ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 269

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

58. Jahrgang
15. Oktober 2015


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2015/1824 der Kommission vom 23. Juli 2014 über die Maßnahmen Deutschlands zugunsten des Flughafens Niederrhein (Weeze) und der Flughafen Niederrhein GmbH — SA.19880 und SA.32576 (ex NN/2011, ex CP/2011) (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 5084)  ( 1 )

1

 

*

Beschluss (EU) 2015/1825 der Kommission vom 31. Juli 2014 über die nicht angemeldete staatliche Beihilfe SA.34791 (2013/C) (ex 2012/NN) — Belgien — Rettungsbeihilfe für die Val Saint-Lambert SA (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 5402)  ( 1 )

47

 

*

Beschluss (EU) 2015/1826 der Kommission vom 15. Oktober 2014 zu der von der Slowakei durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.33797 — (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von NCHZ (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 7359)  ( 1 )

71

 

*

Beschluss (EU) 2015/1827 der Kommission vom 23. März 2015 über die staatliche Beihilfe SA.28876 (12/C) (ex CP 202/09) Griechenlands für Piraeus Container Terminal S.A. & Cosco Pacific Limited (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 66)  ( 1 )

93

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

15.10.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 269/1


BESCHLUSS (EU) 2015/1824 DER KOMMISSION

vom 23. Juli 2014

über die Maßnahmen Deutschlands zugunsten des Flughafens Niederrhein (Weeze) und der Flughafen Niederrhein GmbH — SA.19880 und SA.32576 (ex NN/2011, ex CP/2011)

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 5084)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung nach den vorgenannten Artikeln (2) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Im Zeitraum von 2003 bis 2006 hat die Kommission mehrere Beschwerden erhalten, denen zufolge die regionalen Behörden rechtswidrige staatliche Beihilfen für den Airport Weeze/Niederrhein (im Folgenden „Flughafen“ bzw. „Flughafen Weeze“) gewährt haben.

(2)

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2005, 2. März 2007, 3. August 2007, 19. Oktober 2010 und 1. April 2011 forderte die Kommission Informationen im Zusammenhang mit diesen Beschwerden von Deutschland an.

(3)

Deutschland beantwortete die Auskunftsersuchen mit Schreiben vom 21. Dezember 2005, 2. Februar 2006, 14. Juni 2007, 18. Oktober 2007, 11. November 2010 und 30. Mai 2011. Die Antwort von Deutschland vom 30. Mai 2011 war jedoch unvollständig, da nicht auf Fragen zu Problemen im Zeitraum vor Juli 2009 eingegangen wurde. Deutschland gab an, die Antwort auf diese Probleme zu verweigern, da diese Probleme bereits Gegenstand einer Untersuchung waren, die die Kommission angeblich im Juli 2009 abgeschlossen hatte.

(4)

Am 24. August 2011 sendete die Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (3) (im Folgenden „Verfahrensverordnung“) eine Erinnerung an Deutschland mit der Möglichkeit, die Informationen bis zum 19. September 2011 bereitzustellen. Die Kommission fügte hinzu, dass sie eine Anordnung zur Auskunftserteilung in Betracht ziehen werde, wenn innerhalb dieser Frist keine Antwort eingeht.

(5)

Deutschland bat mit E-Mail vom 13. September 2011 um eine Verlängerung der Frist bis zum 19. Oktober 2011. Die Kommission bewilligte die erbetene Fristverlängerung.

(6)

Deutschland sendete die Antwort am 19. Oktober 2011. Sie war jedoch weiterhin unvollständig, da Deutschland an der Weigerung festhielt, auf Probleme in Zeiträumen vor Juli 2009 zu antworten.

(7)

Die Kommission teilte Deutschland mit Schreiben vom 25. Januar 2012 ihren Beschluss zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die vorgenannte unrechtmäßig gewährte Beihilfe mit (im Folgenden „Eröffnungsbeschluss“).

(8)

Mit E-Mail vom 1. Februar 2012 beantragte Deutschland eine Verlängerung der im Eröffnungsbeschluss genannten Frist zur Stellungnahme. Diese Verlängerung wurde von den Kommissionsdienststellen mit E-Mail vom 10. Februar 2012 bewilligt.

(9)

Deutschland übermittelte seine Anmerkungen am 13. März 2012 an die Kommission und ergänzte sie am 4. März 2013 durch weitere Dokumente.

(10)

Eine Berichtigung des Eröffnungsbeschlusses wurde am 13. Juli 2012 beschlossen.

(11)

Der Eröffnungsbeschluss wurde am 14. September 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (4). Die Kommission hat die Beteiligten aufgefordert, ihre Stellungnahmen zu den fraglichen Maßnahmen innerhalb von einem Monat ab dem Datum der Veröffentlichung abzugeben.

(12)

Die Kommission hat Stellungnahmen vom Flughafen Düsseldorf, vom Kreis Kleve, der FN GmbH und mehreren anderen Beteiligten erhalten, insbesondere von Unternehmen, deren Betrieb von der Existenz des Flughafens Weeze abhängt. Am 18. April 2013, 3. Mai 2013 bzw. 19. Juni 2014 leitete die Kommission diese Stellungnahmen an Deutschland weiter. Mit Schreiben vom 19. August 2013 und 3. Juli 2014 übermittelte Deutschland seine Anmerkungen zu diesen Stellungnahmen der Beteiligten.

(13)

Mit Schreiben vom 18. April 2013, 29. Oktober 2013, 17. März 2014 und 16. Mai 2014 forderte die Kommission weitere Informationen an. Deutschland antwortete mit Schreiben vom 19. August 2013, 17. Dezember 2013, 15. Januar 2014, 16. April 2014, 8. Mai 2014 und 25. Mai 2014.

(14)

Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 hat Deutschland akzeptiert, dass dieser Beschluss in englischer Sprache erlassen wird. Daher ist nur der englische Wortlaut verbindlich.

2.   ALLGEMEINER KONTEXT

2.1.   Allgemeine Präsentation des Flughafens Weeze

(15)

Der Flughafen Weeze liegt in Deutschland im Land Nordrhein-Westfalen im Landkreis Kleve zwischen den Gemeinden Weeze und Kevelaer nahe der deutsch-niederländischen Grenze. In südlicher Richtung ist die nächste größere Stadt Duisburg in etwa 60 km Entfernung. In nördlicher Richtung ist die Stadt Nijmegen (Niederlande) etwa 50 km entfernt.

(16)

Die zehn nächstgelegenen Flughäfen sind:

Düsseldorf (51 Minuten Autofahrt — 76 km Entfernung),

Eindhoven, NL (1 Stunde 12 Minuten — 88 km),

Maastricht, NL (1 Stunde 14 Minuten — 98 km),

Köln-Bonn (1 Stunde 23 Minuten — 133 km),

Dortmund (1 Stunde 25 Minuten — 120 km),

Lüttich, BE (1 Stunde 41 Minuten — 152 km),

Antwerpen, BE (1 Stunde 54 Minuten — 153 km),

Rotterdam, NL (1 Stunde 44 Minuten — 172 km),

Münster-Osnabrück (1 Stunde 46 Minuten — 175 km) und

Brüssel, BE (2 Stunden 10 Minuten — 200 km).

(17)

Zwischen 1954 und 1999 wurde der Flughafen Weeze von der Royal Air Force von Großbritannien als Militärflughafen genutzt. Nach seiner Konversion in einen zivilen Flughafen wurde der Passagierflugverkehr 2003 aufgenommen.

(18)

Der Flughafen verfügt über eine Startbahn von 2 440 Metern Länge. Sein Terminal ist für bis zu 3,5 Mio. Passagiere im Jahr ausgelegt. Das Passagieraufkommen hat sich folgendermaßen entwickelt:

Tabelle 1

Passagieraufkommen am Flughafen Weeze zwischen 2003 und 2012

Jahr

Anzahl der Passagiere (gesamt)

Wachstumsindex

2003

207 992

100

2004

796 745

383

2005

591 744

285

2006

585 403

281

2007

848 852

408

2008

1 524 955

733

2009

2 403 115

1 155

2010

2 896 999

1 392

2011

2 421 720

1 164

2012

2 200 000

1 058

Quelle: für die Jahre 2003-2011: Deutschlands Anmerkungen zum Eröffnungsbeschluss; für 2012: http://unternehmen.airport-weeze.com/de/historie.html

(19)

Der Flughafen wird derzeit von Ryanair und Transavia angeflogen (5). Die Luftfahrtgesellschaften fliegen mehr als 50 internationale Ziele an. Das gesamte Passagieraufkommen wird derzeit von zwei Billig- Luftfahrtgesellschaften (Low COST Carriers — im Folgenden „LCCs“) generiert. Der Anteil von Ryanair am gesamten Passagieraufkommen am Flughafen beträgt [80-99] (6) %. Ryanair ist am Flughafen seit seiner Eröffnung präsent und hat den Flughafen in der Zwischenzeit zu einer ihrer deutschen Basen gemacht und neun Flugzeuge ständig dort stationiert (Stand Sommer 2013).

(20)

Bis 2010 kamen mehr als 50 % der Passagiere des Flughafens aus den Niederlanden, die anderen hauptsächlich aus den umliegenden deutschen und z. T. belgischen Regionen. Gemäß den letzten veröffentlichten Informationen (7) ist der Anteil der niederländischen Passagiere auf rund 40 % gefallen.

2.2.   Entwicklung des Flughafens Weeze

2.2.1.   Entwicklung der Eigentumsverhältnisse des Flughafens

(21)

Der Flugplatz wurde 1954 von der Royal Air Force zur militärischen Verwendung gegründet. Anfang der 1990er Jahre teilte die Royal Air Force ihre Absicht mit, sich bis 1999 von dem Flugplatz zurückzuziehen. Das Eigentum am Flughafen sollte auf die Bundesregierung übertragen werden. Mit Blick auf den erwarteten Verlust von etwa 400 zivilen Arbeitsplätzen planten der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze 1993, auf dem früheren Militärflugplatz einen zivilen Flughafen (Euroregionales Zentrum für Luftverkehr, Logistik und Gewerbe — „EuZZLG“) zu schaffen. Dazu gründeten sie ein Unternehmen, die Flughafen Niederrhein GmbH (im Folgenden „FN GmbH“), um die Konversion des früheren Militärflugplatzes für eine spätere zivile Nutzung durchzuführen.

(22)

Die FN GmbH wurde im Jahr 1993 als private Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Eigenkapital von 50 000 DM (= 25 564 EUR) gegründet. Die Gründungsgesellschafter waren der Kreis Kleve (52 %) und die Gemeinde Weeze (48 %).

(23)

Von Anfang an beabsichtigten die Gemeinde und der Kreis Kleve, dass der Flughafen von einem privaten Unternehmen betrieben wird. Zur Förderung dieses Ziel wurden vier Schritte identifiziert:

a)

Suche nach dem privaten Investor, der für die Vorbereitung und den Betrieb des Flughafens verantwortlich sein soll;

b)

Einholen der erforderlichen Genehmigung für die Konversion des Militärflugplatzes in einen zivilen Flughafen;

c)

Abschluss eines Abkommens mit den Niederlanden über die Nutzung ihres Luftraums;

d)

Ankauf des Geländes von der Bundesregierung.

(24)

Die Royal Air Force übertrug das Eigentum am Flughafen am 30. November 1999 auf die Bundesregierung.

(25)

Am 16. Dezember 1999 gründeten der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze ein weiteres Unternehmen, die Entwicklungs- und Erschließungsgesellschaft Laarbruch GmbH („EEL GmbH“). 52 % der Geschäftsanteile der EEL GmbH werden vom Kreis Kleve und 48 % von der Gemeinde Weeze gehalten.

(26)

Die damaligen Aufgaben der EEL GmbH unterschieden sich von den Aufgaben der FN GmbH. Während die FN GmbH gegründet wurde, um die Konversion des früheren Militärflughafens durchzuführen, wurde die EEL GmbH insbesondere mit der Verwaltung der Einrichtungen zwischen der Schließung des Militärflughafens im Jahr 1999 und dessen Kauf durch einen privaten Investor beauftragt.

(27)

Dazu musste die EEL GmbH die Infrastruktur und die Einrichtungen auf der Liegenschaft des früheren Militärflughafens für eine spätere kommerzielle Nutzung abreißen.

(28)

Nachdem das Land Nordrhein-Westfalen am 23. August 2000 den Plan zur Konversion des Militärflugplatzes, den der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze eingereicht hatten, genehmigt hatte und der FN GmbH von der Bezirksregierung Düsseldorf am 20. Juni 2001 die Genehmigung zum Betrieb eines zivilen Flughafens erteilt wurde (8), erfolgte die Privatisierung des Flughafenbetriebs und der Liegenschaft in zwei Schritten:

a)

Schritt 1: Am 1. Juli 2001 zogen der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze sich aus der FN GmbH durch den Verkauf von 99,261 % der Geschäftsanteile des Kreises Kleve und der Gemeinde Weeze am Unternehmen für [0,5-3] EUR an einen privaten Investor, die Airport Niederrhein Holding GmbH, („ANH GmbH“) zurück. Die ANH GmbH ist eine 100 %ige Tochter des niederländischen Unternehmens Airport Network B.V. Bis zum 31. Dezember 2011 hielten der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze 0,0459 % bzw. 0,0279 % der Geschäftsanteile. Zum Zeitpunkt des Verkaufs der FN GmbH von der Behörde an die ANH GmbH verfügte die FN GmbH über praktisch keine materiellen Vermögenswerte […].

b)

Schritt 2: Am 14. März 2002 verkaufte die Bundesregierung die Liegenschaft, auf der der Flughafen erbaut ist, für [5-15] Mio. EUR an die FN GmbH. Vor dem Verkauf dieser Liegenschaft an die FN GmbH hatte die Bundesregierung informellen Kontakt mit anderen potenziellen Käufern aufgenommen. Nur ein anderer Investor zeigte Interesse und bot einen Preis von […] Mio. EUR und weitere […] Mio. EUR, falls bestimmte Gewinnziele bis 2009 erreicht würden.

(29)

Die Bundesregierung legte den Verkaufspreis der Liegenschaft, auf der der Flughafen erbaut ist, gemäß Artikel 63 Absatz 3 der Bundeshaushaltsordnung und der Wertermittlungsverordnung fest. Diese Bestimmung verpflichtet die Bundesregierung, Eigentum zu dessen Zeitwert zu verkaufen, d. h. seinem Marktpreis, wie von einem unabhängigen Gutachter gemäß den in der Wertermittlungsverordnung festgelegten Regeln ermittelt. Im vorliegenden Fall wurde die Liegenschaft von einem unabhängigen Gutachter auf [11-20] Mio. EUR geschätzt, während die Gebäude auf der Liegenschaft auf [4-10] Mio. EUR geschätzt wurden, basierend auf dem vorgeschlagenen Entwicklungs- und Nutzungskonzept für die Liegenschaft. Von diesen Werten subtrahierte der Gutachter [4-10] Mio. EUR für den Abriss der Kasernen im Rahmen der Konversionsarbeiten sowie weitere [2-5] Mio. EUR für die Kosten für die Ergreifung von Maßnahmen, die durch geltende Umwelt- und Planungsgesetze gefordert sind. Ab 2001 wurden die ersten Baumaßnahmen umgesetzt (Abriss von Bunkern, Infrastruktur für Kläranlagen usw.), um den Flughafen auf die zivile Nutzung vorzubereiten

2.2.2.   Die wirtschaftliche Entwicklung der EEL GmbH und der FN GmbH

(30)

Sofort nach ihrer Gründung im Jahr 1999 übernahm die EEL GmbH die Verwaltung der Liegenschaft des Flughafens durch einen Pachtvertrag. Die ersten Entwicklungsmaßnahmen und die ersten Baumaßnahmen wurden zwischen 2000 und 2001 ausgeführt.

(31)

Nachdem die Bezirksregierung Düsseldorf der FN GmbH die Genehmigung zum Betrieb eines zivilen Flughafens nach deutschem Luftfahrtrecht erteilte und nach Abschluss des Kaufs der FN GmbH durch die private Investorengruppe ANH am 1. Juli 2001 erstattete die Gruppe ANH der EEL GmbH die Kosten, die der letzteren durch die Verwaltung der Flughafeninfrastruktur und einige Konversionsarbeiten entstanden sind.

(32)

Im Verlauf des Jahres 2002 übertrug die EEL GmbH die Verwaltung der Flughafeninfrastruktur auf die FN GmbH. Im Jahr 2002 machte die FN GmbH einen Verlust von 0,3 Mio. EUR. Ab 2003 führt die EEL GmbH keine Aufgaben in Verbindung mit der Verwaltung der Flughafen-Liegenschaften mehr aus. Dessen ungeachtet haben der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze die EEL GmbH im Jahr 2003 nicht aufgelöst.

(33)

Die FN GmbH verzeichnete zunächst finanzielle Verluste, bevor sie Gewinne erzielte, wie in der folgenden Tabelle dargestellt:

Tabelle 2

Jahresergebnis und EBITDA 2003-2011

(in Tausend EUR)

Jahr

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Jahresgewinn

– 6 960

– 8 336

– 7 914

– 4 822

663

707

426

34

EBITDA

– 4 805

– 4 718

– 4 399

– 1 172

4 372

5 508

6 108

6 286

Quelle: Deutschland.

3.   BESCHREIBUNG DER IN REDE STEHENDEN MASSNAHMEN UND DEREN KONTEXT

3.1.   Maßnahme 1: Darlehen der EEL GmbH zugunsten der FN GmbH

(34)

Anfang 2003 hatte die FN GmbH mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, die den Beginn des kommerziellen Flugverkehrs (für den 1. Mai 2003 erwartet) und dadurch die gesamte Flughafenkonversion und das Entwicklungsprojekt gefährdeten. Die öffentlichen Eigentümer der EEL GmbH beschlossen darum, die Tätigkeit ihres Unternehmens fortzuführen. Am 11. April 2003 gewährte die EEL GmbH ein erstes Darlehen („Darlehen 1“) in Höhe von [11-20] Mio. EUR zu einem Zinssatz von [1-5] % über dem Basiszinssatz zugunsten der FN GmbH. Gemäß den Angaben Deutschlands war der Basiszinssatz, der für das Darlehen galt, der normale Satz, wie in Artikel 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) festgelegt, der zum Stichtag 1,97 % betrug (9). Die Fälligkeit des Darlehens wurde auf den 30. Juni 2005 festgesetzt. Als Sicherheit wurde eine Grundschuld auf die Liegenschaft und die Gebäude des Flughafens zugunsten der EEL GmbH in Höhe des Darlehens, nämlich [11-20] Mio. EUR eingetragen. Für den Fall, dass die Sicherheit im Fall eines Zahlungsausfalls verwendet wird, wurden dieser Summe Zinsen in Höhe von [15-23] % p. a. aufgeschlagen. Darüber hinaus leistete […] eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einer maximalen Höhe von [5-15] Mio. EUR. Deutschland machte keine detaillierten Angaben bezüglich des Werts dieser selbstschuldnerischen Bürgschaft. Diese selbstschuldnerische Bürgschaft wurde am 8. Juni 2003 durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft des […] in Höhe von [5-15] Mio. EUR ersetzt. Darüber hinaus verpfändeten die privaten Anteilseigner der FN GmbH sowohl ihre Geschäftsanteile an Geschäftsanteilen der ANH GmbH am Kapital der FN GmbH (auf [20-30] Mio. EUR geschätzt) als auch die Geschäftsanteile der Airport Network BV am Kapital der ANH GmbH. Deutschland machte keine vollständigen detaillierten Angaben bezüglich des Werts der bereitgestellten Sicherheiten.

(35)

Den Angaben Deutschlands zufolge wollten die öffentlichen Eigentümer der EEL GmbH der FN GmbH eine Überbrückungsfinanzierung bereitstellen, um ihr die Möglichkeit zu geben, den Erwerb und die Einrichtung der erforderlichen Vermögenswerte abzuschließen, die für den rechtzeitigen Beginn des Flughafenbetriebs erforderlich sind.

(36)

Im Jahr 2003 begann der Flughafenbetrieb und die FN GmbH erlitt einen Verlust in Höhe von 7 Mio. EUR. Nur ein Jahr, nachdem der Flughafen den kommerziellen Flugverkehr aufgenommen hatte, stellte V-Bird, die wichtigste Luftfahrtgesellschaft für den Flughafen, im Jahr 2004 den Betrieb aufgrund von Insolvenz ein. Angesichts der dadurch anhaltenden finanziellen Probleme der FN GmbH gewährte die EEL GmbH im Verlauf des Jahres 2004 der FN GmbH weitere Darlehen:

a)

Am 17. Juni 2004 gewährte die EEL GmbH der FN GmbH ein zweites Darlehen („Darlehen 2“) in Höhe von [2-5] Mio. EUR mit dem gleichen Fälligkeitstermin wie das im Jahr 2003 gewährte Darlehen (d. h. bis zum 30. Juni 2005). Als Zinssatz wurde ein Wert von [1-5] Prozentpunkten über dem geltenden Basiszinssatz festgelegt. Nach den Angaben Deutschlands handelte es sich bei dem auf diese Darlehen angewendeten Basiszinssatz um jenen, der zu diesem Zeitpunkt in Artikel 247 BGB festgelegt war, d. h. 1,14 %. Als Sicherheit wurde eine Grundschuld auf die Liegenschaft und die Gebäude des Flughafens zugunsten der EEL GmbH in Höhe des Darlehens von [2-5] Mio. EUR eingetragen. Für den Fall, dass die Sicherheit im Fall eines Zahlungsausfalls verwendet wird, wurden zusätzlich Zinsen in Höhe von [15-23] % p. a. aufgeschlagen. Darüber hinaus wurden die Geschäftsanteile von Airport Network BV am Kapital der ANH GmbH und die Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH verpfändet. Deutschland machte keine vollständigen detaillierten Angaben bezüglich des Werts der bereitgestellten Sicherheiten.

b)

Einen Monat später, am 28. Juli 2004 gewährte die EEL GmbH der FN GmbH ein drittes Darlehen („Darlehen 3“) in Höhe von [2-5] Mio. EUR. Die Fälligkeit wurde auf den 31. Dezember 2007 festgelegt, und ein Zinssatz von [3-8] Prozentpunkten über dem geltenden Basiszinssatz wurde vereinbart. Nach den Angaben Deutschlands handelte es sich bei dem auf diese Darlehen angewendeten Basiszinssatz um jenen, der zu diesem Zeitpunkt in Artikel 247 BGB festgelegt war, d. h. 1,13 %. Als Sicherheit wurde eine Grundschuld auf die Liegenschaft und die Gebäude des Flughafens zugunsten der EEL GmbH in Höhe des Darlehens von [2-5] Mio. EUR eingetragen. Für den Fall, dass die Sicherheit im Fall eines Zahlungsausfalls verwendet wird, wurden zusätzlich Zinsen in Höhe von [15-23] % p. a. aufgeschlagen (10). Darüber hinaus wurden die Geschäftsanteile von Airport Network BV am Kapital der ANH GmbH und die Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH verpfändet. Darüber hinaus wurde ebenfalls eine Verpfändung der Firma FN GmbH festgelegt. Deutschland machte keine vollständigen detaillierten Angaben bezüglich des Werts der bereitgestellten Sicherheiten.

(37)

Insgesamt erhielt die FN GmbH allein im Jahr 2004 Darlehen in Höhe von [4-10] Mio. EUR von der EEL GmbH (zusätzlich zu der zweiten Reihe von Maßnahmen, die untersucht werden und die direkt vom Kreis Kleve gewährt wurden, siehe Abschnitt 3.2). Nach den Angaben Deutschlands wurden diese Darlehen für die Entwicklung und Konversion des früher militärisch genutzten Flughafens gewährt, nicht für Betriebskosten.

(38)

Ende 2004 waren der FN GmbH erneut Verluste entstanden, dieses Mal in Höhe von 8,3 Mio. EUR. Die FN GmbH schien weitere Liquidität zu benötigen. Die Rückzahlung von Darlehen 1 und Darlehen 2 (zusammen in Höhe von [10-20] Mio. EUR), die von der EEL GmbH gewährt wurden, wäre am 30. Juni 2005 fällig gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die FN GmbH einen Teil der Zinsen auf zuvor gewährte Darlehen gezahlt. Nach Angaben Deutschlands wurden die Verluste der FN GmbH im Zeitraum von 2002 bis 2006 jedoch von ihren privaten Eigentümern getragen.

(39)

In diesem Kontext gewährte die EEL GmbH der FN GmbH am 1. Juli 2005 ein viertes Darlehen („Darlehen 4“), dieses Mal in Höhe von [4-10] Mio. EUR, fällig am 31. Dezember 2010. Absatz 1 Punkt 2 der Darlehensvereinbarung besagte, dass dieses Darlehen ausschließlich für Investitionen bestimmt war. Darüber hinaus ist die FN GmbH (und auf Antrag auch die EEL GmbH) nach Absatz 2 verpflichtet zu prüfen, dass die Rechnungen strikt mit der Fertigstellung des Flughafens in Verbindung stehen und dass die EEL GmbH (und nicht die FN GmbH) die Rechnungen aus dem Darlehen bezahlt. Darüber hinaus wurden die Darlehen 1, Darlehen 2 und Darlehen 3 in einer Gesamthöhe von [15-30] Mio. EUR (ausschließlich Zinsen) verlängert („Verlängerung 1“). Die Fälligkeit dieser Darlehen wurde harmonisiert und bis zum 31. Dezember 2010 verlängert. Ein fester Zinssatz von [1-5] % wurde für alle diese Darlehen ab dem 1. Juli 2005 festgesetzt. Dadurch verringerte sich der Zinssatz für Darlehen 1, Darlehen 2 und Darlehen 3. Als Sicherheit wurde eine Grundschuld auf die Liegenschaft und die Gebäude des Flughafens zugunsten der EEL GmbH in Höhe des vierten Darlehens ([4-10] Mio. EUR) eingetragen, zusätzlich zur Verlängerung der früheren Verpfändungen für Darlehen 1, Darlehen 2 und Darlehen 3 (zuzüglich Zinsen in Höhe von [15-23] % p. a., falls diese Sicherheit im Fall eines Zahlungsausfalls verwendet wird). Zusätzlich und zur Sicherung aller Ansprüche der EEL GmbH aus allen Krediten wurde eine selbstschuldnerische Bürgschaft des […] am 1. Juli 2005 bereitgestellt in Höhe von maximal [20-30] Mio. EUR (zzgl. Zinsen und Zinseszinsen). Diese Bürgschaft erweiterte die vorhergehende Bürgschaft von […] am 8. Juni 2003 in Verbindung mit Darlehen 1. Schließlich wurden die Geschäftsanteile von Airport Network BV am Kapital der ANH GmbH verpfändet und die Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH verpfändet. Deutschland machte keine vollständigen detaillierten Angaben bezüglich des Werts der bereitgestellten Sicherheiten.

(40)

Des Weiteren vereinbarten die EEL GmbH und die FN GmbH, dass die FN GmbH die Zinsen am Fälligkeitstermin zu zahlen hat, d. h. spätestens am 31. Dezember 2010, und dass in dem Fall, in dem die FN GmbH vor diesem Zeitpunkt kostendeckend arbeitet und einen Gewinn erzielt, die FN GmbH verpflichtet wäre, ab diesem Datum, an dem ihr keine Verluste mehr entstehen, mit der Zahlung der Zinsen zu beginnen. Im Hinblick auf die für die ersten drei Darlehen vor ihrer Harmonisierung mit der Darlehensvereinbarung vom 1. Juli 2005 fälligen Zinssätze erwähnt der Darlehensverlängerungsvertrag vom 29. November 2010 in Abschnitt 5 (5.4.), dass für jedes der vier Darlehen im Fall eines Zahlungsausfalls ein Zinssatz von [15-23] % p. a. gilt (11).

(41)

Deutschland gab an, dass die EEL GmbH in eine Rangrücktrittserklärung bezüglich des Zugriffs auf die Grundschuld-Sicherheit im Zeitraum von März 2009 bis zum 31. Dezember 2010 einwilligte, um es der FN GmbH zu ermöglichen, ein kurzfristiges Darlehen von der [Bank] zu erhalten (siehe Erwägungsgrund 73).

(42)

Obwohl die FN GmbH ab dem Jahr 2007 Gewinne erzielte, begann die FN GmbH entgegen den früheren vertraglichen Vereinbarungen nicht mit der Rückzahlung der Darlehen oder der Zahlung der Zinsen. Mit Stand vom 31. Dezember 2010, dem von den Parteien vertraglich vereinbarten Fälligkeitstermin, schuldete die FN GmbH der EEL GmbH [20-30] Mio. EUR an Krediten sowie [7-10] Mio. EUR Zinsen, d. h. insgesamt [24-40] Mio. EUR. Die EEL GmbH willigte zum zweiten Mal in eine Verlängerung aller vier Darlehen sowie der kumulierten Zinszahlungen ein (Verlängerung 2). Am 29. November 2010 unterzeichneten die FN GmbH und die EEL GmbH eine fünfte Darlehensvereinbarung und verlängerten damit die Fälligkeit aller Darlehen bis zum 31. Dezember 2016.

(43)

Der Zinssatz für diese zweite Verlängerung der Darlehen wurde auf [1-5] % p. a. festgesetzt. Deutschland gab an, dass der Zinssatz für die Darlehensvereinbarung vom 29. November 2010 festgesetzt wurde, indem […] Basispunkte zum Referenzsatz von 1,24 % addiert wurden (12). Die EEL GmbH und die FN GmbH vereinbarten, dass die bis zum 31. Dezember 2010 fälligen Zinsen zum Darlehensbetrag hinzuaddierte wurden, wodurch sich der Darlehensbetrag auf [24-40] Mio. EUR erhöhte. Darüber hinaus wurde die FN GmbH verpflichtet, vierteljährlich Zinsen zu zahlen, und die erste Zinszahlung würde am Ende des ersten Quartals 2011 fällig.

(44)

Die folgende Tabelle fasst die Hauptmerkmale der fünf Kreditvereinbarungen, die geprüft werden, zusammen:

Tabelle 3

Überblick über die öffentlichen Unterstützungsmaßnahmen der EEL GmbH zugunsten der FN GmbH

Volumen (in Mio. EUR)

Datum der Darlehensvereinbarung

Zinssatz

Fälligkeit/Verlängerung des Darlehens

Sicherheit

Finanzierungsweise (EEL)

[11-20]

11.4.2003

[1-5] % über dem Basiszinssatz (1,97 %)

Erste Fälligkeit: 30.6.2005, erste Verlängerung bis zum 31.12.2010, zweite Verlängerung bis zum 31.12.2016

Belastung der Liegenschaft und Gebäude (Grundschulden)

Selbstschuldnerische Bürgschaft von […] (selbstschuldnerische Bürgschaft)

Verpfändung der Geschäftsanteile an der ANH GmbH und der Geschäftsanteile an der FN GmbH

Vom Kreis Kleve gewährtes Darlehen: ([5-15] Mio. EUR zu [1-5)] %); Darlehen in Höhe von [2-5] Mio. EUR von der [Bank], (öffentlicher Gewährträger: Gemeinde Weeze). Das Darlehen in Höhe von [2-5] Mio. EUR wird am 30.6.2005 umgewandelt, und [Bank] übernimmt es als neuer Gläubiger.

[2-5]

17.6.2004

[1-5] % über dem Basiszinssatz (1,14 %)

Erste Fälligkeit: 30.6.2005, erste Verlängerung bis zum 31.12.2010, zweite Verlängerung bis zum 31.12.2016

Belastung der Liegenschaft und Gebäude (Grundschulden)

Geschäftsanteile an der ANH GmbH und Geschäftsanteile an der FN GmbH

Darlehen zugunsten der EEL GmbH, gewährt vom Kreis Kleve (Kassenkredite)

[2-5]

28.7.2004

[3-8] % über dem Basiszinssatz (1,13 %)

Erste Fälligkeit: 31.12.2007, erste Verlängerung bis zum 31.12.2010, zweite Verlängerung bis zum 31.12.2016

Belastung der Liegenschaft und Gebäude (Grundschulden)

Verpfändung der Geschäftsanteile an der ANH GmbH und der Geschäftsanteile an der FN GmbH

Verpfändung des Unternehmens FN GmbH

Darlehen zugunsten der EEL GmbH, gewährt vom Kreis Kleve (Kassenkredite) Der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze führten Kapital in Höhe von [0,4-1] Mio. EUR der EEL GmbH zu.

[4-10]

1.7.2005

[1-5] %

Erste Fälligkeit 31.12.2010, verlängert bis zum 31.12.2016

Belastung der Liegenschaft und Gebäude (Grundschulden)

Selbstschuldnerische Bürgschaft von […] (selbstschuldnerische Bürgschaft) Verpfändung der Geschäftsanteile an der ANH GmbH und der Geschäftsanteile an der FN GmbH

Der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze führten der EEL GmbH Kapital in Höhe von [0,4-1] Mio. EUR zu.

[24-40] (= [20-30] (Summe aller vier Darlehen) plus aufgelaufene Zinsen in Höhe von (= [4-10])

29.11.2010

[1-5] %

31.12.2016

Belastung der Liegenschaft und Gebäude (Grundschulden)

Selbstschuldnerische Bürgschaft von […] (selbstschuldnerische Bürgschaft)

Verpfändung der Geschäftsanteile an der ANH GmbH und der Geschäftsanteile an der FN GmbH

Verlängerung aller früheren Darlehen, die der EEL vom Kreis Kleve gewährt wurden (Kassenkredite) und des von der [Bank] gewährten Darlehens, möglicherweise mit einer weiter bestehenden öffentlichen Garantie der Gemeinde Weeze.

(45)

Die FN GmbH war am Ende des ersten Quartals 2011 erneut nicht in der Lage, die erste Zinszahlung zu leisten, die im Darlehensverlängerungsvertrag vom 29. November 2010 vereinbart worden war. Der Kreis Kleve nahm im März 2011 das Angebot des Anteilseigners der FN GmbH an, Geschäftsanteile der FN GmbH im Rahmen eines Schuldenswaps für ein weiteres Moratorium der Zahlung von Zinsen und Kapital zu erhalten (13). Dieser Schuldenswap wurde jedoch erst Ende 2012 rechtsgültig unterzeichnet. Der Kreis Kleve hält derzeit 1,88 % des Anteilskapitals der FN GmbH (14).

3.2.   Maßnahme 2: Unterstützung durch das Land Nordrhein-Westfalen

(46)

Am 15. Oktober 2002 wurde der FN GmbH eine öffentliche Beihilfe in Höhe von 3,525 Mio. EUR vom Land Nordrhein-Westfalen zur Finanzierung von 50 % der folgenden Kosten gewährt: Abfertigungsvorfeld, Betankungsbereich, Verbreiterung der Rollbahnen und Renovierung vorhandener Vorfeld-Bereiche, Befeuerung für Präzisions-Anflugsystem, Randbefeuerung, Start- und Landebahn-Befeuerung.

(47)

Die Rechtsgrundlage für diese Unterstützung war der Runderlass des Ministeriums für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes Nordrhein-Westfalen über Zuwendungen für Ausbau- und Erneuerungsmaßnahmen auf Flugplätzen (Infrastruktur-Investitionen) in Nordrhein-Westfalen (Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen für Ausbau- und Erneuerungsmaßnahmen auf Flugplätzen, MBl.NRW.1993 S. 617) („Erlass von 1993“). Diese Richtlinien wurden später durch die Richtlinien vom 25. November 2002 mit dem Aktenzeichen VA 5-10-60/195- ersetzt (15), die vom 1. Januar 2003 bis zum 1. Januar 2008 in Kraft waren.

(48)

Gemäß dem Erlass von 1993 war die Gewährung von finanzieller Unterstützung zur Deckung von Investitionskosten für bestimmte Arten von Flughafeninfrastruktur möglich, darunter Landebahnen, Rollbahnen, Vorfelder, Schutzstreifen, Flugsicherungsinfrastruktur (Tower, Radar, optische Warnsysteme), Befeuerungen, optische Landeunterstützungsvorrichtungen, hohe Gebäude (Terminals, Hangars usw.), Parkplätze, Umzäunung, Infrastruktur für die Flugsicherheit, Ver- und Entsorgung, Lärmschutz, Brandschutz, Winter- und Rettungsdienste sowie Investitionskosten für Kompensationsmaßnahmen für Landschaftspflege und Umweltschutz. Durch den Erlass von 1993 leistete das Land Nordrhein-Westfalen Unterstützung für bis zu 40 % der beihilfefähigen Kosten für die obengenannten Flughafeninfrastrukturarten. Internationale und regionale Flughäfen konnten eine Unterstützung in Höhe von bis zu 65 % der beihilfefähigen Kosten erhalten. Für Parkplätze, Umzäunung und Infrastruktur für die Flugsicherheit konnten bis zu 80 % der beihilfefähigen Kosten auf Antrag des Flughafens gewährt werden.

3.3.   Maßnahme 3: Vom Kreis Kleve direkt der FN GmbH gewährte Unterstützung zum Erwerb der Liegenschaften des Flughafens

(49)

Wie in Erwägungsgrund 28 beschrieben, verkaufte die Bundesregierung die Liegenschaft des Flughafens Weeze am 14. März 2002 für [5-15] Mio. EUR an die FN GmbH. Am gleichen Tag schloss der Kreis Kleve eine Vereinbarung mit der FN GmbH über die Bereitstellung einer Überbrückungsfinanzierung eines Teils der Erwerbskosten der Liegenschaft des Flughafens ab. Die Überbrückungsfinanzierung wurde mittels eines zinslosen Darlehens gewährt, das vollständig durch die Liegenschaften des Flughafens abgesichert war (darum betrug der Wert am Datum der Gewährung des Darlehens [5-15] Mio. EUR). Es wurde vereinbart, dass ein Betrag in Höhe von [4-10] Mio. EUR von diesen [5-15] Mio. EUR, vom Kreis Kleve vorfinanziert würde. Airport Network B.V., die Muttergesellschaft der ANH GmbH, musste eine erste Tranche in Höhe von [2-5] Mio. EUR dieses zinslosen Darlehens bis zum 30. Dezember 2003 an den Kreis Kleve zurückzahlen; diese Rückzahlung erfolgte auch. Die zweite Tranche in Höhe von [2-5] Mio. EUR war fünf Jahre nach Beginn des Flugbetriebs am Flughafen und spätestens am 31. Dezember 2007 fällig, soweit eine Arbeitsplatzklausel der Vereinbarung (350 Arbeitsplätze) zwischen dem Kreis Kleve und der FN GmbH nicht erfüllt wurde.

(50)

Am 8. Juli 2004 beschloss der Kreis Kleve, dass die FN GmbH diese zweite Tranche in Höhe von [2-5] Mio. EUR nicht zurückzahlen muss, da bereits mehr als 350 Arbeitsplätze geschaffen wurden.

3.4.   Maßnahme 4: Öffentliche Unterstützung für die EEL GmbH

(51)

Damit die EEL GmbH Darlehen zugunsten der FN GmbH ausreichen konnte, musste die EEL GmbH selbst refinanziert werden. Die EEL GmbH hat sich selbst refinanziert, indem sie Darlehen in folgender Höhe aufgenommen hat:

a)

[5-15] Mio. EUR und [2-5] Mio. EUR zu Zinssätzen von [1-5] % p. a. mit Fälligkeit am 30. Juni 2005. Diese beiden Darlehen wurden vom Kreis Kleve am 11. April 2003 bzw. am 16. Juni 2004 gewährt.

b)

[1-5 Mio.] EUR zu einem Zinssatz von [2-5] % p. a. mit Fälligkeit am 30. Dezember 2007. Dieses Darlehen wurde am 28. Juli 2004 vom Kreis Kleve gewährt (16).

(52)

Im Juli 2005 wurde die Kapitalstruktur der EEL GmbH von ihren Anteilseignern geändert, die beschlossen, Kapital in Höhe von [5-15] Mio. EUR zuzuführen und einen Schuldenswap in Höhe von [1-4] Mio. EUR durchzuführen, was die Schulden aus dem ersten Darlehen auf [3-13] Mio. EUR senkte. Die EEL GmbH zahlte ein zweites Darlehen in Höhe von [2-5] Mio. EUR zurück. Schließlich wurden die verbleibenden Darlehensverträge in Höhe von [3-13] Mio. EUR und [2-5] Mio. EUR bis zum 31. Dezember 2010 verlängert. Der Zinssatz wurde dann auf [3-8] % ab dem 1. Juli 2005 und auf [3-8] % ab dem 1. November 2005 festgelegt. Am 29. November 2010 wurden diese beiden Darlehen mit einem Zinssatz von [3-8] % erneut bis zum 31. Dezember 2016 verlängert.

(53)

Der Kreis Kleve führte der EEL GmbH im Jahr 2006 ([1-5] Mio. EUR) und im Jahr 2007 ([2-6] Mio. EUR) erneut Kapital zu. Diese Beträge wurden in der Firma als Kapitalrücklage verbucht und ihre Rückzahlung ist zusammen mit den Darlehensrückzahlungen Ende 2016 fällig. Insgesamt haben die beiden öffentlichen Anteilseigner der EEL GmbH [24-40] Mio. EUR ([15-25] Mio. EUR an Kapitalzuführungen einschließlich der Schuldenswap-Maßnahmen und [10-20] Mio. EUR an Darlehen) gewährt.

(54)

Parallel dazu erhielt die EEL GmbH am 2. Mai 2003 ein Darlehen in Höhe von [2-5] Mio. EUR von der privaten [Bank]. Die Fälligkeit dieses Darlehens wurde auf den 30. Juni 2005 mit einem Zinssatz von [1-5] % festgelegt. Die Gemeinde Weeze stellte eine 100 %ige öffentliche Garantie für dieses Darlehen zugunsten der EEL GmbH bzw. der [Bank] bereit. Am 30. Juni 2005 wurde dieses Darlehen umgewandelt und die öffentliche [Bank] (eine Tochtergesellschaft der [Bank]) ersetzte die [Bank] als Gläubiger. Die Fälligkeit wurde ein erstes Mal bis zum 30. Dezember 2010 (Zinssatz von [1-5] %) und im Jahr 2010 ein zweites Mal bis zum 31. Dezember 2016 (Zinssatz von [1-5] %) verlängert.

4.   GRÜNDE FÜR DIE ERÖFFNUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

4.1.   Maßnahme 1 — Darlehen der EEL GmbH zugunsten der FN GmbH

(55)

Im Eröffnungsbeschluss äußerte die Kommission jedoch Zweifel daran, dass die von der EEL GmbH der FN GmbH gewährten Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt und verlängert wurden. Die Kommission stellte fest, dass Deutschland erstens für den Darlehensnehmer weder eine Bonitätsgeschichte noch ein Rating vorgelegt hat. Darüber hinaus konnte die Kommission nicht ausschließen, dass es sich bei der FN GmbH um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handelte. Die Kommission hat ferner unterstrichen, dass Deutschland keine Angaben zu den auf die einzelnen Darlehen angewandten Zinssätze oder Angaben zu deren Besicherung gemacht hat. Die Kommission stellte zudem das Fehlen von Erklärungen dazu fest, weshalb der öffentliche Darlehensgeber sich wiederholt bereit erklärte, die Darlehen zu verlängern und ihre Fälligkeit immer wieder zu verlängern, und weshalb bislang weder die Rückzahlung des Darlehensbetrags noch die Zahlung der fälligen Zinsen durchgesetzt wurde.

(56)

Auf der Grundlage dieser Beobachtungen vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die EEL GmbH sich bei der Gewährung und Verlängerung der Darlehen zugunsten der FN GmbH nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber oder Gläubiger verhielt. Angesichts der Tatsache, dass die FN GmbH in diesem gesamten Zeitraum offenbar als Unternehmen in Schwierigkeiten einzustufen war, das sich bis mindestens Ende 2010 nicht bei Geschäftsbanken finanzieren konnte, vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass der Gesamtbetrag der Darlehen zuzüglich der ausstehenden Zinsen als staatliche Beihilfe zu qualifizieren ist.

(57)

Da diese Maßnahmen durchgeführt wurden, ohne zuvor bei der Kommission angemeldet worden zu sein, schloss die Kommission vorläufig, dass es sich hierbei um rechtswidrige staatliche Beihilfen handelt.

(58)

Schließlich äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der beanstandeten Vereinbarungen mit dem Binnenmarkt, wenn sie als staatliche Beihilfen betrachtet werden, insbesondere im Hinblick auf die in den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen festgelegten Regeln (17).

4.2.   Maßnahme 2 — Unterstützung der FN GmbH durch das Land Nordrhein-Westfalen

(59)

Im Eröffnungsbeschluss merkte die Kommission an, dass die Unterstützung der FN GmbH durch das Land Nordrhein-Westfalen eine selektive Maßnahme darstellte, da nicht alle Flughäfen im Land Anspruch auf solche Unterstützung hatten. Da die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln erfolgte und dem Flughafen durch die Gewährung von Unterstützung für Investitionen einen Vorteil verschaffte, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der Unterstützung um eine staatliche Beihilfe handelt.

(60)

Da diese Maßnahmen durchgeführt wurden, ohne zuvor bei der Kommission angemeldet worden zu sein, schloss die Kommission vorläufig, dass es sich hierbei um rechtswidrige staatliche Beihilfen handelt.

(61)

Schließlich äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der beanstandeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt, wenn sie als staatliche Beihilfe betrachtet wird, insbesondere im Hinblick auf die in den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen festgelegten Regeln (18).

4.3.   Maßnahme 3 — Direkte Unterstützung der FN GmbH durch den Kreis Kleve

(62)

Im Hinblick auf die direkte Unterstützung der FN GmbH durch den Kreis Kleve vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber ein solches Darlehen ohne Vergütung bereitgestellt hätte. Außerdem hat die Kommission Zweifel daran geäußert, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bereit wäre, angesichts der Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region auf einen Teil der Rückzahlung eines ausstehenden Darlehens zu verzichten.

(63)

Da diese Maßnahmen durchgeführt wurden, ohne zuvor bei der Kommission angemeldet worden zu sein, schloss die Kommission vorläufig, dass es sich hierbei um rechtswidrige staatliche Beihilfen handelt.

(64)

Schließlich äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der beanstandeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt, wenn sie als staatliche Beihilfe betrachtet wird, insbesondere im Hinblick auf die in den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen festgelegten Regeln (18).

4.4.   Maßnahme 4 — Kapitalzuführungen und Darlehen zugunsten der EEL GmbH

(65)

Im Eröffnungsbeschluss äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die der EEL GmbH von ihren öffentlichen Anteilseignern gewährte Finanzierung zu marktüblichen Bedingungen gewährt und verlängert wurde.

(66)

Da diese Maßnahmen durchgeführt wurden, ohne zuvor bei der Kommission angemeldet worden zu sein, schloss die Kommission vorläufig, dass es sich hierbei um rechtswidrige staatliche Beihilfen handelt.

(67)

Schließlich äußerte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit der beanstandeten Maßnahmen mit dem Binnenmarkt, wenn sie als staatliche Beihilfe betrachtet werden.

5.   STELLUNGNAHMEN DEUTSCHLANDS

5.1.   Allgemeine Bemerkungen

5.1.1.   Hintergrund des Projekts

(68)

Deutschland erinnert an den Hintergrund des Projekts, wie in den Abschnitten 2.1 und 2.2 oben beschrieben. Der Grundpfeiler des „Euroregionalen Zentrums für Luftverkehr, Logistik und Gewerbe“ war die Entwicklung eines in privatem Eigentum stehenden und privat betriebenen Flughafens auf dem früheren Militärflugplatz.

(69)

Deutschland vertritt den Standpunkt, dass das Verkehrswachstum durch externe Faktoren behindert wurde. Zunächst führte die Insolvenz der Luftfahrtgesellschaft V-Bird im Oktober 2004, deren operative Basis sich am Flughafen Weeze befand, zu einem signifikanten Verlust an Luftverkehrsaufkommen, der nicht durch die zusätzlichen Flüge von Ryanair und Hapagfly ausgeglichen werden konnte, bis das Verkehrsaufkommen 2008 wieder das Niveau von 2004 erreichte. Zweitens führte eine Reihe von Klagen, die bei nationalen Gerichten erhoben wurden, zu Rechtsunsicherheit für die Luftfahrtgesellschaft (19) und zogen unvorhersehbare Kosten für die FN GmbH nach sich. Bis zum Erhalt der endgültigen Betriebsgenehmigung im Jahr 2009 konnte die FN GmbH ihre Strategie aufgrund der anhaltenden Rechtsstreitigkeiten nicht umsetzen und entschied sich für eine außergerichtliche Einigung. Der Preis für den erfolgreichen Vergleich waren jedoch Kompensationszahlungen an die Parteien dieser Verfahren in Höhe von [5-10] Mio. EUR. Drittens wurde das Verkehrsaufkommen am Flughafen Weeze im Jahr 2010 durch die Störung des Flugverkehrs aufgrund des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjallajokull in Island beeinträchtigt. Viertens trägt Deutschland vor, das es im September 2010 eine Luftverkehrssteuer einführte, die die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens Weeze gegenüber anderen europäischen Flughäfen, die dieser Steuer nicht unterlagen, beeinträchtigte. Nach Angaben Deutschlands führte dies dazu, dass Ryanair ihren Betrieb ab dem Flughafen Weeze reduzierte, wodurch sich das Passagieraufkommen in den Jahren 2011 und 2012 verringerte.

(70)

Deutschland gibt an, dass trotz dieser widrigen Ereignisse, die außerhalb der Kontrolle der FN GmbH, der EEL GmbH oder ihrer Anteilseigner lagen, der Erfolg des Projekts durch das im untersuchten Zeitraum ständig wachsende Verkehrsaufkommen belegt ist (siehe Erwägungsgrund 18), das die Verkehrsprognosen der verschiedenen Gutachter-Studien erreichte oder sogar übertraf (außer im Jahr 2011). Darüber hinaus unterstreicht Deutschland, dass die FN GmbH zudem im Laufe der Zeit auch ihre flugunabhängigen Erlöse steigern und damit ihre Rentabilität verbessern konnte.

5.1.2.   Die Logik der privaten Finanzierung des Flughafens

(71)

Deutschland unterstreicht, dass es sich bei dem Flughafen Weeze um einen Flughafen mit einer „Erfolgsgeschichte“ handelt, da er nicht nur der drittgrößte Flughafen in Nordrhein-Westfalen sondern auch ein einzigartiges Beispiel für eine zum Marktpreis veräußerte Infrastruktur ist. Deutschland fügt hinzu, dass die Investitionen in den Flughafen stetig hoch waren. Im Zeitraum von 2002 bis 2011 beliefen sich die gesamten Investitionen der FN GmbH auf [60-90] Mio. EUR, wovon [20-30] Mio. EUR für die Entwicklung von Gewerbebauten, [10-20] Mio. EUR für Flug- und Vorfeld-Einrichtungen und [5-10] Mio. EUR für Start und Erweiterungsprojekte verwendet wurden. Deutschland gibt an, dass die FN GmbH sich seit ihrer Privatisierung ständig auf private Ressourcen stützen konnte, um diese signifikanten Investitionen zu finanzieren, nämlich: i) Darlehen und Kapitalzufuhr von Anteilseignern, ii) Darlehen von Geschäftsbanken und iii) die eigenen Betriebsgewinne der FN GmbH.

(72)

Im Hinblick auf die Unterstützung durch den mehrheitlichen Anteilseigner vertritt Deutschland den Standpunkt, dass die ANH GmbH und ihre eigenen Anteilseigner ihre Tochtergesellschaft FN GmbH wiederholt unterstützt haben, um ihre ersten betrieblichen Verluste sowie ihre Investitionen in die Flughafen-Infrastruktur abzudecken. Diese Unterstützung erfolgte in Form von Kapitalzuführungen und Darlehen, für die die Mehrheit der Anteilseigner sich zu einer Rangrücktrittserklärung bereit erklärte. Dadurch wandelten die Mehrheits-Anteilseigner Forderungen in Eigenkapital um, das nicht mehr Teil der Insolvenzmasse sein konnte. Deutschland merkt jedoch an, dass private Anteilseigner alleine nicht in der Lage gewesen wären, die gesamte finanzielle Belastung einer solchen kostspieligen Investition zu tragen, und zusätzliche Finanzierungsquellen benötigten, die nur Behörden zu Marktbedingungen bereitstellen konnten. Diese externe Unterstützung wurde bereit im Geschäftsplan von 2003 berücksichtigt (Erwägungsgrund 95).

(73)

Im Hinblick auf die Darlehen von Geschäftsbanken behauptet Deutschland, dass die FN GmbH aufgrund ihres wirtschaftlichen Erfolgs sehr schnell Kredite von Geschäftsbanken erhalten konnte. Nach Angaben Deutschlands hat der Zugang zu Banken die Nachhaltigkeit eines auf privater Finanzierung beruhenden Geschäftsmodells belegt. In der ersten Hälfte des Jahres 2009 konnte die FN GmbH eine Darlehensvereinbarung über [0-10] Mio. EUR mit der [Bank] unterzeichnen. Der Zinssatz dieses Darlehens betrug [2-6] %, aber unter der Bedingung der Nachstellung der Ansprüche der EEL GmbH bezüglich der Darlehen, die letztere der FN GmbH gewährt hatte (was die Rangrücktrittserklärung der EEL GmbH erforderlich machte). Die Fälligkeit des Darlehens wurde auf den 31. Dezember 2010 festgelegt. Nach den Angaben Deutschlands waren die Besicherungsbedingungen und die Zinssätze der Verträge dadurch für die FN GmbH vergleichsweise günstig. FN GmbH hat das Darlehen der [Bank] am Fälligkeitstermin vollständig zurückgezahlt. Deutschland fügt hinzu, dass die [Bank] der FN GmbH zwei Kreditfazilitäten ([8-15] Mio. EUR und [1-5] Mio. EUR) zu einem indikativen Zinssatz von [1-5] % angeboten hat (20) und dass eine Darlehensfinanzierung über etwa [0-3] Mio. EUR mit [Bank] unterzeichnet werden konnte.

(74)

Im Hinblick auf die Eigenfinanzierung unterstreicht Deutschland, dass die FN GmbH ihre eigenen Investitionen zunehmend durch den positiven operativen Cashflow finanzieren konnte. Der erste positive EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände) wurde im Jahr 2006 verzeichnet, und der erste Nettogewinn im Jahr 2007, nur wenige Jahre nach Aufnahme des Betriebs. Darüber hinaus wirft Deutschland der Kommission vor, den Umsatz und die Kostenaufstellungen der FN GmbH im Eröffnungsbeschluss fehlerhaft und irreführend dargestellt zu haben. Deutschland legte dementsprechend folgende Informationen zum Vergleich der Entwicklung von Umsatz und Kosten im Zeitraum 2003 bis 2010 vor:

Tabelle 4

Umsätze und Kosten der FN GmbH im Zeitraum 2003-2010

(in Tausend EUR)

Jahr

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Umsatz

2 225

7 968

7 364

7 136

8 281

13 338

19 900

23 759

Sonstige betriebliche Erträge

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

einschließlich der steuerbezogenen Grundstückstransaktion

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Materialaufwendungen

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Personalaufwendungen

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Sonstige betriebliche Aufwendungen

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(75)

Deutschland vertritt den Standpunkt, dass die Kommission insbesondere alle Kosten im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen (Kosten für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten), die nicht zum operativen Tagesgeschäft des Flughafens zu rechnen sind, nicht berücksichtigt und so den betrieblichen Gewinn künstlich verringert hat. Deutschland vertritt die Ansicht, dass die folgende Tabelle die tatsächliche betriebliche Rentabilität der FN GmbH widerspiegelt:

Tabelle 5

Angepasste Kostenstruktur der FN GmbH (um Kosten im Zusammenhang mit öffentlichen Aufträgen bereinigt)

(in Tausend EUR)

Jahr

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

Gewinn gemäß dem Jahresbericht

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Öffentlicher Auftrag

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(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

a)

Sicherheit und Sicherung, wovon:

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(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Brandschutz (Personal)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Amortisierung der Investitionskosten (Brandschutz)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Amortisierung der Kosten (Videoüberwachung)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Patrouillen

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Sicherheitspersonal

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

b)

Schutz von Luftfahrzeugen und Fluggästen

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Kontrollgeräte (Personen und Objekte)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Flugsicherung DFS TTC

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Amortisierung (Kontrollturm)

(…)

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(…)

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(…)

(…)

(…)

Angepasster Jahresgewinn

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

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(…)

(…)

Angepasster EBITDA

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

5.1.3.   Begriff der Beihilfe — Flughafenbau wird als nichtwirtschaftliche Tätigkeit betrachtet

(76)

Deutschland vertrat den Standpunkt, dass der Bau eines Flughafens grundsätzlich keine wirtschaftliche Tätigkeit ist, die private Investoren bereit sind, alleine zu unternehmen, und dass es kein derartiges Beispiel in Europa gibt (siehe nächster Abschnitt). Nach den Angaben Deutschlands wären private Investoren wesentlich stärker daran interessiert, eine Flughafeninfrastruktur zu betreiben, die bereits besteht, da die Risiken bei einem solchen Vorhaben geringer und überschaubar sind.

(77)

Deutschland empfiehlt, dass der Bau von Flughafeninfrastruktur angesichts des Fehlens privater Investitionen in diesem Bereich nicht mehr Gegenstand der üblichen beihilferechtlichen Prüfungen sein sollte. Nach Ansicht Deutschlands stellt der Bau einer solchen Infrastruktur ein Werkzeug dar, mit dem der Staat die wirtschaftliche Entwicklung steuern und die Raumplanung durch die Verkehrspolitik strukturieren kann.

(78)

Deutschland vertritt darüber hinaus den Standpunkt, dass die öffentliche Unterstützung in diesem Fall hauptsächlich auf Tätigkeiten im öffentlichen Auftrag ausgerichtet war, die nicht in den Anwendungsbereich beihilferechtlicher Prüfungen fallen. Von den [20-30] Mio. EUR seien [20-30] Mio. EUR in Brandschutz und Sicherheitssysteme investiert worden. Deutschland fügte hinzu, dass die verbleibenden [2-5] Mio. EUR im Jahr 2011 vollständig zur Finanzierung anderer Tätigkeiten verwendet wurden.

5.1.4.   Begriff der Beihilfe — Fehlen eines hypothetischen Vergleichsinvestors

(79)

Deutschland ist der Meinung, dass es in Europa keinen Markt für die Finanzierung von in Privateigentum stehender Flughafeninfrastruktur gibt. Nach Angaben Deutschlands gibt es in Europa nur wenige vollständig privatisierte Flughäfen. Glasgow-Prestwick oder Luton sind Beispiele für solche Flughäfen. Obwohl bezüglich dieser vollständig privaten Flughäfen keine beihilferechtliche Prüfung eröffnet wurde, zweifelt Deutschland an, dass diese Flughäfen keinerlei öffentliche Unterstützung erhalten haben. Deutschland hebt hervor, das selbst im Beispiel des Flughafens Lübeck-Blankensee die Gemeinde Lübeck das Eigentum an der Plattform im Jahr 2009 wieder übernommen hat. Diese Seltenheit des privaten Eigentums ist nach Ansicht Deutschlands auf die hohen Fixkosten zurückzuführen, die beim Bau einer Flughafeninfrastruktur entstehen, was von der Kommission im Entwurf für die Luftverkehrsleitlinien von 2014 bestätigt wurde, der während des förmlichen Prüfverfahrens in dieser Sache ausgearbeitet wurde (21). Darüber hinaus führt Deutschland an, dass die rechtlichen Unsicherheiten, die durch den obligatorischen Zertifizierungsprozess des Flughafens, die gleichzeitige Verkündigung des Urteils in der Rechtssache Aéroports de Paris und die Unterzeichnung eines internationalen Vertrags zwischen Deutschland und den Niederlanden entstanden, private Investoren davon abhielten, sich an einem solchen Projekt zu beteiligen. Gemäß den Angaben Deutschlands wurde in der ursprünglichen Beurteilung im Eröffnungsbeschluss der Kommission fälschlicherweise nicht berücksichtigt, dass die Geschäftsbanken einer Finanzierung privater Flughäfen ablehnend gegenüberstanden und dass in diesem Bereich kein funktionierender Markt besteht.

(80)

Deutschland vertritt den Standpunkt, dass die vorläufige Beurteilung der Kommission sich nicht auf klare Kriterien stützte, um die Marktkonformität der in Rede stehenden Maßnahmen zu beurteilen. Nach Angaben Deutschlands hätte sich die Kommission stattdessen auf die ständige Rechtsprechung (22) in Bezug auf Universalpostdienste stützen sollen, die bestätige, dass die Schaffung und Pflege eines Netzes nicht mit einem rein kommerziellen Ansatz vereinbar ist. Deutschland schlägt ferner vor, sich auf die bestehende Praxis der Kommission zu stützen, in der die Kommission ähnliche Unterstützungsmaßnahmen genehmigt habe. Um diese Ansicht zu stützen, führte Deutschland das Beispiel der Finanzierung der Flughafeninfrastruktur von Kassel-Calden an.

(81)

Deutschland schloss, dass angesichts der erfolgreichen Entwicklung des Flughafens Weeze jeder private Investor in den Flughafen investiert hätte, wie Deutschland es getan hat.

5.1.5.   Die FN GmbH kann nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden

(82)

Deutschland widerspricht der vorläufigen Schlussfolgerung der Kommission, dass die FN GmbH als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (den „Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien“) betrachtet werden kann (23).

(83)

Deutschland führt dazu fünf Gründe an. Erstens habe die FN GmbH bereits nach einer sehr kurzen Startphase Gewinne erzielt (erster positiver EBITDA im Jahr 2006 — ausschließlich Kosten für öffentliche Aufträge — und erster Nettogewinn im Jahr 2007). Deutschland merkt an, dass die Kommission bei der Bewertung finanzieller Maßnahmen zugunsten regionaler Flughäfen einen Begünstigten, der Verluste verzeichnete, in der Startphase nie als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet hat. Nach Angaben Deutschlands wäre, wenn die Kommission bei dieser Argumentation bleibt, keine Finanzierung einer Flughafeninfrastruktur mehr möglich.

(84)

Zweitens trägt Deutschland das Argument vor, dass zu keinem Zeitpunkt ein „hartes“ Kriterium für ein Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllt war. Deutschland streitet die Stellungnahmen im Eröffnungsbeschluss in Bezug auf negatives Eigenkapital ab und fügt hinzu, dass der mehrheitliche Anteilseigner das Unternehmen finanziell über Wasser gehalten habe — durch ein Darlehen, eine neue Kapitalzufuhr und die Einwilligung in eine Rangrücktrittserklärung. Darüber hinaus bestreitet Deutschland die Auslegung der Kommission hinsichtlich der Urteile des Gerichts der Europäischen Union in den Rechtssachen T-102/07 und T-120/07, Freistaat Sachsen, MB Immobilien Verwaltungs GmbH und MB System GmbH & Co. KG gegen Europäische Kommission, soweit sie einen automatischen Mechanismus zwischen negativem Eigenkapital und der Einstufung als Unternehmen in Schwierigkeiten impliziert. Deutschland führt an, dass das Kriterium des negativen Eigenkapitals nur eines von mehreren Kriterien ist, die das Gericht ausgewiesen hat, um festzulegen, ob ein Unternehmen sich in Schwierigkeiten befindet.

(85)

Drittens erklärt Deutschland, dass es bei der FN GmbH keine Anzeichen dafür gibt, dass sich das Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, da die geschäftliche Entwicklung der FN GmbH seit ihrer Gründung positiv war. Insbesondere deute die Tatsache, dass sich die Zinsbelastung der FN GmbH erhöht, nicht auf finanzielle Schwierigkeiten wie eine Überschuldung hin, sondern spiegle die wiederholten Investitionen des Hauptanteilseigners in die FN GmbH wider.

(86)

Viertens vertritt Deutschland den Standpunkt, dass die FN GmbH ihre finanziellen Schwierigkeiten dank ihrer eigenen betrieblichen Gewinne, Darlehen von Geschäftsbanken und Mitteln ihres mehrheitlichen Anteilseigners selbst lösen kann.

(87)

Schließlich bringt Deutschland vor, dass die FN GmbH nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien betrachtet werden kann, da nach diesen Leitlinien Unternehmen innerhalb der ersten drei Jahre nach ihrer Gründung (wie die FN GmbH) nicht als in Schwierigkeiten befindlich eingestuft werden können.

5.1.6.   Wettbewerbsverzerrung

(88)

Deutschland vertritt den Standpunkt, dass die Kommission es im Eröffnungsbeschluss versäumt hat, die Auswirkungen der Unterstützungsmaßnahmen auf den Wettbewerb auf dem relevanten Markt zu belegen, den sie nicht definiert hat.

(89)

Nach diesen allgemeinen Stellungnahmen nahm Deutschland zu den verschiedenen in Rede stehenden Maßnahmen Stellung:

5.2.   Maßnahme 1: Die Unterstützung der EEL GmbH für die FN GmbH

5.2.1.   Die Kontrolle der EEL GmbH über die FN GmbH

(90)

Deutschland führt an, dass alle mit den der FN GmbH von der EEL GmbH gewährten Darlehen finanzierten Zahlungen von der EEL GmbH streng kontrolliert wurden, die deren direkte Übertragung an die Gläubiger der FN GmbH treuhänderisch beaufsichtigte.

(91)

Nach Angaben Deutschlands konnte die EEL GmbH dadurch sicherstellen, dass ihre Ressourcen ausschließlich für Investitionen und nicht für das Tagesgeschäft eingesetzt wurden.

(92)

Deutschland führt zusätzlich an, dass dem Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze als Anteilseigner der EEL GmbH im Geschäftsvertrag der FN GmbH mehrere ausschließliche Rechte eingeräumt wurden, so etwa das Recht, den Geschäftsführer der FN GmbH zu ernennen (im Jahr 2004 ausgeübt), sowie mehrere Veto-Rechte in Bezug auf einzelne Verwaltungsmaßnahmen sowie Veränderungen oder die Veräußerung des Kapitals der FN GmbH. Diese Rechte bleiben bestehen, bis die FN GmbH alle Schulden bei diesen beiden Anteilseignern beglichen hat.

5.2.2.   Ex-ante-Bewertung der Marktbedingungen und der erforderlichen Investitionen

(93)

Deutschland führt das Argument an, dass im in Rede stehenden Zeitraum alle Investitionsentscheidungen durch Marktstudien gestützt wurden, deren Schlussfolgerungen systematisch auf die Notwendigkeit der Investition hinwiesen.

(94)

Diesbezüglich führt Deutschland zunächst eine Studie aus dem Jahr 1998 (durchgeführt von […]) an, der zufolge das Projekt Flughafen Weeze wirtschaftlich solide und nachhaltig schien. Deutschland führt weitere Studien an, die kurz danach vorgelegt wurden und die die Spezialisierung dieser neuen Flughafeninfrastruktur auf das Segment LCC empfahlen, das damals als die erfolgversprechendste Wachstumsquelle in den späten 1990er Jahren identifiziert wurde. Der Bau einer speziell für LCC-Verkehr konzipierten Infrastruktur, die geografische Lage des Flughafens (mit einem Einzugsbereich mit etwa 35 Mio. Einwohnern), die Auslastung der nahegelegenen Flughäfen Amsterdam und Düsseldorf wurden damals als Wettbewerbsvorteile beschrieben.

(95)

Deutschland bezieht sich des Weiteren auf weitere Geschäftspläne, die auf dem erwarteten Wachstum des LCC-Verkehrs, der Auslastung der benachbarten Flughafen-Plattformen, der Unterzeichnung von Vereinbarungen mit Ryanair fußten, um den finanziellen Erfolg des Flughafens vorherzusagen. Angesichts der Notwendigkeit, Umweltschutzbestimmungen durchzusetzen, gab die FN GmbH zeitgleich eine Luftverkehrsprognose bei […] („[…]-Studie“) in Auftrag, die für 2010 mit einem Passagieraufkommen von 2,88 Mio. und für 2020 mit einem Passagieraufkommen zwischen 3,1 und 4,85 Mio. rechnete. Deutschland merkt an, dass die Verkehrsstatistiken zeigen, dass der Geschäftsplan bis 2010 exakt eingehalten wurde, und dies trotz der oben beschriebenen widrigen Ereignisse.

(96)

Deutschland erklärt weiter, dass die FN GmbH angesichts des ausgeweiteten Umfangs der Tätigkeiten von Ryanair am Flughafen einen weiteren Geschäftsplan in Auftrag gab, der die Jahre 2009-2020 abdeckt („Geschäftsplan von 2009“). Dieser Geschäftsplan wurde an die [Bank] weitergeleitet, die die Studie dieses Experten bei der Entscheidung über die Gewährung eines geschäftlichen Darlehens für die FN GmbH berücksichtigen konnte.

(97)

Angesichts dieser Erwägungen bestreitet Deutschland die vorläufige Auffassung der Kommission, dass das Geschäftsmodell der FN GmbH nicht nachhaltig war und dass die Privatisierung unter politischen Gesichtspunkten und nicht anhand rein wirtschaftlicher Kriterien durchgeführt wurde.

5.2.3.   Marktkonformität der Darlehen der EEL GmbH zugunsten der FN GmbH

(98)

Deutschland gab an, dass im Eröffnungsbeschluss für die Beurteilung der Marktkonformität der Zinssätze der von der EEL GmbH gewährten Darlehen eine inkorrekte juristische Grundlage herangezogen wird. Nach Angaben Deutschlands stützte die Kommission ihre Beurteilung auf die Mitteilung von 2008 der Kommission über die Überarbeitung der Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze („Referenzzinssatz-Mitteilung von 2008“) (24). Deutschland argumentiert, dass, da die meisten der in Rede stehenden Maßnahmen zwischen 2003 und 2005 gewährt wurden, die Kommission stattdessen ihre Mitteilung von 1997 über die Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze („Referenzzinssatz-Mitteilung von 1997“) hätte anwenden müssen (25).

(99)

Darüber hinaus und unabhängig davon, welche der beiden Mitteilungen ratione temporis anwendbar wäre, stellte Deutschland die Anwendbarkeit eines Referenzsatzes der Kommission in dieser Sache basierend darauf in Frage, dass kein funktionierender Finanzmarkt für den Bau von Flughafeninfrastruktur bestehe.

(100)

Deutschland fügte hinzu, dass die von den Behörden gewährten Darlehen aus den folgenden Gründen vollkommen marktkonform waren:

a)

alle Darlehensvereinbarungen sahen die Rückzahlung des Kapitals zuzüglich der marktkonformen und/oder gesetzlich anwendbaren Zinsen vor;

b)

alle der FN GmbH gewährten Darlehen waren jederzeit vollständig abgesichert durch i) erstrangige Grundschuld auf sämtliche Liegenschaften, ii) die Geschäftsanteile der Airport Network BV am Kapital der ANH GmbH und iii) die Geschäftsanteile der ANH GmbH am Kapital der FN;

c)

die Zinssätze für die der FN GmbH gewährten Darlehen von [1-8] % waren jederzeit marktkonform, unter Berücksichtigung des signifikanten Anfangsbeitrags von privaten Kapitalzufuhren (rund [20-50] %) zur gesamten Projektfinanzierung und der hohen Besicherung;

d)

diese Zinssätze sind mit jenen Zinssätzen gleichwertig, die für Darlehen mit 10-jähriger Laufzeit und 80 %iger Absicherung durch Immobilieneigentum gewährt werden.

(101)

Was den Privatinvestor-Test angeht, so verweist Deutschland auf die Rechtsprechung in der Rechtssache Italienische Republik gegen Kommission  (26), in der das Gericht erklärte: „Um festzustellen, ob solche Maßnahmen den Charakter staatlicher Beihilfen haben, ist zu prüfen, ob ein privater Investor von vergleichbarer Größe wie die Einrichtungen des öffentlichen Sektors in vergleichbarer Lage hätte veranlasst werden können, Kapitalhilfen dieses Umfangs zu gewähren.“ Deutschland argumentierte, dass ein privater Investor anstelle der EEL die Verpflichtung zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen berücksichtigt sowie akzeptiert hätte, dass sich die Rentabilität der Investition aufgrund der Kosten für die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen verzögern kann, wie von der Kommission in der früheren Rechtssache Einzelbeihilfe für Wasserwerke  (27) bereits anerkannt. Deutschland fügte ferner hinzu, dass ein privater Investor auch die strategische Natur/Ausrichtung des Geschäftsmodells berücksichtigen kann, um seine Rentabilitätsprognosen anzupassen. Gemäß Abschnitt 3.2 fünfter Gedankenstrich des Standpunkts der Kommission vom 14. September 1984 über Beteiligungen der öffentlichen Hand am Kapital von Unternehmen (28) „kann der strategische Charakter der Investition (Absatzmärkte, Versorgung) [in bestimmten Fällen] dem normalen Verhalten eines Kapitalgebers gleichgestellt werden […], obwohl die Investition erst zu einem späteren Zeitpunkt rentabel werden wird“. Daraus schlussfolgerte Deutschland, dass diese Bestimmung das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils aufgrund staatlicher Beihilfen ausschließt.

5.3.   Maßnahme 2: Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen zugunsten der FN GmbH

(102)

Gemäß den Angaben Deutschlands stellt die durch eine Entscheidung des Landes Nordrhein-Westfalen zugunsten der FN GmbH vom 15. Oktober 2002 bewilligte Unterstützungsmaßnahme in Höhe von 3,525 Mio. EUR tatsächlich keine Beihilfe oder zumindest eine bestehende Beihilfe im Sinne der Verfahrensverordnung dar. Deutschland argumentiert, dass die Maßnahme auf der Grundlage des Erlasses von 1993 verabschiedet wurde. Nach Angaben Deutschlands wurde der Erlass vor der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags und Artikel 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr („Luftverkehrsleitlinien von 1994“) (29) verabschiedet

(103)

Deutschland fügte hinzu, dass die Finanzierung von Flughafeninfrastrukturen erst zu einem späteren Zeitpunkt als staatliche Beihilfe eingestuft und von der Kommission geprüft wurde, nachdem: a) die Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen („Luftverkehrsleitlinien von 2005“) von der Kommission im Jahr 2005 angenommen worden waren, b) Grundsatzentscheidungen in diesem Bereich vom Gericht und vom Gerichtshof der Europäischen Union (30) angenommen wurden.

(104)

Deutschland argumentierte diesbezüglich ferner, dass die Kommission im Eröffnungsbeschluss eine inkorrekte juristische Grundlage für die vorläufige Beurteilung von Maßnahme 2 verwendete. Der Eröffnungsbeschluss (31) beruhte nämlich auf der neuen Fassung des Erlasses von 1993, der am 1. Januar 2003 und somit nach der Gewährung der Maßnahme in Kraft trat.

(105)

Schließlich vertritt Deutschland den Standpunkt, dass es nicht erforderlich ist, dass die Kommission die Bestimmungen der Verfahrensverordnung in Bezug auf bestehende Beihilfen anwendet, da der Erlass von 1993, auf dessen Grundlage die in Rede stehende Beihilfemaßnahme angenommen wurde, aufgehoben wurde

5.4.   Maßnahme 3: Direkte Unterstützung des Kreises Kleve für die FN GmbH

(106)

Deutschland vertritt den Standpunkt, dass die Gewährung der Überbrückungsfinanzierung erforderlich war, um die private Investition in den Flughafen in der Startphase zu begleiten. Im Hinblick auf den Verzicht auf die Verpflichtung der FN GmbH, die zweite Tranche des Darlehens zurückzuzahlen, vertritt Deutschland die Meinung, dass der Kreis Kleve diese Entscheidung bewusst traf, da die FN GmbH ihre gesetzliche Verpflichtung, mindestens 350 Arbeitsplätze zu schaffen, erfüllt hatte.

5.5.   Maßnahme 4: Öffentliche Refinanzierung der EEL GmbH

(107)

Deutschland bestreitet, dass die Refinanzierung der EEL GmbH eine Transaktion darstellt, an der der Staat beteiligt ist, da es sich lediglich um eine Kapitalzuführung der Anteilseigner der EEL GmbH handelt. Deutschland unterstreicht, dass die Refinanzierung der EEL GmbH von den öffentlichen Eigentümern und privaten Banken durchgeführt wurde.

(108)

Deutschland bringt vor, dass der Eröffnungsbeschluss die mutmaßliche staatliche Beihilfe (die Refinanzierung der FN GmbH durch die EEL GmbH und die Refinanzierung der EEL GmbH durch ihre öffentlichen Anteilseigner) doppelt berücksichtigt, obwohl sie nur eine einzige Maßnahme darstellt. Deutschland erinnert daran, dass die Kommission auf eine doppelte Würdigung in der ähnlich gelagerten Rechtssache Leipzig/Halle verzichtet hat (32).

(109)

Deutschland bestreitet, dass die EEL GmbH an einer wirtschaftlichen Tätigkeit beteiligt war, und argumentiert, dass die EEL GmbH stattdessen als temporäre Zweckgesellschaft betrachtet werden sollte, die zur Verwaltung und Entwicklung der Flughafeninfrastruktur gegründet wurde. Deutschland vertritt die Ansicht, dass die EEL GmbH gegründet wurde, da diese das Projekt effizienter verwalten könne als ihre beiden getrennten Anteilseigner (der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze) und die von letzteren bereitgestellte Anlaufunterstützung transparenter weiterleiten könne. Nach Angaben Deutschlands hätte kein privater Investor dieselben Tätigkeiten wie die EEL GmbH durchgeführt.

(110)

Schließlich fügte Deutschland hinzu, dass die EEL GmbH aufgrund der Differenz zwischen den Zinssätzen der von ihren Anteilseignern erhaltenen Darlehen und jenen, die der FN GmbH gewährt wurden, eine Gewinnspanne erzielt.

5.6.   Würdigung der Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt

(111)

Deutschland zweifelt an, dass die Kommission die Vereinbarkeit der Unterstützungsmaßnahmen im Eröffnungsbeschluss eingehend geprüft hat. Deutschland fügt hinzu, dass die Kommission angesichts des unten näher ausgeführten Einwands des Vertrauensschutzes weder mit der Untersuchung fortfahren noch eine Rückforderungsanordnung in Bezug auf die Fördermaßnahme in Betracht ziehen sollte. Schließlich merkt Deutschland an, dass die Kommission die Fördermaßnahmen, die dem Flughafen Kassel-Calden gewährt wurden und die jenen ähnlich sind, die dem Flughafen Weeze gewährt wurden, bereits genehmigt hat. Deutschland folgert daraus, dass die Kommission letztere für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären sollte.

5.7.   Vertrauensschutz

(112)

In seinen Stellungnahmen zum Eröffnungsbeschluss wiederholte Deutschland frühere Argumente zum Vertrauensschutz. Nach Angaben Deutschlands hat die Kommission Deutschland im Juli 2009 (33) darüber informiert, dass sie nicht beabsichtigt, den Fall weiter zu untersuchen, und dadurch Vertrauensschutz geschaffen. Deutschland schloss daraus, dass die Kommission dann durch den Grundsatz der guten Verwaltung gebunden war und die vorläufige Untersuchung hätte einstellen sollen. Zur Stützung ihres Standpunkts führte Deutschland an, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache Salzgitter  (34) entschieden hat, dass eine Verzögerung der Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse und der Anordnung der Rückerstattung von staatlichen Beihilfen durch die Kommission einen Rückforderungsbeschluss nicht unzulässig macht, außer in besonderen Fällen (wie diesem), in denen die Kommission eindeutig nicht gehandelt und ihre Sorgfaltspflicht eindeutig verletzt habe.

(113)

Deutschland argumentierte, dass im förmlichen Prüfverfahren andere Beschlüsse der Kommission nicht berücksichtigt wurden, so etwa der Beschluss Konver II von 2005 (der 14,9 Mio. ECU für die Konversion ehemaliger Militärflughäfen in Nordrhein-Westfalen bewilligte) und der Aktionsplan für Kapazität, Effizienz und Sicherheit von Flughäfen in Europa (35), die ausdrücklich zur Schaffung neuer Flughafeninfrastrukturen aufrufen.

6.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

6.1.   Flughafen Düsseldorf GmbH

(114)

Die Flughafen Düsseldorf GmbH („Flughafen Düsseldorf“), der Betreiber des Flughafens Düsseldorf, vertritt den Standpunkt, dass die vier in Rede stehenden Maßnahmen den Wettbewerb im Binnenmarkt beeinträchtigt haben und für nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden sollten. Nach Angaben des Flughafens Düsseldorf hat sich der Verkehr am Flughafen Weeze nur deshalb in weniger als zehn Jahren verzehnfacht, weil die Kostenstruktur des Flughafens durch die öffentliche Unterstützung künstlich abgesenkt worden sei. Bei der Aufnahme des Flugbetriebs am Flughafen Weeze habe Ryanair missbräuchlich die Marke „Düsseldorf“ in ihren Marketing-Kampagnen verwendet, was potenzielle Kunden irregeführt und zulasten des Flughafens Düsseldorf zum Flughafen Weeze umgeleitet habe.

6.2.   Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg Wesel Kleve zu Duisburg

(115)

Die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg Wesel Kleve zu Duisburg ( „Niederrheinische IHK“), die örtliche Industrie- und Handelskammer, betont, dass die Schließung des Militärflughafens zu einem Verlust von 400 Arbeitsplätzen und etwa 100 Mio. EUR Einnahmen jährlich für den Kreis geführt habe, während die geschäftliche Entwicklung des Flughafens Weeze im Gegenzug extrem positiv war und zur Schaffung von mehr als 1 200 Arbeitsplätzen in der Region geführt habe. Die Niederrheinische IHK betont des Weiteren, dass der Flughafen gemäß den Prognosen aus dem Geschäftsplan von 2003 gewachsen ist und zum drittgrößten regionalen Flughafen im Land geworden ist. Der jüngste Rückgang des Passagieraufkommens sei in erster Linie auf die Einführung der Luftverkehrssteuer in Deutschland zurückzuführen.

6.3.   Erlebe-Fernreisen und Atlasreisen

(116)

Erlebe-Fernreisen GmbH („Erlebe-Fernreisen“) und Atlasreisen Partnerunternehmen („Atlasreisen“), zwei örtliche Reisebüros, drücken ihre Unterstützung für den Standpunkt des Flughafens Weeze in diesem Verfahren aus. Erlebe-Fernreisen vertritt den Standpunkt, dass die Renovierung des Militärflughafens und die Zusammenarbeit mit der Leitung des Flughafens Weeze das Wachstum des Unternehmens gefördert hat. Atlasreisen erinnert an die Fähigkeit des Flughafens, den schwierigen Zertifizierungsprozess zu durchlaufen, und an die Einführung der Luftverkehrssteuer in Deutschland.

6.4.   Agello

(117)

Agello Service GmbH („Agello“), ein Anbieter von Flughafendienstleistungen, ist der Ansicht, dass die positive Geschäftsentwicklung des Flughafens Weeze ihn zum drittgrößten Regionalflughafen im Land gemacht hat und betrachtet ihn als erfolgreiches europäisches Projekt. Seiner Ansicht nach ist der jüngste Rückgang des Passagieraufkommens in erster Linie auf die Einführung der Luftverkehrssteuer in Deutschland zurückzuführen.

6.5.   Pro:niederrhein

(118)

Pro:niederrhein, eine lokale Bürgerinitiative, die den Flughafen Weeze unterstützt, vertritt die Ansicht, dass die in Rede stehenden Maßnahmen nicht rechtswidrig sind und dass der Flughafen für die Region wichtig ist, wie durch eine im Jahr 2006 von mehr als 20 000 Personen unterzeichnete Petition hervorgehoben.

6.6.   Tower Company und STI

(119)

Die Tower Company GmbH („Tower Company“), der mit der Flugsicherung beauftragte Anbieter von Flughafendienstleistungen, und STI Security Training International GmbH („STI“), der Dienstleister für die Fluggastkontrolle, vertreten den Standpunkt, dass die von ihnen ausgeübten Tätigkeiten im öffentlichen Auftrag im Fall der Schließung des Flughafens Weeze nicht relokalisiert werden können. Sie fordern die Kommission auf, die Arbeitsplätze bei ihrer Würdigung zu berücksichtigen.

6.7.   Serve2fly und I-Punkt

(120)

Serve2fly Heico Losch Airport Service GmbH („Serve2fly“), der Dienstleister für Bodenabfertigung, und I-Punkt GmbH („I-Punkt“), ein örtliches Bauunternehmen, sind der Meinung, dass die geschäftliche Entwicklung des Flughafens Weeze extrem positiv war und mehr als 1 000 Arbeitsplätze in dieser strukturschwachen Region von Nordrhein-Westfalen geschaffen hat. Serve2fly argumentiert, dass die im Eröffnungsbeschluss von der Kommission vertretenen Standpunkte gegen ihre eigenen Leitlinien verstoßen, da lokale Flughäfen daran gehindert werden, als Wettbewerber auf dem Markt aufzutreten. Serve2fly erinnert an die externen widrigen Ereignisse, die der Flughafen bewältigen musste, und bittet die Kommission, diese zu berücksichtigen.

6.8.   Gaetan Data

(121)

Gaetan Data GmbH („Gaetan Data“), ein lokales Schulungsinstitut, argumentiert, dass der Flughafen eine einzigartige Ressource im Hinblick auf Flughafen-Schulungen bietet, und vertritt den Standpunkt, dass die Kommission diesen Fall rasch genehmigen sollte.

6.9.   Van Boekel, RAS und SOV

(122)

Van Boekel GmbH („Van Boekel“), ein lokales Unternehmen, das unter anderem im Straßenbau und in der Landschaftsgestaltung tätig ist, die Rheinland Air Service Werft & Handel GmbH („RAS“), der Dienstleister für die Flugzeugbetankung, und die Schilling Omnibusverkehr GmbH („SOV“), die den Flughafen Weeze von Köln und Düsseldorf aus mit Bussen anfährt, argumentieren, dass der Flughafen Weeze jetzt ein rentabler privater Flughafen mit wahrhaft europäischer Dimension ist.

6.10.   NRN Energie

(123)

NRN Energie GmbH („NRN Energie“) gibt an, dass der Flughafen Weeze von einem privaten Investor finanziert wurde, im Gegensatz zum Flughafen Eindhoven, der sich auf die zusätzliche Finanzierung von militärischen Operationen der Niederlande stützen konnte. Was die öffentliche Beteiligung angeht, so vertritt NRN Energie den Standpunkt, dass die öffentlichen Darlehen zu Marktbedingungen gewährt wurden. NRN Energie teilt die Bedenken Deutschlands bezüglich der Verletzung des Vertrauensschutzes.

