ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 144

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

57. Jahrgang
15. Mai 2014


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

 

2014/273/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 19. September 2012 über die Maßnahmen zugunsten von ELAN d.o.o., SA.26379 (C13/10) (ex NN 17/10), die Slowenien durchgeführt hat (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 6345)  ( 1 )

1

 

 

2014/274/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 20. März 2013 über die staatliche Beihilfe SA.23420 (11/C, ex NN 40/10), die von Belgien zugunsten von SA Ducroire/Delcredere NV durchgeführt wurde (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2013) 1497)  ( 1 )

29

 

 

III   Sonstige Rechtsakte

 

 

EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTSRAUM

 

*

Nichtvertrauliche Fassung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 244/12/COL vom 27. Juni 2012 über Umstrukturierungsbeihilfen für die Íslandsbanki (Island)

70

 

*

Nichtvertrauliche Fassung der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 290/12/COL vom 11. Juli 2012 über Umstrukturierungsbeihilfen für die Landsbankinn (Island)

121

 

*

Öffentliche Fassung des Beschlusses der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 291/12/COL vom 11. Juli 2012 über Umstrukturierungsbeihilfen für die Arion Bank (Island)

169

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

15.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 144/1


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 19. September 2012

über die Maßnahmen zugunsten von ELAN d.o.o., SA.26379 (C13/10) (ex NN 17/10), die Slowenien durchgeführt hat

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 6345)

(Nur der slowenische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2014/273/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nachdem allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß der vorgenannten Bestimmung gegeben wurde (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Am 10. Juli 2008 hat die Marker Völkl International GmbH (im Folgenden „der Beschwerdeführer“), ein deutscher Skihersteller, eine Beschwerde wegen einer mutmaßlichen staatlichen Beihilfe eingereicht, die Slowenien dem Unternehmen Elan d.o.o. (im Folgenden „Elan“; zum Zeitpunkt der Beschwerde hieß das Unternehmen Skimar d.o.o.) gewährte. Die Kommission hat eine Reihe von Auskunftsersuchen an Slowenien gerichtet, auf die Slowenien mit Schreiben vom 14. Oktober 2008, 30. Januar 2010 und 22. Februar 2010 antwortete. Im November 2009 sandte die Kommission auch ein Auskunftsersuchen an den Beschwerdeführer, auf das dieser am 5. März 2010 antwortete.

(2)

Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 hat die Kommission Slowenien von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, wegen der Beihilfe das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union einzuleiten.

(3)

Der Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2). Die Kommission hat die Beteiligten zur Abgabe von Stellungnahmen zu den Maßnahmen aufgefordert. Die Kommission hat keine Stellungnahmen von beteiligten Dritten erhalten.

(4)

Nach dem Einleitungsbeschluss legte Slowenien mit Schreiben vom 9., 10. und 16. Juni 2010 weitere Informationen vor (dem letzten Schreiben waren Anhänge vom 26. Mai, 28. Mai, 31. Mai, 2. Juni und 14. Juni 2010 beigefügt). Am 16. August 2011 sandte die Kommission ein Auskunftsersuchen an die slowenischen Behörden, auf welches diese mit Schreiben vom 10. Oktober 2011 antworteten. Am 11. Oktober 2011 wurden verschiedene Anhänge zu diesem Schreiben übermittelt. Nach einem Treffen zwischen den Kommissionsdienststellen und Vertretern des Unternehmens übermittelte Slowenien mit Schreiben vom 6. März, 30. März, 13. April, 16. April, 23. April, 10. Mai, 15. Mai und 30. Mai 2012 weitere Informationen.

2.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

2.1.   DER BEGÜNSTIGTE

(5)

Elan, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, stellt Skiausrüstung sowie Wasserfahrzeuge wie Yachten her. Das Unternehmen ist in der Gemeinde Begunje na Gorenjskem in Slowenien, ansässig, das in seiner Gesamtheit nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV förderfähig ist (3). Derzeit beschäftigt Elan ungefähr 460 Mitarbeiter und weist zwei Hauptsparten auf: eine Wintersportsparte und eine Bootsparte. Das Unternehmen hat in Slowenien lediglich eine Tochtergesellschaft, Elan Inventa d.o.o. (Sportausrüstung) sowie verschiedene Handelsunternehmen in anderen Ländern.

(6)

Bis Juni 2010 und als die in Rede stehenden Maßnahmen durchgeführt wurden, wies Elan eine andere Struktur auf. Es bestand aus der Muttergesellschaft Elan, die an vier Tochtergesellschaften beteiligt war:

Elan d.o.o. (im Folgenden „Elan Wintersport“) war für das Wintersportgeschäft von Elan zuständig. Elan Wintersport war seinerseits an einer Reihe von Handelsunternehmen beteiligt.

Elan Marine d.o.o. (im Folgenden „Elan Marine“) war für das Bootsgeschäft von Elan zuständig. Elan Marine war seinerseits an verschiedenen Tochtergesellschaften beteiligt. Es hielt beispielsweise 100 % der Anteile an Elan PBO, an Elan Marine Charter und an Elan Yachting d.o.o.

Elan Inventa d.o.o. (Sportausrüstungssparte).

Marine Nova d.o.o. (Unternehmen, das keine Handelstätigkeit ausübt).

(7)

Elan befindet sich im Staatseigentum. Derzeit stehen 66,4 % seiner Anteile im Eigentum von Posebna družba za podjetniško svetovanje, d.d. (im Folgenden „PDP“), einer Finanzholdinggesellschaft, die sich im Eigentum von drei staatlichen Fonds befindet. Weitere 25 % der Anteile von Elan sind Eigentum von Triglav Naložbe, finančna družba, d.d. (im Folgenden „Triglav Naložbe“), die Finanzgesellschaft einer überwiegend in staatlichem Eigentum befindlichen Versicherungsgesellschaft. Die verbleibenden 8,6 % befinden sich im Eigentum von Prvi pokojninski sklad, einem staatseigenen Pensionsfonds (eine detaillierte Beschreibung der Anteilseigner von Elan findet sich in Abschnitt 2.2). Als die untersuchten Maßnahmen ergriffen wurden, befand sich Elan ebenfalls überwiegend in staatlichem Eigentum. Seine Anteilseignerstruktur war jedoch etwas anders (siehe Abschnitt 2.2).

(8)

Was die finanzielle Situation von Elan betrifft, so erwirtschaftete das Unternehmen nach einem schwierigen Jahr 2004 in den Jahren 2005 und 2006 Überschüsse und verzeichnete ein Umsatzwachstum. Im Jahr 2007 begann sich die Lage des Unternehmens zu verschlechtern, was zu einem Umsatzrückgang und zu Nettoverlusten in den Jahren 2007-2008 führte. In den Erwägungsgründen 68 bis 74 wird die Finanzsituation von Elan ausführlicher bewertet.

(9)

Derzeit befindet sich Elan in einem Privatisierungsprozess. PDP, der Hauptanteilseigner, beabsichtigt, seine Beteiligung an dem Unternehmen zu verkaufen, und verhandelt derzeit mit potenziellen Bietern.

2.2.   DIE GEGENWÄRTIGEN ANTEILSEIGNER DES BEGÜNSTIGTEN UND DIE ANTEILSEIGNER ZUM ZEITPUNKT DER BEWILLIGUNG DER MASSNAHMEN

(10)

Da die Eigentumsstruktur, die Identität der Eigentümer von Elan und ihre Corporate Governance im Hinblick auf die Frage von Bedeutung sind, ob die Maßnahmen, die Elan gewährt wurden, aus staatlichen Mitteln finanziert wurden und dem Staat zuzurechnen sind, werden nachstehend die einzelnen Eigentümer kurz beschrieben und anschließend ein Überblick über deren Beteiligung an Elan im Laufe der Zeit geboten. Es ist anzumerken, dass sich die Eigentumsstruktur von Elan in der Zeit zwischen der ersten Kapitalzuführung im Jahr 2007 (Maßnahme 1) und der zweiten Kapitalzuführung in 2008 (Maßnahme 2) änderte und dass seitdem weitere Änderungen erfolgt sind. Nähere Angaben dazu sind den Erwägungsgründen 19 bis 22 zu entnehmen.

2.2.1.   Beschreibung der Anteilseigner von Elan

KAD

(11)

Kapitalska družba pokojninskega in invalidskega zavarovanja, d.d. (im Folgenden „KAD“) ist eine Aktiengesellschaft, deren einziger Aktionär Slowenien ist. KAD verwaltet staatliche Pensionsfonds und Vermögenswerte für Slowenien. Die Gesellschaft ist auch für die Privatisierung der im Staatseigentum stehenden Vermögenswerte zuständig. KAD unterliegt dem slowenischen Gesellschaftsgesetz („ZGD-1, Zakon o gospodarskih družbah“). Folglich hat KAD eine Hauptversammlung, einen Aufsichtsrat und einen Vorstand. Die slowenische Regierung ernennt alle 15 Mitglieder der Hauptversammlung (5 dieser Mitglieder vertreten Rentner und behinderte Arbeitnehmer, 5 die Angestellten und die Versicherten und 5 die slowenische Regierung) sowie alle neun Mitglieder des Aufsichtsrats. Zu den Sitzungen der Hauptversammlung werden Regierungsvertreter eingeladen

KAD-PPS

(12)

Prvi pokojninski sklad (im Folgenden „KAD-PPS“) ist der Erste Pensionsfonds der Republik Slowenien, was bedeutet, dass er zu 100 % in staatlichem Eigentum steht. KAD verwaltet diesen Pensionsfonds und kontrolliert zudem den Anteil, den PPS an Elan hält.

DSU

(13)

Družba za svetovanje in upravljanje, d.o.o. (im Folgenden „DSU“) ist eine Unternehmensberatungsgesellschaft mit beschränkter Haftung, die zu 100 % in staatlichem Eigentum steht. Sie ist unter anderem für die Privatisierung der im Staatseigentum stehenden Vermögenswerte zuständig. DSU hat ein aus drei Mitgliedern bestehendes Aufsichtsgremium. Zwei dieser Mitglieder werden von der slowenischen Regierung ernannt und das dritte von den Angestellten des Unternehmens. Bis zur Ernennung des Angestelltenvertreters bestellt die Regierung auch das dritte Mitglied. Das Aufsichtsgremium bestellt einen Leiter, der die Geschäfte von DSU führt.

Zavarovalnica Triglav

(14)

Zavarovalnica Triglav, d.d. (im Folgenden „Zavarovalnica Triglav“) ist eine Gesellschaft, die jede Art von Nichtlebens-, Lebens-, Kranken- und Unfallversicherung anbietet. 67,7 % ihrer Anteile werden von Unternehmen gehalten, die ihrerseits direkt oder indirekt mehrheitlich im Staatseigentum stehen. Zum Zeitpunkt der Bewilligung waren die Hauptanteilseigner von Zavarovalnica Triglav folgende: Zavod za pokojninsko in invalidsko zavarovanje (im Folgenden „ZIPZ“), die Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherungsanstalt, die zu 100 % in staatlichem Eigentum steht und einen Anteil von 34,5 % an Zavarovalnica Triglav hält; Slovenska odškodninska družba, d.d. (im Folgenden „SO“), die slowenische Entschädigungsgesellschaft, die zu 100 % in staatlichem Eigentum steht und einen Anteil von 28,1 % an Zavarovalnica Triglav hält; NLB, d.d., die zu 50 % in staatlichem Eigentum steht und einen Anteil von 3,1 % an Zavarovalnica Triglav hält, und HIT d.d., die zu 100 % in staatlichem Eigentum steht und einen Anteil von 1,1 % an Zavarovalnica Triglav hält. Unter den übrigen Anteilseignern von Zavarovalnica Triglav hielt keiner eine Beteiligung von mehr als 1,8 % an dem Unternehmen.

(15)

Zavarovalnica Triglav verfügt über einen Aufsichtsrat, der aus acht Mitgliedern besteht, und einen Vorstand. Fünf Mitglieder des Aufsichtsrats vertreten die Interessen der Anteilseigner und werden von der Hauptversammlung von Zavarovalnica Triglav gewählt. Die übrigen drei Mitglieder vertreten die Arbeitnehmerinteressen.

Triglav Naložbe

(16)

Triglav Naložbe ist eine Finanzgesellschaft. Zum Zeitpunkt der zweiten Kapitalzuführung standen 80 % der Anteile von Triglav Naložbe im Eigentum von Zavarovalnica Triglav. Die letztgenannte Gesellschaft steht ihrerseits mehrheitlich in Staatseigentum (siehe Erwägungsgrund 14). Das verbleibende Kapital von Triglav Naložbe befindet sich in Streubesitz, wobei keiner der übrigen Investoren einen Anteil von mehr als 0,67 % hält. Triglav Naložbe verfügt über einen Aufsichtsrat und einen Vorstand. Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern und wird von der Hauptversammlung von Triglav Naložbe bestellt.

PDP

(17)

PDP ist eine Finanzholdinggesellschaft, die im Juni 2009 errichtet wurde. Sie steht im Eigentum der drei staatseigenen Fonds KAD, DSU und SOD und handelt als Umstrukturierungsgesellschaft im Namen des slowenischen Staates. PDP kann auf Vertragsbasis die Geschäftsführung von in Schwierigkeiten befindlichen staatseigenen Unternehmen übernehmen, alle Stimmrechte ausüben, einen Aufsichtsrat und Vorstand einsetzen und Sanierungsmaßnahmen für den Staat durchführen (4). PDP hält Anteile an verschiedenen slowenischen Unternehmen, die vorher im Eigentum halbstaatlicher Fonds (5) standen, und sucht für einige von ihnen strategische Investoren.

KD Kapital

(18)

KD Kapital, finančna družba, d.o.o. (im Folgenden „KD Kapital“) ist eine Kapitalanlagegesellschaft. KD Kapital gehört zum Konzern Skupina KD  (6) und steht in Privateigentum.

2.2.2.   Beteiligungen an Elan zu verschiedenen Zeitpunkten

(19)

Im Jahr 2007, als die erste Maßnahme bewilligt wurde, hielten die folgenden Unternehmen Beteiligungen an Elan: KAD (30,48 %), KAD-PPS (10,3 %), DSU (17,34 %), Triglav Naložbe (13,16 %), Zavarovalnica Triglav (11,89 %) und KD Kapital (16,83 %).

(20)

Im April 2008 verkaufte KD Kapital seinen Anteil an KAD. Nach dieser Transaktion und zum Zeitpunkt der zweiten Kapitalzuführung hielten die folgenden Unternehmen Beteiligungen an Elan: KAD (47,31 %), KAD-PPS (10,3 %), DSU (17,34 %), Triglav Naložbe (13,16 %) und Zavarovalnica Triglav (11,89 %).

(21)

Im Jahr 2010 übertrugen KAD und DSU ihre Anteile an Elan der Finanzholdinggesellschaft PDP. Heute hält PDP 66,4 % der Anteile an Elan, KAD-PPS 8,6 % und Triglav Naložbe 25 %.

(22)

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Beteiligungen, die die einzelnen Anteilseigner zum Zeitpunkt der Maßnahme 1, der Maßnahme 2 und im Mai 2012 an Elan hielten:

Tabelle 1

(in %)

Juristische Person

Maßnahme 1

(Januar 2007)

Maßnahme 2

(August 2008)

Mai 2012

PDP (im Eigentum von KAD, DSU und SOD, die ihrerseits im Staatseigentum sind)

0

0

66,4

KAD (zu 100 % im Eigentum des Staates)

30,48

47,31

0

KAD-PPS (zu 100 % im Eigentum des Staates)

10,30

10,30

8,6

DSU (zu 100 % im Eigentum des Staates)

17,34

17,34

0

Triglav Naložbe (zu 80 % im Eigentum von Zavarovalnica Triglav)

13,16

13,16

25

Zavarovalnica Triglav (im Eigentum von ZIPZ und SOD, die ihrerseits im Staatseigentum sind)

11,89

11,89

0

KD Kapital (Privatgesellschaft)

16,83

0

0

Staatliches Eigentum insgesamt

83,17

100

100

2.3.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

2.3.1.   Die Kapitalzuführung von 2007 („Maßnahme 1“)

(23)

Im Jahr 2006 arbeitete Elan Pläne für ein ehrgeiziges Investitionsprogramm für die Gruppe aus, das Investitionen in Gebäude, Ausrüstung und Markenmarketing umfasste und auf einem strategischen Entwicklungsplan für den Zeitraum 2006-2010 beruhte (der vom Aufsichtsrat von Elan im Dezember 2005 erstellt worden war). Für die Jahre 2006-2007 waren Investitionen in Höhe von 20,2 Mio. EUR geplant. Für die Finanzierung dieser Investitionen schlug Elan seinen Anteilseignern eine Kapitalerhöhung von 20,2 Mio. EUR vor. In der Zwischenzeit begann Elan im Laufe des Jahres 2006 damit, neue Produktionsausrüstung zu kaufen, was in dem strategischen Entwicklungsplan ebenfalls vorgesehen war.

(24)

Am 29. Januar 2007 unterzeichneten die Anteilseigner von Elan und Elan eine Absichtserklärung, in der sie vereinbarten, dass die Anteilseigner Elan eine Kapitalzuführung in Höhe von 10,225 Mio. EUR gewähren (ungefähr die Hälfte der 20,2 Mio. EUR, die in dem strategischen Entwicklungsplan 2006-2010 vorgesehen waren). Jeder Anteilseigner willigte ein, sich entsprechend seinem Anteil an Elan an der Kapitalerhöhung zu beteiligen. Die Entscheidung wurde auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung durch die unabhängige Unternehmensberatung […] (7) und verschiedener anderer Unterlagen getroffen, die von Elan selbst und von KAD, dem Mehrheitsanteilseigner von Elan, erstellt worden waren. […] Die Berechnung des Kapitalwerts des Unternehmens erfolgte auf der Grundlage des Durchschnitts der Berechnung (für jede Sparte) i) des gewichteten Durchschnitts des als Bezugswert herangezogenen Preis-Umsatz-Verhältnisses der kürzlich getätigten Geschäfte, ii) des Kurs-Gewinn-Verhältnisses der im Jahr 2005 maßgeblichen Unternehmen und iii) des siebenfachen EBITDA-Wertes unter Berücksichtigung eines geschätzten Kosteneinsparungspotenzials von 25 %. Von diesem Durchschnittswert wurden die kurzfristigen verzinsten Verbindlichkeiten und die Hälfte der ausgewiesenen Investitionen abgezogen, die nicht über den erwarteten Cashflow des Unternehmens finanziert werden konnten. Die von KAD vorgenommene Schätzung des Werts von Elan wurde auf der Grundlage des abgezinsten Cashflows und unter Verwendung der Geschäftsprognosen erstellt, die Elan seinem Aufsichtsrat vorgelegt hat.

(25)

Bereits im Mai 2006 hatte Elan seine Anteilseigner darüber informiert, dass zusätzliches Kapital für die Durchführung aller notwendigen Investitionen erforderlich sei, obwohl das Unternehmen alle freien Cashflows für die Investitionen nutzten werde, die in dem strategischen Entwicklungsplan 2006-2010 vorgesehen waren (8). Im November 2006 führte Elan daraufhin eine eingehendere Analyse der Auswirkungen der Kapitalerhöhung durch (9), der zufolge die Investitionen bei der Wintersportsparte im Zeitraum 2006-2010 zu einem kumulierten Reingewinn von 15,4 Mio. EUR führen würden, während ohne die Kapitalerhöhung ein kumulierter Reinverlust von 4,8 Mio. EUR zu erwarten sei. Der Analyse zufolge wären auch bei der Bootssparte die kumulierten Reingewinne im Zeitraum 2006-2010 bei Durchführung der Kapitalerhöhung höher (14,9 Mio. EUR gegenüber 8 Mio. EUR). Gleichzeitig schätzte Elans Mehrheitsanteilseigner KAD den Wert der Gruppe auf 22,8 Mio. EUR. Die Aufsichtsräte der Anteilseigner KAD, DSU, Zavarovalnica Triglav und Triglav Naložbe genehmigten die Kapitalzuführung bereits im Dezember 2006 bzw. im Januar 2007.

(26)

Die Kapitalerhöhung wurde in der Versammlung der Anteilseigner vom 25. Oktober 2007 formell bestätigt. Die Zahlungen der Anteilseigner wurden am 15. November 2007 entsprechend ihrem jeweiligen Eigentumsanteil durchgeführt. Der Gesamtbetrag von 10,225 Mio. EUR wurde Elan zugeführt, das seinerseits Elan Wintersport und Elan Marine Gesellschafterdarlehen in Höhe von 5,8 Mio. EUR bzw. 4,425 Mio. EUR gewährte. Diese Gesellschafterdarlehen wurden später in Eigenkapital an Elan Wintersport und Elan Marine umgewandelt. Wie vorstehend beschrieben, gingen Elan Wintersport und Elan Marine im Juni 2010 in ihrer Muttergesellschaft Elan auf (siehe Erwägungsgrund 6).

(27)

Einer der Gründe für die lange Zeitspanne zwischen der Absichtserklärung und der formellen Annahme der Anteilseigner bestand darin, dass KD Kapital, der zu diesem Zeitpunkt einzige private Anteilseigner an Elan, der über eine Sperrminorität verfügte, die formelle Entscheidung zur Kapitalerhöhung blockierte. Grund dafür war ein Streit zwischen KAD und KD Kapital über Änderungen im Aufsichtsrat von Elan. Nach Angaben Sloweniens hielt KD Kapital auch 50 % der Anteile an einem der Wettbewerber von Elan, der Seaway Group d.o.o., und wollte, dass ein Vertreter von KD Kapital in den Aufsichtsrat von Elan ernannt wird. KAD erachtete dieses Ansinnen angesichts der Beteiligung von KD Kapitals an Seaway für nicht akzeptabel. Um diesen Streitpunkt beizulegen, bot KAD KD Kapital Anfang Oktober 2007 eine Verkaufsoption unter der Bedingung an, dass KD Kapital dem Vorschlag von KAD in Bezug auf die Streitfrage über die Aufsichtsratsmitglieder zustimmte.

(28)

Auf der Grundlage dieses Angebots stimmte KD Kapital schließlich der Kapitalerhöhung zu und die Anteilseigner trafen wie oben beschrieben im Oktober 2007 die formelle Entscheidung.

2.3.2.   Die Kapitalzuführung von 2008 (Maßnahme 2)

(29)

Trotz der Kapitalerhöhung vom November 2007 führte die schlechte Wintersaison 2007/2008 (bedingt durch den vorausgegangenen „grünen Winter“ von 2006/2007) zu weiteren Schwierigkeiten der Gruppe. Elan stand Anfang 2008 vor der Insolvenz.

(30)

Als es SKB banka d.d. Anfang 2008 ablehnte, Elan weiter zu finanzieren, übte KD Kapital im März 2008 seine Verkaufsoption mit Wirkung zum April 2008 aus. KAD erwarb die Anteile von KD Kapital und erhöhte somit seinen Anteil an Elan. Seitdem ist Elan ein sich vollständig in staatlichem Eigentum befindliches Unternehmen (siehe Erwägungsgrund 20).

(31)

Um die schwierige Finanzlage zu meistern, bestellten die Anteilseigner von Elan im April 2008 einen neuen Vorstand. Der Vorstand nahm Gespräche mit den Banken auf, um eine Stundung der Forderungen der Banken gegenüber Elan zu erwirken und so die Insolvenz des Unternehmens abzuwenden. Die Banken waren dazu nur unter der Voraussetzung bereit, dass die Anteilseigner von Elan dem Unternehmen weitere Mittel bereitstellten.

(32)

Vor diesem Hintergrund bat Elan seine Anteilseigner im März 2008 um zusätzliches neues Kapital. Gestützt auf einen langfristigen Plan für Elan für den Zeitraum 2008-2012, den Elan im Juni 2008 erstellt hatte (im Folgenden „langfristiger Plan 2008-2012“), ersuchte Elan seine Anteilseigner im Juni/Juli 2008 um die Bereitstellung von 25 Mio. EUR. Die Anteilseigner von Elan sahen den langfristigen Plan 2008-2012 als unzureichend für eine Kapitalzuführung in dieser Höhe an. Die Anteilseigner waren lediglich bereit, 10 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen, aber nur unter dem Vorbehalt einer vorherigen Einigung zwischen Elan und seinen Banken über eine Stundung der Schulden von Elan. Die Anteilseigner forderten auch eine Ergänzung des langfristigen Plans für Elan  (10). Daraufhin erstellte Elan einen zusätzlichen Sanierungsplan, der auf den 8. August 2008 datiert war (im Folgenden „Sanierungsplan“). Es gelang Elan jedoch nicht, mit seinen Banken eine Einigung über die Stundung der Schulden zu erzielen. Im Gegenteil: Einer der Gläubiger von Elan, nämlich SKB banka d.d., erhob Klage vor Gericht, um seine Forderungen durchzusetzen, und im August 2008 stellte das Gericht von Ljubljana Elan eine gerichtliche Verfügung über die Begleichung der ausstehenden Schulden zu. Die Durchsetzung dieser Verfügung hätte zur Insolvenz des Unternehmens geführt.

(33)

Angesichts dieser Entwicklung rief Elan eine Dringlichkeitssitzung der Anteilseigner ein, die am 28. August 2008 stattfand. Bei dieser Sitzung beschlossen die Anteilseigner von Elan aufgrund eines Vorschlags von KAD, Elan 10 Mio. EUR zuzuführen, obwohl Elan die Voraussetzung einer Einigung mit seinen Banken in Bezug auf die Stundung der Darlehen nicht erfüllt hatte.

(34)

Der Aufsichtsrat von KAD billigte die Kapitalzuführung bereits vor der Versammlung der Anteilseigner im August 2008. Die letzte Zustimmung der Aufsichtsräte der anderen Anteilseigner, Elan 10 Mio. EUR zuzuführen, erfolgte Anfang September 2008.

(35)

Die Zahlungen der Anteilseigner wurden am 8. September 2008 entsprechend ihrem jeweiligen Eigentumsanteil durchgeführt. Wie in Erwägungsgrund 6 dargelegt, waren für das Wintersport- und das Bootsgeschäft von Elan zum Zeitpunkt der Bewilligung zwei Tochtergesellschaften zuständig, und zwar Elan Wintersport und Elan Marine. Der Gesamtbetrag von 10 Mio. EUR wurde Elan zugeführt, das dann seinerseits Elan Wintersport und Elan Marine 5,924 Mio. EUR bzw. 4,076 Mio. EUR gewährte.

Der langfristige Plan 2008-2012

(36)

Im langfristigen Plan 2008-2012, der im Juni 2008 von Elan erstellt wurde, wird zunächst die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Elan-Gruppe dargelegt. Er enthält Vorschläge für mehrere Umstrukturierungsmaßnahmen in Bezug auf Elan Wintersport (Anpassung der Investitionen in verbundene Unternehmen, Anpassung der Lagerbestände und Abfindungsleistungen) und Elan Marine (Anpassung der Lagerbestände, Abfindungsleistungen und Abschreibung der Bootsformen). Für Elan Wintersport sah der Plan zusätzlich zu den Umstrukturierungsmaßnahmen die folgenden Maßnahmen vor:

Steigerung der Produktivität der Mitarbeiter, Reduzierung der Belegschaft von 340 auf 230;

Reduzierung der Anzahl an Warenzeichen;

Verbesserungen des Produktportfolios;

Umstrukturierung der Verwaltung.

(37)

Für Elan Marine sah der langfristige Plan 2008-2012 die folgenden Maßnahmen vor:

Investition in ein neues Gemeinschaftsunternehmen namens Elan Yachts, das in der Entwicklung und im Verkauf von Segelbooten tätig sein sollte;

Verkauf der Power- und Yachtprogramme (Elan PBO) für [9,5-11,2] Mio. EUR, um die Schulden von Elan Marine zu senken.

(38)

Ferner enthält der langfristige Plan 2008-2012 Prognosen für die Gruppe und ihre Tochtergesellschaften, die auf der Annahme basierten, dass die vorstehend beschriebenen Umstrukturierungsmaßnahmen und Maßnahmen umgesetzt werden. Diese Prognosen sahen vor, dass Elan Wintersport ab 2010 Gewinne erwirtschaftet und Elan Marine ab 2011. In dem Plan wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass Elan weiteres Kapital in Höhe von [23-26] Mio. EUR benötigt, um seinen Liquiditätsbedarf zu decken. Nur wenn diese Mittel bereitgestellt würden, könnte Elan seinen Anteilseignern angemessene Renditen bieten.

Der Sanierungsplan

(39)

In dem im August 2008 von Elan erstellten Sanierungsplan wird zunächst die Unternehmensstruktur der Elan-Gruppe sowie die finanzielle und wirtschaftliche Lage von Elan Wintersport und Elan Marine dargelegt, einschließlich einer detaillierten Analyse der Verbindlichkeiten und Kosten, aber auch der Einnahmen. Anschließend wird die Geschäftstätigkeit von Elan Wintersport und Elan Marine von Januar 2008 bis Juni 2008 analysiert. Und schließlich umfasst der Plan einen Abschnitt über die Sanierung des Unternehmens. Demzufolge könnten die vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen nur umgesetzt werden, wenn Elan zusätzliches Kapital zugeführt und die Bankdarlehen gestundet werden. Die benötigten Beträge sind in dem Sanierungsplan jedoch nicht genannt.

(40)

Für Elan Wintersport sah der Sanierungsplan die folgenden Maßnahmen vor:

[…]

(41)

Für Elan Marine waren die folgenden Maßnahmen vorgesehen:

[…]

(42)

Ferner enthält der Sanierungsplan Wirtschaftsprognosen für die Jahre 2008-2012, denen zufolge Elan Wintersport ab 2010 Gewinne erwirtschaften würde und Elan Marine ab 2011.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(43)

Wie in den Erwägungsgründen 2 bis 3 dargelegt, beschloss die Kommission am 12. Mai 2010, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten (der „Eröffnungsbeschluss“). In diesem Einleitungsbeschluss vertritt die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die beiden Kapitalzuführungen staatliche Beihilfen zugunsten von Elan Ski und Elan Marine darstellen. Zudem äußerte sie Zweifel daran, ob eine solche staatliche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnte. Zunächst untersuchte die Kommission, ob es sich bei den Begünstigten um Unternehmen in Schwierigkeiten handelte.

3.1.   UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN

(44)

Unter Randnummer 10 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien sind bestimmte Umstände festgelegt, unter denen angenommen werden kann, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, etwa bei deutlichem Kapitalverlust. Im Einleitungsbeschluss wird der Schluss gezogen, dass Elan Ski und Elan Marine die Kriterien von Randnummer 10 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien nicht erfüllen. Nach Randnummer 11 der Leitlinien kann ein Unternehmen jedoch auch als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten. Angesichts steigender Verluste, sinkender Umsätze und der schwierigen finanziellen Lage der Elan-Gruppe insgesamt ist die Kommission der Ansicht, dass Elan Ski und Elan Marine zumindest in den Jahren 2007 und 2008 als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden können.

3.2.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFEN

(45)

Zunächst hat die Kommission geprüft, ob die Beihilfen aus staatlichen Mitteln stammen und ob sie dem Staat zuzurechnen sind. Angesichts der Tatsache, dass KAD zu 100 % im Eigentum von Slowenien steht, dass Slowenien alle Mitglieder der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats bestellt und dass Vertreter der slowenischen Regierung an allen Sitzungen der Hauptversammlung und des Aufsichtsrats teilnehmen, ist die Kommission zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass die von KAD ergriffenen Maßnahmen aus staatlichen Mitteln stammen und dem Staat zuzurechnen sind. In Bezug auf die Maßnahmen, die von KAD-PPS, DSU, Triglav Naložbe und Triglav Insurance, den anderen Eigentümern von Elan, gewährt wurden, ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens zu untersuchen ist, ob auch diese aus staatlichen Mitteln stammen und dem Staat zuzurechnen sind.

