daten nicht überprüfen konnte, ob Artikel 5 der DAWI-Entscheidung von 2005 eingehalten wird. |
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(51) |
Schließlich wird im Einleitungsbeschluss darauf hingewiesen, dass nach dem DAWI-Beschluss von 2012 (16) Flughäfen nur dann von der Anmeldepflicht für staatliche Beihilfen befreit sind, wenn sie weniger als 200 000 Passagiere haben. Daher hätte die staatliche Beihilfe für den Flughafen Zweibrücken ab 31. Januar 2014 angemeldet werden müssen, auch wenn der Flughafen im Rahmen der DAWI-Entscheidung von 2005 von der Anmeldepflicht freigestellt war. |
Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt — Luftverkehrsleitlinien von 2005
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(52) |
Im Einleitungsbeschluss wird darauf hingewiesen, dass Betriebsbeihilfen grundsätzlich nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind und nur in Ausnahmefällen und unter strengen Auflagen als mit ihm vereinbar erklärt werden können. Laut Randnummer 27 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 können Betriebsbeihilfen für Flughäfen nur dann als vereinbar erklärt werden, wenn die Flughäfen sich in den am stärksten benachteiligten Regionen der Union befinden, das heißt in den unter Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV fallenden Regionen sowie in Regionen in äußerster Randlage oder mit geringer Bevölkerungsdichte. Es wird festgestellt, dass sich der Flughafen Zweibrücken nicht in einer solchen Region befindet und die Beihilfe daher nicht nach Randnummer 27 der Leitlinien für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann. |
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(53) |
Was die Möglichkeit anbelangt, die Betriebsbeihilfe gemäß Abschnitt 4.2. der Luftverkehrsleitlinien von 2005 für mit dem Binnenmarkt vereinbar zu erklären, wird im Einleitungsbeschluss darauf hingewiesen, dass die Vereinbarkeitskriterien in diesem Abschnitt jenen in der DAWI-Entscheidung von 2005 ähneln. Die Kommission kommt zu dem vorläufigen Schluss, dass die Voraussetzungen der DAWI-Entscheidung von 2005 nicht erfüllt sind, und sie gelangt hinsichtlich der Voraussetzungen nach den Luftverkehrsleitlinien von 2005 zu demselben Schluss. |
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(54) |
Im Einleitungsbeschluss wird schließlich darauf hingewiesen, dass seit dem 31. Januar 2012 die Bestimmungen in Abschnitt 4.2. der Luftverkehrsleitlinien von 2005 durch die Bestimmungen des DAWI-Rahmens von 2012 (17) ergänzt werden. Das bedeutet, dass alle öffentlichen Zahlungen, die auf der Grundlage der DAWI-Entscheidung von 2005 von der Pflicht zur vorherigen Anmeldung freigestellt wären, jedoch nicht mehr nach dem DAWI-Beschluss von 2012, ab dem 31. Januar 2014 sowohl die Voraussetzungen in Abschnitt 4.2. der Luftverkehrsleitlinien von 2005 als auch die Bestimmungen des DAWI-Rahmens von 2012 erfüllen müssen. |
Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt — Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen
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(55) |
Im Einleitungsbeschluss wird schließlich die mögliche beihilferechtliche Vereinbarkeit von Kapitalzuführungen auf der Grundlage der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen (18) behandelt. Da der gewerbliche Luftverkehr erst 2006 aufgenommen wurde, wird festgestellt, dass der Flughafen als „neu gegründetes Unternehmen“ im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien betrachtet werden könnte, auf das die genannten Leitlinien keine Anwendung finden. Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass kein Umstrukturierungsplan vorgelegt wurde, auf dessen Grundlage die Beihilfen gewährt worden sein könnten. |
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(56) |
Daher wies auf der Grundlage der vorhandenen Information die Auffassung vertreten, dass die Betriebsbeihilfe an die FZG/FGAZ nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden kann. |
3.2. POTENZIELLE BEIHILFE IM ZUSAMMENHANG MIT EINEM SPARKASSENKREDIT UND DER BETEILIGUNG AM LIQUIDITÄTSPOOL DES LANDES RHEINLAND-PFALZ.
3.2.1. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
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(57) |
Die FZG nahm am 20. Oktober 2009 einen Kredit in Höhe von […] Mio. EUR bei der Sparkasse Südwestpfalz auf. Der Zinssatz wurde auf 2,05 % pro Jahr bis zum 15. Oktober 2012 festgelegt. Danach konnten die Parteien die Bedingungen neu verhandeln. Das Land Rheinland-Pfalz gewährte der FZG eine 100 %ige Bürgschaft für den Kredit, ohne im Gegenzug Vergütungen oder Besicherungen zu verlangen. |
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(58) |
Seit dem 26. Februar 2003 ist die FGAZ zudem berechtigt, an einem „Liquiditätspool“ (also einem Finanzierungspool) teilzunehmen, der vom Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz eingerichtet wurde. Beim Liquiditätspool handelt es sich um einen Refinanzierungsmechanismus, der von Unternehmen genutzt werden kann, bei denen das Land mindestens 50 % der Anteile hält. |
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(59) |
Das maximale Kreditvolumen, dass die FGAZ aus dem Liquiditätspool aufnehmen kann, wurde auf 3,5 Mio. EUR ab dem 16. Januar 2009 festgelegt und am 1. Oktober 2009 auf 6 Mio. EUR erhöht. Die FGAZ muss keine Besicherung bereitstellen, die Zinssätze liegen auf dem Niveau des Tagesgeldsatzes, und die Kredite werden zurückgezahlt, wenn die FGAZ über Liquidität verfügt. |
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(60) |
Die deutschen Behörden erklärten die Arbeitsweise des Liquiditätspools wie folgt: Die FGAZ fordert Mittel vom Liquiditätspool an, um ihre Liquidität sicherzustellen, und das Land stellt diese Mittel aus dem Liquiditätspool bereit. Die erhobenen Zinssätze sind marktbasierte Tagesgeldsätze. Wenn der Saldo des Liquiditätspools selbst negativ ist, füllt das Land den Pool wieder auf, indem es auf dem Markt Kredite im eigenen Namen aufnimmt. Die deutschen Behörden erklärten weiterhin, dass das Land die auf dem Kapitalmarkt erzielten Konditionen im Wesentlichen an die Teilnehmer des Liquiditätspools weitergibt, wodurch sich die Teilnehmer — die Unternehmen, bei welchen das Land eine Mehrheit der Anteile hält — zu denselben Bedingungen refinanzieren können wie das Land selbst. |
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(61) |
Die deutschen Behörden gaben an, dass der Saldo der FGAZ beim Liquiditätspool bis Mai 2006 immer positiv war und erst danach in den negativen Bereich geriet. Die deutschen Behörden legten die in Tabelle 5 aufgeführten Daten zum Saldo der FGAZ beim Liquiditätspool im Zeitraum vom 2006 bis 2009 vor. Tabelle 5 Saldo der FGAZ beim Liquiditätspool im Zeitraum von 2006 bis 2009
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3.2.2. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
3.2.2.1. Vorliegen einer Beihilfe
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(62) |
Im Einleitungsbeschluss wird zunächst erklärt, dass die FGAZ und die FZG Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind. Anschließend wird festgestellt, dass die Bürgschaft und der Liquiditätspool dem Staat zuzurechnen sind und aus öffentlichen Mitteln gewährt wurden. Bezüglich des Kredits selbst werden im Einleitungsbeschluss jedoch weitere Informationen von den deutschen Behörden angefordert, um festzustellen, ob die Mittel, die von der Sparkasse Südwestpfalz, einem öffentlich-rechtlichen Finanzinstitut, ausgezahlt wurden, dem Staat zuzurechnen sind. |
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(63) |
Im Einleitungsbeschluss wird das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers angewendet, um zu bewerten, ob der FZG/FGAZ durch die Gewährung des Kredits, die Bürgschaft oder den Liquiditätspool ein Vorteil entstanden ist. Es wird darauf hingewiesen, dass bezüglich des Kredits und des Liquiditätspools beurteilt werden müsste, ob beide die in der Mitteilung über Referenzzinssätze von 2008 (19) ausgeführten Voraussetzungen erfüllen. Da keine Informationen zu den entsprechenden Referenzzinssätzen vorgelegt wurden, forderte die Kommission die deutschen Behörden auf, alle Informationen vorzulegen, die für die Bewertung der Frage notwendig sind, ob der Kredit und der Liquiditätspool die in der Mitteilung über Referenzzinssätze von 2008 ausgeführten Voraussetzungen erfüllen. |
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(64) |
Bezüglich der Bürgschaft des Landes Rheinland-Pfalz wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass anhand der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (20) bewertet werden muss, ob die Bürgschaft eine staatliche Beihilfe darstellt. Unter Hinweis darauf, dass keine ausreichenden Informationen vorliegen, wurden die deutschen Behörden im Einleitungsbeschluss aufgefordert, alle Informationen vorzulegen, die für die Bewertung der Bürgschaft auf der Grundlage der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften erforderlich sind. |
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(65) |
In Anbetracht der nächsten Feststellung, dass der Kredit, die Bürgschaft und der Liquiditätspool nur zugunsten der FGAZ/FZG gewährt wurden, wird im Einleitungsbeschluss der Schluss gezogen, dass diese selektiv sind. Es wird außerdem festgestellt, dass es — wie es bei der öffentlichen Finanzierung von Infrastruktur und den Betriebsbeihilfen der Fall war — nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Kredit, die Bürgschaft und der Liquiditätspool den Wettbewerb verfälschen. |
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(66) |
Anhand der vorliegenden Informationen wird im Einleitungsbeschluss der Schluss gezogen, dass der Kredit, die staatliche Bürgschaft und der Liquiditätspool eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen. Die mögliche Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Binnenmarkt wird nicht bewertet. |
3.3. ERMÄSSIGTE FLUGHAFENENTGELTE FÜR RYANAIR, GERMANWINGS UND TUIFly
3.3.1. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
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(67) |
Die von den deutschen Behörden vorgelegte Entgeltordnung trat am 1. Oktober 2005 in Kraft. Laut dieser Entgeltordnung richten sich die Landeentgelte nach dem Starthöchstgewicht und der Anzahl der an Bord befindlichen Passagiere. Bei Linienflügen mit mindestens 50 Passagieren ist eine Pauschale von 6,00 EUR pro abgefertigtem Passagier vorgesehen. Mit dieser Pauschale sind alle Flughafenentgelte, einschließlich der Sicherheitsgebühr in Höhe von 3,58 EUR, abgegolten. |
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(68) |
Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind, sind verschiedene Ermäßigungen verfügbar:
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3.3.1.1. Von Germanwings entrichtete Entgelte
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(69) |
Im August/September 2006 schloss Germanwings mit der FZG einen Vertrag über eine Verbindung zwischen dem Flughafen Zweibrücken und dem Flughafen Berlin-Schönefeld ab September 2006. In dem Vertrag ist ein Entgelt in Höhe von […] EUR pro Passagier zur Abgeltung von Lande-, Handling- Passagier- und Sicherheitsentgelten vorgesehen. Die Gebühren wurden für das erste Betriebsjahr um […] % ermäßigt. Ab dem 16. September 2007 zahlte Germanwings […] EUR pro Passagier, und ab dem 1. Januar 2008 wurde diese Zahlung auf […] EUR pro Passagier reduziert. Am 9. Januar 2011 stellte Germanwings seine Verbindung nach und von Zweibrücken ein. |
3.3.1.2. Von TUIFly entrichtete Entgelte
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(70) |
Die deutschen Behörden legten einen Vertrag zwischen der Flughafen Zweibrücken GmbH und TUIFly vor, dem zufolge TUIFly eine Pauschale von […] EUR pro Passagier zur Abgeltung aller entsprechenden Entgelte zahlen sollte. Zudem gaben sie an, dass TUIFly für die ersten […] Passagiere von allen Entgelten befreit war. Nachdem diese Passagierzahl am 1. August 2010 erreicht wurde, zahlte TUIFly eine Pauschale von […] EUR pro Passagier. |
3.3.1.3. Von Ryanair entrichtete Entgelte
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(71) |
Ryanair bediente die Strecke zwischen dem Flughafen Zweibrücken und London-Stansted vom 28. Oktober 2008 bis zum 22. September 2009. Für das erste Betriebsjahr vereinbarten die FZG und Ryanair […]. Im Gegenzug verpflichtete sich Ryanair, mindestens die Zahl von […] Passagieren pro Jahr zu erreichen. Laut den deutschen Behörden zahlte Ryanair […]. |
3.3.1.4. Von Germanwings, TUIFly und Ryanair erhaltene Dienstleistungen
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(72) |
Die Verträge zwischen der FZG und den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften enthalten einen Abschnitt über zusätzliche Dienstleistungen und Entgelte. In Tabelle 6 ist eine Gegenüberstellung der wichtigsten zusätzlichen Dienstleistungen und der den Luftverkehrsgesellschaften berechneten Entgelte enthalten. Tabelle 6 Zusätzliche Dienstleistungen und Entgelte
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3.3.2. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
3.3.2.1. Vorliegen einer Beihilfe
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(73) |
Da sich die FZG, welche den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften die Ermäßigungen gewährte, vollständig im Eigentum und unter der Aufsicht des Staates befand, wird im Einleitungsbeschluss zunächst festgestellt, dass die Ermäßigungen durch den Verzicht auf staatliche Einnahmen gewährt wurden,. Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Staat höchstwahrscheinlich am Abschluss der Verträge mit den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften beteiligt war und dass die entsprechende öffentliche Aufsichtsbehörde die Entgeltordnung genehmigen musste, mit der Folge, dass die Gewährung der Ermäßigungen auf die Flughafenentgelte für verschiedene Luftverkehrsgesellschaften dem Staat zuzurechnen ist. |
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(74) |
Um die Frage zu beantworten, ob den betreffenden Luftverkehrsgesellschaften durch die Ermäßigungen ein Vorteil entstand, wird im Einleitungsbeschluss daran erinnert, dass bewertet werden müsse, ob sich die FZG wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhielt, als sie die Ermäßigungen gewährte. Im Hinblick auf die Erfüllung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers müsste aufgezeigt werden, dass die Gewährung von Ermäßigungen auf einer soliden wirtschaftlichen Folgerichtigkeit beruhte und die Rentabilität des Flughafens dadurch erhöht wurde. Überdies dürfen die Einnahmen, die der Flughafen aus dem Vertrag mit einer bestimmten Luftverkehrsgesellschaft erzielte, nicht unter den Kosten liegen, welche für die Erbringung der Flughafendienstleistungen für diese Luftverkehrsgesellschaft anfallen. |
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(75) |
Im Einleitungsbeschluss wird festgestellt, dass keine Hinweise darauf vorliegen, dass die deutschen Behörden eine Prognose der geschätzten Einnahmen und Kosten des Flughafens für die Laufzeit der fraglichen Vereinbarungen mit den Luftverkehrsgesellschaften erstellt haben. Die deutschen Behörden legten nur einen mittelfristigen Geschäftsplan für die Jahre von 2011 bis 2015 vor. Angesichts dieser Tatsache werden im Einleitungsbeschluss Zweifel geäußert, ob mit den Einnahmen aus den Verträgen mit den Luftverkehrsgesellschaften die Kosten gedeckt werden konnten, die bei der Erbringung der Flughafen-Dienstleistungen entstanden. Es wird darauf hingewiesen, dass die FZG seit Aufnahme des gewerblichen Flugverkehrs stetig und vermehrt Verlust machte und dass die Verträge keine wie in anderen Verträgen übliche Klausel enthielten, die der FZG eine Rückforderung der Rabatte für den Fall ermöglicht, dass die Fluggesellschaften entscheiden, ihren Betrieb von Zweibrücken einzustellen. |
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(76) |
Im Einleitungsbeschluss wird festgestellt, dass der Flughafen Zweibrücken als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber hätte erwägen müssen, ob eine Schließung des Flughafens günstiger als eine Fortführung der Aktivitäten gewesen wäre. Die deutschen Behörden wurden um die Vorlage von Informationen bezüglich der Kosten einer Schließung im Vergleich zu den Kosten der Fortführung der Aktivitäten ersucht. Schließlich wurde im Einleitungsbeschluss auch darauf hingewiesen, dass die ermäßigten Entgelte die Sicherheitsgebühr zu umfassen scheinen, welche die FZG an den Sicherheitsdienst zu zahlen hatte. Es wird festgestellt, dass jeder den Luftverkehrsgesellschaften in Rechnung gestellter Preis, welcher der FZG keine Rückforderung der Sicherheitsgebühr ermöglichte, einen Vorteil für die Luftverkehrsgesellschaften darstellen würde. In der Schlussfolgerung des Einleitungsbeschlusses werden ernste Zweifel daran geäußert, dass die den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften gewährten Ermäßigungen für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber akzeptabel gewesen wären. |
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(77) |
Schließlich wird festgestellt, dass die Luftverkehrsgesellschaften auf einem durch intensiven Wettbewerb geprägten Markt tätig waren und jeder ihnen gewährte Vorteil ihnen ermöglichte, ihre Marktposition zu stärken. Deshalb wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die ermäßigten Entgelte wahrscheinlich den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten und den Wettbewerb verfälschten bzw. zu verfälschen drohten. |
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(78) |
Im Einleitungsbeschluss wird der vorläufige Schluss gezogen, dass die ermäßigten Entgelte staatliche Beihilfen an die entsprechenden Luftverkehrsgesellschaften (Germanwings, TUIFly und Ryanair) darstellen. |
3.3.2.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt
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(79) |
Im Einleitungsbeschluss wird geprüft, ob die ermäßigten Entgelte als eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Anlaufhilfe gemäß Abschnitt 5 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 eingestuft werden können. In ihrer Bewertung äußert die Kommission Zweifel daran, ob die verschiedenen Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Anlaufhilfe erfüllt sind. |
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(80) |
Insbesondere wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass:
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(81) |
Die Kommission kommt schließlich zu dem vorläufigen Schluss, dass die ermäßigten Entgelte nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbare Anlaufhilfe betrachtet werden können, da sie nicht alle in Abschnitt 5 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. |
3.4. DIE MARKETINGVEREINBARUNGEN MIT RYANAIR UND AMS
3.4.1. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
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(82) |
Zwei Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen wurden mit Ryanair und deren Tochter AMS abgeschlossen. Gemäß einem ersten zwischen Ryanair und der FZG abgeschlossenen Vertrag zahlte letztere […] EUR für verschiedene Marketingmaßnahmen an Ryanair, die von Ryanair durchgeführt werden sollten. |
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(83) |
Ein zweiter Vertrag wurde am 6. Oktober 2008 zwischen dem Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, und AMS abgeschlossen. Weder die FGAZ noch die FZG haben diesen Vertrag unterzeichnet. Gemäß dem Vertrag erbrachte AMS verschiedene Marketingdienstleistungen, wie das Platzieren von Links zu vom Land bestimmten Websites auf der Website von Ryanair, einschließlich kurzer Texte über das Land Rheinland-Pfalz auf der Website von Ryanair. Im ersten Jahr zahlte das Land insgesamt […] EUR an AMS. Im zweiten Jahr sollten die Dienstleistungen reduziert werden, und das Land hätte […] EUR zahlen müssen. |
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(84) |
Als Ryanair seine Dienstleistungen nach und von Zweibrücken nach weniger als einem Jahr einstellte, wurde der Marketingvertrag für das zweite Jahr schließlich gekündigt, und der Preis für das erste Jahr wurde auf […] des vereinbarten Preises reduziert. Tatsächlich zahlte das Land Rheinland-Pfalz insgesamt 320 833 EUR für Marketingdienstleistungen an AMS. Anscheinend hat AMS alle vereinbarten Maßnahmen durchgeführt. |
3.4.2. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
3.4.2.1. Vorliegen einer Beihilfe
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(85) |
Zunächst wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die vom Land Rheinland-Pfalz getätigten Zahlungen an AMS/Ryanair staatliche Mittel umfassten und dem Staat zuzurechnen sind. Soweit die von Rheinland-Pfalz gezahlte Marketingunterstützung den wirtschaftlichen Wert der von Ryanair erbrachten Marketingdienstleistungen überstiegen, handelt es sich um Einbußen an staatlichen Mitteln. |
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(86) |
Um zu beurteilen, ob die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen AMS/Ryanair einen Vorteil verschaffte, musste die Kommission wiederum den Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers anwenden. Es wird festgestellt, dass am Flughafen Zweibrücken nur Ryanair Marketingunterstützung in einem derartigen Umfang erhalten hat, dass die Zahlungen anscheinend nicht an Marketingdienstleistungen mit greifbaren Ergebnissen (wie einer Steigerung der Fluggastzahlen) geknüpft waren seien, und dass nicht bekannt ist, ob das Land Rheinland-Pfalz die Erbringung der Marketingdienstleistungen durch AMS/Ryanair überprüft hat. Weiterhin wird im Einleitungsbeschluss festgestellt, dass die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen eindeutig an die Verbindung zwischen Zweibrücken und London-Stansted geknüpft war, so dass sie als Anreiz für die neue Verbindung betrachtet werden kann, die Ryanair im Oktober 2008 aufnahm. Angesichts der Tatsache, dass Ryanair unmittelbar von diesen Marketingaktivitäten profitierte, wird der Schluss gezogen, dass diese zumindest teilweise von Ryanair hätten finanziert werden müssen. Die Kommission zieht schließlich in Zweifel, dass sich das Land Rheinland-Pfalz wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, und stellt fest, dass AMS/Ryanair ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft wurde. |
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(87) |
Da die Marketingunterstützung ausschließlich AMS/Ryanair gewährt wurde, ist die Maßnahme eindeutig selektiv. Aus denselben Gründen wie bei den ermäßigten Flughafenentgelten wird im Einleitungsbeschluss zudem festgestellt, dass die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht. Daher wird die Marketingunterstützung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV eingestuft. |
3.4.2.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt
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(88) |
Im Einleitungsbeschluss wird geprüft, ob die Marketingunterstützung für AMS/Ryanair als eine mit dem Binnenmarkt vereinbare Anlaufhilfe gemäß Abschnitt 5 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 erachtet werden könnte. In ihrer Bewertung drückt die Kommission Zweifel darüber aus, dass die verschiedenen Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Anlaufhilfe erfüllt sind. Die Gründe sind im Wesentlichen dieselben wie jene in Erwägungsgrund 80 dieses Beschlusses zur beihilferechtlichen Vereinbarkeit der ermäßigten Entgelte. Dementsprechend wird der Schluss gezogen, dass die Marketingunterstützung keine mit dem Binnenmarkt vereinbare Anlaufhilfe darstellt. |
4. STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS
4.1. ÖFFENTLICHE FINANZIERUNG DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN DURCH DAS LAND RHEINLAND-PFALZ/ZEF
4.1.1. INFRASTRUKTUR
4.1.1.1. Vorliegen einer Beihilfe
Wirtschaftliche Tätigkeit und wirtschaftlicher Vorteil
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(89) |
Die deutschen Behörden wiesen zunächst darauf hin, dass sie nicht mit dem Standpunkt der Kommission übereinstimmten, dass der Bau einer Flughafeninfrastruktur eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Die deutschen Behörden teilten mit, dass sich die Kommission hauptsächlich auf das Urteil des Gerichts in der Rechtssache Leipzig-Halle stützte und bemerkten, dass ein Einspruch gegen das Urteil noch immer vor dem Gerichtshof anhängig sei, weshalb sie ihren Standpunkt bis zur Entscheidung des Gerichtshofs beibehalten würden. |
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(90) |
Überdies machten die deutschen Behörden geltend, dass keine der Infrastrukturinvestitionen, die vor 2006 getätigt worden sind, als der Flughafen Zweibrücken seinen gewerblichen Betrieb aufnahm, den Beihilfevorschriften unterliegen. Bis zum Jahr 2006 diente der Flughafen nur Zwecken der allgemeinen und militärischen Luftfahrt, und die deutschen Behörden machten geltend, dass das Erbringen von Flughafendienstleistungen für diese Zwecke keine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle. Wegen des geringen Umfangs der Tätigkeiten am Flughafen Zweibrücken bis zum Jahr 2006 (bis zum Jahr 2006 wurde die Zahl von 30 000 Passagieren pro Jahr nie überstiegen) legt Deutschland dar, dass die öffentliche Finanzierung den Wettbewerb in jedem Falle nicht verfälscht bzw. nicht zu verfälschen gedroht habe und keine Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt habe. |
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(91) |
Darüber hinaus gaben die deutschen Behörden an, dass die Mehrheit der Investitionen, die durch öffentliche Zuschüsse gefördert wurden, zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählte. Es wurde betont, dass die meisten Investitionen erforderlich gewesen seien, um den sicheren Betrieb des Flughafens zu gewährleisten (insbesondere in Befolgung einer Anweisung der entsprechenden Sicherheitsaufsichtsbehörde und nach Beschwerden des Berufsverbands der Piloten „Cockpit“). Alle diese Maßnahmen zielten darauf ab, den sicheren Betrieb am Flughafen sicherzustellen und wurden daher als Aufgaben mit hoheitlichem Bezug erachtet. |
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(92) |
Die deutschen Behörden wiesen nachdrücklich die Ansicht zurück, dass alle Maßnahmen, die auch nur teilweise in den Bereich der Aufgaben mit hoheitlichem Bezug fallen, einen wirtschaftlichen Vorteil für den betreffenden Flughafen darstellen könnten, wenn diese Finanzierung nicht auf einer diskriminierungsfreien Grundlage allen Flughäfen im Mitgliedstaat gewährt würde. Die deutschen Behörden machten geltend, dass die Finanzierung der Maßnahmen, die zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählen, keine staatliche Beihilfe darstellten, und zwar unabhängig von der Frage, ob ein oder alle Flughäfen die Kosten für solche Maßnahmen tragen müssten. In diesem Zusammenhang sollte es eine einheitliche Auslegung des Begriffs „Aufgabe mit hoheitlichem Bezug“ geben, insbesondere angesichts der unterschiedlichen Weisen, wie die Mitgliedstaaten diesen Begriff definieren. |
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(93) |
Die deutschen Behörden legten eine Liste der Investitionen vor, welche im Zusammenhang mit Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zwischen 2006 und 2009 getätigt wurden (zum Vergleich: die Gesamtinvestitionen für diesen Zeitraum betrugen 22 476 812 EUR). Tabelle 7 Von den deutschen Behörden vorgelegte Übersicht über die Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug (21)
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(94) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass sie die Bereitstellung von Maßnahmen für die Flughafensicherheit gemäß § 8 Luftsicherheitsgesetz, Maßnahmen zur Sicherung der Betriebssicherheit, Luftraumkontrolle und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 27c Absatz 2 Luftverkehrsgesetz, Flugwetterdienste und die Brandbekämpfung als zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug gehörend erachten, unabhängig davon, ob es sich dabei um Investitions- oder Betriebsausgaben handelt. |
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(95) |
Die deutschen Behörden vertraten die Ansicht, dass die Finanzierung von Maßnahmen zur Luftraumkontrolle und -sicherheit vor dem Hintergrund von § 27c Absatz 2 Luftverkehrsgesetz betrachtet werden müsse. Gemäß dieser Vorschrift wird zwischen bestimmten Flughäfen unterschieden, bei denen die Finanzierung dieser Sicherheitsmaßnahmen auf Bundesebene aus Gründen der Sicherheit und Verkehrspolitik als wesentlich erachtet wird, und anderen, regionalen Flughäfen, bei denen solche Maßnahmen aus Sicht des Bundes nicht als unbedingt erforderlich eingestuft werden. Daher sei es gerechtfertigt, dass das Land Maßnahmen für die Luftraumkontrolle und -sicherheit bei regionalen Flughäfen wie Zweibrücken öffentlich finanziere, da der Flughafen diese Kosten andernfalls selbst tragen müsse. Daher werde die Finanzierung von Maßnahmen zur Luftraumkontrolle und -sicherheit von Deutschland in allen Fällen als hoheitliche Aufgabe betrachtet, unabhängig davon, ob diese direkt auf Bundesebene vom Staat oder von den Ländern finanziert werden. |
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(96) |
Darüber hinaus seien die Brandbekämpfungskosten laut den deutschen Behörden nicht auf Bundesebene reguliert, sondern fallen in die Zuständigkeit der Länder, weshalb die Brandbekämpfung nicht bei allen Flughäfen vom Staat finanziert werde. Die deutschen Behörden machten geltend, dass sich die unterschiedliche Behandlung aus historischen und auch sachlichen Gründen ergebe. Es liege hauptsächlich am Wesen des Flughafengeschäfts, dass kleinere regionale Flughäfen die hohen Fixkosten einer Brandbekämpfung nicht tragen können, weshalb diese daher von dem betreffenden Land getragen würden. |
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(97) |
Bezüglich der Sanierung der Start- und Landebahn erklärten die deutschen Behörden, dass die damit zusammenhängenden Maßnahmen zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählten, da sie unbedingt erforderlich seien, um die sichere Nutzung des Flughafens Zweibrücken zu gewährleisten. Die deutschen Behörden machten in diesem Zusammenhang geltend, dass selbst die Nutzung für militärische Zwecke ohne diese Maßnahmen nicht möglich gewesen wäre. Daher sei die Sanierung erforderlich gewesen, um die militärische Nutzung und die Nutzung durch die allgemeine Luftfahrt überhaupt zu ermöglichen. Die deutschen Behörden machen daher geltend, dass die Kosten für die Sanierung nicht ausschließlich mit der gewerblichen Luftfahrt verknüpft seien. |
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(98) |
In diesem Zusammenhang machten die deutschen Behörden geltend, dass die Art der Sanierung und die damit verbundenen Kosten aufgrund der militärischen Vorgeschichte des Flughafens erforderlich waren. Laut den deutschen Behörden brachten die Arbeiten bestimmte Gefahren mit sich, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass noch nicht explodierte Bomben aus dem Krieg vorhanden waren. Tatsächlich wurden im Zuge der Sanierung anscheinend zwei nicht explodierte Bomben entsorgt. |
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(99) |
Des Weiteren umfassten die Sanierungsarbeiten unter anderem die Anpassung der Start- und Landebahn an moderne Standards hinsichtlich der Breite, die Erneuerung des Entwässerungssystems, Navigationslichter und Guard Lights, die Beschilderung, die Notstromversorgung mit parallelem Netz und die Verlängerung des Zauns und der Rollbahn. Die Sanierung der Beleuchtung, Beschilderung und das Anheben der Rollbahn wurde in Beschwerden der Pilotenvereinigung „Cockpit“ gefordert. Ein weiterer wesentlicher Teil der Sanierung bestand in der Neuorganisation der Flughafensicherheit, einschließlich neuer Zäune, Türen, Videoüberwachung und Sprechanlagen, dem Einbau von Schiebetüren, Kabelkanälen usw. |
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(100) |
Schließlich machten die deutschen Behörden geltend, dass die Schließung des Flughafens Zweibrücken zu keinem Zeitpunkt als tragfähige Option angesehen wurde, da der fortgesetzte Betrieb des Flughafens aufgrund der Zwecke der militärischen und allgemeinen Luftfahrt, denen er diente, erforderlich war. In diesem Zusammenhang erklären die deutschen Behörden weiter, dass eine Schließung und ein Rückbau des Flughafens mit nicht zu rechtfertigenden Kosten verbunden gewesen wären, welche die Investitionskosten bei Weitem überstiegen hätten. Die deutschen Behörden legten jedoch keine Kostenschätzung für eine Schließung oder einen Vergleich dieser Kosten mit den Kosten einer Fortsetzung des Betriebs vor. |
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(101) |
Angesichts dieser Tatsache gaben die deutschen Behörden an, dass das Erbringen von Flughafendienstleistungen für die gewerbliche Luftfahrt wirtschaftlich sinnvoll sei. Die deutschen Behörden machten geltend, dass die große Mehrheit der Kosten in jedem Fall angefallen wäre, um Flughafendienstleistungen für Nutzer der militärischen und allgemeinen Luftfahrt (Infrastruktur usw.) zu erbringen, so dass die Dienstleistung auch für den gewerblichen Luftverkehr lediglich begrenzte Zusatzkosten verursachte, während gleichzeitig Zusatzeinnahmen geschaffen wurden. |
Verfälschung des Wettbewerbs und Auswirkung auf den Handel
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(102) |
Die deutschen Behörden gaben an, dass die öffentliche Finanzierung der Flughafeninfrastruktur von Zweibrücken den Wettbewerb nicht verfälsche und keine Auswirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten habe. Darüber hinaus machten die deutschen Behörden geltend, dass aus der bloßen Tatsache, dass sich andere Flughäfen in der Nähe von Zweibrücken befinden, weder eine Verfälschung des Wettbewerbs noch eine Beeinträchtigung des Handels abgeleitet werden könne. Die deutschen Behörden führten aus, dass der Flughafen Zweibrücken nicht im Wettbewerb zu den im Einleitungsbeschluss aufgeführten Flughäfen stehe, insbesondere nicht zum Flughafen Saarbrücken. |
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(103) |
Hinsichtlich der Beziehung zwischen den Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken erklärten die deutschen Behörden, dass die beiden Flughäfen sich gegenseitig ergänzten und nicht miteinander konkurrierten. Die deutschen Behörden erläuterten, dass die beiden Flughäfen unterschiedliche Profile aufwiesen, die sich aus ihrer unterschiedlichen Infrastruktur ergäben: Der Flughafen Saarbrücken habe eine bessere Infrastruktur für den Passagierverkehr (z. B. ein modernes Terminalgebäude) und konzentriere sich auf Linienflüge und Geschäftsreisende. Der Flughafen Zweibrücken verfüge dagegen über eine längere Start- und Landebahn, die für höhere Startgewichte geeignet sei, wodurch dieser Flughafen für schwerere Flugzeuge für Langstreckenflüge oder Frachttransporte geeignet sei. Laut den deutschen Behörden liegt der Schwerpunkt des Flughafens Zweibrücken daher auf Charterflügen und Frachttransport. |
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(104) |
Aufgrund der offensichtlichen Ergänzung der Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken erklärten die deutschen Behörden, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen den Flughäfen vorgesehen sei. Die deutschen Behörden gaben überdies an, dass die betreffenden Regionalregierungen bereits beschlossen hätten, in Zukunft enger zusammenzuarbeiten, und die Schaffung eines gemeinsamen Flughafens („Saar-Pfalz-Airport“) mit zwei Standorten (Saarbrücken und Zweibrücken) geplant sei. Laut den deutschen Behörden sollte die Zusammenarbeit zu Synergien und zu Kosteneinsparungen führen. Schließlich hoben die deutschen Behörden die Nachfrage nach Luftfahrtdienstleistungen in der Region hervor (die beiden Flughäfen zusammen fertigen schon 750 000 Passagiere ab), und sie beharren darauf, dass nur Saarbrücken und Zweibrücken gemeinsam diese Nachfrage entsprechend befriedigen könnten, insbesondere weil die anderen benachbarten Flughäfen nicht als Ersatz dienen könnten. Laut den deutschen Behörden würde der neue „Saar-Pfalz-Airport“ daher nicht im Wettbewerb zu den benachbarten Flughäfen, wie Luxemburg, Metz-Nancy-Lorraine und Frankfurt-Hahn, stehen. |
4.1.1.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt
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(105) |
Selbst wenn die öffentliche Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen eine staatliche Beihilfe darstelle, so sei diese nach Angaben der deutschen Behörden mit dem Binnenmarkt vereinbar, da sie die Voraussetzungen in Randnummer 61 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 erfülle. Vor der Erörterung der einzelnen Voraussetzungen betonten die deutschen Behörden, dass die in Zweibrücken getätigten Infrastrukturinvestitionen im Vergleich zu den mit dem Binnenmarkt vereinbaren Maßnahmen bei anderen öffentlich finanzierten regionalen Flughäfen relativ niedrig waren und nur dazu dienten, die vorhandene militärische Infrastruktur für die zivile Nutzung anzupassen. |
Der Bau und Betrieb der Infrastruktur dient einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse
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(106) |
Zunächst gaben die deutschen Behörden an, dass die Förderung der Infrastrukturinvestitionen mit öffentlichen Mitteln eindeutig einem klar definierten Ziel von allgemeinem Interesse diene: Die Infrastrukturinvestitionen sind in einem C-Fördergebiet mit dem Ziel erfolgt, die regionale Wirtschaftsstruktur zu verbessern. Die deutschen Behörden wiesen darauf hin, dass die EU-Mittel (die ab 1991 über die Programme Konver I, Konver II und PERIFRA bereitgestellt wurden) dafür genutzt worden seien, die militärische Infrastruktur für die zivile Nutzung anzupassen, wobei beispielsweise die Modernisierung und Errichtung eines Towers und des Entwässerungssystems der Start- und Landebahn finanziert wurden. Die deutschen Behörden erklärten, dass sie nicht verstünden, warum die Kommission Zweifel am Ziel von allgemeinem Interesse hat, nachdem sie sich an der Finanzierung der Umwandlung des früheren Militärflugplatzes beteiligt habe. |
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(107) |
Die deutschen Behörden erläuterten den historischen Kontext und führten aus, dass der Rückzug der US-Streitkräfte vom Flugplatz Zweibrücken im Jahr 1991 erhebliche Strukturprobleme in der Region Zweibrücken nach sich gezogen habe, z. B. eine Arbeitslosenquote von 20 % in der Stadt Zweibrücken. Die deutschen Behörden erklärten, dass die Umwandlung des Flugplatzes in einen Zivilflughafen daher dem Zweck diene, Arbeitsplätze zu schaffen und die regionale wirtschaftliche Infrastruktur zu verbessern. Die deutschen Behörden gaben weiter an, dass die vom Flughafen erbrachten Dienstleistungen für die Region unverzichtbar seien und dass die Regionalwirtschaft sehr stark von einer leicht zugänglichen Luftfahrtinfrastruktur abhängig sei. |
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(108) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass der einzige Grund für die Zweifel der Kommission an der Erfüllung dieses Kriteriums anscheinend wiederum darin bestünde, dass sich der Flughafen Zweibrücken in der Nähe des Flughafens Saarbrücken befinde und mit diesem anscheinend im Wettbewerb stehe. In Erwiderung darauf verwiesen die deutschen Behörden erneut auf den ergänzenden Charakter der beiden Flughäfen, die einen Wettbewerb zwischen beiden ausschließe. Darüber hinaus argumentierten sie, dass die Nähe zu anderen regionalen Flughäfen nicht von Bedeutung für die Frage sei, ob die subventionierte Infrastruktur einem Ziel von allgemeinem Interesse diene. Die deutschen Behörden erklärten überdies, dass der einzige relevante Faktor das Interesse des Landes Rheinland-Pfalz sei, da dieses dafür zuständig sei, dem allgemeinen Interesse auf seinem eigenen Hoheitsgebiet zu dienen und sich nicht auf die Infrastruktur in anderen Regionen zu stützen. |
Die Infrastruktur ist für die Erreichung des Ziels notwendig und angemessen
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(109) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass die Infrastruktur für die Erreichung des beabsichtigten Ziels notwendig und angemessen sei. Laut den deutschen Behörden waren die Infrastrukturinvestitionen jederzeit auf die Ergänzung und Erweiterung der vorhandenen Infrastruktur beschränkt, ohne unnötigerweise aufwändige oder teure Zusatzeinrichtungen zu schaffen. Es wird betont, dass in Zweibrücken kein neuer Flughafen eingerichtet, sondern lediglich ein ehemaliger Militärflugplatz für die zivile Nutzung umgewandelt worden sei. Die deutschen Behörden betonten zudem, dass die Infrastruktur für die Schaffung von Arbeitsplätzen notwendig sei. Laut den deutschen Behörden seien im gesamten Land Rheinland-Pfalz ungefähr 5 000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt im Zusammenhang mit dem Bestehen des Flughafens Zweibrücken geschaffen worden. Bis zum Jahr 2011 seien von diesen 5 000 Arbeitsplätzen 2 708 direkt oder indirekt am Flughafen oder im Konversionsgebiet geschaffen worden. Durch diese Arbeitsplätze würden Sozialausgaben (25 Mio. EUR pro Jahr) eingespart und Steuereinnahmen erzielt. Die deutschen Behörden erklärten zudem, dass die Arbeitsplätze in diesem Gebiet, in dem die Arbeitslosenquote derzeit 2 % über dem Durchschnitt des Landes liege, besonders wichtig seien. Die deutschen Behörden legten zwei Sachverständigengutachten vor, in denen die Bedeutung des Flughafens für die regionale Wirtschaft (22) hervorgehoben wird. |
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(110) |
Die deutschen Behörden betonten nochmals, dass die Nähe zum Flughafen Saarbrücken nichts an der Notwendigkeit und Angemessenheit der Infrastruktur in Zweibrücken ändere. Laut den deutschen Behörden sei die Infrastruktur in Zweibrücken für große und schwere Flugzeuge notwendig, weil diese nur in Zweibrücken landen könnten, da die Start- und Landebahn in Saarbrücken nicht die erforderliche Länge aufweise. Die deutschen Behörden geben außerdem an, dass Zweibrücken darüber hinaus die Möglichkeit für Nachtflüge biete, was für Frachtflüge von Bedeutung sei. |
Die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung der Infrastruktur sind zufriedenstellend
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(111) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung der Infrastruktur zufriedenstellend seien und betonten, dass sich die Passagierzahl des Flughafens Zweibrücken von nur 17 732 Passagieren im Jahr 2005 auf 223 165 Passagiere im Jahr 2011 erhöht habe. Sie machten darüber hinaus geltend, dass nach dem hier behandelten Kriterium nur die prognostizierten Passagierzahlen relevant seien und dass alle relevanten Prognosen einen steigenden Bedarf in der Region voraussagten. Unter Bezug auf die von „Desel Consulting“ und der „Airport Research GmbH“ im Jahr 2009 erstellten Prognose machten die deutschen Behörden geltend, dass bis zum Jahr 2025 ein Anstieg auf mindestens 1 350 000 Passagiere am Flughafen Zweibrücken erwartet werden könne. |
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(112) |
Die deutschen Behörden betonten nochmals, dass die Nähe zum Flughafen Saarbrücken die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung nicht beeinträchtige. Sie legten Prognosen vor, aus denen hervorging, dass am Flughafen Saarbrücken ebenfalls mit einer steigenden Passagierzahl zu rechnen sei und dass durch die vorgesehene Zusammenarbeit zwischen den beiden Flughäfen sichergestellt sei, dass beide in Zukunft nicht um dieselben Passagiere konkurrieren. |
Einheitlicher und diskriminierungsfreier Zugang zur Infrastruktur
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(113) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass alle potenziellen Nutzer einen einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur erhielten. Die Entgeltordnung von 2005 gelte grundsätzlich einheitlich für alle Nutzer des Flughafens unter denselben Bedingungen. Während die deutschen Behörden angaben, dass in der Praxis einige Abweichungen von der offiziellen Entgeltordnung für Linien- und Charterflüge vereinbart wurden, machten sie weiterhin geltend, dass ermäßigte Entgelte für das erste Jahr und Ermäßigungen allen Luftverkehrsgesellschaften auf einer diskriminierungsfreien Grundlage in vergleichbarem Umfang angeboten worden seien. |
Die Entwicklung des Handels wird nicht in einem Maße beeinträchtigt, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft; die allgemeinen Grundsätze der Notwenigkeit und Angemessenheit
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(114) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass angesichts der bereits vorgebrachten Argumente die Entwicklung des Handels nicht in einem Maße beeinträchtigt werde, das den gemeinschaftlichen Interessen zuwiderläuft. Laut den deutschen Behörden waren die Maßnahmen notwendig, weil der Flughafen Zweibrücken nicht durch den Flughafen Saarbrücken ersetzbar sei. Die deutschen Behörden führten weiter aus, dass die Infrastrukturinvestitionen auf die Maßnahmen beschränkt gewesen seien, die für die Gewährleistung der Betriebssicherheit des Flughafens notwendig gewesen seien. Sie betonten in diesem Zusammenhang, dass die Modernisierung der Start- und Landebahn auch dann notwendig gewesen wäre, wenn der Flughafen nicht für die gewerbliche Luftfahrt angepasst worden wäre. |
4.1.2. BETRIEBSBEIHILFEN
4.1.2.1. Vorliegen einer Beihilfe
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(115) |
Hinsichtlich der Frage, ob der Betrieb eines Flughafens eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, wiederholten die deutschen Behörden, dass der Flughafen vor Aufnahme der Dienstleistungen für die gewerbliche Luftfahrt im Jahr 2006 lediglich Zwecken der allgemeinen oder militärischen Luftfahrt gedient habe. In dieser Hinsicht gaben die deutschen Behörden an, dass die Finanzierung des Flughafenbetriebs in Bezug auf diese Tätigkeiten keine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle. |
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(116) |
Die deutschen Behörden argumentierten ferner, dass der größte Teil der Verluste der FZG, die von der FGAZ gemäß dem Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag abgedeckt wurden, auf die Ausübung der Aufgaben mit hoheitlichem Bezug durch die FZG zurückzuführen sei. Laut den deutschen Behörden kann der Ausgleich der Kosten, die mit der Ausübung der hoheitlichen Gewalt zusammenhängen, keine staatliche Beihilfe darstellen. |
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(117) |
Bezüglich der übrigen Elemente der Definition des Begriffs „staatliche Beihilfe“ im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verwiesen die deutschen Behörden auf die einschlägigen Argumente, die sie in Bezug auf die Maßnahmen für Infrastrukturinvestitionen vorgebracht hatten und vertraten die Ansicht, dass sie auch hier gelten würden. |
4.1.2.2. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt
DAWI-Entscheidung von 2005
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(118) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass die jährlichen Ausgleichszahlungen für die Verluste der FZG mit den Grundsätzen der DAWI-Entscheidung von 2005 vereinbar seien. Die deutschen Behörden gaben an, dass die Erteilung der Betriebslizenz für den Flughafen, durch die eine Betriebspflicht auferlegt werde, einen Betrauungsakt darstelle. Darüber hinaus erklärten die deutschen Behörden, dass der Flughafen zumindest „de facto“ mit der Erbringung einer DAWI betraut worden sei. Nach Ansicht der deutschen Behörden stehe die Betriebsbeihilfe für den Flughafen jedoch selbst dann mit den Grundsätzen der DAWI-Bestimmungen im Einklang und sei daher als mit dem Binnenmarkt vereinbar zu betrachten, wenn die Kommission zu der Ansicht gelange, dass ein solcher Betrauungsakt nicht stattgefunden habe. |
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(119) |
Die deutschen Behörden wiesen zudem die Annahme der Kommission zurück, dass die Betriebspflicht, die sich aus der Betriebslizenz des Flughafens ergibt, automatisch erlischt, wenn der Flughafen seinen Betrieb einstellt. Sie gaben an, dass die dem Flughafen gewährte finanzielle Unterstützung dazu diene, dem Flughafen die Fortsetzung des Betriebs zu ermöglichen und dadurch seine Betriebspflicht zu erfüllen, also die DAWI zu erbringen, mit welcher der Flughafen betraut wurde. Die deutschen Behörden machten ferner geltend, dass es der wesentliche Aspekt der Betriebspflicht sei, eine Schließung der Einrichtung zu verhindern. |
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(120) |
Unter Bezugnahme auf den breiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei der Definition einer DAWI wiesen die deutschen Behörden darauf hin, dass sie hinsichtlich der Bestimmung der Notwendigkeit und des Umfangs, in dem der Flughafen mit einer DAWI betraut wird, über einen Ermessensspielraum verfügten. Was den Hinweis der Kommission auf die Nähe zum Flughafen Saarbrücken betraf, betonten die deutschen Behörden erneut, dass die Region ohne die beiden Flughäfen an einer ernsten Unterversorgung an Flughafendienstleistungen leiden würde, weswegen die Betrauung beider Flughäfen mit einer DAWI erforderlich sei. |
Abschnitte 4.2 und 4.3 der Luftverkehrsleitlinien von 2005
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(121) |
Selbstwenn die Betriebsbeihilfe nach der DAWI-Entscheidung von 2005 nicht als von der Pflicht zur vorhiergen Anmeldung befreit eingestuft wird, ist sie nach Auffassung der deutschen Behörden dennoch mit den Luftverkehrsleitlinien von 2005 vereinbar. |
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(122) |
Zunächst betonten die deutschen Behörden, dass sich die ausgeglichenen Verluste zu einem großen Teil aus der Ausübung von Aufgaben mit hoheitlichem Bezug ergeben hätten. Darüber hinaus wiesen sie darauf hin, dass der Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag nicht die Kosten abdecke, die ein Flughafenbetreiber „üblicherweise“ zu tragen hat. Sie machten in diesem Zusammenhang geltend, dass ein Großteil der Kosten, die nicht mit der Ausübung von Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zusammenhängen, aufgrund der besonderen Geschichte des Flughafens Zweibrücken anfalle, so dass es sich in diesem Sinne nicht um „übliche Kosten“ handele. Die deutschen Behörden gaben an, dass der Flughafen die Pflicht habe, der allgemeinen Luftfahrt zu dienen und ihm Kosten durch die Umwandlung der bestehenden militärischen Infrastruktur entstanden seien. |
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(123) |
In jedem Fall gaben die deutschen Behörden an, dass die Voraussetzungen der Abschnitte 4.2 und 4.3 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 „de facto“ erfüllt seien. Insbesondere erklärten sie, dass nur die tatsächlichen Verluste ausgeglichen würden und daher keine Überkompensierung vorliege. |
4.2. POTENZIELLE BEIHILFE IM ZUSAMMENHANG MIT EINEM SPARKASSENKREDIT UND DER BETEILIGUNG AM LIQUIDITÄTSPOOL DES LANDES RHEINLAND-PFALZ.