6.11.   KPP

(124)

Die KPP Steuerberatungsgesellschaft mbH („KPP“), ein Steuerberatungsunternehmen, verweist auf die erhebliche Kapitalrendite der FN GmbH ([10-20] %) im Jahr 2010. KPP argumentiert, dass die von der FN GmbH erhaltenen Darlehen zu einem Großteil als beteiligungsähnlich betrachtet werden sollten und in jedem Fall vollständig abgesichert sind.

6.12.   Der Kreis Kleve

(125)

Der Kreis Kleve unterstützt alle Stellungnahmen von Deutschland, insbesondere jene in Verbindung mit der Verletzung des Vertrauensschutzes. Er betont ebenfalls die wachsende Nachfrage nach regionalen Flughäfen in Nordrhein-Westfalen, einem der am dichtesten bevölkerten Gebiete in Europa, die von dem naheliegenden und fast voll ausgelasteten Flughafen Düsseldorf nicht vollständig erfüllt werden kann. Der Kreis Kleve fügt hinzu, dass die Finanzierung des Flughafens Weeze die Luftverkehrsleitlinien von 2005 streng befolgt, da dieser (bis einschließlich 2007) als Flughafen der Kategorie D galt.

6.13.   FN GmbH

(126)

Die FN GmbH unterstützt alle Stellungnahmen von Deutschland zum Eröffnungsbeschluss, zu denen sie beigetragen hat. Die FN GmbH betont, dass die in Rede stehenden Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen darstellen, insbesondere nicht die der EEL GmbH gewährten Darlehen, die zu Marktbedingungen gewährt worden seien. Nach Angaben der FN GmbH konnte die FN GmbH trotz Investitionen in die Flughafeninfrastruktur in signifikanter Höhe ([50-100] Mio. EUR) eine hohe Eigenkapitalquote (über [20-50] %) beibehalten und den Anteil der in Rede stehenden Finanzierungsmaßnahmen auf unter [20-50] % der Gesamtfinanzierung begrenzen. Die FN GmbH fügt hinzu, dass das Verkehrsaufkommen und der operative Gewinn seit dem Start des Betriebs im Jahr 2003 ständig steigen, sodass die FN GmbH seit 2007 jedes Jahr Gewinne erzielt habe. Die FN GmbH merkt des Weiteren an, dass der operative Umsatz weiter steige und die Betriebskosten deutlich übersteige, die stabil geblieben seien. Nach Angaben der FN GmbH wäre diese solide operative Leistung sogar besser, wenn die Kosten in Verbindung mit Ausgaben für öffentliche Aufträge von den Gewinn- und Verlustrechnungen abgezogen würden.

(127)

Die FN GmbH betont, dass sie kein Unternehmen in Schwierigkeiten ist und dass alle Darlehen zu Marktbedingungen gewährt wurden. Die FN GmbH gibt an, dass für solche Kreditrisiken die in den der EEL GmbH gewährten Darlehen festgelegten Zinssätze höher als die Zinssätze der Bundesbank für neue abgesicherte Darlehen oder die Zinssätze des Pfandbriefindex (36) (zzgl. einer üblichen Marge von 80 bis 120 Basispunkten) sind.

6.14.   Andere Drittparteien

(128)

Fünf Einzelpersonen zweifeln an, dass:

a)

die von Deutschland bereitgestellten Informationen den tatsächlichen Beträgen entsprechen, die der EEL GmbH und der FN GmbH gewährt wurden;

b)

der Flughafen in der Lage war, ohne öffentliche Darlehen zu überleben;

c)

kein funktionierender Finanzmarkt vorlag, der Projekte wie das des Flughafens Weeze hätte finanzieren können;

d)

die FN GmbH in der Lage wäre, alle Darlehen und Zinsen an den Rückzahlungsterminen im Jahr 2016 zurückzuzahlen; die Dritten argumentieren, dass Deutschland diesbezüglich gezwungen wäre, den Schuldenswap zu akzeptieren, der 2011 in Betracht gezogen wurde und der eine unzulässige Beihilfe und eine Transaktion darstellen würde, die kein privater Investor durchgeführt hätte;

e)

die von Deutschland der FN GmbH auferlegten Zinsen der Marktwirklichkeit entsprechen;

f)

die FN GmbH 350 Arbeitsplätze geschaffen hat (was die Vorbedingung dafür war, dass die FN GmbH die zweite Tranche von [2-5] Mio. EUR im Jahr 2004 nicht an Deutschland zurückzahlen musste);

g)

der Realwert der von der Airport Network B.V. für die der FN GmbH gewährten Darlehen bereitgestellten Sicherheiten hoch ist (37);

h)

ein Investor das Risiko eingegangen wäre, einem Flughafen, der noch keine Betriebsgenehmigung erhalten hat, von Anfang an Darlehen zu gewähren.

7.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DRITTER

(129)

Deutschland vertrat nicht den Standpunkt, dass die von Herrn Kleinschnittger vorgelegten Informationen in dem Verfahren verwendet werden dürfen, da es sich dabei um vertrauliche Informationen aus den Beratungen des Kreistags Kleve handle, die auf gesetzwidrige Weise beschafft und an die Kommission weitergeleitet wurden.

(130)

Bezüglich der Stellungnahmen einiger Einzelpersonen verwies Deutschland auf seine Schriftsätze vom 18. März 2013 und vom 19. August 2013, die in Abschnitt 5 zusammengefasst sind.

8.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHMEN

(131)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(132)

Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegten Tatbestandsmerkmale sind kumulativ. Folglich stellt eine Maßnahme nur dann eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar, wenn jede der folgenden Bedingungen erfüllt ist. Die finanzielle Unterstützung muss:

vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden,

bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen,

den Wettbewerb verfälschen oder drohen, ihn zu verfälschen und

Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben.

(133)

Im vorliegenden Fall argumentierte Deutschland, dass die EEL GmbH und ihre Anteilseigner stets als umsichtige, marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftsteilnehmer gehandelt haben, die von Rentabilitätszielen geleitet werden, und dass die in Rede stehenden Maßnahmen keinen wirtschaftlichen Vorteil mit sich brachten, die das Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, stellen die Maßnahmen Deutschlands keine staatliche Beihilfe dar.

8.1.   Vertrauensschutz

(134)

Im Gegensatz zu dem Vorbringen Deutschlands hat die Kommission keinen Anspruch auf Vertrauensschutz bezüglich der Einstellung des Vorprüfverfahrens geschaffen. Erstens ist das Argument, dass die Kommission untätig geblieben sei, nicht relevant. In den verbundenen Rechtssachen Daewoo Electronics Manufacturing España SA (Demesa) und Territorio Histórico de Álava — Diputación Foral de Álava gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften  (38) hat das Gericht bestätigt, dass eine scheinbare Untätigkeit nicht relevant ist, wenn eine Beihilfe nicht bei ihr angemeldet wurde. Da Deutschland es versäumt hat, die Beihilfe anzumelden (siehe Erwägungsgrund 247), kann Deutschland keinen Vertrauensschutz geltend machen. Die Kommission merkt an, dass die Bezugnahme auf die Rechtsprechung in der Rechtssache Salzgitter nicht relevant ist, da dieses Urteil sich nur auf den Rückerstattungszeitraum im Fall einer durch einen Beschluss der Kommission als nicht vereinbar erklärten Beihilfe bezieht, und nicht auf den Zeitraum der vorläufigen Untersuchung, den die Stellungnahme von Deutschland abdeckt. Schließlich merkt die Kommission an, dass sie, da sie Deutschland nie über die Einstellung des vorliegenden Falls informiert hat, berechtigt ist, mit dessen förmlicher Prüfung fortzufahren.

8.2.   Unternehmen in Schwierigkeiten

(135)

Im Eröffnungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich die FN GmbH in finanziellen Schwierigkeiten befand. Angesichts der von Deutschland bereitgestellten Informationen ist die Kommission jedoch der Meinung, dass sich die finanzielle Situation der FN GmbH mittlerweile verbessert hat:

a)

das Unternehmen hat weniger als 5 Jahre nach Aufnahme des Betriebs positive Cashflows erzielt (siehe Tabelle 5) und bis Ende 2010, dem Jahr der letzten in Rede stehenden Maßnahme, einen Gewinn erzielt;

b)

das Unternehmen wurde stets von ihren privaten Anteilseignern unterstützt (siehe Erwägungsgrund 72) und hatte schließlich Zugang zu Geschäftsbankkrediten (siehe Erwägungsgrund 73);

c)

die Leitung der FN GmbH hat in diesem Zeitraum zu keinem Zeitpunkt erwogen, Insolvenz anzumelden.

(136)

Darum vertritt die Kommission die Ansicht, dass sich das Unternehmen nie in der unter Randnummer 9 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien beschriebenen Situation befand, in der es „nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift“. Die Kommission schloss, dass die FN GmbH nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden kann.

8.3.   Vorliegen einer Beihilfe bei den der FN GmbH gewährten Darlehen (Maßnahme 1)

8.3.1.   Begriffe „Unternehmen“ und „Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit“

(137)

Bis vor kurzem beruhten Entscheidungen über die Entwicklung von Flughäfen ausschließlich auf raumplanerischen Gesichtspunkten oder, in einigen Fällen, auf militärischen Anforderungen. Der Betrieb von Flughäfen wurde im Rahmen der Verwaltung und nicht als wirtschaftliche Unternehmung organisiert. Der Wettbewerb zwischen Flughäfen und Flughafenbetreibern war ebenfalls begrenzt und entwickelte sich nach und nach.

(138)

Diese Situation hat sich in den vergangenen Jahren jedoch verändert. Auch wenn diese Gesichtspunkte der Raumnutzungsplanung und diese Verwaltungsstrukturen in einigen Fällen weiter bestehen, wurden die meisten Flughäfen dem Handelsrecht unterworfen, um in einem immer stärker von Wettbewerb geprägten Umfeld zu Marktbedingungen tätig sein zu können. Die Übertragung in die Privatwirtschaft erfolgte meist in Form einer Privatisierung oder einer schrittweisen Öffnung des Kapitals. In den vergangenen Jahren haben Private-Equity-Gesellschaften und Investmentfonds und Pensionsfonds großes Interesse am Erwerb von Flughäfen gezeigt, wie der vorliegende Fall zeigt.

(139)

Wie unter Randnummer 44 der Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (im Folgenden „Luftverkehrsleitlinien von 2014“) (39) angegeben, ist es aufgrund der allmählichen Entwicklung der Marktkräfte in der Flughafenbranche nicht möglich, ein genaues Datum zu bestimmen, ab dem der Betrieb eines Flughafens zweifelsfrei als wirtschaftliche Tätigkeit betrachtet werden sollte. Die Gerichte der Union haben die Entwicklung der Art der Flughafenaktivitäten anerkannt. In der Rechtssache Flughafen Leipzig/Halle  (40) vertrat das Gericht die Auffassung, dass ab dem Datum der Urteilsverkündigung in der Rechtssache Aéroports de Paris die Anwendung der Beihilfevorschriften auf die Finanzierung von Flughafeninfrastruktur nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Folglich müssen ab dem Datum der Urteilsverkündigung in Aéroports de Paris (12. Dezember 2000) der Betrieb und der Bau von Flughafeninfrastruktur als in den Anwendungsbereich beihilferechtlicher Prüfungen fallend betrachtet werden.

(140)

Im Hinblick auf die vorliegende Rechtssache wurden die verschiedenen Darlehen, die der FN GmbH von der EEL GmbH gewährt wurden, um den Bau des Flughafens Weeze zu finanzieren, und die Gegenstand dieses förmlichen Prüfverfahrens sind, nach 2003, also nach dem Urteil zu Aéroports de Paris, gewährt. Darum schließt die Kommission, dass sie berechtigt ist, alle der FN GmbH von der EEL GmbH gewährten Darlehen zu untersuchen.

8.3.2.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(141)

Der Begriff der staatlichen Beihilfe bezeichnet jeden direkt oder indirekt gewährten Vorteil, der aus staatlichen Mitteln finanziert oder vom Staat selbst oder von einer zwischengeschalteten Stelle im Auftrag des Staates gewährt wird.

(142)

Im vorliegenden Fall steht der Beihilfegeber, die EEL GmbH, vollständig im Eigentum öffentlicher Körperschaften, und zwar des Kreises Kleve einerseits und der Gemeinde Weeze andererseits. Aus diesem Grund ist sie ein öffentliches Unternehmen im Sinne von Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2006/111/EG der Kommission (41) über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen.

(143)

Der beherrschende Einfluss des Kreises Kleve und der Gemeinde Weeze zu diesem Zeitpunkt ist klar aus der Beteiligungsstruktur ersichtlich, da der Kreis Kleve (52 %) und die Gemeinde Weeze (48 %) die einzigen Anteilseigner der EEL GmbH sind. Darüber hinaus besteht der Vorstand der EEL GmbH aus zwei Vertretern öffentlicher Körperschaften, nämlich dem Bürgermeister der Gemeinde Weeze und dem Landrat des Kreises Kleve.

(144)

Der beherrschende Einfluss der Behörden auf die EEL GmbH gilt auch für den finanziellen Bereich; dies ist an der obengenannten Tatsache ersichtlich, dass die EEL GmbH in den Jahren 2004-2005 von ihren Anteilseignern verschiedene Subventionen erhalten hat („Liquiditätsvorteile“ und Kapitalzuführungen). Darum bestand eine direkte finanzielle Unterstützung der EEL GmbH durch die öffentliche Verwaltung.

(145)

Deshalb geht die Kommission davon aus, dass die EEL GmbH ein öffentliches Unternehmen ist und ihre Ressourcen als staatliche Mittel einzustufen sind.

(146)

Dem Gericht zufolge kann, auch wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird. Ein öffentliches Unternehmen kann je nach dem Maß an Selbständigkeit, das ihm der Staat belässt, mehr oder weniger unabhängig handeln. Daher genügt die bloße Tatsache, dass ein öffentliches Unternehmen unter staatlicher Kontrolle steht, nicht, um Maßnahmen dieses Unternehmens wie die in Rede stehenden Darlehen dem Staat zuzurechnen. Das Gericht gab an, dass die Zurechenbarkeit einer Beihilfemaßnahme seitens eines öffentlichen Unternehmens zum Staat aus einer Reihe von Indizien abgeleitet werden kann.

(147)

Solche Indizien können die Eingliederung des Unternehmens in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung umfassen, die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung oder jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer fehlenden Beteiligung am Erlass einer Maßnahme hinweist, wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind.

(148)

Zunächst ist anzumerken, dass wesentliche Investitionsprojekte, die einen Flughafen betreffen, für die lokalen Behörden von Interesse sind, die oft in gewissem Umfang an solchen Projekten beteiligt sind. Der Grund dafür ist, dass ein Flughafen eine grundlegende Rolle für verschiedene politische Bereiche spielt: Verkehrspolitik, regionale oder nationale wirtschaftliche Entwicklungspolitik oder Stadt- und Raumplanungspolitik. Im vorliegenden Fall wird der Flughafen von einem privaten Unternehmen betrieben. Die Entscheidung, den früheren Militärflughafen in einen zivilen Flughafen umzuwandeln und an einen privaten Investor zu verkaufen, war jedoch politischer Natur. Darüber hinaus spielten der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze bei dieser Konversion eine wichtige Rolle.

(149)

Die Kommission merkte an, dass die EEL GmbH von zwei regionalen öffentlichen Körperschaften gegründet wurde, um die Flughafen-Liegenschaft auf die weitere kommerzielle Nutzung als ziviler Flughafen vorzubereiten und die Liegenschaft bis zu ihrer Übernahme durch einen privaten Investor zu verwalten, wie in Artikel 2 des Gesellschaftsvertrags (42) vom 16. Dezember 1999 festgelegt. Wie in Erwägungsgrund 32 dargelegt, wurde diese Tätigkeit ausgesetzt, bis die Tätigkeit des Unternehmens im April 2003 wieder auflebte. Seitdem beschränkt sich die Tätigkeit der EEL GmbH darauf, neue Investitionen in den Flughafen Weeze zu leiten, was mit ihrer ursprünglichen Aufgabe übereinstimmt.

(150)

Darüber hinaus wurde der Flughafen zwischen 1999 und 2001 vom Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze (durch die FN GmbH, die sich damals im öffentlichen Eigentum befand) betrieben, und die EEL GmbH wurde speziell gegründet, um den späteren Betrieb des zivilen Flughafens sicherzustellen.

(151)

Aus den vorstehenden Erwägungen geht hervor, dass die EEL GmbH als Zweckgesellschaft einzustufen ist (vgl. Erwägungsgrund 109), die vom Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze gegründet wurde, um deren strategische Ziele in Bezug auf den Flughafen Weeze und insbesondere seine Konversion von der militärischen zur zivilen Nutzung zu verwirklichen, und die in Rede stehenden Maßnahmen sollten dies finanzieren und begleiten. Dies sind starke Anhaltspunkte dafür, dass die in Rede stehenden Maßnahmen dem Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze zuzurechnen sind.

(152)

Darüber hinaus wurde die Entscheidung, der FN GmbH über die EEL GmbH Darlehen und Verlängerungen zu gewähren, von den Anteilseignern der EEL GmbH getroffen, die die Behörden vertritt. Die Kommission stellt ferner fest, dass die beiden öffentlichen Anteilseigner den Umfang, den Inhalt und die Bedingungen jedes einzelnen der Darlehen festgelegt haben, die die EEL GmbH zugunsten der FN GmbH gewährte, wie aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung der EEL GmbH hervorgeht.

(153)

Außerdem wurden alle Darlehen, die die EEL GmbH der Flughafenbetreibergesellschaft FN GmbH gewährte, vom Kreis Kleve refinanziert (43). Dies ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Entscheidungen, der FN GmbH Darlehen und Verlängerungen zu gewähren, von den Behörden ausgingen.

(154)

Darüber hinaus hat die EEL GmbH keinen Verwaltungsrat. Die beiden Geschäftsführer sind Vertreter der öffentlichen Anteilseigner. Ein Geschäftsführer des Unternehmens ist der Landrat, also der Leiter des Kreises Kleve, und der andere Geschäftsleiter ist der Bürgermeister der Gemeinde Weeze. Darüber hinaus hat die EEL GmbH keine Stammbelegschaft und wird von einem einzigen Beamten des Kreises Kleve verwaltet. Aus diesen Umständen geht hervor, dass jede Entscheidung der EEL GmbH von Vertretern der öffentlichen Anteilseigner getroffen wird, die das Tagesgeschäft führen und in ihren Lenkungsorganen sitzen. Dies bestätigt, dass die in Rede stehenden Maßnahmen den öffentlichen Anteilseignern zuzurechnen sind.

(155)

Darüber hinaus, hat die EEL GmbH zwar die Rechtsform eines privaten Unternehmens, unterliegt jedoch dem öffentlichen Rechnungswesen (44).

(156)

Schließlich ist geplant, die EEL GmbH aufzulösen, sobald die FN GmbH alle ihr geschuldeten Darlehen und Zinsen zurückgezahlt hat. Darum sollte, wie von Deutschland argumentiert, die EEL GmbH als Zweckgesellschaft betrachtet werden, die von ihren beiden öffentlichen Anteilseignern gegründet wurde und deren einzige Funktion darin besteht, Mittel zu sammeln, die zu Investitionszwecken an die FN GmbH geleitet werden. Dies bestätigt ebenfalls, dass die Maßnahmen diesen beiden öffentlichen Anteilseignern zugerechnet werden können.

(157)

Darum vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Entscheidungen der EEL GmbH, der FN GmbH Darlehen und Verlängerungen der Rückzahlungsfristen zu gewähren, die Maßnahme 1 darstellen, eine Übertragung von staatlichen Mitteln darstellen und dem Staat zuzurechnen sind.

8.3.3.   Selektiver wirtschaftlicher Vorteil — Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Investors/Kapitalgebers

(158)

Um zu überprüfen, ob ein Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erhielt, der durch die Gewährung eines Darlehens zu Vorzugsbedingungen entstanden ist, wendet die Kommission den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers an. Diesem Grundsatz zufolge ist Kapital, das einem Unternehmen vom Staat direkt oder indirekt sowie unter Umständen bereitgestellt wird, die marktüblichen Bedingungen entsprechen, nicht als staatliche Beihilfe anzusehen (45).

(159)

Darum muss die Kommission zunächst prüfen, ob die Bedingungen der vier Darlehen und der zwei Darlehensverlängerungen, die die EEL GmbH der FN GmbH bereitgestellt hat, der FN GmbH einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, den diese unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Im vorliegenden Fall erklärte Deutschland bezüglich der vier Darlehen, dass Darlehenszusagen zugunsten der FN GmbH von Geschäftsbanken in diesem Zeitraum (2003-2005) sehr unwahrscheinlich waren, wie oben dargelegt.

(160)

Die Prüfung des Beihilfecharakters der Maßnahmen erfolgt anhand des Begriffs der staatlichen Beihilfe; nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs muss der Begriff der staatlichen Beihilfe auf eine objektive Situation angewendet werden, die zu dem Zeitpunkt zu bewerten ist, an dem die Kommission ihren Beschluss erlässt. Um zu beurteilen, ob Darlehen aus öffentlichen Quellen zu Marktbedingungen gewährt wurden oder ob sie einen Vorteil für den Kreditgeber darstellen, kann die Kommission sich bei Fehlen eines vergleichbaren Marktzinssatzes auf Referenzzinssätze stützen. Infolgedessen vertritt die Kommission die Auffassung, dass für die Prüfung des Beihilfecharakters das Verfahren anzuwenden ist, das in der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze der Kommission („Referenzzinssatz-Mitteilung von 2008“) (46) beschrieben wird, die am 1. Juli 2008 in Kraft trat. Die Kommission schlägt vor, die in Rede stehenden Maßnahmen auf der Grundlage dieser Mitteilung zu prüfen (47).

(161)

Gemäß der Referenzzinssatz-Mitteilung von 2008 hängt die Zinsmarge eines Darlehens von der Höhe der Besicherung und der Bonität des Darlehensnehmers ab. Dementsprechend muss die Kommission zur Ermittlung des entsprechenden marktkonformen Zinssatzes die Bonität der FN GmbH und den Wert der Sicherheit, mit der das Darlehen besichert wurde, berücksichtigen.

Die Bonität der FN GmbH

(162)

In dem Zeitraum, in dem die ersten vier Darlehen gewährt wurden, wurde die FN GmbH nicht von einer Ratingagentur bewertet und es lag auch keine interne Bonitätsprüfung einer Bank vor. Aus diesem Grund hat Deutschland das Beratungsunternehmen […] (der „Berater“) beauftragt, eine Ratingschätzung für die FN GmbH für jedes der Jahre zu erstellen, in denen die Darlehen 1 bis 4 gewährt wurden. Der Berater erstellte eine Schätzung der 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) und des Ratings. Diese Schätzungen wurden dann von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft […] verifiziert und bestätigt.

(163)

Die Schätzungen des Beraters erfolgten auf der Grundlage der Solvabilitätsverordnung von 2006 (48), mit der die Basel-II-Regeln in Deutschland umgesetzt wurden. Gemäß der Solvabilitätsverordnung sollen die Banken die 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit im Rahmen des sogenannten auf internen Ratings beruhenden Ansatz (IRBA) berechnen. Einige Finanzierungsarten, sogenannte Spezialfinanzierungen, sind jedoch von der Verpflichtung ausgenommen, eine PD zu berechnen. Für solche Finanzierungsarten sieht die Solvabilitätsverordnung stattdessen eine einfache Risikogewichtung vor. Der Berater stützte seine Schätzung der PD und des Ratings auf dieses vereinfachte Bewertungsverfahren. Nach diesem Verfahren werden die folgenden fünf Faktoren bewertet: Finanzielle Stärke des Darlehensnehmers; politisches und rechtliches Umfeld; Merkmale des Geschäfts; Stärke des Eigentümers; Besicherung.

(164)

Die Bewertung der PD jedes dieser Darlehen ergab einen Wert zwischen [0,5-3] % und [1-5] %. Nach Angaben des Beraters entspricht diese PD einem Rating von […]. Es ist anzumerken, dass dieses Rating eine Schätzung des Umfangs der Besicherung und damit die Verlustquote bei Ausfall (LGD) in Verbindung mit jedem der Darlehen berücksichtigt. Die bedeutet, dass das vom Berater angegebene Rating bereits eine potenzielle Anpassung für die Bereitstellung von Sicherheiten berücksichtigt und dem Emissionsrating (im Gegensatz zum Emittentenrating) Rechnung trägt. Der Bericht des Beraters enthält jedoch keine Informationen zum Wert der für das Darlehen bereitgestellten Sicherheit und macht keine Angaben zur tatsächlichen LGD in Verbindung mit jedem Darlehen.

(165)

Wenn nur die ersten vier der vom Berater bewerteten Faktoren berücksichtigt werden (und der letzte, die Besicherung, ausgeschlossen wird), sollten die Schätzungen des Beraters ein Rating ergeben, das sich dem Emittentenrating annähert. Der Durchschnitt der Werte für die ersten vier Faktoren beträgt zum Beispiel [1-5], was als nahe dem Rating […] interpretiert werden kann. Dieses Emittentenrating gilt für die Darlehen 1, 2 und 3. Für Darlehen 4 ist das mit diesem Ansatz geschätzte Emittentenrating […].

(166)

Die Kommission stellt fest, dass der vom Berater erstellte Bericht Zweifel bezüglich der Qualität des Ratings aufkommen lässt. Darüber hinaus muss diese Rating-Schätzung mit Vorsicht betrachtet werden, da der Berater keine Kreditbeziehung mit dem Darlehensnehmer hat. Die Rating-Schätzung ist jedoch auf der von Ratingagenturen verwendeten Skala relativ niedrig und scheint mit der von der [Bank] für einen späteren Zeitraum erstellten geschätzten Bonität nicht unvereinbar zu sein.

(167)

Darüber hinaus übermittelte Deutschland die Schätzung der 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) der FN GmbH, die von der [Bank] für die Jahre 2009 und 2010 verwendet wurden. Die [Bank] hat der FN GmbH im Jahr 2009 ein Darlehen mit einer Laufzeit von zwei Jahren in Höhe von [4-10] Mio. EUR zur Verfügung gestellt. Die [Bank] schätzte die 1-Jahres-PD im Jahr 2009 sowie im Jahr 2010 auf [1-5] %. Nach Schätzungen der durchschnittlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten, die von Ratingagenturen veröffentlicht wurden (49), entspricht eine 1-Jahres- PD von [1-5] % einem Rating zwischen […] und […].

Sicherheit und Verlustquote bei Ausfall (LGD) (50)

(168)

Das erste Darlehen war zum Zeitpunkt der Bewilligung des Darlehens (11. April 2003) durch die folgende Sicherheit besichert:

a)

Grundschuld auf die Liegenschaft und die Gebäude des Flughafens (etwa 6,2 Mio. m2). Die FN GmbH erwarb die Liegenschaft von Deutschland im Jahr 2002 zum Preis von [5-20] Mio. EUR. Dem Bericht eines unabhängigen Gutachters vom September 2002 zufolge betrug der Marktwert der Liegenschaft etwa [5-20] Mio. EUR. Der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens Ende 2002 (einschließlich der Investitionen in die Liegenschaft und die Gebäude) betrug etwa [5-20] Mio. EUR. Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens 1 lastete eine erstrangige Grundschuld zugunsten der […] in Höhe von [1-6] Mio. EUR auf der Liegenschaft.

b)

Selbstschuldnerische Bürgschaft von Herrn […]; Deutschland machte keine Angaben zum Wert des Vermögens des Bürgen.

c)

Verpfändung der Geschäftsanteile der Airport Network (AV) B.V. an der Airport Niederrhein Holding (ANH) GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

d)

Verpfändung der Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

(169)

Wenn der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens ([5-20] Mio. EUR) berücksichtigt und der vorrangige Anspruch der […] ([1-6] Mio. EUR) davon subtrahiert wird, verbleiben etwa [5-15] Mio. EUR, um die Ansprüche des Gläubigers ([5-15] Mio. EUR) abzudecken. Die LGD wird darum auf etwa […] % geschätzt (51). Dies ist wahrscheinlich eine vorsichtige Schätzung der LGD, da der selbstschuldnerischen Bürgschaft und der Verpfändung von Geschäftsanteilen, für die Angaben fehlen, ebenfalls ein zusätzlicher Wert zugeschrieben werden kann.

(170)

Das zweite Darlehen war zum Zeitpunkt der Bewilligung des Darlehens (17. Juni 2004) durch die folgende Sicherheit besichert:

a)

Verpfändung der Liegenschaft und der Gebäude des Flughafens. Der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens Ende 2003 (einschließlich der Investitionen in die Liegenschaft und die Gebäude) betrug etwa [20-40] Mio. EUR. Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens 2 bestanden eine vorrangige Grundschuld zugunsten der […] in Höhe von [1-6] Mio. EUR und eine vorrangige Grundschuld zugunsten der EEL GmbH für das erste Darlehen in Höhe von [11-20] Mio. EUR (siehe Darlehen 1 oben).

b)

Verpfändung der Geschäftsanteile der Airport Network (AV) B.V. an der Airport Niederrhein Holding (ANH) GmbH. Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

c)

Verpfändung der Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH. Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

(171)

Wenn der Buchwert des Anlagevermögens des Flughafens ([20-40] Mio. EUR) sowie die beiden vorrangigen Forderungen der […] und der EEL GmbH ([1-6] Mio. EUR und [11-20] Mio. EUR) berücksichtigt werden, verbleiben etwa [10-25] Mio. EUR, um Forderungen der EEL GmbH aus Darlehen 2 ([1-5] Mio. EUR) abzudecken. Die geschätzte Rückflussquote ist in diesem Fall nahe […] %. Die LGD wird darum auf […] geschätzt.

(172)

Das dritte Darlehen war zum Zeitpunkt der Bewilligung des Darlehens (28. Juli 2004) durch die folgende Sicherheit besichert:

a)

Verpfändung der Liegenschaft und der Gebäude des Flughafens. Der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens Ende 2003 (einschließlich der Investitionen in die Liegenschaft und die Gebäude) betrug etwa [20-40] Mio. EUR. Zum Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens 3 belasteten eine vorrangige Grundschuld zugunsten der […] in Höhe von [1-6] Mio. EUR und eine vorrangige Grundschuld zugunsten des Gläubigers für das erste und das zweite Darlehen in Höhe von insgesamt [10-20] Mio. EUR die Liegenschaft.

b)

Verpfändung der Geschäftsanteile der Airport Network (AV) B.V. an der Airport Niederrhein Holding (ANH) GmbH. Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

c)

Verpfändung der Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH. Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

d)

Verpfändung des Unternehmens FN GmbH. Es liegen keine Angaben zum Wert dieser Sicherheit vor.

(173)

Wenn der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens ([20-40] Mio. EUR) berücksichtigt wird und die beiden vorrangigen Ansprüche der […] und der EEL GmbH ([1-6] Mio. EUR und [10-20] Mio. EUR) subtrahiert werden, verbleiben etwa [10-20] Mio. EUR, um die Ansprüche des Gläubigers aus Darlehen 3 ([2-5] Mio. EUR) abzudecken. Die Rückflussquote beträgt in diesem Fall etwa […] %. Die LGD wird darum auf […] geschätzt.

(174)

Zum Zeitpunkt der Gewährung von Darlehen 4 (1. Juli 2005) wurden alle früheren Darlehen zusammen mit den nicht gezahlten und noch fälligen Zinsen in Höhe von etwa [0,5-3] Mio. EUR mit derselben Fälligkeit (31. Dezember 2010) verlängert. Der gesamte Darlehensbetrag belief sich auf [20-30] Mio. EUR plus [0,5-3] Mio. EUR für nicht gezahlte Zinsen. Die vereinbarte Sicherheit zur Besicherung dieser Forderungen der EEL GmbH war folgende:

a)

Verpfändung der Liegenschaft und der Gebäude des Flughafens. Der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens Ende 2004 (einschließlich der Investitionen in die Liegenschaft und die Gebäude) betrug etwa [20-40] Mio. EUR. Zum Zeitpunkt der Gewährung von Darlehen 4 bestand eine vorrangige Forderung zugunsten des Gläubigers für das erste, zweite und dritte Darlehen in eine Gesamthöhe von [10-25] Mio. EUR. Es bestand keine vorrangige Forderung für das von der […] gewährte Darlehen mehr (52).

b)

Verpfändung der Geschäftsanteile der Airport Network (AV) B.V. an der Airport Niederrhein Holding (ANH) GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

c)

Verpfändung der Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile.

d)

Zusätzlich stellte […] zur Absicherung aller Forderungen der EEL GmbH aus allen Darlehen am 1. Juli 2005 eine selbstschuldnerische Bürgschaft bereit. Diese Bürgschaft verlängerte eine frühere Bürgschaft von […] in Verbindung mit dem ersten Darlehen vom 8. Juni 2003. Deutschland stellte eine Schätzung des Werts des persönlichen Vermögens von […] ausschließlich des Werts seiner Geschäftsanteile an der Airport Niederrhein Holding GmbH und der FN GmbH bereit, um eine doppelte Einbeziehung als Sicherheit zu vermeiden. Ende 2004 wurde der Wert des persönlichen Vermögens des Bürgen auf etwa [20-40] Mio. EUR geschätzt (53).

(175)

Der Buchwert des Anlagevermögens des Flughafens ([20-40] Mio. EUR) und die selbstschuldnerische Bürgschaft von […] ([20-40] Mio. EUR) decken mehr als 100 % des gesamten Darlehensbetrags und der fälligen Zinsen ([20-30] Mio. EUR plus [0,5-3] Mio. EUR) ab. Die Rückflussquote beträgt also […] % und die LGD ist […].

(176)

Am 29. November 2010 wurden alle gewährten Darlehen in Gesamthöhe von [20-30] Mio. EUR zuzüglich der aufgelaufenen und geschuldeten Zinsen in Höhe von [5-10] Mio. EUR um weitere 6 Jahre bis zum 31. Dezember 2016 verlängert. Der fällige Betrag wurde durch die folgende Sicherheit besichert:

a)

Verpfändung der Liegenschaft und der Gebäude des Flughafens. Der Buchwert der Anlagevermögen des Flughafens Ende 2009 (einschließlich der Investitionen in die Liegenschaft und die Gebäude) ist der Kommission nicht bekannt. Der letzte bekannte Buchwert des Anlagevermögens betrug Ende 2005 [20-40] Mio. EUR. Deutschland gab den Buchwert der Liegenschaft und der Gebäude Ende 2010 mit [30-70] Mio. EUR an (54). Da dieser Wert in den Büchern kurz nach der zweiten Darlehensverlängerung berichtet wurde, kann er als Wert der verfügbaren Sicherheit akzeptiert werden. Zu diesem Zeitpunkt waren die Liegenschaft und die Gebäude durch eine vorrangige Grundschuld belastet, um die Forderungen der [Bank] in Höhe von [0,5-3] Mio. EUR zu besichern.

b)

Verpfändung der Geschäftsanteile der Airport Network B.V. am Airport Niederrhein Holding (ANH) GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der zweiten Verlängerung.

c)

Verpfändung der Geschäftsanteile der ANH GmbH an der FN GmbH; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der zweiten Verlängerung.

d)

Verpfändung der Geschäftsanteile der FN GmbH an der FN Gewerbe GmbH und der FN Grundbesitzgesellschaft; Deutschland machte keine Angaben zum Wert dieser Geschäftsanteile zum Zeitpunkt der zweiten Verlängerung.

e)

Selbstschuldnerische Bürgschaft […] mit einem geschätzten Wert von etwa [30-70] Mio. EUR (55).

(177)

Der Buchwert des Anlagevermögens des Flughafens ([30-70] Mio. EUR) und die selbstschuldnerische Bürgschaft mit einem geschätzten Wert von etwa [30-70] Mio. EUR minus der vorrangigen Grundschuld zugunsten der [Bank] ([0,5-3] Mio. EUR) decken etwa […] % des gesamten Darlehensbetrags und der fälligen Zinsen ([20-30] Mio. EUR plus [5-10] Mio. EUR) ab, so dass die LGD […] ist.

(178)

Die untenstehende Tabelle fasst die Informationen und Sicherheiten für jedes der Darlehen zusammen:

Tabelle 6

Rating und Sicherheit jedes der Darlehen

Darlehen

Datum

Betrag in Mio. EUR (Darlehen + fällige Zinsen)

Emittenten-Rating

Wert der Sicherheit (Liegenschaft, Gebäude und selbstschuldnerische Bürgschaft

Vorrangige Forderung […]

Vorrangige Forderung […]

Rückflussquote

LGD

Darlehen 1

11.4.2003

[11-20]

(…)

[5-20]

[1-6]

(…)

(…)

(…)

Darlehen 2

17.6.2004

[2-5]

(…)

[20-40]

[1-6]

(…)

(…)

(…)

Darlehen 3

28.7.2004

[2-5]

(…)

[20-40]

[1-6]

(…)

(…)

(…)

Darl. 4 & Verl. 1

1.7.2005

[20-33]

(…)

[40-100]

(…)

(…)

(…)

(…)

Verlängerung 2

29.11.2010

[24-40]

(…)

[70-120]

(…)

[1-3]

(…)

(…)

(179)

Gemäß dem RRC des Jahres 2008 werden die Referenzzinssätze festgelegt, indem zum 1-Jahres-Basiszinssatz ein angemessener Risikozuschlag addiert wird. Die entsprechenden Risikozuschläge sind im Raster im RRC des Jahres 2008 festgelegt und berücksichtigen das Rating des Darlehensnehmers und die Höhe der Besicherung des Darlehens. Die zweite Verlängerung des Darlehens wurde mit hoher Besicherung gewährt, und das Rating der FN GmbH liegt zwischen […] und […]. Zur Wahrung größtmöglicher Vorsicht geht die Kommission von dem Rating […] aus. Demzufolge fällt die FN GmbH in die Bewertungsgruppe „([…])“ (56) im Raster in der Mitteilung zu Referenzzinssätzen des Jahres 2008. Die Risikomarge, die dieser Rating-Gruppe und hoher Besicherung entspricht, beträgt […] Basispunkte. Der zum Zeitpunkt der Gewährung der Darlehensverlängerung (am 29. November 2010) geltende Basiszinssatz beträgt 1,24 % (57).

(180)

Die folgende Tabelle fasst die Informationen zu den tatsächlichen Darlehenszinssätzen und den Referenzzinssätzen zusammen, die zum Zeitpunkt der Gewährung der Darlehen gemäß der Mitteilung zu Referenzzinssätzen des Jahres 2008 galten:

Tabelle 7

Referenzzinssätze im Vergleich zum berechneten Zinssatz

Darlehen

Datum

Laufzeit

Emittenten-Rating

LGD

1-Jahres-Basiszinssatz EURIBOR (3-Monats-Durchschnitte) (%)

Risikomarge RRC

Referenzzinssatz gesamt

Berechneter Zinssatz

Darlehen 1

11.4.2003

(…)

(…)

(…)

2,50

(…)

[1-6]

[3-7]

Darlehen 2

17.6.2004

(…)

(…)

(…)

2,30

(…)

[1-6]

[3-7]

Darlehen 3

28.7.2004

(…)

(…)

(…)

2,35

(…)

[1-6]

[6-9]

Darl. 4 & Verl. 1

1.7.2005

(…)

(…)

(…)

2,20

(…)

[1-6]

[1-5]

Verlängerung 2

29.11.2010

(…)

(…)

(…)

2,20

(…)

[1-6]

[1-5]

(181)

Gemäß den obenstehenden Schätzungen wurden die Darlehen 1, 2 und 3 zu Zinssätzen gewährt, die deutlich über den anwendbaren Referenzzinssätzen lagen. Darum geht die Kommission davon aus, dass die FN GmbH durch diese Maßnahmen keinen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat.

(182)

Was die Verlängerung 2 betrifft, so deuten die obenstehenden Daten ebenfalls darauf hin, dass sie zu Marktbedingungen gewährt wurde, da der Zinssatz dieser Verlängerung höher als der geschätzte Referenzzinssatz ist. Mehrere Elemente lassen jedoch Zweifel daran aufkommen, dass bei der Verlängerung 2 keine staatliche Beihilfe vorlag, so etwa die Tatsache, dass der Darlehensnehmer frühere Darlehen noch nicht zurückgezahlt hatte, das Vorliegen einer Beihilfe in Darlehen 4 und Verlängerung 1 und der kurze Zeitraum zwischen der Gewährung der Verlängerung 2 und der vorläufigen Vereinbarung zwischen den Behörden und der FN GmbH über den Schuldenswap, auf den in Erwägungsgrund 45 Bezug genommen wird. In jedem Fall vertritt die Kommission den Standpunkt, dass aus den in Abschnitt 9.4 angegebenen Gründen zur Vereinbarkeit der Beihilfe in Verlängerung 1 mit dem Binnenmarkt, wenn die Verlängerung 2 als staatliche Beihilfe gilt, eine solche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden kann.

(183)

Das Darlehen 4 und die Verlängerung 1 wurden zu einem Zinssatz von […] Basispunkten unterhalb des Referenzzinssatzes gewährt. Darum vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die FN GmbH im Hinblick auf Darlehen 4 und Verlängerung 1 einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, den sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (58).

8.3.4.   Selektivität

(184)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass Maßnahme 1 (Darlehen 4, Verlängerung 1 und möglicherweise Verlängerung 2) eine einzelne Beihilfemaßnahme ist, die nur der FN GmbH gewährt wurde, und es sich nicht um eine allgemeine Maßnahme handelt.

(185)

Darum ist der Vorteil, der der FN GmbH durch Maßnahme 1 (Darlehen 4, Verlängerung 1 und möglicherweise Verlängerung 2) entsteht, selektiv.

8.3.5.   Wettbewerbsverzerrung und Auswirkungen auf den Handel

(186)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verzerrt finanzielle Unterstützung den Wettbewerb insofern, als sie die Stellung eines Unternehmens im Vergleich mit anderen Unternehmen stärkt (59). Im Allgemeinen muss, wenn ein von einem Mitgliedstaat gewährter Vorteil die Stellung eines Unternehmens im Vergleich mit anderen Unternehmen in einem bestimmten Markt der Union stärkt, der Handel zwischen den Mitgliedstaaten als durch diesen Vorteil beeinträchtigt betrachtet werden (60).

(187)

Flughafenverwalter stehen auf europäischer Ebene im Wettbewerb um die Anwerbung von Luftfahrtgesellschaften, damit diese neue Strecken ab ihren Flughäfen eröffnen oder auf bestehenden Strecken mehr Flüge durchführen. Bei der Auswahl der Flughäfen, auf denen sie Strecken eröffnen oder auf bestehenden Strecken mehr Flüge durchführen, vergleichen die Luftfahrtgesellschaften Flughäfen basierend auf Faktoren wie der Art der angebotenen Flughafendienstleistungen und der betroffenen Kunden, der Bevölkerung, der wirtschaftlichen Tätigkeit, der etwaigen Überlastung des Flughafens, der Landverkehrsanbindung sowie der Höhe der Gebühren und der allgemeinen geschäftlichen Bedingungen für die Nutzung der Flughafeninfrastruktur und -dienstleistungen (61). Indem der FN GmbH Finanzierung günstiger bereitgestellt wurde als zu normalen Marktbedingungen, hat Deutschland ihr ermöglicht, aggressiver mit anderen Flughafenverwaltern in Wettbewerb zu treten, als wenn sie Kapitalkosten gemäß den normalen Marktbedingungen zu tragen gehabt hätte.

(188)

Darum bestand bei Maßnahme 1 (Darlehen 4 und Verlängerung 1 und möglicherweise 2) die Möglichkeit einer Wettbewerbsverzerrung und einer Beeinträchtigung des Handels innerhalb der EU.

8.3.6.   Schlussfolgerung

(189)

Der Vergleich der tatsächlichen Darlehenszinssätze mit den Referenzsätzen nach der Referenzzinssatz-Mitteilung von 2008 zeigt, dass alle Darlehen und Darlehensverlängerungen außer Darlehen 4 und Verlängerung 1 zu Zinssätzen über den Referenzzinssätzen gewährt wurden.

(190)

Die Kommission kann darum schlussfolgern, dass die Darlehen 1, 2 und 3 im Einklang mit den Marktbedingungen gewährt wurden, während dies bei Darlehen 4 und Verlängerung 1 nicht der Fall war. Die Kommission lässt offen, ob die Verlängerung 2 im Einklang mit den Marktbedingungen gewährt wurde.

(191)

Da die kumulativen Kriterien nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV erfüllt sind, vertritt die Kommission den Standpunkt, dass Darlehen 4, Verlängerung 1 und möglicherweise Verlängerung 2 in Bezug auf Maßnahme 1 staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV umfassen.

8.4.   Vorliegen einer Beihilfe bei der vom Land Nordrhein-Westfalen erhaltenen Unterstützung (Maßnahme 2)

8.4.1.   Begriffe „Unternehmen“ und „Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit“

(192)

Es gilt dieselbe Begründung bezüglich des Beihilfecharakters von Maßnahme 1 (siehe Abschnitt 8.3.1 oben), obwohl Deutschland argumentierte, dass es sich um eine bestehende Beihilfe handelt (siehe Erwägungsgrund 102). Im Urteil Leipzig/Halle bestätigte der Europäische Gerichtshof, dass der Bau der Flughafeninfrastruktur ab dem Jahr 2000, also vor dem Datum der Gewährung von Maßnahme 2 am 15. Oktober 2002, unter die Beihilfevorschriften fallen sollte. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Maßnahme darum zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens eine Beihilfe darstellte. Im Gegensatz zu dem von Deutschland vertretenen Standpunkt wirkt sich die Tatsache, dass die Maßnahme im Rahmen des Erlasses von 1993 angenommen wurde, nicht auf die Würdigung aus. Der Erlass von 1993 schuf nur eine gesetzliche Grundlage, die es dem Land Nordrhein-Westfalen ermöglichte, ab 1993 Fördermaßnahmen für regionale Flughäfen einzuführen. Er sieht jedoch keine unwiderrufliche Verpflichtung gegenüber der FN GmbH zur Gewährung von Maßnahme 2 vor und bewirkt selbst keinen rechtlichen Anspruch des Begünstigten (wie in Artikel 1 des Erlasses von 1993 ausdrücklich festgelegt). Bei Maßnahme 2 handelt es sich tatsächlich um eine individuelle Anwendung der Regelung, die durch den Erlass von 1993 geschaffen wurde.

(193)

Darum schließt die Kommission, dass sie berechtigt ist, die in Frage gestellte Maßnahme 2 nach den Beihilfevorschriften zu untersuchen, da zum Zeitpunkt ihrer Gewährung klar war, dass die FN GmbH eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

8.4.2.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(194)

Wie in Erwägungsgrund 111 des Eröffnungsbeschlusses erwähnt, wurde eine öffentliche Unterstützung direkt aus dem Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen zugunsten der FN GmbH gewährt. Somit wurde die vom Land Nordrhein-Westfalen gewährte Finanzierung aus staatlichen Mitteln finanziert und ist dem Staat zuzurechnen.

8.4.3.   Wirtschaftlicher Vorteil

(195)

Um zu beurteilen, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe darstellt, muss ermittelt werden, ob das begünstigte Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

(196)

In dem in Rede stehenden Fall hat das Land Nordrhein-Westfalen öffentliche Mittel in Form einer direkten Unterstützung zur Unterstützung von Infrastrukturmaßnahmen am Flughafen Weeze gewährt. Diese Mittel erhielt die FN GmbH als Flughafenbetreiber, um Investitionen am Flughafen zu finanzieren. Die Kommission merkt an, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber ein solches Darlehen ohne Vergütung und ohne die Möglichkeit einer Rendite bereitgestellt hätte.

(197)

Folglich reduziert diese Investitionsförderung die Investitionskosten, die der Flughafenbetreiber normalerweise zu tragen gehabt hätte, ohne Vergütung und stellt somit einen wirtschaftlichen Vorteil für die FN GmbH dar.

8.4.4.   Selektivität

(198)

Im vorliegenden Fall merkt die Kommission an, dass es sich bei der Maßnahme 2 um eine individuelle Anwendung einer Regelung handelt, auf dessen Grundlage nicht nur dem Flughafen Weeze, sondern auch anderen Flughäfen im Land Nordrhein-Westfalen Vorteile gewährt wurden. Die fragliche Regelung ist jedoch keine allgemeine Maßnahme für alle Flughäfen in Nordrhein-Westfalen, da die größeren Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn keinen Anspruch auf diese Fördermaßnahme des Landes haben. Eine solche branchengebundene Maßnahme wäre ohnehin selbst dann als selektiv einzustufen, wenn alle Flughäfen in Nordrhein-Westfalen anspruchsberechtigt gewesen wären, da sie nur einer bestimmten Branche in einer bestimmten Region zugutekam.

(199)

Darum ist der der FN GmbH durch die Maßnahme 2 verliehene Vorteil selektiv.

8.4.5.   Wettbewerbsverzerrung und Auswirkungen auf den Handel

(200)

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verzerrt eine finanzielle Unterstützung den Wettbewerb insofern, als sie die Stellung eines Unternehmens im Vergleich mit anderen Unternehmen stärkt (62). Im Allgemeinen muss, wenn ein von einem Mitgliedstaat gewährter Vorteil die Stellung eines Unternehmens im Vergleich mit anderen Unternehmen in einem bestimmten Markt der Union stärkt, der Handel zwischen den Mitgliedstaaten als durch diesen Vorteil beeinträchtigt betrachtet werden (63).

(201)

Flughafenverwalter stehen auf europäischer Ebene im Wettbewerb, um die Anwerbung von Luftfahrtgesellschaften anzuwerben, damit diese neue Strecken ab ihren Flughäfen eröffnen oder auf bestehenden Strecken mehr Flüge durchführen. Bei der Auswahl der Flughäfen, auf denen sie Strecken eröffnen oder auf bestehenden Strecken mehr Flüge durchführen, vergleichen die Luftfahrtgesellschaften Flughäfen basierend auf Faktoren wie der Art der angebotenen Flughafendienstleistungen und der betroffenen Kunden, der Bevölkerung, der wirtschaftlichen Tätigkeit, der etwaigen Überlastung des Flughafens, der Landverkehrsanbindung sowie der Höhe der Gebühren und der allgemeinen geschäftlichen Bedingungen für die Nutzung der Flughafeninfrastruktur und -dienstleistungen (64). Indem der FN GmbH Finanzierung günstiger bereitgestellt wurde als zu normalen Marktbedingungen, hat Deutschland ihr ermöglicht, aggressiver mit anderen Flughafenverwaltern in Wettbewerb zu treten, als wenn sie Kapitalkosten gemäß den normalen Marktbedingungen zu tragen gehabt hätte.

(202)

Somit war die Maßnahme 2 geeignet, den Wettbewerb zu verzerren und den Handel innerhalb der EU zu beeinträchtigen.

8.4.6.   Schlussfolgerung

(203)

Die Maßnahme 2 stellt eine Beihilfe zugunsten der FN GmbH im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

8.5.   Vorliegen einer Beihilfe bei der vom Kreis Kleve erhaltenen Unterstützung (Maßnahme 3)

8.5.1.   Begriffe „Unternehmen“ und „Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit“

(204)

Es gilt dieselbe Begründung bezüglich des Beihilfecharakters der von der im öffentlichen Eigentum befindlichen EEL GmbH gewährten Darlehen (siehe Abschnitt 8.3.1 oben). Die verschiedenen Maßnahmen, aus denen die Maßnahme 3 besteht, wurden am 14. März 2002 gewährt, also nach der Urteilsverkündigung in der Rechtssache Aéroports de Paris. Gemäß Absatz 1 Punkt 4 der Darlehensvereinbarung ist das Datum der Gewährung der Maßnahme das Datum, an dem der Begünstigte den Kauf der Flughafeninfrastruktur von der Bundesregierung abschließt, in diesem Fall also der 14. März 2002.

(205)

Darum schließt die Kommission, dass sie berechtigt ist, die Maßnahme 3 zu untersuchen und ihre Vereinbarkeit mit den Beihilfevorschriften zu prüfen, da zum Zeitpunkt ihrer Gewährung klar war, dass die FN GmbH eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.

8.5.2.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(206)

Die Unterstützung wurde der FN GmbH direkt aus dem Haushalt des Kreises Kleve gewährt. Somit wurde die Maßnahme 3 aus staatlichen Mitteln finanziert und ist dem Staat zuzurechnen.

8.5.3.   Wirtschaftlicher Vorteil

(207)

Um zu beurteilen, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe darstellt, muss ermittelt werden, ob das begünstigte Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte. Diesbezüglich muss die Kommission analysieren, ob der Kreis Kleve wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gehandelt hat, als er auf die Rückzahlung einer Tranche der Überbrückungsfinanzierung verzichtete, die der FN GmbH zuvor gewährt worden war.

(208)

Das Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers ist von der Aussicht auf Rendite geleitet (65). Der Test in Bezug auf den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gilt normalerweise als bestanden, wenn die Struktur und die Zukunftsaussichten des Unternehmens so beschaffen sind, dass innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine Rendite (durch Dividendenzahlungen oder Wertzuwachs) zu erwarten ist, die mit derjenigen eines vergleichbaren Privatunternehmens vergleichbar ist.

(209)

In dem in Rede stehenden Fall hat der Kreis Kleve der FN GmbH ein zinsloses Darlehen in Höhe von [4-10] Mio. EUR gewährt und auf die Verpflichtung der FN GmbH zur Rückzahlung einer Tranche in Höhe von [2-5] Mio. EUR verzichtet, ohne eine weitere Vergütung zu erhalten. Diese letztgenannte Entscheidung stellte die Umsetzung der Klausel in Absatz 4 Punkt 1 der Darlehensvereinbarung dar, der zufolge die fragliche Tranche nicht zurückgezahlt werden musste, wenn das Ziel der Schaffung von 350 Arbeitsplätzen erreicht würde. Diesbezüglich stellt die Kommission fest, dass kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber ein zinsloses Darlehen gewährt und auf die Rückzahlung eines erheblichen Anteils dieses Darlehens ohne Vergütung verzichtet hätte.

(210)

Darüber hinaus sollten bei der Beurteilung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers positive Auswirkungen auf die Wirtschaft der Region, in der sich der Flughafen befindet, nicht berücksichtigt werden, auch nicht Auswirkungen auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, da die Kommission untersucht, ob die vorliegende Maßnahme eine Beihilfe darstellt, indem sie prüft, ob „ein privater Gesellschafter in einer vergleichbaren Lage unter Zugrundelegung der Rentabilitätsaussichten und unabhängig von allen sozialen oder regionalpolitischen Überlegungen oder Erwägungen einer sektorbezogenen Politik eine solche Kapitalhilfe gewährt hätte“ (66). Im vorliegenden Fall war die einzige Gegenleistung für den Verzicht auf die Rückzahlungsverpflichtung eine bestimmte Anzahl von geschaffenen Arbeitsplätzen. Die Schaffung von Arbeitsplätzen sollte in Verbindung mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht berücksichtigt werden. Mit anderen Worten hätte kein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber angesichts von in der Region geschaffenen Arbeitsplätzen auf die Rückzahlung von [2-5] Mio. EUR verzichtet.

(211)

Folglich haben die Zinslosigkeit des Darlehens und der teilweise Rückzahlungsverzicht des Kreises Kleve die Kosten reduziert, die der Flughafenbetreiber normalerweise zu tragen gehabt hätte und verliehen der FN GmbH somit einen wirtschaftlichen Vorteil, den sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

8.5.4.   Selektivität

(212)

Der fragliche Vorteil wurde nur der FN GmbH gewährt. Da die öffentliche Finanzierung sich nur an ein einziges Unternehme richtete, ist sie selektiv im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

8.5.5.   Wettbewerbsverzerrung und Auswirkungen auf den Handel

(213)

In Bezug auf Wettbewerbsverzerrungen und Auswirkungen auf den Handel gilt dieselbe Argumentation wie in Abschnitt 8.4.5 dargelegt.

8.5.6.   Schlussfolgerung

(214)

Aus den oben dargelegten Gründen vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Mittel, die der Kreis Kleve der FN GmbH im Rahmen der Vereinbarung über die Überbrückungsfinanzierung eines Teils der Erwerbskosten für die Flughafen-Liegenschaft bereitgestellt hat, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV enthalten.

8.6.   Vorliegen einer Beihilfe bezüglich der von der EEL GmbH vom Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze erhaltenen Unterstützung (Maßnahme 4)

8.6.1.   Begriffe „Unternehmen“ und „Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit“

(215)

Deutschland argumentiert dass die EEL GmbH eine Zweckgesellschaft ist, deren Ziel darin besteht, Mittel effizient und wirtschaftlich der FN GmbH zuzuführen.

(216)

Wie in Erwägungsgrund 25 dargelegt, wurde die EEL GmbH vom Kreis Kleve und von der Gemeinde Weeze gegründet, um die Flughafen-Liegenschaft vor ihrer Privatisierung zu verwalten. Später begann die EEL GmbH, der FN GmbH Darlehen zu gewähren. Die Gewährung von Darlehen an Dritte ist an sich eine wirtschaftliche Tätigkeit. Darum übte die EEL GmbH durch die Gewährung der verschiedenen Maßnahmen, aus denen die Maßnahme 4 besteht, eine wirtschaftliche Tätigkeit aus.

(217)

Nach Artikel 101 AEUV umfasst der Begriff Unternehmen alle eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübenden Organisationen, unabhängig von ihrem Rechtsstatus und der Art ihrer Finanzierung. Die EEL GmbH fungiert nur als Zweckgesellschaft der Behörden und übt selbst keine wirtschaftlichen Tätigkeiten als solche aus; ihr einziger Zweck besteht darin, die Mittel zweier Behörden für die Finanzierung der Entwicklung des Flughafens Weeze zusammenzuführen.

(218)

Da die kumulativen Kriterien nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht erfüllt sind, vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Maßnahme 4 keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhaltet.

(219)

Auch wenn die EEL GmbH als Unternehmen anzusehen wäre, das in dem Zeitraum, in dem die Einzelmaßnahmen der Maßnahme 4 gewährt wurden, dem EU-Wettbewerbsrecht unterlag (was nicht der Fall ist), würde die Würdigung der Kommission zur selben Schlussfolgerung kommen, dass die Maßnahme 4 keine staatliche Beihilfe darstellt, wie in den folgenden Abschnitten dargelegt.

8.6.2.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit zum Staat

(220)

Die EEL GmbH hat das Kapital, die Liquiditätsvorteile und die Kapitalzuführungen, die unter die Maßnahme 4 fallen, von ihren Anteilseignern erhalten, die diese Maßnahmen aus ihren jeweiligen Haushalten finanzierten. Die Maßnahme 4 umfasste ferner eine 100 %ige Garantie der Gemeinde Weeze zulasten des Haushalts der Gemeinde. Darum wurden alle Maßnahmen, aus denen die Maßnahme 4 besteht, durch Haushaltsressourcen von zwei lokalen Behörden finanziert, die darüber hinaus die Entscheidung trafen, diese verschiedenen Maßnahmen zu gewähren.

(221)

Darum wurde die Maßnahme 4 aus staatlichen Mitteln finanziert und ist dem Staat zuzurechnen.

8.6.3.   Wirtschaftlicher Vorteil

(222)

Um zu beurteilen, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe darstellt, muss ermittelt werden, ob das begünstigte Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.

(223)

Diesbezüglich muss die Kommission analysieren, ob der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze bei der Gewährung der Kapitalmaßnahmen, Garantien, Darlehen und Verlängerungen der Darlehens-Rückzahlungsfrist zugunsten der EEL GmbH, aus denen die Maßnahme 4 besteht, ebenso gehandelt haben wie ein umsichtiger, marktwirtschaftlich handelnder, von Rentabilitätszielen geleiteter Wirtschaftsteilnehmer (67), unter denselben Bedingungen gehandelt hätte.

(224)

Zunächst muss daran erinnert werden, dass die EEL GmbH gemäß der Schlussfolgerung in Abschnitt 8.3.2 eine Zweckgesellschaft darstellt, die von ihren beiden öffentlichen Anteilseignern gegründet wurde, um die Liegenschaft des Flughafens Weeze zu verwalten, und die seit 2003 ausschließlich verwendet wird, um diesem Flughafen Finanzierungsmittel bereitzustellen. Dies wird dadurch bestätigt, dass diese beiden öffentlichen Anteilseigner in ihrer (schriftlichen) Hauptversammlung vom 10. und 11. April 2003 die neue Finanzierungsaktivität der EEL GmbH streng auf Investitionen in den Flughafen Weeze beschränkt haben. Dieses Ziel entspricht dem Zweck der EEL GmbH, wie in Artikel 2 ihres Gesellschaftsvertrags vom 16. Dezember 1999 festgehalten (68). Darüber hinaus und wie bereits in Erwägungsgrund 153 dargelegt, hat die EEL GmbH keinen Verwaltungsrat. Die beiden Geschäftsführer sind Vertreter der öffentlichen Körperschaften. Ein Geschäftsführer des Unternehmens ist der Landrat, also der Leiter des Kreises Kleve, und der andere Geschäftsleiter ist der Bürgermeister der Gemeinde Weeze. Darüber hinaus hat die EEL GmbH keine Stammbelegschaft und wird von einem einzigen Beamten des Kreises Kleve verwaltet. Aus diesen Umständen geht hervor, dass jede Entscheidung der EEL GmbH von Vertretern der öffentlichen Anteilseigner getroffen wird, die das Tagesgeschäft führen und in ihren Lenkungsorganen sitzen. Dies bestätigt, dass die in Rede stehenden Maßnahmen den öffentlichen Anteilseignern zuzurechnen sind

(225)

Bei der Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers auf Maßnahme 4 muss ausreichend berücksichtigt werden, dass der Begünstigte dieser Maßnahme eine Zweckgesellschaft ist, die von den Körperschaften gegründet wurde, von denen die Maßnahme 4 ausgeht, sich in deren Eigentum befindet und nur für ein klar definiertes Ziel verwendet wird, das von diesen Körperschaften verfolgt wird. Darüber hinaus ist es in diesem Zusammenhang erforderlich, den Zweck ausreichend zu berücksichtigen, zu dem die Zweckgesellschaft verwendet und in Betrieb gehalten wird.

(226)

Zweckgesellschaften werden von privaten Unternehmen häufig und unter verschiedenen Umständen gegründet und verwendet. Zweckgesellschaften werden beispielsweise eingesetzt, wenn zwei unabhängige Unternehmen ein Gemeinschaftsunternehmen gründen, um ein bestimmtes Projekt zu entwickeln oder eine bestimmte Tätigkeit oder Funktion (z. B. Forschung und Entwicklung, Fertigung, Vertrieb) (69) zugunsten jedes der Unternehmen auszuüben. Die Zweckgesellschaft ist somit eine Rechtsperson, der die beiden Unternehmen Ressourcen (Finanzierung, Personal, Anlagevermögen usw.) bereitstellen, die für das gemeinsame Projekt, die Funktion oder Tätigkeit erforderlich sind und mittels deren sie dieses gemeinsame Projekt umsetzen oder die gemeinsame Funktion oder Tätigkeit ausüben. In bestimmten Situationen, in denen die Zweckgesellschaft zum Beispiel nur eine Fertigungs- oder Forschungs- und Entwicklungsfunktion hat, erhält sie Mittel von ihren Mutterunternehmen, ohne selbst Gewinn zu erzielen, wobei der Gewinn an die Anteilseigner, etwa in Form von Dividenden, ausgeschüttet werden kann. Anstatt einen solchen Gewinn zu erzielen, trägt sie zur Leistung des Betriebs bei, den ihre Mutterunternehmen mit Blick auf ihre Ziele als erforderlich betrachten.

(227)

Darum ist klar, dass, wenn zwei unabhängige Unternehmen eine Zweckgesellschaft mit einem klar definierten Ziel gründen und verwenden und ihr Finanzierung bereitstellen, sie diese Finanzierung nicht unbedingt mit dem Ziel bereitstellen, eine Rendite in Form von Dividenden oder Zinszahlungen zu erhalten, wie dies bei einem Kapitalgeber oder einer Bank der Fall wäre. Stattdessen stellen sie diese Finanzierung mit dem Ziel zur Verfügung, den Zweck zu verfolgen, für den die Zweckgesellschaft verwendet wird.

(228)

Angesichts dieser Umstände sollte das Verhalten des Kreises Kleve und der Gemeinde Weeze gegenüber der EEL GmbH unter Berücksichtigung der Tatsache analysiert werden, dass diese beiden Behörden die alleinigen Anteilseigner der EEL GmbH sind und dass das der EEL GmbH ab 2003 ausschließlich zugewiesene Ziel darin besteht, der FN GmbH die verschiedenen Darlehen und Verlängerungen der Fälligkeitstermine zu gewähren, aus denen die Maßnahme 1 besteht. Diesbezüglich sollte daran erinnert werden, dass die verschiedenen Maßnahmen, aus denen die Maßnahme 1 besteht, wie in Abschnitt 8.3.2 angegeben, eindeutig dem Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze zuzurechnen sind. Mit anderen Worten haben die beiden Behörden die Maßnahme 1 konzipiert und entschieden, sie umzusetzen und zu diesem Zweck die EEL GmbH zu verwenden.

(229)

Darum muss bei der Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers auf Maßnahme 4 die Tatsache, dass der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze entschieden haben, die Maßnahme 1 umzusetzen und die EEL GmbH zu diesem Zweck zu verwenden, als Ausgangspunkt verwendet werden. Die relevante Frage, die die Kommission beantworten muss, ist folgende: Wenn zwei hypothetische marktwirtschaftlich handelnde Kapitalgeber entschieden haben, Maßnahmen wie jene umzusetzen, aus denen die Maßnahme 1 zum Teil besteht, hätten sie dann eine Zweckgesellschaft wie die EEL GmbH verwendet und hätten sie ihr eine ähnliche Finanzierung wie jene von Maßnahme 4 bereitgestellt, um dieses Ziel zu erreichen?

(230)

Vor diesem Hintergrund würde die Tatsache, dass der EEL GmbH bestimmte Darlehen von ihren Anteilseignern zu Zinssätzen bereitgestellt wurden, die niedriger als die auf dem Markt üblichen Zinsen waren, oder dass Kapital ohne klare Renditeaussichten zugeführt wurde, nicht zwingend zu der Schlussfolgerung führen, dass der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze gegenüber der EEL GmbH nicht so gehandelt haben wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber. Die relevante Frage ist vielmehr, ob die der EEL GmbH im Rahmen von Maßnahme 4 zugeführte Finanzierung aus der Perspektive eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers mit Blick auf das von den Anteilseignern der EEL GmbH verfolgte Ziel der Umsetzung von Maßnahme 1 angemessen ist.

(231)

Zwei umsichtigen, marktwirtschaftlich handelnden Wirtschaftsteilnehmern, die dasselbe Ziel wie die öffentlichen Anteilseigner der EEL GmbH verfolgen, stehen im Grunde zwei Optionen zur Verfügung: Eine Zweckgesellschaft zu gründen, die der EEL GmbH ähnlich ist (Option 1), oder der FN GmbH direkt ohne eine eigens geschaffene Einrichtung Darlehen zu gewähren (Option 2). Ein umsichtiger, marktwirtschaftlich handelnder Wirtschaftsteilnehmer hätte keine andere Option, wie etwa den Einsatz von privaten Finanzmittlern, die eine Gebühr für die Bereitstellung einer solchen Dienstleistung berechnet hätten, in Betracht gezogen. Diese Option hätte die Kosten für die Zuführung von Mitteln in die FN GmbH aufgrund dieser Gebühren erhöht.

(232)

Die Kommission stellt fest, dass die öffentlichen Anteilseigner, als sie die Entscheidung trafen, die EEL GmbH selbst zu finanzieren, anstatt Finanzmittler einzusetzen, ihre finanzielle Exposition auf das Maß begrenzt haben, das streng genommen erforderlich war, um die FN GmbH im Rahmen von Maßnahme 1 zu finanzieren:

a)

die Höhe der Finanzierung, die der EEL GmbH bis 2010 direkt von ihren öffentlichen Anteilseignern bereitgestellt wurde ([20-40] Mio. EUR (70)), war angesichts der Mittel, die die EEL GmbH der FN GmbH bereitstellte ([20-40] Mio. EUR (71)), angemessen;

b)

die Bedingungen der Finanzierung der EEL GmbH (Datum, Betrag und Fälligkeit) wurden an der Finanzierung der FN GmbH durch die EEL GmbH ausgerichtet:

Betrag (in Mio. EUR)

Datum der Darlehensvereinbarung, die der FN GmbH von der EEL GmbH gewährt wurde

Datum der öffentlichen Maßnahmen die der EEL GmbH von Deutschland gewährt wurden

Betrag (in Mio. EUR)

[11-20]

11.4.2003

11.4.2003

[5-15] (+ [2-5] erhalten im Rahmen eines Bankdarlehens am 2. Mai 2003)

[2-5]

17.6.2004

16.6.2004

[2-5]

[2-5]

28.7.2004

28.7.2004

[2-5]

Darlehensverlängerung bis zum 31.12.2010

1.7.2005

1.7.2005

Darlehensverlängerung bis zum 31.12.2010 und Umschuldung

Darlehensverlängerung bis zum 31.12.2016

29.11.2010

29.11.2010

Darlehensverlängerung bis zum 31.12.2016

c)

Die EEL GmbH verfügt in ihrer Bilanz über keine anderen Vermögenswerte als ihre Forderungen gegenüber der FN GmbH. Die (geringen) Gewinne, die ihr aus den Finanzierungsaktivitäten der FN GmbH entstehen, erscheinen nur in der Kontoführung der EEL GmbH, entsprechen jedoch keinen Barmitteln oder Liquiditäten, da die FN GmbH ihre Verbindlichkeiten gegenüber der EEL GmbH nicht zurückgezahlt hat.

d)

Angesichts der Strategie der EEL GmbH zur Finanzierung der FN GmbH haben diese Zinsen nur den Zweck, es der EEL GmbH zu ermöglichen, die Kosten zu decken und die Zinsen der verlängerten Darlehen, die von den öffentlichen Anteilseignern und der [Bank] gewährt wurden, zu zahlen, wie belegt durch das Protokoll der Gesellschafterversammlung der EEL GmbH.

e)

Die EEL GmbH ist daher nicht in der Lage, ihre Verbindlichkeiten gegenüber ihren beiden Anteilseignern und der [Bank] zurückzuzahlen, solange die FN GmbH die der EEL GmbH geschuldeten Darlehen und Zinsen nicht zurückgezahlt hat. Dies bedeutet, dass die EEL GmbH, wie von Deutschland vorgetragen, keine anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben kann.

(233)

Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass die Wahl von Option 1 durch die beiden Anteilseigner darum ihrem erklärten Ziel entsprach, die Ressourcen der EEL GmbH ausschließlich zur Finanzierung der FN GmbH einzusetzen.

(234)

Darüber hinaus berücksichtigt die Kommission, dass bei Option 1 die Kosten für Verwaltung und Leitung einer Zweckgesellschaft wie der EEL GmbH auf das notwendige Mindestmaß reduziert sind (keine Immobilisierung von anderen Vermögenswerten als den Forderungen gegenüber der FN GmbH, keine ständigen Mitarbeiter und Leitung, kaum Betriebskosten, keine anderen finanziellen Belastungen als die Rückzahlung des von der [Bank]) gewährten Darlehens. Dies gilt umso mehr, als zu dem Zeitpunkt, zu dem die beiden öffentlichen Anteilseigner beschlossen, die Maßnahme 1 umzusetzen, die EEL GmbH bereits als ruhende Struktur bestand und nicht ex nihilo gegründet werden musste. Die Wahl einer Zweckgesellschaft ermöglichte ebenfalls die Verwaltung der Finanztransaktionen mit Dritten (wie der FN GmbH oder einer privaten Bank) und minimierte die Kosten der Transaktionen zwischen den beiden Anteilseignern. Im Gegensatz dazu würde die Wahl der Option 2 zur Duplizierung der Mechanismen führen, die eingerichtet wurden, um die FN GmbH zu unterstützen, was zu einer Erhöhung der Verwaltungs- und Rechtskosten für die Zuführung von Finanzierung zur FN GmbH (z. B. Duplizierung von rechtlichen Verträgen) führen und möglicherweise die Qualität der Aufsicht und Koordinierung des Projekts beeinträchtigen würde.

(235)

Darum wäre es für zwei umsichtige, marktwirtschaftlich handelnde Wirtschaftsteilnehmer, die von mittel- bis langfristigen Rentabilitätszielen geleitet werden und die anstelle der öffentlichen Anteilseigner der EEL GmbH handeln, vernünftig gewesen, Option 1 gegenüber Option 2 vorzuziehen. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass der Test in Bezug auf den Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers erfüllt ist und der EEL GmbH somit kein wirtschaftlicher Vorteil entstanden ist.

8.6.4.   Wettbewerbsverzerrung und Auswirkungen auf den Handel

(236)

Bis 2003 beschränkte sich die Tätigkeit der EEL GmbH ausschließlich auf die Bereitstellung von Finanzierung für die FN GmbH. Die EEL GmbH konnte keine andere Tätigkeit aufnehmen. Sie konnte zum Beispiel keiner anderen Körperschaft Darlehen gewähren.

(237)

Darum ist die einzige Tätigkeit, für die die Maßnahme 4 die Wettbewerbsdynamik beeinträchtigt haben könnte, die Bereitstellung von Finanzierung für die FN GmbH. Eine solche Auswirkung auf den Wettbewerb hätte vorgelegen, wenn ohne das Vorliegen der Maßnahme 4 andere Finanzierungsanbieter als die EEL GmbH wie Banken oder andere Investoren eine bessere Möglichkeit gehabt hätten, der FN GmbH Finanzierung mit dem Ziel der Renditeerzielung bereitzustellen.

(238)

Wie in Abschnitt 8.5.3 angegeben, war es jedoch das erklärte Ziel des Kreises Kleve und der Gemeinde Weeze, die Maßnahme 1 selbst umzusetzen, um der FN GmbH Finanzierung bereitzustellen. Also ist die einzige Begründung für die Maßnahme 4 die Umsetzung der Maßnahme 1.

(239)

Ohne das Vorliegen der Maßnahme 4 wäre die EEL GmbH nicht in der Lage gewesen, die Maßnahme 1 an sich umzusetzen. Das Fehlen der Maßnahme 4 würde jedoch einfach bedeuten, dass der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze entschieden hätten, die Maßnahme 1 umzusetzen, ohne die EEL GmbH zu verwenden, zum Beispiel durch eine direkte Rechtsbeziehung zwischen ihnen und der FN GmbH. Darum hätten beim Fehlen der Maßnahme 4 Banken oder andere Investoren keine bessere Möglichkeit gehabt, der FN GmbH Finanzierung mit dem Ziel der Renditeerzielung bereitzustellen, da die erforderliche Finanzierung in jedem Fall vom Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze bereitgestellt worden wäre.

(240)

Darum hätte unter der Annahme, dass die Maßnahme 4 einen wirtschaftlichen Vorteil für die EEL GmbH umfasste (quod non), dieser Vorteil keine Auswirkung auf Wettbewerb und Handel gehabt und würde darum keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

8.6.5.   Schlussfolgerung

(241)

Aus den oben angegebenen Gründen umfasst die Maßnahme 4 keine staatliche Beihilfe für die EEL GmbH im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

8.7.   Neue beihilfe oder bestehende beihilfe

(242)

Die Situationen, in denen eine Maßnahme eine bestehende Beihilfe darstellt, sind in Artikel 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (72) umfassend aufgeführt.

(243)

Es ist unstrittig, dass die in Rede stehenden Maßnahmen nicht in Kraft traten, bevor Deutschland Mitglied der EU wurde (Artikel 1 Buchstabe b Ziffer i der Verordnung (EG) Nr. 659/1999), dass sie nicht als aufgrund der Unterlassung der Kommission, innerhalb der vorgeschriebenen Fristen für das Verfahren einen Beschluss zu erlassen, genehmigt gelten (Artikel 1 Buchstabe b Ziffer iii) und dass sie nicht aufgrund des Ablaufs der Verjährungsfrist als bestehende Beihilfe betrachtet werden können (Artikel 1 Buchstabe b Ziffer iv). Sie wurden auch nicht aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben (Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v Satz1) (73).

(244)

Diese Würdigung gilt insbesondere für Maßnahme 2, obwohl Deutschland argumentierte dass diese eine bestehende Beihilfe darstellt (siehe Erwägungsgrund 102). Im Urteil Leipzig/Halle bestätigte der Gerichtshof der Europäischen Union, dass der Bau der Flughafeninfrastruktur ab dem Jahr 2000 (74), also vor dem Datum der Gewährung von Maßnahme 2 am 15. Oktober 2002 (siehe Erwägungsgrund 46), unter die Beihilfevorschriften fallen sollte. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Maßnahme darum zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens eine Beihilfe darstellte. Im Gegensatz zu dem von Deutschland vertretenen Standpunkt wirkt sich die Tatsache, dass die Maßnahme im Rahmen des Erlasses von 1993 angenommen wurde, nicht auf die Würdigung aus. Der Erlass von 1993 schuf nur eine gesetzliche Grundlage, die es dem Land Nordrhein-Westfalen ermöglichte, ab 1993 Fördermaßnahmen für regionale Flughäfen in Betracht einzuführen, bewirkte aber selbst keinen rechtlichen Anspruch dieser Flughäfen, wie in Artikel 1 des Erlasses von 1993 ausdrücklich festgelegt.

(245)

Das Datum der Gewährung der Maßnahme 2 ist darum der 15. Oktober 2002, also nach dem Urteil in der Rechtssache Aéroports de Paris. Darum stellte die Maßnahme 2 bereits bei ihrer Bewilligung eine staatliche Beihilfe dar, wie in Abschnitt 8.4.6 dargelegt, und wurde nicht aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu einer staatlichen Beihilfe. Des Weiteren wurde die Maßnahme 2 weniger als zehn Jahre vor der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens der Kommission bewilligt und wurde somit nicht durch Ablauf der Verjährungsfrist zu einer bestehenden Beihilfe. Demzufolge ist Maßnahme 2 nicht als bestehende Beihilfe anzusehen.

8.8.   Rechtmässigkeit der Beihilfen

(246)

Gemäß Artikel108 Absatz 3 AEUV müssen die Mitgliedstaaten alle Vorhaben zur Gewährung oder Änderung von Beihilfen bei der Kommission anmelden und dürfen die geplanten Maßnahme erst durchführen, wenn in dem Anmeldeverfahren ein endgültiger Beschluss erlassen wurde.

(247)

Da Deutschland nicht alle in Rede stehenden öffentlichen Maßnahmen bei der Kommission angemeldet hat, stellen die Maßnahmen 1, 2 und 3 rechtswidrige staatliche Beihilfen dar.

9.   VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT

9.1.   Anwendbarkeit der Luftverkehrsleitlinien von 2014 und 2005

(248)

Die fraglichen Maßnahmen sollten auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV geprüft werden; der besagt, dass „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft“ als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden können.

(249)

Diesbezüglich bilden die Luftverkehrsleitlinien von 2014 einen Rahmen für die Prüfung, ob Beihilfen für Flughäfen gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden können.

(250)

Gemäß den Luftverkehrsleitlinien von 2014 vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Bestimmungen ihrer Mitteilung zur Ermittlung der anwendbaren Regeln für die Würdigung von rechtswidrigen staatlichen Beihilfen nicht auf anhängige Fälle rechtswidriger Betriebsbeihilfen angewandt werden soll, die vor dem 4. April 2014 gewährt wurden. Stattdessen wird die Kommission die in den Luftverkehrsleitlinien von 2014 festgelegten Grundsätze auf alle Fälle von Betriebsbeihilfen (anhängige Anmeldungen und nicht angemeldete rechtswidrige Beihilfen) für Flughäfen auch dann anwenden, wenn die Beihilfe vor dem 4. April 2014 und dem Beginn des Übergangszeitraums gewährt wurde (75).

(251)

Im Hinblick auf Investitionsbeihilfen für Flughäfen wendet die Kommission gemäß der Mitteilung der Kommission zur Ermittlung der anwendbaren Regeln für die Würdigung von rechtswidrigen staatlichen Beihilfen auf rechtswidrige Investitionsbeihilfen für Flughäfen jene Regeln an, die zu dem Zeitpunkt gültig waren, als die Beihilfe gewährt wurde. Dementsprechend wird sie die Grundsätze, die in den Luftverkehrsleitlinien von 2005 festgelegt sind, im Fall von rechtswidrigen Investitionsbeihilfen für Flughäfen, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurden, anwenden (76).

(252)

Die Kommission hat bereits geschlussfolgert, dass die Maßnahmen 2 und 3 rechtswidrige staatliche Beihilfen darstellen, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurden, während die Maßnahmen 1 und 4 keine staatliche Beihilfe darstellen.

(253)

Mit Blick auf die Bestimmungen der Leitlinien von 2014, auf die in den Erwägungsgründen 250 und 251 Bezug genommen wird, ist die Kommission sodann verpflichtet, zu ermitteln, ob die in Rede stehenden Maßnahmen rechtswidrige Betriebsbeihilfen oder Investitionsbeihilfen darstellen.

9.2.   Investitionsbeihilfe oder Betriebsbeihilfe

9.2.1.   Maßnahme 1

(254)

Wie in Abschnitt 8.3.6 geschlussfolgert, hat die FN GmbH im Rahmen der Maßnahme 1 staatliche Beihilfen erhalten, die Teil von Darlehen 4 sowie der Verlängerung 1 und möglicherweise der Verlängerung 2 waren. Die Kommission wird die Beschaffenheit jeder dieser Teilmaßnahmen getrennt prüfen.

(255)

Die Kommission stellt fest, dass das Darlehen 4 gewährt wurde, um von der FN GmbH getätigte Investitionen zu finanzieren: Wie in Erwägungsgrund 39 angegeben, besagte Absatz 1 Punkt 2 der am 1. Juli 2005 unterzeichneten Darlehensvereinbarung, dass das Darlehen ausschließlich für Investitionen bestimmt ist. Die Kommission stellt fest, dass die EEL GmbH in Absatz 2 der Darlehensvereinbarung Kontrollmechanismen eingerichtet hat, wonach die FN GmbH (und auf eigenen Antrag auch die EEL GmbH) prüfen muss, dass die Rechnungen strikt mit der Fertigstellung des Flughafens in Verbindung stehen und dass die EEL GmbH (und nicht die FN GmbH) die Rechnungen aus dem Darlehen bezahlt. Diese Kontrollmechanismen haben sich als wirksam erwiesen, da Deutschland belegen konnte, dass die Teilauszahlungen des Darlehens ausschließlich dazu beitrugen, Investitionskosten abzudecken. Darum vertritt die Kommission den Standpunkt, dass das Darlehen 4 eine rechtswidrige Investitionsbeihilfe darstellt, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurde und auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005 geprüft werden muss.

(256)

Im Hinblick auf die Verlängerung 1 stellt die Kommission fest, dass sie eine Verlängerung der Darlehen 1, 2 und 3 darstellt. Diese Verlängerung an sich zielt nicht auf die Finanzierung neuer Investitionen ab, was Deutschland nicht belegen konnte. Die Kommission vertritt stattdessen die Sichtweise, dass die Verlängerung nur gewährt wurde, um die FN GmbH von ihrer kurzfristigen Verpflichtung zu entlasten, alle kumulierten Darlehen und Zinsen zurückzuzahlen. Dadurch wollten die EEL GmbH und ihre öffentlichen Anteilseigner sicherstellen, dass bei der FN GmbH kein Liquiditätsengpass entsteht, der dazu hätte führen können, dass sie ihre Investitionen einschränkt oder zu einem Unternehmen in Schwierigkeiten wird. Aus diesen Gründen vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Verlängerung 1 eine rechtswidrige Betriebsbeihilfe darstellt, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurde und auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2014 geprüft werden muss.

(257)

Ähnliche Erwägungen gelten für die Verlängerung 2, sofern sie als staatliche Beihilfe zu betrachten ist.

9.2.2.   Maßnahme 2

(258)

Der FN GmbH wurde die Maßnahme 2 gewährt, damit sie die Kosten für den Erwerb und die Einrichtung von Sachanlagevermögen aufbringen konnte, das in Erwägungsgrund 46 beschrieben ist. Gemäß Randnummer 25 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 bezeichnet der Begriff „'Investitionsbeihilfe' eine Beihilfe zur Finanzierung von Sachanlagevermögen, insbesondere zur Abdeckung der Finanzierungslücke von Kapitalkosten“. Darum stellen alle im Rahmen der Maßnahme 2 getragenen Kosten Investitionskosten dar. Die Maßnahme 2 stellt somit eine rechtswidrige Investitionsbeihilfe dar, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurde und deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005 geprüft werden muss.

9.2.3.   Maßnahme 3

(259)

Wie in Abschnitt 3.3 beschrieben, wurde die in Rede stehende Maßnahme 3 bewilligt, um der FN GmbH eine Überbrückungsfinanzierung für einen Teil der Erwerbskosten der Flughafen-Liegenschaft (615 ha und etwa 650 Gebäude verschiedener Arten, die in einen zivile Flughafen umkonfiguriert werden mussten), bereitzustellen. Wie in Punkt 3 der Präambel und in Artikel 1 der Darlehensvereinbarung vom 14. März 2002 angegeben, wurde die Überbrückungsfinanzierung mittels eines zinslosen Darlehens gewährt, das ausdrücklich zur Finanzierung der Investitionsausgaben bestimmt war, die für die Fertigstellung des EuZZLG erforderlich waren (siehe Radnummer 21).

(260)

Darum stellt die Überbrückungsfinanzierung eine rechtswidrige staatliche Investitionsbeihilfe dar, die vor dem 4. April 2014 bewilligt wurde und deren Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt auf der Grundlage der Luftverkehrsleitlinien von 2005 geprüft werden muss.

9.2.4.   Schlussfolgerung

(261)

Wie oben dargelegt, vertritt die Kommission den Standpunkt, dass Darlehen 4 von Maßnahme 1, Maßnahme 2 und Maßnahme 3 staatliche Investitionsbeihilfen darstellen, während die Verlängerung 1 und möglicherweise 2 von Maßnahme 1 als Betriebsbeihilfen betrachtet werden müssen.