(46)

Zweitens hat die Kommission untersucht, ob die Maßnahmen den Begünstigten einen Vorteil verschafft haben. Es bestanden Zweifel daran, dass die Maßnahmen mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar sind. Der einzige private Anteilseigner von Elan, KD Kapital, wollte sich an der ersten Maßnahme nicht beteiligen. Die Maßnahme beruhte offenbar nicht auf einem Geschäftsplan oder auf anderen Angaben zur zu erwartenden Kapitalrendite. Zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung befanden sich die Begünstigten offenbar in finanziellen Schwierigkeiten. An der zweiten Maßnahme beteiligte sich keine private Gesellschaft. Zwar wurden ein langfristiger Plan und ein Sanierungsplan erstellt, bevor die Anteilseigner über die Kapitalzuführung entschieden, jedoch gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Anteilseigner von Elan die Pläne für unzureichend erachteten. Als die zweite Maßnahme bewilligt wurde, befanden sich Elan Ski und Elan Marine nach wie vor in finanziellen Schwierigkeiten.

(47)

Drittens vertritt die Kommission der Ansicht, dass die von Slowenien ergriffenen Maßnahmen wahrscheinlich den Wettbewerb verzerren und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, da mit Skiausrüstung und Wasserfahrzeugen Handel zwischen den Mitgliedstaaten betrieben wird.

3.3.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE

(48)

Die Kommission hat vorläufig geprüft, ob die Maßnahmen mit den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien vereinbar waren. Angesichts ihrer Schwierigkeiten und dem Fehlen anderer starker Unternehmen in der Gruppe kommen Elan Ski und Elan Marine grundsätzlich für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen in Betracht. Da die bewilligten Maßnahmen in Form von Kapitalerhöhungen gewährt wurden, konnten sie nicht als Rettungsbeihilfe angesehen werden. In Bezug auf ihre Vereinbarkeit als Umstrukturierungsbeihilfe war es nicht klar, ob alle entsprechenden Voraussetzungen erfüllt waren. Es war insbesondere unklar, ob die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt war und es gab keine Hinweise auf Eigenleistungen und Ausgleichsmaßnahmen.

(49)

Es wurde auch vorläufig geprüft, ob die Beihilfen als vereinbare regionale Beihilfen betrachtet werden können. Während beide Begünstigten in einem Fördergebiet nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV ansässig sind, war es unklar, ob sie für Regionalbeihilfen in Betracht kamen, da sich beide Begünstigte zum Zeitpunkt der Bewilligung in Schwierigkeiten befanden.

4.   STELLUNGNAHMEN VON SLOWENIEN

(50)

Slowenien reichte seine Stellungnahmen mit Schreiben vom 9., 10. und 16. Juni 2010 ein. Zusätzliche Informationen wurden am 10. Oktober 2011 gesendet sowie mit Schreiben vom 6. März, 30. März, 13. April, 16. April, 23. April, 10. Mai, 15. Mai und 30. Mai 2012 (siehe Erwägungsgrund 4).

(51)

Zusammengefasst stellen die Maßnahmen nach Ansicht von Slowenien keine staatlichen Beihilfen dar, da sie nicht aus staatlichen Mitteln stammten und nicht dem Staat zuzurechnen seien. Selbst wenn dies der Fall wäre, würden die Maßnahmen dem Begünstigten keinen Vorteil verschaffen, da Slowenien gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt habe. Darüber hinaus macht Slowenien geltend, dass die Maßnahmen den Handel nicht beeinträchtigt und den Wettbewerb nicht verzerrt hätten, da der Markt für Wintersport-Hardgoods stark konsolidiert sei und zu einer weiteren Konsolidierung neige. Darüber hinaus sei Elan nur ein schwacher Wettbewerber unter viel stärkeren Marktteilnehmern gewesen.

(52)

Slowenien hat keine Argumente vorgebracht, weshalb die Maßnahme 1, sofern diese doch staatliche Beihilfen umfasste, mit dem Binnenmarkt vereinbar war. Nach Auffassung Sloweniens kann die Maßnahme 2 als nach den Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vereinbar angesehen werden.

4.1.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFEN

4.1.1.   Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

(53)

Slowenien macht geltend, dass es bei der Erhöhung des Stammkapitals von Elan keinen Einfluss gehabt habe.

(54)

Slowenien weist darauf hin, dass eine Maßnahme, um als staatliche Beihilfe zu gelten, direkt oder indirekt aus staatlichen Mitteln gewährt werden und dem Staat zurechenbar sein müsse. Slowenien ist ebenfalls der Ansicht, dass die Voraussetzung der „staatlichen Mittel“ erfüllt sei, wenn ein Mitgliedstaat einen beherrschenden Einfluss auf ein Unternehmen habe. Es könne jedoch nicht automatisch angenommen werden, dass ein Mitgliedstaat, der in der Lage sei, einen beherrschenden Einfluss auf ein Unternehmen zu nehmen, dies in einem bestimmten Fall auch tatsächlich getan habe. In diesem Zusammenhang verweist Slowenien auf das Urteil in der Rechtssache Stardust Marine  (11), in dem Indizien festgelegt sind, anhand deren festgestellt werden kann, ob ein Staat in einem konkreten Fall diesen Einfluss tatsächlich ausgeübt hat. Zu diesen Indizien zählen die Eingliederung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art der Tätigkeit des betreffenden Unternehmens und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, der Rechtsstatus des Unternehmens und die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung. Slowenien weist darauf hin, dass der Tatsache, ob ein Unternehmen nach dem Privatrecht errichtet wurde, gebührendes Gewicht beigemessen werden sollte.

(55)

In diesem Zusammenhang führt Slowenien die folgenden Argumente für die beiden von den Kapitalzuführungen betroffenen Unternehmen an:

(56)

KAD sei eine juristische Person des Privatrechts, die auf dem Markt unter Wettbewerbsbedingungen tätig sei. Obwohl KAD staatlich kontrolliert sei, könne nicht allein auf dieser Grundlage darauf geschlossen werden, dass die in Rede stehenden Kapitalerhöhungen dem Staat zuzurechnen seien. Eine staatliche Beteiligung an den Kapitalerhöhungen sei aus den folgenden Gründen nicht nachgewiesen: KADs Tätigkeiten unterlägen dem slowenischen Gesellschaftsgesetz („ZGD-1, Zakon o gospodarskih družbah“); die Veräußerung von Vermögenswerten sei nicht gesetzlich eingeschränkt; KAD werde ausschließlich aus Dividenden, Zinsen und anderen Erträgen finanziert, die aus Investitionen und aus der Geschäftstätigkeit generiert würden und die Kapitalerhöhung von Elan sei vom Aufsichtsrat beschlossen worden, der in seinen Entscheidungen unabhängig sei. Zwar sei KAD vom Staat mit der Verwaltung der Pensionsfonds und der Privatisierung von Unternehmen betraut worden, jedoch würden die von KAD ergriffenen Maßnahmen durch das in diesen Aufgaben liegende öffentliche Interesse nicht derart beeinflusst, dass diese als zurechenbar anzusehen wären.

(57)

DSU stehe in direktem Eigentum des Staates, werde aber nicht vom Staat finanziert und ziele auf eine Maximierung des Werts seiner Investitionen ab. Zwar sei DSU vom Staat mit der Verwaltung der Pensionsfonds und der Privatisierung von Unternehmen betraut worden, jedoch würden die von DSU ergriffenen Maßnahmen durch das in diesen Aufgaben liegende öffentliche Interesse nicht derart beeinflusst, dass diese als zurechenbar anzusehen wären.

(58)

Zavarovalnica Triglav stehe nur indirekt in staatlichem Eigentum und seine Tätigkeiten seien ausschließlich marktbasierend. Der Staat habe keinen direkten Einfluss auf seine Tätigkeiten. Die Aufsichtsratsmitglieder von Zavarovalnica Triglav würden zwar von seinen Anteilseignern gewählt würden; sie würden jedoch als Privatpersonen gewählt und keiner von ihnen habe eine Stellung in der slowenischen Regierung oder Verwaltung inne.

(59)

Triglav Naložbe stehe über Zavarovalnica Triglav in indirektem Eigentum des Staates. Sein Zweck sei die Erwirtschaftung von Gewinnen. Der Staat habe keinen direkten Einfluss auf die Tätigkeiten von Triglav Naložbe und sein Aufsichtsrat bestehe aus unabhängigen Privatpersonen. Ferner habe Triglav Naložbe die Kapitalerhöhung mittels eines Darlehens zu Marktbedingungen finanziert.

4.1.2.   Vorliegen eines Vorteils

Maßnahme 1

(60)

Nach Ansicht Sloweniens hat die Maßnahme 1 Elan aus den folgenden Gründen keinen Vorteil verschafft: Im Dezember 2005 habe Elan den strategischen Entwicklungsplan 2006-2010 angenommen, einschließlich detaillierter Entwicklungspläne für die damaligen Tochtergesellschaften von Elan. Der Entwicklungsplan 2006-2010 habe Investitionen sowohl in die Wintersport- als auch in die Bootsparte vorgesehen. Zur Durchführung dieser Investitionen habe Elan seinen Anteilseignern im Mai 2006 vorgeschlagen, das Kapital von Elan in den Jahren 2006-2009 um 20,2 Mio. EUR zu erhöhen. Die Anteilseigner hätten diesen Vorschlag sorgfältig geprüft und Elan habe ihnen Unterlagen vorgelegt, die eindeutig belegten, dass eine solche Kapitalerhöhung für die Anteilseigner gewinnbringend wäre. KAD, der Mehrheitsanteilseigner von Elan, habe im November 2006 eine eigene Bewertung der vorgeschlagenen Kapitalerhöhung durchgeführt und sei zu dem Schluss gekommen, dass die Kapitalerhöhung eine rentable Investition sei. Auch Triglav Naložbe habe die Prognosen von Elan überprüft und habe einer Kapitalzuführung auf dieser Basis zugestimmt. Darüber hinaus hätten die Anteilseigner von Elan eine unabhängige Bewertung der Gruppe gefordert, wofür […] ausgewählt worden sei (siehe Erwägungsgrund 24). Diese Bewertung habe ergeben, dass die Investitionen erforderlich seien und dass die Investition auf jeden Fall durch den Verkauf der Anteile an einen strategischen Partner zu fairen Preisen wiedererlangt werden könne.

(61)

Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen hätten Elan und seine Anteilseigner im Januar 2007 eine Absichtserklärung geschlossen, in der sie vereinbart hätten, dass die Anteilseigner dem Unternehmen 10,225 Mio. EUR zuführen würden. Auch KD Kapital, der einzige private Anteilseigner von Elan, habe sich der Absichtserklärung uneingeschränkt angeschlossen. Slowenien vertritt die Auffassung, dass die Entscheidung von den Anteilseignern im Hinblick auf die Erzielung einer angemessenen Rendite für ihr investiertes Kapital getroffen worden sei und sie deshalb im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt hätten.

(62)

In Bezug auf die Tatsache, dass die Anteilseignerversammlung der Kapitalzuführung erst im Oktober 2007 förmlich zugestimmt hat, erklärt Slowenien, dass die Verzögerung durch einen Streit zwischen KD Kapital, dem privaten Minderheitsanteilseiger von Elan, und KAD, dem Mehrheitsanteilseigner von Elan, verursacht worden sei. KD Kapital habe 50 % der Anteile von Seaway group d.o.o., einem Wettbewerber von Elan, gehalten. KD Kapital habe beabsichtigt, dass ein Vertreter seiner Interessen in den Aufsichtsrat von Elan ernannt wird. Dem hätten die anderen Anteilseigner angesichts der Tatsache, dass KD Kapital Anteile an einem Wettbewerber innehatte, nicht zugestimmt. Der Streit sei beendet worden, als KAD KD Kapital eine Verkaufsoption anbot. Nach dieser Lösung hätten alle Anteilseigner von Elan einschließlich KD Kapital förmlich zugestimmt, 10,225 Mio. EUR in Elan zu investieren.

Maßnahme 2

(63)

Nach Angaben Sloweniens stand Elan Anfang 2008 kurz vor der Insolvenz. Der Aufsichtsrat und die Anteilseigner hätten sofort reagiert, indem sie neue Mitglieder in den Vorstand von Elan wählten, die mit den Banken von Elan Verhandlungen über die Stundung der Schulden begonnen hätten. Die Banken hätten jedoch eine zusätzliche Kapitalzuführung von den Anteilseignern verlangt. Angesichts dieser Forderung habe Elan im Mai 2008 mit der Hilfe eines externen Beraters eine Strategie für eine Trendwende ausgearbeitet. Im Juni 2008 habe Elan den langfristigen Plan 2008-2012 erstellt und im August 2008 habe der Vorstand von Elan einen Sanierungsplan angenommen. Am 11. Juli 2008 hätten die Anteilseigner zugestimmt, das Kapital unter der Voraussetzung zu erhöhen, dass die Banken angesichts dieser Unterlagen erst einer Stundung der Schulden zustimmten. Darüber hinaus hätten die Anteilseigner nach Angaben Sloweniens den Wert von Elan berücksichtigt, wie er von einer unabhängigen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft durch eine Eigenkapitalbewertung festgestellt worden sei (12). Laut dieser Bewertung habe sich der Marktwert von Elan am 31. Dezember 2007 auf 38 059 000 EUR belaufen. Darüber hinaus hätten die Anteilseigner eine Schätzung des Wertes von Elan vom 1. Juli 2008 berücksichtigt. Am 28. August 2008 hätten die Anteilseigner schließlich beschlossen, das Kapital ohne die vorherige Zustimmung der Banken zur Schuldenstundung zuzuführen. Slowenien macht geltend, dass die Anteilseigner sonst womöglich ihr gesamtes in Elan investiertes Kapital verloren hätten. Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist Slowenien der Ansicht, dass die Anteilseigner von Elan gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt hätten.

4.1.3.   Verzerrung des Wettbewerbs und Auswirkungen auf den Handel

(64)

Nach Auffassung Sloweniens waren die Maßnahmen nicht geeignet, den Wettbewerb zu verzerren und Auswirkungen auf den Handel hervorzurufen. Erstens sei Elan zum Zeitpunkt der Bewilligung der Kapitalzuführungen ein schwacher Wettbewerber unter viel größeren Akteuren auf dem Skimarkt gewesen. Zweitens hätten auch die Wettbewerber von Elan die Unterstützung ihrer Anteilseigner benötigt, um die Verluste aus den Jahren 2007-2008 aufzufangen.

4.2.   VEREINBARKEIT

(65)

Slowenien führt nur in Bezug auf die Maßnahme 2 Argumente zur Vereinbarkeit an. Slowenien bringt vor, dass diese Maßnahme nach den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien vereinbar gewesen sei, da Elan einen tragfähigen Umstrukturierungsplan vorgelegt habe, der auch Verbesserungen in der Gruppe hauptsächlich durch interne Maßnahmen umfasst habe.

(66)

So macht Slowenien geltend, dass Elan nach der Kapitalerhöhung im Jahr 2008 seine Pläne ordnungsgemäß durchgeführt habe und es dem Unternehmen gelungen sei, eine Stundung der kurzfristigen Darlehen zu erreichen. Im Januar 2009 seien Entlassungspläne angenommen worden und im Oktober 2009 habe Elan seine Tochtergesellschaften Elan Yachting d.o.o. und Elan Marine Charter d.o.o. verkauft. Im April 2010 sei Elan Brod d.o.o. mit Sitz in Obrovac, Kroatien, verkauft worden. Die Erträge aus diesen Veräußerungen hätten sich auf insgesamt [3,1-3,6] Mio. EUR belaufen. Im Mai 2010 sei es Elan gelungen, eine neue Finanzierung zu erhalten, indem es einen langfristigen Darlehensvertrag mit seinen Banken über [21,5-25,5] Mio. EUR abgeschlossen habe. Das neue Darlehen sei zur Rückzahlung alter Darlehen verwendet worden. Schließlich seien Elan Wintersport und Elan Marine am 1. Juni 2010 in ihrer Muttergesellschaft Elan aufgegangen. Slowenien hat auch eine angeblich ausgleichende Wirkung der Beendigung seines Gemeinschaftsunternehmens mit Dal Bello Sports in Nordamerika zum Vertrieb von Ski geltend gemacht. […] die Parteien hätten am 14. Dezember 2009 vereinbart, ihr Gemeinschaftsunternehmens-Abkommen zu beenden. Das kanadische Vertriebsabkommen sei am 1. Januar 2010 beendet worden und das US-Vertriebsabkommen am 1. Januar 2011.

5.   WÜRDIGUNG

(67)

Die Kommission prüft, ob der Begünstigte staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV erhalten hat (siehe Abschnitt 5.2), und, wenn dies der Fall ist, ob diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist (siehe Abschnitt 5.3). Hierzu muss ermittelt werden, seit wann der potenzielle Begünstigte als Unternehmen in Schwierigkeiten anzusehen ist (siehe Abschnitt 5.1).

5.1.   UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN

(68)

Laut Randnummer 10 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien ist ein Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn mehr als die Hälfte seines Kapitals während der letzten zwölf Monate verlorengegangen ist oder wenn die im nationalen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind. Wie auch im Einleitungsbeschluss festgestellt wurde, erfüllte im Jahr 2007 weder die Tochtergesellschaften noch die Gruppe insgesamt die Voraussetzungen der Randnummer 10 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien.

(69)

Laut Randnummer 11 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien kann ein Unternehmen auch dann als in Schwierigkeiten befindlich angesehen werden, wenn die hierfür typischen Symptome auftreten, wie steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts.

(70)

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Umsatz der Gruppe im Zeitraum 2003-2006 von 109,2 Mio. EUR auf 122,4 Mio. EUR stieg. Darüber hinaus hat die Elan-Gruppe mit Ausnahme des Jahres 2004 während dieses Zeitraums Reingewinne erwirtschaftet. Ab 2007 verschlechterte sich die finanzielle Lage von Elan allmählich. Der Umsatz der Gruppe ging im Jahr 2007 um 5 Mio. EUR auf 117,5 Mio. EUR zurück und fiel im Jahr 2008 auf 100 Mio. EUR. Dabei erwirtschaftete die Elan-Gruppe im Jahr 2007 ein negatives Betriebsergebnis, das nach 0,6 Mio. EUR im Jahr 2006 auf –8,4 Mio. EUR im Jahr 2007 und auf –12,7 Mio. EUR im Jahr 2008 fiel.

Tabelle 2

Wichtige Finanzkennzahlen der Elan-Gruppe

Zahlen in Tausend EUR

2003

2004

2005

2006

2007

2008

Netto-Umsatzerlös

109 165

103 262

109 216

122 404

117 455

99 995

Betriebskosten

114 280

108 310

113 244

127 689

132 919

117 197

Reingewinn/Reinverlust

3 480

–9 430

3 996

596

–8 432

–12 695

(71)

Ursächlich dafür war teils die milde Wintersaison 2006-2007 (der „grüne Winter“), die die Verkäufe in der Wintersportsparte stark beeinträchtigte. So fielen die Verkäufe bei Elan Ski von 48,1 Mio. EUR im Jahr 2006 auf 40,8 Mio. EUR 2007 und weiter auf 37,7 Mio. EUR im Jahr 2008. Dabei verschlechterte sich das Ergebnis von Elan Ski von –0,5 Mio. EUR im Jahr 2006 auf –6,7 Mio. EUR 2007 und auf –13 Mio. EUR im Jahr 2008.

Tabelle 3

Elan Ski

Zahlen in Tausend EUR

2006

2007

2008

Netto-Umsatzerlös

48 113

40 852

37 662

Reingewinn/Reinverlust

–472

–6 674

–12 971

(72)

Elans Bootsparte steigerte ihren Umsatzerlös im Jahr 2007 deutlich von 31,8 Mio. EUR auf 38,6 Mio. EUR, verzeichnete jedoch einen geringfügigen Verlust von –0,3 Mio. EUR. Die Situation verschlechterte sich jedoch 2008, als die Verkäufe um ein Drittel (von 38,6 Mio. EUR auf 25,9 Mio. EUR) fielen und Elan Marine einen Reinverlust von –10,2 Mio. EUR erlitt.

Tabelle 4

Elan Marine

Zahlen in Tausend EUR

2006

2007

2008

Netto-Umsatzerlös

31 836

38 627

25 876

Reingewinn/Reinverlust

1 176

–305

–10 214

(73)

Die in den Tabellen 2 bis 4 aufgeführten Finanzkennzahlen verdeutlichen, dass sich Elan Anfang 2007, als die Maßnahme 1 bewilligt wurde, nicht in Schwierigkeiten befand (siehe die Erwägungsgründe 78 bis 85).

(74)

Die vorstehenden Finanzinformationen belegen jedoch, dass die finanzielle Lage von Elan sich 2007 verschlechterte und 2008 sehr ernst wurde. Das Unternehmen verzeichnete Umsatzrückgänge und steigende Verluste und ihm drohte Anfang 2008 die Insolvenz (siehe die Erwägungsgründe 29 bis 34 und Erwägungsgrund 63). Somit kann festgestellt werden, dass Elan zum Zeitpunkt der Bewilligung der Maßnahme 2 im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien als Unternehmen in Schwierigkeiten anzusehen war. So war die Vereinbarung der Anteilseigner von Elan, die Kapitalzuführung durchzuführen, auf die Erwägung zurückzuführen, dass Elan andernfalls insolvent geworden wäre (siehe die Erwägungsgründe 31 bis 33.

5.2.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFEN

(75)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV besagt, dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind.

(76)

Die in Artikel 107 Absatz 1 AEUV genannten Voraussetzungen gelten kumulativ, so dass sie sämtlich erfüllt sein müssen, damit eine Maßnahme als staatliche Beihilfe angesehen wird.

5.2.1.   Die Kapitalzuführung von 2007 (Maßnahme 1)

(77)

Slowenien macht hauptsächlich geltend, dass die Maßnahme 1 gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers bewilligt worden sei und dem Begünstigten folglich keinen Vorteil verschafft habe. Darüber hinaus bringt Slowenien vor, dass die Kapitalzuführung ohnehin nicht dem Staat zuzurechnen gewesen sei (siehe die Erwägungsgründe 53-63).

Bewilligungszeitpunkt

(78)

Erstens muss ermittelt werden, wann genau die Maßnahme 1 für Elan bewilligt wurde. Grundsätzlich gilt eine staatliche Maßnahme als bewilligt, sobald sich der Mitgliedstaat verpflichtet hat, d. h. sobald der Mitgliedstaat rechtlich zur Bereitstellung der Maßnahme verpflichtet ist. Wie vorstehend beschrieben (siehe Erwägungsgrund 24), unterzeichneten die Anteilseigner von Elan und Elan am 29. Januar 2007 eine Absichtserklärung, aber die Kapitalerhöhung wurde von den Anteilseignern erst bei der Anteilseignerversammlung von Elan im Oktober 2007 förmlich bestätigt. Deshalb muss ermittelt werden, ob die Absichtserklärung bereits als derart verbindlich für die Anteilseigner erachtet werden kann, dass die Maßnahme 1 als zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Absichtserklärung bewilligt anzusehen ist.

(79)

Diesbezüglich stellt die Kommission fest, dass das slowenische Recht laut einem von Slowenien vorgelegten juristischen Gutachten (13) die Natur einer Absichtserklärung als solcher nicht gesondert regelt. Eine solche Absichtserklärung kann entweder einfach eine nichtverbindliche Aufzeichnung laufender Verhandlungen sein oder aber eine vorvertragliche Vereinbarung oder eine Vereinbarung. Die rechtliche Natur einer Absichtserklärung muss von Fall zu Fall bestimmt werden, wobei der Wortlaut der Absichtserklärung, die Umstände der Unterzeichnung und die allgemeinen Auslegungsbestimmungen nach dem slowenischen Recht zu berücksichtigen sind.

(80)

Nach Artikel 15 des slowenischen Obligationengesetzbuchs (14) ist eine Vereinbarung verbindlich, wenn die Parteien die wichtigsten Elemente der Vereinbarung festlegen. Insbesondere müssen die Parteien der Vereinbarung aufgeführt werden und jede Vereinbarung muss eine „Causa“ haben.

(81)

Diesbezüglich stellt die Kommission fest, dass in der Absichtserklärung: die Parteien genau benannt wurden; der Gesamtbetrag der Kapitalerhöhung bereits festgelegt war (10,225 Mio. EUR); der maximale Nennbetrag der Kapitalerhöhung und der Mindestpreis der Stammeinlage festgelegt waren; jeder unterzeichnende Gesellschafter zugestimmt hat, sich entsprechend seinem damaligen Anteil zu beteiligen; der Zweck der Kapitalzuführung genannt wurde (hauptsächlich Investitionen in Elan Wintersport und Elan Marine) und ein Kontrollmechanismus zur Überwachung der Kapitalverwendung festgelegt war. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass die Absichtserklärung nicht nur zwischen den Anteilseignern von Elan geschlossen wurde, sondern zwischen den Anteilseignern und Elan. Die erstgenannten sollten Elan das Kapital zuführen, während Elan die neuen Anteile registrieren und die Kapitalzuführung auf die in der Absichtserklärung festgelegte Weise nutzen sollte. Angesichts dessen ist die Kommission der Ansicht, dass die Parteien alle wichtigen Elemente festgelegt haben, die erforderlich sind, um eine verbindliche Vereinbarung einzugehen.

(82)

Auch der Wortlaut der Absichtserklärung spricht dafür, dass die Parteien eine verbindliche Vereinbarung eingegangen sind: die Anteilseigner und Elan„haben ihre Absicht bestätigt, das Kapital zu erhöhen“; die Anteilseigner „werden die Kapitalzuführung unterstützen“; die neuen Anteile „werden bar bezahlt“.

(83)

Außerdem hat Elan sofort nach Unterzeichnung der Absichtserklärung einen Vertrag für die Lieferung einer neuen Produktlinie geschlossen. Das kann als Hinweis gewertet werden, dass Elan erwartete, dass die Anteilseigner das Kapital zuführen würden.

(84)

Ferner kam das von Slowenien vorgelegte juristische Gutachten zu dem Schluss, dass die Absichtserklärung eine bindende Wirkung hatte, sobald sie unterzeichnet war, d. h., dass die Anteilseigner zur Annahme der Entscheidung verpflichtet waren, das Kapital zuzuführen und zu bezahlen, nachdem diese Entscheidung getroffen worden war. Laut dem Gutachten wurde die Frage, ob die Verpflichtung, für die Kapitalerhöhung zu stimmen, durchsetzbar ist, von den slowenischen Gerichten noch nicht entschieden; eine Partei, die gegen eine solche Vereinbarung verstößt, wäre aber normalerweise schadenersatzpflichtig.

(85)

Angesichts der vorstehenden Argumente gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass das Datum der Unterzeichnung der Absichtserklärung, der 29. Januar 2007, als Datum der Bewilligung der Maßnahme 1 angesehen werden kann.

Selektiver Vorteil für den Begünstigten

(86)

Eine Maßnahme kann nur dann als staatliche Beihilfe angesehen werden, wenn sie spezifisch oder selektiv in dem Sinn ist, dass sie nur bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt.

Begünstigter der Beihilfe

(87)

Artikel 107 Absatz 1 AEUV wird hinsichtlich der Ermittlung des Begünstigten der Beihilfe auf den Begriff des Unternehmens Bezug genommen. Wie die Gerichte der Europäischen Union bestätigt haben, muss ein Unternehmen für die Zwecke dieser Bestimmung nicht eine einzige juristische Person sein, sondern es kann sich um eine Unternehmensgruppe handeln (15). Das Schlüsselkriterium für die Bestimmung, ob ein Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, ist die Frage, ob eine „wirtschaftliche Einheit“ betroffen ist. Eine wirtschaftliche Einheit kann aus mehreren juristischen Personen bestehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der juristischen Person, der Kapital zugeführt wurde, um Elan. Zum Zeitpunkt der Bewilligung hatte Elan vier Tochtergesellschaften, nämlich Elan Wintersport, Elan Marine, Elan Inventa d.o.o. und Marine Nova d.o.o. (siehe Erwägungsgrund 6). Nach der Kapitalzuführung stellte Elan für Elan Wintersport und Elan Marine Gesellschafterdarlehen bereit. Diese Gesellschafterdarlehen wurden zu einem späteren Zeitpunkt in Eigenkapitalbeteiligungen an den Tochtergesellschaften umgewandelt. Folglich muss untersucht werden, ob die gesamte Gruppe oder nur Elan Wintersport bzw. Elan Marine von der Kapitalzuführung profitierten.

(88)

Erstens ist in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse festzustellen, dass Elan 100 % der Anteile an beiden Tochtergesellschaften, also an Elan Wintersport und Elan Marine, innehatte. Folglich kontrolliert Elan alle Geschäftstätigkeiten dieser beiden Tochtergesellschaften.

(89)

Zweitens führten Elan Wintersport und Elan Marine zum Zeitpunkt der Bewilligung die Hauptgeschäftstätigkeiten von Elan durch, also die Herstellung von Skiern und Snowboards bzw. Yachten. Die anderen Tochtergesellschaften waren entweder nicht auf dem Markt tätig (Marine Nova d.o.o.) oder ihre Tätigkeit bestand darin, die wichtigsten Geschäftstätigkeiten von Elan zu unterstützen (Elan Inventa d.o.o.). Als Elan umstrukturiert wurde, gingen Elan Wintersport und Elan Marine in der Muttergesellschaft Elan auf. Auch das deutet darauf hin, dass die Gruppe als Begünstigter angesehen werden kann.

(90)

Angesichts der vorstehenden Argumente wird die Schlussfolgerung gezogen, dass die gesamte Elan-Gruppe als Begünstigter der Kapitalerhöhung anzusehen ist. Im nächsten Schritt muss beurteilt werden, ob die Maßnahme dem Begünstigten einen Vorteil verschaffte.

Vorteil

(91)

Wenn eine Maßnahme die Anforderungen des Grundsatzes des marktwirtschaftlichen handelnden Kapitalgebers erfüllt, kann das Vorliegen eines Vorteils ausgeschlossen werden. Nach der geltenden Rechtsprechung würde ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber versuchen, den Ertrag seines Vermögens nach Maßgabe der vorliegenden Umstände und seiner Interessen zu maximieren, und zwar selbst im Fall einer Investition in ein Unternehmen, bei dem er bereits Anteilseigner ist (16). Im vorliegenden Fall muss beurteilt werden, ob die Anteilseigner des Begünstigten nach diesem Grundsatz gehandelt haben und ihre Investitionsentscheidung vorab auf Informationen gestützt haben, die darauf schließen lassen, dass die Transaktion wirtschaftlich zweckmäßig war.

(92)

Diesbezüglich nimmt die Kommission die Umstände zur Kenntnis, die zu der Kapitalzuführung geführt haben, sowie die Informationen, auf denen die Entscheidung der Anteilseigner basierte. Wie vorstehend beschrieben, war Elan zum Zeitpunkt der Bewilligung kein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinie (siehe die Erwägungsgründe 68 bis 73. Die Entscheidung, Elan neues Kapital zuzuführen, wurde auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung des unabhängigen Unternehmensberaters […] und verschiedener anderer Unterlagen getroffen, die von Elan selbst und von KAD, dem Mehrheitsanteilseigner von Elan, erstellt worden waren. Elans detaillierte Analyse der Auswirkungen der Kapitalerhöhung deutete darauf hin, dass die Investitionen für die Wintersparte zu einem kumulierten Reingewinn in Höhe von 15,4 Mio. EUR im Zeitraum 2006-2010 führen würden, gegenüber kumulierten Reinverlusten in Höhe von 4,8 Mio. EUR bei Ausbleiben der Kapitalerhöhung. Demnach wären auch bei der Bootsparte die kumulierten Reingewinne im Zeitraum 2006-2010 bei Durchführung der Kapitalerhöhung höher (siehe die Erwägungsgründe 23 bis 24).

(93)

In Anbetracht dessen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Anteilseigner von Elan nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers handelten, als sie dem Unternehmen Geld zuführten, und dass die Maßnahme 1 dem Begünstigten folglich keinen Vorteil verschafft. Da das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe auf dieser Grundlage bereits ausgeschlossen werden kann, wird nicht untersucht, ob die Maßnahme 1 dem Staat zuzurechnen ist. Die Kommission stellt fest, dass es sich bei der Maßnahme 1 nicht um eine staatliche Beihilfe handelt.