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(124) |
Hinsichtlich des Kredits gaben die deutschen Behörden an, dass die Sparkasse Südwestpfalz, die den Kredit gewährte, als normale Geschäftsbank betrieben werde und bei der Vergabe des Kredits auch als solche gehandelt habe, so dass die Entscheidung für die Vergabe des Kredits nicht dem Staat zuzurechnen sei. Die deutschen Behörden erklärten ferner, dass die FZG bei der Aufnahme des Kredits Angebote von verschiedenen Kreditinstituten verglichen habe und der Kredit der Sparkasse den Marktbedingungen entsprochen habe. |
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(125) |
In Bezug auf die vom Land gewährte 100 %ige Bürgschaft für den Kredit gaben die deutschen Behörden an, dass es eine übliche Geschäftspraktik eines Anteilseigners sei, Bürgschaften für Kredite zu gewähren, die Tochtergesellschaften aufnehmen. Die deutschen Behörden machten geltend, dass der Kredit ausschließlich für die Modernisierung der Start- und Landebahn verwendet worden sei, die aufgrund von Sicherheitsbedenken erforderlich gewesen sei und daher unter die Aufgaben mit hoheitlichem Bezug falle. Da die durch den Kredit finanzierte Maßnahme nicht den Beihilfevorschriften unterlag, argumentierten sie, dass die vom Land gewährte Bürgschaft ebenfalls keine Beihilfe darstelle. Schließlich gaben die deutschen Behörden an, dass selbst in der Annahme, dass die Bürgschaft als staatliche Beihilfe eingestuft wird, der FZG kein Vorteil entstanden sei, da der Zinssatz auf den verbürgten Kredit noch immer höher gewesen sei als bei vergleichbaren Krediten für die FGAZ, die nicht durch eine Bürgschaft abgesichert waren. |
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(126) |
In Bezug auf den Liquiditätspool erklärten die deutschen Behörden, dass der Liquiditätspool des Landes ein üblicher Finanzierungsmechanismus sei, der in den Geschäftsbeziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften genutzt werde. Die deutschen Behörden gaben an, dass der Liquiditätspool ein Finanzinstrument sei, das im Jahr 2002 vom Land eingerichtet worden sei. Die Einrichtungen und Stiftungen des Landes sowie alle Unternehmen des Privatrechts, an denen das Land mehr als 50 % hält, können an dem Liquiditätspool teilnehmen. Die deutschen Behörden erklärten, dass die täglichen Kontosalden des Liquiditätspools von der „Landeshauptkasse“ des Landes verwaltet würden. |
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(127) |
Laut den deutschen Behörden wird der Liquiditätspool nicht direkt aus dem Haushalt des Landes finanziert, sondern aus dem Liquiditätsüberschuss der Teilnehmer. Die deutschen Behörden erklärten ferner, dass jede überschüssige Liquidität im Liquiditätspool auf den Kapitalmärkten investiert werde; in der gleichen Weise werde ein Defizit mit Hilfe von Krediten vom Kapitalmarkt ausgeglichen. Daher vertraten die deutschen Behörden die Ansicht, dass die finanzielle Unterstützung aus dem Liquiditätspool nicht aus staatlichen Mitteln stamme und auch nicht dem Staat zugerechnet werden könne. |
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(128) |
Die deutschen Behörden wiesen darauf hin, dass von den Unternehmen, die vom Liquiditätspool profitieren, zwar keine Besicherung verlangt werde, dass die Unternehmen sich aber unter der Aufsicht des Landes befänden und das Land als Mehrheitsgesellschafter der FGAZ jederzeit Sicherheiten hätte verlangen können. |
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(129) |
Nach Ansicht der deutschen Behörden ist es wirtschaftlich sinnvoll, dass das Mutterunternehmen seinen Tochterunternehmen ermöglicht, sich zu den Zinsätzen zu finanzieren, die dem Mutterunternehmen zur Verfügung stehen — in diesem Fall das Land Rheinland-Pfalz selbst. Laut den deutschen Behörden kann die Finanzierung über den Liquiditätspool daher nicht mit einem klassischen Kredit verglichen werden. Schließlich machten die deutschen Behörden geltend, dass das Land dem Liquiditätspool zu keinem Zeitpunkt Mittel aus dem regulären Haushalt zugeführt habe, sondern stattdessen bei Bedarf Kapital auf dem Markt aufgenommen habe. |
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(130) |
Da der Kredit, die Bürgschaft und der Liquiditätspool nach Angaben der deutschen Behörden keine staatliche Beihilfe darstellen, machten die deutschen Behörden keine Angaben in Bezug auf deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. |
4.3. ERMÄSSIGTE FLUGHAFENENTGELTE FÜR RYANAIR, GERMANWINGS UND TUIFly
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(131) |
Die deutschen Behörden machten geltend, dass die Verträge zwischen dem Flughafen Zweibrücken und den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften keine staatliche Beihilfe umfassten, da sie von vornherein nicht dem Staat zuzurechnen seien. Sie gaben an, dass die Verhandlungen und die Abschlüsse dieser Verträge in der Verantwortung der FZG lagen und in den Bereich der rein kaufmännischen Aufgaben fielen. Laut den deutschen Behörden wurden die Verträge vom Aufsichtsrat der FZG besprochen und das Land Rheinland-Pfalz war nur indirekt über seine Vertreter im Aufsichtsrat der FGAZ beteiligt. Die deutschen Behörden erklärten weiterhin, dass das Land nicht direkt an den Verhandlungen mit den Luftverkehrsgesellschaften über ermäßigte Entgelte teilgenommen habe. Die deutschen Behörden führten aus, dass die Zurechenbarkeit schließlich nicht aus der Tatsache abgeleitet werden könne, dass die Entgeltordnung von einer öffentlichen Aufsichtsbehörde gemäß § 43a LuftVZO genehmigt werden müsse. Dies sei eine allgemeine regulatorische Anforderung, die sowohl für öffentliche als auch für private Flughäfen gelte. |
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(132) |
Die deutschen Behörden vertraten ferner die Ansicht, dass die Ermäßigungen, die den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften gewährt wurden, diesen keinen selektiven Vorteil verschafften, da die ermäßigten Entgelte allen interessierten Luftverkehrsgesellschaften gleichermaßen zur Verfügung standen. Sie legten dar, dass die ermäßigten Entgelte nur dann einen selektiven Vorteil dargestellt hätten, wenn sie nicht auf einer diskriminierungsfreien Grundlage verfügbar gewesen wären und nur eine Luftverkehrsgesellschaft höhere oder niedrigere Entgelte als andere gezahlt hätte, ohne dass es objektive Gründe für diese Differenzierung gegeben hätte. |
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(133) |
Laut den deutschen Behörden war die Gewährung von ermäßigten Entgelten für die FZG gleichzeitig wirtschaftlich sinnvoll, da es den Luftverkehrsgesellschaften ermöglicht wurde, sich an einem Flughafen zu etablieren, der in der gewerblichen Luftfahrt neu war. Die deutschen Behörden gaben an, dass der Flughafen durch die Gewährung der ermäßigten Entgelte das Risiko für die Einrichtung einer neuen Verbindung zwischen sich und den Luftverkehrsgesellschaften aufgeteilt habe, während es gleichzeitig beiden Seiten ermöglicht worden sei, von den steigenden Passagierzahlen zu profitieren. Die deutschen Behörden machten geltend, dass die Luftverkehrsgesellschaften ohne die ermäßigten Entgelte nicht bereit gewesen wären, in Zweibrücken tätig zu werden. |
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(134) |
Die deutschen Behörden erklärten, dass die Nachlässe für die Luftverkehrsgesellschaften als Möglichkeit gesehen werden müssten, zusätzliche Einnahmen für die FZG zu erzielen, da die Festkosten für den Flughafenbetrieb in jedem Fall entstanden wären (um der allgemeinen und militärischen Luftfahrt zu dienen), während die Etablierung neuer Luftverkehrsgesellschaften nur sehr niedrige zusätzliche variable Kosten verursacht habe. Laut den deutschen Behörden sei es nicht erforderlich gewesen, einen Ex-ante-Geschäftsplan vorzubereiten, um zu ermitteln, ob ein Vertrag mit einer Luftverkehrsgesellschaft einen inkrementellen Zuwachs der Rentabilität bewirken würde, da die Dienstleistungen für neue Luftverkehrsgesellschaften nicht zu spürbaren inkrementellen Kosten geführt hätten. |
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(135) |
Laut den deutschen Behörden sind die ermäßigten Flughafenentgelte nicht selektiv, weil sie auf einer diskriminierungsfreien Grundlage gewährt wurden. Daher sind die deutschen Behörden der Ansicht, dass keine Verfälschung des Wettbewerbs stattgefunden habe. Die deutschen Behörden gaben an, dass die Luftverkehrsgesellschaften nicht in der Lage gewesen wären, ihre Marktstellung durch diese Entgelte zu stärken. |
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(136) |
Da die deutschen Behörden geltend machten, dass die ermäßigten Entgelte für verschiedene Luftverkehrsgesellschaften keine staatliche Beihilfe darstellten, machten sie keine Angaben in Bezug auf deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt. |
4.4. DIE MARKETINGVEREINBARUNGEN MIT RYANAIR UND AMS
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(137) |
Die deutschen Behörden betonten, dass die zwischen dem Land und der AMS abgeschlossenen Marketingvereinbarungen unabhängig von der FZG seien. Die deutschen Behörden gaben an, dass das Ziel der Marketingvereinbarungen gewesen sei, Marketingdienstleistungen, mit denen primär das Land Rheinland-Pfalz als Reiseziel für Tourismus und Zielort für wirtschaftliche Tätigkeiten beworben werden sollte, zum Marktpreis zu erwerben. Laut den deutschen Behörden gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Marketingmaßnahmen und den Passagierzahlen, da die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen nicht speziell auf die Bewerbung des Flughafens ausgerichtet gewesen sei. Die deutschen Behörden erklärten, dass durch die Marketingmaßnahmen nebenbei auch der Flughafen Zweibrücken beworben wurde. |
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(138) |
Sie betonten, dass das Land durch den Abschluss der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen lediglich Marketingdienstleistungen zum Marktpreis erworben habe und dass der Marketingvertrag keine staatliche Beihilfe beinhalte und nicht als Beihilfemaßnahme bewertet werden müsse, die einer Luftverkehrsgesellschaft im Sinne der Luftverkehrsleitlinien von 2005 zugute komme. |
5. STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN
5.1. RYANAIR
5.1.1. ERMÄSSIGTE FLUGHAFENENTGELTE
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(139) |
Ryanair gab an, dass die den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften von der FZG gewährten ermäßigten Entgelte keine staatliche Beihilfe umfassten, da sie mit dem Grundsatz des wirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang standen. Zunächst machte Ryanair geltend, dass mit der Anwendung des Grundsatzes des wirtschaftlich handelnden Kapitalgebers auf die Beziehung zwischen Flughafen und Luftverkehrsgesellschaften nur geprüft werden sollte, ob der Vertrag einen inkrementellen Zuwachs der Rentabilität des Flughafens bewirkte. Ryanair vertrat die Ansicht, dass alle Kosten für die Infrastruktur sowie die festen Betriebskosten als versunkene Kosten betrachtet werden sollten. Laut Ryanair sollte die Kommission bei der Bewertung, ob der Vertrag mit dem Grundsatz des wirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang steht, nur die inkrementellen Kosten des Flughafens berücksichtigen, die direkt mit der Erbringung von Flughafendienstleistungen für die betreffende Luftverkehrsgesellschaft zusammenhängen und prüfen, ob die Gesamteinnahmen aus dem Vertrag diese inkrementellen Kosten übersteigen. In diesem Zusammenhang betonte Ryanair, dass im Rahmen der Vereinbarung zwischen Ryanair und der FZG keine Infrastrukturkosten angefallen seien, so dass diese nicht als mit der Vereinbarung verbundene inkrementelle Kosten betrachtet werden könnten. |
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(140) |
Bei der Bewertung der Einnahmen machte Ryanair dagegen geltend, dass die Kommission auch die Außenwirkung berücksichtigen sollte, mit der bei einem Abschluss der Dienstleistungsvereinbarung zwischen der FZG und Ryanair im Jahr 2008 gerechnet wurde. Ryanair erklärte, dass es nicht vorhersehbar und daher unwichtig war, dass diese Außenwirkung nicht zustande gekommen ist. |
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(141) |
Ryanair erklärte weiterhin, dass die ermäßigten Entgelte Ryanair nicht selektiv einen Vorteil verschafften. Ryanair gab an, dass die Ermäßigungen für das erste Betriebsjahr in Anerkennung der erheblichen kommerziellen Risiken angeboten wurden, die Ryanair auf sich nahm, als das Unternehmen ganzjährige Linienverbindungen an einem Flughafen aufnahm, der zu dem Zeitpunkt unbekannt war. Laut Ryanair wäre es für das Unternehmen im Fall von Zweibrücken wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen, ein solches kommerzielles Risiko ohne Anreizsystem einzugehen. |
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(142) |
Ryanair erklärte darüber hinaus, dass jeder anderen Luftverkehrsgesellschaft eine ähnliche Regelung offen gestanden habe, d. h. dass die Ermäßigungen auf die Entgelte für Flughafendienstleistungen für das erste Betriebsjahr allen Luftverkehrsgesellschaften offenstanden, die neue Verbindungen von Zweibrücken aus aufnahmen. Insbesondere betonte Ryanair, dass seine Vereinbarung mit der FZG eine Klausel enthielt, die besagte, dass diese Vereinbarung auf nicht-exklusiver Basis eingegangen werde. Weiterhin besagte die Vereinbarung, dass die Parteien zustimmen, dass die Ryanair gewährten Bedingungen laut Vereinbarung auf transparenter und diskriminierungsfreier Grundlage auch allen anderen Luftverkehrsgesellschaften zur Verfügung stehen, die sich als Luftverkehrsgesellschaft zu Tätigkeiten im gleichwertigen Umfang am Flughafen verpflichten (23). |
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(143) |
Ryanair vertrat die Ansicht, dass in jedem Fall die Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und der FZG keine staatliche Beihilfe umfassten, da sie nicht dem Staat zuzurechnen waren. Ryanair machte geltend, dass die von der Kommission vorgelegten Beweise, mit denen eine Zurechenbarkeit zum Staat belegt werden sollte, nicht ausreichend seien, da sie möglicherweise das Interesse der öffentlichen Behörden an den Geschäftsbeziehungen und der Zukunft des Flughafens widerspiegelten, nicht aber die tatsächliche Beteiligung der öffentlichen Behörden an den Verhandlungen der FZG und der Vereinbarung mit Ryanair aufzeigten. |
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(144) |
Darüber hinaus legte Ryanair einige von OXERA erstellte Anmerkungen sowie eine von Professor Damien P. McLoughlin vorbereitete Analyse vor. |
Oxera Anmerkung 1 — Ermittelung der Markt-Benchmark in der vergleichenden Analyse für Prüfungen anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten. „Ryanair State aid cases“ (Fälle staatlicher Beihilfe für Ryanair), erstellt für Ryanair von Oxera, 9. April 2013
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(145) |
Oxera vertritt die Ansicht, dass der Ansatz der Kommission, nur Vergleichsflughäfen im gleichen Einzugsgebiet wie der zu prüfende Flughafen heranzuziehen, mit Fehlern behaftet sei. |
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(146) |
Oxera machte geltend, dass die von den Vergleichsflughäfen erhaltenen Markt-Benchmark-Preise nicht durch staatliche Beihilfen beeinflusst seien, die den umliegenden Flughäfen gewährt wurden. Daher sei eine solide Schätzung einer Markt-Benchmark für die Prüfungen anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten möglich. |
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(147) |
Dafür gebe es folgende Gründe:
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Oxera Anmerkung 2 — Zugrundeliegende Grundsätze bei der Rentabilitätsanalyse für Prüfungen anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten. „Ryanair State aid cases“ (Fälle staatlicher Beihilfe für Ryanair), erstellt für Ryanair von Oxera, 9. April 2013
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(148) |
Oxera vertritt die Ansicht, dass die von Oxera durchgeführte Rentabilitätsanalyse in den der Kommission vorgelegten Berichten den Grundsätzen folgt, die von einem rationalen privaten Investor angewendet würden, und dem Vorgehen bei Präzedenzfällen der Kommission entspricht. |
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(149) |
Die zugrunde liegenden Grundsätze bei der Rentabilitätsanalyse sind folgende:
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Analyse von Professor Damien P. McLoughlin, „Brand building: why and how small brands should invest in marketing“ (Markenaufbau: warum und wie kleine Marken in Marketing investieren sollten), erstellt für Ryanair, 10. April 2013
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(150) |
Ziel des Dokuments ist es, die wirtschaftliche Logik darzustellen, die den Entscheidungen der regionalen Flughäfen zugrunde liegt, von AMS Werbemöglichkeiten auf Ryanair.com zu kaufen. |
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(151) |
Im Dokument wird geltend gemacht, dass es viele sehr stabile, bekannte und regelmäßig genutzte Flughäfen gibt. Schwächere Mitbewerber müssen das unflexible Kaufverhalten der Verbraucher überwinden, um ihr Geschäft zu erweitern. Kleinere regionale Flughäfen müssen nach Möglichkeiten suchen, einem möglichst großen Publikum Ihre Markenbotschaft einheitlich zu kommunizieren. Die Ausgaben für traditionelle Formen der Marketingkommunikation übersteigen die Mittel kleiner regionaler Flughäfen. |
Oxera Anmerkungen 3 und 4 — „How should AMS agreements be treated within the profitability analysis as part of the market economy operator test?“ (Wie sollten Vereinbarungen mit AMS im Rahmen der Rentabilitätsanalyse als Teil der Prüfung anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten behandelt werden?), 17. und 31. Januar 2014
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(152) |
Ryanair legte weitere Berichte seiner Unternehmensberatung Oxera vor. In diesen Berichten behandelte Oxera die Grundsätze, die laut der Luftverkehrsgesellschaft bei der Prüfung anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten in der Rentabilitätsanalyse von einerseits den Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen zwischen Ryanair und Flughäfen und andererseits den Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen zwischen AMS und denselben Flughäfen berücksichtigt werden sollten (24). Ryanair betonte, dass diese Berichte den zuvor dargestellten Standpunkt des Unternehmens, dass die Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen und die Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen in separaten Prüfungen anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten analysiert werden sollten, in keiner Weise ändern würden. |
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(153) |
Den Berichten zufolge sollten die von AMS erzielten Gewinne in eine gemeinsame Analyse der Rentabilität aufgenommen werden, während die Ausgaben von AMS in die Kosten zu integrieren seien. Dazu wird im Bericht vorgeschlagen, dass eine auf dem Geldfluss basierende Methode auf die gemeinsame Rentabilitätsanalyse angewendet wird, d. h. die Ausgaben von Flughäfen für AMS könnten als inkrementelle Betriebskosten behandelt werden. |
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(154) |
In den Berichten wurde betont, dass Aktivitäten im Bereich Marketing zur Schaffung und Unterstützung des Markenwerts beitragen, der sich nicht nur während der Laufzeit des Vertrags auswirkt und Nutzen bringt, sondern auch nach dessen Beendigung. Dies wäre besonders der Fall, wenn aufgrund der Tatsache, dass Ryanair eine Vereinbarung mit diesem Flughafen abgeschlossen hat, andere Luftverkehrsgesellschaften ebenfalls den Betrieb an diesem Flughafen aufnehmen, wodurch wiederum mehr Geschäfte einen Anreiz erhalten, sich am Flughafen niederzulassen und weitere nicht-luftfahrtbezogene Einnahmen für den Flughafen einbringen. Laut Ryanair sollte dieser Nutzen bei einer gemeinsamen Analyse der Rentabilität durch die Kommission berücksichtigt werden, indem die Ausgaben für AMS als inkrementelle Betriebskosten berücksichtigt werden, nach Abzug der AMS-Zahlungen. |
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(155) |
Zudem vertritt Ryanair die Auffassung, dass im prognostizierten Gewinnwachstum am Laufzeitende der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen ein Endwert enthalten sein sollte, um den erwirtschafteten Wert nach Vertragsende zu berücksichtigen. Der Endwert könnte auf der Grundlage einer Wahrscheinlichkeit für eine „Verlängerung“ angepasst werden, mit der die Erwartung gemessen wird, dass nach Beendigung der Vereinbarung mit Ryanair weiterhin Gewinne erzielt oder ähnliche Bedingungen mit anderen Luftverkehrsgesellschaften vereinbart werden. Ryanair vertrat die Auffassung, dass es dann möglich sei, eine niedrigere Grenze für den Nutzen zu berechnen, der durch die Vereinbarung mit AMS und die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zusammen erzielt wurde, wobei die Unsicherheiten beim Gewinnwachstum nach Beendigung der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen widergespiegelt werden. |
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(156) |
Zur Ergänzung dieses Ansatzes enthielten die Berichte eine Synthese der Ergebnisse von Untersuchungen über die Auswirkungen von Marketing auf den Wert einer Marke. In diesen Untersuchungen wird anerkannt, dass Marketing den Wert einer Marke fördern und beim Aufbau eines Kundenstamms helfen kann. Den Berichten zufolge erhöht das Marketing auf Ryanair.com besonders bei Flughäfen die Sichtbarkeit der Marke. In den Berichten wird zudem erklärt, dass kleinere regionale Flughäfen, die ihren Luftverkehr erhöhen möchten, den Wert ihrer Marke insbesondere durch den Abschluss von Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen mit AMS erhöhen können. |
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(157) |
Aus den Berichten ging schließlich hervor, dass ein Cashflow-Ansatz einer Kapitalisierungsmethode vorzuziehen ist, bei der die Kosten für von AMS erbrachte Marketingdienstleistungen als Kapitalausgaben für einen immateriellen Vermögenswert (d. h. den Markenwert) behandelt würden (25). Bei der Kapitalisierungsmethode würde lediglich der Anteil der Marketingausgaben berücksichtigt, der den immateriellen Vermögenswerten eines Flughafens zuzuordnen ist. Die Marketingausgaben würden als Kapitalausgaben für einen immateriellen Vermögenswert behandelt, und dann während der Vertragsdauer abgeschrieben, wobei ein Restwert bei der voraussichtlichen Beendigung der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen berücksichtigt wird. Dieser Ansatz würde die inkrementellen Gewinne nicht berücksichtigen, die der Abschluss der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen mit Ryanair einbringen würde, und es ist zudem schwierig, aufgrund der Markenausgaben und der Nutzungsdauer des Vermögens den Wert des immateriellen Vermögens zu berechnen. Der Cashflow-Ansatz sei besser geeignet als die Kapitalisierungsmethode, da die letztgenannte Methode die positiven Auswirkungen für den Flughafen nicht berücksichtigen würde, die sich voraussichtlich aus dem Abschluss der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen mit Ryanair ergeben. |
5.1.2. VEREINBARUNGEN ÜBER MARKETINGDIENSTLEISTUNGEN
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(158) |
Ryanair betonte, dass die Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen mit AMS von den Vereinbarungen von Ryanair mit den Flughäfen getrennt sind und auch getrennt bewertet werden sollten, da sie nicht als ein einziger Begünstigter betrachtet werden können. Die Vereinbarungen wurden unabhängig voneinander ausgehandelt, bezogen sich auf unterschiedliche Dienstleistungen und waren in keiner Weise miteinander verbunden, die ihre Behandlung als eine einzige mutmaßliche staatliche Beihilfe rechtfertigen würde. Der Abschluss einer Vereinbarung über Marketingdienstleistungen mit AMS ist keine Voraussetzung für den Betrieb von Verbindungen durch Ryanair zu oder von einem Flughafen. Ryanair betonte, dass die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen von AMS mit dem Ministerium, dem Miteigentümer des Flughafens, abgeschlossen wurde und dem Flughafen zugutekam, dass jedoch nicht beabsichtigt war, die Auslastung oder die Rendite von Verbindungen von Ryanair zu erhöhen. |
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(159) |
Was den Wert der Marketingmaßnahmen betrifft, machte Ryanair geltend, dass der Platz für Marketing auf der Website von Ryanair knapp und die Nachfrage danach hoch sei, auch die Nachfrage seitens Unternehmen, die keine Flughäfen sind. Laut Ryanair erkennen nun auch traditionelle Luftverkehrsgesellschaften den Wert ihrer Websites für Marketing und Werbung. Ryanair gab an, dass Flughäfen die Werbung auf Ryanair.com oder den Websites anderer Luftverkehrsgesellschaften dafür nutzen, eine Marke aufzubauen. Ryanair erklärte überdies, dass diese größere Markenbekanntheit den Flughäfen auf verschiedene, einander verstärkende und ergänzende Weisen nutzen kann. Der Flughafen Zweibrücken sei international wesentlich weniger bekannt als der Aéroport de Paris oder Heathrow Airport und müsse daher in Werbung investieren, um seine Markenbekanntheit zu erhöhen und die Anzahl der ankommenden Passagiere zu maximieren. Ryanair folgerte, dass das Land die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen mit AMS aus zwei Gründen abschloss: einerseits aus einem rein kommerziellen Grund als Miteigentümer von 50 % des Betreibers des Flughafens Zweibrücken und andererseits im Rahmen seiner Pflicht, Tourismus und Geschäftsmöglichkeiten im Land zu fördern. Ryanair vertritt daher die Ansicht, dass das Land wertvolle Marketingdienstleistungen zu einem Marktpreis erwarb. |
5.2. AIRPORT MARKETING SERVICES (AMS)
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(160) |
AMS gab an, dass die Kommission anders als im Einleitungsbeschluss vorgeschlagen, die Vereinbarung zwischen FZG und Ryanair und die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen zwischen Land und AMS nicht als zusammenhängend sondern als zwei getrennte Geschäftsvorgänge betrachten sollte. AMS erklärte, dass das Unternehmen eine Tochtergesellschaft von Ryanair mit einem eigenen geschäftlichen Zweck sei, die für die Entwicklung von Tätigkeiten gegründet wurde, welche nicht zum Kerngeschäft von Ryanair zählen. AMS stellte klar, dass das Unternehmen für Ryanair als Vermittler für den Verkauf von Werbefläche auf dessen Website genutzt werde. AMS gab darüber hinaus an, dass die Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen von AMS grundsätzlich getrennt von den Vereinbarungen zwischen Ryanair und den jeweiligen Flughäfen ausgehandelt und abgeschlossen werden. AMS erklärte, dass die Vereinbarung zwischen AMS und dem Land Ryanair keinen Vorteil verschafft habe, Ryanair seine Partner nicht unter Druck setze, Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen mit AMS abzuschließen und die Leistung von Ryanair bei Verbindungen zu Flughäfen mit und ohne Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen mit AMS im Allgemeinen gleich sei. |
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(161) |
AMS gab weiterhin an, dass die FZG beim Erwerb von Marketingdienstleistungen gemäß dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten agiert habe, da die Werbung auf Ryanair.com einen hohen Realwert für das Land darstellen soll und der von AMS festgelegte Preis dem Marktpreis für diese Dienstleistungen entsprach. AMS machte geltend, dass bei den Preisen, zu denen AMS Werbefläche bereitstellt und den Mengen, in denen diese Fläche erworben wird, keine Ungleichbehandlung öffentlicher und privater Inserenten besteht. AMS erklärte außerdem, dass öffentliche und private Einrichtungen um den Zugang zur begrenzten Werbefläche auf Ryanair.com konkurrieren. Laut AMS bedeutet das, dass in den Vereinbarungen von AMS mit öffentlichen Flughäfen keine staatliche Beihilfe enthalten sein kann, da AMS die Werbefläche auf der Website zu einem vergleichbaren Preis einfach an ein privates Unternehmen verkaufen könnte. |
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(162) |
AMS betonte zudem, dass es für einen kleinen regionalen Flughafen sinnvoll sei, Marketingdienstleistungen von AMS zu erwerben. AMS gab an, dass diese Flughäfen in der Regel ihre Markenbekanntheit erhöhen müssten und dass die Werbung auf der Website einer Luftverkehrsgesellschaft die Zahl der einträglicheren ausländischen Passagiere erhöhen könne (ausländische Passagiere bringen mehr Einnahmen im nicht-luftfahrtbezogenen Bereich ein als abfliegende Passagiere, die aus der Region stammen, in der sich der Flughafen befindet). AMS betonte, dass das Land nicht nur als Miteigentümer des Flughafenbetreibers mit einem unmittelbaren Interesse an der Förderung seines Markenprofils und seiner Einnahmen agiert habe, sondern auch als Behörde, die mit der Aufgabe betraut sei, den Tourismus und die Geschäftsmöglichkeiten im Land Rheinland-Pfalz durch verschiedene Mittel zu fördern, insbesondere durch Werbung. |
5.3. GERMANWINGS
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(163) |
Germanwings erläuterte kurz, warum es den Betrieb in Zweibrücken aufnahm. Das Unternehmen erklärte, dass es sich wegen der besseren Start- und Landebahn für Zweibrücken und gegen Saarbrücken entschieden habe und legte dar, dass die Topographie der Start- und Landebahn in Saarbrücken schwierig sei. Darüber hinaus erklärte das Unternehmen, dass Zweibrücken im Jahr 2006, dem Zeitpunkt der Entscheidung von Germanwings für Zweibrücken, besser für Instrumentenlandungen (CAT-System) ausgestattet war und die Flugzeit nach Berlin etwas kürzer war. Germanwings erklärte, dass es seine Verbindung von Zweibrücken im Jahr 2011 aufgrund mangelnder Rentabilität einstellte. |
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(164) |
Germanwings machte zunächst geltend, dass seine Verträge mit der FZG keine staatliche Beihilfe umfassten, weil diese nicht dem Staat zuzurechnen sei. Das Unternehmen erklärte, dass verschiedene Presseveröffentlichungen von Politikern nicht aufzeigen können, dass der Staat an den Verhandlungen zu diesen Verträgen oder deren Abschlüssen beteiligt gewesen sei und dass die Verpflichtung zu einer von der Aufsichtsbehörde genehmigten Entgeltordnung gemäß § 43a LuftVZO nicht für individuelle Vereinbarungen gelte. |
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(165) |
Darüber hinaus erklärte Germanwings, dass die FZG beim Abschluss der verschiedenen Vereinbarungen als marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter agiert habe. Das Unternehmen betonte, dass der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten nicht erfordere, dass ein Investor kurzfristig keine Verluste mache, sondern dass dies eine übliche Geschäftsstrategie sein könne, um mittel- und langfristig rentabel zu sein. Der nach Ansicht von Germanwings im Einleitungsbeschluss zum Ausdruck gebrachte Grundsatz, dass ein Flughafen nicht befugt sei, nicht kostendeckende Entgelte zu erheben, solle aus Artikel 102 AEUV abgeleitet sein und nur im kartellrechtlichen Zusammenhang gelten, so dass er nicht auf Fälle staatlicher Beihilfe angewendet werden könne. |
5.4. TUIFly
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(166) |
TUIFly legte dar, warum das Unternehmen seinen Betrieb zunächst vom Flughafen Saarbrücken zum Flughafen Zweibrücken verlegte. TUIFly erklärte, dass dies auf Sicherheitsbedenken am Flughafen Saarbrücken zurückzuführen gewesen sei. TUIFly gab an, dass die Infrastruktur und die topografischen Eigenschaften des Flughafens Saarbrücken bei schlechten Witterungsverhältnisse dazu führten, dass eine voll besetzte TUIFly-Maschine des Typs B737-800 nicht ordnungsgemäß auf dem Flughafen landen konnte und diese Flugzeuge zum Flughafen Zweibrücken umgeleitet werden mussten, bevor dieser seinen gewerblichen Betrieb aufgenommen hat. Laut TUIFly seien diese Umleitungen neben den Verspätungen und Unannehmlichkeiten für die Passagiere bei der Luftverkehrsgesellschaft mit Zusatzkosten und Organisationsproblemen verbunden gewesen. TUIFly erklärte, dass das Unternehmen seinen Betrieb am Flughafen Saarbrücken wegen ernsthafter Sicherheitsbedenken nicht aufrechterhalten konnte und ein Umzug zum Flughafen Zweibrücken unvermeidbar gewesen sei. Darüber hinaus wies das Unternehmen darauf hin, dass einige voll beladene Flugzeuge wegen der kurzen Start- und Landebahn in Saarbrücken nicht starten konnten, mit der Folge, dass Mittelstreckenflüge (z. B. zu den Kanarischen Inseln) mit halbleeren Tanks starten mussten und zum Auftanken einen Zwischenstopp in Spanien oder Portugal einlegen mussten. |
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(167) |
TUIFly machte geltend, dass seine Vereinbarung mit der FZG keine staatliche Beihilfe beinhalte und die von TUIFly gezahlten Entgelte den Marktpreisen entsprächen. Das Unternehmen gab an, dass die Bedingungen am Flughafen Zweibrücken und im Umland so beschaffen seien, dass für den rentablen Betrieb einer Luftverkehrsgesellschaft vom Flughafen Zweibrücken niedrige Flughafenentgelte erforderlich seien. Insbesondere bezog sich TUIFly auf den Zustand der Infrastruktur für den Passagierverkehr am Flughafen Zweibrücken, die fehlende Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz (Zugnetz) zum und vom Flughafen, den Standort des Flughafens in einer Region mit niedriger Kaufkraft, den zunächst schlechten Zustand der Start- und Landebahn, das Fehlen von Unterbringungsmöglichkeiten für Flugzeugbesatzungen usw. TUIFly machte außerdem geltend, dass der Flughafen Zweibrücken im Gegensatz zum Flughafen Saarbrücken (bzw. den anderen Flughäfen, an denen TUIFly tätig ist) nicht über den Status eines „Zollflughafens“ verfügt, mit der Folge, dass TUIFly eine „Zollgebühr“ von […] EUR bis […] EUR pro Flug zahlen müsse. Laut TUIFly stellt dies Zusatzkosten von ungefähr […] EUR pro Passagier dar und erhöht die Gesamtbetriebskosten von TUIFly um mehr als […] EUR pro Jahr. |
6. STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN
6.1. STELLUNGNAHME ZUR STELLUNGNAHME VON RYANAIR
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(168) |
Die deutschen Behörden begrüßten die Tatsache, dass Ryanair in seiner Stellungnahme die Position der deutschen Behörden bestätigte, dass weder der Flughafen Zweibrücken noch die in Zweibrücken operierenden Luftverkehrsgesellschaften staatliche Beihilfen erhalten haben. Zudem stimmten sie damit überein, dass der Vertrag zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und AMS vom Vertrag zwischen der FZG und Ryanair getrennt bewertet werden müsse und dass der zuerst genannte einen Realwert für das Land hatte und zum Marktpreis abgeschlossen wurde. Die deutschen Behörden betonten die Bedeutung des Tourismus für die Region und erklärten, dass die Vereinbarung mit AMS der Förderung des Tourismus gedient habe. |
6.2. STELLUNGNAHME ZUR STELLUNGNAHME VON AMS
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(169) |
Da AMS die Position der deutschen Behörden bestätigte, dass der Vertrag zwischen AMS und dem Land Rheinland-Pfalz keine staatliche Hilfe umfasst, verzichteten die deutschen Behörden auf detaillierte Anmerkungen zu den einzelnen Punkten. |
6.3. STELLUNGNAHME ZUR STELLUNGNAHME VON GERMANWINGS
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(170) |
Die deutschen Behörden beschränkten ihre Antwort auf die Stellungnahme von Germanwings auf Anmerkungen zu einigen der von Germanwings vorgelegten sachlichen Anregungen. Sie betonten insbesondere, dass, anders als es Germanwings nahezulegen scheint, kein Wettbewerb zwischen den Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken bestünde, sondern dass die beiden Flughäfen sich stets als einander ergänzend betrachtet hatten. Die deutschen Behörden gaben an, dass die Entscheidung einer Luftverkehrsgesellschaft, einen bestimmten Flughafen anzufliegen, eine strategische Entscheidung der jeweiligen Luftverkehrsgesellschaft sei, zu der sich die deutschen Behörden nicht äußern könnten. |
7. BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG
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(171) |
Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV „sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. |
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(172) |
Die Kriterien in Artikel 107 Absatz 1 AEUV müssen alle erfüllt sein. Um zu bestimmen, ob die fragliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist, müssen daher alle der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein. Die finanzielle Unterstützung muss:
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7.1. ÖFFENTLICHE FINANZIERUNG DES FLUGHAFENS ZWEIBRÜCKEN DURCH DAS LAND RHEINLAND-PFALZ/ZEF
7.1.1. VORLIEGEN EINER BEIHILFE
7.1.1.1. Wirtschaftliche Tätigkeit und Begriff des Unternehmens
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(173) |
Nach ständiger Rechtsprechung muss die Kommission zunächst feststellen, ob die FGAZ und die FZG Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind. Der Begriff des Unternehmens umfasst jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ihrer Finanzierungsform (26). Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die im Angebot von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt besteht (27). |
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(174) |
In seinem Urteil zum Flughafen Leipzig-Halle bestätigte das Gericht, dass der Betrieb eines Flughafens für gewerbliche Zwecke und der Bau einer Flughafeninfrastruktur eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt (28). Wenn ein Flughafenbetreiber wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt, indem er Flughafendienstleistungen gegen Entgelt anbietet, stellt er unabhängig vom rechtlichen Status oder der Art der Finanzierung ein Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar, und die Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfe können daher auf Vorteile angewendet werden, die dem Flughafenbetreiber vom Staat oder mithilfe staatlicher Mittel gewährt wurden (29). |
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(175) |
Was den Zeitpunkt betrifft, ab dem der Bau und Betrieb eines Flughafens eine wirtschaftliche Tätigkeit wird, erinnert die Kommission daran, dass es aufgrund der allmählichen Entwicklung der Marktkräfte in der Flughafenbranche nicht möglich ist, ein genaues Datum zu bestimmen. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat den bei Flughafentätigkeiten eingetretenen Wandel jedoch anerkannt, und in seinem Urteil zum Flughafen Leipzig-Halle befand der Gerichtshof, dass die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf die Finanzierung von Flughafeninfrastruktur ab dem Jahr 2000 nicht mehr von vornherein auszuschließen war. Deshalb müssen Betrieb und Bau von Flughafeninfrastruktur ab dem Urteil in der Rechtssache Aéroports de Paris (12. Dezember 2000) (30) als wirtschaftliche Tätigkeit und damit der Beihilfenkontrolle unterliegend betrachtet werden. |
Eine wirtschaftliche Einheit
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(176) |
Vor der Untersuchung der Art der von der FGAZ und FZG ausgeübten Tätigkeiten erinnert die Kommission jedoch daran, dass zwei unterschiedliche Rechtspersönlichkeiten unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden können. Diese wirtschaftliche Einheit wird dann als das relevante Unternehmen betrachtet. |
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(177) |
Der Gerichtshof entschied: „Im Wettbewerbsrecht ist unter dem Begriff des Unternehmens eine … wirtschaftliche Einheit zu verstehen, selbst wenn diese wirtschaftliche Einheit rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen gebildet wird“ (31). Vor diesem Hintergrund hat der Gerichtshof geurteilt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Auffassung vertreten werden kann, dass mehrere Einheiten zusammen eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben und damit eine wirtschaftliche Einheit bilden (32). |
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(178) |
Bei der Feststellung, ob mehrere Einheiten eine wirtschaftliche Einheit bilden, prüft das Gericht das Bestehen einer kontrollierenden Beteiligung oder funktioneller, wirtschaftlicher oder institutioneller Verbindungen (33). |
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(179) |
In diesem Fall stellt die Kommission fest, dass die FGAZ und die FZG so eng miteinander verbunden sind, dass sie unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten als wirtschaftliche Einheit betrachtet werden müssen. Zunächst muss daran erinnert werden, dass die FZG eine 100 %ige Tochtergesellschaft der FGAZ ist, so dass die FGAZ die FZG mittels Aktionärsversammlung kontrollieren kann. Daneben sind die FGAZ und die FZG über den Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag miteinander verbunden, der laut den deutschen Behörden bedeutet, dass beide Unternehmen nach dem deutschen Steuerrecht als eine wirtschaftliche Einheit behandelt werden. Die Mitglieder des Aufsichtsrats der FZG sind laut Geschäftsordnung stets mit denen des Aufsichtsrats der FGAZ identisch. In beiden Unternehmen, der FGAZ und der FZG, wird die Geschäftsführung vom jeweiligen Aufsichtsrat ernannt (welcher, wie bereits bemerkt, in beiden Unternehmen identisch ist). In der Praxis war […] zu allen erheblichen Zeitpunkten Geschäftsführer sowohl der FGAZ als auch der FZG (zudem wurde nur für die FZG nicht aber für die FZAG ein zweiter Geschäftsführer bestimmt). Als einziger Geschäftsführer der FGAZ vertritt […] daher die FGAZ in der Aktionärsversammlung der FZG, wobei die FGAZ der einzige Aktionär ist. |
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(180) |
In der Praxis ergibt sich aus den verfügbaren Informationen, dass wichtige Entscheidungen bezüglich des Flughafens Zweibrücken regelmäßig auf der Ebene der FGAZ getroffen und anschließend Anweisungen an die FZG weitergegeben werden. Die von den deutschen Behörden vorgelegten Informationen zum Entscheidungsfindungsverfahren in Bezug auf die Modernisierung der Start- und Landebahn in den Jahren 2008 und 2009 sind in dieser Hinsicht aufschlussreich. Der Aufsichtsrat der FGAZ entschied zunächst, die Start- und Landebahn zu modernisieren. Die Aktionärsversammlung der FGAZ wies daraufhin die Geschäftsführung der FGAZ an, eine Aktionärsversammlung der FZG einzuberufen. Die Geschäftsführung der FGAZ vertrat dann die FGAZ als einziger Aktionär in der Aktionärsversammlung der FZG und wies die Geschäftsführung der FZG an, die Entscheidung der FGAZ zur Modernisierung der Start- und Landebahn umzusetzen. |
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(181) |
Die Kommission stellt schließlich fest, dass die Verbindungen zwischen FGAZ und FZG ausreichend eng sind, um beide Unternehmen als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten. Insbesondere ist die FZG wirtschaftlich und rechtlich gänzlich von der FGAZ abhängig und verfügt über keinen eigenen kommerziellen Willen. Zum Zwecke der Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen bilden die FGAZ und die FZG daher ein einziges Unternehmen. |
Wirtschaftliche Tätigkeit
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(182) |
Die FGAZ und die FZG sind im Bereich des Baus, der Instandhaltung und des Betriebs des Flughafens Zweibrücken tätig. Die FGAZ und die FZG bieten Flughafendienstleistungen an und stellen den Nutzern, sowohl gewerblichen Luftverkehrsgesellschaften als auch nichtgewerblichen Nutzern der allgemeinen Luftfahrt, Entgelte für die Nutzung der Flughafeninfrastruktur in Rechnung, und verwerten die Infrastruktur daher kommerziell. Ausgehend von der in den Erwägungsgründen 174-175 angeführten Rechtsprechung muss daher der Schluss gezogen werden, dass die FGAZ und die FZG ab dem Urteil in der Rechtssache Aéroports de Paris (also ab 12. Dezember 2000) eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben. |
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(183) |
In diesem Zusammenhang betont die Kommission, dass die wirtschaftliche Tätigkeit der FGAZ und FZG nicht erst mit der Aufnahme der gewerblichen Luftfahrt in Zweibrücken im Jahr 2006 beginnt. |
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(184) |
Zunächst ergibt sich aus den Angaben der deutschen Behörden eindeutig, dass in Zweibrücken bereits zuvor erfolglos versucht wurde, die gewerbliche Luftfahrt für den Flughafen zu gewinnen, woran sich die Absicht zeigt, in diesen Markt einzutreten. |
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(185) |
Darüber hinaus würde die Annahme, dass der Bau und Betrieb eines Flughafens erst dann zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit wird, wenn die gewerbliche Luftfahrt gewonnen wurde, zu inakzeptablen Schlussfolgerungen führen: Es gibt keinen Grund, die vorbereitende Tätigkeit des Baus oder der Erweiterung der Infrastruktur von der nachfolgenden kommerziellen Nutzung zu trennen; tatsächlich muss die Art der Entwicklungstätigkeit danach bestimmt werden, ob die nachfolgende Nutzung der erbauten Infrastruktur eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt (34). In seinem Urteil in der Rechtssache Flughafen Leipzig-Halle stellte das Gericht klar, dass der Betrieb eines Flughafens eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, von der die Tätigkeit des Baus einer Flughafeninfrastruktur nicht losgelöst werden kann. |
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(186) |
Schließlich muss betont werden, dass das Anbieten von Flughafendienstleistungen für die allgemeine Luftfahrt ebenfalls eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Dasselbe gilt für die Erbringung von Flughafendienstleistungen für militärische Nutzer gegen Entgelt (35). Die FGAZ und die FZG übten daher bereits vor 2006 eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. |
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(187) |
Es kann daher der Schluss gezogen werden, dass die FZAG und die FZG vom 12. Dezember 2000 an eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübten und als wirtschaftliche Einheit ein Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV bilden. |
Aufgaben mit hoheitlichem Bezug
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(188) |
Wenngleich die FGAZ/FZG daher als Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden muss, ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle Tätigkeiten eines Flughafeneigentümers und -betreibers notwendigerweise wirtschaftlicher Art sind (36). |
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(189) |
Wie der Gerichtshof (37) festgestellt hat, gehören Tätigkeiten, für die normalerweise der Staat aufgrund seiner hoheitlichen Befugnisse zuständig ist, nicht zu den Tätigkeiten wirtschaftlicher Art und unterliegen nicht den Vorschriften über staatliche Beihilfen. Zu derartigen Tätigkeiten zählen beispielsweise Tätigkeiten in den Bereichen Sicherheit, Flugsicherung, Polizei, Zoll usw. Die Finanzierung muss streng auf den Ausgleich der anfallenden Kosten beschränkt sein und darf nicht dafür genutzt werden, andere wirtschaftliche Tätigkeiten zu finanzieren (38). |
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(190) |
Daher stellt die Finanzierung von Tätigkeiten, die in den Bereich der Aufgaben mit hoheitlichem Bezug fallen, oder von unmittelbar mit diesen Tätigkeiten zusammenhängender Infrastruktur im Allgemeinen keine staatliche Beihilfe dar (39). Auf einem Flughafen werden z. B. Tätigkeiten in den Bereichen Flugsicherung, Polizei, Zoll, Brandbekämpfung, die zum Schutz der zivilen Luftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen erforderlichen Tätigkeiten und Investitionen in die zur Durchführung dieser Tätigkeiten erforderliche Infrastruktur und Ausrüstung im Allgemeinen als nichtwirtschaftliche Tätigkeiten eingestuft (40). |
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(191) |
Die öffentliche Finanzierung von nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten, die notwendigerweise mit der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zusammenhängen, muss nicht zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung zwischen Luftverkehrsgesellschaften und Flughafenbetreibern führen. Der ständigen Rechtsprechung zufolge liegt ein Vorteil vor, wenn der Staat Unternehmen von mit deren wirtschaftlichen Tätigkeiten verbundenen Kosten befreit (41). Wenn es in einer gegebenen Rechtsordnung üblich ist, dass Luftverkehrsgesellschaften oder Flughafenbetreiber die Kosten bestimmter Dienstleistungen tragen, während einige Luftverkehrsgesellschaften oder Flughafenbetreiber dieselben Dienstleistungen anbieten, jedoch nicht die Kosten tragen müssen, entsteht den letztgenannten ein Vorteil, selbst wenn diese Dienstleistungen selbst als nichtwirtschaftlich angesehen werden. Daher ist die Analyse des für den Flughafenbetreiber geltenden rechtlichen Rahmens erforderlich, um zu bewerten, ob Flughafenbetreiber oder Luftverkehrsgesellschaften die Kosten der Bereitstellung bestimmter Tätigkeiten tragen müssen, die selbst nichtwirtschaftlicher Art, aber für die Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit notwendig sind. |
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(192) |
Die deutschen Behörden gaben an, dass die Kosten, die sich aus den folgenden Tätigkeiten ergeben (ob in Form von Investitionskosten oder Betriebskosten) als Aufgaben mit hoheitlichem Bezug betrachtet werden: Maßnahmen zur Flughafensicherheit gemäß § 8 Luftsicherheitsgesetz (im Folgenden: „LuftSiG“), Maßnahmen zur Sicherung der Betriebssicherheit, Maßnahmen zur Luftraumkontrolle und -sicherheit gemäß § 27c Absatz 2 Luftverkehrsgesetz (im Folgenden: „LuftVG“), Flugwetterdienste und Brandbekämpfung. |
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(193) |
Die Kommission ist der Ansicht, dass Maßnahmen gemäß § 8 LuftSiG, Maßnahmen gemäß § 27c Absatz 2 LuftVG (einschließlich Flugwetterdiensten) und Brandbekämpfung grundsätzlich und vorbehaltlich der Analyse in den nachfolgenden Erwägungsgründen 195 ff. Tätigkeiten darstellen können, die als Aufgaben mit hoheitlichem Bezug einzustufen sind. |
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(194) |
Hinsichtlich der Maßnahmen, die nur der Betriebssicherheit dienen, vertritt die Kommission jedoch die Ansicht, dass die Sorge für den sicheren Betrieb am Flughafen ein üblicher Bestandteil der wirtschaftlichen Tätigkeit beim Betrieb eines Flughafens ist (42). Vorbehaltlich einer ausführlicheren Prüfung hinsichtlich der einzelnen Tätigkeiten und Kosten ist die Kommission der Auffassung, dass Maßnahmen zur Sicherung des Flughafenbetriebs keine Tätigkeit darstellen, die zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählen. Jedes Unternehmen, das einen Flughafen betreiben möchte, muss für die Sicherheit der Anlage sorgen, z. B. für die Sicherheit der Start- und Landebahn und des Vorfelds. |
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(195) |
Bezüglich des rechtlichen Rahmens gaben die deutschen Behörden an, dass es für die Brandbekämpfung keine Rechtsvorschriften gebe, nach denen diese Kosten strikt dem Flughafenbetreiber auferlegt werden. Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass die Vergütung von Kosten für die Brandbekämpfung in die rechtliche Zuständigkeit der Länder fällt und diese Kosten üblicherweise von den zuständigen regionalen Behörden vergütet werden. Die Vergütung beschränkt sich auf den für die Abdeckung dieser Kosten erforderlichen Betrag. |
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(196) |
Hinsichtlich Luftraumkontrolle und Flugwetterdiensten verweist die Kommission auf § 27d und § 27f LuftVG, die besagen, dass die Kosten im Zusammenhang mit § 27c LuftVG für bestimmte Flughäfen vom Staat getragen werden. Die Kommission muss in diesem Fall zwar nicht entscheiden, ob die Bestimmung diesen Flughäfen, die von staatlichen Mitteln gemäß § 27d und § 27f LuftVG profitieren, einen Vorteil verschafft. Dennoch ist es eindeutig, dass das Gesetz vorsieht, dass alle anderen Flughäfen die entsprechenden Kosten selbst tragen müssen. Angesichts dieser Tatsache müssen Kosten im Zusammenhang mit Luftraumkontrolle und Flugwetterdiensten als übliche Betriebsausgaben zumindest der Flughäfen angesehen werden, die nicht unter § 27d und § 27f LuftVG fallen. |
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(197) |
Hinsichtlich der Maßnahmen gemäß § 8 LuftSiG scheinen die deutschen Behörden der Ansicht zu sein, dass alle Kosten im Zusammenhang mit den darin vorgeschriebenen Maßnahmen von den entsprechenden öffentlichen Behörden getragen werden können. Die Kommission weist darauf hin, dass gemäß § 8 Absatz 3 LuftSiG nur die Kosten im Zusammenhang mit der Bereitstellung und Unterhaltung von Räumen und Flächen, die für die Durchführung der unter § 8 Absätze 1 und 2 LuftSiG aufgeführten Maßnahmen notwendig sind, vergütet werden können. Alle weiteren Kosten müssen vom Flughafenbetreiber getragen werden. Daher ist die der FGAZ/FZG gewährte öffentliche Finanzierung, soweit sie die Unternehmen von Kosten entlastete, die diese gemäß § 8 Absatz 3 LuftSiG zu tragen hätten, nicht von der Prüfung nach den Beihilfevorschriften der Europäischen Union ausgenommen. |
Schlussfolgerung zu Aufgaben mit hoheitlichem Bezug
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(198) |
Angesichts der oben angeführten Erwägungen hält es die Kommission für angemessen, spezifischere Schlussfolgerungen hinsichtlich der Investitionskosten und Betriebsausgaben zu ziehen, die angeblich zu Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählen. |
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(199) |
Bezüglich der zwischen 2000 und 2009 angefallenen Betriebsausgaben akzeptiert die Kommission, dass die Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Brandbekämpfung als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählen, sofern die Vergütung dieser Kosten strikt auf die notwendigen Kosten zur Ausübung dieser Tätigkeit beschränkt ist. Hinsichtlich der Betriebskosten im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß § 8 LuftSiG vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Kosten, für die der Flughafenbetreiber Anspruch auf eine Vergütung gemäß § 8 Absatz 3 LuftSiG hat, als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug gelten. Hinsichtlich Maßnahmen für die Luftraumkontrolle und -sicherheit sowie Flugwetterdiensten gemäß § 27c Absatz 2 LuftVG und unter Hinweis darauf, dass Zweibrücken nicht zu den Flughäfen zählt, für die von der Bundesregierung ein entsprechender Bedarf gemäß § 27d Absatz 1 und § 27f Absatz 1 LuftVG zuerkannt wurde, vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Betriebskosten im Zusammenhang mit Maßnahmen für die Luftraumkontrolle und -sicherheit sowie Flugwetterdiensten nicht als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug eingestuft werden können. Ferner gelten Kosten für die Sicherung der Betriebssicherheit eines Flughafens nicht als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug. |
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(200) |
Was die zwischen 2000 und 2009 getätigten Investitionen betrifft, akzeptiert die Kommission, dass die unmittelbar mit der Brandbekämpfung zusammenhängenden Investitionen als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug eingestuft werden. Darüber hinaus war die Vergütung durch die zuständigen Behörden auf den Betrag beschränkt, der für den Ausgleich der Kosten erforderlich war. Hinsichtlich der Investitionen im Zusammenhang mit den Maßnahmen gemäß § 8 LuftSiG vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Kosten, für die der Flughafenbetreiber Anspruch auf eine Vergütung gemäß § 8 Absatz 3 LuftSiG hat, als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug gelten. Hinsichtlich Maßnahmen für die Luftraumkontrolle und -sicherheit sowie Flugwetterdiensten gemäß § 27c Absatz 2 LuftVG und unter Hinweis darauf, dass Zweibrücken nicht zu den Flughäfen zählt, für die von der Bundesregierung ein entsprechender Bedarf gemäß § 27d und § 27f LuftVG zuerkannt wurde, vertritt die Kommission die Ansicht, dass die Investitionen im Zusammenhang mit Maßnahmen für die Luftraumkontrolle und -sicherheit sowie Flugwetterdiensten nicht als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug eingestuft werden können. Ferner gelten Investitionen für die Sicherung der Betriebssicherheit eines Flughafens nicht als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug. Insbesondere bedeutet dies, dass Investitionen in die Modernisierung und Erweiterung der Start- und Landebahn sowie für die Installation von Guard Lights usw. nicht als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug eingestuft werden können. |
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(201) |
In jedem Fall wurde aufgezeigt, dass die Kosten, unabhängig von ihrer rechtlichen Bewertung als Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug, gemäß dem geltenden Rechtsrahmen vom Flughafenbetreiber getragen werden müssen. Kommt der Staat für diese Ausgaben auf, wäre der Flughafenbetreiber daher von Kosten befreit, die er normalerweise tragen müsste. |
Wirtschaftliche Tätigkeit und Nutzung durch das Militär
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(202) |
Die Kommission stellt fest, dass der Flughafen Zweibrücken auch von den deutschen und anderen Militärkräften u. a. für Trainingszwecke genutzt wird. Dies geschieht trotz der Tatsache, dass Zweibrücken kein militärischer sondern ein ziviler Flughafen ist (43). |
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(203) |
Die Kommission vertritt die Ansicht, dass grundsätzlich die Bereitstellung von Flughafendienstleistungen an das Militär, einschließlich durch zivile Flughäfen, einen Tätigkeit darstellen kann, die zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählt. Es ist jedoch nicht deutlich, in wieweit die deutschen Behörden die Ansicht vertreten, dass die öffentliche Finanzierung des Flughafens lediglich die Kosten abdeckt, die durch die Erbringung von Flughafendienstleistungen für das Militär anfallen. Die Kommission stellt fest, dass die deutschen Behörden insbesondere bei den Betriebskosten die Kosten, die sich aus der Anwesenheit des Militärs ergeben, nicht zu den Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählen. Dasselbe gilt grundsätzlich für die Investitionen, bei denen die deutschen Behörden nicht auf Investitionen hinweisen, die unmittelbar mit den militärischen Benutzern des Flughafens zusammenhängen. |
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(204) |
Die deutschen Behörden halten jedoch an der Ansicht fest, dass die fortgesetzte Nutzung des Flughafens durch das Militär ein Grund dafür ist, dass Investitionen in die Sicherheit des Flughafens (Start- und Landebahn usw.) unbedingt notwendig waren und eine Schließung des Flughafens deshalb nicht in Frage kam. |
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(205) |
Die Kommission stellt in diesem Zusammenhang fest, dass der Flughafen Zweibrücken dem Militär anscheinend Flughafendienstleistungen gegen Entgelt erbringt. Im Protokoll der Aufsichtsratssitzung der FGAZ vom 2. Oktober 2006 ist eine Besprechung über militärische Übungen in Zweibrücken enthalten. Die Geschäftsführung betont, dass die zu erzielenden Einnahmen einer der Gründe für die Genehmigung dieser Übungen sind, was darauf hinweist, dass das Angebot von Flughafendienstleistungen für das Militär aus Sicht der FGAZ und FZG eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. In der Besprechung geht es ferner darum, ob die FZG militärische Übungen in Zweibrücken in Zukunft genehmigen sollte, was darauf hinweist, dass es im Ermessen der FGAZ/FZG lag, dem Militär Dienstleistungen zu erbringen oder nicht. |
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(206) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass die deutschen Behörden nicht konkret ermitteln konnten, welche Kosten, ob nun Investitions- oder Betriebskosten, speziell mit den militärischen Nutzern des Flughafens zusammenhängen und dass dies darauf hinweist, dass das Militär tatsächlich lediglich ein weiterer Kunde des Flughafens Zweibrücken ist. |
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(207) |
Die Kommission stellt schließlich fest, dass die Erbringung von Flughafendienstleistungen für das Militär am Flughafen Zweibrücken eine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt, wobei sie insbesondere auf die fehlende Ermittlung der konkreten Kosten hinweist, die mit der Anwesenheit des Militärs am Flughafen Zweibrücken zusammenhängen, sowie auf die (teilweise) wirtschaftliche Begründung der FGAZ/FZG für die Erbringung von Dienstleistungen für das Militär. |
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(208) |
Selbst unter Annahme des alternativen Szenarios — nämlich dass die Kommission zu den Schluss gezogen hätte, dass die aufgrund der Anwesenheit des Militärs anfallenden Kosten vom Staat getragen werden könnten, weil die Tätigkeit zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zählt — hätte dennoch festgestellt werden müssen, dass die öffentliche Finanzierung der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit des Flughafens (der Erbringung von Dienstleistungen für das Militär) nicht zu einer Querfinanzierung der wirtschaftlichen Tätigkeiten des Flughafens führen darf. Insbesondere wäre es nicht möglich, die gesamte Investition in Vermögenswerte, die auch vom Militär genutzt werden (Start- und Landebahn usw.), oder die festen Betriebskosten zu den Aufgaben mit hoheitlichem Bezug zu zählen. |
7.1.1.2. Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit an den Staat
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(209) |
Die fraglichen Maßnahmen stellen nur dann eine staatliche Beihilfe dar, wenn sie aus staatlichen Mitteln finanziert werden und die Entscheidung über die Gewährung der Maßnahme dem Staat zuzurechnen ist. |
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(210) |
Der Begriff der staatlichen Beihilfe erfasst jeden Vorteil, der aus staatlichen Mitteln vom Staat selbst oder von einer zwischengeschalteten Stelle im Auftrag des Staates gewährt wird (44). Mittel der lokalen Behörden sind für die Anwendung von Artikel 107 AEUV staatliche Mittel (45). |
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(211) |
Im vorliegenden Fall wurden die relevanten Maßnahmen — nämlich direkte Investitionszuschüsse für die FZG und die jährlichen Kapitalzuführungen zugunsten der FGAZ/FZG — direkt aus dem Haushalt der lokalen Behörden gewährt. Die Investitionszuschüsse stammten direkt vom Land Rheinland-Pfalz, und die Kapitalzuführungen wurden vom Land und dem ZEF, einem Verband aus Gebietskörperschaften, kofinanziert. |
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(212) |
Die Kommission stellt daher fest, dass die Maßnahmen aus staatlichen Mitteln finanziert wurden und dem Staat zuzurechnen sind. |
7.1.1.3. Wirtschaftlicher Vorteil
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(213) |
Ein Vorteil im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist jeder wirtschaftliche Nutzen, den ein Unternehmen unter den üblichen Marktbedingungen, also ohne Eingreifen des Staats, nicht erlangt hätte (46). Dabei ist nur die Auswirkung der Maßnahme auf das Unternehmen von Belang, nicht der Grund oder das Ziel des staatlichen Eingriffs (47). Wenn sich die finanzielle Lage eines Unternehmens infolge des staatlichen Eingreifens verbessert, besteht ein Vorteil. |
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(214) |
Die Kommission erinnert ferner daran, dass „Mittel, die der Staat einem Unternehmen unter Umständen, die den normalen Marktbedingungen entsprechen, unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung stellt, nicht als staatliche Beihilfe anzusehen sind“ (48). Im vorliegenden Fall muss die Kommission das Verhalten der öffentlichen Behörden, die direkte Investitionszuschüsse und Kapitalzuführungen bereitgestellt haben, mit dem Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten vergleichen, der von der Aussicht auf langfristige Rentabilität geleitet wird, um zu ermitteln, ob die öffentliche Finanzierung des Flughafens Zweibrücken der FGAZ/FZG einen Vorteil verschafft hat, den diese unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte (49). |
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(215) |
Bei der Bewertung sollten etwaige positive Auswirkungen auf die Wirtschaft der Region, in welcher sich der Flughafen befindet, keine Rolle spielen, da das Gericht klargestellt hat, dass die relevante Frage für die Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten darin besteht, „ob ein privater Gesellschafter in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen und Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte“ (50). |
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(216) |
In der Rechtssache Stardust Marine erklärt das Gericht, dass „[…] man sich für die Prüfung der Frage, ob sich der Staat wie ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, in den Kontext der Zeit zurückversetzen muss, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, um beurteilen zu können, ob das Verhalten des Staates wirtschaftlich vernünftig ist, und dass man sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten muss“ (51). |
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(217) |
Ferner erklärte das Gericht im Fall EDF: „Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen […] nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat“ (52). |
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(218) |
Um den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten anzuwenden, muss sich die Kommission in die Zeit zurückversetzen, in der die einzelnen Entscheidungen zur Bereitstellung öffentlicher Mittel für die FGAZ/FZG getroffen wurden. Die Kommission muss ihre Bewertung zudem auf der Grundlage der Informationen und Annahmen durchführen, die der betreffenden lokalen Behörde zu der Zeit zur Verfügung standen, als die Entscheidung über die finanziellen Vereinbarungen in Bezug auf die betreffenden Infrastrukturmaßnahmen getroffen wurde. |
Direkte Investitionszuschüsse
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(219) |
Die Kommission weist darauf hin, dass die direkten Investitionszuschüsse einen Teil der Investitionskosten abdeckten, welche der FGAZ/FZG im Zusammenhang mit deren wirtschaftlicher Tätigkeit entstanden waren. Der Flughafenbetreiber trägt normalerweise alle Kosten für den Bau und Betrieb des Flughafens (mit Ausnahme der Kosten, die für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug anfallen und im geltenden Rechtsrahmen im Allgemeinen nicht vom Flughafenbetreiber getragen werden), einschließlich der Investitionskosten, so dass die teilweise Erstattung dieser Kosten die FGAZ/FZG von einer Belastung befreite, die das Unternehmen normalerweise hätte tragen müssen. |
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(220) |
Die deutschen Behörden haben nicht ausdrücklich dargestellt, dass die direkten Investitionszuschüsse mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten im Einklang stehen. Sie gaben vielmehr an, dass eine Schließung des Flughafens für die lokalen Behörden zu keinem Zeitpunkt eine realistische Möglichkeit war und dass es, angesichts der Notwendigkeit, den Flughafen zu betreiben, wirtschaftlich sinnvoll war, den Flughafen auch für die gewerbliche Luftfahrt zugänglich zu machen. An anderen Stellen machten die deutschen Behörden geltend, dass die Investitionen in den Flughafen vom Willen bestimmt waren, die Region wirtschaftlich zu beleben, und dass die öffentlichen Subventionen notwendig waren, da die durch die gewerbliche Nutzung erzielten Einnahmen nicht für die Deckung der Kosten ausgereicht hätten. |
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(221) |
Die deutschen Behörden betonten außerdem, dass die Infrastruktur notwendig sei, um Arbeitsplätze zu schaffen (ungefähr 5 000 im gesamten Land Rheinland-Pfalz, von denen 2 708 unmittelbar oder mittelbar vom Flughafen abhängen), Sozialausgaben einzusparen (25 Mio. EUR pro Jahr) und Steuereinnahmen zu erzielen. Die deutschen Behörden erklärten zudem, dass die Arbeitsplätze in diesem Gebiet, in dem die Arbeitslosenquote derzeit 2 % über dem Durchschnitt des Landes liege, besonders wichtig seien. Sie legten überdies zwei Sachverständigengutachten vor, in denen die Bedeutung des Flughafens für die regionale Wirtschaft (53) hervorgehoben wird. |
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(222) |
Soziale und regionale Erwägungen können jedoch bei der Durchführung der Prüfung anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten nicht berücksichtigt werden. Selbst wenn die Kommission soziale und regionale Erwägungen berücksichtigen würde, ergibt sich aus den von den deutschen Behörden vorgelegten Gutachten, dass die FZG im Juni 2012 für lediglich 115 Arbeitsplätze am Flughafen Zweibrücken selbst sorgte. Die Gutachten bestätigen, dass das Gewerbegebiet um den umgewandelten Flughafen herum für insgesamt 2 708 unmittelbar und mittelbar zugehörige Arbeitsstellen sorgte. Von diesen standen lediglich 7,8 %, also 210 Arbeitsplätze, im Zusammenhang mit Transport und Lagerung, d. h. Tätigkeiten, die unmittelbar mit dem Bestehen des Flughafens zusammenhängen. |
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(223) |
Es kann zwar grundsätzlich zulässig sein, dass auch nichtrückzahlbare Zuschüsse für ein vollständig in Staatseigentlich stehendes Unternehmen als mit dem Binnenmarkt vereinbare Investitionen eingestuft werden, aber die deutschen Behörden haben keinen Geschäftsplan bzw. keine Ex-ante-Berechnungen bezüglich der erwarteten Rentabilität der Investitionszuschüsse vorgelegt. Die einzigen vorgelegten Prognosen sind eine Studie aus dem Jahr 2003, in der dargestellt wird, welche Passagierzahlen bei der gewerblichen Luftfahrt zu einer Rentabilität führen können, sowie die Prognose aus dem Jahr 2010 für die erwarteten Jahresergebnisse für den Zeitraum von 2011 bis 2015. Nach der letztgenannten Prognose wurde erwartet, dass die FZG erst im Jahr 2015 rentabel wird, wobei davon ausgegangen wurde, dass die Passagierzahl auf mehr als 500 000 Passagiere pro Jahr ansteigen wird. |
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(224) |
Die Infrastrukturinvestitionen am Flughafen Zweibrücken ziehen erhebliche Kosten (siehe die in Table 2 und Table 3 ausführlicher behandelten Investitionskosten, abzüglich der Investitionen für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug, wie in den Erwägungsgründen 198 bis 200 genannt und Investitionen, die vor dem 12. Dezember 2000 getätigt wurden) und einen langen Zeitraum mit negativen Ergebnissen nach sich (absehbar bis mindestens 2015). |
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(225) |
Trotz der mit dem Projekt verbundenen erheblichen Unsicherheiten, z. B. in Bezug auf dessen langfristiges Bestehen, wurde kein Ex-ante-Geschäftsplan bzw. keine Sensitivitätsanalyse der zugrunde liegenden Annahmen zur Rentabilität erstellt. Dies steht nicht im Einklang mit der Art von Analyse, die ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bei einem solchen Projekt durchgeführt hätte. |
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(226) |
Die Kommission weist schließlich darauf hin, dass die FGAZ/FZG seit 2000 jedes Jahr Verluste zu verzeichnen hatte, wobei die Tendenz seit dem Jahr 2005 steigend ist. |
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(227) |
Zunächst waren die direkten Investitionszuschüsse nichtrückzahlbar und erbrachten keine Rendite. Zudem haben die deutschen Behörden keine Nachweise vorgelegt, dass der FZG die Investitionszuschüsse zu Marktbedingungen bereitgestellt wurden. Schließlich stützten sich die deutschen Behörden nicht auf den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten. Die Kommission stellt daher fest, dass die direkten Investitionszuschüsse des Landes zugunsten der FZG, die nach dem 12. Dezember 2000 gewährt wurden, der FZG einen wirtschaftlichen Vorteil verschafften (soweit die Investitionszuschüsse nicht ausschließlich für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug verwendet wurden, wie in den Erwägungsgründen 198 bis 200 festgestellt). |