9.3.   Vereinbarkeit der Investitionsbeihilfemaßnahmen

(262)

Nach Randnummer 61 der Luftverkehrsleitlinien von 2005 muss die Kommission prüfen, ob

a)

der Bau und Betrieb der Infrastruktur einem klar definierten Ziel von gemeinsamem Interesse dient (Regionalentwicklung, Zugänglichkeit usw.),

b)

die Infrastruktur für die Erreichung des beabsichtigten Ziels notwendig und angemessen ist,

c)

die mittelfristigen Perspektiven für die Nutzung der Infrastruktur, insbesondere der bestehenden, zufriedenstellend sind,

d)

alle potenziellen Nutzer der Infrastruktur einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur erhalten,

e)

die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft.

(263)

Zusätzlich zu der Anforderung, spezifische Kompatibilitätskriterien zu erfüllen, die in den Luftverkehrsleitlinien von 2005 genannt sind, müssen staatliche Beihilfen für Flughäfen wie alle anderen staatlichen Beihilfemaßnahmen erforderlich und angesichts des gesetzten legitimen Ziels verhältnismäßig sein, um als mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen genehmigt zu werden (77).

9.3.1.   Der Bau und Betrieb der Infrastruktur erfüllt ein klar definiertes Ziel von gemeinsamem Interesse (regionale Entwicklung, Anbindung usw.)

(264)

Die in Rede stehenden Investitionsbeihilfemaßnahmen zielen auf die Finanzierung der Konversion der früheren britischen Militärbasis Weeze in einen zivilen Flughafen und der substanziellen Entwicklung des Flughafens ab. Diese Maßnahmen leisten einen wesentlichen Beitrag zur regionalen Entwicklung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in einem Gebiet, das wirtschaftlich durch die Schließung der britischen Militärbasis beeinträchtigt wurde. Wie von Deutschland unterstrichen, führte die Schließung der britischen Militärbasis dazu, dass etwa 6 300 Personen das Gebiet verlassen haben, was zum Verlust von 400 zivilen Arbeitsplätzen führte, die in direkter Verbindung mit dem Betrieb der Militärbasis standen, sowie zum Verlust von etwa 102 Mio. EUR Umsatz in etwa 80 Unternehmen. Darüber hinaus blieben durch den Rückzug der britischen Truppen 1 600 leere Wohneinheiten zurück, allein in der Gemeinde Weeze betraf dies mehr als 30 % des gesamten Wohnungsbestands.

(265)

Die Kommission stellt fest, dass nach Angaben Deutschlands die Einrichtung und Entwicklung des zivilen Flughafens zur Schaffung von mehr als 1 200 Arbeitsplätzen im Kreis Kleve und zur Ansammlung von Dienstleistungsunternehmen auf dem Gelände des Gewerbeparks des Flughafens geführt hat.

(266)

Wie Deutschland hervorgehoben hat, wurde der Beitrag dieses Projekts zur regionalen wirtschaftlichen Entwicklung — und dadurch zur wirtschaftlichen Kohäsion, einem wichtigen Ziel der Union — in gewissem Umfang bereits von der Kommission bestätigt. Die Kommission hat Nordrhein-Westfalen nämlich Strukturfonds im Rahmen des Programms Konver II bereitgestellt, die ausdrücklich für die Finanzierung der Rekonversion früherer Militäreinrichtungen in Kleve bestimmt waren.

(267)

Die in Rede stehenden Investitionsbeihilfemaßnahmen trugen auch zur Verbesserung der Verkehrsanbindung der Region bei. Die dem Flughafen Weeze am nächsten liegenden Flughäfen sind Düsseldorf (Entfernung vom Flughafen Weeze: 76 km bzw. 51 Minuten Fahrtzeit mit dem Pkw) und Eindhoven, NL (88 km, 1 Stunde 12 Minuten Pkw-Fahrtzeit) (78).

(268)

Der Verkehr an den Flughäfen Düsseldorf und Eindhoven ist seit 2003 stetig gestiegen: Das Passagieraufkommen in Düsseldorf stieg von 14,3 Mio. Passagieren im Jahr 2003 auf etwa 21 Mio. Passagiere im Jahr 2013, während sich das Passagieraufkommen am Flughafen Eindhoven von 0,4 Mio. im Jahr 2003 auf 3,4 Mio. im Jahr 2013 erhöhte. In diesem Zeitraum wurde ihr konstantes Wachstum lediglich durch ihre eigene Überlastung und Kapazitätsbeschränkungen (insbesondere die unzureichende Anzahl von verfügbaren Slots in Düsseldorf) beeinträchtigt. Die Kapazität des Flughafens Düsseldorf erreichte ihre Kapazitätsobergrenze von 22 Mio. Passagieren im Jahr 2013, während der Flughafen Eindhoven im Jahr 2012 nur 2,5 Mio. Passagiere abfertigen konnte. Trotz des Verkehrswachstums am Flughafen Weeze hat die Kommission beobachtet, dass seit 2012 an den beiden anderen Flughäfen Erweiterungsarbeiten abgeschlossen oder begonnen wurden, um deren Kapazitäten auszubauen (79).

(269)

Darum schlussfolgert die Kommission, dass die Investition am Flughafen Weeze keine Duplizierung von vorhandener, nichtrentabler Infrastruktur darstellt. Ganz im Gegenteil hat der Flughafen Weeze eine wichtige Rolle zur Entlastung von Düsseldorf gespielt, ohne die Pläne zur Erweiterung der Flughäfen Düsseldorf und Eindhoven zu beschränken. Ohne das in Rede stehende Projekt bestand das Risiko, dass die Region unterversorgt wäre.

(270)

Die Kommission kann daher schlussfolgern, dass der Bau und Betrieb der Infrastruktur eindeutig ein klar definiertes Ziel von gemeinsamem Interesse erfüllt, nämlich die regionale wirtschaftliche Entwicklung und die Verbesserung der Verkehrsanbindung der Region.

9.3.2.   Die Infrastruktur ist erforderlich und angesichts des gesetzten Ziels verhältnismäßig

(271)

Nach Angaben Deutschlands war die geplante Modernisierung des Flughafens Weeze erforderlich, um die Konversion einer früheren militärischen Flugbasis in einen Flughafen für die zivile Luftfahrt abzuschließen. Der Bau und die Modernisierung der Rollbahnen und Vorfelder mussten erfolgen, um mit dem zivilen Flugbetrieb zu beginnen.

(272)

Wie Deutschland argumentierte, wurde das Infrastrukturprojekt nur in dem Umfang ausgeführt, der erforderlich war, um die gesetzten Ziele zu erreichen: während die Infrastruktur für ein maximales Passagieraufkommen von 3,5 Mio. Passagieren gebaut wurde, zeigen die in Tabelle 1 dargestellten Verkehrsstatistiken, dass der Verkehr bis 2010 ständig bis zu einem Rekord von 2,9 Mio. Passagieren stieg, bevor er im Jahr 2012 auf 2,2 Mio. sank. Dies bedeutet, dass die erwartete Verkehrsnachfrage weitgehend der aktuellen Nachfrage entspricht und dass das Projekt nicht übermäßig groß oder umfassend ist.

(273)

Die Kommission kann daher schlussfolgern, dass die in Rede stehende Infrastruktur erforderlich und angesichts der gesetzten Ziele verhältnismäßig ist.

9.3.3.   Die Infrastruktur bietet zufriedenstellende mittelfristige Nutzungsaussichten, insbesondere im Hinblick auf die Auslastung bestehender Infrastruktur

(274)

Wie bereits dargelegt, hat der Flughafen Weeze im Jahr 2010 eine Passagieranzahl (2,9 Mio. Passagiere) erreicht, die sich seiner Kapazitätsgrenze (3,5 Mio. Passagiere) nähert. Dieses Passagieraufkommen wurde innerhalb von nur 6 Jahren nach Aufnahme des Betriebs und somit wesentlich schneller als bei anderen deutschen Flughäfen erreicht, die dieselbe LCC-Strategie verfolgen (wie Kassel oder Hahn). Das erhebliche Wachstum des Flughafens Weeze resultiert aus der wichtigen Rolle des Flughafens zur Entlastung der Flughäfen Düsseldorf und Eindhoven und der Bevölkerungsdichte im Einzugsbereich (mehr als 35 Mio. Einwohner).

(275)

Auf der Grundlage der obengenannten Angaben zu den Passagierzahlen bot das Entwicklungsprojekt für den Flughafen Weeze gute Nutzungsperspektiven, insbesondere im Verhältnis zur ursprünglichen militärischen Infrastruktur am Flughafen, dessen Konversion in eine zivile Plattform die ersten Investitionen unterstützt haben.

9.3.4.   Alle potenziellen Nutzer der Infrastruktur haben einheitlichen und diskriminierungsfreien Zugang zu der Infrastruktur

(276)

Die Kommission stellt fest, dass die bestehende zivile Infrastruktur stets allen potenziellen Nutzern diskriminierungsfrei offenstand.

9.3.5.   Die Entwicklung des Handelsverkehrs wird nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem Interesse der EU zuwiderläuft

(277)

Zum Zeitpunkt der Bewilligung der Beihilfe am 15. Oktober 2002 wurden am Flughafen Weeze weniger als 1 Mio. Passagiere pro Jahr abgefertigt, so dass er gemäß den Luftverkehrsleitlinien von 2005 als kleiner Regionalflughafen (Kategorie D) einzustufen war (80).

(278)

Das Einzugsgebiet des Flughafens Weeze umfasst die westlichen Regionen Deutschlands und die östlichen Regionen der Niederlande. Wie zuvor dargelegt, hat der Flughafen Weeze den Wettbewerb im Einzugsgebiet, also die Flughäfen Düsseldorf und Eindhoven, nicht wesentlich beeinträchtigt, die unter schweren Problemen aufgrund von Überlastung und unzureichenden Slots litten (siehe Erwägungsgrund 268).

(279)

Darüber hinaus verfügt der Flughafen Weeze im Gegensatz zu seinen Wettbewerbern weder über eine Zuganbindung noch über eine Anbindung an das Autobahnnetz.

(280)

Des Weiteren stellt die Kommission fest, dass das Segment der Geschäftsreisenden am Flughafen Düsseldorf einen erheblichen Marktanteil von 40 % ausmacht, während es deren Anteil am Flughafen Weeze nur 7 % beträgt.

(281)

Im Hinblick auf den Flughafen Eindhoven stellt die Kommission fest, dass diese Einrichtung den zivilen und militärischen Flugbetrieb bedient und dass die Finanzierung der Infrastrukturkosten dementsprechend zwischen den zivilen Flughafenbetreibern und den niederländischen Streitkräften aufgeteilt wird. In den Jahren 2010 und 2011 zahlte der Flughafen Eindhoven rund 1 Mio. EUR jährlich an die niederländischen Streitkräfte, hauptsächlich als Kompensation für die Wartung der Infrastruktur, Sicherheit und Flugverkehrskontrolle, wobei ihm nicht die ursprünglichen Investitionskosten entstanden, die der Flughafen Weeze (teilweise) zu tragen hatte.

(282)

Darüber hinaus war die Beihilfeintensität (siehe Abschnitt zur Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beihilfe unten) auf die Finanzierungslücke beschränkt. Die Anteilseigner des Flughafenbetreibers finanzieren mehr als 50 % der Investitionskosten.

(283)

Auf der Grundlage des Vorstehenden kann die Kommission daher schlussfolgern, dass die Entwicklung des Handels nicht in einem Maße beeinflusst wird, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

9.3.6.   Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Beihilfe

(284)

Die Kommission muss ermitteln, ob die der FN GmbH gewährte staatliche Beihilfe das Verhalten des begünstigten Unternehmens derart beeinflusst hat, dass es eine Tätigkeit ausübt, die zum Erreichen eines Ziels im öffentlichen Interesse beiträgt, die i) es ohne die Beihilfe nicht ausüben würde oder ii) die es ohne die Beihilfe auf eingeschränkte oder andere Weise ausüben würde. Darüber hinaus wird die Beihilfe nur dann als verhältnismäßig angesehen, wenn dasselbe Ergebnis nicht durch weniger Beihilfen und weniger Wettbewerbsverfälschung hätte erzielt werden können. Dies bedeutet, dass Beihilfebetrag und Beihilfeintensität auf das für die Durchführung der geförderten Tätigkeit absolut erforderliche Minimum beschränkt sein müssen.

(285)

Nach Angaben Deutschlands war die Beihilfe notwendig, da die Entwicklung des Flughafens aufgrund der angespannten finanziellen Lage der FN GmbH zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe gefährdet war. Deutschland fügt ferner hinzu, dass, wenn das Projekt direkt von öffentlichen Behörden unternommen worden wäre, diese Behörden die Baukosten sowie die betrieblichen Anfangsverluste zu tragen gehabt hätten. Die Kommission teilt diese Ansicht und stellt fest, dass die öffentliche Unterstützung in einem Zeitraum gewährt wurde, in dem die privaten Anteilseigner der FN GmbH in der Anfangsphase des Projekts sehr umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur vornahmen ([20-60] Mio. EUR in den Jahren 2002-2003), während sie die betrieblichen Anfangsverluste trugen. Es ist zweifelhaft, ob die lokalen Behörden wie der Kreis Kleve und die Gemeinde Weeze mit ihren begrenzten finanziellen Ressourcen die finanzielle Belastung eines derart umfangreichen Projekts selbst hätten tragen können, während sie dasselbe Ergebnis mit einer begrenzten Beteiligung durch Stützung einer privaten Initiative erreichen konnten. Angesichts des riskanten Charakters des Projekts, das einen der sehr wenigen Fälle von privaten Flughäfen in Europa darstellt, scheint eine begrenzte öffentliche Unterstützung darum in der Anfangsphase gerechtfertigt zu sein.

(286)

Nach Angaben Deutschlands hätten die Investitionen ohne die Beihilfe nicht im gleichen Umfang erfolgen können, wie ohne die Maßnahmen 1, 2 und 3. Wie von Deutschland zu Recht argumentiert, hätte nur eine begrenzte Anzahl von Investitionen durchgeführt werden können, wie die Verbreiterung der Landebahn. Es wäre erforderlich gewesen, bestimmte Investitionen deutlich aufzuschieben, was den Flughafen vor schwere betriebliche Schwierigkeiten gestellt oder verhindert hätte, dass er die erwartete Nachfrage von Luftfahrtgesellschaften und Passagieren im Einzugsbereich erfüllt. Darum kann geschlussfolgert werden, dass die Beihilfemaßnahmen 1, 2 und 3 einen Anreizeffekt haben, da sie es dem Begünstigten ermöglichten, die Investition vorzunehmen.

(287)

Was die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Maßnahme 2 betrifft, so belief sich die Höhe der dem Flughafen tatsächlich gewährten öffentlichen Finanzierung auf [2-5] Mio. EUR. Wie in Erwägungsgrund 46 dargelegt, entspricht diese Unterstützungsmaßnahme der Finanzierung von 50 % der beihilfefähigen Kosten gemäß dem Erlass von 1993. Der verbleibende Betrag ([2-5] Mio. EUR) wurde von der FN GmbH finanziert. Demzufolge betrug die Beihilfeintensität 50 %.

(288)

Da die Luftverkehrsleitlinien von 2005 den Aspekt der Beihilfeintensität offenlassen, muss der maximal zulässige Betrag darauf begrenzt werden, was streng genommen notwendig ist. Die Kommission stellt fest, dass die durch Maßnahme 2 getragenen Investitionen unter Pari-passu-Bedingungen finanziert wurden. Darum scheint die Beihilfeintensität von 50 % im vorliegenden Fall gerechtfertigt zu sein.

(289)

Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des Darlehens 4 der Maßnahme 1 und der Maßnahme 3 stellt die Kommission fest, dass die Gewährung eines zinslosen oder niedrig verzinsten Darlehens den Wettbewerb weniger stark verzerrt als eine direkte Subvention. Darüber hinaus war die finanzielle Beteiligung der Behörden sehr begrenzt, da sie die Darlehen vollständig besichert haben. Bezüglich der Verhältnismäßigkeit des Verzichts auf die Verpflichtung zur Rückzahlung der Hälfte der Überbrückungsfinanzierung stimmt die Kommission mit Deutschland überein, dass die Bedingung der Schaffung von 350 Arbeitsplätzen für die privaten Eigentümer des Flughafens einen Anreiz darstellt, den Bau und die Entwicklung der Flughafeninfrastruktur abzuschließen. Die Kommission stellt fest, dass dieser Anreiz wirksam war, da zum Zeitpunkt des Rückzahlungsverzichts (im Jahr 2004) 445 Arbeitsplätzen geschaffen wurden, lange bevor die vertragliche Frist (Ende 2007) ablief.

9.3.7.   Schlussfolgerung zu Maßnahmen 1 (Darlehen 4), 2 und 3

(290)

Angesichts der obenstehenden Würdigung schlussfolgert die Kommission, dass die Maßnahmen 1 (Darlehen 4), 2 und 3 auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sind.

9.4.   Vereinbarkeit der Betriebsbeihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt

(291)

In Abschnitt 5.1.2 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 sind die Kriterien festgelegt, die die Kommission bei der Würdigung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen mit dem Binnenmarkt gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV heranzieht. Insbesondere wendet die Kommission diese Kriterien gemäß Randnummer 172 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 auf alle Fälle von Betriebsbeihilfen für Flughäfen (anhängige Anmeldungen und nicht angemeldete rechtswidrige Beihilfen) an, auch wenn die Beihilfe vor dem 4. April 2014, also vor dem Inkrafttreten der Luftverkehrsleitlinien von 2014, gewährt wurde. Die Vereinbarkeitskriterien für Betriebsbeihilfen, die für einen Übergangszeitraum von 10 Jahren ab dem Datum der Veröffentlichung der Luftverkehrsleitlinien von 2014 gewährt werden können, lauten wie folgt:

a)

Beitrag zu einem klar definierten Ziel von gemeinsamen Interesse: Diese Bedingung ist unter anderem dann erfüllt, wenn die Beihilfe die Mobilität der EU-Bürger und die Anbindung der Regionen erhöht oder die regionale Entwicklung fördert (81).

b)

Notwendigkeit einer staatlichen Intervention: Die Beihilfe sollte auf Situationen abzielen, wenn eine solche Beihilfe eine materielle Verbesserung mit sich bringen kann, die der Markt selbst nicht bieten kann (82).

c)

Vorliegen eines Anreizeffekts: Diese Bedingung ist erfüllt, wenn wahrscheinlich ist, dass ohne die Betriebsbeihilfe und unter Berücksichtigung eines möglichen Vorliegens von Investitionsbeihilfen und des Passagieraufkommens die wirtschaftliche Tätigkeit des Flughafens deutlich reduziert wäre (83).

d)

Verhältnismäßigkeit des Beihilfebetrags (Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt): Um verhältnismäßig zu sein, muss die Betriebsbeihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt werden, damit die durch die Beihilfe unterstützte Tätigkeit stattfinden kann (84).

e)

Vermeidung der übermäßigen Beeinträchtigung von Wettbewerb und Handel  (85)

(292)

Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Betriebsbeihilfe, die die Verlängerung 1 und möglicherweise die Verlängerung 2 von Maßnahme 1 darstellt, vollständig vor dem Inkrafttreten der Luftverkehrsleitlinien von 2014 gewährt wurde, werden diese Vereinbarkeitskriterien im Licht der Aspekte angewendet, die unter Randnummer 137 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 genannt sind (d. h. bestimmte Bedingungen finden keine Anwendung).

9.4.1.   Die Betriebsbeihilfe trägt zu einem klar definierten Ziel von gemeinsamem Interesse bei

(293)

Die in Rede stehende Betriebsbeihilfe hatte das Ziel, ein angemessenes Betriebsniveau am Flughafen Weeze aufrechtzuerhalten.

(294)

Gemäß Randnummer 113 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 werden Betriebsbeihilfen für Flughäfen als Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse betrachtet, wenn sie die Mobilität der Bürger der Union und die Anbindung von Gebieten erhöhen, der Überlastung an großen Drehkreuzflughäfen in der Union entgegenwirken oder die regionale Entwicklung fördern.

(295)

Wie in Erwägungsgrund 270 geschlussfolgert, erfüllen der Bau und Betrieb des Flughafens Weeze klar definierte Ziele von öffentlichem Interesse, nämlich die regionale wirtschaftliche Entwicklung und die Verbesserung der Anbindung der Region.

9.4.2.   Erforderlichkeit staatlicher Maßnahmen

(296)

Gemäß den Randnummern 116 ff. der Luftverkehrsleitlinien von 2014 werden Betriebsbeihilfen für Flughäfen als erforderlich betrachtet, wenn sie eine wesentliche Verbesserung bewirken, die der Markt selbst nicht herbeiführen kann. In den Leitlinien wird zudem anerkannt, dass der Bedarf an öffentlichen Mitteln zur Betriebskostenfinanzierung aufgrund der hohen Fixkosten bei kleineren Flughäfen in der Regel verhältnismäßig höher ist und dass Flughäfen mit einem jährlichen Passagieraufkommen zwischen 200 000 und 700 000 Passagieren oftmals nicht in der Lage sind, einen erheblichen Teil ihrer Betriebskosten selbst zu tragen.

(297)

Seit der Aufnahme des Betriebs des neuen Terminals im Jahr 2003 lag das Passagieraufkommen am Flughafen Weeze im Jahr 2003 bei 207 992, im Jahr 2004 bei 796 745 und im Jahr 2005 bei 591 744 (siehe Tabelle 1). Die Kommission stellt fest, dass das Passagieraufkommen in dieser Anfangsphase starken Schwankungen unterlag (z. B. Rückgang um 34 % im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr). Die Kommission geht daher davon aus, dass das durchschnittliche Passagieraufkommen in diesen drei Jahren zwischen 200 000 und 700 000 lag. Gleichzeitig stellt die Kommission fest, dass die FN GmbH stets Verluste verzeichnete (siehe Tabelle 5) und noch nicht einmal ihre Betriebskosten selbst tragen konnte (das angepasste EBITDA war in den Jahren 2004 und 2005 negativ), was den Luftverkehrsleitlinien von 2014 zufolge bei Flughäfen dieser Größe oftmals der Fall ist.

(298)

Darum betrachtet die Kommission die Betriebsbeihilfe für den Flughafen Weeze als erforderlich.

9.4.3.   Geeignetheit einer staatlichen Beihilfen als politisches Instrument

(299)

Gemäß Randnummer 120 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 sollten Betriebsbeihilfen ein geeignetes politisches Instrument sein, um das angestrebte Ziel zu erreichen oder die jeweilige Schwierigkeit zu beseitigen. Da der Flughafen Weeze betriebliche Verluste verzeichnete, war das einzige angemessene Instrument eine Betriebsbeihilfe, die es dem Flughafen ermöglichte, den Betrieb fortzusetzen und die Anbindung der Region Niederrhein sicherzustellen. Andere Instrumente wie Investitionsbeihilfen oder Regulierungsmaßnahmen scheinen nicht angemessen zu sein, um die auf betrieblicher Ebene bestehenden finanziellen Probleme des Flughafens Weeze zu beseitigen. Darum betrachtet die Kommission die Betriebsbeihilfe für den Flughafen Weeze als ein angemessenes Instrument.

9.4.4.   Vorliegen eines Anreizeffekts und Verhältnismäßigkeit des Beihilfebetrags (Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt)

(300)

Gemäß Randnummer 124 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 hat die Betriebsbeihilfe einen Anreizeffekt, wenn ohne die Betriebsbeihilfe und unter Berücksichtigung möglicherweise vorhandener Investitionsbeihilfen und des Verkehrsaufkommens der Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit des betreffenden Flughafens wahrscheinlich wesentlich geringer ausfallen würde.

(301)

Der Flughafen Weeze erhielt Investitionsbeihilfen, um einen neuen Terminal zu bauen und neue Sicherheits- und Sicherungsanforderungen umzusetzen. Dies ermöglichte es dem Flughafen, die Anbindungs- und Verkehrsbedürfnisse der Region Niederrhein zu erfüllen, die sich in einem in den vergangenen Jahren steigenden Passagieraufkommen ausdrückten. Trotz des tendenziell steigenden Passagieraufkommens kann der Flughafen seine Betriebskosten nicht selbst tragen. Ohne die staatliche Betriebsbeihilfe könnte der Flughafen die derzeitige Höhe des Passagieraufkommens und der Investitionen nicht aufrechterhalten und seine wirtschaftliche Tätigkeit müsste reduziert werden. Gleichzeitig überstieg die Beihilfe nicht den Betrag, der zur Deckung der operativen Verluste erforderlich war, so dass der Beihilfebetrag auf das erforderliche Minimum beschränkt ist.

(302)

Darum vertritt die Kommission den Standpunkt, dass die Betriebsbeihilfe für den Flughafen Weeze einen Anreizeffekt hat und verhältnismäßig ist.

9.4.5.   Vermeidung der Beeinträchtigung von Wettbewerb und Handel

(303)

Gemäß Randnummer 131 der Luftverkehrsleitlinien von 2014 berücksichtigt die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit von Betriebsbeihilfen für den Flughafen die Verfälschungen des Wettbewerbs und die Auswirkungen auf den Handel. Ein Anhaltspunkt für eine mögliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs oder des Handels kann die Tatsache sein, dass sich ein Flughafen im Einzugsbereich eines anderen Flughafens mit ungenutzten Kapazitäten befindet.

(304)

Wie in Erwägungsgrund 276 ff. dargelegt hat die Kommission bereits geschlussfolgert, dass die Entwicklung des Handels in keiner Weise beeinflusst wird, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

9.5.   Schlussfolgerung zur Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt

(305)

Alle Maßnahmen, die Gegenstand dieser Würdigung sind und als staatliche Beihilfen eingestuft werden, sind auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar. Diese Schlussfolgerung lässt die Würdigung anderer staatlicher Beihilfemaßnahmen, die die Behörden möglicherweise der FN GmbH gewährt haben und die die Kommission möglicherweise in Zukunft würdigen wird, unberührt.

10.   SPRACHE

(306)

Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 hat Deutschland akzeptiert, dass dieser Beschluss in englischer Sprache erlassen wird. Darum ist nur der englische Wortlaut verbindlich —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die der FN GmbH von der EEL GmbH am 11. April 2004, 17. Juni 2004 und 28. Juli 2004 gewährten Darlehen und die Fördermaßnahmen, die der EEL GmbH vom Kreis Kleve und der Gemeinde Weeze gewährt wurden, stellen keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 2

(1)   Das der FN GmbH von der EEL GmbH am 1. Juli 2005 gewährte Darlehen sowie die am 1. Juli 2005 gewährte Verlängerung aller Darlehen, die die FN GmbH von der EEL GmbH erhalten hatte, die Fördermaßnahme, die der FN GmbH vom Land Nordrhein-Westfalen gewährt wurde, sowie die Unterstützungsmaßnahme, die der FN GmbH direkt vom Kreis Kleve für den Erwerb der Liegenschaft des Flughafens Weeze gewährt wurde, stellen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

(2)   Die Verlängerung aller bestehender Darlehen, die der FN GmbH von der EEL GmbH am 29. November 2010 gewährt wurde, ist, wenn sie eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union darstellt, mit dem Binnenmarkt im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vereinbar.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 23. Juli 2014

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) getreten. Die beiden Artikel sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahme auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Der AEUV hat auch bestimmte terminologische Änderungen, wie zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“ und von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“, mit sich gebracht. In diesem Beschluss wird durchgehend die Terminologie des AEUV verwendet.

(2)  ABl. C 279 vom 14.9.2012, S. 1.

(3)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1), geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 734/2013 des Rates vom 22. Juli 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 204 vom 31.7.2013, S. 15).

(4)  ABl. C 279 vom 14.9.2012, S. 1.

(5)  Außer von Ryanair und Transavia wurde der Flughafen Weeze früher von Air Berlin, Wizz Air, XL Airways, Sky Airlines, Corendon Airlines und Bulgaria Air sowie den Charter-Unternehmen Tailwind und Solid Executive (siehe Erwägungsgrund 11 des Eröffnungsbeschlusses) angeflogen.

(6)  Geschäftsgeheimnis.

(7)  Quelle: http://unternehmen.airport-weeze.com/de/kurzportrait.html

(8)  Interessenvertreter formulierten vor Beginn des Betriebs, der darum erst am 1. Mai 2003 aufgenommen werden konnte, mehr als 1 000 Beschwerden gegen die Gewährung der Betriebsgenehmigung für die FN GmbH. Im Jahr 2006 wurde die Betriebsgenehmigung erneut juristisch angefochten, was zu einer rechtlichen Unsicherheit für den Flughafenbetrieb führte. Die Rechtssache konnte erst durch die Genehmigung des Flugbetriebs durch das Bundesverwaltungsgericht am 1. Februar 2007 beigelegt werden. Die vollständige Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen wurde durch die Änderung der Betriebsgenehmigung durch die regionalen Behörden am 1. Mai 2009 erreicht.

(9)  Der Basiszinssatz ändert sich am 1. Januar und 1. Juli jedes Jahres um die Prozentpunkte, um die der Referenzsatz sich seit der letzten Änderung des Basiszinssatzes geändert hat. Der Referenzsatz ist der Zinssatz für das jüngste Hauptrefinanzierungsgeschäft der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des jeweiligen Zeitraums von sechs Monaten. Die Deutsche Bundesbank gibt den effektiven Basiszinssatz im Bundesanzeiger unverzüglich nach dem 1. Januar und dem 1. Juli bekannt.

(10)  Die Differenz in Höhe von [1-3] Million Euro zwischen der Kredithöhe und der Grundschuld beruht darauf, dass die FN GmbH und die EEL GmbH am 14. Juli 2004 einen Überbrückungskredit vereinbart hatten, für den eine Grundschuld in Höhe von [1-3] Mio. EUR eingetragen wurde. Dieser Überbrückungsvertrag wurde schließlich durch die dritte Darlehensvereinbarung vom 27. Juli 2004 ersetzt, aber die Grundschuld wurde nicht gelöscht und blieb gültig, sodass für die dritte Darlehensvereinbarung nur eine Sicherheit in Höhe von [1-5] Mio. EUR erforderlich war.

(11)  Keiner dieser Verträge enthält eine spezifische Bestimmung in Verbindung mit Verzugszinsen, da diese in Artikel 288 BGB gesetzlich festgelegt und darum auf alle Kreditvereinbarungen anwendbar sind.

(12)  http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html

(13)  Infolge der Vereinbarung vom 31. März 2011 wurden die Geschäftsanteile am 31. Dezember 2011 auf die EEL GmbH übertragen. Diese wurden später auf den Kreis Kleve übertragen

(14)  Dieser Beschluss deckt diesen Schuldenswap oder andere Maßnahmen, die von Deutschland bis 2011 zugunsten der FN GmbH gewährt wurden, nicht ab.

(15)  https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=1&gld_nr=9&ugl_nr=96&bes_id=1284&val=1284&ver=7&sg=&aufgehoben=N&menu=1

(16)  Dies impliziert, dass, als die EEL GmbH die der FN GmbH gewährten Darlehen verlängerte, ihre eigenen, vom Kreis Kleve gewährten Darlehen sowie das von der [Bank] der EEL GmbH gewährte Darlehen in Höhe von [1-5] Mio. EUR entsprechend verlängert wurden.

(17)  Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

(18)  Siehe Fußnote 16.

(19)  Siehe Fußnote 7.

(20)  Dieses Angebot ist jedoch nie zustande gekommen.

(21)  Nähere Ausführungen zu den Luftverkehrsleitlinien von 2014 sind Erwägungsgrund 38 zu entnehmen.

(22)  Siehe verbundene Rechtssachen Chronopost SA, La Poste und Französische Republik/Union française de l'express (Ufex), DHL International, Federal express international (France) SNC und CRIE SA, C-83/01 P, C-93/01 P und C-94/01, Slg. 2003, I-6993, EU:C:2003:388, Randnummer 37.

(23)  Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

(24)  Mitteilung der Kommission über die Überarbeitung der Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6).

(25)  Mitteilung der Kommission über die Methode für die Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 273 vom 9.9.1997, S. 3).

(26)  Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991 in der Rechtssache Italienische Republik/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C-305/89, EU:C:1991:142, Randnummer 19.

(27)  Beschluss der Kommission vom 15. Juni 2011, N 322/10, Erwägungsgrund 49. http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/237041/237041_1243261_83_3.pdf

(28)  http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/transparency_extract_de.pdf

(29)  Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrags sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr (ABl. C 350 vom 10.12.1994, S. 5).

(30)  Insbesondere Urteil des Gerichtshofs vom 12. Dezember 2000, Aéroports de Paris/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, T-128/98, EU:T:2000:290, Urteil des Gerichtshofs vom 17. Dezember 2008, Ryanair Ltd/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, T-196/04, EU:T:2008:585, sowie Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 2011, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt u. a./Europäische Kommission, T-443/08, EU:T:2011:117.

(31)  Erwägungsgrund 42.

(32)  SA.30743 — Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen am Flughafen Leipzig/Halle (ABl. C 284 vom 28.9.2011, S. 6).

(33)  Siehe Erwägungsgrund 54 des Eröffnungsbeschlusses.

(34)  Urteil des Gerichtshofes vom 22. April 2008, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Salzgitter AG, C-408/04, EU:C:2008:236, Randnummer 106.

(35)  KOM(2006) 819.

(36)  Der Index gibt die Zinssätze für die meisten deutschen Bank-Anleihen mit Triple-A-Rating an.

(37)  Die betroffenen Drittparteien begründen ihre diesbezüglichen Zweifel mit der Angabe, dass die Airport Network B.V. ständig Verluste machte.

(38)  Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, verbundene Rechtssachen C-183/02 P und C-187/02 P, EU:C:2004:701, Randnummer 52.

(39)  Leitlinien für staatliche Beihilfe für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften (ABl. C 99 vom 4.4.2014, S. 3).

(40)  Urteil des Gerichts (Achte Kammer) vom 24. März 2011, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt und Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig-Halle GmbH/Europäische Kommission, verbundene Rechtssachen T-443/08 und T-455/08, EU:T:2011:117, insbesondere Randnummern 93 und 94; bestätigt durch Urteil des Gerichtshofes vom 19. Dezember 2012, Mitteldeutsche Flughafen AG und Flughafen Leipzig-Halle GmbH/Europäische Kommission, Rechtssache C-288/11 P, EU:C:2012:821.

(41)  Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen (ABl. L 318 vom 17.11.2006, S. 17).

(42)  

„Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung und Erschließung des ehemaligen NATO-Flugplatzes Weeze-Laarbruch im Hinblick auf die erforderlichen technischen und Infrastruktur-Einrichtungen und die Unterhaltung und Herrichtung des Geländes zur Vorbereitung einer späteren gewerblichen Nutzung.“

(43)  Die einzige finanzielle Unterstützung durch die Gemeinde Weeze bestand in der ersten Kapitalzufuhr anlässlich der Gründung der EEL GmbH, aber sie stimmte allen Entscheidungen der EEL GmbH und des Kreises Kleve zu.

(44)  Aufgrund von Artikel 53 des Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG), der die Budgetierungs- und Buchhaltungsgrundsätze für öffentliche Körperschaften in Deutschland festlegt.

(45)  Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten: Anwendung der Artikel 92 und 93 EWG-Vertrag und des Artikels 5 der Richtlinie 80/723/EWG der Kommission über öffentliche Unternehmen in der verarbeitenden Industrie (ABl. C 307 vom 13.11.1993, S. 3), Randnummer 11. Diese Mitteilung bezieht sich zwar auf die verarbeitende Industrie, sie hat jedoch auch für die anderen Wirtschaftszweige Gültigkeit. Vgl. Rechtssache T-16/96, Cityflyer Express Ltd/Kommission, Slg. 1998, II-00757, Randnummer 51.

(46)  Mitteilung der Kommission über die Überarbeitung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6).

(47)  Diese Referenzzinssatzmitteilung von 2008 legt ein Verfahren fest, mit dem Referenz- und Abzinsungssätze festgelegt werden, die als Ersatzgröße für den Marktsatz verwendet werden. Obwohl es sich bei dem Referenzsatz der Kommission nur um eine Ersatzgröße handelt, verfügt die Kommission nicht über andere beweiskräftige Daten, um den Zinssatz zu ermitteln, den der Darlehensnehmer auf dem Markt erhalten könnte.

(48)  Solvabilitätsverordnung — SolvV vom 14. Dezember 2006, veröffentlicht am 20. Dezember 2006 im Bundesgesetzblatt (Teil I Nr. 61, S. 2926).

(49)  Siehe die „2012 Annual Global Corporate Default Study and Rating Transitions“ von Standard and Poor's, 18. März 2013, S. 29, und die „Corporate Default and Recovery Rates 1920-2010“ von Moody's, 28. Februar 2011, S. 31.

(50)  Der Umfang der Besicherung lässt sich als Verlustquote bei Ausfall (LGD) angeben; dies ist die erwartete Höhe des Verlusts in Prozent der Forderung an den Schuldner, unter Berücksichtigung der aus den Sicherheiten und dem Konkursvermögen eintreibbaren Beträgen; infolgedessen ist die Verlustquote bei Ausfall umgekehrt proportional zum Wert der Sicherheiten.

(51)  LGD = 1 – Rückflussquote = 1 – EUR […] Mio./EUR […] Mio. = […] %.

(52)  Siehe S. 22 und 23 der Darlehensvereinbarung vom 1. Juli 2005.

(53)  Siehe S. 2 der Anlage 2 zum Schreiben von Deutschland vom 23. Mai 2014.

(54)  Die Wertsteigerung im Zeitraum von 2005 bis 2010 beruht hauptsächlich auf […].

(55)  Siehe S. 2 der Anlage 2 zur Mitteilung vom 23. Mai 2014.

(56)  Diese Gruppe umfasst die Ratings […].

(57)  Eine Liste der geltenden Basiszinssätze wird von der Kommission auf der folgenden Website veröffentlicht: http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/base_rates_eu27_en.pdf

(58)  Die Differenz von […] Basispunkten stellt grob geschätzt einen Vorteil in Höhe von etwa […] EUR über die Laufzeit von Darlehen 4 und Verlängerung 1 dar.

(59)  Urteil des Gerichtshofs vom 1. April 2004, Kommission/Italienische Republik, C-99/02, EU:C:2004:207, Randnummer 65.

(60)  Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans GmbH und Regierungspräsidium Magdeburg/Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH („Altmark“-Urteil), Rechtssache C-280/00, EU:C:2003:415.

(61)  Luftverkehrsleitlinien von 2014, Randnummer 43.

(62)  Urteil in der Rechtssache Kommission/Italienische Republik, EU:C:2004:207, Randnummer 65.

(63)  „Altmark“-Urteil, EU:C:2003:415.

(64)  Luftverkehrsleitlinien von 2014, Randnummer 43.

(65)  Urteil des Gerichts vom 12.12.2000, Allitalia — Linee aeree italiane SpA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, T-296/97, EU:T:2000:289, Randnummer 84; Urteil des Gerichtshofes vom 21. März 1991, Italienische Republik/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, C-305/89, EU:C:1991:142, Randnummer 20.

(66)  Siehe Luftverkehrsleitlinien von 2005, Randnummer 46.

(67)  Siehe Fußnummer 65.

(68)  Siehe Fußnote 49.

(69)  Siehe Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen in der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1, Randnummer 95).

(70)  Siehe Erwägungsgrund 53.

(71)  Siehe Tabelle 3.

(72)  In Artikel 1 Buchstabe b Ziffer v der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 heißt es: „Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.“

(73)  

„Beihilfen gelten als bestehende Beihilfen, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Europäischen Wirtschaftsraums zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden EFTA-Staat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen“.

(74)  Erwägungsgründe 38 und 39.

(75)  Randnummer 172 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(76)  Randnummer 173 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(77)  Siehe zum Beispiel die Beihilfe SA.34586 (12/N) — Griechenland — Modernisierung des Flughafens Chania, Erwägungsgrund 49.

(78)  Obwohl der Flughafen Maastricht weniger als 100 km (98 km) vom Flughafen Weeze entfernt ist, beträgt die Pkw-Fahrtzeit 1 Stunde und 14 Minuten. Die Kommission vertritt die Meinung, dass der Flughafen nicht als im Einzugsbereich des Flughafens Weeze liegend betrachtet werde sollte.

(79)  Nach der Erweiterung in den Jahren 2012-2013 wurde die Kapazität des Flughafens Eindhoven auf 5 Mio. Passagiere erhöht; es wird erwartet, dass Erweiterungsarbeiten am Flughafen Düsseldorf im Sommer 2014 beginnen.

(80)  Siehe Randnummer 15 der Leitlinien.

(81)  Erwägungsgründe 137 und 113 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(82)  Erwägungsgründe 137 und 116 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(83)  Erwägungsgründe 137 und 124 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(84)  Erwägungsgründe 137 und 125 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.

(85)  Erwägungsgründe 137 und 131 der Luftverkehrsleitlinien von 2014.


15.10.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 269/47


BESCHLUSS (EU) 2015/1825 DER KOMMISSION

vom 31. Juli 2014

über die nicht angemeldete staatliche Beihilfe SA.34791 (2013/C) (ex 2012/NN) — Belgien — Rettungsbeihilfe für die Val Saint-Lambert SA

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 5402)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 11. Mai 2012 meldete Belgien eine Rettungsbeihilfe für das Unternehmen Val Saint-Lambert SA (im Folgenden „VSL“) in Form eines zinsvergünstigten Darlehens in Höhe von 1 Mio. EUR vorab bei der Kommission an. Da ein Teil der Rettungsbeihilfe (400 000 EUR) bereits am 3. April 2012 gewährt worden war, trug die Kommission die Sache in das Register der nicht angemeldeten Beihilfen ein. Diese Beihilfe wurde auch später nicht angemeldet und ist demzufolge nach wie vor unangemeldet.

(2)

Am 3. Oktober 2012 meldeten die belgischen Behörden eine Umstrukturierungsbeihilfe für VSL an, die in der Verlängerung des Darlehens in Höhe von 1 Mio. EUR um 10 Jahre bestand.

(3)

Mit Schreiben vom 1. Februar 2013 setzte die Kommission Belgien von ihrem Beschluss in Kenntnis, in Bezug auf die beiden Beihilfen und bestimmte zusätzliche Maßnahmen zugunsten von VSL das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) einzuleiten.

(4)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission forderte die Beteiligten auf, zu den in Rede stehenden Beihilfen und Maßnahmen Stellung zu nehmen.

(5)

Bei der Kommission gingen keine Stellungnahmen Dritter ein.

(6)

Belgien übermittelte seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss am 21. März 2013.

(7)

Mit Schreiben vom 14. November 2013 unterrichteten die belgischen Behörden die Kommission, die Anmeldung der Umstrukturierungsbeihilfe zurückziehen zu wollen, weshalb diese Maßnahme im Rahmen dieses Beschlusses nicht geprüft wird.

(8)

Mit Schreiben vom 17. Oktober und 14. November 2013 und E-Mail vom 10. Dezember 2013 forderte die Kommission ergänzende Informationen bei den belgischen Behörden an. Diese antworteten mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 und E-Mail vom 11. Dezember 2013 und baten um eine Nachfrist zur Beantwortung des Auskunftsersuchens vom 14. November 2013. Diese Frist wurde ihnen mit Schreiben vom 19. Dezember 2013 gewährt. Am 6. Januar 2014 ging schließlich die Antwort der belgischen Behörden ein. Am 7. Februar 2014 richtete die Kommission ein weiteres Auskunftsersuchen an sie. Die belgischen Behörden und der Rechtsanwalt der Société Wallonne de Gestion et de Participations (im Folgenden „SOGEPA“) antworteten am 25. bzw. 27. Februar 2014. Ein weiteres Auskunftsersuchen wurde am 11. April 2014 an die belgischen Behörden gesandt. Mit Schreiben vom 30. April 2014 verlängerte die Kommission die den belgischen Behörden gesetzte Frist bis zum 23. Mai 2014; die Antwort ging an diesem Tag bei der Kommission ein.

(9)

Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 ermächtigten die belgischen Behörden die Kommission, diesen Beschluss nur in französischer Sprache zu erlassen und anzunehmen.

2.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN UND BEIHILFEN

2.1.   Empfänger

(10)

Das Unternehmen VSL stellt hochwertige Produkte und Luxusgegenstände aus Kristallglas her. Es hat seinen Sitz in Seraing in Wallonien, beschäftigt 52 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 2 Mio. EUR. Seine Erzeugnisse sind sehr angesehen, aber die Unternehmensgeschichte ist durch verschiedene Insolvenzen geprägt. Im Jahr 2002 meldete die SA Cristallerie du Val Saint-Lambert Insolvenz an, und ihre Aktiva wurden von der am 19. Dezember 2002 gegründeten SA La Cristallerie du Val Saint-Lambert (im Folgenden „CVSL“) übernommen. Am 11. August 2008 gab das Handelsgericht Lüttich die Insolvenz von CVSL bekannt. Die Aktiva wurden von zwei privaten Aktionären übernommen, und zwar von Châteaux Finances Corporation (im Folgenden „CFC“), einer Holding, die mehrere Immobiliengesellschaften und Unternehmen im Wein- und Gastronomiesektor besitzt, und von der Société de Promotion d'Espaces Commerciaux et Industriels (im Folgenden „SPECI“), die im Bereich des Managements und der Entwicklung von Immobilienvermögen tätig ist.

(11)

Anfänglich hielten CFC und SPECI 70 % bzw. 30 % von VSL. Im März 2011 nahmen CFC und die Wallonische Region eine Kapitalerhöhung vor, an der sich SPECI nicht beteiligte. Heute gehört VSL zu 76 % CFC, zu 17 % der Wallonischen Region und zu 7 % SPECI.

(12)

Am 14. Oktober 2013 wurde erneut ein Insolvenzverfahren über das Vermögen von VSL eröffnet.

(13)

VSL besitzt eine ausschließliche Lizenz zur Nutzung der Marken, Muster und Entwürfe von VSL. Diese Lizenz wurde ihr im Januar 2009 von der Wallonischen Region, dem derzeitigen Markeninhaber, gewährt. Bis Oktober 2005 gehörten die Marken von VSL der Compagnie financière du Val (im Folgenden „CFV“), der Nachfolgerin der Société de Gestion des marques du Val Saint-Lambert, die zu 100 % von der SOGEPA gehalten wird (die wiederum zu 100 % im Eigentum der Wallonischen Region steht).

(14)

Mit einer Abtretungsvereinbarung vom 5. Oktober 2005 trat CFV diese Marken zum Preis von [500 000-800 000] EUR (3) an die Interagora SA, die Muttergesellschaft von CVSL, ab. Am 11. August 2008 meldete die Interagora SA, die nun unter SA Val Saint-Lambert International (im Folgenden „VSLI“) firmierte, Insolvenz an und blieb CFV 280 000 EUR schuldig. Die Wallonische Region machte daraufhin ihr Vorkaufsrecht geltend und wurde 2008 zum Preis von [700 000-1 000 000] EUR Markeninhaber.

2.2.   Beschreibung der Maßnahmen und Beihilfen

2.2.1.   Maßnahme 1: Rettungsbeihilfe vom 3. April 2012 in Höhe von 1 Mio. EUR

(15)

Die Rettungsbeihilfe für VSL besteht in einem zinsvergünstigten Darlehen in Höhe von 1 Mio. EUR, das am 3. April 2012 von der Wallonischen Region, vertreten durch die SOGEPA (die bei allen Maßnahmen, an denen sie beteiligt ist, für Rechnung der Region handelt), zu einem Zinssatz von 3,07 % (Basiszinssatz von 2,07 + 100 Punkte) für eine Laufzeit von 6 Monaten gewährt wurde. Der Zinssatz wurde anschließend zur Vergütung der Kosten der SOGEPA um 100 Basispunkte auf 4,07 % angehoben. Ein Teil des Darlehens von 1 Mio. EUR in Höhe von 400 000 EUR wurde noch am Tag des Abschlusses des Darlehensvertrags vom 3. April 2012 gewährt, ohne gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV vorab bei der Kommission angemeldet worden zu sein. Der Restbetrag des Darlehens von 600 000 EUR wurde zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt, der der Kommission nicht bekannt ist. Die Kommission betrachtet allerdings das Darlehen in voller Höhe (1 Mio. EUR) als ausgezahlt, da es in die Forderungsanmeldung, die im Rahmen der Insolvenz von VSL an das Handelsgericht Lüttich gesandt wurde, aufgenommen wurde. Die Insolvenz wurde vom Handelsgericht Lüttich am 14. Oktober 2013 bekanntgegeben.

2.2.2.   Maßnahme 2: Umstrukturierungsbeihilfe

(16)

Am 3. Oktober 2012 meldeten die belgischen Behörden eine Umstrukturierungsbeihilfe an, die in einer Verlängerung der Laufzeit des Darlehens von 1 Mio. EUR (Maßnahme 1) um 10 Jahre bestand. Mit Schreiben vom 14. November 2013 informierten die belgischen Behörden die Kommission allerdings über die Zurückziehung der Anmeldung der Umstrukturierungsbeihilfe. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2013 bestätigten die belgischen Behörden, dass diese Beihilfe nicht durchgeführt wurde, weshalb sie im Rahmen dieses Beschlusses nicht geprüft wird.

2.2.3.   Maßnahmen 3 bis 8

(17)

Vor der oben genannten Rettungsbeihilfe (Maßnahme 1) intervenierte die Wallonische Region, vertreten durch die SOGEPA und andere öffentliche Einrichtungen wie CFV, die im Eigentum der Region stehen und in ihrem Namen handeln, im Zeitraum 2008-2011 sechs Mal zugunsten von VSL, und zwar mit einer Garantie für 150 000 EUR (Maßnahme 3), mit der Nutzung und Abtretung der Marke Val Saint-Lambert (Maßnahme 4), mit einem Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 5), mit einer Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 6), mit geringfügigen Beihilfen (Maßnahme 7) und mit der Finanzierung von Sanierungsarbeiten im Rahmen des Vorhabens Cristal Park (Maßnahme 8).

Maßnahme 3: Garantie für 150 000 EUR von September 2008

(18)

Am 11. August 2008 gab das Handelsgericht Lüttich die Insolvenz von CVSL bekannt, die die Glashütte vor VSL betrieben hatte. Mit dem Ziel, die Fortführung der Geschäfte trotz der Zahlungsunfähigkeit zu gewährleisten, um so einen Übernehmer finden zu können, beauftragte die Wallonische Region die SOGEPA mit Beschluss vom 28. August 2008, dem Insolvenzverwalter von CVSL eine Garantie in Höhe von 150 000 EUR für ein Darlehen der ING in Höhe von 300 000 EUR zu gewähren. Diese Garantie wurde dem Insolvenzverwalter von CVSL am 24. September 2008 ohne Vergütung gewährt.

Maßnahme 4: Abtretung und Nutzung der Marke Val Saint-Lambert von Januar 2009

(19)

Wie bereits erwähnt, gehörten die Marken von VSL bis Oktober 2005 CFV.

(20)

Mit einer Abtretungsvereinbarung vom 5. Oktober 2005 trat CFV diese Marken zum Preis von [500 000-800 000] EUR an die Interagora SA ab. Die 700 000 EUR sollten mit einer Abschlagszahlung von [100 000-500 000] EUR und zehn jährlichen Raten von [10 000-50 000] EUR bezahlt werden. In Artikel 7 dieser Vereinbarung wurde der Wallonischen Region ein Vorkaufsrecht für den Fall eingeräumt, dass die Interagora SA oder ihre Rechtsnachfolger vor dem 5. Oktober 2010 in Erwägung ziehen sollten, die abgetretenen Marken, Muster und Modelle zu veräußern.

(21)

Am 11. August 2008 meldete die Interagora SA, die nun unter VSLI firmierte, Insolvenz an und blieb CFV 280 000 EUR schuldig.

(22)

Am 1. Oktober 2008 unterzeichnete der Insolvenzverwalter von CVSL mit CFC und SPECI (den Übernehmern der Aktiva von CVSL) eine Absichtserklärung, die auch den Rückkauf der Marke Val Saint-Lambert von VSLI zu einem Preis von [700 000-1 000 000] EUR umfasste. Die Wallonische Region machte daraufhin zum gleichen Preis von ihrem Vorkaufsrecht (Artikel 7 der Vereinbarung vom 5. Oktober 2005) Gebrauch und informierte den Insolvenzverwalter am 7. November 2008. Anschließend stellte sie in der Vereinbarung vom 29. Januar 2009 zwischen CFV und VSL folgende Bedingungen:

Die Wallonische Region gewährt VSL eine ausschließliche, unbeschränkte und weltweite Lizenz für die Nutzung der mit den Marken, Logos und Wortzeichen „Val Saint-Lambert“ verbundenen Schutzrechte, deren Inhaber die Wallonische Region bleibt. Die Vergütung für diese Lizenz beträgt in den ersten fünf Geschäftsjahren 1,5 % und ab dem sechsten Geschäftsjahr 5 % des „Earnings before interest taxes, depreciation and amortization“ (EBITDA). Die Lizenz endet bei Konkurs, Liquidation oder Vergleich von VSL oder im Fall der Kündigung der Vereinbarung durch Verschulden von VSL.

Die Wallonische Region räumt VSL eine Option auf den Kauf der Schutzrechte ein. Diese Option kann VSL ab dem vierten Jahr nach Unterzeichnung der Vereinbarung und bis zum letzten Tag des fünften Jahres zum Preis von [700 000-1 000 000] EUR (dem von den Übernehmern in der Absichtserklärung vom 1. Oktober angebotenen Preis) ausüben. Vom sechsten bis zum zehnten Jahr kann VSL diese Option zum gleichen Preis von 800 000 EUR, indexiert nach dem belgischen Verbraucherpreisindex, ausüben. Vom elften Jahr an kann die Wallonische Region von VSL den Rückkauf der Schutzrechte zum indexierten Preis von [700 000-1 000 000] EUR verlangen.

Bei Ausübung der Kaufoption muss VSL alle CFV noch geschuldeten (und in Erwägungsgrund 21 aufgeführten) Summen zahlen.

(23)

In ihren Stellungnahmen teilten die belgischen Behörden der Kommission mit, dass sich der zu zahlende Restbetrag nach dem Abschluss des am 28. Februar 2012 eingeleiteten Verfahrens der gerichtlichen Reorganisation (4) nicht mehr auf 280 000 EUR, sondern nur noch auf 61 250 EUR belaufen habe, da im Rahmen dieses Verfahrens 43 750 EUR an Schuldforderungen nachgelassen worden seien und vor der Durchführung dieses Verfahrens 105 000 EUR zurückgezahlt worden seien.

Maßnahme 5: Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR von August 2009

(24)

Am 31. August 2009 gewährte die Wallonische Region, vertreten durch die SOGEPA, VSL ein Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 4,7 % und mit einer Laufzeit von 7 Jahren, damit das Unternehmen neue Öfen kaufen konnte. Dieses Darlehen war durch eine erstrangige Hypothek auf die Immobilien von VSL besichert, die den belgischen Behörden zufolge einen höheren Wert als das Darlehen haben sollen.

Maßnahme 6: Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR im März 2011

(25)

Am 17. März 2011 beschloss die Wallonische Region, VSL 1,5 Mio. EUR an Kapital zuzuführen, um die Anschaffung eines neuen Ofens zu ermöglichen. Zwischen dem 25. Mai 2009 und dem 29. März 2011 brachte CFC (Mehrheitsaktionär von VSL) eine Forderung von insgesamt 5,2 Mio. EUR in das Unternehmen ein.

Maßnahme 7: Vorausgegangene geringfügige Beihilfen

(26)

Zwischen Februar 2010 und November 2012 erhielt VSL insgesamt 197 503 EUR an geringfügigen Beihilfen. Am 25. März 2011 zahlte die SOGEPA eine Beihilfe von 97 785 EUR für einen Interim Manager. Die SOGEPA forderte allerdings am 25. September 2012 die Rückzahlung dieser Beihilfe nebst Zinsen, nachdem sie festgestellt hatte, dass der in der Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission (5) vorgesehene Höchstbetrag von 200 000 EUR überschritten worden war.

Maßnahme 8: Sanierung der Immobilien von VSL im Rahmen des Projekts Cristal Park und unentgeltliche Bereitstellung einiger Gebäude für VSL durch die SPAQUE

(27)

Im Rahmen des Projekts Cristal Park wurde die Sanierung von VSL gehörenden Immobilien aus staatlichen Mitteln vorgesehen.

(28)

Mit Schreiben vom 20. August 2012 übermittelte die SPAQUE (Société Publique d'Aide à la Qualité de l'Environnement) der VSL ein bedingtes Angebot über den Kauf der Immobilien zu einem Preis von 2 040 000 EUR abzüglich der noch zu ermittelnden Sanierungskosten. Der Preis von 2 040 000 EUR war am 29. März 2012 vom unabhängigen Sachverständigen Cushman & Wakefield festgelegt worden, der angab, nicht in der Lage zu sein, die Sanierungskosten zu bewerten. Mit Schreiben vom 5. September 2012 gab VSL der SPAQUE die vom Unternehmen GEOLYS im August 2012 auf 219 470 EUR angesetzten Sanierungskosten bekannt. In dem gleichen Schreiben teilte VSL der SPAQUE mit, dass sie einverstanden sei, die Immobilien zu einem Preis von 2 040 000 EUR abzüglich von 220 000 EUR zu verkaufen. Am 13. Dezember 2012 wurden die in Rede stehenden Immobilien zum Preis von 2 040 000 EUR abzüglich der auf 220 000 EUR angesetzten Sanierungskosten, d. h. zum Preis von 1 820 000 EUR, an die SPAQUE verkauft. In einer von den belgischen Behörden zwischenzeitlich zugesandten Mitteilung vom 1. Dezember 2011 wurden die Sanierungskosten allerdings auf mehrere Millionen Euro veranschlagt.

(29)

Vor diesem Verkauf vom 13. Dezember 2012 genehmigte der Gemeinderat der Stadt Seraing auf seiner Sitzung vom 10. September 2012 zwei Entwürfe für Optionsvereinbarungen zwischen der Stadt Seraing und der SPAQUE bzw. zwischen der Stadt Seraing und der SPECI. Diese Entwürfe enthalten die Bedingungen für die spätere Übertragung der an die SPAQUE verkauften Immobilien nach Abschluss der Sanierung zwischen diesen drei Einrichtungen.

(30)

Bislang wurde nur der Verkauf vom 13. Dezember 2012 durchgeführt. Die in den vom Gemeinderat von Seraing genehmigten Vereinbarungsentwürfen vorgesehenen und in den Erwägungsgründen 28 und 29 genannten Transaktionen wurden nicht durchgeführt. Mit den Sanierungsarbeiten wurde noch nicht begonnen.

(31)

Im Übrigen unterzeichneten die SPAQUE und VSL am 11. Dezember 2012 eine Vereinbarung über die zeitlich begrenzte Bereitstellung eines Teils des Standorts der Glashütte von Val Saint-Lambert. Dieser Vereinbarung zufolge stellt die SPAQUE VSL befristet und unentgeltlich einige der nun ihr gehörenden Gebäude zur Verfügung (siehe Erwägungsgrund 27). Als Gegenleistung verpflichtete sich VSL, mit der SPAQUE zusammenzuarbeiten, um ihr alle zweckdienlichen und notwendigen Informationen für die am Standort durchzuführenden Sanierungs- und Renovierungsarbeiten zu übermitteln.

2.3.   Gründe für die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens

(32)

Nach Auffassung der Kommission sind alle geprüften Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Hinsichtlich der Maßnahmen 1 (Rettungsbeihilfe), 3 (Garantie ohne Vergütung) und 4 (Nutzung und Abtretung der Marken) hatte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers. Bei Maßnahme 5 (Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR) hatte die Kommission Zweifel, ob der Zinssatz des Darlehens beihilfefrei war. Zudem fragte sich die Kommission, ob Maßnahme 6 (Kapitalerhöhung) zu den gleichen Bedingungen wie für private Kapitalgeber (Pari-Passu-Bedingungen) erfolgte und mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers vereinbar ist. Bei Maßnahme 7, die geringfügige Maßnahmen umfasste, konnte die Kommission nicht abschließend feststellen, dass jede von ihnen die in der genannten Verordnung (6) aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. Schließlich hatte die Kommission bei Maßnahme 8 (Verkauf und unentgeltliche Bereitstellung einiger Immobilien) angesichts der Unsicherheiten bei der Schätzung der Sanierungskosten Zweifel, dass der Kaufpreis für die von VSL an die SPAQUE veräußerten Grundstücke beihilfefrei war. Weiterhin fragte sich die Kommission, ob nicht bei der kostenlosen Bereitstellung der Immobilien für VSL durch die SPAQUE eine Beihilfe vorgelegen hat. Bei Maßnahme 3 fragte sich die Kommission auch, ob wirtschaftliche Kontinuität zwischen CVSL und VSL besteht. Schließlich hatte die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit aller Maßnahmen mit dem Binnenmarkt und insbesondere mit den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (7) (im Folgenden „Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien“) (Maßnahmen 1, 2 und 3).

3.   STELLUNGNAHMEN BELGIENS ZUM EINLEITUNGSBESCHLUSS

3.1.   Zur Einstufung von VSL als Unternehmen in Schwierigkeiten

(33)

Die belgischen Behörden bestreiten nicht, dass VSL seit dem 8. Februar 2012, als der Antrag auf gerichtliche Reorganisation gestellt wurde, in Schwierigkeiten war (was, wie sich zeigen wird, für die Prüfung mehrerer der in Rede stehenden Maßnahmen relevant ist). Ihrer Ansicht nach war VSL jedoch zuvor kein Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummern 10 und 11 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien und der Entscheidungspraxis der Kommission (8), denn VSL sei ein junges Unternehmen gewesen, das von seinem Mehrheitsaktionär CFC bedingungslos unterstützt worden sei.

3.2.   Die Rettungsbeihilfe (Maßnahme 1)

(34)

Im Einleitungsbeschluss vertrat die Kommission die Auffassung, dass dieses Darlehen, das einem Unternehmen in Schwierigkeiten ohne irgendeine Sicherheit gewährt wurde, eine Beihilfe darstellen kann, da VSL bei keiner privaten Bank ein Darlehen zu diesen Konditionen hätte aufnehmen können.

(35)

In ihren Stellungnahmen bestreiten die belgischen Behörden nicht, dass es sich bei dem am 3. April 2012 von der Wallonischen Region gewährten zinsvergünstigten Darlehen in Höhe von 1 Mio. EUR um eine Beihilfe handelt. Ihrer Ansicht nach ist diese Rettungsbeihilfe jedoch gemäß Randnummer 13 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien mit dem Binnenmarkt vereinbar, da es sich um Schwierigkeiten von VSL selbst handelt, die nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können. Erläuternd führen sie an, dass CFC aufgrund ihrer diversifizierten Tätigkeiten und Beteiligungen nicht alle Mittel VSL habe zuwenden können. Die Liquidität von CFC habe seit Abschluss des Geschäftsjahres 2011 stark abgenommen und am 19. Oktober 2012 nur noch 130 000 EUR betragen. Die belgischen Behörden weisen zudem darauf hin, dass CFC die Schwierigkeiten von VSL in Anbetracht der Häufigkeit, mit der sie VSL Mittel vorgestreckt hat (9,5 Mio. EUR seit der Gründung von VSL), und der anhaltend enttäuschenden Ergebnisse von VSL nicht mehr mit den Mitteln der Gruppe bewältigen konnte.

(36)

Zum Grundsatz der einmaligen Beihilfe, gemäß dem Maßnahme 1 mit Randnummer 72 ff. der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien unvereinbar wäre, weil auch die Maßnahmen 3, 5, 6 und 7 Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen darstellen, vertreten die belgischen Behörden die Auffassung, dass im Gegenteil:

Maßnahme 3 (die Garantie für 150 000 EUR) im September 2008 dem Insolvenzverwalter von VSL und nicht VSL selbst gewährt worden ist. Im Übrigen besteht nach Auffassung der belgischen Behörden keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen VSL und CVSL;

Maßnahme 5 (Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR) angesichts des angewandten Zinssatzes und der Qualität der Sicherheit kein Beihilfeelement enthält;

Maßnahme 6 (Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR) kein Beihilfeelement enthält, da sie gleichzeitig mit einer Kapitalzuführung in Höhe von 5,2 Mio. EUR durch CFC in Form einer Forderungsumwandlung erfolgte;

die geringfügigen Beihilfen keinem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt wurden und daher bei der Prüfung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe nicht berücksichtigt werden dürfen. Zudem seien sie deutlich niedriger als die von CFC seit 2009 gewährten Vorschüsse gewesen.

3.3.   Die Umstrukturierungsbeihilfe (Maßnahme 2)

(37)

Da die Anmeldung dieser Maßnahme zurückgezogen wurde und die Maßnahme von den belgischen Behörden nicht durchgeführt wurde, wird sie im Rahmen dieses Beschlusses nicht geprüft. Die Stellungnahmen der belgischen Behörden dazu sind demnach gegenstandslos.

3.4.   Die Garantie für 150 000 EUR (Maßnahme 3)

(38)

Im Einleitungsbeschluss betonte die Kommission, dass die Garantie für 150 000 EUR ohne Vergütung einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt worden ist, da CVSL damals insolvent war. Sie scheint CVSL einen Vorteil zu verschaffen, denn kein privater Kapitalgeber hätte diese Garantie ohne Vergütung gewährt.

(39)

Die belgischen Behörden äußerten sich nicht dazu, ob diese Maßnahme als Beihilfe anzusehen ist oder nicht.

(40)

Sie führten an, die Garantie sei nicht der insolventen CVSL, sondern dem Insolvenzverwalter gewährt worden, bleiben jedoch dabei, dass zwischen CVSL und VSL keine wirtschaftliche Kontinuität vorgelegen hat. Das Nichtbestehen wirtschaftlicher Kontinuität zwischen CVSL und VSL hätten sie hinreichend bewiesen. Sie weisen nachdrücklich darauf hin, dass im Umfang der an VSL übertragenen Aktiva mehr und andere Vermögenswerte enthalten gewesen seien, als CVSL besessen habe, und jede Kontinuität deshalb ausgeschlossen werden müsse.

(41)

Die belgischen Behörden erinnern auch daran, dass die neuen Aktionäre von VSL die Übernahme von CVSL stets mit einem Immobilien- und Tourismusgroßprojekt, dem Cristal Park, kombinieren wollten. Die Übernahme sei daher ökonomisch folgerichtig und stelle einen deutlichen Bruch mit dem Betrieb der Glashütte durch CVSL dar, der nur auf der Kristallwarenproduktion beruht habe.

3.5.   Nutzung und Abtretung der Marke Val Saint-Lambert (Maßnahme 4)

(42)

Im Einleitungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass der auf dem zukünftigen EBITDA von VSL beruhende Vergütungsmechanismus für die VSL gewährte Lizenz einen wirtschaftlichen Vorteil zu beinhalten scheint, denn die Wallonische Region lizenziert einen Vermögensgegenstand ohne irgendeine Sicherheit für die Vergütung, da der EBITDA von VSL wie in den Vorjahren negativ ausfallen könnte, und ohne sich aus der Lizenzierung einen anderen Gewinn zu erhoffen als den Inflationsausgleich (Index), der im Übrigen erst ab dem sechsten Jahr zum Tragen kommen würde. Ein privatwirtschaftlicher Unternehmer hätte sich wahrscheinlich für eine Vergütungsform mit mindestens einem sicheren und festen Grundbetrag entschieden. Im Übrigen wurde im Einleitungsbeschluss in Betracht gezogen, dass die Konditionen für die Abtretung der Marke eine Beihilfe enthalten könnten.

(43)

Nach Auffassung der belgischen Behörden ist die Kritik der Kommission an der Berechnung der Vergütung, die Wallonien als Gegenleistung für die Markenlizenz erhält, mit dem Verweis auf die schlechten Ergebnisse der Vorgänger von VSL unbegründet.

(44)

Ihrer Ansicht nach entbehrt die Berechnung der EBITDA-basierten Vergütung für die Nutzung der Marken keineswegs einer kaufmännischen Folgerichtigkeit. Die Wahl dieser Berechnungsart sei dadurch gerechtfertigt, dass der EBITDA eine betriebswirtschaftliche Kennzahl sei, die es den wallonischen Behörden ermögliche, den kaufmännischen Erfolg im Zusammenhang mit dem Absatz der Produkte, deren Marken sie besitzen, zu messen.

(45)

Zu den Bedingungen für den zukünftigen Verkauf der Marken an VSL äußerten sich die belgischen Behörden nicht.

3.6.   Das Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 5)

(46)

Im Einleitungsbeschluss zweifelte die Kommission an der Qualität der Sicherheit, denn aus den der Kommission vorgelegten Unterlagen ging hervor, dass mit der Hypothek zumindest teilweise Immobilien von VSL belastet wurden, die saniert werden sollten. Der tatsächliche Wert dieser Grundstücke war jedoch nicht bekannt und möglicherweise negativ. Der auf 4,7 % festgelegte Darlehenszinssatz erschien daher zu niedrig, denn je nach Qualität der Sicherheit hätte der Basiszinssatz von 1,778 % um 400 bis 1 000 Basispunkte erhöht werden müssen.

(47)

Nach Auffassung der belgischen Behörden war der Wert der Sicherheiten ausgezeichnet, da er sich auf das gesamte Darlehen bezogen habe. Ihrer Bewertung lag das im Januar und Februar 2009 erstellte Gutachten des Büros Marengo zugrunde.

3.7.   Die Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 6)

(48)

Im Einleitungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass die Kapitalerhöhung ohne Geschäftsplan auf der Grundlage einer einfachen finanziellen Vorausschau beschlossen worden ist. Diese enthält weder Erläuterungen dazu, wie das Unternehmen gesunden wolle, noch Angaben zur geplanten Vergütung für den Kapitalgeber, die Wallonische Region. Im Übrigen scheinen die Wallonische Region und CFC nicht in der gleichen Situation zu sein und die gleichen Risiken einzugehen. Die Wallonische Region war vor dieser Maßnahme nicht Aktionär von VSL und hatte kein damit verbundenes wirtschaftliches Interesse. CFC war dagegen Aktionär von VSL und hatte ein Interesse an der Gesundung des Unternehmens oder zumindest an der Begrenzung seiner Verluste.

(49)

Nach Auffassung der belgischen Behörden war VSL zum Zeitpunkt der Gewährung dieser Maßnahme nicht in Schwierigkeiten, da der Mehrheitsaktionär seiner Tochtergesellschaft volles Vertrauen schenkte und finanzielle Unterstützung zukommen ließ.

(50)

Sie werfen der Kommission vor, bei der Bewertung, ob es sich um eine staatliche Beihilfe handelt oder nicht, die Ex-post-Rendite einer Investition zugrunde zu legen, was der europäischen Rechtsprechung zuwider laufe.

(51)

Sie behaupten, die Kapitalzuführung sei in geringerer Höhe und gleichzeitig mit der durch die Aktionäre von CFC vorgenommen worden. Auch wenn die Wallonische Region kein Aktionär von VSL gewesen sei, sei die Kapitalerhöhung für sie doch wirtschaftlich vorteilhaft, da sie daran interessiert sei, die Geschäftstätigkeit mit dem Ziel der Gesundung des Unternehmens und der späteren Rückzahlung des Darlehens zu unterstützen.

3.8.   Die De-minimis-Beihilfen (Maßnahme 7)

(52)

Im Einleitungsbeschluss vertrat die die Kommission die Auffassung, dass VSL seit 2009 und noch heute in Schwierigkeiten zu sein scheint und Beihilfen dieser Art daher nicht erhalten durfte.

(53)

Nach Ansicht der belgischen Behörden darf VSL nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten eingestuft werden, da es sich um ein junges, vor weniger als drei Jahren gegründetes Unternehmen handelt, das bis zum Verfahren der gerichtlichen Reorganisation das Vertrauen seines Mehrheitsaktionärs genossen hat. Diese Maßnahmen würden daher in den Anwendungsbereich der De-minimis-Verordnung fallen und dürften daher nicht als Beihilfen angesehen werden.

3.9.   Sanierung der Immobilien von VSL im Rahmen des Projekts Cristal Park und kostenlose Bereitstellung einiger Gebäude für VSL durch die SPAQUE (Maßnahme 8)

(54)

Im Einleitungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass die SPAQUE sich zum Kauf von Immobilien verpflichtet hat, ohne deren Sanierungskosten zu kennen.

(55)

Die belgischen Behörden erklären hierzu, dass der Umfang der Sanierungspflichten eines Eigentümers eines schadstoffbelasteten Grundstücks im Fall von Altlasten und je nach Nutzungszone, in der die belasteten Grundstücke in Bezug auf die Raumordnungspläne liegen, durch die wallonische Gesetzgebung begrenzt werden. Selbst wenn VSL zur Sanierung verpflichtet wäre, müsste das Unternehmen den Standort nach Angaben der belgischen Behörden nur für den Zweck sanieren, mit dem er im geltenden Raumordnungsplan für den Sektor, in dem er sich befindet, ausgewiesen ist, d. h. für eine gewerbliche Nutzung. Infolgedessen müssten die Sanierungskosten für die Herrichtung für die zum Zeitpunkt des Verkaufs geltende Nutzungsart, d. h. eine gewerbliche Nutzung, geschätzt werden. Nach Ansicht der belgischen Behörden wurden diese Kosten im Gutachten von GEOLYS bewertet. Diese Kosten seien daraufhin vom Kaufpreis in Abzug gebracht worden.

(56)

Die belgischen Behörden erklären weiter, dass die Sanierungsarbeiten an den Immobilien nach deren Kauf durch die SPAQUE mithilfe staatlicher Mittel von einer staatlichen Behörde, und zwar der SPAQUE, ausgeführt werden. Gemäß den Leitlinien für staatliche Umweltschutzbeihilfen seien Sanierungsarbeiten, die eine staatliche Behörde auf einem oder mehreren ihr gehörenden Grundstücken ausführt, keine staatlichen Beihilfen.

(57)

Die kostenlose Bereitstellung der Immobilien zugunsten von VSL betrifft nach Auffassung der belgischen Behörden Immobilien, die SPECI gehören, einer Aktiengesellschaft mit privatem Kapital.

4.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN ZUM EINLEITUNGSBESCHLUSS

(58)

Es sind keine Stellungnahmen von Beteiligten eingegangen.

5.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

5.1.   Beurteilung des Vorliegens einer Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(59)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(60)

Demzufolge müssen die geprüften Maßnahmen, um als staatliche Beihilfe eingestuft zu werden, i) staatlichen Ursprungs sein, d. h. aus staatlichen Mitteln finanziert werden und dem Staat zurechenbar sein, ii) ihrem Empfänger einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, iii) selektiv sein und iv) den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können.

(61)

Belgien bestreitet nicht, dass es sich bei der Rettungsbeihilfe (Maßnahme 1) um eine Beihilfe handelt. Dies stellte die Kommission bereits im Einleitungsbeschluss fest. Nach der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens zog Belgien die Anmeldung von Maßnahme 2 zurück, weshalb sie in diesem Beschluss nicht geprüft wird. Belgien bestreitet hingegen die Einstufung der Maßnahmen 3 bis 6, 7 und 8 als Beihilfen mit der Begründung, diese Maßnahmen verschafften ihrem Empfänger keinen wirtschaftlichen Vorteil oder seien De-minimis-Beihilfen.

5.1.1.   Einsatz staatlicher Mittel

Maßnahmen 1, 3, 5 und 6

(62)

Maßnahme 1 (das Darlehen in Höhe von 1 Mio. EUR), Maßnahme 3 (die Garantie für 150 000 EUR), Maßnahme 5 (das Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR) und Maßnahme 6 (die Kapitalhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR) wurden für Rechnung der Wallonischen Region von der SOGEPA gewährt. Da es sich um ein öffentliches Unternehmen handelt, können seine Mittel als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden (9).

Maßnahme 4

(63)

Die Kommission stellt fest, dass die Vereinbarung, mit der VSL eine ausschließliche und unbeschränkte Lizenz für die Nutzung der Marke Val Saint-Lambert gewährt und ihre Abtretung geregelt wurde, zwischen VSL und der Wallonischen Region geschlossen wurde. Diese Maßnahme sowie die Bedingungen für den späteren Verkauf der Marken beinhalten somit den Einsatz staatlicher Mittel.

Maßnahme 7

(64)

Aus den von den belgischen Behörden übermittelten Informationen geht zudem hervor, dass die von ihnen als De-minimis-Beihilfen eingestuften Maßnahmen ebenfalls von einer Behörde oder einem öffentlichen Unternehmen gewährt wurden, wobei Belgien allerdings nicht angibt, ob es sich jeweils um die Wallonische Region oder die SOGEPA handelte. In jedem Fall handelt es sich um staatliche Mittel, und der staatliche Ursprung dieser Maßnahmen wird von den belgischen Behörden im Übrigen nicht bestritten.

Maßnahme 8

(65)

Die Kommission stellt fest, dass die SPAQUE ein Unternehmen mit staatlichem Kapital und eine Tochtergesellschaft der Société Régionale d'Investissement de Wallonne (SRIW) ist und dass die zur Sanierung der Immobilien von VSL bestimmten Mittel ihr bereits von der wallonischen Regierung gewährt worden sind (10). Der Kauf der Grundstücke von VSL durch die SPAQUE und die kostenlose Zurverfügungstellung eines Teils davon beinhalten daher den Einsatz staatlicher Mittel.

5.1.2.   Voraussetzung der Zurechenbarkeit

(66)

Die Zurechenbarkeit kann nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus einem „Komplex von Indizien abgeleitet werden …, die sich aus den Umständen des konkreten Falles und aus dem Kontext ergeben, in dem diese Maßnahme ergangen ist“ (11).

(67)

Die in Kapitel 2.2 aufgeführten Maßnahmen wurden von der SOGEPA und der SPAQUE gewährt, zwei öffentlichen Einrichtungen der Wallonischen Region, die in deren Namen handeln.

(68)

Die SOGEPA (Société Wallonne de Gestion et de Participations) ist eine öffentliche Holding, die zu 100 % im Eigentum der Wallonischen Region steht. Sie übernimmt die Umsetzung der von der wallonischen Regierung gefassten Beschlüsse über Interventionen in Handelsgesellschaften und die Verwaltung dieser Interventionen. Sie entstand durch Verschmelzung der Société Wallonne pour la Sidérurgie (SWS) und der Société pour la gestion de participations de la Région wallonne dans des sociétés commerciales (SOWAGEP) im Jahr 1999.

(69)

Die SOGEPA handelt im Auftrag der wallonischen Regierung. Artikel 3 Absatz 1 ihrer Satzung lautet: „Die Gesellschaft hat die Erfüllung jeglicher Aufgaben zum Zweck, die ihr von der wallonischen Regierung anvertraut werden … In diesem Rahmen sorgt sie insbesondere für die Ausführung von Interventionsbeschlüssen zugunsten Handelsgesellschaften, die von der Regierung gefasst wurden, sowie für die Verwaltung von gesellschaftlichen Beteiligungen, Schuldverschreibungen, Vorschüssen oder Interessen, die innerhalb solcher Gesellschaften von der Wallonischen Region gehalten sind oder sein könnten.“

(70)

Die 1991 gegründete SPAQUE befasst sich mit der Sanierung von Deponien und schadstoffbelasteten Industriebrachen. Sie ist damit beauftragt, ein Bestandsverzeichnis der schadstoffbelasteten Standorte Walloniens zu erstellen. Die SPAQUE ist eine Tochtergesellschaft der Société Régionale d'investissement de la Wallonie (SRIW), die zu 98,66 % im Eigentum der Wallonischen Region steht und die Aufgabe hat, zur Entwicklung der wallonischen Wirtschaft beizutragen, indem sie wallonische oder in Wallonien niedergelassene Unternehmen, die wertschöpfende Industrie- oder Dienstleistungsprojekte betreiben, finanziell unterstützt.

(71)

Gemäß dem Geschäftsführungsvertrag 2008-2012, den die wallonische Regierung und die SPAQUE im Juli 2007 schlossen und der im Oktober 2012 um sechs Monate verlängert wurde, führt die SPAQUE ihre Tätigkeiten im Rahmen der ihr von der Wallonischen Region übertragenen Aufgaben aus. Dabei handelt sie auf Anweisung der Region. Die Region legt insbesondere die Liste der vorrangigen Standorte und die spezifischen Sanierungsaufträge fest.

(72)

Angesichts dieser Informationen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Region Wallonien die Entscheidungen trifft, die anschließend von der SOGEPA umgesetzt werden. Was die SPAQUE anbelangt, ist offensichtlich, dass die Region über die von ihr übertragenen Aufgaben direkt Einfluss auf das Handeln der SPAQUE nehmen kann.

(73)

Infolgedessen gelangt die Kommission zum jetzigen Stand des Verfahrens zu dem Schluss, dass die geprüften Maßnahmen staatliche Mittel beinhalten, die dem Staat zurechenbar sind.

5.1.3.   Voraussetzung der Selektivität

(74)

Die Voraussetzung der Selektivität ist ganz offenkundig erfüllt. Im Einleitungsbeschluss stellte die Kommission fest, dass alle geprüften Maßnahmen einem einzigen Unternehmen gewährt wurden, und zwar VSL bzw. bei Maßnahme 3 (der Garantie für 150 000 EUR) dem Insolvenzverwalter von CVSL.

5.1.4.   Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils

(75)

Nun muss die Voraussetzung des wirtschaftlichen Vorteils sowohl für die Rettungsbeihilfe als auch für die anderen geprüften Maßnahmen anhand der Stellungnahmen der belgischen Behörden zum Einleitungsbeschluss untersucht werden.

Maßnahme 1: Die Rettungsbeihilfe in Höhe von 1 Mio. EUR

(76)

Mit der Rettungsbeihilfe, die in Form eines Darlehens in Höhe von 1 Mio. EUR zum Zinssatz von 3,07 % zuzüglich von 100 Basispunkten als Vergütung für die SOGEPA gewährt wurde, wird VSL ein wirtschaftlicher Vorteil verschafft, denn dieses Darlehen wurde ohne irgendeine Sicherheit einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt, das zwei Monate zuvor einen Antrag auf gerichtliche Reorganisation eingereicht hatte (siehe Kapitel 5.2.1). Wie die belgischen Behörden einräumten, hätte VSL — als Unternehmen in Schwierigkeiten — bei einer privaten Bank niemals ein Darlehen erhalten können. Infolgedessen hat diese Maßnahme VSL einen Vorteil in Höhe von 1 Mio. EUR (dem Wert des Darlehens) verschafft.

Maßnahme 3: Garantie für 150 000 EUR

(77)

Die Zweifel der Kommission betrafen die Vereinbarkeit dieser staatlichen Intervention mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers.

(78)

In ihren Stellungnahmen gingen die belgischen Behörden nicht auf das Tatbestandsmerkmal des wirtschaftlichen Vorteils ein, sondern erörterten nur das Bestehen oder Nichtbestehen von wirtschaftlicher Kontinuität zwischen CVSL und VSL.

(79)

Den der Kommission letztendlich vorliegenden Informationen zufolge betraf diese Garantie ein Darlehen der ING in Höhe von 300 000 EUR, das dem Insolvenzverwalter von CVSL gewährt worden ist. Sie wurde in Höhe von 150 000 EUR ohne Vergütung gewährt. Das Darlehen sollte die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit von CVSL bis zu einer möglichen Übernahme des Unternehmens ermöglichen.

(80)

Die Kommission stellt fest, von den belgischen Behörden davon unterrichtet worden zu sein, dass bei der Garantiegewährung kein Vertrag zwischen den beteiligten Parteien aufgesetzt und geschlossen wurde. Der einzige ihr vorliegende Beleg ist daher ein Schreiben der SOGEPA vom 24. September 2008 an die ING, in dem die SOGEPA bestätigt, für etwaige Verluste aus der weiteren Geschäftstätigkeit in Höhe von bis zu 150 000 EUR zu bürgen. Die Kommission stellt demzufolge fest, dass die SOGEPA dem Insolvenzverwalter eines in Konkurs gegangenen Unternehmens ohne Vergütung eine Garantie gewährt hat. Im Übrigen erklärten die belgischen Behörden, dass ING die Gewährung des Darlehens an den Erhalt der Garantie geknüpft hatte. Angesichts dieser Sachverhalte vertritt die Kommission die Auffassung, dass das gesamte Darlehen ohne die staatliche Intervention nicht gewährt worden wäre. Im Übrigen stellt die Kommission fest, dass die Wallonische Region kein direktes Rechts- oder Geschäftsverhältnis mit CVSL hatte. Die Region war weder direkt noch indirekt über die SOGEPA Aktionär von CVSL. Infolgedessen hatte die Region kein kaufmännisches Interesse, CVSL diese Garantie ohne Vergütung zu gewähren.

(81)

Die Kommission schließt daraus, dass CVSL mit der Gewährung dieser Garantie ohne Vergütung ein Vorteil verschafft wurde. Der Vorteil entspricht der Prämie, die ein privates Unternehmen unter vergleichbaren Umständen für die Gewährung der Garantie verlangt hätte und auf welche die SOGEPA verzichtet hat.

(82)

Die belgischen Behörden teilten mit, dass der Insolvenzverwalter das Darlehen in Höhe von 300 000 EUR am 28. Juli 2009 aus den verfügbaren Mitteln und durch Inanspruchnahme der Garantie in Höhe von 150 000 EUR vollständig zurückgezahlt hat.

(83)

Die Höhe der Beihilfe entspricht somit der Differenz zwischen dem Zinssatz des Darlehens, den der Insolvenzverwalter von CVSL ohne die staatliche Garantie auf dem Markt gezahlt hätte, und dem aufgrund der Garantie tatsächlich gezahlten Zinssatz.

(84)

Dieser Ansatz steht im Einklang mit Nummer 4.2 der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (12): „Im Falle einer Einzelgarantie entspricht das Bar-Subventionsäquivalent der Differenz zwischen dem marktüblichen Entgelt für die Garantie und dem tatsächlich gezahlten Entgelt. Werden auf dem Markt keine Garantien für die betreffende Art von Transaktionen gewährt, so kann kein marktübliches Entgelt für die Garantie herangezogen werden. In diesem Fall ist das Beihilfeelement in der gleichen Weise zu berechnen wie das Subventionsäquivalent eines zinsvergünstigten Darlehens, nämlich als Differenz zwischen dem marktüblichen Zinssatz, der für das betreffende Unternehmen ohne die Garantie gegolten hätte, und dem im Wege der staatliche Garantie tatsächlich angewandten Zinssatz nach Abzug etwaiger Prämienzahlungen.“

(85)

Dieser Betrag muss nach der folgenden Formel berechnet werden:

Höhe der Beihilfe = (14,59 % – 10,75 %) × 300 000 × 343/365 = 10 825,64 EUR

(86)

Die 14,59 % wurden wie folgt ermittelt: 4,59 % (Basiszinssatz für Belgien im August 2008 (13)), zu denen aufgrund der Situation von CVSL (Unternehmen mit einem Rating von CCC mit geringer Besicherung (14)) 1 000 Basispunkte addiert werden müssen. 10,75 % ist der Zinssatz des ING-Darlehens, und 343 Tage der Zeitraum der Darlehensgewährung bis zur Tilgung.