5.2.2.   Die Kapitalzuführung von 2008 (Maßnahme 2)

(94)

Wie in Bezug auf Maßnahme 1 macht Slowenien in erster Linie geltend, dass die Maßnahme 2 gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers bewilligt worden sei und dem Begünstigten folglich keinen Vorteil verschafft habe. Darüber hinaus bringt Slowenien vor, dass die Kapitalzuführung ohnehin nicht dem Staat zuzurechnen sei (siehe die Erwägungsgründe 53-63). Schließlich vertritt Slowenien die Ansicht, dass die Maßnahme den Handel nicht beeinflusst und folglich auch keine Wettbewerbsverzerrungen hervorgerufen habe (siehe Erwägungsgrund 64).

Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit

(95)

Eine Maßnahme kann nur dann als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV angesehen werden, wenn sie direkt oder indirekt aus staatlichen Mitteln gewährt wird und dem Staat zurechenbar ist.

(96)

Nach ständiger Rechtsprechung sind die Mittel eines Unternehmens als staatliche Mittel zu betrachten, wenn der Staat in der Lage ist, durch die Ausübung seines beherrschenden Einflusses auf diese Unternehmen die Verwendung ihrer Mittel zu steuern (17).

(97)

Wenn der Staat die Kontrolle über eine Einrichtung innehat, die von der Bewilligung der Maßnahmen betroffen ist, bedeutet das aber nicht automatisch, dass die Tätigkeiten dieser Einrichtungen dem Staat zuzurechnen sind. In der Rechtssache Stardust Marine hat der Gerichtshof den Begriff der Zurechenbarkeit näher erläutert (18). Der Gerichtshof nennt die folgenden Indizien für die Feststellung der Zurechenbarkeit: Eingliederung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung, die Art seiner Tätigkeit und deren Ausübung auf dem Markt unter normalen Bedingungen des Wettbewerbs mit privaten Wirtschaftsteilnehmern, den Rechtsstatus des Unternehmens, ob es also dem öffentlichen Recht oder dem allgemeinen Gesellschaftsrecht unterliegt, die Intensität der behördlichen Aufsicht über die Unternehmensführung oder jedes andere Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden oder auf die Unwahrscheinlichkeit einer Nichtbeteiligung am Erlass einer Maßnahme hindeutet, wobei auch deren Umfang, ihr Inhalt oder ihre Bedingungen zu berücksichtigen sind.

(98)

Wie in Erwägungsgrund 54 beschrieben, verweist Slowenien auf das Urteil in der Rechtssache Stardust Marine und argumentiert, dass die Tatsache, dass Slowenien Eigentümer von KAD und DSU ist, nicht automatisch bedeute, dass ihre Tätigkeiten dem Staat zuzurechnen seien. In Bezug auf Triglav Naložbe und Zavarovalnica Triglav vertritt Slowenien die Ansicht, dass die Unternehmen nicht vom Staat kontrolliert werden und dass ihre Tätigkeiten jedenfalls nicht dem Staat zuzurechnen seien. In Bezug auf die Zurechenbarkeit verweist Slowenien insbesondere darauf, dass alle Anteilseigner von Elan Unternehmen des privaten Rechts seien, was nach Ansicht Sloweniens schon allein ein zufriedenstellendes Maß an Unabhängigkeit dieser Unternehmen vom Staat bedeute.

(99)

Die Kommission weist zunächst einmal darauf hin, dass die Tatsache, dass ein staatliches Unternehmen nach dem Privatrecht gegründet wurde, nicht allein ausreicht, um auszuschließen, dass seine Tätigkeiten dem Staat zuzurechnen sind. Es sollte kein Unterschied gemacht werden zwischen Fällen, bei denen die Beihilfe direkt vom Staat gewährt wird, und Fällen, bei denen die Beihilfe von öffentlichen oder privaten Einrichtungen gewährt wird, die vom Staat errichtet oder zur Verwaltung der Beihilfe bestimmt wurden. Wie vorstehend beschrieben, hat der Gerichtshof ferner festgestellt, dass es mehrere Indizien für die Zurechenbarkeit gibt und die Frage, ob ein Unternehmen privatem oder öffentlichem Recht unterliegt, nur eine davon ist (siehe Erwägungsgrund 97). Folglich muss untersucht werden, ob andere Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Maßnahme 2 dem Staat zuzurechnen ist.

(100)

Diesbezüglich stellt die Kommission fest, dass es verschiedene Hinweise dafür gibt, dass der Staat aktiv an der Entscheidung der Anteilseigner beteiligt war, dem Begünstigten zusätzliches Kapital zuzuführen. Wenngleich Slowenien Medienberichte über die Rolle des Staates bei der Rettung von Elan als „Spekulation“ oder als „Ergebnis übermäßiger Vereinfachung“ abgetan hat, zeigen solche Berichte die öffentliche Wahrnehmung des industriepolitischen Ansatzes der Regierung zu diesem Zeitpunkt. Wie nachstehend näher erläutert wird, lässt ein OECD-Bericht über Corporate Governance in Slowenien darauf schließen, dass die slowenische Regierung im maßgeblichen Zeitraum tatsächlich einen aktiven industriepolitischen Ansatz verfolgte. In dem Bericht heißt es, dass ein Aktionsplan für die Reform der Corporate Governance erst von der Regierung angenommen wurde, als schon fast ein Jahr seit dem Erlass der Maßnahme 2 vergangen war, nämlich Mitte 2009 (19). Als im Juni 2008 die prekäre Situation von Elan nach außen sichtbar wurde, berichteten die Medien über eine mögliche staatliche Unterstützung für Elan. Eine deutsche Sportzeitung schrieb am 6. Juni 2008, dass die Regierung Elan Gerüchten zufolge eine Finanzspritze von 5,7 Mio. EUR gewähren wolle, um die schlechte Wintersaison auszugleichen (20). Auch in den slowenischen Medien wurde die Situation von Elan erörtert und auf die Bedeutung staatlicher Unterstützung zur Rettung von Arbeitsplätzen hingewiesen. So berichtete beispielsweise der größte (unabhängige) Privatfernsehsender PopTv am 26. Juni 2006 auf seiner Website, dass der Aufsichtsrat und der Vorstand von Elan die Lösung seiner finanziellen Schwierigkeiten beim Staat suche, und wies darauf hin, dass mehr als 700 Arbeitsplätze gefährdet seien, wenn der Staat nicht mit einer Kapitalzuführung helfen würde (21).

(101)

Wie unten näher erörtert, wird die Beteiligung der öffentlichen Hand bzw. die Unwahrscheinlichkeit einer Nichtbeteiligung am eindeutigsten belegt in Bezug auf KAD, den größten Anteilseigner von Elan (der zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung 57,61 % der Anteile von Elan innehatte), und DSU (damals im Besitz von 17,34 % der Anteile von Elan). Selbst der unabhängige Wirtschaftsberater […] verwies in seinem Bewertungsbericht vom 22. Dezember 2006 auf die Bedeutung politischer Erwägungen bei der Entscheidung von KAD und DSU  (22). Im Zusammenhang mit der Analyse einer möglichen Privatisierung von Elan (zu dem Zeitpunkt firmierend als Skimar d.o.o.) zog […] die Schlussfolgerung, dass zwei seiner Eigentümer, nämlich KAD und DSU, zu 100 % staatlich kontrolliert seien und dass folglich die Möglichkeit bestehe, dass ihre Entscheidung für einen Verkauf sowohl politisch als auch wirtschaftlich motiviert sei.

(102)

Die Kommission prüft für jeden Anteilseigner, ob er der staatlichen Kontrolle unterstand und ob die für die Kapitalzuführung verwendeten Mittel als staatliche Mittel angesehen werden können. Zusätzlich untersucht die Kommission, ob die Entscheidung, Elan Kapital zuzuführen, dem Staat zuzurechnen ist. In diesem Zusammenhang richtet die Kommission besonderes Augenmerk auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats jedes Anteilseigners sowie auf die Frage, ob der Aufsichtsrat der Kapitalzuführung für Elan im Jahr 2008 zustimmen musste. Anschließend prüft die Kommission weitere Faktoren, die auf eine Beteiligung der öffentlichen Behörden bei der Annahme der Maßnahme oder auf die Unwahrscheinlichkeit ihrer Nichtbeteiligung hindeuten.

KAD

(103)

Die Kommission stellt fest, dass Slowenien zum Zeitpunkt der Bewilligung 100 % der Anteile an KAD, dem Mehrheitsanteilseigner von Elan, innehatte. Die slowenische Regierung ernannte alle Mitglieder der Hauptversammlung von KAD sowie den Aufsichtsrat (siehe Erwägungsgrund 11). Gemäß dem Gesellschaftsvertrag von KAD muss der Aufsichtsrat dem Abschluss von Transaktionen zustimmen, deren Wert 1 % des Stammkapitals von KAD übersteigt. Die in Rede stehende Kapitalzuführung wurde als solch eine Transaktion eingestuft und tatsächlich verhandelte der Aufsichtsrat von KAD auf seiner 134. Sitzung am 10. Juli 2008 und seiner 135. Sitzung im August 2008 über die Kapitalzuführung für Elan und stimmte ihr zu (23).

(104)

Da Slowenien der Eigentümer von KAD ist, kann davon ausgegangen werden, dass Slowenien in der Lage ist, das Unternehmen zu kontrollieren, und dass die Mittel von KAD als staatliche Mittel angesehen werden können. Entgegen der Ansicht Sloweniens ändert die Tatsache, dass die für die Kapitalzuführung verwendeten Mittel aus Dividenden, Zinsen und anderen Erträgen von KAD stammen, nichts an dieser Schlussfolgerung. Die Verwendung von Dividenden, Zinsen und anderen Erträgen, die ansonsten an den Staat als kontrollierendem Anteilseigner des Unternehmens hätten ausgezahlt werden können, kommt einer Verringerung der staatlichen Mittel gleich und kann deshalb als Verwendung staatlicher Mittel angesehen werden (24).

(105)

In Bezug auf die Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 vertritt die Kommission die Ansicht, dass KAD das Kapital ohne die Einflussnahme der staatlichen Behörden auf die Entscheidungsfindung nicht zugeführt hätte. Der starke staatliche Einfluss kann nicht nur aus der Tatsache abgeleitet werden, dass Slowenien zu dem Zeitpunkt der alleinige Anteilseigner von KAD war, alle Mitglieder des Aufsichtsrats von KAD von Slowenien ernannt wurden und der Aufsichtsrat der Transaktion zustimmen musste. Ein weiteres Indiz für die enge Beteiligung des Staates an der Entscheidungsfindung von KAD ist die Tatsache, dass Vertreter der slowenischen Regierung an allen Hauptversammlungen und Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen (siehe Erwägungsgrund 45).

(106)

Der Einfluss der Regierung auf die Entscheidung von KAD (und eines anderen staatlich kontrollierten Fonds, des Entschädigungsfonds SOD) zur Verfolgung des industriepolitischen Ziels wird auch in dem OECD-Bericht über Corporate Governance in Slowenien unterstrichen: Die beiden Fonds haben der Regierung einen starken Mechanismus zur Beeinflussung des Aufsichtsrats, Vorstands und der Geschäftsleitung privatisierter Firmen gegeben und letztendlich für eine aktive Rolle bei der Bestimmung von Änderungen beim Eigentümer. Teilweise scheint dies (zumindest anfänglich) von dem Wunsch motiviert gewesen zu sein, das Ausmaß zu kontrollieren, in dem ausländische Firmen Kontrolle über wichtige inländische Firmen und Industriezweige erlangen. Das Ausmaß des direkten und indirekten Eigentums hat es früheren Regierungen ermöglicht, eine sehr bedeutende und manchmal undurchsichtige Rolle bei der Beeinflussung der Geschäftstätigkeit großer Sektoren der slowenischen Wirtschaftsunternehmen und auf dem Markt zur Unternehmenskontrolle zu spielen  (25).

(107)

In dem Dokument der slowenischen Regierung mit dem Titel „Structural Adjustments 2010 and 2011“ (26) (Strukturelle Anpassungen 2010 und 2011) wird ebenfalls bekräftigt, welche Rolle KAD und der staatlich kontrollierte Entschädigungsfonds SOD bei der Verfolgung der industriepolitischen Zielsetzungen Sloweniens gespielt haben, beispielsweise indem sie Elan unterstützt haben. Im Abschnitt 2.1.1. „Establishment of a public agency for governance of state-owned enterprises and the transformation of KAD and SOD“ (Errichten einer öffentlichen Agentur für die Leitung von staatseigenen Unternehmen und für die Umwandlung von KAD und SOD) heißt es: „Restructuring means that KAD and SOD must be relieved of all strategic investments: … — bad investments that have become strategic because the state wishes to provide assistance to them in overcoming their difficulties (Mura, Elan).“ (Umstrukturierung bedeutet, dass KAD und SOD von allen strategischen Investitionen befreit werden müssen: … — schlechte Investitionen, die strategisch wurden, da der Staat sie zur Überwindung ihrer Schwierigkeiten unterstützen möchte (Mura, Elan)). Die Erläuterung, dass die Investition von KAD in Elan strategisch wurde „da der Staat“Elan„unterstützen möchte“ steht in starkem Widerspruch zu der Behauptung von Slowenien, dass KAD bei seiner Entscheidung unabhängig gewesen sei (siehe Erwägungsgrund 56). In dem Regierungsdokument wird weiter dargelegt, dass der Transfer schlechter strategischer Investitionen vom Parastaat direkt zum Staat in erster Linie eine mitarbeiterbezogene Aufgabe war und dass das von KAD und SOD errichtete Umstrukturierungsunternehmen PDP direkt in staatliches Eigentum übergegangen sei, da das Team nicht länger Teil von KAD und SOD bleiben konnte (27).

(108)

Die Kommission hat Slowenien aufgefordert, zu den vorstehend zitierten Dokumenten Stellung zu nehmen. Daraufhin bekräftigte Slowenien, dass es keine Regierungsentscheidung in Bezug auf die Kapitalerhöhung von Elan gegeben habe. Slowenien hob hervor, dass in dem OECD-Bericht, der beschreibt, wie KAD und SOD der Regierung einen starken Mechanismus zur Beeinflussung des Aufsichtsrats, des Vorstands und der Geschäftsleitung privatisierter Firmen gegeben habe, DSU, Zavarovalnica Triglav und Triglav Naložbe nicht erwähnt würden und dass in dem Dokument der slowenischen Regierung nicht von direkter oder indirekter Einflussnahme der Regierung in Bezug auf die Vermögenswerte von Zavarovalnica Triglav oder Triglav Naložbe die Rede sei. Ferner verweist Slowenien auf eine Passage in dem OECD-Bericht, in der es heißt, dass „the lack of central coordination has created difficulties for effective management of the Government's ownership interests“ (der Mangel an einer zentralen Koordination Schwierigkeiten für eine wirksame Verwaltung von Eigentumsinteressen der Regierung geschaffen hat). Slowenien führt weiter aus, dass KAD stets in die Zuständigkeit des Finanzministeriums gefallen sei, während für das verarbeitende Gewerbe, dem Elan angehöre, das Wirtschaftsministerium zuständig gewesen sei. In Bezug auf das Dokument der slowenischen Regierung, das sich auf schlechte Investitionen bezieht, die strategisch wurden, verweist Slowenien darauf, dass in Bezug auf Mura, das zweite Beispiel derartiger Investitionen, das außer Elan angeführt wurde, im Oktober 2009 das Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.

(109)

Die Einlassungen von Slowenien entkräften die oben angeführten Argumente nicht, die auf eine Beteiligung der öffentlichen Behörden beim Erlass der Maßnahme bzw. auf die Unwahrscheinlichkeit ihrer Nichtbeteiligung hindeuten. Bei der Erklärung, dass die Regierung an der Entscheidung über die Kapitalerhöhung nicht beteiligt gewesen sei, handelt es sich um eine bloße Behauptung. Die Tatsache, dass in dem OECD-Bericht DSU, Zavarovalnica Triglav und Triglav Naložbe nicht ausdrücklich genannt sind und von einem Mangel an zentraler Koordination die Rede ist, ändert nichts an der allgemeinen Lage, die in dem OECD-Bericht dargelegt wird; demnach griff die slowenische Regierung aktiv in die Wirtschaft ein und verfolgte dabei industriepolitische Ziele. In Bezug auf die im OECD-Bericht und im Dokument der slowenischen Regierung nicht eigens genannten Unternehmen Zavarovalnica Triglav und Triglav Naložbe werden nachstehend Details über die vom Staat ausgeübte Kontrolle aufgeführt. Gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass diese Unternehmen Minderheitsanteilseigner waren, die nur 25 % der Anteile an Elan hielten. Dass ferner das andere in dem Dokument der Regierung als „strategische Investition“ genannte Unternehmen, das sich in Schwierigkeiten befand, insolvent wurde, ist für die Beurteilung des vorliegenden Falls irrelevant.

(110)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Kapitalzuführung, die Elan 2008 von KAD erhielt, aus staatlichen Mitteln erfolgte und Slowenien zuzurechnen ist.

KAD-PPS

(111)

Wie in Erwägungsgrund 12 dargelegt, verwaltet KAD den Pensionsfonds PPS und kontrolliert dessen Beteiligungen. Deshalb sollte die Beteiligung von KAD-PPS an der Kapitalzuführung ebenso wie die Beteiligung von KAD beurteilt werden. Tatsächlich umfasste die Zustimmung des Aufsichtsrats von KAD zur Kapitalerhöhung in seiner 134. Sitzung am 10. Juli 2008 auch die Zustimmung der Kapitalzuführung in Namen von PPS  (28). Das gilt auch für die Entscheidung, die bei der 135. Sitzung des Aufsichtsrats von KAD im August 2008 getroffen wurde.

(112)

Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die Kapitalzuführung von KAD-PPS an Elan im Jahr 2008 aus staatlichen Mitteln erfolgte und Slowenien zuzurechnen ist.

DSU

(113)

Die Kommission stellt fest, dass DSU zum Zeitpunkt der Bewilligung zu 100 % unmittelbar im Staatseigentum stand. Sein Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern, von denen zwei vom Anteilseigner, also Slowenien, bestellt werden (siehe Erwägungsgrund 13). Zum Zeitpunkt der Kapitalzuführungen war auch das dritte Mitglied vom Staat ernannt worden. Nach dem Gesellschaftsvertrag nimmt der Aufsichtsrat Entscheidungen durch Stimmenmehrheit an und überwacht die Verwaltung der Geschäftstätigkeit von DSU. So hat der Aufsichtsrat von DSU die Kapitalzuführungen zugunsten von Elan geprüft und in einer außerordentlichen Sitzung am 11. Juli 2008 genehmigt und seine Entscheidung dann in zwei außerordentlichen Sitzungen am 26. August 2008 und am 8. September 2008 teilweise geändert (29).

(114)

Da Slowenien der Eigentümer von DSU ist, kann davon ausgegangen werden, dass Slowenien in der Lage ist, das Unternehmen zu kontrollieren, und dass die Mittel von DSU als staatliche Mittel angesehen werden können. Entgegen der Ansicht Sloweniens ändert die Tatsache, dass die für die Kapitalzuführung verwendeten Mittel aus Dividenden, Zinsen und anderen Erträgen von DSU stammen, wie in Erwägungsgrund 104 dargelegt, nichts an dieser Schlussfolgerung.

(115)

In Bezug auf die Zurechenbarkeit der Maßnahme 2 muss berücksichtigt werden, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung alle drei Mitglieder des Aufsichtsrats von Slowenien, dem alleinigen Anteilseigner von DSU, ernannt wurden und dass der Aufsichtsrat der Transaktion tatsächlich zustimmen musste. Wie vorstehend dargelegt, wird die Bedeutung politischer Erwägungen auf den Entscheidungsprozess von DSU in dem Bewertungsbericht von […] vom 22. Dezember 2006 anerkannt (30). Die Tatsache, dass DSU seine Elan-Anteile im Jahr 2010 zusammen mit KAD der Holdinggesellschaft PDP übertrug, muss ebenfalls im Lichte der vorstehenden Erläuterungen zu der Frage betrachtet werden, wie die slowenische Regierung mit parastaatlichen Investitionen umzugehen entschied, die strategisch wurden, da der Staat die Unternehmen dabei unterstützen wollte, ihre Schwierigkeiten zu überwinden. In Anbetracht dieser Erwägungen sowie der anderen übergeordneten Umstände, die für eine Beteiligung der staatlichen Behörden an der Bewilligung der Maßnahme bzw. für die Unwahrscheinlichkeit ihrer Nichtbeteiligung sprechen, ist die Kommission der Ansicht, dass DSU das Kapital nicht zugeführt hätte, wenn die staatlichen Behörden keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung genommen hätten.

(116)

Deshalb gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Kapitalzuführung, die Elan 2008 von DSU erhielt, aus staatlichen Mitteln erfolgte und Slowenien zuzurechnen ist.

Zavarovalnica Triglav

(117)

Zavarovalnica Triglav steht nicht unmittelbar im Eigentum von Slowenien. Die Kommission stellt jedoch fest, dass Slowenien mittelbar Eigentümer von zwei Dritteln von Zavarovalnica Triglav (siehe Erwägungsgrund 14) ist. Seine Mehrheitsanteilseigner sind ZIPZ, die Pensions- und Invaliditätsversicherungsanstalt, und SOD, die slowenische Entschädigungsgesellschaft. Beide stehen zu 100 % im Eigentum des Staates. Unter den übrigen Anteilseignern hat keiner einen Anteil von mehr als 1,8 % an Zavarovalnica Triglav.

(118)

Fünf der acht Mitglieder des Aufsichtsrats von Zavarovalnica Triglav, einschließlich seines Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden, vertreten die Anteilseigner und werden von diesen ernannt. Wie in Erwägungsgrund 14 dargelegt, sind die Mehrheitsanteilseigner von Zavarovalnica Triglav Unternehmen, die zu 100 % im Staatseigentum stehen. Folglich ist es letztlich der Staat, der diese fünf Mitglieder des Aufsichtsrates bestellt, und die Mitglieder des Aufsichtsrats vertreten die Interessen des Staates. Die Kommission stellt fest, dass es der Vorstand von Zavarovalnica Triglav war, der bei der Generalversammlung von Elan am 28. August 2008 für die Kapitalerhöhung stimmte. Er tat dies jedoch unter der Voraussetzung, dass der Aufsichtsrat der Transaktion zustimmt. Tatsächlich stimmte der Aufsichtsrat der Kapitalzuführung am 4. September 2008 zu (31).

(119)

Da Slowenien indirekt zwei Drittel der Anteile an Zavarovalnica Triglav besaß, kann davon ausgegangen werden, dass Slowenien in der Lage ist, das Unternehmen zu kontrollieren, und dass die Mittel von Zavarovalnica Triglav als staatliche Mittel angesehen werden können.

(120)

Es muss berücksichtigt werden, dass der Staat die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder von Zavarovalnica Triglav einschließlich des Vorsitzenden und stellvertretenden Vorsitzenden bestellt und dass der Aufsichtsrat der Kapitalzuführung zustimmen musste.

(121)

In Anbetracht dieser Erwägungen sowie der anderen übergeordneten Umstände, die für eine Beteiligung der staatlichen Behörden an der Annahme der Maßnahme bzw. für die Unwahrscheinlichkeit ihrer Nichtbeteiligung sprechen, wird sie als Slowenien zurechenbare Maßnahme angesehen.

Triglav Naložbe

(122)

Triglav Naložbe steht nicht unmittelbar im Eigentum von Slowenien. Die Kommission stellt jedoch fest, dass Slowenien mittelbar Eigentümer der Mehrheit der Anteile von Triglav Naložbe ist. Zum Zeitpunkt der Bewilligung der Maßnahme besaß Zavarovalnica Triglav effektiv 80 % der Anteile an Triglav Naložbe. Zavarovalnica Triglav seinerseits steht mittelbar im Mehrheitseigentum von Slowenien (siehe Erwägungsgrund 14). Deshalb hält Slowenien mittelbar mehr als 51 % der Anteile an Triglav Naložbe. Unter den übrigen Anteilseignern hat keiner einen Anteil von mehr als 0,67 % an dem Unternehmen.

(123)

Die drei Mitglieder des Aufsichtsrats vertreten die Interessen der Anteilseigner und werden von diesen bestellt. Da der Staat indirekt der Mehrheitsanteilseigner von Triglav Naložbe ist, muss berücksichtigt werden, dass der Staat entscheiden kann, wer in den Aufsichtsrat bestellt wird, um die Interessen Sloweniens zu vertreten. Der Aufsichtsrat von Triglav Naložbe musste der Kapitalzuführung für Elan zustimmen und tat dies bei seiner 7. außerordentlichen Sitzung am 3. September 2008 (32).

(124)

Da Slowenien indirekt die Mehrheit an Triglav Naložbe besaß, kann davon ausgegangen werden, dass Slowenien in der Lage ist, das Unternehmen zu kontrollieren, und dass die Mittel von Triglav Naložbe als staatliche Mittel angesehen werden können. Entgegen der Ansicht Sloweniens ändert die Tatsache, dass die für die Kapitalzuführung verwendeten Mittel aus einem Darlehen stammen, wie in Erwägungsgrund 104 dargelegt, nichts an dieser Schlussfolgerung.

(125)

Angesichts der Tatsache, dass der Staat alle Aufsichtsratsmitglieder von Triglav Naložbe ernennt und dass der Aufsichtsrat der Kapitalzuführung zustimmen musste, sowie in Anbetracht der anderen übergeordneten Umstände, die für eine Beteiligung der staatlichen Behörden an der Annahme der Maßnahme bzw. für die Unwahrscheinlichkeit ihrer Nichtbeteiligung sprechen, wird sie als Slowenien zurechenbare Maßnahme angesehen.

Fazit

(126)

Die Zusammensetzung der Aufsichtsräte der Anteilseigner von Elan und die Tatsache, dass die Aufsichtsräte der Kapitalzuführung im Jahr 2008 zustimmen mussten, lässt bereits vermuten, dass die in Rede stehende Maßnahme dem Staat zurechenbar ist (33).

(127)

Darüber hinaus liegen der Kommission — wie vorstehend dargelegt — starke Anhaltspunkte für eine enge Beteiligung des Staates an der Entscheidungsfindung von KAD — dem bei Weitem wichtigsten Anteilseigner von Elan, der zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung 57,61 % des Kapitals kontrollierte — und von DSU vor. Diese Hinweise stammen aus dem OECD-Bericht, dem Bericht von […], aus von der slowenischen Regierung veröffentlichten Dokumenten und aus Presseberichten.

(128)

Zudem deutet das analoge Verhalten der fünf Anteilseigner von Elan, die alle der Kontrolle des Staates unterstanden, auf die Beteiligung des Staates am Entscheidungsprozess der Anteilseigner hin, da es unwahrscheinlich ist, dass fünf private und unabhängige Marktakteure sich zur selben Zeit und zu denselben Bedingungen bereiterklärt hätten, einem in Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen Kapital zuzuführen.

(129)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme 2 aus staatlichen Mitteln erfolgte und Slowenien zuzurechnen ist.

Selektiver Vorteil für den Begünstigten

(130)

Eine Maßnahme kann nur dann als staatliche Beihilfe angesehen werden, wenn sie spezifisch oder selektiv in dem Sinne ist, dass sie nur bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt.

(131)

Aus den bereits in Bezug auf die Maßnahme 1 genannten Gründen ist die gesamte Elan-Gruppe als Begünstigter der Kapitalzuführung von 2008 anzusehen (siehe die Erwägungsgründe 87-90). Im nächsten Schritt muss beurteilt werden, ob die Maßnahme dem Begünstigten einen Vorteil verschafft.

(132)

Wenn die Maßnahme die Anforderungen des Grundsatzes des marktwirtschaftlichen handelnden Kapitalgebers erfüllt, kann das Vorliegen eines Vorteils ausgeschlossen werden. Wie vorstehend beschrieben, würde ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber versuchen, mit seinen Vermögenswerten die größtmögliche Rendite zu erzielen (siehe Erwägungsgrund 91).

(133)

Diesbezüglich stellt die Kommission zunächst fest, dass sich Elan im Sinne der Rettungs-und Umstrukturierungsleitlinien in Schwierigkeiten befand, als die Maßnahme 2 gewährt wurde (siehe Erwägungsgrund 74). Darüber hinaus stand Elan nach Angaben Sloweniens Anfang 2008 vor der Insolvenz und hatte ein Liquiditätsdefizit von [12,6-15 Mio.] EUR.

(134)

Slowenien macht geltend, dass sich die Anteilseigner von Elan bei der Entscheidung zur Zuführung zusätzlichen Kapitals auf verschiedene Unterlagen gestützt hätten, die von Elan und von externen Beratern erstellt worden seien; dies belege, dass die Entscheidung gerechtfertigt gewesen sei.

(135)

Elan hat zwar einen langfristigen Plan 2008-2012 für die Gruppe erstellt, jedoch muss berücksichtigt werden, dass dieser Plan eine Kapitalerhöhung von 25 Mio. EUR als Grundlage für das Erzielen angemessener zukünftiger Renditen vorsah und dass die Anteilseigner von Elan diesen langfristigen Plan als ungeeignet ansahen, um eine Kapitalerhöhung dieser Höhe durchzuführen. Der Sanierungsplan vom August 2008 bestand hauptsächlich aus Prognosen und enthielt keine Informationen bezüglich der geplanten Kapitalerhöhung. Sowohl der langfristige Plan 2008-2012 als auch der Sanierungsplan waren von Elan ohne die Beteiligung eines externen Beraters erstellt worden. Ein anderes von Slowenien in Bezug auf die zweite Kapitalerhöhung vorgelegtes Dokument war eine Schätzung über den Wert von Elan, die von KAD im Juli 2008 erstellt worden war. Dieses Dokument stützt jedoch nicht den Standpunkt Sloweniens, dass die Anteilseigner von Elan wie umsichtige Investoren gehandelt hätten, da Elan nach dieser Prognose und unter Berücksichtigung potenzieller Verbindlichkeiten ein negatives Eigenkapital aufwies, das sich im Juli 2008 auf [29,5-34] Mio. EUR belief. Ferner wird in der Schätzung darauf hingewiesen, dass die Prognosen in dem langfristigen Plan 2008-2012 von Elan angesichts früherer Erfahrungen möglicherweise viel zu optimistisch waren. Dann wäre der Wert des Unternehmens noch niedriger.

(136)

Slowenien legte auch eine Eigenkapitalbewertung von Elan vor, die auf dem abgezinsten Cashflow beruhte. Gemäß dieser Eigenkapitalbewertung, die im Juni 2008 von […] durchgeführt wurde, war der Marktwert von Elan am 31. Dezember 2007 noch positiv und betrug [35-40] Mio. EUR. Wie vorstehend dargelegt (siehe die Erwägungsgründe 70 bis 74), verschlechterte sich die Situation von Elan im Verlauf des Jahres 2008 jedoch drastisch. Angesichts dieser Entwicklungen muss der Schluss gezogen werden, dass die Eigenkapitalbewertung am 28. August 2008, als die Anteilseigner von Elan die Kapitalzuführung beschlossen, überholt war und nicht als Beleg dafür herangezogen werden kann, dass die Anteilseigner von Elan wie marktwirtschaftliche Investoren gehandelt hätten, insbesondere wenn man die Umstände der zweiten Kapitalzuführung bedenkt.

(137)

Wie in Erwägungsgrund 32 dargelegt, machten die Anteilseigner die Kapitalerhöhung von einer vorherigen Einigung mit den Banken über die Stundung der bestehenden Darlehen von Elan abhängig. Obwohl diese Einigung vor der Kapitalerhöhung nicht erzielt wurde, nahmen die Anteilseigner die Kapitalerhöhung vor, da Elan ansonsten insolvent geworden wäre.