Jährliche Kapitalzuführungen
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(228) |
Mit den jährlichen Kapitalzuführungen vom Land Rheinland-Pfalz und vom ZEF wurden die jährlichen Verluste der FGAZ ausgeglichen, die wiederum fast vollständig auf die jährlichen Verluste der FZG zurückzuführen sind (siehe Tabelle 4). Daher dienten die jährlichen Kapitalzuführungen letztlich dazu, die normalen Investitionen und Betriebsausgaben der FGAZ/FZG abzudecken, wodurch das Unternehmen von einer wirtschaftlichen Belastung befreit wurde, die es unter normalen Bedingungen hätte tragen müssen. |
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(229) |
Aus denselben Gründen, wie in den Erwägungsgründen 222 bis 228 in Bezug auf direkte Investitionszuschüsse für die FZG angegeben, stellt die Kommission ferner fest, dass die jährlichen Kapitalzuführungen zugunsten der FGAZ/FZG nicht zu normalen Marktbedingungen bereitgestellt wurden. Insbesondere haben die deutschen Behörden nicht angegeben, dass die Kapitalzuführungen normale Marktinvestitionen seien. Die deutschen Behörden haben weder Nachweise vorgelegt, aus denen Ex-ante-Rentabilitätserwartungen hervorgehen, noch haben sie erklärt, warum ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter einem Unternehmen, das fortgesetzt Verluste macht, weiterhin Kapital zuführen würde. In dieser Hinsicht müssen die jährlichen Kapitalzuführungen als Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils zugunsten der FGAZ/FZG eingestuft werden. |
Schlussfolgerung
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(230) |
In Anbetracht der beschriebenen Sachverhalte vertritt die Kommission die Auffassung, dass sich ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter bei Fehlen eines Ex-ante-Geschäftsplans bzw. anderer geeigneter Wirtschaftlichkeitsstudien nicht dazu entschlossen hätte, sich auf das fragliche Investitionsprojekt einzulassen und fortlaufend jedes Jahr die wachsenden Verluste der FGAZ/FZG auszugleichen. Daher verschaffte die Entscheidung des Landes Rheinland-Pfalz und des ZEF, diese Maßnahmen zu gewähren, der FGAZ/FZG einen wirtschaftlichen Vorteil, den sie unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte. |
7.1.1.4. Selektivität
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(231) |
Eine staatliche Beihilfe fällt nur dann in den Anwendungsbereich von Artikel 107 Absatz 1 AEUV, wenn sie „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigt. Als staatliche Beihilfe werden daher nur Maßnahmen eingestuft, die Unternehmen begünstigen und ihnen auf selektive Weise einen Vorteil verschaffen. |
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(232) |
Im vorliegenden Fall kommen die direkten Investitionszuschüsse und jährlichen Kapitalzuführungen ausschließlich der FGAZ/FZG zugute. Beide Maßnahmen sind daher selektiv im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV. |
7.1.1.5. Verfälschung des Wettbewerbs und Auswirkung auf den Handel
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(233) |
Wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber seinen Wettbewerbern auf dem Binnenmarkt stärkt, so ist davon auszugehen, dass die letztgenannten durch diese Beihilfe beeinträchtigt werden (54). Der durch die direkten Investitionszuschüsse gewährte wirtschaftliche Vorteil und die jährlichen Kapitalzuführungen in diesem Fall an den Flughafenbetreiber stärken dessen wirtschaftliche Position, da der Flughafenbetreiber seine Geschäftstätigkeit aufbauen konnte, ohne alle damit verbundenen Investitions- und Betriebskosten zu tragen. |
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(234) |
Wie in den Erwägungsgründen 173 ff. angegeben, stellt der Betrieb eines Flughafens eine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Einerseits findet ein Wettbewerb um Luftverkehrsgesellschaften und den damit verbundenen Flugverkehr (Passagiere und Fracht) zwischen Flughäfen statt, und andererseits zwischen den Flughafenbetreibern, die unter Umständen miteinander konkurrieren, um mit der Führung eines bestimmten Flughafens betraut zu werden. Darüber hinaus können Flughäfen in unterschiedlichen Einzugsgebieten und sogar unterschiedlichen Mitgliedstaaten um diese Luftverkehrsgesellschaften konkurrieren; dies gilt insbesondere für Billigfluglinien und Chartergesellschaften. |
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(235) |
Wie in Randnummer 40 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 dargelegt und in Randnummer 45 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 bestätigt, ist es nicht möglich, selbst kleine Flughäfen von der Anwendung von Artikel 107 Absatz 1 AEUV auszunehmen. Darüber hinaus besagt Randnummer 45 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 ausdrücklich Folgendes: „Selbst bei Gewährung eines geringen Beihilfebetrags bzw. bei Gewährung öffentlicher Zuwendungen an ein vergleichsweise kleines Unternehmen ist eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen.“ |
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(236) |
Auf dem Flughafen Zweibrücken werden derzeit ungefähr 242 000 Passagiere pro Jahr abgefertigt; in der Vergangenheit wurden sogar rund 340 000 Passagiere pro Jahr abgefertigt. Der von den deutschen Behörden vorgelegten Prognose zufolge könnte die Passagierzahl im Jahr 2025 auf mehr als eine Million Passagiere steigen. Wie in Erwägungsgrund 21 festgestellt, befindet sich der Flughafen Zweibrücken in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flughafen Saarbrücken (39 Kilometer Entfernung), und weitere sechs Flughäfen sind innerhalb von zwei Fahrstunden erreichbar. Laut einem von den deutschen Behörden vorgelegten Luftverkehrsgutachten kommen durchschnittlich 15 % der Passagiere am Flughafen Zweibrücken aus anderen Mitgliedstaaten (Frankreich und Luxemburg). Es gibt internationale Flüge von Zweibrücken an Ziele wie Mallorca oder Antalya. Die Start- und Landebahn in Zweibrücken weist eine ausreichende Länge (3 000 m) auf und ermöglicht den Luftverkehrsgesellschaften, Mittelstreckenflüge zu internationalen Zielorten anzubieten. Angesichts dieser Tatsachen muss festgestellt werden, dass die öffentliche Finanzierung der FGAZ/FZG den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zumindest potenziell beeinträchtigt. |
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(237) |
Abgesehen von diesen allgemeinen Überlegungen vertritt die Kommission die Ansicht, dass der Flughafen Zweibrücken direkt mit dem Flughafen Saarbrücken konkurriert bzw. konkurriert hat. Zunächst darf nicht übersehen werden, dass TUIFly, ehemals größter Kunde des Flughafens Saarbrücken, den Betrieb an diesem Flughafen einstellte und im Jahr 2007 nach Zweibrücken wechselte. Außerdem wurden über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg sowohl von Zweibrücken (Germanwings) als auch von Saarbrücken (Air Berlin und Luxair) parallel Flüge nach Berlin angeboten, was für einen Wettbewerb zwischen den Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften spricht. Die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zwischen der FZG und Germanwings sah sogar höhere an die FZG zu zahlende Dienstleistungsentgelte für den Fall vor, dass Air Berlin seine Verbindung von Saarbrücken nach Berlin einstellt. |
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(238) |
Neben diesen Hinweisen auf einen Wettbewerb zwischen den Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken gibt es auch Belege dafür, dass Beamte des Landes Rheinland-Pfalz das Bestehen des Wettbewerbs eindeutig wahrgenommen haben, obwohl sich die Flughäfen den offiziellen Angaben der deutschen Behörden zufolge nicht als direkte Wettbewerber betrachtet haben. In zwei internen Mitteilungen der Regierung von Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2003 wird von den Autoren die Position vertreten, dass eine Kooperation zwischen den Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken zu dem Zeitpunkt nicht möglich/nicht ratsam sei. Stattdessen wurde in einer Mitteilung erklärt, dass die beiden Flughäfen mindestens solange im Wettbewerb zueinander stünden, wie die FRAPORT AG am Flughafen Saarbrücken tätig sei (55). In der Mitteilung heißt es weiter, dass sich der Flughafen Zweibrücken aus Sicht von Rheinland-Pfalz voraussichtlich langfristig in dieser Konkurrenz befinden wird (56). Diese Erklärungen weisen darauf hin, dass zumindest im Jahr 2003 tatsächlich ein Wettbewerb zwischen den beiden Flughäfen wahrgenommen wurde. |
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(239) |
Vor diesem Hintergrund muss in Bezug auf die öffentliche Finanzierung der FGAZ/FZG festgestellt werden, dass sie geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. |
7.1.1.6. Schlussfolgerung
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(240) |
Auf der Grundlage der Erwägungsgründe 173 bis 239 stellt die Kommission fest, dass die öffentliche Finanzierung der FGAZ/FZG in Form von direkten Investitionszuschüssen und jährlichen Kapitalzuführungen zwischen 2000 und 2009 eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. |
7.1.2. RECHTMÄSSIGKEIT DER BEIHILFE
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(241) |
Gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV müssen die Mitgliedstaaten alle Pläne für die Gewährung oder Änderung von Beihilfen im Voraus anmelden und dürfen die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht umsetzen, bevor im Anmeldeverfahren eine endgültige Entscheidung getroffen wurde. |
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(242) |
Da die Mittel der FGAZ/FZG bereits zur Verfügung gestellt wurden, stellt die Kommission fest, dass die deutschen Behörden das Verbot gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV nicht eingehalten haben (57). |
7.1.3. VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT
7.1.3.1. Anwendbarkeit der Luftverkehrsleitlinien von 2014 und 2005
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(243) |
In Artikel 107 Absatz 3 AEUV sind gewisse Ausnahmen von der allgemeinen Regel in Artikel 107 Absatz 1 AEUV vorgesehen, dass staatliche Beihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind. Die in Rede stehende Beihilfe kann auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV geprüft werden, der besagt, dass: „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, sowie sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“ als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. |
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(244) |
In dieser Hinsicht bilden die Luftverkehrsleitlinien von 2014 einen Rahmen für die Beurteilung, ob Beihilfen für Flughäfen nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden können. |
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(245) |
In Einklang mit den Luftverkehrsleitlinien von 2014 vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Mitteilung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln (58) für unrechtmäßige Investitionsbeihilfen für Flughäfen gilt. Wurden die unrechtmäßigen staatlichen Beihilfen vor dem 4. April 2014 gewährt, wendet die Kommission die zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung geltenden Regeln für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt an. Daher wendet die Kommission auf vor dem 4. April 2014 gewährte unrechtmäßige Investitionsbeihilfen für Flughäfen die in den Luftverkehrsleitlinien von 2005 dargelegten Grundsätze an (59). |
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(246) |
In Einklang mit den Luftverkehrsleitlinien von 2014 vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Bekanntmachung über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln für anhängige Fälle unzulässiger Betriebsbeihilfen für Flughäfen, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurden, nicht gelten sollte. Dahingegen wird die Kommission die in den Luftverkehrsleitlinien von 2014 dargelegten Grundsätze auf alle Betriebsbeihilfen (anhängige Anmeldungen und nicht angemeldete unrechtmäßige Beihilfen) für Flughäfen anwenden, auch wenn die Beihilfe vor dem 4. April 2014 und dem Beginn des Übergangszeitraums bewilligt wurde (60). |
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(247) |
Die Kommission kam bereits in Randnummer 242 zu dem Schluss, dass es sich bei den direkten und jährlichen Kapitalzuführungen um vor dem 4. April 2014 bewilligte, unrechtmäßige staatliche Beihilfen handelt. |
7.1.3.2. Unterscheidung zwischen Investitions- und Betriebsbeihilfen
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(248) |
Angesichts der Bestimmungen der Luftverkehrsleitlinien von 2014, auf die in den Erwägungsgründen 245 und 246 Bezug genommen wird, muss die Kommission feststellen, ob die in Rede stehende Maßnahme eine unrechtmäßige Investitions- oder Betriebsbeihilfe darstellt. |
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(249) |
Nach Randnummer 25 Buchstabe r der Luftverkehrsleitlinien von 2014 wird eine Investitionsbeihilfe als „eine Beihilfe zur Finanzierung von Anlagevermögen, insbesondere zur Deckung der ‚Kapitalkosten-Finanzierungslücke‘“ definiert. Des Weiteren können sich Investitionsbeihilfen nach Randnummer 25 Buchstabe r der Leitlinien sowohl auf einen vorab gezahlten Beihilfebetrag (zur Deckung von anfänglichen Investitionskosten) als auch auf in Form von regelmäßigen Tranchen ausgezahlte Beihilfen (zur Deckung von Kapitalkosten, hinsichtlich jährlicher Abschreibungen und Finanzierungskosten) beziehen. |
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(250) |
Unter Betriebsbeihilfen sind hingegen Beihilfen zu verstehen, die die Betriebskosten eines Flughafens ganz oder teilweise decken und die wie folgt definiert werden: „die mit der Erbringung von Flughafendienstleistungen verbundenen Kosten eines Flughafens; dazu gehören Kategorien wie Personalkosten, Kosten für fremdvergebene Dienstleistungen, Kommunikation, Abfallentsorgung, Energie, Instandhaltung, Mieten und Verwaltung usw., jedoch weder Kapitalkosten, Marketingunterstützung bzw. andere Anreize, die der Flughafen den Luftverkehrsgesellschaften bietet, noch Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug“ (61). |
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(251) |
Vor dem Hintergrund dieser Definitionen kann die Auffassung vertreten werden, dass direkte Kapitalzuführungen, die mit bestimmten Investitionsvorhaben verbunden sind, eine Investitionsbeihilfe zugunsten der FGAZ/FZG darstellen. |
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(252) |
Im Gegensatz dazu handelt es sich bei dem Teil der jährlichen Kapitalzuführungen, der zur Deckung der Betriebsverluste (62) der FGAZ/FZG, bereinigt um die im EBITDA enthaltenen Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug (siehe Erwägungsgründe 198 bis 200) sowie um die vor dem 12. Dezember 2000 angefallenen Kosten, verwendet wurde, um Betriebsbeihilfen zugunsten der FGAZ/FZG. |
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(253) |
Schließlich stellen der Teil der jährlichen Kapitalzuführungen zur Deckung der Betriebsverluste der FGA/FZG, der noch nicht im EBITDA enthalten ist, (d. h. die jährlichen Abschreibungen für Anlagen, Finanzierungskosten usw.), abzüglich der Kosten für Aufgaben mit hoheitlichem Bezug (siehe Erwägungsgründe 198 bis 200), sowie die vor dem 12. Dezember 2000 angefallenen Kosten eine Investitionsbeihilfe dar. |
7.1.3.3. Vereinbarkeit der Investitionsbeihilfe mit dem Binnenmarkt
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(254) |
Nach Randnummer 61 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 muss die Kommission prüfen, ob die folgenden kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind:
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(255) |
Im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt müssen staatliche Beihilfen für Flughäfen — wie alle anderen staatlichen Beihilfen — zudem einen Anreizeffekt haben und für die Erreichung des beabsichtigten legitimen Ziels notwendig und angemessen sein. |
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(256) |
Deutschland versicherte, dass die Investitionsbeihilfen für die FGAZ/FZG mit allen Vereinbarkeitskriterien der Luftverkehrsleitlinien von 2005 in Einklang stünden. |
a) Beitrag zur Verwirklichung eines klar definierten Ziels von gemeinsamem Interesse
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(257) |
Die Kommission erinnert daran, dass die Luftverkehrsleitlinien von 2005 keine genauen Kriterien enthalten, anhand derer geprüft wird, ob Investitionsbeihilfen für einen Flughafen zur Verwirklichung eines klar definierten Ziels von gemeinsamem Interesse beitragen. Die reine Duplizierung bestehender Flughafeninfrastrukturen kann nicht als Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse angesehen werden. |
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(258) |
Die Kommission hat daher zuerst zu prüfen, ob durch den Flughafen Zweibrücken in der Region bereits bestehende Flughafeninfrastrukturen dupliziert werden. |
Duplizierung: Überschneidung der Einzugsgebiete der Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken
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(259) |
Die Kommission erinnert daran, dass der Flughafen Zweibrücken in unmittelbarer Nachbarschaft des Flughafens Saarbrücken liegt. Die Luftlinienentfernung zwischen den beiden Flughäfen beträgt ca. 20 km, was etwa 39 Straßenkilometern entspricht. Die Fahrzeit mit dem Auto zwischen den beiden Flughäfen beträgt etwa 30 Minuten. Außerdem liegen innerhalb eines Radius von weniger als 2 Stunden Fahrzeit vom Flughafen Zweibrücken mindestens 6 weitere Flughäfen. |
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(260) |
Aufgrund ihrer geografischen Nähe bedienen beide Flughäfen praktisch dieselben Einzugsgebiete. Die verschiedenen von Deutschland in diesem Fall (63) ebenso wie im parallel geführten förmlichen Prüfverfahren für den Flughafen Saarbrücken (64) vorgelegten Studien bestätigen, dass die Mehrzahl der Passagiere, die beide Flughäfen nutzen, aus dem westlichen Rheinland-Pfalz und dem Saarland stammt. |
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(261) |
Auch die Profile der Flughäfen Saarbrücken und Zweibrücken sind relativ ähnlich. Als der gewerbliche Flugverkehr in Zweibrücken im Jahr 2006 aufgenommen wurde, war Germanwings der erste Kunde mit einer Flugverbindung nach Berlin. Dieselbe Strecke wurde von Saarbrücken aus von Luxair bedient und von 2007 an auch von Air Berlin. Zweibrückens zweiter Großkunde war TUIFly mit Verbindungen zu verschiedenen Ferienzielen, hauptsächlich im Mittelmeerraum. Vor dem Umzug nach Zweibrücken war TUIFly einer der größten Kunden des Flughafens Saarbrücken. |
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(262) |
Zweibrücken versuchte auch, breiter in das Billigflugsegment einzusteigen durch Verträge mit Ryanair, die jedoch die Verbindung nach London-Stansted nur weniger als ein Jahr lang unterhielt. Schließlich gab auch Germanwings den Flughafen auf mit der Konsequenz, dass sich der Flughafen Zweibrücken seit Ende 2011 fast ausschließlich auf Urlaubscharterflüge und ein wenig Luftfracht konzentriert. |
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(263) |
Urlaubscharterflüge wurden und werden jedoch ebenfalls von Saarbrücken angeboten. Vor allem aber scheint es, dass die wichtigsten von Zweibrücken bedienten Destinationen häufig ebenfalls von Saarbrücken bedient werden. Beispielsweise geht aus dem Flugplan für den Sommer 2014 hervor, dass die beiden häufigsten von Zweibrücken aus angeflogenen Ziele Antalya und Palma de Mallorca waren, die 70 % der wöchentlichen Flüge ausmachten. Gleichzeitig wurden beide Ziele auch von Saarbrücken aus mit ähnlicher Häufigkeit bedient: In der Woche vom 16. Juni 2014 bis zum 23. Juni 2014 starteten 16 Flüge von Zweibrücken nach Antalya oder Palma de Mallorca, während von Saarbrücken aus 18 Abflüge zu denselben Destinationen verzeichnet wurden. |
Duplizierung: Kapazität, Passagierzahlen und Jahresergebnisse
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(264) |
Nach der Aufnahme des gewerblichen Flugverkehrs am Flughafen Zweibrücken stiegen die Passagierzahlen rasch von 78 000 Passagieren im Jahr 2006 auf 338 000 im Jahr 2009. Nach dieser Periode schnellen Wachstums gingen die Zahlen wieder zurück auf 242 000 Passagiere im Jahr 2012. Angesichts der Tatsache, dass die Kapazität in Zweibrücken 700 000 Passagiere beträgt, wurde der Flughafen daher niemals mit mehr als 50 % seiner verfügbaren Kapazität betrieben und arbeitet derzeit bei etwa 35 % der verfügbaren Kapazität. |
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(265) |
Im Vergleich dazu waren die Passagierzahlen in Saarbrücken bis zum Eintritt von Zweibrücken in den gewerblichen Flugverkehrsmarkt mit etwa 450 000 Passagieren pro Jahr im Wesentlichen stabil. Danach fielen die Passagierzahlen von 487 000 Fluggästen im Jahr 2005 auf 350 000 im Jahr 2007. Nach der Anpassung der Flughafenentgelte gelang es dem Flughafen Saarbrücken, im Jahr 2007 Air Berlin zu gewinnen, was zu einer Erholung und einem Anstieg der Passagierzahlen führte, die 2008 mit 518 000 Passagieren ihren Höchststand erreichten. Im Jahr 2012 nutzten 425 000 Passagiere den Flughafen Saarbrücken. Angesichts der Tatsache, dass die Kapazität des Flughafens Saarbrücken derzeit ebenfalls 700 000 Passagiere pro Jahr beträgt, werden lediglich 50-75 % der verfügbaren Kapazität des Flughafens genutzt. Vor diesem Hintergrund muss festgestellt werden, dass die Kapazität des Flughafens Saarbrücken höher sein könnte (nämlich 750 000-800 000 Fluggäste pro Jahr), wenn sie nicht durch die Anzahl der Sicherheitskontrollen, die der Flughafen pro Stunde durchführen kann, begrenzt wäre. Die Beschränkungen ergeben sich aus der Tatsache, dass der Flughafen Saarbrücken im Moment nur über zwei Sicherheitsscanner verfügt. |
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(266) |
Die Kommission weist zudem darauf hin, dass sowohl der Flughafen Saarbrücken als auch der Flughafen Zweibrücken im Untersuchungszeitraum (2000-2009) Verluste machten. Bei beiden Flughäfen stiegen die Verluste insbesondere seit 2006 stark an, als Zweibrücken den gewerblichen Flugverkehr aufnahm. |
Duplizierung: Hinweise auf einen direkten Wettbewerb zwischen den beiden Flughäfen
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(267) |
Die Kommission hat bereits in den Erwägungsgründen 237 und 238 festgestellt, dass es Hinweise auf einen direkten Wettbewerb zwischen dem Flughafen Zweibrücken und dem Flughafen Saarbrücken gibt. Zunächst muss erneut daran erinnert werden, dass TUIFly, zuvor der größte Kunde des Flughafens Saarbrücken, im Jahr 2007 den Flughafen verließ und nach Zweibrücken umzog (65). Des Weiteren wurden über einen beträchtlichen Zeitraum Flüge nach Berlin sowohl von Zweibrücken (Germanwings) als auch von Saarbrücken (Air Berlin und Luxair) parallel angeboten, was den Wettbewerb zwischen den beiden Flughäfen und den von den Fluggesellschaften bedienten Strecken belegt. Die von der FZG mit Germanwings geschlossene Vereinbarung über Flughafendienstleistungen sah sogar höhere Dienstleistungsentgelte vor, die von der FZG gezahlt werden sollten, falls Air Berlin die Strecke Saarbrücken-Berlin einstellen sollte. |
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(268) |
Neben den weiteren bereits erwähnten Hinweisen (siehe Erwägungsgrund 238) verweist die Kommission auf das Protokoll der Aufsichtsratssitzung der FGAZ vom 26. Juni 2009. In der Zusammenfassung des Berichts der Geschäftsleitung wird im Protokoll von einem Treffen zwischen der Geschäftsführung der FGAZ, Ryanair und dem Wirtschaftsministerium von Rheinland-Pfalz berichtet. Bei diesem Treffen, bei dem die Zukunft der Verbindung von Ryanair mit Zweibrücken diskutiert wurde, wies der Vertreter des Ministeriums „[Ryanair] darauf hin, dass die Landesregierung von Rheinland-Pfalz es als sehr unfreundlichen Akt betrachten würde, wenn Ryanair Saarbrücken bedienen würde“. Anstatt die Komplementarität zwischen beiden Flughäfen zu belegen, weist dieser Anmerkung eher darauf hin, dass die beiden Flughäfen in Wettbewerb standen. |
Duplizierung: Fracht
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(269) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass der Flughafen Zweibrücken auch im Bereich der Luftfrachtbeförderung tätig ist. Während Luftfracht kein bedeutender Aspekt der Tätigkeit des Flughafens Saarbrücken ist, bildet diese einen zentralen Bestandteil des Geschäftsmodells des Flughafens Frankfurt Hahn. Wie in Erwägungsgrund 21 erläutert, liegt der Flughafen Frankfurt Hahn nur etwa 128 km oder rund 84 Minuten Fahrzeit mit dem Auto von Zweibrücken entfernt. Zudem wird Luftfracht auch am etwa 145 km bzw. 86 Minuten Fahrzeit mit dem Auto (siehe Erwägungsgrund 21) von Zweibrücken entfernten Flughafen Luxemburg umgeschlagen. |
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(270) |
Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass Fracht in der Regel mobiler als der Passagierverkehr ist (66). Allgemein gilt, dass das Einzugsgebiet für Frachtflughäfen einen Radius von mindestens 200 km und einer Fahrzeit von 2 Stunden hat. Bis zu einem gewissen Grad scheint die Industrie davon auszugehen, dass bis zu einem halbem Tag LKW-Zeit (das heißt, bis zu 12 Stunden Fahrzeit mit dem LKW) im Allgemeinen akzeptabel ist (67). |
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(271) |
Da das Einzugsgebiet für den Frachtverkehr typischerweise erheblich größer als für den Passagierverkehr ist, bieten die Flughäfen Frankfurt Hahn und Luxemburg ausreichende Luftfrachtkapazitäten für die Region. |
Duplizierung: Erörterung der Ergebnisse
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(272) |
Auf der Grundlage der Erwägungen insbesondere in den Erwägungsgründen 259 bis 270 stellt die Kommission fest, dass durch den Flughafen Zweibrücken die bereits vorhandene Flughafeninfrastruktur am Flughafen Saarbrücken dupliziert wird. Insbesondere stellt die Kommission fest, das auch vor der Aufnahme des gewerblichen Luftverkehrs durch den Flughafen Zweibrücken die Region durch die vorhandenen Flughäfen, allen voran der Flughafen Saarbrücken, gut angebunden war und dass der Flughafen Zweibrücken die Verkehrsanbindung der Region nicht verbessert. |
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(273) |
Darüber hinaus könnte die Nachfrage nach Luftfahrtdienstleistungen, die vom Flughafen Saarbrücken nicht befriedigt werden kann, leicht durch die anderen sechs Flughäfen bedient werden, die innerhalb von weniger als zwei Stunden Fahrzeit erreichbar sind. Insbesondere was Urlaubsflüge angeht, werden Anreisezeiten von bis zu zwei Stunden allgemein akzeptiert. Dasselbe gilt hinsichtlich der Nachfrage nach Luftfrachtdienstleistungen. |
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(274) |
Deutschland hat bisher keine Belege dafür vorgelegt, dass das prognostizierte Passagieraufkommen die Aufnahme des gewerblichen Luftverkehrs am Flughafen Zweibrücken erforderte. Insbesondere waren in der frühesten Passagierzahlen-Prognose Daten ab September 2009 enthalten, während der gewerbliche Luftverkehr bereits im Jahr 2006 aufgenommen wurde (68). Es kann daher nicht geltend gemacht werden, dass die öffentlichen Zuwendungen seit 2000 auf die Befriedigung der Nachfrage nach Luftverkehrsdienstleistungen ausgerichtet waren, die anders nicht gedeckt worden wäre. |
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(275) |
Die Kommission weist zudem darauf hin, dass im Jahr 1997 der Flughafen Saarbrücken einen Anstieg seiner Passagierzahlen auf 676 000 bis 2010 prognostizierte (69). Da Zweibrücken zu diesem Zeitpunkt noch nicht im gewerblichen Luftverkehr aktiv war, kann man davon ausgehen, dass diese Prognose die zuverlässigste Passagierzahlenvoraussage für die Region war. Saarbrücken verfügt über eine Kapazität von 700 000-800 000 Passagieren pro Jahr; daher ist klar, dass das im Jahr 1997 prognostizierte Passagieraufkommen über einen erheblichen Zeitraum bedient allein vom Flughafen Saarbrücken werden könnte. |
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(276) |
Die Kommission vertritt zudem die Auffassung, dass selbst die aktuellen Passagierzahlen an den Flughäfen Zweibrücken und Saarbrücken nicht belegen, dass die Kapazitäten von Saarbrücken nicht ausreichen, um die Nachfrage in der Region zu decken. Es trifft zwar zu, dass die Passagierzahlen von Saarbrücken und Zweibrücken zusammen im Jahr 2008 etwa 850 000 und 2009 etwa 810 000 Passagiere erreichten, was über der Höchstkapazität des Flughafens Saarbrücken liegt. Gleichzeitig stellt die Kommission jedoch fest, dass diese Zahlen ein etwas verzerrtes Bild der realen Nachfrage in der Region zeichnen: Erstens scheinen die hohen Passagierzahlen aus dem direkten Wettbewerb zwischen den von Zweibrücken und Saarbrücken (und Germanwings bzw. Air Berlin/Luxair) angebotenen Berlin-Verbindungen zu resultieren, durch die zeitweise zusätzliche Passagiere gewonnen wurden. Als jedoch Germanwings die unrentable Strecke nach Berlin einstellte, ging die Nachfrage auf dieser Strecke zurück. Zweitens stellt die Kommission fest, (siehe Abschnitt 7.3), dass Germanwings, TUIFly und Ryanair unrechtmäßige staatliche Beihilfen erhielten, die ihnen durch die FGAZ/FZG gewährt wurden. Da sich dies in niedrigeren Ticketpreisen niedergeschlagen haben könnte, ist zu bezweifeln, dass die derart subventionierten Passagierzahlen in Zweibrücken die reale Nachfrage in der Region widerspiegelten. Schließlich muss festgestellt werden, dass das gemeinsamen Passagieraufkommen seit 2009 gesunken ist: Die gemeinsamen Zahlen für Zweibrücken und Saarbrücken lagen im Jahr 2012 bei etwa 670 000 und damit unter der Kapazitätsgrenze des Flughafens Saarbrücken. |
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(277) |
Die Kommission kann des Weiteren das von Deutschland vorgebrachte Argument nicht akzeptieren, dass die beiden Flughäfen sich lediglich ergänzen, anstatt miteinander zu konkurrieren. Obwohl die Geschäftsmodelle der beiden Flughäfen in gewissem Maße unterschiedlich zu sein scheinen, steht fest, dass das Kerngeschäft des Flughafens Zweibrücken (Urlaubsflüge, insbesondere nach Antalya/Palma de Mallorca) auch durch Saarbrücken abgedeckt wird. Ansonsten konzentriert sich Saarbrücken auf Linienflüge in wichtige Metropolen wie Luxemburg, Berlin und Hamburg. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Zweibrücken nur einen begrenzten Geschäftsumfang hat, der nicht von Saarbrücken bedient wird oder werden könnte. |
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(278) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass die zwischen den beiden Flughäfen bestehenden Unterschiede in der Infrastruktur ihre Feststellung nicht entkräften, dass durch den Flughafen Zweibrücken die bereits vorher in Saarbrücken vorhandene Flughafeninfrastruktur dupliziert wird. Obwohl es zutreffend ist, dass Zweibrücken eine längere Start- und Landesbahn hat, die den Flughafen für Langstreckenflüge und schwere Frachtflugzeuge geeigneter macht, sind diese Unterschiede jedoch nicht ausreichend, um zwei Flughäfen in derartiger Nähe zu rechtfertigen. Erstens wird, wie in den Erwägungsgründen 269 und 270 erläutert, die Nachfrage nach Luftfrachtdienstleistungen ausreichend durch die Flughäfen Frankfurt-Hahn und Luxemburg bedient, wo es — nach den der Kommission vorliegenden Informationen — keine relevanten Einschränkungen hinsichtlich des Gewichts der Flugzeuge gibt. Zweitens hat Deutschland keine Belege dafür vorgelegt, dass eine signifikante Anzahl von gewerblichen Passagierflügen, die von Zweibrücken starten, nicht von Saarbrücken starten könnten. |
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(279) |
Wenn man schließlich bedenkt, dass der Flughafen Saarbrücken vor der Aufnahme des gewerblichen Luftverkehrs in Zweibrücken anscheinend in der Lage war, die nun teilweise von diesem Flughafen übernommene Nachfrage nach Luftverkehrsdienstleistungen zu befriedigen, rechtfertigt der Unterschied in der Infrastruktur nicht die Duplizierung der in Saarbrücken bereits vorhandenen Infrastruktur. |
Schlussfolgerung
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(280) |
Angesichts der Tatsachen und Erwägungen, die in den Erwägungsgründen 255 bis 279 erläutert und erörtert wurden, stellt die Kommission fest, dass die Investitionsbeihilfe zugunsten der FGAZ/FGZ dazu diente, eine Infrastruktur zu schaffen bzw. zu erhalten, die den (unrentablen) Flughafen Saarbrücken lediglich dupliziert. Die Investitionsbeihilfe kann daher nicht als Beitrag zur Verwirklichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse betrachtet werden. |
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(281) |
Da die (in Erwägungsgrund 254) aufgezählten Voraussetzungen für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt sämtlich erfüllt sein müssen, braucht die Kommission die übrigen Voraussetzungen nicht zu prüfen. Demnach sollte die Investitionsbeihilfe, sofern sie eine staatliche Beihilfe darstellt, als nicht vereinbar mit dem Binnenmarkt gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV eingestuft werden. |
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(282) |
Da Deutschland keine alternativen Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt vorgelegt hat und die Kommission keine derartigen Gründe festgestellt hat, wird der Schluss gezogen, dass die Investitionsbeihilfe zugunsten der FGAZ/FGZ, sofern sie eine staatliche Beihilfe darstellt, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. |
7.1.3.4. Vereinbarkeit der Betriebsbeihilfe nach den DAWI-Regeln
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(283) |
Deutschland vertritt den Standpunkt, dass die für Betriebsbeihilfen zugunsten der FGAZ/FGZ eingesetzten öffentlichen Zuwendungen als mit dem Binnenmarkt vereinbar zu betrachten sind, da sie einen Ausgleich für die Erbringung einer DAWI nach Artikel 106 Absatz 2 AEUV darstellen. |
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(284) |
In Artikel 106 Absatz 2 AEUV ist folgendes festgelegt: „Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.“ |
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(285) |
Dieser Artikel beinhaltet eine (parzielle) Ausnahme vom Verbot staatlicher Beihilfen nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV, sofern die Beihilfe notwendig und angemessen ist, um die Erbringung der DAWI unter akzeptablen wirtschaftlichen Bedingungen zu gewährleisten. |
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(286) |
Vor dem 31. Januar 2012 stützte sich die Kommission bei der Anwendung der Ausnahme in Artikel 106 Absatz 2 AEUV auf den DAWI-Rahmen von 2005 (70) und die DAWI-Entscheidung von 2005. |
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(287) |
Die Kommission stellt fest, dass bei beiden Instrumenten verlangt wird, dass das fragliche Unternehmen mit einer echten DAWI betraut ist. Die Betrauung des Flughafenbetreibers mit gemeinwirtschaftlichen Aufgaben muss ebenfalls in „einem oder mehreren offiziellen Dokumenten“ verzeichnet sein, dem oder denen unter anderem, die „genaue Art der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung“ zu entnehmen ist (71). |
Echte Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
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(288) |
Was zunächst die Frage angeht, ob der Betrieb des Flughafens Zweibrücken eine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse darstellt, erinnert die Kommission daran, dass eine DAWI besondere Merkmale im Vergleich zu normalen wirtschaftlichen Tätigkeiten aufweisen sollte und dass das verfolgte Ziel von allgemeinem Interesse nicht nur die Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV sein kann (72). Vor diesem Hintergrund setzt dies der Kommission zufolge jedoch voraus, dass ein Teil des von dem Flughafen bedienten Gebiets ohne den Flughafen in einem Maß von der übrigen Union abgeschnitten wäre, das seine soziale und wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen würde (73). |
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(289) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass eine gewisse Überschneidung zwischen der angemessenen Definition einer DAWI und der Frage besteht, ob öffentliche Zuwendungen für einen Flughafen (sowohl für Investitions- als auch für Betriebskosten) einen Beitrag zur Verwirklichung eines klar definierten Ziels von gemeinsamem Interesse leisten. In den Erwägungsgründen 257 ff. hat die Kommission daran erinnert, dass öffentliche Zuwendungen, die zur Duplizierung von Flughafeninfrastrukturen in einer Region führen, nicht als Beitrag zur Verwirklichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse gelten können (siehe auch die Erwägungsgründe 294 ff.). Die Kommission erinnert ebenfalls daran, dass der Betrieb eines Flughafens nur dann als DAWI betrachtet werden kann, „wenn ein Teil des von dem Flughafen bedienten Gebiets ohne den Flughafen in einem Maß von der übrigen Union abgeschnitten wäre, das seine soziale und wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen würde“ (74). Vor diesem Hintergrund gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der Betrieb eines Flughafens, durch den ein anderer Flughafen in derselben Region dupliziert wird, nicht als echte DAWI betrachtet werden kann (75). |
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(290) |
Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass die öffentlichen Zuwendungen für die Infrastruktur des Flughafens Zweibrücken, sofern sie staatliche Beihilfen bilden, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, da sie die vorhandene Infrastruktur duplizieren. Ebenso stellt die Kommission fest, dass der Betrieb des Flughafens Zweibrücken keine echte Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ist. Da Deutschland der Auffassung ist, dass der Betrieb des Flughafens Zweibrücken eine DAWI darstellt, hat Deutschland einen offensichtlichen Fehler bei der Definition der DAWI begangen (76). |
Betrauungsakt
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(291) |
Zweitens stellt die Kommission fest, dass die FGAZ/FZG in jedem Fall mit dem Betrieb des Flughafens Zweibrücken als DAWI nicht ordnungsgemäß betraut waren. Als maßgebliche Betrauungsakte hat Deutschland nur auf die allgemeine Betriebsgenehmigung des Flughafens und seine „Betriebspflicht“ gemäß § 45 LuftVZO verwiesen. Die Kommission hält fest, dass nach Angaben Deutschlands die Auferlegung einer Betriebspflicht das Ergebnis der Aufstufung des Flughafens Zweibrücken von einem „Flugplatz“ zu einem „Flughafen“ war (77). Diese Aufstufung erfolgte jedoch erst Anfang 2010, so dass für den Untersuchungszeitraum in der vorliegenden Sache (2000-2009) keine Betrauung aus § 45 LuftVZO abgeleitet werden kann. |
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(292) |
Des Weiteren bringt Deutschland vor, dass „[a] es außer der Betriebsgenehmigung und der Aufnahme in das Konversionsprojekt von Rheinland-Pfalz keinen förmlichen Betrauungsakt des Flughafens mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gab.“ In Anbetracht der Tatsache, dass Deutschland nicht erklärt hat, wie die Betriebsgenehmigung als solche einen angemessenen Betrauungsakt, der die in Erwägungsgrund 287 genannten Anforderungen erfüllt, darstellen kann oder wie die Aufnahme in das Konversionsprojekt eine angemessene Betrauung darstellt, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die FGAZ/FZG nicht ordnungsgemäß mit einer echten DAWI betraut worden sind. |
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(293) |
Demnach wird aus den in den Erwägungsgründen 288 ff. ausgeführten Gründen der Schluss gezogen, dass die öffentlichen Zuwendungen, die der FGAZ/FZG als Betriebsbeihilfe gewährt wurden, nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbarer Ausgleich für DAWI betrachtet werden können. |
7.1.3.5. Vereinbarkeit der Betriebsbeihilfe auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2014
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(294) |
In Abschnitt 5.1. der Luftverkehrsleitlinien von 2014 sind die Kriterien aufgeführt, die die Kommission bei der Bewertung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen mit dem Binnenmarkt gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV anwendet. In Einklang mit Randnummer 172 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 wird die Kommission diese Kriterien auf alle Betriebsbeihilfen, einschließlich anhängige Anmeldungen und nicht angemeldete unrechtmäßige Beihilfen, anwenden. |
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(295) |
Unrechtmäßige Betriebsbeihilfen, die vor der Veröffentlichung der Luftverkehrsleitlinien von 2014 gewährt wurden, können bis zur vollen Höhe der ungedeckten Betriebskosten als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, sofern folgende Voraussetzungen (78) erfüllt sind:
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a) Beitrag zu einem genau definierten Ziel von gemeinsamem Interesse
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(296) |
Unter Randnummer 114 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 ist dargelegt, dass „der Betrieb mehrerer unrentabler Flughäfen im selben Einzugsgebiet keinen Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse leistet“. Die Kommission stellt fest, dass die in den Erwägungsgründen 259 ff. in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Investitionsbeihilfen zugunsten der FGAZ/FZG nach den Luftverkehrsleitlinien von 2005 vorgebrachten Argumente gleichermaßen für die Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen nach den Luftverkehrsleitlinien von 2014 gelten. Aus diesem Grund stellt die Kommission fest, dass die Betriebsbeihilfen, die der FZAG/FZG gewährt wurden, lediglich einen unrentablen Flughafen duplizieren und daher keinen Beitrag zur Verwirklichung eines genau definierten Ziels von gemeinsamem Interesse leisten. Daher kann die der FGAZ/FZG gewährte Betriebsbeihilfe, sofern sie eine staatliche Beihilfe darstellt, nicht als gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar eingestuft werden. |
Schlussfolgerung
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(297) |
Die Kommission zieht den Schluss, dass die der FGAZ/FZG gewährte Betriebsbeihilfe weder nach Artikel 106 Absatz 2 noch nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. Da Deutschland keine alternativen Gründe für die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt vorgelegt hat und die Kommission keine derartigen Gründe festgestellt hat, stellt die Kommission fest, dass die Betriebsbeihilfe zugunsten der FGAZ/FGZ, sofern sie eine staatliche Beihilfe bildet, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. |
7.2. POTENZIELLE BEIHILFE IM ZUSAMMENHANG MIT EINEM SPARKASSENKREDIT UND DER BETEILIGUNG AM LIQUIDITÄTSPOOL DES LANDES RHEINLAND-PFALZ
7.2.1. VORLIEGEN EINER BEIHILFE
7.2.1.1. Wirtschaftliche Tätigkeit und Begriff des Unternehmens
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(298) |
Aus den in den Erwägungsgründen 173 ff. dargelegten Gründen müssen FGAZ/FZG als Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden. |
7.2.1.2. Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit an den Staat
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(299) |
Die fraglichen Maßnahmen geltend nur dann als staatliche Beihilfen, wenn sie aus staatlichen Mitteln finanziert wurden und die Entscheidung über die Gewährung der Maßnahme dem Staat zuzurechnen ist. |
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(300) |
Der Begriff der staatlichen Beihilfe erfasst jeden Vorteil, der aus staatlichen Mitteln vom Staat selbst oder von einer zwischengeschalteten Stelle im Auftrag des Staates gewährt wird (84). Mittel lokaler Behörden gelten im Sinne von Artikel 107 AE'UV als staatliche Mittel (85). |
100 %ige staatliche Garantie
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(301) |
Eine staatliche Garantie ist mit dem möglichen Verlust von Mitteln des Staates verbunden. Da die 100 %ige staatliche Garantie direkt durch das Land Rheinland-Pfalz ausgestellt wurde, wurde sie aus staatlichen Mitteln gewährt und ist dem Staat zuzurechnen. |
Liquiditätspool des Landes
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(302) |
Deutschland machte geltend, dass der Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz nicht direkt aus dem öffentlichen Haushalt des Landes finanziert wird, und legt dar, dass alle Mittel im Liquiditätspool entweder von den beteiligten Unternehmen stammen oder in Form von Darlehen am Kapitalmarkt aufgenommen werden. |
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(303) |
Die Kommission stellt fest, dass im vorliegenden Fall der Staat zu jedem entscheidungserheblichen Zeitpunkt die direkte oder indirekte Kontrolle über die Mittel im Liquiditätspool ausübte, so dass diese staatliche Mittel darstellten. Erstens können sich nur Unternehmen, die im mehrheitlichen Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz (mindestens 50 %) stehen, am Liquiditätspool beteiligen. Aufgrund des öffentlichen Mehrheitseigentums sind die beteiligten Unternehmen eindeutig öffentliche Unternehmen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2006/111/EG (86). Da alle beteiligten Unternehmen demnach öffentliche Unternehmen sind, stellen ihre Mittel staatliche Mittel dar. Allein aus diesem Grund handelt es sich bei den Geldern des Liquiditätspools, die aus den Einlagen der beteiligten Unternehmen bestehen, um staatliche Mittel. |
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(304) |
Zweitens nimmt das Land Rheinland-Pfalz im eigenen Namen kurzfristige Kredite auf dem Kapitalmarkt auf und leitet diese Mittel an die am Liquiditätspool beteiligten Unternehmen weiter, falls die Einlagen der am Liquiditätspool beteiligten Unternehmen zur Deckung des Liquiditätsbedarfs eines Teilnehmers nicht ausreichen. Da das Land die benötigten Kredite im eigenen Namen aufnimmt, müssen die so aufgenommenen Mittel ebenfalls als staatliche Mittel angesehen werden. |
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(305) |
Demnach stellt die Kommission fest, dass die durch den Liquiditätspool bereitgestellten Mittel durch staatliche Mittel finanziert werden, da sowohl die Einlagen der beteiligten Unternehmen als auch die vom Land zur Überbrückung von Liquiditätslücken im Liquiditätspool aufgenommenen Kredite staatliche Mittel darstellen. |
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(306) |
Es ist des Weiteren klar erkennbar, dass das Land weitreichende Kontrolle über den Einsatz des Liquiditätspools hat, so dass die den beteiligten Unternehmen zur Verfügung gestellten Finanzmittel dem Staat zuzurechnen sind. Die Kommission stellt zunächst fest, dass die Vereinbarung über die Teilnahme am Liquiditätspool zwischen dem Land und den beteiligten Unternehmen geschlossen wird. Die Entscheidung, einem Unternehmen die Teilnahme am Liquiditätspool zu erlauben, wird also direkt vom Land getroffen. Das Land entscheidet auch über den Höchstbetrag, den ein teilnehmendes Unternehmen aus dem Liquiditätspool in Form einer Kreditlinie entnehmen darf. Des Weiteren verwaltet das Land Rheinland-Pfalz direkt das Tagesgeschäft des Liquiditätspools über die „Landeshauptkasse“, bei der es sich um eine Einrichtung des Finanzministeriums des Landes Rheinland-Pfalz handelt. Die „Landeshauptkasse“ vertritt das Land auch offiziell bei der Beschaffung von Finanzmitteln am Kapitalmarkt zur Überbrückung von Liquiditätslücken im Liquiditätspool. |
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(307) |
Angesichts dieser Faktoren scheint der Staat die Aktivitäten des Liquiditätspools direkt kontrollieren zu können, vor allem bei der Frage, welches Unternehmen teilnehmen darf und wie hoch die jedem teilnehmenden Unternehmen gewährte individuelle Kreditlinie ist. Daher sind die Entscheidungen hinsichtlich der Beteiligung am Liquiditätspool und des Umfangs dieser Beteiligung dem Staat zuzurechnen. |
Kredit der Sparkasse Südwestpfalz
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(308) |
Was den Kredit selbst angeht, räumt die Kommission ein, dass die Sparkasse Südwestpfalz ein unabhängiges Kreditinstitut ist, die die Kreditvergabeentscheidungen in eigener Verantwortung trifft. Es gibt keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass die Entscheidung, der FGAZ/FZG den Kredit zu gewähren, dem Staat zuzurechnen ist. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahme nicht dem Staat zugerechnet werden kann. |
7.2.1.3. Wirtschaftlicher Vorteil
100 %ige staatliche Garantie
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(309) |
Nach Randnummer 3.2 der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften stellt eine einzelne staatliche Garantie keine staatliche Beihilfe dar, wenn die folgenden Voraussetzungen sämtlich erfüllt sind: „a) Der Kreditnehmer befindet sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten. […], b) Der Umfang der Garantie kann zum Zeitpunkt ihrer Übernahme ermittelt werden. […] c) Die Garantie deckt höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrages oder der sonstigen ausstehenden finanziellen Verpflichtung; […], d) Für die Garantie wird ein marktübliches Entgelt gezahlt. […].“ |
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(310) |
Im vorliegenden Fall leistet das Land Rheinland-Pfalz eine 100 %ige Garantie für den der FGAZ/FZG gewährten Kredit; daher übersteigt die Garantie die Grenze von 80 % des ausstehenden Kreditbetrages. Außerdem wird, wie im Folgenden erläutert, kein marktübliches Entgelt gezahlt. Daher verschafft die Garantie der FGAZ/FZG eindeutig einen wirtschaftlichen Vorteil. |
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(311) |
Nach Absatz 4.2 zweiter Unterabsatz der Mitteilung über Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften kann der wirtschaftliche Vorteil als Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz, der für die FGAZ/FZG ohne die Garantie gegolten hätte, und dem im Wege der staatlichen Garantie tatsächlich angewandten Zinssatz nach Abzug etwaiger Prämienzahlungen berechnet werden. |
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(312) |
In Hinblick auf die Garantie des Landes erinnert die Kommission daran, dass FGAZ/FZG eine 100 %ige kostenfreie Garantie erhalten haben, ohne Sicherheiten stellen zu müssen. Es ist klar, dass die FGAZ/FZG unter marktüblichen Bedingungen eine Prämie hätte zahlen müssen, um von Dritten eine Kreditbürgschaft zu erhalten. |
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(313) |
Da die FGAZ/FZG keine Prämie zahlen musste, erlangte sie einen wirtschaftlichen Vorteil, der ihr auf dem Kapitalmarkt so nicht gewährt worden wäre. Der Umfang dieses Vorteils entspricht der Prämie, die die FGAZ/FZG unter marktüblichen Bedingungen hätte zahlen müssen. |
Liquiditätspool des Landes
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(314) |
Im Hinblick auf die Teilnahme der FGAZ/FZG am Liquiditätspool erklärte Deutschland dessen Funktionsweise wie folgt: Die FGAZ fordert Mittel aus dem Pool an, um ihre Liquidität sicherzustellen, und das Land stellt diese Mittel aus dem Liquiditätspool bereit. Die erhobenen Zinssätze sind marktbasierte Tagesgeldsätze auf dem für das Land selbst verfügbaren Niveau. Wenn die Einlagen der teilnehmenden Unternehmen zur Deckung der Nachfrage nicht ausreichen, füllt das Land den Liquiditätspool wieder auf, indem es Kredite im eigenen Namen aufnimmt. Deutschland erklärt ferner, dass das Land die Bedingungen, die es am Kapitalmarkt erhält, im Wesentlichen an die Teilnehmer des Liquiditätspools weiterleitet und es dadurch den Teilnehmern — den Tochtergesellschaften des Landes — ermöglicht, sich selbst zu denselben Bedingungen wie das Land selbst zu refinanzieren, ohne dass ihre eigene Bonität Berücksichtigung findet. Des Weiteren stellt die Kommission fest, dass den Unternehmen diese Finanzmittel für unbegrenzte Zeit zur Verfügung stehen. |
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(315) |
Angesichts dieses Mechanismus wird der FGAZ ein Vorteil gewährt, wobei die Bedingungen, zu denen das Land Kredite aus dem Liquiditätspool gewährt, günstiger sind als die, die der FGAZ sonst auf dem Kapitalmarkt zur Verfügung stehen. Die Bedingungen für Aufnahme von Krediten aus dem Liquiditätspool sind dieselben, die dem Land zur eigenen Refinanzierung gewährt werden. Berücksichtigt man, dass das Land als öffentliche Behörde Kredite zu äußerst günstigen Zinssätzen (da praktisch kein Ausfallrisiko besteht) aufnehmen kann, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Zinssatz, zu dem die FGAZ einen Kredit aus dem Liquiditätspool erhalten kann, günstiger als der ist, der ihr üblicherweise gewährt würde. Zudem muss die FGAZ keine Besicherung für diese Kredite stellen und ihre Finanzlage/Bonität wird nicht berücksichtigt. Demnach hat das Land dem Unternehmen FGAZ/FZG einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, indem es der FGAZ die Teilnahme am Liquiditätspool erlaubte (87). |
7.2.1.4. Selektivität
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(316) |
Da die 100 %ige Garantie und das Recht zur Teilnahme am Liquiditätspool nur der FGAZ/FZG (und im Falle des Liquiditätspools anderen Unternehmen, an denen das Land eine Mehrheitsbeteiligung hat) eingeräumt wurde, sind beide Maßnahmen als selektiv zu betrachten. |
7.2.1.5. Verfälschung des Wettbewerbs und Auswirkung auf den Handel
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(317) |
Aus denselben Gründen wie in den Erwägungsgründen 233 ff. erläutert gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass ein der FGAZ/FZG gewährter selektiver wirtschaftlicher Vorteil zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könnte. |
7.2.1.6. Schlussfolgerung
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(318) |
Abschließend stellt die Kommission fest, dass das Land der FGAZ/FZG eine staatliche Beihilfe gewährt hat, indem es der FGAZ/FZG eine kostenfreie 100 %ige Garantie für einen Kredit gewährte und die Beteiligung der FGAZ am Liquiditätspool des Landes erlaubte. |
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(319) |
Des Weiteren gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der Kredit der Sparkasse Südwestpfalz an sich keine staatliche Beihilfe darstellt. |
7.2.2. VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT
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(320) |
Die in den Erwägungsgründen 248 ff. und 283 ff. dargelegten Erwägungen zur Vereinbarkeit, die sich auf die staatlichen Beihilfen in Form der direkten Investitionszuschüsse und jährlichen Kapitalzuwendungen beziehen, gelten der Kommission zufolge gleichermaßen für die staatlichen Beihilfen in Form der Garantie und der Teilnahme am Liquiditätspool. Daher stellt die Kommission fest, dass die staatliche Beihilfe, die der FGAZ/FZG durch eine kostenfreie 100 %ige Garantie und die Teilnahme am Liquiditätspool des Landes gewährt wurde, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. |
7.3. ERMÄSSIGTE FLUGHAFENENTGELTE UND MARKETINGVEREINBARUNG MIT RYANAIR
7.3.1. VORLIEGEN EINER BEIHILFE
7.3.1.1. Wirtschaftliche Tätigkeit und Begriff des Unternehmens
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(321) |
Durch die Erbringung von Luftverkehrsdienstleistungen üben Fluggesellschaften eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und stellen daher Unternehmen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar. Es muss demnach untersucht werden, ob die Vereinbarungen zwischen den fraglichen Fluggesellschaften und dem Flughafen, sofern sie dem Staat zuzurechnen sind und einen Transfer von staatlichen Mitteln bewirkten, ersteren einen wirtschaftlichen Vorteil verschafften. |
7.3.1.2. Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit an den Staat
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(322) |
Die Maßnahme muss dem Staat zugerechnet werden können und aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Im Stardust Marine (88)-Urteil stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass die Mittel eines privatrechtlichen Unternehmens, das sich mehrheitlich in öffentlichem Eigentum befindet, staatliche Mittel darstellen. In dieser Hinsicht stellt die Kommission nach gängiger Praxis fest, dass, unabhängig davon, ob ein öffentliches Unternehmen Gewinne oder Verluste macht, seine sämtlichen Mittel als staatliche Mittel betrachtet werden (89). |
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(323) |
Was die Zurechenbarkeit angeht, stellte der Europäische Gerichtshof in seinem Stardust Marine-Urteil weiterhin fest, dass die Tatsache, dass der Staat oder eine staatliche Stelle der bzw. die alleinige(r) oder mehrheitliche(r) Anteilseigner bzw. Anteilseignerin eines Unternehmens ist, nicht für die Feststellung ausreicht, dass ein Mitteltransfer durch dieses Unternehmen seinen öffentlichen Anteilseignern zuzurechnen ist (90). Selbst wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, kann laut dem Urteil des Gerichtshofes nicht ohne Weiteres vermutet werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird, da ein öffentliches Unternehmen je nach dem Maß der Selbständigkeit, das ihm der Staat belässt, mehr oder weniger unabhängig handeln kann. |
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(324) |
Nach Ansicht des Gerichtshofs könnte aus folgenden Indizien eine Zurechenbarkeit abgeleitet werden (91):
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Staatliche Mittel
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(325) |
Die Kommission hält fest, dass die FGAZ/FZG zu 100 % in staatlichem Eigentum steht, nämlich zu 50 % im Eigentum des Landes Rheinland-Pfalz und zu 50 % im Eigentum des ZEF. FGAZ/FZG müssen daher als öffentliche Unternehmen im Sinne des Artikels 2 Buchstabe b der Richtlinie 2006/111/EG betrachtet werden. Da der Staat alleiniger Anteilseigner der FGAZ/FZG ist und den (identischen) Aufsichtsrat der FZAG/FZG ernennt (der wiederum die Geschäftsleitung ernennt), kann davon ausgegangen werden, dass dieser einen beherrschenden Einfluss auf die FGAZ/FZG ausübt und deren Mittel kontrollieren kann. Daher würde jeder Vorteil, der aus Mitteln der FGAZ/FZG gewährt würde, einen Verlust staatlicher Mittel bedeuten und damit einen Transfer staatlicher Mittel darstellen. |
Zurechenbarkeit
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(326) |
Während Deutschland geltend machte, dass der Abschluss von Verträgen zwischen Fluggesellschaften und der FZG nicht dem Staat zuzurechnen sei, räumte das Land ein, dass der Staat — vertreten durch das Land Rheinland-Pfalz und den ZEF — indirekt beteiligt sei, nämlich über seine Vertreter im Aufsichtsrat der Muttergesellschaft der FZG, der FGAZ. Nach den Satzungen der FGAZ und der FZG setzen sich die Aufsichtsräte beider Einheiten vollständig aus vom Land und dem ZEF ernannten Behördenvertretern zusammen. Ein vom Land ernannter Vertreter ist automatisch Vorsitzender beider Aufsichtsräte. Die Aufsichtsräte ernennen die Geschäftsleitung der FGAZ und der FZG. Bei beiden Unternehmen müssen die Aufsichtsräte alle Transaktionen, die über […] EUR hinausgehen, genehmigen, was ihnen umfangreiche Kontrolle über die wirtschaftlichen Tätigkeiten der FGAZ/FZG verleiht. |
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(327) |
Weiterhin belegen die Aufsichtsratsprotokolle der FGAZ, dass der Aufsichtsrat über die Verhandlung und den Abschluss von Verträgen mit Fluggesellschaften informiert war und dazu konsultiert wurde. Darüber hinaus belegen die Protokolle, dass die Geschäftsleitung der FGAZ/FZG beim Abschluss der Verträge den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung tragen musste. Zum Beispiel geht aus dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 13. Juli 2006 hervor, dass, nachdem die Geschäftsleitung über den erfolgreichen Abschluss des Vertrags mit Germanwings berichtet hatte, der Aufsichtsratsvorsitzende darauf hinwies, dass das Land sehr erfreut über die Entwicklung sei, und anmerkte, dass dies zur Schaffung von Arbeitsplätzen führen und dazu beitragen könnte, den Flughafen wirtschaftlich zu rechtfertigen. Vor allem schlug der Vorsitzende vor, dass die positiven Effekte — die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche Rechtfertigung des Flughafens — zu einer Verlängerung des Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrags zwischen der FGAZ und der FZG führen könnten. Wenn man berücksichtigt, dass die FZG zur Deckung ihrer Betriebsverluste sehr stark von dem Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag abhängig ist und dass das Land und der ZEF befugt sind, den Gewinnabführungs- und Verlustübernahmevertrag nicht zu verlängern oder die Kapitalzuwendungen, die ihren Betrieb ermöglichten, einzustellen, wird klar, dass die Geschäftsleitung der FGAZ/FZG den Anforderungen der öffentlichen Stellen Rechnung tragen musste, wenn sie ihr eigenes wirtschaftliches Überleben sichern wollte. |
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(328) |
Aus dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 13. Juli 2006 geht ebenfalls hervor, dass eine Militärübung, die am Flughafen Zweibrücken stattgefunden hatte, zu Beschwerden der Bevölkerung über die Lärmbelästigung geführt hatte. Die Geschäftsleitung wies darauf hin, dass die Militärübung der niederländischen Luftwaffe erhebliche Einnahmen generiert hatte. Der Vorsitzende machte dennoch den Vorschlag, dass die Geschäftsleitung in Zukunft sorgfältig abwägen sollte, ob Militärübungen durchgeführt werden sollten, und die Bevölkerung rechtzeitig informieren sollte. Alle oben genannten Punkte belegen, dass die Behörden in die alltäglichen Entscheidungen der Geschäftsführung der FGAZ/FZG involviert waren und diesen zustimmten. |
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(329) |
Das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 26. Juni 2009 lässt außerdem darauf schließen, dass der Staat, vertreten durch das Land Rheinland-Pfalz, direkt an den Verhandlungen mit den Fluggesellschaften beteiligt war. Im Protokoll wird der Bericht der Geschäftsleitung an den Aufsichtsrat wiedergegeben und ein Treffen zwischen der Geschäftsleitung, einem Vertreter des Wirtschaftsministeriums von Rheinland-Pfalz und Ryanair in London erwähnt. Bei diesem Treffen wurde das Verhältnis zwischen Ryanair und dem Flughafen Zweibrücken diskutiert. Die aktive Beteiligung des Ministeriums kann, abgesehen von der reinen Anwesenheit eines Vertreters bei solchen geschäftlichen Verhandlungen, daraus abgeleitet werden, dass der Vertreter des Ministeriums Ryanair daran erinnerte, dass die Bedienung des Flughafens Saarbrücken von der Landesregierung von Rheinland-Pfalz als „unfreundlicher Akt“ betrachtet würde. |
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(330) |
Die Zukunft des Engagements von Ryanair in Zweibrücken wurde sodann im Aufsichtsrat diskutiert, der zu dem Schluss kam, dass er, ohne eine deutliche Verbesserung des Flugplans von Ryanair und in Anbetracht des von Ryanair geforderten finanziellen Beitrags (92), den Vorschlag der Geschäftsleitung unterstützen würde, die Verbindung mit Ryanair zu beenden. Angesichts des von Ryanair verlangten finanziellen Beitrags, der die Genehmigung eines neuen Vertrags durch den Aufsichtsrat zwingend erfordert hätte, und der frühen Beteiligung der Behörden an den Verhandlungen steht fest, dass der Aufsichtsrat weitreichende Kontrolle über die geschäftlichen Entscheidungen der Geschäftsleitung hatte. Dies kann als weiteres Indiz dafür angesehen werden, dass die Geschäftsleitung bei ihren Entscheidungen den Anforderungen der Behörden Rechnung zu tragen hatte, und zeigt das Maß an Kontrolle und Einfluss, das der Aufsichtsrat über die geschäftlichen Entscheidungen der FGAZ/FZG ausübte. |
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(331) |
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass ausreichend Indizien dafür sprechen, dass der Abschluss der Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen zwischen der FGAZ/FZG und verschiedenen Fluggesellschaften dem Staat zuzurechnen ist. |
7.3.1.3. Wirtschaftlicher Vorteil
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(332) |
Zur Prüfung der Frage, ob eine Vereinbarung zwischen einem in öffentlichem Eigentum stehenden Flughafen und einer Luftverkehrsgesellschaft letzterer einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, ist es erforderlich zu untersuchen, ob diese Vereinbarung mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten vereinbar ist. Bei der Prüfung einer Vereinbarung zwischen einem Flughafen und einer Luftverkehrsgesellschaft auf die Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten ist zu bewerten, ob ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung erwartet hätte, dass diese zu höheren Gewinnen führen würde als ohne die Vereinbarung hätten erhielt werden können. Dieser höhere Gewinn ist durch die Differenz zwischen den durch Abschluss der Vereinbarung erwarteten zusätzlichen Einnahmen (d. h. der Differenz zwischen den Einnahmen, die erzielt würden, wenn die Vereinbarung geschlossen würde und den Einnahmen, die bei Nichtabschluss der Vereinbarung erzielt würden) und den zusätzlichen Kosten (d. h. die Differenz zwischen den Kosten, die bei Abschluss der Vereinbarung anfallen würden, und den Kosten, die ohne die Vereinbarung anfallen würden), zu ermitteln, wobei die sich ergebenden Zahlungsströme zu einem angemessenen Abzinsungssatz abgezinst werden. |
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(333) |
Bei dieser Prüfung sind alle inkrementellen Einnahmen und Kosten in Verbindung mit der Vereinbarung zu berücksichtigen. Die verschiedenen Elemente (ermäßigte Flughafenentgelte, Marketingunterstützung oder finanzielle Anreize) dürfen nicht getrennt bewertet werden. Im Charleroi-Urteil wurde diesbezüglich erklärt: „Im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers ist ein Handelsgeschäft (…) in seiner Gesamtheit zu betrachten, um zu prüfen, ob sich die staatliche Einrichtung und die von dieser kontrollierte Einrichtung insgesamt betrachtet wie marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsteilnehmer verhalten haben. Die Kommission muss nämlich bei der Beurteilung der streitigen Maßnahmen alle maßgeblichen Aspekte des streitigen Vorgangs und seinen Kontext berücksichtigen […]“ (93). |
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(334) |
Die erwarteten inkrementellen Einnahmen müssen insbesondere die Einnahmen aus Flughafenentgelten beinhalten, die die Ermäßigungen, aber auch den durch die Vereinbarung zu erwartenden Luftverkehr berücksichtigen, und die Einnahmen aus den nicht luftverkehrsbezogenen Tätigkeiten durch den zusätzlichen Luftverkehr. Die erwarteten inkrementellen Kosten müssen insbesondere alle zusätzlichen Betriebs- und Investitionskosten beinhalten, die ohne die Vereinbarung nicht angefallen wären, sowie die Kosten für die Marketingunterstützung und weitere finanzielle Anreize. |
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(335) |
Die Kommission weist in diesem Zusammenhang zudem darauf hin, dass die Preisdifferenzierung (einschließlich Marketingunterstützung und anderer Anreize) übliche Geschäftspraxis ist. Eine derartige differenzierte Preispolitik sollte jedoch kommerziell gerechtfertigt sein (94). |
Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten auf die in Rede stehenden Vereinbarungen, insbesondere mit Ryanair
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(336) |
Im Hinblick auf die Anwendung dieses Grundsatzes unter Berücksichtigung der Umstände der vorliegenden Sache, gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der erste Schritt die Beantwortung folgender Fragen sein sollte:
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(337) |
Nach der Beantwortung dieser Fragen wird der nächste Schritt der Kommission darin bestehen, den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten auf die verschiedenen in Rede stehenden Maßnahmen anzuwenden. |
a) Gemeinsame Prüfung der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen
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(338) |
Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die beiden vom förmlichen Prüfverfahren in diesem Fall betroffenen Arten von Maßnahmen, d. h. die Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen und die Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen, zusammen als eine einzige Maßnahme überprüft werden müssen. Dies betrifft einerseits die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zwischen Ryanair und der FZG und andererseits die Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen zwischen der FZG und Ryanair sowie der AMS und dem Land Rheinland-Pfalz. Ryanair bestreitet nicht, dass die direkt zwischen Ryanair und der FZG geschlossene Vereinbarung über Marketingdienstleistungen zusammen mit der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zu bewerten ist. Nach Auffassung der Kommission trifft dies auch auf die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen mit AMS zu. |
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(339) |
Es liegen mehrere Hinweise vor, die darauf hinweisen, dass diese Vereinbarungen als eine einzige Maßnahme bewertet werden sollten, da sie im Rahmen einer einzigen Transaktion abgeschlossen wurden. |
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(340) |
Erstens wurden die Verträge im Wesentlichen von denselben Parteien zu fast demselben Zeitpunkt geschlossen:
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(341) |
Zweitens heißt es im ersten Abschnitt der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen mit AMS mit der Überschrift „Zweck der Vereinbarung“, dass die Vereinbarung „auf der […] Verbindung von Ryanair zwischen Zweibrücken und London beruht“. Diese Formulierung begründet einen eindeutigen direkten Zusammenhang zwischen der Dienstleistungsvereinbarung und der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen da die eine nicht ohne die andere geschlossen worden wäre. Die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen beruht auf dem Abschluss der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und den von Ryanair angebotenen Dienstleistungen. Tatsächlich heißt es in der Präambel zur Vereinbarung über Marketingdienstleistungen, dass das Land Rheinland-Pfalz die Passagiere von Ryanair gezielt nutzen will, um den Tourismus und die Geschäftsmöglichkeiten der Region, insbesondere den Flughafen Zweibrücken, als Reiseziel zu bewerben. |
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(342) |
Drittens heißt es in der Präambel der Vereinbarung über die Marketingdienstleistungen, dass das Land Rheinland-Pfalz entschieden hat, „den Flughafen Zweibrücken als Reiseziel für internationale Flugreisende und auch als attraktives Wirtschaftszentrum zu bewerben.“ Dies weist darauf hin, dass der Abschluss der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen den vorrangigen und speziellen Zweck hat, den Flughafen Zweibrücken (und die umliegende Region) gezielt zu bewerben. |
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(343) |
Viertens besagt die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen eindeutig, dass zwei Links auf der Leiste rechts auf der Seite des Flugziels Zweibrücken und fünf Absätze im Abschnitt über die fünf wichtigsten Attraktionen auf der Seite des Flugziels Zweibrücken auf Ryanair.com zu platzieren sind. Aus diesen Bestimmungen kann geschlossen werden, dass der Zweck der Vereinbarung speziell die Förderung des Flughafens Zweibrücken und nicht des gesamten Landes Rheinland-Pfalz ist. |
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(344) |
Fünftens kann die Vereinbarung unverzüglich von Rheinland-Pfalz beendet werden, sollte Ryanair die Verbindung zwischen London und Zweibrücken einstellen. Auch dies zeigt, dass die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen untrennbar miteinander verbunden sind. |
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(345) |