Maßnahme 4: Abtretung und Nutzung der Marke Val Saint-Lambert

(87)

Die Zweifel der Kommission betrafen die Vereinbarkeit der Konditionen im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Vergütung für die Nutzung der Marken durch VSL (Vergütung in Höhe von 1,5 % des EBITDA in den ersten fünf Steuerjahren und von 5 % ab dem sechsten Steuerjahr) mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers (15).

(88)

Die Vereinbarung vom 29. Januar 2009 zwischen der von der Wallonischen Region gehaltenen Compagnie financière du Val und VSL sieht die Gewährung einer ausschließlichen Markenlizenz und die Konditionen für den Rückkauf der Marken durch VSL vor (siehe Erwägungsgrund 19 ff.).

(89)

Die Kommission stellt fest, dass die ausschließliche Markenlizenz Bedingungen unterliegt, die von einem privatwirtschaftlichen Unternehmer nicht gefordert worden wären, denn die Wallonische Region verlangte von VSL die folgende Gegenleistung: „Diese Nutzungslizenz kann von der Wallonischen Region jederzeit, von Rechts wegen und fristlos gekündigt werden, falls VSL (oder ihre Rechtsnachfolger) am Standort von Val Saint-Lambert in Seraing keine Manufaktur hochwertiger Kristallglaswaren betreiben sollte, in der mindestens 60 % der Beschäftigten (Vollzeitäquivalent ohne wirtschaftsbedingte Arbeitslosigkeit), die zum Zeitpunkt der Insolvenz von CVSL beschäftigt waren, weiterbeschäftigt sind …“. Die Kommission stellt fest, dass die Region VSL im Tausch gegen die Gewährung der ausschließlichen Lizenz auferlegt, die Produktion am Standort Seraing und ein im Vorhinein bestimmtes Beschäftigungsniveau aufrechtzuerhalten. Diese Bedingungen haben die Vergütung der Lizenz und den Preis für den künftigen Verkauf der Marken beeinflusst.

(90)

Die Kommission vertritt die Auffassung, dass politische Bedingungen (Aufrechterhaltung der Geschäftstätigkeit in Seraing und eines bestimmten Beschäftigungsniveaus) zu einer Senkung der Vergütung für die Markenlizenz und des Verkaufspreises geführt haben. Deshalb kann die Vergütung in Höhe von 1,5 % des EBITDA in den ersten fünf Steuerjahren und von 5 % ab dem sechsten Steuerjahr nicht als marktübliche Vergütung betrachtet werden. Der Preis von [700 000-1 000 000] EUR, der von den Übernehmern im Oktober 2008 im Rahmen des Übernahmeverfahrens geboten wurde, kann aufgrund des Vorliegens der genannten Bedingungen, die ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber nie gestellt hätte und die einige Kapitalgeber von der Einreichung eines Angebots hätten abhalten können, ebenfalls nicht als marktüblicher Preis betrachtet werden.

(91)

Die Höhe der mit der Nutzung der Marken verbundenen Beihilfe entspricht der Differenz zwischen der Vergütung, die ein privater Kapitalgeber ohne die von der Wallonischen Region auferlegten politischen Bedingungen angeboten hätte, und der tatsächlichen Vergütung. Im Rahmen des Rückforderungsverfahrens müssen die belgischen Behörden einen unabhängigen und für diese Art von Bewertung qualifizierten Sachverständigen bestellen, der nach einem offenen und transparenten Verfahren ausgewählt und im Einvernehmen mit der Kommission bestellt wird. Dieser Sachverständige wird eine Studie vorliegen, die es ermöglicht, die Vergütung nach den allgemein üblichen und zulässigen Methoden für das Management von immateriellen Vermögensgegenständen wie gewerblichen Schutzrechten zu bestimmen.

(92)

Die die Abtretung betreffende Maßnahme wurde aufgrund der Insolvenz von VSL nie durchgeführt, d. h. die Marken wurden nicht abgetreten und gehören noch immer der Wallonischen Region. Eine Rückforderung braucht daher nach Auffassung der Kommission nicht angeordnet zu werden, weil die Maßnahme nie durchgeführt wurde.

Maßnahme 5: Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR

(93)

Die Zweifel der Kommission betrafen den Wert der Sicherheit für das Darlehen und den Zinssatz, denn nach Auffassung der Kommission hätte der tatsächliche Wert der als Sicherheit dienenden Grundstücke niedriger oder sogar negativ sein können, weil diese Grundstücke oder ein Teil davon saniert werden mussten.

(94)

Die Kommission stellt fest, dass aus den ihr vorgelegten Unterlagen hervorgeht, dass mit der Hypothek teilweise Immobilien von VSL belastet wurden, die im Fall eines Verkaufs hätten dekontaminiert und saniert werden müssen. Die belgischen Behörden erwiderten, dass der Eigentümer der betroffenen Immobilien zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Gutachtens dazu gesetzlich nicht verpflichtet war. Infolgedessen hätten die möglichen Kosten einer Sanierung beim Wert der Immobilien nicht berücksichtigt werden müssen.

(95)

In ihren Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss legten die belgischen Behörden ein im Januar und Februar 2009 vom Sachverständigenbüro Marengo erstelltes Gutachten vor, dem zufolge der Marktwert der mit der Hypothek belasteten unbeweglichen Vermögensgegenstände auf 3 137 000 EUR geschätzt wurde. Der Wert dieser Aktiva würde im Fall einer freiwilligen öffentlichen Versteigerung 2 871 000 EUR und im Fall einer beschleunigten öffentlichen Versteigerung 1 915 000 EUR betragen. Die belgischen Behörden folgerten daraus, dass der Wert der Sicherheiten ausgezeichnet war, da er sich auf den gesamten Darlehensbetrag bezog.

(96)

Im Übrigen wird im Geschäftsbericht des Verwaltungsrats im Anhang zum Jahresabschluss des am 31. Dezember 2009 abgeschlossenen Steuerjahres angegeben, dass im Gutachten des Büros Marengo zur Bewertung des Immobilienvermögens von VSL im Jahr 2009 darauf hingewiesen werde, dass die ermittelten Werte nur für den Fall zutreffend seien, dass die Grundstücke und Gebäude saniert seien, was noch nicht der Fall sei. Im weiteren Verlauf des Berichts heißt es, dass VSL ein Kaufangebot für alle Grundstücke und Gebäude „in ihrem aktuellen Zustand“ in Höhe von 2 000 000 EUR von der mit der Entwicklung des Projekts Cristal Park befassten Gesellschaft erhalten habe. Aus Gründen der Bilanzwahrheit beschloss der Verwaltungsrat daraufhin, in der Bilanz nur den Wert des Kaufangebots auszuweisen, der zwischen den Werten für die beschleunigte und die freiwillige öffentliche Versteigerung der sanierten Grundstücke und Gebäude lag.

(97)

Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die Sicherheiten aufgrund der vorliegenden Bewertung durch einen unabhängigen Sachverständigen und des Kaufangebots als hoch eingestuft werden können.

(98)

Im Übrigen war Belgien aufgrund eines Computerabsturzes im Sommer 2009 nicht in der Lage, der Kommission eine Zwischenbilanz des Unternehmens per 31. August 2009, dem Zeitpunkt der Darlehensgewährung, zu übermitteln. Die Finanzlage des Unternehmens zum 31. August 2009 ist der Kommission daher nicht bekannt, die zum 31. Dezember 2009 dagegen sehr wohl. Zu diesem Zeitpunkt wies die Bilanz von VSL einen Verlust in Höhe von 2 Mio. EUR bei einem ursprünglichen Grundkapital von 2 Mio. EUR aus. Zudem verfügte das Unternehmen über umfangreiche Vorräte in Höhe von 3 Mio. EUR und 5,759 Mio. EUR an Verbindlichkeiten. Der EBITDA von VSL war negativ. Infolgedessen gelangt die Kommission mangels weiterer von Belgien vorgelegter Informationen zu dem Schluss, dass die Finanzlage von VSL trotz der regelmäßigen Kapitalzuführungen des Mehrheitsaktionärs angespannt war. Nach Auffassung der Kommission besaß VSL angesichts der genannten Buchführungsdaten zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung gemäß der Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Festsetzung der Referenz- und Abzinsungssätze (16) (im Folgenden „Mitteilung über die Referenzsätze“) ein Rating von CCC.

(99)

Die Kommission stellt fest, dass der Zinssatz des am 31. August 2009 gewährten Darlehens von den belgischen Behörden auf 4,7 % festgelegt wurde. Die Mitteilung über die Referenzsätze sieht für Unternehmen mit einem Rating von CCC und geringer Besicherung eine Anhebung des für Belgien zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung geltenden Satzes von 1,77 % (17) um 400 Basispunkte vor, d. h. einen Zinssatz von 5,77 % (1,77 % + 400 Basispunkte).

(100)

Die Kommission stellt fest, dass der Zinssatz des am 31. August 2009 gewährten Darlehens, der von der durch die SOGEPA vertretenen Wallonischen Region für eine Laufzeit von 7 Jahren auf 4,7 % festgesetzt wurde, unter der in der Mitteilung festgelegten Schwelle von 5,77 % liegt, und schließt daraus auf das Vorliegen eines Beihilfeelements zugunsten von VSL.

(101)

Dieses Beihilfeelement entspricht 1,07 %, d. h. der Differenz zwischen den beiden Zinssätzen (5,77 % – 4,7 %), entsprechend 16 050 EUR pro Jahr.

Maßnahme 6: Kapitalerhöhung in Höhe 1,5 Mio. EUR

(102)

Die Zweifel der Kommission betrafen die angeblichen Pari-Passu-Bedingungen der Maßnahme und letztlich deren Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers, und zwar zum einen aufgrund der wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung und zum anderen aufgrund der äußerst knappen Unterlagen, die von den belgischen Behörden zum Nachweis der Begründetheit dieser Maßnahme vorgelegt wurden.

(103)

In ihren Stellungnahmen vertreten die belgischen Behörden die Auffassung, die Kommission könne eine Maßnahme nicht anhand der Ex-post-Rendite einer Investition als staatliche Beihilfe einstufen. Ihrer Ansicht nach war die Region zwar nicht Aktionär, hatte als großer Gläubiger aber dennoch ein Interesse daran, die Geschäftstätigkeit von VSL zu unterstützen (vgl. Maßnahme 4).

(104)

Nun stellt die Kommission aber fest, dass die Wallonische Region frisches Kapital einbringt, CFC dagegen eine Forderung, die sie gegenüber ihrer eigenen Tochtergesellschaft besitzt. Entgegen den Behauptungen der belgischen Behörden erfolgte die Intervention der Region vom 17. März 2011 nicht zeitgleich mit der des Aktionärs CFC. Denn die Zuführung von CFC in Höhe von 5,2 Mio. EUR ist in Wirklichkeit die Summe mehrerer Vorschüsse, die zwischen dem 25. Mai 2009 und dem 29. März 2011 geleistet wurden. Im Übrigen befinden sich die Wallonische Region und CFC nicht in der gleichen Lage und gehen nicht die gleichen Risiken ein. Die Wallonische Region war vor dieser Maßnahme kein Aktionär von VSL. CFC war dagegen Aktionär von VSL und hatte ein Interesse an der Gesundung des Unternehmens oder zumindest an der Begrenzung seiner Verluste. Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die Kapitalerhöhung nicht als gleichrangig (pari passu) betrachtet werden kann.

(105)

Die Umsichtigkeit der Kapitalerhöhung lässt sich nicht hinreichend damit begründen, dass die Wallonische Region zwei Jahre zuvor einen Kredit gewährte. Und auch die Umstände, dass die Wallonische Region eine Forderung von ursprünglich 280 000 EUR besaß, die aber zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung zweifelsohne geringer war, da sie nach Angaben der belgischen Behörden von VSL vom 5. Oktober 2008 an in Raten von 35 000 EUR jährlich zurückgezahlt wurde, und im Jahr 2009 ein Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR gewährte, rechtfertigen die Umsichtigkeit einer zusätzlichen Investition von 1,5 Mio. EUR in ein Unternehmen mit einer sich weiter verschlechternden Finanzlage nicht (siehe Kapitel 5.2.1).

(106)

Die Kommission stellt im Übrigen fest, dass die Kapitalerhöhung nicht anhand eines Geschäftsplans, sondern auf der Grundlage einer einfachen einseitigen finanziellen Vorausschau beschlossen wurde. Diese Vorausschau enthält weder Erläuterungen dazu, wie das Unternehmen zu gesunden beabsichtigt, noch Angaben zu der Vergütung für den Kapitalgeber, d. h. die Wallonische Region. Nun zeigte aber bereits das Geschäftsjahr 2008/2009, dass die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens angespannt war (siehe Maßnahme 4). Eine einfache Umsatzsteigerung allein kann keine Erhöhung des Kapitals um 1,5 Mio. EUR rechtfertigen, ohne weitere Faktoren wie den EBITDA oder aber den Verschuldungsgrad des Unternehmens zu berücksichtigen.

(107)

Infolgedessen entspricht die Kapitalerhöhung nicht dem Verhalten eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers, sondern in Höhe des Gesamtbetrag von 1,5 Mio. EUR einer Beihilfe.

Maßnahme 7: Vorausgegangene geringfügige Beihilfen

(108)

Maßnahme 7 umfasst VSL gewährte Vorteile in einer Gesamthöhe von 197 503,04 EUR. Die Kommission stellt fest, dass diese Vorteile als Maßnahmen anzusehen sind, die nicht alle Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllen, und somit nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission (18) nicht als Beihilfen anzusehen sind. Artikel 7 dieser Verordnung sieht vor, dass sie für Beihilfen gilt, die vor ihrem Inkrafttreten gewährt wurden, sofern diese Beihilfen sämtliche Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllen.

(109)

Der Empfänger ist kein Unternehmen eines der Wirtschaftszweige, die unter die in Artikel 1 der Verordnung genannten Ausnahmen fallen. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 der genannten Verordnung haben die belgischen Behörden bestätigt, das der Gesamtbetrag der von der Region gewährten Maßnahmen in einem Zeitraum von drei Steuerjahren 200 000 EUR nicht überstieg. Die in Artikel 6 der Verordnung vorgesehene Überwachung wurde von der SOGEPA vorgenommen. Die Kommission schließt daraus, dass die Maßnahmen im vorliegenden Fall die Voraussetzungen der Verordnung erfüllen. Zudem können die in Rede stehenden Maßnahmen aufgrund ihrer Form (Subventionen) als transparent im Sinne von Artikel 4 der Verordnung angesehen werden. Schließlich schließt diese Verordnung im Gegensatz zur Vorgängerverordnung De-minimis-Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten nicht aus.

(110)

Die in Rede stehenden Maßnahmen sind infolgedessen als Maßnahmen, die nicht alle Voraussetzungen des Artikels 107 Absatz 1 AEUV erfüllen, und daher nicht als Beihilfen anzusehen.

Maßnahme 8: Sanierung der Immobilien von VSL im Rahmen des Projekts Cristal Park und unentgeltliche Bereitstellung einiger Immobilien für VSL durch die SPAQUE

(111)

Die Kommission fragte sich aufgrund der Unsicherheiten bei der Schätzung der von VSL zu übernehmenden Sanierungskosten, ob der Verkaufspreis in Höhe von 2 040 000 EUR für die von der SPAQUE gekauften Grundstücke und Gebäude marktüblich war. Weiterhin hatte die Kommission Bedenken hinsichtlich der unentgeltlichen Bereitstellung von der SPAQUE gehörenden Gebäuden zugunsten von VSL.

(112)

Die Kommission stellte den folgenden zeitlichen Ablauf der Ereignisse fest:

April 2011: Erstellung eines Dokuments mit dem Titel „Investigations des caractérisations de mise en priorité, dossier technique, cahier technique no6: interprétation des résultats“ (Untersuchungen zur Charakterisierung zur Priorisierung, technisches Dossier, technisches Dokument Nr. 6: Auswertung der Ergebnisse) durch die Antea Group. In diesem Dokument wird die Belastung des Bodens genau beschrieben und verortet.

Dezember 2011: Erstellung des Schreibens von 2011 mit dem Ziel, „Lösungen zu finden, die eine Sanierung der Grundstücke und einiger Gebäude, die derzeit Eigentum von Val Saint-Lambert (VSL SA) sind, ermöglichen“. Die Sanierungskosten werden auf ca. 7,5 Mio. EUR geschätzt.

August 2012: Einseitiger Bericht des anerkannten Sachverständigen GEOLYS vom 23. August 2012 mit den folgenden Hinweisen: „Diese Schätzung beruht nur auf der Vorstudie von Antea (März 2011) und auf den folgenden Annahmen: …“. Die Sanierungskosten werden auf 219 740 EUR geschätzt.

Dezember 2012: Kauf der Immobilien durch die SPAQUE (Société publique d'aide à la qualité de l'environnement) zum Preis von 2 040 000 EUR (Bewertung durch das unabhängige Büro Cushman & Wakefield) abzüglich der auf 220 000 EUR veranschlagten Sanierungskosten, d. h. zum Preis von 1 820 000 EUR. Gleichzeitig gewährte die SPAQUE der Stadt Seraing gemäß einer bereits aufgesetzten, aber noch nicht unterzeichneten Vereinbarung eine Option auf den Kauf derselben Immobilien zum Preis von 2 090 000 EUR. Mit einer zweiten Vereinbarung, die bereits aufgesetzt, aber noch nicht unterzeichnet war, verpflichtete sich die Stadt Seraing, diese Kaufoption auf SPECI zu übertragen.

Januar 2014: Die belgischen Behörden unterrichteten die Kommission, dass die Sanierungsarbeiten noch nicht aufgenommen wurden und die SPAQUE noch an den Schlussfolgerungen der Untersuchung zur Charakterisierung der Schadstoffbelastung des Standorts arbeite.

(113)

In diesem Fall liegen der Kommission zwei Dokumente mit zwei unterschiedlichen Schätzungen der Sanierungskosten vor.

(114)

Nach Angaben der belgischen Behörden ist das Schreiben von Dezember 2011 aus den folgenden Gründen zu verwerfen: Zum einen beziehe sich das Schreiben nicht auf Sanierungsarbeiten zur Sicherung des Standorts für seine aktuelle gewerbliche Nutzung, sondern auf die geplante Nutzung des Standorts, d. h. die Entwicklung des Einkaufszentrums rund um Inneneinrichtung und Dekoration und der Freizeit- und Erlebniswelt. Weiterhin handle es sich nur um ein internes Schreiben, das nicht von einem anerkannten Sachverständigen erstellt worden sei und teilweise Grundstücke betreffe, die nicht an die SPAQUE verkauft worden seien. Schließlich beruhe das Schreiben auf einer Orientierungsstudie, die nur darin bestehe, das mögliche Vorliegen einer Schadstoffbelastung zu überprüfen und diese zu beschreiben. In dem Schreiben werde auch darauf hingewiesen, dass die Untersuchung zur Charakterisierung (19) im Gang sei.

(115)

Ferner behaupten die belgischen Behörden, dass nicht feststellbar sei, um welche Gebäude es sich im Schreiben von Dezember 2011 genau handle, denn deren Gesamtfläche betrage ca. 67 000 m2 und sei damit größer als die Gesamtfläche der im Kaufvertrag vom 13. Dezember 2012 aufgeführten Gebäude (50 299 m2). Ihrer Auffassung nach lassen sich die niedrigeren Sanierungskosten mit dieser Differenz von 17 000 m2 begründen. Die belgischen Behörden teilten auch mit, dass der Kern des ehemaligen Gewerbestandorts, d. h. die Gebäude mit den Nummern 18, 19, 22 und 22A, nicht an die SPAQUE verkauft wurden und demzufolge weiterhin VSL gehören. Auf diese Gebäude konzentriere sich nun aber die durch die Gewerbetätigkeit bedingte Schadstoffbelastung.

(116)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass der Kaufpreis im Mai 2012 von einem unabhängigen Sachverständigenbüro geschätzt wurde. In dieser Schätzung wird der Kaufpreis mit 2 090 000 EUR bewertet. In dem Gutachten heißt es ferner, dass die Sanierungskosten zurzeit von einem darauf spezialisierten, vom aktuellen Eigentümer beauftragten Ingenieurbüro ermittelt würden. Die Sanierungskosten waren somit ebenfalls Gegenstand einer Schätzung durch einen unabhängigen und spezialisierten Sachverständigen, das Büro GEOLYS.

(117)

In ihrer Antwort vom 23. Mai 2014 bestätigten die belgischen Behörden, dass das Gutachten von GEOLYS genau die Grundstücke und Gebäude betraf, die am 13. Dezember 2012 verkauft wurden. Im Übrigen teilten die belgischen Behörden mit, dass der Umfang der Sanierungspflichten eines Eigentümers eines belasteten Grundstücks oder Gebäudes im Fall von Altlasten und je nach Nutzungszone, in der die belasteten Grundstücke und Gebäude in Bezug auf die Raumordnungspläne liegen, durch die geltende wallonische Gesetzgebung begrenzt wird. Nur die Sanierungskosten, die erforderlich sind, um den Standort wieder für die Nutzung zum Zeitpunkt des Verkaufs, d. h. die gewerbliche Nutzung, herzurichten, dürften daher berücksichtigt und vom Wert der Grundstücke und Gebäude abgezogen werden. Die Kommission stellt fest, dass im Schreiben von GEOLYS ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Kosten für eine gewerbliche Nutzung des Standorts geschätzt wurden.

(118)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass der Preis, zu dem die Immobilien von VSL an die SPAQUE verkauft wurden (der dem von einem Sachverständigen geschätzten Preis abzüglich der von GEOLYS geschätzten Sanierungskosten entspricht), marktüblich ist und keine Beihilfeelemente enthält.

(119)

Die unentgeltliche Bereitstellung bestimmter Gebäude durch die SPAQUE begründen die belgischen Behörden mit der Verpflichtungserklärung von VSL, mit der SPAQUE zusammenzuarbeiten, um ihr alle zweckdienlichen und erforderlichen Informationen für die am Standort durchzuführenden Sanierungs- und Renovierungsarbeiten zu übermitteln.

(120)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die belgischen Behörden in ihren Stellungnahmen angaben, die Immobilien würden SPECI gehören. Die Vereinbarung über die unentgeltliche Bereitstellung wurde nun aber von der SPAQUE und VSL geschlossen, und SPECI war an dieser Vereinbarung nicht beteiligt. Im Übrigen haben die belgischen Behörden nicht nachgewiesen, dass SPECI Eigentümer dieser Immobilien war.

(121)

Weiterhin stellt die Kommission fest, dass dieser Begründung kein Nachweis dafür beigefügt wurde, dass die Höhe der Mieteinnahmen, auf die die SPAQUE absichtlich verzichtete, gleichwertig zu der Verpflichtungserklärung von VSL war. Die belgischen Behörden haben keine Einzelheiten zu den Modalitäten und zur tatsächlichen Umsetzung dieser Verpflichtungserklärung übermittelt.

(122)

Infolgedessen vertritt die Kommission die Auffassung, dass VSL durch die unentgeltliche Bereitstellung der Grundstücke, die in der Vereinbarung über die zeitlich begrenzte Bereitstellung eines Teils des Standorts „Cristalleries du Val Saint-Lambert“ vom 11. Dezember 2012 aufgeführt sind, ein Vorteil verschafft wird.

(123)

Die Höhe der Beihilfe entspricht dem Betrag der Mieten, die VSL unter marktüblichen Mietbedingungen hätte zahlen müssen. Dieser Betrag muss auf der Grundlage des von den zuständigen belgischen Behörden (d. h. von der Kataster-, Registrierungs- und Domänenverwaltung (ACED)) festgelegten (indexierten) Katastereinkommens jedes vermieteten Gebäudes in Abhängigkeit von der Vermietungsdauer berechnet werden. Dabei wird das (indexierte) Katastereinkommen so bestimmt, dass es die durchschnittlichen Nettoeinnahmen eines Eigentümers aus der Vermietung einer Immobilie in einem Jahr unter Berücksichtigung des Mietmarktes widerspiegelt. Die Kommission sieht dies als angemessene Grundlage zur Schätzung des Mietwerts der in Rede stehenden Immobilien an. Im Rahmen des Rückforderungsverfahrens können die belgischen Behörden auf der Grundlage der Stellungnahme eines unabhängigen und anerkannten Sachverständigen, der von der Kommission gebilligt werden muss, den Nachweis erbringen, dass dieser Betrag korrigiert werden muss, um Besonderheiten der betreffenden Immobilien Rechnung zu tragen.

5.1.5.   Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

(124)

Hinsichtlich der Voraussetzungen für die Verfälschung des Wettbewerbs und die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten stellt die Kommission fest, dass es in der Europäischen Union zahlreiche Hersteller von Kristallglas und Kristallglaswaren gibt, unabhängig davon, ob diese als Gebrauchsgegenstände oder vielmehr als Kunst- oder Luxusobjekte genutzt werden. Aus den von Belgien übermittelten Informationen geht hervor, dass beispielsweise die folgenden Gesellschaften zumindest teilweise eine ähnliche Produktion wie VSL haben: Baccarat (Frankreich), Saint-Louis (Frankreich), Lalique (Frankreich), Daum (Frankreich), Arc International (Frankreich), Montbronn (Frankreich) und Bohemian Glassworks (Tschechische Republik). Die Kommission stellt fest, dass mit der Produktion dieser Unternehmen und weiterer Marktbeteiligter Handel zwischen Mitgliedstaaten betrieben wird.

(125)

Bei Maßnahme 3 (Garantie für 150 000 EUR) und Maßnahme 5 (Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR) liegt der Beihilfebetrag, auch wenn er aufgrund des Fehlens bestimmter Angaben nicht genau berechnet werden kann, unter der Schwelle für De-minimis-Beihilfen. Die Kommission vertritt allerdings die Auffassung, dass diese Maßnahme nicht als De-minimis-Beihilfe eingestuft werden kann und den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt. Tatsächlich können die in den Jahren 2008 und 2009 gewährten Maßnahmen nicht als De-minimis-Beihilfen angesehen werden, weil nach der Verordnung (20), die bis zum 31. Dezember 2013 gegolten hat, Unternehmen in Schwierigkeiten keine solchen Beihilfen gewährt werden durften. CVSL befand sich zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung in einem Insolvenzverfahren. Im Übrigen gilt die seit dem 1. Januar 2014 geltende Verordnung (21) ebenso wie die frühere Verordnung nur für transparente Beihilfen. Als solche kann die Garantie im vorliegenden Fall nicht betrachtet werden, denn in Artikel 4 Absatz 6 Buchstabe a der Verordnung heißt es: „Beihilfen in Form von Garantien gelten als transparente De-minimis-Beihilfen, wenn sich der Beihilfenbegünstigte weder in einem Insolvenzverfahren befindet …“. Wie bereits weiter oben festgestellt wurde, befand sich CVSL zum Zeitpunkt der Garantiegewährung in einem Insolvenzverfahren. Im Hinblick auf das Darlehen sieht Artikel 4 Absatz 3 Buchstaben a und b vor: „Beihilfen in Form von Darlehen gelten als transparente De-minimis-Beihilfen, wenn sich der Beihilfenbegünstigte [nicht] in einem Insolvenzverfahren befindet … und das Darlehen durch Sicherheiten unterlegt ist, die sich auf mindestens 50 % des Darlehensbetrags belaufen, und einen Betrag von 1 000 000 EUR … und eine Laufzeit von fünf Jahren oder einen Betrag von 500 000 EUR … und eine Laufzeit von zehn Jahren aufweist“. Die letzte Voraussetzung wird von dem hier in Rede stehenden Darlehen nicht erfüllt.

(126)

Im Übrigen setzt der Begriff der staatlichen Beihilfe nach Auffassung der Kommission nicht voraus, dass die Verfälschung des Wettbewerbs oder die Beeinträchtigung des Handels spürbar oder konkret ist. Geringe Beihilfebeträge oder eine bescheidene Unternehmensgröße schließen nicht aus, dass eine Wettbewerbsverzerrung vorliegen oder drohen kann, es sei denn, die Wahrscheinlichkeit einer solchen Verzerrung ist rein hypothetisch. Im vorliegenden Fall ist diese Wahrscheinlichkeit angesichts der in Erwägungsgrund 124 beschriebenen Art des Marktes nicht hypothetisch. Nach Angaben der belgischen Behörden gibt es innerhalb und außerhalb Europas rund vierzig Glasmanufakturen. Val Saint-Lambert ist auf dem Markt für Kristallwaren rund um den gedeckten Tisch und Dekoration tätig. Sobald ein Verbraucher die Wahl zwischen mehreren ähnlichen Erzeugnissen hat, beispielsweise zwischen einer Karaffe von VSL und der einer anderen Kristallglasmanufaktur, führt jede Beihilfe, die ein in diesem Segment tätiger Hersteller erhält, zu einer Wettbewerbsverzerrung bei den anderen.

(127)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass alle geprüften Maßnahmen mit Ausnahme von Maßnahme 7 Beihilfen darstellen, die den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen können.

Schlussfolgerung zum Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV

(128)

Die Kommission gelangt zu dem Schluss, dass alle geprüften Maßnahmen mit Ausnahme von Maßnahme 7 und des Verkaufs der Immobilien von VSL an die SPAQUE (ein Teil von Maßnahme 8) Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind.

5.2.   Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Binnenmarkt

(129)

Das in Artikel 107 Absatz 1 AEUV geregelte Verbot staatlicher Beihilfen ist weder absolut noch unbedingt. Insbesondere die Absätze 2 und 3 von Artikel 107 AEUV stellen Rechtsgrundlagen dar, nach denen bestimmte Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Im vorliegenden Fall ist insbesondere zu prüfen, ob die betroffenen Maßnahmen auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 AEUV in Anwendung der in den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen genannten Voraussetzungen als vereinbar gelten können. Dazu muss zunächst ermittelt werden, über welche Zeiträume CVSL und VSL als Unternehmen in Schwierigkeiten betrachtet werden können.

(130)

Bei Maßnahme 3, die im September 2008 gewährt wurde, muss zudem festgestellt werden, ob zwischen der insolventen CVSL und den Aktiva, die auf ihre Übernehmer und Gründer von VSL übertragen wurden, wirtschaftliche Kontinuität besteht, um zu ermitteln, ob VSL durch die Gewährung dieser Maßnahme ein Vorteil verschafft wurde. Die Ergebnisse dieser Prüfung beeinflussen die Prüfung der Vereinbarkeit der Maßnahmen 3 und 1.

5.2.1.   Förderungswürdigkeit von VSL und CVSL im Rahmen der Leitlinien

(131)

Bestimmt werden muss, über welche Zeiträume CVSL und VSL als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden konnten.

(132)

Die belgischen Behörden bestreiten in ihren Stellungnahmen nicht, dass das Unternehmen CVSL bei der Gewährung der Garantie im September 2008 (Maßnahme 3) in Schwierigkeiten war, bringen jedoch vor, dass von dieser Intervention CVSL und nicht VSL begünstigt gewesen sei.

(133)

Im Übrigen vertreten sie die Auffassung, dass VSL erst seit dem 8. Februar 2012, als der Antrag auf gerichtliche Reorganisation gestellt wurde, als Unternehmen in Schwierigkeiten bezeichnet werden kann. In der Zeit davor habe VSL nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummer 10 und 11 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien und der Entscheidungspraxis der Kommission angesehen werden können, da es sich bei VSL um ein junges Unternehmen gehandelt habe, das von seinem Mehrheitsaktionär CFC bedingungslos unterstützt worden sei.

(134)

Die Kommission stellt fest, dass CVSL zum Zeitpunkt der Gewährung von Maßnahme 3 seit dem Urteil vom 11. August 2008 insolvent war.

(135)

Bei den Maßnahmen 5, 6 und 8 begründen die belgischen Behörden ihre Behauptung, VSL sei nicht in Schwierigkeiten gewesen, mit dem Beschluss Saab (22). Im Besonderen legten Sie eine Sachkontenhistorie mit den Finanzströmen zwischen VSL und ihrem Mehrheitsaktionär CFC zum Nachweis dafür vor, dass das Verhalten von CFC dem des Unternehmens General Motors gleichgesetzt werden könne, das seine Tochtergesellschaft Saab weiterhin mit Kapital- und Liquiditätsspritzen stützte, um ihre Verluste auszugleichen, was die Kommission veranlasst hatte auszuschließen, dass Saab ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien war (siehe Erwägungsgrund 59 des Beschlusses).

(136)

Seit dem 25. Mai 2009 hat CFC tatsächlich regelmäßig und zusätzlich zu dem bei der Übernahme gezahlten Kapital mehr als 8 Mio. EUR zugeführt, so dass VSL möglicherweise in der ersten Zeit nach der Liquidation von CVSL nicht als Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummer 12 und 13 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien anzusehen war. Zu jener Zeit war der Mehrheitsaktionär von VSL in der Lage, das Unternehmen durch regelmäßige Zuführungen zu unterstützen, was beweist, dass die Schwierigkeiten von VSL vom Mehrheitsaktionär bewältigt werden konnten. Infolgedessen vertritt die Kommission die Auffassung, dass VSL die Tatbestandsmerkmale für ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien von Januar 2009 bis Februar 2012 nicht erfüllte.

(137)

Von Februar 2012 an befand sich VSL dagegen erneut in einem Verfahren der gerichtlichen Reorganisation. Im Übrigen haben die belgischen Behörden dargelegt, dass CFC nicht mehr in der Lage war, die Tochtergesellschaft wie bisher zu unterstützen. Im Einleitungsbeschluss wurde die Liquidität von CFC mit 1,26 Mio. EUR angegeben; die Gewährung eines Betrags in gleicher Höhe zugunsten von VSL (der zur Rettung mindestens erforderlich war) hätte das Unternehmen somit um nahezu seine gesamten flüssigen Mittel gebracht. VSL muss daher zum Zeitpunkt der Gewährung der Rettungsbeihilfe (Maßnahme 1) im April 2012 als Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Randnummer 10 Buchstabe c der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien angesehen werden.

(138)

Zusammenfassend war CVSL nach Auffassung der Kommission vom 11. August 2008 (dem Datum des Insolvenzurteils) bis Ende November 2008 (Gründungsvertrag von VSL) in Schwierigkeiten. VSL musste vom 9. Februar 2012 (Datum des Verfahrens zur gerichtlichen Reorganisation) bis zum Urteil vom 14. Oktober 2013 (Datum des Insolvenzurteils) als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden.

(139)

Demnach waren CVSL und VSL bei Gewährung der Maßnahmen 1 und 3 Unternehmen in Schwierigkeiten. Ihre Vereinbarkeit muss somit anhand der Leitlinien geprüft werden.

5.2.2.   Vereinbarkeit der Beihilfen (Maßnahmen 1 und 3)

Maßnahme 1: Rettungsbeihilfe vom 3. April 2012

(140)

Nach Auffassung Belgiens ist diese Beihilfe auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien mit dem Binnenmarkt vereinbar. Die Kommission vertritt dagegen die Auffassung, dass der unter Randnummer 72 ff. der Leitlinien aufgeführte Grundsatz der einmaligen Beihilfe nicht erfüllt ist, denn VSL hat im September 2008 eine unvereinbare Rettungsbeihilfe erhalten (siehe Erwägungsgrund 141). Infolgedessen hätte VSL vor 2018 keine weitere Rettungsbeihilfe erhalten dürfen. Im Übrigen haben die belgischen Behörden bestätigt, dass das Darlehen in Höhe von 1 Mio. EUR am 5. November 2013 beim Insolvenzverwalter als Forderung zugunsten von SOGEPA angemeldet wurde. Diese Forderung wurde unter den Passiva von VSL ausgewiesen und bislang nicht zurückgezahlt. Das Darlehen wurde demzufolge nicht wie unter Randnummer 25 Buchstabe a der Leitlinien vorgesehen innerhalb von sechs Monaten ab Auszahlung zurückgezahlt. Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die Rettungsbeihilfe vom 3. April 2012, die dem Darlehensbetrag von 1 Mio. EUR entspricht, nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

Maßnahme 3: Garantie für 150 000 EUR

(141)

In Kapitel 5.2.1 stellte die Kommission fest, dass CVSL zum Zeitpunkt der Garantiegewährung ein Unternehmen in Schwierigkeiten war. Das Beihilfeelement, das sich aus der unentgeltlichen Gewährung der Garantie ergibt, könnte somit nur dann für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn es die Voraussetzungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien erfüllt. Nun wurde diese Garantie aber, wie bereits erwähnt, ohne Vergütung gewährt. Nach Randnummer 25 Buchstabe a der Rettungs- und Umstrukturierungslinien muss für Liquiditätsbeihilfen in Form von Darlehensbürgschaften „ein Zinssatz verlangt werden, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind …“. Zudem haben die belgischen Behörden trotz eines Informationsersuchens speziell zu diesem Punkt keine Angaben dazu gemacht, ob die Verpflichtung, die Garantie nach sechs Monaten zu beenden (Randnummer 25 Buchstabe a der Leitlinien), erfüllt wurde. Auf der Grundlage dieser Tatbestandsmerkmale vertritt die Kommission die Auffassung, dass das Beihilfeelement, dass sich aus der unentgeltlichen Gewährung der Garantie ergibt, weder als mit dem Binnenmarkt vereinbare Rettungsbeihilfe angesehen noch auf einer anderen Grundlage für vereinbar erklärt werden kann.

(142)

Da Maßnahme 3 eine Rettungsbeihilfe ist, die im Jahr 2008 vor der Übernahme von CVSL gewährt wurde und mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, muss nun festgestellt werden, ob zwischen der insolventen CVSL und den Aktiva, die auf ihre Übernehmer und Gründer von VSL übertragen wurden, wirtschaftliche Kontinuität besteht, um zu ermitteln, ob VSL durch die Gewährung dieser Maßnahme ein Vorteil verschafft wurde.

5.2.3.   Bewertung des Bestehens wirtschaftlicher Kontinuität zwischen CVSL und VSL

(143)

Im Einleitungsbeschluss fragte sich die Kommission, ob zwischen CVSL und VSL wirtschaftliche Kontinuität festgestellt werden könne, d. h. ob die mit der Gewährung der Garantie für 150 000 EUR im September 2008 verbundenen Vorteile auf die Übernehmer von CVSL, die VSL gründeten, übergegangen sind. Die Schlussfolgerungen dieser Prüfung sind zum einen maßgeblich dafür, wer im Fall rechtswidriger unvereinbarer Beihilfen zur Rückzahlung verpflichtet ist. Zum anderen hängt von ihnen die Prüfung der Vereinbarkeit von Maßnahme 1 insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der einmaligen Beihilfe ab.

(144)

Die belgischen Behörden vertreten hierzu die Auffassung, dass von dieser Maßnahme CVSL und nicht VSL begünstigt war und dass keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen CVSL und den Erwerbern besteht.

(145)

Nach der Rechtsprechung kann die Verpflichtung zur Rückforderung dann auf eine neue Gesellschaft, auf die die fragliche Gesellschaft einen Teil ihrer Vermögenswerte übertragen hat, erstreckt werden, wenn diese Übertragung die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen den beiden Gesellschaften erlaubt (23). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Verpflichtung zur Rückforderung auf ein anderes Unternehmen erstreckt wird, wenn erwiesen ist, dass dieses Unternehmen aufgrund von wirtschaftlicher Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen den tatsächlichen Nutzen von den Beihilfen hat.

(146)

Gemäß dem Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003 in den verbundenen Rechtssachen C-328/99 und C-399/00 Italien/Kommission (24) kann bei der Prüfung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen einem alten Unternehmen und neuen Strukturen ein Bündel von Indizien berücksichtigt werden, insbesondere der Gegenstand des Verkaufs (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva), der Übertragungspreis, die Identität der Aktionäre oder Eigentümer des neuen Unternehmens, der Zeitpunkt der Übertragung (nach Beginn der Untersuchung, der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens oder des abschließenden Beschlusses) und schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion.

Würdigung des Kriteriums des Verkaufsgegenstandes (Aktiva und Passiva, Fortbestand der Belegschaft, gebündelte Aktiva)

(147)

Die belgischen Behörden gaben zunächst an, die zu CVSL gehörenden Aktiva seien auf verschiedene Unternehmen verstreut gewesen (die Muttergesellschaft VSLI, die VSLI SARL in Frankreich und CVSL). Zur Erleichterung der Durchführung der Übernahme schlossen die Insolvenzverwalter am 23. Oktober 2008 eine Transaktionsvereinbarung, mit der die auf diese verschiedenen Gesellschaften verstreuten Aktiva an das insolvente Unternehmen übertragen werden sollten.

(148)

Gemäß der Absichtserklärung vom 1. Oktober 2008 und der Übernahmevereinbarung vom 31. August 2009 hat VSL alle CVSL gehörenden Aktiva mit Ausnahme des Umlaufvermögens übernommen, d. h. die Gebäude, in denen sich die Werkstätten von CVSL befinden, und die Lagerflächen, die Grundstücke, auf denen diese errichtet wurden, die technischen Anlagen und den Geschäfts- oder Firmenwert von CVSL, entsprechend den Produktionswerkzeugen, Formen, Patenten und etwaigen Untermarken, die CVSL zu diesem Zeitpunkt gehörten, die in Ausführung befindlichen Aufträge sowie die Vorräte einschließlich derjenigen, die an die Val Saint-Lambert International SARL, einer Gesellschaft nach französischem Recht, verkauft worden waren und die der Insolvenzverwalter den Übernehmern zur Verfügung stellte.

(149)

Abgetreten wird auch ein Teil der Aktiva, die VSLI gehörten, und zwar die Marken, Muster und Modelle und sonstigen gewerblichen Schutzrechte (die in der am 5. Oktober 2005 unterzeichneten Vereinbarung genannten Vermögensgegenstände und darüber hinaus die Pläne, Formen, Zeichnungen, Entwürfe usw.), die bebauten und unbebauten Grundstücke, die VSLI in Seraing gehörten, die Warenvorräte von VSL, der Geschäfts- oder Firmenwert in Seraing (Showroom) sowie die Vorräte der Verkaufsstellen in Seraing und Brüssel (Sablon).

(150)

Zudem wird das Eigentum an den Produktionsmitteln (Schneidemaschine, Ofen und Ofenmündung), die geleast waren, an VSL abgetreten.

(151)

VSL verpflichtete sich zur vollen Entlastung von CVSL, alle von VSL geschlossenen und am 30. September 2008 gültigen Arbeits- und Beschäftigungsverträge fortzuführen. VSL verpflichtete sich ferner, die geschlossenen Tarifverträge, Einzel- und Betriebsvereinbarungen zu erfüllen, wobei sie sich lediglich die Möglichkeit vorbehielt, über einige Bestimmungen paritätisch neu zu verhandeln, um sie gegebenenfalls an die neuen Gegebenheiten anzupassen.

(152)

Schließlich übernahm VSL auch eine Verbindlichkeit in Höhe von 280 000 EUR, die auf der Abtretung der gewerblichen Schutzrechte von CVSL durch CFV beruhte. Gemäß der Vereinbarung vom 29. Januar 2009 zwischen der Compagnie financière du Val SA und VSL trat VSL an die Stelle von Interagora und übernahm die Verpflichtungen, die die Interagora SA mit der Vereinbarung vom 5. Oktober 2005 gegenüber CFV eingegangen war. Mit dieser Vereinbarung trat CFV alle Marken, Muster und Modelle, die direkt oder indirekt in Verbindung mit CVSL standen, an die Interagora SA ab. Vom vereinbarten Preis wurden 280 000 EUR nicht bezahlt.

(153)

Die Übernahme der Aktiva von CVSL wurde vom Handelsgericht Lüttich am 20. Oktober 2009 genehmigt.

(154)

Angesichts dieser Fakten gelangt die Kommission im Hinblick auf den Verkaufsgegenstand zu dem folgenden Schluss: Die Übernahme betrifft nahezu alle Aktiva von CVSL (einschließlich der in Ausführung befindlichen Aufträge), alle vom insolventen Unternehmen geschlossenen und am 30. September 2008 gültigen Arbeits- und Beschäftigungsverträge sowie die Nutzung der Marken und gewerblichen Schutzrechte.

(155)

Die Kommission stellt daher fest, dass der Umfang der übernommenen Aktiva mit den Aktiva von CVSL übereinstimmt und sogar darüber hinausgeht, da er auch die zur Fortführung der Tätigkeit der Glashütte notwendigen Vermögensgegenstände von VSLI beinhaltet.

Würdigung des Kaufpreises

(156)

Um festzustellen, ob nach dem Verkauf der Aktiva von CVSL wirtschaftliche Kontinuität besteht, muss auch geprüft werden, ob dieser Verkauf zu einem marktüblichen Preis erfolgte. Diese Bedingung gilt für Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände in gleicher Weise.

(157)

Die belgischen Behörden gaben an, dass nach belgischem Recht das Interesse der Gläubiger maßgeblich für die Veräußerung der Vermögenswerte des Schuldners ist. Nach Artikel 75 Absatz 3 des belgischen Konkursgesetzes (Loi sur les faillites) können sich die Gläubiger oder der Konkursschuldner einem geplanten Verkauf von Aktiva widersetzen, wenn sie der Meinung sind, dass ihre Rechte dadurch gefährdet sind. Nach Angaben der belgischen Behörden wurde die staatliche Garantie von 150 000 EUR eben deshalb gewährt, um den Fortbestand der Geschäftstätigkeit und die bestmögliche Verwertung der Aktiva zu ermöglichen.

(158)

Die Kommission stellt fest, dass die Aktiva von CVSL im Wege eines offenen Verfahrens verkauft wurden, das vom Insolvenzverwalter der in Liquidation befindlichen Gesellschaft abgewickelt wurde. Bei den Insolvenzverwaltern gingen 36 Angebote ein, von denen in einer ersten Phase zwölf berücksichtigt wurden. Ein Data Room mit Informationen über CVSL wurde eingerichtet. Die Offenlegung der Daten bezog sich offensichtlich auf alle Aktiva, ohne dass zuvor Vermögensgegenstände gebündelt wurden.

(159)

Die Kommission stellt fest, dass dieses Verfahren es grundsätzlich ermöglicht, den Verkaufspreis jedes Vermögensgegenstands von CVSL zu maximieren.

(160)

Zwei Sachverhalte veranlassen die Kommission allerdings zu der Auffassung, dass dieses Verfahren allein nicht ausreicht, um zu garantieren, dass der von den Übernehmern angebotene Preis für die Aktiva einem marktüblichen Preis entspricht.

(161)

Der Verkauf der Aktiva von CVSL war an die Bedingung der Übernahme sämtlicher Arbeitsverträge geknüpft. Dies zeigt, dass dieser Verkauf nicht unbedingt war, und diese Verpflichtung hat zu einer Senkung des Verkaufspreises führen können.

(162)

Schließlich ist auch die ausschließliche Markenlizenz an Bedingungen geknüpft, die ein privatwirtschaftlicher Unternehmer nicht verlangt hätte, denn die Wallonische Region forderte von VSL eine Gegenleistung, die in der Schuldumwandlungsvereinbarung vom 29. Januar 2009 zwischen der Wallonischen Region (vertreten durch CFV) und VSL festgeschrieben wurde: „Diese Nutzungslizenz kann von der Wallonischen Region jederzeit, von Rechts wegen und fristlos gekündigt werden, falls VSL (oder ihre Rechtsnachfolger) am Standort von Val Saint-Lambert in Seraing keine Manufaktur hochwertiger Kristallglaswaren betreiben sollte, in der mindestens 60 % der Beschäftigten (Vollzeitäquivalent ohne wirtschaftsbedingte Arbeitslosigkeit), die zum Zeitpunkt der Insolvenz von CVSL beschäftigt waren, weiterbeschäftigt sind …“. Die Kommission stellt fest, dass die Wallonische Region VSL im Tausch gegen die Gewährung der ausschließlichen Lizenz auferlegt, die Produktion am Standort Seraing und eine im Vorhinein bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen zu erhalten. Diese politischen Bedingungen haben zu einer Senkung des Verkaufspreises führen, weitere potenzielle Übernehmer von der Einreichung eines Angebots abhalten und so das Wettbewerbsumfeld der Ausschreibung stören können und dazu führen können, dass auch das höchste Angebot nicht unbedingt dem tatsächlichen Marktwert entspricht (25).

(163)

Nach Auffassung der Kommission ist unter Berücksichtigung all dieser Fakten das Kriterium des Kaufpreises nicht erfüllt.

Würdigung des Kriteriums der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion

(164)

Mit dem Kriterium der ökonomischen Folgerichtigkeit der Transaktion soll überprüft werden, ob der Übernehmer die veräußerten Aktiva einsetzt, um die gleiche Wirtschaftstätigkeit auszuüben.

(165)

Nach Auffassung der belgischen Behörden verfolgte VSL eine ganz andere Logik als ihre Vorgänger, da sie neben der übernommenen Glasmanufaktur auch das Projekt Cristal Park betrieb.

(166)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass die belgischen Behörden nicht nachgewiesen haben, dass bereits im Oktober 2008 eine direkte Verbindung zwischen der Übernahme von CVSL und dem Projekt Cristal Park bestanden hat. Das älteste von den belgischen Behörden übermittelte Dokument zum Projekt Cristal Park stammt aus dem Dezember 2011.

(167)

Die Kommission stellt fest, dass die Übernehmer die Marke gekauft haben, um sie weiter zu verwerten, und dazu sämtliche Aktiva und Produktionsmittel. Der im Gründungsvertrag von VSL vom 20. November 2008 angegebene Gesellschaftszweck ist dem von CVSL tatsächlich sehr ähnlich. Gegenstand von VSL ist es danach, die Tätigkeit der Glashütte von CVSL mit denselben personellen und Produktionsmitteln fortzuführen. Auch die Garantie wurde im Übrigen gewährt, um die Fortführung der Tätigkeit zu gewährleisten.

(168)

Infolgedessen gelangt die Kommission aus den oben genannten Gründen zu dem Schluss, dass zwischen CVSL und VSL wirtschaftliche Kontinuität besteht. Die Übernahme sämtlicher Produktionsmittel (zu einem an Bedingungen geknüpften Preis, der nicht dem tatsächlichen Marktwert entspricht), der Arbeitsverträge und der ausschließlichen und unbeschränkten Nutzung der Marken im Hinblick auf die Fortführung der Herstellung von Kristallwaren ist ein ausschlaggebendes Indiz für die Feststellung wirtschaftlicher Kontinuität. Der Vorteil, der dem damals insolventen Unternehmen CVSL durch die Garantiegewährung entstanden ist, besteht nach der Übernahme fort und ist auf VSL übergegangen.

5.2.4.   Vereinbarkeit der Maßnahmen 4 (Abtretung und Nutzung der Marken), 5 (Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR), 6 (Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR) und 8 (Bereitstellung bestimmter Gebäude für VSL durch die SPAQUE)

(169)

Belgien hat in seinen Stellungnahmen zum Einleitungsbeschluss keine Gründe für die Vereinbarkeit dieser Maßnahmen angeführt, und der Kommission liegen keine Informationen vor, die darauf schließen lassen, dass eine der in Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV vorgesehenen Ausnahmen gelten könnte. Demzufolge sind diese Beihilfen nach Auffassung der Kommission nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

5.3.   Rückforderung

(170)

Die Kommission erinnert daran, dass nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates (26) alle rechtswidrigen und mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfen vom Empfänger zurückgefordert werden müssen.

(171)

Im vorliegenden Fall geht aus den vorstehenden Erwägungen hervor, dass die folgenden Maßnahmen Beihilfeelemente enthalten, dass diese Beihilfen rechtswidrig und unvereinbar sind und dass sie, soweit sie VSL zur Verfügung gestellt wurden, zurückgefordert werden müssen:

 

Maßnahme 1: Zinsvergünstigtes Darlehen in Höhe von 1 Mio. EUR, das VSL am 3. April 2012 von der Wallonischen Region, vertreten durch die Société de Gestion et de Participations (im Folgenden „SOGEPA“), gewährt wurde

Das gesamte Darlehen stellt eine Beihilfe dar. 400 000 EUR wurden noch am Tag des Abschlusses der Vereinbarung gewährt. Die verbleibenden 600 000 EUR wurden zu einem späteren Zeitpunkt gewährt, der von den belgischen Behörden nicht mitgeteilt wurde.

 

Maßnahme 2: Umstrukturierungsbeihilfe, bestehend in der Verlängerung des Darlehens in Höhe von 1 Mio. EUR

Diese Maßnahme wurde nicht durchgeführt und braucht daher nicht zurückgefordert zu werden.

 

Maßnahme 3: Garantie für 150 000 EUR, die dem Insolvenzverwalter von CVSL am 24. September 2008 von der SOGEPA gewährt wurde

Diese Garantie enthält insofern ein Beihilfeelement, als sie nicht in marktüblicher Höhe vergütet wurde. Das Beihilfeelement ist nach der in diesem Beschluss angegebenen Methode zu berechnen.

 

Maßnahme 4: Abtretung und Nutzung der Marke Val Saint-Lambert, die am 29. Januar 2009 zwischen CFV und VSL vereinbart wurde

Die Maßnahme zur Abtretung der Marke wurde nicht durchgeführt und muss daher nicht zurückgefordert werden. Das mit der Nutzung der Marke verbundene Beihilfeelement ist nach den allgemein üblichen und zulässigen Methoden für das Management von immateriellen Vermögensgegenständen wie gewerblichen Schutzrechten zu berechnen.

 

Maßnahme 5: Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR, das VSL am 31. August 2009 von der SOGEPA gewährt wurde

Dieses Darlehen enthält ein Beihilfeelement zugunsten von VSL in Höhe der Differenz zwischen dem marküblichen Zinssatz und dem Zinssatz, zu dem das Darlehen gewährt wurde, d. h. 1,07 %, (5,77 % – 4,7 %), entsprechend 16 050 EUR pro Jahr. Diese Beihilfe wurde rechtswidrig durchgeführt und muss daher zurückgezahlt werden.

 

Maßnahme 6: Erhöhung des Kapitals von VSL um 1,5 Mio. EUR durch die Wallonische Region, die am 17. März 2011 beschlossen wurde

Die gesamte Kapitalerhöhung stellt eine Beihilfe dar, da sie nicht dem Verhalten eines privaten Kapitalgebers entspricht. Diese Beihilfe wurde rechtswidrig durchgeführt und muss daher zurückgezahlt werden.

 

Maßnahme 8: Teil betreffend die unentgeltliche Bereitstellung eines Teils des Standorts der „Cristalleries du Val Saint-Lambert“

Mit der am 11. Dezember 2012 zwischen der SPAQUE und VSL geschlossenen Vereinbarung über die zeitlich begrenzte Bereitstellung eines Teils des Standorts „Cristalleries du Val Saint-Lambert“ wird VSL ein Vorteil in Höhe der Mietzahlungen verschafft, auf die die SPAQUE freiwillig verzichtet hat. Die genaue Höhe dieser Beihilfe ist nach den Angaben in Erwägungsgrund 123 zu berechnen.

(172)

Bei der Rückforderung müssen die belgischen Behörden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (27) zum Betrag der Beihilfen die Zinsen für die Rückforderung von dem Zeitpunkt, zu dem die in Rede stehenden Beihilfen dem Unternehmen tatsächlich zur Verfügung gestellt wurden, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung addieren.

6.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(173)

Die Kommission stellt fest, dass Belgien eine Reihe von Maßnahmen unter Verletzung von Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union rechtswidrig gewährt hat. Es handelt sich um die folgenden Maßnahmen: die Rettungsbeihilfe in Höhe von 1 Mio. EUR (Maßnahme 1), die Garantie für 150 000 EUR (Maßnahme 3), die Abtretung und Nutzung der Marke Val Saint-Lambert (Maßnahme 4), das Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 5), die Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 6) und die unentgeltliche Bereitstellung bestimmter Immobilien für VSL durch die SPAQUE (ein Teil von Maßnahme 8).

(174)

Mit Schreiben vom 18. Juni 2014 ermächtigten die belgischen Behörden die Kommission, diesen Beschluss nur in französischer Sprache zu erlassen und bekanntzugeben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Rettungsbeihilfe in Höhe von 1 Mio. EUR (Maßnahme 1), die Garantie für 150 000 EUR (Maßnahme 3), die Abtretung und Nutzung der Marke Val Saint-Lambert (Maßnahme 4), das Darlehen in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 5), die Kapitalerhöhung in Höhe von 1,5 Mio. EUR (Maßnahme 6) und die unentgeltliche Bereitstellung bestimmter Immobilien für VSL durch die SPAQUE (ein Teil von Maßnahme 8) enthalten staatliche Beihilfen, die Belgien unter Verletzung des Artikels 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig gewährt hat und die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind.

Gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 hat Belgien die Anmeldung von Maßnahme 2 (die Umstrukturierungsbeihilfe) nach dem Beschluss über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens zurückgezogen.

Artikel 2

(1)   Belgien fordert die in Artikel 1 genannten Beihilfen vom Begünstigten zurück.

(2)   Die Rückforderungsbeträge umfassen Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigen zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission (28) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 1 genannten Beihilfen werden sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Belgien stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Belgien übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Belgien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Belgien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Belgien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an Belgien gerichtet.

Brüssel, den 31. Juli 2014

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Staatliche Beihilfe SA.34791 20../C (ex 2012/NN) — Belgien — Rettungsbeihilfe für Val Saint-Lambert — und staatliche Beihilfe SA.35528 20../C (ex 2012/N) — Belgien — Umstrukturierungsbeihilfe für Val Saint-Lambert — Aufforderung zur Stellungnahme nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Kommission (ABl. C 213 vom 26.7.2013, S. 38).

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Geschäftsgeheimnis.

(4)  Ziel des Verfahrens der gerichtlichen Reorganisation ist es, unter Aufsicht des Gerichts den Fortbestand der Gesamtheit oder eines Teils des Unternehmens in Schwierigkeiten oder seiner Tätigkeiten zu ermöglichen. Dieses Verfahren ging dem Insolvenzurteil vom 14. Oktober 2013 voraus.

(5)  Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 379 vom 28.12.2006, S. 5).

(6)  Siehe Fußnote 4.

(7)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(8)  Beschluss vom 8. Februar 2010 N 541/09 — Schweden — State guarantee in favour of Saab Automobile AB.

(9)  Siehe Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C-482/99, Slg. 2002, I-4397, EU:C:2002:294, Randnummer 38.

(10)  Mit Beschluss des Ministers für Raumordnung vom 27. April 2012.

(11)  Urteil des EuGH vom 16. Mai 2002, Französische Republik/Kommission, C-482/99.

(12)  ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.

(13)  http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/base_rates_eu27_en.pdf

(14)  Mitteilung der Kommission über die Änderung der Methode zur Berechnung der Referenz- und Abzinsungssätze (ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6).

(15)  Siehe Erwägungsgründe 21 bis 23.

(16)  ABl. C 14 vom 19.1.2008, S. 6.

(17)  http://ec.europa.eu/competition/state_aid/legislation/reference_rates.html

(18)  Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1).

(19)  Die Untersuchung zur Charakterisierung beschreibt und lokalisiert nach Angaben der belgischen Behörden die Bodenverschmutzung, damit die zuständige Behörde über die Notwendigkeit und die Modalitäten einer Bodenreinigung entscheiden kann.

(20)  Verordnung (EG) Nr. 1998/2006.

(21)  Verordnung (EU) Nr. 1407/2013.

(22)  SA N 541/09 — Schweden — State guarantee in favour of Saab Automobile AB, 8. Februar 2010.

(23)  Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair Ltd/Europäische Kommission, T-123/09, EU:T:2012:164, Randnummer 155.

(24)  Slg. 2003, I-4035.

(25)  Siehe analog dazu die Entscheidung 2008/717/EG der Kommission vom 27. Februar 2008 über die Staatliche Beihilfe C 46/2007 (ex NN 59/2007), die Rumänien dem Unternehmen Automobile Craiova (früher Daewoo România) gewährt hat (ABl. L 239 vom 6.9.2008, S. 12).

(26)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(27)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(28)  Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).


ANHANG

Angaben zu den gewährten, zurückzufordernden bzw. bereits zurückgezahlten Beihilfebeträgen

(in Mio. Landeswährung)

Begünstigter

Gesamtbetrag der aufgrund dieser Regelung gewährten Beihilfen

Gesamtbetrag der Rückforderung

(Hauptforderung)

Gesamtbetrag der Rückzahlungen

Hauptforderung

Zinsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


15.10.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 269/71


BESCHLUSS (EU) 2015/1826 DER KOMMISSION

vom 15. Oktober 2014

zu der von der Slowakei durchgeführten staatlichen Beihilfe SA.33797 — (2013/C) (ex 2013/NN) (ex 2011/CP) zugunsten von NCHZ

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2014) 7359)

(Nur der slowakische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

gestützt auf den Beschluss der Kommission, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuleiten (1),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Per E-Mail vom 13. Oktober 2011 ging bei der Kommission eine Beschwerde (2) über eine mutmaßlich rechtswidrige Beihilfe der Slowakei zugunsten des Unternehmens Novácké chemické závody, a.s. v konkurze (im Folgenden „NCHZ“) ein.

(2)

Am 17. Oktober 2011 übermittelte die Kommission die Beschwerde samt einem Auskunftsersuchen an die Slowakei. Die slowakischen Behörden forderten die Unterlagen in slowakischer Übersetzung an, die ihnen am 16. Januar 2012 per E-Mail übermittelt wurde.

(3)

Die slowakischen Behörden legten die verlangten Informationen mit Schreiben vom 17. Februar 2012 vor. Weitere Auskunftsersuchen der Kommission vom 22. März 2012 und vom 21. Juni 2012 wurden von der Slowakei am 23. April 2012 und am 11. September 2012 beantwortet.

(4)

Am 14. Juni 2012 übermittelte der Beschwerdeführer weitere Informationen zu seiner Beschwerde. Auf sein Ersuchen fand am 24. Januar 2013 eine Zusammenkunft der Kommission mit dem Beschwerdeführer statt. Am 8. und am 22. März 2013 übermittelte der Beschwerdeführer per E-Mail weitere Informationen.

(5)

Mit Schreiben vom 2. Juli 2013 teilte die Kommission der Slowakei ihre Entscheidung mit, bezüglich der Beihilfe das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuleiten.

(6)

Der Einleitungsbeschluss der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (3) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, sich zu der mutmaßlichen staatlichen Beihilfe zu äußern.

(7)

Die Slowakei nahm am 3. September 2013 und am 2. und 30. Dezember 2013 zu dem Einleitungsbeschluss Stellung. Auf Ersuchen der slowakischen Behörden fand am 7. Oktober 2013 und am 17. Februar 2014 jeweils eine Zusammenkunft unter Beteiligung der Slowakei und der Kommission statt.

(8)

Am 12. November 2013 gingen zwei Stellungnahmen von Beteiligten bei der Kommission ein, die sie am 2. Dezember 2013 mit einer Reihe weiterer Fragen an die Slowakei weitergeleitet hat. Die Slowakei hatte Gelegenheit, sich dazu zu äußern; ihre Stellungnahme ging mit Schreiben vom 14. Januar 2014 ein.

(9)

Am 2. Mai 2014 richtete die Kommission weitere Fragen an die Slowakei, die am 14. und am 30. Mai 2014 beantwortet wurden. Per E-Mail vom 20. März 2014 bat die Kommission einen der Beteiligten um eine weitere Klärung; dieser übermittelte seine Antwort am 6. Mai 2014.

2.   HINTERGRUND UND BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

2.1.   Empfänger

(10)

Das Chemieunternehmen NCHZ (dessen Geschäftsbetrieb inzwischen von Fortischem a.s. weitergeführt wird) war in drei Sparten tätig. Den Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit bildeten die Produktion von Calciumcarbid und technischen Gasen, die Herstellung von Polyvinylchlorid (PVC) und seinen Verarbeitungserzeugnissen sowie in zunehmendem Maße Grundchemikalien und in geringen Mengen hergestellte Spezialchemikalien.

(11)

NCHZ betrieb eine Chemiefabrik (gegründet 1940) in der nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV förderfähigen Region Trenčin in der Westslowakei. Das Unternehmen stand in Privateigentum. (4)

2.2.   Insolvenzverfahren von NCHZ

(12)

Am 8. Oktober 2009 meldete NCHZ Insolvenz an. Das Unternehmen war nach eigenen Angaben nicht mehr in der Lage, seinen Betrieb fortzuführen, nachdem die Kommission wegen der Beteiligung an einem Calciumcarbid-Kartell (5) eine Geldbuße in Höhe von 19,6 Mio. EUR gegen das Unternehmen verhängt hatte. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Geldbuße nicht die einzige große Verbindlichkeit des Unternehmens war und dass NCHZ bereits Insolvenz angemeldet hat, bevor die Geldbuße wegen seiner Kartellbeteiligung fällig wurde.

2.2.1.   Gesetz über strategisch wichtige Unternehmen

(13)

Einen Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von NCHZ beschloss die Slowakei das Gesetz Nr. 493 vom 5. November 2009 über Maßnahmen in Bezug auf strategisch wichtige Unternehmen (im Folgenden „Gesetz“), das dem Staat ein Vorkaufsrecht für strategische Unternehmen in Insolvenz einräumt und den Insolvenzverwalter verpflichtet, die Weiterführung des strategischen Unternehmens während des Insolvenzverfahrens zu gewährleisten. Am 2. Dezember 2009, einen Tag nach Inkrafttreten dieses Gesetzes, erklärte die Regierung NCHZ zu einem strategischen Unternehmen. Das Gesetz trat am 31. Dezember 2010 außer Kraft. NCHZ ist das einzige Unternehmen, auf das dieses Gesetz jemals angewandt worden ist.

2.2.2.   Beschluss zur Weiterführung des Geschäftsbetriebs des insolventen Unternehmens

(14)

Im Januar 2011 wurde der Insolvenzverwalter des Unternehmens durch einen Beschluss des Gläubigerausschusses und der gesicherten Gläubiger angewiesen, den Geschäftsbetrieb des insolventen Unternehmens NCHZ auch nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes weiterzuführen. Der Beschluss stützte sich auf eine wirtschaftliche Analyse der Unternehmenssituation, wonach durch die Weiterführung des Unternehmens ein besseres Ergebnis für die Gläubiger erzielt werden könnte. Im Februar 2011 wurde der Beschluss zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs vom Gericht in Trenčín bestätigt.

(15)

An der Entscheidung über die Fortführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ waren zwei maßgebliche Gläubigergremien beteiligt. Einer war der Gläubigerausschuss, dem fünf Einrichtungen, (6) darunter vier in Privateigentum, angehörten. Als einzige öffentliche Stelle war der Slowakische Eigentumsfonds (Fond národného majetku Slovenskej Republiky) im Ausschuss vertreten. Außerdem hatte NCHZ sechs gesicherte Gläubiger, darunter vier öffentliche Stellen: der Nationale Eigentumsfonds, der Umweltfonds (Environmentálny fond), die Slowakische Garantie- und Entwicklungsbank (Slovenská záručná a rozvojová banka, a. s.) und die Stadt Nováky.

2.2.3.   Verkauf des Geschäftsbetriebs von NCHZ

(16)

Während des Insolvenzverfahrens führte der Insolvenzverwalter zwei öffentliche Ausschreibungen zum Verkauf von NCHZ durch. Die erste Ausschreibung war erfolglos, weil am Ende nur noch ein Gebot in Höhe von 2 Mio. EUR vorlag. Der Insolvenzverwalter lehnte das Angebot ab; die Ausschreibung wurde vom Gericht in Trenčín aufgehoben. Nach einer zweiten Ausschreibung im Jahr 2011 wurde das Unternehmen verkauft. Im Zuge dieser Ausschreibung kamen zwei Bieter mit ihren Angeboten von 2 046 000 EUR bzw. 2 200 000 EUR in die engere Auswahl. Den Zuschlag erhielt der Bieter mit dem höheren Angebot, das tschechische Unternehmen Via Chem Slovakia. Am 16. Januar 2012 wurde der Kaufvertrag mit Via Chem Slovakia unterzeichnet. Am 31. Juli 2012 wurde der Verkauf abgeschlossen. NCHZ erhielt den im Verkaufserlös enthaltenen Betrag von […] (7). Außerdem erklärte Via Chem Slovakia sich bereit, private Verbindlichkeiten von NCHZ in Höhe von [10-13] Mio. EUR zu übernehmen, die während des Insolvenzverfahrens entstanden waren.

(17)

In der zweiten Ausschreibung konnten potenzielle Bieter zwischen zwei Optionen wählen. Sie konnten in ihrem Angebot ihre Bereitschaft erklären, die unter Nummer 1.7 der Ausschreibungsbedingungen aufgeführten „Verpflichtungen des Erwerbers“ einzugehen, oder ein Angebot ohne diese Bereitschaftserklärung abgeben. Der Bieter konnte sich verpflichten:

die Produktion über einen Zeitraum von fünf Jahren nach dem Erwerb von NCHZ in einer Größenordnung von mindestens 75 % der Produktion von 2010 aufrechtzuerhalten,

mindestens 11 Mio. EUR in die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltschutzmaßnahmen zu investieren, die für die Fortsetzung der Chemieproduktion erforderlich waren, und

NCHZ mindestens fünf Jahre lang nicht zu veräußern oder auf eine Weise zu übertragen, die die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit gefährden würde.

(18)

Für den Fall, dass ein Bieter ohne diese Bereitschaftserklärung das höchste Angebot einreichen sollte, sahen die Ausschreibungsbedingungen vor, dass der Höchstbietende, der diese Verpflichtungen eingehen würde, die Möglichkeit erhalten würde, seinen Preis an das höchste Gebot anzugleichen. Der Slowakischen Republik zufolge war kein Teilnehmer der zweiten Ausschreibung bereit, die Verpflichtungen einzugehen. Deshalb wurde NCHZ an einen Bieter verkauft, der die Verpflichtungen nicht übernahm.

(19)

Am 1. August 2012, einen Tag nach Abschluss des Geschäfts zwischen dem insolventen Unternehmen NCHZ und Via Chem Slovakia, wurde der Hauptgeschäftszweig von NCHZ, die Chemiesparte, von Via Chem Slovakia zu einem Preis von […] EUR an Fortischem verkauft. Fortischem übernahm alle an die Chemiesparte gebundenen Verpflichtungen und Verträge. Auch der Großteil der 1 412 Beschäftigten von NCHZ wurde auf Fortischem übertragen. Die Slowakei behauptet, dass weniger als 60 % des ursprünglichen Eigentums von NCHZ übertragen worden seien, da keine Immobilien inbegriffen gewesen seien. Laut Vertrag ist Fortischem aber zur Nutzung von Immobilien berechtigt, die ursprünglich zu dem übertragenen Geschäftsbetrieb gehörten, die aber bei Via Chem Slovakia verblieben sind.

(20)

Obwohl alle Vermögenswerte von NCHZ im Verlauf des Insolvenzverfahrens veräußert worden sind, ist das Verfahren noch immer nicht abgeschlossen (ein Grund dafür sind anhängige Gerichtsverfahren wegen verschiedener Forderungen). 2012 wurde ein Teil der Forderungen öffentlicher Gläubiger in Höhe von etwa 4,0 Mio. EUR aus dem für NCHZ erzielten Verkaufserlös zurückgezahlt. Es sind aber noch immer nicht alle Erlöse aus dem Verkauf der Aktiva verteilt worden.

2.3.   Beschreibung der Maßnahmen

(21)

Zu bewerten ist die nicht erfolgte Begleichung von Forderungen verschiedener staatlicher Stellen im Zuge des Insolvenzverfahrens von NCHZ.

(22)

Die während des Insolvenzverfahrens entstandenen Verbindlichkeiten von NCHZ gegenüber öffentlichen Stellen oder staatlichen Unternehmen beliefen sich am 1. August 2012, dem Tag des Verkaufs von NCHZ, auf 13 353 877,46 EUR. Dabei handelt es sich nur um die Verbindlichkeiten, die während des Insolvenzverfahrens entstanden sind (nicht um die gesamten Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand). Solche Verbindlichkeiten sind nach Paragraf 87 des slowakischen Insolvenzgesetzes (8) als „Masseansprüche“ definiert. Masseansprüche umfassen nach der Insolvenzanmeldung entstandene Forderungen hinsichtlich der Verwaltung und Liquidation der von der Insolvenz betroffenen Vermögenswerte sowie hinsichtlich der Steuern, Abgaben, Zölle, Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge und Löhne und Gehälter von Beschäftigten des insolventen Unternehmens. Alle Verbindlichkeiten, die durch die Fortführung des Geschäftsbetriebs während des Insolvenzverfahrens entstehen und die nicht aus den damit erzielten Einnahmen beglichen werden können, werden ebenfalls als Masseansprüche behandelt.

(23)

In Tabelle 1 sind die während des Insolvenzverfahrens entstandenen öffentlichen Verbindlichkeiten von NCHZ aufgeführt.

Tabelle 1

Während des Insolvenzverfahrens entstandene Verbindlichkeiten von NCHZ gegenüber dem Staat oder staatlichen Unternehmen (Stand 1. August 2012)

Behörde/Staatliches Unternehmen

Höhe der Verbindlichkeit in Euro

Sozialversicherungsgesellschaft

(…)

Všeobecná zdravotná poisťovňa (Staatliche Krankenversicherungsgesellschaft)

(…)

Staatliche Wasserversorgung (Slovenský vodohospodársky podnik, š.p.)

(…)

Stadt Nováky (Abfallgebühren, Grundsteuer)

(…)

Umweltfonds

(…)

Slowakische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft (RTVS, s.r.o.)

(…)

Mehrere Kommunen (Abfallgebühren, Grundsteuer)

(…)

Allgemeine Krankenversicherungsgesellschaft (Spoločná zdravotná poisťovna)

(…)

Kraftfahrzeugsteuerbehörde (Daň z motorových vozidiel)

(…)

INSGESAMT

13 353 877,46

(24)

Nach Paragraf 88 Absatz 5 des slowakischen Insolvenzgesetzes werden Verbindlichkeiten, die durch den Geschäftsbetrieb entstehen, vom Insolvenzverwalter aus den Betriebseinnahmen in der Reihenfolge ihrer Fälligkeit bedient.

(25)

Den der Kommission vorliegenden Informationen zufolge haben zumindest einige staatliche Einrichtungen (z. B. die Sozialversicherungsgesellschaft) im Verlauf des Insolvenzverfahrens versucht, Außenstände einzutreiben. Die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb von NCHZ waren jedoch nicht hoch genug, um alle Betriebskosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und anderer Forderungen der öffentlichen Hand, die während des Insolvenzverfahrens angefallen sind, zu decken. Die Einnahmen von NCHZ wurden in erster Linie dazu verwendet, mit dem laufenden Betrieb unmittelbar zusammenhängende Kosten (Beschaffung von Rohstoffen, Energie usw.) zu decken, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Dagegen sind die Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand nicht gezahlt worden und während der weiteren Betriebstätigkeit des insolventen Unternehmens NCHZ weiter angestiegen.

(26)

Die Weiterführung des Betriebs von NCHZ, die der Hauptgrund für diesen Anstieg der Verbindlichkeiten war, gründete sich auf zwei Maßnahmen, die im Verlauf des Insolvenzverfahrens getroffen wurden: zum einen auf das von Dezember 2009 bis Dezember 2010 geltende Gesetz und zum andern auf den Beschluss der Gläubiger vom Januar 2011.

2.3.1.   Geschäftsbetrieb nach Maßgabe des Gesetzes

(27)

Von dem Zeitpunkt an, als am 1. Dezember 2009 das Gesetz in Kraft trat und am 2. Dezember 2009 der Regierungsbeschluss erging, bis zum 31. Dezember 2010, als das Gesetz außer Kraft trat, hat NCHZ vom Status eines „strategischen Unternehmens“ profitiert. Nach Maßgabe des Gesetzes war der Insolvenzverwalter verpflichtet, i) die Fortführung des Geschäftsbetriebs des strategischen Unternehmens sicherzustellen, auch wenn die Einnahmen die Betriebskosten einschließlich Steuern und Sozialabgaben nicht vollständig deckten, und ii) eine ungerechtfertigte Massenentlassung zu verhindern.

(28)

Das Gesetz sollte auf Handelsgesellschaften mit strategischer Bedeutung Anwendung finden, die sich im Insolvenzverfahren befanden. Zweck des Gesetzes war es, den Betrieb insolventer Unternehmen aufrechtzuerhalten, denen von der slowakischen Regierung strategische Bedeutung zuerkannt worden war. Außerdem hatte die slowakische Regierung nach Maßgabe dieses Gesetzes ein Vorkaufsrecht für strategische Unternehmen, die Insolvenz anmeldeten.

(29)

Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes auf ein Unternehmen war, dass alle nachfolgend genannten Voraussetzungen erfüllt waren:

Es musste sich um ein Unternehmen handeln, dessen Vermögenswerte Gegenstand eines Insolvenzverfahrens waren;

das Unternehmen musste für den Gesundheitsschutz, die nationale Sicherheit oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft von Bedeutung sein;

das Unternehmen musste mehr als 500 Beschäftigte haben oder in erheblichem Umfang Energie, Gas, Wärme oder Raffinerieprodukte für die Bevölkerung, für andere Unternehmen und die landesweite Verkehrsinfrastruktur liefern oder Wasserunternehmen, eine öffentliche Abwasseranlage, eine öffentliche Kläranlage oder die öffentliche Wasserversorgung betreiben;

dem Unternehmen musste von der slowakischen Regierung strategische Bedeutung attestiert worden sein.

(30)

NCHZ war das einzige Unternehmen, das je von dem Gesetz profitiert hat. Das Gesetz wurde am 5. November 2009 angenommen und trat am 1. Dezember 2009 in Kraft. Am 2. Dezember 2009 erklärte die slowakische Regierung NCHZ per Beschluss Nr. 534/2009 zu einem Unternehmen mit strategischer Bedeutung.

(31)

Zur Begründung ihrer Entscheidung, NCHZ strategische Bedeutung zuzuerkennen, wies die slowakische Regierung darauf hin, dass die Insolvenz des Unternehmens zum unmittelbaren Verlust von mehr als 1 700 Arbeitsplätzen führen und weitere 5 000 Arbeitsplätze bei Lieferanten von NCHZ in der Slowakei gefährden könne. Außerdem stellte sie fest, dass die Einstellung der Produktion bei NCHZ die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in der Slowakei negativ beeinflussen und somit die Wirtschaft des Landes insgesamt schwächen werde. (9)

2.3.2.   Betrieb nach dem Beschluss des Gläubigerausschusses

(32)

Nachdem das Gesetz am 31. Dezember 2010 außer Kraft getreten war, entschied der Insolvenzverwalter, der an die Anweisungen des Gläubigerausschusses gebunden war, den Betrieb von NCHZ nach Maßgabe des slowakischen Insolvenzgesetzes weiterzuführen.

(33)

Laut slowakischem Insolvenzgesetz müssen die Gläubiger aller ungesicherten Forderungen, die für das Insolvenzverfahren angemeldet sind, einen Gläubigerausschuss wählen, um ihre Ansprüche im Verfahren geltend zu machen. Der Ausschuss kann dem Insolvenzverwalter unter den im slowakischen Insolvenzgesetz genau festgelegten Voraussetzungen Anweisungen erteilen, wenn beispielsweise die Betriebskosten des insolventen Unternehmens die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb übersteigen und der weitere Betrieb somit zu einer Zunahme von Verbindlichkeiten führt. In diesem Fall muss der Insolvenzverwalter um Anweisungen dazu ersuchen, in welchem Umfang der Geschäftsbetrieb weitergeführt werden soll (Artikel 88 des slowakischen Insolvenzgesetzes). Der Gläubigerausschuss und die gesicherten Gläubiger müssen gemeinsam über solche Anweisungen abstimmen und sie dann durch ein Insolvenzgericht billigen und für verbindlich erklären lassen.

(34)

Der für das Insolvenzverfahren von NCHZ gebildete Gläubigerausschuss vertrat fünf Einrichtungen, davon vier in Privateigentum (10). Das öffentlich-rechtliche Mitglied war der Nationale Eigentumsfonds (Fond národného majetku). Darüber hinaus gab es den der Kommission vorliegenden Informationen zufolge sechs gesicherte Gläubiger, darunter vier staatliche/öffentliche Stellen: der Nationale Eigentumsfonds, der Umweltfonds (Environmentálny fond), die Slowakische Garantie- und Entwicklungsbank (Slovenská záručná a rozvojová banka, a. s.) und die Stadt Nováky.

(35)

Gemäß dem slowakischen Insolvenzgesetz teilte der Insolvenzverwalter den ungesicherten und den gesicherten Gläubigern (auf ihrer gemeinsamen Versammlung am 26. Januar 2011) mit, dass die Betriebskosten von NCHZ höher waren als die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb. Außerdem legte der Insolvenzverwalter ihnen eine wirtschaftliche Analyse vom 23. Dezember 2010 vor, in der mehrere mögliche Szenarien und eine Aufstellung der Kosten und Einnahmen aus Sicht der Gläubiger beschrieben wurden. Die Analyse kam zu dem Ergebnis, dass es im Interesse der Gläubiger sei, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen und NCHZ als laufendes Unternehmen zu verkaufen. Ergänzt wurde die Analyse des Insolvenzverwalters durch eine Präsentation der Geschäftsleitung von NCHZ mit dem Titel „NCHZ Nováky — Machbarkeitsstudie zur Umstrukturierung“. Auch sie sah die beste Lösung für die Gläubiger darin, NVHZ als laufendes Unternehmen zu veräußern. Nach Prüfung dieser Studien einigten sich alle Gläubiger im Gläubigerausschuss und alle gesicherten Gläubiger am 26. Januar 2011 auf die Weiterführung des Unternehmens. Am 23. Februar 2011 wurde der Beschluss vom Gericht in Trenčín gebilligt und für den Insolvenzverwalter für bindend erklärt.

(36)

Nach der Annahme durch die Gläubiger und durch das Gericht in Trenčín wurde der Geschäftsbetrieb von NCHZ bis zum Verkauf des Unternehmens im Juli 2012 an Via Chem Slovakia weitergeführt.

2.3.3.   Beschluss der Kommission zur Einleitung des förmlichen Verfahrens

(37)

Im Einleitungsbeschluss vom 2. Juli 2013 wurde festgestellt, dass NCHZ während des Insolvenzverfahrens nicht alle Sozialversicherungsbeiträge für seine Beschäftigten entrichtet und auch andere Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen staatlichen Stellen nicht erfüllt hatte. Die öffentlichen Verbindlichkeiten für den Zeitraum 2009 bis 2011 beliefen sich auf insgesamt 12,1 Mio. EUR. In Anbetracht der finanziellen Probleme von NCHZ schon im Vorfeld des Insolvenzverfahrens war damit zu rechnen, dass sich bei einer Weiterführung des Geschäftsbetriebs die Verbindlichkeiten des Unternehmens gegenüber der öffentlichen Hand weiter erhöhen würden und nicht mehr beglichen werden könnten. Diese Verschuldung hätte vermieden oder zumindest erheblich verringert werden können, wenn der Geschäftsbetrieb während des Insolvenzverfahrens eingestellt worden wäre.

(38)

Zudem gab es deutliche Anzeichen dafür, dass die Entscheidung der Gläubiger, den Geschäftsbetrieb von NCHZ nach Außerkrafttreten des Gesetzes weiterzuführen, dem Staat zuzurechnen war und dem Unternehmen dadurch ein unzulässiger selektiver wirtschaftlicher Vorteil verschafft wurde.

(39)

Die Kommission kam daher zu dem vorläufigen Ergebnis, dass NCHZ ein Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschafft worden ist, den das Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, indem ihm über einen beträchtlichen Zeitraum die Weiterführung seines Geschäftsbetriebs und seiner Marktaktivitäten gestattet wurde, ohne Sozialversicherungsbeiträge abführen und andere öffentliche Forderungen erfüllen zu müssen.

(40)

Die Kommission hatte zudem Zweifel, ob die Ausschreibung für den Verkauf von NCHZ bedingungsfrei war, da einige Bieter die Möglichkeit hatten, ihr Angebot nachträglich zu erhöhen, nachdem bereits alle Angebote eingereicht worden waren. Deshalb hatte die Kommission Zweifel, ob der Preis, den der erfolgreiche Bieter für die Vermögenswerte des Unternehmens gezahlt hatte, einen Marktpreis darstellte und ob damit der höchstmögliche Verkaufserlös erzielt wurde, um die Forderungen der Gläubiger einschließlich des Staates befriedigen zu können. Darüber hinaus gab es deutliche Anzeichen, dass die wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und dem neuen Unternehmen nicht unterbrochen wurde. Das würde bedeuten, dass rechtswidrig gezahlte staatliche Beihilfen für NCHZ vom neuen Eigentümer des Unternehmens zurückgefordert werden können.

(41)

Die Kommission hat daher beschlossen, das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuleiten.

3.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(42)

Zu dem Einleitungsbeschluss haben sich zwei Beteiligte geäußert, der Beschwerdeführer und ein weiterer Beteiligter, der anonym bleiben möchte. Beide bestätigten die von der Kommission im Einleitungsbeschluss angeführten Fakten und Schlussfolgerungen.

(43)

Die Beteiligten wiesen auf den offensichtlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Schwierigkeiten von NCHZ und der Einführung des Gesetzes über strategische Unternehmen hin, das in einem beschleunigten Legislativverfahren angenommen worden ist. Nur einen Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes hat die slowakische Regierung beschlossen, NCHZ zu einem strategischen Unternehmen im Sinne des Gesetzes zu erklären. Beide Beteiligten behaupteten, dass der Staat das absehbare Risiko eines weiteren Anstiegs der öffentlichen Verbindlichkeiten hätte abwenden können, wenn er NCHZ nicht den Status eines strategischen Unternehmens gewährt hätte.

(44)

Zudem habe NCHZ vermutlich von dem Vorteil profitiert, den ein Unternehmen hat, das sich kraft Gesetzes nicht aus dem Markt zurückziehen kann und dadurch ein zuverlässiger Geschäftspartner bleibt, während sich bei anderen Unternehmen in der gleichen Situation, d. h. im Insolvenzverfahren, die Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Kunden in Anbetracht der zu befürchtenden Geschäftsaufgabe aller Wahrscheinlichkeit nach verschlechtern würden.