(138)

Wenn die Banken vor der Kapitalerhöhung einer Stundung der Darlehen zugestimmt hätten, so hätte dies als Hinweis darauf gedeutet werden können, dass sie an eine Wiedererlangung der Rentabilität von Elan glaubten. Dies war jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil, eine der Banken erwirkte sogar eine gerichtliche Verfügung, um die ausstehenden Forderungen gegenüber Elan geltend zu machen. Die Haltung der Bank kann als Zeichen dafür gewertet werden, dass der Markt nicht daran glaubte, dass Elan seine Rentabilität zurückerlangen würde.

(139)

Ferner muss berücksichtigt werden, dass die Anteilseigner Elan bereits 2007 ohne Erfolg 10,225 Mio. EUR zugeführt hatten. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Kapitalzuführung von 2007 auf einem sogenannten strategischen Entwicklungsplan beruhte, nach dem Elan ursprünglich Investitionen in Höhe von 20,2 Mio. EUR beantragt hatte, wohingegen die Kapitalzuführung von 2008 in Höhe von 10 Mio. EUR nicht als zweite Investitionstranche gemäß dem ursprünglichen strategischen Entwicklungsplan betrachtet werden kann. Die Kapitalzuführung von 2008 war erforderlich, um der Insolvenz zu entgehen, indem das Liquiditätsdefizit von Elan und die erlittenen Verluste gedeckt werden. Das Kapital war nicht für die in dem strategischen Entwicklungsplan festgelegten Zwecke bestimmt (siehe Erwägungsgrund 23).

(140)

Schließlich stellt die Kommission fest, dass zum Zeitpunkt der Bewilligung der Maßnahme 2 alle Anteilseigner in Staatseigentum waren, d. h. dass sich kein privater Kapitalgeber an der Kapitalerhöhung beteiligte.

(141)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme 2 nicht gemäß dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gewährt wurde und Elan folglich einen Vorteil verschaffte.

Verfälschung des Wettbewerbs und Auswirkungen auf den Handel

(142)

Die Kommission stellt fest, dass der Begünstigte auf Märkten tätig ist, die dem Wettbewerb offenstehen. Jede staatliche Förderung, die einem solchen Unternehmen gewährt wird, kann ihm einen Vorteil gegenüber den anderen Wettbewerbern verschaffen, die keinen Zuschuss erhalten. Entgegen der Ansicht Sloweniens ist es in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, ob die Wettbewerber von Elan einen größeren Marktanteil innehatten und ob sie von ihren Anteilseignern ebenfalls Mittel erhielten.

(143)

Wenn eine von einem Mitgliedstaat gewährte Beihilfe die Position eines Unternehmens gegenüber anderen im innergemeinschaftlichen Handel konkurrierenden Unternehmen stärkt, sind die letztgenannten durch diese Beihilfe beeinträchtigt (34). Mit den von dem Begünstigten hergestellten Waren — Skiausrüstung und Wasserfahrzeuge — wird tatsächlich Handel zwischen den Mitgliedstaaten getrieben.

(144)

Angesichts der vorstehenden Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme 2 geeignet ist, den Wettbewerb zu verzerren und den Handel zu beeinflussen.

5.2.3.   Schlussfolgerung zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(145)

In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass die Maßnahme 2 eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV umfasst. Slowenien hat somit gegen das Durchführungsverbot nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen.

5.3.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE

(146)

Artikel 107 Absatz 2 und Absatz 3 sehen Ausnahmen von der allgemeinen Regel von Artikel 107 Absatz 1 AEUV vor, der zufolge staatliche Beihilfen mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind.

(147)

Diesbezüglich ist anzumerken, dass grundsätzlich der betreffende Mitgliedstaat die Beweislast dafür trägt, dass eine Beihilfe abweichend von Artikel 107 Absatz 1 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist; dieser muss somit nachweisen, dass die Voraussetzungen für diese Ausnahme erfüllt sind (35).

(148)

Die Kommission beurteilt die Vereinbarkeit von Maßnahme 2 unter diesen Ausnahmen. Angesichts der Tatsache, dass die betreffende Maßnahme einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt wurde (siehe Abschnitt 5.1), beurteilt die Kommission zuerst die Vereinbarkeit der Maßnahme nach Maßgabe der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien. Zweitens, wird überlegt, ob die Maßnahme auf einer anderen Grundlage als vereinbar angesehen werden könnte.

5.3.1.   Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien

(149)

Nach Randnummer 33 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien kommen nur Unternehmen in Schwierigkeiten für eine Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfe in Betracht. Elan ist förderwürdig, da es zum Zeitpunkt der zweiten Kapitalzuführung als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden kann (siehe Erwägungsgrund 74).

(150)

Nach den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien müssen für eine Rettungsbeihilfe bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, was bei der in Rede stehenden Maßnahme jedoch nicht der Fall ist:

a)

Erstens wurde die Maßnahme nicht in Form eines Darlehens oder einer Bürgschaft gewährt, sondern als Kapitalzuführung (Randnummer 25 Buchstabe a der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien).

b)

Zweitens wurde die Maßnahme nicht nach einer höchstens sechsmonatigen Frist ab Auszahlung der ersten Rate an das Unternehmen beendet (Randnummer 25 Buchstabe a der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien).

c)

Drittens hat Slowenien nicht innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der Durchführung der Maßnahme einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorgelegt oder aber den Nachweis erbracht, dass die Bürgschaft ausgelaufen ist (Randnummer 25 Buchstabe c der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien).

(151)

Folglich können die in Rede stehenden Kapitalzuführungen nicht als Rettungsbeihilfe angesehen werden.

(152)

Auch die in den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien festgelegten Voraussetzungen für eine Umstrukturierungsbeihilfe erfüllt die Maßnahme nicht, da keine Ausgleichsmaßnahmen getroffen wurden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf die Handelsbedingungen auszugleichen.

(153)

Nach den Randnummern 38 bis 42 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien muss die Umstrukturierung von Ausgleichsmaßnahmen begleitet sein, die in einem angemessenen Verhältnis zu den durch die Beihilfe verursachten Wettbewerbsverzerrungen stehen müssen und insbesondere zur Größe und Stellung des begünstigten Unternehmens auf seinem Markt. Randnummer 40 der Leitlinien legt fest, dass die Ausgleichsmaßnahmen insbesondere an den Märkten ansetzen müssen, auf denen das begünstigte Unternehmen nach der Umstrukturierung eine bedeutende Stellung hat. Slowenien macht geltend, dass bestimmte Veräußerungen, die Elan 2009 und 2010 tätigte, eine ausgleichende Wirkung gehabt hätten.

(154)

Was die Wintersportsparte von Elan betrifft, so bezeichnet Slowenien Elan als eine der letzten eigenständigen Wintersport-Hardgood-Marken; das Unternehmen sei nur ein schwacher Wettbewerber unter viel stärkeren Akteuren auf dem Markt (36). Diese zweite Beschreibung stimmt jedoch nicht mit der Darstellung des derzeitigen Mehrheitsanteilseigners von Elan überein. PDP weist darauf hin, dass Elan im Jahr 2010 448 000 Paar Ski und 217 000 Snowboards verkaufte, dass auf Elan 13 % der weltweiten Skiproduktion entfiel und dass Elan als Skimarke weltweit mit einem Marktanteil von rund 8 % auf Rang sieben lag.

(155)

Slowenien schlägt keine besondere Abgrenzung des sachlich oder des räumlich relevanten Marktes vor, in dem die Wintersportsparte von Elan tätig ist. Wie nachstehend erläutert, muss unter Berücksichtigung der von Slowenien vorgelegten Informationen sowie der Erwägungen zur Marktabgrenzung in vorherigen Zusammenschlusssachen (37) der Schluss gezogen werden, dass Elan de facto erhebliche Marktanteile innehat, zumindest in einigen der betroffenen relevanten Märkte.

(156)

Zur Beurteilung der relativen Bedeutung des Unternehmens auf den Märkten, in denen es aktiv ist, hat die Kommission die verfügbaren Beweismittel untersucht, einschließlich strategischer Dokumente, die von Elan selbst verfasst wurden. Abgesehen von Zubehör stellt Elan vor allem Abfahrt-Ski und Snowboards her. Diese Produkte werden zum einen als Markenartikel der Marke Elan an Einzelhändler verkauft (im Folgenden "Einzelhandel") und zum anderen tritt Elan als sogenannter Erstausrüster ("Original Equipment Manufacturer" — OEM) auf und liefert Ski und Snowboards an andere (konkurrierende) Hersteller (im Folgenden "OEM-Markt"). Es ist anzumerken, dass die Kommission in der Zusammenschlusssache COMP/M.3765 — AMER SALOMON im Dezember 2005 für die Zwecke dieser Entscheidung unter anderem von unterschiedlichen Produktmärkten für verschiedene Arten von Wintersport-Hardgoods ausging, einschließlich getrennter relevanter Märkte für Abfahrt-Ski und für Snowboards sowie eines getrennten OEM-Marktes für Abfahrt-Ski. Die Einzelhandelsmärkte für Wintersport-Hardgoods wurden als national angesehen, während die OEM-Märkte als mindestens EWR-weit abgegrenzt wurden (38). In seinem Entwicklungsplan Elan Ski OEM 2006-2010 gab das Unternehmen seinen weltweiten Marktanteil für 2005 für die OEM-Produktion von Ski mit 21 % an und erklärt „[…]“. Der Entwicklungsplan Elan Sportartikel 2006-2010 des Unternehmens zeigt, dass sich Elan selbst als der weltweit führende Hersteller von Snowboards ansah, mit einer Gesamtproduktion von 268 000 im Jahr 2005, was einem Anteil von 16 % entspricht. Der größte Teil dieser Produktion war für das OEM-Geschäft bestimmt, während 30 000 Snowboards 2005 unter dem Markennamen Elan verkauft wurden. Was Ski der Marke Elan betrifft, so weist der Entwicklungsplan markt- und markenfokussierte Strategie für die Marktdurchdringung der Marke Elan 2006-2010 einen Weltmarktanteil von 7,5 % aus, wobei Elan in Bezug auf den Marktanteil auf dem siebten Rang stand. In dem Plan wird jedoch hervorgehoben, dass das Unternehmen bis zur Mitte der Strategielaufzeit einen Platz unter den fünf besten Marken einnehmen könne, zumal […].

(157)

Da die Wintersportsparte den weitaus größten Teil des Umsatzes von Elan erwirtschaftet sowie angesichts der oben dargelegten, zumindest in bestimmten Sektoren des Wintersportgeschäfts starken Stellung von Elan, hätten insbesondere in diesem Bereich Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Bei einer Prüfung der von Slowenien als Ausgleichsmaßnahmen im Wintersportgeschäft angegebenen Maßnahmen war die einzige Veräußerung der Verkauf eines Anteils von [17,5 % — 20 %], den Elan an seinem Gemeinschaftsunternehmens-Partner Dal Bello Sports (im Folgenden „Dal Bello“) für den Vertrieb in den USA innehatte. Die Veräußerung durch Elan erfolgte im Zuge der Beendigung des Gemeinschaftsunternehmens mit Dal Bello in Nordamerika für die Vermarktung und den Vertrieb. Elan macht geltend, dass die Beendigung der Zusammenarbeit zu einem Rückgang der Verkäufe von Elan in Kanada und in den USA geführt habe und bezeichnet dies als „Ausgleichswirkung“.

(158)

Zunächst einmal ist festzustellen, dass der Verkauf der Anteile an Dal Bello weder im langfristigen Plan 2008-2012 noch im Sanierungsplan erwähnt wird und dass der Verkauf folglich nicht als „integraler Bestandteil des Umstrukturierungsplans“ angesehen werden kann, wie es in Randnummer 40 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien vorgesehen ist. Eine eingehendere Prüfung der Transaktion zeigt, dass die Vermarktungs- und Vertriebskooperation auf Betreiben von Dal Bello beendet wurde. Slowenien räumte ein, dass die Probleme von Elan im Jahr 2008 und die Suche von Dal Bello nach einem langfristig zuverlässigeren Partner zu Gesprächen über die Beendigung einer ansonsten erfolgreichen Zusammenarbeit geführt hätten. Diese Gespräche hätten zu der Vereinbarung vom 14. Dezember 2009 zur Beendigung des Gemeinschaftsunternehmens geführt. Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann die Veräußerung durch Elan schon allein aus diesen Gründen nicht als Ausgleichsmaßnahme eingestuft werden.

(159)

Während der Rückgang der Verkaufszahlen, der zu einer Verringerung des Marktanteils des Begünstigten führte, unter anderen Umständen als Ausgleichsmaßnahme gewertet werden könnte, stellt die Kommission fest, dass die Transaktion im vorliegenden Fall den Einzelhandel betraf, der zuvor von der Kommission als national angesehen wurde (39), und dass der Rückgang des Skiabsatzes von Elan ohnehin auf den nordamerikanischen Markt begrenzt war, aber nicht den/die europäischen Markt/Märkte betraf und folglich nicht die Verzerrungen ausgleichen kann, die im EWR verursacht wurden. Ferner war das Gemeinschaftsunternehmen im Bereich der Vermarktung und des Vertriebs von Ski tätig und nicht im Bereich ihrer Herstellung. Das Kerngeschäft von Elan ist jedoch die Herstellung von Ski und Snowboards. Nur Veräußerungen im Hauptgeschäftsbereich des Begünstigten können als angemessene Ausgleichsmaßnahmen gewertet werden.

(160)

Slowenien machte ferner geltend, dass die Reduzierung der in der Herstellung von Ski tätigen Mitarbeiter und die Verringerung der Marktinvestitionen als Ausgleichsmaßnahmen angesehen werden könnten.

(161)

Wie jedoch aus dem langfristigen Plan von Elan und aus seinem Sanierungsplan ersichtlich ist, sind diese Maßnahmen als schlichte Rationalisierungsmaßnahmen anzusehen, mit denen die Kosten gesenkt und die Effizienz gesteigert werden sollte, um finanziell wieder rentabel zu werden. Die Maßnahmen wurden nicht ergriffen, um die Marktpräsenz von Elan zu verringern oder um Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen, die aus der von Elan erhaltenen Förderung resultierten.

(162)

Was das Bootsgeschäft betrifft, so macht Slowenien geltend, dass die folgenden Veräußerungen eine ausgleichende Wirkung gehabt hätten: Im Jahr 2009 verkaufte Elan zwei Unternehmen, die im Bereich der Yachtcharter tätig waren, nämlich Elan Yachting d.o.o. und Elan Marine Charter d.o.o. 2010 wurde Elan Brod d.o.o. verkauft, ein in Kroatien ansässiges Unternehmen, das in erster Linie im Bereich der Herstellung von Motorbooten tätig war. Slowenien gibt an, dass die Unternehmen nicht strukturell defizitär gewesen seien, dass das Chartergeschäft von Elan Yachting d.o.o. und Elan Marine Charter d.o.o. die Verbreitung der Yachten von Elan in den wichtigsten Märkten von Elan unterstützt habe und dass der Rückzug aus dem Motorbootsegment die Stellung von Elan auf dem Vergnügungs- und Sportbootmarkt erheblich verringert habe.

(163)

Die Kommission weist erneut darauf hin, dass die Ausgleichsmaßnahmen nach Randnummer 40 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien insbesonders an den Märkten ansetzen sollten, auf denen das begünstigte Unternehmen nach der Umstrukturierung eine bedeutende Stellung hat. Schuldenerlass und Schließung defizitärer Geschäftsbereiche, die ohnehin zur Wiederherstellung der Rentabilität notwendig wären, bleiben bei der Beurteilung der Ausgleichsmaßnahmen in Form einer Reduzierung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz unberücksichtigt.

(164)

Es muss berücksichtigt werden, dass das Bootsgeschäft nicht der Kerngeschäftsbereich von Elan ist. Das Unternehmen erwirtschaftet einen deutlich höheren Anteil seines Umsatzes im Wintersportsbereich. Nach der Finanzprognose für das Jahr 2011 wurde erwartet, dass der Gesamtumsatz des Bootsgeschäfts lediglich [20-24] Mio. EUR erreicht, während für die Wintersportsparte [58-68] Mio. EUR erwartet wurden. Zudem erhielt die Wintersportsparte auch den größeren Teil (5,924 Mio. EUR) der Kapitalzuführung in Höhe von 10 Mio. EUR für Elan. Angesichts von Randnummer 40 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien scheint es zweifelhaft, ob Veräußerungen im Bootsgeschäft überhaupt als angemessene Ausgleichsmaßnahmen angesehen werden können, da — wie nachfolgend erläutert — das Bootsgeschäft nicht der Markt ist, in dem das Unternehmen nach der Umstrukturierung die bedeutendste Stellung innehat.

(165)

Um die von Slowenien vorgebrachten Argumente vollumfänglich zu würdigen, hat die Kommission dennoch untersucht, inwiefern die Angabe Slowenien zutrifft, dass im Bereich des Bootsgeschäfts angemessene Ausgleichsmaßnahmen ergriffen worden seien. Vor der Umstrukturierung belief sich die maximale Produktionskapazität von Elan auf [280-330] Segelboote und [45-55] Motorboote. Slowenien schlägt keine besondere Abgrenzung des in Bezug auf den Bootssektor sachlich oder räumlich relevanten Marktes vor, in dem die relative Bedeutung des Unternehmens untersucht werden könnte. In seiner Stellungnahme spricht Slowenien von einer Reduzierung der Stellung von Elan auf dem Vergnügungs- und Sportbootmarkt und verweist gleichzeitig auf seinen Rückzug aus dem Marktsegment der Motorboote.

(166)

Die Analyse der verfügbaren Unterlagen, einschließlich der von Elan selbst erstellten strategischen Dokumente, die die Wettbewerbsposition der Bootsparte von Elan betreffen, ermöglicht Erkenntnisse über die relative Bedeutung des Unternehmens auf dem Bootsmarkt. In dem Entwicklungsplan Elan Marine 2006-2010 wird festgestellt, dass der Weltmarkt aller neuen Boote ungefähr 25 Mrd. EUR umfasst, wovon ungefähr 80 % auf Motorboote und 20 % auf Segelboote entfallen. Dasselbe Verhältnis gelte für Europa. Elan beschreibt den Markt als stark fragmentiert und veranschlagt den EU-Marktanteil seines Segelbootportfolios mit ungefähr [0-5] % und seines Motorbootportfolios mit << 1 %. In dem Entwicklungsplan wird jedoch auf das Vorliegen unterschiedlicher Marktsegmente hingewiesen, die unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen und sogar Zugangsbeschränkungen aufweisen. Nach dem von Elan vorgelegten langfristigen Plan der Skimar-Gruppe 2008-2012 vom Juni 2008 ist der Bootsmarkt nach der Bootslänge segmentiert; ferner sei der Wettbewerb im Segment der kleinen Boote (30 Fuß) am härtesten, wohingegen Elan Produkte der mittleren Kategorie mit einer Länge von 30 bis 50 Fuß verkaufe und die Entwicklung neuer Modelle beabsichtige […]. Die deutlichste Aussage zum Marktanteil von Elan in „seinem“ Marktsegment stammt aus einer Präsentation von PDP, dem derzeitigen Mehrheitsanteilseigner von Elan, in dem Folgendes festgestellt wird: Im Jahr 2010 hat Elan im Segment der Segelboote zwischen 32 und 60 Fuß (das 20 % des Bootsmarkts ausmacht) 122 Boote verkauft, was einem Marktanteil von 5,2 % entspricht. Es erscheint plausibel, dass bei der Marktsegmentierung insbesondere Kriterien wie die Art des Antriebs (Segel oder Motor) und die Größe herangezogen werden. In Ermangelung eines anderen Standpunkts stützt sich die Kommission für den Zweck dieses Beschlusses auf die Beurteilung von PDP, dass Elan einen Marktanteil von > 5 % auf dem fragmentierten Segelbootmarkt innehatte.

(167)

Selbst wenn die Veräußerungen von Elan im Bereich des Bootsgeschäfts gemäß den vorstehenden Ausführungen für den Zweck der Beurteilung der Vereinbarkeit durch die Kommission herangezogen werden könnten, hätten einschlägige Ausgleichsmaßnahmen im Bootssektor im Bereich der Herstellung von Segelbooten erfolgen müssen, da dies eindeutig die wichtigste Tätigkeit von Elan im Bootsgeschäft war und das Unternehmen in diesem Bereich, wie dargelegt, einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an dem Elan zufolge „hochfragmentierten Markt“ innehatte. Die Veräußerung des Chartergeschäfts, das den Verkauf von Yachten von Elan bestenfalls indirekt unterstützt und die Veräußerung der Motorbootproduktion, eines Segments, aus dem Elan durch den Verkauf von Elan Brod d.o.o. vollständig ausstieg, stehen folglich nicht mit Randnummer 40 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien im Einklang. Motorboote produzierte Elan erst seit 2002, wobei es den Ruf, den es im Segelbootsegment erlangt hatte, auch für die Herstellung von Motorbooten nutzen wollte. Die Verkäufe erreichten jedoch 2006 und 2007 mit 50 Motorbooten ihren Höchststand und gingen anschließend zurück auf [25-29] Boote 2008 und auf nur [7-9] Boote 2009.

(168)

In den Stellungnahmen von Slowenien wird ferner darauf hingewiesen, dass die Anteilseigner von Elan und die Banken die veräußerten Geschäftsbereiche als nicht zum Kerngeschäft zählend ansehen (40). Es ist anzumerken, dass der Verkauf der Tochtergesellschaften von Elan nicht dazu diente, Wettbewerbsverzerrungen auszugleichen. Alle drei Tochtergesellschaften waren zum Zeitpunkt des Verkaufs und in den Jahren zuvor defizitär. Slowenien teilte der Kommission mit, dass das (kombinierte) Gesamtergebnis von Elan Yachting d.o.o. und Elan Marine Charter d.o.o im Jahr 2007 bei –157 000 EUR lag, im Jahr 2008 bei –100 000 EUR und im Jahr 2009 bei –57 000 EUR. Auch Elan Brod d.o.o verzeichnete während des gesamten Zeitraums Verluste, und zwar –58 000 EUR im Jahr 2006, –436 000 EUR 2007, –1 Mio. EUR 2008 und –1,5 Mio. EUR im Jahr 2009. Angesichts dieser Zahlen scheint die Behauptung Sloweniens, dass die Unternehmen nicht strukturell defizitär gewesen seien, eine reine Schutzbehauptung zu sein. Gemäß den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien bleiben Schuldenerlass und die Schließung defizitärer Geschäftsbereiche, die ohnehin zur Wiederherstellung der Rentabilität notwendig wären, bei der Beurteilung der Ausgleichsmaßnahmen in Form einer Reduzierung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz unberücksichtigt. Die hohen Verluste der drei Boot-Tochtergesellschaften und der ernstzunehmende fortdauernde Abwärtstrend bei Elan Brod d.o.o. belegen jedoch, dass die Veräußerungen tatsächlich in jedem Fall erforderlich waren, um die Rentabilität wiederherzustellen, so dass sie nicht als Ausgleichsmaßnahmen eingestuft werden können.

(169)

Folglich gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass Elans Veräußerungen, die Reduzierung der Mitarbeiter und die Senkung der Marketingausgaben nicht als Ausgleichsmaßnahmen eingestuft werden können. Da keine angemessenen Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt wurden, muss die Kommission selbst unter Berücksichtigung von Randnummer 56 der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien, wonach im Hinblick auf die Genehmigung staatlicher Beihilfen in Fördergebieten weniger strenge Anforderungen an die Ausgleichsmaßnahmen gestellt werden können, die Schlussfolgerung ziehen, dass die Anforderungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien in Bezug auf die Notwendigkeit zur Durchführung angemessener Ausgleichsmaßnahmen nicht erfüllt wurden. Da die in den Leitlinien genannten Anforderungen in Bezug auf die Zulässigkeit von Umstrukturierungsbeihilfe kumulativ sind, kann die Anwendbarkeit der Leitlinien ausgeschlossen werden, wenn nur eine Anforderung nicht erfüllt ist. Deshalb prüft die Kommission nicht weiter, ob die übrigen Anforderungen erfüllt sind. Angesichts dieser Erwägungen gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme 2 nicht als nach den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien vereinbar angesehen werden kann.

5.3.2.   Vereinbarkeit auf einer anderen Grundlage

(170)

Die Ausnahmeregelungen nach Artikel 107 Absatz 2 AEUV finden in dem vorliegenden Fall keine Anwendung, da die Maßnahme keine Beihilfe sozialer Art ist, sie nicht einzelnen Verbrauchern gewährt wurde, nicht zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, gewährt wurde und nicht für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland gewährt wurde.

(171)

Weitere Ausnahmen sind in Artikel 107 Absatz 3 AEUV niedergelegt.

(172)

Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV besagt, dass "Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht" als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können. Elan ist in einem Fördergebiet nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV ansässig (41). Die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen für Fördergebiete ist in den Regionalbeihilfeleitlinien (42) geregelt. Nach den Regionalbeihilfeleitlinien kann eine staatliche Beihilfe grundsätzlich nur Unternehmen gewährt werden, die sich nicht in Schwierigkeiten befinden. Elan befand sich jedoch zu dem Zeitpunkt, als die Maßnahme gewährt wurde, in Schwierigkeiten (siehe Erwägungsgrund 74). Deshalb kann Maßnahme 2 nicht als vereinbare regionale Beihilfen betrachtet werden.

(173)

Daher stellt die Kommission fest, dass die Beihilfe nicht unter die Ausnahmeregelung nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV fällt.

(174)

Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV besagt, dass "Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats" als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.

(175)

Die Kommission stellt fest, dass die in Rede stehende Beihilfe nicht zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse bestimmt war und dass die Kommission keine Anhaltspunkte dafür gefunden hat, dass die Beihilfe zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Sloweniens durchgeführt wurde.

(176)

Daher stellt die Kommission fest, dass die Beihilfe nicht unter die Ausnahmeregelung nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV fällt.

(177)

Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV besagt, dass Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Dieser Artikel ist in diesem Fall eindeutig nicht anwendbar.

(178)

Nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete gewährt werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Kommission hat mehrere Leitlinien und Mitteilungen verfasst, in denen erläutert wird, wie sie diese Ausnahmeregelung anwendet. Da die betreffende Maßnahme einem Unternehmen in Schwierigkeiten gewährt wurde, hat die Kommission die Vereinbarkeit der Maßnahme ausschließlich auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien geprüft. Die anderen Leitlinien und Mitteilungen sind auf die in Rede stehende Maßnahme nicht anwendbar.

(179)

Deshalb stellt die in Rede stehende Beihilfe eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe dar.

6.   EINZIEHUNG

(180)

Gemäß dem AEUV und der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Kommission befugt zu entscheiden, dass der betreffende Staat die Beihilfe aufzuheben oder umzugestalten hat (43), wenn sie die Unvereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Binnenmarkt festgestellt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs dient die Verpflichtung zur Aufhebung einer Beihilfe, die die Kommission für mit dem Binnenmarkt unvereinbar befunden hat, der Wiederherstellung der vorherigen Lage (44). In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof festgestellt, dass dieses Ziel erreicht ist, sobald der Empfänger die im Rahmen der rechtswidrigen Beihilfe erhaltenen Beträge zurückbezahlt hat, da er so den Vorteil verliert, den er auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, und die Lage von vor der Zahlung der Beihilfe wiederhergestellt wird (45).

(181)

Gemäß der Rechtsprechung legt Artikel 14 der Verfahrensverordnung Folgendes fest: „In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.“

(182)

Sobald also eine Maßnahme als rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe angesehen wird, muss sie zurückgefordert werden, um die Lage wiederherzustellen, die auf dem Markt herrschte, bevor die Beihilfe gewährt wurde. Die Einziehung betrifft also den Zeitraum ab dem Eintritt des Vorteils für den Begünstigten, also ab dem Zeitpunkt, zu dem dem Begünstigten die Beihilfe zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung und umfasst Zinsen bis zur tatsächlichen Rückzahlung des einzuziehenden Betrags.

(183)

Die Kapitalzuführung von 2008 muss in ihrer Gesamtheit eingezogen werden, da die Entscheidungen aller fünf Einrichtungen, die Mittel zuführten, dem Staat zuzurechnen sind. Der Gesamtbetrag der Kapitalzuführung belief sich auf 10 Mio. EUR, von denen 5,924 Mio. EUR Elan Wintersport zugeführt wurden und 4,076 Mio. EUR Elan Marine. Diese beiden Gesellschaften gingen jedoch im Juni 2010 in ihre Muttergesellschaft Elan über. Das Datum, ab dem die Zinsen auf den einzuziehenden Betrag zu berechnen sind, ist das Datum, ab dem die Mittel dem Begünstigten tatsächlich zur Verfügung standen. Das war der 8. September 2008.

7.   FAZIT

(184)

Die Kapitalzuführung zugunsten von Elan, die im Januar 2007 beschlossen wurde (Maßnahme 1), beinhaltet keine staatliche Beihilfe, da die Entscheidung der Anteilseigner im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers erfolgte.

(185)

Die Kapitalzuführung zugunsten von Elan, die im August 2008 beschlossen wurde (Maßnahme 2), stellt eine staatliche Beihilfe dar. Diese staatliche Beihilfe ist nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar. Sie erfüllt nicht die Anforderungen der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien. Außerdem erfüllt sie keine der Voraussetzungen von Artikel 107 Absatz 2 oder 3 AEUV. Deshalb muss die Kapitalzuführung in Höhe von 10 Mio. EUR zusammen mit den Zinsen von Elan eingezogen werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Kapitalzuführung vom Januar 2007 stellt keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.

Artikel 2

Die Beihilfemaßnahme in Form einer Kapitalerhöhung für Elan in Höhe von 10 Mio. EUR führte Slowenien im Jahr 2008 unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union rechtswidrig durch; sie ist mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 3

(1)   Slowenien fordert die in Artikel 2 genannte Beihilfe von dem Begünstigten Elan zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand (8. September 2008), bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung erhoben werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (46) nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Slowenien stellt mit dem Tag des Erlasses dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen im Zusammenhang mit der in Artikel 2 genannten Beihilfe ein.

Artikel 4

(1)   Die in Artikel 2 genannte Beihilfe wird unverzüglich und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Slowenien stellt sicher, dass dieser Beschluss binnen vier Monaten nach seiner Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 5

(1)   Slowenien übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses Folgendes:

a)

den Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

eine ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Slowenien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Slowenien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Slowenien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Republik Slowenien gerichtet.

Brüssel, den 19. September 2012

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  ABl. C 223 vom 18.8.2010, S. 8.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013 (ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13).

(4)  „Structural Adjustments 2010 and 2011“ (Strukturelle Anpassungen 2010 und 2011), Regierung der Republik Slowenien, Oktober 2009, S. 9 unter: http://www.svrez.gov.si/fileadmin/svez.gov.si/pageuploads/docs/strukturne_prilagoditve/Structural_adjustmements_SLO_EN.pdf

(5)  Im Dezember 2009 hielt PDP Beteiligungen an 10 slowenischen Unternehmen, die vorher im Eigentum von KAD, SOD und DSU standen; vgl. Wer wir sind — PowerPoint-Präsentation von PDP, die von den slowenischen Behörden vorgelegt wurde.

(6)  http://www.kd-group.com/en/index.php

(7)  Geschäftsgeheimnis.

(8)  Dies geht aus einem vom Vorstand von Elan erstellten Dokument vom 30. Mai 2006 zur Kapitalerhöhung von Elan durch die Unternehmen hervor.

(9)  Schreiben vom Vorstand von Elan an KAD vom 30. November 2006.

(10)  Siehe das Protokoll der 134. Sitzung des Aufsichtsrats von KAD vom 4. Juli 2008, Punkt 2 der Tagesordnung, Abschnitt 2.

(11)  Rechtssache C-482/99, Französische Republik/Kommission (Stardust Marine), Slg. 2002, I-4397.

(12)  […]

(13)  Erstellt am 16. April 2012 von der Anwaltskanzlei Jadek&Pensa, www.jadek-pensa.si/en.

(14)  „Obligacijski zakonik“, Amtsblatt von Slowenien 83/2001 mit Änderungen.

(15)  Siehe Rechtssache 323/82, Intermills/Kommission, Slg. 1984, 3809, Randnrn. 11 f.