Demnach ist die von Rheinland-Pfalz und AMS abgeschlossene Vereinbarung über Marketingdienstleistungen untrennbar mit der von Ryanair und der FZG unterzeichneten Vereinbarung über Flughafendienstleistungen verbunden. Die obigen Gründe veranschaulichen, dass die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen nicht ohne die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen abgeschlossen worden wäre. Tatsächlich bestimmt die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen ausdrücklich, dass sie an die Verbindung von Ryanair zwischen London und Zweibrücken geknüpft ist und im Wesentlichen Marketingdienstleistungen vorsieht, die zur Bewerbung dieser Strecke dienen. Gleichzeitig scheint der Abschluss der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen auch von der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen abhängig gewesen zu sein, denn obwohl die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen früher abgeschlossen wurde, verpflichtete sie Ryanair nicht, Flugverbindungen von Zweibrücken aufzunehmen. Vielmehr ist darin ausdrücklich Folgendes bestimmt: „wird die Verbindung nicht bis zum 28. Oktober 2008 aufgenommen, so erlischt diese Vereinbarung, ohne dass eine der Parteien dafür haftbar gemacht wird“. Tatsächlich hat Ryanair den Betrieb in Zweibrücken erst nach Abschluss des AMS-Vertrags aufgenommen. |
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(346) |
Aus diesen Gründen erachtet es die Kommission als angemessen, die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen vom 22. September 2008 und die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen vom 6. Oktober 2008 zusammen zu prüfen, um festzustellen, ob sie staatliche Beihilfen darstellen oder nicht. |
b) Vorteile, die ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter aus Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen erwartet haben könnte, und der Preis den er für diese Dienstleistungen zu zahlen gewillt gewesen wäre
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(347) |
Um den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten auf den vorliegenden Fall anzuwenden, muss das Verhalten der FGAZ/FZG und des Landes als Unterzeichner der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen mit Ryanair und der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen mit AMS mit dem eines hypothetischen, für den Betrieb des Flughafens Zweibrücken verantwortlichen, marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten verglichen werden. |
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(348) |
Bei der Überprüfung der in Rede stehenden Transaktion sollte bewertet werden, welchen Nutzen dieser hypothetische marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftsbeteiligte, der von der Aussicht auf Gewinne motiviert wird, aus dem Erwerb von Marketingdienstleistungen ziehen könnte. Diese Überprüfung sollte nicht die allgemeinen Auswirkungen solcher Dienstleistungen auf den Tourismus und die wirtschaftliche Leistung der Region berücksichtigen. Es sollten ausschließlich die Auswirkungen dieser Dienstleistungen auf die Rentabilität des Flughafens einbezogen werden, da nur diese für einen hypothetischen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten von Interesse wären. |
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(349) |
Marketingdienstleistungen sollten also das Fluggastaufkommen auf den von den Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen und den zugehörigen Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen abgedeckten Flugstrecken anregen, da sie dazu dienen, diese Flugstrecken zu bewerben. Obwohl von dieser Auswirkung hauptsächlich die betroffene Luftverkehrsgesellschaft profitiert, kann sie auch von Vorteil für den Flughafenbetreiber sein. Eine Steigerung des Fluggastaufkommens kann für den Flughafenbetreiber zu einem Anstieg der Einnahmen aus bestimmten Flughafenentgelten sowie zu einem Anstieg der nicht luftfahrtgebundenen Einnahmen, insbesondere von Pkw-Parkplätzen, Restaurants und Geschäften, führen. |
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(350) |
Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass ein den Flughafen Zweibrücken im Namen der FGAZ/FZG und des Landes betreibender, marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter bei Abschluss einer Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und der zugehörigen Vereinbarung über Flughafendienstleistungen, diese positive Wirkung berücksichtigt hätte. Der marktwirtschaftlich handelnde Betreiber hätte die Auswirkung der betreffenden Flugstrecke auf künftige Einnahmen und Kosten einkalkuliert, indem er in diesem Fall die Zahl der Fluggäste, die diese Strecken nutzen, schätzen würde. Diese hätten die positive Wirkung der Marketingdienstleistungen widergespiegelt. Weiterhin wäre diese Wirkung für den gesamten Zeitraum untersucht worden, in dem die betreffenden Flugstrecken gemäß der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen bedient worden wären. |
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(351) |
Schließt ein Flughafenbetreiber eine Vereinbarung zur Förderung bestimmter Flugstrecken ab, ist es üblich, die Auslastungsquote (oder den Auslastungsfaktor) (96) für die betreffenden Flugstrecken zu schätzen und bei der Bewertung künftiger Einnahmen zu berücksichtigen. Die Kommission stimmt mit Ryanair darin überein, dass Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen dem Flughafenbetreiber nicht nur Kosten verursachen sondern diesem auch Vorteile verschaffen. |
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(352) |
Zusätzlich sollte festgestellt werden, ob für den marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten, der den Flughafen Zweibrücken im Namen der FGAZ/FZG und des Landes betreibt, weitere Vorteile erwartet und quantifiziert werden können, die hinausgehen über die Vorteile aus der positiven Wirkung auf das Fluggastaufkommen auf den von der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen abgedeckten Verbindungen während des Betriebs dieser Strecken, wie in der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen oder der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen bestimmt. |
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(353) |
Bestimmte Beteiligte unterstützen dieses Argument, insbesondere Ryanair in seiner Studie vom 17. Januar 2014. Die genannte Studie beruht auf der Theorie, dass die von einem Flughafenbetreiber wie der FGAZ/FZG und dem Land erworbenen Marketingdienstleistungen helfen, das Markenimage des Flughafens zu verbessern und folglich die Zahl der den Flughafen nutzenden Passagiere zu erhöhen, und zwar nicht nur für die Flugstrecken, die von der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen für den in den Vereinbarungen festgelegten Zeitraum des Betriebs abgedeckt werden. Ryanair stellte in seiner Studie insbesondere fest, dass die Marketingdienstleistungen auch nach Ablauf der einschlägigen Vereinbarung nachhaltige positive Auswirkungen auf das Fluggastaufkommen des Flughafens haben werden. |
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(354) |
Zunächst ist anzumerken, dass keine Hinweise darauf vorliegen, dass der Flughafenbetreiber oder das Land bei Abschluss der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen die möglichen vorteilhaften Auswirkungen auf weitere Flugstrecken, die nicht von der Vereinbarung abgedeckt werden, oder die Möglichkeit, dass solche Auswirkungen nach Ablauf der Vereinbarung anhalten können, überhaupt berücksichtigt oder sogar quantifiziert hat. Darüber hinaus hat Deutschland keine Methode zur Schätzung des möglichen Wertes vorgeschlagen, den ein hypothetischer marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter, der den Flughafen Zweibrücken im Namen der FGAZ/FZG und des Landes betreibt, für solche Auswirkungen angesetzt haben könnte, als er geprüft hat, ob er diese Vereinbarung 2008 abschließt oder nicht. |
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(355) |
Weiterhin kann aufgrund der vorliegenden Informationen die Nachhaltigkeit dieser Auswirkungen nicht bewertet werden. Es ist möglich, dass die Werbung für Zweibrücken und die Region auf der Internetseite von Ryanair Menschen, die diese Seite besuchten, veranlasst haben könnte, Flugtickets nach Zweibrücken bei Ryanair zu erwerben, als die Anzeige das erste Mal veröffentlicht wurde oder kurz darauf. Dennoch ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Wirkung der Anzeige auf die Besucher anhielt oder nach ihrer Veröffentlichung auf der Ryanair-Webseite länger als paar Wochen Einfluss auf den Erwerb von Flugtickets hatte. Eine Werbekampagne hat eher dann eine nachhaltige Wirkung, wenn die Werbemaßnahmen eine oder mehrere Werbemedien beinhalten, denen der Verbraucher regelmäßig über einen festgelegten Zeitraum ausgesetzt ist. So kann beispielsweise eine Werbekampagne, die übliche TV- und Radiosender, beliebte Internetseiten und/oder verschiedene Werbeplakate vor oder in öffentlichen Einrichtungen beinhaltet, eine nachhaltige Wirkung haben, wenn Verbraucher diesen Medien regelmäßig ausgesetzt sind. Werbemaßnahmen, die nur auf die Internetseite von Ryanair beschränkt sind, haben hingegen sehr wahrscheinlich keine Wirkung, die lange über das Ende der Werbemaßnahme hinaus anhält. |
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(356) |
Tatsächlich ist es sehr wahrscheinlich, dass die meisten Menschen die Internetseite von Ryanair nicht regelmäßig genug besuchen, als dass die Werbung auf der Seite eine deutliche Erinnerung an die entsprechende Region bewirken wurde. Dieses Argument wird durch zwei Faktoren gestützt: Erstens war die Werbung für die Region Zweibrücken auf der Homepage der Internetseite von Ryanair gemäß den Bedingungen der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen auf fünf Absätze à 150 Wörter im Abschnitt über die fünf wichtigsten Attraktionen auf der Seite des Flugziels Zweibrücken, einen einfachen Link, der für einen sehr kurzen Zeitraum (16 Tage) auf der Homepage www.ryanair.com vorhanden war und zu einer vom Land zur Verfügung gestellten Webseite führte, und zwei einfache Links auf der Seite des Flugziels Zweibrücken, die wiederum auf eine vom Land verfügbar gemachte Seite führten, beschränkt. Sowohl die Art der Werbemaßnahmen (ein Link mit einem beschränkten Marketingwert) als auch deren kurze Verweildauer hätten die Wirkung dieser Maßnahmen nach dem Ende der Werbemaßnahme stark gemindert, insbesondere da diese Maßnahmen auf die Internetseite von Ryanair beschränkt waren und nicht von anderen Medien unterstützt wurden. Zweitens überwogen die Marketingmaßnahmen, die in der mit AMS abgeschlossenen Vereinbarung festgelegt waren, nur im Hinblick auf die Internetseite des Flugziels Zweibrücken. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die meisten Menschen diese Seite nicht sehr häufig besuchen, und wenn sie es tun, dann vermutlich nur, da sie sich schon für das Ziel interessieren. |
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(357) |
Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass, sofern die Marketingmaßnahmen das Fluggastaufkommen auf den von der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen im Zeitraum ihrer Durchführung abgedeckten Flugstrecken erhöht haben, diese Wirkung nach diesem Zeitraum gleich Null oder zu vernachlässigen ist und die Wirkung auf andere Flugstrecken gleichermaßen bedeutungslos war. |
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(358) |
Weiterhin geht aus den Studien von Ryanair vom 17. und 31. Januar 2014 hervor, dass Vorteile für andere Flugstrecken als diejenigen, die von den Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen abgedeckt waren, oder für den Zeitraum nach deren Umsetzung für diese Flugstrecken, der in der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und der Vereinbarung über Flughafendienstleistung festgelegt war, sehr ungewiss waren und nicht mit einer Verlässlichkeit bestimmt werden konnten, die für einen umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten als ausreichend erachtet würde. |
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(359) |
Daher sind nach der Studie vom 17. Januar 2014 beispielsweise „künftige zusätzliche Gewinne nach dem geplanten Ablaufdatum der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen naturgemäß ungewiss“. Weiterhin werden in der Studie zwei Methoden zur a priori-Bewertung der positiven Auswirkungen der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen vorgeschlagen: ein „Cashflow“-Ansatz und eine „Kapitalisierungsmethode“. |
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(360) |
Der „Cashflow“-Ansatz beinhaltet die Bewertung der Gewinne aus den Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen durch die Bewertung künftiger Einnahmen, die vom Flughafenbetreiber durch Marketingdienstleistungen und die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen erzielt werden könnten, abzüglich der damit verbundenen Kosten. Mit der „Kapitalisierungsmethode“ wird die Verbesserung des Markenimages des Flughafens durch die Marketingdienstleistungen als immaterieller Vermögenswert betrachtet, der zu dem in der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen festgesetzten Preis erworben wird. |
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(361) |
Die Studie hebt jedoch die wichtigsten mit der „Kapitalisierungsmethode“ verbundenen Schwierigkeiten hervor und zeigt auf, dass die durch dieses Verfahren gewonnenen Ergebnisse unzuverlässig sein können. Daher wird darauf hingewiesen, dass der „Cashflow“-Ansatz geeigneter wäre. Insbesondere wird in der Studie festgestellt: „Die Kapitalisierungsmethode sollte nur den Anteil der Marketingausgaben berücksichtigen, der den immateriellen Vermögenswerten eines Flughafens zuzurechnen ist. Es kann jedoch schwierig sein, den Anteil der Marketingausgaben zu ermitteln, der im Gegensatz zu derzeitigen Einnahmen des Flughafens, die erwarteten künftigen Einnahmen des Flughafens erzielen soll (z. B. eine Investition in die immateriellen Vermögenswerte des Flughafens).“ Ferner wird Folgendes betont: „Um die Kapitalisierungsmethode durchzuführen ist es erforderlich, den durchschnittlichen Zeitraum zu schätzen, in dem ein Flughafen in der Lage wäre, einen Kunden aufgrund der AMS-Marketingkampagne zu halten. In der Praxis wäre es aufgrund unzureichender Daten sehr schwierig, die durchschnittliche Kundenbindungsdauer infolge einer AMS-Kampagne zu schätzen.“ |
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(362) |
Die Studie vom 31. Januar 2014 schlägt eine praktische Anwendung des „Cashflow“-Ansatzes vor. Im Rahmen dieses Ansatzes werden die Vorteile der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen, die nach Ablauf der Vereinbarung weiter anhalten, als „Endwert“ dargestellt, der am Ablaufdatum der Vereinbarung berechnet wird. Dieser Endwert wird aufgrund der inkrementellen Gewinne berechnet, die aus der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen im letzten Jahr der Anwendung der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zu erwarten sind. Diese Gewinne werden in den Folgezeitraum ausgeweitet, dessen Dauer der der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen entspricht, und angepasst, um die Wachstumsrate des Luftverkehrsmarkts in Europa und die Wahrscheinlichkeit, mit der die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen nach ihrem Ablauf zum Gewinn des Flughafens beitragen können, zu berücksichtigen. Nach der Studie vom 31. Januar 2014 hängt die Kapazität, anhaltende Vorteile zu bewirken von verschiedenen Faktoren ab, „einschließlich größerer Bekanntheit und einer stärkeren Marke zusammen mit Netzwerkexternalitäten und wiederholt fliegenden Passagieren“, wobei jedoch keine Einzelheiten zu diesen Faktoren dargelegt werden. Zudem berücksichtigt diese Methode einen Abzinsungssatz, der die Investitionskosten widerspiegelt. |
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(363) |
In der Studie wird eine Wahrscheinlichkeit von 30 % als umsichtig erachtet. Jedoch bietet diese sehr theoretische Studie weder quantitativ noch qualitativ eindeutige Beweise für diesen Wert. Ihr liegen keine Tatsachen zugrunde, die mit den Aktivitäten von Ryanair, dem Luftverkehrsmarkt oder Flughafendienstleistungen verbunden sind, um diesen Wert von 30 % zu begründen. Sie stellt keine Verbindung zwischen dem Wert und den nebenbei erwähnten Faktoren (Bekanntheit, starke Marke, Netzwerkexternalitäten und wiederholt fliegende Passagiere) her, die die Vorteile der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen über deren Ablaufdatum hinaus ausweiten sollen. Letztlich legt sie ihrer Untersuchung darüber, in welchem Ausmaß die Dienstleistungen diese Faktoren beeinflussen könnten, keine genauen Inhalte der in den verschiedenen Verträgen mit AMS vorgesehenen Marketingdienstleistungen zugrunde. |
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(364) |
Ferner belegt die Studie nicht, dass die durch die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen im letzten Jahr ihrer Anwendung erzielten Gewinne für den Flughafen nach Ablauf der Vereinbarungen wahrscheinlich weiter anhalten werden. Gleichermaßen bietet sie keine Nachweise dafür, dass die Wachstumsrate des Flugverkehrsmarkts in Europa ein hilfreicher Indikator zur Bemessung der Auswirkungen einer Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und einer Vereinbarung über Marketingdienstleistungen für den entsprechenden Flughafen ist. |
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(365) |
Ein „Endwert“, der unter Verwendung der von Ryanair vorgeschlagenen Methode errechnet wurde, würde daher von einem umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden Betreiber bei der Entscheidung über den Abschluss einer Vereinbarung kaum berücksichtigt werden. |
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(366) |
Die Studie vom 31. Januar 2014 zeigt daher, dass ein „Cashflow“-Ansatz ebenso wie die „Kapitalisierungsmethode“ nur zu sehr unsicheren und unzuverlässigen Ergebnissen führen würde. |
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(367) |
Ferner haben weder Deutschland noch die beteiligten Dritten Beweise vorgelegt, dass die von Ryanair in seiner Studie vom 31. Januar 2014 vorgeschlagene Methode oder eine andere Methode zur Quantifizierung von Gewinnen nach dem Ablauf von Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen oder Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen von Betreibern regionaler Flughäfen, die mit dem Betreiber von Zweibrücken vergleichbar sind, erfolgreich umgesetzt wurden. Deutschland hat keine Stellungnahme zu den Studien vom 17. und 31. Januar 2014 abgegeben. |
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(368) |
Darüber hinaus ist ein Endwert, der mit der von Ryanair vorgeschlagenen Methode berechnet wurde, nur dann positiv (und neigt daher dazu, die Rentabilität der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen zu erhöhen), wenn die im letzten Jahr der Anwendung der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen von diesen Vereinbarungen erwarteten zusätzlichen Gewinne positiv sind. Sind sie negativ, wird die Berücksichtigung des Endwerts gewöhnlich die Rentabilität der Vereinbarungen mindern. Nachstehend wird aufgezeigt (siehe Erwägungsgründe 378 ff.), dass die 2008 abgeschlossenen Vereinbarungen negative inkrementelle Zahlungsströme zur Folge hatten. |
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(369) |
Ferner sind die Zielgruppe der Marketingdienstleistungen, wie oben angegeben (siehe Erwägungsgründe 341 ff.), eindeutig Personen, die die von der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen abgedeckte Strecke wahrscheinlich nutzen würden. Wird die Strecke nach Ablauf der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen nicht weiter bedient, ist es unwahrscheinlich, dass die Marketingdienstleistungen nach dem Ablaufdatum weiterhin eine positive Wirkung auf das Passagieraufkommen des Flughafens haben werden. Die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Luftverkehrsgesellschaft eine Flugstrecke nach Ablauf der Dauer, zu der sie sich in der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen verpflichtet hat, weiterhin bedient, ist für den Flughafenbetreiber schwer zu beurteilen. Insbesondere Billigfluganbieter haben gezeigt, dass sie bei der Eröffnung und Einstellung von Flugverbindungen stark auf Marktbedingungen reagieren, die sich häufig sehr schnell ändern. Daher würde sich ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter bei Abschluss einer Transaktion wie der im vorliegenden Fall untersuchten nicht darauf verlassen, dass eine Luftverkehrsgesellschaft die fragliche Strecke nach Ablauf der Vereinbarung weiterhin bedient. |
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(370) |
Abschließend geht aus den obigen Anführungen klar hervor, dass der einzige Vorteil, den ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Betreiber von einer Vereinbarung über Marketingdienstleistungen erwarten würde und den er bei der Entscheidung über den Abschluss einer solchen Vereinbarung gemeinsam mit einer Vereinbarung über Flughafendienstleistungen quantifizieren würde, darin bestünde, dass die Marketingdienstleistungen eine positive Wirkung auf die Fluggastzahlen der von den Vereinbarungen abgedeckten Strecken für die in der Vereinbarung bestimmte Dauer deren Betriebs hätte. Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass andere mögliche Vorteile zu ungewiss sind, als dass sie quantifizieren oder berücksichtigt würden. |
c) Die Umsetzbarkeit eines Vergleiches des Flughafens Zweibrücken mit anderen europäischen Flughäfen
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(371) |
Nach den neuen Leitlinien zur Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten kann eine Beihilfe für eine den Flughafen nutzende Luftverkehrsgesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen werden, wenn der für die Flughafendienstleistungen erhobene Preis dem Marktpreis entspricht, oder wenn durch eine Ex-ante-Analyse (d. h. eine Analyse, die auf den zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe erhältlichen Informationen und den vorhersehbaren Entwicklungen begründet ist) aufgezeigt werden kann, dass die Vereinbarung zwischen Flughafen und Luftverkehrsgesellschaft einen positiven inkrementellen Beitrag zum Gewinn des Flughafens leisten wird (97). Hinsichtlich des ersten Ansatzes (einem Vergleich mit den „Marktpreisen“) hat die Kommission jedoch starke Zweifel, dass zum jetzigen Zeitpunkt ein geeigneter Referenzwert ermittelt werden kann, der die Feststellung eines tatsächlichen Marktpreises für die von Flughäfen angebotenen Dienstleistungen erlauben würde. Daher ist nach ihrer Auffassung die Ex-ante-Analyse des inkrementellen Zuwachses der Rentabilität das am besten geeignete Kriterium für die Bewertung von Vereinbarungen, die Flughäfen mit einzelnen Luftverkehrsgesellschaften schließen (98). |
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(372) |
Dabei ist zu beachten, dass sich grundsätzlich die Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten basierend auf dem Durchschnittspreis auf anderen, ähnlichen Märkten, als hilfreich erweisen kann, sofern ein solcher Preis mit zumutbarem Aufwand ermittelt oder aus anderen Marktindikatoren abgeleitet werden kann. Diese Methode ist jedoch im Fall von Flughafendienstleistungen weniger zweckdienlich, da die Struktur der Kosten und Einnahmen der verschiedenen Flughäfen dazu neigt, sich stark zu unterscheiden. Dies ist darin begründet, dass die Kosten und Einnahmen abhängig sind vom Entwicklungsstand eines Flughafens, von der Zahl der den Flughafen bedienenden Luftfahrtunternehmen, der Kapazität hinsichtlich des Fluggastaufkommens, der Beschaffenheit der Infrastruktur und der damit zusammenhängenden Investitionen, dem Regulierungsrahmen, der sich zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden kann, sowie den Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, die ein Flughafen in der Vergangenheit eingegangen ist (99). |
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(373) |
Weiterhin erschwert die Liberalisierung der Luftverkehrsmärkte jede rein vergleichende Analyse. Wie aus dem vorliegenden Fall ersichtlich, basieren Geschäftspraktiken zwischen Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften nicht immer ausschließlich auf einem veröffentlichten Gebührenverzeichnis. Vielmehr unterschieden sich diese Geschäftsbeziehungen sehr stark voneinander. Sie beinhalten die Teilung des Risikos in Bezug auf das Passagieraufkommen und die damit verbundene wirtschaftliche und finanzielle Haftung, übliche Anreizsysteme und die Änderung der Risikoverteilung während der Laufzeit der Vereinbarungen. Folglich kann eine Transaktion nicht aufgrund eines Abfertigungspreises oder des Preises pro Passagier mit einer anderen verglichen werden. |
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(374) |
Selbst in der Annahme, dass anhand einer zuverlässigen Vergleichsanalyse festgestellt werden könnte, dass die „Preise“ verschiedener Transaktionen, die Gegenstand dieser Bewertung sind, den „Marktpreisen“, die durch eine Vergleichsstichprobe von Transaktionen bestimmt werden, entsprechen oder diese übersteigen,, wäre die Kommission nicht in der Lage, daraus den Schluss zu ziehen, dass diese Transaktionen dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten entsprechen, wenn sich herausstellen sollte, dass der Flughafenbetreiber bei der Festsetzung der Preise inkrementelle Kosten erwartet hätte, die die inkrementellen Einnahmen übersteigen. Ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter hat demnach keinen Anreiz, Waren oder Dienstleistungen zum „Marktpreis“ anzubieten, wenn dies zu inkrementellen Verlusten führen würde. |
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(375) |
Unter diesen Bedingungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass es unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen keinen Anlass dafür gibt, von dem in den Luftverkehrsleitlinien von 2014 empfohlenen Ansatz zur Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten auf die Beziehungen zwischen Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften, d. h. einer Ex-ante-Analyse des inkrementellen Zuwachses der Rentabilität, abzuweichen. |
7.3.1.4. Bewertung der inkrementellen Kosten und Einnahmen
Zeitrahmen
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(376) |
Bei der Entscheidung darüber, ob er eine Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und/oder eine Vereinbarung über Marketingdienstleistungen abschließt oder nicht, setzt der marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftsbeteiligte aufgrund der Laufzeit der entsprechenden Vereinbarungen oder der in den einzelnen Vereinbarungen festgelegten Laufzeit einen Zeitrahmen für die Bewertung fest. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die inkrementellen Kosten und Einnahmen für die Laufzeit der Anwendung der Vereinbarungen bewertet werden. |
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(377) |
Es scheint keinen Grund zu geben, einen längeren Zeitraum zu wählen. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarungen verlässt sich ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Betreiber nicht darauf, dass die Vereinbarungen zu denselben oder neuen Bedingungen erneuert werden, wenn sie abgelaufen sind. Ferner wird ein allgemein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter sich der Tatsache bewusst sein, dass Billigfluglinien wie Ryanair seit jeher dafür bekannt sind, dass sie stark auf Marktbedingungen reagieren, und zwar sowohl bei der Einrichtung bzw. Einstellung von Verbindungen als auch bei der Erhöhung bzw. Verringerung der Häufigkeit der Flüge. |
Beurteilung
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(378) |
Deutschland macht geltend, dass die FGAZ/FZG vor Abschluss der einzelnen Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen mit den verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften keinen Ex-ante-Geschäftsplan erstellt habe. Da der Großteil der Kosten des Flughafens als Fixkosten angesehen wurde, könne und eine Erweiterung der Wirtschaftstätigkeiten zu keinen maßgeblichen Zusatzkosten führen würde, seien keine solchen Ex-ante-Geschäftspläne erforderlich gewesen. |
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(379) |
Dennoch erstellte Deutschland auf Anfrage der Kommission einen Überblick über die inkrementellen Kosten und Einnahmen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses der fraglichen Vereinbarungen zu erwarten gewesen wären. Deutschland stellte die Daten für jede der mit den Luftverkehrsgesellschaften während des untersuchten Zeitraums, das heißt 2000 bis 2009, abgeschlossenen Vereinbarungen zusammen, die in Tabelle 8 zusammengefasst sind. Tabelle 8 Inkrementeller Zuwachs der Rentabilität der Verträge mit Germanwings, TUIfly und Ryanair
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(380) |
Bei der Erstellung von Tabelle 8 berücksichtigte Deutschland folgende Erwägungen:
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(381) |
Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die Methode Deutschlands zur Schätzung des Passagieraufkommens und auf dieser Grundlage zur Berechnung der luftfahrtgebundenen und der nicht luftfahrtgebundenen Einnahmen, geeignet ist. Dies gilt auch für die Abzinsungssätze. |
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(382) |
Die Kommission nimmt Deutschlands abweichende Meinung zur Kenntnis, dass bei der Berechnung der zusätzlichen Einnahmen nur während der Laufzeit der Vereinbarung keine langfristigen Gewinne berücksichtigt würden. Diesbezüglich verweist die Kommission auf ihre Argumentation in den Erwägungsgründen 376 und 377, dass es tatsächlich angemessen ist, nur die inkrementellen Kosten und Einnahmen während der Laufzeit der Vereinbarung zu berücksichtigen. |
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(383) |
Die Kommission nimmt ferner Deutschlands Argumentation zur Kenntnis, dass die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen nicht nur als kostenverursachend betrachtet werden könne, sondern auch Einnahmen bewirke. Dabei schlug Deutschland keine Methode zur Schätzung der konkreten inkrementellen Einnahmen durch die Vereinbarung über Marketingdienstleistungen vor, die über den Anstieg des Verkehrsaufkommens des Flughafens hinausgehen (und somit auch der nicht luftverkehrsbezogenen Einnahmen). Die Kommission hat bereits in den Erwägungsgründen 347 ff. festgestellt, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter bei der Bewertung der positiven Auswirkungen der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen ausschließlich die zusätzlichen Einnahmen des Flughafens berücksichtigen würde. |
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(384) |
Hinsichtlich der inkrementellen Betriebskosten muss die Kommission sich auf die von Deutschland und der FGAZ/FZG bereitgestellten Daten stützen, sofern diese angemessen erscheinen, da sie selber nicht in der Lage ist, diese Kosten unabhängig zu schätzen. Dies gilt grundsätzlich auch für die inkrementellen Investitionskosten, da Deutschland und die FGAZ/FZG besser in der Lage sind abzuschätzen, welche Investition direkt auf eine bestimmte Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zurückzuführen ist. Nach Überprüfung der von Deutschland bereitgestellten Informationen erkennt die Kommission die allgemeine Berechnung der inkrementellen Kosten als angemessen an. |
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(385) |
Weiterhin scheint es auch begründet, die Einstellung von zusätzlichem Personal und die ursprünglichen Investitionen in die Renovierung des Terminals auf die erste Vereinbarung mit Germanwings zurückzuführen, da diese der Auslöser für die konsequente Entwicklung der kommerziellen Luftfahrt am Flughafen Zweibrücken war. |
Schlussfolgerung
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(386) |
Da das erwartete abgezinste Ergebnis für die erste Vereinbarung mit Germanwings sowie für die Vereinbarungen mit TUIfly und Ryanair negativ ist, gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die FGAZ/FZG bei Abschluss dieser Vereinbarungen nicht als marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsbeteiligter handelte. Der Flughafen konnte nicht davon ausgehen, dass er wenigstens die inkrementellen Kosten decken würde, die durch die einzelnen Vereinbarungen entstanden. Da die FGAZ/FZG demnach nicht als marktwirtschaftlich handelnder Betreiber handelte, gewährte der Abschluss dieser Vereinbarungen Germanwings, TUIfly und Ryanair einen wirtschaftlichen Vorteil. |
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(387) |
Andererseits wäre zu erwarten gewesen, dass die zweite Vereinbarung mit Germanwings zu einem positiven abgezinsten Ergebnis führen würde. Daher gewährte die FGAZ/FZG Germanwings mit dem Abschluss dieser Vereinbarung keinen wirtschaftlichen Vorteil. |
7.3.1.5. Selektivität
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(388) |
Der in den Erwägungsgründen 376 ff. ermittelte wirtschaftliche Vorteil wurde selektiv gewährt, da nur Luftverkehrsgesellschaften, die Dienste in Zweibrücken betrieben, davon profitierten. |
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(389) |
In diesem Zusammenhang muss der Einwand Deutschlands, dass die ermäßigten Flughafenentgelte für Luftverkehrsgesellschaften, die von Zweibrücken aus operieren, nicht selektiv gewesen seien, zurückgewiesen werden. Deutschland wandte ein, dass die Ermäßigungen allen Luftverkehrsgesellschaften zugänglich gewesen seien, die von Zweibrücken aus operieren wollten, was diese nicht-selektiv gemacht habe. |
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(390) |
Dazu stellt die Kommission fest, dass erstens die einzelnen Vereinbarungen mit den Luftverkehrsgesellschaften sowohl von dem Gebührenverzeichnis als auch voneinander abweichen (siehe Erwägungsgründe 67 bis 72) und somit individuell vereinbarte Bedingungen enthalten. Der konkret gewährte Vorteil scheint daher in Bezug auf die einzelnen Luftverkehrsgesellschaften selektiv zu sein. |
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(391) |
Zweitens stellt die Kommission fest, dass selbst bei einheitlicher Anwendung des Gebührenverzeichnisses auf jede Luftverkehrsgesellschaft, die von Zweibrücken aus operierten wollte, jeder in diesem Rahmen gewährte Vorteil als selektiv zu betrachten gewesen wäre. Wie Generalanwalt Mengozzi im Fall Deutsche Lufthansa AG gegen Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH bemerkte, würde die Anerkennung der Argumentation Deutschlands dazu führen, „die Möglichkeit einer Qualifizierung der Bedingungen, zu denen ein öffentliches Unternehmen die eigenen Dienstleistungen anbietet, als staatliche Beihilfen grundsätzlich zu verneinen, wenn diese Bedingungen unterschiedslos auf alle Wettbewerber dieses Unternehmens anwendbar sind“ (103). Generalanwalt Mengozzi führte weiterhin aus: „Wie die Kommission meiner Ansicht nach zutreffend ausführt, steht ein solcher Ausschluss weder in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach auch öffentliche Eingriffe, die unterschiedslos alle Wirtschaftsteilnehmer eines bestimmten Wirtschaftssektors betreffen, selektiven Charakter haben können, noch mit verschiedenen Präzedenzfällen, in denen Vorteile aus der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen seitens öffentlicher (oder privater) Unternehmen zu identischen Tarifen oder Bedingungen für alle eine bestimmte Tätigkeit ausübende Wirtschaftsteilnehmer als selektiv angesehen wurden.“ (104) |
7.3.1.6. Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels
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(392) |
Stärkt die Beihilfe eines Mitgliedstaats die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im Handel innerhalb der Union, muss die Beihilfe als den Wettbewerb verfälschend oder zu verfälschen drohend angesehen werden (105). Eine wettbewerbsverfälschende Maßnahme ist praktisch bereits dann gegeben, wenn ein Mitgliedstaat einem Unternehmen Beihilfe gewährt, das auf wettbewerbsoffenen Märkten mit anderen Unternehmen in Konkurrenz tritt oder treten könnte. Die Rechtsprechung der Europäischen Gerichte hat festgehalten, dass die Gewährung einer Beihilfe an ein Unternehmen, das im Binnenmarkt auftritt, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinflussen kann (106). |
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(393) |
Seit Inkrafttreten des dritten Pakets zur Liberalisierung des Luftverkehrs am 1. Januar 1993 (107) können Luftverkehrsgesellschaften Flüge auf innereuropäischen Strecken frei durchführen. Der Gerichtshof stellte Folgendes fest: „Sofern jedoch ein Unternehmen in einem Sektor tätig ist, … in dem ein tatsächlicher Wettbewerb zwischen Herstellern aus verschiedenen Mitgliedstaaten stattfindet, ist jede Beihilfe, die diesem Unternehmen von der öffentlichen Hand gewährt wird, geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, da das Aufrechterhalten dieses Unternehmens auf dem Markt die Mitbewerber daran hindert, ihren Marktanteil zu vergrößern, und ihre Möglichkeiten, ihre Ausfuhren zu erhöhen, verringert.“ (108) |
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(394) |
Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass die FGAZ/FZG und das Land Rheinland-Pfalz Germanwings, TUIfly und Ryanair einen selektiven Vorteil gewährt haben. Diese Luftverkehrsgesellschaften sind auf einem wettbewerbsorientierten, EU-weiten Markt tätig und der Vorteil, den sie erhielten, bewirkte eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition auf diesem Markt. Daher stellt die Kommission fest, dass der Vorteil, der Germanwings, TUIfly und Ryanair gewährt wurde, den Wettbewerb verfälscht und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt. |
7.3.1.7. Schlussfolgerung
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(395) |
Aus den vorstehenden Gründen stellt die Kommission fest, dass Germanwings, TUIfly und Ryanair staatliche Beihilfen in Höhe von etwa 1 054 985 EUR, 232 781 EUR bzw. 464 879 EUR erhalten haben. |
7.3.2. VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT
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(396) |
Die Kommission hält fest, dass Deutschland keine Argumente vorgebracht hat, um aufzuzeigen, dass die TUIfly, Germanwings und Ryanair gewährten Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. |
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(397) |
In Anlehnung an die Rechtsprechung des Gerichtshofs (109) erinnert die Kommission daran, dass Deutschland verpflichtet ist, die Rechtsgrundlage anzugeben, aufgrund derer eine staatliche Beihilfemaßnahme möglicherweise als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden kann, und aufzuzeigen, dass alle einschlägigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Kommission hat Deutschland im Einleitungsbeschluss aufgefordert, Informationen dazu vorzulegen, ob die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005 festgestellt werden könnte. Deutschland hat jedoch nicht aufgezeigt dass die für Anlaufbeihilfen geltenden Voraussetzungen nach den Luftverkehrsleitlinien von 2005 erfüllt sind. Auch die Beteiligten, die Stellungnahmen übermittelten, brachten keine Argumente vor, die die Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt aufgezeigt hätten. |
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(398) |
Die Kommission betrachtet es dennoch als sinnvoll, kurz zu prüfen, ob die in Rede stehende staatliche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbare Anlaufbeihilfe betrachtet werden könne. |
7.3.2.1. Anwendbarer Rechtsrahmen
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(399) |
Was Anlaufbeihilfen angeht, heißt es in den Luftverkehrsleitlinien von 2014: „[Die Kommission] wendet […]die in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze ab dem 4. April 2014 auf alle angemeldeten Anlaufbeihilfemaßnahmen an, über die sie zu beschließen hat, selbst wenn die Maßnahmen vor diesem Datum angemeldet wurden. Rechtwidrige Anlaufbeihilfen für Luftverkehrsgesellschaften werden nach der Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln anhand der zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung geltenden Vorschriften geprüft. Entsprechend wendet die Kommission auf vor dem 4. April 2014 gewährte rechtswidrige Anlaufbeihilfen für Luftverkehrsgesellschaften die in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze nicht an.“ (110) |
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(400) |
In den Luftverkehrsleitlinien von 2005 hingegen heißt es: „Beihilfen zur […] Überwindung von Anlaufschwierigkeiten, die ohne Genehmigung gewährt wurden und damit gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag [jetzt Artikel 108 Absatz 3 AEUV] verstoßen, werden von der Kommission auf der Grundlage dieser Leitlinien geprüft, wenn die Gewährung nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgt.“ |
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(401) |
Da die Vereinbarungen mit Germanwings, TUIfly und Ryanair nach der Veröffentlichung der Luftverkehrsleitlinien von 2005 im Amtsblatt vom 9. Dezember 2005 geschlossen wurden, stellen diese Leitlinien die anwendbare Rechtsgrundlage zur Bewertung der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt dar. |
7.3.2.2. Beurteilung der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005
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(402) |
Da die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Anlaufbeihilfen in Ziffer 79 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 kumulativ sind, stellt die Kommission fest, dass nur nachzuweisen ist, dass eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, um die Beihilfe für die Luftverkehrsgesellschaft als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar zu betrachten. Die Kommission beginnt ihre Untersuchung mit der in Randnummer 79 Buchstabe d der Luftverkehrsleitlinien von 2005 festgelegten Voraussetzung. |
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(403) |
In Randnummer 79 Buchstabe d der Luftverkehrsleitlinien von 2005 wird unter anderem verlangt, dass die Beihilfe pro Jahr 50 % der beihilfefähigen Kosten des betreffenden Jahres und über den gesamten Beihilfezeitraum durchschnittlich 30 % der beihilfefähigen Kosten nicht übersteigen darf. Beihilfefähige Kosten werden definiert als „… nur die zusätzlichen Anlaufkosten, die sich aus der Einrichtung der neuen Verbindung oder Frequenz ergeben und die dem Luftfahrtunternehmen nicht dauerhaft entstehen“ (111). |
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(404) |
In ihrem Einleitungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass die Vereinbarungen mit Germanwings, TUIfly und Ryanair keine Verbindung zwischen der gewährten Beihilfe und den beihilfefähigen Kosten aufzeigten. Daher wurde Deutschland aufgefordert, Einzelheiten zur Verbindung zwischen der Beihilfe und den beihilfefähigen Kosten zu übermitteln. Weder Deutschland noch die Beteiligten, die zum Einleitungsbeschluss Stellung nahmen, machten diesbezügliche Angaben. In Anbetracht dessen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Vereinbarungen mit den betreffenden Luftverkehrsgesellschaften weder Hinweise auf die Kosten der Gesellschaften noch auf die beihilfefähigen Kosten enthalten, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die in Ziffer 79 Buchstabe d der Luftverkehrsleitlinien von 2005 festgelegte Voraussetzung zur Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht erfüllt ist. |
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(405) |
Demzufolge kann die den Luftverkehrsgesellschaften gewährte Beihilfe nicht als Anlaufbeihilfe betrachtet werden, die mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, da mindestens eine der Voraussetzungen für die Vereinbarkeit nicht erfüllt ist. Die staatlichen Beihilfen, die Germanwings, TUIfly und Ryanair gewährt wurden, stellen somit unrechtmäßige staatliche Beihilfen dar, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind, und sind somit zurückzufordern. |
8. RÜCKFORDERUNG
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(406) |
Im Einklang mit dem AEUV und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission, wenn sie die Unvereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt feststellt, befugt zu entscheiden, dass der betreffende Staat sie aufzuheben oder umzugestalten hat (112). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes soll die Verpflichtung eines Staates, Beihilfen aufzuheben, die die Kommission als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet, der Wiederherstellung der früheren Lage dienen (113). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Ziel erreicht wurde, sobald der Begünstigte die Summe der ihm zu Unrecht gewährten Beihilfe zurückgezahlt hat und somit den Vorteil, den er dadurch gegenüber seinen Wettbewerbern auf dem Markt genossen hat, einbüßt und die frühere Lage vor Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist (114). |
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(407) |
In Anlehnung an diese Rechtsprechung legt Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (115) des Rates fest: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Begünstigten zurückzufordern“. |
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(408) |
Daher müssen die oben genannten staatlichen Beihilfen, (siehe Erwägungsgründe 282, 297, 318, 320, 395, und 405, unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe 198-200), sofern sie ausgezahlt wurden, an Deutschland zurückgezahlt werden. |
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(409) |
Tabelle 9 enthält die ungefähren Rückforderungsbeträge. Tabelle 9 Angaben zu den gewährten, zurückzufordernden bzw. bereits zurückgezahlten ungefähren Beihilfebeträgen
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(410) |
Um dem tatsächlichen von den Luftfahrtgesellschaften und ihren Tochtergesellschaften im Rahmen der Vereinbarung erhaltenen Vorteil Rechnung zu tragen, können die in Tabelle 9 angegebenen Beträge entsprechen den von Deutschland übermittelten Nachweisen auf Grundlage der i) Differenz zwischen den nachträglich vorgelegten tatsächlichen Zahlungen der Luftfahrtgesellschaft bezüglich der Flughafenentgelte (einschließlich der Lande- und Passagierentgelte sowie der Bodenabfertigungsdienste gemäß der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen) und den prognostizierten Zahlungsströmen (Ex-ante) dieser und der in Tabelle 8 aufgeführten Ertragsposten sowie ii) der Differenz zwischen den tatsächlichen nachträglich vorgelegten Marketingzahlungen an die Luftfahrtgesellschaften oder deren Tochtergesellschaften im Rahmen der Vereinbarung über Marketingdienstleistungen und den Ex-ante prognostizierten Marketingkosten entsprechend den in Tabelle 8 aufgeführten Beträgen angepasst werden — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
1. Die staatliche Beihilfe, die Deutschland im Zeitraum 2000-2009 unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 AEUV zugunsten der Flugplatz GmbH Aeroville Zweibrücken („FGAZ“)/Flughafen Zweibrücken GmbH („FZG“) in Form von direkten Investitionszuschüssen, jährlichen Kapitalzuführungen, der Gewährung einer unentgeltlichen 100 %igen Bürgschaft für ein Sparkassendarlehen und der der FGAZ erteilten Erlaubnis, am Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz teilzunehmen, gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.
2. Die staatliche Beihilfe, die Deutschland unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 AEUV zugunsten von Germanwings, TUIfly und Ryanair/AMS in Form der Vereinbarungen über Flughafendienstleistungen und Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen, die am 15. September 2006 (Germanwings), 1. April 2008 (TUIfly) und 22. September 2008/6. Oktober 2008 (Ryanair/Airport Marketing Services („AMS“)) geschlossen wurden, gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.
Artikel 2
1. Das Darlehen der Sparkasse Südwestpfalz an die FZG stellt keine staatliche Beihilfe dar.
2. Die Vereinbarung über Flughafendienstleistungen der FZG mit Germanwings vom 30. Juni 2008 stellt keine staatliche Beihilfe dar.
Artikel 3
1. Deutschland fordert die in Artikel 1 genannten mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen von den Begünstigten zurück.
2. Die FGAZ und die FZG haften gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung der staatlichen Beihilfen, die sie erhalten haben.
3. Ryanair und AMS haften gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung der staatlichen Beihilfen, die sie erhalten haben.
4. Die zurückzufordernden Beträge sind:
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a) |
hinsichtlich der vom Land Rheinland-Pfalz und vom ZEF gewährten direkten Investitionszuschüsse zugunsten der FZG: 20 564 170 EUR, die zwischen dem 12. Dezember 2000 und dem 31. Dezember 2009 gewährt wurden, abzüglich der Kosten für die Dienstleistungen der Feuerwehren und der Kosten, auf deren Erstattung der Flughafenbetreiber nach § 8 Absatz 3 Luftsicherheitsgesetz ein Anrecht hat, soweit diese von den direkten Investitionszuschüssen gedeckt wurden; |
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b) |
hinsichtlich der vom Land Rheinland-Pfalz und der ZEF zugunsten der FZG gewährten jährlichen Kapitalzuführungen: 26 629 000 EUR, die zwischen 2000 und 2009 gewährt wurden, abzüglich der Kosten für die Dienstleistungen der Feuerwehren und der Kosten, auf deren Erstattung der Flughafenbetreiber nach § 8 Absatz 3 Luftsicherheitsgesetz ein Anrecht hat, soweit diese von den jährlichen Kapitalzuführungen gedeckt wurden, und abzüglich der Beträge, die vor dem 12. Dezember 2000 gewährt wurden; |
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c) |
hinsichtlich der 100 %igen Bürgschaft für das vom Land Rheinland-Pfalz gewährte Darlehen zugunsten der FZG: das Baräquivalent des Wertes der Bürgschaft, das nach der Bekanntmachung der Kommission zur Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften zu bestimmen ist; |
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d) |
hinsichtlich der Beteiligung der FGAZ am Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz: das Baräquivalent der begünstigenden Darlehensbedingungen, das nach der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze vom 12. Dezember 2007 zu bestimmen ist, abzüglich der etwaigen Begünstigung durch Darlehen zur Abdeckung der Kosten für die Dienstleistungen der Feuerwehren und der Kosten, auf deren Erstattung der Flughafenbetreiber nach § 8 Absatz 3 Luftsicherheitsgesetz ein Anrecht hat; |
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e) |
hinsichtlich der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zwischen Germanwings und der FZG vom 15. September 2006: der Betrag der Beihilfe, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist; |
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f) |
hinsichtlich der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zwischen TUIfly und der FZG vom 1. April 2008: der Betrag der Beihilfe, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist; |
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g) |
hinsichtlich der Vereinbarung über Flughafendienstleistungen und der Vereinbarungen über Marketingdienstleistungen zwischen Ryanair und der FZG vom 22. September 2008 und zwischen AMS und dem Land Rheinland-Pfalz vom 6. Oktober 2008: der Betrag der Beihilfe, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. |
5. Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfen den Begünstigten zur Verfügung standen, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.
6. Deutschland übermittelt die genauen Daten, an denen die vom Staat gewährte Beihilfe den jeweiligen Empfängern zur Verfügung gestellt wurde.
7. Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (118) nach der Zinseszinsformel berechnet.
8. Deutschland stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 1 genannte Beihilfe ein.
Artikel 4
1. Die in Artikel 1 genannten Beihilfen werden sofort und tatsächlich zurückgefordert.
2. Deutschland stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.
Artikel 5
1. Deutschland übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:
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(a) |
den Gesamtbetrag der von den Begünstigten erhaltenen Beihilfen und insbesondere:
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b) |
den Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der von den einzelnen Begünstigten zurückzufordern ist; |
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c) |
eine ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen; |
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d) |
Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an die Begünstigten Rückzahlungsanordnungen ergangen sind. |
2. Deutschland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Deutschland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Deutschland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die von den Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.
Artikel 6
Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.
Brüssel, den 1. Oktober 2014
Für die Kommission
Joaquín ALMUNIA
Vizepräsident
(1) Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle von Artikel 87 und 88 EG-Vertrag Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden: „AEUV“) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf Artikel 87 bzw. 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Der AEUV hat auch bestimmte terminologische Änderungen wie zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“ und von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ mit sich gebracht. Die Terminologie des AEUV wird in diesem Beschluss durchgängig verwendet.
(2) ABl. C 216 vom 21.7.2012, S. 56.
(3) Schriftliche Anfrage E-6470/08 vom 2. Dezember 2008 von Hiltrud Breyer (Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz) an die Kommission hinsichtlich der Subventionierung des Flughafens Zweibrücken durch das Land Rheinland-Pfalz.
(4) ABl. C 216 vom 21.7.2012, S. 56.
(5) Mitteilung der Kommission — Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. C 99 vom 4.4.2014, S. 3).
(6) Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. C 350 vom 10.12.1994, S. 5).
(7) Gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen (ABl. C 312 vom 9.12.2005, S. 1).
(8) ABl. C 113 vom 15.4.2014, S. 30.
(9) Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385/58).
(10) Kommissionsentscheidung vom 22. Dezember 1993 — K (93) 3964/6 — Konver I — und Kommissionsentscheidung vom 21. Dezember 1995 — K (95) 3208 — Konver II. Für Rheinland-Pfalz beinhalteten die Konversionsprojekte das Projekt „Militärflugplatz Zweibrücken“. Die EU-Finanzierung beläuft sich auf 9 Mio. EUR.
(11) http://www.flughafen-zweibruecken.de/de/wir-ueber-uns-de/daten-und-fakten-de.
(12) Alle Entfernungsangaben in Straßenkilometern, auf der Grundlage der schnellsten Route. Quelle: maps.google.com, Zugriff am 25. Juni 2014.
(13) Desel Consulting und Airport Research Center GmbH, „Fluggast- und Flugbewegungsprognose für den Flughafen Zweibrücken bis zum Jahr 2025“, Gutachten im Auftrag der Flughafen Zweibrücken GmbH, September 2009, S. 56.
(*1) fällt unter die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses
(14) Verbundene Rechtssachen T-443/08 und T-455/08 Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig-Halle GmbH/Kommission (im Folgenden: „ Urteil Flughafen Leipzig-Halle “) Slg. 2011, II-1311, insbesondere Randnrn. 93 und 94; bestätigt durch das Urteil in der Rechtssache Mitteldeutsche Flughafen und Flughafen Leipzig-Halle/Kommission, Slg. 2012, C-288/11 P, ECLI:EU:C:2012:821.
(15) Beschluss 2005/842/EG der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 des Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67).
(16) Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3).
(17) Mitteilung der Kommission — Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen (2011) (ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15).
(18) Mitteilung der Kommission: Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (2004) (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).
(19) Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze vom 12. Dezember 2007 (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6).
(20) Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10).
(21) Eingereicht als Anhang 8 zur Stellungnahme der deutschen Behörden vom 27. Januar 2011.
(22) Prof. Dr. Heuer und Prof. Dr. Klophaus, unter Mitarbeit von Dr. Berster und Wilken, Deutsches Zentrum für Luft — und Raumfahrt, Januar 2006, „Regionalökonomische Bedeutung und Perspektiven des Flugplatzes Zweibrücken“, S. 146; Desel Consulting und Airport Research Center GmbH, „Fluggast- und Flugbewegungsprognose für den Flughafen Zweibrücken bis zum Jahr 2025“, Gutachten im Auftrag der Flughafen Zweibrücken GmbH, September 2009, S. 85.
(23) Vereinbarung über Flughafendienstleistungen zwischen Ryanair und der FZG vom 22. September 2008, Abschnitt 3.
(24) Oxera, „ How should AMS agreements be treated within the profitability analysis as part of the market economy operator test?“ (Wie sollten Vereinbarungen mit AMS im Rahmen der Rentabilitätsanalyse als Teil der Prüfung anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten behandelt werden?), erstellt für Ryanair, 17. Januar 2014.
(25) Oxera, „ How should AMS agreements be treated within the profitability analysis as part of the market economy operator test? — Practical application “ (Wie sollten Vereinbarungen mit AMS im Rahmen der Rentabilitätsanalyse als Teil der Prüfung anhand des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsbeteiligten behandelt werden? — Praktische Anwendung) erstellt für Ryanair am 31. Januar 2014.
(26) Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Italien, C-35/96, Slg. 1998, I-3851; Urteil des Gerichtshofs, Höfner und Elser, C-41/90, Slg. 1991 I-1979; Urteil des Gerichtshofs, Fédération Française des Sociétés d'Assurances gegen Ministère de l'Agriculture et de la Pêche, C-244/94, Slg. 1995, I-4013; Urteil des Gerichtshofs, Job Centre, C-55/96, Slg. 1997, I-7119.
(27) Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Italien, 118/85, Slg. 1987, 2599; Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Italien, 35/96, Slg. 1998, I-3851.
(28) Urteil zum Flughafen Leipzig-Halle, insbesondere Randnrn. 93 und 94; bestätigt durch das Urteil in der Rechtssache Mitteldeutsche Flughafen und Flughafen Leipzig-Halle/Kommission, Slg. 2012, C-288/11 P, ECLI:EU:C:2012:821; siehe auch Urteil des Gerichtshofs, Aéroports de Paris/Kommission, T-128/89, Slg. 2000, II-3929, bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs, Aéroports de Paris/Kommission, C-82/01P, Slg. 2002, I-9297, und das Urteil des Gerichtshofs, Ryanair/Kommission („Charleroi-Urteil“), T-196/04, Slg. 2008, II-3643.
(29) Urteile des Gerichtshofs, Poucet und Pistre/AGF und Cancava, C-159/91 und C-160/91, Slg. 1993, I-637.
(30) Urteil Flughafen Leipzig-Halle, Randnr. 42-43.
(31) Urteil des Gerichtshofs, Hydrotherm, C-170/83, Slg. 1984, I-2999, Randnummer 11. Siehe auch Urteil des Gerichtshofs, Pollmeier Malchow/Kommission, T-137/02, Slg. 2004, II-3541, Randnummer 50.
(32) Die gemeinsame Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit wird in der Regel anhand des Bestehens funktioneller, wirtschaftlicher und institutioneller Verbindungen zwischen den Einheiten geprüft. Vergleiche z. B. Urteil des Gerichtshofs, AceaElectrabel Produzione SpA/Kommission, C-480/09 P, Slg. 2010, I-13355, Randnummern 47-55; Urteil des Gerichtshofs, Ministero dell'Economia e delle Finanze gegen Cassa di Risparmio di Firenze SpA u. a., C-222/04, Slg. 2006, I-289, Randnummer 112.
(33) Urteil des Gerichtshofs, Acea Electrabel Produzione SpA/Kommission, C-480/09 P, Slg. 2010, I-13355, Randnummern 47-55; Urteil des Gerichtshofs, Cassa di Risparmio di Firenze SpA und andere, C-222/04, Slg. 2006, I-289, Randnummer 112.
(34) Urteil Flughafen Leipzig-Halle, Randnr. 95. Siehe auch in Analogie dazu Urteil des Gerichtshofs, FENIN/Kommission, C-205/03 P, Slg. 2006, I-6295, Randnummer 26.
(35) Siehe Protokoll der Aufsichtsratssitzung der FGAZ vom 2. Oktober 2006, in dem Hinweise darauf enthalten sind, dass der Flughafen für Dienstleistungen für militärische Nutzer Entgelte in Rechnung stellt.
(36) Urteil des Gerichtshofs, SAT Fluggesellschaft/Eurocontrol, C-364/92, Slg. 1994, ECR I-43.
(37) Urteil des Gerichtshofs, Kommission/Italien, C-118/85, Slg. 1987, ECR 2599, Randnummern 7 und 8 und Urteil des Gerichtshofs, Bodson/Pompes funèbres des régions libérées, C-30/87, Slg. 1988, 2479, Randnummer 18.
(38) Urteil des Gerichtshofs, Cali & Figli/Servizi ecologici porto di Genova, C-343/95, Slg. 1997, I-1547; Entscheidung der Kommission N 309/02 vom 19. März 2003; Entscheidung der Kommission N 438/02 vom 16. Oktober 2002, Subventionen zugunsten der Hafenverwaltungen für die Durchführung hoheitlicher Aufgaben, ABl. C 284 vom 21.11.2002.
(39) Entscheidung der Kommission Nr. 309/02 vom 19. März 2003.
(40) Vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofs, SAT Fluggesellschaft/Eurocontrol, C-364/92, Slg. 1994, I-43, Randnummer 30 und Urteil des Gerichtshofs, Selex Sistemi Integrati/Kommission, C-113/07 P, Slg. 2009, I-2207, Randnummer 71.
(41) Vgl. unter anderem Urteil des Gerichtshofs, Wolfgang Heiser/Finanzamt Innsbruck, C-172/03, Slg. 2005, I-1627, Randnummer 36 und die angeführte Rechtsprechung.
(42) Entscheidung der Kommission vom 20. Februar 2014 im Fall staatlicher Beihilfe SA.35847 (2012/N) — Tschechische Republik — Flughafen Ostrau, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht, Erwägungsgrund 16.
(43) Zweibrücken wird nicht im Militärischen Luftfahrthandbuch Deutschland geführt (MIL AIP Germany), in dem eine Liste aller militärischen Flughäfen in Deutschland enthalten ist.
(44) Urteil des Gerichtshofs, Frankreich gegen Kommission („ Stardust Marine “), C-482/99, Slg. 2002, I-4397.
(45) Verbundene Rechtssachen T-267/08 und T-279/08, Nord-Pas-de-Calais, Slg. 2011, ECLI:EU:T:2011:209, Randnummer 108.
(46) Urteil des Gerichtshofs, Syndicat français de l'Express international (SFEI) u. a. gegen La Poste u. a., C-39/94, Slg. 1996, I-3547, Randnummer 60 und Urteil des Gerichtshofs, Königreich Spanien gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C-342/96, Slg. 1999, I-2459, Randnummer 41.
(47) Urteil des Gerichtshofs, Italienische Republik gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 173/73, Slg. 1974, 709, Randnummer 13.
(48) Urteil des Gerichtshofs, Frankreich gegen Kommission („ Stardust Marine “), C-482/99, Slg. 2002, I-4397, Randnummer 69.
(49) Urteil des Gerichtshofs, Italien/Kommission („ ALFA Romeo “), C-305/89, Slg. 1991, I-1603, Randnummer 23; Urteil des Gerichtshofs, Alitalia/Kommission, T-296/97, Slg. 2000, II-03871, Randnummer 84.
(50) Urteil des Gerichtshofs, Belgien/Kommission, 40/85, Slg. 1986, I-2321.
(51) Stardust Marine, Randnr. 71.
(52) Urteil des Gerichtshofs, Europäische Kommission gegen Électricité de France (EDF), C-124/10P, Slg. 2012, ECLI:EU:C:2012:318, Randnummer 85.
(53) Siehe Fußnote 22.
(54) Urteil des Gerichtshofs, Het Vlaamse Gewest/Kommission, T-214/95, Slg. 1998, II-717.
(55) Vorlage für den Ministerrat, Gemeinsame Kabinettssitzung der Regierung des Saarlandes und der Landesregierung von Rheinland-Pfalz am 27. Mai 2003 , Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, 15. Mai 2003.
(56) Einschätzung des rheinland-pfälzischen Innenministeriums, 15. Mai 2003.
(57) Urteil des Gerichtshofs, Fleuren Compost/Kommission, T-109/01, Slg. 2004, II-127.
(58) ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 22.
(59) Randnummer 173 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(60) Randnummer 172 der Luftverkehrsleitlinien 2014.
(61) Randnummer 25 Buchstabe v der Luftverkehrsleitlinien 2014.
(62) Ausgedrückt als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen („EBITDA“).
(63) Desel Consulting und Airport Research Center GmbH, „Fluggast- und Flugbewegungsprognose für den Flughafen Zweibrücken bis zum Jahr 2025“, Gutachten im Auftrag der Flughafen Zweibrücken GmbH, September 2009; Intraplan Consult GmbH, „Luftverkehrsprognose Flughafen Saarbrücken — Vorgehensweise und Ergebnisse“, Oktober 2010.
(64) Beschluss der Kommission vom 1. Oktober 2014 in der Beihilfesache SA.26190 — Deutschland — Flughafen Saarbrücken, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
(65) Die Kommission stellt fest, dass TUIFly angab, dass die Entscheidung, Saarbrücken zu verlassen und nach Zweibrücken umzuziehen, durch Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Start- und Landebahn von Saarbrücken begründet war. Andererseits hat Deutschland im Zusammenhang mit dem förmlichen Prüfverfahren in der Beihilfesache SA.26.190 versichert, dass die Entscheidungen von Fluggesellschaften zum Verlassen von Saarbrücken niemals mit der Infrastruktur Saarbrückens begründet wurden. Die Kommission kann keine Mutmaßungen über die genauen Motive von TUIFly für den Umzug von Saarbrücken nach Zweibrücken anstellen.
(66) So stand zum Beispiel der Flughafen Leipzig/Halle im Wettbewerb mit dem Flughafen Vatry (Frankreich) hinsichtlich der Errichtung des europäischen Luftfrachtdrehkreuzes von DHL. Vgl. das Urteil Flughafen Leipzig-Halle, Randnr. 93.
(67) Antwort des Flughafens Lüttich zur öffentlichen Konsultation über die Luftverkehrsleitlinien 2014.
(68) Desel Consulting und Airport Research Center GmbH, „Fluggast- und Flugbewegungsprognose für den Flughafen Zweibrücken bis zum Jahr 2025“, Gutachten im Auftrag der Flughafen Zweibrücken GmbH, September 2009.
(69) Beschluss der Kommission vom 1. Oktober 2014 in der Beihilfesache SA.26190 — Deutschland — Flughafen Saarbrücken, noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
(70) ABl. C 297 vom 29.11.2005.
(71) Luftverkehrsleitlinien 2005, Randnummer 66. Siehe Artikel 4 der DAWI-Entscheidung von 2005.
(72) Siehe Entscheidung N 381/04 — Frankreich, Errichtung eines Hochleistungstelekommunikationsnetzes in den westlichen Pyrenäen (DORSAL) (ABl. C 162 vom 2.7.2005, S. 5).
(73) Siehe Luftverkehrsleitlinien 2014, Randnummer 72.
(74) Randnummer 72 der Luftverkehrsleitlinien 2014. Siehe auch Randnummer 34 der Luftverkehrsleitlinien 2005.
(75) Siehe auch Urteil des Gerichtshofs vom 16. September 2013 — Colt Télécommunications France/Kommission, T-79/10, ECLI:EU:T:2013:463, Randnummern 150-151, 154, 158 und 166.
(76) Ebd., Randnummern 92, 119.
(77) Stellungnahme Deutschlands vom 27. Januar 2011, S. 17: „Aus der Aufstufung des Flughafens [vom Verkehrslandeplatz zum Verkehrsflughafen] folgt des Weiteren eine Betriebspflicht des Flughafens.“
(78) Gemäß Randnummer 137 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 gelten nicht alle in Abschnitt 5.1 dargelegten Bedingungen für in der Vergangenheit gewährte Betriebsbeihilfen.
(79) Randnummern 137, 113 und 114 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(80) Randnummern 137 und 116 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(81) Randnummern 137 und 124 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(82) Randnummern 137 und 125 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(83) Randnummern 137 und 131 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(84) Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission ( „Stardust Marine“-Urteil), C-482/99, Slg. 2002, I-4397.
(85) Urteil des Gerichts vom 12. Mai 2011, verbundene Rechtssachen T-267/08 und T-279/08 Nord-Pas-de-Calais, ECLI:EU:T:2011:209, Randnummer 108.
(86) Richtlinie 2006/111/EG vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17).
(87) Der Effekt des Liquiditätspools entspricht etwa einer 100 %igen Garantie, die der FGAZ/FZG gewährt wird, ohne dass eine Prämie berechnet oder eine Sicherheit verlangt wird. Das Land trägt das Ausfallrisiko der FGAZ/FZG, ohne im Gegenzug eine Ausgleichszahlung zu erhalten.
(88) Stardust Marine, Randnummer 51 ff.
(89) Siehe zum Beispiel Entscheidung der Kommission C 41/2005, Ungarn — Verlorene Kosten (ABl. C 324 vom 21.12.2005, S. 12) mit weiteren Referenzen.
(90) Stardust Marine, Randnummer 51 ff.
(91) Ebd.
(92) Im Verlauf des Treffens bot Ryanair an, die Strecke zwischen London und Zweibrücken über den Winter „für […] EUR“ aufrechtzuerhalten, und zeigte sich bereit, den Betrieb zweier neuer Strecken (Barcelona und Alicante) von Zweibrücken „für […] EUR“ aufzunehmen.
(93) Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, Ryanair Ltd./Kommission, T-196/04, Slg. 2008, II-3643, Randnr. 59.
(94) Vgl. Entscheidung 2011/60/EU der Kommission vom 27. Januar 2010 über die staatliche Beihilfe C 12/08 (ex NN 74/07) — Slovakei — Vereinbarung zwischen dem Flughafen Bratislava in der Slowakei und Ryanair (ABl. L 27 vom 1.2.2011, S. 24).
(95) Vgl. http://corporate.ryanair.com/investors/biographies/, 23. Juni 2014.
(96) Die Auslastungsquote oder der Auslastungsfaktor ist der Anteil der belegten Plätze in einem auf der betreffenden Strecke eingesetzten Flugzeug.
(97) Vgl. Randnr. 53 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(98) Vgl. Randnr. 59 und 61 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.
(99) Siehe Fußnote 94.
(100) […]
(101) […]
(102) […]
(103) Schlussantrag des Generalstaatsanwalts, Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 2013, Deutsche Lufthansa AG/Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH, C-284/12, Slg. 2013, noch nicht veröffentlicht, Randnr. 50.
(104) Ebenda (interne Fußnoten entfernt). Siehe auch Ebenda, Randnummern 51-52.
(105) Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1980, Philip Morris Holland BV/Kommission, 730/79, Slg. 1980, ECR 267, Randnr. 11 und Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2000, Alzetta Mauro u. a./Kommission, verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/97, T-313/97, T-315/97, T-600/97 bis 607/97, T-1/98, T-3/98 bis T-6/98 und T-23/98 Slg. 2000, ECR II-2325, Randnr. 80.
(106) Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980, Philip Morris Holland BV/Kommission, 730/79, Slg. 1980, ECR 2671, Randnr. 11 und 12 und Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Het Vlaamse Gewest/Kommission, T-214/95, Slg. 1998, ECR II-717, Randnr. 48-50.
(107) Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 1), Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 8) und Verordnung (EWG) Nr. 2409/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten (ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 15).
(108) Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-305/89, Slg. 1991, ECR I-1603, Randnr. 26.
(109) Vgl. insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C-364/90, Slg. 1993, ECR I-2097, Randnr. 20.
(110) Luftverkehrsleitlinien von 2014, Randnummer 174.
(111) Luftverkehrsleitlinien von 2005, Randnummer 79 Buchstabe e.
(112) Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973, Kommission/Deutschland C-70/72, Slg. 1973, ECR 813, Randnr. 13.
(113) Urteil des Gerichtshofes vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, Verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Slg. 1994, ECR I-4103, Randnr. 75.
(114) Urteil des Gerichtshofes vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C-75/97, Slg. 1999, ECR I-3671, Randnr. 64-65.
(115) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).
(116) Die von der FGAZ/FZG zurückzufordernden Beträge sind auf Basis der in Artikel 3 genannten Formel zu berechnen und können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht annähernd bestimmt werden.
(117) Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Beihilfe den Luftverkehrsgesellschaften im entsprechenden Zeitraum fortwährend zur Verfügung gestellt wurde, betrachtet die Kommission es als annehmbar, dass als Zeitpunkt ab dem die Rückforderungszinsen zu berechnen sind, der letzte Tag des Zeitraumes festzusetzen ist, für den der Beihilfebetrag berechnet wurde (z. B. der 31. Dezember wenn der Zeitraum ein Kalenderjahr ist, oder der 31. Oktober, wenn der Zeitraum am 1. Januar beginnt und am 31. Oktober endet). Damit folgt die Kommission der für die Begünstigten günstigsten Vorgehensweise, indem sie den letzten Zeitpunkt des betroffenen Zeitraumes verwendet.
(118) Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).