(45)

Zur Weiterführung des Betriebs von NCHZ nach dem Beschluss des Gläubigerausschusses argumentiert einer der Beteiligten, das in staatlichem Eigentum stehende Mitglied des Gläubigerausschusses hätte versuchen können und sollen, die anderen Ausschussmitglieder dazu zu bewegen, anders abzustimmen, oder es hätte zumindest selbst gegen die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ stimmen können und sollen. Das Gleiche gelte für den Staat als gesicherter Gläubiger, der den Beteiligten zufolge berechtigt war, gegen den Beschluss über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu stimmen. Die Beteiligten sehen in dieser Unterlassung einen Hinweis darauf, dass der Beschluss des Gläubigerausschusses und der gesicherten Gläubiger dem Staat zugerechnet werden kann.

(46)

Nach Einschätzung der Beteiligten war auch die Entscheidung des Gerichts von Trenčín über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ dem Staat zuzurechnen.

(47)

Beide Beteiligten behaupteten, die Weiterführung des Betriebs von NCHZ habe den Wettbewerb insbesondere auf dem Calciumcarbidmarkt verfälscht und NCHZ habe in diesem Zeitraum eine sehr aggressive Preispolitik betrieben.

(48)

Zum Verkauf von NCHZ sagte einer der Beteiligten, die in der Ausschreibung genannten Verpflichtungen hätten einen ungewissen Ausgang der Ausschreibung vermuten lassen. Deshalb habe er sich nicht an der Ausschreibung beteiligt, obwohl der Erwerb von NCHZ für ihn durchaus von Interesse gewesen sei.

(49)

Schließlich stellten die Beteiligten fest, dass der Geschäftsbetrieb von Fortischem und seine Marktpräsenz im Wesentlichen mit denen des ehemaligen Unternehmens NCHZ identisch seien. Die einzige erkennbare Veränderung sei der Wechsel des Namens und des Eigentümers.

4.   STELLUNGNAHMEN DER SLOWAKEI

Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils für NCHZ

(50)

Der Slowakei zufolge war der Insolvenzverwalter von NCHZ verpflichtet, den Betrieb nach Maßgabe des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2010 weiterzuführen. Zum Gesetz merkte die Slowakei an, es sei eine allgemeine Regelung gewesen und habe für alle Unternehmen gegolten, soweit sie die Voraussetzungen erfüllten.

(51)

Zwar ist im ersten Zeitraum kein Beschluss der Gläubiger oder des Gerichts ergangen, doch nach Einschätzung der Slowakei hätten die Gläubiger wohl auf jeden Fall für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ gestimmt, auch wenn es das Gesetz nicht gegeben hätte. Die Slowakei verwies auf die vorläufige Analyse und auf öffentliche Äußerungen des Insolvenzverwalters vom Oktober 2009 (also vor Inkrafttreten des Gesetzes), wonach die Weiterführung von NCHZ favorisiert worden sei. Folglich habe das Gesetz gar keine materielle Wirkung entfaltet, denn auch ohne das Gesetz hätte NCHZ seinen Betrieb nach Maßgabe der regulären Insolvenzvorschriften weitergeführt.

(52)

Nachdem das Gesetz im Dezember 2010 außer Kraft getreten war, ersuchte der Insolvenzverwalter den Gläubigerausschuss um Anweisungen hinsichtlich der Weiterführung des Unternehmens. Der Ausschuss sprach sich für die Weiterführung aus; seine Entscheidung wurde vom Gericht in Trenčín bestätigt (11). Die Slowakei hat die wirtschaftliche Analyse vorgelegt, die als Grundlage für die Entscheidung des Gläubigerausschusses erstellt worden war. Das Unternehmen wurde bis zu seinem Verkauf im Jahr 2012 weitergeführt.

(53)

Die Slowakei legte außerdem eine hypothetische Analyse des Insolvenzverwalters vor, die nach der gleichen Methode wie die Analyse im zweiten Zeitraum erstellt wurde (Fortführung des Betriebs auf der Grundlage der Entscheidung der Gläubiger und des Gerichts). Danach wäre das Ergebnis nicht anders als bei der Analyse im zweiten Zeitraum ausgefallen, wenn die Liquidation zu Beginn des ersten Zeitraums in Erwägung gezogen worden wäre (Fortführung des Betriebs nach Maßgabe des Gesetzes). Trotz geringerer Verbindlichkeiten von insgesamt 8,5 Mio. EUR wäre der Erlös aus der Liquidation auch nicht höher gewesen als die Kosten und die laufenden Verbindlichkeiten.

(54)

Aufgrund dessen behauptete die Slowakei, der Staat habe sich während des Insolvenzverfahrens an das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehalten. Folglich habe der Staat NCHZ keinen wirtschaftlichen Vorteil und keine staatliche Beihilfe gewährt.

Rückforderung des Staates gegenüber dem insolventen Unternehmen NCHZ

(55)

Der Slowakei zufolge hat sich die Sozialversicherungsgesellschaft (Sociálna poisťovňa) bei ihrer Verwaltung der Forderungen gegenüber NCHZ und der Rückforderung an das Sozialversicherungsgesetz Nr. 461/2003 (geänderte Fassung) und das slowakische Insolvenzgesetz gehalten. Die Sociálna poisťovňa habe alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Sie habe die unterlassene Zahlung von Prämien nicht akzeptiert und ihre Forderungen ordnungsgemäß beim Insolvenzverwalter angemeldet.

(56)

Die Sozialversicherungsgesellschaft hatte keine Forderungen gegenüber NCHZ, die vor dem Insolvenzantrag entstanden sind und nach Paragraf 28 des slowakischen Insolvenzgesetzes in das Insolvenzverfahren hätten einbezogen werden müssen. (12) Folglich gehörte sie auch nicht dem Gläubigerausschuss an, der über die Weiterführung des Betriebs von NCHZ zu entscheiden hatte.

(57)

Die einzige Möglichkeit, ihre Forderungen durchzusetzen, bestand darin, sie im laufenden Insolvenzverfahren als Masseanspruch anzumelden, was sie (über ihre Geschäftsstelle in Prievidza) gemäß Paragraf 87 und 88 des slowakischen Insolvenzgesetzes auch getan hat (siehe dazu Tabelle 2).

(58)

Nach Paragraf 87 Absatz 3 des slowakischen Insolvenzgesetzes sind Masseansprüche vom Insolvenzverwalter aus dem Erlös der Liquidation des Vermögens durch termingerechte Zahlung zu erfüllen. Der Insolvenzverwalter haftet gegenüber den Gläubigern mit Masseansprüchen für Verluste, die ihnen entstehen, wenn ihre Forderung gemäß dieser gesetzlichen Regelung nicht ordnungsgemäß und unverzüglich erfüllt wird, solange er nicht nachweisen kann, dass er mit gebotener Sorgfalt gehandelt hat. Am 24. August 2011 fand eine Sitzung der Vertreter der Sozialversicherungsgesellschaft und von NCHZ in der Geschäftsstelle in Prievidza statt. Auf dieser Sitzung informierte der Insolvenzverwalter die Vertreter der Sozialversicherungsgesellschaft darüber, dass er die Masseansprüche nicht befriedigen könne, da die Weiterführung des Geschäftsbetriebs Vorrang habe, um das Unternehmen zum bestmöglichen Preis verkaufen zu können.

(59)

Nach Paragraf 47 Absatz 1 des slowakischen Insolvenzgesetzes setzt eine Insolvenzerklärung alle rechtlichen und sonstigen Verfahren hinsichtlich der Vermögenswerte aus, die dem Insolvenzverfahren unterliegen und Eigentum der insolventen Partei sind. Die Aussetzung hemmt die im Insolvenzverfahren gesetzten Fristen.

(60)

Nach Paragraf 47 des slowakischen Insolvenzgesetzes hatte die Sozialversicherungsgesellschaft keine Möglichkeit, Masseansprüche durch einen Beschluss nach Maßgabe des Sozialversicherungsgesetzes oder Rückforderungen durch ein Vollstreckungsverfahren durchzusetzen (siehe Paragraf 48 des slowakischen Insolvenzgesetzes). In Tabelle 2 sind die von der Sozialversicherungsgesellschaft zwischen September 2009 und Januar 2012 angemeldeten Forderungen aufgeführt.

(61)

Am 15. November 2011 reichte die Sozialversicherungsgesellschaft (Geschäftsstelle Prievidza) bei der Bezirksstaatsanwalt in Prievidza Klage gegen Personen ein, die zum Handeln im Namen von NCHZ berechtigt waren. Ihr Vorwurf lautete, sie hätten von Juni 2011 bis September 2011 Versicherungsbeiträge weder erhoben noch abgeführt und sich somit nach Paragraf 277 und 278 des Gesetzes Nr. 300/2005 (Strafgesetzbuch, geänderte Fassung) gesetzeswidrig verhalten. Am 7. Februar 2012 setzte der Ermittler in der Bezirkspolizeidirektion von Prievidza das Strafverfahren aus, da keine Erkenntnisse vorlagen, die eine strafrechtliche Verfolgung der beschuldigten Personen begründet hätten.

Tabelle 2

Von der Sozialversicherungsgesellschaft zwischen September 2009 und Januar 2012 im Insolvenzverfahren angemeldete Forderungen (in 1 000 EUR)  (13)

Forderung

Datum der Anmeldung beim Insolvenzverwalter

Betrag in 1 000 EUR

Sozial- und Rentenversicherung

11.10.2010

(…)

Sozial- und Rentenversicherung

24.6.2011

(…)

Sozial- und Rentenversicherung

Dezember 2011

(…)

Bürgschaftsversicherung

11.10.2010

(…)

Bürgschaftsversicherung

24.6.2011

(…)

Bürgschaftsversicherung

18.1.2012

(…)

Gesamtbetrag der bis zum 31. Januar 2012 angemeldeten Forderungen

 

(…)

Verkauf von NCHZ

(62)

Der Slowakei zufolge wurde der Verkauf von NCHZ offen, transparent und bedingungsfrei durchgeführt und der Höchstbietende im Rahmen der Ausschreibung ordnungsgemäß ausgewählt. Der Verkauf sei als eine besondere Form eines Asset-Deals zu betrachten, bei der sämtliche Vermögenswerte mit den daran gebundenen Rechten und Verbindlichkeiten übertragen wurden.

(63)

Nach Einschätzung der Slowakei dürften es in diesem speziellen Fall die in der zweiten Ausschreibung genannten Bedingungen wohl kaum erschwert haben, den höchstmöglichen Preis zu erzielen, denn schließlich sei keiner der beiden an der zweiten Ausschreibung teilnehmenden Bieter bereit gewesen, die Verpflichtungen einzugehen. Zudem habe der am Ende erzielte Preis (2,2 Mio. EUR) nahe an dem in der ersten Ausschreibung gebotenen Preis (2 Mio. EUR) gelegen, und diese erste Ausschreibung, die aufgehoben wurde, sei bedingungsfrei gewesen.

(64)

Da NCHZ der Slowakei zufolge durch eine offene, transparente und bedingungsfreie Ausschreibung verkauft wurde, sei für die Vermögenswerte des Unternehmens ein Marktpreis erzielt worden. Die Slowakei sieht keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ, Via Chem Slovakia und dem Nachfolger Fortischem. Bei dem Geschäft zwischen Via Chem Slovakia und Fortischem seien weniger als 60 % des Unternehmens übertragen worden, da insbesondere keine Immobilien beteiligt waren. Schließlich behauptet die Slowakei, die Kommission habe nicht nachweisen können, dass NCHZ als laufendes Unternehmen verkauft worden ist, um die Rückforderung staatlicher Beihilfen zu umgehen.

(65)

Die Slowakei hat bestätigt, dass auch alle nichtmonetären Verpflichtungen im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen an den Käufer Via Chem Slovakia übertragen worden sind. Sie hat auch bestätigt, dass kein Wertgutachten über das Gesamtvermögen oder NCHZ als laufendes Unternehmen erstellt worden ist. Und sie hat bestätigt, dass alle während des Insolvenzverfahrens entstandenen Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand bei NCHZ verblieben sind und durch den Verkaufserlös erfüllt werden sollten.

5.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

5.1.   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(66)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(67)

Um festzustellen, ob es sich um eine staatliche Beihilfe handelt, ist daher zu prüfen, ob die kumulativen Kriterien nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV (Übertragung staatlicher Mittel, Zurechenbarkeit zum Staat, selektiver Vorteil, potenzielle Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels) in dem betreffenden Fall vorliegen. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die während der Weiterführung des insolventen Unternehmens NCHZ unterbliebene Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und anderen Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand zu bewerten: i) durch Anwendung des Gesetzes nach dem Beschluss der Regierung, NCHZ zu einem strategischen Unternehmen im Sinne des Gesetzes zu erklären (siehe Abschnitt 5.2), und ii) durch die Weiterführung des Geschäftsbetriebs gemäß Beschluss des Gläubigerausschusses mit Zustimmung der öffentlichen Gläubiger (siehe Abschnitt 5.3).

(68)

Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass die Regierung, indem sie NCHZ zu einem strategischen Unternehmen erklärte, in Anbetracht der finanziellen Schwierigkeiten von NCHZ schon im Vorfeld des Insolvenzantrags das Risiko eingegangen ist, dass die öffentlichen Verbindlichkeiten von NCHZ weiter steigen und am Ende nicht mehr bedient werden könnten. Das Risiko war groß, dass durch die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ während des Insolvenzverfahrens keine ausreichenden Einnahmen erzielt würden, um alle Betriebskosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und anderer Forderungen des Staates zu decken und dass die wachsenden Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand nicht fristgerecht bedient werden könnten. Nachdem genau dies im Verlauf des Jahres 2010 eingetreten ist, war das Risiko weiter steigender Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat Anfang 2011 noch klarer erkennbar, als der Gläubigerausschuss nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes beschloss, den Geschäftsbetrieb von NCHZ weiterzuführen. Die Gläubiger des Unternehmens wurden sogar ausdrücklich vom Insolvenzverwalter auf diese Problematik hingewiesen.

(69)

Durch die Weiterführung des insolventen Unternehmens wuchsen die Schulden bei der öffentlichen Hand weiter an. Während des Insolvenzverfahrens (2009-2012) erhöhte sich die Verschuldung auf insgesamt mehr als 13,3 Mio. EUR.

(70)

Festzustellen ist, dass die aufgelaufenen Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand aus dem Verkaufserlös für NCHZ (Verkaufspreis 2,2 Mio. EUR und […] Einnahmen) nicht gedeckt werden können. Bisher wurden erst etwa 4,0 Mio. EUR der Forderungen der öffentlichen Hand aus dem Verkaufserlös beglichen.

5.2.   Anwendung des Gesetzes auf NCHZ

(71)

Über einen Zeitraum von 13 Monaten (Gültigkeitsdauer des Gesetzes 1. Dezember 2009 bis 31. Dezember 2010) bildete die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ die Grundlage für die Weiterführung des Geschäftsbetriebs ungeachtet der Tatsache, dass die Kosten für den laufenden Betrieb durchgehend höher waren als die Einnahmen, so dass die Verschuldung weiter angestiegen ist.

(72)

Nach Paragraf 5 Buchstabe a des Gesetzes war der Insolvenzverwalter verpflichtet, das von der Regierung für strategisch wichtig erklärte Unternehmen weiterzuführen. Auf Nachfrage gab der Insolvenzverwalter an, dass er aufgrund des Gesetzes zur Weiterführung des insolventen Unternehmens gezwungen gewesen sei. So konnte NCHZ seinen Betrieb weiterführen und seine Geschäftsbeziehungen aufrechterhalten, obwohl der Insolvenzverwalter nach Lage der Dinge eigentlich verpflichtet gewesen wäre, die Einstellung der Geschäftstätigkeit und die Abwicklung des Unternehmens in Erwägung zu ziehen (da es nicht in der Lage war, alle Schulden zu begleichen).

5.2.1.   Übertragung staatlicher Mittel und Zurechenbarkeit

(73)

Wie oben ausgeführt wurde, hat die Slowakei das Gesetz angenommen und NCHZ auf der Grundlage dieses Gesetzes strategische Bedeutung zuerkannt. Deshalb war der Insolvenzverwalter nach dem Gesetz verpflichtet, den Betrieb von NCHZ während des Insolvenzverfahrens aufrechtzuerhalten.

(74)

Nachdem NCHZ strategische Bedeutung zuerkannt worden war, wurde der Betrieb weitergeführt, obwohl ganz eindeutig das Risiko bestand (und dann auch tatsächlich eintrat), dass die Einnahmen nicht ausreichen würden, um die Betriebskosten während des Insolvenzverfahrens einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und anderer Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand zu decken.

(75)

Somit hätte dieser absehbare Anstieg von Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand verhindert werden können, wenn der Staat seinen gesetzlichen Ermessensspielraum genutzt und NCHZ nicht den Status eines strategisch wichtigen Unternehmens zuerkannt hätte, so dass der Insolvenzverwalter gezwungen war, den Geschäftsbetrieb von NCHZ während des Insolvenzverfahrens weiterzuführen.

(76)

Darüber hinaus wurde es durch die Fortführung der Geschäftstätigkeit und den weiteren Anstieg der Verbindlichkeiten infolge der Anwendung des Gesetzes für die öffentlichen Gläubiger noch schwieriger, ihre Forderungen geltend zu machen.

(77)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass durch die Erklärung von NCHZ zu einem strategisch wichtigen Unternehmen eine Übertragung staatlicher Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV stattgefunden hat. Diese Mittelübertragung bestand in entgangenen Einnahmen aus Sozialversicherungsbeiträgen und anderen öffentlichen Forderungen, die während der Anwendung des Gesetzes von NCHZ nicht gezahlt worden sind. Die Kommission stellt außerdem fest, dass die Entscheidung, NCHZ zu einem strategisch wichtigen Unternehmen zu erklären, von der Regierung getroffen wurde und somit eindeutig dem slowakischen Staat zuzurechnen ist.

5.2.2.   Wirtschaftlicher Vorteil

(78)

Die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ gewährte dem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil, weil es dadurch vor dem regulären Ablauf eines Insolvenzverfahrens nach dem allgemeinen Insolvenzrecht bewahrt wurde. Fast 13 Monate lang konnte NCHZ seine Tätigkeit ausschließlich aufgrund der Anwendung des Gesetzes weiterführen. Der Insolvenzverwalter musste die Weiterführung des Betriebs sicherstellen, obwohl die Einnahmen die Betriebskosten einschließlich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht vollständig deckten. Durch die Anwendung des Gesetzes hatten der Insolvenzverwalter und die Gläubiger keine Möglichkeit zu entscheiden, ob die Weiterführung des Geschäftsbetriebs wirtschaftlich von Vorteil war.

(79)

Wegen seiner verlustreichen Geschäftstätigkeit konnte NCHZ während des Insolvenzverfahrens seine Verbindlichkeiten einschließlich der Sozial- und Krankenversicherungsbeiträge für seine Beschäftigten und andere Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen staatlichen Stellen nicht vollständig erfüllen.

(80)

Die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ zwang den Insolvenzverwalter, i) die Weiterführung des Betriebs von NCHZ sicherzustellen und ii) eine ungerechtfertigte Massenentlassung zu verhindern. Der Insolvenzverwalter gab selbst an, dass er infolge der Anwendung des Gesetzes gezwungen war, den Geschäftsbetrieb von NCHZ vollumfänglich aufrechtzuerhalten, und dass er keine Möglichkeit hatte, Alternativen zu prüfen und die für die Gläubiger des insolventen Unternehmens vorteilhafteste Lösung anzustreben.

(81)

Solange das Gesetz in Kraft war, konnte die Gläubigerversammlung nicht über die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens entscheiden. Es wurde auch keine Analyse durchgeführt, um festzustellen, ob die Weiterführung des Betriebs von NCHZ in diesem Stadium im Interesse der Gläubiger war. Erst kurz bevor das Gesetz außer Kraft trat, gab der Insolvenzverwalter eine umfassende wirtschaftliche Analyse in Auftrag und berief eine Versammlung der Gläubiger ein, um über die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ zu entscheiden.

(82)

Die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ war nicht durch Argumente, die auch die Gläubiger vertreten hätten, sondern durch andere öffentliche Erwägungen begründet. In der Erläuterung zum Beschluss der Regierung vom 2. Dezember 2009, mit dem NCHZ zu einem strategischen Unternehmen im Sinne des Gesetzes erklärt wurde, wird auf den drohenden Verlust von 1 700 Arbeitsplätzen bei NCHZ und weiteren 5 000 Arbeitsplätzen bei Lieferanten verwiesen, sollte das Unternehmen geschlossen werden. Ferner heißt es darin, dass ein Produktionsstopp bei NCHZ die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten chemischen Industrie der Slowakei negativ beeinflussen und somit die Wirtschaft des Landes insgesamt schwächen würde. Die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ durch die Regierung war somit ganz eindeutig nicht durch das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kreditgebers bestimmt. Obwohl im ersten Zeitraum kein Beschluss von den Gläubigern oder vom Gericht gefasst wurde, ist der Slowakei zufolge davon auszugehen, dass die Gläubiger auf jeden Fall für die Weiterführung des Betriebs von NCHZ gestimmt hätten, auch wenn das Gesetz nicht angewandt worden wäre. Die Slowakei verweist auf eine vorläufige Analyse vom 26. Oktober 2009 und auf öffentliche Äußerungen des Insolvenzverwalters vom Oktober 2009 (also vor Inkrafttreten des Gesetzes), wonach dieser die Weiterführung des Betriebs von NCHZ favorisiert hätte.

(83)

Die vorläufige Analyse des Insolvenzverwalters ist aber sehr knapp gehalten, und es werden keine Alternativen geprüft (Verkauf von Vermögenswerten oder Liquidation). Sie kann daher nicht als solide Grundlage gelten, auf die sich die Gläubiger gestützt hätten, um über die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ zu entscheiden. Außerdem hat das Gericht im Dezember 2009 einen neuen Insolvenzverwalter für NCHZ eingesetzt, der auf der Grundlage einer eingehenderen Bewertung möglicherweise zu anderen Schlussfolgerungen gelangt wäre. Jede weitere Bewertung wurde jedoch durch das Inkrafttreten des Gesetzes ausgesetzt, und weder die Gläubiger noch das Gericht hatten die Möglichkeit, sich unter Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Interessen mit der Sache zu befassen und darüber zu entscheiden.

(84)

Die Entscheidung der Gläubiger und des Gerichts, den Betrieb von NCHZ nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes weiterzuführen, wurde unter anderen wirtschaftlichen Voraussetzungen getroffen. Sie basierte auf einer wesentlich komplexeren und solideren wirtschaftlichen Bewertung, die im Dezember 2010 im Hinblick auf das Außerkrafttreten des Gesetzes erstellt worden ist. In dieser Analyse war in erster Linie zu berücksichtigen, dass NCHZ nach dem ersten Zeitraum noch Verbindlichkeiten (gegenüber privaten und öffentlichen Gläubigern) aus der vorangegangenen Weiterführung seiner Geschäftstätigkeit in Höhe von 16 Mio. EUR hatte, die Vorrang vor den im Vorfeld des Insolvenzverfahrens entstandenen Verbindlichkeiten hatten. Folglich hatten es die Gläubiger mit einer anderen Situation als zu Beginn des Insolvenzverfahrens zu tun, als ein Großteil der Verbindlichkeiten noch gar nicht bestand.

(85)

Nach den regulären Insolvenzvorschriften ist der Entscheidungsprozess durch Ungewissheit geprägt, die durch die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ ausgeräumt wurde, weil damit sichergestellt war, dass das Unternehmen seinen Betrieb zumindest bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes Ende 2010 weiterführen würde. Damit wurde ein starkes Signal an die Lieferanten und Kunden gesetzt, die jetzt sicher sein konnten, dass ihre Geschäftsbeziehungen zu NCHZ bestehen bleiben würden, denn NCHZ würde als strategisch wichtiges Unternehmen im Sinne des Gesetzes seinen Betrieb aufrechterhalten. Da die Liefersicherheit für Kunden im Chemiesektor ein ganz wichtiger Faktor ist, war NCHZ durch die Anwendung des Gesetzes sehr viel besser gestellt als beim regulären Insolvenzverfahren. Die Kunden von NCHZ hatten größere Sicherheit, dass NCHZ auch bei möglichen weiteren Verlusten und ungeachtet der Einschätzungen und Interessen der Gläubiger mindestens so lange weiter produzieren würde, bis das Gesetz außer Kraft trat. Auf diese Weise wurde NCHZ eine Sonderbehandlung im Vergleich zu seinen Wettbewerbern in ähnlicher Situation zuteil.

(86)

Dass Kunden im Falle einer Insolvenz zu anderen Lieferanten wechseln, ist kein rein hypothetisches Risiko. Obwohl das Unternehmen durch die Anwendung des Gesetzes abgesichert war, verlor es in den Jahren 2009 und 2010 mehrere Kunden, wie aus der nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes erstellten Wirtschaftsanalyse des Insolvenzverwalters hervorgeht. Ohne die Anwendung des Gesetzes hätte ein sehr viel höheres Risiko bestanden, infolge der durch das Insolvenzverfahren entstandenen Ungewissheit noch mehr Umsatz zu verlieren. Dadurch hätte sich auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Gläubiger in einer Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr gesehen hätten.

(87)

Die Slowakei legte eine hypothetische Analyse des Insolvenzverwalters vor, die nach der gleichen Methode wie die Analyse im zweiten Zeitraum erstellt wurde. Danach wäre das Ergebnis nicht anders als bei der Analyse im zweiten Zeitraum ausgefallen, wenn die Liquidation zu Beginn des ersten Zeitraums in Erwägung gezogen worden wäre. Trotz geringerer Verbindlichkeiten von insgesamt 8,5 Mio. EUR wäre der Liquidationserlös auch nicht höher gewesen als die Kosten und die laufenden Verbindlichkeiten. Der Insolvenzverwalter hat die sehr knappe hypothetische Analyse jedoch erst nachträglich (14) vorgelegt; sie wurde erst im März 2014 erstellt und übermittelt.

(88)

Die Slowakei hat keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Weiterführung des Betriebs von NCHZ auf der Grundlage einer eingehenden Analyse und Diskussion aller Beteiligten zu Beginn des Insolvenzzeitraums tatsächlich beschlossen worden wäre, auch wenn es das Gesetz nicht gegeben hätte. Wenn das Gesetz nicht auf NCHZ angewandt worden wäre, hätten sich noch mehr negative Konsequenzen für das Unternehmen ergeben (beispielsweise wären Kunden zu verlässlicheren Lieferanten gewechselt). Dadurch wäre es sehr viel wahrscheinlicher gewesen, dass sich die Gläubiger für eine Einstellung des Betriebs ausgesprochen hätten.

(89)

Die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ gewährte dem Unternehmen einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil, weil es dadurch vor dem regulären Ablauf des Insolvenzverfahrens nach dem allgemeinen Insolvenzrecht bewahrt wurde. Der Insolvenzverwalter, die Gläubiger und das Gericht hatten keine Möglichkeit, den Betrieb von NCHZ zu stoppen oder starke Einschnitte der Belegschaft zu beschließen (siehe Erwägungsgrund 27), weder zu Beginn des Insolvenzverfahrens noch später (im Jahr 2010) angesichts der Entwicklung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. NCHZ und anderen Beteiligten (Kunden und Lieferanten) wurde die Weiterführung zugesichert, die nach dem regulären Insolvenzrecht niemals gewährleistet ist.

(90)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass dem Unternehmen durch die Anwendung des Gesetzes ein unzulässiger wirtschaftlicher Vorteil verschafft wurde.

5.2.3.   Selektivität der Maßnahme

(91)

Die Entscheidung, das Gesetz auf NCHZ anzuwenden und damit die Weiterführung des Geschäftsbetriebs zu garantieren, ist eine Einzelmaßnahme der Regierung, die auf NCHZ abzielte und die somit per definitionem selektiv war.

(92)

Den slowakischen Behörden zufolge war das Gesetz eine allgemeine Maßnahme, die für alle Unternehmen gegolten habe, soweit sie die im Gesetz geforderten Voraussetzungen erfüllten. Abgesehen davon, dass nicht das Gesetz an sich die eigentliche Maßnahme ist, sondern seine Anwendung auf NCHZ aufgrund des Regierungsbeschlusses, stellt die Kommission fest, dass nach ständiger Rechtsprechung der EU-Gerichte auch ein allgemeingültiges Gesetz einem bestimmten Unternehmen einen selektiven Vorteil verschaffen kann.

(93)

Erstens: Auch wenn das Gesetz eine allgemeine Rechtsvorschrift war, legen die Umstände nahe, dass es de facto ausschließlich auf NCHZ ausgerichtet war (in der Presse wurde das Gesetz sogar teilweise als „Lex NCHZ“ bezeichnet). Das Gesetz wurde einen Monat nach dem Insolvenzantrag des Unternehmens beschlossen, und NCHZ war das einzige Unternehmen, auf das dieses Gesetz angewandt wurde.

(94)

Zweitens: Das Gesetz konnte nur auf ein Unternehmen angewandt werden, dem die Regierung „strategische“ Bedeutung bescheinigt hatte. Das Gesetz fand keineswegs automatisch auf jedes Unternehmen Anwendung, das die unter Paragraf 1 Absatz 2 des Gesetzes genannten Voraussetzungen erfüllte. Die Formulierung dieser Voraussetzungen ließ der Regierung zudem erheblichen Ermessensspielraum für ihre Entscheidung über die strategische Bedeutung eines Unternehmens. (15)

(95)

Die Kommission sieht daher in der Maßnahme, durch die sich die Verschuldung von NCHZ gegenüber dem Staat noch weiter erhöht hat, eine selektive Maßnahme im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

5.2.4.   Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

(96)

Durch die Anwendung des Gesetzes auf NCHZ wurden auch die Kosten gesenkt, die das Unternehmen sonst gehabt hätte. Die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb von NCHZ waren nicht hoch genug, um alle Betriebskosten einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge und anderer öffentlicher Forderungen, die während des Insolvenzverfahrens entstanden sind, zu decken. Obwohl NCHZ nicht in der Lage war, für seine Verbindlichkeiten, insbesondere gegenüber der öffentlichen Hand (die während der 13 Monate, in denen das Gesetz in Kraft war, nicht erfüllt wurden), aufzukommen, war es weiterhin auf dem Markt aktiv und bot seine Produkte im Wettbewerb mit anderen europäischen Chemieunternehmen an.

(97)

Wie oben beschrieben, verschaffte die Anwendung des Gesetzes NCHZ wirtschaftliche Vorteile, die andere Unternehmen in einer vergleichbaren Situation nicht haben. So bestand insbesondere ein sehr viel geringeres Risiko, Kunden und Lieferanten während des Insolvenzverfahrens zu verlieren. Dass das Unternehmen nach dem Gesetz verpflichtet war, seinen Betrieb aufrechtzuerhalten, war Grund genug für die Geschäftspartner, ihre Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmen nicht aufzugeben. Die Liefersicherheit für die Kunden von NCHZ, die in der Chemieindustrie ganz besonders wichtig ist, wurde durch die im Gesetz vorgesehene Weiterführung des Betriebs gewährleistet. Wäre das Gesetz nicht angewandt worden, hätten die Kunden von NCHZ vermutlich nach alternativen Lieferanten gesucht, weil sie hätten befürchten müssen, dass die Produktion wegen der schlechter werdenden finanziellen und wirtschaftlichen Situation des insolventen Unternehmens unvermittelt eingestellt werden könnte.

(98)

Die Verringerung der Kosten eines einzelnen Unternehmens stellt eine Betriebsbeihilfe dar und führt zu einer Verfälschung des Wettbewerbs, da die Konkurrenten die entsprechenden Kosten bzw. im Fall ihrer Zahlungsunfähigkeit die Konsequenzen zu tragen hätten. Eine Verfälschung des Wettbewerbs ist möglicherweise auch dadurch zustande gekommen, dass NCHZ künstlich auf dem Calciumcarbidmarkt und anderen Märkten gehalten wurde, auf denen es aktiv war.

(99)

Da es nur wenige Calciumcarbidhersteller in der EU gibt und die Erzeugnisse europaweit verkauft werden, beeinträchtigt die Maßnahme folglich auch den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

5.2.5.   Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe

(100)

Nach den vorstehenden Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass NCHZ ein selektiver Vorteil verschafft wurde, indem es zu einem strategischen Unternehmen im Sinne des Gesetzes erklärt wurde, dass diese Entscheidung dem Staat zuzurechnen war und dafür staatliche Mittel eingesetzt wurden und dass der Wettbewerb in einem für die Mitgliedstaaten offenen Markt verfälscht wurde. Folglich handelt es sich bei der Maßnahme um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV.

(101)

Die Höhe der Beihilfe entspricht den Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand, die in dem Zeitraum entstanden sind, als das Gesetz auf NCHZ angewandt wurde. Den von der Slowakei vorgelegten Informationen zufolge beliefen sich die Schulden zu Beginn des Zeitraums auf 735 817,44 EUR. (16) Als das Gesetz außer Kraft trat, betrugen die Verbindlichkeiten 5 519 241,54 EUR. (17) Damit beläuft sich die Beihilfe auf 4 783 424,10 EUR.

5.3.   Weiterführung des Geschäftsbetriebs nach dem Beschluss des Gläubigerausschusses

(102)

Nachdem das Gesetz außer Kraft war, war der Insolvenzverwalter nicht mehr verpflichtet, das Unternehmen weiterzuführen. Er unterrichtete die (gesicherten und ungesicherten) Gläubiger, dass die Verluste von NCHZ seit der Insolvenzerklärung stetig weiter angewachsen waren und die Betriebskosten höher waren als die Einnahmen aus dem laufenden Betrieb. Obwohl sie über den schlechten Zustand des Unternehmens im Bilde waren, einigten sich alle im Gläubigerausschuss vertretenen Gläubiger und die gesicherten Gläubiger im Januar 2011 darauf, dass NCHZ seinen Betrieb aufrechterhalten solle. Anschließend wurde der Beschluss nach slowakischem Insolvenzrecht vom Insolvenzgericht bestätigt und damit für den Insolvenzverwalter bindend.

5.3.1.   Zurechenbarkeit und wirtschaftlicher Vorteil

(103)

Die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ nach Außerkrafttreten des Gesetzes stützte sich auf einen Beschluss des Gläubigerausschusses (Vertretungsorgan der ungesicherten Gläubiger), dem vor allem private Unternehmen angehörten. Das förmliche Prüfverfahren hat ergeben, dass kein Mitglied des Gläubigerausschusses und keiner der gesicherten Gläubiger nach dem slowakischen Insolvenzgesetz ein Vetorecht hatte. Tatsächlich wurde in diesen Gremien mehrheitlich abgestimmt. Folglich hätte keine staatliche Einrichtung ihr Interesse an einer Beendigung des weiteren Schuldenanstiegs durchsetzen können.

(104)

Damit steht fest, dass die Weiterführung des Betriebs von NCHZ sich auf einen Beschluss stützte, der von den privaten Gläubigern getragen wurde, da die öffentlichen Gläubiger keine Möglichkeit hatten, ein Veto einzulegen. Folglich kann die Entscheidung zur Weiterführung des Betriebs von NCHZ, nachdem das Gesetz außer Kraft getreten war, nicht dem Staat zugerechnet werden.

(105)

Daran wird auch deutlich, dass die Entscheidung der verschiedenen öffentlichen Gläubiger, die Fortführung des Betriebs von NCHZ im zweiten Zeitraum zu unterstützen, zum gleichen Zeitpunkt und unter den gleichen Voraussetzungen (gleichrangig) getroffen wurde wie die Entscheidung der entsprechenden privaten Gläubiger. Demnach haben sich die öffentlichen Gläubiger wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kreditgeber verhalten.

(106)

Der Vollständigkeit halber hat die Kommission auch die wirtschaftliche Analyse des Insolvenzverwalters geprüft, die den Gläubigern und dem Gericht zu dem betreffenden Zeitpunkt zur Verfügung stand. In der Analyse werden mehrere mögliche Szenarien aufgezeigt und die Kosten und Einnahmen aus Sicht der Gläubiger von NCHZ miteinander verglichen. Aus der Analyse geht insbesondere hervor, dass die Einstellung des Betriebs von NCHZ erhebliche Kosten von mehr als 48 Mio. EUR mit sich bringen würde. Der Großteil der Kosten würde durch die Schließung und die umweltgerechte Sanierung der chemischen Produktionsanlagen (ca. 37,3 Mio. EUR) und durch Personalkosten (10,5 Mio. EUR bei Einhaltung aller gesetzlichen Verpflichtungen) zustande kommen. Demgegenüber wäre mit Einnahmen aus der Veräußerung einzelner Vermögenswerte in einer Größenordnung von etwa 47 bis 52 Mio. EUR zu rechnen (zusätzliche Kosten durch Rückbau und Abriss der Anlagen nicht eingerechnet).

(107)

Da die durch den Betrieb während des Insolvenzverfahrens entstandenen (öffentlichen und privaten) Verbindlichkeiten (zum damaligen Zeitpunkt 16 Mio. EUR) bevorzugt erfüllt werden mussten, würde keine der im Vorfeld des Verfahrens entstandenen Forderungen beglichen werden können. Die Analyse ging davon aus, dass der Verkauf des Unternehmens in Verbindung mit der Weiterführung des Betriebs wahrscheinlich einen höheren Erlös erzielen würde, denn durch die Einstellung des Betriebs würde ein Teil der technischen Anlagen unrettbar beschädigt werden. In der Analyse wird auch festgestellt, dass es trotz der erfolglosen ersten Ausschreibung mehrere Interessenten für das Unternehmen gab. Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass es im Interesse der Gläubiger wäre, den Geschäftsbetrieb weiterzuführen und NCHZ als laufendes Unternehmen zu verkaufen.

(108)

Die wirtschaftliche Analyse des Insolvenzverwalters wurde durch eine Analyse der Geschäftsleitung von NCHZ ergänzt, wonach der erwartete Realwert der Unternehmensaktiva bei einer Einstellung des Geschäftsbetriebs lediglich 15,5 Mio. EUR betragen würde, da ein nicht mehr laufendes Unternehmen für die Gläubiger von geringerem Interesse wäre. Außerdem wurde argumentiert, dass das Unternehmen nach einigen Umstrukturierungsmaßnahmen erfolgreich verkauft werden könnte. Da ein Personalabbau durch das Gesetz erschwert wurde, sind NCHZ-Mitarbeiter erst entlassen worden, als das Gesetz zu Beginn des zweiten Zeitraums nicht mehr in Kraft war. Insgesamt kam die Studie zu dem Schluss, dass es für die Gläubiger günstiger wäre, NCHZ als laufendes Unternehmen zu verkaufen.

(109)

Der Vorschlag zur Weiterführung des Unternehmens, der sich auf diese Analysen stützte, wurde anschließend sowohl von den öffentlichen als auch von den privaten Gläubigern befürwortet. Die Kommission stellt fest, dass auch die Schulden bei zumindest einigen der privaten Gläubiger während des Insolvenzzeitraums angestiegen waren und sich schließlich auf 11,5 Mio. EUR beliefen.

(110)

Außerdem hat die eingehende Prüfung gezeigt, dass nur zwei der vier in den Gläubigergremien vertretenen öffentlichen Gläubiger (Nationaler Eigentumsfonds, Umweltfonds, Slowakische Garantie- und Entwicklungsbank und die Stadt Nováky) von dem drohenden Anstieg der Verschuldung durch den weiteren Geschäftsbetrieb von NCHZ unmittelbar betroffen waren, und zwar der Umweltfonds mit zusätzlichen Forderungen von [100 000-500 000] EUR und die Stadt Nováky mit weiteren Forderungen von [300 000-800 000] EUR im zweiten Zeitraum. Die größten öffentlichen Gläubiger, deren Forderungen während des Insolvenzverfahrens weiter angestiegen sind, insbesondere die Kranken- und Sozialversicherungsgesellschaften, waren in keinem der Gläubigergremien vertreten, in denen über die Weiterführung von NCHZ entschieden wurde. Sie hatten daher keine Möglichkeit, direkten Einfluss auf die Entscheidung zu nehmen und die Weiterführung des Unternehmens zu verhindern. Diese öffentlichen Gläubiger haben alles darangesetzt, die ihnen geschuldeten Beträge zu erhalten. Dazu haben sie ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter angemeldet und alle ihnen nach dem Insolvenzgesetz zustehenden Durchsetzungsmechanismen genutzt.

(111)

Nach den vorstehenden Erwägungen geht die Kommission davon aus, dass sich die staatlichen Einrichtungen dem Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Kreditgebers entsprechend verhalten haben.

(112)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass NCHZ im zweiten Zeitraum, als das Gesetz nicht mehr in Kraft war und der Betrieb auf der Grundlage der Entscheidung des Gläubigerausschusses weitergeführt wurde, keinen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern hatte, die es unter normalen Marktbedingungen nicht auch erhalten hätte.

5.3.2.   Schlussfolgerung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe

(113)

Da mindestens zwei der kumulativen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe (Zurechenbarkeit zum Staat und wirtschaftlicher Vorteil) nicht gegeben sind, kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Weiterführung des Betriebs von NCHZ aufgrund der Entscheidung des Gläubigerausschusses keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV war.

5.4.   Rechtswidrige Beihilfe

(114)

Die Kommission stellt fest, dass mit der Anwendung des Gesetzes auf NCHZ, bei der es sich um eine staatliche Beihilfe handelte, gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen wurde, da keine Anmeldung vorgenommen und kein Beschluss der Kommission abgewartet wurde. Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass es sich bei der NCHZ gewährten Beihilfe um eine rechtswidrige staatliche Beihilfe handelte.

5.5.   Vereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Binnenmarkt

(115)

Da die oben beschriebene Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV war, ist ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anhand der in Artikel 107 Absatz 2 und Absatz 3 AEUV genannten Ausnahmen zu bewerten.

(116)

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Mitgliedstaat verpflichtet, mögliche Gründe für die Vereinbarkeit anzuführen und nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für die Vereinbarkeit gegeben waren. (18) Die slowakischen Behörden sehen in der Maßnahme keine staatliche Beihilfe, und sie haben keine Gründe angeführt, anhand derer die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt bewertet werden könnte.

(117)

Die Kommission hat dennoch geprüft, ob einer der im AEUV genannten Gründe prima facie auf die zu prüfenden Maßnahmen zutreffen könnte.

(118)

Da NCHZ sich zu dem Zeitpunkt, als die Maßnahmen gewährt wurden, im Insolvenzverfahren befand, war es eindeutig ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (im Folgenden „RuU-Leitlinien“) (19).

(119)

Deshalb muss jede Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt grundsätzlich anhand der in diesen Leitlinien genannten Kriterien erfolgen.

(120)

Die Kommission stellt fest, dass die Voraussetzungen für Rettungsbeihilfen nach Abschnitt 3.1 der RuU-Leitlinien offensichtlich nicht gegeben waren. Insbesondere wurden keine Liquiditätsbeihilfen in Form von Darlehensbürgschaften oder Darlehen gewährt, die Slowakei hat sich nicht verpflichtet, der Kommission einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquiditätsplan vorzulegen, usw.

(121)

Hinsichtlich der Umstrukturierungsbeihilfen gemäß Abschnitt 3.2 der RuU-Leitlinien stellt die Kommission fest, dass die Slowakei keine der oben als Umstrukturierungsbeihilfen bezeichneten Maßnahmen angemeldet hat und auch nicht nachgewiesen hat, dass die für eine Umstrukturierungsbeihilfe erforderlichen Elemente (Umstrukturierungsplan, Eigenbeitrag, Ausgleichsmaßnahmen usw.) vorhanden waren.

(122)

Nach Randnummer 34 der RuU-Leitlinien kann eine Beihilfe nur gewährt werden, wenn sie von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhängig gemacht wird, der im Falle von Einzelbeihilfen zuvor von der Kommission gebilligt werden muss. Die fragliche Beihilfe wurde ohne einen glaubwürdigen Umstrukturierungsplan gewährt, der die in den RuU-Leitlinien genannten Voraussetzungen erfüllt hätte. Dies allein würde schon ausreichen, um die Vereinbarkeit der Maßnahmen mit dem Binnenmarkt zu verneinen.

(123)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass die Slowakei in keiner Weise belegt hat, dass die notwendigen Voraussetzungen gegeben waren, um die Umstrukturierungsbeihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen zu können: Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität von NCHZ, Eigenleistung in ausreichender Höhe, angemessene Ausgleichsmaßnahmen usw.

(124)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die oben genannte Maßnahme die Voraussetzungen der RuU-Leitlinien nicht erfüllt und somit eine staatliche Beihilfe darstellt, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist.

5.6.   Rückforderung der Beihilfe

(125)

Nach Maßgabe des AEUV und nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission befugt zu entscheiden, dass der betreffende Mitgliedstaat eine rechtswidrig gewährte Beihilfe aufheben muss, wenn sie die Unvereinbarkeit der Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt hat. (20) Der Gerichtshof hat außerdem festgestellt, dass durch die Verpflichtung eines Mitgliedstaats, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärte Beihilfen aufzuheben, die frühere Lage wiederhergestellt werden soll. (21)

(126)

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass das Ziel erreicht ist, sobald der Empfänger die rechtswidrig gewährten Beträge zurückgezahlt hat und damit den Vorteil verliert, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, und die Lage vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt ist. (22)

(127)

Im Einklang mit dieser Rechtsprechung heißt es in Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (…).“ (23)

(128)

Da keine der fraglichen Maßnahmen bei der Kommission angemeldet worden ist (was gegen Artikel 108 AEUV verstößt) und da die Maßnahmen als rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar anzusehen sind, sind die gewährten Beträge zurückzufordern, um die Marktsituation wiederherzustellen, die vor Gewährung der Beihilfe bestanden hat. Die Rückforderung betrifft den Zeitraum von der Gewährung des Vorteils für den Empfänger, als ihm die Beihilfe zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückforderung. Zurückgefordert wird der gewährte Betrag zuzüglich der bis zur tatsächlichen Rückzahlung anfallenden Zinsen. Bei der Rückforderung wird der Anteil der staatlichen Beihilfe berücksichtigt, der nachweislich bereits aus dem Verkaufserlös für die Vermögenswerte von NCHZ zurückgezahlt worden ist.

(129)

Hinsichtlich des Verkaufs von NCHZ an Via Chem Slovakia und Fortischem wird die Kommission prüfen, ob möglicherweise eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen diesen Unternehmen besteht, was bedeuten würde, dass die Rückforderung der Beihilfe auf diese Unternehmen ausgeweitet werden müsste.

5.7.   Wirtschaftliche Kontinuität von NCHZ durch den Verkauf des Unternehmens

(130)

Wenn die Kommission in ihrem Beschluss die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe für ein Unternehmen nach Artikel 107 und Artikel 108 AEUV vorsieht, muss der betreffende Mitgliedstaat die rechtswidrige Beihilfe zurückfordern. Die Verpflichtung zur Rückforderung einer Beihilfe kann sich auch auf eine neue Gesellschaft erstrecken, an die das betreffende Unternehmen Teile seiner Vermögenswerte übertragen oder verkauft hat, wenn die Übertragung oder der Verkauf den Schluss nahelegt, dass zwischen den beiden Unternehmen eine wirtschaftliche Kontinuität besteht. (24)

(131)

Nach den Erkenntnissen der Kommission lässt sich zwar nicht direkt nachweisen, dass der Zweck der Transaktion darin bestand, die Auswirkungen eines möglichen Rückforderungsbeschlusses zu umgehen, doch den slowakischen Behörden war zumindest bekannt, dass die Kommission seit dem 17. Oktober 2011 eine Voruntersuchung wegen einer Beschwerde gegen NCHZ durchführte (siehe Erwägungsgrund (2)) und dass mit Entscheidung vom 22. Juli 2009 eine Geldbuße wegen der Beteiligung an einem Kartell in Höhe von 19,6 Mio. EUR gegen NCHZ verhängt worden war (siehe Erwägungsgrund (12)).

(132)

Laut einem Urteil des Gerichts in der Rechtssache Italien und SIM 2/Kommission, (25) das die Grundlage für die Beschlüsse der Kommission zu den Unternehmen Olympic Airlines, Alitalia und SERNAM (26) bildete, stützt sich die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen dem Beihilfeempfänger und dem Unternehmen, auf das seine Vermögenswerte übertragen wurde, auf mehrere Elemente. Die Bewertung kann anhand der folgenden Merkmale vorgenommen werden: marktüblicher Verkaufspreis, Umfang der verkauften Vermögenswerte (Aktiva und Passiva, Weiterbeschäftigung der Belegschaft, Vermögen insgesamt), Identität des Käufers/der Käufer, Zeitpunkt des Verkaufs (nach Einleitung der vorläufigen Bewertung, des förmlichen Prüfverfahrens oder des abschließenden Beschlusses) und ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion. Diese Elemente hat das Gericht in seiner Entscheidung vom 28. März 2012 in der Sache Ryanair/Kommission erneut angeführt, mit der die Alitalia-Entscheidung bestätigt wurde. (27)

(133)

Hinsichtlich des Verkaufs von NCHZ an Via Chem Slovakia und des Weiterverkaufs an Fortischem wird die Kommission anhand der genannten Kriterien prüfen, ob eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen NCHZ und dem Unternehmen besteht, das von Fortischem übernommen wurde und jetzt von ihm weiterbetrieben wird.

(134)

Die Kommission hält es nicht für sinnvoll, die wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Transaktionen, die zum Erwerb von NCHZ durch Fortischem geführt haben, d. h. dem Verkauf an Via Chem Slovakia und dem Weiterverkauf an Fortischem, getrennt zu analysieren. Via Chem Slovakia hat das Unternehmen im Rahmen der zweiten Transaktion am 1. August 2012, also einen Tag nach Abschluss der ersten Transaktion, an Fortischem verkauft. Demnach hat Via Chem Slovakia das Unternehmen NCHZ niemals selbst geleitet und betrieben.

(135)

Die Kommission räumt ein, dass die beiden Transaktionen nicht den gleichen Umfang haben, da einige Immobilien (Gebäude und Grundstücke) nach wie vor Eigentum von Via Chem Slovakia sind. Aus den vorliegenden Informationen geht jedoch eindeutig hervor, dass alle wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ, die Via Chem Slovakia erworben hat, unmittelbar darauf an Fortischem übertragen wurden. Mit Ausnahme der Immobilien hat Fortischem von Via Chem Slovakia alle Vermögenswerte und Rechte im Zusammenhang mit der Chemieproduktion (Produktionsanlagen und Ausrüstung, Verträge usw.) sowie die Verpflichtungen in Verbindung mit der Chemieproduktion (einschließlich aller Arbeitsverträge) übernommen. Immobilien, die nicht an Fortischem verkauft worden sind, die aber für die Fortführung der wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ erforderlich waren, wurden an Fortischem vermietet. Deshalb wird die Kommission prüfen, ob zwischen NCHZ und dem von Fortischem erworbenen Geschäftsbetrieb eine wirtschaftliche Kontinuität besteht. Die Besonderheiten der beiden Transaktionen werden berücksichtigt, soweit sie für diese Bewertung relevant sind.

5.7.1.   Verkaufspreis

(136)

In ihrem Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens äußerte die Kommission Zweifel daran, dass der von dem erfolgreichen Bieter Via Chem Slovakia für die Vermögenswerte des Unternehmens gezahlte Preis von 2,2 Mio. EUR marktüblich war.

(137)

Durch die Ausschreibungsbedingungen hat sich der Wert der Aktiva möglicherweise verringert. Die Ausschreibung sah vor, dass potenzielle Bieter selbst entscheiden konnten, ob ihr Angebot auch die „Verpflichtungen des Erwerbers“ beinhalten sollte (siehe dazu Erwägungsgründe (17) und (18)).

(138)

Für den Fall, dass ein Bieter ohne diese Bereitschaftserklärung das höchste Angebot einreichen sollte, sahen die Ausschreibungsbedingungen vor, dass der Höchstbietende, der sich zur Übernahme dieser Verpflichtungen bereit erklärte, die Möglichkeit haben würde, seinen Preis an das höchste Gebot anzugleichen. Diese Möglichkeit für einen Bieter, sein Angebot zu erhöhen, nachdem bereits alle Gebote eingegangen sind, kann nach Einschätzung der Kommission potenzielle Teilnehmer abschrecken und/oder sich negativ auf die eingereichten Angebote auswirken.

(139)

Um den Höchstpreis in einer Ausschreibung zu erzielen, kommt es u. a. darauf an, dass niemand die von den anderen Bietern angebotenen Preise kennt. Wenn sich ein Bieter zur Übernahme von Verpflichtungen bereit erklärt und von vornherein weiß, dass sein Angebot nur das höchste unter den Angeboten mit Verpflichtungen sein muss und er seinen Preis nachträglich an den des Höchstbietenden ohne Bereitschaftserklärung angleichen kann, kann er zunächst einen niedrigeren Preis anbieten als wenn die Möglichkeit einer Preisangleichung nicht vorgesehen wäre.

(140)

Möglicherweise werden dadurch auch Interessenten abgeschreckt, die die Verpflichtungen nicht eingehen wollen, weil sie wissen, dass sie selbst als Höchstbietende abgelehnt werden können, wenn ein Interessent, der zur Übernahme der Verpflichtungen bereit ist, sein Angebot nachträglich erhöhen kann. Der Bieter, der die Verpflichtungen nicht eingehen will, hätte in diesem Fall keine Möglichkeit, ein neues Angebot mit einem höheren Kaufpreis abzugeben.

(141)

Die vorstehenden Erwägungen lassen den Schluss zu, dass Bieter, die sich zur Übernahme der Verpflichtungen bereit erklären, in der Ausschreibung bevorzugt werden, da bei zwei gleich hohen Angeboten das Gebot mit der Bereitschaftserklärung den Zuschlag erhalten wird. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass ohne die Verpflichtungen möglicherweise ein höherer Preis zu erzielen wäre als der Preis, den der erfolgreiche Bieter geboten hat. Man kann davon ausgehen, dass die Übernahme der Verpflichtungen finanzielle Konsequenzen für den Käufer hat, die er in seinem Angebot berücksichtigen muss. Ohne die Verpflichtungen würde dieser Käufer vermutlich einen höheren Preis bieten.

(142)

Die Slowakei argumentiert, dass auch ein zur Übernahme der Verpflichtungen bereiter Bieter nicht sicher sein konnte, dass nicht ein anderer Bieter mit entsprechender Bereitschaft ein höheres Angebot vorlegen würde. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Angebote ohne diese Verpflichtungen generell schlechter behandelt wurden als Angebote mit der Bereitschaftserklärung und dass potenzielle Bieter, die die Verpflichtungen nicht übernehmen wollten, möglicherweise gar nicht erst teilgenommen haben.

(143)

Die Slowakei hat außerdem angeführt, dass es in Anbetracht des Gesamtvolumens der Verpflichtungen von mehr als 11 Mio. EUR höchst unwahrscheinlich war, dass ein Bieter sich dazu bereit erklären würde. Nach ihrem Dafürhalten hätte insbesondere angesichts des Preises von nur 2 Mio. EUR, der in der ersten Ausschreibung geboten wurde, kein vernünftiger Ausschreibungsteilnehmer Verpflichtungen mit einer derart hohen finanziellen Belastung übernommen. Mit den Verpflichtungen waren Investitionen von mindestens 11 Mio. EUR zur Finanzierung der gesetzlich vorgeschriebenen Umweltschutzmaßnahmen verbunden, um die Chemieproduktion fortsetzen zu können. Jeder Bieter, der die Chemieproduktion weiterführen wollte, musste diese Investition tätigen. Dieser Betrag musste also auch von den Bietern eingerechnet werden, die zur Übernahme der Verpflichtungen nicht bereit waren. Die anderen beiden Verpflichtungen (siehe Erwägungsgrund (17)) hatten zwar eine potenzielle Auswirkung auf die Preisgestaltung; ein Kaufinteressent, der den Betrieb von NCHZ weiterführen oder noch ausweiten wollte, sah darin jedoch sicherlich keine übermäßige Belastung in Anbetracht des Vorteils, der in der Ausschreibung für Angebote mit Übernahme der Verpflichtungen zugesichert wurde. Deshalb kann die Möglichkeit, ein Angebot mit den Verpflichtungen einzureichen, nicht als „extrem unwahrscheinlich“ abgetan werden. Vielmehr ist festzustellen, dass diese Möglichkeit geeignet war, den Angebotspreis zu beeinflussen.

(144)

Auch wenn letztlich keine Angebote mit Übernahme der Verpflichtungen eingegangen sind, konnte aufgrund der Ausschreibungsbedingungen nicht die höchstmögliche Anzahl konkurrierender Bieter mit ihren jeweils besten Angeboten erreicht werden. Dies wäre jedoch eine Voraussetzung gewesen, um den höchstmöglichen Marktpreis für den Verkauf zu erzielen.

(145)

Hinzu kommt, dass das gesamte laufende Unternehmen mit sämtlichen Aktiva verkauft werden sollte, so dass kein Bieter einzelne Vermögenswerte erwerben konnte. Dadurch war die Möglichkeit ausgeschlossen, den Endpreis durch Gebote auf Teilbereiche von NCHZ zu erhöhen (und damit potenzielle Schwierigkeiten durch die mögliche Einstellung des Betriebs zu vermeiden oder zu begrenzen). Die Kommission stellt anhand der von den slowakischen Behörden vorgelegten Unterlagen fest, dass einige potenzielle Bieter am Kauf einzelner Teile von NCHZ interessiert waren (bluO Epsilon Limited war beispielsweise nur am Erwerb der Carbidproduktionsanlagen interessiert). Deshalb ist nicht ausgeschlossen, dass der Verkauf von Teilbereichen von NCHZ einen höheren Gesamtverkaufspreis erzielt hätte.

(146)

Der Verkauf des Unternehmens von Via Chem Slovakia an Fortischem wurde ohne Ausschreibung zwischen zwei privaten Partnern abgewickelt. Der Preis wurde zwischen den beiden privaten Vertragspartnern ausgehandelt, so dass keine andere Partei einen höheren Preis bieten konnte. Daher gelten die Zweifel an der Marktüblichkeit des von Via Chem Slovakia gezahlten Preises auch für den von Fortischem gezahlten Preis.

(147)

Nach den vorstehenden Erwägungen ist nicht davon auszugehen, dass durch die Art des Verkaufs der Vermögenswerte von NCHZ der höchstmögliche Verkaufserlös erzielt werden konnte.

(148)

Nach den vorstehenden Erwägungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der von Via Chem Slovakia für NCHZ gezahlte Preis vermutlich kein wirklicher Marktpreis war, da sich die Ausschreibungsbedingungen und die Tatsache, dass nur Angebote für den Gesamtbestand an Aktiva eingereicht werden konnten, auf den Preis ausgewirkt haben dürften.

5.7.2.   Umfang der Transaktion

(149)

Um wirtschaftliche Kontinuität zu vermeiden, dürfen die Vermögenswerte und anderen Elemente des übertragenen Unternehmens nur einen Teil des vorherigen Unternehmens oder seiner Aktivitäten ausmachen. Je größer der Teil des vorherigen Unternehmens ist, der an ein neues Unternehmens übertragen wird, umso wahrscheinlicher wird es, dass die mit diesen Vermögenswerten zusammenhängende wirtschaftliche Tätigkeit weiter von der rechtswidrigen Beihilfe profitiert.

(150)

Die Slowakei behauptet zwar, der Verkauf sei ein „Asset-Deal“ gewesen, doch die Verkaufsbedingungen deuten darauf hin, dass NCHZ als laufendes Unternehmen verkauft wurde. Wie in Erwägungsgrund (19) ausgeführt wurde, wurden alle Vermögenswerte und zumindest ein Teil der übertragbaren Verpflichtungen an den neuen Eigentümer verkauft.

(151)

Der Verkauf von NCHZ an Via Chem Slovakia wurde am 19. Juli 2012 von der slowakischen Wettbewerbsbehörde genehmigt. Aus ihrer Entscheidung geht hervor, dass der gesamte Geschäftsbetrieb von NCHZ als laufendes Unternehmen Gegenstand der angemeldeten Fusion und somit des Verkaufs war. (28)

(152)

Der Tätigkeitsbereich des von Fortischem erworbenen Unternehmens ist der gleiche wie der frühere Tätigkeitsbereich von NCHZ. Dies ergibt sich aus einem Vergleich des Produktionsprogramms von NCHZ zu Beginn des Insolvenzverfahrens (29) mit dem aktuellen Produktionsprogramm, das sich auf der Website von Fortischem (30) findet. Sowohl bei NCHZ als auch bei Fortischem bilden anorganische (elektrolytische) Chemikalien einschließlich Calciumcarbid, organische Chemikalien, Polymere und PVC-Verarbeitungsprodukte den Schwerpunkt. Alle 14 Schlüsselerzeugnisse aus diesen Sparten, mit denen NCHZ im Jahr 2008 insgesamt 99 % seines Umsatzes erzielt hat, (31) werden auch von Fortischem produziert. 2013 erwirtschaftete Fortischem mit den genannten Produkten einen Umsatz von insgesamt 161,3 Mio. EUR. (32) Dies entspricht etwa dem von NCHZ während des Insolvenzverfahrens erzielten Umsatz von ca. 150-160 Mio. EUR. (33) Demnach sind sowohl das Produktionsprogramm als auch der Umsatz der übernommenen Geschäftstätigkeit mit dem Programm und dem Umsatz bei NCHZ identisch. Fortischem hat mehr als 95 % der 1 412 Beschäftigten von NCHZ übernommen. Die Beschäftigten wurden nicht entlassen und danach von Fortischem neu eingestellt; ihre Arbeitsverträge wurden einfach auf Fortischem übertragen.

(153)

Die Slowakei argumentiert, dass weniger als 60 % des Unternehmens übertragen worden seien, da insbesondere keine Immobilien eingeschlossen gewesen seien. Wie oben erläutert wurde (siehe Erwägungsgrund (134)), mietet Fortischem die für die Chemieproduktion benötigten Immobilien (Flächen und Gebäude) von Via Chem Slovakia. Abgesehen von den Immobilien wurden alle anderen Vermögenswerte, Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem übertragenen Geschäftsbetrieb von Fortischem übernommen. Fortischem führt den Geschäftsbetrieb von NCHZ weiter und bietet weiterhin das gleiche Produktportfolio an.

(154)

Auch die Geschäftsleitung von NCHZ wurde von Fortischem übernommen. So wurde beispielsweise der ehemalige CEO von NCHZ Vorstandsvorsitzender bei Fortischem.

(155)

Beim Erwerb von NCHZ hat Fortischem in der Presse öffentlich angekündigt, dass keine größeren Änderungen hinsichtlich des Personals oder der Produktion geplant seien und dass die Geschäftsleitung übernommen werde. (34)

(156)

Hinsichtlich des Umfangs der Transaktion ist somit festzustellen, dass Fortischem alle wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ mit sämtlichen damit verbundenen Vermögenswerten, Rechten und Pflichten übernommen hat. Die Tatsache, dass ein Teil der Wirtschaftsgüter nicht im Eigentum von Fortischem steht, sondern gemietet wird, ändert nichts daran, dass Fortischem schlicht und einfach die wirtschaftlichen Aktivitäten von NCHZ im gleichen Umfang wie vor der Transaktion fortsetzt.

(157)

Die beiden Parteien, die eine Stellungnahme abgegeben haben, behaupten zudem, dass Fortischem sich in gleicher Weise wie NCHZ verhalte und die gleiche Produktpalette auf den gleichen geografischen Märkten anbiete und sich erkennbar nur der Name geändert habe.

(158)

Demzufolge setzt Fortischem den Geschäftsbetrieb von NCHZ ohne wesentliche Änderungen in geschäftlicher und personeller Hinsicht sowie im Hinblick auf die Produktion fort.

5.7.3.   Identität der Eigentümer

(159)

Wenn die Eigentümer des erwerbenden Unternehmens die gleichen sind wie die des verkauften Unternehmens, wäre das ein deutlicher Hinweis auf die wirtschaftliche Kontinuität.

(160)

In diesem Fall konnte die Kommission keine Bestätigung für die Behauptung des Beschwerdeführers finden, es bestünden Verbindungen zwischen den früheren und den jetzigen Eigentümern von NCHZ. Die unmittelbaren Eigentümer sind nicht die gleichen. Aus unabhängigen und zuverlässigen Quellen lässt sich jedoch nicht feststellen, wer die eigentlichen Eigentümer hinter einigen der in Zypern ansässigen direkten oder indirekten Muttergesellschaften sind.

(161)

Die slowakischen Behörden haben eidesstattliche Erklärungen von Energochemica, der derzeitigen Muttergesellschaft von Fortischem vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass zwischen den Eigentümern von Fortischem und den früheren Eigentümern von NCHZ keinerlei Zusammenhang besteht.

(162)

Solange nicht das Gegenteil bewiesen ist, geht die Kommission davon aus, dass zwischen den ursprünglichen und den neuen Eigentümern des an Fortischem übertragenen Unternehmens NCHZ keine Verbindungen bestehen.

5.7.4.   Zeitpunkt des Verkaufs

(163)

Der Verkauf hat stattgefunden, nachdem die Kommission die vorläufige Prüfung der Beschwerde eingeleitet und die Beschwerde zur Stellungnahme an die Slowakei weitergeleitet hatte. Somit war der slowakische Staat zumindest darüber informiert, dass es sich bei den fraglichen Maßnahmen möglicherweise um illegale und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen handeln könnte, die zurückgefordert werden müssten.

5.7.5.   Ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion

(164)

Anhand des Kriteriums der ökonomischen Folgerichtigkeit soll festgestellt werden, ob der Käufer die erworbenen Vermögensgüter in der gleichen Weise nutzt wie zuvor der Verkäufer oder ob er sie in seine eigene Geschäftsstrategie integriert und damit Synergien realisiert, die sein Interesse am Erwerb dieser Aktiva erkennen lassen.

(165)

Fortischem hat die gesamte Chemiesparte von NCHZ, d. h. den wichtigsten Teil von NCHZ als laufendes Unternehmen, zusammen mit mehr als 95 % der Beschäftigten und den dazugehörigen Rechten und Pflichten erworben. Wie oben ausgeführt wurde, sind das Produktportfolio und der Tätigkeitsbereich von Fortischem und NCHZ identisch.

(166)

Fortischem hat zudem in der Presse öffentlich verkündet, dass keine großen Veränderungen in der Geschäftsleitung von NCHZ und im Umfang seiner Aktivitäten geplant seien. (35) Obwohl Fortischem Teil einer größeren Unternehmensgruppe, des Energochemica-Konzerns ist, ergeben sich offenbar keine größeren Synergieeffekte mit anderen Konzernmitgliedern. Einige von ihnen sind ebenfalls in der Chemieindustrie, jedoch in anderen Sparten aktiv (Lichtschutzmittel, Phenolharze, Detergenzien usw.). Somit scheint keine enge Verbindung zu den Aktivitäten von Fortischem zu bestehen.

(167)

Es gab keinen Wechsel in der Geschäftsstrategie. Fortischem nutzt die erworbenen Aktiva in gleicher Weise wie zuvor der Verkäufer.

5.7.6.   Schlussfolgerung hinsichtlich der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und dem von Fortischem erworbenen und geführten Geschäftsbetrieb

(168)

Die einzigen Veränderungen betreffen offensichtlich den Namen der Gesellschaft und die juristische Person, zu der sie gehört. Unter Nummer 1.2 der Ausschreibungsbedingungen heißt es, dass NCHZ als Ganzes mit allen Mobilien und Immobilien sowie der Belegschaft veräußert werden soll. Unter Nummer 3.1 des Kaufvertrags zwischen Via Chem Slovakia und NCHZ vom 16. Januar 2012 heißt es, dass „das laufende Unternehmen, das nach diesem Vertrag übertragen wird, alle Immobilien, Mobilien, anderen Rechte und Eigentumswerte umfasst, die i) für den Betrieb des laufenden Unternehmens wichtig sind oder aufgrund ihrer Art diesem Zweck dienen und ii) sich an dem betreffenden Tag im Eigentum des Verkäufers befinden“. Außerdem führt der Käufer das Produktportfolio und die Geschäftspolitik von NCHZ weiter. Und schließlich ist der Preis, der für NCHZ gezahlt wurde, vermutlich kein Marktpreis.

(169)

Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass zwischen NCHZ und Fortischem eine wirtschaftliche Kontinuität besteht.

(170)

Nach den vorstehenden Erwägungen kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der Vorteil, den die Slowakei NCHZ gewährt hat, eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe darstellt und dass die Rückforderung dieser unvereinbaren staatlichen Beihilfe für NCHZ auf den neuen Eigentümer des Unternehmens ausgeweitet werden muss. Mit seiner fortgesetzten operativen Präsenz auf dem Markt profitiert Fortischem nach wie vor von der staatlichen Beihilfe, die NCHZ für seine wirtschaftlichen Aktivitäten erhalten hat, und beeinträchtigt weiter das Marktgeschehen.

6.   SCHLUSSFOLGERUNG

(171)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die Entscheidung der slowakischen Regierung, NCHZ im Sinne des Gesetzes zu einem strategischen Unternehmen zu erklären und es damit vor der regulären Anwendung des Insolvenzrechts zu bewahren, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellte.

(172)

Die Kommission kommt ferner zu dem Schluss, dass diese Beihilfe rechtswidrig gewährt wurde, da sie weder angemeldet war noch ein Beschluss der Kommission abgewartet wurde, wie es Artikel 108 Absatz 3 AEUV vorsieht.

(173)

Schließlich kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist, da die maßgeblichen Bedingungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien von 2004 nicht eingehalten wurden und keine anderen Gründe für die Vereinbarkeit festgestellt werden konnten.

(174)

Die Beihilfe ist von NCHZ zurückzufordern, und diese Rückforderung muss sich in Anbetracht der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Fortischem und NCHZ auch auf Fortischem erstrecken —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 4 783 424,10 EUR, die die Slowakei unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig zugunsten von NCHZ gewährt hat, indem sie dem Unternehmen nach Maßgabe des Gesetzes über strategisch wichtige Unternehmen strategische Bedeutung zuerkannt und es damit vor der regulären Anwendung des Insolvenzrechts bewahrt hat, ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 2

Die Weiterführung des Geschäftsbetriebs von NCHZ nach dem Außerkrafttreten des Gesetzes aufgrund der Entscheidung des Gläubigerausschusses stellte keine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 3

1.   Die Slowakei fordert die in Artikel 1 genannte mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von NCHZ zurück.

2.   In Anbetracht der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen NCHZ und Fortischem erstreckt sich die Rückzahlungsverpflichtung auch auf Fortischem.

3.   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem NCHZ die Beihilfe zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

4.   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (36) und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 (37) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 4

1.   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

2.   Die Slowakei stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

1.   Die Slowakei übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der von den Empfängern zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, die belegen, dass eine Rückzahlungsanordnung an die Empfänger ergangen ist.

2.   Die Slowakei unterrichtet die Kommission über den Fortgang ihrer Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt die Slowakei unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt die Slowakei ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die von den Empfängern bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Slowakei gerichtet.

Brüssel, den 15. Oktober 2014.

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Beschluss der Kommission C(2013) 3555 final vom 2. Juli 2013 (ABl. C 297 vom 12.10.2013, S. 85).

(2)  Auf Antrag des Beschwerdeführers wird dessen Identität nicht offengelegt.

(3)  Siehe Fußnote 1.

(4)  Eigentümerin war die Disor Holdings Limited, eine Gesellschaft ohne ausgewiesene Geschäftstätigkeit mit Sitz in Zypern, deren eigentliche Eigentümer öffentlich nicht bekannt sind.

(5)  Verhängt wurde die Geldbuße durch die Entscheidung der Kommission vom 22. Juli 2009 in der Sache COMP/39.396 — Calciumcarbid und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl- und Gasindustrie (ABl. C 301 vom 11.12.2009, S. 18).

(6)  Nach geltendem Recht sind die Mitglieder des Gläubigerausschusses ungesicherte Gläubiger. Sie werden in der Hauptversammlung aller Gläubiger gewählt, in der sich die Stimmenzahl jedes Gläubigers nach seinen Forderungen bemisst.

(7)  Vertrauliche Information.

(8)  Zákon č. 7/2005 Z.z. z 9. decembra 2004 o konkurze a reštrukturalizácii a o zmene a doplnení niektorých zákonov [Gesetz Nr. 7/2005 vom 9. Dezember 2004 über Insolvenz und Umstrukturierung sowie zur Änderung verschiedener Gesetze].

(9)  Erläuterung zum Regierungsbeschluss Nr. 534/2009 vom 2. Dezember 2009, durch den NCHZ zu einem strategisch wichtigen Unternehmen erklärt wurde.

(10)  Im Gläubigerausschuss vertretene private Unternehmen: INVEST — KREDIT, s.r.o. (im Eigentum der DISOR HOLDINGS LIMITED, alleiniger Anteilseignerin von NCHZ); Novácká Energetika, a.s. (ursprünglich eine Tochter von NCHZ, Mehrheitseignerin ist seit Januar 2011 die STUPEFY HOLDINGS LIMITED); M-ENERGO, s.r.o. (Mehrheitseignerin STUPEFY HOLDINGS LIMITED) und DAK KIABA, s.r.o.

(11)  Obchodný vestník [Handelsblatt] Nr. 37B vom 23.2.2011.

(12)  Die Sozialversicherungsgesellschaft war keine gesicherte Gläubigerin, da die Verbindlichkeiten ihr gegenüber erst nach Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden sind.

(13)  Alle Zahlen gerundet.

(14)  Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF, C-124/10, EU:C:2012:318, Rn. 83-85 und 105; Urteil vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C-482/99, EU:C:2002:294, Rn. 71 und 72; Urteil vom 30. April 1998, City Flyer Express Ltd/Kommission, T-16/96, EU:T:1998:78, Rn. 76.

(15)  Siehe hierzu insbesondere, Hijos de Andrés Molina, SA (HAMSA)/Kommission, T-152/99, EU:T:2002:188, Rn. 157.

(16)  Dieser Betrag entspricht der Verschuldung bei öffentlichen Gläubigern am 31. Dezember 2009. Den slowakischen Behörden zufolge liegen keine genauen Angaben zum Schuldenstand zu dem Zeitpunkt vor, als NCHZ zu einem strategischen Unternehmen erklärt wurde. Daher ist der genannte Betrag die genaueste verfügbare (und eher konservative) Schätzung der Höhe der Verbindlichkeiten zu Beginn der Anwendung des Gesetzes.

(17)  Dieser Betrag entspricht der Verschuldung bei öffentlichen Gläubigern am 31. Dezember 2010. Den slowakischen Behörden zufolge liegen keine genauen Angaben zum Schuldenstand zu dem Zeitpunkt vor, als die strategische Bedeutung von NCHZ endete. Daher ist der genannte Betrag die genaueste verfügbare (und eher konservative) Schätzung der Höhe der Verbindlichkeiten bei Beendigung der Anwendung des Gesetzes.

(18)  Rechtssache C-364/90, Italien/Kommission, EU:C:1993:157, Rn. 20.

(19)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(20)  Siehe Rechtssache C-70/72, Kommission/Deutschland, ECLI:EU:C:1973:87, Rn. 13.

(21)  Siehe verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, ECLI:EU:C:1994:325, Rn. 75.

(22)  Siehe Rechtssache C-75/97, Belgien/Kommission, ECLI:EU:C:1999:311, Rn. 64 und 65.

(23)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1).

(24)  Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair Ltd/Europäische Kommission, T-123/09, Rn. 155.

(25)  Urteil des Gerichtshofes vom 8. Mai 2003, Italienische Republik und SIM 2 Multimedia SpA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, verbundene Rechtssachen C-328/99 und C-399/00.

(26)  Entscheidung der Kommission vom 17. September 2008, Staatliche Beihilfe N 321/08, N 322/08 und N 323/08 — Griechenland — Verkauf bestimmter Aktiva von Olympic Airlines/Olympic Airways Services; Entscheidung der Kommission vom 12. November 2008, Staatliche Beihilfe N 510/2008 — Italien — Verkauf der Aktiva von Alitalia; Beschluss der Kommission vom 4. April 2012, SA.34547 — Frankreich — Reprise des actifs du groupe SERNAM dans le cadre de son redressement judiciaire.

(27)  Urteil des Gerichts vom 28. März 2012, Ryanair Ltd/Kommission, T-123/09.

(28)  Siehe insbesondere Erwägungsgründe 25 bis 29 des Beschlusses über die Genehmigung der Fusion (Beschluss Nr. 2012/FH/3/1/032) unter http://www.antimon.gov.sk/2012fh31032/.

(29)  Siehe Präsentation des Insolvenzverwalters vom 26. Oktober 2009, „Novácké chemické závody, a.s. — Prezentácia správcu“', Folie 4 und 5.

(30)  Siehe www.fortischem.sk.

(31)  Siehe Folie 5 der Präsentation des Insolvenzverwalters vom 26. Oktober 2009, „Novácké chemické závody, a.s. — Prezentácia správcu“.

(32)  Siehe Jahresbericht 2013 der Energochemica Group, deren größtes Mitglied Fortischem ist: http://www.energochemica.eu/data/files/Vyrocka_ECH_2013.pdf.

(33)  Siehe beispielsweise die vom Insolvenzverwalter erstellte wirtschaftliche Analyse vom Dezember 2010, Seite 3 (siehe Erwägungsgrund 106).

(34)  Siehe z. B. den Artikel „Novácku chemičku bude prevádzkovať spoločnosť Fortischem“ [NCHZ wird von Fortischem übernommen] vom 2. August 2012, veröffentlicht unter http://www.webnoviny.sk/ekonomika/novacku-chemicku-bude-prevadzkovat-s/526742-clanok.html.

(35)  Siehe Fußnote 31.

(36)  Verordnung (EG) Nr 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(37)  Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).


15.10.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 269/93


BESCHLUSS (EU) 2015/1827 DER KOMMISSION

vom 23. März 2015

über die staatliche Beihilfe SA.28876 (12/C) (ex CP 202/09) Griechenlands für Piraeus Container Terminal S.A. & Cosco Pacific Limited

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2015) 66)

(Nur der griechische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (1) und unter Berücksichtigung der von Griechenland und Piraeus Container Terminal S.A. erhaltenen Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 30. April 2009 reichte der Präfekt von Piräus bei der Kommission eine Beschwerde ein, in der er den Vorwurf erhob, dass Griechenland der Zweckgesellschaft Piraeus Container Terminal S.A. (im Folgenden „PCT“), die neue Inhaberin einer Konzession für einen Teil des Hafens von Piräus und Tochtergesellschaft des Unternehmens COSCO Pacific Limited (im Folgenden „COSCO“) ist, rechtswidrige staatliche Beihilfen gewährt habe. Die mutmaßliche Beihilfe wurde in Form von Steuerbefreiungen und Begünstigungen gewährt, die im Anschluss an das Vergabeverfahren in den Konzessionsvertrag aufgenommen wurden.

(2)

Am 7. Mai 2009 übersandte der Verband der griechischen Hafenarbeiter der Kommission ein Schreiben (2), in dem er die Kommission über mutmaßliche Steuervergünstigungen informierte, die PCT von Griechenland gewährt wurden. Mit Schreiben vom 31. August 2009 bestätigte der Verband der griechischen Hafenarbeiter, dass sein erstes Schreiben als Beschwerde zu behandeln sei, und erhob den Vorwurf, dass die Beihilfe in Form von Steuervorteilen, aber auch in Form von Begünstigungen gewährt werde, die in den Konzessionsvertrag aufgenommen wurden.

(3)

Mit Schreiben vom 23. September 2009 (3) reichte der Internationale Rat der Hafenarbeiter eine Beschwerde mit einer detaillierten Beschreibung der Maßnahmen ein, die angeblich staatliche Beihilfen darstellten.

(4)

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 ersuchte die Kommission Griechenland um Auskünfte zu den mutmaßlichen staatlichen Beihilfen. Mit Schreiben vom 12. November 2009 beantragte Griechenland eine Fristverlängerung, der die Kommission mit Schreiben vom 18. November 2009 stattgab. Am 3. Februar 2010 versandte die Kommission ein Schreiben zur Erinnerung an das Auskunftsersuchen und am 23. Februar 2010 antwortete Griechenland auf letzteres.

(5)

Die Dienststellen der Kommission trafen sich am 5. Mai 2010 mit den griechischen Behörden, um weitere Fragen zu besprechen.

(6)

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 ersuchte die Kommission Griechenland um weitere Auskünfte. Griechenland beantragte mit Schreiben vom 18. November 2010 eine Fristverlängerung, die die Kommission mit Schreiben vom 2. Dezember 2010 gewährte. Griechenland beantwortete das genannte Auskunftsersuchen am 8. Februar 2011.

(7)

Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 (4) setzte die Kommission Griechenland von ihrem Beschluss in Kenntnis, dass die Unterschiede zwischen dem Konzessionsvertrag und der Bekanntmachung sowie die steuerliche Maßnahme in Verbindung mit der Freistellung von der Körperschaftssteuer auf Güter, Bauleistungen und Dienstleistungen, die PCT von nicht in Griechenland ansässigen Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen außerhalb Griechenlands erworben hat, keine staatliche Beihilfe darstellte. Sie beschloss außerdem, im Hinblick auf alle anderen mutmaßlichen staatlichen Beihilfen das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) einzuleiten.

(8)

Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde am 5. Oktober 2012 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (5). Die Kommission hat die Beteiligten zur Stellungnahme zu den Maßnahmen aufgefordert.

(9)

Die Kommission erhielt am 5. November 2012 Stellungnahmen von der Begünstigten. Diese Stellungnahmen wurden am 14. Januar 2013 an die griechischen Behörden weitergeleitet, welche die Gelegenheit erhielten, darauf zu reagieren. Die Stellungnahmen Griechenlands und zusätzliche Auskünfte gingen mit Schreiben vom 2. November 2012, 27. März 2013 und 10. Juli 2013 ein. Am 13. September 2013 fand eine Besprechung zwischen den Dienststellen der Kommission und den griechischen Behörden in Begleitung der Begünstigten statt. Am 23. Oktober 2013 erteilten die griechischen Behörden weitere Auskünfte. Die Kommission versandte am 17. Januar 2014 ein Erinnerungsschreiben zu noch fehlenden Auskünften. Die griechischen Behörden antworteten am 4. Februar 2014 und am 10. Februar 2014 fand eine weitere Besprechung statt. Nach dieser Besprechung erteilten die griechischen Behörden am 10. März 2014 weitere Auskünfte und am 12. März 2014 fand eine weitere Besprechung statt. Nach dieser Besprechung erteilten die griechischen Behörden am 31. März 2014, am 16. April 2014 und am 28. April 2014 ergänzende Auskünfte. Am 19. Mai 2014 und am 8. Dezember 2014 fanden weitere Besprechungen mit den griechischen Behörden und der Begünstigten statt.

2.   BESCHREIBUNG DER BEGÜNSTIGTEN UND DER MUTMASSLICHEN STAATLICHEN BEIHILFEN

2.1.   Der Hafen von Piräus

(10)

Der Hafen von Piräus ist in zwei Bereiche aufgeteilt: den Handelshafen und den Passagierhafen. Der Handelshafen verfügt über drei Terminals: den Containerterminal, den Frachtterminal und den Kraftfahrzeugterminal.

(11)

Der Containerterminal verfügt über zwei Piers. Die Hafenbehörde von Piräus (Piraeus Port Authority, „PPA“) beschloss, die Infrastruktur des Containerhafens durch den Ausbau von Pier I, die Erweiterung von Pier II und den Bau von Pier III zu erweitern.

2.2.   Piraeus Port Authority S.A.

(12)

Die Gesellschaft Piraeus Port Authority S.A. wurde kraft Gesetz 2688/1999 durch Umwandlung einer Anstalt des öffentlichen Rechts, der im Jahr 1930 eingerichteten Hafenbehörde von Piräus (Piraeus Port Authority), in einen öffentlichen Eigenbetrieb gegründet.

(13)

Am 13. Februar 2002 wurde zwischen Griechenland und der PPA ein Konzessionsvertrag mit einer 40-jährigen Laufzeit unterzeichnet. Dieser Vertrag wurde mit Gesetz 3654/2008 ratifiziert. Laut diesem Vertrag hat die PPA das ausschließliche und alleinige Nutzungs- und Verwertungsrecht an Grundstücken, Gebäuden und Infrastrukturen der Hafenlandzone des Hafens von Piräus (6). Der Konzessionsvertrag sieht für die PPA insbesondere das Recht vor, den Betrieb eines Teils des Hafens gegen Entgelt an Dritte weiter zu vergeben (7).

2.3.   Konzessionsvertrag zwischen PPA und PCT und Investitionsprojekt

(14)

Die PPA hat zum Zwecke der Konzessionsvergabe für die Piers II und III eine europäische öffentliche Ausschreibung (8) für Hafenmanagementleistungen durchgeführt. In dieser Ausschreibung erhielt PPA zwei Bewerbungen von COSCO und von einem Unternehmenskonsortium, das aus den Unternehmen Hutchinson Port Holdings L.T.D., Hutchinson Ports Investments S.A.R.L., Alapis Joint Stock Company S.A. und Lyd S.A bestand.

(15)

In der Aufforderung zur Einreichung von Angeboten waren Rechtsmittelverfahren geregelt. Bei den Justizbehörden wurden jedoch von keinem Teilnehmer an der Ausschreibung Rechtsmittel bezüglich des Ausschreibungsverfahrens oder des Endergebnisses eingereicht. Darüber hinaus wurden das Verfahren und der Vertragsentwurf von dem griechischen Rechnungshof kontrolliert und genehmigt.

(16)

Im November 2008 unterzeichnete PPA mit PCT einen Konzessionsvertrag, in dem die PPA der PCT die Verwertung und die alleinige und ausschließliche Nutzung des sogenannten „Neuen Containerterminals (NCT)“ in Konzession vergab, der aus dem bestehenden auszubauenden Pier II, dem zu errichtenden Pier III und dem daran angrenzenden Gebiet besteht, sowie die Nutzung des angrenzenden Meeresgebiets für Anlegemanöver, das das sichere Anlegen und Abfertigen von Schiffen ermöglicht.

(17)

Laut Konzessionsvertrag ist PCT dazu verpflichtet, die bestehende Pier II auszubauen, die neue Pier III zu errichten und das gesamte Spektrum an Hafenleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Containerterminals bereitzustellen. Des Weiteren wird die Konzessionsnehmerin sämtliche Ausbauten der Pier II sowie die Errichtung und den Betrieb der Pier III voll und ganz auf eigene Kosten finanzieren. Daher sahen sowohl Ausschreibung als auch Konzessionsvertrag vor, dass die Konzessionsnehmerin keine öffentlichen Mittel für ihre Investitionen erhalten würde.