(16)  Rechtssache T-228/99, WestLB/Kommission, Slg. 2003, II-435.

(17)  Rechtssache C-482/99, Französische Republik/Kommission (Stardust Marine), Slg. 2002, I-4397.

(18)  Rechtssache C-482/99, Französische Republik/Kommission (Stardust Marine), Slg. 2002, I-4397, Randnrn. 50-59.

(19)  OECD-Bericht „Corporate Governance in Slovenia“, vom 28.3.2011, S. 9. abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/58/0,3746,en_2649_34813_47492282_1_1_1_1,00.html

(20)  „Gerüchten zufolge will die Regierung für Verluste nach dem schlechten Winter Elan eine Finanzspritze von EUR 5,7 Mio. EUR zukommen lassen.“ Aus einem Artikel der Sportartikelzeitung „SAZsport“ vom 9. Juni 2008 mit dem Titel „Zweiter Abgang an der Spitze“.

(21)  https://24ur.com/novice/gospodarstvo/kriticne-razmere-v-elanu_comment_p1_a19.html?&page=1&p_all_items=19

(22)  „[…], A Valuation of the Skimar Group“ (Eine Bewertung der Skimar-Gruppe), 22. Dezember 2006, S. 28.

(23)  Siehe Sitzungsprotokoll (Übersetzung aus dem Slowenischen): […] erteilt die Zustimmung des Vorstands, alle erforderlichen Schritte zum Schutz und zur Maximierung des Werts der Investition von KAD in das Unternehmen Skimar, d.o.o. zu ergreifen, einschließlich der Kapitalerhöhung des Unternehmens im Verhältnis zur Beteiligung von Kapitalska družba, d.d. und Prvi pokojninski sklad RS (Erster Pensionsfonds), die sich insgesamt auf 57,606 % eines Maximalbetrags von 5 761 000,00 EUR beläuft.

(24)  In der Rechtssache C-6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-2981, Randnr. 22 führte der Generalanwalt aus: „Entscheidend ist nicht die Form der Maßnahme und selbstverständlich auch nicht ihre Rechtsnatur oder das mit ihr verfolgte Ziel, sondern das Ergebnis, zu dem sie führt. Jede Maßnahme, die unter entsprechender Verringerung der Staatsmittel einen wirtschaftlichen Vorteil begründet […], stellt grundsätzlich eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel [107 AEUV] dar.“

(25)  OECD-Bericht „Corporate Governance in Slovenia“, vom 28.3.2011, S. 9. abrufbar unter: http://www.oecd.org/document/58/0,3746,en_2649_34813_47492282_1_1_1_1,00.html

(26)  „Structural Adjustments 2010 and 2011“ (Strukturelle Anpassungen 2010 und 2011), Regierung der Republik Slowenien, Oktober 2009, S. 12 unter: http://www.svrez.gov.si/fileadmin/svez.gov.si/pageuploads/docs/strukturne_prilagoditve/Structural_adjustmements_SLO_EN.pdf

(27)  „Structural Adjustments 2010 and 2011“ (Strukturelle Anpassungen 2010 und 2011), Regierung der Republik Slowenien, Oktober 2009, S. 13 unter: http://www.svrez.gov.si/fileadmin/svez.gov.si/pageuploads/docs/strukturne_prilagoditve/Structural_adjustmements_SLO_EN.pdf

(28)  Siehe Fußnote 22.

(29)  Siehe das Sitzungsprotokoll vom 8. September 2008: […].

(30)  „[…], A Valuation of the Skimar Group“ (Eine Bewertung der Skimar-Gruppe), 22. Dezember 2006, S. 28.

(31)  Siehe das Sitzungsprotokoll vom 4. September 2008 (Übersetzung aus dem Slowenischen): Der Aufsichtsrat stimmt der Beteiligung von Zavarovalnica Triglav, d.d. an der Kapitalerhöhung von Skimar, d.o.o. in Höhe von 1 200 000,0 EUR zu […].

(32)  Siehe Sitzungsprotokoll (Übersetzung aus dem Slowenischen): Der Aufsichtsrat hat den Bericht über die Investition in Skimar d.o.o. geprüft und die Beschlüsse der letzten Generalversammlung vom 28. August 2008 und unterstützt den Vorstand in seiner aktiven Teilnahme am Genesungsprozess des Unternehmens und folglich auch die benötigte Kapitalerhöhung im Gesamtwert von 10 Mio. EUR in anteilsmäßigen Anteilen […].

(33)  Entscheidung 2008/948/EG der Kommission vom 23. Juli 2008 über Maßnahmen Deutschlands zugunsten von DHL und Flughafen Leipzig/Halle in der Sache C 48/06 (ex N 227/06) (ABl. L 326 vom 23.12.2008, S. 1), Erwägungsgründe 184-186, 226, 227; Entscheidung der Kommission vom 17. Juni 2008 zum Flughafen Frankfurt-Hahn — Mutmaßliche staatliche Beihilfe zugunsten des Flughafens Frankfurt-Hahn und der Vertrag mit Ryanair in der Sache C 29/2008 (ABl. C 12 vom 17.1.2009, S. 6), Erwägungsgründe 212-218.

(34)  Siehe insbesondere Rechtssache 730/79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnr. 11; Rechtssache C-53/00, Ferring, Slg. 2001, I-9067, Randnr. 21; Rechtssache C-372/97, Italien/Kommission, Slg. 2004, I-3679, Randnr. 44.

(35)  Z. B Rechtssache T-68/03, Olympiaki Aeroporia Ypiresies AE/Kommission, Slg. 2007, II-2911, Randnrn. 34-37.

(36)  Schreiben vom 2.12.2012 von Jadek & Pensa über Elan.

(37)  Siehe Zusammenschlusssache COMP/M.3765 — AMER SALOMON unter: http://ec.europa.eu/competition/mergers/cases/decisions/m3765_20051012_20212_en.pdf

(38)  Siehe Fußnote 36.

(39)  Siehe Fußnote 36.

(40)  Siehe die Stellungnahme von Slowenien vom 10.10.2011, die ein Schreiben von KAD enthielt, das sich auf den Verkauf von Unternehmen der Bootsparte bezog, die „nicht als Kerngeschäft angesehen wurde“ oder ein Schreiben der Rechtsanwaltskanzlei Jadek & Pensa vom 26.4.2012, die im Namen von Elan handelte, in dem erklärt wird, dass die Banken den Verkauf der nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte in Kroatien fordern, damit sie eine Umschuldungsvereinbarung eingehen.

(41)  Nationale Fördergebietskarte Slowenien, von der Kommission genehmigt am 13.9.2006 und veröffentlicht im ABl. C 256 vom 24.10.2006, S. 6.

(42)  ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

(43)  Siehe Rechtssache C-70/72, Kommission/Deutschland, Slg. 1973, 813, Randnr. 13.

(44)  Siehe verbundene Rechtssachen C-278/92, C-279/92 und C-280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I-4103, Randnr. 75.

(45)  Siehe Rechtssache C-75/97, Belgien/Kommission, Slg. 1999, I-30671, Randnrn. 64-65.

(46)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.


15.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 144/29


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 20. März 2013

über die staatliche Beihilfe SA.23420 (11/C, ex NN 40/10), die von Belgien zugunsten von SA Ducroire/Delcredere NV durchgeführt wurde

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2013) 1497)

(Nur der französische und der niederländische Text sind verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2014/274/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Artikeln (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Am 5. Juni 2007 wandte sich [der Beschwerdeführer] (3) mit einer Beschwerde über die Bereitstellung eines Startkapitals von 150 Mio. EUR, das die Aktiengesellschaft SA Ducroire/Delcredere NV (im Folgenden „SA Ducroire/Delcredere NV“) bei ihrer Gründung im September 2004 vom „Office National du Ducroire“ (im Folgenden „ONDD“) erhalten haben soll, an die Europäische Kommission.

(2)

Mit Schreiben von 7. Dezember 2007 richtete die Kommission detaillierte Fragen an Belgien. Die Antworten auf diese Fragen, denen zahlreiche Dokumente und ein Geschäftsplan beilagen, gingen am 12. Februar 2008 bei der Kommission ein.

(3)

Am 9. September 2008 fand ein Treffen zwischen dem Beschwerdeführer und den Kommissionsdienststellen statt.

(4)

Am 4. Dezember 2008 übermittelte die Kommission eine nichtvertrauliche Fassung der Beschwerde an Belgien.

(5)

Eine nichtvertrauliche Fassung der Stellungnahme Belgiens und spezifische Fragen wurden am 12. und 17. Dezember 2008 dem Beschwerdeführer zugeleitet. Der Beschwerdeführer antwortete darauf mit Schreiben vom 6. November 2009.

(6)

Am 21. April 2010 wurden Belgien zusätzliche Fragen gestellt, auf die Belgien am 23. Juli 2010 antwortete.

(7)

Am 23. Februar 2011 beschloss die Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (4) in Bezug auf folgende mögliche Beihilfemaßnahmen einzuleiten: i) die Garantie des belgischen Staates zugunsten des ONDD für die marktfähigen Risiken des ONDD, ii) eine oder mehrere interne Mittelübertragungen zugunsten des Bereichs Versicherung marktfähiger Risiken und iii) das von der ONDD für das Versicherungsgeschäft mit marktfähigen Risiken von SA Ducroire/Delcredere NV gezeichnete Kapital. Die Kommission forderte die Beteiligten auf, sich zu den betreffenden Maßnahmen zu äußern.

(8)

Zwei Besprechungen zwischen den belgischen Behörden, dem ONDD, SA Ducroire/Delcredere NV und den Kommissionsdienststellen fanden am 17. März 2011 und am 28. April 2011 statt.

(9)

Am 4. Mai 2011 suchten die belgischen Behörden um eine Verlängerung der Antwortfrist um vier Wochen nach, um auf den Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“) zu antworten. Am 5. Mai 2011 teilte die Kommission den belgischen Behörden mit, dass sie gegen eine Fristverlängerung nichts einzuwenden habe, und forderte weitere Informationen in Bezug auf die Besprechung vom 28. April 2011 an.

(10)

Am 1. Juni 2011 übermittelten die belgischen Behörden ihre Antwort auf die Stellungnahme und die von der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss gestellten Fragen. Die Anhänge zu ihrer Antwort wurden am 9. und 10. Juni 2011 übermittelt.

(11)

Nach dieser Antwort forderte die Kommission am 27. Juli 2011 zusätzliche Informationen an.

(12)

Um ihre Antwort auf die Fragen der Kommission vorzubereiten, hielten die belgischen Behörden am 26. September und 18. Oktober 2011 zwei Fachbesprechungen mit den Kommissionsdienststellen und dem Begünstigten der Beihilfemaßnahme ab. Am 14. November 2011 legte Belgien weitere Informationen zu den auf diesen Sitzungen angesprochenen Themen vor.

(13)

Am 5. Dezember 2011 übermittelten die belgischen Behörden ihre Antwort auf die von der Kommission gestellten Fragen vom 27. Juli 2011.

(14)

Die Kommission bat am 23. April 2012 um Klarstellungen zu den verschiedenen Informationen, welche die belgischen Behörden am 16. Mai 2012 vorgelegt hatten.

(15)

Eine Besprechung zwischen den belgischen Behörden, dem ONDD, SA Ducroire/Delcredere NV und den Kommissionsdienststellen fand am 21. Mai 2012 statt; im Anschluss daran übermittelten die belgischen Behörden mit Schreiben vom 31. Mai 2012 zusätzliche Erläuterungen. Mit Schreiben vom 14. Juni 2012 bekräftigten die belgischen Behörden ihren Standpunkt zur Kapitalzuweisungsmaßnahme, die von der Kommission beanstandet wird.

II.   DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

II.1.   DER BEGÜNSTIGTE UND SEINE GESCHÄFTSTÄTIGKEIT

(16)

Beim ONDD handelt es sich um eine auf dem Exportkreditversicherungsmarkt tätige „eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts“, die der belgische Staat unterstützt und für die er eine Garantie übernommen hat.

(17)

Bis zum 31. August 2003 wickelte das ONDD alle Geschäfte auf eigene Rechnung mit Absicherung durch die Garantie des belgischen Staates ab. Weder für das Geschäft mit kurzfristigen und langfristigen Kreditversicherungen noch für die marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken gab es keine getrennte Rechnungslegung. In der Mitteilung der Kommission an die Mitgliedstaaten nach Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag zur Anwendung der Artikel 92 und 93 EG-Vertrag auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (im Folgenden die „Mitteilung über die kurzfristige Exportkreditversicherung“) (5) sind marktfähige Risiken als wirtschaftliche und politische Risiken einer Risikodauer von weniger als zwei Jahren definiert, bei denen die Schuldner (6) in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in bestimmten Mitgliedstaaten der OECD, d. h. Australien, Kanada, Island, Japan, Neuseeland, Norwegen, der Schweiz und den USA, niedergelassen sind (7).

(18)

Am 1. September 2003 richtete das ONDD ein sogenanntes „Geschäftskonto“ — laut belgischen Behörden ohne Absicherung durch die staatliche Garantie — ein, das ab diesem Zeitpunkt dem gesamten Geschäft mit kurzfristigen Risiken zugeordnet war. Für dieses Geschäftskonto waren damals [45-70] Mio. EUR bereitgestellt worden, um die Zulassung durch die nationale Regulierungsbehörde für Versicherungen, das „Office de Contrôle des Assurances“ (im Folgenden „OCA“), zu erhalten. Innerhalb dieses Geschäftskontos gab es keine getrennte Rechnungslegung für marktfähige und nicht marktfähige Risiken.

(19)

Im Mai 2004 beschließt das ONDD, den bestehenden Geschäftsbereich für kurzfristige Exportkreditversicherungen in die neu gegründete Gesellschaft SA Ducroire/Delcredere NV auszugliedern. Den belgischen Behörden zufolge sei SA Ducroire/Delcredere NV gegründet worden, um der Mitteilung der Kommission über die kurzfristige Exportkreditversicherung Folge zu leisten. Darin werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre Exportkreditversicherungssysteme so zu ändern, dass Exportkreditversicherer für als „marktfähig“ eingestufte Risiken keine staatliche Unterstützung mehr erhalten.

(20)

Die Entscheidung, SA Ducroire/Delcredere NV zu gründen und ihr ein Kapital von 150 Mio. EUR zuzuweisen, wurde am 11. Mai 2004 vom Verwaltungsrat auf der Grundlage eines Geschäftsplans getroffen, den das ONDD für das Zeitfenster 2005-2007 erstellt hatte; darin waren zwei Szenarien vorgesehen: ein als „realistisch“ bezeichnetes Szenario A), das konjunkturabhängig von einer 3 %igen Zunahme der Versicherungssummen ausging; und ein als „dynamisch“ bezeichnetes Szenario B), das nach einem proaktiven, an Markteroberung orientierten Ansatz von einer Wachstumsannahme ausging, die doppelt so hoch war wie im realistischen Szenario, nämlich 6 % (8).

(21)

SA Ducroire/Delcredere NV wurde am 23. September 2004 gegründet; zu diesem Zeitpunkt brachte das ONDD 150 Mio. EUR in das Gesellschaftskapital ein, von denen 100 Mio. EUR sofort und die verbleibenden 50 Mio. EUR im Jahre 2009 eingezahlt wurden.

(22)

Am 1. Januar 2005 übertrug das ONDD sein Portfolio mit kurzfristigen Risiken an SA Ducroire/Delcredere NV, das damit seine Geschäftstätigkeit aufnahm. Das ONDD war dagegen weiter für die Verwaltung der langfristigen Risiken zuständig.

(23)

Somit verwaltet SA Ducroire/Delcredere NV sämtliche marktfähigen Risiken im Sinne der Mitteilung über die Exportkreditversicherung (bei denen es sich definitionsgemäß um kurzfristige Risiken handelt) sowie die kurzfristigen, nicht marktfähigen Risiken von Schuldnern, die nicht in der OECD niedergelassen sind und bei denen die Risikodauer weniger als zwei Jahre beträgt.

(24)

2007 übernahm SA Ducroire/Delcredere NV 33 % am Kapital von Komerčni ύvěrová pojišt'ovna EGAP (KUP) (Geschäftszweig der staatlichen Exportkreditversicherungsagentur Tschechiens) für einen Betrag von [12-14] Mio. EUR. Diese Übernahme erfolgte zusammen mit SACE BT, die ebenfalls mit 33 % bei KUP eingestiegen war. 2009 übernahm SA Ducroire/Delcredere NV die gesamte Beteiligung von SACE BT am Kapital von KUP für die Summe von [0-20] Mio. EUR. SA Ducroire/Delcredere NV erwarb so 66 % des Kapitals von KUP für einen Gesamtbetrag von [10-35] Mio. EUR. Von diesem Betrag wurden später 12 Mio. EUR als Wertverlust aus einer Beteiligung (negative Wertberichtigung der Investition) erfasst.

II.2.   DIE BESCHWERDE

(25)

Am 5. Juni 2007 ging eine Beschwerde bei der Kommission ein. Dem Beschwerdeführer zufolge nahm das ONDD eine Kapitalzuführung unter Bedingungen vor, auf die sich ein privater Kapitalgeber nicht eingelassen hätte. Einerseits liege die Rentabilität von SA Ducroire/Delcredere NV, wie sie bei der Kapitaleinbringung zu erwarten war, unter den Werten, die ein privater Geldgeber erwarten würde. Andererseits sei SA Ducroire/Delcredere NV mehr Kapital zugewiesen worden, als laut aufsichtsrechtlichen Vorschriften für eine angemessene Mindestkapitalausstattung notwendig, wenn man dies mit der durchschnittlichen Solvabilitätsquote (Netto-Prämienaufkommen/Eigenkapital) der anderen Anbieter in diesem Bereich vergleicht. Nur aufgrund dieser „überzogenen Kapitalzuführung“ im Jahre 2004 konnten SA Ducroire/Delcredere NV und SACE BT, so der Beschwerdeführer, im zweiten Halbjahr 2006 ein „konkurrenzlos günstiges“ gemeinsames Angebot für den Erwerb von 66 % der Anteile an KUP unterbreiten.

II.3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(26)

Die am 23. Februar 2011 eingeleitete Untersuchung bezog sich auf folgende Maßnahmen:

a)

die Garantie des belgischen Staates, die dem ONDD für seine marktfähigen Risiken gewährt worden sein soll (im Folgenden „Maßnahme 1“);

b)

die möglichen internen Mittelübertragungen (innerhalb des ONDD) aus dem Versicherungsgeschäft mit nicht marktfähigen Risiken hin zum Versicherungsgeschäft für marktfähige Risiken (vor Ausgliederung des Bereichs Versicherung kurzfristiger Risiken in SA Ducroire/Delcredere NV) (im Folgenden „Maßnahme 2“);

als das ONDD noch selbst als Exportkreditversicherer für marktfähige Risiken tätig war, gab es nämlich keine getrennte Verwaltung und Rechnungslegung für die marktfähigen und die (kurzfristigen) nicht marktfähigen Risiken, wie gemäß Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung gefordert. Gemäß Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung müssen staatlich unterstützte Exportkreditversicherungsanstalten „die Versicherung von marktfähigen Risiken und nichtmarktfähigen Risiken für Rechnung oder mit Garantie des Staates mindestens getrennt verwalten und getrennt Rechnung dafür legen, um zu zeigen, dass sie für die Versicherung von marktfähigen Risiken keine staatlichen Beihilfen erhalten.

c)

die Kapitalbereitstellung in Höhe von 150 Mio. EUR 2004 durch das ONDD für seine Tochtergesellschaft SA Ducroire/Delcredere NV (im Folgenden „Maßnahme 3“).

(27)

In Bezug auf Maßnahme 3 gelangte man im Einleitungsbeschluss zu dem Ergebnis, dass folgende Teile der Kapitalzuführung bei SA Ducroire/Delcredere NV keine Beihilfe bilden (9):

a)

der Anteil am Startkapital von SA Ducroire/Delcredere NV, der als Unterstützung für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken angesehen werden kann, (10) bildet keine Beihilfe. Nach Maßgabe der Mitteilung über die Exportkreditversicherung steht es nämlich den Mitgliedstaaten frei, die Exportkreditversicherung im Bereich der nicht marktfähigen Risiken zu unterstützen. Da dieses Geschäft angeblich nicht von Marktteilnehmern betrieben werden kann, kann von einer staatlichen Unterstützung hier grundsätzlich keine Wettbewerbsverzerrung ausgehen, und demnach kann auch keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV vorliegen. Die Kommission forderte Belgien daher auf, den Anteil am Kapital von SA Ducroire/Delcredere NV, mit dem das Geschäft für nicht marktfähige Risiken gestützt wurde, klar auszuweisen.

b)

Der Anteil am Kapital von SA Ducroire/Delcredere NV, der bereits innerhalb des ONDD dem Geschäftsbereich Versicherung marktfähiger Risiken zugutekam und der zusammen mit dem entsprechenden Geschäft einfach auf SA Ducroire/Delcredere NV übertragen wurde, bildet keine Beihilfe. Es soll sich lediglich um den Rechtsformwechsel für eine bereits bestehende wirtschaftliche Tätigkeit mit dem dazugehörigen Kapital handeln (11).

(28)

Die eventuell zu beanstandende neue Beihilfe (Maßnahme 3) betrifft somit nur den Anteil der Kapitalzuführung bei SA Ducroire/Delcredere NV, der nicht das Kreditversicherungsgeschäft mit nicht marktfähigen Risiken unterstützt und über den Kapitalanteil hinausgeht, der bereits innerhalb des ONDD bis zum 31. Dezember 2004 (unmittelbar vor Ausgliederung des Versicherungsgeschäfts für kurzfristige Risiken an SA Ducroire/Delcredere NV) für das Geschäft mit marktfähigen Risiken zur Verfügung stand.

(29)

Im vorliegenden Beschluss gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)   Zusätzliches Kapital: Anteil der Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV, der über den Kapitalanteil hinausgeht, der bis zum 31. Dezember 2004 (unmittelbar vor Ausgliederung des Versicherungsgeschäfts mit kurzfristigen Risiken in SA Ducroire/Delcredere NV) für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken (einschließlich marktfähiger und nicht marktfähiger Risiken) bereits innerhalb des ONDD zur Verfügung stand.

b)   Ergänzendes Kapital: Anteil am oben definierten zusätzlichen Kapital, der dem Kreditversicherungsgeschäft für marktfähige Risiken zugutekommt (d. h. das SA Ducoire/Delcredere NV zugewiesene Kapital, das dem Kreditversicherungsgeschäft für marktfähige Risiken zugutekommt und über den Kapitalanteil hinausgeht, der bereits zum 31. Dezember 2004 für das Geschäft mit marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD zur Verfügung stand.

(30)

Zum zusätzlichen Kapital gehört somit insbesondere das ergänzende Kapital (siehe Grafik unter Erwägungsgrund (141)).

(31)

Im Einleitungsbeschluss ging die Kommission vom Vorliegen eines umfangreichen zusätzlichen und ergänzenden Kapitals aus, da zwischen dem Kapital von 150 Mio. EUR, das bei der Gründung in SA Ducroire/Delcredere NV eingebracht wurde, und dem Kapital von [45-70] Mio. EUR, das innerhalb des ONDD dem Geschäftskonto für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken, also einschließlich der marktfähigen Risiken, vom 1. September 2003 bis 31. Dezember 2004 zugeordnet war, ein Missverhältnis bestand. Die Kommission wies also darauf hin, dass anscheinend zusätzliches und ergänzendes Kapital vorhanden war und die erwartete Rendite ziemlich niedrig schien.

(32)

Durch die Weigerung des ONDD und von SA Ducroire/Delcredere NV, Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung (siehe Erwägungsgründe (17) und(19)) Folge zu leisten, d. h. eine Verwaltung und Rechnungslegung getrennt nach marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken aufzubauen, war es der Kommission nicht möglich, den Umfang des „ergänzenden Kapitals“ bei der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens genau einzugrenzen. In ihrem Einleitungsbeschluss forderte die Kommission die belgischen Behörden daher auf, Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung Folge zu leisten und ihr anzugeben, welche Kapitalanteile das Geschäft mit kurzfristigen, nicht marktfähigen Risiken bzw. das Geschäft mit marktfähigen Risiken — vor und nach ihrer Ausgliederung in SA Ducroire/Delcredere NV — stützten.

III.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(33)

Bei der Kommission ist innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme der Beteiligten zum Einleitungsbeschluss eingegangen.

IV.   STELLUNGNAHME BELGIENS

In Bezug auf die Maßnahmen 1 und 2: Staatliche Garantie für marktfähige Risiken innerhalb des ONDD und interne Mittelübertragungen zugunsten der marktfähigen Risiken des ONDD

(34)

Laut Aussage Belgien lag der Schwerpunkt des ONDD immer auf den nicht marktfähigen Risiken, und diese Risiken standen in seinem Portfolio von jeher im Vordergrund. Nach 1993 (12) und vor Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union (EU) im Mai 2004 entfiel nur ein verschwindend kleiner Geschäftsanteil innerhalb des ONDD auf marktfähige Risiken. Ende 2003 stellten die Prämien für diesen Bereich nur rund [0-1] % des Bestands an kurzfristigen Risiken dar, und die Versicherungssummen beliefen sich lediglich auf rund […] Mio. EUR (siehe Tabelle 1 unten). Es ist festzuhalten, dass der sehr geringe Anteil marktfähiger Risiken damals nur deswegen versichert wurde, weil eine Verbindung zu einem nicht marktfähigen Risiko vorlag (13).

(35)

Erst mit dem EU-Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004 veränderte sich das Gleichgewicht zwischen marktfähigen und kurzfristigen, nicht marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD-Portfolios, da der Anteil marktfähiger Risiken im ONDD-Bestand von [0-1] % (ausgedrückt in Prämien) im Jahre 2003 auf [15-20] % im Jahre 2004 anstieg (siehe Tabelle 1 unten). Hierfür ist eine automatische Umschichtung der kurzfristigen Risiken von Schuldnern in den 10 neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aus der Kategorie nicht marktfähig in die Kategorie marktfähig verantwortlich.

(36)

In Bezug auf Maßnahme 1 fügten die belgischen Behörden hinzu, dass die Garantie des belgischen Staates schon seit 1. September 2003 nicht mehr für marktfähige Risiken nach ihrer Übertragung auf das Geschäftskonto galt, für welches das ONDD die Zulassung des OCA (14) nicht zuletzt deswegen erhalten habe, weil es nicht durch eine staatliche Garantie abgesichert ist (Geschäftsbereiche ohne staatliche Garantie unterliegen nicht der OCA-Aufsicht).

(37)

In Bezug auf die möglichen internen Mittelübertragungen innerhalb des ONDD hin zu marktfähigen Risiken machten die belgischen Behörden geltend, dass aufgrund der geringen Bedeutung des Geschäfts mit marktfähigen Risiken eine Mittelübertragung grundsätzlich nicht absichtlich erfolgte und, wenn überhaupt, nur De-minimis-Beträge ausmache (15).

(38)

Für die belgischen Behörden folgt daraus, dass bei Maßnahme 1 und Maßnahme 2 ohnehin nur De-minimis-Beträge im Spiel sind (16).

Tabelle 1:

Entwicklung von Prämienaufkommen und Versicherungssumme bei marktfähigen und nicht marktfähigen kurzfristigen Risiken (pauschale Ausfuhrpolicen/kurzfristig)

(in tausend EUR)

 

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

Marktfähige Risiken

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

 

 

 

Nicht marktfähige Risiken

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

[…]

[…]

[…]

[…]

 

 

 

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Versicherungssumme

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

 

Marktfähige Risiken

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

 

 

 

Nicht marktfähige Risiken

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

[…]

[…]

[…]

[…]

 

 

 

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

Prämie

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

(in %)

 

 

 

 

 

 

 

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

Marktfähige Risiken

[0-1 %]

[0-1 %]

[0-1 %]

[0-1 %]

[20-25 %]

[20-25 %]

[25-30 %]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

[20-25 %]

[15-20 %]

[15-20 %]

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

 

 

 

Nicht marktfähige Risiken

[99-100 %]

[99-100 %]

[99-100 %]

[99-100 %]

[75-80 %]

[75-80 %]

[70-75 %]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

[20-25 %]

[15-20 %]

[20-25 %]

[20-25 %]

 

 

 

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

Versicherungssumme

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

 

 

 

 

 

 

 

Marktfähige Risiken

[0-1 %]

[0-1 %]

[0-1 %]

[0-1 %]

[15-20 %]

[15-20 %]

[15-20 %]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

[15-20 %]

[10-15 %]

[10-15 %]

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

 

 

 

 

 

 

 

Nicht marktfähige Risiken

[99-100 %]

[99-100 %]

[99-100 %]

[99-100 %]

[80-85 %]

[80-85 %]

[80-85 %]

davon marktfähig seit 2004 (10 neu beigetretene Länder)

[15-20 %]

[15-20 %]

[15-20 %]

[15-20 %]

 

 

 

davon marktfähig seit 2007 (2 neu beigetretene Länder)

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[0-5 %]

[5-10 %]

Prämie

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

In Bezug auf Maßnahme 3: Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD

(39)

Als Begründung dafür, dass die Kapitalzuweisung des ONDD an SA Ducroire/Delcredere NV notwendig war und die Anforderungen des privaten Kapitalgebers erfüllte, brachten die belgischen Behörden folgende Argumente vor: (1) Der Vorgang muss im richtigen Zusammenhang, d. h. als Übertragung eines bestehenden Geschäftsbereichs in Form einer Ausgliederung gesehen werden. (2) Die Kapitalzuführung ist nach den Solvabilitätsvorschriften gerechtfertigt. (3) Die erwartete Rentabilität des marktfähigen Geschäfts bei SA Ducroire/Delcredere NV war ausreichend, um einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber zu veranlassen, diese Investition vorzunehmen.

1.   Der Vorgang besteht aus der Übertragung eines bestehenden Geschäftsbereichs (18)

(40)

Die belgischen Behörden sind der Auffassung, dass die Kapitalzuführung im richtigen Zusammenhang, nämlich als Übertragung eines bestehenden Geschäftsbereichs, beurteilt werden müsse. Das gesamte, bei der Gründung auf SA Ducroire/Delcredere NV übertragene Geschäft sei im Grunde nichts anderes als eine Ausgliederung des kurzfristigen Risikobestands des ONDD.

(41)

Hierzu erklären die belgischen Behörden, dass alle Bilanzposten des Geschäftskontos mit Bezug zum gewerblichen Geschäft in die Eröffnungsbilanz von SA Ducroire/Delcredere NV übernommen wurden. Auf der Aktivseite wurden nur Forderungen aus bereits im Bestand erfassten Versicherungspolicen übertragen (die Anlagen wurden nicht übertragen). Auf der Passivseite wurden nur Posten in Verbindung mit dem bestehenden Versicherungsportfolio übertragen, d. h. das Kapital, die Rücklagen und Rückstellungen für Wertberichtungen und Katastrophen waren davon ausgenommen (19). Wie die belgischen Behörden betonen, wurden die dem Geschäftskonto zugewiesenen [45-70] Mio. EUR nicht an SA Ducroire/Delcredere NV übertragen, da zur Bestimmung der Kapitalausstattung eine eigene Bewertung vorgenommen wurde.

(42)

Die belgischen Behörden behaupten, dass das dem Geschäftskonto zugewiesene Kapital kein relevanter Vergleichsmaßstab sei, um den Kapitalbedarf von SA Ducroire/Delcredere NV zu beurteilen. Der Kapitalbedarf für das Geschäftskonto sei einfach unter Zugrundelegung der Vorschriften der Richtlinie 2002/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. März 2002 zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG des Rates hinsichtlich der Bestimmungen über die Solvabilitätsspanne für Schadenversicherungsunternehmen (20) (im Folgenden „Richtlinie Solvabilität I“) aus aufsichtsrechtlicher Sicht geschätzt worden, um die Zulassung durch das OCA für das kurzfristige Geschäft zu erhalten, da hierfür ja keine staatliche Garantie mehr galt, doch dieses Kapital entspreche nicht dem wirtschaftlichen Kapitalumfang, wie er für eine Absicherung des Geschäfts mit diesem Risikoprofil erforderlich sei.