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10.2.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 34/132 |
BESCHLUSS (EU) 2016/153 DER KOMMISSION
vom 2. Juli 2015
über die Maßnahmen SA.31883-2015/N, 2011/C, die Österreich zugunsten der Österreichischen Volksbanken-AG und des Volksbanken-Verbunds durchgeführt hat und plant weiter durchzuführen, und zur Änderung des Beschlusses 2013/298/EU
(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 4635)
(Nur der deutsche Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach den vorgenannten Artikeln (1),
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. VERFAHREN
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(1) |
Am 9. Dezember 2008 (2) (im Folgenden „Entscheidung von 2008“) genehmigte die Kommission die österreichische Bankenstützungsregelung, die in der Folge viermal verlängert wurde (3) und am 30. Juni 2011 schließlich auslief. |
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(2) |
Im April 2009 erhielt die Österreichische Volksbanken-AG (im Folgenden „ÖVAG“) im Rahmen der österreichischen Bankenstützungsregelung eine Kapitalzuführung in Höhe von 1 Mrd. EUR. Zudem begab sie im Rahmen der Regelung am 9. Februar, 18. März und 14. September 2009 drei bundesgarantierte Emissionen im Umfang von jeweils 1 Mrd. EUR. Österreich gewährte diese Beihilfemaßnahmen in der Annahme, die ÖVAG sei ein gesundes Finanzinstitut, und übermittelte am 29. September 2009 einen Rentabilitätsplan. |
|
(3) |
Im Zuge der beihilferechtlichen Prüfung gelangte die Kommission jedoch zu dem Ergebnis, dass die Bank nach den Kriterien im Anhang der Mitteilung der Kommission — Rekapitalisierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Finanzkrise: Beschränkung der Hilfen auf das erforderliche Minimum und Vorkehrungen gegen unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen (4) (im Folgenden „Rekapitalisierungsmitteilung“) — zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung nicht als gesund im Sinne der Rekapitalisierungsmitteilung betrachtet werden konnte. Österreich vertrat zwar weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der ÖVAG um eine gesunde Bank gehandelt habe, legte aber am 2. November 2010 einen Umstrukturierungsplan für die ÖVAG vor. |
|
(4) |
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 (5) setzte die Kommission Österreich von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen der der ÖVAG von Österreich gewährten Kapitalzuführung von 1 Mrd. EUR und Garantie in Höhe von 3 Mrd. EUR das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) zu eröffnen, und ersuchte Österreich um Übermittlung eines geänderten Umstrukturierungsplans, dessen endgültige Fassung am 4. September 2012 vorgelegt wurde (im Folgenden „Umstrukturierungsplan von 2012“). |
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(5) |
Am 19. September 2012 schloss die Kommission das förmliche Prüfverfahren mit einem Beschluss (2013/298/EU) ab, mit dem sie die Umstrukturierungsbeihilfe für die ÖVAG einschließlich der in Erwägungsgrund 2 des vorliegenden Beschlusses genannten Maßnahmen, der Kapitalzuführung von 250 Mio. EUR in Form von Stammaktien und einer Asset-Garantie, die eine Erhöhung des Kapitals um 100 Mio. EUR bewirkte, für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärte (im Folgenden „Beschluss von 2012“) (6). Diesem Beschluss lag der Umstrukturierungsplan von 2012 und der Zusagenkatalog im Anhang des Beschlusses von 2012 (im Folgenden „Zusagenkatalog von 2012“) zugrunde. |
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(6) |
Der Beschluss von 2012 basierte auf einer Neuorganisation des Volksbanken-Verbunds in Österreich (im Folgenden „Verbund“) als Haftungsgemeinschaft. Diese Haftungsgemeinschaft umfasste 51 unabhängige Primärbanken und die ÖVAG. Während für die Primärbanken nur eine eingeschränkte Haftung gegenüber der ÖVAG bestand, haftete die ÖVAG in ihrer Funktion als Spitzeninstitut im Rahmen des Verbundmodells für alle Verpflichtungen des Verbunds (7). |
|
(7) |
Aus der von der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde vorgenommenen eingehenden Prüfung (im Folgenden das „Comprehensive Assessment von EZB und EBA“), deren Ergebnisse am 26. Oktober 2014 veröffentlicht wurden, ging hervor, dass sowohl im Basis-Szenario als auch im Stress-Szenario auf Verbundebene (die die ÖVAG einschließt) beim Tier-1-Kernkapital (im Folgenden „CET1“) eine Kapitallücke besteht. |
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(8) |
Österreich erklärte öffentlich, dass es dem Verbund keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen würde. Die damals vom Verbund zur Schließung der Kapitallücke in Betracht gezogenen Maßnahmen (insbesondere die Veräußerung aller nicht zum Kerngeschäft gehörenden Tochtergesellschaften und eine weitere Reduzierung der risikogewichteten Aktiva (im Folgenden „RWA“) hätten allein nicht ausgereicht, um die Kapitallücke in der vom einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, im Folgenden „SSM“) vorgegebenen Frist zu schließen. |
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(9) |
Am 23. Dezember 2014 fand eine außerordentliche Hauptversammlung der ÖVAG statt, auf der beschlossen wurde, die erforderlichen Schritte einzuleiten, um die ÖVAG vorbehaltlich der Genehmigung durch die nationalen Regulierungsbehörden, des SSM und der Kommission als Abbaugesellschaft abzuwickeln. Die Kernfunktionen der ÖVAG als Zentralorganisation des Verbunds würden nach dem Umstrukturierungsplan (im Folgenden „neuer Umstrukturierungsplan“) für den Verbund, der einen Haftungsverbund beinhaltet, einer der Primärbanken übertragen werden. |
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(10) |
Der neue Umstrukturierungsplan stellt eine wesentliche Änderung gegenüber dem Umstrukturierungsplan von 2012 dar und erfordert einen Änderungsbeschluss der Kommission. |
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(11) |
In der Zeit vom Oktober 2014 bis Juni 2015 erörterten die Kommission, Österreich, der SSM und der Verbund den neuen Umstrukturierungsplan im Rahmen einer Reihe von Telefonkonferenzen und auf schriftlichem Wege. Die Kommission traf sich am 18. Dezember 2014 mit Vertretern der ÖVAG und Österreichs und am 7. Mai 2015 mit Vertretern des Verbunds. |
|
(12) |
Am 28. Mai 2015 genehmigte die Aktionärsversammlung der ÖVAG die Übertragung ihrer Kernfunktionen auf die Volksbank Wien-Baden (im Folgenden „VBWB“) und für die verbleibenden Funktionen die Gründung einer Abbaugesellschaft gemäß § 162 des Bundesgesetzes über die Sanierung und Abwicklung von Banken (im Folgenden „BaSAG“). |
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(13) |
Am 29. Mai 2015 stimmte die Aktionärsversammlung der VBWB der Übertragung der Kernfunktionen der ÖVAG und einer Kapitalerhöhung in Höhe von 113 Mio. EUR zu. |
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(14) |
Am 29. Mai 2015 hatten die regionalen Volksbanken, die 97,83 % der RWA des Verbunds darstellen, bereits den Verbundvertrag und den Zusammenarbeitsvertrag unterzeichnet. |
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(15) |
Der Verbund übermittelte die endgültige Fassung des neuen Umstrukturierungsplans am 23. Juni 2015. |
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(16) |
Am 25. Juni 2015 unterbreitete Österreich einen Zusagenkatalog, der im Anhang dieses Beschlusses beigefügt ist. |
|
(17) |
Da dieser Beschluss auf der Grundlage der Befugnisse der Kommission auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen erlassen wird, berührt er in keiner Weise etwaige Verpflichtungen im Zuge der Fusionskontrolle, die für die an der Transaktion beteiligten Parteien möglicherweise gelten. |
2. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER GETROFFENEN UND NOCH ZU TREFFENDEN MASSNAHMEN
2.1. DIE BEGÜNSTIGTE UND IHRE SCHWIERIGKEITEN
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(18) |
Der Verbund umfasst derzeit i) 51 rechtlich selbständige Primärbanken (41 regionale Genossenschaftsbanken, fünf Spezialbanken, vier Kreditgenossenschaften und eine Bausparkasse), ii) die Zentralorganisation ÖVAG, sowie iii) die gesetzliche Einlagensicherungseinrichtung Volksbank Haftungsgenossenschaft eG. Die ÖVAG ist die Zentralorganisation des Verbunds und erbringt als diese Leistungen für die Primärbanken in Form zentralisierter Verwaltungs- und Liquiditätsmanagement-Tätigkeiten. Die Primärbanken sind kleine Banken (Bilanzsumme zwischen 65 Mio. EUR und 3 600 Mio. EUR), die im Wesentlichen Bankdienstleistungen für Privat- und Firmenkunden auf lokaler und regionaler Ebene erbringen. |
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(19) |
Der Verbund hat einen Marktanteil von ca. 6 % in Österreich und zählt etwa 900 000 Privatkunden und 80 000 Firmenkunden. Die Primärbanken verfügen über mehr als 500 Filialen mit 4 900 Mitarbeitern. Das Gesamtvolumen der Forderungen an Kunden beläuft sich auf etwa 30 Mrd. EUR, das Gesamtvolumen der Verbindlichkeiten gegenüber Kunden auf etwa 27 Mrd. EUR. |
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(20) |
Die Mitglieder des Verbundes sind zu einem Haftungsverbund und zu einem Liquiditätsverbund (geregelter Transfer von Liquidität) auf Basis eines Verbundvertrags zusammengeschlossen. Im Rahmen des derzeitigen Systems haftet die Zentralorganisation (ÖVAG) unbeschränkt für die Primärbanken, während die Haftung der Primärbanken für die Zentralorganisation insoweit beschränkt ist, als die Eigenmittelquote einer Primärbank dadurch nicht unter die regulatorischen Mindesterfordernisse fallen darf. |
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(21) |
Die ÖVAG steht derzeit zu 51,6 % im Eigentum der Primärbanken, und zwar über deren Beteiligungsgesellschaft Volksbanken Holding. Der österreichische Staat hält 43,3 % an der ÖVAG. Weitere bedeutende Anteilseigner sind die DZ Bank AG (3,8 %) und die Raiffeisen Zentralbank (0,9 %); 0,4 % stehen im Eigentum anderer Anteilseigner. |
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(22) |
Der wichtigste geografische Markt des Verbundes ist Österreich. Darüber hinaus war die ÖVAG jedoch in mehreren mittel- und osteuropäischen Ländern tätig, wobei sie dort — außer in Rumänien — nur einen geringen Marktanteil hatte. |
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(23) |
Die Probleme der ÖVAG hatten vielfältige Ursachen: ihr Engagement in mittel- und osteuropäischen Ländern über ihre in der VB International AG (im Folgenden „VBI“) zusammengefassten Retail-Tochtergesellschaften, ihre Tätigkeit in den Bereichen Kommunalfinanzierung und Infrastrukturfinanzierung, ihre Tätigkeiten im Immobilienbereich, der Umstand, dass das Investitionsportfolio unter anderem von Lehman Brothers und isländischen Banken emittierte Instrumente umfasste, und ihre Abhängigkeit von Refinanzierungen am Interbankenmarkt (8). Diese Faktoren führten dazu, dass die ÖVAG ab dem Jahr 2008 erhebliche Verluste erlitt und dass Österreich ihr 2009 Stützungsmaßnahmen gewährte (9). Aufgrund der hohen Verluste im Jahr 2011 wurden weitere staatliche Maßnahmen ergriffen (10). Trotz der Umstrukturierungsbemühungen im Jahr 2014 bestand dem Comprehensive Assessment von EZB und EBA von 2014 zufolge eine weitere Kapitallücke auf Ebene des Verbundes (einschließlich ÖVAG), die vor allem auf Risiken und Schwächen der ÖVAG zurückzuführen war (11). |
2.2. DIE BEIHILFEMASSNAHMEN VON 2009 UND DIE ANSCHLIESSENDE UMSTRUKTURIERUNG
Beihilfemaßnahmen
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(24) |
Im April 2009 zeichnete Österreich Partizipationsscheine der ÖVAG in Höhe von 1 Mrd. EUR (im Folgenden „Kapitalzuführung von 2009“). Mit den gezeichneten Partizipationsscheinen erhielt der Staat keine Stimmrechte, aber einen Vorzugskupon und ein Wandlungsrecht. Die Partizipationsscheine waren unbefristet und wurden als Tier-1-Kapital (Kernkapital) verbucht. Weiterhin nehmen die Partizipationsscheine proportional zum gesamten am Verlust teilnehmenden Kapital an etwaigen Verlusten teil. Die ÖVAG hatte das Recht, die Partizipationsscheine jederzeit ganz oder in Tranchen zurückzuzahlen. Der Staat hatte das Recht, die Partizipationsscheine in ÖVAG-Stammaktien umzuwandeln; eine solche Wandlung fand jedoch nicht statt. |
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(25) |
Die ÖVAG erhielt zudem im Rahmen der österreichischen Bankenstützungsregelung staatliche Garantien und begab im Jahr 2009 bundesgarantierte Anleihen im Umfang von 3 Mrd. EUR mit Laufzeitende in den Jahren 2012 und 2013. |
Umstrukturierung
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(26) |
Die ÖVAG hatte bereits im Jahr 2009 einen Umstrukturierungsprozess eingeleitet, der unter anderem darauf abzielte, die Tätigkeiten, die die Hauptursache für die Probleme des Kreditinstituts waren, aus der Bank auszulagern. Bestimmte aus dem Altportfolio stammende Risiken machten der Bank jedoch 2011 erneut zu schaffen. Dabei handelte es sich insbesondere um folgende Risiken:
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2.3. DIE BEIHILFEMASSNAHMEN VON 2012 UND ANSCHLIESSENDE UMSTRUKTURIERUNG
Beihilfemaßnahmen
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(27) |
Das Ausmaß der Verluste der ÖVAG im Jahr 2011 machte weitere staatliche Beihilfemaßnahmen notwendig, und zwar eine Kapitalzuführung des Staates in Höhe von 250 Mio. EUR in Form von Stammaktien (im Folgenden „Kapitalzuführung von 2012“) und eine Asset-Garantie. |
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(28) |
Die Kapitalzuführung von 2012 erfolgte in zwei Stufen. Zunächst wurde das Kapital der Bank zum Ausgleich der aufgelaufenen Verluste um 70 % herabgesetzt. Mit diesem Kapitalschnitt wurden auch die von Österreich 2009 zugeführten Partizipationsscheine anteilsmäßig herabgesetzt, sodass nur noch 300 Mio. EUR an staatlichem Partizipationskapital in der ÖVAG verblieben. In einem zweiten Schritt erhielt die ÖVAG neues Kapital in Höhe von insgesamt 484 Mio. EUR. 250 Mio. EUR davon wurden von Österreich, der Rest von der Volksbanken Holding gezeichnet. Der Preis pro Aktie betrug 2,181 EUR. |
|
(29) |
In der Folge stieg der staatliche Anteil an der ÖVAG auf 43,4 %. Der Staat ist damit nach der Volksbanken Holding (damals 50,2 %) der zweitgrößte Aktionär. Die Anteile der anderen Aktionäre, die nicht an der Kapitalzuführung teilnahmen, wurden verwässert auf folgende Werte zum damaligen Zeitpunkt: DZ-Bank: 3,8 %, ERGO: 1,5 %, RZB: 0,9 %, Streubesitz: 0,1 %. |
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(30) |
Durch die Asset-Garantie, mit der Verluste aus dem versicherten Portfolio der notleidenden Kredite gedeckt wurden, wurde das Kapital der ÖVAG um 100 Mio. EUR erhöht. Die ÖVAG kann die Garantie nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Anspruch nehmen, die am 31. Dezember 2015 überprüft werden (12). Die Asset-Garantie wird mit 10 % p. a. (d. h. wie eine Kapitalzuführung) vergütet und erlischt am 1. Januar 2016. |
Umstrukturierung
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(31) |
Im Zuge der Beihilfemaßnahmen von 2012 überarbeitete die ÖVAG ihren ursprünglichen Umstrukturierungsplan und entschloss sich zu einer tiefergreifenden Umstrukturierung. Die Maßnahmen wurden durch den Beschluss von 2012 genehmigt. Der Umstrukturierungsplan von 2012, auf dem der Beschluss von 2012 beruhte, sah unter anderem folgende Punkte vor:
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(32) |
In den Jahren 2012 bis 2014 gelang es der ÖVAG, ihre Bilanzsumme und ihre RWA sowohl im Non-Core-Segment als auch im Kernsegment rascher abzubauen, als im Beschluss von 2012 festgelegt worden war. Zum 31. Dezember 2014 betrug die Bilanzsumme der ÖVAG 15,1 Mrd. EUR, die RWA hatten ein Volumen von 8,7 Mrd. EUR. Die Kernkapitalquote der ÖVAG betrug zum 31. Dezember 2014 6,21 %. |
2.4. DAS COMPREHENSIVE ASSESSMENT VON EZB UND EBA
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(33) |
Im Jahr 2014 führten die Europäische Zentralbank (EZB) und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ein Comprehensive Assessment durch, in dessen Rahmen 130 der größten Banken des Euro-Währungsgebiets auf die Qualität ihrer Bilanzen und ihre finanzielle Widerstandskraft geprüft wurden. Die Ergebnisse des Comprehensive Assessment wurden am 26. Oktober 2014 veröffentlicht. Dabei wurde der Verbund auf konsolidierter Basis (einschließlich ÖVAG) im Einklang mit Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (13) und Artikel 30 des österreichischen Bankwesengesetzes (14) geprüft. Der Verbund war eine der 25 Banken, die die erforderlichen Mindesteigenmittelquoten in den untersuchten Szenarien nicht erfüllten. So lag die berechnete CET1-Quote des Verbundes für das Jahr 2016 im Basis-Szenario bei 7,2 % (Schwellenwert: 8 %) und im Stress-Szenario bei 2,1 % (Schwellenwert: 5,5 %). Die maximale Differenz zwischen Testresultat und Schwellenwert entspricht einem zusätzlichen Kapitalbedarf von 865 Mio. EUR an CET1-Kapital. |
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(34) |
Die EZB hat dem Verbund bis zum 26. Juli 2015 Zeit gegeben, diesen Kapitalbedarf zu decken und eine CET1-Quote von 14,63 % zu erreichen. |
2.5. DER NEU NOTIFIZIERTE UMSTRUKTURIERUNGSPLAN 2015
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(35) |
Aufgrund der dargelegten Schwierigkeiten hat der Verbund mit dem Einverständnis der Republik Österreich eine tiefgreifende Transformation in Angriff genommen. Dieser Umstrukturierungsplan beruht auf den folgenden Grundprinzipien:
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(36) |
Die Maßnahmen des Transformationsplans, vor allem die Abwicklung der ÖVAG unter Aufgabe ihrer Banklizenz und ihre Entkonsolidierung aus dem Verbund, werden es dem Verbund ermöglichen, sofort eine CET1-Quote von [9-11] (*1) % zu erzielen. Ferner hat der Verbund ergänzende Maßnahmen eingeleitet, die Eigenkapital freisetzen sollen. Hierzu zählen unter anderem der Abbau von Risikopositionen im Bereich Corporates und Immobilien (kumulierter CET1-Effekt von Januar 2014 bis Dezember 2017 von [100-200] Mio. EUR), der Verkauf von Produktgesellschaften ([100-200] Mio. EUR) und der Verkauf von Wertpapieren ([50-100] Mio. EUR). Allerdings kann durch diese Maßnahmen bis Ende 2017 eine Eigenkapitalentlastung von lediglich [450-550] Mio. EUR erzielt werden, was nicht ausreicht, um die Kapitallücke von 865 Mio. EUR zu decken. |
Übertragung der Funktion der Zentralorganisation
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(37) |
Die VBWB übernimmt die Funktion der Zentralorganisation (ZO) des Verbundes, die bisher die ÖVAG innegehabt hat. Die für diese Funktion notwendigen Aktiva werden zusammen mit entsprechenden Passiva von der ÖVAG am 30. Juni 2015 rückwirkend zum 1. Januar 2015 an die VBWB übertragen. In Summe werden Aktiva und Passiva in Höhe von je knapp 8,6 Mrd. EUR transferiert. Diese Summe umfasst alle die im Beschluss von 2012 dem Kernsegment zugerechneten Aktivitäten, mit Ausnahme dreier kleinerer Beteiligungen (VB Factoring, VB Mobilienleasing und VB Investments), die in der ÖVAG verbleiben und weniger als 10 % des Gesamtbetrags ausmachen. |
Entkonsolidierung und Abwicklung der ÖVAG
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(38) |
Nach der Übertragung der Funktion der Zentralorganisation und der entsprechenden Aktiva und Passiva wird die ÖVAG am 4. Juli 2015 auf Abwicklung gestellt und in eine Abbaugesellschaft nach § 162 BaSAG umgewandelt. Der Name des Instituts wird auf immigon portfolioabbau ag (im Folgenden „Immigon“) geändert. Die verbleibenden Aktiva in Höhe von 7,4 Mrd. EUR werden bis zum 31. Dezember 2017 abgewickelt. Sie umfassen alle die im Beschluss von 2012 dem Non-Core-Segment zugerechneten Aktivitäten, sowie die in Erwägungsgrund 37 erwähnten Beteiligungen an VB Factoring, VB Mobilienleasing und VB Investments. |
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(39) |
Die Einkünfte aus der Abwicklung reichen nach der derzeitigen Planung aus, um die verbliebenen Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen. Das Eigenkapital der ÖVAG sowie das Partizipationskapital werden im Zuge der Abwicklung um 96,65 % herabgesetzt. Diese Herabsetzung betrifft auch das verbliebene staatliche Partizipationskapital von 300 Mio. EUR. |
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(40) |
Die bestehende Asset-Garantie verbleibt in ÖVAG/Immigon, allerdings mit Veränderungen. Unter der derzeitigen Regelung müssen alle anspruchsberechtigten Aktiva bis 31. Dezember 2015 angemeldet werden. Die Summe der sich daraus ergebenden Ansprüche wird dann zum 31. Juli 2016 abgegolten. Unter der veränderten Vereinbarung bleibt der 31. Dezember 2015 der Stichtag für die Anmeldung von Ansprüchen. Die Abgeltung dieser Ansprüche kann dagegen zu jedem Zeitpunkt innerhalb des Zeitfensters zwischen 31. Dezember 2015 und dem Ende der Abwicklungsperiode im Jahr 2017 verlangt werden. Gleichzeitig wird die Schwelle, unterhalb derer ÖVAG/Immigon die Abgeltung der Ansprüche verlangen kann, abgesenkt, und zwar von einer Kernkapitalquote (CET) von 10 % auf eine Eigenkapitalquote von 0, d. h., Ansprüche aus der Garantie können nur abgegolten werden, falls ÖVAG/Immigon im Abwicklungsprozess sonst insolvent würde. Die Garantiegebühr beträgt auch während der erweiterten Abgeltungsperiode 10 % pro Jahr. |
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(41) |
Damit die positiven Kapitaleffekte dieser Transformation realisiert werden können, muss der Verbund zwei wichtige Maßnahmen ergreifen:
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(42) |
Am 10. Dezember 2014 unterzeichnete die ÖVAG einen Vertrag mit der rumänischen Bank Banca Transilvania über den Verkauf ihrer 51 %igen Beteiligung an der Volksbank Romania SA; damit wurde ein wesentlicher Hinderungsgrund für die Rückgabe der Banklizenz aus dem Weg geräumt. Das Closing erfolgte am 7. April 2015. Damit erfüllte die ÖVAG gleichzeitig eine Vorgabe des Umstrukturierungsplans von 2012. Darüber hinaus brachte die ÖVAG im September 2014 den Verkauf von VB Malta zum Abschluss und beschloss, IK Malta abzuwickeln. Damit entsprach sie den Bedingungen des Beschlusses von 2012. |
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(43) |
Um die Immigon entkonsolidieren zu können, muss der Verbund seinen Anteil an der Immigon auf eine Minderheitsbeteiligung reduzieren. Dafür wird er 8,5 % des von der Volksbanken Holding gehaltenen Grundkapitals von 51,6 % an eine vom Verbund unabhängige dritte Partei, die Zweckgesellschaft GPVAUBEOE Beteiligungen GmbH, übertragen. |
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(44) |
Im Rahmen der Übertragung der Funktion der Zentralorganisation geht ein großer Teil der Verbindlichkeiten der ÖVAG gegenüber dem Verbund auf die VBWB über. Dennoch wird der Verbund nach der Spaltung eine Risikoposition von [700-800] Mio. EUR gegenüber der Immigon in Form verschiedener Finanzinstrumente, die zur Finanzierung von ÖVAG genutzt wurden, haben. |
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(45) |
Um das Risiko aus den verbleibenden Positionen gegenüber der Immigon zu neutralisieren, trifft der Verbund folgende Maßnahmen:
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Die Transformation des Verbundes
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(46) |
Der Verbund umfasst derzeit 51 Primärbanken. Im Rahmen des Transformationsplans werden diese 51 Institute zu zehn größeren Banken fusionieren. Dabei handelt es sich um acht Regionalbanken mit Bilanzsummen von 1,9 Mrd. EUR bis 5,3 Mrd. EUR, die in unterschiedlichen Teilen des österreichischen Bundesgebiets tätig sein werden, sowie um zwei Spezialbanken, die Sparda Bank Austria (0,8 Mrd. EUR) und die Ärzte-/Apothekerbank (1,1 Mrd. EUR). Die notwendigen Fusionen werden bis Ende 2017 erfolgen. Die Bausparkassen des Verbunds, die in der start:bausparkasse zusammengefasst sind, werden wahrscheinlich verkauft. |
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(47) |
Die Beziehungen zwischen den Primärbanken innerhalb des Verbundes werden durch zwei Verträge geregelt, den Verbundvertrag gemäß § 30a BWG und den Zusammenarbeitsvertrag. |
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(48) |
Der Verbundvertrag wird zwischen der Zentralorganisation in Gestalt der VBWB, den Primärbanken des Verbunds und der Volksbank Haftungsgenossenschaft eG geschlossen und hält im Wesentlichen Folgendes fest:
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(49) |
Der Zusammenarbeitsvertrag regelt jene Bereiche, die durch den Verbundvertrag nicht abgedeckt sind. Vertragspartner sind die Primärbanken des Verbunds und die Volksbank Haftungsgenossenschaft eG. Ziel des Zusammenarbeitsvertrags ist die Hebung von Synergien im Verbund durch die Umsetzung der geplanten Fusionen sowie eine verstärkte Zusammenarbeit der Mitglieder. Die Entscheidungsbefugnisse für die vom Zusammenarbeitsvertrag umfassten Themenbereiche werden auf die Volksbank Haftungsgenossenschaft übertragen. Die Beschlüsse des Vorstands der Volksbank Haftungsgenossenschaft sind für die Vertragspartner bindend. Der Zusammenarbeitsvertrag regelt insbesondere die Bereiche Marketing, einheitliche Vertriebsstrategie, Produktpolitik einschließlich Rahmenverträgen mit Drittanbietern, Vertriebscontrolling, Optimierung und Standardisierung von Betriebsprozessen, IT-Beschaffung und Rechtsvertretung. |
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(50) |
Im Streitfall entscheidet die Zentralorganisation, ob durch eine Maßnahme gemäß Zusammenarbeitsvertrag unzulässig in ihre Aufgabenbereiche gemäß Verbundvertrag eingegriffen wird. Für den Fall von Änderungsvorgaben des Regulators bezüglich des Verbundvertrags enthält der Zusammenarbeitsvertrag eine Öffnungsklausel, die auch eine entsprechende Anpassung des Zusammenarbeitsvertrags ermöglicht. |
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(51) |
Die Zielstruktur des Transformationsplans ist eine Kombination aus acht schlagkräftigen Regionalbanken samt Zentralorganisation und zwei Spezialbanken. Die lokalen Geschäftsstellen werden sich auf den Vertrieb und die Betreuung der Kunden vor Ort konzentrieren, während die Verwaltung in den Regionalbanken und in der Zentralorganisation konzentriert ist. |
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(52) |
Der Verbund wird sich auf Kunden in Österreich fokussieren, wobei das Geschäft mit Klein- und Mittelbetrieben und Freiberuflern, das Geschäft mit Privatkunden, die Wohnbaufinanzierung und die Betreuung vermögender Kunden im Mittelpunkt stehen sollen. |
Finanzplanung
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(53) |
Auf Basis des neuen Umstrukturierungsplans hat der Verbund der Kommission Planungsrechnungen zur voraussichtlichen Entwicklung wesentlicher Finanzkennzahlen in den kommenden fünf Jahren übermittelt. Diese Rechnungen wurden für zwei Szenarien, ein Basisszenario und ein Stressszenario, durchgeführt. |
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(54) |
Die übermittelte Finanzplanung schließt die Auswirkungen der Neutralisierung des Risikos der Immigon-Positionen (15) und die prognostizierten Zahlungen auf das Genussrecht der Republik Österreich im Rahmen des Zusagenkatalogs mit ein. |
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(55) |
Das Basisszenario beruht auf der Annahme eines moderaten Wirtschaftswachstums im Kernmarkt Österreich, das nominell 0,8 % (2015), 1,5 % (2016) und in den Folgejahren bis 2019 1,7 % beträgt. Die jährlichen Inflationsraten liegen zwischen 1,1 % und 2,2 %, der Drei-Monate-Euribor steigt von 0,1 % im Jahr 2015 auf 1,9 % im Jahr 2019. Unter diesen Annahmen prognostiziert der Verbund einen Verlust für das Geschäftsjahr 2015, aber eine positive Eigenkapitalrendite (Return on Equity — RoE) von [8-9] % für das Geschäftsjahr 2019. Die CET1-Quote soll von [9-11] % im Jahr 2015 auf [11-13] % im Jahr 2019 steigen. Die Entwicklung weiterer Kennzahlen kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Tabelle 1 Finanzdaten im Basisszenario […] |
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(56) |
Das Stressszenario beruht auf der Annahme einer durch Schwächen im europäischen Bankensektor ausgelösten Kreditklemme, die die Aktivitäten ausländischer Geldgeber und der EZB nicht beheben können. Das reale Wirtschaftswachstum ist leicht negativ mit einer langsamen Erholung ab dem Jahr 2017. In den Jahren 2015 und 2016 ist die Inflationsrate negativ, in den Folgejahren im niedrigen Bereich positiv. Die Zinssätze bleiben außerordentlich niedrig, und der Schweizer Franken wertet gegenüber dem Euro weiter auf. Unter diesen Annahmen prognostiziert der Verbund eine negative Eigenkapitalrendite (Return on Equity — RoE) für die Geschäftsjahre 2015 und 2016, die aber auf [5-8] % im Jahr 2019 steigt. Die CET1-Quote würde von [8-10] % im Jahr 2015 auf [10-12] % im Jahr 2019 steigen. Die Entwicklung weiterer Kennzahlen kann der folgenden Tabelle entnommen werden. Tabelle 2 Finanzdaten im Stressszenario […] |
Neue Zusagen und Maßnahmen zur Kompensation Österreichs
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(57) |
Österreich hat eine Reihe von Zusagen zur Umsetzung des neuen Umstrukturierungsplans unterbreitet. Diese sind in einem getrennten Dokument, das diesem Beschluss als Anhang beigefügt ist, aufgeführt. |
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(58) |
Nach Abschnitt 5 der Umstrukturierungsmitteilung müssen regelmäßig Berichte vorgelegt werden, damit die Kommission prüfen kann, ob der neue Umstrukturierungsplan ordnungsgemäß umgesetzt wird. Österreich wird einen Überwachungstreuhänder einsetzen, der die Kommission bei der Erfüllung ihrer Pflicht unterstützen wird, die korrekte Durchführung des Beschlusses zu überprüfen. Der Überwachungstreuhänder wird alle sechs Monate einen Überwachungsbericht vorlegen. Der erste Bericht sollte spätestens sechs Monate nach der Genehmigung des Umstrukturierungsplans vorgelegt werden. Nach Ansicht der Kommission ist die ordnungsgemäße Überwachung der Umsetzung des Umstrukturierungsplans daher gewährleistet. |
Regulatorische Zustimmung zum Umstrukturierungsplan
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(59) |
Der neue Umstrukturierungsplan, der der Kommission notifiziert wurde, entspricht dem der EZB bzw. dem SSM übermittelten Kapitalerhöhungsplan und hat zum Ziel, den Verbund so neu zu ordnen, dass die im Comprehensive Assessment von EZB und EBA identifizierte Eigenkapitallücke geschlossen werden kann. |
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(60) |
Der SSM hat eine aufsichtsrechtliche Eigenkapitalerfordernis von 14,63 % vorgeschrieben, die ab dem 26. Juli 2015 zu erfüllen ist. Zu diesem Datum wird der SSM die aufsichtsrechtliche Eigenkapitalerfordernis erneut überprüfen und dabei auch die Umsetzung des neuen Umstruktuierungsplans in Betracht ziehen. Der Umsetzungsprozess beginnt mit der Eintragung der in Erwägungsgrund 35 Buchstaben a, b und c erwähnten Maßnahmen in das österreichische Firmenbuch. Damit das österreichische Firmenbuchgericht die Eintragung vornehmen kann, hat der SSM als zuständige Aufsichtsbehörde seine Zustimmung zu den Änderungen gegeben. |
3. DAS FÖRMLICHE PRÜFVERFAHREN
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(61) |
Die Kommission erinnert daran, dass sie ein förmliches Prüfverfahren eingeleitet hat, in Folge dessen der Beschluss von 2012 (2013/298/EU) getroffen worden ist. Im Einklang mit Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (16) ist es notwendig geworden, den genannten Beschluss zu ändern. |
4. STELLUNGNAHME ÖSTERREICHS
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(62) |
Österreich hat in öffentlichen Erklärungen jedwede neue Beihilfe für den Verbund ausgeschlossen. Dementsprechend ist Österreich auch der Ansicht, dass es sich bei dem vorgelegten Umstrukturierungsplan nicht um eine neue Beihilfe handelt. |
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(63) |
Österreich erkennt jedoch an, dass es sich bei dem neuen Umstrukturierungsplan um eine wesentliche Änderung des Umstrukturierungsplans von 2012 handelt, sodass vor der Umsetzung ein Änderungsbeschluss der Kommission erforderlich ist. Dementsprechend hat Österreich den neuen Umstrukturierungsplan bei der Kommission angemeldet. |
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(64) |
Österreich erkennt ebenfalls an, dass der Verbund aus beihilferechtlicher Sicht als der Nachfolger der ÖVAG zu betrachten und dementsprechend auch Adressat dieses Änderungsbeschlusses ist. |
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(65) |
Gleichzeitig macht Österreich geltend, dass der neue Umstrukturierungsplan mit der entsprechenden Liste von Zusagen die Balance des Beschlusses von 2012 bewahrt und dementsprechend die ursprüngliche Vereinbarkeit der Beihilfe bewahrt. |
5. BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN
5.1. STAATLICHE BEIHILFE
Vorliegen einer staatlichen Beihilfe und wirtschaftlicher Nachfolge
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(66) |
In Bezug auf die Maßnahmen, die die Kommission 2009 und 2012 als Umstrukturierungshilfe für die ÖVAG genehmigt hatte, ist die Kommission bereits zu dem Schluss gekommen, dass diese Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen. Folglich ist es nicht nötig, in diesem Beschluss eine neuerliche Prüfung dieser Maßnahmen auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe vorzunehmen. |
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(67) |
Ein zentrales Element des Umstrukturierungsplans von 2012, auf den sich der Beschluss von 2012 bezog, bestand in der Refokussierung der ÖVAG auf ihre Funktion als Zentralorganisation als Teil eines Haftungsverbunds mit den Primärbanken. Im Rahmen dieses Systems haftete die ÖVAG als Zentralorganisation unbeschränkt für die Primärbanken, während die Haftung der Primärbanken für die Zentralorganisation insoweit beschränkt war, als die Eigenmittelquote einer Primärbank nicht unter die regulatorischen Mindesterfordernisse fallen durfte. |
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(68) |
Einige der Zusagen Österreichs aus dem Jahr 2012 betrafen auch die Primärbanken; es wurden bestimmte Einnahmenströme der ÖVAG als Spitzeninstitut abgesichert (Zusage 9) und die Primärbanken verpflichtet, „soweit es die regulatorischen Mindesterfordernisse erlauben“, an der Rückzahlung des Partizipationskapitals an der ÖVAG mitzuwirken (Zusage 11.2). Diese Zusagen waren aufgrund der besonderen Haftungsvereinbarungen im Verbund erforderlich, damit die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden konnte. In Verbindung mit den besonderen Haftungsvereinbarungen erlaubten es diese Zusagen der Kommission, ÖVAG und Verbund getrennt zu behandeln. |
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(69) |
Nach dem neuen Umstrukturierungsplan werden die Kerngeschäfte der ÖVAG von der VBWB, einer der Primärbanken, weitergeführt. So wird die VBWB die Rolle der ÖVAG als Zentralorganisation des Verbunds bei gleichzeitiger Übertragung der Funktionen und Aktiva von der ÖVAG an die VBWB übernehmen. In Summe werden Aktiva und Passiva in Höhe von 8,6 Mrd. EUR transferiert. Diese Summe umfasst alle die im Beschluss von 2012 dem Kernsegment zugerechneten Aktivitäten, mit Ausnahme dreier kleinerer Beteiligungen — VB Factoring (mit einer Bilanzsumme von 86 Mio. EUR), VB Mobilienleasing (700 Mio. EUR) und VB Investments (30 Mio. EUR), die in der Abbaugesellschaft Immigon verbleiben. |
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(70) |
Im Gegensatz zu der früheren asymmetrischen Haftungsstruktur zwischen Primärbanken und Zentralorganisation wird der Verbund nach dem neuen Umstrukturierungsplan in ein Gesamthaftungssystem integriert. In Verbindung mit weiteren strukturellen Veränderungen im Verbund (siehe Erwägungsgrund 49) kann die neue Zentralorganisation, die VBWB, nicht mehr getrennt von den Primärbanken betrachtet werden. Diese Auffassung wird auch durch den konsolidierten Ansatz des SSM im Comprehensive Assessment bestätigt, sowie durch die Tatsache, dass die Eigenkapitalanforderung auf aggregierter Ebene (Verbund) formuliert wurde. |
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(71) |
Aus diesen Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Verbund als wirtschaftlicher Nachfolger der ÖVAG, die nach dem Beschluss von 2012 unterstützt wurde, zu betrachten ist. Der Verbund ist daher Empfänger der bestehenden Beihilfe. |
Keine neuen staatlichen Beihilfen für ÖVAG, Immigon, VBWB oder den Verbund
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(72) |
Die Kommission muss zusätzlich zur Frage der Übertragung der bestehenden Beihilfe an den wirtschaftlichen Nachfolger prüfen, ob mit dem neuen Umstrukturierungsplan neue staatliche Beihilfen verbunden sind. |
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(73) |
Die Kommission hält fest, dass Österreich zufolge im Zuge der Umsetzung des neuen Umstrukturierungsplans keine neuen staatlichen Beihilfen gewährt werden. |
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(74) |
Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Damit eine Maßnahme als Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 eingestuft werden kann, muss sie nachstehende kumulative Voraussetzungen erfüllen: a) Die Maßnahme muss dem Staat zurechenbar sein und aus staatlichen Mitteln finanziert werden, b) sie muss dem Begünstigten einen Vorteil verschaffen, c) dieser Vorteil muss selektiv sein, und d) die Maßnahme muss den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. |
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(75) |
Der neue Umstrukturierungsplan verleiht weder der ÖVAG noch Immigon einen neuen Vorteil. Die ÖVAG wird abgewickelt, ihr Kernsegment und entsprechende Passiva werden an die VBWB übertragen und die verbleibenden Aktiva werden über die Abbaugesellschaft Immigon abgewickelt. Nach dem derzeitigen Umstrukturierungsplan wird für die Abwicklung von Immigon das Eigenkapital fast vollständig aufgebraucht werden, ohne dass auf die Assetgarantie zurückgegriffen werden müsste. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass die mit den CET1-Instrumenten der ÖVAG verbundenen Risiken eintreten werden, u. a. der Verlust der ÖVAG-Beteiligung der Republik Österreich in Höhe von 250 Mio. EUR und des noch ausstehenden Partizipationskapitals in Höhe von nominell 300 Mio. EUR. |
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(76) |
Die Asset-Garantie wird weiterhin in der ÖVAG/Immigon verbleiben. Nach den aktuellen vertraglichen Vereinbarungen kann die Garantie nur am 31. Dezember 2015 gezogen werden, auf Ansprüche, die bis zu diesem Datum angemeldet worden sind, und nur bis zu dem Betrag, der zum Erreichen einer CET1-Quote von 10 % notwendig ist. Angaben Österreichs zufolge übersteigen die Wertpapiere, für die ein Anspruch auf Kompensation angemeldet wurde, in der Summe bereits die auf 100 Mio. EUR begrenzte Asset-Garantie. Während über die Berechtigung angemeldeter Ansprüche erst am 31. Dezember 2015 entschieden wird, hat die Immigon-Geschäftsführung gemäß ihren gesetzlichen Verpflichtungen zum Schutze der Interessen der Eigentümer keine andere Wahl, als bis Ende 2015 alle möglichen Ansprüche anzumelden. |
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(77) |
Zum 31. Dezember 2015 wird Immigon als Abbaugesellschaft keine Kapitalanforderungen mehr erfüllen müssen, weshalb es schwierig ist, eine an die Erfüllung einer CET1-Quote geknüpfte Bedingung zur Auszahlung unter der Garantie zu bewerten. Da diese Bewertung allein Sache nationalen Rechts ist, akzeptiert die Kommission die Stellungnahme Österreichs, nach der Österreich der Auffassung ist, dass die Überführung der ÖVAG in eine Abbaugesellschaft gemäß § 162 BaSAG keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Ausfallbürgschaft des Bundes hat. Gemäß der Stellungnahme Österreichs und angesichts der Tatsache, dass das Kapital der Immigon zum 31. Dezember 2015 bereits zu 96,65 % herabgesetzt wurde, muss die an eine CET1-Quote von 10 % geknüpfte Bedingung als erfüllt gelten. Dementsprechend würde eine vollständige Auszahlung aller zum 31. Dezember 2015 als berechtigt qualifizierten Ansprüche notwendig. |
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(78) |
Unter diesen Bedingungen reduzieren die Veränderungen im Garantie-Vertrag — a) eine Verlängerung der Erfüllungsperiode für die Zahlungen aus der Garantie ohne die Erlaubnis, nach dem 31. Dezember 2015 weitere Ansprüche anzumelden, und b) eine Beschränkung für Zahlungen aus der Garantie auf den Fall, dass das Kapital von Immigon andernfalls auf unter null absinken würde — das Risiko für den Garantiegeber, dass Zahlungen aus der Garantie anfallen. Außerdem wird die Vergütung der Garantie mit einer Zahlung von 10 % pro Jahr um zwei Jahre verlängert. Daher stärken die Veränderungen nur die Position des Garantiegebers und gewähren ÖVAG/Immigon keinen zusätzlichen Vorteil. |
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(79) |
Auch dem Verbund, einschließlich der neuen Zentralorganisation VBWB, wird durch den neuen Umstrukturierungsplan kein neuer Vorteil gewährt. Wie weiter oben erläutert (17), ist der Verbund der Empfänger der bestehenden Beihilfe. Nach dem Beschluss von 2012 mussten die Primärbanken an der bis Ende Dezember 2017 zu erfolgenden Rückzahlung des verbleibenden staatlichen Partizipationskapitals von 300 Mio. EUR mitwirken, soweit es die regulatorischen Mindestanforderungen an die Eigenkapitalausstattung erlaubten. Es sei daran erinnert, dass die Kapitallücke im Comprehensive Assessment nicht auf Ebene der ÖVAG allein, sondern auf Ebene des Verbundes als Ganzem ermittelt wurde. |
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(80) |
Während das risikotragende Partizipationskapital für die Abwicklung der ÖVAG/Immigon verbraucht wird, ist in den neuen Zusagen Österreichs eine Zahlung seitens des Verbunds an Österreich in Höhe von 300 Mio. EUR vorgesehen (und zwar durch Gewährung eines Genussrechts für Österreich). Der Verbund hat zugesagt, bis Ende [2020-2025] insgesamt 300 Mio. EUR auszuzahlen, wobei für […], […] und […] feste kumulative Zahlungsschwellenwerte vorgesehen sind. |
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(81) |
Mit der neuen verbindlichen Zusage über eine Zahlung von 300 Mio. EUR an Österreich stellt der Verbund den Anspruch auf die Höhe des ursprünglich zurückzuzahlenden Betrags wieder her. Dieser ursprüngliche Anspruch geht im Zuge der Abwicklung der ÖVAG verloren, da im Partizipationskapital enthaltene Risiken eintreten. Auch wenn gegenüber der ursprünglichen Zusage der neue Zahlungsplan mit erheblichen Zahlungsrückständen verbunden ist, muss bedacht werden, dass sowohl im Falle einer einfachen Abwicklung der ÖVAG als auch in der kontrafaktischen Fallkonstellation der Abwicklung des gesamten Verbundes alle Forderungen des Staates, das Eigenkapital und das Partizipationskapital verloren gingen. |
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(82) |
Darüber hinaus ist diese neue Zusage seitens des Verbunds nunmehr für diesen bindend, wobei die Ausschüttung auf das Genussrecht gewinnabhängig bleibt. Gleichzeitig ist in den Zusagen sichergestellt, dass diese Zahlungen höherrangig zu allen anderen Dividendenausschüttungen erfolgen. Ferner erhält Österreich — zusätzlich zu den Dividenden aus dem Genussrecht — für etwaige Dividendenausschüttungen an Parteien außerhalb des konsolidierten Verbunds eine Kompensationszahlung in Höhe der Ausschüttung. |
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(83) |
Außerdem erhält Österreich einen Anteil an der VBWB von 25 % + 1 Aktie als Sicherheit für die Genussrecht-Zahlungen. Sollte einer der Zahlungsschwellenwerte nicht eingehalten werden, werden die VBWB-Aktionäre kostenlos weitere Aktien auf Österreich übertragen, die die Beteiligung Österreichs an der VBWB auf [26-40] % erhöhen. Darüber hinaus kann Österreich zu diesem Zeitpunkt die Sicherheit verwerten. |
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(84) |
Auch wenn sich die neue Zusage in einigen Aspekten von der ursprünglichen Zusage unterscheidet, ist sie mit der ursprünglichen Zusage gleichwertig; sie verschafft deshalb der ÖVAG, Immigon, der VBWB oder dem Verbund keinen Vorteil. |
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(85) |
Außer der neuen Zusage, ein neu gewährtes Genussrecht an der VBWG mit einem Betrag in Höhe des ursprünglichen Werts des Partizipationskapitals an der ÖVAG zu bedienen, gibt es im neuen Umstrukturierungsplan keine anderen wesentlichen Änderungen in der Beziehung zur Republik Österreich, die als Gewährung eines Vorteils zugunsten der VBWB oder des Verbundes gewertet werden könnten. |
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(86) |
Da damit der neue Umstrukturierungsplan der ÖVAG, Immigon, der VBWB und dem Verbund keinen Vorteil verschafft, ist keine Würdigung der übrigen kumulativen Kriterien für staatliche Beihilfen erforderlich. Auf dieser Grundlage vertritt die Kommission die Auffassung, dass die im neuen Umstrukturierungsplan vorgesehenen Maßnahmen nicht die Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllen und deshalb keine neue Beihilfe für die ÖVAG, Immigon, die VBWB oder den Verbund im Sinne dieses Artikels darstellen. |
5.2. WÜRDIGUNG DER RECHTLICHEN VEREINBARKEIT DER MASSNAHMEN
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(87) |
Wie in Abschnitt 5.1 dargelegt, enthält der neue Umstrukturierungsplan keine neue Beihilfe. Die im Beschluss von 2012 genehmigte Beihilfe zugunsten der ÖVAG geht jedoch auf den Verbund als ökonomischen Nachfolger der ÖVAG über. |
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(88) |
Aus Sicht des Beschlusses von 2012 muss die Kommission dementsprechend prüfen, ob die Beihilfemaßnahmen von 2012 auch nach dem neuen Umstrukturierungsplan und dem Zusagenkatalog mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Diese Prüfung muss auf der für den Beschluss von 2012 geltenden Rechtsgrundlage erfolgen, d. h. auf Grundlage der Rekapitalisierungsmitteilung und der Verlängerungsmitteilung von 2011 (18) sowie der Umstrukturierungsmitteilung (19). |
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(89) |
Die Erwägungsgründe 83 bis 92 des Beschlusses von 2012, in denen die Vereinbarkeit der Beihilfen von 2012 auf der Grundlage der Rekapitalisierungsmitteilung und der Verlängerungsmitteilung von 2011 geprüft wurde, bleiben unverändert gültig. Die der ÖVAG gewährte Kapitalzuführung in Höhe von 250 Mio. EUR und das verbleibende Partizipationskapital in Höhe von 300 Mio. EUR werden bei Immigon verbleiben und laut Planung in der Liquidierung bis 2017 vollständig aufgebraucht werden. |
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(90) |
Wie in Erwägungsgrund 93 des Beschlusses von 2012 dargelegt, ist der Umstrukturierungsmitteilung zufolge die Umstrukturierung eines Finanzinstituts im Rahmen der derzeitigen Krise nur dann nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn sie zur Wiederherstellung der Rentabilität der Bank führt, einen ausreichenden Eigenbeitrag und eine angemessene Lastenverteilung beinhaltet sowie ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen umfasst. Bezüglich dieser drei Elemente muss die Kommission prüfen, inwieweit die vorgelegten Änderungen im Umstrukturierungsplan und im Zusagenkatalog die im Beschluss von 2012 gefundene Vereinbarkeit der Maßnahmen bewahren. |
Rentabilität im Basisszenario
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(91) |
Wie in Erwägungsgrund 71 festgestellt, geht die Beihilfe von 2012 auf den Verbund über, der vom neuen Umstrukturierungsplan auch zur Gänze erfasst wird. Hier muss geprüft werden, ob die langfristige Rentabilität des Verbunds in seiner neuen Form unter dem neuen Umstrukturierungsplan bis 2019 wiederhergestellt wird. |
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(92) |
Zu diesem Zweck hat Österreich eine Finanzplanung bis 2019 eingereicht, die ein Basisszenario sowie ein Stressszenario für den gesamten Verbund umfasst und auf dessen Basis die Kommission ihre Analyse durchgeführt hat. |
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(93) |
Die Transformation des Verbunds durch die Fusion der lokalen Primärbanken zu regional aufgestellten Instituten ist insofern als vorteilhaft zu bewerten, als im Verbund bestehende Unterschiede bezüglich Kapitalausstattung und Ertragskraft etwas angeglichen werden und Skaleneffekte genutzt und Synergiepotenziale erschlossen werden können. Das nachstehende Diagramm zeigt deutlich die verminderte Streuung in Kapitalausstattung (CET1) und Ertragskraft (RoE) im Verbund „alt“ und „neu“ im Vergleich.
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(94) |
Die Kommission begrüßt, dass potenzielle Synergien nur auf der im Vergleich zu den Einnahmen leichter zu quantifizierenden Kostenseite in die Finanzplanung eingeflossen sind und nur mit [70-80] % der bereits identifizierten Potenziale angesetzt wurden. Mit weniger als [10-20] % per annum auf der Personal- und weniger als [5-10] % per annum auf der Sachkostenseite ist die Kommission der Ansicht, dass ein eher vorsichtiger Ansatz gewählt wurde und zusätzlich zu den bereits in die Finanzplanung einkalkulierten Synergien weitere Potenziale bestehen könnten. |
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(95) |
Die Geschäftsstrategie des Verbunds in seiner neuen Form bleibt im Wesentlichen unverändert. Der Fokus liegt klar auf lokalen und regionalen Kunden im Privat- wie auch im Firmenkundengeschäft sowie im Geschäft mit kleinen und mittleren Betrieben. Diese Geschäftsbereiche machen bereits heute den wesentlichen Teil des Portfolios aus, sind rentabel und sind auch im Beschluss von 2012 nicht als problematisch betrachtet worden. Im Basisszenario wächst der zinstragende Bestand der Aktiva in diesen Bereichen bis 2019 um etwa [5-7] % und damit um weniger als die Hälfte des angenommenen Realwirtschaftswachstums von etwa 15 % im selben Zeitraum (20). Nur in speziellen Geschäftsbereichen wie zum Beispiel bei Dienstleistungen zur Wertpapieranlage werden höhere Wachstumsraten angestrebt. Angesichts des sehr begrenzten Umfangs dieser Bereiche erscheinen die Annahmen eines höheren Wachstums gerechtfertigt. |
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(96) |
Auf der Passivseite ist die besondere Relevanz des Geschäfts mit Privatkundeneinlagen hervorzuheben (etwa 80 % aller Passiva). Diese Art der Finanzierung wird unter Basel III als besonders verlässlich eingestuft und dementsprechend hoch für Fundingkennzahlen wie das Liquidity Coverage Ratio und das Net Stable Funding Ratio angerechnet. Auch hat der Verbund Nachweise geliefert für die besondere Stabilität des Einlagengeschäfts auch während der Krise, sodass die Kommission die Finanzierungslage des Verbunds als besondere Stärke einstuft. Auch im Einlagengeschäft liegt das Wachstum bis 2019 mit etwa [5-7] % um mehr als 50 % niedriger als das angenommene Realwirtschaftswachstum. |
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(97) |
Auch die Risikoannahmen bezüglich der verschiedenen Kreditportfolien erscheinen plausibel. Im Basisszenario entsprechen die geplanten Werte zur Risikovorsorge und Wertminderungen Standardrisikokostensätzen von rund [7-15] Basispunkten für das Privatkunden- und [30-45] Basispunkten für das Firmenkundengeschäft. Diese Annahmen scheinen der wirtschaftlichen Situation im österreichischen Kreditgeschäft angemessen, wenn auch nicht konservativ. |
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(98) |
Der Plan im Basisszenario führt den Verbund von einem negativen RoE bei einer CET1-Quote von [9-11] % im Jahre 2015 zu einem Nachsteuer-RoE von [8-9] % bei einer CET1-Quote von [11-13] % im Jahre 2019. Angesichts des moderaten Risikoprofils des Verbundgeschäftsmodells kann der geplante Nachsteuer-RoE als eine angemessene Kapitalvergütung bewertet werden. |
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(99) |
Die Erwägungen in Erwägungsgründen 94 bis 98 zur Finanzplanung in Bezug auf Wachstum, Liquidität, Kosten, Risikosteuerung und Rentabilität lassen die Kommission zu dem Schluss kommen, dass die Planung solide und auf im Grundsatz vorsichtiger Annahmen basierend berechnet und dazu geeignet ist, die langfristige Rentabilität des Verbunds und damit seine Kapitalmarktfähigkeit zu gewährleisten. |
Rentabilität im Stressszenario
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(100) |
Diese Bewertung der langfristigen Rentabilität und Lebensfähigkeit wird auch durch das Stressszenario bestätigt. Hier wird von simultanem Stress durch a) ein länger andauerndes Niedrigzinsenumfeld als im Moment geplant sowie b) eine Kreditkrise ausgegangen. Während länger andauernde Niedrigzinsen Druck auf die Zinsmarge ausüben, muss die Kreditkrise gleichzeitig über höhere Risikovorsorge und Wertminderungen wie auch über generell höhere Risikogewichtung in den Kreditbeständen finanziert werden, was zu höheren Eigenkapitalanforderungen führt. |
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(101) |
Durch die beeinträchtigte Ertragssituation und den zusätzlich entstehenden Bedarf an Risikovorsorge und Wertminderungen würden dem Verbund 2015 deutliche und 2016 weitere leichte Verluste entstehen. Es wird aber deutlich, dass diese Verluste selbst ohne Gegensteuerungsmaßnahmen wie ein Kostensparprogramm oder die Anpassung der Preismargen über die momentane Kernkapitalquote aufgefangen werden können und die langfristige Ertragsposition des Verbunds nur bedingt beeinträchtigen. Die Kernkapitalquote in diesem Szenario sinkt nicht unter [8-10] %, und der Verbund erreicht trotzdem eine Nachsteuerrentabilität von [5-8] % im Jahr 2019. |
Aufsichtserfordernisse
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(102) |
Infolge der im Comprehensive Assessment der Aufsichtsbehörde von 2014 ausgewiesenen Kapitallücke hat der Verbund im Augenblick die Zielvorgabe, bis 26. Juli 2015 eine Kernkapitalquote CET1 von 14,63 % zu erreichen. In der Finanzplanung in ihrer aktuellen Form wird diese Quote nicht erreicht. |
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(103) |
Die Kommission hält weiters fest, dass die Maßnahmen des Verbundes zur Neutralisierung des Risikos aus Positionen gegenüber Immigon (21) eine negative Auswirkung auf die CET1-Quote in Höhe von etwa [0-2] % haben werden. Zudem beruht die übermittelte Planungsrechnung auf der Annahme, dass diese Positionen […] und […] durch weitere Verkäufe reduziert werden können. Diese Verkäufe würden zu erwarteten Verlusten von [0-200] Mio. EUR führen, mit einem zusätzlichen Verlustrisiko von [0-100] Mio. EUR, wenn die geplanten Verkäufe nicht realisiert werden können, und die Verlusttranche von [0-200] Mio. EUR voll fällig wird. Zusätzliche Verluste von [0-100] Mio. EUR würden die CET1-Quote um weitere [0-2] Prozentpunkte reduzieren. |
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(104) |
Demgegenüber hat der Verbund ergänzend zum neuen Umstrukturierungsplan weitere Maßnahmen identifiziert, um seine risikogewichteten Aktiva über das in der Planungsrechnung vorgesehene Maß hinaus zu reduzieren. Weitere mögliche Maßnahmen schließen eine Verbriefungsstruktur für ein Kreditportfolio von kleinen und mittleren Betrieben und einen Verkauf der start:bausparkasse und der IMMO-Bank mit ein, deren Durchführung die Kernkapitalquote auf bis zu [10-15] % erhöhen würden, unter Einbezug der vorgesehenen Schwellenwerte für Zahlungen auf das Genussrecht Österreichs. Die Kommission hält fest, dass die gleichzeitige Umsetzung all dieser Maßnahmen — falls notwendig — negative Auswirkungen auf die zukünftige Rentabilität der Bank haben wird. |
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(105) |
Die Kommission befindet aber in Anbetracht der begrenzten Höhe der Risiken und des Ausmaßes der erwähnten RWA-Maßnahmen, dass die Planungsrechnung ausreichend Spielräume vorsieht, um die negativen Auswirkungen auf die Rentabilität zu begrenzen. Diese Ansicht wird unterstützt durch das positive Urteil des SSM bezüglich der Maßnahmen in Erwägungsgrund 35 Buchstaben a, b und c hinsichtlich ihrer Eintragung ins österreichische Firmenbuch. Dieses positive Urteil des SSM stützt sich auf die gleiche Planungsrechnung, die auch der vorliegenden Entscheidung zugrunde liegt. Die Kommission geht daher davon aus, dass auch der SSM den Verbund — auch unter Einbezug von eventuellen Risiken im Plan — imstande sehen wird, die nach der Überprüfung vom 26. Juli 2015 an geltenden regulatorischen Kapitalanforderungen zu erfüllen. |
Eigenbeitrag und Lastenverteilung
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(106) |
Die Kommission muss sicherstellen, dass der neue Zusagenkatalog dazu geeignet ist, den Zusagenkatalog von 2012 zu ersetzen und die Vereinbarkeit der bestehenden Beihilfe für den Verbund, den ökonomischen Nachfolger der ÖVAG, zu gewährleisten. In diesem Rahmen muss geprüft werden, ob Eigenbeitrag und Lastenverteilung angemessen sind. |
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(107) |
In Bezug auf den Eigenbeitrag und die Lastverteilung enthielt der Zusagenkatalog, der dem Beschluss von 2012 als Anhang beigefügt war, Bestimmungen über die Vergütung und Rückzahlung a) der Asset-Garantie und b) des Partizipationskapitals sowie ein Dividendenverbot. |
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(108) |
Was die Änderungen an der Asset-Garantie betrifft, so beruht der aktuelle Abwicklungsplan nicht auf Barzahlungen aus der Garantie für eine solvente Abwicklung. Sollten sich alle Annahmen realisieren und die Abbaugesellschaft ohne Inanspruchnahme der Garantie solvent bleiben, so würde eine im Juli 2016 eintretende Barauszahlung der Gesamtsumme aller berechtigten Ansprüche unter der Garantie lediglich dazu beitragen, die Abwicklungsmasse von Immigon zu erhöhen, die dann am Ende der Abwicklung allen Partizipationskapital- und Eigenkapitaleignern zur Verfügung stünde. Der aktuelle Plan, die Auszahlung der Garantie nur für den Fall einer drohenden Insolvenz von Immigon vorzusehen, reduziert das Risiko, dass eine staatliche Beihilfe genutzt wird, um die Inhaber von Eigenkapitalinstrumenten zu entschädigen, auf ein Minimum. |
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(109) |
Laut Zusagenkatalog von 2012 muss die ÖVAG bis Ende 2017 300 Mio. EUR Partizipationskapital zurückzahlen, wobei der Verbund, soweit es die regulatorischen Mindesterfordernisse erlauben, an der Rückzahlung mitwirken muss (22). Die Formulierung macht klar, dass es sich bei dieser Zusage eher um eine Absichtserklärung als um eine rechtlich verbindliche Verpflichtung handelt. |
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(110) |
Im neuen Zusagenkatalog gibt es hier eine neue verbindliche Verpflichtung für den Verbund. Konkret hat sich der Verbund verpflichtet, Österreich ein neues Finanzinstrument (ein Genussrecht) von nominell vernachlässigbarem Wert zur Verfügung zu stellen mit dem Anspruch, gewinnabhängige Ausschüttungen auf diese Instrument zu erhalten, die höherrangig zu allen anderen Hybrid- oder Dividendenausschüttungen erfolgen und in der Summe bis [2020-2025] 300 Mio. EUR ausmachen werden, abzüglich eventuell aus der Abwicklungsmasse der ÖVAG erhaltener Zahlungen. |
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(111) |
Die dem Genussrecht entsprechenden Zahlungsströme werden wie folgt weiter abgesichert: Österreich erhält einen Anteil an der VBWB von 25 % + 1 Aktie (eine Sperrminorität) als Sicherheit sowie das Recht, die Hälfte aller Aufsichtsratsmitglieder der VBWB zu entsenden. |
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(112) |
Dazu wird das Genussrecht mit folgenden kumulativen Zahlungsschwellenwerten versehen: [0-50] Mio. EUR im Jahr […], [0-100] Mio. EUR im Jahr […], [0-200] Mio. EUR im Jahr […] und 300 Mio. EUR im Jahr [2020-2025]. Sollte eine dieser Schwellen nicht eingehalten werden, erhält Österreich das Verwertungsrecht für seinen als Sicherheit gehaltenen Aktienanteil, der ansonsten nach Erhalt der vollständigen Summe von 300 Mio. EUR kostenlos in das Eigentum des Verbunds zurück übergeht. Im Falle der Nichteinhaltung einer der Zahlungsschwellen erhält Österreich weitere [1-15] % der Aktien der VBWB und das Recht, diese Sicherheiten zu verwerten. Zudem muss der Verbund einen neuen Umstrukturierungsplan vorlegen, den Österreich anschließend bei der Kommission anmelden müsste. |
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(113) |
Die Kommission hat den Einfluss einer solchen neuen Rückzahlungsregelung auf den Umstrukturierungsplan geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Umstrukturierungsplan solide genug ist, um die Rückzahlung wie geplant leisten zu können, ohne die Kernkapitalquote über Gebühr zu belasten. Die Schwelle von [0-50] Mio. EUR für […] bleibt selbst im übermittelten Stressszenario leistbar. Die Kommission stellt aber fest, dass sich die gleichzeitige Durchführung aller identifizierten RWA-reduzierenden Maßnahmen (23) negativ auf die Rentabilität der Bank auswirken würde, was wiederum den Rückzahlungsplan gefährden könnte. |
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(114) |
Nach Auffassung der Kommission gewährleistet die neue Zusage bezüglich der Rückzahlung der Beihilfe aus den folgenden Gründen die weitere Vereinbarkeit der bestehenden Beihilfe:
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(115) |
Die einschlägige, dem Beschluss von 2012 als Anhang beigefügte Zusage zum Dividendenverbot (25) gilt weiter in der geänderten Form. Nach der neuen Zusage können Dividenden an externe Kapitalgeber ausgeschüttet werden, sofern
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(116) |
Die Kommission stellt fest, dass die Kombination von Vorrangigkeit der Rückzahlungsverpflichtung, die Ausgleichszahlung und die Generierung frischen externen harten Kernkapitals ausreicht, um zu gewährleisten, dass die Beihilfen nicht der Vergütung von Kapital dienen und dass etwaige Dividenden ausschließlich aus Überschussgewinnen gezahlt werden. |
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(117) |
Insgesamt stellt die Kommission fest, dass der neue Zusagenkatalog die Vereinbarkeit der bestehenden Beihilfe in Bezug auf Eigenbeitrag und Lastenverteilung gewährleistet. |
Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsbeschränkungen
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(118) |
Die Kommission muss prüfen, ob der neue Zusagenkatalog den Zusagenkatalog von 2012 angemessen ersetzt und die weitere Vereinbarkeit der bestehenden Beihilfe für den Verbund gewährleisten kann. Folglich muss geprüft werden, ob etwaige durch die Beihilfe bedingte Wettbewerbsbeeinträchtigungen so gering wie möglich gehalten werden. |
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(119) |
Der Zusagenkatalog von 2012 enthielt eine Reihe von direkt auf die ÖVAG bezogenen Maßnahmen zur Minimierung von Wettbewerbsbeeinträchtigungen: i) Verringerung der Bilanzsumme und der RWA, ii) Beschränkung der Geschäftstätigkeit der ÖVAG auf verbundsbezogenes Geschäft im Sinne der Tätigkeit als Zentralorganisation des Verbunds, iii) Verbot von Akquisitionen, iv) Verbot der Preisführerschaft der ÖVAG-Tochter Live Bank (Bereich Online-Banking), v) Verbot, mit der Gewährung der Beihilfemaßnahmen zu werben, und vi) Verhaltensregeln zur Vergütung und zum Risikomanagement. |
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(120) |
Der neue, diesem Beschluss als Anhang beigefügte Zusagenkatalog wahrt die ursprüngliche Balance hinsichtlich der Begrenzung beihilfebedingter Wettbewerbsverzerrungen. So erfolgen die Bilanzsummen- und die RWA-Reduktion im Zuge der Abwicklung der ÖVAG, während die Fokussierung auf die Funktionen der Zentralorganisation des Verbunds durch die Übertragung dieser Funktionen auf die VBWB geklärt wird. Der neue Zusagenkatalog hält auch an den Verboten bezüglich Preisführerschaft, Akquisition und Werbung mit der Gewährung der staatlichen Beihilfen fest und hat auch die anderen Verhaltenspflichten übernommen. |
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(121) |
Im Zuge des Preisführerschaftsverbots darf die Live Bank Kunden keine besseren Zinskonditionen (für alle Fristigkeiten) anbieten als der Wettbewerber mit den drittbesten Konditionen auf dem österreichischen Markt im Bereich des Direct-online-Banking. |
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(122) |
Für den Verbund gilt ein Akquisitionsverbot, d. h., der Verbund darf weder Kontroll- noch Minderheitsbeteiligungen noch Aktivabündel erwerben. Die einzigen Ausnahmen sind a) Akquisitionen, die zum Erhalt der Finanz- und/oder Verbundstabilität oder im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs vorgenommen werden müssen, sofern diese Akquisitionen von der Kommission vorher genehmigt wurden, und b) Akquisitionen, die im Hinblick auf das Management existierender Verpflichtungen von Kunden in Zahlungsschwierigkeiten zum normalen laufenden Geschäft einer Bank gehören. |
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(123) |
Für den Verbund gilt ferner ein Werbeverbot, d. h., der Verbund darf nicht mit der Gewährung der Beihilfemaßnahmen oder mit den sich hieraus ergebenden Vorteilen werben. |
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(124) |
Die sonstigen Verhaltenspflichten besagen, dass der Verbund für angemessene Vergütungs- und Risikomanagementsysteme sorgen muss. So müssen die Vergütungssysteme des Verbunds transparent sein, auf Anreizen beruhen, die vermeiden, dass unangemessene Risiken eingegangen werden, und an nachhaltigen und langfristigen Unternehmenszielen ausgerichtet sein. Der Verbund wird das Risikomanagement weiter ausbauen und eine umsichtige, solide und an dem Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtete Geschäftspolitik betreiben. |
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(125) |
Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass der neue Zusagenkatalog die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die bestehende Beihilfe zugunsten der ÖVAG entstehen, angemessen begrenzt — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
(1) Die im Umstrukturierungsplan vom 23. Juni 2015 enthaltenen Maßnahmen und der damit verbundene Zusagenkatalog stellen keine neuen staatlichen Beihilfen dar.
(2) Die im Umstrukturierungsplan vom 23. Juni 2015 enthaltenen Maßnahmen und der damit verbundene Zusagenkatalog sind von solcher Gestalt, dass die Maßnahmen, auf die Artikel 1 Absatz 1 des Beschlusses 2013/298/EU verweist, mit dem Binnenmarkt kompatibel bleiben.
Artikel 2
(1) Artikel 2 des Beschlusses 2013/298/EU erhält folgende Fassung:
„Artikel 2
Österreich stellt sicher, dass der am 23. Juni 2015 übermittelte Umstrukturierungsplan vollständig umgesetzt wird, einschließlich der Zusagen im Anhang zu diesem Beschluss.“
(2) Der Anhang des Beschlusses 2013/298/EU erhält die Fassung des Anhangs dieses Beschlusses.
Artikel 3
Dieser Beschluss ist an die Republik Österreich gerichtet.
Brüssel, den 2. Juli 2015
Für die Kommission
Margrethe VESTAGER
Mitglied der Kommission
(1) ABl. C 46 vom 17.2.2012, S. 3.
(2) Entscheidung der Kommission vom 9. Dezember 2008 in der Beihilfesache N 557/2008 — Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitäts- und dem Interbankmarktstärkungsgesetz für Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen in Österreich (ABl. C 3 vom 8.1.2009, S. 2).
(3) Die erste Verlängerung der Beihilferegelung einschließlich bestimmter Änderungen wurde am 30. Juni 2009 (ABl. C 172 vom 24.7.2009, S. 4), die zweite Verlängerung am 17. Dezember 2009 (ABl. C 28 vom 4.2.2010, S. 6), die dritte Verlängerung am 25. Juni 2010 (ABl. C 250 vom 17.9.2010, S. 4) und die vierte Verlängerung am 16. Dezember 2010 (ABl. C 20 vom 21.1.2011, S. 3) genehmigt.
(4) Vgl. Randnummer 13 und Anhang der Kommissionsmitteilung (ABl. C 10 vom 15.1.2009, S. 2).
(5) Beschluss der Kommission vom 9. Dezember 2011 in der Beihilfesache SA.31883 (2011/C) (ex N 516/10) — Umstrukturierung der Österreichischen Volksbanken-AG (ABl. C 46 vom 17.2.2012, S. 3).
(6) Beschluss 2013/298/EU der Kommission vom 19. September 2012 über die staatliche Beihilfe SA.31883 (2011/C) (ex N 516/2010) die Österreich zugunsten der Österreichischen Volksbanken-AG gewährte und plant zu gewähren (ABl. L 168 vom 20.6.2013, S. 30).
(7) Der Verbund ist in Erwägungsgrund 18 ff. eingehender beschrieben.
(8) Siehe Erwägungsgründe 13 und 14 des Beschlusses von 2012.
(9) Siehe Erwägungsgründe 24 und 25.
(10) Weitere Einzelheiten enthalten die Erwägungsgründe 27 bis 30 und der Beschluss von 2012.
(11) Diese Kapitallücke wird in Erwägungsgrund 33 näher erläutert.
(12) Weitere Einzelheiten enthalten die Erwägungsgründe 24 bis 29 des Beschlusses von 2012.
(13) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).
(14) Bankwesengesetz (im Folgenden „BWG“).
(*1) Vertrauliche Information.
(15) Vgl. Erwägungsgrund 45.
(16) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 mit den Durchführungsbestimmungen für Artikel 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).
(17) Siehe Erwägungsgründe 66 bis 71
(18) Siehe Erwägungsgrund 82 des Beschlusses von 2012.
(19) Siehe Erwägungsgrund 93 des Beschlusses von 2012.
(20) Alle Annahmen zu Wirtschaftswachstum und Inflation sind dem Frühjahrsbericht 2015 der Kommission entnommen.
(21) Vgl. Erwägungsgrund 45.
(22) Punkt 11.2 des Zusagenkatalogs im Anhang des Beschlusses von 2012.
(23) Diese Maßnahmen sind in Erwägungsgrund 100 näher beschrieben.
(24) Siehe Erwägungsgrund 115.
(25) Siehe Punkt 9.3 des Zusagenkatalogs, der dem Beschluss von 2012 als Anhang beigefügt ist.
ANHANG
„ANHANG
ZUSAGENKATALOG IM BEIHILFEVERFAHREN SA.31883 ÖSTERREICHISCHE VOLKSBANKEN AG
PRÄAMBEL
Mit Beschluss der Kommission vom 19. September 2012 wurde die staatliche Beihilfe SA.31883 (2011/C), die Österreich zugunsten der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG) gewährte, als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen.
Durch die neuerlich erforderliche Restrukturierung des Volksbankensektors wurde vorliegender Zusagenkatalog unter Berücksichtigung des bisherigen Zusagenkatalogs und des zugrunde liegenden Umstrukturierungs- und Abwicklungsplans (‚Umstrukturierungsplan‘) der ÖVAG erstellt. Die Bestimmungen des bisherigen Zusagenkatalogs als Anhang zum Beschluss der Kommission vom 19. September 2012 treten dadurch außer Kraft.
Der modifizierte Umstrukturierungsplan sieht keine zusätzlichen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die ÖVAG vor. Die Herabsetzung des Grundkapitals der ÖVAG einschließlich des Anteils der Republik Österreich in Höhe von 43,3 % (entspricht rund 250 Mio. EUR) sowie die gleichzeitige Herabsetzung des Partizipationskapitals der Republik Österreich in Höhe von 300 Mio. EUR um 96,65 % stellen keine neue Beihilfe gem. Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (1) dar.
Die Republik Österreich bietet die folgenden Verpflichtungen in Bezug auf die Österreichische Volksbanken-Aktiengesellschaft (‚ÖVAG‘) und den Volksbankenverbund, vertreten durch die Volksbank Wien-Baden AG (‚VBWB‘) als neue Zentralorganisation des Verbundes, an, damit die Europäische Kommission durch Beschluss nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) feststellen kann, dass die der ÖVAG gewährten Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.
Dieser Text ist im allgemeinen Rahmen des Unionrechts und unter Bezugnahme auf die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 sowie unter Berücksichtigung des Beschlusses, dem die Verpflichtungen als Verpflichtungen und/oder Bedingungen und Auflagen beigefügt sind, auszulegen.
1. Allgemeines
1.1. Die Republik Österreich stellt sicher, dass der Ende Juni 2015 eingereichte Umstrukturierungsplan für die ÖVAG korrekt und vollständig umgesetzt wird.
1.2. Die Republik Österreich stellt sicher, dass bei der Umsetzung des Umstrukturierungsplans die im Folgenden ausgeführten Zusagen (‚Zusagen‘) vollständig eingehalten werden.
1.3. Die Umstrukturierungsphase endet mit dem Zeitpunkt der Hauptversammlung der VBWB, die über den Jahresabschluss 2019 befindet, spätestens jedoch zum 30. Juni 2020. Die nachfolgenden Zusagen finden in der Umstrukturierungsphase Anwendung, sofern sich aus ihnen nicht etwas anderes ergibt.
2. Umstrukturierungs- und Abwicklungsplan
2.1. Das Grundkapital der ÖVAG von 577 328 623,46 EUR (einschließlich des Anteils der Republik Österreich in Höhe von 43,3 %) wird auf 19 335 951,23 EUR herabgesetzt. Das staatliche Partizipationskapital in Höhe von 300 Mio. EUR wird im selben Verhältnis um 96,65 % herabgesetzt.
2.2. Die Zentralorganisations- und Zentralinstitutionsfunktion der ÖVAG wird rückwirkend mit Stichtag 31. Dezember 2014 von dieser als übertragende Gesellschaft auf die VBWB als aufnehmende Gesellschaft unter Fortbestand der übertragenden Gesellschaft gegen Gewährung von Aktien übertragen.
2.3. Die ÖVAG wird nach Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde (EZB) mit 4. Juli 2015 aus dem Verbund ausscheiden, nach aufsichtsrechtlicher Bewilligung als Abbaugesellschaft gem. § 162 Bundesgesetz über die Sanierung und Abwicklung von Banken (BaSAG) betrieben und verfügt als solche über keine Bankkonzession gem. § 1 Bankwesengesetz (BWG) mehr. Die Firma der Abbaugesellschaft wird in ‚immigon portfolioabbau ag‘ geändert.
2.4. Die Inanspruchnahme des Bundes aus der Asset-Garantie in Höhe von 100 Mio. EUR ist gemäß Vereinbarung über eine Ausfallsbürgschaft vom 15. März 2013 in der Entwurfsfassung der Nachtragsvereinbarung vom 25. Juni 2015 ab 31. Dezember 2015 bis einschließlich des Tages der Aufstellung des Jahresabschlusses der ÖVAG für das Geschäftsjahr 2017 zulässig.
2.5. Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme aus der Asset-Garantie sind die teilweise oder gänzliche Uneinbringlichkeit der Forderungen der ÖVAG oder die formelle Insolvenz des Schuldners sowie die Notwendigkeit zur Abwendung einer bestehenden oder drohenden insolvenzrechtlichen Überschuldung der ÖVAG vorbehaltlich der Einhaltung der übrigen Voraussetzungen gemäß o. g. Nachtragsvereinbarung. Stichtag für die Bewertung der besicherten Forderungen aus dem Forderungspool gemäß Anlage 1 der Vereinbarung über eine Ausfallsbürgschaft vom 15. März 2013 in der Fassung der o. g. Nachtragsvereinbarung ist der 31. Dezember 2015. Es werden keine weiteren Forderungen nach diesem Stichtag akzeptiert.
2.6. Der Abbauplan der ÖVAG hat zum Ziel, die Aktiva bis zum 31. Dezember 2017 abzubauen. Aus dem Abbauplan der ÖVAG geht zudem hervor, dass ein positiver Liquidationserlös verbleibt. Als teilweise Kompensation der Herabsetzung des im Eigentum der Republik Österreich befindlichen Aktienkapitals an der ÖVAG werden der Verbund und die Volksbanken Holding eGen ihre Ansprüche auf den Liquidationserlös an der ÖVAG an die Republik abtreten. Weiters wurde vom Verbund eine Bemühungszusage abgegeben, dass auch sonstige Aktionäre der ÖVAG ihre Ansprüche an die Republik Österreich abtreten.
3. Verkauf von Beteiligungen der ÖVAG
Die ÖVAG wird in Umsetzung der vorliegenden Entwurfsfassung der Restrukturierungsvereinbarung mit der Republik Österreich vom 23. Juni 2015 (‚Restrukturierungsvereinbarung‘) alle Anteile an der RZB bis 31. Dezember 2017 vollständig veräußern (‚Signing‘).
4. Maßnahmen der RZB
Österreich stellt sicher, dass die geplanten Maßnahmen von der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB) zur Entlastung der Eigenmittel der ÖVAG, wie in der Restrukturierungsvereinbarung vom 26. April 2012 festgelegt, bis zum […] in verbliebener Höhe von [0-20] Mio. EUR umgesetzt werden.
5. Gewinnausschüttung aus dem Verbund neu
5.1. Gewinnausschüttungen aus dem Konsolidierungskreis des Kreditinstituteverbunds der Volksbanken gemäß § 30a Abs. 1 BWG an Dritte (natürliche oder juristische) Personen sind grundsätzlich nur dann zulässig, wenn die in den Punkten 5.2 bis 5.6 dieser Vereinbarung aufgezählten Bedingungen erfüllt sind.
5.2. Die Bedienung des Genussrechts der Republik Österreich erfolgt nach Maßgabe der Restrukturierungsvereinbarung; insbesondere berechtigt die Nichteinhaltung der dort definierten Schwellenwerte die Republik Österreich über die ihr übertragenen Aktien an der VBWB gemäß Restrukturierungsvereinbarung zu verfügen.
5.3. Die Bedienung des Genussrechts der Republik Österreich gemäß der Restrukturierungsvereinbarung erfolgt vorrangig in mindestens der Höhe der Ausschüttung.
5.4. Die Gesamthöhe aller Ausschüttungen ist mit [5-8] Mio. EUR p. a. beschränkt.
5.5. Die Republik Österreich erhält eine von Punkt 5.3 unabhängige Kompensationszahlung in Höhe der Ausschüttung. Gewinnausschüttungen auf Eigenmittelbestandteile, die nach dem 29. Juni 2015 zur Stärkung und Sanierung des Verbundes gezeichnet wurden, lösen keine Kompensationszahlung an die Republik Österreich aus.
5.6. Der Verbund bringt frisches externes hartes Kernkapital (netto, nach Abzug von Rückzahlungen) in mindestens jener Höhe auf, die der Summe der jährlichen Ausschüttungen und Kompensationszahlungen entspricht (Ersatz für Thesaurierungen).