(18)

Darüber hinaus wurde vorgesehen, dass die Konzessionsnehmerin sämtliche (kommerziellen) Risiken im Hinblick auf die Ausbauten bzw. den Bau der notwendigen Infrastrukturen übernimmt. Die Konzessionsnehmerin geht im Hinblick auf die Sicherstellung einer vereinbarten Kapazität des neuen Containerterminals außerdem eine Reihe von Verpflichtungen ein.

(19)

Der Konzessionsvertrag zwischen PPA und PCT wurde mit Gesetz 3755/2009 („das Gesetz“) ratifiziert. Artikel 1 des Gesetzes enthält den Konzessionsvertrag in der unterzeichneten Fassung, in Artikel 2 sind dagegen spezielle Steuerbefreiungen für PCT festgelegt und in Artikel 3 ist die Möglichkeit vorgesehen, dass die von PCT in Verbindung mit dem Konzessionsvertrag getätigten Investitionen von einer speziellen Schutzregelung für ausländische Investitionen profitieren, die in der Gesetzesverordnung 2687/1953 festgesetzt ist.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(20)

Die Kommission hat in ihrem Beschluss vom 11. Juli 2012 (9) entschieden, dass die Unterschiede zwischen dem Konzessionsvertrag und der Bekanntmachung sowie die beiden steuerlichen Maßnahmen (10) keine staatlichen Beihilfen darstellen. Im selben Beschluss hat die Kommission ihre Bedenken im Hinblick auf die anderen angeblichen staatlichen Beihilfen geäußert und das förmliche Prüfverfahren eröffnet:

1.

Freistellung von der Körperschaftsteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III (11);

2.

Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands; Festlegung des Begriffs „Investitionsgut“ für die Zwecke der Mehrwertsteuervorschriften; Recht auf Verzugszinsen ab dem ersten Tag, der auf den 60. Tag nach dem Antrag auf Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschrift folgt (12);

3.

zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag (13);

4.

Wahl zwischen drei Abschreibungsmethoden bezüglich der Investitionskosten für den Wiederaufbau der Pier II und den Bau der Pier III (14);

5.

Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehensvereinbarungen und etwaige Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Investitionsprojekts (15);

6.

Freistellung von Steuern, Stempelgebühren, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten in Bezug auf die Verträge zwischen den Gläubigern der Darlehensvereinbarungen, mit denen die sich aus den Darlehensvereinbarungen ergebenden Rechte und Pflichten übertragen werden (16);

7.

Freistellung von den Stempelgebühren für von der Hafenbehörde des Hafens von Piräus (PPA) im Rahmen der Konzessionsvereinbarung an PCT geleistete Ausgleichszahlungen, was außerhalb des Geltungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes liegt (17);

8.

Schutz im Rahmen der speziellen Regelung zum Schutz ausländischer Investitionen (18).

9.

Freistellung von den allgemeinen Enteignungsvorschriften.

(21)

Die Kommission vertrat insbesondere die Ansicht, dass PCT mit den fraglichen Maßnahmen ein selektiver Vorteil gewährt wird, da sie eine Abweichung von den normalerweise geltenden Steuervorschriften darstellen, die nicht durch die wirtschaftspolitischen Erwägungen gerechtfertigt werden können, die von den griechischen Behörden geltend gemacht wurden. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass das Ziel, im Rahmen großer Infrastrukturprojekte getätigte Investitionen zu fördern, eine wirtschaftspolitische Erwägung darstellt, die dem betreffenden Besteuerungssystem nicht inhärent ist und die unterschiedliche Behandlung zugunsten des PCT nicht rechtfertigen kann.

(22)

Darüber hinaus vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Tatsache, dass einige dieser oder ähnlicher Steuerbefreiungen in früheren öffentlichen Aufträgen enthalten waren, zu denen die Kommission Positiventscheidungen erlassen hat, nicht maßgeblich für den Nachweis ist, dass diese Maßnahmen durch die Logik des griechischen Steuersystems gerechtfertigt werden.

(23)

Darüber hinaus hat die Kommission Zweifel im Hinblick auf die von den griechischen Behörden geltend gemachte Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahmen mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a und Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV geäußert. Die Kommission äußerte insbesondere Zweifel hinsichtlich der Anwendung des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe a AUEV, da die Bedingungen hinsichtlich der Vereinbarkeit dieses Artikels von der Kommission in ihren Leitlinien zu nationalen regionalen Beihilfen für 2007-2013 ausgearbeitet worden sind und die griechischen Behörden im Hinblick auf die Übereinstimmung der Bedingungen mit den Vorgaben dieser Leitlinien keine einschlägigen Argumente vorgebracht haben. Im Hinblick auf die Anwendbarkeit von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c hat die Kommission Zweifel bezüglich der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen geäußert.

4.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN UND VON GRIECHENLAND

(24)

Griechenland und die Begünstigte reichten im vorliegenden Fall gemeinsame Stellungnahmen ein. Die Kommission erhielt nach der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens keine Stellungnahmen von weiteren Dritten.

4.1.   Zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

Fehlender Vorteil

(25)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass eine Freistellung von einer allgemein geltenden Steuervorschrift nicht notwendigerweise als selektiver Vorteil zu bewerten sei und dass die Kommission keinen Unterschied zwischen dem Vorliegen der Selektivität und dem Vorliegen eines Vorteils mache. Selbst wenn also eine selektive Maßnahme ermittelt werde, könne daher nicht gesagt werden, dass mit dieser Maßnahme ein Vorteil gewährt werde und umgekehrt. Die Anwendung derselben allgemeinen Vorschrift auf unterschiedliche Situationen könnte die Diskriminierung oder die Benachteiligung bestimmter Personen bewirken, für die diese Vorschrift gilt. Die Freistellung kann darauf abzielen, dass objektiv unterschiedliche Situationen auch unterschiedlich behandelt werden und somit weder Diskriminierungen noch Benachteiligungen bewirkt werden.

(26)

Darüber hinaus machen sie geltend, dass Unternehmen, die mit langfristigen Konzessionen für die Errichtung und den Betrieb von öffentlichen Infrastrukturen durch private Mittel in derselben Weise vertragliche Verpflichtungen für die Investition erheblicher Geldsummen für Infrastrukturen übernehmen, die dem Staat am Ende der Konzessionslaufzeit wieder zurückgegeben werden, wie Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut werden. Daher sollen die fraglichen Steuermaßnahmen „strukturelle Nachteile“ ausgleichen, die diesen Unternehmen entstehen. Aus diesem Grund verweisen sie auf das Combus-Urteil (19), in dem das Gericht feststellte, dass die Beseitigung eines „strukturellen Nachteils“ keine „Begünstigung“ im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstelle.

Fehlen der Selektivität und/oder Begründung durch die Logik des Steuersystems

i)    Zum „Referenzsystem“ der betreffenden Maßnahmen

(27)

Die griechischen Behörden und PCT sind der Ansicht, dass das korrekte Referenzsystem die allgemeine Regelung sei, die für öffentliche Infrastrukturprojekte in Griechenland, einschließlich öffentlich-privater Partnerschaften, gelte. Diese Regelung gelte unterschiedslos für alle Unternehmen, die sich an großen Infrastrukturprojekten und öffentlich-privaten Partnerschaften beteiligen. Die Steuervorschriften des Gesetzes 3755/2009 stellen die individuelle Anwendung dieser allgemeinen Regelung dar.

(28)

Da diese Projekte über besondere Eigenschaften (20) verfügen, die sie von anderen Projekten unterscheiden, befinden sich Unternehmen, die für öffentliche Infrastrukturprojekte verantwortlich sind, im Vergleich zu anderen Unternehmen, die an anderen Arten von Arbeiten beteiligt sind, objektiv in einer eindeutig anderen rechtlichen und faktischen Situation. Daher können die allgemein geltenden Steuervorschriften nicht als gültiges „Referenzsystem“ angesehen werden. Das richtige Referenzsystem ist das Referenzsystem, das die folgenden, auch von den EU-Rechtsvorschriften (21) anerkannten, Eigenschaften, die eine spezielle Behandlung erfordern (22), berücksichtigt:

(29)

Somit stelle der Mechanismus, der von Griechenland eingerichtet wurde, um die angemessene Behandlung der besonderen Eigenschaften der öffentlichen Infrastrukturprojekte sicherzustellen, mit denen sie sich von anderen Tätigkeiten unterscheiden, die Einführung bestimmter Steuervorschriften dar, mit denen die für bestimmte Besteuerungsbereiche geltenden Vorschriften erläutert werde, deren Anwendung i) andernfalls zur Diskriminierung öffentlicher Infrastrukturprojekte führen könnte, ii) durch fehlende Klarheit und Kohärenz mit den allgemeinen Grundsätzen des Steuersystems gekennzeichnet ist oder iii) durch die oben genannte verpflichtende Anforderung hinsichtlich der Sicherstellung der effizientesten Nutzung/Zuteilung der öffentlichen Ressourcen ausgeglichen wird.

(30)

Des Weiteren geben sie an, dass die mit der Einführung einer Steuermaßnahme verwendete Rechtsetzungstechnik nicht die allgemeine Art einer Maßnahme bestimme. Sie machen unter Verweis auf das Gibraltar-Urteil (23) geltend, dass die Einführung einer Freistellung von allgemein geltenden Vorschriften durch einen Mitgliedstaat nicht automatisch Selektivität und eine Begünstigung darstelle. Die schlichte Befolgung eines auf Ausnahmeregelungen gestützten Konzepts wäre eine formalistische Methode, die einfach zu umgehen sei.

ii)    Ziel der betroffenen Maßnahme

(31)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass das Ziel der Maßnahme, in deren Rahmen die Bestimmungen zugunsten von PCT zu bewerten seien, vor dem Hintergrund der Rechtsprechung in der Adria-Wien-Rechtssache in der Förderung der erfolgreichen Umsetzung von öffentlichen Infrastrukturprojekten bestehe. Sie fechten die von der Kommission im Einleitungsbeschluss hinsichtlich der „Irrelevanz“ und „Ungültigkeit“ eines Ziels dieser Art vorgenommene Bewertung an.

(32)

Sie verweisen außerdem auf das durch Umweltabgaben verfolgte Ziel und machen damit geltend, dass das Fazit der Kommission im Einleitungsbeschluss zur Folge habe, dass jedwede Steuermaßnahme mit einer anderen Zweckbestimmung als der Erhebung von Steuereinnahmen niemals durch die Art des allgemeinen Steuersystems gerechtfertigt werden könnte. Mitgliedstaaten steht es frei, mit ihren Steuersystemen diejenige Politik zu verfolgen, die sie für angemessen halten, solange sie dabei das EU-Recht einhalten.

(33)

Darüber hinaus machen sie geltend, dass die Schlussfolgerung der Kommission, das genannte Ziel des Steuersystems wäre „irrelevant“ (24) falsch sei, weil der Gerichtshof in der Azores-Rechtssache (25) nicht festgestellt habe, dass das Ziel ohne Bedeutung sei. Im Rahmen der Selektivitätsanalyse soll nicht bestimmt werden, ob das „Ziel“ der fraglichen Maßnahme „alleine“„gültig“ oder „relevant“ ist. Das „Ziel“ der Maßnahme besteht in der „Basis“, auf der der Vergleich der „rechtlichen und faktischen Situation“ von Unternehmen durchgeführt werden kann.

(34)

Sie machen geltend, dass die Kommission nicht erläutere, warum das „Ziel“ der Maßnahme nicht „gültig“ oder „relevant“ für die Zwecke der Selektivitätsbewertung ist. Dazu verweisen sie auf die Urteile in den Rechtssachen Adria-Wien (26), Regione Sardegna (27) und British Aggregates (28) und machen geltend, dass sich der Gerichtshof nicht gegen diese Ziele ausgesprochen habe, sondern lediglich gewürdigt habe, ob die fraglichen Maßnahmen selektiv waren oder nicht.

iii)    Rechtliche und faktische Situation des PCT vor dem Hintergrund des Ziels der betroffenen Maßnahme

(35)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass sich PCT und die anderen Unternehmen, die große Infrastrukturprojekte übernehmen, vor dem Hintergrund des Zieles einer erfolgreichen Umsetzung der öffentlichen Infrastrukturprojekte in einer anderen rechtlichen und faktischen Situation befinden als andere Unternehmen. Auf dieser Grundlage machen sie geltend, dass die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss die Umstände/besonderen Eigenschaften dieser Projekte übersehen habe. Die Steuerbehandlung, die PCT und anderen Unternehmen in vergleichbaren Situationen eingeräumt wurde, kann ihnen keinen Wettbewerbsvorteil vor anderen Unternehmen, denen eine solche steuerliche Behandlung nicht eingeräumt wird, verschaffen, da die beiden Unternehmensarten im Hinblick auf die betroffenen öffentlichen Infrastrukturprojekte nicht im Wettbewerb zueinander stehen.

(36)

Alle Unternehmen, die solche Projekte umsetzen, unterliegen dieser Regelung gleichermaßen und kein Unternehmen ist davon ausgeschlossen und es bestehen keine Einschränkungen im Hinblick auf die Region oder den Anwendungssektor, keine Mittelbegrenzungen und keine zeitlichen Begrenzungen. Daher liegt de facto keine Selektivität vor.

(37)

Darüber hinaus haben sich die griechischen Behörden keinen Ermessensspielraum im Hinblick auf die Anwendung dieser Steuerbestimmungen beibehalten, die in den letzten Jahren systematisch in alle öffentliche Infrastrukturprojekte eingeführt worden sind.

iv)    Logik des Steuersystems

(38)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die fraglichen Steuerbestimmungen und die Regelung, zu der sie gehören, mit den Grundsätzen bzw. Leitsätzen übereinstimmen, die die entsprechenden griechischen Steuervorschriften regeln, weil sie: a) dazu bestimmt sind, ein öffentliches Politikziel zu verfolgen, das mit den Grundsätzen des allgemeinen Steuersystems übereinstimmt, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem wirtschaftlichen Ziel und dem Ziel der Erzielung von Steuereinnahmen des Steuersystems sowie mit den wichtigsten Maßnahmen von Griechenland im Hinblick auf die Schaffung öffentlicher Infrastrukturen, b) sicherstellen sollen, dass objektiv unterschiedliche Situationen auch unterschiedlich behandelt werden, weshalb die Grundsätze der Gleichheit und Verhältnismäßigkeit Anwendung finden und sichergestellt wird, dass die von dem Steuersystem beabsichtigten Ergebnisse nicht verzerrt werden, c) auf der Grundlage objektiver Kriterien angewandt werden: d) speziell als Gesetzgebungsmechanismus konzipiert sind, mit dem die wichtigsten finanziellen Fragen geregelt werden, die sich bei der Umsetzung öffentlicher Infrastrukturprojekte ergeben und riskieren, die Teilnahme des privaten Sektors zu gefährden (29).

(39)

Darüber hinaus werden über die Schaffung von Rechtssicherheit durch diese Bestimmungen, also durch den Schutz der Fähigkeit der Steuerzahler, Steuern zu zahlen, Investitionen des privaten Sektors in öffentliche Infrastrukturen und damit die Erweiterung der Steuerbasis und die Erzielung eines größeren Steueraufkommens gefördert. Die betreffenden Maßnahmen werden daher durch die Logik des Systems begründet.

Fehlen einer Prüfung der Bedingungen, die für die Verfälschung des Wettbewerbs und die Beeinträchtigung des Handels relevant sind

(40)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die Kommission die Dienstleistungen und räumlichen Märkte nicht angegeben habe, die für die Prüfung des Wettbewerbs relevant sind, die Wettbewerbsbedingungen auf den relevanten Märkten nicht analysiert und nicht festgelegt habe, ob die im Einleitungsbeschluss genannten Häfen tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber des Hafens von Piräus und der PCT sind.

(41)

Sie machen ferner geltend, dass die Kommission den relevanten Markt, auf dem der Containerterminal der PCT tätig ist, ebenso wenig untersucht habe wie die Wettbewerbsbedingungen auf dem relevanten Markt. Eine solche Untersuchung würde nachweisen, dass Wettbewerb und Handel in der EU durch die fraglichen Steuerbestimmungen nicht beeinträchtigt werden.

(42)

Was die Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt betrifft, so wird vorgebracht, dass auf der Grundlage des WAM-Urteils (30) die bloße Tatsache, dass Containerfracht zwischen EU-Mitgliedstaaten gehandelt wird und dass es verschiedene Häfen gibt, die miteinander über die Bereitstellung von Dienstleistungen für Containerhafenanlagen im Wettbewerb stehen, nicht automatisch bedeute, dass eine Beihilfe, die einem Hafenbetreiber gewährt wird, das in Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgelegte Kriterium über die Beeinträchtigung des Handels und die Verfälschung des Wettbewerbs erfüllt. Daher machen sie geltend, dass die Kommission nicht die Wirkung der Steuermaßnahmen auf den Wettbewerb und Handel auf den relevanten Märkten analysiert habe.

(43)

PCT reichte hinsichtlich der oben angeführten Argumentation detailliertere Stellungnahmen ein.

Festlegung des relevanten Marktes

(44)

Was die Festlegung des relevanten Marktes betrifft, so bezieht sich PCT auf die Beschlüsse der Kommission auf dem Gebiet von Fusionen (31), um geltend zu machen, dass es zwei völlig verschiedene relevante Märkte für Hafendienstleistungen für Containerterminals gebe: Hinterlandverkehr und Seetransitverkehr.

(45)

Sie bringt außerdem vor, dass die Kommission im Hinblick auf den Hinterlandverkehr in ihrem Einleitungsbeschluss anscheinend die Ansicht vertrete, dass der räumliche Anwendungsbereich des Marktes „Griechenland und östliches Mittelmeer“ umfasse, ohne zu erklären, warum sie diesen Anwendungsbereich anders festlegt als die griechische Wettbewerbskommission, die erklärte, dass der räumliche Anwendungsbereich des Marktes für Stauerleistungen im Hinblick auf den Hinterlandverkehr auf Mittel- und Südgriechenland beschränkt sei (32).

(46)

Darüber hinaus macht PCT geltend, dass Mittel- und Südgriechenland sowohl von Angebots- als auch von Nachfrageseite aus einen räumlichen Markt darstellen, der sich von Nordgriechenland durch die folgenden Punkte unterscheidet: a) durch die Fähigkeit des Containerhafenterminals von PCT, ein ganz erheblich größeres Verkehrsvolumen und angesichts seiner größeren technischen Kapazitäten unter wettbewerbsfähigeren Bedingungen umzuschlagen als der Hafen von Thessaloniki und jeder andere griechische Hafen, b) durch die Ballung von Industrie, Handel und Bevölkerung hauptsächlich im Großraum Athen und allgemein im mittleren/südlichen Landesteil, c) durch die Topografie Griechenlands, die zwangsläufig zu zusätzlichen Kosten für die Beförderung des Containerverkehrs zwischen dem Hafen von Thessaloniki im Norden Griechenlands und den mittleren und südlichen Landesteilen sowie umgekehrt führt.

(47)

Was die Seetransit-Containerdienstleistungen betrifft, verweist PCT auf die Beschlüsse der Kommission in den Rechtssachen Maersk/ECT und Hutchinson/Evergreen, in denen die Kommission das östliche Mittelmeer und das Schwarzmeergebiet als relevante räumliche Märkte ermittelte. Sie ist auch der Auffassung, dass die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss die Ansicht vertrete, dass der räumliche Anwendungsbereich des Marktes „Griechenland und östliches Mittelmeer“ umfasse.

Wettbewerbsbedingungen im relevanten Markt

(48)

Was den Seetransitverkehr betrifft, so macht PCT geltend, dass der Containerterminal von PCT im Gegensatz zum Pier-I-Containerterminal von PPA im Hinblick auf die Erbringung von Stauerdienstleistungen für den Hochseetransit-Containerverkehr im östlichen Mittelmeer nicht mit den EU-Häfen im Wettbewerb stehe. Darüber hinaus macht PCT geltend, dass die Kommission nicht erklärte, warum sie der Ansicht ist, dass es auf diesem Markt mehrere Häfen in EU-Mitgliedstaaten gebe (33), die mit dem Containerterminalhafen im Wettbewerb stehen. Nach Ansicht der PCT widerspricht die Feststellung der Kommission, dass „… der Hafen von Thessaloniki, der Hafen von Costanza in Rumänien, der Hafen von Koper in Slowenien und eine Reihe von Häfen in Italien (…) als direkte Wettbewerber gelten (können)“ den Feststellungen der Kommission in der Sache C 21/2009 (34). Die Häfen von Italien und der Hafen von Koper in Slowenien liegen nicht im östlichen Mittelmeersegment des Marktes, den die Kommission laut PCT ermittelt hat, sondern im zentralen Mittelmeersegment. Darüber hinaus wird der Seetransitverkehr, der für das von diesen Häfen abgedeckte Hinterland bestimmt ist, („Einzugsgebiet“) derzeit nicht über den Hafen von Piräus umgeschlagen (35).

(49)

Im Hinblick auf die Angebotsseite macht PCT geltend, dass diese Häfen zu einem gewissen Grad als Ersatz für das Containerhafenterminal von PCT angesehen werden können, da sie einige Arten von Containerschiffen abfertigen können, die der Containerhafen von PCT bedienen könnte, allerdings nicht alle, weil sie eine geringere Meerestiefe und Krankapazität aufwiesen (36). Im Hinblick auf die Nachfrageseite können diese Häfen aus den folgenden Gründen nicht als Ersatz für den Hafen von Piräus angesehen werden: a) Piräus bietet die kürzeste und billigste (37) Abweichung von der Suez-/Gibraltarachse, die für die wichtigsten Hochseecontainer-Schifffahrtslinien im Mittelmeer steht (38), b) Piräus bietet weltweit die niedrigsten Bunkerölpreise, c) insbesondere Constanza würde zu zusätzlichen Kosten für Lotsen in den Dardanellen und im Bosporus führen.

(50)

Vor diesem Hintergrund macht PCT geltend, dass die im Einleitungsbeschluss genannten Häfen im Hinblick auf die Erbringung von Stauerdienstleistungen für den Seetransitverkehr im östlichen Mittelmeer nicht als tatsächliche oder potenzielle Ersatzhäfen für den Containerhafen von PCT angesehen werden können.

(51)

Darüber hinaus verweist PCT auf den Beschluss der Kommission zu Investitionen in den Hafen von Piräus, in dem die Kommission die Auffassung vertrat, dass der Wettbewerb zwischen bestimmten Häfen und dem Hafen von Piraeus unerheblich (39) sei. Darüber hinaus macht PCT geltend, dass die Kommission nicht die Wirkung der Steuermaßnahmen auf den Wettbewerb und Handel auf den relevanten Märkten analysiert habe. Zudem würde die Prüfung dieser Auswirkung eine Untersuchung der gleichwertigen Steuersysteme erfordern, die in den relevanten Märkten gelten, da andere Häfen von ähnlichen oder gleichwertigen Steuerbestimmungen profitieren könnten.

(52)

PCT macht außerdem geltend, auf den betroffenen Märkten lediglich mit PPA zu konkurrieren, die den Pier-I-Containerterminal im Hafen von Piräus betreibt. Was PPA betrifft, hat die Kommission jedoch anerkannt, dass die Konzession für PCT den Wettbewerb für Stauerdienstleistungen für den Containerverkehr im Hafen von Piräus erhöhen wird (40).

(53)

Was die potenziellen Wettbewerber betrifft, die sich aus der Privatisierung der PPA und anderer griechischer Häfen ergeben könnten, macht PCT geltend, dass sich die Betreiber griechischer Häfen, die nicht mit einer ähnlichen Konzession betraut sind, nicht in einer vergleichbaren Position befinden, weshalb sich aus den fraglichen Steuerbestimmungen weder ein Wettbewerbsvorteil noch eine Verfälschung des Wettbewerbs ergebe.

(54)

PCT macht außerdem geltend, dass sich die Kommission auf keinerlei Belege dafür stützt, dass andere Hafenbetreiber daran interessiert wären, eine größere Investition zu tätigen, um einen großen Containerhafenterminal in Griechenland einzurichten. PCT zufolge sei es höchst unwahrscheinlich, dass es zu einem solchen Wettbewerb komme, da kein bestehender Hafen in Griechenland die Eigenschaften des Hafens von Piräus in sich vereine (41):

(55)

Was schließlich den Wettbewerb von PPA betrifft, macht PCT geltend, dass die Ansicht der Kommission nicht zutreffe, da sich PCT bereits in Wettbewerb mit dem Pier-I-Containerterminal von PPA befinde und die Auswirkung der Konzession in der Öffnung des Marktes für den Wettbewerb bestehe und nicht in der Verfälschung des Wettbewerbs. Diesbezüglich macht PCT geltend, dass PPA von bestimmten gesetzlichen Bestimmungen steuerlicher Art profitiere, vor deren Hintergrund die Annahme der in Rede stehenden Steuerbestimmungen als notwendiger Mechanismus gesehen wurde, um sicherzustellen, dass PCT keinen Wettbewerbsnachteil erleide.

4.2.   Zum Vergleich der angeblichen staatlichen Beihilfemaßnahmen mit ähnlichen Bestimmungen in anderen Verträgen großer Infrastrukturprojekte  (42)

(56)

Die griechischen Behörden und PCT geben an, dass ähnliche Bestimmungen wie diejenigen aus Artikel 2 und 3 des Gesetzes in den griechischen Rechtsvorschriften enthalten waren, mit denen mehrere öffentliche Infrastruktur-Einzelprojekte ratifiziert wurden, sowie in Gesetz 3389/2005 zu öffentlich-privaten Partnerschaften. Da die Kommission diese Rechtsvorschriften im Rahmen von Artikel 107 Absatz 1 AEUV prüfte und entschied, dass sie keine staatliche Beihilfe darstellten, würde die Schlussfolgerung, dass die Steuerbestimmungen zugunsten von PCT eine selektive Maßnahme darstellten und PCT einen ungerechtfertigten Vorteil verschafften, der in den Anwendungsbereich des Artikels 107 Absatz 1 AEUV falle, die Rechtssicherheit gefährden und im Widerspruch zur Praxis der Kommission und ihren früheren Erklärungen zur Anwendung solcher Bestimmungen auf öffentliche Infrastrukturprojekte in Griechenland stehen.

(57)

In der Sache des internationalen Flughafens Athen (43), in der die Kommission der Ansicht war, dass die Steuerbestimmungen, die in Bezug auf die Flughafendienstleistungen, die damals nicht liberalisiert worden waren, angewendet wurden, machen sie geltend, dass dieselbe Schlussfolgerung auch für die Hafeninfrastrukturdienstleistungen im aktuellen Fall gezogen werden könne. Darüber hinaus halten die griechischen Behörden an ihrer Argumentation fest, dass die Kommission besagte Bestimmungen im vorliegenden Fall geprüft habe.

(58)

In Bezug auf die Sache des Autobahnrings von Athen (44) und die Sache der Rio-Antirrio-Autobahnbrücke habe die Kommission nach Ansicht der griechischen Behörden die Finanzbeiträge des öffentlichen und des privaten Sektors zu den Projektkosten ebenso sorgfältig geprüft wie die betroffenen Steuerbestimmungen. Die Kommission zog dann den Schluss, dass die Höhe der Beiträge des öffentlichen Sektors (in Form von Zuschüssen und Staatsbürgschaften) über eine offene, diskriminierungsfreie und wettbewerbsfähige Ausschreibung als „Marktpreis“ (d. h. der niedrigste erforderliche Betrag der Beiträge des öffentlichen Sektors) bestimmt wurde. Im Beschluss zur Ringautobahn von Athen zog die Kommission die Schlussfolgerung, dass die Steuerbestimmungen eine Erläuterung der geltenden Steuerregelung darstellten, deren Fehlen den Erfolg des Projekts gefährden könnte, und sah sie nicht als Teil der Vergütung für die Konzessionsnehmerin an. Jedweder finanzielle Wert, der mit der Anwendung der angenommenen Steuerbestimmungen verbunden sein könnte, hätte nicht als Teil der Beiträge des öffentlichen Sektors angesehen werden können, weil er erst nach Ablauf der Konzessionslaufzeit genau bestimmt hätte werden können. Diese Bestimmungen waren lediglich die notwendigen Erläuterungen, damit private Investoren nicht entmutigt würden, insbesondere im Hinblick auf diese Art unrentabler Bauvorhaben mit hohem Risiko. Daher kann PCT nicht von den Konzessionsnehmern in diesen Fällen unterschieden werden, weil diese Bestimmungen in all diesen Fällen „Erläuterungen“ darstellten und keine „Vergütung“, wie die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss meinte.

(59)

Darüber hinaus kann die von der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss erwähnte Rechtsprechung (45) im Hinblick auf die Tatsache, dass das Schweigen der Kommission zu bestimmten Maßnahmen nicht bedeute, dass diese Maßnahmen genehmigt worden wären (46), nicht in den bekannt gegebenen Fällen angewendet werden, die von den griechischen Behörden und PCT geltend gemacht wurden.

(60)

Bezüglich der späteren Beschlüsse zu staatlichen Beihilfen für die restlichen Infrastrukturprojekte musste sich die Kommission nicht detailliert auf die in Rede stehenden Steuerbestimmungen beziehen, weil sie ihren Standpunkt, den sie in Sachen Rio-Antirrio-Autobahnbrücke und Autobahnring von Athen zum Ausdruck gebracht hatte (47), nicht geändert hat.

(61)

Sie machen geltend, dass es hier um die Frage gehe, ob die in Rede stehenden Steuerbestimmungen vor dem Hintergrund der Billigung der Kommission in den oben angeführten Beschlüssen als im Einklang mit dem Beihilferecht stehend gelten können, und nicht um die Frage, ob diese Bestimmungen von der vorangegangenen Bewertung der Kommission betroffen sind, wie es im Einleitungsbeschluss angeführt wird. Außerdem wäre die Kommission zu demselben Schluss gekommen, wie in den vorangegangenen Beschlüssen der Kommission, wenn diese Bestimmungen in den Ausschreibungsunterlagen enthalten gewesen wären.

(62)

Sie machen weiter geltend, dass sich die von der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss vorgenommene Unterscheidung zwischen dem aktuellen Fall und den früheren Fällen auf eine Formalie stütze, nämlich der Annahme der Steuerbestimmungen im Gesetz 3755/2009 im Unterschied zu ihrer Aufnahme in den Konzessionsvertrag. Des Weiteren weist dies auf Folgendes hin: i) Die Bieter der Ausschreibung waren sich der Tatsache bewusst, dass diese Steuerbestimmungen von Griechenland als Standardrahmen für Infrastrukturprojekte und für öffentlich-private Partnerschaften in Griechenland verwendet wurden; ii) die Ansprechpartner von PCT im Hinblick auf die Containerhafenkonzessionen von Piräus und Thessaloniki entstammten der Ebene des Premierministers und des Ministers für Schifffahrt von Griechenland, die dieses Projekt gegenüber Investoren auf internationaler Ebene beworben und das gesamte Maßnahmenpaket angeboten haben, das Griechenland für öffentliche Infrastrukturprojekte bereithält, die von Mitteln des privaten Sektors finanziert werden; iii) PCT wusste, dass die Kommission alle früheren Projekte solcher Art untersucht und keine Einwände erhoben hatte; iv) PCT forderte von der griechischen Regierung und von PPA während des Ausschreibungsverfahrens, dass diese Bestimmungen in den Konzessionsvertrag aufgenommen werden; v) PCT hat diese Frage erneut gegenüber dem griechischen Premierminister und dem Minister für Schifffahrt zur Sprache gebracht und erhielt erneut Zusicherungen, dass solche Rechtsvorschriften eingeführt werden würden; vi) vor dem Hintergrund dieser Zusicherungen und während der gesamten Ausschreibung und der Erstellung ihres Angebots ist PCT davon ausgegangen, dass der Konzessionsvertrag auf derselben Grundlage gehandhabt würde wie alle anderen Konzessionen für öffentliche Infrastrukturen und dass Kreditgeber daher mit den Konzessionsbedingungen vertraut sein würden.

(63)

Daher kann das Ausschreibungsverfahren zur Vergabe des Konzessionsvertrags an PCT nicht von den vergangenen Fällen unterschieden werden, weil der Standardsteuerrahmen für große Infrastrukturprojekte allen Bietern bekannt war. Sie geben weiter an, dass es keinen besonderen Grund gegeben habe, einen solchen Austausch im Zusammenhang mit dem Ausschreibungsverfahren zu dokumentieren, da PPA nicht die Befugnis habe, solche Bestimmungen anzunehmen, und ihre Annahme in Griechenland in jedem Falle eine gängige Praxis sei, die mit dem Präzedenzfall der Kommission im Einklang stehe.

(64)

Wenn die Kommission sich daher auf eine Formalie als alleinigen Grund für die Unterscheidung von PCT von allen Unternehmen, die öffentliche Infrastrukturen in Griechenland betreiben, stütze, stehe diese Formalie im Widerspruch zum Grundsatz der Rechtssicherheit und zum Grundsatz des Vertrauensschutzes.

(65)

Bezüglich der Feststellung der Kommission, dass „die von den griechischen Behörden vorgelegten Belege die Feststellung bekräftigen, dass die Bieter keine speziellen Vorteile berücksichtigten (…) (48), macht PCT geltend, die genannten Belege nicht zu kennen und dass die Anwendung dieser Bestimmungen durch das Gesetz, mit dem der Konzessionsvertrag ratifiziert wird, keinen Beleg darstelle.

4.3.   Zur Vereinbarkeit der angeblichen staatlichen Beihilfen

(66)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass für den Fall, dass die Kommission zu dem Schluss komme, die in Rede stehenden Steuerbestimmungen stellten staatliche Beihilfen dar, solche Beihilfen angesichts der Bedeutung der relevanten Investitionen, Infrastrukturen und Dienstleistungen für die wirtschaftliche Entwicklung von Griechenland und insbesondere für die Entwicklung und Modernisierung des Seecontainertransportsektors auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a und Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen sind.

(67)

Das in Rede stehende Investitionsprojekt zielt auf den Ausbau des Hafens von Piräus als modernen Seecontainerterminal im Mittelmeer ab, mit einer größeren Kapazität und größerem Lagerraum, wodurch seine Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den Umschlag von Seecontainerverkehr zunimmt. Aus den Leistungsdaten bezüglich des Betriebs der Pier II (49) geht bereits hervor, dass dieses Ziel erreicht wurde. Darüber hinaus ist das Projekt auf das Ziel des gemeinsamen Interesses der Kommission im Hinblick auf die EU-Verkehrspolitik ausgerichtet, wie diese in verschiedenen EU-Verordnungen und Mitteilungen analysiert worden ist.

(68)

Der Erwerb von Ausrüstung und die Errichtung von Pier III gelten im Rahmen der maßgeblichen Rechtsvorschriften zu regionalen EU-Beihilfen bezüglich der Anwendung des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV als Anfangsinvestition. Diese Anfangsinvestition beläuft sich auf […] (50) Millionen EUR und hat rund 900 direkte und indirekte Vollzeitstellen geschaffen, die für die 35-jährige Konzessionslaufzeit bestehen bleiben werden. Angesichts des hohen Investitionsbetrags läge jedweder mögliche Beihilfebetrag gut unterhalb der Beihilfehöchstgrenze von 30 %, die für die Region Attiki bis Ende 2010 Anwendung fand, und auch unterhalb von Beihilfehöchstgrenzen, die von der Kommission in Beschlüssen zu Hafeninfrastrukturen genehmigt worden sind (51). Die Beihilfemaßnahmen stellen somit das erforderliche Minimum und Maßnahmen dar, die für die Unterstützung eines solch großen Infrastrukturprojekts notwendig sind. Der eigene Beitrag von PCT liegt deutlich innerhalb der Grenzen, die in den Rechtsvorschriften zu regionalen Beihilfen festgesetzt sind. Auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV wäre darüber hinaus jede potenzielle Beihilfe aus denselben Gründen mit dem gemeinsamen Markt vereinbar wie die PPA gewährte Beihilfe, die von der Kommission in der Sache C 21/2009 (52) genehmigt worden ist.

(69)

Insbesondere angesichts der Notwendigkeit einer öffentlichen Finanzierung für den Ausbau der Hafeninfrastruktur während der Finanzkrise kann die Beihilfe im Einklang mit der diesbezüglichen EU-Politik (53) als notwendig angesehen werden. Das trifft auch auf die Notwendigkeit zu, Klarheit, Flexibilität und Vorhersehbarkeit des für Konzessionen wie der vorliegenden Konzession geltenden Steuersystems sicherzustellen. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Beihilfemaßnahmen machen die griechischen Behörden geltend, dass die Steuerbestimmungen sichergestellt hätten, dass die finanziellen Regelungen mit dem privaten Sektor eingehalten wurden und verhindert hätten, dass die Gesellschaft ihre Darlehen und potenziellen Verbindlichkeiten nicht gezahlt hätte. Ohne diese Finanzbestimmungen wären die Regelungen, die PCT für die Projektfinanzierung hätte erzielen können, ganz erheblich ungünstiger gewesen, wodurch das Angebot von PCT oder die Umsetzung des Konzessionsvertrags möglicherweise gefährdet gewesen wäre (Marktversagen). In der Praxis waren die Finanzbestimmungen notwendig, um der Konzessionsnehmerin Zugang zu den notwendigen Finanzmitteln des privaten Sektors sicherzustellen (54). Schließlich wäre eine Barbeihilfe anstelle dieser Maßnahmen angesichts der Schwierigkeit, die sich aus diesem Marktversagen ergebenden Finanzierungsanforderungen im Voraus genau zu berechnen, ein unangemessener und unnötiger Anreiz gewesen.

(70)

Darüber hinaus machen sie geltend, dass die Maßnahmen einen eindeutigen Anreizeffekt ausübten, weil erst nach der Annahme dieser Steuerbestimmungen mit der Umsetzung des Konzessionsvertrags und sämtlicher Investitionsarbeiten begonnen wurde. Angesichts der Wirtschaftskrise und des Mangels an Finanzierungsmöglichkeiten in Griechenland und weltweit im Jahr 2008/2009, lag für PCT ein Anreiz vor, mit der Umsetzung der Konzession erst nach der Verabschiedung des Gesetzes zu beginnen. Andernfalls hätte PCT die Konzession aufgeben können und hätte dadurch lediglich ihre Bankbürgschaft in Höhe von 5 Mio. EUR verloren. Der Anreizeffekt wird auch durch die Tatsache nachgewiesen, dass PCT das Risiko der Finanzierung des gesamten Projekts eingegangen ist.

(71)

Sie machen weiter geltend, dass die von ihnen vorgelegten Schätzwerte (55) zeigen, dass die Steuerbestimmungen einen Betrag zwischen […] Millionen EUR und […] Millionen EUR (56) für die gesamte Konzessionslaufzeit bereitstellen, d. h. […] % bis […] % der Investitionsgesamtkosten in Höhe von […] Millionen EUR, ganz erheblich weniger als die Beihilfebeträge, die von der Kommission in Sachen im Zusammenhang mit Investitionen für Häfen bewilligt worden sind.

(72)

Darüber hinaus machen sie geltend, dass die Vorabquantifizierungen der spezifischen Vorteile für ihre Genehmigung oder für die Umsetzung der Investition nicht notwendig waren. Ihnen zufolge sei diese Vorabquantifizierung für die Zwecke der Bewertung von Artikel 107 AEUV eines jedweden angeblichen Vorteils, der sich aus einer der Steuerbestimmungen ergeben könnte, angemessen mit der Rechtsprechung (57) in Einklang.

(73)

Sie verweisen außerdem auf bestimmte Beschlüsse der Kommission (58), in denen die Kommission nicht angemeldete staatliche Beihilfen genehmigt habe, indem der Anreizeffekt und der notwendige und verhältnismäßige Charakter einer solchen Beihilfe in Fällen festgestellt wurde, in denen die Beihilfe nicht vorab quantifiziert worden war und/oder selbst zum Zeitpunkt der Annahme des endgültigen Beschlusses der Kommission nicht quantifiziert werden konnte. Daher war die Berechnung (59) des endgültigen Vorteils nicht notwendig für die Bestimmung des Anreizeffekts und der Verhältnismäßigkeit.

(74)

Schließlich haben sie angegeben, dass keine der untersuchten Maßnahmen in der Praxis angewendet worden sei.

5.   PRÜFUNG DES CHARAKTERS DER MASSNAHMEN ALS STAATLICHE BEIHILFEN

(75)

In Artikel 107 Absatz 1 werden als staatliche Beihilfen alle staatlichen oder aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfen gleich welcher Art festgelegt, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Um zu bestimmen, ob die fraglichen Maßnahmen Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind, müssen daher alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sein. Die Maßnahme muss a) aus staatlichen Mitteln gewährt werden, b) einem Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gewähren, c) selektiv sein, d) den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

5.1.   Unternehmensbegriff

(76)

Auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 1 AEUV gelten Rechtsvorschriften zu staatlichen Beihilfen nur, wenn der Empfänger einer Beihilfe ein „Unternehmen“ ist. Laut ständiger Rechtsprechung ist ein Unternehmen jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von ihrem rechtlichen Status und ihrer Finanzierungsform (60). Darüber hinaus ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die im Angebot von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt besteht (61).

(77)

Die Kommission hat bereits die Ansicht vertreten, dass der Bau und der Betrieb einiger Infrastrukturarten als wirtschaftliche Tätigkeit angesehen werden können (62). Darüber hinaus stellt laut ständiger Rechtsprechung (63) auch die Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen an Dritte gegen Entgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit dar.

(78)

Da PCT die bestehende Pier II ausgebaut und die neue Pier III errichtet hat und die gesamte Bandbreite an Hafendienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Containerterminals erbringt, kann PCT im Sinne der Rechtsvorschriften zu staatlichen Beihilfen als Unternehmen angesehen werden. Daher unterliegt PCT den Rechtsvorschriften zu staatlichen Beihilfen.

5.2.   Staatliche Mittel

(79)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV muss eine angebliche staatliche Beihilfemaßnahme von einem Mitgliedstaat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Die Maßnahme wird vom Staat beschlossen und ist dem Staat zurechenbar. Indem PCT eine spezielle Steuerbehandlung gewährt wird, verzichtet der griechische Staat auf staatliche Mittel, die er erhalten hätte, wenn er nicht die angeblich vorteilhaften Steuerbestimmungen in Kraft gesetzt hätte. Daher führen die gegenständlichen Maßnahmen zu einem Verlust staatlicher Mittel und können folglich als aus staatlichen Mitteln gewährt gelten.

5.3.   Vorliegen eines selektiven Vorteils

(80)

Um zu bestimmen, ob eine staatliche Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellt, muss laut ständiger Rechtsprechung festgestellt werden, ob das empfangende Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat, den es unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte, d. h. bei Fehlen des staatlichen Eingriffs (64).

(81)

Dabei ist nur die Auswirkung der Maßnahme auf das Unternehmen von Belang, nicht der Grund oder das Ziel des staatlichen Eingriffs (65). Um dies zu bewerten, ist die finanzielle Situation des Unternehmens nach der Maßnahme mit der finanziellen Situation in dem Fall zu vergleichen, in dem die Maßnahme nicht eingeführt worden wäre. Der Begriff der Beihilfe umfasst nicht nur positive Vorteile sondern auch Maßnahmen, die auf unterschiedlichste Art und Weise eine Erleichterung der Steuern und Abgaben darstellen, die normalerweise das Budget eines Unternehmens belasten und die, ohne Subventionen im strengen Sinne des Wortes zu sein, gleichen Charakter und die gleiche Wirkung wie diese haben (66). Im Hinblick auf Steuern hat der Gerichtshof klargestellt, dass eine Maßnahme, durch die öffentliche Behörden bestimmten Unternehmen eine Steuerbefreiung gewähren, die den Empfänger in eine günstigere Lage versetzt als andere Steuerzahler, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. Gleichermaßen kann eine Maßnahme, mit der bestimmten Unternehmen eine Steuerreduzierung oder die Aufschiebung einer normalerweise fälligen Zahlung gewährt wird, eine staatliche Beihilfe darstellen (67).

(82)

Die gegenständlichen Maßnahmen bestehen in Ausnahmeregelungen oder Aufschiebungen von Zahlungen normaler Steuern und Abgaben, die PCT bei Fehlen der maßgeblichen Bestimmungen oder bei einer differenzierten Behandlung zahlen müsste, womit PCT ermöglicht wird, während der ersten Jahre der Bauphase einen besseren Cashflow sicherzustellen (siehe die nachstehende Beschreibung des normalen Steuersystems bzw. des Referenzsystems). Daher wird die finanzielle Lage von PCT durch diese Maßnahmen im Vergleich zu der finanziellen Situation von PCT ohne die Maßnahmen verbessert. Demzufolge wird PCT durch diese Maßnahmen ein Vorteil verschafft.

(83)

Das Vorliegen eines Vorteils kann dann ausgeschlossen werden, wenn das betreffende Unternehmen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse im Einklang mit den Voraussetzungen erbringt, die in der Rechtsprechung in der Altmark-Rechtssache (68) festgesetzt wurden, oder wenn der Eingriff des Staates im Einklang mit normalen Marktbedingungen stattgefunden hat (69). Diese beiden Fallszenarien gelten im vorliegenden Fall nicht.

(84)

In Bezug auf den „strukturellen Nachteil“, der von der Begünstigten und von den griechischen Behörden geltend gemacht wurde, stellt die Kommission zunächst fest, dass das Vorliegen eines strukturellen Nachteils nach ständiger Rechtsprechung nicht maßgeblich ist, um das Vorliegen eines Vorteils und somit staatlicher Beihilfe auszuschließen (70). Darüber hinaus ist die Combus-Rechtssache im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. In dem Fall hatte Combus im Vergleich zu seinen Wettbewerbern des privaten Sektors tatsächlich einen strukturellen Nachteil und die Maßnahme schloss in diesem Fall tatsächlich einen Vorteil aus. Das war der Tatsache geschuldet, dass die meisten Fahrer von Combus einen Beamtenstatus aufwiesen, was mit höheren Personalkosten verbunden war als es der Fall gewesen wäre, hätte Combus, wie alle anderen Busbetreiber, Fahrer auf Vertragsbasis eingestellt. PCT hatte jedoch im Vergleich zu seinen Wettbewerbern keinen strukturellen Nachteil, weil die Tatsache, dass PCT in ein großes Infrastrukturprojekt investierte, für sich genommen, keinen strukturellen Nachteil darstellt, sondern die Entscheidung eines privaten Investors, der von der Muttergesellschaft Cosco im Rahmen ihrer normalen Geschäftstätigkeit getroffen wurde. Daher sind die Feststellungen in der Combus-Rechtssache im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

(85)

Insbesondere im Hinblick auf die Maßnahme zur Freistellung von Steuern, Stempelgebühren, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten in Bezug auf die Verträge zwischen den Gläubigern der Darlehensvereinbarungen und insbesondere der Muttergesellschaft Cosco, mit denen die sich aus den Darlehensvereinbarungen ergebenden Rechte und Pflichten übertragen werden (71), ist die Kommission der Ansicht, dass diese Bestimmung der Gewährung eines Versicherungsvertrags entspricht, den der Staat den Gläubigern von PCT kostenlos gewährt. Im Wesentlichen genießen die Gläubiger von PCT und insbesondere Cosco die Immunität vor der Bezahlung aller Steuern, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten, deren Einführung der griechische Staat in Zukunft beschließen mag, ohne dem Staat für eine solche Immunität eine Vergütung zahlen zu müssen. Daher befindet sich Cosco aufgrund dieser Maßnahme in einer vorteilhafteren Position als die Gläubiger anderer Investoren, weil Cosco für eine solche Immunität nämlich keine Prämie an den Staat zahlen muss.

(86)

Angesichts des Charakters dieser Maßnahme, die für den Fall gelten soll, dass der Staat allgemein geltende Rechtsvorschriften verabschiedet, mit denen indirekte Steuern für diese Art Transaktionen verhängt werden, wird mit ihr im Vergleich zu den Unternehmen in derselben rechtlichen und faktischen Situation wie andere Gläubiger von Unternehmen, die Investitionen tätigen, eine Steuerimmunität zugunsten der Gläubiger von PCT, insbesondere Cosco, vorgesehen. Falls der Staat allgemein geltende Regeln einführt, mit denen indirekte Steuern auf die Übertragung von Darlehensverpflichtungen verhängt werden, die von Unternehmen eingegangen werden, müssen die Gläubiger aller anderen Investoren solche indirekten Steuern bei der Übertragung dieser Darlehensrechte zahlen. Im Gegensatz dazu unterliegt im Falle von PCT die Übertragung eines Rechtes, das sich aus einem Darlehen zur Finanzierung der Investitionen von PCT ergibt, zwischen den Gläubigern von PCT und insbesondere Cosco, keiner solchen Steuer, ohne dass der Staat für die Gewährung einer solchen Immunität vergütet wird. Der in Rede stehende Vorteil ist somit selektiv, weil er lediglich diejenigen Gläubiger von PCT und insbesondere Cosco betrifft, die Rechte und/oder Verpflichtungen übertragen, die sich aus den Darlehen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Konzessionsvertrags und PCT ergeben.

(87)

Um in den Anwendungsbereichs von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu fallen, muss eine staatliche Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen, die sich vor dem Hintergrund des von dieser Regelung verfolgten Ziels in einer vergleichbaren rechtlichen und faktischen Situation befinden, begünstigen (72). Bei steuerlichen Maßnahmen muss die Kommission daher im Prinzip die materielle Selektivität der Maßnahme durch eine dreistufige Analyse bewerten.

(88)

Zunächst muss die übliche oder „normale“ Regelung im Rahmen des geltenden Steuersystems („Referenzsystem“) ermittelt werden. Zweitens muss bewertet werden, ob die Maßnahme insofern eine Abweichung von diesem Referenzsystem darstellt, als sie zwischen Wirtschaftsteilnehmern unterscheidet, die sich vor dem Hintergrund des Ziels, das mit diesem System verfolgt wird, in einer vergleichbaren rechtlichen und faktischen Situation befinden (73).

(89)

Wenn eine solche Abweichung festgestellt wird, d. h. wenn die in Rede stehende Maßnahme den Anscheinsbeweisen zufolge selektiv ist, muss in einer dritten Phase untersucht werden, ob sich die abweichende Maßnahme aus dem Charakter oder der allgemeinen Regelung des Steuersystems ergibt, dessen Bestandteil sie ist, und somit gerechtfertigt werden könnte. In einem solchen Fall hat der Mitgliedstaat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aufzuzeigen, dass die Unterscheidung direkt aus den Grund- bzw. Leitprinzipien dieses Systems herrührt (74).

(90)

Die griechischen Behörden und PCT haben ausführliche Stellungnahmen vorgelegt, um ihre Argumentation zu untermauern, dass das richtige Referenzsystem für alle steuerlichen Maßnahmen die allgemeine Regelung sei, die in Griechenland für große öffentliche Infrastrukturprojekte gilt und deren Ziel darin besteht, den Zugang solcher Projekte zu Finanzierungsmöglichkeiten angesichts der hohen Risiken, die mit solchen Projekten verbunden sind, zu erleichtern, und dass aus dem Urteil in der Rechtssache Gibraltar (75) folge, dass die Einführung einer Freistellung von allgemein geltenden Vorschriften durch einen Mitgliedstaat nicht automatisch Selektivität und eine Begünstigung darstelle.

(91)

Die Kommission wird zunächst analysieren, ob eine solche Argumentation im Hinblick auf alle Bestandteile der Selektivitätsanalyse, also das Referenzsystem, das Ziel des Systems, den Vergleich der vergleichbaren rechtlichen und faktischen Situation vor dem Hintergrund dieses Ziels und die Begründung auf der Grundlage dieses Ziels, akzeptiert werden kann. Anschließend wird die Kommission die Selektivitätsanalyse für jede Maßnahme separat durchführen.

i)    Zum „Referenzsystem“ und seinem Ziel

(92)

Das Referenzsystem stellt den Rahmen dar, in dem die Selektivität einer Maßnahme bewertet wird. Es legt die Grenzen für die Untersuchung fest, ob bestimmte Unternehmen von einer Abweichung von den normalen Rechtsvorschriften, die zusammengenommen dieses Referenzsystem bilden, profitieren und daher gegenüber anderen Unternehmen, die den allgemeinen Rechtsvorschriften des Systems unterliegen, begünstigt werden.

(93)

Bei der Einrichtung dieses Referenzrahmens für die Besteuerung, muss dessen Anwendungsbereich einheitlich bestimmt werden, um zu verhindern, dass Ziele, die dem System fremd sind, als Grundlage für seine Festlegung herangezogen werden. Falls die Festlegung des Referenzsystems vor dem Hintergrund des politischen Ziels erfolgt, das die Mitgliedstaaten in einem jeden Fall verfolgen, der außerhalb der Logik des Besteuerungssystems liegt, dann würden in der Praxis alle steuerlichen Maßnahmen, die Mitgliedstaaten einführen, um bestimmte Sektoren, Tätigkeiten oder Arten von Unternehmen zu fördern, die Anwendung des Artikels 107 Absatz 1 AEUV (76) umgehen.

(94)

Im vorliegenden Fall ist das Ziel, Unternehmen, die an großen Infrastrukturprojekten beteiligt sind, dadurch zu unterstützen, dass Rechtssicherheit geschaffen und während der Bauphase für einen zusätzlichen Cashflow gesorgt wird, das von den griechischen Behörden und PCT geltend gemacht wird, ein Politikziel, das außerhalb der Steuererwägungen liegt und nicht für die Zwecke der Selektivitätsanalyse verwendet werden kann. Die Eigenschaften von großen öffentlichen Infrastrukturprojekten sind dem Steuersystem fremd und können nicht als Grundlage für die Bestimmung des geltenden Referenzsystems dienen. In jedem Fall kann die Tatsache, dass der griechische Staat jedes Mal, wenn er eine bestimmte steuerliche Behandlung für ein bestimmtes Unternehmen wünscht, ein spezielles Gesetz verabschiedet, nicht als allgemeiner Rahmen angesehen werden, den die Verwaltung ohne Ermessen anwendet.

ii)    Die rechtliche und faktische Situation der PCT vor dem Hintergrund des Ziels der betroffenen Maßnahme

(95)

Wenn das Referenzsystem festgelegt worden ist, besteht der nächste Schritt der Analyse darin zu untersuchen, ob eine bestimmte Maßnahme in Abweichung von diesem System zwischen Unternehmen unterscheidet. Dazu muss bestimmt werden, ob die Maßnahme bestimmte Unternehmen oder die Produktion bestimmter Güter gegenüber anderen Unternehmen, die sich in einer ähnlichen faktischen und rechtlichen Situation bedingen, vor dem Hintergrund des Ziels, das mit dem Referenzsystem angestrebt wird, begünstigt. Zu diesem Zweck können jedoch externe Politikziele nicht als Grundlage für die Analyse der unterschiedlichen Behandlung von Unternehmen im Rahmen eines bestimmten Steuersystems dienen.

(96)

Was den „horizontalen“ Charakter der geltend gemachten Regelung betrifft, der für alle Unternehmen gilt, die große Infrastrukturprojekte umsetzen, ist laut ständiger Rechtsprechung (77) die Tatsache, dass die Zahl der Unternehmen, die im Rahmen einer Maßnahme beihilfeberechtigt sind, sehr groß ist oder dass sie verschiedenen Sektoren angehören, nicht ausreichend, um den selektiven Charakter dieser Maßnahme infrage zu stellen und ihre Einstufung als staatliche Beihilfe somit auszuschließen (78). Daher ist die Tatsache, dass Unternehmen, die an großen Infrastrukturprojekten beteiligt sind, von mehreren steuerlichen Ausnahmen profitieren können, nicht ausreichend, um den selektiven Charakter der gegenständlichen Maßnahmen auszuschließen. Ganz im Gegenteil können die Voraussetzungen, denen zufolge diese Unternehmen Zugang zu solchen Befreiungen erlangen, de facto zu Selektivität führen (79).

(97)

Deshalb muss die vergleichbare rechtliche und faktische Situation von PCT jedes Mal vor dem Hintergrund des Ziels des maßgeblichen geltenden Steuersystems und nicht auf der Grundlage externer Politikziele untersucht werden.

iii)    Begründung durch die Logik des Steuersystems

(98)

Eine Maßnahme, die von dem Referenzsystem abweicht und daher dem Anscheinsbeweis zufolge selektiv ist, kann sich nach wie vor als nicht selektiv herausstellen, wenn sie durch den Charakter oder die allgemeine Regelung dieses Systems gerechtfertigt wird. Dies ist dann der Fall, wenn eine Maßnahme direkt von den Grund- oder Leitsätzen abweicht, die dem Referenzsystem innewohnen, oder wenn sie das Ergebnis mit ihm verbundener Mechanismen ist, die für die Funktionsweise und die Effektivität des Systems notwendig sind (80). Im Gegensatz dazu können Politikziele, die dem System fremd sind, dazu nicht als Grundlage dienen (81). Folglich können Steuerbefreiungen, die das Ergebnis eines Ziels sind, das nicht im Zusammenhang mit dem Steuersystem steht, dessen Bestandteil sie sind, die Voraussetzungen von Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht umgehen.

(99)

In dieser Hinsicht hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass selbst dann, wenn ein Politikziel eines der wesentlichen Ziele der Europäischen Union darstellt, die Notwendigkeit, dieses Ziel zu berücksichtigen, den Ausschluss von selektiven Maßnahmen aus der Einstufung als Beihilfen nicht rechtfertige (82). Die erfolgreiche Umsetzung großer Infrastrukturprojekte und die Rechtssicherheit für die Umsetzung dieser Projekte können nicht als Ziel angesehen werden, das dem Steuersystem innewohnt. Darüber hinaus haben die griechischen Behörden und PCT nicht nachgewiesen, wie dieses Ziel mit dem Grundsatz der Gleichheit und Verhältnismäßigkeit des allgemeinen Steuersystems und insbesondere mit dessen Ziel der Erhöhung der Steuereinnahmen in Einklang steht. Das letztgenannte Ziel ist schwer mit der Gewährung von Steuervergünstigungen in Einklang zu bringen (83). Auch die wichtigsten finanziellen Fragen der Unternehmen, die große Infrastrukturprojekte umsetzen, können nicht als Ziele angesehen werden, die eine unterschiedliche Behandlung für diese bestimmten Unternehmen und insbesondere für PCT rechtfertigen können.

(100)

Wenn daher die Steuermaßnahmen, die nachstehend untersucht werden, selektive Maßnahmen darstellen, können sie nicht als durch das öffentliche Politikziel gerechtfertigt angesehen werden, wie dies von den griechischen Behörden und der Begünstigten vorgebracht worden ist.

5.3.1.   Freistellung von der Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zum Tag der Inbetriebnahme  (84) der Pier III  (85)

Referenzsystem

(101)

Im Rahmen des griechischen Einkommensteuersystems werden im Prinzip alle Gewinne von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und privaten Kapitalgesellschaften mit Sitz in Griechenland, die in Griechenland und außerhalb von Griechenland erwirtschaftet werden, einschließlich der Gewinne in Form von Zinsen, in dem betreffenden Geschäftsjahr mit dem geltenden Zinssatz besteuert (86). Der verbleibende Gewinn nach Steuern kann entweder an Anteilseigner verteilt, als Rückstellungen akkumuliert oder durch eine Kapitalerhöhung in das Eigenkapital aufgenommen bzw. in Eigenkapital umgewandelt werden. Sobald der Gewinn nach Steuern an die Anteilseigner verteilt bzw. in Eigenkapital umgewandelt/aufgenommen wurde, wird er erneut zu dem im betreffenden Geschäftsjahr geltenden Steuersatz besteuert (87).

(102)

Folglich ist das Referenzsystem für die Besteuerung der bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III aufgelaufenen Zinsen das griechische Körperschaftssteuersystem, insbesondere die Besteuerung von Unternehmensgewinnen, einschließlich der Gewinne, die sich aus aufgelaufenen Zinsen ergeben.

Abweichung vom Referenzsystem

(103)

Die „aufgelaufenen Zinsen“ (88) stellen einen Teil der steuerpflichtigen Bruttoeinnahmen von PCT dar und würden normalerweise besteuert. PCT ist jedoch von der Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zur Inbetriebnahme der Pier III (89) befreit, eine Behandlung, die von dem Referenzsystem, vor allem der Einkommensteuer auf Einnahmen nach dem griechischen Einkommensteuergesetz, abweicht. PCT kann in einer vergleichbaren rechtlichen und faktischen Situation wie alle Aktiengesellschaften angesehen werden, deren Einnahmen nach dem allgemein gültigen Rechtsrahmen besteuert werden. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass PCT ein selektiver Vorteil gewährt worden ist.

(104)

Den griechischen Behörden und PCT zufolge ist in Artikel 99 des griechischen Einkommensteuergesetzes vorgesehen, dass Einnahmen, die von der Besteuerung befreit sind, zum Zeitpunkt der Ausschüttung oder Kapitalisierung der Körperschaftssteuer unterliegen. Auf dieser Grundlage machen sie geltend, dass PCT mit der in Rede stehenden Bestimmung in dem Sinne lediglich ein Steueraufschub gewährt würde, dass PCT zum Zeitpunkt der Kapitalisierung oder Ausschüttung ihrer Gewinne Körperschaftssteuer auf ihre Gewinne sowie Quellensteuer auf die Dividenden der Anteilseigner zahlen müsse.

(105)

Die Kommission stellt fest, dass es in Artikel 99 Absatz 1 Buchstabe a dritter Gedankenstrich des griechischen Einkommensteuergesetzes heißt, dass Unternehmen, die nach bestimmten Rechtsvorschriften (im vorliegenden Fall die gegenständliche Bestimmung) von der Körperschaftssteuer befreit sind, nur die Gewinne, die kapitalisiert oder ausgeschüttet werden, besteuert werden, nachdem zuvor die entsprechende Körperschaftssteuer von ihrem Wert abgezogen wurde. Das bedeute somit, dass PCT durch diese Bestimmung so lange keine Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen zahlen müsse, bis PCT ihre entsprechenden Einnahmen kapitalisiert oder ausschüttet oder spätestens bei der Inbetriebnahme der Pier III. Daher bezieht sich der Steueraufschub lediglich auf die Gewinne, die ausgeschüttet oder kapitalisiert werden können. Aufgrund dieser Bestimmung könnte PCT ihre Gewinne, die sich aus aufgelaufenen Zinsen ergeben, bis zur Inbetriebnahme der Pier III nutzen, um Rückstellungen zu bilden, ohne dafür Körperschaftssteuer zahlen zu müssen. Da die griechischen Rechtsvorschriften den griechischen Behörden zufolge darüber hinaus keine Verpflichtung enthalten, Rückstellungen in Aktienkapital umzuwandeln oder Gewinne auszuschütten, kommt PCT aufgrund dieser Bestimmung in den Genuss einer vollständigen Steuerbefreiung auf alle Gewinne, die sich aus aufgelaufenen Zinsen ergeben, die in Griechenland und im Ausland angefallen sind (90). In jedem Fall stellt ein Steueraufschub einen selektiven Vorteil für PCT dar.

(106)

Die griechischen Behörden und PCT geben an, dass PCT erhebliche Bareinlagen führen müsse, um die während der Bauphase und während des Zeitraums vor der Inbetriebnahme der Pier III erforderlichen Investitionen zu finanzieren und dass diese Freistellung darauf abziele, diese Investitionen in öffentliche Infrastrukturen zu erleichtern. In diesem Sinne sind sie der Ansicht, dass sich PCT in einer rechtlichen und faktischen Situation befindet, die mit der Situation aller Unternehmen vergleichbar ist, die an großen Investitionen in öffentliche Infrastrukturen beteiligt sind.

(107)

Die Tatsache, dass die Maßnahme allen Unternehmen zur Verfügung steht, die Investitionen in öffentliche Infrastrukturen tätigen, bedeutet jedoch nicht, dass die Maßnahme nicht selektiv ist. Es wird im Gegenteil festgestellt, dass lediglich eine bestimmte Kategorie von Unternehmen, nämlich diejenigen, die in öffentliche Infrastrukturen investieren, von der Maßnahme profitieren können. Andere Unternehmen, die nicht in diesem Tätigkeitsbereich aktiv sind, können nicht von dieser Maßnahme profitieren. Darüber hinaus kann das Politikziel, Unternehmen, die an großen Infrastrukturprojekten beteiligt sind, während der Bauphase zu unterstützen, wie bereits oben analysiert (91), nicht als Ziel angesehen werden, das einer Steuerregelung innewohnt, auf deren Grundlage die vergleichbare rechtliche und faktische Situation von Unternehmen bestimmt werden kann.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(108)

Die griechischen Behörden und PCT geben an, dass die Steuerbefreiung auf aufgelaufene Zinsen direkt auf einer allgemeinen Bestimmung des griechischen Einkommensteuergesetzes basiere (92), die unter bestimmten Arten steuerbefreiten Einkommens auch „Einkommen, die kraft eines durch ein Gesetz ratifizierten Vertrags steuerbefreit sind“ umfasse. Sie machen geltend, dass angesichts der Tatsache, dass der griechische Gesetzgeber diese allgemeine Freistellung einheitlich anwende, um Steuerbefreiungen einzuführen, die speziell für alle großen Infrastrukturprojekte in Griechenland gelten, die gegenständliche Bestimmung keine spezielle Steuerbefreiung einführe. Ganz im Gegenteil sei diese Bestimmung Bestandteil einer allgemeinen Regelung auf der Grundlage des allgemeinen Steuersystems, die darauf abziele, die Umsetzung großer öffentlicher Infrastruktur- oder Investitionsprojekte zu erleichtern und zu unterstützen. Diese Bestimmung sei bei allen öffentlichen Infrastrukturprojekten zur Anwendung gekommen, um sicherzustellen, dass Unternehmen, die an solchen Projekten beteiligt sind, keiner Diskriminierung bzw. keinem „strukturellen Nachteil“ ausgesetzt sind.

(109)

Aus der Rechtsprechung der EU-Gerichte ergibt sich, dass die Behandlung von Wirtschaftsteilnehmern auf Ermessensbasis bedeuten kann, dass die individuelle Anwendung einer allgemeinen Maßnahme die Eigenschaften einer selektiven Maßnahme annimmt, insbesondere wenn die Ausübung der Ermessensbefugnis über die schlichte Verwaltung der Steuereinnahmen durch Verweis auf objektive Kriterien hinausgeht (93).

(110)

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann der Schluss gezogen werden, dass die vorgebliche „allgemeine“ Bestimmung dem Gesetzgeber einen uneingeschränkten Ermessensspielraum zugesteht, Einkommen jeglicher Art praktisch von der Besteuerung zu befreien, nachdem der Staat Verträge jeglicher Art mit einer steuerpflichtigen Person ausgehandelt und abgeschlossen hat. Daher ermöglicht diese „allgemeine“ Bestimmung in der Praxis Befreiungen, die nicht innerhalb der Logik des allgemeinen Besteuerungssystems liegen, sondern innerhalb der Logik der Begünstigung des jeweiligen Unternehmens, mit dem unter Umständen jedes Mal ein Vertrag ausgehandelt und abgeschlossen werden kann. Daher kann die „allgemeine“ Bestimmung des griechischen Einkommensteuergesetzes nicht als Bestandteil der Logik des Einkommensteuersystems angesehen werden.

(111)

Was die Rechtfertigung der Maßnahme als dem öffentlichen Politikziel der Erleichterung öffentlicher Infrastrukturprojekte innewohnend betrifft, ist die Kommission der Auffassung, dass diese Argumente bei der Bewertung des Begriffs „Beihilfe“ nicht in Betracht gezogen werden können.

(112)

Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahme einen selektiven Vorteil zugunsten von PCT darstellt, der der Einkommensteuer entspricht, die PCT normalerweise bis zur Inbetriebnahme der Pier III auf die aufgelaufenen Zinsen zahlen müsste.

5.3.2.   Die Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschrift unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands — „einzelnes Investitionsgut“ — Mehrwertsteuerrückvergütung innerhalb von 60 Tagen ab Beantragung; Zinsen wegen Verzögerungen  (94)

Referenzsystem

(113)

Dem griechischen Mehrwertsteuersystem zufolge ist ein Steuerpflichtiger dazu berechtigt, Mehrwertsteuergutschriften abzuziehen, die direkt mit der Verwirklichung von Leistungen im Zusammenhang stehen, die steuerpflichtig sind (95) oder die nicht steuerpflichtig sind, aber zum Abzug der Gutschriften berechtigen. Der Abzug wird für den Teil der Güter und Dienstleistungen gewährt, die tatsächlich für die Verwirklichung von Leistungen verwendet werden, die steuerpflichtig sind. Darüber hinaus werden Mehrwertsteuerguthaben, die sich aus dem Abzug der Mehrwertsteuervorsteuer und der Mehrwertsteuerschuld in einem bestimmten Steuerzeitraum ergeben, nicht zurückerstattet, sondern auf den folgenden Steuerzeitraum übertragen (96). Eine Rückvergütung ist zulässig, wenn das Unternehmen sein Mehrwertsteuerguthaben im Laufe eines Dreijahreszeitraums und bis zum Abschluss dieses Zeitraums nicht gegen seine Mehrwertsteuerschuld aufrechnen kann (97).

(114)

Das Mehrwertsteuerguthaben kann nur im Rahmen der Ausnahmen zurückerstattet und nicht auf den nächsten Steuerzeitraum übertragen werden, die in Artikel 34 des Mehrwertsteuergesetzes festgelegt sind. Eine dieser Ausnahmen betrifft Mehrwertsteuer, die auf „Investitionsgüter“ nach der Begriffsbestimmung im Mehrwertsteuergesetz (98) bezahlt worden ist, also auf „materielle Güter, die sich im Besitz des Unternehmens befinden und von diesem ständig genutzt werden, sowie Gebäude und sämtliche anderen Bauten, die von dem steuerpflichtigen Unternehmen auf Grundstücken errichtet werden, die dem Unternehmen nicht gehören, für die es aber auf der Grundlage einer jeglichen gesetzlichen Verbindung für einen Zeitraum von mindestens neun Jahren das Nutzungsrecht besitzt (…) Reparatur- und Instandhaltungskosten sind im Wert des Investitionsgutes nicht enthalten“.

(115)

Nach Artikel 5 des Ministerialbeschlusses 1073/2004 (99) können Mehrwertsteuerguthaben in den vorgesehenen Fällen (100) folgendermaßen zurückerstattet werden: a) für den ersten Mehrwertsteuer-Rückerstattungsantrag innerhalb von zwei Monaten ab dem Antragsdatum; b) für nachfolgende Mehrwertsteuer-Rückerstattungsanträge über 6 000 EUR: i) 90 % werden innerhalb eines Monats ab dem Antragsdatum zurückerstattet und ii) die restlichen 10 % innerhalb von zwei Monaten ab dem Antragsdatum; c) für nachfolgende Mehrwertsteuer-Rückerstattungsanträge unter 6 000 EUR wird der gesamte Mehrwertsteuerbetrag innerhalb eines Monats ab dem Antragsdatum zurückerstattet.

(116)

Wie die griechischen Behörden und PCT richtig hervorheben, erfolgt die Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschrift bei dem Bau von Immobilien nach dem Beginn der Bauarbeiten bis zur Höhe des Betrages, der den Aufwendungen im Zusammenhang mit den Arbeiten entspricht, die während eines jeden Zeitraums, für den Mehrwertsteuer geltend gemacht werden kann, geleistet und in Rechnung gestellt worden sind (101).

(117)

Das Recht auf Mehrwertsteuerabzug wird insbesondere im Hinblick auf Investitionsgüter endgültig zu dem Zeitpunkt entschieden, zu dem die Investitionsgüter in Gebrauch genommen werden. Um darüber hinaus Missbräuche des Mehrwertsteuer-Rückerstattungsmechanismus zu verhindern, muss die Mehrwertsteuervorsteuer, die abgezogen worden ist, dem Staat zurückgezahlt werden, wenn innerhalb von fünf Jahren ab dem Anfallen der Ausgaben für den Erwerb oder den Bau eines Investitionsguts dieses Investitionsgut nicht in Gebrauch genommen wird, da die Mehrwertsteuervorsteuer dann als nicht für steuerpflichtige Leistungen verwendet angesehen wird (102).

(118)

Schließlich beginnt die Berechnung der Rückvergütung von Steuern oder rechtsgrundlos gezahlter Beträge sechs Monate nach dem ersten Tag des Monats, der auf den Tag der Steuererklärung des Steuerpflichtigen folgt (103). Dennoch haben die griechischen Verwaltungsgerichte die Ansicht vertreten, dass diese Bestimmung nicht mit dem Verfassungsgrundsatz der Gleichheit der Steuerzahler in Einklang steht (104). Daher haben sie diese Bestimmung aufgehoben, indem sie die Auffassung vertraten, dass die Zinsen ab dem Tag zu berechnen sind, an dem die steuerpflichtige Person ein Rechtsmittel gegen den Beschluss der Steuerbehörde, das geltend gemachte Mehrwertsteuerguthaben nicht zurückzuerstatten, eingelegt hat (105).

(119)

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Bestimmungen das Referenzsystem zur Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften in Griechenland darstellt.

Abweichung vom Referenzsystem

—   Bezüglich der Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands

(120)

Nach Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes 3755/2009 hat PCT Anspruch auf die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von dem Grad der Fertigstellung des Bauprojekts oder einzelner Bauten oder Teile davon. Darüber hinaus verliert PCT demselben Artikel zufolge das Recht auf die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften auch nicht, wenn es das Investitionsgut innerhalb von fünf Jahren nach Anfallen der entsprechenden Aufwendungen nicht in Gebrauch genommen hat, obwohl dies nach den allgemein geltenden Vorschriften der Fall wäre.

(121)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass alle Unternehmen das Recht auf die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften hätten, sobald die entsprechende Aufwendung geleistet und in Rechnung gestellt wurde. Die Bestimmung bezüglich PCT verschaffe PCT keinerlei zusätzlichen Vorteil, da PCT nach dem Beginn der Arbeiten in jedem Fall das Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften hätte und nicht erst, wenn diese Arbeiten fertiggestellt wären.

(122)

Auf der Grundlage der zusätzlichen Auskünfte und Angaben ist die Kommission zu dem Schluss gekommen, dass PCT nach dem Beginn der Arbeiten an dem Projekt tatsächlich das Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften hätte und zwar bis zur Höhe des Betrags, der den ausgestellten Rechnungen entspricht. Dieses Recht wird jedoch endgültig entschieden, wenn das Investitionsgut in Gebrauch genommen wird. Angesichts der Tatsache, dass PCT das Recht auf die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellung des Investitionsprojekts hat und dieses Recht gleichzeitig auch dann nicht verliert, wenn das Investitionsgut nicht innerhalb von fünf Jahren in Gebrauch genommen wird, wie dies nach den normalerweise geltenden Vorschriften der Fall sein sollte, genießt PCT einen selektiven Vorteil.

(123)

Dieser Vorteil besteht in der Mehrwertsteuer-Rückvergütung, die PCT behalten darf, falls das Projekt fünf Jahre nach dem Anfallen der Aufwendungen im Zusammenhang mit dieser Rückvergütung nicht begonnen wurde, während andere Unternehmen dem griechischen Staat die rückvergütete Mehrwertsteuer zurückzahlen müssten, wenn das Projekt nicht innerhalb von fünf Jahren (ab dem Anfallen der diesbezüglichen Aufwendungen) begonnen würde. Es sei daran erinnert, dass die entsprechenden Leistungen (die von diesen Aufwendungen betroffen sind) nach den allgemein geltenden Vorschriften in solchen Fällen nicht mehr als steuerpflichtige Leistungen gelten würden (siehe Randnummer 117 oben). Das bedeutet, dass es anderen Unternehmen in ähnlichen Umständen normalerweise versagt wäre, die Mehrwertsteuergutschrift im Zusammenhang mit diesen Aufwendungen mit der Mehrwertsteuerschuld in einem folgenden Zeitraum aufzurechnen. Der Vorteil, der PCT durch diese Bestimmung verschafft wird, entspricht daher dem vollständigen Betrag der Mehrwertsteuer-Rückvergütung, den PCT (im Rahmen dieser Bestimmung) behalten darf, wenn das Projekt fünf Jahre nach Anfallen der entsprechenden Ausgaben noch nicht begonnen wurde.

(124)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass diese Abweichung auch für öffentliche Versorgungsbetriebe gelte, da sie diejenigen Unternehmen sind, die meistens Infrastrukturprojekte bauen, deren Fertigstellung länger dauern kann als die gewöhnlich geltende Fünfjahresfrist. Nach Ansicht der griechischen Behörden und PCT gelte diese Argumentation auch für PCT, die ein großes Infrastrukturprojekt baue, für das unter Umständen mehr Zeit als fünf Jahre erforderlich sei. Aus diesem Grund sei diese Bestimmung auch in alle anderen Konzessionsverträge im Zusammenhang mit großen Infrastrukturprojekten aufgenommen worden. Daher vertreten sie die Auffassung, dass diese Abweichung von den allgemein geltenden Vorschriften keine Ausnahme darstelle, sondern eine andere Anwendung der Vorschriften auf andere Situationen, die nicht vergleichbar seien.

(125)

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Abweichung einen selektiven Vorteil darstellt, weil sie PCT die Flexibilität ermöglicht, Zugang zur Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschriften zu erhalten, unabhängig von dem Zeitpunkt, an dem PCT das Investitionsgut in Gebrauch nimmt, also für einen unbegrenzten Zeitraum. Auf diese Weise würde der Anspruch von PCT auf Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschriften auch dann niemals endgültig entschieden und entsprechend angepasst werden, wenn PCT das Investitionsgut niemals in Gebrauch nehmen würde, was in der Praxis bedeutet, dass PCT nicht verpflichtet wäre, die Mehrwertsteuergutschriften, die sie während der gesamten Bauzeit erhalten hat, zurückzuzahlen, wenn sie das Projekt nicht fertigstellen würde. Die Tatsache, dass öffentliche Versorgungsbetriebe von demselben Vorteil profitieren können, bedeutet nicht, dass dieser Vorteil nicht selektiv ist. Öffentliche Versorgungsbetriebe stellen eine Unternehmenskategorie dar, die von der Maßnahme profitieren kann. Folglich ist eine solche Maßnahme selektiv.

—   Zur Bestimmung des Begriffs „Investitionsgut“

(126)

Artikel 2 Absatz 3 des Gesetzes 3755/2009 sieht vor, dass das Bauprojekt des Konzessionsvertrags und sämtliche Lieferungen von Gütern, Arbeiten, Dienstleistungen und Nebenarbeiten im Zusammenhang mit dem Bau für die Zwecke des Mehrwertsteuergesetzes als „einzelnes Investitionsgut“ anzusehen sind. Mit dieser Bestimmung wird im Wesentlichen festgelegt, dass der im Mehrwertsteuergesetz vorgesehene Begriff des „Investitionsguts“ für die Zwecke des Konzessionsvertrags sämtliche Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Konzessionsvertrags zu umfassen habe, d. h. nicht nur die errichteten „materiellen Güter“ (106), sondern auch die Bereitstellung von Gütern, Arbeiten und Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Konzessionsvertrags stehen oder ihm untergeordnet sind.

(127)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die in Rede stehende Bestimmung vor dem Hintergrund der Artikel 34 und 33 Absatz 4 des für das „Investitionsgut“ maßgeblichen Mehrwertsteuergesetzes lediglich in einer Erläuterung der allgemein geltenden Vorschriften bestehe, um angesichts der Besonderheiten und der hohen Beträge, die bei großen Infrastrukturprojekten anfallen, eine falsche Anwendung der Vorschriften zur Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften durch die Steuerbehörden zu verhindern. Die griechischen Behörden und PCT vertreten die Auffassung, dass die in Rede stehende Maßnahme vor dem Hintergrund der spezifischen Eigenschaften des Konzessionsvertrags den Zweck verfolge, jedes Element der Investitionskosten für Mehrwertsteuerzwecke als einzelne Geschäftseinheit zu behandeln. Da aus finanzbuchhalterischer Sicht sämtliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Investitionsprojekt im Investitionsgut integriert sind, erläutere diese Bestimmung in jedem Fall lediglich, was bereits anwendbar ist. Da PCT erhebliche Investitionen getätigt habe, die separate Aktionen und Phasen sowie separate Arten von Aufwendungen für Güter und Dienstleistungen umfassten, würde PCT für Mehrwertsteuerzwecke anders behandelt als jedes andere Unternehmen, das Investitionen leistet, um wirtschaftlich tätig zu werden.

(128)

Zur Unterstützung ihrer Argumentation verweisen die griechischen Behörden und PCT auf die Rechtsprechung in der INZO-Rechtssache (107), der zufolge wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne der Mehrwertsteuer-Richtlinie „(…) mehrere aufeinanderfolgende Handlungen und vorbereitende Tätigkeiten (…)“ (108) umfassen können, die die entsprechende Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschriften während der Bauphase ermöglichen. Darüber hinaus geben sie, derselben Argumentation folgend, an, dass das Gesetz über öffentlich-private Partnerschaften (PPP) im Jahr 2011 geändert worden sei (109), um vorzusehen, dass PPP dazu berechtigt sind, jedes Jahr bei Einreichung ihrer Mehrwertsteuererklärung die Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschrift geltend zu machen, ohne die Gutschrift in den nächsten Abrechnungszeitraum übertragen zu müssen.

(129)

Schließlich machen sie geltend, dass PCT auch dann dazu berechtigt wäre, die Rückvergütung i) auf jährlicher Basis geltend zu machen, wenn PCT nachweisen könnte, nicht in der Lage zu sein, die Mehrwertsteuergutschrift über einen Dreijahreszeitraum gegen die Mehrwertsteuerschuld aufzurechnen und ii) nach Verstreichen von drei Jahren geltend zu machen, wenn die Investition als nicht in den Anwendungsbereich der Bestimmung des Begriffs „Investitionsguts“ fallend angesehen werden sollte.

(130)

Die Kommission stellt fest, dass die in Rede stehende Bestimmung eine spezifische Bestimmung des Begriffs „Investitionsguts“ umfasst, die für PCT breiter ist als für andere Unternehmen, die sich in derselben rechtlichen und faktischen Situation befinden. In der Praxis hat diese Begriffsbestimmung zur Folge, dass PCT das Recht hat, im Hinblick auf sämtliche Bauleistungen, Dienstleistungen und Güter im Zusammenhang mit dem Bauobjekt Mehrwertsteuergutschriften rückvergütet zu bekommen, obwohl diese Möglichkeit nach den allgemein geltenden Vorschriften nur für materielle Güter und nicht für Dienstleistungen, Bauleistungen, Reparatur- und Instandhaltungskosten bestünde. Da PCT nach den allgemein geltenden Vorschriften zu einer Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschriften auf jährlicher Basis berechtigt wäre, wenn PCT den Nachweis erbringt, nicht in der Lage zu sein, die Mehrwertsteuergutschrift über einen Dreijahreszeitraum gegen die Mehrwertsteuerschuld aufzurechnen, und nach Verstreichen von drei Jahren führt die breitere Bestimmung des Begriffs „einzelnes Investitionsgut“ für die Zwecke des Konzessionsvertrags in der Praxis dazu, dass PCT zusätzliche Barmittel aus Mehrwertsteuergutschriften gewährt werden, die normalerweise später rückvergütet würden (110).

(131)

Tatsächlich kann PCT dank dieser Bestimmung nicht nur für materielle Güter eine Steuerrückvergütung erhalten, sondern auch für Aufwendungen im Zusammenhang mit Dienstleistungen, Arbeiten, Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, während andere Unternehmen für solche Aufwendungen lediglich die Mehrwertsteuergutschriften gegen die Mehrwertsteuerschuld aufrechnen oder drei Jahre warten könnten, um eine Rückvergütung zu erhalten. Der Vorteil, der PCT dank dieser Bestimmung verschafft wird, besteht daher in den aufgelaufenen Zinsen auf Mehrwertsteuerrückvergütungen für alle Aufwendungen außer materiellen Gütern (im Zusammenhang mit dem Investitionsgut) ab dem Zeitpunkt, an dem PCT die Rückvergütung zur Verfügung gestellt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, an dem PCT Anspruch auf eine solche Rückvergütung gehabt hätte, nämlich drei Jahre später oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem PCT in der Lage gewesen wäre, ihre Mehrwertsteuergutschrift (bezüglich dieser Aufwendungen) gegen ihre Mehrwertsteuerschuld aufzurechnen.

(132)

Die Tatsache, dass die Steuerbehörden die Vorschriften zur Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften bei Fehlen dieser Begriffsbestimmung möglicherweise auch anders anwenden könnten, beweist, dass diese Begriffsbestimmung zu einem selektiven Vorteil für PCT führt, der nicht für alle Unternehmen gilt. Darüber hinaus beweist die Tatsache, dass das Gesetz über öffentlich-private Partnerschaften, das hauptsächlich für große Infrastrukturprojekte gilt, geändert wurde, um für PPP das Recht vorzusehen, die Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschrift geltend zu machen, ohne sie in das nächste Jahr übertragen zu müssen, dass nach den allgemein geltenden Vorschriften alle Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Investitionsprojekt für die Zwecke der Anwendung der Vorschriften zur Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften nicht als „einzelnes Investitionsgut“ behandelt werden. Das Schreiben des Ministeriums der Handelsmarine an das Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten (111), in dem für PCT und den damaligen erfolgreichen Bieter des Hafens von Thessaloniki um spezielle Regelungen für die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften gebeten wird (112), zeigt, dass die allgemein geltenden Vorschriften im Zusammenhang mit der Rückvergütung nicht die gleichen wären. Schließlich beweist auch die Tatsache, dass nach dem Ministerialbeschluss von 2013 unabhängig von der Bestimmung des Begriffs „Investitionsgut“ keine Unterscheidung in den Rückvergütungsvorschriften erfolgt, dass diese Begriffsbestimmung PCT zum Zeitpunkt der Gewährung einen selektiven Vorteil verschaffte.

(133)

Die Kommission stellt darüber hinaus fest, dass sich die erwähnte Rechtsprechung in der INZO-Rechtssache auf das Recht bezieht, Mehrwertsteuer für Geschäfte abzuziehen, die mehrwertsteuerpflichtig sind und im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen, und nicht auf das Recht auf eine Rückvergütung.