(43)

Den belgischen Behörden zufolge unterscheidet sich das Verhalten eines privaten Kapitalgebers, der mit einer neuen Investition Rendite anstrebt, vom Vorgehen einer Muttergesellschaft, die bestehende Geschäftsbereiche ausgliedert. Eine andere Sichtweise könnte — so die belgischen Behörden — ein staatliches Unternehmen dazu veranlassen, eine Wirtschaftstätigkeit zu verkaufen oder einzustellen, sobald sie aus Sicht eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers keine ausreichende Rentabilität bietet, was gegen das Neutralitätsgebot für öffentliches Kapital gemäß Artikel 345 AEUV verstoßen würde.

2.   Verfahren, mit denen die Kapitalausstattung von SA Ducroire/Delcredere NV gerechtfertigt wurde

(44)

Die belgischen Behörden behaupten, dass zur Bestimmung des Kapitalbedarfs bei Kreditversicherern 2004 zwei Verfahren in Betracht kamen: (a) die klassische Methode der Versicherungswirtschaft im Allgemeinen gemäß den Vorgaben der Richtlinie Solvabilität I, der eine Risikovergütung (d. h. durch Prämien) zugrunde liegt („premium based approach“), und (b) das risikobasierte Verfahren („exposure based approach“), wie z. B. die für den Bankensektor geltenden aufsichtsrechtlichen Basel-Vorschriften und die Standard & Poor's-Methode zur Ermittlung des Kapitalbedarfs für einen Kreditversicherer.

Geltende aufsichtsrechtliche Vorschriften: Solvabilität I

(45)

Im Fall von SA Ducroire/Delcredere NV sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass das laut Richtlinie Solvabilität I vorgesehene Verfahren dem globalen Finanzprofil eines Versicherers nicht hinreichend Rechnung trägt.

(46)

Laut Richtlinie Solvabilität I entspricht die geforderte Solvabilitätsspanne dem höheren Wert von zwei Beträgen, die sich entweder aus dem jährlichen Prämien- bzw. Beitragsaufkommen oder aus der mittleren Schadensbelastung für die letzten drei Geschäftsjahre ergeben. Allerdings liegt die absolute Mindestschwelle bei 3 Mio. EUR für die Jahre 2004-2006 und bei 3,2 Mio. EUR für die Jahre 2007-2009.

(47)

Bei Anwendung dieser Vorschriften durch das ONDD ergibt sich eine Mindest-Kapitalausstattung von rund 3-3,3 Mio. EUR  (21) für SA Ducroire/Delcredere NV zwischen 2005 und 2007 auf der Grundlage des Geschäftsplans (siehe Tabelle 2 unten).

(48)

Belgien macht geltend, dass der Kapitalbedarf von Kreditversicherern eher von den auftretenden Risiken als von der Risikovergütung (Prämien) abhängt und risikobasierte Verfahren („exposure based approach“), wie z. B. Artikel 8 des ONDD-Gesetzes von 1939, die Standard & Poor's-Methode zur Ermittlung des Kapitalbedarfs, die bankenaufsichtsrechtlichen Basel-Vorschriften, besser geeignet sind als die Richtlinie Solvabilität I, die auf der Risikovergütung (d. h. durch Prämien) basiert („premium based approach“).

(49)

Den belgischen Behörden zufolge ist das Portfolio der von SA Ducroire/Delcredere NV versicherten Risiken insofern atypisch, als es im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern überwiegend nicht marktfähige Risiken im Sinne der Mitteilung über die Exportkreditversicherung absichert. Die Risiken, die ein solches Portfolio mit sich bringe, seien wesentlich höher als bei einem Portfolio, das ausschließlich oder teilweise aus marktfähigen Risiken besteht, und rechtfertigten Belgien zufolge die Anwendung noch umsichtigerer Vorschriften.

„Exposure based approach“: i) Anwendung von Artikel 8 des ONDD-Gesetzes von 1939 auf SA Ducroire/Delcredere NV

(50)

Die belgischen Behörden halten die Anwendung von Artikel 8 des ONDD-Gesetzes vom 31. August 1939 (22) (im Folgenden „Gesetz von 1939“) in diesem Fall für geeignet, weil es sich an das Konzept „exposure based approach“ anlehnt. Es ist jedoch klarzustellen, dass Artikel 8 des ONDD-Gesetzes von 1939 keine aufsichtsrechtliche Wirkung für SA Ducroire/Delcredere NV hat, da es nur für das ONDD gilt.

(51)

Obwohl in Artikel 8 der Höchstbetrag für die ONDD-Verbindlichkeiten aus seinem Eigengeschäft mit staatlicher Absicherung und für das Geschäft im Auftrag des Staates zudem genannt wird, sind die belgischen Behörden der Auffassung, dass Artikel 8 des Gesetzes von 1939 einen ersten Anhaltspunkt für SA Ducroire/Delcredere NV bildet, für die jedoch keine staatliche Garantie gilt.

(52)

Unter Zugrundelegung von Artikel 8 Absatz 1 des Gesetzes von 1939, in dem es (23) heißt, dass die Verbindlichkeiten das 20fache der Kapitalausstattung und allgemeinen Rücklagen zusammen nicht überschreiten dürfen, setzen die belgischen Behörden (24) den Kapitalbedarf für SA Ducroire/Delcredere NV zwischen 2005 und 2007 mit rund 92-106 Mio. EUR auf der Grundlage des Geschäftsplans an (siehe Tabelle 2 unten).

„Exposure based approach“: ii) von Standard & Poor's entwickeltes Modell

(53)

In ihrer Stellungnahme verweisen die belgischen Behörden auf das von Standard & Poor's entwickelte Verfahren, um den Kapitalbedarf eines Kreditversicherers zu bestimmen.

(54)

Zur Ermittlung des entsprechenden Kapitalumfangs (25) arbeitet Standard & Poor's mit einem risikobasierten Modell („exposure based approach“), und parallel dazu wird die Rückversicherung der Versicherungsgesellschaft bewertet. Der Kapitalbedarf wird nach einer Methodik ermittelt, bei der die Bruttoschadensbelastung mit der Bruttoversicherungssumme („the gross loss over gross exposure method“) über einen Zeitraum von (normalerweise) 10 Jahren verglichen wird. Die jeweils höhere Quote aus diesem Zeitraum wird mit dem Faktor 1,25 multipliziert und auf die prognostizierten, um den Rückversicherungseffekt bereinigten Versicherungssummen angewandt. Das Modell beruht auf der Annahme, dass der Bestand des Versicherers geografisch und nach Geschäftsfeld („line of business“) vernünftigerweise gut diversifiziert ist.

(55)

Die belgischen Behörden verweisen zwar auf das von Standard & Poor's entwickelte Verfahren, haben es aber zur Ermittlung des Kapitalbedarfs für SA Ducroire/Delcredere NV nicht verwendet.

„Exposure based approach“: iii) Anwendung der Basel I-Vorschriften auf den Kreditversicherer (Cooke-Kennzahl)

(56)

Den belgischen Behörden zufolge seien die Basel-Vorschriften zur Beurteilung der Solvabilität von Kreditversicherern besser geeignet als die derzeit geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften, nämlich die Richtlinie Solvabilität I. Für den Einsatz der Basel-Vorschriften sprächen die Art des Geschäfts der Kreditversicherer und der Vorsichtsgrundsatz. Den Behörden zufolge sei die Kreditversicherung mit dem Kreditgeschäft der Banken in Bezug auf das Gegenparteirisiko vergleichbar (und davon hauptsächlich mit dem Zahlungsausfallrisiko des Schuldners). Außerdem umfasse das Geschäft von SA Ducroire/Delcredere NV — anders als bei den übrigen privaten Kreditversicherern — im Wesentlichen Kreditrisiken durch Schuldner in weniger entwickelten Ländern oder Schwellenländern (Risiken in Zone 2 (26)).

(57)

So sei den belgischen Behörden zufolge die Cooke-Kennzahl aus den aufsichtsrechtlichen Basel I-Vorschriften, die eine Mindestkapitalausstattung in Höhe von 8 % der Netto-Verbindlichkeiten vorschreibt, besser geeignet, um die Solvabilität von Kreditversicherern zu beurteilen.

(58)

Aus dem Protokoll der ONDD-Verwaltungsratssitzung am 20. April 2004 geht hervor, dass der Verwaltungsrat zur Ermittlung des Kapitalbedarfs für SA Ducroire/Delcredere NV die Cooke-Quote herangezogen hat mit der Begründung, dass die Fa. gegenüber ihren Wettbewerbern mit einer ausreichenden Glaubwürdigkeit ausgestattet werden müsse.

(59)

Die belgischen Behörden verwenden in den Berechnungen nämlich nicht 8 % als Kennzahl, wie laut Basel I-Vorschriften vorgeschrieben, sondern 10 %, um einen Sicherheitspuffer zu schaffen.

(60)

Der so vom ONDD ermittelte Kapitalbedarf für SA Ducroire/Delcredere NV, wie er (27) in den der Regulierungsbehörde vorgelegten Finanzplänen und in der Info-Mitteilung von 20. April 2004 angegeben ist, belief sich auf rund 68-74 Mio. EUR Ende 2006 (siehe Tabelle 2 unten). Auf dieser Grundlage hatte der Verwaltungsrat auch seine grundsätzliche Zustimmung zur Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV mit einem gezeichneten Kapital von 150 Mio. EUR erteilt. Laut gebilligten Geschäftsannahmen war nur die Versicherung von Risiken aus Zone 2 und in den 10 Ländern vorgesehen, die der Europäischen Union im Mai 2004 beigetreten sind.

(61)

Demgegenüber wurde in der strategischen Mitteilung vom 28. September 2004 (28) der vom ONDD gemäß Cooke-Kennzahl geschätzte Kapitalbedarf (10 % der Netto-Verbindlichkeiten) zwischen 2005 und 2007 auf rund 74-101 Mio. EUR angesetzt. Anders als in den Finanzprognosen der Mitteilung vom April 2004 war laut Finanzprognosen vom September 2004 die Versicherung aller kurzfristigen Risiken, also auch in den Zonen 1 und 2 einbezogen. In dieser Mitteilung heißt es abschließend, dass „ein voll eingezahltes Kapital von 100 Mio. EUR für das kurzfristige Geschäft mit pauschalen Exportpolicen bis 2007 ausreicht, der Wert danach aber überprüft werden muss“.

(62)

Nach Auffassung der belgischen Behörden ist die Anwendung der Cooke-Kennzahl nicht die richtige Methode, um den Kapitalbedarf separat für das marktfähige und das nicht marktfähige Geschäft zu ermitteln, denn die Cooke-Kennzahlmethode, die beim Forderungsbestand ansetzt, setze eine bestimmte Linearität voraus und berücksichtige dabei die Vielfalt der verschiedenen zugrunde liegenden Risiken nur unzureichend.

Anwendung des Verfahrens aus der Richtlinie Solvabilität II mit interner Modellrechnung für die politischen Risiken

(63)

Die Solvabilität II-Vorschriften fallen unter die Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (29) (im Folgenden „Richtlinie Solvabilität II“).

(64)

Zur Unterscheidung des Kapitalbedarfs für das marktfähige Geschäft einerseits und das nicht marktfähige Geschäft andererseits hat das ONDD 2011 eine Methodik entwickelt, die es für besser geeignet hält. Es handelt sich um die im Rahmen der Quantitative Impact Study 5 (QIS 5) entwickelte Solvabilität II-Standardformel (30), bei welcher der Kapitalbedarf zur Absicherung des politischen Risikos zusammen mit einer internen Modellrechnung so abgestimmt wird, dass die Solvabilitätsvorgaben für ein Rating A erfüllt sind, und in die dann die Parameter für das Jahr 2004 eingesetzt werden.

(65)

Den belgischen Behörden zufolge kann vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass ein umsichtiger privater Kapitalgeber 2004 diese Methodik zugrunde gelegt hätte.

(66)

Das ONDD verwendete die Solvabilität II-Standardformel QIS 5 für alle Risiken, nicht aber für politische Risiken. Den belgischen Behörden zufolge ist das politische Risiko bei Kreditversicherungen mit einer Art Katastrophenrisiko vergleichbar. Nun wird aber das Katastrophenrisiko bei Kreditversicherungen den belgischen Behörden zufolge mit der derzeitigen Solvabilität II-Standardformel QIS 5 nur unzureichend erfasst. Daher sei der Einsatz eines internen Modells gerechtfertigt, um den Kapitalbedarf für politische Risiken einzuschätzen.

(67)

Nach diesem Ansatz wird der Kapitalbedarf von SA Ducroire/Delcredere NV (31) auf rund 80-99 Mio. EUR zwischen 2005 und 2007 und auf rund [125-150] Mio. EUR im Jahre 2009 auf der Grundlage des Geschäftsplans geschätzt (siehe Tabelle 2 unten). Davon entfällt der größte Teil auf die Absicherung des politischen Risikos.

(68)

Auf Wunsch der Kommission haben die belgischen Behörden den Kapitalbedarf für SA Ducroire/Delcredere NV unter Anwendung der Solvabilität II-Standardformel QIS 5 für alle Risikotypen (auch das politische Risiko) geschätzt. In diesem Fall wäre der Kapitalbedarf von SA Ducroire/Delcredere NV (32) zwischen 2005 und 2007 um rund 23-25 Mio. EUR und im Jahre 2009 rund [25-50] Mio. EUR niedriger (siehe Tabelle 2 unten).

Tabelle 2:

Bestimmung des Kapitals für SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD/die belgischen Behörden für 2005, 2007 und 2009 nach zwei verschiedenen Wachstumsszenarien und nach unterschiedlichen Ansätzen

(in Mio. EUR)

 

Methodik

Szenario (33)

Berichtszeitraum

Kapitalbedarf für marktfähige Risiken

Kapitalbedarf für nicht marktfähige Risiken

Summe

Auf der Grundlage des Geschäftsplans

Solvency I

gemäß Stellungnahme vom Dezember 2011

A (3 %)

Ende 2005

3,0

3,0

3 (34)

Ende 2007

3,2

3,2

3,2 (34)

B (6 %)

Ende 2005

3,0

3,0

3,0 (34)

Ende 2007

3,2

3,2

3,3 (34)

Artikel 8 des Gesetzes 1939

gemäß Stellungnahme vom Dezember 2011

A (3 %)

Ende 2005

 

 

92

Ende 2007

 

 

97

Ende 2009

 

 

[100-125]

B (6 %)

Ende 2005

 

 

95

Ende 2007

 

 

106

Ende 2009

 

 

[100-125]

Cooke-Kennzahl/Basel I

(10 % der Netto-Verbindlichkeiten)

Laut Verwaltungsratsprotokoll vom 20.4.2004 und, wie sie bei der Regulierungsbehörde angemeldet wurden

A (3 %)

Ende 2006

 

 

68,2

B (6 %)

Ende 2006

 

 

74,3

Cooke-Kennzahl/Basel I

(10 % der Netto-Verbindlichkeiten)

Gemäß strategischer Mitteilung vom 28.9.2004

A (3 %)

Ende 2005

 

 

73,5

Ende 2007

 

 

92,2

B (6 %)

Ende 2005

 

 

77,4

Ende 2007

 

 

100,7

Cooke-Kennzahl/Basel I

(10 % der Netto-Verbindlichkeiten)

gemäß Stellungnahme vom Dezember 2011

A (3 %)

Ende 2009

 

 

[100-125]

B (6 %)

Ende 2009

 

 

[125-150]

Solvabilität II, „Standardmethode“ (von 2011)

gemäß Stellungnahme vom Dezember 2011, Anhang B10

A (3 %)

Ende 2005

7,0

48,0

55,0

Ende 2007

9,0

56,0

65,0

Ende 2009

[10-20]

[65-80]

[75-100]

B (6 %)

Ende 2005

8,0

51,0

59,0

Ende 2007

10,0

64,0

74,0

Ende 2009

[5-15]

[70-85]

[75-100]

Solvency II mit interner Modellrechnung für politische Risiken

gemäß Stellungnahme vom Dezember 2011

A (3 %)

Ende 2005

7,0

73,0

80,0

Ende 2007

9,0

81,0

90,0

Ende 2009

[5-15]

[110-135]

[125-150]

B (6 %)

Ende 2005

8,0

74,0

82,0

Ende 2007

10,0

89,0

99,0

Ende 2009

[5-15]

[120-135]

[125-150]

Kapital (QIS 5 + internes Modell) angepasst (siehe Erwägungsgrund (76)) einschl. kumuliertem Gewinn  (35)

A (3 %)

Ende 2005

9,8

90,2

100,0

Ende 2007

10,8

91,7

102,5

Ende 2009

[5-15]

[130-145]

[135-160]

B (6 %)

Ende 2005

9,8

90,2

100

Ende 2007

11

92,3

103,3

Ende 2009

[10-20]

[140-155]

[150-175]

Auf der Grundlage der erzielten Zahlen

Eingezahltes Kapital der Zuweisung

gemäß Stellungnahme vom 31. Mai 2012

 

Ende 2011

[40-80]

[70-110]

150,0

(69)

In seinen Stellungnahmen vom 16. und 31. Mai 2012 stellte das ONDD klar, dass nach den zwischen 2007 und 2009 getroffenen strategischen Entscheidungen (z. B. Wechsel in der Rückversicherungsstrategie, Änderungen bei den Risikoparametern des Portfolios für nicht marktfähige Risiken), die in seinem Strategieplan von 2004 nicht vorgesehen waren, intern Kapital von den nicht marktfähigen Geschäften hin zu den marktfähigen Geschäften umgeschichtet wurde.

3.   Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers

(70)

Den belgischen Behörden zufolge erfüllt die Einbringung des Startkapitals durch das ONDD bei der Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV die Anforderungen eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers.

Rentabilität nach den Prognosen von 2004

(71)

Laut Mitteilung vom April 2004 erwartete das ONDD gemäß Szenario 1B, das von einem Geschäftswachstum von 6 % ausging, eine Eigenkapitalrendite („return on equity“ oder „ROE“) von 1,3 %-1,5 % für die ersten drei Geschäftsjahre von SA Ducroire/Delcredere NV (2005, 2006 und 2007) unter Einbeziehung der Schadensausgleichreserve bzw. von 2,2 %-2,9 % für dieselben Jahre unter Ausklammerung der Schadensausgleichreserve.

Tabelle 3:

Finanzprognosen vom April 2004 (Einzugsbereich: Zone 1 „10 Beitrittsländer“ + Zone 2)

(in tausend EUR)

 

Szenario 1A:

Wachstum 3 %

Szenario 1B:

Wachstum 6 %

 

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft

– 527

– 536

– 543

47

389

763

Ergebnis aus der Verwaltungstätigkeit

1 643

1 692

1 742

1 749

1 885

2 029

Versicherungstechnisches Ergebnis

1 116

1 156

1 199

1 797

2 274

2 792

Zuführung Schadensausgleichreserve

– 837

– 867

– 899

– 1 347

– 1 706

– 2 094

Versicherungstechnisches Ergebnis nach Schadensausgleichreserve

279

289

300

449

569

698

Finanzergebnis

2 360

2 468

2 577

2 369

2 499

2 641

Steuern und Abgaben

– 871

– 910

– 949

– 930

– 1 012

– 1 102

Ergebnis

1 768

1 847

1 927

1 888

2 055

2 237

Kapital

150 000

150 000

150 000

150 000

150 000

150 000

Return on equity (Ergebnis/Kapital)

1,2 %

1,2 %

1,3 %

1,3 %

1,4 %

1,5 %

Ergebnis + Schadensausgleichreserve

2 605

2 715

2 826

3 235

3 761

4 331

ROE vor Schadensausgleichreserve

(Ergebnis + Schadensausgleichreserve)/Kapital

1,7 %

1,8 %

1,9 %

2,2 %

2,5 %

2,9 %

Cashflow

5 744

5 190

5 803

6 634

6 557

7 742

Erforderliche Kapitalausstattung für das Geschäft

68 186

74 319

Quelle: ONDD. Es handelt sich um die Finanzprognosen aus Anhang 8 Seite 70 (Mitteilung „Gründung einer Aktiengesellschaft“, die dem ONDD-Verwaltungsrat am 20. April 2004 vorgelegt wurde) aus der Stellungnahme der belgischen Behörden vom 1. Juni 2011.

(72)

In der am 28. September 2004 dem Verwaltungsrat vorgelegten Mitteilung — also nach der Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV am 23. September 2004 — erwartete das ONDD nach dem „dynamischen Szenario 6 % Wachstum“ einen ROE von 1,3 %-1,9 % für die ersten drei Jahre 2005, 2006 und 2007 unter Einbeziehung der Schadensausgleichreserve bzw. von 2,8 %-4,3 % für dieselben Jahre bei Vernachlässigung der Schadensausgleichreserve. In den Finanzprognosen vom September 2004 sind leicht abweichende Ergebnisse gegenüber April 2004 zu erkennen, da man im September 2004 einen erweiterten Einzugsbereich (die gesamte Zone 1) zugrunde legte. Außerdem wurden bestimmte Annahmen im September 2004 revidiert.

Tabelle 4:

Finanzprognosen vom September 2004 (Einzugsbereich: Zone 1 und Zone 2 zusammen)

(in tausend EUR)

 

Szenario 1A

Wachstum 3 %

Szenario 1B

Wachstum 6 %

 

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft (36)

– 229

49

292

330

924

1 504

davon nicht marktfähige Risiken (Zone 2)

378

688

970

918

1 537

2 148

davon marktfähige Risiken (Zone 1 „10 Beitrittsländer“)

– 619

– 579

– 545

– 600

– 553

– 511

davon sonstige marktfähige Risiken (Zone 1 „Sonstige Länder“)

13

– 12

3

31

43

109

Ergebnis aus der Verwaltungstätigkeit

1 662

1 734

1 805

1 768

1 924

2 086

Versicherungstechnisches Ergebnis

1 433

1 783

2 096

2 097

2 848

3 590

Zuführung Schadensausgleichreserve

– 1 066

– 1 383

– 1 672

– 1 564

– 2 182

– 2 392

Versicherungstechnisches Ergebnis nach Schadensausgleichreserve

367

400

425

533

667

1 197

Finanzergebnis

1 366

1 470

1 581

1 375

1 500

1 642

Steuern und Abgaben

– 568

– 637

– 706

– 626

– 735

– 981

Ergebnis

1 165

1 233

1 300

1 282

1 432

1 858

Kapital

100 000

100 000

100 000

100 000

100 000

100 000

Return on equity (Ergebnis/Kapital)

1,2 %

1,2 %

1,3 %

1,3 %

1,4 %

1,9 %

Ergebnis + Schadensausgleichreserve

2 231

2 616

2 972

2 846

3 614

4 251

ROE vor Schadensausgleichreserve

(Ergebnis + Schadensausgleichreserve)/Kapital

2,2 %

2,6 %

3,0 %

2,8 %

3,6 %

4,3 %

Cashflow

5 358

5 152

6 080

6 233

6 471

7 796

Erforderliche Kapitalausstattung für das Geschäft

73 506

82 798

92 150

77 419

88 931

100 696

Quelle: ONDD. Es handelt sich um die Finanzprognosen auf Seite 28 und in Anhang 9 der strategischen Mitteilung vom 28. September 2004 mit dem Titel „Strategische Leitlinien für das ONDD und seine SA“, die am 28. September 2004 dem ONDD-Verwaltungsrat vorgelegt wurde und die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 in Anhang 10 ihrer Stellungnahme übermittelt haben.

(73)

Anders als in der Mitteilung vom April 2004 vorgegeben, wird der ROE anhand der 100 Mio. EUR eingezahlten Kapitals unter Vernachlässigung der 50 Mio. EUR zusätzlichen Kapitals berechnet, das noch nicht eingezahlt war.

(74)

In Bezug auf den erwarteten ROE für das Geschäft mit marktfähigen Risiken erklärten die belgischen Behörden, dass die Aufschlüsselung, wie sie in der strategischen Mitteilung an den Verwaltungsrat vom 28. September 2004 (37) dargelegt wurde, für die Rentabilitätsanalyse des marktfähigen und nicht marktfähigen Geschäfts unerheblich sei. Den Erklärungen der belgischen Behörden zufolge (38) sind diese Prognosen irreführend, da die Schadenshäufigkeit bei den 2004 zu marktfähigen Risiken umgestuften Risiken weit überhöht angesetzt war, andererseits aber die Möglichkeit für einen Versicherer vernachlässigt wurde, die Prämien bei tatsächlich beobachteter erhöhter Schadenshäufigkeit anzupassen. Die belgischen Behörden machen deutlich, dass der ONDD-Verwaltungsrat den Umfang der Kapitalausstattung für SA Ducroire/Delcredere NV nicht anhand der Zweiteilung in Anhang 9 der strategischen Mitteilung entschieden hat.

Rentabilität nach den Ex-post-Prognosen von 2011

(75)

Diese Prognosen von 2004 wurden daher bei den Prognosen getrennt nach marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken nicht zugrunde gelegt, wie sie der Kommission im Juni 2011 vorgelegt wurden. Für die Stellungnahme vom Juni 2011 sind wiederum Altdaten von vor 2004 und die damaligen Leistungen der Wettbewerber von SA Ducroire/Delcredere NV ausschlaggebend. Nach Auffassung Belgiens spiegelt der Ansatz aus der Stellungnahme vom Juni 2011 die Denkweise am besten wieder, der ein privater Kapitalgeber 2004 hätte folgen können, und steht gleichzeitig im Einklang mit dem konsolidierten Ergebnis.

(76)

In ihrer Stellungnahme vom Juni 2011 haben die belgischen Behörden die Rendite für die marktfähigen Geschäfte bezogen auf das für dieses Geschäft bereitgestellte Kapital nach dem Modell Solvabilität II (Standardformel QIS 5 und internes Modell) geschätzt; das Verfahren war auf Wunsch der Kommission nachträglich entwickelt worden. Es ist festzuhalten, dass die Differenz zwischen der Mindestkapitalausstattung nach diesem Modell, d. h. 82 Mio. EUR, und dem tatsächlich eingezahlten Kapital von 100 Mio. EUR in dem Umfang in das marktfähige und nicht marktfähige Geschäft geflossen ist, wie dies dem jeweiligen Anteil am Mindestkapital von 82 Mio. EUR entspricht. Demnach beliefe sich das „angepasste“ Kapital für marktfähige Risiken laut Schätzung des ONDD auf 9,8 Mio. EUR im Jahre 2005 (39) (siehe Tabelle 5 unten).

(77)

Auf der Grundlage der Finanzprognosen, die von den belgischen Behörden 2011 in überarbeiteter Form vorgelegt wurden, und ihren Schätzungen für die Kapitalzuweisung an das Geschäft mit marktfähigen Risiken ergibt sich, wie unter Erwägungsgrund (76) erklärt, im Geschäft mit marktfähigen Risiken für 2005-2007, wie von den belgischen Behörden ermittelt, folgende Rentabilität:

Tableau 5:

2011 neu berechnete Finanzprognosen (40)

(in tausend EUR)

 

Szenario 1B

(Wachstum 6 %)

marktfähige Risiken

Szenario 1B

(Wachstum 6 %)

nicht marktfähige Risiken

Finanzprognosen

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Haushalt 2005

Haushalt 2006

Haushalt 2007

Ergebnis aus dem Versicherungsgeschäft

656

516

596

– 326

408

908

Ergebnis aus der Verwaltungstätigkeit

292

329

363

1 476

1 596

1 723

Versicherungstechnisches Ergebnis vor Rückstellung

948

845

959

1 150

2 004

2 631

Zuführung Schadensausgleichreserve

– 328

– 347

– 368

– 1 236

– 1 835

– 2 024

Versicherungstechnisches Ergebnis nach Schadensausgleichreserve

620

497

591

-86

170

607

Finanzergebnis

280

347

374

1 095

1 153

1 268

Steuern und Abgaben

– 297

– 279

– 318

– 330

– 456

– 664

Ergebnis nach Steuern

603

566

646

679

866

1 212

Kapital (QIS 5 + internes Modell) angepasst8 (41)

9 756

10 322

10 969

90 244

91 110

92 321

Angepasstes Kapital + Schadensausgleichreserve

9 756

10 437

11 205

90 244

91 743

93 671

ROE (Ergebnis/Kapital)

6,2 %

5,5 %

5,9 %

0,8 %

1,0 %

1,3 %

Ergebnis + Schadensausgleichreserve

823

799

893

1 511

2 068

2 519

ROE vor Schadensausgleichreserve

8,4 %

7,7 %

8,0 %

1,7 %

2,3 %

2,7 %

(78)

Die belgischen Behörden berechnen den ROE auf der Grundlage von 100 Mio. EUR eingezahlten Kapitals unter Vernachlässigung der 50 Mio. EUR zusätzlich gezeichneten Kapitals, das erst 2009 eingezahlt wurde.

(79)

Auf die Bedenken im Einleitungsbeschluss, dass ein privater Kapitalgeber eine Vergütung für das nicht eingezahlte Kapital verlangen würde, da er es im Konkursfalle verlieren würde, antworteten die belgischen Behörden, dass sie bei ihrem Standpunkt bleiben, nämlich dass das Kapital von 50 Mio. EUR nicht in die Berechnung der Rentabilität einbezogen werden darf, solange es nicht effektiv eingezahlt ist. Ihnen zufolge würde der Konkurs (vorausgesetzt, dass das gezeichnete Restkapital dann abgerufen wird) nur bewirken, dass sich die Laufzeit einer derartigen Anlage verkürzt. Wie sie ferner hinzufügten, konnte das ONDD dieses Kapital von 50 Mio. EUR bis zur Einzahlung 2009 frei auf dem Markt anlegen, um sich eine entsprechende Rendite zu sichern.

(80)

Außerdem sei — so die belgischen Behörden — eine Anlagenverzinsung von 2 %, wie sie in den Prognosen von 2004 verwendet und in den Berechnungen aus Tabelle 5 berücksichtigt wird, niedriger als der Wert, den ein privater Kapitalgeber wahrscheinlich verwendet hätte. Ausgehend von einer Anlagenverzinsung von 3,5 % ermittelten die belgischen Behörden, dass sich die Renditeerwartung für marktfähige Geschäfte (ROE bereinigt um die Schadensausgleichreserve) zwischen 2005 und 2007 bei von rund 9,7-10,4 % bewegen hätte (gegenüber rund 7,7-8,4 % bei einer Anlagenverzinsung von 2 %) (42).

Verwendung der ROR-Quote

(81)

Die belgischen Behörden sind der Auffassung, dass für die Bewertung der erwarteten Rendite einer Anlage der Begriff Economic Return on Revenue (im Folgenden „ROR“), am besten geeignet ist, auch wenn in den Ex-ante-Finanzprognosen (ONDD-Geschäftsplan) nicht mit dieser Kennzahl gearbeitet wurde. Diese Kennzahl ergibt sich aus dem Verhältnis von versicherungstechnischem Ertrag (vor der Rückstellung für die Schadensausgleichreserve) zum Umsatz (Versicherungsprämien). Den belgischen Behörden zufolge ist der ROR insofern besser geeignet, als

a)

er vor Abzug der Schadensausgleichreserve gemäß Vorgaben der belgischen Bankenaufsichtsbehörden berechnet wird, mit der die Betriebsergebnisse zeitlich gestreckt und mögliche künftige Verluste aus dem künftigen Geschäft abgedeckt werden sollen;

b)

der ROR die Rentabilität des Kreditversicherungsgeschäfts getrennt vom reinen Finanzertrag wiederspiegelt. Er gibt somit die Rentabilität des „Kerngeschäfts“ der Kreditversicherung an.

(82)

Mit einem ROR von 16,5 % und 18,5 % im Jahre 2005 bzw. 2006 wäre SA Ducroire/Delcredere NV rentabler (43) als die größten Kreditversicherungsanbieter Coface, Euler Hermes und Atradius, die 2005 und 2006 einen ROR von 9,7 % und 10,9 % bzw. von 16,0 % und 16,9 % bzw. von 9,3 % und 11,9 % ausweisen konnten.