6. Dividendenverbot der ÖVAG
Die ÖVAG zahlt bis Ende des Abbaus keine Dividenden aus. Soweit rechtlich trennbar, bleiben die Zahlungen zur Vergütung der Beihilfen davon unberührt.
7. Verbot der Preisführerschaft
Ohne vorherige Zustimmung der Kommission wird die Live Bank bis zum Ende des Abbaus im Bereich des Einlagengeschäfts keine besseren Zinskonditionen (für alle Fristigkeiten) anbieten als der Wettbewerber mit den drittbesten Konditionen auf dem österreichischen Markt im Bereich des Direct-online Banking.
8. Vertretung der Republik Österreich in der Volksbank Wien-Baden AG als Zentralorganisation des Verbundes
8.1. Die Republik Österreich erhält mit Wirksamkeit der Spaltung der ÖVAG und Übertragung der Funktion als Zentralorganisation des Verbundes an die VBWB einen Anteil von 25 % plus einer Aktie (‚25 % + 1‘) unentgeltlich durch den Verbund übertragen.
8.2. Im Falle einer Nichterfüllung der Rückzahlung gemäß Punkt 9.3 dieser Vereinbarung erhält die Republik Österreich weitere Aktien an der VBWB bis zu einem Anteil von insgesamt [26-40] % unentgeltlich durch den Verbund übertragen. Der Republik Österreich fällt zudem das Verfügungsrecht über die von ihr gehaltenen Aktien nach den Bestimmungen der Restrukturierungsvereinbarung zu.
8.3. Der Republik Österreich wird durch den Verbund ein Entsendungsrecht von der Hälfte der durch die Eigentümer zu bestimmenden Mitglieder des Aufsichtsrates der VBWB zugesichert.
9. Vergütung der Beihilfen
9.1. Die von der Republik Österreich der ÖVAG bereitgestellte Asset-Garantie in Höhe von 100 Mio. EUR wird weiterhin mit einer gewinnunabhängigen Prämie in Höhe von 10 % p. a. vergütet.
9.2. Die VBWB räumt der Republik Österreich ein Genussrecht als Kompensation des in der ÖVAG im Zuge der Spaltung herabgesetzten staatlichen Partizipationskapitals in Höhe von 300 Mio. EUR gemäß der Restrukturierungsvereinbarung ein. Von der Bedienung des Genussrechts ist jenes staatliche Partizipationskapital in Abzug zu bringen, das im Zuge der Spaltung erhalten bleibt und ordnungsgemäß abgefunden wird.
9.3. Die Zahlung auf das Genussrecht muss mit dem Jahresabschluss der VBWB […] im Betrag von mindestens [0-50] Mio. EUR und mit dem Jahresabschluss der VBWB […] im Betrag von mindestens [0-100] Mio. EUR erfolgt sein. Im Fall der Unterschreitung eines dieser beiden Schwellenwerte ist ein neuer Umstrukturierungsplan zu notifizieren. Angemerkt wird, dass die Restrukturierungsvereinbarung mit dem Jahresabschluss der VBWB […] eine Abschichtung in Höhe von mindestens [0-200] Mio. EUR und mit dem Jahresabschluss der VBWB [2020-2025] die vollständige Abschichtung vorsieht.
10. Sonstige Verhaltenspflichten
10.1. ÖVAG und Verbund verpflichten sich zu einem Akquisitionsverbot. Das betrifft sowohl den Erwerb von Unternehmen mit eigener Rechtsform und von Anteilen an Unternehmen als auch von Aktivabündel, die ein Geschäft oder einen Teilbetrieb darstellen. Ausgenommen sind Akquisitionen, die zum Erhalt der Finanz- und/oder Verbundstabilität oder im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs vorgenommen werden müssen, sofern diese Akquisitionen von der Kommission vorher genehmigt wurden. Ausgenommen sind weiters Akquisitionen, die im Hinblick auf das Management von existierenden Verpflichtungen von Kunden in Zahlungsschwierigkeiten zum normalen laufenden Geschäft einer Bank gehören.
10.2. ÖVAG und Verbund werden nicht mit der Gewährung der Beihilfemaßnahmen oder mit den sich hieraus ergebenden Vorteilen werben.
10.3. ÖVAG und Verbund haben ihre Vergütungssysteme auf ihre Anreizwirkung und die Angemessenheit zu überprüfen und im Rahmen zivilrechtlicher Möglichkeiten sicherzustellen, dass diese nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten sowie dass diese an nachhaltigen und langfristigen Unternehmenszielen ausgerichtet und transparent sind.
10.4. Der Verbund wird das Risikomonitoring und die Risikoüberwachung weiter ausbauen und eine umsichtige, solide und an dem Prinzip der Nachhaltigkeit ausgerichtete Geschäftspolitik betreiben.
11. Überwachungstreuhänder
11.1. Die Republik Österreich stellt sicher, dass die vollständige und korrekte Implementierung des Umstrukturierungsplans der ÖVAG und des Verbunds sowie die vollständige und korrekte Umsetzung aller Zusagen dieses Zusagenkatalogs von einem unabhängigen, hinreichend qualifizierten und zur Verschwiegenheit verpflichteten Überwachungstreuhänder laufend überwacht wird.
11.2. Bestellung, Aufgaben, Pflichten und Entlastung des Überwachungstreuhänders richten sich nach dem im Anhang ‚Treuhänder‘ beschriebenen Verfahren.
11.3. Die Republik Österreich stellt sicher, dass die Kommission bzw. der Treuhänder während der Durchführung der Entscheidung uneingeschränkten Zugang zu allen Informationen hat, die für die Überwachung der Durchführung dieser Entscheidung erforderlich sind. Die Kommission bzw. der Treuhänder können Erklärungen und Klarstellungen von ÖVAG und Verbund anfordern. Die Republik Österreich, ÖVAG und Verbund werden mit der Kommission und dem Überwachungstreuhänder bei allen Anfragen im Zusammenhang mit der Überwachung der Durchführung dieser Entscheidung umfassend kooperieren.“
(1) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 mit den Durchführungsbestimmungen für Artikel 108 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).
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10.2.2016 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 34/152 |
BESCHLUSS (EU) 2016/154 DER KOMMISSION
vom 22. Juli 2015
über die staatliche Beihilfe Frankreichs SA.13869 (C 68/2002) (ex NN 80/2002) zugunsten von EDF — Neueinstufung der im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen für die Erneuerung des allgemeinen Versorgungsnetzes als Kapital
(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 4959)
(Nur der französische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),
nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß dem genannten Artikel (2)
und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
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(1) |
Durch Entscheidung vom 16. Oktober 2002 („Einleitungsentscheidung“) hat die Kommission das förmliche Prüfverfahren gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV in Bezug auf den Vorteil eingeleitet, der sich daraus ergeben hat, dass das staatliche Industrie- und Handelsunternehmen „Electricité de France (E.D.F.), Service National“ („EDF“, aus dem Ende 2004 die Aktiengesellschaft Electricité de France SA wurde) bei der Umstrukturierung seiner Bilanz im Jahr 1997 die fällige Körperschaftsteuer für einen Teil der Betriebsrücklagen nicht gezahlt hat, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des allgemeinen Versorgungsnetzes (réseau d'alimentation général, „RAG“) gebildet und neu als Kapital eingestuft wurden. |
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(2) |
In ihrer der Kommission mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 übermittelten Stellungnahme haben die französischen Behörden bestritten, dass EDF von einem Steuervorteil profitiert hat, und machen insbesondere geltend, dass die zusätzliche Kapitalerhöhung eine Unterkapitalisierung berichtigt habe und daher gerechtfertigt gewesen sei. |
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(3) |
Mit Schreiben vom 21. Januar 2003 übermittelte die Kommission Frankreich die einzige Stellungnahme, die sie von einem Beteiligten erhalten hatte, mit der Bitte, hierzu Stellung zu nehmen. Frankreich äußerte sich nicht zu dieser Stellungnahme. |
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(4) |
Am 12. Februar 2003 wurde eine technische Sitzung zwischen der Kommission und den französischen Behörden abgehalten, auf die am 4. Juli 2003 ein Auskunftsersuchen der Kommission folgte. |
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(5) |
Am 11. November 2003 übermittelte Frankreich neue Informationen. Am 17. November 2003 wurde eine erneute technische Sitzung zwischen der Kommission, den französischen Behörden und Vertretern von EDF einberufen. Die französischen Behörden übermittelten am 20. November 2003 zusätzliche Informationen. |
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(6) |
Durch Entscheidung vom 16. Dezember 2003 (3) erklärte die Kommission die Beihilfemaßnahme, die EDF gewährt worden war, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und forderte die Beihilfe mit Zinsen zurück. Die Beihilfe wurde im Februar 2004 zurückbezahlt. |
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(7) |
Mit seinem Urteil vom 15. Dezember 2009 hat das Gericht die Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt (4). Daraufhin zahlte Frankreich den Beihilfebetrag, der 2004 zurückbezahlt worden war, erneut an EDF aus. |
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(8) |
Mit seinem Urteil vom 5. Juni 2012 hat der Gerichtshof das von der Kommission gegen das Urteil des Gerichts eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen (5). |
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(9) |
Mit Beschluss vom 2. Mai 2013 hat die Kommission das förmliche Prüfverfahren ausgeweitet („Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens“) (6). |
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(10) |
Am 1. Juli 2013 haben die französischen Behörden ihre Stellungnahme an die Kommission übermittelt. |
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(11) |
Mit Schreiben vom 13. August 2013 übermittelte die Kommission Frankreich die Stellungnahm eines einzigen Beteiligten, nämlich EDF, vom 29. Juli 2013, mit der Bitte, hierzu Stellung zu nehmen. Am 11. Oktober 2013 äußerte sich Frankreich zu der Stellungnahme von EDF. |
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(12) |
Am 18. Oktober 2013 übermittelte EDF der Kommission eine von einem Beratungsunternehmen (Oxera) angefertigte Studie vom 15. Oktober 2013. Am 22. Oktober 2013 übermittelte die Kommission diese Studie an Frankreich, mit der Bitte, hierzu Stellung zu nehmen. Diese Aufforderung zur Stellungnahme war jedoch mit dem Vorbehalt versehen, dass die Studie mehr als zweieinhalb Monate nach der im Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens festgelegten Frist übermittelt worden war und dass sie nach der Entscheidung, in EDF zu investieren, auf die sich Frankreich berief, erstellt worden war. Am 6. November 2013 nahm Frankreich zu der Studie Stellung. |
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(13) |
Ein Treffen zwischen der Kommission und den französischen Behörden fand am 14. November 2013 statt. Am 15. November 2013 bat die Kommission um neue Informationen und Klarstellungen in Bezug auf die Stellungnahme Frankreichs, die am 23. Dezember 2013 übermittelt wurde. |
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(14) |
Am 22. November 2013 übermittelte EDF der Kommission ein im Auftrag von EDF angefertigtes Rechtsgutachten als Ergänzung sowie zur Stützung der Stellungnahme vom 29. Juli 2013. |
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(15) |
Auf Ersuchen von EDF fand am 12. März 2014 ein Treffen mit der Kommission in Anwesenheit der französischen Behörden statt. |
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(16) |
Am 13. Mai 2014 ersuchte die Kommission Frankreich um Stellungnahme zu dem von EDF übermittelten Rechtsgutachten sowie um Klarstellungen und zusätzliche Informationen, die Frankreich mit Schreiben vom 19. Juni 2014 übermittelte. |
1. EINGEHENDE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
1.1. DER BEIHILFEEMPFÄNGER: EDF, ENTWICKLUNG VON RECHTSFORM UND KAPITAL
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(17) |
EDF wurde durch das Gesetz Nr. 46-628 vom 8. April 1946 über die Verstaatlichung von Strom und Gas („Gesetz Nr. 46-628“) gegründet, das durch den Wortlaut des Artikels 1 die Erzeugung, die Übertragung, die Verteilung, die Einfuhr und die Ausfuhr von Strom in Frankreich verstaatlicht hat. Dieses Gesetz übertrug die Verwaltung der verstaatlichten Elektrizitätsunternehmen einem staatlichen Industrie- und Handelsunternehmen mit dem Namen „Electricité de France (E.D.F.), Service National“. |
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(18) |
Artikel 16 des Gesetzes Nr. 46-628 sah vor, dass der Nettobetrag der an EDF übertragenen Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten deren Kapital bildete, dem Staat gehörte, unveräußerlich war und, im Fall von Betriebsverlusten, aus den Ergebnissen der späteren Geschäftsjahre wieder aufzustocken war. Gemäß Artikel 1 des Dekrets Nr. 56-493 vom 14. Mai 1956 über Kapitalerhöhungen bei EDF unterlagen diese den durch Artikel 16 des vorgenannten Gesetzes festgelegten Vorschriften. Gemäß Artikel 2 desselben Dekrets führen diese Erhöhungen zu Zins- und Dividendenzahlungen an den Staat. |
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(19) |
Gemäß dem Gesetz Nr. 46-628 war EDF ab der Gründung und auch noch im Jahr 1997 ein staatliches Industrie- und Handelsunternehmen, das nicht den Bestimmungen unterlag, die für Aktiengesellschaften gelten. Ein staatliches Industrie- und Handelsunternehmen hat kein Gesellschaftskapital, im Gegensatz zu einer Aktiengesellschaft des öffentlichen Rechts, die von ihren Aktionären gehalten wird (7). Trotz der Begriffe „Kapital“ und „Kapitalerhöhung“, die in den einschlägigen Texten verwendet werden, verfügt EDF aufgrund ihrer Rechtsform einer juristischen Person des öffentlichen Rechts über kein Gesellschaftskapital. Das Gesetz Nr. 2004-803 vom 9. August 2004 über die öffentliche Strom- und Gasversorgung und Unternehmen des Strom- und Gassektors („Gesetz Nr. 2004-803“) sah eine zukünftige Änderung dieser Rechtsform vor. Artikel 24 des Gesetzes Nr. 2004-803 legte fest, dass EDF, bei der mehr als 70 % des Kapitals vom Staat gehalten werden mussten, von den für Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen geregelt wird, sofern keine gegenteiligen Rechtsvorschriften vorliegen. Artikel 47 dieses Gesetzes sieht ebenso die spätere Umwandlung des staatlichen Unternehmens EDF in eine Aktiengesellschaft vor, vorbehaltlich der Veröffentlichung eines Dekrets über die neue Rechtsform. Artikel 46 legte fest, dass die Bilanz der Gesellschaft EDF zum 31. Dezember 2004 auf Grundlage der Bilanz per 31. Dezember 2003 und der Ergebnisrechnung für das Geschäftsjahr 2004 des öffentlichen Unternehmens EDF erstellt wird. |
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(20) |
Die Umwandlung von EDF in eine Aktiengesellschaft wurde in Umsetzung des Dekrets Nr. 2004-1224 vom 17. November 2004 über die Satzung der Aktiengesellschaft Electricité de France wirksam. Die Satzung im Anhang des Dekrets sah vor, dass EDF von nun an eine Aktiengesellschaft ist, die durch die für Handelsgesellschaften geltenden Gesetze und Verordnungen, und insbesondere das Handelsgesetzbuch, geregelt wird, sofern diesbezüglich nicht durch speziellere Bestimmungen, hierin eingeschlossen die Satzung selbst, etwas anderes festgelegt wird. |
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(21) |
Artikel 6 der Satzung der EDF sieht vor, dass das anfänglich vollständig vom Staat gehaltene Gesellschaftskapital auf den Betrag von 8,129 Mrd. EUR festgesetzt wurde, aufgeteilt in 1 625 800 000 Aktien zu jeweils 5 EUR. Das Gesellschaftskapital der neuen Aktiengesellschaft EDF wurde im November 2004 auf den Betrag festgesetzt, der dem Kapital und den bisher erfolgten Kapitalerhöhungen des staatlichen Industrie- und Handelsunternehmens EDF entsprach, d. h. auf 8,1 Mrd. EUR. Dieser aus Kapital und Kapitalerhöhungen bestehende Betrag wurde durch Umsetzung des Gesetzes Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 über verschiedene Wirtschafts- und Handelsmaßnahmen („Gesetz Nr. 97-1026“) erreicht und ist seit 1997 unverändert geblieben. |
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(22) |
Wie vom Gesetz Nr. 2004-803 und der Satzung von EDF festgelegt, musste — und muss — der Staat jederzeit mehr als 70 % des Gesellschaftskapitals halten. Im November 2005 wurden neue EDF-Aktien, die zur Notierung an der Euronext zugelassen waren, zu offenem Preis angeboten (Open Price Offer, „OPO“), wodurch das Kapital von EDF tatsächlich auch für andere Aktionäre als den Staat geöffnet wurde. |
1.2. BILDUNG VON BETRIEBSRÜCKLAGEN FÜR DIE ERNEUERUNG DES ALLGEMEINEN VERSORGUNGSNETZES
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(23) |
Das Gesetz Nr. 46-628 übertrug, gemäß den Bestimmungen in Artikel 36, der EDF die gesamten verstaatlichten Stromkonzessionen. Gemäß Artikel 37 des Gesetzes ist der Konzessionär im Hinblick auf diese Konzessionen zur Einhaltung eines Standard-Lastenhefts verpflichtet. Die auf diese Weise vom Staat an EDF übertragenen verschiedenen Konzessionen für die Stromübertragung wurden 1958 vereinheitlicht und in einer einzigen Konzession mit dem Namen „allgemeines Versorgungsnetz“ (RAG) zusammengefasst. |
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(24) |
Da es für die Konzessionen keine eigenen Buchhaltungsvorschriften gab, betrachtete sich EDF von 1946 an als Eigentümer der zu dem RAG gehörenden Vermögensgegenstände und trug diese auf der Aktivseite der Bilanz ein. In Anwendung des Artikels 8 des durch das Dekret Nr. 56-1225 vom 28. November 1956 angenommenen Lastenhefts ist EDF dazu verpflichtet, auf eigene Kosten alle Wartungs- und Erneuerungsarbeiten durchzuführen, die erforderlich sind, um die von der Konzession abgedeckten Anlagen in ordnungsgemäßem Betriebszustand zu erhalten. |
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(25) |
Infolge einer Änderung des allgemeinen Kontenrahmens im Jahr 1982, die spezielle Vorschriften für Vermögensgegenstände, die am Ende der Konzession an den Staat zurückfallen, festlegte, hat EDF im Jahr 1987 die Buchhaltungspraxis für die Vermögenswerte des RAG geändert, die bisher als eigene Vermögensgegenstände betrachtet worden waren, und hat diese Vermögenswerte unter dem Bilanzposten „konzessionierte Vermögenswerte“ aufgeführt. EDF hat somit auf diese Vermögenswerte die Sonderbuchhaltungsvorschriften angewendet, die in Frankreich für die konzessionierten Vermögenswerte gelten, die am Ende der Konzession an den Staat zurückgegeben werden müssen, und hat im Rahmen der Steuerfreigrenze Rücklagen für die Erneuerung des RAG gebildet. |
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(26) |
In einem Bericht des Jahres 1994 (8) war der Rechnungshof der Auffassung, dass es im Falle eines einzigen und dauerhaften Konzessionärs des Staates, der wie EDF per Gesetz betraut wurde, schwierig sei, die das RAG bildenden Vermögensgegenstände als Vermögenswerte zu betrachten, die am Ende der Konzession an den Staat zurückfallen müssen, im Gegensatz zu den eigenen, im Eigentum von EDF stehenden Vermögensgegenständen des RAG. Mit anderen Worten, die von EDF 1987 eingeführte buchhalterische Änderung, die sich durch die Bildung von Rücklagen im Rahmen der Steuerfreigrenze manifestierte, schien dem Rechnungshof nicht gerechtfertigt. Von dem Unternehmen und den zuständigen Verwaltungsbehörden wurden schnell Arbeiten zur Regelung der Situation von EDF aufgenommen. |
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(27) |
Im Jahr 1997 verzeichnete EDF in seiner Rechnungslegung zwei Arten von Rücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden: die noch nicht verwendeten Rücklagen in Höhe von 38,5 Mrd. FRF und die Ansprüche des Abtretenden, die den bereits durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen entsprechen, in Höhe von 18,345 Mrd. FRF. |
1.3. NEUEINSTUFUNG DER BETRIEBSRÜCKLAGEN
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(28) |
Das Gesetz Nr. 97-1026 hat den Status der das RAG bildenden Vermögensgegenstände geklärt. Artikel 2 des Gesetzes verfügt:
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(29) |
Bei allen das Kapital von EDF betreffenden Transaktionen ist auf das Gesetz zurückzugreifen. Denn in der im Jahr 1997 geltenden Fassung sah der Artikel 16 des Gesetzes Nr. 46-628 vor, dass das Kapital von EDF unveräußerlich war und dem Staat gehörte. Somit fallen die Kapitalerhöhungen von EDF, die aus der Neueinstufung der Rücklagen für die Erneuerung des RAG resultieren, im französischen Recht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes. |
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(30) |
Durch das Gesetz Nr. 97-1026 wird das Eigentum an den Vermögenswerten der RAG festgelegt. Die Bilanz von EDF wurde folglich durch das Gesetz Nr. 97-1026 neu organisiert. Die Rücklagen, die von EDF zwischen 1987 und 1996 für die Erneuerung des RAG im Hinblick auf eine Rückgabe dieser Vermögenswerte an den Staat gebildet worden waren, wurden — unabhängig davon, ob sie verwendet wurden oder nicht — gegenstandslos, wenn das Eigentum an den Vermögensgegenständen des RAG als EDF zustehend betrachtet wurde. |
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(31) |
In Anhang 1 eines an EDF gerichteten Schreibens des Ministers für Wirtschaft, Finanzen und Industrie, des Staatssekretärs für den Haushalt und des Staatssekretärs für Industrie vom 22. Dezember 1997 (nachstehend das „Schreiben des Wirtschaftsministers“) wird die Umstrukturierung des oberen Teils der Bilanz von EDF gemäß dem Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 erklärt:
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(32) |
Im Rahmen der Neuorganisation der Bilanz von EDF sind die französischen Behörden der Stellungnahme Nr. 97-06 des Nationalrates für Rechnungsführung vom 18. Juni 1997 in Bezug auf Änderungen der Buchungsmethoden, Änderungen der Schätzungen, Änderungen der steuerlichen Optionen und Korrekturen von Fehlern (im Folgenden „die Stellungnahme des Nationalrates für Rechnungsführung“) gefolgt, in der festgestellt wird, dass die Korrekturen von Buchungsfehlern, die sich aufgrund ihrer Art selbst auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, „im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden, in dem sie festgestellt werden“. |
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(33) |
Gemäß dem Gesetz Nr. 97-1026 und dem Schreiben des Wirtschaftsministers wurden die Wertberichtigungen ohne steuerliche Belastung in die Rubrik „Eigenkapital“ übertragen, weil sie Mehrwerten durch Wertberichtigung entsprachen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze oder im Rahmen eines Systems der steuerlichen Neutralität im Anschluss an die Wertberichtigungsgesetze von 1959 und von 1976 erzielt wurden. |
1.4. STEUERLICHE BELASTUNG DER NEUEINSTUFUNG DER BETRIEBSRÜCKLAGEN
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(34) |
In Anhang 3 des Schreibens des Wirtschaftsministers werden außerdem die steuerlichen Auswirkungen der Neuorganisation der Bilanz von EDF aufgeführt. Mit der Neueinstufung der nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung in Höhe von 38,5 Mrd. FRF in den Vortrag auf neue Rechnung wird eine Veränderung des Nettovermögens festgestellt, die der Körperschaftsteuer zu dem im Jahr 1997 anwendbaren Satz von 41,66 % unterliegt. Somit wurden die noch nicht verwendeten Rücklagen in Höhe von 38,5 Mrd. FRF von den französischen Behörden normal besteuert. Der ebenfalls im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildete und als Kapitalerhöhung konsolidierte Teil der Rücklagen, der den Ansprüchen des Abtretenden entspricht, wurde hingegen nicht besteuert. |
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(35) |
Eine von den französischen Behörden an die Kommission gerichtete Anmerkung der Generaldirektion Steuern vom 9. April 2002 weist darauf hin, dass „die Ansprüche des Abtretenden in Bezug auf das RAG eine ungerechtfertigte Schuld darstellen, die die Einbeziehung in das Kapital auf ungerechtfertigte Weise von der Steuer befreit hat“ und dass „diese Reserve vor ihrer Einbeziehung in das Kapital von der Passivseite der Unternehmensbilanz, wo sie zu Unrecht aufgeführt war, auf ein Konto der Nettosituation hätte übertragen werden müssen, was somit eine positive Veränderung des zu versteuernden Nettovermögens in Anwendung von Artikel 38-2“ der Steuerordnung zur Folge gehabt hätte. Sie stellen fest, dass „der so [1997 von EDF] erhaltene Steuervorteil mit 5,88 Mrd. FRF bewertet werden kann (14,119 × 41,66 %)“. |
2. EINLEITUNGSENTSCHEIDUNG
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(36) |
In ihrer Einleitungsentscheidung gelangte die Kommission zu der Schlussfolgerung, dass die regelwidrige Bildung zusätzlicher Rücklagen zur Erneuerung des RAG im Zeitraum von 1987-1996 zu einer Begünstigung von EDF im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV geführt hat. Diese Maßnahme hatte EDF einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil verschafft, der sich aus der Differenz zwischen dem kapitalisierten Wert der nicht entrichteten Körperschaftsteuer für die Rücklagen während dieses Zeitraums und dem Betrag der von EDF in 1997 entrichteten Körperschaftsteuer infolge des Inkrafttretens von Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 ergibt. |
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(37) |
Obwohl EDF in Frankreich bereits vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (9), die den Strommarkt liberalisierte, in einer Reihe von mit Monopolrechten versehenen Märkten tätig war, ist die Kommission der Auffassung, dass die betreffenden Beihilfemaßnahmen zugunsten von EDF den Wettbewerb verfälscht haben oder diesen zu verfälschen drohten und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigt haben. Dies ergab sich insbesondere aus der Tatsache, dass trotz der EDF für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten in Frankreich eingeräumten ausschließlichen Rechte in diesen Märkten dennoch ein bestimmtes Maß an Handel zwischen den Mitgliedstaaten herrschte. Zusätzlich bestand freier Wettbewerb in den damit verbundenen Märkten, in denen EDF ihre Tätigkeiten bereits über den Umfang ihrer ausschließlichen Rechte diversifiziert hatte, sowohl in geografischer Sicht als auch sektorbezogen. Diese Wirkungen waren bereits vor der Liberalisierung des Strommarktes zu spüren. |
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(38) |
Die Kommission gelangte außerdem zu der Schlussfolgerung, dass es sich um eine neue Beihilfe handelte, so dass zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht angenommen werden konnte, dass die in Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV genannten Bedingungen erfüllt waren. Die französischen Behörden haben sich zudem nicht auf die Anwendung der Bestimmungen des Artikels 106 Absatz 2 AEUV gestützt. |
3. STELLUNGNAHME EINES BETEILIGTEN
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(39) |
Mit Schreiben vom 6. Januar 2003 hat der Nationale Verband der unabhängigen Erzeuger von thermischem Strom (Syndicat National des Producteurs Indépendants d'Electricité Thermique, SNPIET) eine Stellungnahme im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens an die Kommission gerichtet. In Bezug auf die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer im Jahr 1997 für einen Teil der Rücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden, hat sich EDF dieser Stellungnahme zufolge im Rahmen ihrer Tätigkeiten nicht an die in den Industrie- und Handelsgesellschaften geltenden Vorschriften gehalten, im Gegensatz zu den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 46-628 vom 8. April 1946. |
4. STELLUNGNAHME FRANKREICHS ZUR ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
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(40) |
Die französischen Behörden haben ihre Stellungnahme mit Schreiben vom 11. Dezember 2002 an die Kommission übermittelt. Sie bestreiten den Charakter der staatlichen Beihilfe der Nichtzahlung der Körperschaftsteuer im Jahr 1997 für einen Teil der Betriebsrücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden. |
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(41) |
Die französischen Behörden bestreiten zunächst einmal die von der Kommission angegebene Höhe der Rücklagen für die Erneuerung des RAG. Die französischen Behörden behaupten anschließend, dass EDF selbst bei nicht vorhandenen Rücklagen für die Erneuerung des RAG aufgrund hoher steuerlicher Verlustvorträge nicht in der Lage gewesen wäre, die Körperschaftsteuer von 1987 bis 1996 zu zahlen. Da der Staat darüber hinaus gleichzeitig Eigentümer von EDF und Konzessionsbehörde für das RAG ist, waren die französischen Behörden der Ansicht, dass die Ansprüche des Abtretenden für diesen keine tatsächlich fällige Schuld darstellten. Folglich haben sie bei der Umstrukturierung der Bilanz im Jahr 1997 diese Ansprüche des Abtretenden dem Eigenkapital von EDF zugewiesen, um deren Unterkapitalisierung zu berichtigen, ohne für diese jedoch eine Körperschaftsteuer zu entrichten. |
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(42) |
Die französischen Behörden sind der Ansicht, dass die 1997 vorgenommene Bilanzumstrukturierung als eine zusätzliche Kapitalerhöhung um einen Betrag betrachtet werden kann, der der teilweisen Steuerbefreiung entspricht, deren Ziel auch eine Berichtigung der Unterkapitalisierung war. EDF und der Staat hätten eine Zuweisung der Quasi-Eigenmittel an Kapital, abgesehen von der Körperschaftsteuer, gewünscht. Es wäre als wirksamer und neutraler beurteilt worden, die Ansprüche des Abtretenden unmittelbar in Höhe des Gesamtbetrags den Eigenmitteln zuzuweisen als die gleichartige Transaktion durchzuführen, die darin bestand, eine Kapitalzuweisung über einen Nettobetrag nach Körperschaftsteuer vorzunehmen, die Zahlung der Körperschaftsteuer durch EDF in Höhe der Veränderung des Nettovermögens zu beantragen und schließlich eine zusätzliche Kapitalerhöhung in Höhe der bezahlten Steuer vorzunehmen. |
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(43) |
Die französischen Behörden sind der Auffassung, dass eine solche zusätzliche Kapitalerhöhung durch die von EDF im Jahr 1997 gebotenen Rentabilitätsaussichten gerechtfertigt war, die sich zudem in den folgenden Jahren konkretisierten. Unter vergleichbaren Umständen hätte gemäß den französischen Behörden ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger eine solche Kapitalerhöhung vorgenommen. |
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(44) |
Die französischen Behörden bestreiten außerdem, dass die Vergütung des Staates von 1987 bis 1996 infolge der Bildung der zur Debatte stehenden Rücklagen ungerechtfertigterweise verringert worden sei. Sie weisen darauf hin, dass, selbst wenn das Nettoergebnis höher war, die Vergütung des Staates nicht höher gewesen sei, da während dieses Zeitraums das Vergütungsniveau keinem vorher festgelegten Prozentsatz des Nettoergebnisses des Unternehmens entsprach. Dieses Niveau wurde frei vom Staat in absolutem Wert bestimmt und konnte nicht gemäß der finanziellen Situation des Unternehmens festgelegt werden. Darüber hinaus wurde diese Vergütung nicht obligatorisch auf die Nettogewinne jedes Geschäftsjahres erhoben. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Verlustvorträge von EDF unterstreichen die französischen Behörden, dass der Staat schließlich von 1987 bis 1996 eine Dividende erhoben hat, deren Niveau in beträchtlichem Maße die Grenzen des Gesellschaftsrechts überstiegen hat. |
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(45) |
Die französischen Behörden sind darüber hinaus der Meinung, dass, selbst wenn sich die Bildung der Rücklagen für die Erneuerung des RAG durch einen Vorteil geäußert habe, dieser durch die Erhöhung der im Jahr 1997 gezahlten Körperschaftsteuer als aufgehoben betrachtet werden müsste. Sie sind außerdem der Auffassung, dass EDF für den Zeitraum 1987-1996 dem Staat insgesamt eine Summe ausgezahlt hat, die höher war als die Körperschaftsteuer, die eine Handelsgesellschaft gezahlt hätte, die keine Rücklagen für die Erneuerung des RAG gebildet hätte und die ihrem Aktionär eine Dividende in Höhe von 37,5 % des Nettoergebnisses nach Steuer ausgezahlt hätte. |
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(46) |
Überdies sind die französischen Behörden der Meinung, dass, falls das Vorliegen eines ungerechtfertigten Vorteils festzustellen wäre, es sich hierbei um eine bestehende Beihilfe handeln würde und nicht um eine neue Beihilfe aufgrund der in Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (10) vorgesehenen zehnjährigen Verjährung, die ab der Bewilligung der ersten Beihilfeelemente läuft. Wird berücksichtigt, dass das erste Auskunftsersuchen der Kommission am 10. Juli 2001 erfolgte, so wären die eventuellen Beihilfeelemente, die vor 1991 gewährt wurden, verjährt. Die französischen Behörden sind der Meinung, dass die Intervention des Gesetzgebers im Jahr 1997 diese Verjährung nicht unterbrochen hat, da lediglich Maßnahmen der Kommission diese Auswirkungen haben können. Die französischen Behörden sind schließlich der Ansicht, dass es sich in jedem Fall insofern um eine bestehende Beihilfe handeln würde, als sie vor der Liberalisierung des Strommarktes bewilligt wurde. |
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(47) |
In ihrem Schreiben vom 20. November 2003 erinnern die französischen Behörden an ihre Argumente in Bezug auf die Wertberichtigungen, die im Betrag der Ansprüche des Abtretenden enthalten sind, der in den Gesellschaftsabschlüssen aufgeführt ist, und in Bezug auf die Anwendung der Verjährungsvorschrift. Darüber hinaus behaupten sie, dass der Körperschaftsteuersatz von 1996 (Satz von 36,67 %) und nicht von 1997 (Satz von 41,66 %) auf die Umstrukturierung der Bilanz von EDF hätte angewendet werden müssen. Sie sind tatsächlich der Meinung, dass diese Umstrukturierung im Rahmen einer am 23. Dezember 1997 abgegebenen Steuererklärung nach Abschluss des Geschäftsjahres 1996, jedoch vor Abschluss des Geschäftsjahres 1997 erfolgt ist. |
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(48) |
Die französischen Behörden bestreiten somit die Behauptung der Kommission, nach der EDF im Jahr 1997 von einem Vorteil profitiert habe, der sich daraus ergeben habe, dass EDF die Körperschaftsteuer für einen Teil der Rücklagen nicht gezahlt hat, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden. |
5. DIE URTEILE DER GERICHTE DER EUROPÄISCHEN UNION
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(49) |
In seinem Urteil vom 15. Dezember 2009 hat das Gericht die Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 für nichtig erklärt, mit der Begründung, dass es der Kommission obliege zu überprüfen, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger eine Investition in vergleichbarer Höhe unter ähnlichen Umständen getätigt hätte. Das Gericht ist der Auffassung, dass die Kommission hätte prüfen müssen, ob die Transaktion das Kriterium des Privatanlegers erfüllte. Das Gericht vertrat folglich die Ansicht, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen und Artikel 107 AEUV verletzt habe. |
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(50) |
In seinem Urteil vom 5. Juni 2012 hat der Gerichtshof das von der Kommission gegen das Urteil des Gerichts eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen. Der Gerichtshof war insbesondere der Auffassung, dass die von dem Gericht getroffene Feststellung, gemäß der die Pflicht der Kommission zur Prüfung, ob die Gelder von dem Staat unter den normalen Marktbedingungen entsprechenden Umständen zugeführt worden wären, unabhängig von der Form, in der die Gelder zugeführt worden waren, bestand, mit keinem Rechtsfehler behaftet war. Der Gerichtshof war zudem der Ansicht, dass die Bewertung des Gerichts, gemäß der das Kriterium des Privatanlegers auch in dem Fall anwendbar sei, in dem Mittel steuerlicher Art verwendet wurden, ebenfalls mit keinem Rechtsfehler behaftet ist. |
6. BESCHLUSS ÜBER DIE AUSWEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENs
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(51) |
Als Folge der Aufhebung der Entscheidung vom 16. Dezember 2003 muss die Kommission einen neuen Beschluss gemäß Artikel 266 AEUV und Artikel 13 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 annehmen, um das Verfahren abzuschließen, und sich dabei an die durch das Urteil des Gerichtshofs endgültig festgelegten Rechtsaspekte halten. Da die Entscheidung vom 16. Dezember 2003 für nichtig erklärt worden war, musste die Kommission die Angelegenheiten in Bezug auf die Artikel 3 und 4 dieser Entscheidung erneut prüfen. |
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(52) |
Zum einen waren weder der Gerichtshof noch das Gericht der Auffassung, dass die Einleitungsentscheidung eine Unregelmäßigkeit aufwies. Sie kann folglich die Grundlage für einen neuen abschließenden Beschluss bilden. Zum anderen hat der Gerichtshof Kriterien für die Anwendbarkeit und die Anwendung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers festgelegt. Diese Kriterien stützen sich insbesondere auf das Vorliegen von objektiven und prüfbaren Elementen, die zeigen, dass der Mitgliedstaat eine gute Entscheidung getroffen hat, eine Investition in ein staatlich geführtes Unternehmen vorzunehmen, und sich auf wirtschaftliche Bewertungen zu stützen, die vergleichbar mit denjenigen sind, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger vor einer Investition hätte erstellen lassen, um deren zukünftige Rentabilität festzulegen (11). |
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(53) |
In dem Beschluss über die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens merkte die Kommission an, dass in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens kein Beweis, Nachweis oder Dokument die Behauptung der französischen Behörden stützen konnte, gemäß der die Buchhaltungsreform von 1997 einer zusätzlichen Kapitalerhöhung um einen Betrag, welcher der teilweisen Steuerbefreiung entspricht, gleichkäme. Im Gegensatz zu den Stellungnahmen der französischen Behörden war ebenfalls nicht ersichtlich, dass eine solche Kapitalerhöhung keine Beihilfe, sondern eine Investition sei, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger unter vergleichbaren Umständen getätigt hätte und die durch die von EDF im Jahr 1997 gebotenen Rentabilitätsaussichten gerechtfertigt war, die sich zudem in den folgenden Jahren konkretisierten. |
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(54) |
Demzufolge präzisierte die Kommission in ihrem Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens im Hinblick auf die verfügbaren Informationen und Unterlagen ihre vorläufige Ermittlung eines möglichen wirtschaftlichen Vorteils aufgrund der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer durch EDF im Jahr 1997 für den Teil der Rücklagen, die den 14,119 Mrd. FRF der Ansprüche des Abtretenden, die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, entsprechen. |
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(55) |
In diesem Zusammenhang schien die umfassende Bewertung des Sachverhalts darauf hinzuweisen, dass diese Maßnahme unter die öffentliche Staatsgewalt fiel und daher die Anwendbarkeit des Prinzips des Privatanlegers ausschloss. Denn die französischen Behörden hatten zur Stützung ihrer Behauptungen weder Informationen vorgelegt noch einen entsprechenden Geschäftsplan vor oder parallel zu der Entscheidung, keine Steuer in Bezug auf EDF zu erheben, wodurch die Rentabilität einer solchen Maßnahme belegt würde. In materieller Hinsicht merkte die Kommission im Hinblick auf die von dem Gerichtshof dargelegten Kriterien an, dass Frankreich ordnungsgemäß das Datum der gelieferten Unterlagen beibringen sollte sowie den Beweis, dass diese von den zuständigen Ministern und Beamten und den Versammlungen des Parlaments vor der Verabschiedung der streitigen Entscheidung geprüft worden waren. |
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(56) |
Dagegen hat Frankreich anscheinend, bei Fehlen dieser Elemente, in Ausübung der steuerlichen Zuständigkeit, eine abweichende steuerliche Behandlung angewendet in Bezug auf die Umstrukturierung des oberen Teils der Bilanz von EDF betreffend die Neueinstufung der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden gemäß Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026. Keine ausdrückliche Haushaltsbestimmung sieht eine Vor-Zuweisung dieser Steuereinnahme zugunsten von EDF vor, ebenso wurden keine Vorschriften oder Kontrollen in Bezug auf Investitionen umgesetzt, um eine rechtliche Grundlage für diese angebliche Investition zu liefern. |
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(57) |
Weiterhin merkte die Kommission im Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens ergänzend an, dass, selbst wenn das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers anwendbar gewesen wäre, die Anwendung des Prinzips in diesem Stadium zu der Schlussfolgerung geführt hätte, dass ein Privatanleger im Jahr 1997 keine 5,88 Mrd. FRF in eine Kapitalerhöhung von EDF investiert hätte. In Ermangelung der von den französischen Behörden übermittelten Elemente, schien ausgeschlossen, dass ein privater Aktionär unter normalen Marktbedingungen die vermeintliche Investition vorgenommen hätte, ohne zuvor objektive und zuverlässige Studien geprüft zu haben, die vorzugsweise von einem neutralen dritten Investitionsberater erstellt wurden, als z. B. von dem begünstigten Unternehmen, und die vor allem die Rendite in Bezug auf das investierte Kapital, die Ertragsaussicht dieser Investition und die eigentlichen Risiken insgesamt sowie in Bezug auf die mit einer solchen Investition verbundenen Vergütungsmodalitäten zeigten. |
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(58) |
In diesem Zusammenhang fügte die Kommission noch hinzu, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger vor dem Anlegen seiner Gelder die Unsicherheit in Bezug auf die Höhe und die Entwicklung der Belastungen durch die Finanzierung von Renten, die EDF im Jahr 1997 in Anwendung des speziellen Systems zu tragen hatte, geprüft hätte, sowie die Bewertung, die ein Anleger zu dieser Zeit daraus entnehmen konnte. |
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(59) |
Unter diesen Bedingungen erschien die teilweise Befreiung von der Körperschaftsteuer im Jahr 1997 nicht als produktive Investition seitens des Aktionärs Staat sondern eher als eine Ausnahmeregelung steuerlicher Art, die EDF einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft haben konnte. |
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(60) |
Es erschien zudem, dass die Nichterhebung der von EDF geschuldeten Körperschaftsteuer staatliche Mittel ins Spiel brachte und in der Lage war, den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, sodass die anderen Bedingungen für die Anwendung des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllt waren. |
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(61) |
In Ermangelung einer rechtlichen Grundlage, welche die Vereinbarkeit einer die Position von EDF gegenüber den Wettbewerbern stärkenden Betriebsbeihilfe mit dem Binnenmarkt belegen könnte, brachte die Kommission in ihrem Beschluss vom 2. Mai 2013 Zweifel in Bezug auf die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt zum Ausdruck. Ähnliche Zweifel wurden bereits bei der Einleitungsentscheidung vorgebracht. |
7. STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER
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(62) |
Mit Schreiben vom 29. Juli 2013 hat EDF eine Stellungnahme zum Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens übermittelt. EDF formuliert drei wesentliche Kritikpunkte im Hinblick auf die in dem Beschluss vorgebrachte Argumentation: i) der Beschluss ignoriert die Erkenntnisse des Gerichtsurteils und verkennt die tatsächliche Art der von dem Staat eingeleiteten Rekapitalisierung von EDF, ii) der Beschluss ist zu formalistisch und postuliert zu Unrecht die Notwendigkeit eines Geschäftsplans in Zusammenhang mit der Investition, wohingegen die Rekapitalisierung das Ergebnis einer ausgereiften und geplanten Überlegung ist, wie zahlreiche Unterlagen dieser Zeit belegen und iii) der Beschluss postuliert, ohne dies zu belegen, dass kein Anleger, der sich in einer Situation befindet, die dem Staat so nahe wie möglich kommt, eine vergleichbare Investition getätigt hätte, im Gegensatz zu den Tatsachen, die EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme liefert. |
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(63) |
Für EDF setzt die Kommission somit die Prüfung der von dem französischen Staat im Jahr 1997 ergriffenen Maßnahme durch das alleinige Prisma von deren angeblichen steuerlichen Auswirkungen fort, während das Gericht diesen Ansatz eindeutig verworfen hat. Wie das Gericht bestätigt hat, stellt die von dem Staat durchgeführte Maßnahme, wenn er eine Neueinstufung der Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen vorgenommen hat, eine Rekapitalisierung von EDF dar, die dazu dient, das Ungleichgewicht der Bilanz von EDF unter der Perspektive der Öffnung der Energiemärkte für den Wettbewerb zu korrigieren. Das Schreiben des Ministers für Wirtschaft vom 22. Dezember 1997 enthält keine andere steuerliche Entscheidung als das Gesetz von 1997, dient aber dazu, dessen steuerliche Auswirkungen festzustellen. Es ist einzig und allein diese Maßnahme der Rekapitalisierung, die geprüft werden sollte, und nicht die angeblichen steuerlichen Auswirkungen, die in dem Beschluss über die Ausweitung des förmlichen Prüfverfahrens künstlich davon abgetrennt werden. |
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(64) |
Gemäß EDF fordert die Rechtsprechung keinen speziellen Geschäftsplan für die Investition und legt diesbezüglich keine Formalitäten fest, sondern verlangt frühere oder aktuelle, objektive und überprüfbare Elemente in Bezug auf die geprüfte Maßnahme. Im Übrigen wäre ein solcher Geschäftsplan für den Staat 1997 nicht erforderlich gewesen. Dieser verfügte über fünf Vertreter im Verwaltungsrat von EDF, hielt seit 1946 das gesamte Kapital von EDF und kannte in dem relevanten Zeitraum das Unternehmen bestens und war in dessen Geschäftsführung und Festlegung seiner strategischen Ausrichtungen mit langfristiger Perspektive eingebunden. EDF zufolge wäre eine solche langfristige Perspektive im Fall von EDF wegen der Kapitalintensität von deren Geschäftstätigkeit und der Anlagenlebensdauer von mehreren Jahrzehnten, die in bestimmten Fällen 30 bis 75 Jahre beträgt, besonders relevant. |
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(65) |
Für EDF hat der Staat, wie es aus zahlreichen Unterlagen dieser Zeit hervorgeht, als Aktionär und nicht als öffentliche Gewalt eine Investition auf der Grundlage von genauen prospektiven Analysen und Bewertungen vorgenommen. So wären seit 1995 Maßnahmen in Gang gesetzt worden, bei denen die EDF und die zuständigen Ministerien eingebunden wurden, um die Konsequenzen aus der unter Erwägungsgrund 26 genannten Stellungnahme des Rechnungshofes zu ziehen. Diese Maßnahmen erstreckten sich somit insbesondere auf die Neuorganisation der Bilanz des Unternehmens und die Rentabilität des Kapitals. Sie führten am 8. April 1997 zu der Unterzeichnung eines Werkvertrags für den Zeitraum 1997-2000 zwischen dem Staat und EDF sowie gleichzeitig am 2. April 1997 zu der Einbringung eines Gesetzentwurfs mit verschiedenen wirtschaftlichen und finanziellen Bestimmungen, dessen Artikel 45 die Bestimmungen von Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 genau wiedergibt. Die Vorbereitungen der Nationalversammlung und des Senats und sogar das Gesetz selbst zeigten laut EDF, dass die Art der Intervention des Staates die eines Aktionärs ist: eine Kapitalerhöhung zur Rekapitalisierung von EDF. |
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(66) |
Wie es rund 40 Dokumente aus dieser Zeit, die EDF den Aufzeichnungen beifügte, belegen, wurde der Staat bei seinen Analysen und Erwägungen von vier wesentlichen Anliegen geleitet:
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(67) |
Schließlich ist für EDF das Kriterium des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers nicht nur wegen der dargelegten Erwägungen anwendbar, sondern es ist außerdem in diesem Fall erfüllt, da der Staat gehandelt hat, wie es ein Privatanleger getan hätte. Für EDF geht es gemäß dem Gerichtshof (Randnummern 78 und 89 des Urteils) darum zu ermitteln, ob EDF unter normalen Marktbedingungen denselben Vorteil hätte erlangen können wie den Vorteil, der ihm durch die Mittel des Staates verschafft worden war, und ob dieser wegen seiner Auswirkungen in der Lage ist, den Wettbewerb zu verfälschen oder zu drohen, ihn zu verfälschen. |
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(68) |
Diesbezüglich würde durch zahlreiche Unterlagen aus der Zeit belegt, dass der Staat die Rentabilität seiner Investition sehr wohl geprüft und berechnet hat, wie es ein alleiniger Anlegeraktionär des Unternehmens getan hätte, und dabei eine langfristige Perspektive entwickelt hatte. Auf dieser Grundlage wurde die Vergütung des Staates in dem Werkvertrag 1997-2000 der EDF festgelegt, eine Vergütung, die zu der Zeit den Vergütungen von Aktionären vergleichbarer Gesellschaften entsprach. Die Schätzungen der Beträge, die EDF von 1997 bis 2000 an den Staat zu bezahlen hätte, wurden von diesem vor Vertragsabschluss überprüft. |
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(69) |
Überdies nahm EDF in ihrer Stellungnahme vom Juli 2013 eine bei Oxera in Auftrag gegebene Studie vorweg, die noch nicht abgeschlossen war, als EDF die Stellungnahme vorlegte. EDF führte an, dass die Oxera-Studie die erwartete interne Rendite der Investition des Staates im Jahr 1997 mit der von den Kapitalmärkten für eine vergleichbare Investition geforderten Rendite vergleichen und aufzeigen würde, dass ein Privatanleger die Investition gemäß den in dem Werkvertrag 1997-2000 festgelegten Bedingungen getätigt hätte. |
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(70) |
EDF übermittelte der Kommission am 18. Oktober 2013 kommentarlos diese vom 15. Oktober 2013 (12) datierende Oxera-Studie. Wie EDF in der Stellungnahme vom Juli 2013 vorwegnahm, kam die Oxera-Studie zu der Schlussfolgerung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger in die Aufstockung des Betrags der Kapitalerhöhungen bei EDF investiert hätte. Diese Schlussfolgerung geht aus der Tatsache hervor, dass die Rentabilität (interner Zinsfuß), die ein solcher Anleger 1997 erwarten konnte, sich in einer Spanne zwischen 35 % und 15 % belief und 27 % im Durchschnitt über einen Zeithorizont von fünf Jahren betrug, d. h. in allen Fällen über der Rentabilität von 12,7 % lag, die ein solcher Anleger gefordert hätte. Die Rendite wurde unter Berücksichtigung des Wertes, am Anfang und Ende des Zeitraumes, der Veräußerung der von dem Staat gehaltenen Rechte an EDF berechnet. |
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(71) |
EDF ist der Ansicht, dass abgesehen von der Schwäche der Eigenmittel die wirtschaftlichen Grundlagen von EDF im Jahr 1997 gesund waren, wie dies die Analysten der damaligen Zeit belegten, die zum Zeitpunkt, als der Staat die Investition tätigte, keinen Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit oder den wirtschaftlichen Perspektiven aufkommen ließen. Die Bonitätseinstufung von EDF war ausgezeichnet (Aaa bei Moody's zwischen 1992 und 1997, AAA bei Standard & Poor's von 1996-1997) und wäre es auch geblieben, selbst wenn sie um ein oder zwei Stufen hätte gesenkt werden müssen, um der staatlichen Garantie Rechnung zu tragen, die EDF als staatliches Industrie- und Handelsunternehmen genoss. Es geht aus mehreren Unterlagen dieser Zeit hervor, dass die Höhe der Vergütung, die der französische Staat von EDF erhielt, vergleichbar zu der Dividendenrendite der Gesellschaften des CAC40 (4,5 % bis 5 % des Kapitals) sowie der im Energiesektor in Europa tätigen Unternehmen (4,7 % und 5,27 %, so die jeweiligen Schätzwerte für 1996 und 1997) war. Dies würde zudem belegen, dass EDF denselben Kapitalbetrag auf dem Kapitalmarkt hätte erhalten können, sodass die Maßnahme nicht wegen ihrer Auswirkungen in der Lage war, den Wettbewerb zu verfälschen. |
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(72) |
EDF ist insbesondere der Ansicht, dass ein Privatanleger, der das Gesamtkapital einer Tochtergesellschaft hält, in der Lage gewesen wäre, unter vergleichbaren Bedingungen eine vergleichbare Investition in die besagte Tochtergesellschaft zu tätigen, indem eine an dieser gehaltene Forderung, egal welcher Art, in Kapital umgewandelt wurde. Diese Analyse wurde von einem im Auftrag von EDF angefertigten Rechtsgutachten bestärkt. In dem Versuch, einer nicht im richtigen Verhältnis stehenden Finanzstruktur aufgrund der Eigenkapitalschwäche im Vergleich zu der finanziellen Verschuldung abzuhelfen, hätte der Staat dem Unternehmen auch ermöglicht, mit anderen großen Wirtschaftsteilnehmern des Sektors in der Union in Wettbewerb zu treten. Dieser Aktionär hätte folglich nicht wissentlich ein deutliches Ungleichgewicht in der Bilanz seiner Tochtergesellschaft mit gesunden wirtschaftlichen Grundlagen bestehen lassen, während er über ein bequemes Mittel verfügte, um diesem Ungleichgewicht abzuhelfen, in dem er eine Forderung in Kapital umwandelte. |
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(73) |
Für EDF besteht folglich Grund zu der Annahme, dass ein Privatanleger in einer Situation, die der des Staates so nahe wie möglich kommt, d. h. ein Aktionär, der 100 % an dem Unternehmen hält, in Entwicklung einer langfristigen Perspektive in einem stark kapitalistischen Markt, der vor der Öffnung für den Wettbewerb steht, dieselbe Investition getätigt hätte. |
8. STELLUNGNAHME FRANKREICHS ZU DEM BESCHLUSS ÜBER DIE AUSWEITUNG DES VERFAHRENS
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(74) |
Die französischen Behörden sind in erster Linie der Auffassung, dass der Staat als marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger gehandelt hat, als er, im Rahmen der Körperschaftsteuerfreigrenze, die Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen von EDF neu einstufte. Sie sind der Ansicht, dass im Gegensatz zu der Darstellung, die in der Einleitungsentscheidung vom 16. Oktober 2002 und dem Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens vom 2. Mai 2013 erfolgte, die von der Kommission zu prüfende Maßnahme eine einmalige Maßnahme zur Rekapitalisierung von EDF über den Weg der Annahme des Artikels 4 des Gesetzes Nr. 9-1026 ist, und keine Maßnahme der Bewilligung einer Steuerfreigrenze für die Neueinstufung der Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen, die von dem Wortlaut des besagten Gesetzes zu trennen wäre. Sie stützen sich auf die Informationen aus mehreren der Stellungnahme beigefügten Unterlagen aus den Jahren 1996 und 1997, die ihnen zufolge diese Behauptung untermauern und bekräftigen. Diese Unterlagen sind in den Erwägungsgründen 87 bis 108 genannt. Für die französischen Behörden bestärken zudem weitere von EDF vorgelegte Unterlagen die Stellungnahme Frankreichs. |
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(75) |
Zudem erinnern die französischen Behörden daran, dass sie den Betrag der Beihilfe anfechten, und bekräftigen ihre Stellungnahme vom 20. November 2003, gemäß der der für die Steuer anzuwendende Steuersatz derjenige von 1996 und nicht derjenige von 1997 sein müsste, wie unter Erwägungsgrund 47 dargelegt. |
Zu der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers
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(76) |
Die französischen Behörden bestreiten, dass die strittige Steuerbefreiung unter die öffentliche Staatsgewalt Frankreichs fiel, wodurch das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers unanwendbar wird. Sie sind der Auffassung, dass das Gericht von dem Mitgliedstaat nicht verlangt, einen tatsächlichen Geschäftsplan für die strittige Maßnahme vorzulegen. |
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(77) |
In dieser Hinsicht erinnern sie erstens daran, dass EDF im Jahr 1997 ein staatliches Industrie- und Handelsunternehmen war, das unter Aufsicht des Staates stand, der aus diesem Grund eine gute Kenntnis von dem Unternehmen sowie von seiner industriellen Strategie und seinen finanziellen Perspektiven hatte. Sie sind folglich der Auffassung, dass die vorgelegten Informationen und Bewertungen, über die der Staat vor dem Ergreifen der strittigen Maßnahme verfügte, welche die Rentabilität der Investition belegen, zulässig sind. Die Kommission muss eine umfassende Analyse durchführen, die insbesondere diese Elemente sowie alle anderen relevanten Details einschließt. |
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(78) |
Zweitens sind die französischen Behörden unter Berücksichtigung der Natur und des Gegenstands von Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 der Ansicht, dass der Staat in seiner Eigenschaft als Aktionär gehandelt habe, indem er eine Steuerbefreiung für die Neueinstufung der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden gewährte. So war diesem Gesetz am 8. April 1997 die Unterzeichnung des Werkvertrags für den Zeitraum 1997-2000 zwischen dem Staat und EDF vorangegangen, dessen Durchführung die Verabschiedung von gesetzgeberischen Maßnahmen für die Umstrukturierung der Bilanz voraussetzte. Zuvor hatten die zuständigen Behörden EDF in einem Schreiben vom 12. Juli 1996 mitgeteilt, dass dieser Vertrag für EDF ein ehrgeiziges Ziel in Bezug auf die Vergütung des Staates festlegen musste. Titel III des Vertrags sah also eine Vergütung des Staates vor, die sich aus zwei Elementen ergab: i) eine Vergütung der Kapitalerhöhungen zu einem Festsatz von 3 % und ii) eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 40 % des buchhalterischen Nettoergebnisses von EDF, wobei jedoch der kombinierte Betrag beider Elemente 6 % des Betrags der Kapitalerhöhungen nicht überschreiten durfte. |
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(79) |
Der Staat habe diese Vergütung in Form von Dividendenperspektiven geprüft, die zusätzliche Vergütung habe er mit einem Betrag von 3,5 Mrd. FRF beziffert, der innerhalb des Zeitraums bis zu 6 Mrd. FRF erreichen konnte, wie es ein Schreiben vom 22. April 1997 der zuständigen Behörden an EDF belegt. Diese Schätzung basierte auf den wirtschaftlichen und finanziellen Perspektiven, die EDF am 19. Februar 1997 an die Dienststellen des Ministeriums für Finanzen übermittelt hatte, sowie auf den Hypothesen des Werkvertrags. Der Bericht über das Gesetz Nr. 97-1026 des Berichterstatters im Senat von September 1997 schloss auch Analysen der Dienststellen des Ministeriums über die erwartete Auswirkung auf die Vergütung des Aktionärs Staat für 1998 ein, nämlich 2,6 Mrd. FR, davon 1,5 Mrd. FRF feste Zinsen und 1,1 Mrd. FRF zusätzliche Vergütung. Der Staat habe folglich die zukünftigen Vergütungsaussichten geschätzt, bevor er die betreffende Maßnahme verabschiedete, wie jeder Aktionär, der an einer Kapitalerhöhung seines Unternehmens beteiligt sein möchte. |
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(80) |
Drittens sind die französischen Behörden der Auffassung, dass die Neueinstufung der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden und, im weiteren Sinne, die Umstrukturierung der Bilanz von EDF und die Stärkung der Eigenmittel die Schwäche der Finanzstruktur des Unternehmens beseitigten. Hätte diese Schwäche fortbestanden, wäre EDF wahrscheinlich mit einer Erhöhung des Schuldzinssatzes und Schwierigkeiten mit den Geschäftspartnern wegen eines negativen Bildes des Kontrahentenrisikos konfrontiert worden. Diese Besorgnis des Aktionärs Staat ginge aus der Begründung des Artikels 4 des Gesetzentwurfs zu dem Gesetz Nr. 97-1026 sowie aus der Rede des zuständigen Ministers, der den Gesetzentwurf am 2. Oktober 1997 vor dem Senat vorstellte, hervor. |
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(81) |
Die Berichte des Abgeordneten und des Senators, die jeweils vor der Nationalversammlung bzw. dem Senat über den Gesetzentwurf Bericht erstatteten, betonten zudem die positive Auswirkung der Umstrukturierung der Bilanz von EDF auf die Schuldenquoten im Vergleich zum Eigenkapital: Der erste Bericht beurteilte diese (24,2 Mrd. FRF) als unzulänglich im Vergleich zu den aufgenommenen Schulden (131,9 Mrd. FRF) und dem Nettovermögen (696,4 Mio. FRF); die Stärkung des Eigenkapitals verschaffe EDF eine Bilanzstruktur, die mehr der Vermögensrealität entspreche und ermögliche passendere Vergleiche mit den europäischen Wettbewerbern; der zweite Bericht betonte zusätzlich den positiven Effekt einer größeren Glaubwürdigkeit in der Finanzwelt und bei potenziellen Partnern. Für die französischen Behörden entspricht die Stärkung der Finanzstruktur eines Unternehmens einem Anliegen eines marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers, der sich in einer vergleichbaren Situation befindet. |
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(82) |
Daraus ginge den französischen Behörden zufolge hervor, dass das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers sehr wohl anwendbar sei, da der Staat in seiner Eigenschaft als Aktionär gehandelt habe, indem er ohne Abzug von Steuern die Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen von EDF neu einstufte. |
Zu der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers
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(83) |
Zunächst erinnern die französischen Behörden daran, dass der Werkvertrag zwischen dem Staat und EDF eine Vergütung des Staates vorsah, die sich aus zwei Elementen ergab: i) eine Vergütung der Kapitalerhöhungen zu einem Festsatz von 3 % und ii) eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 40 % des buchhalterischen Nettoergebnisses von EDF, was belege, dass dem Staat Informationen über die zu erwartende Rendite des investierten Kapitals vorlagen. Wie es zudem der vorgenannte Bericht des Abgeordneten der Nationalversammlung bestätige, hatte die Neueinstufung der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden als Kapital, unter Berücksichtigung der Existenz eines Festsatzes bei den Kapitalerhöhungen, den Effekt einer Erhöhung des Absolutwertes der Vergütung des Staates aufgrund der breiteren Bemessungsgrundlage. |
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(84) |
Weiterhin sind die französischen Behörden der Auffassung, dass die Rentabilität der Investition in EDF im Jahr 1997 in Anbetracht der zukünftigen Zahlungen an den Staat und des Wertzuwachses des Unternehmens mit einer langfristigen Perspektive zu erwägen war. Zu den positiven Nettoergebnissen nach Steuern und Vergütungen an den Staat (1,4 Mrd. außer den 2,5 Mrd. FRF Vergütung an den Staat in 1998) kämen in dem Zeitraum 1997-2000 eine Generierung bedeutender Mittel von beinahe 70 Mrd. FRF hinzu, wie dies der Werkvertrag vorsah. Wie in dem Schreiben von EDF vom 19. Februar 1997 betont, hatte der Staat sehr wohl ein Ziel für den Zuwachs des Vermögenswertes des Unternehmens festgelegt, der mit diesem Betrag beziffert war und sich aus der Entschuldung, der Bildung von Vermögen und den Entwicklungsinvestitionen ergab, die Perspektiven auf einen Zuwachs des Kapitalwertes von EDF gaben. |
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(85) |
Schließlich habe der Aktionär Staat bei der Bewertung der Investitionsrisiken die Merkmale der überwiegenden Geschäftstätigkeit von EDF berücksichtigt, die hauptsächlich in Frankreich stattfindet und auf einem Prinzip geregelter Tarife zur Deckung der Kosten des Unternehmens beruht. Diese Merkmale verringerten das mit der Investition verbundene Risiko und folglich die Anforderung an die Rentabilität. Eine am 15. September 1997 an den Senat übermittelte Anmerkung von EDF vom 27. Juli 1996 belege überdies, dass die Vergütungen der Aktionäre in ausländischen Unternehmen sich je nach dem institutionellen und rechtlichen Umfeld des Sektors in jedem Land deutlich unterscheiden. |
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(86) |
Daraus ginge gemäß den französischen Behörden hervor, dass der Staat ein Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers gezeigt habe, als er ohne Abzug von Körperschaftsteuer die Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen neu einstufte. Diese Schlussfolgerung werde außerdem durch die Stellungnahme von EDF, einschließlich der Studien und Analysen, auf die sie sich stützt und auf die in den Erwägungsgründen 62 bis 73 eingegangen wird, bestärkt. Insbesondere in Bezug auf die von EDF übermittelte Wirtschaftsstudie von Oxera vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass die Kommission dieselbe Analyse durchführen muss, um zu ermitteln, ob die Rekapitalisierung von EDF durch den Staat im Jahr 1997 einer umsichtige Investition darstellt oder nicht. |
Von Frankreich übermittelte Unterlagen zur Stützung seiner Stellungnahme
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(87) |
Zur Stützung ihrer Erwiderung auf den Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens haben die französischen Behörden in der Anlage zu ihrer Stellungnahme vom 1. Juli 2013 neun Dokumente an die Kommission übermittelt. Diese neun Dokumente werden zur Stützung ihrer bereits in der Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 enthaltenen Behauptung vorgelegt, gemäß der eine zusätzliche Kapitalerhöhung in Höhe des Ertrages der nicht erhobenen Steuer durch die von EDF im Jahr 1997 gebotenen Rentabilitätsaussichten gerechtfertigt war, die sich zudem in den folgenden Jahren konkretisierten. Unbeschadet der von Frankreich in seiner Stellungnahme vorgebrachten Elemente sollte eine systematische Analyse der Hauptelemente in diesen Unterlagen vorgenommen werden. |
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(88) |
Die Unterlagen betreffen entweder die Vorbereitung oder Durchführung des Werkvertrags zwischen dem Staat und EDF für den Zeitraum 1997-2000 oder die Diskussion des Gesetzentwurfs zu dem Gesetz Nr. 97-1026. Es handelt sich um Unterlagen aus den Jahren 1996 und 1997, die folglich aus der Zeit der vermeintlichen Investitionsentscheidung stammen. Genauer gesagt, handelt es sich bei diesen Unterlagen um den Werkvertrag 1997-2000 (13), die Schreiben der zuständigen Minister an das Unternehmen (14), die Schreiben des Unternehmens an die Verwaltungen des Ministeriums oder des Senats (15) und um Unterlagen und zwei Berichte der Nationalversammlung und des Senats in Vorbereitung der Diskussion über den Gesetzentwurf (16). Der Inhalt der Unterlagen wird nachstehend genauer dargelegt. |
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(89) |
In einem Schreiben an den Vorstand von EDF vom 12. Juli 1996 äußern die zuständigen Minister ihre Zufriedenheit über die Ergebnisse des Planvertrags 1993-1996 zwischen EDF und dem Staat und leiten angesichts des Vertragsablaufs am 31. Dezember 1996 die Vorbereitung des Planvertrags 1997-2000 ein. Außerdem wird in dem Schreiben angegeben, dass die Festlegung der finanziellen Gleichgewichte des Planvertrags 1997-2000 in einem neuen Rahmen erfolgen musste, der die buchhalterische und steuerliche Situation infolge der seit 1995 durchgeführten Maßnahmen normalisierte. Das Schreiben forderte dazu auf, Aktionen und Gespräche zwischen den verantwortlichen Stellen in Gang zu setzen, und teilte dem Unternehmen die drei erstrangigen Ziele mit, die bei dem zukünftigen Vertrag zu berücksichtigen waren:
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(90) |
Infolge der Vorbereitungsarbeiten des Vertrags übermittelte der Finanzdirektor von EDF am 19. Februar 1997 an den Direktor des Schatzamtes eine Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997. Die Anmerkung enthielt die wesentlichen Hypothesen des Finanzszenarios in Zusammenhang mit dem Werkvertrag für den Zeitraum 1997-2000 zwischen EDF und dem Staat und schloss insbesondere die jährlichen Ergebnisrechnungen und die veranschlagten Finanzaufstellungen für den Zeitraum ein. |
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(91) |
Die Anmerkung sah eine jährliche Tarifsenkung (– […] (*1) %, – […] %, – […] %, – […] %), industrielle Entwicklungsinvestitionen in Höhe von […] FRF, davon […] FRF im internationalen Bereich, sowie Investitionen in Höhe von […] FRF in die Haupttätigkeit für den Zeitraum 1997-2000 vor. Eine steuerlich abzugsfähige Vergütung der Kapitalerhöhungen in Höhe von 3 % in Bezug auf eine geschätzte Bemessungsgrundlage von 50 Mrd. FRF nach Umstrukturierung der Bilanz sowie von 40 % des Ergebnisses nach dem festen Vergütungsanteil und der Körperschaftsteuer wird auch angesprochen. Die Schulden am Jahresende, die sich Ende 1996 auf […] FRF beliefen, sollten Ende 2000 […] FRF betragen. Ebenso sollte der Saldo der Schulden abzüglich Vermögenswerten, der Ende 1996 […] FRF betrug, Ende 2000 […] FRF betragen. |
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(92) |
Unter den Unterlagen, die von den französischen Behörden im Anhang zu ihrer Stellungnahme übermittelt wurden, ist die Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997, die am folgenden Tag an die zuständigen Behörden übermittelt wurde, das einzige Dokument, das systematische Vorhersagen und Prognosen sowie Zahlen der betrieblichen Wirtschafts- und Finanzergebnisse von EDF enthält. Auf der Grundlage dieser Prognosen von Februar 1997 konnte der Aktionär Staat eine Vergütung für das investierte Kapital in Höhe von 2,1 Mrd. FRF im Jahr 1997, 2,5 Mrd. FRF im Jahr 1998, 2,4 Mrd. FRF im Jahr 1999 und 2,4 Mrd. FRF im Jahr 2000 erwarten, d. h. durchschnittlich 2,35 Mrd. FRF pro Jahr. Die in der Anmerkung angegebene veranschlagte Ergebnisrechnung von EDF 1997-2000 gab Folgendes an: Aufstellung 1 Veranschlagte Ergebnisrechnung von EDF 1997-2000 (Mrd. FRF (jeweiliger Kurs))
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(93) |
Wie in der Anmerkung von EDF angegeben, war die dem Staat bezahlte Vergütung steuerlich abzugsfähig. Dies stellt eine Abweichung von dem Prinzip dar, gemäß dem die Körperschaftsteuer auf das Ergebnis des Unternehmens nach Abschreibungen und Zinsen erhoben wird, was das Nettoergebnis und folglich den Betrag, der für die eventuelle Auszahlung von Dividenden bestimmt ist, verringert. Diese Ad hoc-Abweichung stellte eine potenzielle Erhöhung der an den Aktionär Staat bezahlten Vergütung dar, verringerte aber ebenso die an den einziehenden Staat zu entrichtende Steuer. In ihrer Erwiderung vom 23. Dezember 2013 geben die französischen Behörden an, dass die Vergütung der Kapitalerhöhungen ab 2001 einer Dividende nach allgemeinem Recht gleichgestellt wurde und demzufolge die steuerliche Abzugsfähigkeit abgeschafft wurde. Diese Regel der Gleichsetzung wurde für den auf den Vertrag 1997-2000 folgenden Konzernvertrag zwischen EDF und dem Staat für den Zeitraum 2001-2003 angewendet. |
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(94) |
Am 8. April 1997 wurde der Werkvertrag für den Zeitraum 1997-2000 zwischen dem Staat und EDF abgeschlossen und von den zuständigen Ministern sowie dem Vorstand und Generaldirektor von EDF unterzeichnet. Der Vertrag legte die Hauptausrichtungen fest, die EDF mittelfristig umsetzen sollte, enthielt die jeweiligen Verpflichtungen der Unterzeichneten und erinnerte daran, dass diese Verpflichtungen unter Zugrundelegung umfangreicher Hypothesen eingegangen wurden und nur bei einer bedeutenden Änderung in Bezug auf das Umfeld des Unternehmens in Frage gestellt werden konnten. Der Vertrag enthielt in drei Titeln verschiedene Verpflichtungen: Die wesentlichen Aufgaben eines staatlichen Unternehmens stärken (Titel I), bereits heute die Zukunft des Unternehmens vorbereiten (Titel II) und das Unternehmen in einen neuen finanziellen und institutionellen Rahmen einbetten (Titel III). Zwei Anhänge zu dem Vertrag gaben Details zu den bei der Durchführung überwachten Leistungsindikatoren (Anhang I) und den jährlich vorgesehenen Tarifbewegungen zwischen 1997 und 2000 (Anhang II) an. |
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(95) |
Die in dem Vertrag festgehaltenen wesentlichen Verpflichtungen und Ausrichtungen in Zusammenhang mit dem Gegenstand des vorliegenden Beschlusses sind nachstehend aufgeführt, und zwar:
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(96) |
Ein Schreiben der mitunterzeichneten Minister des Werkvertrags an den Vorstand von EDF vom 22. April 1997 bestätigt den einvernehmlichen und endgültigen Charakter der Hypothesen und Finanzprognosen in der Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997, die dem Werkvertrag 1997-2000 zugrunde liegen. Das Schreiben bezieht sich nämlich ausdrücklich auf die vorherige Abstimmung zwischen EDF und den öffentlichen Behörden bei der Ausarbeitung des Finanzszenarios. Es übernimmt das Ziel einer durchschnittlichen Senkung der Tarife von EDF um […] % über vier Jahre. |
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(97) |
Das Schreiben vom 22. April 1997 erwähnt die Bestimmungen des Dekrets vom 14. Mai 1956 in geänderter Fassung und die in Titel III des Werkvertrags festgelegten Bestimmungen für die an den Staat bezahlte Vergütung. Übereinstimmend mit diesen Bestimmungen gibt das Schreiben an, dass „aus dem Bezugsszenario ein zusätzlicher Vergütungsbetrag hervorgeht, in Höhe von 3,5 Mrd. FRF für den Zeitraum“ 1997-2000 und dass diese Bedingungen es möglich machten, einen Gesamtbetrag der Zahlungen an den Staat in Höhe von 5,1 Mrd. FRF im Jahr 1997 zu erreichen, hierin eingeschlossen der Festzins und der Abschlag auf die Körperschaftsteuer. Diese Beträge entsprechen denjenigen in der Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997. Die Übereinstimmung der Beträge der anhand der Unternehmensergebnisse berechneten zusätzlichen Vergütung bestätigt, dass alle Arten von Beträgen (Einkünfte, Ausgaben, Nettoergebnis usw.), die in dem voraussichtlichen Betriebsergebnis von EDF für den Zeitraum 1997-2000 angeführt sind, geprüft, validiert und von den zuständigen Behörden vorgemerkt waren. |
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(98) |
Das Schreiben der zuständigen Minister vom 22. April 1997 hebt zudem hervor, dass die grundlegenden Gleichgewichte des Vertrags in Zusammenhang mit dem buchhalterischen und steuerlichen Rahmen der Umstrukturierung der Bilanz von EDF standen, die unter dem Vorbehalt der notwendigen rechtlichen Bestimmungen am 1. Januar 1997 in Kraft treten sollte. In diesem Hinblick führt das Schreiben an, dass „die ausführlichen Bestimmungen zur Umsetzung dieser Umstrukturierung im buchhalterischen und im steuerlichen Bereich das Thema zusätzlicher Austausche — auf der Grundlage des von nun an festgelegten Schemas — zwischen den zuständigen Behörden und dem Unternehmen sein werden“. |
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(99) |
Tatsächlich hatte die Regierung kurz vor diesem Schreiben der Nationalversammlung einen am 5. April 1997 im Ministerrat verabschiedeten Gesetzentwurf mit verschiedenen wirtschaftlichen und finanziellen Bestimmungen vorgelegt, dessen Artikel 45 die Neueinstufung der Betriebsrücklagen von EDF vorsah. Die Begründung dieses Entwurfs erläuterte, dass die vorgesehenen buchhalterischen Anpassungen EDF ermöglichen würden, eine Bilanz vorzuweisen, die besser der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage entsprach, mit einem dem Volumen der Geschäftstätigkeit angepassten Eigenkapitalniveau. Der Gesetzentwurf wurde wegen der Auflösung der Nationalversammlung am 21. April 1997 nicht mehr geprüft. |
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(100) |
Nach der Übermittlung des später als Gesetz Nr. 97-1026 verabschiedeten Gesetzentwurfs mit dringenden Maßnahmen steuerlicher und finanzieller Art an das Parlament ernannten die Nationalversammlung und der Senat ihre Berichterstatter. Der Bericht Nr. 204 der Nationalversammlung beschreibt die zugrunde liegende Historie der Notwendigkeit, den vermögensrechtlichen Status der Stromübertragungsanlagen von EDF festzulegen, wodurch die von dem Rechnungshof in seinem Sonderbericht Nr. 1993 über die Konzessionen von EDF vom 10. Oktober 1994 beanstandeten buchhalterischen Praktiken hinfällig würden. Er erläutert die notwendigen buchhalterischen Änderungen und beziffert die geschätzten Auswirkungen auf die verschiedenen Bilanzposten wie folgt: Aufstellung 2 Auswirkungen der Neuorganisation der Eigenmittel von EDF gemäß dem Artikel 4 des MUFF-Gesetzes auf die Bilanz von 1996 (Mrd. FRF)
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(101) |
Der Bericht der Nationalversammlung hebt die Auswirkungen des Gesetzentwurfs hervor, damit die Vergleiche mit den Schuldenquoten anderer europäischer Wettbewerber (Österreich, Großbritannien, Schweden, Spanien, Deutschland) angemessener sind: nach Umstrukturierung der Bilanz sinkt die Quote Nettoschulden/Eigenkapital von EDF von 480 % auf 148 %. |
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(102) |
Außerdem betont der Bericht der Nationalversammlung die Veränderungen bei den finanziellen Beziehungen zwischen dem Staat und EDF. Er erläutert die rechtlichen Regelungen und die Vergütung der Kapitalerhöhungen bei EDF, die durch das Dekret Nr. 56-493 vom 14. Mai 1956, geändert durch das Dekret Nr. 86-1360 vom 30. Dezember 1986, geregelt werden. Diese Regelungen sehen eine Vergütung zu einem festen Satz mit einer Obergrenze von 8 % sowie eine zusätzliche Vergütung auf das Ergebnis von EDF nach Steuern und Festzins vor. Die in dem Bericht aufgeführten, von EDF für den Zeitraum von 1991 bis 1996 geleisteten Zahlungen erreichten in diesem Zeitraum im Durchschnitt 3,41 Mrd. FRF pro Jahr; in Bezug zu dem Eigenkapital Ende 1996 wiesen diese Zahlungen eine durchschnittliche laufende Rentabilität von 14,1 % für den Aktionär Staat aus (19); diese Zahlungen sind in der nachstehenden Aufstellung zusammengefasst: Aufstellung 3 Finanzielle Beziehungen zwischen dem Staat und EDF (in Mio. FRF (jeweiliger Kurs))
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(103) |
Der Bericht der Nationalversammlung führt in Bezug auf die in der Bilanz von EDF vorgesehenen Änderungen an, dass „da die Kapitalerhöhungen die Bemessungsgrundlage des Festzinses sind, deren durch den vorliegenden Artikel eingeleitete Erhöhung die Steuerlast für EDF zu erhöhen droht. Folglich ist in dem am 8. April 1997 unterzeichneten Vertrag 1997-2000 zwischen Staat und Unternehmen eine Änderung der Vergütungsbedingungen vorgesehen. Der Festzinssatz wird auf 3 % gesenkt, um die Wirkung der Bemessungsgrundlage zu kompensieren.“ Der Bericht weist außerdem darauf hin, dass EDF trotz der Gewinne seit dem Jahr 1990 keine Körperschaftsteuer entrichtet hatte und dass der Anstieg der Rücklagen in Zusammenhang mit der RAG-Konzession die Bereinigung der aufgelaufenen buchhalterischen und steuerlichen Verlustvorträge auf neue Rechnung ermöglichte. Aus diesem Grund beruft sich der Bericht darauf, dass das staatliche Unternehmen (EDF) gemäß dem zuständigen Ministerium 3 Mrd. FRF im Jahr 1997 und 2,5 Mrd. FRF im Jahr 1998 im Rahmen der Körperschaftsteuer zu entrichten habe. |
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(104) |
Der Bericht der Nationalversammlung erinnert an die Prüfung eines vorgelegten parlamentarischen Änderungsantrags zu dem Wortlaut des Gesetzes, der im Ausschuss abgelehnt worden war. Der Änderungsantrag sollte festlegen, dass die freigegebenen Betriebsrücklagen durch eine Buchung, die nicht in die Ergebnisrechnung von EDF einfließen sollte, in Eigenkapital umgewandelt werden mussten, um zu vermeiden, dass ein bedeutender Gewinn ausgewiesen wurde, den der Staat teilweise einziehen könnte. Hierfür sah der Änderungsantrag vor, das buchhalterische Vorgehen in das Gesetz zu integrieren und festzulegen, dass keine zusätzliche Steuererhebung bei EDF durch den Staat anlässlich der Eigentumsübertragung an den Vermögensgegenständen des RAG erfolgen durfte. Der Bericht hält fest, dass „die Einbindung des buchhalterischen Vorgehens zur Umwandlung der Rücklagen in Eigenkapital in das Gesetz auf Aufforderung des Staatsrates verworfen wurde, da es keinen gesetzgeberischen Charakter hatte“; bei der Debatte führt der Bericht mehrere parlamentarische Meinungen an, gemäß denen der Staat weitere Steuererhebungen bei EDF durchführen können sollte, das Unternehmen müsse die Steuer im Rahmen seiner Gewinne entrichten und die eigentliche Frage sei „zu wissen, wie viel die Regierung in Bezug auf EDF erhebe und in welcher Weise“. |
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(105) |
Der im Hinblick auf die Debatte des Gesetzentwurfs abgefasste Bericht des Senats seinerseits führt den ungerechtfertigten Charakter der Bildung von Betriebsrücklagen für die Erneuerung des RAG seit 1987 an. Die Rede des verantwortlichen Ministers vor dem Senat am 2. Oktober 1997 anlässlich der Vorstellung des Gesetzentwurfs unterstreicht die aus steuerlicher Sicht „fiktive“ Natur der Verluste von EDF und der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer, die mit diesen Rücklagen verknüpft sind. Der Minister beruhigte den Senat in seiner Rede über die Tatsache, dass die Verfügung keineswegs das Monopol, über das EDF verfügte, in Frage stellte. Der Senat stellte die Auswirkungen des geprüften Artikels auf die Posten der Bilanz von EDF — vor und nach Neueinstufung der Rücklagen — dar, mit Zahlenangaben, die analog zu den in dem Bericht der Nationalversammlung geprüften und in der vorstehenden Aufstellung 2 aufgeführten Zahlen sind. Der Bericht legt dar, dass die Nachbesserung der Bilanz den Vergleich mit den Bilanzen der Wettbewerber von EDF leichter machen würde; dies gebe EDF eine größere Glaubwürdigkeit in der Finanzwelt, was besonders wichtig ist, weil die Kosten für die Neuaushandlung der Schulden insbesondere von der Quote Nettoschulden/Eigenkapital abhängen. |
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(106) |
Im Rahmen der „Klärung“ der finanziellen Beziehungen zwischen EDF und dem Staat führt der Bericht des Senats an, dass „im Gegenzug zu den Steuereinnahmen, die das staatliche Unternehmen dem Staat künftig verschafft, in dem am 8. April 1997 unterzeichneten Werkvertrag für die Jahre 1997-2000 eine leichte Kürzung der Zahlungen von EDF an den Staat vorgesehen ist“. Als Folge der positiven Steuerveranlagung der Rücklage für die Erneuerung in Höhe von 38,5 Mrd. FRF, auf die EDF Körperschaftsteuer zu entrichten hat, so legt der Bericht des Senats dar, „wurden die finanziellen Beziehungen zwischen dem Staat und EDF nach unten korrigiert“. |
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(107) |
Die sonstigen von Frankreich vorgelegten Unterlagen umfassen ein Schreiben der Leitung Finanzen von EDF zur Übermittlung an die Senatsverwaltung vom 15. September 1997. Dem Schreiben von EDF sind eine Aufstellung mit der Bezifferung der Auswirkungen des Artikels 4 des Gesetzentwurfs und den Auswirkungen auf die Bilanz, eine Kopie der Anweisung vom 27. Juli 1993 über die Konzessionen der Stromverteilung und eine interne Anmerkung von EDF mit Erwägungen zu den ausländischen Erfahrungen bezüglich der Vergütung für Aktionäre im Stromsektor vom 27. Juli 1996 beigefügt. Das letztgenannte Dokument erläutert die wesentlichen bei der Vergütung des Aktionärs anzuwendenden Prinzipien, die Unterschiede und die Rentabilitätszahlen bei gewissen Unternehmen des Sektors: 60-80 % Gewinne in den Vereinigten Staaten, 40 % bei National Power und Power Gen, 78 % bei Union Fenosa und 30 % bei Endesa, was dem spanischen Staat eine Rentabilität von 28 % im Zeitraum 1991-1996 verschafft hatte, unter Berücksichtigung der Dividenden und der Bewertung des Aktienkurses. |
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(108) |
Trotz zwei anderen, von EDF in dem Schreiben vom 15. September 1997 an den Senat übermittelten Dokumenten wurden die in der Anmerkung vom 27. Juli 1996 aufgeführten Prinzipien, die Zahlenangaben und deren Anwendung im Hinblick auf die Vergütung für den Aktionär seitens EDF in dem Bericht des Senats weder analysiert noch angegeben. Dagegen legt der Bericht des Senats — wie auch derjenige der Nationalversammlung — dar, dass die vorgesehene Kürzung der von EDF an den Staat zu leistenden Zahlungen im Rahmen der von dem Aktionär Staat vorgenommenen Kapitalerhöhungen durchgeführt wurde: „um die Aufstockung der Kapitalerhöhungen zu berücksichtigen, die der vorliegende Artikel auslösen sollte“. |
9. WETTBEWERBSRECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN: VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE
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(109) |
In Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist festgelegt: „Soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. Die Anwendung dieser kumulativen Bedingungen auf die Steuerbefreiung, die Frankreich EDF bewilligte, wird nachstehend geprüft. |
9.1. SELEKTIVER VORTEIL FÜR EIN UNTERNEHMEN
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(110) |
Da das Gesetz Nr. 97-1026 festlegte, dass EDF als Eigentümer des RAG angesehen wird, dessen Konzession EDF erteilt worden war, empfiehlt es sich zu überprüfen, ob dieses Gesetz nicht eine Eigentumsübertragung des RAG impliziert. |
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(111) |
Gemäß den von den französischen Behörden übermittelten Informationen kann EDF, vor dem Inkrafttreten des besagten Gesetzes, vernünftigerweise als Eigentümer des RAG angesehen werden. Diese Schlussfolgerung stützt sich auf die folgenden Elemente: die Merkmale der verschiedenen Arten von Konzessionsverträgen im französischen Recht, die besonderen Merkmale der ursprünglichen Konzession an EDF, die keine präzise Rückabtretungsklausel enthielt, das Verfahren zum Erwerb der betreffenden Vermögenswerte, für die EDF eine ähnliche Gebühr bezahlen musste wie eine Enteignungsentschädigung, und die Finanzierungsbedingungen für die Instandhaltung und Entwicklung des RAG auf Kosten von EDF. Folglich scheint die „Klärung“ der Eigentumsfrage des RAG, die durch das Gesetz Nr. 97-1026 erfolgt, in sich keinen wirtschaftlichen Vorteil zugunsten von EDF darzustellen. |
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(112) |
Es muss folglich untersucht werden, ob das Gesetz Nr. 97-1026 sämtliche steuerlichen Konsequenzen aus dieser Klärung in Bezug auf die Eigentumsfrage des RAG gezogen hat und ob es, unter der Annahme, dass dies nicht der Fall wäre, keinen steuerlichen wirtschaftlichen Vorteil zugunsten von EDF gegeben hat. |