—   Zur Berechnung von Zinsen ab dem ersten Tag nach dem Ablauf der Frist von 60 Tagen

(134)

Mit der in Rede stehenden Bestimmung wird PCT außerdem das Recht auf Zinsen aus der Mehrwertsteuergutschrift gegenüber dem Staat zugestanden, die bei Ablauf der Frist von 60 Tagen ohne die zeitlichen Vorgaben oder Formvorschriften, die im allgemein geltenden Rechtsrahmen in Bezug auf die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften automatisch anfallen, d. h. früher als für andere Unternehmen und ohne das Verwaltungsgerichtsverfahren durchlaufen zu müssen. Daher führt die Bestimmung zu einem zusätzlichen selektiven Vorteil für PCT.

(135)

Dieser Vorteil besteht in der Höhe der Zinsen, die PCT (im Rahmen dieser Bestimmung) von dem griechischen Staat nach Verstreichen der 60 Tage ab dem Tag der Einreichung der entsprechenden Steuererklärung (zur Beantragung der Mehrwertsteuerrückerstattung) fordern kann, während andere Unternehmen in einer ähnlichen Situation keinen Anspruch auf Zinsen hätten.

(136)

Die griechischen Behörden halten an ihrer Argumentation fest, die von PCT durch Verweis auf die EU-Rechtsprechung zur Mehrwertsteuer (113) gestützt wird, in der es heißt, dass Rückvergütung von Mehrwertsteuerguthaben die Rückerstattung von Mitteln des Steuerpflichtigen und nicht von Mitteln des Staates darstelle. Sie machen weiter geltend, dass sich die Begrenzung auf 60 Tage aus dem Grundsatz der Neutralität und Gleichheit ableite, der sich aus der EU-Rechtsprechung zur Mehrwertsteuer ergebe (114). Wenn der Staat die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften nach dem von ihm als „angemessene Frist“ festgesetzten Zeitraum, hat er Verzugszinsen zu bezahlen, indem er den Steuerzahler, der eine solche Rückvergütung geltend macht, vergütet. Daher stellt die Zahlung dieser Art von Verzugszinsen auf Mehrwertsteuergutschriften keine staatlichen Mittel dar.

(137)

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Berechnung von Zinsen bezüglich des Verzugs bei der Bezahlung der Mehrwertsteuer-Rückerstattung staatliche Mittel im Hinblick auf die zusätzlichen Zinsen beinhaltet, die der Staat PCT aufgrund dieser Bestimmung zahlen muss. In der Praxis zahlt der Staat aufgrund dieser Bestimmung ab dem Tag, der auf die Frist von 60 Tagen folgt, automatisch Zinsen, und nicht ab dem Tag, an dem PCT diesbezüglich ein Rechtsmittel einlegen würde, wie dies nach den geltenden Vorschriften der Fall wäre. Da lediglich PCT dieses Recht automatisch erhält, obwohl dies in der Regel nur nach Einlegen eines Rechtsmittels möglich ist, führt die Bestimmung zu einem selektiven Vorteil für PCT.

(138)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass diese Bestimmung lediglich sicherstelle, dass der Staat keinen finanziellen Vorteil auf Kosten von PCT erlange. Im Falle von Konzessionsverträgen dieser Art wäre ein großer Verzug bei der Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften ein erheblicher Aufwand und daher ein ernsthafter struktureller Nachteil für PCT. Darüber hinaus werden durch die mögliche Zahlung kleinerer Verzugszinsenbeträge an andere Unternehmen die Kosten nicht verringert, die PCT normalerweise in ihrer Geschäftstätigkeit zu tragen hat. Daher verfügt PCT über keinen Wettbewerbsvorteil und wird nicht anders behandelt als andere Unternehmen.

(139)

Die Kommission ist nicht der Ansicht, dass sich PCT in einer anderen Situation als andere Unternehmen befindet, die eine andere Behandlung rechtfertigen würde. Wie bereits erwähnt, stellt die Tatsache, dass PCT eine große Investition verwirklicht, in Bezug auf den Begriff der Selektivität kein Argument dar. Darüber hinaus werden durch die automatische Zahlung von Zinsen an PCT die normalen Kosten des Unternehmens verringert und PCT dadurch gegenüber anderen Unternehmen ein Vorteil verschafft.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(140)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass selbst wenn die Bestimmungen zur Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften ein Selektivitätselement enthalten sollten, dieses Selektivitätselement durch die Grund- oder Leitlinien, die dem Mehrwertsteuersystem innewohnen, gerechtfertigt würde, wie dies von EU-Gerichten und griechischen Gerichten bestätigt worden sei.

(141)

Die Kommission stellt fest, dass die Maßnahmen zugunsten der PCT in diesem Fall darauf hindeuten, dass PCT in Bezug auf die Mehrwertsteuer-Rückerstattung gegenüber anderen Unternehmen, die Investitionen leisten und Mehrwertsteuer abziehen, begünstigt wurde, und dies kann nicht als durch den Grundsatz der Neutralität und noch weniger durch den Grundsatz der Gleichheit des Mehrwertsteuersystems begründet angesehen werden.

(142)

Insbesondere was die Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands betrifft, kann selbst wenn potenziell akzeptiert werden könnte, dass eine Abweichung aufgrund einer längeren Bauzeit, mit der bei größeren Projekten gerechnet werden kann, möglicherweise akzeptiert werden könnte, eine unbestimmte Dauer dieser Abweichung nicht als im Einklang mit dem Grundsatz der Gleichheit oder Neutralität des Mehrwertsteuersystems angesehen werden. Insbesondere weil PCT im Rahmen der Bedingungen des Konzessionsvertrags dazu verpflichtet war, die Pier II spätestens bis zum 30. April 2014 und Pier III spätestens bis zum 31. Oktober 2015 fertigzustellen, kann die genannte Flexibilität für einen unbegrenzten Zeitraum nicht erklären, in welcher Hinsicht sich die vergleichbare rechtliche und faktische Situation von PCT von der Situation anderer Unternehmen unterscheidet, die Investitionen tätigen und eine Mehrwertsteuer-Rückerstattung erhalten. Vor dem Hintergrund der Grundsätze des Mehrwertsteuersystems, denen zufolge sicherzustellen ist, dass Unternehmen nicht von einem ungerechtfertigten Vorteil aus dem bestehenden Mehrwertsteuersystem profitieren, kann eine solche Sonderbehandlung nicht als durch die Logik des Systems gerechtfertigt angesehen werden.

(143)

Was die breite Bestimmung des Begriffs „Investitionsgut“ betrifft, stellt die Kommission fest, dass die Mehrwertsteuer-Richtlinie den Mitgliedstaaten den Ermessensspielraum zugesteht, zu entscheiden, ob die Unternehmen, die Rückvergütungen von Mehrwertsteuergutschriften erhalten können oder ob sie die Mehrwertsteuergutschrift zum nächsten Jahr vortragen und wie sie den Begriff des „Investitionsguts“ für Mehrwertsteuerzwecke bestimmen. Somit verfügte der griechische Staat über den Ermessensspielraum, die diesbezüglich geltenden Vorschriften zu bestimmen und vorzugeben, in welchen Fällen eine Rückerstattung geltend gemacht werden kann und auf welcher Grundlage. Die breite Bestimmung des Begriffs „Investitionsgut“, die PCT eine erleichterte und frühere Rückvergütung der Mehrwertsteuergutschriften ermöglichte, kann jedoch nicht als durch die Logik des Steuersystems gerechtfertigt angesehen werden, da dies im Gegensatz zum Gleichheitsgrundsatz stehen würde, der für alle Unternehmen zu gelten hat, die Investitionen tätigen, und nicht nur für PCT.

(144)

Bezüglich der Berechnung von Zinsen nach der Frist von 60 Tagen ist die Kommission der Auffassung, dass auch dies nicht durch die Logik des griechischen Mehrwertsteuersystems gerechtfertigt werden kann. Der Grundsatz der allgemeinen Neutralität der Mehrwertsteuer kann die Verhängung von Zinsen bei Verzug der Mehrwertsteuerrückerstattung rechtfertigen, um den Staat dazu zu verpflichten, die Last des Mehrwertsteuersystems nicht dem Steuerzahler aufzubürden. Die griechischen Bestimmungen sind von den griechischen Gerichten so ausgelegt worden, dass Steuerzahler jeder Art nicht unter den Folgen einer möglichen Untätigkeit des Staates leiden. Diese Auslegung wurde unabhängig von der Höhe der Beträge gemacht, die der Staat dem Steuerzahler zurückerstatten muss. Somit kann der Vorteil, der PCT durch die in Rede stehende Bestimmung verschafft wird, die den griechischen Staat unter zusätzlichen Druck setzen soll, falls er die Mehrwertsteuer nicht rechtzeitig zurück erstattet im Hinblick auf seinen hohen Investitionsaufwand nicht als gerechtfertigt angesehen werden.

(145)

Folglich vertritt die Kommission die Auffassung, dass die oben genannten Maßnahmen bezüglich der Bedingungen zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer PCT einen selektiven Vorteil verschaffen.

5.3.3.   Zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag — Einkommensteuer (Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes 3755/2009)

Referenzsystem

(146)

Nach dem allgemein geltenden Rechtsrahmen (115) können die Verluste eines Jahres bei gewerblichen Tätigkeiten und freiberuflichen Tätigkeiten zur Berechnung der Einkommensteuer für einen maximalen Zeitraum von fünf Jahren vorgetragen werden. Das griechische Einkommensteuergesetz sieht im Hinblick auf diese Vorschrift keine Ausnahme vor.

Abweichung vom Referenzsystem

(147)

Nach Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes 3755/2009 kann PCT ihre Verluste zeitlich unbegrenzt vortragen. Mit dieser Maßnahme wird PCT ein eindeutiger Vorteil verschafft, weil sie von der allgemein geltenden Vorschrift abweicht, die im Rahmen des griechischen Einkommensteuergesetzes keine Ausnahmen aufweist. Aufgrund dieser Bestimmung kann PCT ihre Verluste an jedem beliebigen Zeitpunkt vortragen, der für ihre Interessen geeigneter ist, vor allem, wenn sich das Gleichgewicht zwischen ihren Investitionskosten und ihrem steuerpflichtigen Einkommen ändert, d. h. wenn sie hohe Gewinne erwirtschaftet, um so die Zahlung von Steuern zu vermeiden, die sie normalerweise bei Fehlen dieser Ausnahme zahlen würde.

(148)

Daher verschafft diese Bestimmung PCT einen Vorteil in Höhe der Differenz zwischen der Einkommensteuer, die PCT tatsächlich zahlt und der Körperschaftssteuer, die PCT ohne die Möglichkeit gezahlt hätte, die Verluste auch noch mehr als fünf Jahre nach ihrem Entstehen vorzutragen.

(149)

Die griechischen Behörden und PCT machen außerdem geltend, dass das Recht, die Verluste für die Laufzeit der Konzession vorzutragen, im vorliegenden Fall als Anwendung des Grundsatzes der Verrechnung von Einnahmen und Ausgaben als angemessen angesehen worden sei. Nach Ansicht der griechischen Behörden und PCT sei dies eines der grundlegenden Prinzipien des griechischen Einkommensteuergesetzes in dieser Hinsicht und sei als solches in der allgemeinen Regelung angewendet worden, von der Artikel 2 Absatz 5 ein Bestandteil ist, der ihrer Auffassung nach als Referenzsystem genommen werden solle.

(150)

Außerdem machen sie geltend, dass in langfristigen Konzessionen für den Bau und den Betrieb von öffentlichen Infrastrukturen ein deutliches Ungleichgewicht zwischen der ersten Bauphase der Infrastruktur und den späteren Betriebsphasen der Infrastruktur bestehe, wenn die Infrastruktur voraussichtlich so rentabel sein dürfte, dass die anfänglichen Verluste abgedeckt werden. Da die im Vorfeld erforderlichen Investitionen im Laufe von über fünf Jahren zu erheblichen Verlusten führen und sie erst im späteren Teil der Konzessionslaufzeit ausgeglichen werden können, würde eine Begrenzung auf fünf Jahre dem Konzessionsnehmer den Vorteil der Steuerverlust-Vortragsregel vorenthalten. In dieser Hinsicht wären Unternehmen, die für große Infrastrukturprojekte verantwortlich sind, in einer anderen Situation als normale Unternehmen.

(151)

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Abweichung von der allgemeinen Vorschrift nicht als der Logik des griechischen Steuersystems innewohnend angesehen werden kann. Da die Fünfjahres-Regel für den steuerlichen Verlustvortrag allgemein und unterschiedslos gilt, kann der zeitlich unbegrenzte Verlustvortrag nicht als für öffentliche Infrastrukturprojekte gerechtfertigt angesehen werden. Die jetzt für öffentlich-private Partnerschaften geltende 10-Jahresfrist verstärkt die Schlussfolgerung, dass die speziell für PCT vorgesehene unbestimmte Frist einen klaren selektiven Vorteil für PCT darstellt. Schließlich ist die Kommission der Auffassung, dass sich alle Unternehmen, die Investitionen tätigen, welche mehrere Jahre dauern können, vor dem Hintergrund der Ziele des griechischen Einkommensteuergesetzes in derselben rechtlichen und faktischen Situation wie PCT und andere Konzessionsnehmer in Griechenland befinden. Da das griechische Steuersystem keine Unterscheidungen in Abhängigkeit von der Laufzeit der Investitionen von Unternehmen zulässt, sondern diese allgemeine Fünfjahresregel für alle Unternehmen festlegt, kann PCT im Hinblick auf diese Regel nicht anders angesehen werden als andere Unternehmen. Wie in Randnummer 107 angeführt, ist eine Maßnahme, die für alle Unternehmen gilt, die für große Infrastrukturprojekte verantwortlich sind, selektiv, weil sie nur für eine begrenzte Unternehmenskategorie gilt.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(152)

Die griechischen Behörden und PCT machen Folgendes geltend: a) das „verfolgte Ziel“ für diese Maßnahme hat das Ziel zu sein, das mit der abweichenden Bestimmung verfolgt wird, b) diese Bestimmung zielt darauf ab, den allgemeinen Grundsatz der Verrechnung von Einnahmen und Ausgaben des Steuersystems auf die besonderen Eigenschaften der Konzessionen anzuwenden, c) die Anwendung dieses Grundsatzes auf diese Projekte stellt keine Beseitigung des Risikos dar, das von dem Konzessionsnehmer getragen wird, sondern zielt darauf ab, die gleiche Behandlung und die Beseitigung des „strukturellen Nachteils“ dieser Projekte sicherzustellen, d) diese Bestimmung wurde einheitlich auf alle großen Infrastrukturprojekte in Griechenland angewendet, e) die Möglichkeit, Verluste über die Dauer der Konzessionslaufzeit vorzutragen ist der angemessene Mechanismus für die Behandlung der besonderen Eigenschaften solcher Konzessionen und den objektiven Unterschied zwischen dem Konzessionsnehmer und anderen gewerblichen Unternehmen.

(153)

Die Kommission stellt fest, dass das Ziel des Steuersystems auf der Ebene des Referenzsystems und nicht auf der Ebene der Ausnahmemaßnahme (116) ermittelt werden muss. Falls die Maßnahme selbst das Referenzsystem darstellen würde, dann würden sämtliche Steuermaßnahmen einer Einstufung als staatliche Beihilfen entgehen, wie außergewöhnlich sie auch sein mögen. Das Ziel des Körperschaftssteuersystems besteht darin, Einnahmen für den Staatshaushalt zu erzielen, und dieses Ziel würde gefährdet, wenn bestimmte Unternehmen ihre Bemessungsgrundlage nach Belieben und gemäß ihren finanziellen Interessen reduzieren dürften. Darüber hinaus bedeuten die hohen Investitionsbeträge, die bei großen Infrastrukturprojekten anfallen, nicht, dass Unternehmen, die diese Projekte ausführen, ein struktureller Nachteil entstünde, der durch das Einkommensteuersystem korrigiert werden müsse. Allen Unternehmen, die Investitionen tätigen, entstehen in den ersten Baujahren Verluste auf ihre Investitionen und unter Umständen erzielen sie in den vom griechischen Einkommensteuergesetz vorgesehenen Fünfjahreszeitraum keine Einnahmen. Eine solche Rechtfertigung ergäbe sich in keinem Fall aus den Grundsätzen des griechischen Einkommensteuersystems. Darüber hinaus bedeutet die Tatsache, dass eine ähnliche Bestimmung für bestimmte große Infrastrukturprojekte in Griechenland angewendet worden ist, nicht, dass die Maßnahme auch für PCT gerechtfertigt sein kann. Schließlich können die angeblichen speziellen Eigenschaften großer Konzessionen nach den oben unter den Randnummern 98 bis 100 angeführten Erläuterungen nicht als gültiges Ziel der allgemein geltenden Vorschriften akzeptiert werden, die für Steuerverlustvorträge maßgeblich sind. Daher haben die griechischen Behörden und PCT nicht den Nachweis dafür erbracht, dass die Unterscheidung zugunsten von PCT vor dem Hintergrund des griechischen Einkommensteuersystems gerechtfertigt werden kann.

(154)

Folglich ist die Kommission der Auffassung, dass die gegenständliche selektive Maßnahme nicht durch die Logik des oben beschriebenen griechischen Referenzsteuersystems gerechtfertigt werden kann.

5.3.4.   Wahl zwischen drei Abschreibungsmethoden

Referenzsystem

(155)

Das griechische Einkommensteuergesetz sieht vor, dass die allgemeine Regel für die Abschreibung von Anlagegütern die „lineare Abschreibungsmethode“ ist (117)  (118). Nach Artikel 1 Absatz 2 des Präsidialdekrets 299/2003 (119) sind Unternehmen verpflichtet, ihre festen Anlagegüter jedes Jahr zu den Abschreibungsraten abzuschreiben, die in diesem Dekret festgesetzt sind, unabhängig davon, ob sie während des Abschreibungszeitraums Gewinne oder Verluste machen. Wenn die Abschreibung folglich zu Raten durchgeführt wird, die höher sind als die in dem Präsidialdekret vorgesehenen Raten, werden sie zu steuerlichen Zwecken nicht berücksichtigt.

(156)

Insbesondere im Hinblick auf Konzessionsverträge können Rückstellungen zur Wiedererlangung von Anlagegütern, die wieder an den Staat oder an Dritte fallen werden (120), nach einem bestimmten Zeitraum auf der Grundlage eines Vertrags von den Bruttoeinnahmen abgezogen werden (121). Nach dem Ministerialbeschluss Nr. 100/2005 (122) werden Rückstellungen zur Wiedererlangung von Anlagegütern, die ohne Vergütung wieder an den Staat oder an Dritte zurückgegeben werden, jedes Jahr und für so viele Jahre gebildet, wie die Baukonzession andauert. Diese Rückstellung wird von den Bruttoeinnahmen abgezogen und wird nicht aus den Gewinnen des Unternehmens gebildet. Das Unternehmen ist nicht dazu berechtigt, die Abschreibungen auf der Grundlage des Präsidentialdekrets 299/2003 zu berechnen, das in der Regel anwendbar ist, aufgrund dieser spezifischen Bestimmung, aber auch aufgrund der Tatsache, dass die von dem Unternehmen zur Verwertung errichteten Bauten nicht dem Unternehmen gehören, sondern dem Staat oder Dritten. Der in Rede stehende Abzug wird unabhängig von dem Vorliegen von Gewinnen berechnet.

(157)

Schließlich werden Kosten im Zusammenhang mit Verbesserungen und Ergänzungen der vermieteten Immobilien in gleichen Teilen über die Laufzeit des Leasingvertrags abgeschrieben, vorausgesetzt, die geltende Abschreibungsrate ist nicht niedriger als die im Präsidialdekret 299/2003 festgesetzte Rate (123).

(158)

Somit besteht das allgemeine Referenzsystem im Hinblick auf diese Maßnahme in der linearen Abschreibungsmethode, die für die gesamte Konzessionslaufzeit allgemein anwendbar ist. Bei der Konzessionslaufzeit handelt es sich um den Zeitraum, der für Verträge festgelegt wurde, in deren Rahmen das abgeschriebene Anlagegut an den Staat oder an einen Dritten zurückgegeben wird.

(159)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die Bestimmungen im Zusammenhang mit Abschreibungen den Unternehmen die Flexibilität zugestehen, zwischen alternativen Abschreibungsmethoden und Abschreibungsraten zu wählen, um eine angemessene Behandlung unterschiedlicher Umstände zu ermöglichen. In dieser Hinsicht verweisen sie auf die Möglichkeit von industriellen Unternehmen, Bergbauunternehmen, Steinbruchunternehmen und gemischten Unternehmen dieser Art, zwischen der Verwendung der linearen Abschreibungsmethode und der degressiven Abschreibungsmethode wählen zu können. Ihnen zufolge stehe die Wahl der Abschreibungsmethode ebenso wie die Wahl der Abschreibungsraten im Ermessen der Steuerzahler. Im Einklang mit diesen beiden Methoden und auf der Grundlage des diesbezüglichen Grundsatzes der Flexibilität verweisen sie auf die Möglichkeit von öffentlich-privaten Partnerschaften, zwischen der linearen Abschreibungsmethode zu wählen, die für die gesamte Lebensdauer des Projekts gilt, und der zehnjährigen linearen Abschreibungsmethode mit der Option, innerhalb eines Monats ab Fertigstellung des Projekts einen längeren Abschreibungszeitraum zu wählen (124). Schließlich wiederholen sie ihre Argumentation, die sie vor dem Einleitungsbeschluss vorgebracht haben, indem sie darauf hinweisen, dass sich die Flexibilität dieses Systems auch an der Tatsache zeige, dass andere Unternehmen, die mit Konzessionen für große öffentliche Infrastrukturprojekte in Griechenland betraut worden sind, die Wahl zwischen unterschiedlichen Abschreibungsmethoden haben.

(160)

Die Kommission stellt fest, dass die Möglichkeit von industriellen Unternehmen, Bergbauunternehmen, Steinbruchunternehmen und gemischten Unternehmen dieser Art, zwischen zwei Arten von Abschreibungsmethoden wählen zu können, nicht für PCT gelten würde, weil diese Möglichkeit keine Verträge umfasste, durch die das Anlagegut am Ende des Vertrags an den Staat oder an einen Dritten zurückgegeben wird.

(161)

Darüber hinaus bedeutet die Tatsache, dass andere Unternehmen von ähnlichen Vorteilen profitiert haben könnten, nicht, dass solche Vorteile ein Referenzsystem darstellen können. Insbesondere die Tatsache, dass andere Unternehmen, die mit Konzessionen für große Infrastrukturprojekte in Griechenland betraut worden sind, die Wahl zwischen verschiedenen Abschreibungsmethoden haben, zeigt lediglich, dass diese Möglichkeit auf eine Kategorie von Unternehmen begrenzt ist, die große öffentliche Infrastrukturprojekte durchführen.

(162)

Daher ist die Kommission der Auffassung, dass das Referenzsystem für diese Maßnahme das oben in Randnummern 155 bis 156 bestimmte Referenzsystem ist.

Abweichung vom Referenzsystem

(163)

Artikel 2 Absatz 6 des in Rede stehenden Gesetzes lässt PCT die Wahl zwischen 3 verschiedenen Abschreibungsmethoden:

a)

Feste lineare Abschreibungsmethode während der gesamten Konzessionslaufzeit.

b)

Abschreibung der Baukosten innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung der Arbeiten in jährlich gleichen Beträgen (125). Falls PCT solche Kosten innerhalb eines längeren Zeitraums abschreiben will, kann PCT dies tun, muss dies dann aber der Steuerbehörde innerhalb eines Monats ab dem Ende des Geschäftsjahres, in dem die Arbeiten fertiggestellt worden sind, melden.

c)

Abschreibung eines beliebigen Betrags bis zu 100 % ihrer Baukosten innerhalb von 5 Jahren ab dem Beginn der gewerblichen Nutzung der Bauten (126). Für alle nachfolgenden Jahre kann PCT bis zu 50 % der nicht abgeschriebenen Baukosten der fertiggestellten Bauleistungen unabhängig von der Fertigstellungszeit abschreiben. Falls PCT diese Methode verwenden will, muss sie ihre Absicht der zuständigen Steuerbehörde innerhalb von sechs Jahren nach Konzessionsbeginn mitteilen.

(164)

PCT wurde die Möglichkeit gewährt, zwischen der allgemein geltenden linearen Standardabschreibungsmethode und zwei anderen Abschreibungsmethoden zu wählen, die für einige große Infrastrukturprojekte in Griechenland verfügbar sind. Die Bestimmung gesteht PCT das Recht zu, Abschreibungsmethoden zu wählen, die ihr gegenüber dem allgemeinen System einen Vorteil verschaffen können. Wenn sich PCT beispielsweise für eine der beiden beschleunigten Abschreibungsmethoden entscheidet, kann sie ihre Bemessungsgrundlage in einem größeren Umfang und zu einem früheren Zeitpunkt verringern als sie dies im Rahmen der Anwendung der linearen Standardabschreibungsmethode tun könnte. Darüber hinaus bedeutet die PCT eingeräumte Möglichkeit, innerhalb der sechs Jahre ab dem Konzessionsbeginn die dritte Abschreibungsmethode zu wählen, in der Praxis, dass PCT die Methode und den Umfang wählen kann, in dem sie ihre Bemessungsgrundlage in einer späteren Phase, wenn sie in der Lage ist, ihre steuerpflichtigen Einnahmen genauer zu berechnen, verringern will. Je nach ihren Einnahmen zu diesem Zeitpunkt kann PCT von dem Vorteil profitieren, um ihre steuerpflichtigen Gewinne zu verringern und weniger Steuern zu bezahlen als sie zahlen müsste, wenn alle ihre Anlagengüter nach den allgemein geltenden Vorschriften abgeschrieben würden.

(165)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die Wahl der Abschreibungsmethode keinen Vorteil darstellen könne, weil der Vorteil des Steuerfreibetrags nach wie vor die vollständige Höhe der Abschreibungskosten sei und lediglich die Anzahl der Jahre, über die sich die Abschreibung verteile, unterschiedlich sei.

(166)

Die Kommission stellt in dieser Hinsicht fest, dass die vollständige Abschreibung eines Anlageguts über einen kürzeren oder über einen längeren Zeitraum zu einer Differenzierung des Finanzergebnisses und der steuerlichen Situation des Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt und somit zu einem Vorteil führen kann. Wenn ein Unternehmen beispielsweise den Gesamtwert eines Anlageguts über 10 Jahre statt über 35 Jahre abschreibt, kann es seine Bemessungsgrundlage zu einem früheren Zeitpunkt verringern. Der Wert der abgeschriebenen Kosten, der im ersten Fall berücksichtigt wird, ist höher als der Wert derselben abgeschriebenen Kosten über einen längeren Zeitraum. Daher ist die Kommission der Ansicht, dass der Steuerfreibetrag tatsächlich nach wie vor in der Höhe der vollständigen Abschreibungskosten besteht, dass aber die Art und Weise, in der diese Abschreibungskosten für Besteuerungszwecke verwendet werden, zu einem zusätzlichen Vorteil für PCT führen kann, über den andere Unternehmen nicht verfügen.

(167)

Die griechischen Behörden und PCT gaben an, dass die Flexibilität, die den Abschreibungsvorschriften in Griechenland innewohne, ein breites Spektrum an Optionen umfassen sollte, um die angemessene Behandlung unterschiedlicher Umstände von öffentlichen Infrastrukturprojekten zu ermöglichen und gleichzeitig die vollständige Abschreibung der Kosten für die Anlagegüter sicherzustellen.

(168)

Die allgemein geltende Vorschrift der linearen Abschreibungsmethode für Konzessionsverträge, d. h. für Unternehmen, die sich in derselben rechtlichen und faktischen Situation befinden, wird im Gesetz jedoch eindeutig vorgesehen und die „Flexibilität“ im Zusammenhang mit dem Bereich der Abschreibungsraten ist nicht allgemein auf die Kosten von Konzessionsverträgen anwendbar, sondern auf andere Arten von Investitionskosten.

(169)

Die griechischen Behörden machen außerdem geltend, dass die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss die PCT zugestandene zusätzliche Flexibilität falsch interpretiert habe, die nämlich nicht automatisch und notwendigerweise einen Vorteil darstelle. Die Funktionsweisen jeder verfügbaren Abschreibungsmethode und insbesondere der Bereich der Abschreibungsraten in jeder Methode bedeuteten in Verbindung mit den besonderen gegebenen Umständen (127), dass im Grunde genommen nicht ausgeschlossen werden könne, dass durch jede der anderen Methoden ein ähnliches Ergebnis erzielt werden kann. Darüber hinaus bedeute die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen über mehr Alternativen verfüge als ein anderes Unternehmen, nicht automatisch, dass diesem Unternehmen dadurch ein Vorteil verschafft werde. Ob ein Wettbewerbsvorteil vorliegt oder nicht, könnte nur auf der Grundlage einer Bewertung der Wettbewerbsbedingungen und der verschiedenen Ergebnisse ermittelt werden, die sich aus der Anwendung der anderen Abschreibungsmethoden, die jedem einzelnen Wettbewerber zur Verfügung stehen, unter besonderen Umständen ergeben könnten.

(170)

Die Kommission ist der Auffassung, dass ihre Argumentation im Einleitungsbeschluss (128) in dieser Hinsicht durch die oben angeführte Argumentation im Wesentlichen bestätigt wird. Da jede Abschreibungsmethode mit anderen Parametern einhergeht, die untersucht werden müssen, um die vorteilhafteste Methode auszuwählen, wird PCT mit dieser Bestimmung die Freiheit verschafft, ihre Berechnungen durchzuführen und aus den verschiedenen Abschreibungsmethoden diejenige auszuwählen, die für ihre Interessen am besten geeignet ist. Insbesondere durch die Tatsache, dass PCT auch noch sechs Jahre nach dem Beginn des Projekts entscheiden kann, die geltende Abschreibungsmethode zu ändern, ist ihr Spielraum größer als derjenige eines normalen Wirtschaftsteilnehmers (129). Da PCT außerdem diejenige Abschreibungsmethode auswählen kann, die sie für die geeignetste hält — im Gegensatz zu anderen Unternehmen, die nur die normalen Abschreibungsvorschriften für Konzessionen anwenden können — wird PCT gegenüber diesen Unternehmen ganz sicherlich ein selektiver Vorteil verschafft. In dieser Hinsicht ist es unerheblich, die Wettbewerbsbedingungen und die verschiedenen Ergebnisse zu untersuchen, die sich für die verschiedenen Wettbewerber in den spezifischen Umständen ergeben könnten, da dies nicht das Ziel ist, mit dem die vergleichbare rechtliche und faktische Situation von PCT verglichen werden muss.

(171)

Darüber hinaus halten die griechischen Behörden an ihrer ursprünglichen Argumentation bezüglich der für PPA und den Hafen von Thessaloniki (130), den beiden anderen wichtigen Häfen von Griechenland, geltenden Abschreibungsvorschriften fest und bleiben bei ihrer Ansicht, dass die in Rede stehende Bestimmung sicherstelle, dass PCT nicht ungünstiger behandelt werde als die anderen beiden Hafenbetreiber.

(172)

Die Kommission stellt fest, dass die Tatsache, dass damals spezielle Abschreibungsraten für PPA und den Hafen von Thessaloniki gegolten haben könnten, jedenfalls nicht bedeutet, dass PCT berechtigt sein könnte, in den Genuss einer Sonderbehandlung zu kommen oder dass eine solche Sonderbehandlung gerechtfertigt wäre. Die Kommission ist daher der Auffassung, dass PCT durch die in Rede stehende Bestimmung ein selektiver Vorteil verschafft wird.

(173)

Dieser Vorteil besteht in der Möglichkeit von PCT, zwischen drei Abschreibungsverfahren wählen zu können und entspricht der Differenz zwischen der Einkommensteuer, die PCT bei Anwendung der linearen Abschreibungsmethode zahlen müsste, und der Einkommensteuer, die PCT durch Anwendung einer anderen Abschreibungsmethode tatsächlich gezahlt hat.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(174)

Die griechischen Behörden und PCT machen Folgendes geltend: a) die Wahl alternativer Abschreibungsmethoden ist Teil der allgemeinen Regelung, die für alle Unternehmen gilt, die mit öffentlichen Infrastrukturprojekten in allen Wirtschaftssektoren betraut werden, b) es besteht keine Diskriminierung, weil sich Konzessionsnehmer großer Infrastrukturprojekte in einer anderen rechtlichen und faktischen Situation befinden als andere Tätigkeiten, c) die Bestimmung stimmt mit dem verfolgten Ziel überein und ist für alle Unternehmen verfügbar, d) die maßgeblichen Erwägungen sind das verfolgte Ziel, der gewählte Mechanismus und der Grundsatz der Flexibilität im allgemeinen Abschreibungssystem des Anlageguts, e) bei Fehlen dieser Bestimmung bestünde Rechtsunsicherheit, da es Anlagegüter gäbe, für die keine Abschreibungsraten vorliegen, f) der Kern der Bestimmung besteht darin, für die Abschreibung von Anlagegütern, für die die Standardabschreibungsraten aufgrund von Besonderheiten der öffentlichen Infrastrukturkonzessionen nicht gelten, eine größere Flexibilität zu ermöglichen, g) da dieser Mechanismus für alle öffentlichen Infrastrukturkonzessionen in allen Sektoren gilt, steht er im Einklang mit dem Grundsatz der Flexibilität des Abschreibungssystems, h) dieser Mechanismus ist angemessen und verhältnismäßig, weil er den Grundsatz der Flexibilität anwendet und weil angesichts der Tatsache, dass die Umstände, denen sich jedes Unternehmen gegenübersieht, zu dem Zeitpunkt, an dem das Unternehmen seine Abschreibungsmethode wählt, nicht im Voraus bekannt sein können, keine geeignete Alternative vorliegt, um eine solche Flexibilität bei der Abschreibung sicherzustellen, i) PCT hat keinen besonderen Ermessensspielraum, abgesehen von dem, der nach dem allgemeinen Grundsatz der Flexibilität gerechtfertigt ist.

(175)

Zunächst erinnert die Kommission daran, dass der Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung die Begründung für selektive Maßnahmen beizubringen hat (131). Die von den griechischen Behörden und der Begünstigten vorgebrachte Argumentation weist nicht nach, wie eine Maßnahme, die der Begünstigten einen Ermessensspielraum zugesteht, als durch die Logik des Steuersystems gerechtfertigt angesehen werden kann. Daher hält sie an ihren vorläufigen Schlussfolgerungen im Einleitungsbeschluss fest, dass diese Maßnahme nicht durch den Charakter und die allgemeine Regelung des Systems gerechtfertigt werden kann.

(176)

Darüber hinaus stellt sie fest, dass die Flexibilität, die der Begünstigten den uneingeschränkten Ermessensspielraum für die Abschreibung ihrer Anlagengüter zugesteht, nicht als Grundsatz angesehen werden kann, der dem Steuersystem zugrunde liegt und der die Maßnahme rechtfertigen kann. Im Kern würde das darauf hinauslaufen, dass die Maßnahme selbst das allgemeine System darstellte und ihre Mechanismen das Ziel wären, mit dem die Maßnahme gerechtfertigt werden kann. Würde diese Argumentation gelten, dann könnte jede diskretionäre finanzpolitische Maßnahme der Einstufung als staatliche Beihilfe entfliehen. Des Weiteren kann auch die gesamte vorgebrachte Argumentation im Hinblick auf die Tatsache, dass ähnliche Regeln für andere Konzessionsverträge für öffentliche Infrastrukturen in Griechenland gelten, nicht als Rechtfertigung der Maßnahme angesehen werden (132). Daher stellt diese Maßnahme einen selektiven Vorteil dar, der nicht durch die Logik oder die allgemeinen Regelung des Systems gerechtfertigt werden kann.

5.3.5.   Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehensvereinbarungen und etwaige Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Investitionsprojekts (Artikel 2 Absatz 8)

Referenzsystem

(177)

Nach den allgemein geltenden Rechtsvorschriften werden Stempelgebühren auf mehrere Rechtshandlungen des Zivil- und Handelsrechts in Schriftform verhängt, wozu deshalb auch Darlehens-, Kredit- und Zusatzvereinbarungen gehören. Nach dem Präsidialdekret über Stempelgebühren (133) werden Stempelgebühren in Bezug auf ein bestimmtes Dokument erhoben, in dem ein Geschäftsvorgang schriftlich festgehalten wird. Die Stempelgebühr bezieht sich auf den Geschäftsvorgang selbst, daher liegt es an den Parteien, zu vereinbaren, welche Partei die Stempelgebühr zu zahlen hat. In der Praxis bedeutet das jedoch dass bei Darlehens-, Kredit- und Zusatzvereinbarungen meistens der Darlehens- oder Kreditnehmer die entsprechenden Stempelgebühren zahlen muss, weil der Geldgeber die Macht hat, diese Zahlung durchzusetzen. Die Einführung der Mehrwertsteuer als allgemeinen Steueraufwand durch das Gesetz 1642/1986 in die griechische Rechtsordnung hatte zur Folge, dass mehrere Stempelgebühren und Umsatzsteuern durch Mehrwertsteuer ersetzt wurden (134).

(178)

Nach Artikel 16 des Gesetzes 1676/1986 und Artikel 36 des Gesetzes 3220/2004 sind Darlehens- und Kreditvereinbarungen sowie deren Zusatzvereinbarungen, die von griechischen und ausländischen Banken in Griechenland bereitgestellt werden oder eine Verbindung zu Griechenland haben, d. h., die in Griechenland abgeschlossen und/oder durchgeführt werden, Verpflichtungen schaffen, die in Griechenland durchführbar sind, Sicherheiten in Griechenland beinhalten Territorialprinzip), von den Stempelgebühren befreit (135). Somit unterliegen Darlehen, die von anderen Unternehmen als Banken vergeben werden, nach dem bestehenden Stempelgebührengesetz der Stempelgebühr (136), sofern sie keine Verbindung zu Griechenland haben oder als Schuldverschreibungen ausgegeben werden. Darlehen, die zwischen anderen Unternehmen als Banken übertragen werden, unterliegen ebenfalls der Stempelgebühr (137), wenn das Hauptdarlehen ursprünglich der Stempelgebühr unterlegen war.

(179)

Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die Gesetzgebung zur Stempelgebühr mehrere Ausnahmen umfasst, insbesondere nach der Einführung des Mehrwertsteuersystems und/oder des Ersatzes der Stempelgebühr durch andere Abgaben oder Steuern. Der allgemein geltende Rahmen für diese Maßnahme bleibt jedoch das griechische Stempelgebührensystem, wie es zu dem Zeitpunkt bestand, an dem die in Rede stehende Bestimmung verabschiedet wurde. Dass Ausnahmen zu diesem System vorliegen, bedeutet nicht, dass das Stempelgebührensystem nicht existiert, sondern dass jede Ausnahme (138) in der Sache zu bewerten ist.

Abweichung vom Referenzsystem

(180)

Da Darlehens-, Kredit- und Zusatzvereinbarungen mit anderen Unternehmen als Banken, die in Griechenland abgeschlossen und durchgeführt werden oder eine Verbindung zu Griechenland haben (139) nach dem allgemein geltenden Rahmen Stempelgebühren unterliegen, müsste PCT normalerweise Stempelgebühren für diese Art Rechtsgeschäfte bezahlen. Auf der Grundlage der in Rede stehenden Bestimmung ist PCT jedoch von den Stempelgebühren befreit worden, die für Rechtsakte solcher Art normalerweise gezahlt werden müssten. PCT ist von Stempelgebühren befreit worden, die sie normalerweise für Darlehen von Unternehmen jeglicher Art außer Banken und insbesondere ihre Muttergesellschaft Cosco (140) zahlen müsste.

(181)

Auf diese Weise würde PCT gegenüber anderen Unternehmen in einer vergleichbaren rechtlichen und faktischen Situation ein selektiver Vorteil verschafft. Dieser Vorteil entspricht den Stempelgebühren, die PCT normalerweise nach den allgemein geltenden Vorschriften zahlen müsste.

(182)

Die griechischen Behörden und PCT stellen nicht infrage, dass diese Darlehensgeschäfte von der Zahlung der Stempelgebühr befreit sind, die normalerweise fällig wäre. Sie machen jedoch geltend, dass PCT durch diese Freistellung im Hinblick auf die Finanzierung, die für die Durchführung ihrer Konzessionsverpflichtungen erforderlich ist, eine größere Flexibilität verschafft werde ohne dass zusätzliche Kosten anfielen, falls eine solche Flexibilität in außergewöhnlichen Umständen als notwendig erachtet werde. Sie verweisen außerdem auf die Tatsache, dass PPA im Zusammenhang mit ihrer Konzession für den Betrieb des Hafens von Piräus ebenfalls von dieser Freistellung profitiert habe. Somit sei diese Maßnahme als Teil einer allgemeinen Maßnahme anzusehen, die dem griechischen Steuersystem eigen ist und darauf abzielt, die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte zu erleichtern.

(183)

Wie jedoch bereits oben für die anderen Maßnahmen angeführt, stellt die Erleichterung der Finanzierung großer Infrastrukturen ein Element dar, das berücksichtigt werden muss, wenn die mögliche Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen bewertet wird, nicht aber, wenn das Vorliegen staatlicher Beihilfen bewertet wird.

(184)

Darüber hinaus machen die griechischen Behörden und die Begünstigte geltend, dass die beiden untergeordneten Darlehen in Höhe von 54,8 Mio. EUR und in Höhe von […] Mio. EUR, die PCT von Cosco gewährt wurden, um ihre Investitionen in den Hafen von Piräus zu beginnen, nach den allgemein geltenden Vorschriften keiner Stempelgebühr unterlagen, a) weil sie außerhalb von Griechenland durchgeführt wurden, b) weil sie auf ein Bankkonto der PCT eingezahlt wurden, das PCT bei einer Bank außerhalb von Griechenland eröffnete, c) weil sie von PCT durch eine Geldüberweisung von ihrem Bankkonto außerhalb von Griechenland zurückgezahlt wurden. Dazu legten sie einen Bericht der ordentlichen Steuerprüfung des Geschäftsjahrs von PCT vor, in der diese Freistellung bestätigt wird.

(185)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass die Tatsache, dass PCT keine Stempelgebühren auf die oben angeführten Rechtsgeschäfte bezahlte, nicht beweist, dass sie auch nach den allgemein geltenden Vorschriften keine Stempelgebühren zahlen müsste. Der vorgelegte Bericht der Steuerprüfung verweist speziell auf die in Rede stehende Bestimmung. Darüber hinaus sind die fraglichen Rechtsgeschäfte absolut identisch mit einem ähnlichen Rechtsgeschäft, zu dem der Verwaltungsgerichtshof in Athen die Auffassung vertrat (141), dass das Territorialprinzip des Stempelgebührengesetzes (142) verletzt worden sei. In diesem Fall wurde der Darlehensvertrag insbesondere von einem Unternehmen mit Sitz in Griechenland als Darlehensnehmer und einem ausländischen Unternehmen außerhalb von Griechenland als Darlehensgeber abgeschlossen. Das Darlehen wurde außerhalb von Griechenland unterzeichnet. Der Darlehensgeber zahlte den Darlehensbetrag auf ein Bankkonto des Darlehensnehmers außerhalb von Griechenland ein und nach der Einzahlung war die ausländische Bank verpflichtet, den Darlehensbetrag am selben Tag auf das Bankkonto des Darlehensnehmers in Griechenland zu überweisen. Der Verwaltungsgerichtshof vertrat die Auffassung, dass dieses Darlehen die gleichen rechtlichen Ergebnisse aufzeigte, als wäre es in Griechenland unterzeichnet worden und als wäre der Darlehensbetrag direkt und ohne Vermittlung der ausländischen Bank nach Griechenland überweisen worden und dass es deshalb auch der Stempelgebühr unterläge.

(186)

Das gleiche Fallszenario gilt auch für die Darlehen, die Cosco PCT gewährt hat. Der Darlehensvertrag war insbesondere außerhalb von Griechenland unterzeichnet worden, die Darlehensbeträge wurden am 21. April 2009 auf das Konto der PCT bei der HSBC in Luxemburg eingezahlt und am 22. April 2009 auf das Konto der PCT bei der HSBC in Piräus überwiesen. Nach den Angaben der griechischen Behörden nutzte PCT 50 Mio. EUR zuzüglich Mehrwertsteuer als Garantie, die PCT PPA für das Inkrafttreten des Darlehensvertrags bereitstellen musste (143). Somit sind die faktischen Umstände des im oben beschriebenen Fall betroffenen Darlehensvertrags die gleichen wie bei den Darlehensverträgen zwischen Cosco und PCT. Insbesondere wurde das Darlehen, obwohl es außerhalb von Griechenland unterzeichnet und auf ein Bankkonto außerhalb von Griechenland eingezahlt wurde, anschließend auf das Konto von PCT in Griechenland überwiesen, um von PCT für die Zwecke des Konzessionsvertrags in Griechenland verwendet zu werden. Daher hätten die fraglichen Darlehensverträge nach dem in Artikel 8 des Stempelgebührengesetzes verankerten Territorialprinzip in der Auslegung durch die griechischen Gerichte der Zahlung der Stempelgebühr nach den allgemein geltenden Vorschriften unterliegen müssen. Aus diesem Grund ist die Kommission der Ansicht, dass PCT aufgrund dieser Bestimmung, die nicht die Anwendung der geltenden Vorschriften, sondern eine Abweichung von ihnen darstellt, bereits von einem konkreten finanziellen Vorteil profitiert hat.

(187)

Die griechischen Behörden und die Begünstigte machen geltend, dass diese Entscheidung des Gerichtshofs im Falle von PCT nicht gelten würde, weil sich die faktischen Umstände des vorliegenden Falls von den faktischen Umständen der Darlehensvereinbarungen von PCT unterscheiden würden. Sie machen geltend, dass PCT diese Darlehensbeträge außerhalb von Griechenland für ihre Zwecke hätte verwenden können. Außerdem machen sie geltend, dass gegen diese Entscheidung Rechtsmittel bei dem obersten griechischen Verwaltungsgericht eingelegt worden seien und die griechische Verwaltung ein Verwaltungsrundschreiben mit Auslegungsvorschriften herausgegeben habe (144), demzufolge ein solches Rechtsgeschäft nicht der Stempelgebühr unterliegen würde. Dieses Rundschreiben hat für die öffentliche Verwaltung Allgemeingültigkeit und ist für sie bindend. Daher stelle die Nichtzahlung der Stempelgebühren in diesen beiden Geschäftsvorgängen keine Abweichung von den allgemein geltenden Vorschriften dar.

(188)

Die Kommission stellt fest, dass ein Verwaltungsrundschreiben mit Auslegungsvorschriften über die Anwendung des Stempelgebührengesetzes nicht als von höherer Gültigkeit angesehen werden kann, als Entscheidungen des Gerichts. Die Tatsache, dass gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs von Athen ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, bedeutet nicht, dass diese Entscheidung nicht gilt. Außerdem folgt die Auslegung des Territorialprinzips nach der oben angeführten Beschreibung (145) durch die griechischen Gerichte derselben Argumentation wie die genannte Entscheidung. Die Kommission stellt weiter fest, dass die Tatsachen, die für die Darlehensverträge von PCT maßgeblich sind, die gleichen sind, weshalb der Schluss gezogen werden kann, dass PCT nach den normalerweise geltenden Vorschriften in der Auslegung durch die griechischen Gerichte die entsprechende Stempelgebühr zahlen müsste. Angesichts dieser Auslegung wird PCT durch die in Rede stehende Bestimmung eindeutig ein selektiver Vorteil verschafft.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(189)

Die griechischen Behörden machen geltend, dass die Freistellung im Einklang mit der allgemeinen Regelung des stufenweisen Ausstiegs aus der Stempelgebühr stehe, wenn der Gesetzgeber entscheidet, dass die Freistellung von der Stempelgebühr ein angemessener Mechanismus dafür ist, sicherzustellen, dass objektiv unterschiedliche Situationen zu Steuerzwecken unterschiedlich behandelt werden. Dazu gilt die Freistellung für alle Unternehmen, die öffentliche Infrastrukturprojekte umsetzen. Als Mechanismus, der sich mit ihren besonderen Eigenschaften befasst, ist er außerdem auch verhältnismäßig, weil er, angesichts der Tatsache, dass mehrere andere Arten von Geschäftsvorgängen, die ebenfalls von der Stempelgebühr befreit sind, von solchen Unternehmen in jedem Fall verwendet werden können, nicht riskiert, die Stempelgebühreneinnahmen zu gefährden.

(190)

Die Kommission stellt fest, dass der stufenweise Ausstieg aus der Stempelgebühr nicht als Grundsatz des Stempelgebührensystems gelten kann, mit dem diese Maßnahme gerechtfertigt wird, da ein solcher stufenweiser Ausstieg lediglich in Bezug auf alle Darlehensverträge vorgesehen werden kann und nicht nur in Bezug auf die Darlehensverträge von PCT. Was die besonderen Eigenschaften öffentlicher Infrastrukturprojekte betrifft, verweist die Kommission auf ihre Analyse in den Randnummern 98 bis 100 der vorliegenden Entscheidung. Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die griechischen Behörden und PCT nicht nachgewiesen haben, dass diese selektive Maßnahme durch die Logik des Steuersystems gerechtfertigt wird.

5.3.6.   Freistellung von Stempelgebühren auf Verträge zwischen den Gläubigern der Darlehensverträge, in deren Rahmen die sich aus ihnen ergebenden Pflichten und Rechte übertragen werden (Artikel 2 Absatz 9)

(191)

Nach dem bestehenden Stempelgebührgesetz unterliegen Darlehen, die zwischen anderen Unternehmen als Banken übertragen werden, der Stempelgebühr (146), wenn das Hauptdarlehen ursprünglich der Stempelgebühr unterlegen war.

(192)

Die Kommission ist der Ansicht, dass den Gläubigern von PCT, unter denen sich die Muttergesellschaft von PCT, Cosco, befindet, durch die Bestimmung von Artikel 2 Absatz 9 oben ein direkter Vorteil verschafft wird. Dieser Vorteil entspricht dem Betrag der Stempelsteuer, den die Gläubiger von PCT normalerweise nach den allgemein geltenden Vorschriften zahlen müssten, falls ein Darlehen, das für den mit PCT abgeschlossenen Konzessionsvertrag maßgeblich ist, übertragen wird. Diese Bestimmung beinhaltet außerdem einen indirekten Vorteil für PCT, in dem Maße, in dem PCT durch sie leichter ein Darlehen erhalten könnte.

(193)

Den griechischen Behörden zufolge hat Cosco PCT im Jahr 2009 zwei Darlehen gewährt, die laut Auskunft der griechischen Behörden und PCT im Jahr 2011 ausgezahlt worden sind. Aufgrund der in Rede stehenden Bestimmung konnte Cosco, die Muttergesellschaft von PCT, von einer Freistellung von der Stempelgebühr profitieren, falls Cosco diese Darlehen auf andere Unternehmen übertragen hätte. Nach Auskunft der griechischen Behörden und PCT wurden diese Darlehen bereits von PCT ausbezahlt. Ausgehend von dieser Grundlage hat die Kommission keinen Anlass zur Annahme, dass eine solche Übertragung stattgefunden hat. Diese Bestimmung kann jedoch zu einem selektiven Vorteil für Cosco oder andere Gläubiger von PCT führen.

(194)

Die von den griechischen Behörden und PCT im Hinblick auf die Freistellung von der Stempelgebühr vorgebrachte Argumentation ist dieselbe wie im Hinblick auf die Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehen zugunsten von PCT. Ausgehend von dieser Grundlage kommt die Kommission zu dem Schluss, dass ihre nach dieser Ausnahmeregelung angeführte Argumentation auch für diese Maßnahme gültig ist. Daher ist diese Maßnahme selektiv und kann nicht als durch den Charakter oder die allgemeine Regelung des Systems gerechtfertigt angesehen werden.

5.3.7.   Freistellung von den Stempelgebühren für von PPA im Rahmen der Konzessionsvereinbarung an PCT geleistete Ausgleichszahlungen, die außerhalb des Geltungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes (Artikel 2 Absatz 10) liegen

Referenzsystem

(195)

Das Referenzsystem bezüglich der Maßnahme ist die Stempelgebührregelung, die für Rechtsgeschäfte des Zivilrechts oder des Handelsrechts in Griechenland gilt. Die Vorschriften, denen diese Regelung unterliegt, wurden bereits in den Randnummern 177 und 179 dieser Entscheidung genannt. Nach den Stempelgebührenvorschriften werden Stempelgebühren in Bezug auf Rechtsdokumente verhängt, auf denen sie angebracht werden und nicht in Bezug auf die bestimmten Steuerpflichtigen, die diese Dokumente unterzeichnen. Nach dem ministeriellen Rundschreiben 44/1987 (147), das die Stempelgebührenvorschriften nach den Änderungen auslegt, die mit der Mehrwertsteuerregelung eingeführt wurden, unterliegen Verträge, Rechtsakte oder Geschäftsvorgänge, die mehrwertsteuerpflichtig sind, den Stempelgebühren nicht.

(196)

Darüber hinaus fällt die Zahlung einer Vergütung nach den allgemein geltenden Rechtsvorschriften in der Auslegung und Durchsetzung der zuständigen griechischen Steuerbehörden außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer und unterliegt daher der Stempelgebühr (148).

(197)

Nach demselben Rundschreiben unterliegt die Aktivierung einer Zusatzvereinbarung (Sicherheitenvertrag, Garantievertrag, Hypothekenvertrag, Konventionalstrafenvertrag und andere Sicherheiten jeglicher Art) im Zusammenhang mit einem Vertrag, der mehrwertsteuerpflichtig und somit von der Stempelgebühr befreit ist, keiner verhältnismäßigen Stempelgebühr. Wenn jedoch der Hauptvertrag mehrwertsteuerpflichtig ist oder einer festen (und nicht verhältnismäßigen) Stempelgebühr unterliegt, unterliegt die Aktivierung eines Nebenvertrags zu diesem Vertrag einer festen Stempelgebühr.

(198)

Schließlich unterliegt die Zahlung jedweder Entschädigungsarten, beispielsweise für Schäden oder internationale Vertragsverstöße der Stempelsteuer.

(199)

Die griechischen Behörden gaben an, dass Entschädigungen, die in Griechenland aufgrund von Schäden bezahlt werden, nach den Bestimmungen des griechischen Stempelgebührengesetzes einer Stempelgebühr in Höhe von 3,6 % unterliegen. Die Zahlung von Entschädigungen nach einer in einen Vertrag aufgenommenen Schadensersatzklausel unterliegt einer Stempelgebühr in Höhe von 2,4 %.

Abweichung vom Referenzsystem

(200)

Artikel 2 Absatz 10 des Ratifizierungsgesetzes sah vor, dass Entschädigungen jeglicher Art, die PPA an PCT nach dem Konzessionsvertrag zahlen würde, außerhalb des Anwendungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes lägen und von der Stempelgebühr befreit seien.

(201)

Angesichts der Tatsache, dass die Stempelgebühr nach dem allgemein geltenden Rechtsrahmen auf rechtliche Dokumente verhängt wird und nicht auf die Parteien des Rechtsgeschäfts und angesichts der Tatsache, dass PPA zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Ratifizierungsgesetzes von der Stempelgebühr durch das Gesetz (149) befreit war, wäre eine Entschädigungszahlung im Namen von PPA und im Zusammenhang mit dem Konzessionsvertrag jedes Mal außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer und unterläge der Stempelgebühr und PCT wäre nach den allgemein geltenden Vorschriften verpflichtet, diese zu zahlen. PCT wäre insbesondere im Falle der Aktivierung einer Vertragsstrafenklausel im Konzessionsvertrag sowie im Falle von Schadensersatzzahlungen durch PPA aufgrund von Schäden im Zusammenhang mit dem Konzessionsvertrag oder dem Verstoß gegen den Konzessionsvertrag aufgrund dieser Bestimmung von der Zahlung einer festen Stempelgebühr befreit. Da die griechischen Behörden und PCT angeben, dass PPA zum damaligen Zeitpunkt von der Zahlung der Stempelgebühr im Hinblick auf Rechtsgeschäfte befreit war, die die Umsetzung von Arbeiten in ihrem Namen durch Dritte betrafen, wäre PCT durch die in Rede stehende Bestimmung darüber hinaus auch von der Zahlung von Stempelgebühren befreit, die sich aus ihren Regelungen mit PPA ergeben, die der Stempelgebühr unterliegen. Somit hat die in Rede stehende Freistellung zur Folge, dass PCT von der Verpflichtung zur Zahlung von Stempelgebühren in solchen Fällen befreit ist, womit PCT eindeutig ein selektiver Vorteil verschafft wird.

(202)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass in dem Fall, in dem die Zahlung der Entschädigung in einem ursächlichen Zusammenhang mit einem Vertrag stehe, der nach einer in diesem Vertrag enthaltenen Schadensersatzklausel („Vertragsstrafenklausel“) in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuerregelung falle, PCT von der Stempelgebühr befreit sei. Der Grund dafür bestehe darin, dass eine solche Schadensersatzklausel als Nebenvertrag angesehen werde, der von der Stempelgebühr befreit ist, wenn der Hauptvertrag in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer falle. Da der Konzessionsvertrag mehrwertsteuerpflichtig ist, ist jedwede Zahlung im Rahmen einer im Konzessionsvertrag vorgesehenen Vertragsstrafenklausel nach den allgemein geltenden Vorschriften von der Stempelgebühr befreit.

(203)

Die Kommission stellt fest, dass nach dem allgemein geltenden Rechtsrahmen tatsächlich keine verhältnismäßige Stempelgebühr auf die Aktivierung einer Vertragsstrafenklausel eines mehrwertsteuerpflichtigen Vertrags verhängt wird. In solchen Fällen wird nach demselben Rundschreiben, das die griechischen Behörden geltend gemacht haben, jedoch eine feste Stempelgebühr verhängt. Falls PPA daher aufgrund der Aktivierung einer Vertragsstrafenklausel des Konzessionsvertrags Entschädigungen zahlen müsste, würde PCT die feste Stempelgebühr, die eigentlich fällig wäre, aufgrund der in Rede stehenden Bestimmung nicht zahlen. Daher wird PCT mit der Bestimmung ein selektiver Vorteil verschafft.

(204)

Die griechischen Behörden und PCT geben außerdem an, dass die Zahlung anderer Arten von Entschädigungen, z. B. für Schäden oder internationale Vertragsverstöße, der Stempelgebühr unterliegt. In diesem Sinne wird mit Artikel 2 Absatz 10 eine Freistellung bezüglich dieser anderen Entschädigungsarten eingeführt. Ihnen zufolge ist diese Freistellung jedoch Teil der allgemeinen Regelung, die darauf abziele, objektiv unterschiedliche Eigenschaften/Besonderheiten der öffentlichen Infrastrukturkonzessionen zu behandeln. Daher ergeben sich in diesem Zusammenhang keine wirkliche Unterscheidung und keine Selektivität.

(205)

Die Kommission stellt fest, dass die griechischen Behörden und PCT ihre Feststellung bestätigen, dass für den Fall, dass PPA aufgrund von Schäden im Zusammenhang mit dem Konzessionsvertrag und/oder Verstöße gegen den Konzessionsvertrag Entschädigungen an PCT zahlen würde, PCT aufgrund dieser in Rede stehenden Bestimmung die Stempelgebühr nicht zahlen würde, die PCT normalerweise zahlen müsste. Daher verschafft diese Bestimmung PCT einen Vorteil, der der Höhe der Stempelgebühr entspricht, die PCT in solchen Umständen bezahlen müsste und von der PCT befreit ist. Was die Argumentation bezüglich der konkreten allgemeinen Regelung für öffentliche Infrastrukturprojekte betrifft, verweist die Kommission auf ihre Analyse in den Randnummern 92 bis 97 und 107 oben. Die Kommission ist insbesondere der Ansicht, dass eine Maßnahme, die für Unternehmen gilt, die für öffentliche Infrastrukturprojekte verantwortlich sind, lediglich für eine Unternehmenskategorie gilt und folglich selektiv ist.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(206)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass diese Freistellung im Einklang mit der allgemeinen Regelung des stufenweisen Ausstiegs aus der Stempelgebühr und dem Grundsatz der Gleichheit stehe, weil sie den Mechanismus darstelle, um sicherzustellen, dass die besonderen Eigenschaften von öffentlichen Infrastrukturprojekten entsprechend für Steuerzwecke behandelt werden. Die Kommission kann nicht akzeptieren, dass diese „Ziele“ die in Rede stehende Maßnahme rechtfertigen und verweist auf die jeweiligen Analysen zur Freistellung von den Stempelgebühren auf die Darlehen von PCT in den Randnummern 189 bis 190 oben.

(207)

Darüber hinaus machen die griechischen Behörden und PCT geltend, dass diese Freistellung mit dem Grundsatz der Gleichheit im Einklang stehe. Bei Fehlen dieser Bestimmung und angesichts der Tatsache, dass PPA zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Ratifizierungsgesetzes von der Zahlung der Stempelgebühr für Rechtsgeschäfte bezüglich der Umsetzung von Arbeiten in ihrem Namen durch andere Personen befreit war, wäre PCT insbesondere verpflichtet, jedes Mal Stempelgebühren zu zahlen, wenn sich diese aus ihren Regelungen mit PPA ergeben würde.

(208)

Wie bereits im Einleitungsbeschluss dargelegt wurde (150), bedeutet die Tatsache, dass PPA von Stempelgebühren befreit sein mag, jedoch nicht, dass eine solche Freistellung zugunsten von PCT durch den Charakter des Steuersystems gerechtfertigt ist.

(209)

Die Kommission stellt fest, dass diese Bestimmung durch das Gesetz 4152/2013 aufgehoben wurde. Somit würde sich der selektive Vorteil zugunsten von PCT nur auf die Vergangenheit beziehen.

5.3.8.   In Gesetzesdekret 2687/1953 für die Investition des Konzessionsvertrags vorgesehener Schutz (Artikel 3) auf Antrag von PCT

Beschreibung des Gesetzesdekrets und der Maßnahme, die es mit sich bringen kann

a)   Verfahren

(210)

Das Gesetzesdekret 2687/1953 gestattet es der griechischen Verwaltung, jedem beliebigen Unternehmen, das ausländisches Kapital einführt, um „produktive Investitionen“ zu tätigen, eine besondere begünstigende Regelung zu gewähren. Damit das Unternehmen von dieser Regelung profitieren kann, muss es einen Antrag beim Ministerium für Volkswirtschaft stellen. Nach dem Antrag des Unternehmens erstellt ein spezieller Ausschuss eine Stellungnahme, nachdem er zuvor Folgendes bewertet hat:

die Frage, ob die Investition „produktiv“ ist, d. h. ob sie auf die Entwicklung der inländischen Produktion gerichtet ist oder ob sie einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes leistet;

die Frage, ob sie ausländisches Kapital betrifft, einschließlich Kapital jeglicher Art, d. h. Fremdwährung, Maschinen und Materialien, Erfindungen, technische Methoden sowie Markenzeichen;

die „Nützlichkeit“ der Einfuhr ausländischen Kapitals; zu diesem spezifischen Punkt enthält das Dekret keine Festlegungen oder Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen und gesteht der nationalen Verwaltung somit einen Ermessensspielraum zu.

(211)

Im Anschluss an diese Stellungnahme schlägt der verantwortliche Minister je nach der Bedeutung der Investition ein unwiderrufliches Präsidialdekret vor oder erlässt einen Ministerialbeschluss zur Genehmigung der Einfuhr von ausländischem Kapital unter bestimmten Bedingungen, die in dem entsprechenden Dekret oder Beschluss festgelegt sind und zur Gewährung einer unwiderruflichen begünstigenden Regelung (151).

b)   Privilegien, die gewährt werden dürfen

(212)

Das Präsidialdekret/der Ministerialbeschluss, der für ein bestimmtes Unternehmen verabschiedet werden kann, gewährt die folgenden Steuer-„Erleichterungen“ (152):

Einfrierung des für Gewinne geltenden Steuersatzes für einen Zeitraum von höchstens 10 Jahren oder Anwendung eines niedrigeren Steuersatzes (153);

Reduzierung oder Freistellung von Zollgebühren oder Abgaben auf Einfuhren von Maschinen und Anlagen usw. für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren;

niedrigerer Steuersatz oder Freistellung von jeglichen Steuern, die von lokalen Behörden oder Hafenbehörden verhängt werden für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren;

Reduzierung oder Freistellung von sämtlichen Abgaben und Gebühren jeglicher Art, im Zusammenhang mit der Registrierung von Hypotheken oder der Gründung eines Pfandrechts als Sicherheit für das eingeführte Kapital oder für den Abschluss eines damit in Verbindung stehenden Vertrags;

Verbot von Einfuhrbeschränkungen oder -steuern;

Verbot einer rückwirkenden Verhängung von Steuern;

Freistellung von Zwangsenteignungen zugunsten der Vermögensverhältnisse des begünstigten Unternehmens;

Verbot der Beschlagnahmung von Vermögenswerten der unter Schutz stehenden Unternehmen;

Einstellung ausländischer Staatsangehöriger als technisches Personal und Verwaltungspersonal und Genehmigung, den Betrag ihres Gehalts in Fremdwährung auszuführen;

Genehmigung der Rückführung von Darlehen oder Aktienkapital (bis zu 10 % des jährlich eingeführten Kapitals); einer kumulativen Ausfuhr von Gewinnen (bis zu 12 % des eingeführten und rückgeführten jährlichen Kapitals ohne Steuern); Ausfuhr von Zinsen (bis zu 10 % jährlich) (154).

(213)

Nach dem Gesetzesdekret sind die Vermögenswerte von Unternehmen, die im Rahmen dieses Dekrets mit ausländischem Kapital geschaffen oder deutlich erhöht (155) worden sind, von jeglicher Zwangsenteignung zugunsten des Staates sowie von jeglicher Beschlagnahme befreit (156). Schließlich gibt es eine spezielle Bestimmung, in der der Grundsatz der nicht rückwirkenden Verhängung von Steuern für alle Unternehmen festgelegt wird, die von diesem Gesetzesdekret erfasst werden (157).

Referenzsystem

(214)

Da sich der Schutz, der im Rahmen des Gesetzesdekrets 2687/1953 gewährt wird, in Abhängigkeit zu den Maßnahmen, die von Mal zu Mal im Hinblick auf jedes einzelne Unternehmen, das unter einen solchen „Schutz“ fällt, beschlossen werden, ändern kann, und da die Ausnahmeregelungen, die PCT aufgrund dieses Dekrets gewährt werden können, in diesem Dekret nur grob festgelegt sind, kann das allgemeine Referenzsystem die verschiedenen Steuermaßnahmen enthalten, von denen die Begünstigte profitieren wird, sobald die Verwaltung die jeweilige Sonderregelung bewilligt, die von PCT beantragt wird.

(215)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass dieses Dekret aufgrund der Tatsache, dass es als Gesetz mit übergeordneter Gültigkeit eingerichtet worden sei, die ihr von der Verfassung zugestanden wurde, nicht als „Sonder“-Maßnahme angesehen werden könne, die mit dem „allgemeinen“ Rechtsrahmen verglichen werden kann. Als dieses Dekret verabschiedet und mit seiner übergeordneten Gültigkeit versehen wurde, habe der Großteil des nationalen Gesetzgebungsrahmens, den die Kommission als „Referenzsystem“ verwendet, noch nicht einmal bestanden. Daher ist das „Referenzsystem“, das diesbezüglich zu berücksichtigen sei, die griechische Verfassung und das Gesetzesdekret 2687/1953 selbst als allgemeine Maßnahme. Darüber hinaus war der Kommission die Existenz des Referenzsystems bereits seit dem Beitritt Griechenlands bekannt.

(216)

Die griechischen Behörden und PCT machen außerdem geltend, dass die spezielle Schutzregelung für ausländische Investitionen eine allgemeine Maßnahme sei, die für alle ausländischen Investitionen gelte, die objektive Voraussetzungen für ihre Anwendung erfüllten. Sie machen außerdem geltend, dass der logische Grund für das Dekret die Notwendigkeit gewesen sei, a) anzuerkennen, dass ausländische Investitionen in den in Griechenland herrschenden Umständen besonderen Risiken und Herausforderungen ausgesetzt sind und daher eine Sonderbehandlung bedürfen, um das Ziel, solche Investitionen anzulocken zu erreichen und b) in dieser Hinsicht für eine angemessene Behandlung zu sorgen.

(217)

Darüber hinaus machen die griechischen Behörden und PCT geltend, dass die Antwort des Kommissionsmitglieds Tajani (158) im Hinblick auf dieses Dekret lediglich die neuen Maßnahmen auf dem Gebiet der Zolltarife und nicht die staatlichen Beihilfemaßnahmen ausgeschlossen habe. Ihnen zufolge sei klar, dass die Anwendung dieses Dekrets bisher nicht zu rechtswidriger staatlicher Beihilfe geführt habe, da es bereits in Kraft war, als Griechenland der EU beigetreten war und Griechenland das Dekret auch danach ohne Änderung angewendet habe und die Kommission bisher keinerlei Schritte ergriffen habe, um die Rechtmäßigkeit dieses Dekrets nach dem EU-Recht infrage zu stellen.

(218)

Die Kommission stellt fest, dass das fragliche Gesetzesdekret nicht als gültiges Referenzsystem angesehen werden kann. Es stimmt zwar, dass dieses Dekret bereits vor Griechenlands Beitritt zur EU existierte, das bedeutet jedoch nicht, dass die Gültigkeit dieses Dekrets der Gültigkeit des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union und somit der in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen über staatliche Beihilfen übergeordnet ist. Als Griechenland der EU beitrat, musste es den „gemeinsamen Gesetzesbestand“ einhalten und hat insbesondere die Vorschriften des Vertrags zu staatlichen Beihilfen einzuhalten. Falls Griechenland dieses Dekret also nutzt, indem es bestimmten Unternehmen spezielle Vorteile gewährt, hat sie diese Vorteile zuerst der Kommission zu notifizieren, zur Würdigung nach den Vorschriften über staatliche Beihilfen und zur möglichen Genehmigung nach den Vorschriften des Vertrags (159).

(219)

Darüber hinaus gesteht dieses Dekret der Verwaltung einen breiten Ermessensspielraum (160) für die Festlegung der Bedingungen sowie der Vorteile zu, die den speziellen Unternehmen gewährt werden, die von dem Dekret Gebrauch machen. Die Sonderbehandlung ausländischer Investitionen in Griechenland mit dem Zweck, sie zu fördern, birgt bereits selektive Elemente in sich. Gleichzeitig ist sie auf ein öffentliches Politikziel und nicht auf ein Besteuerungsziel ausgerichtet. Ein gültiges Referenzsystem zum Zwecke der Selektivitätsanalyse kann sich lediglich auf die Besteuerungsgrundsätze stützen. Öffentliche Politikziele sind Ziele, die einem Steuersystem fremd sind, wie bereits in den Randnummern 92 bis 94 dieses Beschlusses angegeben und können für die Beurteilung der Selektivität daher nicht als Zweck eines Referenzsystems angesehen werden.

Abweichung vom Referenzsystem

(220)

Artikel 3 des Gesetzes 3755/2009 ermöglicht PCT die Anwendung einer Schutzregelung, die im Rahmen des beschriebenen Gesetzesdekrets vorgesehen ist. Diese Bestimmung hat zur Folge, dass PCT mehrere selektive Vorteile gewährt werden können, wenn PCT diese bei der griechischen Verwaltung beantragt. Diese Vorteile bestehen vor allem in Steuern, die PCT nach den normalen Vorschriften zahlen müsste und von denen PCT dank dieser Bestimmung befreit werden könnte. Durch die Freistellung von anderen gesetzlichen Einschränkungen (Zwangsenteignung, Beschlagnahme von Vermögenswerten, Genehmigung zur Einstellung ausländischen Personals und der Ausfuhr der Vergütung des Personals in Fremdwährung, Genehmigung zur Rückführung von Darlehen oder Aktienkapital) könnte PCT in der Zukunft ebenfalls begünstigt werden. Die Tatsache, dass diese Vorteile laut Auskunft der griechischen Behörden PCT noch nicht tatsächlich gewährt worden sind, ändert nichts an der Tatsache, dass die in Rede stehende Bestimmung PCT dazu berechtigt, den im Dekret festgelegten privilegierten Rahmen zu beantragen und zu erhalten.

(221)

Was die Maßnahme zugunsten von PCT betrifft, bringen die griechischen Behörden zusätzlich zu ihrer anfänglich vorgebrachten Argumentation keine weiteren Argumente vor. Daher bleibt die Kommission im Hinblick auf den selektiven Charakter dieser Maßnahme bei ihrer Schlussfolgerung (161).

(222)

Wie bereits oben angegeben (162), bedeutet die Tatsache, dass eine Maßnahme ein wirtschaftliches Politikziel aufweisen kann, nicht, dass sie nicht selektiv ist, sondern, dass sie als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden kann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden (163).

(223)

Darüber hinaus kann die individuelle Anwendung der im Rahmen des Gesetzesdekrets bereitgestellten Regelung (164) unabhängig von ihrer Art das Merkmal eines selektiven Vorteils (165) annehmen, angesichts der Tatsache, dass jede Entscheidung der griechischen Verwaltung zum Nutzen von PCT von den allgemeinen Steuervorschriften abweichen kann. Nach der Mitteilung der Kommission zu steuerlichen Beihilfen (166) führt eine solche Feststellung zur Annahme einer staatlichen Beihilfe und muss detailliert analysiert werden. Auf dieser Grundlage ist die Kommission der Ansicht, dass die in Rede stehende Bestimmung PCT einen selektiven Vorteil verschafft, der umgesetzt wird, wenn PCT beschließt, sie zu nutzen.

Begründung durch die Logik des Steuersystems

(224)

Die griechischen Behörden machen geltend, dass die spezielle Regelung im Rahmen dieses Dekrets darauf abzielte, Fremdkapital anzuziehen und den Wiederaufbau des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Bürgerkrieg in den 1940er Jahren zu erleichtern. Angesichts seiner Bedeutung für Griechenlands wirtschaftliche Entwicklung erkennt Artikel 107 der griechischen Verfassung ausdrücklich an, dass es den normalen Gesetzen übergeordnet ist. Tatsächlich wurde dies getan, um sicherzustellen, dass Investoren von Fremdkapital vor den ständigen Änderungen des griechischen Steuergesetzes geschützt werden, die für ausländische Investitionen nicht günstig sind. Derselbe Zweck dieser Schutzregelung, nämlich der Aufbau der griechischen Wirtschaft, kann jedoch nicht durch den selektiven Charakter der Maßnahme gerechtfertigt werden, sondern kann nur im Rahmen der Beurteilung der Vereinbarkeit berücksichtigt werden.

(225)

Die Kommission stellt weiterhin fest, dass angesichts der Tatsache, dass diese Schutzregelung, die PCT auf Antrag gewährt wurde, auf Ermessensbasis gewährt würde, nicht als durch den Charakter oder die allgemeine Regelung des Steuersystems (167) gerechtfertigt angesehen werden kann.

(226)

Daher führt die in Rede stehende Bestimmung zu einem selektiven Vorteil zugunsten von PCT, der nicht durch den Charakter oder die allgemeine Regelung des Systems gerechtfertigt werden kann.

Bestehende Beihilfen

(227)

Die griechischen Behörden und PCT machen für den Fall, dass die Kommission die Ansicht vertrete, die Anwendung dieses Erlasses stelle eine Beihilfe dar, geltend, dass es sich dann um eine bestehende Beihilfe handeln müsse.

(228)

Die Kommission stellt fest, dass die Bestimmung zugunsten von PCT im Jahr 2009 verabschiedet wurde und nicht vor dem Beitritt Griechenlands zur EU. Diese Bestimmung gibt PCT das Recht, diese spezielle Regelung zu beantragen und zu erhalten. Sobald PCT den Antrag stellt, muss ein Präsidialdekret oder ein Ministerialbeschluss verabschiedet werden, in dem die speziellen Vorteile festgelegt werden, in deren Genuss PCT kommt. Somit hat eine spezifische Anwendung des Dekrets auf Antrag von PCT zur Folge, dass die konkrete Umsetzung der Maßnahmen in dem Moment wirksam wird, in dem das Bewilligungsgesetz verabschiedet wird. Das bedeutet, dass die Maßnahme zugunsten von PCT eine neue Beihilfe darstellt.

5.3.9.   Freistellung von den allgemeinen Enteignungsvorschriften

(229)

Die in diesem Fall eingegangenen Beschwerden bezogen sich auf eine Freistellung von PCT von den Zwangsenteignungsvorschriften. Das Gesetz, mit dem der Konzessionsvertrag ratifiziert wurde, enthält keinen Verweis auf eine solche Freistellung. Die griechischen Behörden und PCT geben an, dass keine solche Freistellung gewährt worden sei, und die Kommission hat keinen Grund zu der Annahme, dass dies nicht stimmt. Deshalb ist die Kommission der Auffassung, dass PCT diese Art von Vorteil nicht gewährt worden ist.

5.4.   Vergleich der oben genannten staatlichen Beihilfemaßnahmen mit ähnlichen Bestimmungen in anderen Verträgen großer Infrastrukturprojekte

(230)

Die wichtigste Argumentation, die im Hinblick auf die Begründung der oben angeführten Steuermaßnahmen vorgebracht wurde, bezieht sich auf die Notwendigkeit, große Infrastrukturprojekte zu unterstützen, indem eine klare, flexible und stabile Steuerregelung für Unternehmen sichergestellt wird, die sie in Griechenland umsetzen. Zur Unterstützung ihrer Argumentation verweisen die griechischen Behörden und PCT auf eine Reihe von Beschlüssen der Kommission, in denen die Ansicht vertreten wird, dass bei der Finanzierung von Konzessionsverträgen großer Infrastrukturen, zu denen ähnliche steuerliche Freistellungen gehörten, keine staatliche Beihilfe enthalten wäre.

(231)

Die Kommission hat die vorgebrachte Argumentation geprüft und ist zu den folgenden Schlussfolgerungen gekommen.

(232)

Zuerst ist diese Art von Argument nach ständiger Rechtsprechung (168) nicht maßgeblich für die Würdigung der Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Kommission. Jeder Fall ist auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 1 AEUV unter Berücksichtigung des Sachverhalts zu bewerten. Wie in Randnummer 107 des vorliegenden Beschlusses angegeben, bedeutet das Vorliegen ähnlicher Maßnahmen in anderen Verträgen großer Infrastrukturprojekte jedenfalls lediglich, dass diese Maßnahmen für eine Unternehmenskategorie gelten und folglich selektiv sind.

(233)

Jedenfalls befassten sich sämtliche Entscheidungen, auf die die griechischen Behörden und PCT verweisen, mit unterschiedlichen Situationen.

(234)

Die Kommission ist ferner der Ansicht, dass die Schlussfolgerung in der Sache des internationalen Flughafens von Athen (169) für den aktuellen Fall nicht gelte. In diesem Fall waren die Tätigkeiten, die von der Beihilfe profitierten nicht wirtschaftlich oder sie waren zum damaligen Zeitpunkt nicht liberalisiert und daher war keine staatliche Beihilfe beteiligt. Im Gegensatz dazu hat der griechische Staat im vorliegenden Fall die Bereitstellung von Hafenstrukturdienstleistungen für den Wettbewerb geöffnet, weil er den Teil des Hafens öffentlich ausgeschrieben hat, der Gegenstand des Konzessionsvertrags ist. Somit ist das Argument der „Nicht-Liberalisierung“ dieses alten Beschlusses in diesem Fall nicht anwendbar.

(235)

Was die Sachen Autobahnring von Athen und Rio-Antirrio-Autobahnbrücke betrifft, stellt die Kommission fest, dass selbst wenn in der Beschreibung der staatlichen Maßnahmen bezüglich dieser Projekte eine Zusammenfassung der in diesen Konzessionen geltenden steuerlichen Bestimmungen enthalten war, sich die Kommission nicht ausdrücklich zu diesen spezifischen Bestimmungen geäußert hat, sondern lediglich bewertet hat, ob die Unterstützung des Staates für diese Projekte das erforderliche Minimum darstellte und ob das Ausschreibungsverfahren, das stattgefunden hatte, den Marktpreis zum Ergebnis hatte. Die meisten anderen Beschlüsse (170) beziehen sich nicht einmal auf die steuerlichen Freistellungen zugunsten der Konzessionsnehmer (ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie von der Logik des Steuersystems gerechtfertigt werden) und bewerten lediglich, ob das Ausschreibungsverfahren hinreichend offen und diskriminierungsfrei war und sich auf den niedrigsten Preis stützte oder nicht. Die Tatsache, dass die Kommission die entsprechenden Konzessionsverträge, die sich auf mehrere steuerliche Freistellungen bezogen, während der Notifizierung erhalten hat, bedeutet nicht, dass die Kommission diese Verträge unter dem Gesichtspunkt der staatlichen Beihilfe untersucht hat oder sich zu diesen speziellen Maßnahmen geäußert hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs hat die Kommission einen eindeutigen und ausdrücklichen Standpunkt zu Maßnahmen einzunehmen, damit die Begünstigen berücksichtigen, dass diese Maßnahmen keine staatliche Beihilfe zur Folge haben. Das Schweigen der Kommission bedeutet nicht, dass diese Maßnahmen gebilligt wurden (171).

(236)

Derselben Argumentation folgend, bedeutet die Tatsache, dass die Kommission in dem Beschluss zum Breitbandausbau (172) als Rechtsgrundlage das Gesetz zu öffentlich-privaten Partnerschaften, das ähnliche Bestimmungen enthält, erwähnt hat, nicht dass die Kommission diese Bestimmungen damit implizit bewertet hat. Schließlich scheint die Sache des Unterwassertunnels von Thessaloniki (173) nicht relevant zu sein, weil die Steuermaßnahmen ebenfalls nicht in die Bewertung aufgenommen worden waren und der erfolgreiche Bieter in jedem Fall darauf verzichtete, die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltene Option zu nutzen, von operativen Tochtergesellschaften zu profitieren.

(237)

Darüber hinaus machen die griechischen Behörden und PCT geltend, dass die Kommission im Hinblick auf ihre relevanten Bewertungen in diesen Fällen nach der Veröffentlichung ihrer Beschlüsse zu staatlichen Beihilfen bezüglich Änderungen bei vier von solchen Projekten im Dezember 2013 ihren Standpunkt beibehalten habe (174). Die Kommission stellt in dieser Hinsicht fest, dass sich diese Beschlüsse noch nicht einmal auf steuerliche Bestimmungen beziehen, da sie einen anderen Gegenstand haben, umso weniger auf eine Bewertung im Namen der Kommission.

(238)

Vor diesem Hintergrund kann nicht die Ansicht vertreten werden, dass die Kommission in der Vergangenheit ähnliche Bestimmungen „gebilligt“ habe und dass eine solche „Billigung“ von der Begünstigten geltend gemacht werden könne, um das Vorliegen staatlicher Beihilfen auszuschließen (175).

(239)

Daher kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die oben untersuchten Maßnahmen (mit Ausnahme der Maßnahme in 5.3.9) selektive Vorteile darstellen, die nicht durch den Charakter und die allgemeine Regelung des Steuersystems gerechtfertigt werden.

5.5.   Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels

(240)

Die oben genannten Maßnahmen, die selektive Vorteile darstellen, können staatliche Beihilfen darstellen, wenn sie den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und sofern sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung gilt ein vom Staat gewährter selektiver Vorteil dann als potenzielle Verfälschung des Wettbewerbs, wenn er die Wettbewerbsposition des Empfängers im Vergleich zu anderen Unternehmen, mit denen der Empfänger im Wettbewerb steht, verbessern kann (176). Eine Verfälschung des Wettbewerbs im Sinne des Artikels 107 AEUV wird folglich angenommen, sofern der Staat einem Unternehmen in einem liberalisierten Sektor, in dem Wettbewerb herrscht oder herrschen könnte, einen finanziellen Vorteil gewährt (177).

(241)

Als der griechische Staat die Konzession, die Cosco übernommen hat, auf internationaler Ebene ausgeschrieben hat, hat er die Dienstleistungen des Hafenmarkts für den Wettbewerb geöffnet. Da verschiedene Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten um die Vergabe von Hafenkonzessionen konkurrieren können, kann die Gewährung der speziellen Steuervorteile für PCT, die zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht allen möglichen Kandidaten zur Verfügung standen, zumindest als potenziell wettbewerbsverfälschend angesehen werden.

(242)

Schon als PCT den Konzessionsvertrag übernahm, verfügte der Hafen von Piräus über beträchtliche Kapazitäten (1,6 Mio. TEU) und wurde als potenziell im Wettbewerb mit anderen EU-Häfen befindlich angesehen (178). Beispielsweise können der Hafen von Thessaloniki, der Hafen von Constanza in Rumänien, der Hafen von Koper in Slowenien und eine Reihe von Häfen in Italien als direkte oder zumindest potenzielle Wettbewerber von PCT angesehen werden. Nach dem Konzessionsvertrag ist vorgesehen, dass Pier II und Pier III des Containerterminals, die von PCT verwertet werden, bis 2015 eine sehr hohe Kapazität (bis zu 3,7 Mio. TEU) erreichen sollen. Diese neue Kapazität, deren Schaffung durch die in Rede stehende Maßnahme erleichtert worden ist, verfügt über das Potenzial, sowohl den Wettbewerb, als auch den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, da andere Häfen in mehreren Mitgliedstaaten dieselben Kunden wie PCT haben können und sich zumindest potenziell im Wettbewerb mit PCT befinden.

(243)

Darüber hinaus stellt die Kommission fest, dass Seetransit-Containerterminals, wie diejenigen der Begünstigten, dem Wettbewerb auch durch Drittländer erheblich stärker ausgesetzt sind (im Mittelmeerraum). Als Beispiel hat Cosco seine Schifffahrt in Piräus konzentriert, statt in den italienischen und spanischen Seetransithäfen, die Cosco zuvor nutzte. PCT steht mit anderen EU-Häfen im Wettbewerb und wird ihre Marktposition in den nächsten Jahren verbessern.

(244)

Da durch die gegenständlichen Steuermaßnahmen insbesondere in den ersten Phasen des Bauvorhabens ein zusätzlicher Cashflow für PCT sichergestellt wurde, halfen sie Cosco dabei, seine Tätigkeiten auf dem EU-Markt der Hafendienstleistungen auszuweiten und verstärkten potenziell die Wettbewerbsposition von Cosco auf diesem Markt.

(245)

Aus den oben angeführten Erwägungen ergibt sich, dass die gegenständlichen Maßnahmen den Handel zwischen Mitgliedstaaten wahrscheinlich beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen bzw. zu verfälschen drohen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Feststellung ausreichend, dass die in Rede stehende Beihilfe wahrscheinlich den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb zu verfälschen droht (179). Angesichts der oben dargelegten Analyse sieht es die Kommission nicht als notwendig an, den genauen Bereich der in Rede stehenden Dienstleistungen bzw. des räumlichen Marktes weiter festzulegen oder detailliert die Struktur des Marktes und die sich daraus ergebenden Wettbewerbsbeziehungen zu analysieren (180).