Bestimmung der erwarteten Rentabilität

(83)

In Antwort auf einen Einwand der Kommission, wonach ein privater Kapitalgeber wahrscheinlich nicht nur die ROR-Kennzahl zur Renditebewertung einer geplanten Anlage heranziehen würde, schlugen die belgischen Behörden zwei neue Methoden vor, um nachzuweisen, dass die Rentabilität von SA Ducroire/Delcredere NV zum Zeitpunkt der Kapitalzuführung ausreichend hoch war. Es handelt sich (a) um das „Capital Asset Pricing Model“ (im Folgenden „CAPM“) (44), mit dem sich die vom Markt erwartete Rendite für eine Kapitalanlage abhängig vom damit verbundenen Risiko ermitteln lässt, und (b) um ein „Rentabilitäts-Benchmarking“ bei Kreditversicherern.

(84)

Beim CAPM-Modell werden die Kapitalkosten nach folgender Formel ermittelt:

Kapitalkosten = Verzinsung für risikolose Anlage + Prämie für Kapitalrisiko

Kapitalkosten = Verzinsung für risikolose Anlage + Betafaktor der Anlage (*) [Prämie für Marktrisiko]

Darin stellt der Betafaktor der Anlage die Volatilität der Rendite der jeweiligen Anlage bezogen auf die Marktrendite dar.

(85)

Die belgischen Behörden haben die Kapitalkosten für SA Ducroire/Delcredere NV, wie in nachstehender Grafik dargestellt, geschätzt.

Image

(86)

Den Schätzungen des ONDD zufolge, die auf dem CAPM-Modell basieren, hätte ein privater Kapitalgeber im Bereich Sachversicherungen in Belgien 2004 eine Mindestrendite von 7-8 % verlangt.

(87)

Für das Benchmarking auf der Grundlage der historischen Rentabilitätswerte in der Branche haben die belgischen Behörden aus einem Querschnitt von Versicherern diejenigen ausgewählt, die folgende Voraussetzungen erfüllen: a) europäischer Anbieter, b) die Kreditversicherung ist das Hauptgeschäftsfeld, c) ist überwiegend im Bereich marktfähige Risiken tätig und hat ein Geschäft im Bereich nicht marktfähige Risiken; davon ausgenommen sind Unternehmen, gegen die ein beihilferechtliches Verfahren läuft oder die nach 2004 gegründet wurden, sowie Tochterunternehmen von Unternehmen aus dem Querschnitt. Der Querschnitt umfasst 11 Versicherungsgesellschaften. Den belgischen Behörden zufolge ist bei Kreditversicherern, die überwiegend im Bereich marktfähige Risiken tätig sind, ein durchschnittlicher ROE von 6-7,5 % je nach untersuchtem Zeitraum (d. h. mit oder ohne Krisenjahre) zu erkennen. Der durchschnittliche ROE für diese 11 Versicherungen lag 2004 bei 7,8 % im Vergleich zu einem mittleren ROE von 13,3 % der 3 Referenzanbieter des Markts (siehe Tabelle 6).

Tabelle 6:

Rentabilitäts-Benchmarking zu den von Belgien vorgeschlagenen Kreditversicherern

Methodik zur Festlegung des Benchmarking-Querschnitts für ROE bei marktfähigen Risiken

 

ROE (46), 2000-2009, Prozentsatz

Unternehmen

Firmensitz

Markt-fähiger Anteil ge-schätzt (47)%

Prämien brutto Mio. EUR, 2004

ROE

Durchschnitt

Filterkriterium

Größe des Querschnitts

 

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2001 -2004

2003 -2004

2001 -2009

ߦ

Kreditversicherer aus der ICISA und der Berner Unionr (48)

115

 

Cesce

Spanien

60

51 (49)

 

 

2,3

5,2

7,3

6,0

3,5

8,3

2,3

– 24,0

10,4

4,1

4,5

1,8

 

KUKE

Polen

60

7

 

 

– 9,0

0,5

1,9

5,5

7,9

4,9

5,3

8,1

– 14,6

– 0,3

3,7

1,2

ߦ

Europäische Kreditversicherer (51)

47

 

COSEC

Portugal

90

37

 

 

1,5

1,7

– 5,1

8,1

7,3

2,2

6,0

– 9,0

1,8

1,5

1,5

1,6

 

Prisma

Deutschland

100

36

0,0

4,8

6,8

4,7

5,6

9,3

12,9

17,1

9,5

15,9

7,6

6,6

7,5

9,9

ߦ

Unternehmen mit der Kreditversicherung als Hauptgeschäft, die überwiegend im Bereich marktfähige Risiken tätig sind (45)

19

 

Credit y Caucion

Spanien

100

341

9,0

13,7

14,3

16,0

21,1

17,6

14,3

13,7

15,2

53,7

0,5

17,3

19,4

18,5

 

Baez

Bulgarien

60

0,5

 

 

 

 

 

4,7

8,7

5,3

11,5

10,6

14,2

4,7

4,7

9,2

ߦ

Ohne Unternehmen, gegen die ein beihilferechtliches Verfahren läuft (d. h. SACE und SACE BT)

16

 

Garant

Österreich

50

4

 

 

 

 

 

– 7,3

– 5,6

0,6

1,3

3,2

-10,7

-7,3

-7,3

-3,1

 

Mehib

Ungarn

90

6 (49)

 

 

 

0,2

0,8

2,2

0,8

-2,3

0,4

5,7

8,2

 

 

 

ߦ

Ohne Unternehmen, die nach 2004 gegründet wurden und/oder Tochtergesellschaften eines anderen Unternehmens auf Liste sind

11

 

Atradius

Niederlande

90

1079

 

 

1,8

– 17,5

3,4

10,1

16,8

14,5

19,4

– 22,1

– 12,5

– 0,5

6,8

1,5

 

Euler Hermes

Frankreich

96

1567

 

13,7

13,2

16,7

14,5

18,4

17,7

17,3

21,8

4,5

1,3

15,7

16,4

13,9

 

COFACE

Frankreich

83

903

11,3

11,8

9,2

3,2

13,2

11,5

13,4

11,2

15,1

3,7

– 15,0

9,3

12,4

7,3

 

Durchschnitt (50)

 

11,0

5,0

3,4

7,0

7,8

8,9

8,4

9,8

4,6

-0,8

5,8

7,4

6,0

 

Durchschnitt (50) der 3 Referenzanbieter

 

 

8,1

0,8

10,4

13,3

16,0

14,3

18,8

-4,6

-8,7

8,2

11,9

7,6

 

Durchschnitt (50) der Anbieter vergleichbarer Größe

 

 

3,1

4,7

5,3

5,8

6,2

6,2

6,4

8,0

2,2

4,7

5,5

5,3

(88)

Den belgischen Behörden zufolge entspricht die erwartete Rentabilität vor Abzug der Schadensausgleichreserve (ROE vor Schadensausgleichreserve) im Geschäft mit marktfähigen Risiken nach den Finanzprognosen, welche die belgischen Behörden 2011 gemäß Szenario 1B (siehe Tabelle 5) neu berechnet haben, den Renditeerwartungen eines privaten Kapitalgebers im Jahre 2004 (laut Schätzung der belgischen Behörden auf der Grundlage der Kapitalkosten nach dem CAPM-Modell und auf der Grundlage des Rentabilitäts-Benchmarkings für Kreditversicherer, siehe Erwägungsgründe (86) bzw. (87)).

Getrennte Rechnungslegung

(89)

Auf die Aufforderung der Kommission im Einleitungsbeschluss, eine getrennte Verwaltung und Rechnungslegung für das Versicherungsgeschäft mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken einzuführen, wie gemäß Nummer 4.3 der Mitteilung über Exportkreditversicherer gefordert, antworteten die belgischen Behörden, dass eine derartige Zweiteilung nicht erforderlich sei. Seit dem 1. Januar 2005 werde das kurzfristige Geschäft (marktfähige und nicht marktfähige Risiken) im Rahmen der Ausgliederung eines bestehenden Geschäftsbereichs von SA Ducroire/Delcredere NV betrieben. Da SA Ducroire/Delcredere NV den belgischen Behörden zufolge keine staatliche Unterstützung mehr erhält, auch für das von ihr betriebene Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken, erübrige sich nach Ansicht Belgiens eine getrennte Rechnungslegung.

V.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

V.1.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFEN

(90)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind, soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(91)

Die Kommission muss zunächst untersuchen, ob die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen. Daher analysiert sie in den nächsten Abschnitten die Maßnahmen anhand verschiedener beihilferechtlicher Kriterien.

V.1.1.   Vorliegen eines Vorteils

V.1.1.1   Vorliegen eines Vorteils aufgrund der staatlichen Garantie (Maßnahme 1) und möglicher interner Mittelübertragungen zugunsten marktfähiger Risiken innerhalb des ONDD (Maßnahme 2)

(92)

Gemäß den Nummern 3.1 und 3.2 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung kann die staatliche Garantie für ein Exportkreditversicherungsunternehmen ihm einen finanziellen Vorteil gegenüber seinen Wettbewerbern verschaffen. So bezog sich die am 23. Februar 2011 eingeleitete Untersuchung (siehe Erwägungsgrund (26)) insbesondere auf die Garantie des belgischen Staates, die das ONDD für sein Geschäft mit marktfähigen Risiken erhalten hat.

(93)

Am 1. September 2003 wurde ein sogenanntes „Geschäftskonto“ — laut belgischen Behörden ohne Absicherung durch die staatliche Garantie — zweckgebunden für das Geschäft des ONDD mit kurzfristigen Risiken (einschließlich der marktfähigen Risiken) eingerichtet.

(94)

Da es innerhalb des ONDD keine getrennte Verwaltung und Rechnungslegung zur Unterscheidung der marktfähigen von den nicht marktfähigen Risiken gab, wurden die belgischen Behörden aufgefordert, klarzustellen, welcher Anteil der staatlichen Garantie dem Geschäft mit marktfähigen Risiken bis zum 31. August 2003 zugeordnet werden könne. Sie wurden ferner aufgefordert, Nachweise vorlegen, dass diese Garantie am 31. August 2003 und nicht erst mit der Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV am 1. Januar 2005 auslief.

(95)

Den belgischen Behörden zufolge hat das ONDD das Angebot, die Risiken von Schuldnern in „Zone 1“ (52) abzusichern, 1993 eingestellt. Nach 1993 war das Geschäft des ONDD ausschließlich auf die nicht marktfähigen Risiken ausgerichtet. Das ONDD ließ sich nur in ganz besonderen Ausnahmefällen auf die Versicherung marktfähiger Risiken ein.

(96)

Wie unter Erwägungsgrund (34) ausgeführt, hat Belgien deutlich gemacht, dass das Geschäft mit marktfähigen Risiken bis Mai 2004 innerhalb des ONDD verschwindend gering war. Außerdem wurde der sehr geringe Anteil marktfähiger Risiken damals nur deswegen abgesichert, weil eine Verbindung dieser Risiken zu einem nicht marktfähigen Risiko vorlag. Damit wird auf folgenden Fall (53) angespielt: „Ein Versicherter X verkaufte Güter an einen Zwischenhändler A in Zone 1, der die Güter an den Endkunden B in Zone 2 weiterverkaufte. Die Güter wurden zumeist direkt an den Endkunden B geliefert. Die Zahlung der Rechnung des Versicherten X durch den Zwischenhändler A erfolgte de facto erst, wenn der Endkunde B die Rechnung von Zwischenhändler A beglichen hatte. Die Versicherten fanden normalerweise keinen Versicherungsschutz bei einem anderen Kreditversicherer, da diese Geschäfte dem politischen Risiko in dem Land unterlagen, in dem der Endkunde B niedergelassen war“.

(97)

Wie die belgischen Behörden erneut deutlich machten, war es unmöglich, für solche Risiken Versicherungsschutz bei anderen privaten Kreditversicherern zu bekommen.

(98)

Angesichts der unter den Erwägungsgründen (93)-(95) dargelegten Informationen ist davon auszugehen, dass diese Risiken theoretisch zwar als marktfähig (aufgrund der Hauptbeziehung zwischen dem versicherten Exporteur X und dem Zwischenhändler A) eingestuft waren, in der Praxis aber aufgrund der Marktbedingungen in diesem Zeitraum als nicht marktfähige Risiken zu betrachten sind. Außerdem wurden diese Risiken bis Mai 2004 nur ganz ausnahmsweise vom ONDD versichert, da weniger als [0-2] % des Prämienaufkommens (im Zeitraum 2000-2004) des kurzfristigen Portfolios des ONDD auf sie entfielen (siehe Erwägungsgrund (34)).

(99)

Die belgischen Behörden legten ebenfalls Nachweise dafür vor, dass die staatliche Garantie für das Geschäft des ONDD mit marktfähigen Risiken am 1. September 2003 auslief. Diese Garantie wurde nämlich mit Übertragung der marktfähigen Risiken auf das Geschäftskonto unwirksam, für welches das ONDD die Zulassung des OCA (54) nur deswegen erhalten hat, weil es für dieses Konto nicht durch die staatliche Garantie abgesichert war. Im Königlichen Erlass über die vom ONDD auf eigene Rechnung und ohne staatliche Garantie ausgeübte Geschäftstätigkeit, der am 1. September 2003 veröffentlicht wurde (und auch in Kraft getreten ist), wird definiert, welche Geschäfte diesem Konto zuzuordnen sind. Nach Inkrafttreten des Königlichen Erlasses (55) werden Risikoversicherungen über eine Exportpolice mit einer Laufzeit von weniger als zwei Jahren grundsätzlich durch Artikel 3 Absatz 2 des Gesetzes von 1939 geregelt (Geschäft auf Rechnung des ONDD ohne staatliche Garantie).

(100)

Letztendlich sind damit die von der Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken ausgeräumt, dass aufgrund der staatlichen Garantie ein Vorteil für das Versicherungsgeschäft mit marktfähigen Risiken vorliegen könnte. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die staatliche Garantie für das Geschäft des ONDD mit marktfähigen Risiken bis August 2003 diesem Geschäftsbereich keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffte, da es im Grunde kein Geschäft mit marktfähigen Risiken gab. Außerdem wurde nicht versucht, ein Geschäft mit wirklich marktfähigen Risiken auf der Grundlage der staatlichen Garantie aufzubauen. Ferner ist festzustellen, dass die staatliche Garantie für das Geschäft mit den kurzfristigen Risiken ab 1. September 2003 ganz weggefallen ist.

(101)

Es erfolgten keine internen Mittelübertragungen zugunsten der marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD, da es kein Geschäft mit wirklich marktfähigen Risiken gab. Es wurde nicht versucht, ein Geschäft mit wirklich marktfähigen Risiken auf der Grundlage der Mittelübertragungen für das nicht marktfähige Geschäft aufzubauen (siehe Erwägungsgrund (98)). Es liegen demnach keine stichhaltigen Anhaltspunkte für interne Mittelübertragungen zugunsten der marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD oder für etwaige Vorteile vor, die das ONDD aus derartigen Übertragungen hätte ziehen können.

(102)

Folglich verschaffen Maßnahme 1 und Maßnahme 2 keinen Vorteil im Sinne von Artikel 107 AEUV. Daher bilden sie keine staatliche Beihilfe.

(103)

Daraus folgt, dass auf eine Analyse der Maßnahmen 1 und 2 anhand der übrigen beihilferechtlichen Kriterien (staatliche Mittel, Selektivität, Wettbewerbsverzerrung) in den folgenden Abschnitten verzichtet werden kann.

V.1.1.2   Vorliegen eines Vorteils durch die Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV (Maßnahme 3)

Geltungsbereich für eine Würdigung, ob die Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV eine Beihilfe bildet

(104)

Gemäß Einleitungsbeschluss (siehe Erwägungsgründe (27) und (28) des vorliegenden Beschlusses) sind folgende zwei Beträge von der ursprünglichen Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV abzuziehen, da sie keine Beihilfen darstellen:

a)

der Kapitalanteil zur Unterstützung des Geschäfts mit nicht marktfähigen Risiken (erstes Ausschlusskriterium);

b)

der Anteil am Kapital von SA Ducroire/Delcredere NV, der bereits innerhalb des ONDD dem Geschäftsbereich marktfähiger Risiken zugutekam und mit dem entsprechenden Geschäft einfach an SA Ducroire/Delcredere NV übertragen wurde. Es würde dann nämlich nur ein Rechtsformwechsel für eine bereits bestehende wirtschaftliche Tätigkeit mit dem dazugehörigen Kapital vorliegen. Auf der Grundlage des Ansatzes, der in der Entscheidung über die Gründung von La Banque Postale (56) verfolgt wurde, verschafft eine derartige Übertragung der fraglichen Wirtschaftstätigkeit keinen neuen Vorteil und kann somit keine Beihilfe an sich bilden (zweites Ausschlusskriterium).

(105)

Entsprechend dem Ansatz in ihrem Einleitungsbeschluss müsste die Kommission zunächst einmal diese beiden Ausschlusskriterien anwenden.

(106)

Belgien macht jedoch in Anlehnung an das zweite Ausschlusskriterium ein Argument geltend, mit dem sich für die gesamte Maßnahme 3 eine beihilferechtliche Einstufung auf Anhieb ausschließen ließe, sofern es sich als richtig erweist. Die Kommission wird somit zunächst nachweisen, dass dieses Argument nicht stichhaltig ist, bevor sie die beiden im Einleitungsbeschluss dargelegten Ausschlusskriterien anwendet.

Zurückweisung der Behauptung Belgiens, dass die 150 Mio. EUR vollständig an den 2004 ausgegliederten Geschäftsbereich gebunden waren

(107)

In Antwort auf den Einleitungsbeschluss hat sich Belgien zu seinen Gunsten auf das zweite Ausschlusskriterium berufen und dahingehend weiter ausgeführt, dass das Kapital, das innerhalb des ONDD dem Geschäft mit marktfähigen Risiken unmittelbar vor seiner Übertragung an SA Ducroire/Delcredere NV am 1. Januar 2005 zugutekam, keine Beihilfe darstellt. Im Einzelnen ist Belgien der Auffassung, dass das gesamte SA Ducroire/Delcredere NV zugewiesene Startkapital von 150 Mio. EUR das Betriebskapital für das übertragene kurzfristige Versicherungsgeschäft (marktfähig und nicht marktfähig) darstellte. Seiner Auffassung nach ist die Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV mit einem Startkapital von 150 Mio. EUR nur ein Wechsel der Rechtsform für einen bestehenden Geschäftsbereich und das dazugehörige Kapital. Die Erstkapitalausstattung sei somit als Ganzes keine Beihilfe. Daher erübrige sich — so Belgien — auch eine Prüfung, wofür dieses Kapital bei SA Ducroire/Delcredere NV in der Folgezeit verwendet wurde (d. h. ob es für die marktfähigen oder die nicht marktfähigen Risiken verwendet wurde — erstes Ausschlusskriterium), da dieses Kapital keine Beihilfe darstellen könne.

(108)

Zur Untermauerung dieser Aussage machen die belgischen Behörden geltend, dass die Kapitalzuführung von 150 Mio. EUR bei SA Ducroire/Delcredere NV bereits Anfang 2005 erforderlich war. Die belgischen Behörden rechtfertigen eine Kapitalzuführung in dieser Höhe auf der Grundlage der mit Annahme der Richtlinie Solvabilität II (57) entwickelten „aktuellen Standards“ (sogenannte „Standardmethode“ nach technischen Größen, wie sie bei einer „QIS 5“-Folgenabschätzung für Belgien im März 2011 ermittelt wurden) für alle Risiken bei SA Ducroire/Delcredere NV mit Ausnahme der politischen Risiken, für die der entsprechende Kapitalbedarf anhand einer internen Modellrechnung ermittelt wurde. Wie unter „Solvency II mit interner Modellrechnung für politische Risiken“ in Tabelle 2 angegeben, war ein Kapital von [125-150] Mio. EUR zur Absicherung des für 2009 erwarteten Geschäftsumfangs erforderlich.

(109)

Die Kommission wendet ein, dass der Begriff „zu den übertragenen Geschäftsbereichen gehörendes Kapital“ in der Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 2005„Maßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Banque Postale“ definiert wird (58). Damals wurde festgestellt, dass mit der Ausgliederung kein neues Kapital übertragen wurde, da nur das Eigenkapital aus dem Finanzdienstleistungsgeschäft von La Poste an die neu gegründete Rechtseinheit „La Banque Postale“ übertragen wurde. In anderen Worten, es handelte sich ausschließlich um bestehendes Eigenkapital, das zuvor eindeutig den übertragenen Vermögenswerten, Rechten und Pflichten zugeordnet war. Es wurde somit das Kapital, das den übertragenen Geschäftsbereichen formal bereits zugeordnet war, und nicht eine zukunftsgerichtete Schätzung analysiert, wie viel Kapital der neuen Einheit zur Stützung ihrer weiteren Entwicklung zweckmäßigerweise zuzuweisen gewesen wäre.

(110)

Wie bereits erklärt, lief das an SA Ducroire/Delcredere NV ausgegliederte Geschäft mit kurzfristigen Risiken (marktfähig und nicht marktfähig) innerhalb des ONDD seit dem 1. September 2003 über das Geschäftskonto. Eine Kapitaleinlage von [45-70] Mio. EUR wurde für dieses Konto bereitgestellt. Wie unter Erwägungsgrund (99) ausgeführt, erhielt das ONDD die Zulassung der nationalen Regulierungsbehörde für Versicherungen (OCA) außerdem nur speziell für das Geschäftskonto (und das dazu gehörige Kapital von [45-70] Mio. EUR). Die Auflagen und die Aufsicht des OCA bezogen sich u. a. auf die Einhaltung der Solvabilitätsvorschriften (Mindestsicherungseinlagen, zu bildende Solvabilitätsspanne) (59). Daraus folgt, dass auf der Grundlage der damals geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften für diese über das Geschäftskonto laufende Geschäftstätigkeit mit kurzfristigen Risiken ausreichend Kapital vorgehalten wurde.

(111)

Dagegen wendet die Kommission ein, dass laut interner Mitteilung vom 20. April 2004 (60), die als Grundlage für den Gründungsbeschluss von SA Ducroire/Delcredere NV und die Kapitalzuweisung von 150 Mio. EUR diente, das auf das Geschäftskonto eingezahlte Kapital zzgl. des geschätzten Gewinns von [0-5] Mio. EUR in einem Zeitraum von 16 Monaten (vom 1. September 2003 bis 31. Dezember 2004) eindeutig nur für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken bereitgestellt wurde. Wie es in der Mitteilung heißt, „sollen von den 150 Mio. EUR Kapitaleinlage der SA [45-70] Mio. EUR aus der Eigenkapitalübertragung vom Geschäftskonto stammen.“ Die Kommission stellt daher fest, dass mit dem Gründungsbeschluss von SA Ducroire/Delcredere NV das Kapital, das zum 31. Dezember 2004 formal als den kurzfristigen Geschäften zugeordnet gelten konnte, nur [45-75] Mio. EUR (bzw. [45-70] Mio. EUR zzgl. eines geschätzten Gewinns von [0-5] Mio. EUR) umfasste. Daher bildet nur die Kapitalübertragung in Höhe von [45-75] Mio. EUR den Anteil am Kapital von SA Ducroire/Delcredere NV, der bereits innerhalb des ONDD dem Geschäftsbereich marktfähiger Risiken zugutekam und einfach auf SA Ducroire/Delcredere NV übertragen wurde. Diese Übertragung kann somit keinen neuen Vorteil für diesen Geschäftsbereich bilden und auch keine Beihilfe darstellen.

(112)

Die Kommission weist daher die Behauptung Belgiens zurück, wonach das gesamte Startkapital in Höhe von 150 Mio. EUR das einfach übertragene Kapital bildet, das bereits innerhalb des ONDD dem übertragenen Geschäftsbereich zugeordnet war und daher nicht als Vorteil angesehen werden kann. Nach Auffassung der Kommission bildet die Differenz zwischen den [45-75] Mio. EUR und dem tatsächlich gezeichneten Kapital von 150 Mio. EUR somit ein zusätzliches Kapital, das einen neuen Vorteil für diesen Geschäftsbereich darstellt.

(113)

Wie die Kommission zusätzlich zu bedenken gibt, geht aus den internen Mitteilungen von 2004, die das ONDD in seiner Entscheidung bestärkt haben, SA Ducroire/Delcredere NV ein Kapital von 150 Mio. EUR (d. h. weitaus mehr als die dem Geschäftskonto zugewiesenen [45-75] Mio. EUR) zuzuführen, hervor, dass dem ONDD verschiedene Wachstumsszenarien für das Geschäft der künftigen Fa. SA Ducroire/Delcredere NV vorschwebten. Der Kapitalbedarf von 150 Mio. EUR wurden somit anhand von Annahmen für das künftige Geschäftswachstum von SA Ducroire/Delcredere NV ermittelt. Demnach läuft der Ansatz der belgischen Behörden darauf hinaus, das gesamte Kapital, von dem man annehmen konnte, dass es das neue Unternehmen zur Stützung seiner weiteren Entwicklung braucht, von der beihilferechtlichen Analyse auszuschließen. Diesen Ansatz kann man jedoch nicht gelten lassen. Nur das Kapital, das dem an die bestehende Rechtseinheit (Geschäft mit kurzfristigen Versicherungen innerhalb des ONDD) übertragenen Geschäft bereits formal zugeordnet war, bildet keinen neuen Vorteil, gerade weil es bereits vorher für die fraglichen Geschäftsbereiche zur Verfügung stand. Umgekehrt beinhaltet zusätzliches Kapital stets einen neuen Vorteil, da die fraglichen Geschäftsbereiche vor der Ausgliederung nicht davon profitierten. Die Entscheidung, SA Ducroire/Delcredere NV zu gründen und ihr ein Startkapital von 150 Mio. EUR zu bewilligen, kann daher nicht nur als einfacher Wechsel der Rechtsform mit einer Übertragung des dazugehörigen Kapitals an den ausgegliederten Geschäftsbereich angesehen werden. Daher ist die Behauptung der belgischen Behörden, wonach schon 2004 vorhersehbar war, dass SA Ducroire/Delcredere NV 2009 einen Kapitalbedarf von 150 Mio. EUR auf der Grundlage des zu erwartenden Geschäftswachstums haben werde, vollkommen unangebracht. Die belgischen Behörden beweisen nämlich nicht, dass dieses Kapital von 150 Mio. EUR bereits vor seiner Übertragung an SA Ducroire/Delcredere NV dem kurzfristigen Geschäft innerhalb des ONDD zugeordnet war und dieses Kapital von 150 Mio. EUR somit für diese Geschäftsbereiche keinen neuen Vorteil beinhaltet.

(114)

Auch wenn das erforderliche Kapital zur Stützung des erwarteten Geschäftswachstums für die Analyse hier relevant sein sollte (was die Kommission bezweifelt), wendet die Kommission äußerst hilfsweise Folgendes ein:

a)

Erstens bezogen sich die 2004 vorliegenden Finanzprognosen nur auf den Zeitraum 2005-2007. Auch wenn das erforderliche Kapital zur Stützung des erwarteten Geschäftswachstums für die Analyse hier relevant sein sollte (was die Kommission bezweifelt), sei unannehmbar, dass hier mit den Umsatzprognosen für 2009 gearbeitet wird, da dieser Geschäftsumsatz 2004 nicht einmal geschätzt worden war.

b)

Zweitens kommt die Methodik der Richtlinie Solvabilität II zusammen mit einer internen Modellrechnung für die politischen Risiken, wie dies von Belgien zur Schätzung des Kapitalbedarfs vorgeschlagen wurde, nicht in Frage. Dieses Verfahren wird nämlich in den internen Mitteilungen von 2004 nicht erwähnt, anhand deren der ONDD-Verwaltungsrat am 20. April 2004 die Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV und das dafür bereitzustellende Kapital beschlossen hat, da es dieses Verfahren damals nicht gab (die Einführung ist erst ab 1. Januar 2014 vorgesehen). Es wurde vom ONDD erstmals 2011 angewandt, und es wird immer noch an ihm gearbeitet. Infolgedessen ist die interne Modellrechnung für politische Risiken von der belgischen Regulierungsbehörde für Versicherungen noch nicht freigegeben, obwohl dies gemäß Richtlinie Solvabilität II (61) bereits vorgeschrieben ist. Die Verwendung einer 2004 nicht existierenden Methodik, wie Solvabilität II, zu der viele Rechengrößen sowie ein Umsetzungszeitplan bis heute nicht fertiggestellt sind (steht noch auf dem Stand von QIS), ist nicht angemessen. Davon auszugehen, dass das Betriebskapital, das SA Ducroire/Delcredere NV bei seiner Gründung 2005 zur Fortführung eines bereits bestehenden Geschäftsbereichs innerhalb des ONDD braucht, auf der Grundlage der Anforderungen der Richtlinie Solvabilität II ermittelt werden muss, die es damals überhaupt nicht gab und für welche die Regulierungsbehörden ohnehin eine Übergangsregelung eingeräumt hätten, scheint übertrieben. Eine andere Sichtweise liefe darauf hinaus, die Freigabe der Kapitalausstattung (Solvabilitätsspanne) (62) für das Geschäftskonto ([45-70] Mio. EUR) durch die Regulierungsbehörde anzuzweifeln, welche dieses Kapital angesichts der geltenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften zum damaligen Zeitpunkt als ausreichend betrachtete.

(115)

Der ONDD-Verwaltungsrat hat am 20. April 2004 ein anderes Verfahren zur Ermittlung des Kapitalbedarfs für SA Ducroire, nämlich die Cooke-Quote mit der Begründung herangezogen, dass die Fa. gegenüber ihren Wettbewerbern mit einer ausreichenden Glaubwürdigkeit ausgestattet werden müsse. Er hat nämlich nicht 8 % als Kennzahl verwendet, wie laut Basel I-Vorschriften vorgeschrieben, sondern 10 %. So ist in den Berechnungen des Kapitalbedarfs von 2004 ein Sicherheitspuffer von 2 % enthalten. Auffällig ist, dass so ein Kapitalbedarf von 66 Mio. EUR (63) für Ende 2004 ermittelt wurde, was weit unter dem gezeichneten Kapital von 150 Mio. EUR liegt.

(116)

In Bezug auf die Verwendung der Cooke-Kennzahl zur Ermittlung des Kapitalbedarfs bezweifelte die Kommission im Einleitungsbeschluss, ob die Bankvorschriften (wie die Cooke-Kennzahl) für Kreditversicherer überhaupt relevant sind, wenn man die zahlreichen Unterschiede zwischen den von den Kreditversicherern und von den Banken übernommenen Risiken bedenkt (siehe Erwägungsgrund (90) des Einleitungsbeschlusses). Diesbezüglich hat Belgien nicht nachgewiesen, dass die Basel-Vorschriften (Cooke-Kennzahl) — die rechtlich gesehen ausschließlich für den Bankensektor gelten — in der Praxis von Kreditversicherungsanstalten angewandt oder von den Ratingagenturen oder von den Aufsichtsstellen für Versicherungen empfohlen werden.

(117)

In Bezug auf die Anwendung von Artikel 8 des ONDD-Gesetzes von 1939 bestätigten die belgischen Behörden, dass das Gesetz für SA Ducroire/Delcredere NV nicht gilt. Außerdem bezieht sich dieser Artikel nur auf die Geschäfte, die das ONDD auf eigene Rechnung unter Absicherung durch die Garantie des Staates und im Auftrag des Staates tätigt.

(118)

Auch wenn sich Belgien auf die damals bereits existierende Standard & Poor's-Methode zur Bestimmung des Kapitalbedarfs von Kreditversicherern bezieht, so ist doch festzuhalten, dass die belgischen Behörden keine Kapitalschätzung nach diesem Verfahren vorgelegt haben. Außerdem wurde sie 2004 beim ONDD nicht verwendet.