9.1.1. Der Verzicht auf die Erhebung der von EDF geschuldeten Steuer stellt prima facie einen selektiven Vorteil dar.
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(113) |
Während des Zeitraums 1987-1996 hat EDF Rücklagen im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet, deren Regelwidrigkeit von dem Rechnungshof betont wurde. Durch den Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026, der EDF als Eigentümer des RAG ansieht, wurden diese Rücklagen gegenstandslos und mussten folglich unter anderen Bilanzposten eingestuft werden. |
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(114) |
Das Schreiben des Ministers für Wirtschaft, in dem die steuerlichen Auswirkungen der Umstrukturierung der Bilanz von EDF festgestellt werden, zeigt, dass die französischen Behörden auf die nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung des RAG den 1997 geltenden Körperschaftsteuersatz von 41,66 % angewendet haben. |
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(115) |
Dagegen wurde der Teil dieser Rücklagen, der den bereits durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen entspricht, der auch als die Ansprüche des Abtretenden bezeichnet wird, unter Kapitalerhöhungen in Höhe von 14,119 Mrd. FRF neu eingestuft. Auf diese Neueinstufung der Rücklagen wurde keine Körperschaftsteuer erhoben. Die Steuerbehörde erkennt selbst die Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme an, wie aus einer an die Kommission gerichteten Anmerkung der Generaldirektion Steuern vom 9. April 2002 hervorgeht, die unter Erwägungsgrund 35 angeführt wird. |
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(116) |
Gemäß der Stellungnahme des Nationalrates für Rechnungsführung müssen die Korrekturen von Fehlern im Ergebnis des Geschäftsjahres, in dem sie festgestellt werden, verbucht werden. Wenn andererseits für die nicht verwendeten Rücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze in Höhe von 38,5 Mrd. FRF gebildet worden waren, eine Körperschaftsteuer zu einem Satz von 41,66 % im Jahr 1997 erhoben wurde, gibt es keinen objektiven Grund dafür, dass der andere Teil der im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Rücklagen nicht zum gleichen Satz besteuert wurde. |
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(117) |
Die Ansprüche des Abtretenden hätten gleichzeitig und zum gleichen Satz wie die anderen im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen besteuert werden müssen. Dies bedeutet, dass die 14,119 Mrd. FRF an Ansprüchen des Abtretenden den 38,5 Mrd. FRF an nicht verwendeten Rücklagen hätten hinzugefügt werden müssen, um dann zu dem Satz von 41,66 % besteuert zu werden, der für die Umstrukturierung der Bilanz von EDF angewendet wurde. Indem EDF nicht die gesamte, bei der Umstrukturierung der Bilanz fällige Körperschaftsteuer entrichtet hat, hat EDF im Rahmen der fälligen Steuer 5 882 849 762 FRF gespart. |
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(118) |
Die steuerliche Maßnahme hatte Auswirkungen, durch die EDF 1997 begünstigt wurde, denn der in dem Betrag von 14,119 Mrd. FRF enthaltene Betrag der Steuerbefreiung von 5,88 Mrd. FRF wurde in der Bilanz von EDF als Ansprüche des Abtretenden verbucht, die von dem Staat bei der Umsetzung des Gesetzes Nr. 97-1026 mit rückwirkender Wirkung zum 1. Januar 1997 neu eingestuft wurden. Die steuerlichen Auswirkungen des Gesetzes sind in dem Schreiben des Ministers für Wirtschaft, ebenfalls mit Wirkung vom 1. Januar 1997 erläutert. |
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(119) |
Die französischen Behörden behaupten, dass EDF selbst bei nicht vorhandenen Rücklagen für die Erneuerung des RAG aufgrund steuerlicher Verlustvorträge nicht in der Lage gewesen wäre, die Körperschaftsteuer von 1987 bis 1996 zu zahlen. Dieses Argument ist nicht stichhaltig. Der Steuervorteil stammt aus dem Jahr 1997 und nicht aus den früheren Jahren. Zudem haben die regelwidrigen Rücklagen teilweise zu den steuerlichen Verlustvorträgen geführt. Die steuerlichen Verlustvorträge wären von 1987 bis 1996 schrittweise verschwunden, sodass im Jahr 1997 der Betrag der von EDF geschuldeten Steuer deutlich über dem tatsächlichen Betrag gelegen hätte, selbst ohne Berücksichtigung der Nichtentrichtung der Steuer für die Neueinstufung der Ansprüche des Abtretenden. |
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(120) |
Die französischen Behörden sind außerdem der Meinung, dass, wenn sich die Bildung der Rücklagen für die Erneuerung des RAG durch einen Vorteil geäußert habe, dieser durch die Erhöhung der im Jahr 1997 gezahlten Körperschaftsteuer als aufgehoben betrachtet werden müsste. Wie die französischen Behörden dies in ihrer unter Erwägungsgrund 35 zitierten Anmerkung vom 9. April 2002 selbst angeben, wurden die nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung normal besteuert, wohingegen die Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, ohne der Körperschaftsteuer zu unterliegen. Die von EDF im Jahr 1997 gezahlte Steuer ist somit niedriger als die normalerweise geschuldete Steuer. |
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(121) |
Die französischen Behörden behaupten außerdem, dass EDF für den Zeitraum 1987-1996 dem Staat insgesamt eine Summe ausgezahlt hat, die höher war als die Körperschaftsteuer, die eine Handelsgesellschaft gezahlt hätte, die keine Rücklagen für die Erneuerung des RAG gebildet hätte und die ihrem Aktionär eine Dividende in Höhe von 37,5 % des Nettoergebnisses nach Steuer ausgezahlt hätte. Überdies hätte der Körperschaftsteuersatz von 1996 und nicht von 1997 auf die Umstrukturierung der Bilanz von EDF angewendet werden müssen. |
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(122) |
Einerseits ist der Nationalrat für Rechnungsführung, wie unter den Erwägungsgründen 32 und 116 erläutert, der Ansicht, dass die Buchungsfehler im Laufe des Geschäftsjahres, in dem sie festgestellt wurden, korrigiert werden müssen. Die Rücklagen für die Erneuerung des RAG, die infolge des Gesetzes Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 gegenstandslos geworden sind, müssten im Laufe des Geschäftsjahres 1997 neu eingestuft werden und somit zu dem in diesem Geschäftsjahr anwendbaren Körperschaftsteuersatz besteuert werden. Andererseits haben die französischen Behörden selbst den Körperschaftsteuersatz von 1997 auf den Teil der Rücklagen, der besteuert wurde, angewendet, wie unter Erwägungsgrund 34 dargelegt wurde. |
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(123) |
Die Nichtentrichtung von 5 882 849 762 FRF Körperschaftsteuer durch EDF im Jahr 1997 stellt einen wirtschaftlichen Vorteil für dieses Unternehmen dar. EDF konnte diesen Betrag zur Erhöhung des Eigenkapitals verwenden, ohne externe Finanzierungsmittel in Anspruch zu nehmen. Wenn die geschuldete Steuer tatsächlich bezahlt worden wäre und die Erhöhung des Eigenkapitals durch die Betriebsergebnisse des Unternehmens finanziert worden wäre, hätte dieses seine Kosten senken, seine Einkünfte erhöhen oder auf Investitionsausgaben verzichten müssen. Indem EDF über Beträge verfügte, die im Rahmen der Körperschaftsteuer an den französischen Staat zu bezahlen gewesen wären, wurde EDF durch eine nur auf sie angewendete Maßnahme begünstigt, die EDF im Vergleich zu französischen Unternehmen in vergleichbarer Situation einen Vorteil verschaffte, welche die Körperschaftsteuer auf Neueinstufungen unberechtigter Rücklagen in Anwendung des Artikels 38-2 der 1997 geltenden der Steuerordnung zu entrichten hatten, wie unter Erwägungsgrund 35 erläutert wurde. |
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(124) |
In der Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 hat Frankreich jedoch die Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers geltend gemacht. Wie die Gerichte der Europäischen Union in Erinnerung rufen, insbesondere in ihren unter den Erwägungsgründen 7 und 8 erwähnten Urteilen, hätte in dem vorliegenden Fall eine zusätzliche Kapitalerhöhung zugunsten von EDF, die der geschuldeten Steuer entspricht, dem dadurch begünstigten Unternehmen keine Vergünstigungen gebracht, indem es ihm einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV verschafft, wenn nämlich festgestellt wurde, dass ein hypothetischer privater Aktionär in EDF, unter vergleichbaren Bedingungen und in ähnlicher Situation, unter Berücksichtigung des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers, einen gleichen Betrag investiert hätte. |
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(125) |
Der Gerichtshof hat unter Randnummer 99 seines vorgenannten Urteils vom 5. Juni 2012 dargelegt, dass das Gericht durch das angefochtene Urteil weder über die Anwendbarkeit des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers im vorliegenden Fall noch über das Ergebnis einer eventuellen Anwendung dieses Kriteriums eine Vorentscheidung getroffen hatte. Folglich empfiehlt es sich, nacheinander die Anwendbarkeit und die Anwendung dieses Prinzips auf den Sachverhalt zu prüfen und hierbei insbesondere die von dem Gerichtshof dargelegten Kriterien zu berücksichtigen. |
9.1.2. Zu der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers
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(126) |
Um die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers zu ermitteln, empfiehlt es sich, im Rahmen einer allgemeinen Bewertung festzustellen, ob die Steuerbefreiung von der Französischen Republik in der Eigenschaft als Aktionär oder in der Eigenschaft als öffentliche Staatsgewalt bewilligt wurde. Der Gerichtshof hält in seinem Urteil vom 5. Juni 2012 mehrere bei dieser allgemeinen Bewertung zu berücksichtigende Elemente fest. Diese Elemente, die nachstehend im Hinblick auf die Umstände des Falles umfassender geprüft werden, sind Folgende:
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(127) |
In ihrer unter Erwägungsgrund 42 erwähnten Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 machen die französischen Behörden geltend, dass es als wirksamer und neutraler für EDF beurteilt worden wäre, die Ansprüche des Abtretenden unmittelbar in Höhe des Gesamtbetrags den Eigenmitteln zuzuweisen, ohne die Körperschaftsteuer zu entrichten. Jedoch wird in keinem Dokument aus einer früheren Zeit oder aus der betreffenden Zeit der vermeintlichen Entscheidung, das von Frankreich oder von EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme zum Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens übermittelt wurde, direkt oder indirekt die vermeintliche Investitionsentscheidung, ihre Auswirkungen, Vorteile und Nachteile oder die vergleichbare Entscheidung, den Betrag der Kapitalerhöhungen durch Nichterhebung der Steuer zu erhöhen, erwähnt. Die von den französischen Behörden übermittelten, unter den Erwägungsgründen 87 bis 108 genannten Unterlagen erwähnen und, a fortiori, analysieren nicht die dem Staat entstehenden Vorteile und Nachteile in Zusammenhang mit der Entscheidung, keine Körperschaftsteuer auf den Teil der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden zu erheben, der gemäß dem Gesetz Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 unter Kapitalerhöhungen von EDF neu eingestuft wurde. |
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(128) |
Frankreich muss bei Zweifeln bezüglich der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers, so wie sie von der Kommission vorgebracht wurden, eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass die durchgeführte Maßnahme in der Eigenschaft als Aktionär getroffen wurde. Nun, angesichts der vorgelegten Elemente hat es den Anschein, dass die Entscheidung, eine Investition zu tätigen und auf die Erhebung der im Prinzip von EDF geschuldeten Steuer zu verzichten, als stillschweigend getroffene Entscheidung angesehen werden muss, ohne eine begründete Rechtshandlung, durch die der genaue Inhalt dieser Entscheidung, die Gründe und die Rechtsgrundlage, die diese stützt, sowie durch welche zuständige Behörde und an welchem Datum sie getroffen wurde, erkannt oder nachgeprüft werden können. Angesichts der Elemente, die von dem Gerichtshof zur Prüfung der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers vorgebracht wurden, nämlich insbesondere die Notwendigkeit, über objektive und nachprüfbare Elemente, eine tatsächlich umgesetzte Maßnahme oder vorherige wirtschaftliche Bewertungen zu verfügen, muss das Fehlen von Bezugnahmen oder materiellen Beweisen als erster Hinweis für die Nicht-Anwendbarkeit dieses Prinzips betrachtet werden. |
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(129) |
Da keine Unterlagen vorliegen, in denen die angegebene Entscheidung rückverfolgbar wird, empfiehlt sich eine Beschreibung der eventuellen Investitionsmaßnahme, die der französische Staat durchgeführt hätte. Im vorliegenden Fall war der Gerichtshof der Auffassung, dass anhand des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers festgestellt werden können muss, ob ein privater Aktionär unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, 5,88 Mrd. FRF zugeführt hätte. Eine Investition durch Frankreich würde den Verzicht auf die Einziehung dieses Betrages im Hinblick auf die Erzielung eines Gewinns, der die ursprünglich aufgewendeten Mittel übersteigt, darstellen. Folglich ist die Analyse im Vergleich zu dem Betrag der geschuldeten Körperschaftsteuer durchzuführen. |
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(130) |
In dieser Hinsicht stellt sich das Fehlen von Studien, Bezugnahmen oder speziellen Analysen zu der Rentabilität der Investition über den Betrag der Steuerbefreiung als schwierig dar, um die Auswirkungen der angeführten Investition aus den von Frankreich oder von EDF übermittelten Informationen herauszuarbeiten. Diese Schwierigkeit ist nicht unüberwindbar, da für die Analyse bei den meisten relevanten Faktoren zur Prüfung der Anwendbarkeit und der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers angenommen wird, dass die Erhöhung der Kapitaleinlage von EDF um den nicht erhobenen Steuerbetrag durch Rechte, die mit dem Paket der Kapitalerhöhungen verbunden waren, begünstigt wurde. Wenn die Erhöhungen mit einem bestimmten Satz vergütet wurden, musste somit dieser Satz auf den Betrag der nicht erhobenen Steuer angewendet werden und wurde faktisch auch angewendet. In den Fällen dagegen, in denen es die marginale oder inkrementelle Wirkung ist, die betrachtet wird, kann mit den von Frankreich oder von EDF übermittelten Informationen nicht auf den ersten Blick die Auswirkung belegt werden, dass der Betrag der Kapitalerhöhung in Höhe des Betrags der nicht erhobenen Steuer erhöht wurde. |
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(131) |
Die Nichterhebung der Steuer hatte zur Folge, dass die Kapitalerhöhung von EDF und folglich die Eigenmittel von EDF in Höhe von zusätzlichen 5,88 Mrd. FRF zu einem Gesamtbetrag von 14,119 Mrd. FRF der neu eingestuften Rücklagen aufgestockt wurden. Diese Rücklagen, die keiner vorherigen Einlage von frischem Geld durch den Aktionär Staat entsprachen, wurden unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft, indem sie in den entsprechenden Posten des oberen Teils der Bilanz von EDF verschoben wurden, unter die anderen Eigenkapitalposten (Kapital, Kapitalerhöhungen usw. — Aufstellung 2). Ohne Steuerbefreiung hätten die Eigenmittel von EDF, die im Jahr 1997 79,8 Mrd. erreichen mussten, gemäß den seinerzeit geprüften Unterlagen 72,1 Mrd. FRF erreicht (Erwägungsgrund 100, Aufstellung 2). Anstatt bei 50,7 Mrd. FRF wären die Kapitalerhöhungen von EDF durch den Staat bei 44,8 Mrd. FRF gelegen. |
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(132) |
Erstens wurde, wie von den französischen Behörden betont wird, aufgrund der Tatsache, dass die Einbindung des Betrags der nicht entrichteten Steuer die Bemessungsgrundlage der Kapitalerhöhungen erhöhte und diese mit einem Festsatz (3 %) vergütet wurde, der Absolutwert der Vergütung des Staates durch die Steuerbefreiung oder Nichterhebung der Steuer erhöht (Erwägungsgrund 83). Jedoch führte die der Steuerbefreiung entsprechende Aufstockung der Kapitalerhöhung nicht zu einer relativen Erhöhung der Vergütung des Staates. Es steht diesbezüglich fest, dass die Vergütung der durch den Staat getätigten Kapitalerhöhungen bei EDF seit dem Dekret Nr. 56-1360 vom 30. Dezember 1956 vorgesehen ist (Erwägungsgründe 18 und 103). Unterschiedliche Vergütungen wurden somit in den Werkverträgen vor und nach dem für den Zeitraum 1997-2000 geltenden Werkvertrag vorgesehen, wie unter den Erwägungsgründen 93 und 102 dargelegt. Das Prinzip einer Vergütung existierte vor der vermeintlichen Entscheidung und wurde auch nach dieser beibehalten. |
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(133) |
Zudem zeigt die Prüfung des Sachverhalts, dass die in Rede stehende Steuerbefreiung geeignet war, eine Verringerung der Vergütung der Investition für den Staat zu bewirken. Der Bericht der Nationalversammlung vom September 1997 zeigt unmissverständlich, dass die Aufstockung des Gesamtbetrags der Kapitalerhöhung zu einer Senkung von deren Vergütung geführt hat, um nicht „die Steuerlast für EDF zu erhöhen“ (Erwägungsgrund 103). Der Bericht des Senats bestätigt diese von den Behörden gewollte Senkung (Erwägungsgrund 108). |
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(134) |
Zwischen 1991 und 1996 hat EDF dem Staat eine bessere Vergütung auf eine geringere Bemessungsgrundlage der Kapitalerhöhungen bezahlt, verglichen mit derjenigen, die zwischen 1997 und 2000 für eine höhere Bemessungsgrundlage vorgesehen war. Die durchschnittliche jährliche Vergütung mit einem Absolutwert von 3,41 Mrd. FRF für den Zeitraum 1991-1996, in dem der Betrag der Kapitalerhöhungen 36,6 Mrd. FRF betrug, ist deutlich höher als der Betrag von 2,35 Mrd. FRF, der für eine auf 50,7 Mrd. FRF aufgestockte Bemessungsgrundlage im Zeitraum 1997-2000 vorgesehen war (Erwägungsgründe 92 und 102-103, Aufstellung 3). Daraus folgt, dass die vom Staat in seiner Eigenschaft als Aktionär für den Zeitraum 1997-2000 erhoffte laufende Marginalrendite der Aufstockung des Betrags der Kapitalerhöhung um 5,88 Mrd. FRF folglich im Hinblick auf den Zeitraum 1991-1996 als negativ bewertet werden konnte. |
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(135) |
Wie die Berichte der Nationalversammlung und des Senats unmissverständlich belegen, sorgten die französischen Behörden dafür, dass die relative und absolute Vergütung, die im Rahmen der Kapitalerhöhung an den französischen Staat bezahlt wurde, umso geringer war, je breiter die Bemessungsgrundlage wurde. Daraus folgt, dass durch die Aufstockung des Betrags der Kapitalerhöhung insgesamt bei geringerer Vergütung als der vor dem Gesetz Nr. 97-1026 existierenden Erhöhung die Entscheidung der Gewährung einer Steuerbefreiung nicht zwangsläufig als Investition anzusehen ist. |
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(136) |
Zweitens ist die Art der Planung und Festlegung der Vergütung der Aufstockung der Kapitalerhöhungen nicht die Art, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte in Betracht ziehen können. |
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(137) |
Denn wie es die Bezugnahmen in den unter den Erwägungsgründen 97, 103 und 106 erwähnten Schreiben der zuständigen Minister sowie in den parlamentarischen Berichten belegen, wurden im Jahr 1997 bei der Prüfung der Vergütung des französischen Staates nach der Umstrukturierung der Bilanz von EDF von den französischen Behörden zugleich die dem Staat stricto sensu zufallende Vergütung der Kapitalerhöhungen und die erhofften Steuerbeträge berücksichtigt, die der Staat ab 1997 nach mehreren Jahren steuerlicher Verlustvorträge einnehmen würde, welche dem bei der Erhebung der Steuer als öffentliche Gewalt handelnden Staat zufallen. Wie es unter dem Erwägungsgrund 93 dargelegt wird, war die Vergütung der Kapitalerhöhungen ihrerseits, in Abweichung vom allgemeinen Recht, von der Körperschaftsteuer abzugsfähig. |
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(138) |
Das von den französischen Behörden 1997 geprüfte und validierte Konzept war somit das einer Gesamterhebung bei EDF, bei der Steuer und Vergütung des Aktionärs kumuliert waren. Der Betrag der bei EDF erhobenen Gesamtsteuer — auch abgesehen von der strittigen Befreiung, die steuerliche Vorrechte aufdeckt — und die an den Staat als Aktionär bezahlte Vergütung geraten in den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen durcheinander. Gemäß diesen belegen diese Unterlagen jedoch das Vorhandensein einer Investitionsentscheidung. Die dauerhafte Berücksichtigung der Entrichtung der fälligen Steuern durch EDF an den einziehenden Staat, einschließlich durch Berichtigung und Bereinigung der nicht erhobenen Steuer vor dem Gesetz Nr. 97-1026 zum Zweck der Prüfung und Festlegung der Vergütung des Aktionärs Staat, weist dagegen darauf hin, dass die strittige Steuerbefreiung von dem als öffentliche Gewalt handelnden Staat und nicht von dem als Anleger handelnden Staat bewilligt wurde. |
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(139) |
Dieser Hinweis wird zudem durch die Art der Ziele bestärkt, die EDF 1997 von dem Staat — unter Berücksichtigung der Anliegen und Ziele der öffentlichen Gewalt und nicht des Aktionärs — vorgegeben wurden. Diese Anliegen werden bei der Festlegung der Tarife von EDF deutlich, so wie diese in dem Werkvertrag für den Zeitraum 1997-2000 vereinbart wurden, von dem die Vergütung des Aktionärs Staat abhängt. Der Staat forderte EDF nämlich auf, zu der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie und der Stärkung der Kaufkraft der französischen Haushalte beizutragen. Dies sind viele Überlegungen, die nicht nur nichts mit denjenigen Überlegungen zu tun haben, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger in Betracht gezogen hätte, sondern sogar zu den finanziellen Interessen dieses hypothetischen Anlegers im Widerspruch stehen. Dasselbe gilt für das EDF in dem Werkvertrag 1997-2000 vorgegebene Ziel, eine ehrgeizige Politik zur Förderung der Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung umzusetzen, indem man sich in den Dienst der Körperschaften stellt (Erwägungsgründe 89 und 95). |
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(140) |
Der am 8. April 1997 unterzeichnete Werkvertrag zwischen dem Staat und EDF beinhaltete vorherige Bewertungen des Finanzszenarios, in die sich Ertragsprognosen für die Investition in Kapitalerhöhungen von EDF für den Aktionär Staat eingliederten (Erwägungsgrund 92). Diese Unterlagen und die von den französischen Behörden vorgelegten Analysen beziehen sich auf die Auswirkungen, die durch die Neueinstufung aller von EDF gebildeten Rücklagen erwartet wurden, unabhängig davon, ob diese besteuert wurden oder nicht bzw. ob sie das Ergebnis der Umsetzung des Gesetzes Nr. 97-1026 waren oder nicht. Die einzige von den französischen Behörden vorgelegte systematische Bewertung, die in der Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997 enthalten ist (Erwägungsgrund 92), ist allgemeiner Art und auf die ordnungsgemäße Vergütung begrenzt, die auf die Kapitalerhöhungen, einschließlich jener vor der Umstrukturierung der Bilanz von EDF, angewendet wurde, ohne beispielsweise die Vergütung des Kapitals mit Ausnahme der Erhöhungen oder die Vergütung der Eigenmittel einzubeziehen. |
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(141) |
Kein von Frankreich oder von EDF übermitteltes Dokument belegt, dass die angeblich getroffene Investitionsentscheidung, nämlich eine größere Kapitalerhöhung bei EDF vorzunehmen und keine Steuer auf die Neueinstufung zu erheben, Gegenstand von Prüfungen, Studien oder speziellen Analysen gewesen wäre. Unter Berücksichtigung der betreffenden Beträge hätte jedoch ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger wahrscheinlich eine Finanz- und Wirtschaftsanalyse der Investition durchführen lassen, bevor er entschieden hätte, ob unter Berücksichtigung einer ordnungsgemäßen Rentabilität der Kapitalerhöhungen der Betrag von 5,88 Mrd. FRF der Steuerbefreiung notwendig war, damit das Unternehmen die langfristige Rentabilität seiner Gesamtinvestition garantiert und damit der Aktionär zu diesem Zweck eine ausreichende Vergütung erhält. Diese Art vorheriger Wirtschaftsstudie, die der Gerichtshof unter der Randnummer 84 seines Urteils bei den Elementen nennt, die einen positiven Rückschluss auf die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers ermöglichen, fehlt. |
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(142) |
Es ist insbesondere bemerkenswert festzustellen, dass abgesehen von der Vergütung, die dem Staat für den Zeitraum 1997-2000 bewilligt wurde, keine Studie über die Vergütung oder langfristige Rendite durchgeführt wurde, während Frankreich gerade behauptet, eine langfristige Investition getätigt zu haben. Ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte nicht unterlassen, eine Rentabilitätsanalyse einer Investition für den Zeitraum nach dem Jahr 2000 durchzuführen. |
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(143) |
Wenn vernunftgemäß anzunehmen ist, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger die Auswirkungen der Senkung der Schuldenquote von EDF berücksichtigt hätte, ist festzustellen, dass der Vorteil für EDF, wegen einer verbesserten Schuldenquote in Bezug auf die Eigenmittel zu geringeren Kosten Kapital aufzunehmen, in allgemeinen Worten in einigen Unterlagen erwähnt wird, die von Frankreich (Erwägungsgründe 101 und 105) und von EDF vorgelegt wurden. Kein Element weist jedoch auf die Vorteile und die Rentabilität für den Aktionär Staat hin, die durch eine Senkung der Fremdkapitalkosten von EDF oder eine niedrigere Schuldenquote entstehen. Gemäß den unter dem Erwägungsgrund 101 dargelegten Bezifferungen sollte die Quote Nettoschulden/Eigenkapital von EDF mit der vollständigen neuen Kapitalerhöhung, die sich auf 50,7 Mrd. FRF — hierin einbegriffen die 5,88 Mrd. FRF der strittigen Befreiung — belief, 148 % erreichen. Ohne die Steuerbefreiung, hätte die Quote bei etwa 163 % gelegen, d. h. ungefähr dreimal geringer als die Quote von 480 % vor dem Gesetz Nr. 97-1026. Getrennt von den anderen Auswirkungen der Neueinstufung verschiedener Rücklagen betrachtet, ist der Beitrag der Steuerbefreiung zu der Verbesserung dieser Quote unbedeutend und seine konkrete Mitwirkung im Hinblick auf die Senkung der Fremdkapitalkosten bei EDF sehr zweifelhaft (Erwägungsgründe 170 bis 172). In jedem Fall werden in den von den französischen Behörden vorgelegten Unterlagen weder die aus einer Quote von 148 % resultierende Vergütung für den Aktionär noch, a fortiori, die aus einer Quote von 163 % resultierende Vergütung als eine Investition erwähnt oder analysiert. Es gibt diesbezüglich keine vorherigen wirtschaftlichen Bewertungen, die mit jenen vergleichbar sind, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte erstellen lassen, wie von dem Gerichtshof unter Randnummer 84 seines Urteils ausgeführt. |
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(144) |
In dieser Hinsicht belegt die von EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme übermittelte Wirtschaftsstudie (Erwägungsgründe 69-70) nicht, dass Frankreich als Anleger und nicht als öffentliche Gewalt gehandelt habe. Die Studie wurde nach der in 1997 getroffenen vermeintlichen Investitionsentscheidung angefertigt und wurde von den für das Treffen einer solchen Entscheidung zuständigen Behörden nicht geprüft. Aus diesem Grund allein ist die Studie, gemäß den Ausführungen des Gerichtshofs (Erwägungsgrund 126, Randnummer 104 des Urteils vom 5. Juni) nicht als Beweis zulässig. Dass die Studie auf der Grundlage derzeit verfügbarer authentischer Daten angefertigt wurde, vermag diese Schlussfolgerung nicht zu entkräften. Die Studie wurde für sachdienliche Zwecke infolge der Ausweitung des Verfahrens im Mai 2013 in Auftrag gegeben und die Schlussfolgerungen, zu denen sie kommen würde, waren EDF im Juli 2013 offensichtlich bekannt, während die Studie aus dem Oktober 2013 stammt. Weitere Gründe entkräften zudem die zahlenmäßigen Ergebnisse, zu denen die Studie kommt und berauben demnach die Schlussfolgerungen, die EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme zieht, einer Grundlage, nämlich:
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(145) |
Der Gerichtshof betont, dass die Natur der getroffenen Maßnahme zu den erheblichen Anhaltspunkten gehört, die zu berücksichtigen sind, um einen positiven Rückschluss auf die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers zu ziehen (Randnummer 86 des Urteils). Die Entscheidung, die Kapitalerhöhung bei EDF um einen zusätzlichen Betrag aufzustocken und keine Steuer auf die Neueinstufung der regelwidrigen Rücklagen für das RAG zu erheben, ist zugleich eine buchhalterische Entscheidung der Neuzuweisung innerhalb der Bilanzposten von EDF (Erwägungsgründe 100 und 105) und eine steuerliche Entscheidung, da die zuständigen Behörden der Ansicht sind, dass die Körperschaftsteuer vor der Neueinstufung erhoben werden musste (Erwägungsgrund 35), selbst wenn für andere neu eingestufte Betriebsrücklagen die Steuer entrichtet wurde. Entgegen den Behauptungen der französischen Behörden ist nicht nachgewiesen, dass diese zwei buchhalterischen und steuerlichen Teile untrennbar in einer einzigen Maßnahme verknüpft sind, die durch das Gesetz Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 eingeführt wurde. |
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(146) |
Artikel 4 Absatz 2 des Gesetzes sieht vor, dass der Gegenwert der konzessionierten Sachwerte des RAG, der auf der Passivseite der Bilanz von EDF steht, nach Abzug entsprechender Wertberichtigungen in den Posten „Kapitalerhöhungen“ aufgenommen werden musste (Erwägungsgrund 28). Daraus ließe sich ableiten, dass das Gesetz vorsah, dass abgesehen von eventuellen Bewertungsunterschieden, keine buchhalterische oder steuerliche Bereinigung den Betrag des Gegenwertes beschneiden sollte, der als Kapitalerhöhung von EDF zu verbuchen war. Die Entscheidung der Erhebung oder Nichterhebung der Steuer bei EDF fällt jedoch gemäß dem Artikel 34 der Französischen Verfassung nicht unter den Bereich des Gesetzes und das Gesetz Nr. 97-1026 konnte in dieser Frage nicht gültig entscheiden. Dieser Artikel begrenzt die legislativen Kompetenzen des Parlaments in Steuersachen auf die Festlegung der Bemessungsgrundlage, des Satzes und der Bestimmungen für die Einziehung der Steuern aller Arten. Somit hat EDF im Rahmen derselben durch das Gesetz vorgenommenen Neueinstufung Körperschaftsteuer für einige Betriebsrücklagen entrichtet, für andere aber nicht. |
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(147) |
Die von den französischen Behörden übermittelten, unter dem Erwägungsgrund 104 genannten vorbereitenden Unterlagen belegen überdies, dass der Staatsrat 1997 der Ansicht war, dass Bestimmungen ohne gesetzgeberischen Charakter aus dem Text des Gesetzentwurfs ausgeklammert werden mussten; weiterhin wurde auch ein Änderungsentwurf zu dem Gesetzentwurf der Regierung verworfen, der die Erhebungen, die der Staat kraft Gesetz bei EDF durchführen konnte, begrenzen sollte. Die verantwortlichen Minister waren im April 1997 der Ansicht, dass die ausführlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Umstrukturierung von EDF im buchhalterischen und im steuerlichen Bereich das Thema zusätzlicher Austausche zwischen den zuständigen Behörden und dem Unternehmen sein mussten (Erwägungsgrund 98). |
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(148) |
Diese Elemente, die in dem von den zuständigen Ministern an EDF gerichteten Schreiben über die Umsetzung vom 22. Dezember 1997, nach der Verabschiedung des Gesetzes (Erwägungsgrund 31), präzisiert und quantifiziert wurden, geben an, dass die steuerlichen Aspekte der Umsetzung von den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 zu trennen sind. Diese Minister erläutern in ihrem an EDF gerichteten Schreiben die Umstrukturierung des oberen Teils der Bilanz von EDF durch die Anwendung von Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 und scheinen stillschweigend über die steuerlichen Auswirkungen der Umstrukturierung zu entscheiden, ohne dass es um eine rentable Investition oder bindende Bestimmungen in dem Gesetz ging. |
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(149) |
Was den Kontext der Maßnahme betrifft, den der Gerichtshof als Element anführt, das neben anderen für die Bewertung der eventuellen Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers relevant ist, belegen die vorbereitenden Treffen und die stützenden Unterlagen für den betreffenden Zeitraum, die zu dem am 8. April 1997 unterzeichneten Werkvertrag zwischen dem Staat und EDF geführt haben, dass die Neueinstufung der Rücklagen in Zusammenhang mit der Perspektive auf eine teilweise Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte in der Union erfolgte, die seit 1996 beschlossen war. Auch das Anliegen, die Geschäftstätigkeit von EDF internationaler zu gestalten ist in dem Werkvertrag 1997-2000 und den vorbereitenden Unterlagen, ebenso wie in den parlamentarischen Unterlagen, vorhanden. Der Werkvertrag selbst setzt voraus, dass für seine Durchführung eine gesetzgeberische Maßnahme zur Regelung — wie die von dem Gesetz Nr. 97-1026 vorgesehene Maßnahme — erforderlich ist, und bildet somit einen faktischen Zusammenhang zwischen den Zielen des Vertrags und denen des Gesetzgebers. Jedoch nehmen weder der im April 1997 abgeschlossene Werkvertrag noch die vorbereitenden Unterlagen und Austausche mit den für EDF zuständigen Behörden zu dem genauen Steuerbetrag Stellung. |
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(150) |
Dieser anhand der von Frankreich in seiner Stellungnahme vorgebrachten Elemente rückverfolgte Kontext erlaubt jedoch nicht mit Sicherheit festzulegen, dass die Maßnahme aus einem Verhalten eines Aktionärs, der eine Investition tätigt, hervorgegangen ist. Denn die Notwendigkeit, die von dem Rechnungshof im Oktober 1994 festgestellten Regelwidrigkeiten zu beseitigen, gehört auch zu diesem Kontext. Während es einerseits darum geht, eine buchhalterische Regelwidrigkeit zu beseitigen, die EDF ermöglicht hatte, über Jahre keine Körperschaftsteuer zu entrichten, betonten die französischen Behörden, dass die Verfügung nicht das Monopol von EDF in Frage stellte (Erwägungsgrund 105) und dass der durch die Liberalisierung des Marktes ermöglichte stabile Rahmen beibehalten werden musste (Erwägungsgrund 95). Es ist wahr, dass die Liberalisierung Expansionsperspektiven auf den nationalen Märkten anderer Mitgliedstaaten eröffnet und dass in dem Werkvertrag 1997-2000 einige Maßnahmen vorgesehen waren, damit EDF internationaler wird. Gleichwohl beschränkt sich das Anliegen der öffentlichen Behörden, die nationalen Unternehmen durch Maßnahmen einer finanziellen Unterstützung zu Beginn einer Liberalisierung zu begünstigen, nicht auf die öffentlichen Unternehmen, noch charakterisiert es das Verhalten eines umsichtigen Aktionärs eines öffentlichen Unternehmens. |
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(151) |
Der Gerichtshof führt schließlich an, dass die Prüfung der Regeln, denen die strittige Maßnahme unterworfen ist, relevant ist, um deren Charakter einer Investition durch den Aktionär Staat oder eines Vorrechts der öffentlichen Gewalt zu ermitteln. Die Einstufung der Maßnahme in die eine oder andere Kategorie kann folglich die Einhaltung der geltenden Regeln, denen sie unterliegt, berücksichtigen. Es empfiehlt sich, die Regeln zu prüfen, die für eine Investition von Steuermitteln in Unternehmen wie EDF bestehen. Ohne die betreffende Maßnahme wäre der Ertrag der nicht erhobenen Körperschaftsteuer den allgemeinen Einnahmen des Haushalts des französischen Staates 1997 zugewiesen worden. Wie in Artikel 18 der zur Zeit des Sachverhalts geltenden gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 59-2 vom 2. Januar 1959 über ein Organgesetz zu den Haushaltsgesetzen vorgesehen ist, werden alle die Durchführung der gesamten Ausgaben gewährleistenden Einnahmen, alle Einnahmen und alle Ausgaben des Staates einem einzigen Konto mit der Bezeichnung Gesamthaushalt zugeschrieben. Somit werden Steuereinnahmen dem Haushalt und dem Gewinn des Staates zugewiesen und nicht dem der öffentlichen Unternehmen. |
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(152) |
Der Haushalt unterliegt dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Vollständigkeit, gemäß dem alle Einnahmen und alle Mittel in zwei verschiedenen Sparten eingetragen werden, ohne dass eine besondere Verbindung, z. B. zwischen einer Körperschaftsteuereinnahme und einer Anlage, wie einer Kapitalerhöhung zugunsten eines öffentlichen Unternehmens wie EDF, hergestellt wird. Sicher ist die Vor-Zuweisung einer Steuereinnahme an eine andere juristische Person als den Staat als Subvention oder als Investition im französischen Recht möglich, sofern die Zuweisung Gegenstand ausdrücklicher Bestimmungen ist. Artikel 18 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 59-2 sah vor, dass abgesehen von Darlehen und Vorschüssen die Zuweisung von Einnahmen des Staates eine Ausnahme darstellt und nur durch eine haushaltsgesetzliche Bestimmung auf Regierungsinitiative erfolgen kann. |
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(153) |
Nun, das Gesetz Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 war kein Haushaltsgesetz und konnte daher keine Steuerquelle zugunsten des Kapitals von EDF zuweisen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass spezielle Bestimmungen auf Regierungsinitiative bei dem für den Haushalt von 1997 geltenden Haushaltsgesetz verabschiedet wurden, um eine Vor-Zuweisung des Ertrags der von EDF geschuldeten Steuern zu den Ausgaben des französischen Staates im Rahmen einer Investition in das Kapital von EDF innerhalb desselben Haushalts vorzunehmen. Diese Regel, die eine Investition einer festgelegten Steuereinnahme zugunsten des Staates an eine andere juristische Person als den Staat, wie EDF, ermöglicht, scheint folglich nicht angewendet worden zu sein. |
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(154) |
Die große Mehrheit der vorstehenden Elemente gibt klar an, dass Frankreich nicht vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils durch die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer die Entscheidung getroffen hat, durch die Steuerbefreiung eine Investition in EDF zu tätigen. Aus diesem Grund scheint das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers auf diese Maßnahme nicht anwendbar zu sein. Die nun folgenden Erwägungen zu der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers haben folglich einen subsidiären Charakter. |
9.1.3. Zu der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers
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(155) |
In seinem Urteil vom 5. Juni 2012 war der Gerichtshof in dem vorliegenden Fall der Ansicht, dass durch Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers festgestellt werden können müsse, ob ein privater Anteilseigner unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, einen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer zugeführt hätte (Randnummer 95 des Urteils). Der etwaige Unterschied zwischen den von einem Privatanleger getragenen Kosten und jenen, die dem Aktionär Staat entstehen, kann auch bei der Beurteilung, ob die durch dieses Prinzip festgelegten Bedingungen erfüllt sind, berücksichtigt werden (Randnummer 96 des Urteils). |
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(156) |
Die Beurteilung erfolgt anhand von objektiven und nachprüfbaren Elementen sowie den Bewertungen, die im Zeitpunkt der Investitionsentscheidung vorhersehbar waren (Randnummern 102 und 105 des Urteils). Bei dieser Beurteilung sind nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit der Eigenschaft des Staates als Anteilseigner zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger von öffentlicher Gewalt knüpfen (Randnummer 79 des Urteils). |
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(157) |
In Anbetracht der Situation und der Merkmale des Unternehmens EDF, das seit mehr als 50 Jahren als vollständig vom französischen Staat kontrolliertes staatliches Unternehmen besteht, empfiehlt es sich, als Bezugsgröße einen Anleger, der das Ziel einer langfristigen Rentabilität verfolgt, zu nehmen und insbesondere die von Frankreich übermittelten Informationen zu prüfen, die unter den Erwägungsgründen 87 bis 108 dargelegt wurden. Denn es sind diese Elemente, auf die sich die französischen Behörden als Grundlage ihrer Entscheidung im Jahr 1997 berufen. |
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(158) |
Zunächst ist die Rentabilität zu prüfen, die EDF 1997 seinem Aktionär bot. Diese Rentabilität muss mit Bezugswerten verglichen werden. Im Jahr 1997 lag der durchschnittliche Vergütungssatz von langfristigen Obligationen (30 Jahre) Frankreichs bei 6,35 %. Auch für kürzere Laufzeiten (zehn Jahre), die unter dem Lebensdauerzyklus der Anlagen von EDF lagen, betrug der durchschnittliche Zinssatz für die Obligationen des französischen Staates 5,58 % (31). Diese Werte spiegeln zugleich die Rendite für Finanzanlagen mit geringem Risiko und die langfristigen Finanzierungskosten des französischen Staates in der betreffenden Zeit wider. Eine Investition in ein Unternehmen wie EDF im Jahr 1997 stellte eine risikoreichere Investition als das Halten von Staatsobligationen in der betreffenden Zeit dar. Aus diesem Grund hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger eine größere Rentabilität als die der Staatsobligationen gefordert. |
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(159) |
Die Prüfung der laufenden Rentabilität, die der französische Staat 1996-1997 erwarten konnte, lässt, so wie es aus den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen hervorgeht, nicht darauf schließen, dass die Investition der Prüfung des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers standhält. |
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(160) |
Die französischen Behörden haben die veranschlagte Ergebnisrechnung von EDF für den Zeitraum nach der Umstrukturierung der Bilanz übermittelt, die 1997 von den betreffenden Behörden geprüft wurde (Erwägungsgrund 92, Aufstellung 1). Die Schätzungen der Aufstellung werden durch andere Unterlagen aus dieser Zeit belegt (Erwägungsgründe 96-97, 103). Diese Schätzungen des Bezugsszenarios von EDF für den kommenden Zeitraum wurden von den Behörden des Staates validiert (Erwägungsgrund 97). Ausgehend von der Ergebnisrechnung und den erwarteten Beträgen der von dem Staat in EDF investierten Mittel (Erwägungsgrund 100, Aufstellung 2) ist es möglich, die Rentabilität zu berechnen, die der Staat gemäß der Aufstellung 4 jeweils in Bezug auf die Kapitalerhöhungen, das Gesamtkapital (ursprüngliches Kapital und Erhöhungen) und das Eigenkapital von EDF (Gesamtkapital, Wertberichtigungen, ordnungsgemäße Rücklagen, Vortrag auf neue Rechnung) (32) erwarten konnte. Aufstellung 4 Voraussichtliche Vergütung des Kapitals in der Bilanz von EDF 1997-2000 (Mrd. FRF)
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(161) |
Aus den genannten und von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen geht hervor, dass sich 1997 die Vergütung, die der Aktionär Staat von EDF für den vollständigen Zeitraum 1997-2000 zu erwarten hatte, auf 9,4 Mrd. FRF — davon 6 Mrd. als Teil zu dem Festsatz von 3 % und 3,4 Mrd. für den gesamten Zeitraum als zusätzlicher Teil — belief, nach der durch das Gesetz Nr. 97-1026 vorgenommenen Neueinstufung. Ausgehend von validierten Schätzungen der betreffenden Zeit betrug die künftige laufende Rentabilität, die der Aktionär Staat erwarten konnte, im Durchschnitt 2,94 % auf den Gesamtbetrag des festliegenden Eigenkapitals, 4,41 % auf das von dem Staat in EDF investierte Kapital und 4,64 % auf den Betrag der Kapitalerhöhungen. Diese Vergütung, die auf den Betrag der als Kapitalerhöhung neu eingestuften Steuerbefreiung anzuwenden war, lag deutlich unter den 6,35 %, die für Obligationen bezahlt wurden, die der Staat 1997 im Hinblick auf seine eigene langfristige Finanzierung ausgab. Ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte gefunden, dass die angenommene laufende Rentabilität für einen Betrag von 5,88 Mrd. FRF, welcher der Steuerbefreiung entsprach, unzureichend war, um die Investition zu rechtfertigen. |
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(162) |
Zudem war der Gerichtshof unter Randnummer 96 seines vorgenannten Urteils vom 5. Juni 2012 der Ansicht, dass es im Rahmen der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers möglich ist, den Unterschied zwischen den von einem Privatanleger getragenen Kosten und jenen, die dem Staat entstehen, zu berücksichtigen. Das ist, als würde man die Rentabilität, die gemäß den französischen Behörden die Neueinstufung der Rücklagen der Ansprüche des Abtretenden in Höhe der Steuerbefreiung rechtfertigte, mit derjenigen vergleichen, die ein privater Aktionär erhalten hätte, der dieselbe Rekapitalisierung in einem in allen Punkten mit EDF vergleichbaren Unternehmen durchführt, mit Ausnahme des einem Privatanleger nicht zugänglichen Vorrechts, die Kapitalerhöhung von der Körperschaftsteuer zu befreien. |
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(163) |
Ein solches Unternehmen, von dem der Aktionär über 5,88 Mrd. FRF verfügt hätte, im Hinblick auf deren Rekapitalisierung unter gleichen Bedingungen wie bei EDF, hätte eine Renditeaussicht von jährlich 4,64 % auf das zusätzliche von dem Aktionär investierte Kapital gehabt, d. h. 272 Mio. FRF pro Jahr, ohne Berücksichtigung der Körperschaftsteuer. Bei Anwendung des 1997 geltenden Körperschaftsteuersatzes von 41,66 % wäre die Renditeaussicht bei 159 Mio. FRF pro Jahr für dieselbe Kapitaleinlage gelegen, d. h. bei einer nominalen Jahresrendite von 2,7 %. Ein solcher Satz für eine Kapitalbeteiligung an einem Unternehmen mit den damit verbundenen Investitionsrisiken ist mit den 6,35 %, die für Obligationen Frankreichs seinerzeit bezahlt wurden, zu vergleichen. Die schwache Rendite hätte demzufolge einen Privatanleger, der nicht über die steuerlichen Vorrechte des Staates verfügt, abgeschreckt. Mit so geringen Rentabilitätsaussichten für das investierte Kapital scheint ausgeschlossen, dass ein besonnen handelnder Privatanleger, dessen Unternehmen Körperschaftsteuer auf die Kapitalerhöhungen zu entrichten hat, sich an der Stelle von Frankreich an der Kapitalerhöhung von EDF 1997 beteiligt hätte. |
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(164) |
Es empfiehlt sich also zu prüfen, ob die von Frankreich übermittelten Elemente und Informationen aus der Zeit der Entscheidung, die Rücklagen ohne Steuererhebung neu einzustufen, zusätzliche Anhaltspunkte enthalten, die einen besonnen handelnden Privatanleger überzeugt hätten, die vermeintliche Investition trotz der offensichtlich schwachen Rentabilität zu tätigen. Diese Anhaltspunkte können sich insbesondere auf die Kapazität von EDF, i) das Erwerbseinkommen langfristig zu steigern, ii) die Betriebsergebnisse durch Effizienzsteigerungen zu verbessern, iii) den Nettowert der produktiven Vermögenswerte des Unternehmens zu erhöhen oder iv) eine konstante und ausreichende Vergütung an den Aktionär zu bezahlen, beziehen. Dies sind für den Aktionär bei positiven Aussichten langfristig potenziell wertschöpfende Faktoren, die bei negativen Aussichten aber wertmindernd sind. |
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(165) |
Diesbezüglich enthält kein von den französischen Behörden übermitteltes Dokument eine Quantifizierung oder gar eine qualitative Bewertung einer eventuellen Wertschöpfung für den Aktionär, die von den französischen Behörden für den Zeitraum 1997-2000 oder darüber hinaus geprüft und berücksichtigt worden wäre. Nur allgemeine Bezugnahmen auf eine bessere Berücksichtigung der Interessen des Aktionärs Staat sind zu finden. Dies würde darauf hinweisen, dass der Wertzuwachs des Unternehmens als Investition für den Aktionär Staat bei der vermeintlichen Investitionsentscheidung nicht berücksichtigt wurde. In jedem Fall lässt die Prüfung von vier für den Aktionär potenziell wertschöpfenden Faktoren nicht auf ein voraussichtliches Wachstum basierend auf den im Jahr 1997 verfügbaren Daten — insbesondere das voraussichtliche Betriebsergebnis 1997-2000 von EDF und die von den zuständigen Behörden festgehaltenen Prognosen des Finanzszenarios (Erwägungsgrund 92, Aufstellung 1, Erwägungsgrund 96) — schließen. |
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(166) |
In Bezug auf die Gesamteinnahmen von EDF konnte der Aktionär Staat ein sehr schwaches Wachstum erwarten, nämlich 0,64 %. Diese Quasi-Stagnation lässt sich durch das von dem Staat festgelegte Ziel erklären, einen Beitrag „zu der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie und einer Zunahme der Kaufkraft der Verbraucherhaushalte“ zu leisten, was sich durch eine durchschnittliche Senkung um […] % der Tarife von EDF über vier Jahre zeigte (Erwägungsgründe 89, 95-96), d. h. eine jährliche Senkung um […] %. EDF übte den wesentlichen Teil der Geschäftstätigkeit in Frankreich aus, denn für den Zeitraum 1997-2000 war vorgesehen, dass mehr als 89 % der Einnahmen von EDF aus dem französischen Markt stammten. Demzufolge hing der wesentliche Teil der Einnahmen von den Entscheidungen des Staates in Bezug auf die Festlegung der Stromtarife ab. Ein besonnen handelnder Privatanleger hätte nicht versäumt, auf den für seine Vermögensinteressen nachteiligen Charakter einer Festlegung von Zielen der öffentlichen Politik hinzuweisen, die mit seinen Interessen als Aktionär unvereinbar sind. Kein besonnen handelnder Privatanleger hätte eine Senkung der Vergütung seiner Investition akzeptiert, um die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Unternehmen zu fördern. |
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(167) |
Der Posten in dem voraussichtlichen Betriebsergebnis 1997-2000, der die Ergebnisse der Haupttätigkeit von EDF wiedergibt, sollte in diesem Zeitraum auch um 29 % sinken, von 9,3 Mrd. FRF im Jahr 1997 auf 6,6 Mrd. FRF im Jahr 2000. Die Betriebsausgaben sollten um 2,2 % steigen, insbesondere wegen des Anstiegs der laufenden Betriebsausgaben, da die finanziellen Belastungen, Abschreibungen und Zinsen, abgesehen von der Vergütung des Kapitals, sinken sollten. Durch Hinzurechnen der Kapitalerhöhungen zu den Abschreibungen und finanziellen Belastungen bei den Ergebnissen der Haupttätigkeit, war die für den Zeitraum 1997-2000 prognostizierte Entwicklung ebenfalls negativ, da dieser Komplex von 62,6 Mrd. FRF auf 53,9 Mrd. FRF zurückgehen sollte, d. h. ein Rückgang um 13,9 %. Es ist aber die Entwicklung des Ergebnisses der laufenden Geschäftstätigkeit vor Abschreibungen und Zinsen, die über die Zeit die Kapazität der Geschäftstätigkeit des Unternehmens, Werte und positiven Cashflow zu generieren, bestimmen. Zusätzlich zu dem vorgesehenen Rückgang im Rahmen der Fortsetzung von Zielen wirtschaftspolitischer oder regulierungspolitischer Art hatte der Staat EDF das Ziel vorgegeben, eventuelle Effizienzsteigerungen und Produktivitätsgewinne des Unternehmens für eine zusätzliche Senkung der Tarife zu verwenden, und zwar vorrangig vor einer Verbesserung der Vergütung des Aktionärs (Erwägungsgrund 95). Daraus ergibt sich, dass die laufende Geschäftstätigkeit von EDF, die durch wirtschaftspolitische Ziele des Staates geblockt war, keine Aussicht auf eine zufriedenstellende zukünftige Vergütung geboten hätte. |
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(168) |
Wie die Kommission in ihrem Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens darlegte, hätte ein besonnen handelnder Privatanleger die Unsicherheit in Bezug auf die Höhe und die Entwicklung der Belastungen durch die Finanzierung von Renten berücksichtigt, die EDF im Jahr 1997 in Anwendung des speziellen für die Strom- und Gaswirtschaft geltenden Systems zu tragen hatte. Im Fall von EDF 1997 stellten die Belastungen durch Renten und a fortiori die damit verbundenen nicht bilanzwirksamen Verpflichtungen eine Belastung dar, die zusätzliche Entnahmen antizipierte und das bereits schwache Nettoergebnis des Unternehmens verringerte. |
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(169) |
Während sich die Masse der Rentenzahlungen von EDF im Jahr 1997 auf 12,2 Mrd. FRF belief, musste die Masse der Renten bei ungeänderter Gesetzgebung in den folgenden Jahren bedeutend steigen, um dann für die gesamte Sparte (einschließlich GDF und nicht verstaatlichte Unternehmen) bei 20 Mrd. FRF im Jahr 2010 und 25 Mrd. FRF im Jahr 2020 (33) zu liegen. Durch Anwendung eines Verteilungsschlüssels von 78,4 % auf EDF, der das Gewicht der Lohnsumme innerhalb dieser Wirtschaftsbranche widerspiegelte, hätte der EDF zufallende Teil 15,7 Mrd. FRF im Jahr 2010 und 19,6 Mrd. FRF im Jahr 2020 betragen und dies, ohne Berücksichtigung einer eventuellen Rückstellung kommender Verpflichtungen bei ungeänderter Gesetzgebung (34). Das voraussichtliche Steigen der Rentenbelastungen war folglich bedeutender als das Nettoergebnis, nach Vergütung an den Staat und Steuern, das für den Zeitraum 1997-2000 erwartet wurde, wie in der Aufstellung 1 dargestellt. Folglich hätte die Bewertung, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger 1997 daraus hätte ableiten können, der, wie der französische Staat, fundierte Kenntnisse über die Unternehmenssituation gehabt hätte, diesen veranlasst, die zukünftigen Belastungen des Unternehmens höher anzusetzen und die Rentabilitätsaussichten der Investitionen somit herabzusetzen. |
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(170) |
Zudem konnte der besonnen handelnde Privatanleger eine deutliche Senkung der Schulden von EDF erwarten, die innerhalb von vier Jahren von […] FRF auf […] FRF abgebaut werden sollten (Erwägungsgründe 91 und 95). Dennoch steht fest, dass EDF die Bonitätseinstufung Aaa der Rating-Agentur Moody's zwischen 1992 und 1996 mit einer Schuldenquote von 480 % behalten hat. Die französischen Behörden erwähnen auch vage eine Generierung von Mitteln in Höhe von 70 Mrd. FRF durch EDF in dem Zeitraum 1997-2000 (Erwägungsgrund 84). Dennoch sollte sich die Entschuldung von EDF und deren mechanischer Effekt auf den Wert des Nettovermögens des Unternehmens nicht in einer Verbesserung der Vergütung des französischen Staates innerhalb desselben Zeitraums manifestieren, sondern — im Gegenteil — durch einen deutlichen Rückgang im Vergleich zu dem Zeitraum zwischen 1991 und 1996 (Erwägungsgrund 134). |
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(171) |
Wie von EDF darlegt, hätte das Unternehmen auch bei einer eventuellen Senkung der Einstufung von EDF durch die Rating-Agenturen wie Moody's oder Standard & Poor's ein ausgezeichnetes Rating behalten (Erwägungsgrund 71). Zudem stand eine Senkung der Verschuldung von EDF in Höhe von […] FRF unter den zwischen 1997 und 2000 festgelegten Zielen. Daraus musste sich folglich eine bedeutende Verringerung der gesamten Zinsbelastungen von EDF ergeben. Weder die Senkung der Gesamtschulden von EDF, noch deren Kosten, noch daraus entstehende eventuelle Vorteile für den Aktionär Staat wären folglich von einer geringeren Kapitalerhöhung in Höhe von 44,8 Mrd. FRF anstatt 50,7 Mrd. FRF beeinträchtigt gewesen. Eine Schuldenquote in Bezug auf die Eigenmittel von 163 % anstatt der durch die Steuerbefreiung vorgesehenen 148 % wäre für die Interessen des Aktionärs nicht nachteilig gewesen. Diesbezüglich gibt es keine optimale Finanzstruktur und der Bericht der Nationalversammlung (Erwägungsgrund 100) belegt Quoten in diesem Sektor, die von 250 % (Verbund, Österreich) bis zu 10-15 % (Veba, Deutschland und PowerGen, Großbritannien) reichen. |
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(172) |
Die Verschuldung ermöglichte EDF, das Wachstum und die Unternehmensergebnisse ohne zusätzliche Mittel des Aktionärs zu finanzieren und mit einer „Hebelwirkung“ der Verschuldung die Rentabilität der bereits von dem Staat investierten Mittel zu steigern. Auf die Entschuldung wurde Priorität gelegt, obwohl EDF vor der geplanten Senkung der Schulden über ein ausgezeichnetes Rating verfügte (Erwägungsgrund 71). Somit ist das ausgezeichnete Rating, das die Rückzahlungsfähigkeit von EDF gegenüber den Gläubigern vor 1996 wiedergibt, durchaus mit einer geringen Vergütung des Aktionärs vereinbar. Die Bewertung der Schuldtitel, die EDF ausgibt, wäre hingegen umso besser, je geringer die von dem Aktionär getätigte Entnahme wäre. In dem in den von den französischen Behörden übermittelten Prognosen festgelegten Zeitrahmen hätte die voraussichtliche Verringerung der Hebelwirkung sowie, in jedem Fall, die geringe Auswirkung des Steuerbetrags auf die Schuldenquote einen marktwirtschaftlich handelnden Privatanleger dazu veranlasst, entweder die Rentabilitätsaussichten seiner Investition herabzusetzen oder nicht zu erwägen, dass die Investition in Eigenmittel in Höhe des Steuerbetrags durch die Notwendigkeit der Verbesserung der Verschuldungssituation von EDF im Jahr 1997 gerechtfertigt war. |