(246)

Was das von PCT vorgebrachte Argument betrifft, dass die Würdigung der Auswirkung der steuerlichen Maßnahmen auf Wettbewerb und Handel die Untersuchung der gleichwertigen Steuersysteme, die innerhalb der relevanten Märkte gelten, erfordern würde, stellt die Kommission fest, dass die Tatsache, dass ein Mitgliedstaat versucht, die Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors denen in anderen Mitgliedstaaten durch einseitige Maßnahmen anzunähern, nach ständiger Rechtsprechung (181) diesen Maßnahmen nicht den Charakter von Beihilfen nehmen kann.

Fazit

(247)

Vor diesem Hintergrund kommt die Kommission zu dem Schluss, dass alle Steuervorteile, die PCT gewährt wurden, staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen, mit Ausnahme der angeblichen Freistellung von den allgemeinen Enteignungsvorschriften.

6.   PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT DER MASSNAHMEN

(248)

Die griechischen Behörden und PCT machen geltend, dass die Beihilfemaßnahmen auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a und Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV sowie den EU-Rechtsvorschriften zu regionalen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar anzusehen sind.

6.1.   Anwendbarkeit der Leitlinien für Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013  (182) („RAG“)

(249)

Die Kommission stellt fest, dass PCT der gesetzliche Anspruch, von den Beihilfemaßnahmen Gebrauch zu machen, mit Veröffentlichung des Gesetzes einschließlich der Maßnahmen im Amtsblatt, also am 30. März 2009 (183), übertragen wurde. Daher wird die Kommission die Maßnahmen auf der Grundlage der RAG 2007-2013 bewerten, die im März 2009 anwendbar waren.

(250)

Die Kommission stellt fest, dass die gegenständlichen Beihilfemaßnahmen aus unbegrenzten Steuervergünstigungen bestehen, die nicht als Investitionsbeihilfen angesehen werden können, sondern als Betriebsbeihilfen nach dem regionalen Beihilferecht. RAG 2007-2013 kann ausnahmsweise und in sehr eingeschränkten Fällen Betriebsbeihilfen (184) in Regionen zulassen, die nach der Ausnahmeregelung aus Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV beihilfefähig sind. Der Hafen von Piräus ist in der Region Attiki gelegen, die im März 2009 eine Region war, die nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV als eine „vom statistischen Effekt betroffene Region“ (185) beihilfefähig war. Daher muss untersucht werden, ob die Beihilfemaßnahmen mit den Bedingungen für Betriebsbeihilfen übereinstimmen, die in RAG dargelegt sind. Betriebsbeihilfe nach RAG 2007-2013 kann zugelassen werden, vorausgesetzt, sie ist im Hinblick auf den Beitrag, den sie zur regionalen Entwicklung leistet, gerechtfertigt und ihr Charakter und ihr Niveau stehen mit den Nachteilen im Verhältnis, die mit ihr gemildert werden sollen. Betriebsbeihilfen sind darüber hinaus grundsätzlich in Bezug auf eine Reihe vorher festgelegter Ausgaben oder Kosten (186) zu gewähren und auf einen bestimmten Anteil dieser Kosten zu begrenzen. Betriebsbeihilfen sollten außerdem zeitlich befristet und degressiv gewährt werden und auslaufen, wenn die betreffenden Gebiete eine reale Konvergenz mit den wohlhabenderen Gebieten in der EU erreicht haben.

(251)

Die Kommission stellt fest, dass angesichts des Charakters der Beihilfe (im Prinzip Ad-hoc-Beihilfe) und der Nachteile, die mit ihr gemindert werden sollen, solche Nachteile nicht bekämpft werden könnten, weil es höchst unwahrscheinlich ist, dass durch die Gewährung von Betriebsbeihilfe für ein Unternehmen die Nachteile ganzheitlich bekämpft würden. Darüber hinaus kann die von den griechischen Behörden und PCT für die Beihilfemaßnahmen vorgebrachte Begründung, nämlich der Ausbau und die Modernisierung des Seecontainerterminaltransportsektors durch die Schaffung von Rechtssicherheit der für das Investitionsprojekt geltenden Steuerregelung nicht als Nachteile im Zusammenhang mit der betroffenen Region angesehen werden, die gemindert werden müssten. Selbst wenn die Kommission eine solche Begründung in dieser Sache als angemessen akzeptieren würde, gibt es darüber hinaus keine vorher festgelegte beihilfefähigen Ausgaben im Zusammenhang mit solchen Nachteilen und folglich kein Beihilfebetrag. Außerdem sind die Beihilfemaßnahmen nicht zeitlich degressiv und sollten nicht auslaufen, wenn die Region Attiki am 1. Januar 2011 (187) eine Region „c“ werden würde. Daher können die Beihilfen auf der Grundlage von RAG 2007-2013 nicht als vereinbar angesehen werden.

6.2.   Direkte Anwendung von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV

Ziel von gemeinsamem Interesse

(252)

In ihrer Mitteilung mit dem Titel „Eine nachhaltige Zukunft für den Verkehr: Wege zu einem integrierten, technologieorientierten und nutzerfreundlichen System (188) hat die Kommission unterstrichen, dass die Entwicklung von Häfen und intermodalen Terminals ein Schlüsselelement für die Verwirklichung eines intelligenten und integrierten Logistiksystems in der EU sei. In der Mitteilung über Strategische Ziele und Empfehlungen für die Seeverkehrspolitik bis 2018  (189), hebt die Kommission hervor, dass die Bereitstellung neuer Hafeninfrastrukturen sowie die Verbesserung der Nutzung bestehender Kapazitäten von entscheidender Bedeutung ist, um sicherzustellen, dass EU-Häfen ihre Torfunktion effizient bewältigen können.

(253)

Nach der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (190) könnte das TEN-V am besten durch eine Zwei-Ebenen-Struktur aufgebaut werden, die ein Gesamtnetz und ein Kernnetz umfasst. Das umfassende Netz stellt die Grundebene des neuen TEN-V dar. Es besteht aus allen bestehenden und geplanten Infrastrukturen, die die Voraussetzungen der TEN-V-Verordnung erfüllen. Das Kernnetz sollte das Rückgrat der Entwicklung eines nachhaltigen multimodalen Verkehrsnetzes bilden und sollte den Ausbau des Gesamtnetzes insgesamt vorantreiben und spätestens 2030 fertiggestellt sein. Der Hafen von Piräus ist einer der Seehäfen, die im Kernnetz der EU enthalten sind.

(254)

In diesem Zusammenhang ist der Hafen von Piräus einer der größten und wichtigsten Häfen im Mittelmeerraum und sein Betrieb der Schlüssel zum Ausbau der Wirtschaft Griechenlands, der auch für die Entwicklung der verkehrspolitischen Ziele der EU wichtig ist. Mit der Investition, die PCT getätigt hat, ist ein Teil des Hafens von Piräus zu einem modernen Seecontainerterminal ausgebaut worden, indem seine Effizienz, seine Lagerkapazität, seine Fähigkeit, Frachtschiffe der neuen Generation abzufertigen und seine Interkonnektivität optimiert wurden. Im Rahmen des Konzessionsvertrags wird davon ausgegangen, dass sich die Kapazität von mindestens 300 000 TEU im ersten Jahr der Konzessionslaufzeit auf mindestens 3 700 000 TEU nach dem achten Jahr der Konzessionslaufzeit erhöhen wird. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die Investition in Hafenanlagen, die mit Beihilfeelementen versehen ist, zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse beitragen kann.

Notwendigkeit und Anreizeffekt

(255)

Nach der Entscheidungspraxis der Kommission auf diesem Gebiet wird die Notwendigkeit der Beihilfe bewiesen, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Höhe des Zuflusses der Nettoeinnahmen, die durch das Investitionsprojekt erzeugt werden, nicht ausreicht, um dem Investor die Investitionskosten zu vergüten. Wenn diese Einnahmen im Wesentlichen nicht ausreichen, würde das Projekt von einem privaten Investor ohne öffentliche Unterstützung nicht durchgeführt werden und die staatliche Beihilfe würde als notwendig angesehen.

(256)

Die griechischen Behörden und die Begünstigte machen geltend, dass die Beihilfemaßnahmen notwendig waren, weil die Projektfinanzierungsregelungen, die PCT ohne sie erzielt hätte, erheblich ungünstiger gewesen wären und die Umsetzung des Projekts potenziell hätten gefährden können.

(257)

Die Kommission hat ständig die Auffassung vertreten, dass Hafeninfrastrukturprojekte erhebliche Kapitalinvestitionen erfordern, die nur auf äußerst lange Sicht wiedergewonnen werden können und ihre Wirtschaftlichkeit nicht immer ohne öffentliche Unterstützung sichergestellt werden kann. Im vorliegenden Fall hatte PPA, die Vergabebehörde, die das Ausschreibungsverfahren zur Auswahl des Konzessionsnehmers für den Hafen von Piräus durchführte, jedoch bereits geschätzt, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts sichergestellt sein würde, was auch durch die Tatsache bewiesen wird, dass die ausgewählte Begünstigte nach den Ausschreibungsunterlagen die gesamte Investition auf eigene Kosten leisten sollte. Darüber hinaus hat PCT den Ausbau der Pier II und die Errichtung der Pier III geleistet, indem sie alle Investitionskosten selbst übernommen hat, die mit diesem Projekt verbunden waren. Als PCT ihr Angebot einreichte, das von PPA angenommen wurde, hatte PCT geschätzt, dass ihre Investitionen in den Hafen von Piräus für sie rentabel sein würden ohne öffentliche Förderung zu benötigen, da PCT andernfalls das Angebot nicht eingereicht hätte oder nur unter einem Vorbehalt bezüglich der Rentabilität des Projekts bei Fehlen einer steuerlichen Sonderbehandlung eingereicht hätte. Darüber hinaus zeigt die Tatsache, dass Cosco bestrebt war, den Hafen von Piräus in das erste Containerterminal im Mittelmeerraum umzuwandeln, das Potenzial dieses Hafens sowie die Rentabilität des Investitionsprojekts, die niemals infrage gestellt wurde (191). Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Maßnahmen notwendig waren, um die Wirtschaftlichkeit des Investitionsprojekts sicherzustellen.

(258)

Durch den Umstand, dass die China Development Bank auf die Verabschiedung des Ratifizierungsgesetzes wartete, wird die Notwendigkeit der Beihilfemaßnahmen nicht nachgewiesen. Angesichts der Tatsache, dass der Konzessionsvertrag im Einklang mit der Gesetzgebungspraxis Griechenlands gesetzlich ratifiziert werden musste, hätte jede beliebige Bank auf die Verabschiedung des Ratifizierungsgesetzes gewartet ohne dass dies konkret mit der Gewährung der in Rede stehenden Maßnahmen im Zusammenhang steht. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit der Maßnahme auch nicht durch den von der europäischen Investitionsbank verlangten Schutz vor einer allgemeinen oder diskriminierenden Gesetzesänderung nachgewiesen.

(259)

PCT begann mit den Bauarbeiten erst nach der gesetzlichen Ratifizierung des Konzessionsvertrags. Dies hängt jedoch auch mit der Tatsache zusammen, dass alle öffentlichen Verträge dieser Art gesetzlich ratifiziert werden müssen. Jedes Unternehmen in der Lage von PCT hätte in jedem Fall auf die Ratifizierung des Vertrags gewartet. Darüber hinaus hatte sich Cosco bereits bei der Einreichung des Angebots dazu verpflichtet, das Projekt umzusetzen, und das war vor der Verabschiedung des Bewilligungsgesetzes, d. h. des Ratifizierungsgesetzes. Nachdem Cosco sein Angebot eingereicht hatte, wusste Cosco, gesetzlich an die Umsetzung der Investition gebunden zu sein, sollte Cosco von PPA als erfolgreicher Bieter ausgewählt werden.

(260)

Darüber hinaus hat die Begünstigte niemals Finanzierungslücken geltend gemacht, die durch die in Rede stehenden Maßnahmen hätten gestopft werden müssen. Die Tatsache, dass PCT den Beihilfebetrag erst nach der Einleitung des formalen Untersuchungsverfahrens durch die Kommission, d. h. fast fünf Jahre nach der Unterzeichnung des Konzessionsvertrags quantifizierte, zeigt, dass PCT den Beihilfebetrag nicht in ihrem ersten Geschäftsplan berücksichtigt hatte und dass der Beihilfebetrag insbesondere nicht berücksichtigt worden war, als Cosco den Beschluss traf, die Investition zu tätigen. Was die von der Begünstigten geltend gemachten Beschlüsse der Kommission betrifft, in denen die Kommission nicht gemeldete Beihilfen genehmigt hatte, wenn die Beihilfen nicht im Voraus quantifiziert worden waren, stellt die Kommission fest, dass die angeführten Fälle im vorliegenden Fall nicht gelten, weil sie nicht die Finanzierung der Hafenstruktur betreffen, wo eine konkrete Finanzierungslücke selbst bei einer nachträglichen Vereinbarkeitsanalyse ermittelt werden muss. Folglich kann diese Beihilfe nicht als für die Umsetzung des Projekts notwendig angesehen werden, weil PCT das Projekt in jedem Fall umgesetzt hätte.

(261)

Wie oben bereits ausgeführt, bestehen die in Rede stehenden Maßnahmen in unbegrenzten Steuervergünstigungen, die Betriebsbeihilfen darstellen, die normalerweise verboten sind. Solche Beihilfen können nur in außergewöhnlichen, konkret festgelegten, Umständen akzeptiert werden. Im Zusammenhang mit der Vereinbarkeitsanalyse der Finanzierung des Hafeninfrastrukturprojekts auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c kann diese Art von Beihilfe nicht als vereinbar angesehen werden.

(262)

Die Begünstigte macht geltend, dass das Marktversagen im vorliegenden Fall in der Notwendigkeit bestehe, im Hinblick auf den steuerlichen Rechtsrahmen für die Umsetzung des Konzessionsvertrags Stabilität, Rechtssicherheit und Flexibilität sicherzustellen. In dieser Hinsicht stellt die Kommission fest, dass die Notwendigkeit, Stabilität, Rechtssicherheit und Flexibilität sicherzustellen, nach ihrer ständigen Praxis nicht als Marktversagen oder als gültige Grundlage für die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen angesehen werden kann. Darüber hinaus und — besonders wichtig — hat das Fehlen eines solchen „Rahmens“ Cosco nicht davon abgehalten, in den Hafen von Piräus zu investieren. Daher ist die Kommission der Auffassung, dass das Ziel, Stabilität, Rechtssicherheit und Flexibilität sicherzustellen, nicht die Notwendigkeit oder den Anreizeffekt der in Rede stehenden Beihilfemaßnahmen nachweisen kann.

(263)

Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Auffassung, dass die Beihilfemaßnahmen, die PCT gewährt worden sind, nicht notwendig waren, weil nicht nachgewiesen worden ist, dass Cosco die Umsetzung des Projekts ohne die Maßnahmen aufgegeben hätte. Daher stellen die Beihilfemaßnahmen Betriebsbeihilfen dar, mit denen PCT von Kosten entlastet wurde, die PCT normalerweise hätte tragen müssen, und können daher nicht als vereinbar erklärt werden. Angesichts dieser Schlussfolgerung, hält es die Kommission nicht für nötig, die anderen Bedingungen aus Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c über Verhältnismäßigkeit und Verfälschung des Wettbewerbs weiter zu untersuchen, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Beihilfemaßnahmen unvereinbar sind.

7.   RÜCKFORDERUNG DER BEIHILFE

Nach ständiger Rechtsprechung sind Beihilfen, die von der Kommission als mit dem Binnenmarkt unvereinbar angesehen werden, wieder einzuziehen, um die vorher bestehende Situation wiederherzustellen (192). Da die oben angeführten Maßnahmen unrechtmäßige und unvereinbare staatliche Beihilfen darstellen, hat die Kommission die Einziehung unrechtmäßig gewährter Beihilfen anzuordnen, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, sofern der Begünstigte keinen Vertrauensschutz genießt oder sich auf einen allgemeinen Grundsatz des EU-Rechts stützen kann (193).

Quantifizierung

(264)

Die von den griechischen Behörden und der Begünstigten vorgelegte Quantifizierung der Beihilfe stützte sich auf die hypothetischen Annahmen im Geschäftsplan von PCT aus dem Jahr 2009. Diese Annahmen können daher nicht als Grundlage für die genaue Bezifferung des Beihilfebetrags dienen.

(265)

In Ermangelung angemessener Informationen seitens der griechischen Behörden wird der exakte Betrag der von PCT für jede einzelne Maßnahme erhaltenen Beihilfe im vorliegenden Beschluss nicht festgelegt. Die Kommission ist jedoch der Auffassung, dass der Mitgliedstaat die folgende Methodik verwenden sollte, um den Betrag der unvereinbaren staatlichen Beihilfe zu bestimmen, der von PCT zurückzufordern ist:

—   Freistellung von der Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III:

(266)

Diese Maßnahme umfasst eine Beihilfe für PCT, die der Einkommensteuer entspricht, die PCT normalerweise auf Zinsen zahlen müsste, die bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III aufgelaufen sind und von der PCT nach Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes befreit wurde.

(267)

Die griechischen Behörden gaben an, dass PCT in der Praxis nicht von dieser Regelung profitiert habe, da PCT den Betrag der aufgelaufenen Zinsen auf Bareinlagen in ihr zu versteuerndes Einkommen aufgenommen habe (und dieses Einkommen damit einkommensteuerpflichtig war). Die griechischen Behörden und PCT haben daher Nachweise dafür beizubringen, dass dies tatsächlich stimmt.

(268)

Falls PCT diese Regelung tatsächlich in Anspruch genommen hat, haben die griechischen Behörden zunächst die folgenden Daten vorzulegen:

Den Tag, ab dem PCT von der Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen befreit war;

den Tag, an dem Pier III in Betrieb genommen wurde.

(269)

Die griechischen Behörden haben als Grundlage die relevanten Einlagen von PCT in den griechischen Banken jedes Jahr (nach dem Tag der Freistellung von der Einkommensteuer auf aufgelaufene Zinsen) und die relevanten Zinsen zu nehmen, die jedes Jahr anfielen und auf sie den für das jeweilige Jahr geltenden Einkommensteuersatz anzuwenden.

—   Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellungsphase der Bauarbeiten oder Teilen davon

(270)

Diese Maßnahme umfasst Beihilfen an PCT, die dem vollständigen Betrag der Mehrwertsteuer-Rückvergütung entsprechen, den PCT (im Rahmen dieser Regelung) behalten darf, wenn das Projekt fünf Jahre nach Anfallen der entsprechenden Ausgaben noch nicht begonnen hat.

(271)

Die griechischen Behörden haben angegeben, dass PCT das Investitionsprojekt schon innerhalb von fünf Jahren ab dem Projektstart in Gebrauch genommen habe, die fünfjährige Befreiungsfrist also nicht dazu geführt habe, dass ein bestimmter Betrag zurückzuzahlen sei.

(272)

Die griechischen Behörden haben jedoch keinerlei Belege als Nachweis dafür eingereicht, dass der Bau abgeschlossen und die Investition in Gebrauch genommen wurde. Die griechischen Behörden haben daher Belege vorzulegen, die den Nachweis für die Fertigstellung des Bauprojektes erbringen. Darüber hinaus haben sie die Liste der Rechnungen in Verbindung mit diesem Bau sowie die Daten vorzulegen, an denen PCT für diese Rechnungen Mehrwertsteuererstattungen erhielt.

(273)

Falls das Bauvorhaben nicht abgeschlossen ist, wäre der fünfte Jahrestag ab dem Tag der Mehrwertsteuerrückerstattung für jede Rechnung im Zusammenhang mit diesem Bauvorhaben der Tag der Beihilfegewährung. Die Beihilfe wäre in jedem einzelnen Fall der Betrag der Mehrwertsteuerrückerstattung.

—   Weite Festlegung des Begriffs „Investitionsgut“ => direkter Anspruch auf 90 %ige Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften ohne Prüfung

(274)

Diese Maßnahme beinhaltet Beihilfen für PCT, die den aufgelaufenen Zinsen auf Mehrwertsteuerrückerstattungen für alle Aufwendungen außer materiellen Gütern (im Zusammenhang mit dem Investitionsgut) ab dem Zeitpunkt entsprechen, an dem die Rückvergütung PCT zur Verfügung gestellt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, an dem PCT Anspruch auf eine solche Rückvergütung gehabt hätte, nämlich drei Jahre später oder bis zu dem Zeitpunkt, an dem PCT in der Lage gewesen wäre, ihre Mehrwertsteuer-Vorsteuer (bezüglich dieser Aufwendungen) gegen ihre Mehrwertsteuerschuld aufzurechnen.

(275)

Die griechischen Behörden haben zwischen der Mehrwertsteuer für materielle Güter zu unterscheiden, die in den Anwendungsbereich des Begriffs „Investitionsgut“ fallen und der Mehrwertsteuer-Vorsteuer im Zusammenhang mit anderen Bauleistungen und Dienstleistungen. Diese Mehrwertsteuer-Vorsteuer muss anschließend berechnet werden. Ausgehend von dem Betrag, der sich aus dieser Berechnung ergibt, haben die griechischen Behörden die Zinsen zu berechnen, die Griechenland für die im Voraus geleistete Barzahlung vor dem Dreijahreszeitraum fordern sollte, bis zu dem PCT rückerstattungsberechtigt war. Diese Zinsen müssen für den Zeitraum berechnet werden, der an dem Tag beginnt, an dem der Rückerstattungsbetrag PCT zur Verfügung gestellt worden ist, und an dem Tag endet, an dem PCT Anspruch auf eine solche Rückvergütung gehabt hätte, also drei Jahr später. Falls nachgewiesen werden kann, dass PCT vor dem Dreijahreszeitraum Anspruch auf eine Rückvergütung gehabt hat, werden die entsprechenden Zinsen bis zu dem Zeitpunkt berechnet, an dem PCT in der Lage gewesen wäre, ihre geleistete Mehrwertsteuer-Vorsteuer (bezüglich dieser Aufwendungen) gegen ihre Mehrwertsteuerschuld aufzurechnen.

—   Recht auf Verzugszinsen ohne zeitliche Vorgaben oder Formvorschriften falls der Staat die Mehrwertsteuer nicht zurückerstattet

(276)

Diese Maßnahme beinhaltet Beihilfen für PCT, die der Höhe der Zinsen entsprechen, die PCT (im Rahmen dieser Bestimmung) von dem griechischen Staat nach Verstreichen der 60 Tage ab dem Tag der Einreichung der entsprechenden Steuererklärung (zur Beantragung der Mehrwertsteuerrückerstattung) fordern kann, während andere Unternehmen in einer ähnlichen Situation keinen Anspruch auf Zinsen hätten.

(277)

PCT gab an, von dieser Bestimmung keinen Gebrauch gemacht zu haben. Sollte dies jedoch nicht stimmen und solche Zinsen tatsächlich vom Staat gezahlt worden sein, dann haben die griechischen Behörden den genauen Betrag der gezahlten Zinsen sowie die Tage anzugeben, an denen diese Zinsen bezahlt worden sind. Bei diesen Tagen handelte es sich um die Tage, an denen die Beihilfe gewährt wurde und die Höhe der gezahlten Zinsen entspräche der Höhe der an diesen Tagen gewährten Beihilfen.

—   Zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag

(278)

Die Beihilfe würde in diesem Fall in der zusätzlichen Körperschaftssteuer bestehen, die PCT zahlen müsste, wenn kein Verlustvortrag außerhalb der zeitlichen Begrenzung von fünf Jahren stattgefunden hätte. Anders gesagt besteht die Höhe der Beihilfe in der Differenz zwischen der Einkommensteuer, die PCT tatsächlich zahlte und der Einkommensteuer, die PCT ohne die Möglichkeit gezahlt hätte, die Verluste auch noch fünf Jahre nach ihrem Entstehen vorzutragen.

(279)

Der Tag, an dem die Beihilfen gewährt wurden, wäre in diesem Fall der Tag, an dem die Steuer fällig geworden wäre. Die griechischen Behörden haben Daten einzureichen, die die Verluste nachweisen, die PCT jedes Jahr entstanden und die nachweisen, ob diese Verluste für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren vorgetragen wurden. Sollte dies der Fall sein, haben die griechischen Behörden die Auswirkungen dieser Verluste auf die Bemessungsgrundlage von PCT sowie die entsprechende Einkommensteuer zu berechnen, die PCT folglich aufgrund dieses Verlustvortrags nicht gezahlt hat.

—   Wahl zwischen 3 Abschreibungsmethoden

(280)

PCT gab an, die lineare Abschreibungsmethode verwendet zu haben. Die griechischen Behörden haben Belege vorzulegen, die nachweisen, dass lediglich die lineare Abschreibungsmethode verwendet worden ist und dass keine Möglichkeit bestanden habe, zu einer anderen Abschreibungsmethode zu wechseln. Falls eine andere Abschreibungsmethode verwendet worden ist, bestünde die Beihilfe in der Differenz zwischen der Körperschaftssteuer, die PCT bei Anlegen der linearen Abschreibungsmethode zahlen müsste und der Körperschaftssteuer, die PCT bei Anlegen einer der beiden anderen Abschreibungsmethoden zahlen müsste. Der Tag, an dem die Beihilfen gewährt wurden, wäre in diesem Fall der Tag, an dem die zusätzliche Steuer fällig geworden wäre.

—   Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehensvereinbarungen und etwaige Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Arbeiten

(281)

Die griechischen Behörden haben anzugeben, ob PCT andere Darlehensverträge abgeschlossen hat als die angegebenen Darlehensverträge mit Cosco. Im Hinblick auf diese Verträge entspräche die Höhe der PCT gewährten Beihilfe der Höhe der entsprechenden Stempelgebühren, die für diese Darlehen zu entrichten wären. Bei den Tagen, an denen die Beihilfebeträge gewährt wurden, würde es sich um die Tage handeln, an denen diese Stempelgebühren fällig wurden.

—   Freistellung der Gläubiger von PCT von Steuern, Stempelgebühren, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten, die sie normalerweise in Bezug auf die Verträge zahlen müssten, mit denen die sich aus den Darlehensvereinbarungen von PCT ergebenden Rechte und Pflichten übertragen werden

(282)

Diese Maßnahme beinhaltet Beihilfen an Gläubiger von PCT, insbesondere Cosco, deren Höhe der Höhe der Stempelgebühr entspricht, die Cosco normalerweise nach allgemein geltenden Bestimmungen bei der Übertragung eines mit PCT vereinbarten Darlehens auf einen Dritten zahlen müsste.

(283)

Den griechischen Behörden zufolge hat Cosco PCT im Jahr 2009 zwei Darlehen gewährt, die im Jahr 2011 ausgezahlt worden sind. Ausgehend von dieser Grundlage hat die Kommission keinen Anlass zur Annahme, dass eine solche Übertragung stattgefunden hat.

(284)

Die griechischen Behörden haben zu klären, ob diese Regelung in Anspruch genommen wurde. Falls dies der Fall ist, müssen die griechischen Behörden die Stempelgebühr bestimmen, die für solche Rechtsakte fällig wird.

—   Freistellung von den Stempelgebühren für von der Hafenbehörde des Hafens von Piräus (PPA) im Rahmen der Konzessionsvereinbarung an PCT geleistete Ausgleichszahlungen, die außerhalb des Geltungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes liegen

(285)

Diese Maßnahme verschafft PCT einen Vorteil, der der Höhe der Stempelgebühr entspricht, die PCT in solchen Umständen bezahlen müsste und von der PCT befreit ist. Die griechischen Behörden haben anzugeben, ob diese Regelung in Anspruch genommen wurde. Falls sie in Anspruch genommen worden ist, müssen die griechischen Behörden in derselben Weise, die für die oben angegebenen Maßnahmen beschrieben wurde, die Beihilfebeträge, die PCT gewährt wurden sowie die entsprechenden Tage, an denen diese Beihilfen gewährt wurden, angeben.

—   Vorzugsbehandlung für ausländische Investitionen auf Wunsch von PCT

(286)

Die griechischen Behörden haben angegeben, dass diese Regelung nicht in Anspruch genommen wurde. Nichtsdestotrotz hat PCT wie in Erwägungsgrund 220 erwähnt, das Recht, diese Vorzugsbehandlung zu verlangen und zu erhalten.

Zeitplan und Maßnahme

(287)

Innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses an die Republik Griechenland muss Griechenland der Kommission die geplanten oder ergriffenen Maßnahmen mitteilen:

i)

Angabe der Maßnahmen, die tatsächlich unter die De-minimis-Verordnung fallen könnten und Einreichung der einschlägigen Unterlagen, die den Nachweis dafür erbringen;

ii)

Angabe der Maßnahmen, die zurückgefordert worden sind oder Angabe der geplanten Rückforderungen.

(288)

Innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses an die Republik Griechenland muss Griechenland der Kommission mitteilen, dass es die Rückforderung umgesetzt hat.

(289)

Im Prinzip handelt es sich dabei um die endgültige Frist zur Rückzahlung.

(290)

In den Fällen, in denen PCT ein Vorteil entstanden ist, der die Schwellen, die in der Verordnung (EG) Nr. 1407/2013 der Kommission (194) festgelegt sind, nicht überschreitet, wird ein solcher Vorteil nicht als staatliche Beihilfe angesehen, wenn alle von dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, und ein solcher Vorteil ist nicht zurückzuzahlen.

(291)

Der Rückforderungsbetrag hat Zinsen zu umfassen, die von dem Tag, an dem er der Begünstigten zur Verfügung gestellt wurde, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden. Die Zinsen haben nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (195) und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission (196) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet zu werden.

8.   SCHLUSSFOLGERUNG

(292)

Die Kommission stellt fest, dass Griechenland die folgenden Beihilfemaßnahmen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union rechtswidrig durchgeführt hat:

1.

Freistellung von der Körperschaftsteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III;

2.

Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands; Festlegung des Begriffs „Investitionsgut“ für die Zwecke der Mehrwertsteuervorschriften; Recht auf Verzugszinsen ab dem ersten Tag nach dem 60. Tag nach dem Antrag auf Rückvergütung des Vorsteuerguthabens;

3.

zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag;

4.

Wahl zwischen drei Abschreibungsmethoden bezüglich der Investitionskosten für den Wiederaufbau der II und den Bau der Pier III;

5.

Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehensvereinbarungen und etwaige Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Investitionsprojekts;

6.

Freistellung von Steuern, Stempelgebühren, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten in Bezug auf die Verträge zwischen den Gläubigern der Darlehensvereinbarungen, mit denen die sich aus den Darlehensvereinbarungen ergebenden Rechte und Pflichten übertragen werden;

7.

Freistellung von den Stempelgebühren für von der Hafenbehörde des Hafens von Piräus (PPA) im Rahmen der Konzessionsvereinbarung an PCT geleistete Ausgleichszahlungen, was außerhalb des Geltungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes liegt;

8.

Schutz im Rahmen der speziellen Regelung zum Schutz ausländischer Investitionen.

(293)

Die griechischen Behörden haben die PCT nicht von den Enteignungsvorschriften befreit und der PCT in diesem Zusammenhang daher keine Beihilfe gewährt.

(294)

Alle oben angegebenen staatlichen Beihilfemaßnahmen sind mit dem Vertrag unvereinbar und müssen zurückgefordert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die folgenden staatlichen Beihilfen zugunsten der Piraeus Container Terminal S.A. und ihres Gläubigers, Cosco, die von Griechenland unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union rechtswidrig in Kraft gesetzt wurden, sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar:

1.

Freistellung von der Körperschaftsteuer auf aufgelaufene Zinsen bis zum Tag der Inbetriebnahme der Pier III;

2.

Recht auf Rückvergütung von Mehrwertsteuergutschriften, unabhängig von der Fertigstellungsphase des Vertragsgegenstands; Festlegung des Begriffs „Investitionsgut“ für die Zwecke der Mehrwertsteuervorschriften; Recht auf Verzugszinsen ab dem ersten Tag nach dem 60. Tag nach dem Antrag auf Rückvergütung des Vorsteuerguthabens;

3.

zeitlich unbegrenzter Verlustvortrag;

4.

Wahl zwischen drei Abschreibungsmethoden bezüglich der Investitionskosten für den Wiederaufbau der II und den Bau der Pier III;

5.

Freistellung von Stempelgebühren auf Darlehensvereinbarungen und etwaige Zusatzvereinbarungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Investitionsprojekts;

6.

Freistellung von Steuern, Stempelgebühren, Abgaben und anderen Verpflichtungen gegenüber dem Staat oder Dritten in Bezug auf die Verträge zwischen den Gläubigern der Darlehensvereinbarungen, mit denen die sich aus den Darlehensvereinbarungen ergebenden Rechte und Pflichten übertragen werden;

7.

Freistellung von den Stempelgebühren für von der Hafenbehörde des Hafens von Piräus (PPA) im Rahmen der Konzessionsvereinbarung an PCT geleistete Ausgleichszahlungen, was außerhalb des Geltungsbereichs des Mehrwertsteuergesetzes liegt;

8.

Schutz im Rahmen der speziellen Regelung zum Schutz ausländischer Investitionen.

Artikel 2

Die griechischen Behörden gewährten keine staatliche Beihilfe, indem sie die Piraeus Container Terminal S.A. von Enteignungsvorschriften befreite.

Artikel 3

(1)   Griechenland fordert die in Artikel 1 genannten Beihilfen von PCT und seiner Muttergesellschaft Cosco zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Tag, an dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung gestellt wurden, bis zur tatsächlichen Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden nach Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 und nach der Verordnung (EG) Nr. 271/2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 anhand der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Griechenland hebt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle Bestimmungen auf, mit denen die Fortsetzung der in Artikel 1 genannten Maßnahmen gestattet wird.

(5)   Griechenland stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 1 genannten Beihilfen ein.

Artikel 4

(1)   Die in Artikel 1 genannten Beihilfen werden sofort in wirksamer Weise zurückgefordert.

(2)   Griechenland stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

(1)   Griechenland übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Nennbetrag und Zinsen), der von PCT und seiner Muttergesellschaft Cosco zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, die belegen, dass an PCT und seine Muttergesellschaft Cosco eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Griechenland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Griechenland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die getroffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Griechenland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an Griechenland gerichtet.

Brüssel, den 23. März 2015

Für die Kommission

Margrethe VESTAGER

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(2)  Von der Kommission am 13. Mai 2009 registriert.

(3)  Von der Kommission am selben Tag registriert.

(4)  Beschluss der Kommission vom 11. Juli 2012 C(2012) 4217 final, in der Sache SA. 28876 (C (12/C) (ex CP 202/09) — Griechenland — Containerterminal Hafen von Piräus & Cosco Pacific Limited Limited (ABl. C 301 vom 5.10.2012, S. 55).

(5)  Siehe Fußnote 4.

(6)  Siehe Artikel 1 Absatz 1 des Konzessionsvertrags bezüglich dessen Geltungsbereich sowie Abschnitt 3 über das Nutzungs- und Verwertungsrecht.

(7)  Siehe Artikel 3 Absatz 1 Ziffer iii des Konzessionsvertrags.

(8)  Veröffentlicht im Amtsblatt. Referenznummer 2008/S 20-026332 vom 30. Januar 2008, geändert mit Referenznummer 2008/S 54-072476 vom 18. März 2008, in der die Frist zur Einreichung von Angeboten bis zum 19. Mai 2008 verlängert wurde.

(9)  Siehe Fußnote 4.

(10)  i) Freistellung von der Körperschaftsteuer auf Güter, Bauleistungen und Dienstleistungen, die PCT von nicht in Griechenland ansässigen Unternehmen oder Gemeinschaftsunternehmen außerhalb Griechenlands erworben hat (bei Vorliegen bilateraler Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung zwischen Griechenland und den entsprechenden Ländern), ii) Rückvergütung der Mehrwertsteuer innerhalb eines Zeitraums von 60 Tagen ab dem Zeitraum der Einreichung des entsprechenden Antrags und geltender Zinssatz für die Berechnung von Zinsen für den Fall, dass der Staat die Mehrwertsteuergutschrift nicht innerhalb von 60 Tagen ab Einreichung des entsprechenden Antrags vornimmt.

(11)  Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes.

(12)  Artikel 2 Absätze 3 und 4 des Gesetzes.

(13)  Artikel 2 Absatz 5 des Gesetzes.

(14)  Artikel 2 Absatz 6 des Gesetzes.

(15)  Artikel 2 Absatz 8 des Gesetzes.

(16)  Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes.

(17)  Artikel 2 Absatz 10 des Gesetzes.

(18)  Artikel 3 des Gesetzes.

(19)  Rechtssache T-157/01 Danske Busvogmaend/Kommission, Slg. 2004, I 917.

(20)  i) langfristige Vertragsgestaltung, ii) Notwendigkeit einer ganz erheblichen Vorleistung, die in der Praxis einen verringerten oder gar keinen Gewinn in der Anfangsphase bedeutet, iii) Notwendigkeit, externe Finanzierungsmöglichkeiten zu sichern, iv) Ungewissheit der finanziellen Erträge, v) allgemeines öffentliches Interesse an der Schaffung neuer öffentlicher Infrastrukturen, vi) starkes öffentliches Interesse an der erfolgreichen und rentablen Fertigstellung des Projekts.

(21)  Verordnung (EU) Nr. 670/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2012 zur Änderung des Beschlusses Nr. 1639/2006/EG zur Einrichtung eines Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (2007-2013) sowie der Verordnung (EG) Nr. 680/2007 über die Grundregeln für die Gewährung von Gemeinschaftszuschüssen für transeuropäische Verkehrs- und Energienetze (ABl. L 204 vom 31.7.2012, S. 1) und Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1).

(22)  Sie erwähnen insbesondere, dass die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 über gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen anerkenne, dass Dienstleistungsverträge eine längere Laufzeit haben können, als normalerweise erlaubt, wenn dies durch die Notwendigkeit gerechtfertigt wird, einen Steuervorteil oder die vollständige Amortisierung des Kapitals im Zusammenhang mit Investitionen in außergewöhnliche Infrastrukturen oder Rollmaterial und Fahrzeuge sicherzustellen.

(23)  Verbundene Rechtssachen C-106/09 P und C-107/09 P, Kommission (C-106/09) und Königreich Spanien (C-107/09 P)/Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland, Slg. 2011, ECLI:EU:C:2011:732, Randnummern 90-92.

(24)  Erwägungsgrund 115 des Eröffnungsbeschlusses der Kommission.

(25)  Rechtssache C-88/03, Portugal/Kommission, Slg. 2006, I-7115, Randnummer 81.

(26)  Rechtssache C-143/99, Adria-Wien Pipeline, Slg. 2001, I-8384.

(27)  Rechtssache C-169/08, Presidente del Consiglio dei Ministri/Regione Sardegna, Slg. 2009 I-10821.

(28)  Rechtssache T-210/02 RENV, British Aggregates Association/Europäische Kommission, Slg. 2012.

(29)  Siehe beispielsweise die diesbezügliche Analyse des Gerichts in der Rechtssache T-210/02 RENV, British Aggregates Association/Europäische Kommission, Slg. 2012, Randnummern 83-91.

(30)  Verbundene Rechtssachen T-304/04 und T-316/04 Italien und WAM SpA/Kommission Slg. 2006, II-64.

(31)  Rechtssachen COMP/M.5398 — HUTCHINSON/EVERGREEN, COMP/M.5450 — KUHNE/HGV/TIU/HAPAG-LLOYD, COMP/JV.55 — HUTCHINSON/RCPM/ECT, COMP/JV.56 — HUTCHINSON/ECT, COMP/M.3863 — TUI/CP SHIPS, COMP/M.5398 — HUTCHINSON/EVERGREEN, COMP/M.3576 — ECT/PONL/EUROMAX, COMP/M.3973 -CMA CGM/DELMAS, COMP/M.3829 MAERRSK/PONL, COMP/M.1674 — MAERSK/ECT, IV/M.831 — P&O/ROYAL NEDLLOYD.

(32)  Rechtssache 409/V/2009, Entscheidung vom 23. Januar 2009, S. 22.

(33)  Hafen von Thessaloniki, Hafen von Costanza in Rumänien, Hafen von Koper in Slowenien und eine Reihe von Häfen in Italien (siehe Fußnote 173 des Eröffnungsbeschlusses).

(34)  Beschluss der Kommission vom 18. Dezember 2009 in der Sache C 21/09 (ex N 105/08, N 168/08 und N 169/08) — Griechenland — Öffentliche Finanzierung von Infrastrukturen und Einrichtungen im Hafen von Piräus (ABl. C 402 vom 29.12.2012, S. 25).

(35)  Wegen: der Entfernung zwischen Piräus und diesen Gebieten; des Fehlens moderner Eisenbahnverbindungen und Eisenbahndienste; der zusätzlichen erheblichen Kosten, die anfallen würden; und wegen der Regelungen der wichtigsten Hochseecontainer-Schifffahrtslinien, die das zentrale Mittelmeergebiet über Containerhafenterminals in Malta (z. B. Maersk), Taranto (z. B. Evergreen), Venedig (z. B. MSC) und Gioia Tauro (z. B. MSC) bedienen.

(36)  Koper bietet zum Beispiel eine Meerestiefe von ungefähr 9 Metern an, im Gegensatz zu den 15-19 Metern von Piräus (das normalerweise deutlich über 12 Meter für die Schiffe erfordert, die es abfertigt). Jede Woche wenden sich 13 500 TEU Containerschiffe an den Containerhafen von Piräus, die von keinem dieser Häfen abgefertigt werden könnten.

(37)  Die erheblichen zusätzlichen Fahrtkosten, die bei der Verlegung dieses Seetransitverkehrs zu einem dieser Häfen anfallen würden, würden diese Häfen für diese Verkehrsart unattraktiv machen.

(38)  Der Hin- und Rückweg von dieser Schifffahrtslinie von und nach Piräus beträgt für ein normales Hochseeschiff nur ungefähr 16 Stunden Fahrzeit, im Gegensatz zu 44 Stunden für Thessaloniki, 120 Stunden für Koper und mehrere Tage für Costanza (wegen der Notwendigkeit, die Dardanellen und den Bosporus zu durchqueren, und der dortigen Überlastung des Schiffsverkehrs).

(39)  In Absatz 117 des Beschlusses der Kommission heißt es: „Die einzigen EU-Häfen, die einen Teil des östlichen Mittelmeermarkts bilden, sind die am Schwarzen Meer gelegenen Häfen (wie zum Beispiel Constanza in Rumänien, Varna in Bulgarien). Aufgrund der besonderen Situation der Meerenge, die das Schwarze Meer mit dem Ägäischen Meer verbindet, sind die Schwarzmeerhäfen nicht die wichtigsten Wettbewerber des Hafens von Piräus. Ebenso kann zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass andere EU-Häfen, wie zum Beispiel die Adriahäfen Italiens und Sloweniens, ebenfalls im Wettbewerb mit dem Hafen von Piräus stehen, der Wettbewerb zwischen ihnen und dem Hafen von Piräus ist aber unerheblich“.

(40)  Absätze 114 und 115 des Beschlusses der Kommission in der in Fußnote 4 angegebenen Rechtssache C 21/2009.

(41)  i) die Lage inmitten des größten städtischen Gebiets Griechenlands mit mehr als fünf Millionen Menschen, dem größten Industrie-/Gewerbegebiet mit den besten Schienen- und Straßenverbindungen im Land, ii) umfassender Anlegeplatz, Lagereinrichtungen und großer Ankerplatz, iii) größte Meerestiefe, iv) nächstgelegener Hafen zur Suez/Gibraltar-Achse, v) einer der weltweit wettbewerbsfähigsten Bunkerölmärkte, vi) umfassende Schiffsreparaturanlagen und breite Palette an Dienstleistungen, die von den Schiffsbetreibern benötigt werden.

(42)  Beschlüsse der Kommission in Sachen N 508/07 Ionia Odos, N 45/08 — Autobahn Elefsina-Korinthos-Patras-Pirgos-Tsakona, N 566/07 Korinthos-Tripoli-Kalamata Autobahn und Lefktro-Sparti Branch, N 565/07 Mittelgriechenlandautobahn, N 633/07 Abschnitt Maliakos-Kleidi des Konzessionsvertrags für die Autobahn Patras-Athens-Thessaloniki-Evzona, N 134/07 Konzessionsvertrag für den Unterwassertunnel von Thessaloniki, N 462/99 Attiki Odos, NN 143/97 Autobahnbrücke Rio Antirrio, NN 27/96 Internationaler Flughafen Spata.

(43)  Beschluss der Kommission in der Sache NN 27/96 Spata International Airport.

(44)  Beschlüsse der Kommission in Sachen N 462/99 Attiki Odos und NN 143/97 Autobahnbrücke Rio Antirrio.

(45)  Verbundene Rechtssachen T-427/04 Frankreich/Kommission und T-17/05 France Telecom/Kommission, Slg. 2009, II-0435, Randnummern 264-266, C-474-09 P bis C-476/09 P, Territorio Historico de Vizcaya, ECLI:EU:C:2011:522, Randnummer 70.

(46)  Siehe Erwägungsgrund 221 des Eröffnungsbeschlusses.

(47)  Derselben Argumentation folgend, genehmigte die Kommission außerdem eine Regelung zu Breitbandinfrastrukturen in ländlichen Gebieten (SA.32866 (11/N), die als Rechtsgrundlage das Gesetz 3389/2005 bezüglich öffentlich-privaten Partnerschaften hatte, das ähnliche Steuerbestimmungen enthielt wie diejenigen im Gesetz 3755/2009.

(48)  Siehe Erwägungsgründe 225 und 226 des Eröffnungsbeschlusses.

(49)  Im Jahr 2012: a) ist das Verkehrsaufkommen in Pier II gegenüber dem Jahr 2011 um 76,5 % gestiegen (2,108 Mio. TEU im Jahr 2012 gegenüber 1,188 Mio. TEU im Jahr 2011), b) war die Kapazität um 700 000 TEU höher als im Konzessionsvertrag vorgesehen, c) stiegen die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr 2011 um 43 % (von 72,87 Mio. EUR auf 104,3 Mio. EUR). Im Jahr 2012 unterzeichneten PCT, TRAINOSE und Hewlett Packard einen Vertrag, demzufolge Hewlett Packard seine Produkte durch Griechenland in andere benachbarte Länder leiten würde.

(50)  Fällt unter das Berufsgeheimnis.

(51)  Beschlüsse der Kommission in den Sachen C 39/2009 — Lettland — Ventspills Free Port Authority (50 % Beihilfeintensität), SA.30742 Bau von Infrastrukturen für den Fährterminal in Klaipeda (65 % Beihilfeintensität), SA.34940 (2012/N) Hafen von Augusta (68,87 % Beihilfeintensität), N 649/2001 Beihilfe für Frachteinrichtungen (94 % Beihilfeintensität), C 21/2009 Öffentliche Finanzierung von Infrastrukturen und Einrichtungen im Hafen von Piräus.

(52)  Siehe Fußnote 34.

(53)  Verordnung (EU) Nr. 670/2012.

(54)  Deshalb verweisen sie auf die Tatsache, dass die chinesische Entwicklungsbank, einer der Gläubiger von PCT, auf die Annahme des Ratifizierungsgesetzes wartete, um ihr Darlehen für PCT zu unterzeichnen. Darüber hinaus beziehen sie sich auf eine E-Mail, die […] im Januar 2009 an PCT übermittelt und darin die wichtigsten Bedenken über die Finanzierung des besagten Konzessionsvertrags zum Ausdruck gebracht hat. Dieser E-Mail zufolge bot der Konzessionsvertrag keinen Schutz vor allgemeinen oder diskriminierenden Gesetzesänderungen und die griechischen Behörden machen geltend, dass dies den Finanzierungsrahmen des Konzessionsvertrags betraf.

(55)  Die vorgelegten Schätzwerte stützten sich auf eine von PricewaterhouseCoopers Business Solutions S.A. erstellte Studie. Diese Schätzwerte bestanden in einem Vergleich der Annahmen aus dem Geschäftsplan von Cosco zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Ratifizierungsgesetzes (März 2009) und den allgemein geltenden Bestimmungen. Von dem Ergebnis dieses Vergleichs zogen sie den Betrag ab, der dem zusätzlichen Finanzierungsbedarf von PCT in Ermangelung der Steuermaßnahmen entsprach. Der sich aus diesen Berechnungen ergebende Betrag wurde am Ende in diskontierten Werten berechnet (dabei wurde ein jährlicher Diskontsatz von 9,0 %, also der von PPA bei der Diskontierung der von PCT während des Ausschreibungsverfahrens garantierten Mindestkonzessionsgebühren verwendet, aber auch ein jährlicher Diskontsatz von 4,47 % aus dem März 2009, also der Referenzzinssatz, der in der Mitteilung der Kommission angegeben war). Schließlich enthalten diese Berechnungen nicht die Maßnahmen aus den Artikeln 2.3, 2.5, 2.9, 2.10 sowie Artikel 3 des Gesetzes.

(56)  Im schlimmsten Fall.

(57)  Zum Beispiel Rechtssache C-143/99 Adria-Wien Pipeline GmbH und Wieterdorfer & Peggauer Zementwerke GmbH/Finanzlandesdirektion für Kärnten, Slg. 2001, I-8365, Randnummer 41; Rechtssache T-335/08 BNP Paribas und Banca Nazionale del Lavoro SpA (BNL)/Kommission, Slg. 2010, II-3323, Randnummer 204; sowie Rechtssachen T-425/04, T-444/04, T-450/04 und T-456/04, Frankreich, France Télécom, Bouyges SA, Bouyges Télécom SA und AFORS Télécom/Kommission, Slg. 2010, II-2009, Randnummer 216.

(58)  Beschluss der Kommission vom 12. Juni 2012 über die Staatliche Beihilfe SA.21918 (C 17/07) (ex NN 17/07) Frankreichs — Regulierte Stromtarife in Frankreich (ABl. C 398 vom 22.12.2012, S. 10), Entscheidung 98/353/EG der Kommission vom 16. September 1997 über staatliche Beihilfen zugunsten des Unternehmens Gemeinnützige Abfallverwertung GmbH (ABl. L 159 vom 3.6.1998, S. 58), Beschluss der Kommission C(2007) 134 vom 24. Januar 2007 in der Sache staatliche Beihilfen NN 67/05 — Litauen — Reduzierung des Gewinnsteuersatzes für UAB „Bite GSM“, Entscheidung 2003/227/EG der Kommission vom 2. August 2002 über verschiedene Maßnahmen und die staatliche Beihilfe Spaniens zugunsten des Freizeitparks „Terra Mítica SA“, Benidorm (Alicante) (ABl. L 91 vom 8.4.2003, S. 23), Beschluss der Kommission vom 14. April 2010 in der staatlichen Beihilfesache NN 30/09 — Irland — Hotel-Kapitalbeihilfe für das Ritz-Carlton Hotel, Powerscourt, Co. Wicklow, Entscheidung 2003/590/EG der Kommission vom 5. März 2003 über die staatliche Beihilfe, die das Vereinigte Königreich dem Unternehmen CDC Group plc gewähren will (ABl. L 199 vom 7.8.2003, S. 28), Entscheidung 2009/476/EG der Kommission vom 28. Januar 2009 über die von Luxemburg gewährte Beihilfe in Form der Einrichtung eines Ausgleichsfonds für die Stromwirtschaft (C 43/02 (ex NN 75/01)) (ABl. L 159 vom 20.6.2009, S. 11), Entscheidung 98/212/EG der Kommission vom 16. April 1997 über eine Beihilfe Italiens zugunsten Enirisorse S.p.A. (ABl. L 80 vom 18.3.1998, S. 32), Beschluss der Kommission vom 1. März 2007 über staatliche Beihilfen NN4/07 — „Delitissue Sp. z o.o.“ unter Dokument C(2007) 769.

(59)  Den Berechnungen von PCT zufolge ist die Auswirkung der Anwendung der Steuerbestimmungen auf die wirkliche interne Rendite, die im Mustergeschäftsplan von PCT vom März 2009 berücksichtigt worden ist, auf […] Basispunkte (d. h. […] %) geschätzt worden, was bei Fehlen der betroffenen Steuerbestimmungen eine Steigerung dieser internen Rendite von ungefähr […] % widerspiegele (d. h. von […] % auf […] %).

(60)  Verbundene Rechtssachen C-180/98 bis C-184/98, Pavlov und andere Slg. 2000, I-6451.

(61)  Rechtssachen 118/85 Kommission/Italien Slg. 1987 2599, Randnummer 7, C-35/96 Kommission/Italien Slg. 1998, I-3851, Randnummer 36, verbundene Rechtssachen C-180/98 bis C-184/98, Randnummer 2000, S. I-6451.

(62)  Beschlüsse der Kommission in den folgenden staatlichen Beihilfesachen: N 44/10 — Öffentliche Finanzierung von Hafeninfrastrukturen in Krievu Sala (ABl. C 215 vom 21.7.2011, S. 21), Randnummern 60-68; C 39/2009 — Öffentliche Finanzierung von Hafeninfrastrukturen im Hafen von Ventspils (ABl. C 62 vom 20.3.2010, S. 7), Randnummern 53-58, N 60/06 — Hafen von Rotterdam (ABl. C 196 vom 24.8.2007, S. 1), Randnummern 42-52; N 520/03 Flämische Häfen (ABl. C 176 vom 16.7.2005, S. 12), Randnummern 34-54.

(63)  Siehe unter anderem Urteil vom 24. Oktober 2002, Rechtssache C-82/01P Aéroport de Paris, Slg. 2002, I-9297 sowie Urteil vom 24. März 2011 in den verbundenen Rechtssachen T-455/08 Flughafen Leipzig-Halle GmbH und Mitteldeutsche Flughafen AG/Kommission und Rechtssache T-443/08 Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission, Slg. 2011 II-1311.

(64)  Rechtssachen C-39/94 SFEI und andere Slg. 1996 I-3547, Randnummer 60, Rechtssache C-342/96 Spanien/Kommission Slg. 1999 I-2459, Randnummer 41.

(65)  Rechtssache 173/73 Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnummer 13.

(66)  Rechtssachen C-143/99 Adria-Wien Pipeline, Slg. 2001, I-8365, Randnummer 38; C-387/92 Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-877, Randnummer 13 und Rechtssache C-200/97 Ecotrade Slg. 1998, I-7907, Randnummer 34.

(67)  Rechtssache C-222/04 Cassa di Risparmio di Firenze und andere, Slg. 2006, I-289, Randnummer 132.

(68)  Rechtssache C-280/00, Altmark Trans, Slg. 2003, I-7747.

(69)  Rechtssache C-39/94 SFEI und andere, Slg. 1996, I-3547, Randnummer 60-61.

(70)  Siehe verbundene Rechtssachen C-71/09 P, C-73/09 P und C-76/09 P Comitato „Venezia vuole vivere“, Hotel Cipriani Srl und Società Italiana per il gas SpA (Italgas)/Kommission, Slg. 2011, I-4727, Randnummern 92 und 94 bis 96 sowie Anweisung des Vorsitzenden des Gerichts in der Rechtssache T-172/14 R Stahlwerk Bous/Kommission, Randnummern 59 und 60.

(71)  Artikel 2 Absatz 9 des Gesetzes.

(72)  Rechtssachen C-143/99 Adria-Wien Pipeline Slg. 2001, I-8365, Randnummer 41; C-308/01 GIL Insurance und andere Slg. 2004, I-4777, Randnummer 68; C-172/03 Heiser Slg. 2005, I-1627, Randnummer 40.

(73)  Siehe Rechtssachen C-143/99 Adria-Wien, Randnummer 41, Rechtssache C-308/01 GIL Insurance Slg. 2004, I-4777, Randnummer 68, C-172/03, Heiser Slg. 2005, I-1627, Randnummer 40, C-88/03, Portugal/Kommission Slg. 2006, I-7115, Randnummer 54, T-233/04, Niederlande/Kommission, Randnummer 86.

(74)  Siehe z. B. Rechtssache C-279/08P, Kommission/Niederlande (NOx) Slg. 2011, I-7671, Randnummer 62.

(75)  Verbundene Rechtssachen C-106/09 P und C-107/09 P Kommission und Spanien/Regierung von Gibraltar und Vereinigtes Königreich Slg. 2011, I-11113.

(76)  Siehe verbundene Rechtssachen T-92/00 und T-103/00, Territorio Histórico de Álava — Diputación Foral de Álava, Ramondín, SA und Ramondín Cápsulas/Kommission, Slg. 2002, II-1385, Randnummer 51.

(77)  Siehe Rechtssache C-279/08 P, Kommission/Königreich der Niederlande, Slg. 2011, I-7671, Randnummer 50.

(78)  Rechtssachen C-75/97 Belgien/Kommission, Slg. 1999, I-3671, Randnummer 32; Rechtssache C-143/99 Adria Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerk, Slg. 2011, I-8365, Randnummer 48 und Rechtssache C409/00 Spanien/Kommission, Slg. 2003, I-1487, Randnummer 48.

(79)  Verbundene Rechtssachen T-92/00 und T-103/00 Ramondin SA und Ramondín Cápsulas SA/Kommission Slg. 2002, II-1385, Randnummer 39: In diesem Urteil hat der Gerichtshof für Recht erkannt, dass eine Steuermaßnahme nur für Investitionen, die eine bestimmte Schwelle überschreiten, bedeutet, dass die Maßnahme de facto Unternehmen mit erheblichen Finanzmitteln vorbehalten ist.

(80)  Siehe zum Beispiel verbundene Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08 Paint Graphos und andere, Slg. 2011, I-7611, Randnummer 69.

(81)  Siehe verbundene Rechtssachen C-78/08 bis C-80/08 Paint Graphos und andere, Slg. 2011, I-7611, Randnummer 69 und 70; Rechtssache C-88/03 Portugal/Kommission Slg. 2006, I-7115, Randnummer 81; Rechtssache C-279/08 P, Kommission/Niederlande (NOx) Slg. 2011, I-7671; Rechtssache C-487/06 P British Aggregates/Kommission, Slg. 2008, I-10515.

(82)  Siehe unter anderem die Rechtssachen C-279/08P Kommission/Königreich der Niederlande Slg. 2011, I-07671, Randnummer 75, C-487/06 P, British Aggregates/Kommission Slg. 2008, I-10505, Randnummer 92; C-241/94 Frankreich/Kommission Slg. 1996, I-4551, Randnummer 21; C-342/96 Spanien/Kommission Slg. 1999, I-2459, Randnummer 23; C-75/97 Belgien/Kommission, Randnummer 25.

(83)  Siehe dazu verbundene Rechtssachen T-92/00 und T-103/00 Ramondin SA und Ramondín Cápsulas SA/Kommission Slg. 2002, II-1385, Randnummer 62.

(84)  Oder spätestens bis zum 31. Oktober 2015.

(85)  Artikel 2 Absatz 1 des Gesetzes 3755/2009.

(86)  Artikel 99 Absatz 1 Buchstabe a erster Gedankenstrich in Verbindung mit den Artikeln 12 Absatz 1, 105 Absatz 1 Buchstabe b und 109 Absatz 1 des griechischen Einkommensteuergesetzes; diese Körperschaftssteuer belief sich im Geschäftsjahr 2010 auf 25 %, im Geschäftsjahr 2011 auf 24 %, im Geschäftsjahr 2012 auf 20 %, im Geschäftsjahr 2013 auf 22 %, und ab dem Geschäftsjahr 2014 auf 26 %.

(87)  Zu diesem Zeitpunkt gilt nach Artikel 99 Absatz 1 Buchstabe a des griechischen Einkommensteuergesetzes eine Quellensteuer.

(88)  Den griechischen Behörden zufolge wird der Begriff „aufgelaufene Zinsen“ dazu verwendet, um die buchhalterische Methode zu beschreiben, die verwendet wird, um die Kumulierung von Zinsen zu berechnen, bei denen Zinsen auflaufen, die von den Cashflow-Tagen und den betreffenden Beträgen abhängen. Anders gesagt stellen „aufgelaufene Zinsen“ die Zinsen auf einen bestimmten Betrag über einen bestimmten Zeitraum dar (unabhängig davon, ob diese Zinsen zu zahlen oder zu erhalten sind). Den griechischen Behörden zufolge sammelt PCT diese Zinsen normalerweise in Bareinlagen bei Kreditinstituten an.

(89)  Die Steuerbefreiung auf aufgelaufene Zinsen gilt für einen Zeitraum, der je nach einer früheren oder späteren Fertigstellung der Arbeiten schwanken kann, aber über einen festen zeitlichen Endpunkt verfügt. Nach Artikel 12 des Konzessionsvertrags hat die Inbetriebnahme der Pier III 48 Monate nach Beginn der Bauarbeiten und in jedem Fall spätestens am 31. Oktober 2015 zu erfolgen.

(90)  Falls kein Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung gilt.

(91)  Siehe Randnummern 95 bis 97.

(92)  Das heißt Artikel 103 Absatz 1 Buchstabe m.

(93)  Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission (Kimberly Clark), Slg. 1996, I-4451. Siehe auch Randnummer 21 der Mitteilung der Kommission zu steuerlichen Beihilfen.

(94)  Artikel 2 Absätze 2 und 3 des Gesetzes 3755/2009.

(95)  Artikel 30 Absatz 1 des Mehrwertsteuergesetzes.

(96)  Artikel 32 Absatz 3 des Mehrwertsteuergesetzes.

(97)  Da für den Übertrag eines Mehrwertsteuerguthabens eine Dreijahresfrist besteht,

(98)  Artikel 33 Absatz 4 des Mehrwertsteuergesetzes.

(99)  Wie dieser Beschluss zum Zeitpunkt der Annahme des Ratifizierungsgesetzes lautete.

(100)  Einschließlich des Falles, wenn ein Investitionsgut betroffen ist.

(101)  Artikel 2 Absatz 7 des Ministerialbeschlusses Nr. 1073/2004.

(102)  Artikel 33 Absatz 3 des Mehrwertsteuergesetzes. Diese Beschränkung auf fünf Jahre gilt nicht für öffentliche Versorgungsgesellschaften.

(103)  Artikel 38 Absatz 2 des Gesetzes 1473/1984.

(104)  Urteile 1948/1992, 3035/1992, 1274/2002, 1207/2012, 1501/2012 des Conseil d'Etat sowie 222/2009, 223/2009 und 2141/2009 des Verwaltungsgerichts von Athen und 4793/2013 des Verwaltungsgerichts von Thessaloniki. Diese Interpretation stützte sich auf Artikel 21 der Regulatorischen Verordnung 26-6/10-7/1944 (Verfahrensordnung für die Verfahren der staatlichen Gerichte), demzufolge „gesetzlich normale Zinsen und Zinsen auf verspätete Zahlungen (…) von dem Moment an beginnen, in dem die gesetzliche Handlung dem Staat gemeldet wird“.

(105)  Laut der gesetzlichen Steuerverfahrensordnung kann der Steuerpflichtige innerhalb von 20 Tagen nach dem Tag, an dem ihm der Rechtsakt zugestellt wurde, ein Rechtsmittel einlegen.

(106)  Laut der Begriffsbestimmung aus Artikel 33 Absatz 4 des Mehrwertsteuergesetzes.

(107)  Rechtssache C-110/94, Intercommunale voor Zeewaterontzilting (INZO), Slg. 1997, I-870.

(108)  Randnummer 15 des Urteils in der Rechtssache C-110/94.

(109)  Siehe Artikel 29 Absatz 3 des Gesetzes 3389/2005 in der durch Artikel 18 Absatz 2 des Gesetzes 4013/2011 geänderten Fassung.

(110)  Es führt außerdem zur Rechtssicherheit, dass alle Arten der Aufwendungen von PCT in der gleichen Weise behandelt werden, obwohl das nach den allgemein geltenden Vorschriften nicht der Fall wäre.

(111)  Dieses Schreiben datiert vom 31. Oktober 2008 und wurde von den griechischen Behörden im Laufe des Verfahrens vor der Eröffnung des formalen Untersuchungsverfahrens als Anhang 2 des Vorbringens vom 1. Februar 2011 eingereicht. Es wurde von der Kommission am 8. Februar 2011 mit der Nummer 2011/013591 registriert.

(112)  Sie verlangten insbesondere die Rückvergütung von 90 % der Mehrwertsteuergutschrift innerhalb eines Monats ab dem Antragsdatum und die restlichen 10 % innerhalb eines Jahres. Diese Rückvergütung entspricht im Wesentlichen der Rückvergütung, die für Investitionsgüter gilt.

(113)  Rechtssachen T-68/03, Olympic Airways/Kommission, Slg. 2007, II-2911, Randnummer 361, Rechtssache C-25/07 Alicja Sosnowska/Dyrektor Izby Skarbowej Slg. 2008, I-5129.

(114)  Die Verpflichtung zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer ergibt sich zu dem Zeitpunkt, in dem Vorsteuer gezahlt wird und das Recht auf Vorsteuerabzug „(…) kann (…) sofort ausgeübt werden. (…) die Mitgliedstaaten (verfügen) bei der Festlegung der Einzelheiten der Erstattung des Mehrwertsteuerüberschusses zwar über einen gewissen Spielraum, (…) die entsprechenden Einzelheiten (dürfen) aber den Grundsatz der Neutralität des Mehrwertsteuersystems nicht dadurch beeinträchtigen, dass der Steuerpflichtige ganz oder teilweise mit dieser Steuer belastet wird. (…), was impliziert, dass die Erstattung innerhalb einer angemessenen Frist (…) erfolgt“. Rechtssache C-25/07 Alicjia Sosnowska, Slg. 2008, I-5129, Randnummern 15-16.

(115)  Artikel 105 Absatz 11 in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 3 des griechischen Einkommensteuergesetzes.

(116)  Rechtssache T-55/99, Confederación Española de Transporte de Mercancías (CETM)/Kommission, Slg. 2000, II-03207, Randnummer 53.

(117)  Bei der linearen Methode wird die Abschreibung auf der Grundlage einer festen Rate auf den Anschaffungswert oder des angepassten Anschaffungswertes zuzüglich des Wertes von Verbesserungen oder zusätzlicher Teile berechnet.

(118)  Zum Zeitpunkt, an dem die in Rede stehende Bestimmung verabschiedet wurde, sah Artikel 31 Absatz 3 Buchstabe f des griechischen Einkommensteuergesetzes eine Ausnahme zu dieser Vorschrift vor, die für die Abschreibung neuer Maschinen und mechanischer oder technischer Ausrüstungen von industriellen Unternehmen, Bergbauunternehmen, Steinbruchunternehmen und gemischten Unternehmen dieser Art maßgeblich war. In diesen Fällen konnten die Unternehmen auch die degressive Abschreibungsmethode verwenden. Diese Bestimmung ist geändert worden und sieht jetzt für alle Unternehmen nur noch die allgemeine lineare Abschreibungsmethode vor.

(119)  Präsidialdekret 299/2003 zur „Festlegung der höchsten und niedrigsten Abschreibungsraten“. Mit diesem Dekret wird der Bereich zwischen der höchsten und der niedrigsten Abschreibungsrate pro Kategorie der festen Anlagegüter festgesetzt. Steuerpflichtige Unternehmen können innerhalb dieses Bereichs jede beliebige Abschreibungsrate auswählen. Sobald ein Unternehmen eine Abschreibungsrate innerhalb dieses Bereichs gewählt hat, ist es verpflichtet, die Abschreibung unter Verwendung derselben Abschreibungsrate für alle Anlagegüter derselben Kategorie durchzuführen, die von dem Unternehmen während desselben Geschäftsjahrs angeschafft worden sind. Für Anlagegüter derselben Kategorie, die in verschiedenen Geschäftsjahren angeschafft wurden, dürfen Unternehmen eine andere Abschreibungsrate verwenden. In jedem Fall muss die Abschreibung aber unbedingt mit der anfänglichen Abschreibungsrate durchgeführt werden, die auf alle Anlagegüter derselben Kategorie angewendet wird, die im selben Geschäftsjahr angeschafft wurden.

(120)  Diese Art von „Rückstellungen“ stellt keinen wirklichen Vermögenswert des Unternehmens dar, sondern Abschreibungen auf feste Anlagegüter, die dem Staat oder Dritten wieder zurückgegeben werden.

(121)  Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe g griechisches Einkommensteuergesetz.

(122)  YA 100/2005 (YA 1003821/10037/B0012, ABl. B 80 von 2005): Von den Bruttoeinnahmen von Unternehmen abzugsfähige Kosten auf der Grundlage administrativer Lösungen und der Rechtsprechung.

(123)  Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe l des griechischen Einkommensteuergesetzes.

(124)  Artikel 105 Absatz 12 des griechischen Einkommensteuergesetzes in der durch das Gesetz 4013/2011 geänderten Fassung. Diese Methode ist die Methode, die in Artikel 97 Absatz 5 des Gesetzes 1892/1990 für den Bau von Parkplätzen vorgesehen ist.

(125)  Durch das Gesetz 1914/1990 für BOT-Projekte festgelegte Methode. Nach Artikel 9 Absatz 8 des Gesetzes 2052/1992 erfolgt bei Arbeiten, die mit vollständiger oder teilweiser Finanzierung von Dritten durchgeführt werden, die Abschreibung der Baukosten und der Zinsen auf Darlehen und Kredite während der Bauzeit, die als Baukosten angesehen werden, nach derselben Methode.

(126)  Von Artikel 26 Absatz 8 des Gesetzes 2093/1992 festgelegte Abschreibungsmethode für Flughäfen bauende Unternehmen.

(127)  Zum Beispiel Wert des Anlagenguts, Rentabilität, Geschäftsplan.

(128)  Siehe Erwägungsgrund 165 des Einleitungsbeschlusses.

(129)  Dieser Vorteil ist sogar größer als beispielsweise der für öffentlich-private Partnerschaften vorgesehene (dies gilt unbeschadet der Ansicht, die die Kommission zu steuerlichen Bestimmungen für öffentlich-private Partnerschaften vertreten kann).

(130)  Die in Rede stehende Bestimmung habe dabei geholfen, eine Lücke im Allgemeinen griechischen Steuersystem bezüglich der Abschreibung von Anlagegütern, die bei dem Betrieb eines Containerhafenterminals verwendet werden, wie diejenigen, die von PCT zum Zwecke des Konzessionsvertrags verwendet werden, zu schließen. In Artikel 34 des Gesetzes 2937/2001 werden konkrete Abschreibungsraten festgesetzt, die PPA und der Hafen von Thessaloniki im Rahmen der linearen Abschreibungsmethode für die spezifischen Arten der von ihnen genutzten Hafenanlagengüter zu verwenden haben. Die griechischen Behörden machen geltend, dass diese Raten nicht für PCT gelten. Den griechischen Behörden zufolge würde der Abschreibungszeitraum die Konzessionslaufzeit überschreiten, wenn PCT sich für die Anwendung der linearen Abschreibungsmethode entscheiden würde und diese Abschreibungsraten verwenden dürfte. Wenn PCT andererseits dazu verpflichtet würde, die lineare Abschreibungsmethode mit anderen Abschreibungsraten zu verwenden als diejenigen, die für PPA und den Hafen von Thessaloniki gelten, würde PCT gegenüber diesen Wirtschaftsteilnehmern benachteiligt (Erwägungsgrund 166 des Einleitungsbeschlusses).

(131)  Siehe Rechtssache Portugal/Kommission, Randnummer 81 in Fußnote 80.

(132)  Siehe dazu die Bewertung der Kommission in den Randnummern 98 bis 100 oben.

(133)  Präsidialdekret vom 28. Juli 1931, ABl. A 239 1931, in der insbesondere durch das Gesetz 2873/2000 geänderten Fassung.

(134)  Durch die Einführung der Mehrwertsteuer wurden jedoch die Stempelgebühren, die auf Darlehensvereinbarungen verhängt wurden, nicht beeinträchtigt.

(135)  Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt ein Darlehen, das außerhalb von Griechenland durch ein privates Rechtsgeschäft abgeschlossen wurde, der Stempelgebühr, wenn das Darlehen in Griechenland durchgeführt wird. Die „Durchführung in Griechenland“ erfolgt, wenn die Bereitstellung des Darlehensbetrags durch den ausländischen Darlehensgeber, der in Griechenland niedergelassen ist, in Griechenland erfolgt. Die „Bereitstellung des Darlehensbetrags in Griechenland“ erfolgt, wenn der Darlehensgeber den Darlehensbetrag wirksam auf das Konto des Darlehensnehmers bei einer griechischen Bank überweist (Stellungnahme 964/1955 des Rechtsrats des griechischen Staats, Gericht erster Instanz von Thessaloniki 2123/1963, Finanzgericht erster Instanz 2163/1967, Verwaltungsgericht erster Instanz 6043/2001, Staatsrat 2996/1991 und 984/1992). Des Weiteren hat der Conseil d'Etat mit Urteil 3639/2013 für Recht erkannt, dass „(…) ein Darlehensvertrag, der durch ein privates Rechtsgeschäft im Ausland abgeschlossen wird, der Stempelgebühr unterliegt, sofern er Verpflichtungen vorsieht, die in Griechenland durchzuführen sind und dies gilt auch für die Verpflichtung des Darlehensnehmers, die sich aus der genannten Vereinbarung ergibt, den vereinbarten Darlehensbetrag, der vom Darlehensgeber im Ausland auf den Namen [des Darlehensnehmers] einbezahlt wurde durch seine Anweisung an die ausländische Bank nach Griechenland zu überweisen“.

(136)  Zum Satz von 2,4 %.

(137)  Erneut zum Satz von 2,4 %.

(138)  Die Bewertung der Kommission in dieser Sache gilt unbeschadet des Standpunkts, den sie außerhalb dieses Verfahrens zu den Ausnahmen vertreten kann.

(139)  Wie in Fußnote 134 oben beschrieben.

(140)  Die griechischen Behörden und PCT verweisen auf zwei Darlehen in Höhe von 54,8 Mio. EUR und in Höhe von […] Mio. EUR, die PCT mit ihrer Muttergesellschaft Cosco abgeschlossen habe, um mit ihren Investitionen in den Hafen von Piräus zu beginnen.

(141)  Beschluss 617/2006 über die Auslegung von Artikel 8 des Stempelgebührengesetzes.

(142)  Artikel 8 des Stempelgebührengesetzes. Siehe Rechtsprechung dazu in Fußnote 134 oben.

(143)  Nach Artikel 3 Absatz 1 des Konzessionsvertrags.

(144)  Rundschreiben mit Auslegungsvorschriften 1027/1990.

(145)  Siehe Fußnote 134.

(146)  Erneut zum Satz von 2,4 %.

(147)  Artikel 3 des ministeriellen Rundschreibens Nr. 44/1987: Umsetzung der Bestimmungen zur Verhängung von Stempelgebühren auf verschiedene Verträge und Rechtsakte.

(148)  Nach Artikel 57 Absatz 1 Buchstabe b des Gesetzes 1642/1986 sind Geschäfte, die nach Artikel 2 desselben Gesetzes mehrwertsteuerpflichtig sind sowie deren Zusatzvereinbarungen von der Stempelgebühr befreit. Nach Artikel 2 des griechischen Mehrwertsteuergesetzes (Gesetz 2859/2000, mit dem Gesetz 1642/1986 ersetzt wird, durch das die Mehrwertsteuer in die griechische Rechtsordnung eingeführt wurde) gilt Mehrwertsteuer für die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, wenn diese Bereitstellung für die betreffende Zahlung erfolgt. Nach der vorherrschenden Auslegung dieser Bestimmungen fällt die Zahlung von Vergütungen nicht unter die Bedeutung der Bereitstellung von Dienstleistungen gegen Entgelt und fällt daher außerhalb des Anwendungsbereichs der Mehrwertsteuer und unterliegt stattdessen der Stempelgebühr.

(149)  Nach Artikel 2 des Gesetzes 2688/1999 in Verbindung mit Artikel 362 des Gesetzes 1559/1950. Der Standpunkt der Kommission in dieser Entscheidung gilt unbeschadet jedweden Standpunkts, den sie in Zukunft bezüglich dieser Bestimmung vertreten mag.

(150)  Siehe Erwägungsgründe 188 und 203 des Einleitungsbeschlusses.

(151)  Diese spezielle Regelung kann nur geändert werden, wenn das Unternehmen, dem sie gewährt wurde, der Änderung zustimmt.

(152)  Artikel 8 und 11 des Gesetzesdekrets.

(153)  Eine Anpassung kann auch für den Fall einer Reduzierung der normalerweise geltenden Einschränkungen vorgesehen werden.

(154)  Diese Maßnahme ist im Präsidialdekret nicht vorgesehen, die griechischen Behörden erwähnten sie aber im Verzeichnis der Maßnahmen, die in der Vergangenheit durch diese Sonderregelung bereitgestellt worden sind.

(155)  Nach Artikel 9 Absatz 2 des Präsidialdekrets soll diese Erhöhung die Hälfte des Betrags überschreiten, der dem Gesamtvermögen dieser Unternehmen entspricht oder über einer Mio. USD liegt.

(156)  Außer die Beschlagnahmung zielt darauf ab, die Bedürfnisse der Streitkräfte in Kriegszeiten zu decken und lediglich für die Dauer des Konflikts sowie gegen eine gerechte Bezahlung.

(157)  Das Dekret sieht außerdem andere Privilegien/Bedingungen für die von ihm erfassten Unternehmen vor: i) spezielle Bedingungen für die Rückführung von Darlehen oder Aktienkapital, Genehmigung der Rückführung von Darlehen oder Aktienkapital (bis zu 10 % des jährlich eingeführten Kapitals); eine kumulative Überweisung von Gewinnen (bis zu 12 %, nach Steuern, des jährlich eingeführten und nicht rückgeführten Kapitals); und eine Überweisung von Zinsen (bis zu 10 % jährlich) und Genehmigung für die Überweisung von Fremdwährung, die für Leasingzahlungen bezüglich Maschinen und Anlagen benötigt werden oder anderer Formen von Finanzierungsleasing aus dem Ausland aus Griechenland hinaus, ii) die Einstellung ausländischer Staatsangehöriger als technisches Personal und Verwaltungspersonal und Genehmigung, den Betrag ihres Gehalts in Fremdwährung auszuführen; und Genehmigung zur Führung von Unternehmenskonten mit Buchungen in einer Fremdwährung.

(158)  Siehe Erwägungsgrund 213 des Einleitungsbeschlusses.

(159)  Die Würdigung der Kommission in dieser Sache gilt unbeschadet einer jeglichen Maßnahme, die die Kommission im Hinblick auf dieses Präsidialdekret ergreifen kann.

(160)  Artikel 3 Absatz 2 des Dekrets verweist ungefähr auf einige der Privilegien und Freistellungen, die durch seine Inanspruchnahme gewährt werden können. Artikel 5 Absatz 3 des Gesetzesdekrets 4256/1962, in dem das Dekret von 1953 ausgelegt wird, legt fest, dass die Verwaltung über den uneingeschränkten Ermessensspielraum verfügt, jegliche andere Frage im Zusammenhang mit der Investition in solcher Weise zu regulieren, die die Verwaltung zur Verwirklichung des Zwecks des Präsidialdekrets, d. h. das Anwerben ausländischen Kapitals, als geeignet ansieht, sofern diese Fragen den Bestimmungen des Dekrets nicht zuwiderlaufen. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass die Verwaltung über den uneingeschränkten Ermessensspielraum zur Festlegung neuer Bedingungen sowie einer „Erleichterung“ verfügt, um solche Investitionen für Unternehmen attraktiver zu gestalten.

(161)  Siehe Randnummer 209 bis 216 des Eröffnungsbeschlusses.

(162)  Siehe Erwägungsgründe 92 bis 97 des vorliegenden Beschlusses.

(163)  Rechtssache C-487/06 P, British Aggregates, Slg. 2008, I-10515, Randnummer 92.

(164)  Diese Entscheidung gilt unbeschadet des Standpunkts, den die Kommission in Bezug auf dieses Gesetzesdekret einnehmen mag.

(165)  Siehe Erwägungsgründe 21 und 22 der Mitteilung der Kommission zu steuerlicher Beihilfe.

(166)  Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung (ABl. C 384 vom 10.12.1998, S. 3).

(167)  Siehe Erwägungsgründe 24 und 27 der Mitteilung der Kommission zu steuerlichen Beihilfen.

(168)  Siehe zum Beispiel Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-445/05, Assogestioni et Fineco Asset Management/Kommission, Randnummer 145 und die angegebene Rechtsprechung.

(169)  Siehe Beschluss der Kommission in der Sache NN 27/96 Spata International Airport.

(170)  Siehe Beschlüsse der Kommission in Sachen N 508/07 Ionia Odos, N 45/08 — Autobahn Elefsina-Korinthos-Patras-Pirgos-Tsakona, N 566/07 Korinthos-Tripoli-Kalamata Autobahn und Lefktro-Sparti Branch, N 565/07 Mittelgriechenlandautobahn, N 633/2007 Abschnitt Maliakos-Kleidi des Konzessionsvertrags für die Autobahn Patras-Athen-Thessaloniki-Evzona, N 134/07 Konzessionsvertrag für den Unterwassertunnel von Thessaloniki.

(171)  Verbundene Rechtssachen T-427/04 Frankreich/Kommission und T-17/05 France Telecom/Kommission, Slg. 2009, II-0435, Randnummern 264-266, C-474-09 P bis C-476/09 P, Territorio Histórico de Vizcaya — Diputación Foral de Vizcaya, Territorio Histórico de Álava — Diputación Foral de Álava und Territorio Histórico de Guipúzcoa — Diputación Foral de Guipúzcoa/Europäische Kommission, Slg. 2011, I-113, Randnummer 70.

(172)  SA. 32866 (11/N) — Griechenland — Breitbandausbau in ländlichen Gebieten in Griechenland.

(173)  Siehe Beschluss der Kommission in der Sache N 134/07 Konzessionsvertrag für den Unterwassertunnel von Thessaloniki.

(174)  Siehe Beschluss C(2013) 9253 final — Staatliche Beihilfe SA.36894 bezüglich der Wiedereinsetzung des Projekts Ionia Odos S.A.; Beschluss C(2013) 9275 final — Staatliche Beihilfe SA.36877 bezüglich der Wiedereinsetzung des Projekts Aegean Motorway S.A.; Beschluss C(2013) 9253 final — Staatliche Beihilfe SA.36878 bezüglich des Projekts Olympia Odos S.A.; und Beschluss C(2013) 9274 final — Staatliche Beihilfe SA. 36893 bezüglich des Projekts Central Motorway (E65).

(175)  In jedem Fall ist die Kommission weiter der Auffassung, dass die Steuerbefreiungen zugunsten von PCT lediglich in das Gesetz eingeführt wurden, mit dem der Konzessionsvertrag ratifiziert wurde, und nicht in den Konzessionsvertrag selbst, weil PPA nicht die Kompetenz hat, Steuerbefreiungen zu gewähren. Im Gegensatz zu den von den griechischen Behörden und PCT geltend gemachten Fällen sollte der Konzessionsnehmer das Investitionsprojekt im vorliegenden Fall exklusiv und alleine ohne staatliche oder öffentliche Unterstützung jeglicher Art durchführen.

(176)  Rechtssache 730/79 Philip Morris Slg. 1980, 267, Randnummer 11, verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/97, T-313/97, T-315/97, T-600/97 bis 607/97, T-1/98, T-3/98 bis T-6/98 und T-23/98, Alzetta Mauro und andere/Kommission Slg. 2000, II-2325, Randnummer 80.

(177)  Verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/97 usw. Alzetta Slg. 2000, II-2325, Randnummern 141 bis 147, Rechtssache C-280/00, Altmark Trans Slg. 2003, I-7747.

(178)  Siehe Beschluss der Kommission vom 18. Dezember 2009 zur Rechtssache C21/09 (ex N 105/08, N 168/08 und N 169/08 — Griechenland — Staatliche Finanzierung von Infrastruktur und Ausrüstung im Hafen von Piräus (ABl. C 402 vom 29.12.2012, S. 25), Erwägungsgründe 90 und 91.

(179)  Siehe verbundene Rechtssachen T-298/97, T-312/097 usw. Alzetta Slg. 2000, II-2325, Randnummer 95 und Rechtssache 730/97, Philip Morris Slg. 1980, Randnummer 9 bis 12.

(180)  Siehe unter anderem verbundene Rechtssachen Alzetta, Randnummer 95.

(181)  Siehe Rechtssache C-372/97, Italien/Kommission, Slg. 2004, I-3679, Randnummer 67 und die dort angegebene Rechtsprechung.

(182)  Leitlinien für nationale Beihilfen mit regionaler Zielsetzung für 2007-2013 (ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13).

(183)  Siehe Artikel 8 des Gesetzes 3755/2009, das den Beginn der Gültigkeit dieses Gesetzes festlegt.

(184)  Siehe Kapitel 5 der Leitlinien für Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013 und Beschluss der Kommission vom 13. Februar 2008 in der Sache C 7/08 (ex N 655/07) — Deutschland — Garantieregelung für das Land Sachsen für Betriebskapitaldarlehen.

(185)  Siehe Beschluss der Kommission vom 31. August 2006 in der Sache N 408/06 — Griechenland — Regionale Fördergebietskarte 2007-2013 (ABl. C 286 vom 23.11.2006, S. 5).

(186)  Zum Beispiel Ersatzkosten, Investitionskosten, Transportkosten oder Arbeitskosten.

(187)  Siehe Fußnote 184.

(188)  COM(2009) 279/4, Randnummer 46.

(189)  COM(2009) 8.

(190)  Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom 20.12.2013, S. 1).

(191)  Darüber hinaus sind Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Investitionsprojekts bereits durch die Tatsache bestätigt worden, dass die Investitionen von PCT in den Hafen von Piräus bereits sehr positive wirtschaftliche Ergebnisse zeigen.

(192)  Siehe zum Beispiel Rechtssache C-348/93, Kommission/Italien, Slg. 1995 I-00673, Randnummer 26 und die dort angegebene Rechtsprechung.

(193)  Siehe beispielsweise verbundene Rechtssachen T-239/04 und T-323/04, Italien und Brandt Italia SpA/Kommission, Slg. 2007, II-3265, Randnummern 153-154 und die dort angegebene Rechtsprechung.

(194)  Verordnung (EG) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen (ABl. L 352 vom 24.12.2013, S. 1).

(195)  Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1).

(196)  Verordnung (EG) Nr. 271/2008 der Kommission vom 30. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. L 82 vom 25.3.2008, S. 1).