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(173) |
Schließlich wäre ein besonnen handelnder Privatanleger in der Lage gewesen, seine Investitionsentscheidung auf die Bewertung der Fähigkeit des Unternehmens, ihm eine konstante und ausreichende Vergütung zuzusichern, zu stützen. In dieser Hinsicht schien die von den französischen Behörden belegte, für den Aktionär Staat für den Zeitraum 1997-2000 vorgesehene Vergütung deutlich unter den 6,35 %, die für Obligationen Frankreichs seinerzeit bezahlt wurden, zu liegen. Zudem konnte diese Vergütung de facto gesenkt werden, um die an den einziehenden Staat entrichtete Steuer zu berücksichtigen (Erwägungsgründe 103 und 106). Zu dem Zeitpunkt, an dem der Staat die vermeintliche Investition tätigte, war die Vergütung des Aktionärs auch deutlich beschnitten. Jeder Aktionär hätte die abrupte und sehr deutliche Senkung der Vergütung der Kapitalerhöhungen negativ bewertet. Diese Vergütung sollte von tatsächlichen 9,32 % im Durchschnitt in dem Zeitraum 1991-1996 auf die für den Zeitraum 1997-2000 vorgesehenen 4,64 % sinken, dies bedeutet eine Verringerung um mehr als die Hälfte. Bezogen auf die Eigenmittel, ging die Rentabilität von durchschnittlich 14,1 % Ende 1996 auf voraussichtliche 2,94 % für den genannten Zeitraum zurück (Erwägungsgründe 92 und 102, Aufstellungen 1 und 3). |
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(174) |
Gewiss kann ein besonnen handelnder Privatanleger eine Senkung seiner laufenden Vergütung mit der Aussicht auf ein Wachstum des Unternehmens akzeptieren, das sich entweder in einer besseren zukünftigen Vergütung niederschlägt oder in einer Aufwertung des Unternehmenswertes, wodurch ein Mehrwert bei einem Verkauf der Vermögenswerte, die sich durch Eigentumsrechte an dem Unternehmen darstellen, generiert werden kann. Diesbezüglich hätte zum einen die laufende Rentabilität, die im Jahr 1997 erwartet werden konnte, nicht ermöglicht, die abrupte Senkung der vergangenen Rentabilität zu kompensieren. Zum anderen lässt die Prüfung von vier für den Aktionär potenziell wertschöpfenden Faktoren, die unter den Erwägungsgründen 164 bis 173 erläutert wurden, basierend auf den in den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen verfügbaren Daten, nicht auf eine voraussichtliche Steigerung des Unternehmenswertes durch den Aktionär schließen. |
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(175) |
Zudem lassen die verfügbaren Elemente nicht darauf schließen, dass ein besonnen handelnder Privatanleger, der an der Stelle des französischen Staates handelte, angesichts der verfügbaren Informationen, im Jahr 1997 hätte auf einen Kapitalzuwachs setzen können, der die Schwäche der an den Staat bezahlten laufenden Vergütung kompensierte. Die französischen Behörden haben keine Studie über den Wert von EDF vor und nach der Neueinstufung der Betriebsrücklagen 1997 durchgeführt. |
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(176) |
Im Übrigen war EDF 1997 seit mehr als 50 Jahren ein in staatliches Industrie- und Handelsunternehmen und keine Aktiengesellschaft. Gemäß den Bestimmungen in Artikel 16 des Gesetzes Nr. 46-628 gehörte das Kapital dem französischen Staat und konnte nicht veräußert werden (Erwägungsgrund 18). Zudem bleibt festzustellen, dass selbst nach der Umstrukturierung der Bilanz von EDF, die durch das Gesetz Nr. 97-1026 festgelegt wurde, im Jahr 1997 die Nettogesamtschulden von EDF in Höhe von ungefähr 118 Mrd. FRF sehr deutlich über dem Wert des Eigenkapitals lag, der sich auf 79,8 Mrd. FRF belief (Erwägungsgrund 101, Aufstellung 2). |
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(177) |
Keines der Dokumente, in denen die vermeintliche Investitionsentscheidung der französischen Behörden näher beleuchtet wird, nimmt Bezug auf den Plan einer eventuellen Privatisierung von EDF durch den Verkauf des gesamten von dem Staat gehaltenen Kapitals oder eines Teils davon. Dies hätte im Vorfeld die Annahme der Rechtsform einer Aktiengesellschaft und die Aufgabe des Status eines staatlichen Industrie- und Handelsunternehmens erfordert. Im Gegenteil, die einzige in diesen Unterlagen enthaltene Bezugnahme auf den Status von EDF war eine Bekräftigung des Willens des Staates, den speziellen Status des Unternehmens EDF aufrechtzuerhalten, das in dem Elektrizitätsbinnenmarkt „eine stabile Bezugsgröße in der künftigen Entwicklung bleiben musste“ (Erwägungsgrund 95). Unter Stützung auf diese Informationen, so Frankreich, wäre die Investitionsentscheidung getroffen worden. Diese Fakten müssen somit der Bezugsrahmen der Analyse der angeführten Entscheidung bleiben. |
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(178) |
Unter diesen Bedingungen wäre es seitens eines Anlegers nicht vernünftig und besonnen gewesen, auf einen Kapitalzuwachs zu hoffen, der von der Intervention der gesetzgebenden Gewalt abhängig gewesen wäre, angesichts von Gesetzesbestimmungen, die von den französischen Behörden 1946 beschlossen und unablässig angewendet worden waren, sowie angesichts des ausdrücklichen Willens des Staates, der von dem zur Zeit des Sachverhalts im Jahr 1997 zuständigen Minister für Staatsbeteiligungen bestätigt worden war, den speziellen rechtlichen Status von EDF in einem auf EU-Ebene liberalisierten Energiebinnenmarkt aufrechtzuerhalten. Die Hypothesen, auf die sich die Schlussfolgerungen von EDF hinsichtlich der Rentabilität der Investition stützen, die ein besonnen handelnder Privatanleger erhofft hätte und die auf dem anfänglichen und zukünftigen Wert von Anteilen von EDF im Jahr 1997 (Erwägungsgründe 69 und 70) beruht, berücksichtigen nicht den Status von EDF im Jahr 1997 und stimmen nicht mit den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen, die sich darauf beziehen, überein. |
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(179) |
Wie die französischen Behörden betonen, hatte EDF als staatliches Industrie- und Handelsunternehmen 1997 kein Gesellschaftskapital, im Gegensatz z. B. zu einer Aktiengesellschaft, deren Kapital von den Aktionären gehalten wird (Erwägungsgrund 19), die ihre Anteile jederzeit wieder verkaufen können. Ebenso hätte der Referenz-Anleger 1997 insbesondere eine gewisse Anzahl von Faktoren festlegen oder Hypothesen aufstellen müssen, die zwangsläufig kritisch hätten betrachtet werden müssen, nämlich i) auf welchen Betrag der Staat das Gesellschaftskapital einer zukünftigen Aktiengesellschaft festsetzen würde, und vor allem ob die Quasi-Eigenmittel ein- oder ausgeschlossen wurden, was die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft zur Gewährleistung einer stabilen Dividende bestimmt, ii) in welche Anzahl an Aktien dieses Kapital aufgeteilt würde, im Bewusstsein, dass ein mehr oder wenig hoher Betrag teilweise deren Marktattraktivität beeinflusst, iii) welches die eventuelle Form einer Erschließung von Kapital durch Ausgabe neuer Aktien wäre und über welchen Betrag, was den Grad einer möglichen Verwässerung seiner Beteiligung bestimmt, und schließlich iv) zu welchem Zeitpunkt die Transaktion umgesetzt würde, was wegen der schwachen Wertsteigerungsaussichten, die den voraussichtlichen Ergebnissen von EDF bis zum Jahr 2000 zu entnehmen waren (Erwägungsgrund 167), erst in ferner Zukunft geplant werden konnte. Nichts unter den Informationen, die von den französischen Behörden für den Zeitraum vor der vermeintlichen Investition vorgelegt wurden, lässt darauf schließen, dass diese unbekannten Größen 1997 hätten geklärt werden können. |
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(180) |
Unter diesen Bedingungen hätte der eventuelle Wertzuwachs des Anspruchs, den der Staat an dem Kapital von EDF besaß, der sich aus der strittigen Kapitalerhöhung ergibt, wenn davon ausgegangen wird, dass diese erfolgt ist — was offensichtlich nicht der Fall ist —, einen besonnen handelnden Anleger dazu veranlasst, zumindest vier wesentliche Faktoren zu vermuten, auf die er, im Gegenteil zu dem Gesetzgeber und der Regulierungsbehörde, keinen Einfluss hätte und auf jeden Fall keine gültigen, im Jahr 1997 verfügbaren Informationen. Ein besonnen handelnder Privatanleger hätte nicht die beinahe fehlende Liquidität seiner Investition ignoriert. Daraus geht hervor, dass ein besonnen handelnder Privatanleger diesen Umstand zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, zu investieren oder nicht zu investieren, berücksichtigt hätte. Dieser Liquiditätsmangel ist in der Lage, das Interesse an einem eventuellen Wertzuwachs des Unternehmens zu verringern. |
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(181) |
Zudem muss, wie unter Erwägungsgrund 144 angegeben ist, die Prüfung des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers hauptsächlich auf den Informationen und Elementen basieren, die von dem Mitgliedstaat in einer Situation übermittelt wurden, in der die Entscheidung bereits getroffen war, da der Mitgliedstaat sich darauf beruft, dass es diese Elemente sind — und nicht andere, die im Vergleich zu den übermittelten Elementen noch hypothetischer und sogar widersprüchlich sind —, die der Mitgliedstaat berücksichtigt hat. Der Gerichtshof fordert, dass sich die Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers auf Bewertungen stützt, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhersehbar waren (Randnummer 105 des Urteils vom 5. Juni 2012). So bestätigen die französischen Behörden im Jahr 1997, dass der Status von EDF, der keine Bildung und Wiederveräußerung von Anteilen an EDF zulässt, als stabile Bezugsgröße aufrechterhalten wird, auch in einem liberalisierten europäischen Markt (Erwägungsgrund 95). Hypothesen aufzustellen, die der Versicherung der französischen Behörden widersprechen, bedeutet, die Prüfung in eine Situation einzuordnen, die nicht der des Mitgliedstaats so nahe wie möglich kommt, im Gegensatz zu dem, was die Rechtsprechung verlangt (Erwägungsgrund 126). |
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(182) |
Dennoch, selbst wenn man für die Analysezwecke davon ausging, dass ein besonnen handelnder Privatanleger eine zukünftige Aufwertung des Wertes seiner Investition zu einem ungewissen Datum zusätzlich zu der angebotenen regelmäßigen Rentabilität hätte berücksichtigen können, um über die vermeintliche Investition zu entscheiden, hätte der Anleger die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zur Generierung langfristiger Dividenden betrachtet und wäre hierbei dem Zeithorizont des französischen Staates gefolgt, der EDF seit 1946 kontrolliert. Um den Wert seines Eigentumsrechts an EDF zu schätzen, hätte der besonnen handelnde Privatanleger den Buchwert des Nettovermögens des Unternehmens ausgeklammert und auf die Entschuldung und Generierung von Mitteln gesetzt, die von den französischen Behörden angeführt werden (Erwägungsgrund 84). Der Wert des Nettovermögens, die Investitionsbeträge oder die Entschuldung stimmen im Hinblick darauf, einen Transaktionspreis festzulegen, nicht zwangsläufig mit dem realen wirtschaftlichen Wert überein. Somit ist nicht zu empfehlen, an der Tatsache festzuhalten, dass die gesamte Rückerstattung der Schulden von EDF im Jahr 1997 Beträge erfordert hätte, die weitaus das Eigenkapital von EDF übersteigen (Erwägungsgrund 177). Langfristig hängt der Wert eines Unternehmens mehr von seiner Kapazität, Werte für den Aktionär in Form von Dividenden oder Aufwertung von Kapital zu generieren, als von dem Buchwert seines Nettovermögens oder Vermögens ab. |
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(183) |
Unter den verschiedenen in der Finanzwissenschaft verwendeten Methoden zur Schätzung der Opportunitätskosten oder der erforderlichen Rentabilität eines gegen Entgelt in das Kapital eines Unternehmens übertragbaren Eigentumsrechts ist die am meisten verwendete Methode das Preismodell für Kapitalgüter (in Englisch Capital-Asset-Pricing-Methode, „CAPM“) (35). Wie in Aufstellung 5 dargelegt, wird bei der Anwendung des CAPM-Modells auf eine Investition in das Kapital von EDF im Jahr 1997 ein Zielwert der erforderlichen Rentabilität von ungefähr 12 % ermittelt, der bis zu 13,4 % bei liquiden Aktiva wie eine EDF-Aktie betragen kann. Dieser Zielwert muss jedoch als eine Schwelle betrachtet werden. Er setzt voraus, dass nicht nur ein Eigentumsrecht an EDF, wie z. B. eine Aktie, möglich und übertragbar war, sondern zudem, dass es einen liquiden Markt gibt, wohingegen jedoch der Staat 100 % des Kapitals hält und EDF keine Aktien ausgeben konnte. Zu der für liquide Aktiva erforderlichen Rentabilität sollte eine Prämie zwischen 0,5 % und 1,5 % (36) hinzugerechnet werden, um die große Unsicherheit wiederzugeben, die aus den unter den Erwägungsgründen 179 und 180 geprüften Faktoren in Bezug auf die Liquidität der EDF-Titel hervorgeht, die ein besonnen handelnder Privatanleger 1997 haben konnte. |
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(184) |
Auf jeden Fall liegt die Gültigkeit einer Größenordnung von 12 % ohne Liquiditätsprämie — obwohl geringer — nahe bei der laufenden Eigenkapitalrentabilität von 14 %, die EDF dem französischen Staat zwischen 1991 und 1996 vergütet hatte (Erwägungsgrund 102, Aufstellung 3). Normalerweise basiert die Erwartung der zukünftigen Rentabilität auf der tatsächlich erzielten Rentabilität. Die Gültigkeit einer Größenordnung von 12 % wird auch durch die Verwendung anderer Parameter, ausgehend von den seinerzeit verfügbaren Zahlen bestätigt, einschließlich derer, die in der unter dem Erwägungsgrund 70 erläuterten, im Auftrag von EDF angefertigten Studie verwendet wurden, die einen Zielwert in einer Spanne zwischen 11,9 % und 13,5 % mit einem Durchschnitt von 12,7 % ermittelt. Da sich die Analyseergebnisse mit einer zusätzlichen Liquiditätsprämie zu der Zielrentabilität von ungefähr 12 % oder auch, wenn ab 1997 die 14 % der tatsächlichen Rentabilität auf die jüngste Vergangenheit angewendet werden, nicht ändern, ist es nicht erforderlich, diese Prämie sowie die tatsächliche Rentabilität zu berücksichtigen. Aufstellung 5 Erforderliche Zielrentabilität für eine Investition in Anteile von EDF im Jahr 1997: Rechenwerte
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(185) |
Um seine Investitionsentscheidung im Jahr 1997 zu fassen, hätte ein besonnen handelnder Privatanleger in einer möglichst ähnlichen Lage wie die französischen Behörden die systematischen Schätzungen der zukünftigen Ergebnisse von EDF berücksichtigt, die von den zuständigen Behörden validiert und als Finanzszenario festgehalten worden waren, die in dem voraussichtlichen Betriebsergebnis von EDF für den Zeitraum 1997-2000 enthalten sind (Erwägungsgründe 90-92, Aufstellung 1, Erwägungsgrund 97). Die Steuerbefreiung belief sich auf 11 % der 53,3 Mrd. FRF Kapital und Kapitalerhöhungen von EDF im Jahr 1997, nach der Umstrukturierung der Bilanz. Es ist folglich anzunehmen, dass durch die Investition ein Anspruch auf den Erhalt von 11 % der Dividenden (Vergütung der Kapitalerhöhungen gemäß Schätzungen in den Aufstellungen 1 und 4) und des Wertes von EDF bestand. Für die Festlegung dieses Wertes empfiehlt sich die Anwendung eines Modells zur Berechnung des langfristigen Unternehmenswertes, nämlich das Dividendendiskontierungsmodell (in Englisch „dividend discount model“, „DDM“) (37). |
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(186) |
Die Analyseergebnisse mit dem DDM-Modell für eine Investition von 5,88 Mrd. FRF, ausgehend von den in der voraussichtlichen Ergebnisrechnung von EDF 1997-2000 vorgesehenen Dividenden (Vergütung der Kapitalerhöhungen und zusätzliche Vergütung in Aufstellung 1), sind in der Aufstellung 6 mit Angabe des internen Zinsfußes (IRR) der Finanzströme sowie des Nettogegenwartswertes (NPV) für die Zielrentabilitätssätze von 12 %, 6,35 % und 5,58 % (38) dargestellt. Diese Ergebnisse werden für ein Bezugsszenario berechnet, das auf der gängigen Analysepraxis (Aufstellung 6.1) begründet ist, mit drei weniger plausiblen Sensitivitätsanalysen, in denen die Hypothesen des Bezugsszenarios vernachlässigt werden und folglich eine größere Rentabilität für den Aktionär simuliert wird als in dem Bezugsszenario (Aufstellungen 6.2, 6.3 und 6.4). Aufstellung 6 Schätzung der Rentabilität (NPV) einer Investition von 5,88 Mrd. FRF basierend auf dem DDM-Modell, ausgehend von der voraussichtlichen Ergebnisrechnung von EDF 1997-2000 (Aufstellung 1) (Mrd. FRF) 6.1. Zentrales Szenario (vorgesehenes Dividendenwachstum Ende des Zeitraums 1999-2000)
6.2. Sensitivität 1 (ɗ Dividenden = 4,51 % Jahressatz 1997/2000)
6.3. Sensitivität 2 (zentrales Szenario + Erhöhung 11 % Quasi-Eigenmittel)
6.4. Sensitivität 3 (Sensitivität 1 + Erhöhung 11 % Quasi-Eigenmittel)
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(187) |
Aus den Schätzungen der Aufstellung 6 geht hervor, dass wenn der vermeintlich investierte Betrag von 5,88 Mrd. FRF einen Anspruch begründet hat, über einen anteilsmäßigen Prozentsatz der Dividenden und des Wertes von EDF zu verfügen, dann hätte die Transaktion einen deutlich negativen Nettogegenwartswert (– 3,43 Mrd. FRF) aufgewiesen. Damit die Investition ein finanzielles Interesse für einen marktwirtschaftlich handelnden Privatanleger bietet, wäre — entsprechend der geläufigsten Hypothese (Aufstellung 6.1) — nötig gewesen, dass der besonnen handelnde Privatanleger sich mit einer Vergütung zufrieden gibt, die deutlich unter den Opportunitätskosten des Kapitals mit 12 % für eine Platzierung in liquide Aktien von EDF liegt, und auch unter der Vergütung, die für die Obligationen des französischen Staates mit einer Laufzeit von 30 Jahren (6,35 %) und 10 Jahren (5,58 %) im Jahr 1997 bezahlt wurden. Nun, ein besonnen handelnder Privatanleger hätte die Investition unter diesen Bedingungen eindeutig nicht getätigt. |
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(188) |
Diese Schlussfolgerungen ändern sich wertmäßig nicht, wenn als Sensitivitätstest andere Hypothesen angewendet werden, die — obwohl sie weniger plausibel sind — die vermeintliche Investition vermehrt aufwerten (Aufstellungen 6.2 bis 6.4) (39). In allen Fällen liegt die angebotene Rentabilität unter 12 % und sogar unter der Rentabilität, die für die Obligationen des französischen Staates mit Laufzeiten von 30 und 10 Jahren im Jahr 1997 geboten wurde. Durch die Prüfung anderer verfügbarer Variablen aus den voraussichtlichen Betriebsergebnissen von EDF, wie die Prognosen bezüglich der Einnahmen, der Ergebnisse der Haupttätigkeit oder des Nettoergebnisses (Erwägungsgründe 166 bis 168) hätte der besonnen handelnde Privatanleger keine vollständige Trendwende voraussehen können, die später eine bessere Vergütung oder eine Wertschöpfung für den Aktionär Staat erlaubte. Diese 1997 vorhersehbaren und geplanten Entwicklungen untermauern die Schlussfolgerungen und deren Ausdehnung auf den Zeitraum nach dem Jahr 2000, so wie sie von einem besonnen handelnden Privatanleger im Jahr 1997, basierend auf den von den französischen Behörden übermittelten Informationen, vorhergesehen werden konnten. |
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(189) |
Selbst in der Erwägung, dass der besonnen handelnde Privatanleger einen Kapitalgewinn zusätzlich zu der regelmäßigen Rentabilität erhofft hätte, worauf nichts in den von den französischen Behörden übermittelten Informationen und Daten hinweist und was auch angesichts des Status von EDF im Jahr 1997 zu gewagt zu hoffen gewesen wäre, ist ausgeschlossen, dass er die vermeintliche Investition getätigt hätte. Unter diesen Bedingungen zeigt die Anwendung der Prüfung des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers, dass diese Transaktion, selbst wenn die Steuerbefreiung von 5,88 Mrd. FRF faktisch eine Investitionsentscheidung seitens des Aktionärs Staat gewesen wäre, von einem besonnen handelnden Privatanleger, der über Informationen verfügt, die von den französischen Behörden vorgebracht werden, nicht durchgeführt worden wäre. |
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(190) |
In dieser Hinsicht wird die unter Erwägungsgrund 71 genannte Stellungnahme von EDF, laut denen die Steuerbefreiung weder einen nachteiligen Effekt für den Wettbewerb gehabt hätte, noch einen Vorteil verschafft hätte, da EDF in jedem Fall eine gleichartige Finanzierung auf den Kapitalmärkten hätte finden können, von den Tatsachen widerlegt. Es steht fest, dass EDF keine Aktien auf den Märkten hätte ausgeben können, um sich diesen Betrag zu beschaffen. Selbst wenn EDF zweifellos einen Geldgeber hätte finden können, hätte die entsprechende Anleihe oder Obligationenanleihe vergütet werden müssen, aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem höheren Satz als derjenige, den der französische Staat für die Kapitalerhöhungen bei EDF für den Zeitraum 1997-2000 erwartete, und als derjenige der entsprechenden Refinanzierungskosten für Obligationen des Staates im Jahr 1997. Wenn EDF über einen entsprechenden Kapitalbetrag hätte verfügen können, wären die entstandenen Finanzierungskosten deutlich höher als die vermeintliche Investition gewesen. Selbst in diesem Kontext, ohne eine Kapitalrückerstattung zu berücksichtigen, zu der EDF in Bezug auf den Betrag der Steuerbefreiung oder den entsprechenden Betrag der Kapitalerhöhung 1997 nicht verpflichtet war, hätte die Maßnahme durch Senkung der Finanzkosten EDF einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft. |
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(191) |
Selbst wenn das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers anwendbar wäre, lässt angesichts der von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen, die diesen zufolge die Rentabilitätsaussichten und die mit der vermeintlichen Investition in Form einer Steuerbefreiung verbunden Risiken erläuterten, die Anwendung der Prüfung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers darauf schließen, dass ein Privatanleger im Jahr 1997 keinen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer in eine Kapitalerhöhung von EDF investiert hätte. |
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(192) |
Die Nichtentrichtung der 5,88 Mrd. FRF Körperschaftsteuer durch EDF erscheint bei Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers nicht als produktive Investition seitens des Aktionärs Staat. Sie erscheint eher als eine Ausnahmeregelung einer Ad hoc-Steuerbefreiung, die EDF einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat, der dem Betrag der nicht entrichteten Steuer entspricht. Ein solcher Vorteil stärkt zwangsläufig die Position von EDF im Vergleich zu den Wettbewerbern, da der Betrag des Eigenkapitals neben anderen Faktoren die Leistungsfähigkeit und die externen Finanzierungsbedingungen eines Unternehmens festlegt, während zudem die so eingesparten Mittel für andere Zwecke verwendet werden konnten, wie vor allem die Investition in Frankreich oder andere Mitgliedstaaten, in denen Wettbewerber 1997 ihre Tätigkeit ausübten. |
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(193) |
Der wirtschaftliche Vorteil schafft folglich eine Wettbewerbsverfälschung gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Der Vorteil ist selektiv, da die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer für einen Teil der Betriebsrücklagen eine Ausnahme von der normalerweise auf eine solche Transaktion anwendbaren steuerlichen Behandlung darstellt und, im vorliegenden Fall, diese Ausnahme nur bei dem Unternehmen EDF angewendet wurde. |
9.2. STAATLICHE MITTEL
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(194) |
Der Begriff der Beihilfe deckt nicht nur positive Leistungen wie die Subventionen ab, sondern auch sämtliche Interventionen der öffentlichen Behörden, welche die Lasten verringern, die normalerweise den Haushalt eines Unternehmens belasten, und die identische Auswirkungen haben wie Subventionen (40). Gemäß einer ständigen Rechtsprechung (41) entspricht die Nichterhebung einer Steuer durch den Staat, die hätte erhoben werden müssen, dem Verbrauch einer staatlichen Ressource. |
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(195) |
Diese Nichterhebung der gesamten Körperschaftsteuer für das Geschäftsjahr 1997 ergibt sich direkt aus den steuerlichen Maßnahmen, die von den französischen Behörden ergriffen worden waren, um einen staatlichen Akt umzusetzen, nämlich das Gesetz Nr. 97-1026 vom 10. November 1997. |
9.3. WETTBEWERBSVERFÄLSCHUNG UND BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS ZWISCHEN MITGLIEDSTAATEN
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(196) |
Seit der Gründung im Jahr 1946 und bis zum Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG genoss EDF auf dem französischen Markt eine Monopolstellung mit ausschließlichen Rechten für den Transport, die Verteilung sowie den Import und Export von Strom. Dennoch konkurrierte EDF bereits vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG mit den Stromproduzenten der anderen Mitgliedstaaten. Obendrein herrschte auf den verwandten Märkten, die keinen ausschließlichen Rechten unterlagen, auf denen EDF bereits ihre Aktivitäten über die ausschließlichen Rechte hinaus diversifiziert hatte, sowohl in geografischer als auch in sektorieller Hinsicht, ein freier Wettbewerb. Es gab also bereits vor der in der Richtlinie 96/92/EG vorgesehenen Liberalisierung Auswirkungen auf den Wettbewerb. |
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(197) |
Der Strom war Gegenstand eines bedeutenden und zunehmenden Handels zwischen den Mitgliedstaaten, an dem sich EDF aktiv beteiligte. Dieser Handel, der durch die Annahme der Richtlinie 90/547/EWG des Rates (42) verstärkt wurde, erfolgte auf der Grundlage von Handelsabkommen zwischen den verschiedenen Betreibern von Hochspannungsnetzen in den Mitgliedstaaten. In den europäischen Ländern der OECD haben sich die Stromimporte zwischen 1980 und 1990 um einen jährlichen Satz von durchschnittlich mehr als 7 % erhöht. Von 1981 bis 1989 hat EDF den Überschuss seiner Stromhandelsbilanz verneunfacht und Nettoexporte von 42 TWh erzielt, die 10 % der Gesamtproduktion ausmachen. 1985 exportierte EDF bereits 19 TWh in die anderen Mitgliedstaaten. |
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(198) |
Selbst vor dem Inkrafttreten der Richtlinie 96/92/EG im Februar 1999 hatten einige Mitgliedstaaten bereits im nationalen Alleingang Maßnahmen zur Öffnung ihres Strommarktes ergriffen. Insbesondere das Vereinigte Königreich hat 1990 seinen Markt zu 100 % für die großen Industriekunden geöffnet. Schweden hat seinen Markt 1996 zu 100 % geöffnet, Finnland hat 1995 mit der Marktöffnung begonnen und 1997 100 % erreicht, Deutschland hat den Markt 1998 zu 100 % geöffnet und die Niederlande haben ihn 1998 vollständig für die Industriekunden geöffnet. Unter diesen Bedingungen könnten die staatlichen Beihilfen, die Unternehmen gewährt werden, die über ein Monopol in einem Mitgliedstaat verfügen, der aktiv am Handel innerhalb der EU teilnimmt, wie dies bei EDF der Fall ist, selbst vor dem Datum, das in der Richtlinie für die Öffnung für den Wettbewerb festgelegt ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV beeinträchtigen. |
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(199) |
In seinem Jahresbericht 1997 gibt EDF an, dass sich das Unternehmen „mit Investitionen von mehr als 13 Mrd. FRF außerhalb Frankreichs, einem Kraftwerkspark, dessen installierte Leistung fast 11 % der Leistung des französischen Parks ausmacht, und mehr als acht Millionen Kunden unter den führenden internationalen Marktteilnehmern der Strombranche“ befindet. In dem Bericht wird auch unterstrichen, dass EDF im Jahr 1997 „seine Investitionen in Europa vermehrt und verstärkt hat, indem es seine Präsenz auf Österreich und auf Polen ausgeweitet hat“ und dass es „mehr als 70 TWh in Europa exportiert“ hat. Diese Exporte wurden im Wettbewerb mit alternativen Lieferanten auf den betreffenden Märkten geliefert. |
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(200) |
Der am 8. April 1997 zwischen dem Staat und EDF unterzeichnete Werkvertrag 1997-2000 sieht vor, dass EDF etwa 12-13 Mrd. FRF für seine internationalen Investitionen aufwenden wird, wobei die Regionen Europas zu den Prioritäten gehören werden. Zwischen 2000 und 2002 hat EDF ein Drittel des Kapitals des deutschen Unternehmens EnBW übernommen, die Produktions- und Verteilungskapazitäten seiner britischen Tochtergesellschaft London Electricity erhöht, die Direktkontrolle über das italienische Unternehmen Fenice übernommen und ist eine Partnerschaft mit Fiat für den Kauf von Montedison (später Edison) eingegangen. |
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(201) |
Im Jahr 1997 hat SDS, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von EDF, ihre Aktivitäten in Zusammenhang mit der Erbringung von Dienstleistungen für Einzelkunden, Unternehmen und lokale Behörden zusammengefasst. SDS war in den Bereichen Abfallbehandlung, Straßenbeleuchtung und anderen Dienstleistungen in Zusammenhang mit der Energie tätig, mit einem Beitrag zum Jahresgeschäft im Gegenwert von 685 Mio. EUR im Jahr 1998 gegenüber 650 Mio. EUR im Jahr 1997. Im Jahr 2000 ist EDF eine Partnerschaft mit Veolia Environnement über die Gesellschaft Dalkia eingegangen, die europäischer Marktführer für Energiedienstleistungen an Unternehmen und Körperschaften ist. Dalkia bietet technische Dienste und Wartungsdienste im Energiebereich an, verwaltet Erhitzungsanlagen und technische Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Funktionieren der Gebäude und stellt die Nutzung der Fernwärmenetze, der Kraft-Wärme-Kopplungs-Netze, der gesamten Energieerzeugungsnetze und der Netze für Industrieflüssigkeiten sicher. |
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(202) |
Das Unternehmen EDF weitete seine Tätigkeiten auch auf den Markt für erneuerbare Energien aus. Im Jahr 1997 hat die Holdinggesellschaft CHART, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von EDF, ihre Aktivitäten im Bereich der erneuerbaren Energien wie Geothermik und Windkraft zusammengefasst. Ihr Beitrag zum konsolidierten Umsatz betrug damals 70 Mio. EUR. |
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(203) |
Als Stromerzeuger und -versorger konkurrierte und konkurriert EDF schließlich sowohl auf dem nationalen Markt als auch auf den internationalen Märkten mit den Lieferanten anderer Ersatzenergiequellen wie Kohle, Erdöl und Gas. In Frankreich beispielsweise hat EDF mit Erfolg eine Kampagne zur Förderung der Nutzung von Strom zum Heizen eingeleitet. Das Unternehmen hat somit seinen Marktanteil gegenüber den Wettbewerbern, die Ersatzenergiequellen wie Erdöl oder Gas liefern, erhöht. Im Stahlsektor konkurrieren die Elektroöfen mit den Gas- und Ölöfen. Daraus folgt, dass eine Maßnahme wie die, um die es im vorliegenden Fall geht, in der Lage ist, den Wettbewerb zu verfälschen, der mit alternativen Lieferanten, wie z. B. Gaz de France, stattfand. |
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(204) |
EDF nimmt somit im Jahr 1997 einen bedeutenden Platz im Stromhandel zwischen den Mitgliedstaaten ein, während heutzutage der Strommarkt in Frankreich vollständig offen ist und zahlreiche europäische Lieferanten präsent sind. Es ist somit offensichtlich, dass EDF im Jahr 1997 auf bestimmten Märkten anderer Mitgliedstaaten bereits stark vertreten war und dass die Beihilfe, die sich daraus ergeben hat, dass EDF die Körperschaftsteuer für einen Teil der Betriebsrücklagen nicht gezahlt hat, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zwangsläufig beeinträchtigen musste. |
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(205) |
Die vorangehenden Erwägungen wurden in dem Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens dargelegt. Weder Frankreich noch EDF haben in ihren Stellungnahmen bestritten, dass die Beihilfe in der Lage ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. |
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(206) |
Somit stellt, soweit die vier in Artikel 107 Absatz 1 AEUV genannten Kriterien erfüllt sind, die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer seitens EDF für einen Teil der Betriebsrücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des RAG gebildet wurden, eine staatliche Beihilfe dar. Es ist nun die Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt zu prüfen. |
10. PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT DER BEIHILFE MIT DEM BINNENMARKT
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(207) |
Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind Beihilfen, welche die in dem Artikel dargelegten Kriterien erfüllen, grundsätzlich nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es dem Mitgliedstaat, die Gründe und Elemente jeglicher Art geltend zu machen, wegen denen eine staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (43). Im vorliegenden Fall wurden von der Französischen Republik diesbezüglich keine Gründe geltend gemacht und keine Elemente angeführt. |
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(208) |
Die in Artikel 107 Absatz 2 AEUV vorgesehenen Ausnahmen sind im vorliegenden Fall wegen der Art der Beihilfe nicht anwendbar, weil die Beihilfe nicht die im besagten Absatz aufgeführten Ziele verfolgt. |
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(209) |
Die in Rede stehende Beihilfe erfüllt auch nicht die Voraussetzungen, die für die Ausnahmen nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben a und c AEUV für Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung bestimmter Gebiete vorgesehen sind; dies gilt insbesondere, da die Maßnahme eine Betriebsbeihilfe darstellt, denn sie ist nicht an Investitionen oder an die Schaffung von Arbeitsplätzen geknüpft, wie es die Regionalbeihilfeleitlinien fordern (44). |
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(210) |
Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV sieht auch eine Ausnahme für Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige vor, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Im vorliegenden Fall fällt die geprüfte Beihilfemaßnahme nicht unter diese Ausnahme. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Ausnahme vom anwendbaren Steuerrecht, von der nur ein einziges Unternehmen profitiert, zur Förderung der Entwicklung eines Wirtschaftszweigs bestimmt ist. Ihr einziges Ziel besteht in der Tat darin, ein Unternehmen zu stützen, indem dessen Betriebskosten gesenkt werden. |
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(211) |
Was die in Artikel 107 Absatz 3 Buchstaben b und d AEUV vorgesehenen Ausnahmen anbelangt, so ist die in Rede stehende Beihilfemaßnahme weder dazu bestimmt, Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse zu fördern oder eine beträchtliche Störung im französischen Wirtschaftsleben zu beheben, noch die Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes zu fördern. |
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(212) |
Somit sind die Vereinbarkeitskriterien des Artikels 107 Absätze 2 und 3 AEUV nicht erfüllt. Im Hinblick auf den Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen haben sich die französischen Behörden bezüglich des Steuervorteils nicht auf die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 AEUV gestützt, aber sie haben die Tatsache unterstrichen, dass EDF Gemeinwohlaufgaben erfüllt. Die französischen Behörden haben jedoch keine Bewertung der Kosten vorgelegt, die EDF durch diese Aufgaben entstanden sind. Die Kommission kann also nicht feststellen, ob der zur Debatte stehende Steuervorteil die eventuellen zusätzlichen Kosten ausgleicht oder nicht, die im Zusammenhang mit diesen Gemeinwohlaufgaben entstehen, mit denen das Unternehmen betraut wurde. In jedem Fall ist, wenn die Nichtentrichtung der Steuer als Ausgleich für die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu betrachten ist, nicht erwiesen, dass dieser Ausgleich im Vorfeld nach transparenten und objektiven Kriterien festgelegt und in Anlehnung an die Kosten eines effizienten Unternehmens berechnet wurde. |
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(213) |
Die Überprüfung der Einhaltung der im Altmark-Urteil (45) formulierten Voraussetzungen, die eine Ausnahme vom Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV ermöglichen, sowie die Überprüfung der Kriterien für die Anwendbarkeit des Artikels 106 Absatz 2 AEUV, auf den sich die französischen Behörden zudem nicht stützen, sind also im vorliegenden Fall nicht möglich. |
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(214) |
Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen hat es den Anschein, dass die geprüfte Beihilfe eine Betriebsbeihilfe darstellt, die eine Verstärkung der Wettbewerbsstellung von EDF gegenüber ihren Wettbewerbern bewirkt hat. Unter diesen Bedingungen wäre sie mit dem Binnenmarkt unvereinbar. |
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(215) |
Die Kommission ist auch der Auffassung, dass die Verjährungsfrist entgegen der Behauptung der französischen Behörden im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Zugegebenermaßen hat EDF von 1987 bis 1996 Betriebsrücklagen im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildet. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass einerseits dem Nationalrat für Rechnungsführung zufolge die Korrekturen von Fehlern, die sich aufgrund ihrer Art selbst auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden müssen, in dem sie festgestellt werden, und dass andererseits das Gesetz, dem zufolge die Ansprüche des Abtretenden unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft werden, ohne der Körperschaftsteuer zu unterliegen, vom 10. November 1997 stammt. Der Steuervorteil geht also auf das Jahr 1997 zurück, und die Verjährung ist nicht auf eine neue Beihilfe anwendbar, die zu diesem Zeitpunkt ausgezahlt wurde, da die erste Handlung der Kommission in Bezug auf diese Maßnahme am 10. Juli 2001 erfolgte. Zudem setzt gemäß Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 das Streitverfahren die Verjährungsfrist aus. |
11. SCHLUSSFOLGERUNG
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(216) |
Die Kommission stellt fest, dass Frankreich die in Rede stehende Beihilfe unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt hat. Die Kommission ist der Auffassung, dass die Befreiung von der Körperschaftsteuer in Höhe von 5 882 849 762 FRF im Rahmen der durch das Gesetz Nr. 97-1026 vorgesehenen Neueinstufung der Betriebsrücklagen, die den bereits durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen des allgemeinen Versorgungsnetzes in Höhe von 14 119 065 335 FRF entsprechen, als Kapitalerhöhung eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstellt. |
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(217) |
Gemäß Artikel 108 Absatz 2 AEUV ist die Kommission, sobald sie feststellt, dass eine Beihilfe mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, dazu befugt, dem Mitgliedstaat vorzuschreiben, die besagte Beihilfe aufzuheben oder umzugestalten. Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 besagt: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung‘ genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.“ |
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(218) |
Die Kommission verpflichtet den betreffenden Mitgliedstaat zur Rückforderung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe, um die frühere Lage wiederherzustellen (46). Der Gerichtshof ist diesbezüglich der Ansicht, dass dieses Ziel erreicht ist, wenn die Empfänger die Beträge, die ihnen rechtswidrig als Beihilfe gewährt wurden, zurückerstattet haben und somit den Vorteil, den sie gegenüber ihren Wettbewerbern hatten, verloren haben. Auf diese Weise wird die Lage vor der Gewährung der Beihilfe wiederhergestellt (47). |
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(219) |
Im vorliegenden Fall scheint es, dass die Rückforderung der festgestellten rechtswidrigen Beihilfe gegen keinen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verstößt. Insbesondere wurden weder von Frankreich noch von den Beteiligten Argumente in diesem Sinne vorgebracht. |
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(220) |
Daraus folgt, dass Frankreich alle erforderlichen Maßnahmen treffen muss, um die rechtswidrige Beihilfe in Form einer Befreiung von der Körperschaftsteuer in Höhe von 5 882 849 762 FRF für die Neueinstufung eines Teils der Rücklagen in Höhe von 14 119 065 335 FRF als Kapital von EDF zurückzufordern. |
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(221) |
Nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (48) müssen die französischen Behörden bei dieser Rückforderung zu dem Betrag der Beihilfe die Zinsen ab dem Zeitpunkt, an dem die unvereinbare Beihilfe dem Unternehmen zur Verfügung stand, d. h. ab dem Tag der Fälligkeit der Körperschaftsteuer für das Steuerjahr 1997, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung hinzu addieren (49). |
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(222) |
Im Rahmen der Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit, die Frankreich im Rahmen des Rückforderungsverfahrens obliegt, ist dieser Betrag im Laufe des Verfahrens genauer festzulegen, und zwar auf der Grundlage von Informationen, die von den französischen Behörden übermittelt werden und die, unter anderem die Wechselkurse zwischen ECU/EUR und dem französischen Franc (FRF) berücksichtigen, die eventuell für die von EDF gezahlten Tranchen der Körperschaftsteuer im Jahr 1997 sowie für die Rückzahlung der Beihilfe an EDF nach der Aufhebung der ersten Negativentscheidung im Jahr 2009 galten. Im vorliegenden Fall sind keine Zinsen für den Zeitraum zu bezahlen, in dem die Beihilfe dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung stand, d. h. für den Zeitraum zwischen der tatsächlichen Rückforderung der Beihilfe durch Frankreich und der Rückzahlung an EDF. Eventuell von Frankreich an EDF gezahlte Zinsen sind dennoch zu berücksichtigen. |
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(223) |
Die französischen Behörden müssen den vorgenannten Betrag innerhalb einer Frist von vier Monaten ab dem Tag der Bekanntgabe dieses Beschlusses zurückfordern. |
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(224) |
Sofern ein Mitgliedstaat auf unvorhersehbare Schwierigkeiten oder Umstände stößt, die von der Kommission nicht vorhergesehen waren, können diese Probleme zusammen mit Vorschlägen für geeignete Änderungen nach geltender Rechtsprechung der Kommission mitgeteilt werden, damit diese sie beurteilt. In diesem Fall arbeiten die Kommission und der Mitgliedstaat nach Treu und Glauben zusammen, um unter vollständiger Einhaltung der Bestimmungen (50) des AEUV eine Lösung für diese Schwierigkeiten zu finden. |
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(225) |
Die Kommission fordert Frankreich folglich auf, ihr unverzüglich alle Probleme mitzuteilen, mit denen sich Frankreich bei der Durchführung des vorliegenden Beschlusses konfrontiert sieht — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
(1) Die Befreiung von der Körperschaftsteuer in Höhe von 5 882 849 762 FRF zugunsten von Electricité de France im Rahmen der Neueinstufung als Kapital der Rücklagen, die dem Gegenwert der konzessionierten Sachwerte des allgemeinen Versorgungsnetzes entsprechen, stellt eine staatliche Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.
(2) Die in Absatz 1 genannte Beihilfe, die die Französische Republik rechtswidrig gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.
Artikel 2
(1) Die Französischen Republik fordert den Gegenwert in Euro der in Artikel 1 genannten Beihilfe vom Empfänger zurück.
(2) Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.
(3) Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.
Artikel 3
(1) Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.
(2) Die Französische Republik stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.
Artikel 4
(1) Die Französische Republik übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:
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a) |
Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der vom Empfänger zurückzufordern ist; |
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b) |
ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen; |
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c) |
Unterlagen, die belegen, dass eine Rückzahlungsanordnung an den Empfänger ergangen ist. |
(2) Die Französische Republik unterrichtet die Kommission über den Fortgang ihrer Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt die Französische Republik unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt die Französische Republik ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Empfänger bereits zurückgezahlt wurden.
Artikel 5
Dieser Beschluss ist an die Französische Republik gerichtet.
Brüssel, den 22. Juli 2015
Für die Kommission
Margrethe VESTAGER
Mitglied der Kommission
(1) Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Mit dem AEUV wurden auch terminologische Änderungen eingeführt, zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“, von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ und von „Gericht erster Instanz“ durch „Gericht“. In diesem Beschluss wird durchgängig die Terminologie des AEUV verwendet.
(2) ABl. C 280 vom 16.11.2002, S. 8.
(3) ABl. L 49 vom 22.2.2005, S. 9.
(4) Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2009 in der Rechtssache T-156/04, EDF/Kommission, Slg. 2009, II-04503.
(5) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318.
(6) ABl. C 186 vom 28.6.2013, S. 73.
(7) Antwort der französischen Behörden vom 23. Dezember 2013, Randnummern 71 und 72.
(8) Sonderbericht über die Konzessionen von EDF Nr. 1993 vom 10. Oktober 1994.
(9) Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20).
(10) Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).
(11) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 84.
(12) „ Does the 1997 recapitalisation of EDF by the French State meet the private investor test? “. Abschlussbericht vom 15. Oktober 2013.
(13) Werkvertrag Staat/EDF 1997-2000, unterzeichnet am 8. April 1997.
(14) Schreiben des Ministers für Wirtschaft und Finanzen sowie des Ministers für Industrie, Post und Telekommunikation an den Vorstand von EDF vom 12. Juli 1996, Schreiben des Ministers für Wirtschaft und Finanzen, des für den Haushalt zuständigen Ministers und des Ministers für Industrie, Post und Telekommunikation an den Vorstand von EDF vom 22. April 1997.
(15) Schreiben des Finanzdirektors von EDF an den Leiter der Dienststelle für Finanzierungen und Beteiligungen der Staatskasse vom 19. Februar 1997; Anmerkung zur Analyse seitens EDF vom 27. Juli 1996 über die Vergütung des Aktionärs, die am 15. September 1997 an den Senat übermittelt wurde.
(16) Begründung des Artikels 45 des am 5. April 1997 verabschiedeten Gesetzentwurfs mit verschiedenen wirtschaftlichen und finanziellen Bestimmungen; von dem Abgeordneten Didier MIGAUD vorgelegter Bericht des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und Planung der Nationalversammlung vom 10. September 1997 über den Gesetzentwurf Nr. 201 mit dringenden Maßnahmen steuerlicher und finanzieller Art; am 24. September 1997 vorgelegter Bericht des Senators Alain Lambert über den Gesetzentwurf mit dringenden Maßnahmen steuerlicher und finanzieller Art; Rede des Ministers für Wirtschaft, Finanzen und Industrie zur Vorstellung des Gesetzentwurfs mit dringenden Maßnahmen steuerlicher und finanzieller Art (mesures urgentes à caractère fiscal et financier, MUFF) vor dem Senat am 2. Oktober 1997.
(*1) Geschäftsgeheimnis.
(17) Der Vertrag bezieht sich auf die Richtlinie 96/92/EG. Diese Richtlinie, wie auch die nachfolgenden Richtlinien, sah keine Vorschriften in Bezug auf den Gesellschaftsstatus der Erzeuger, Lieferanten und Verteiler von Strom im Binnenmarkt vor.
(18) Die Änderungen in Bezug auf den Vortrag auf neue Rechnung gehören nicht zu den Auswirkungen des Artikels im strengen Sinn, aber sie sind eine sich daraus ergebende logische Konsequenz.
(19) Die Rentabilität für den Aktionär Staat erklärt sich durch die Schwäche der Bemessungsgrundlage der Kapitalerhöhungen von 36 Mrd. FRF (Nenner des Quotienten) und durch die Bedeutung der Betriebsrücklagen. Nach deren Verbuchung wurde bis 1996 das jährliche Nettoergebnis von EDF negativ. Der negative Vortrag auf neue Rechnung der Ergebnisrechnung wirkte sich in Form eines Verzehrs der Eigenmittel in der Bilanz aus, die mit 24,2 Mrd. FRF angesetzt waren (vgl. Aufstellung 2, Spalte „Ende 1996“, die zeigt, wie die Eigenmittel von EDF durch einen negativen Vortrag auf neue Rechnung in Höhe von 20,2 Mrd. FRF beschnitten wurden, vor der durch den Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97-1026 eingeführten Änderung). Da keine Steuer auf die negativen Ergebnisse erhoben wurde, ging die stark positive Rentabilität für den Aktionär Staat zu Lasten des steuereinziehenden Staates.
(20) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 82.
(21) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 83.
(22) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 84.
(23) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 104.
(24) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 86.
(25) Urteil Kommission/EDF, C-124/10P, EU:C:2012:318, Rn. 95.
(26) Oxera-Studie, Nummern 3.3, 3.24-3.25.
(27) Oxera-Studie, Aufstellung A2.2.
(28) Oxera-Studie, Nummer 3.3.
(29) Oxera-Studie, Nummern 3.3, 3.15, Aufstellung 3.2, Aufstellung 3.8 für den Beta-Koeffizient und Anhang 5.
(30) Oxera-Studie, Nummer 3.5, 3.13, 3.20 bis 3.23.
(31) Jahresdurchschnitt des Tageszinssatzes der französischen Staatsanleihen mit 30 und 10 Jahren, Quelle Banque de France: Referenzsätze der französischen Schatzanweisungen und Staatsschuldverschreibungen (obligations assimilables du trésor, OAT), http://www.banque-france.fr/economie-et-statistiques/changes-et-taux.
(32) Die Beweiskraft einer Rentabilitätsberechnung auf den Gesamtbetrag des festliegenden Eigenkapitals eines Unternehmens in Bezug zu demjenigen Kapital, das in Form von Kapitalerhöhungen investiert wurde, wird durch die Tatsache bestätigt, dass in dem Vertrag zwischen dem Staat und EDF für den Zeitraum 2001-2003 die mit einem Prozentwert (37,5 %) des Nettoergebnisses bezifferte Vergütung des Staates in eine Spanne zwischen einem Minimum (1,5 %) und einem Maximum (4,5 %) der Bemessungsgrundlage des Eigenkapitals eingereiht wurde. Antwort der französischen Behörden vom 23. Dezember 2013, Randnummer 53.
(33) Jahresbericht EDF 1997, S. 103.
(34) In Artikel 2 der Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 (K(2003) 4637 endg. (ABl. L 49 vom 22.2.2005, S. 9) hat die Kommission entschieden, keine Einwendungen gegen die Reform des für die Strom- und Gaswirtschaft geltenden Rentensystems zu erheben, dem EDF unterstand. Diese Reform führte dazu, dass die Belastungen und Verpflichtungen der Rentenbelastungen des speziellen Systems für das Personal von EDF und der anderen daran beteiligten Unternehmen an das allgemeine Sozialversicherungssystem übertragen wurden.
(35) Dieses Modell bewertet die Zielrentabilität, die ein Anleger in das Kapital eines Unternehmens (k) als Ergebnis einer Erhöhung der Rentabilität einer risikolosen oder risikoarmen Finanzanlage fordert, i. e. eine Staatsobligation in dem Referenz-Finanzmarkt (rf), wobei eine Marktrisikoprämie den risikoreicheren Charakter einer Investition in Aktien widerspiegelt (Km – rf), die mit einem speziellen Risikokoeffizienten der Aktie des betroffenen Unternehmens (ß) multipliziert wird, der vorzugsweise der des Unternehmens selbst oder, andernfalls, der vergleichbarer Unternehmen, die als Bezugsgröße verwendet werden, sein kann. Der Parameter ß muss bei einem nicht verschuldeten Unternehmen geschätzt werden (gearing), um das inhärente Risiko (der Aktie) des Unternehmens in Bezug auf den Markt zu messen. Die Modellformel lautet k = rf + β × (Km – rf). Die Kommission hat das CAPM-Modell zur Schätzung der erforderlichen Rentabilität von Kapitalinvestitionen in ein Unternehmen angewendet, welche von dem Gericht der Europäischen Union gebilligt wurde: Urteil Spanien/Kommission, „Ciudad de la Luz“, T-319/12, EU:T:2014:604, Rn. 48 bis 66. Für eine ausführlichere Beschreibung, vgl. Vernimmen et al. „Corporate Finance“ John Wiley & Sons ed. 2nd edition, 2009, ch. 22, zu den Ergebnissen von Untersuchungen zur Häufigkeit der Verwendung von Bewertungsmethoden, vgl, S. 460. Die theoretischen Grundlagen und eine zahlenmäßige Anwendung des CAPM auf den vorliegenden Fall sind auch in der von Oxera im Auftrag von EDF durchgeführten Studie enthalten (Erwägungsgrund 70), insbesondere in Anhang I.
(36) Vernimmen et al. „Corporate Finance“ John Wiley & Sons ed. 2nd edition, 2009, S. 433-4.
(37) Das DDM-Modell stellt den Wert des Unternehmens basierend auf der (letzten) bezahlten Dividende (Dt), der Dividendenwachstumsrate (ɗD) und der Zielvergütung oder den Opportunitätskosten des Kapitals (K) gemäß der Formel Vr = Dt (1 + ɗD)/(K – ɗD) dar. Das DDM-Modell wird auch in der Oxera-Studie im Auftrag von EDF verwendet (Nummern 3.27-3.31, Aufstellung 3.4), aber mit anderen und teilweise sehr unrealistischen Werten. Die Oxera-Studie geht von einer Dividendenwachstumsrate von 9,3 % pro Jahr aus. Dividendenwachstumsraten sind, in einer unbefristeten Berechnung wie der des DDM-Modells, mit dem Wachstum des Unternehmens verknüpft. Wachstumsraten von 9,3 %, die deutlich höher als die Inflation und die langfristige Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts („BIP“) sind, implizieren, dass EDF sich im Laufe der Zeit das gesamte BIP Frankreichs aneignen würde.
(38) Ein negativer Nettogegenwartswert für einen gegebenen Zinssatz (Diskontierung — Finanzierung) gibt an, dass die Investition bei diesem Zinssatz nicht rentabel ist. Ein positiver interner Zinsfuß (positiver IRR) gibt den effektiven Zinssatz an, zu dem die erwarteten Finanzströme eine Investition vergüten.
(39) Die Hypothese, dass die Dividende von EDF um 4,51 % steigen würde (Sensitivität 1, Aufstellung 6.2) erscheint optimistisch; sie entsteht durch eine Glättung der Wachstumsrate für die vier Jahre der Prognose 1997-2000. Da außerdem in der geläufigen Praxis das berücksichtigte Wachstum der Dividenden dasjenige am Ende des Zeitraums ist (zentrales Szenario), mussten die von EDF zu bezahlenden Dividenden faktisch 1997-2000 im Vergleich zu 1991-1996 sowie 1999 und 2000 im Vergleich zu 1998 sinken. In jedem Fall ist ein unbefristeter Satz von 4,51 % als absoluter Wert hoch. Die Hypothese (Sensitivität 2, Aufstellung 6.3) der Aufstockung durch den Aktionär — oder der Bezahlung durch den Käufer — (eines Anteils) der Quasi-Eigenmittel von EDF, wie diese 1997 bei dem objektiven Wert von EDF, so wie dieser berechnet wurde, eingeschätzt wurden, berücksichtigt nicht den ordnungsgemäßen Charakter einiger Eigenmittel (Rücklagen). Diese Hypothese in Kombination mit dem DDM-Modell ist ebenso optimistisch, denn sie bedeutet, dass dem Aktionär (ein Anteil von 11 %) der Quasi-Eigenmittel (außer gezeichnetes Kapital) zugewiesen wird, was dem Unternehmen ermöglicht, eventuelle Verluste zu absorbieren und langfristig in der Lage zu sein, eine regelmäßige Dividende und Vergütung an den Aktionär zu bezahlen. Sie setzt voraus, dass die 1997-2000 festgelegten Quasi-Eigenmittel von EDF unbefristet verfügbar bleiben, während in dem DDM-Modell andere Vergütungsquellen als Dividenden nicht berücksichtigt werden. Dies ist somit eine wenig vertretbare Hypothese. Die Kumulierung beider Hypothesen (Sensitivität 3, Aufstellung 6.4) bündelt deren jeweilige Nachteile oder Schwächen und macht die Ergebnisse der Berechnung noch unwahrscheinlicher und gewagter.
(40) Urteil Gezamenlijke Steenkolenmijnen/Hohe Behörde, 30/59, EU:C:1961:2; Urteil Banco de Crédito Industrial, C-387/92, EU:C:1994:100; Urteil SFEI, C-39/94, EU:C:1996:285; Urteil Frankreich/Kommission, C-241/94, EU:C:1996:353; Urteil FFSA/Kommission, T-106/95, EU:T:1997:23.
(41) Siehe insbesondere das Urteil Ladbroke/Kommission, T-67/94, EU:T:1998:7, Rn. 109.
(42) Richtlinie 90/547/EWG des Rates vom 29. Oktober 1990 über den Transit von Elektrizitätslieferungen über große Netze (ABl. L 313 vom 13.11.1990, S. 30).
(43) Urteil Italien/Kommission, C-364/90, EU:C:1993:157, Rn. 20.
(44) Leitlinien für Regionalbeihilfen (ABl. C 209 vom 23.7.2013, S. 1).
(45) Urteil Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C-280/00, EU:C:2003:415.
(46) Urteil Spanien/Kommission, C-278/92, C-279/92 und C- 280/92, EU:C:1994:325, Rn. 75.
(47) Urteil Belgien/Kommission, C-75/97, EU:C:1999:311, Rn. 64-65.
(48) Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).
(49) Siehe Artikel 14 Absatz 2 der (vorgenannten) Verordnung (EG) Nr. 659/1999.
(50) Urteil Kommission/Deutschland, C-94/87, EU:C:1989:46, Rn. 9, und Urteil Kommission/Italien, C-348/93, EU:C:1995:95, Rn. 17.