(119)

Fazit: Auch wenn man davon ausgeht, dass das Kapital zur Stützung des erwarteten Geschäftswachstums von SA Ducroire/Delcredere NV für die vorliegende Analyse (was die Kommission bezweifelt) relevant sein sollte, haben die belgischen Behörden keine stichhaltigen Beweise dafür vorgelegt, warum das erforderliche Kapital für kurzfristige Risiken, das an SA Ducroire/Delcredere NV übertragen wurde, höher sein musste als das auf dem ONDD-Geschäftskonto Ende 2004 vorhandene Kapital.

(120)

In diesem Abschnitt hat die Kommission nachgewiesen, dass die Behauptung der belgischen Behörden zurückzuweisen ist, wonach mit der Bereitstellung von 150 Mio. EUR Startkapital für SA Ducroire/Delcredere NV 2004 nur das Kapital übertragen wurde, das bereits für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken innerhalb des ONDD bereitstand. Die Kommission hat nämlich herausgefunden, dass bereits vor Übertragung des Geschäftsbereichs an SA Ducroire/Delcredere NV ein Kapital von [45-75] Mio. EUR für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken innerhalb des ONDD zur Verfügung stand und somit ein zusätzliches Kapital von [75-100] Mio. EUR für diesen Geschäftsbereich vorhanden war.

(121)

Es ist jetzt an der Zeit, zu prüfen, ob die beiden im Einleitungsbeschluss beschriebenen Ausschlusskriterien relevant sind. Es wird zunächst auf das zweite Ausschlusskriterium eingegangen, dann auf das erste.

Anteil am Kapital, der bereits innerhalb des ONDD den marktfähigen Risiken zugutekam und mit dem entsprechenden Geschäft einfach auf SA Ducroire/Delcredere NV übertragen wurde (zweites Ausschlusskriterium im Einleitungsbeschluss)

(122)

Unter Erwägungsgrund (111) stellte die Kommission fest, dass innerhalb des ONDD ein Kapital von [45-75] Mio. EUR dem Geschäftsbereich kurzfristige Risiken zum 31. Dezember 2004 zugeordnet war. Im Hinblick auf das zweite Ausschlusskriterium muss daher herausgefunden werden, wie viel von den Ende 2004 für das Geschäft mit kurzfristigen Risiken bereitgestellten [45-75] Mio. EUR auf das Kapital für die marktfähigen Risiken entfällt (64). Wie bereits ausgeführt, umfassten diese marktfähigen Risiken ausschließlich Risiken durch Schuldner aus den zehn im Mai 2004 neu zur Europäischen Union beigetretenen Staaten.

(123)

Wie ebenfalls bereits ausgeführt, war für das Geschäftskonto mit einer Kapitaleinlage von [45-75] Mio. EUR Ende 2004 keine getrennte Rechnungslegung vorhanden, so dass das Kapital, das nur für das Geschäft mit marktfähigen Risiken bereitstand, nicht genau identifiziert werden konnte. Es ist daher zu ermitteln, wie hoch der Anteil an den [45-75] Mio. EUR für das Geschäft mit marktfähigen Risiken vernünftigerweise anzusetzen ist.

(124)

Laut den im Jahre 2004 der Regulierungsbehörde vorgelegten Daten waren Netto-Verbindlichkeiten von 141,6 Mio. EUR für die Risiken durch die 10 neuen Beitrittsstaaten und von 661,4 Mio. EUR für kurzfristige Ausfuhrpolicen Ende 2004 vorhanden (65). Geht man davon aus, dass sich die [45-75] Mio. EUR anteilig auf die Netto-Verbindlichkeiten verteilen, so können [10-25] Mio. EUR als das Kapital betrachtet werden, das den Risiken durch die 10 neuen Mitgliedstaaten vor Übertragung des Geschäftskontos vom ONDD auf SA Ducroire/Delcredere NV zugeordnet war.

(125)

Die Kommission stellt fest, dass eine derartige Kapitalaufteilung nach Netto-Verbindlichkeiten im Einklang mit dem 2004 vom ONDD selbst verfolgten Ansatz steht (66).

(126)

Die Kommission wendet ferner ein, dass die belgischen Behörden und das ONDD/SA Ducroire/Delcredere NV im Laufe des Verfahrens ständig behauptet haben, dass für nicht marktfähige Risiken — bezogen auf eine bestimmte Versicherungssumme — mehr Kapital als für marktfähige Risiken erforderlich sei. Demnach bildet der Betrag von [10-25] Mio. EUR eher einen Höchstbetrag als eine Untergrenze. Nach Auffassung der Kommission könne man trotzdem vernünftigerweise von diesem Wert ausgehen, da er mit dem 2004 vom ONDD selbst verfolgten Ansatz im Einklang steht.

(127)

Die Kommission schließt daraus, dass vom Startkapital von 150 Mio. EUR ein Betrag von [10-25] Mio. EUR wohl keinen Vorteil zugunsten des Geschäfts mit marktfähigen Risiken darstellt, da er bereits innerhalb des ONDD diesem Geschäftsbereich zur Verfügung stand (67). Es würde sich dann nur um einen Rechtsformwechsel für dieselbe wirtschaftliche Tätigkeit mit der dazugehörigen Kapitalausstattung handeln. Die Übertragung dieses Kapitals mit dem entsprechenden Geschäftsbereich an SA Ducroire/Delcredere NV kann somit keine Beihilfe darstellen.

(128)

Analog dazu ist derselbe Gedankengang auf den Kapitalbetrag für Risiken durch Schuldner anzuwenden, die in Rumänien und Bulgarien ansässig waren. Nach dem Beitritt dieser Staaten zur Europäischen Union im Jahre 2007 wurden nämlich die nicht marktfähigen Risiken durch Schuldner mit Wohnsitz in Rumänien und Bulgarien in die Kategorie der marktfähigen Risiken umgestuft. Das Kapital, das diesen Risiken bereits zugewiesen war, als sie noch nicht marktfähig waren, kann somit keinen neuen Vorteil darstellen, ganz einfach, weil diese Risiken erst später marktfähig geworden sind. Dieses Kapital ist somit ebenfalls von der Einstufung als Beihilfe auszuschließen.

(129)

So bleibt das Kapital für nicht marktfähige Risiken, die später marktfähig geworden sind, bei der beihilferechtlichen Bewertung ausgeklammert. In ihrer Stellungnahme vom 16. Mai 2012 schätzten die belgischen Behörden das Kapital für die Risiken durch Schuldner mit Wohnsitz in Rumänien und Bulgarien auf [0-2] Mio. EUR ausgehend von der Annahme, dass diese Risiken 2005 marktfähig waren. Für das diesen Risiken zum 31. Dezember 2006 zugeordnete Kapital legten sie dagegen keine Schätzung vor. Da die fraglichen Risiken 2005 eben nicht marktfähig waren, ist die Schätzung der belgischen Behörden für das diesen Risiken zugeordnete Kapital eher zu niedrig angesetzt. Aus der getrennten Rechnungslegung, die vom ONDD rückwirkend im Rahmen des vorliegenden Verfahrens erstellt wurde (Stellungnahme vom 16. Mai 2012), geht hervor, dass das für nicht marktfähige Risiken bereitgestellte Kapital 2007 um [0-5] Mio. EUR niedriger war als noch 2006. Dafür sind die veränderte Einstufung der Risiken im Zusammenhang mit Rumänien und Bulgarien (ab 2007 als marktfähige Risiken eingestuft), aber auch andere Faktoren, wie die veränderte Rückversicherungspolitik verantwortlich. Aufgrund aller vorliegenden Daten kann man vernünftigerweise davon ausgehen, dass sich das Kapital, das für die Risiken durch Bulgarien und Rumänien vor ihrer Umstufung zu marktfähigen Risiken zur Verfügung stand, auf [0-5] Mio. EUR belief.

(130)

Angesichts vorstehender Ausführungen stellt die Kommission fest, dass vor dem 1. Januar 2005 bereits [10-25] Mio. EUR für die marktfähigen Risiken zur Verfügung standen und die Übertragung dieses Kapitals zusammen mit den jeweiligen Geschäftsbereichen daher keinen Vorteil verschaffen kann. Auch ein Betrag von [0-5] Mio. EUR war bereits für am 1. Januar 2007 marktfähig gewordene Risiken (Rumänien und Bulgarien) vorhanden, bevor sie marktfähig wurden.

Kapitalanteil zur Unterstützung des Geschäfts mit nicht marktfähigen Risiken (erstes Ausschlusskriterium im Einleitungsbeschluss)

(131)

Wie bereits ausgeführt, stand ein Kapital von [45-75] Mio. EUR für die kurzfristigen Risiken bereit, noch bevor sie an das ONDD übertragen wurden (siehe Erwägungsgrund (120)). Von diesen [45-75] Mio. EUR kann, wie bereits festgestellt, der Anteil für marktfähige Risiken vernünftigerweise auf [10-25] Mio. EUR angesetzt werden. Damit beläuft sich der Anteil für nicht marktfähige Risiken vernünftigerweise auf [35-50] Mio. EUR (davon [0-5] Mio. EUR für Risiken durch Bulgarien und Rumänien, die 2007 marktfähig geworden sind).

(132)

Da die Übertragung der gesamten [45-75] Mio. EUR (einschließlich des Anteils der nicht marktfähigen Risiken in Höhe von schätzungsweise [35-50] Mio. EUR) aus denselben Gründen, die unter Erwägungsgrund (127) dargelegt wurden, keinen Vorteil bildet, bleibt auch sie bei der beihilferechtlichen Analyse ausgeklammert.

(133)

Zusammenfassend bilden von den 150 Mio. EUR, die als Startkapital in SA Ducroire/Delcredere NV eingebracht wurden, nur [75-100] Mio. EUR ein zusätzliches Kapital, d. h. neues Kapital. Nur die Gewährung dieser [75-100] Mio. EUR könnte somit einen Vorteil darstellen (siehe Erwägungsgrund (120)).

(134)

Wie unter Erwägungsgrund (65) des Einleitungsbeschlusses klargestellt wird, steht es den Mitgliedstaaten frei, das Versicherungsgeschäft mit nicht marktfähigen Risiken zu unterstützen, da es nach Ansicht der Kommission keinen Markt für diese Risiken gibt. Somit kann auch keine Wettbewerbsverzerrung in Bezug auf andere Versicherer eintreten. Demgegenüber gibt die Kommission aber zu bedenken, dass für das Geschäft für marktfähige Risiken und das für nicht marktfähige Risiken innerhalb von SA Ducroire/Delcredere NV keine getrennte Rechnungslegung vorhanden war. Formal war dem Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken kein Kapital zugeordnet. Von den 150 Mio. EUR Kapitaleinlage war kein Teil erkennbar der Finanzierung des Geschäfts mit nicht marktfähigen Risiken zugewiesen. Demnach wäre bei einem rein formalen Ansatz denkbar, dass kein Teil von dem zusätzlichen Kapital von [75-100] Mio. EUR ausgeklammert bleiben darf. Eine derartige Sichtweise wäre umso mehr gerechtfertigt, als laut Nummer 4.3 der seit 1998 geltenden Mitteilung über die Exportkreditversicherung die getrennte Rechnungslegung verbindlich vorgeschrieben ist. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass ein großer Teil der Geschäftstätigkeit von SA Ducroire/Delcredere NV die Versicherung nicht marktfähiger Risiken betrifft. SA Ducroire/Delcredere NV hätte diese Risiken nicht ohne entsprechende Kapitalausstattung versichern können. Damit kann die Kommission zusätzlich zu den [45-75] Mio. EUR (davon [35-50] Mio. EUR für nicht marktfähige Risiken) auch den Anteil am Kapital von der Einstufung als Beihilfe ausschließen, für den vernünftigerweise nachgewiesen werden kann, dass damit das Versicherungsgeschäft mit nicht marktfähigen Risiken gestützt wurde.

(135)

Im Einleitungsbeschluss wurde Belgien aufgefordert, ein Verfahren zu entwickeln, um feststellen, wie hoch die Kapitalanteile bei SA Ducroire/Delcredere NV sind, die jeweils das Geschäft mit marktfähigen Risiken und das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken stützen. Daraufhin legten die belgischen Behörden für den Zeitraum 2005-2011 eine getrennte Bilanz und eine getrennte Gewinn- und Verlustrechnung jeweils für das Geschäft mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken vor. Die Bilanz für nicht marktfähige Risiken zum 31. Dezember 2011 umfasst ein Kapital von [70-110] Mio. EUR, die Bilanz für marktfähige Risiken weist dagegen nur ein Kapital von [40-80] Mio. EUR aus. Obwohl die getrennte Rechnungslegung bei einer rückwirkenden Neuerstellung auf schwer nachweisbaren Annahmen oder Daten beruht, hält die Kommission die Kapitalausstattung jeweils für das Geschäft mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken zum 31. Dezember 2011 für vertretbar.

(136)

Die Kommission akzeptiert somit, dass [70-110] Mio. EUR nicht unter die Einstufung als Beihilfe fallen, da damit de facto ein Geschäftsbereich unterstützt wurde, der laut Mitteilung über die Exportkreditversicherung nicht dem Wettbewerb unterworfen war.

(137)

Das Kapital für kurzfristige, nicht marktfähige Risiken stieg somit von [35-50] Mio. EUR Ende 2004 auf [70-110] Mio. EUR Ende Dezember 2011 an, das entspricht einer Zunahme um [35-60] Mio. EUR. Da in dem Kapital von [35-50] Mio. EUR für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken auch [0-5] Mio. EUR für Risiken durch Bulgarien und Rumänien enthalten sind, die erst 2007 marktfähig geworden sind, hat das Kapital für nicht marktfähige Risiken um [35-65] Mio. EUR brutto zugenommen. In anderen Worten, vom zusätzlichen Kapital von [75-100] Mio. EUR stützten [35-65] Mio. EUR de facto das Geschäft mit den nicht marktfähigen Risiken.

Schlussfolgerung zur Anwendung der beiden Ausschlusskriterien und zur Höhe des ergänzenden Kapitals

(138)

Ein Betrag von [70-110] Mio. EUR wurde von der Einstufung als Beihilfe ausgeschlossen, da damit bis zum 31. Dezember 2011 wahrscheinlich das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken gestützt wurde (erstes Ausschlusskriterium). Für einen Betrag von [10-25] Mio. EUR ist die Einstufung als Beihilfe ebenfalls ausgeschlossen, da er nicht als Vorteil angesehen werden konnte, denn damit wurden die marktfähigen Risiken bereits vor Übertragung dieser Risiken an SA Ducroire/Delcredere NV am 31. Dezember 2004 gestützt (zweites Ausschlusskriterium). Auch ein Betrag von [0-5] Mio. EUR muss ausgeklammert bleiben, da er für marktfähig gewordene Risiken (Rumänien und Bulgarien) zur Verfügung stand, noch bevor sie am 1. Januar 2007 marktfähig wurden.

(139)

Zusammenfassend könnten nur 36,6 Mio. EUR aus der Startkapitalzuweisung von 150 Mio. EUR einen Vorteil und mithin eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellen.

(140)

Bei einem anderen Rechenansatz für die 36,6 Mio. EUR werden von den 150 Mio. EUR Startkapital, die in SA Ducroire/Delcredere NV eingebracht wurden, (1) die [45-75] Mio. EUR, die u. a für kurzfristige Risiken bereits vor ihrer Übertragung an SA Ducroire/Delcredere NV zur Verfügung standen (einschl. der [0-5] Mio. EUR für die Risiken durch Schuldner mit Wohnsitz in Rumänien und Bulgarien, die am 1. Januar 2007 marktfähig geworden sind), und (2) die [35-65] Mio. EUR zusätzlich abgezogen, mit denen de facto die nicht marktfähigen Risiken gestützt wurden. Es ergeben sich somit 36,6 Mio. EUR.

(141)

Diese Analyse der Kapitalaufteilung ist in folgender Grafik dargestellt:

Image

(142)

Hilfsweise gibt die Kommission Folgendes zu bedenken. Wie die belgischen Behörden betonen, war mit Ausnahme von rund 7-13 Mio. EUR (siehe Tabelle 2) das gesamte Kapital von 150 Mio. EUR 2004 implizit den nicht marktfähigen Risiken zugewiesen. Ausgehend von dieser Grundaussage behauptet Belgien, dass ein Teil des ursprünglich für die nicht marktfähigen Risiken bereitgestellten Kapitals erst später (2007 und 2008) auf die marktfähigen Risiken übertragen wurde. Belgien behauptet demnach, dass nur diese Kapitalübertragungen Beihilfen darstellen könnten und der Grundsatz des privaten Kapitalgebers bereits bei den internen Übertragungen und nicht erst mit Bereitstellung des Startkapitals 2004 auf diese Beträge angewendet werden muss. Diesen Gedankengang kann man nicht gelten lassen.

(143)

Bei der Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV und in den darauffolgenden Jahren wurde das Kapital von [150-75] Mio. EUR nämlich nie formal dem Geschäft mit marktfähigen Risiken bzw. dem Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken zugeordnet. Dieses Kapital konnte nach Belieben zur Stützung des Geschäfts mit marktfähigen oder nicht marktfähigen Risiken (in unbekanntem Umfang) verwendet werden, je nachdem, welche Marktchancen und strategische Weichenstellungen sich für SA Ducroire/Delcredere NV boten. Die Kapitalaufteilung zwischen dem Geschäft für marktfähige Risiken und nicht marktfähige Risiken wurde erst rückwirkend im Rahmen des vorliegenden Verfahrens neu erstellt. In den Dokumenten von 2004, wie sie die belgischen Behörden vorgelegt hatten, war von einer Kapitalaufteilung auf die verschiedenen Geschäftsbereiche keine Rede. Für die Kommission kommt somit nicht in Frage, einen Teil der [75-100] Mio. EUR zusätzlichen Kapitals bei SA Ducroire/Delcredere NV von der beihilferechtlichen Analyse allein aufgrund des Umstands auszuschließen, dass dieser Betrag damals zur Stützung des Geschäfts mit nicht marktfähigen Risiken hätte dienen können. Wie bereits ausgeführt, kann nur der Teil des zusätzlichen Kapitals von [75-100] Mio. EUR, der nachweislich zur Stützung des Geschäfts mit nicht marktfähigen Risiken verwendet wurde, von der beihilferechtlichen Analyse ausgeschlossen werden.

(144)

Äußerst hilfsweise gibt die Kommission zu bedenken, dass, auch wenn man das Argument Belgiens gelten lassen sollte, wonach ein Teil des Startkapitals bei SA Ducroire/Delcredere NV für nicht marktfähige Risiken bereitstand und somit nicht in den Geltungsbereich von Artikel 107 Absatz 1 AEUV fallen konnte, dieses Argument nur auf einen Betrag von 36,6 Mio. EUR zuträfe, wenn Belgien der Nachweis gelänge, dass das für nicht marktfähige Risiken bereitstehende Kapital sich auf mehr als [70-110] Mio. EUR belief. (Bei der Berechnung der 36,6 Mio. EUR war nämlich ein Betrag von [70-110] Mio. EUR zur Stützung des Geschäfts für nicht marktfähige Risiken von den 150 Mio. EUR bereits abgezogen worden). Nun steht aber fest, dass 2004 eine derartige Summe nie für die nicht marktfähigen Risiken zur Verfügung stand, da aus den internen Unterlagen hervorgeht, dass ein Kapital von 100 Mio. EUR zur Absicherung aller kurzfristigen Risiken (nicht marktfähig und marktfähig) bis 2007 ausreichend waren.

Anwendung des Grundsatzes des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers

(145)

Gemäß ständiger Rechtsprechung ist, um festzustellen, ob eine Maßnahme einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, zu prüfen, ob unter vergleichbaren Umständen ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber mit einer vergleichbaren Größe wie das betreffende Unternehmen Kapital im gleichen Umfang eingebracht hätte (68), insbesondere wenn man die vorliegenden Informationen und die bei dieser Investition absehbaren Entwicklungen berücksichtigt.

(146)

Im vorliegenden Fall ist zu untersuchen, ob das 2004 gewährte ergänzende Kapital von 36,6 Mio. EUR ausreichend Rentabilität bot, um einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber zu überzeugen. Allerdings kann die Rentabilität dieses ergänzenden Kapitals nicht vom Gesamtkapital getrennt analysiert werden, denn dieses ergänzende Kapital ergibt sich aus einer künstlichen Aufteilung des 2004 gezeichneten Kapitals von 150 Mio. EUR. Es ist kein genauer Ertragsstrom zu erkennen, der von diesen 36,6 Mio. EUR stammen könnte. Oder anders gesagt, diesen 36,6 Mio. EUR konnte kein Gewinn aus einer bestimmten Geschäftstätigkeit zugeordnet worden, da keine getrennte Rechnungslegung vorhanden war. Nach Auffassung der Kommission ist somit, um den Grundsatz des privaten Kapitalgebers korrekt anzuwenden, zu prüfen, ob für das gesamte Kapital von 150 Mio. EUR die zu erwartende Rendite ausreichend war. Sollte dies nicht der Fall sein, muss daraus geschlossen werden, dass die 36,6 Mio. EUR einen Vorteil bilden.

(147)

Äußerst hilfsweise wäre eine andere Möglichkeit, den erzielten Ertrag nach einer anteilsbasierten Methode zu analysieren, was zum gleichen Ergebnis führen würde.

(148)

Die Kommission ist auch nicht der Auffassung, dass nur die Rentabilität des zusätzlichen Kapitals von [75-100] Mio. EUR analysiert und die für das Geschäft mit den kurzfristigen Risiken vor ihrer Übertragung an SA Ducroire/Delcredere NV bereitgestellten [45-75] Mio. EUR ausgeklammert bleiben sollten. Das ONDD hätte nämlich beschließen können, sein Geschäft mit kurzfristigen Risiken einzustellen und das diesem Geschäft damals zugewiesene Kapital, d. h. [45-75] Mio. EUR, wieder abzuziehen (69). Diese [45-75] Mio. EUR können somit nicht als früher angefallene, verlorene Altkosten („sunk cost“) betrachtet werden.

(149)

Unter den nun folgenden Erwägungsgründen wird die Kommission nachweisen, dass die erwartete Rendite für die 150 Mio. EUR unzureichend war, um einen privaten Kapitalgeber zu einer solchen Investition zu veranlassen. Hilfsweise wird sie zeigen, dass, auch wenn man davon ausgeht, dass für das Geschäft mit marktfähigen Risiken virtuell ein Kapital von [45-65] Mio. EUR (36,6 Mio. EUR plus [10-25] Mio. EUR) und die erwarteten Gewinne aus diesem spezifischen Geschäftsfeld zur Verfügung standen, die erwartete Rendite für diesen Geschäftsbereich ebenfalls zu niedrig war.

(150)

Der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers muss ex ante angewandt werden. Nur ausgehend von dem Zeitpunkt, an dem die Kapitalzuführung erfolgte, lässt sich beurteilen, ob sich auch ein privater Kapitalgeber auf eine derartige Kapitalzuführung eingelassen hätte. Für die Bewertung der Denkweise des privaten Kapitalgebers sind nach der Kapitalzuführung eingetretene Entwicklungen unerheblich. Dass der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers gewahrt wurde, lässt sich anhand eines Ex-ante-Geschäftsplans nachweisen, auf dessen Grundlage die Investitionsentscheidung getroffen worden wäre (70). Gemäß der jüngsten Rechtsprechung (71) kann ein Mitgliedstaat nur objektive und nachprüfbare Nachweise geltend machen, die er vor oder zeitgleich mit der Entscheidung, eine Investition zu tätigen, berücksichtigt hat. Insoweit können insbesondere Nachweise erforderlich sein, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen. Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die nachträgliche Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen demgegenüber nicht für den Nachweis aus, dass der Mitgliedstaat eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als marktwirtschaftlich handelnder privater Anteilseigner getroffen hat.

(151)

Da kein privater Geldgeber an der fraglichen Maßnahme beteiligt war und SA Ducroire/Delcredere NV nicht an der Börse notiert wird, ist die Größe, deren Gültigkeit gewürdigt werden muss, die erwartete Rentabilität der Investition, wie sie auf der Grundlage der vorliegenden Informationen und der damals absehbaren Entwicklungen zu erwarten war (wie im vom ONDD erstellten Geschäftsplan von 2004 grundsätzlich festgehalten). Gemäß Rechtsprechung des Gerichtshofs (72) und Entscheidungspraxis der Kommission (73) lässt nämlich der Umstand, dass die Kapitalzuführung angeblich für die Fortführung des Unternehmensgeschäfts oder die angemessene Kapitalausstattung der Geschäftstätigkeit nach aufsichtsrechtlichen Vorschriften oder einer Schätzung der eingegangenen Risiken erforderlich ist, nicht die Aussage zu, dass der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers erfüllt ist. Ein privater Kapitalgeber würde unter normalen Marktbedingungen eine derartige Kapitalzuführung nur dann vornehmen, wenn die erwartete Rendite zum Zeitpunkt der Einbringung angesichts der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen ausreichend war (74). Wie die Kommission somit einwendet, sind die von Belgien als Begründung dafür vorgebrachten Argumente, dass eine Kapitalausstattung von 150 Mio. EUR wirtschaftlich und/oder aufgrund aufsichtsrechtlicher Vorschriften „notwendig“ war, als Nachweis unerheblich, dass diese Investition für einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber eine ausreichende Rendite bot.

(152)

Die belgischen Behörden legen ihrer Rentabilitätsanalyse den Geschäftsplan vom 28. September 2004 zugrunde. Nun wurde SA Ducroire/Delcredere NV aber am 23. September 2004 gegründet. Den eigentlichen Geschäftsbetrieb nahm das Unternehmen jedoch erst am 1. Januar 2005 auf, da sein Portfolio mit kurzfristigen Risiken bis zum 31. Dezember 2004, als es übertragen wurde, weiter zum ONDD gehörte. Man kann also davon ausgehen, dass das ONDD seine Entscheidung, in diesen Geschäftsbereich zu investieren, bis kurz vor diesem Zeitpunkt hätte rückgängig machen können, indem es die fraglichen Risiken nicht überträgt und die neu gegründete Rechtseinheit auflöst. Es ist somit vertretbar, den ONDD-Geschäftsplan vom 28. September 2004 zugrunde zu legen, wie die belgischen Behörden dies verlangen.

(153)

Wie aus den Mitteilungen und den Protokollen von 2004 hervorgeht, steht hinter der Entscheidung des ONDD, SA Ducroire/Delcredere NV ein Kapital von 150 Mio. EUR zuzuführen, im Wesentlichen der Wille des ONDD, seine Tochtergesellschaft mit einem für „ausreichend“ gehaltenen Kapital zur Entwicklung ihrer Geschäftstätigkeit auszustatten, und für […] — „ein eingezahltes Kapital von 100 Mio. EUR ausreicht, um das kurzfristige Geschäft mit pauschalen Exportpolicen bis 2007 zu betreiben, danach aber überprüft werden muss (75), ohne dass im Grunde genau nachgewiesen wird, ob die erwartete künftige Rentabilität aus der Sicht eines privaten Kapitalgebers ausreichend war. Bei der Analyse der erwarteten Rentabilität war offensichtlich nur eine positive Ergebnisprognose in allen Geschäftsbereichen für die ersten drei Jahre ausreichend, um das ONDD zu dieser Investition zu veranlassen.

(154)

Wie es nämlich in den Prognosen von Szenario B des Geschäftsplans vom 28. September 2004 heißt, erwartete das ONDD in allen Geschäftsbereichen einen ROE von 1,3 %-1,9 % für die Jahre 2005, 2006 und 2007 nach dem Szenario „dynamisch — 6 % Wachstum“ des Geschäftsplans vom 28. September 2004 (der ROE vor Abzug der Schadensausgleichreserve lag bei 2,8 %-4,3 %) (siehe Tabelle 4). Diese Rentabilität wurde wohlgemerkt auf der Grundlage eines Kapitals von 100 Mio. EUR ohne Berücksichtigung der nicht eingezahlten 50 Mio. EUR berechnet, wodurch das Renditeergebnis besser ausfällt, als es in Wirklichkeit ist. Die laut Finanzprognosen vom 20. April 2004 erwartete Rendite waren nicht höher (siehe Tabelle 3).

(155)

Angesichts vorstehender Ausführungen wird deutlich, dass die erwartete Rentabilität der zukünftigen SA Ducroire/Delcredere NV unzureichend war, um einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber zu einer solchen Investition zu veranlassen. Die erwartete Rentabilität war nämlich niedriger als die Rendite risikoloser Anlagen (Ertrag langlaufender belgischer Staatsanleihen) in den ersten drei Jahren (die durchschnittliche Rendite langlaufender belgischer Staatsanleihen lag 2004 bei 4,15 % (76)). Auch unter Berücksichtigung der Schadensausgleichreserve reichte die erwartete Rendite nur an die Rendite risikoloser Anlagen heran.

(156)

Ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber würde sich mit so einer geringen Rendite in den ersten Jahren nur zufriedengeben, wenn er vernünftigerweise mit einem späteren Ausgleich durch deutlich höhere Gewinne als im Branchendurchschnitt rechnen könnte, so dass sich insgesamt eine ausreichende Kapitalrendite (nach Anwendung eines geeigneten Abzinsungssatzes) ergibt (77).

(157)

Nun lag aber 2004 keine seriöse Studie vor, die darauf hindeutete, dass diese geringe anfängliche Rendite in den Folgejahren durch eine viel höhere Rendite ausgeglichen werden würde. Die Kommission wendet ferner ein, dass die damals vorliegenden Finanzprognosen eine bestimmte Linearität bei den Leistungen zwischen 2005 und 2007 oder zumindest ein langsames Wachstum erkennen ließen (siehe Tabelle 4), und nichts deutete demnach auf eine sehr schnelle Verbesserung der Ergebnisse in den Jahren nach 2007 hin. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass die Ausgliederung von SA Ducroire/Delcredere NV nicht als Aufbau eines neuen Unternehmens (im Sinne eines „start-ups“) betrachtet werden kann, denn damals war geplant, dass sie das zuvor von der Muttergesellschaft betriebene Geschäft weiterführen sollte, und die entsprechenden Aktiva und Passiva wurden zu diesem Zweck einfach vom ONDD an SA Ducroire/Delcredere NV übertragen. Für diese Feststellung spricht auch, wie die Finanzprognosen damals erstellt wurden. Es zeigt sich, dass das ONDD 2004 bei der Erstellung der Finanzprognosen für die künftige SA Ducroire/Delcredere NV die bisherigen Leistungen des fraglichen Geschäftsbereichs (kurzfristige Risiken, einschl. marktfähiger Risiken) innerhalb des ONDD zugrunde gelegt hat. Die Annahmen für Prämien und Kosten beruhten hauptsächlich auf dem Durchschnitt der bisherigen Finanzdaten der fünf vorhergehenden Jahre, wenn man einmal von wenigen Anpassungen aufgrund der Änderungen im Marktumfeld absieht, wie z. B. eine Senkung der Prämien für Risiken, die 2004 mit dem Beitritt der 10 neuen Mitgliedstaaten zur Europäischen Union marktfähig geworden waren.

(158)

Außerdem geht aus den internen Mitteilungen hervor, dass das gesamte eingezahlte Kapital von 100 Mio. EUR bis Ende 2007 hauptsächlich in das progressive Wachstum der Geschäftsbereiche fließen sollte, die bisher vom ONDD betrieben wurden (siehe Erwägungsgrund (61)). Es handelte sich somit nur um das natürliche Wachstum der bestehenden Geschäftsbereiche (2004 war eine Ausdehnung auf andere, rentablere Geschäftsbereiche nicht geplant).

(159)

In Bezug auf das gezeichnete, aber nicht eingezahlte Kapital (50 Mio. EUR) wurden damals keine genauen Planungen für die Verwendung dieses Kapitals erstellt, und daher liegt auch keine Prognose zur erwarteten Rendite für dieses Kapital vor. Im Übrigen stand weder die Übernahme von KUP noch eine Zukaufstrategie im Allgemeinen bei der Übertragung des Kapitals an SA Ducroire/Delcredere NV zur Debatte.

(160)

Es ist auch zu betonen, dass die Prognosen für den Zeitraum 2005-2014 erst nachträglich erstellt wurden, nachdem die Kommission das förmliche Prüfverfahren eingeleitet hatte. Die einzigen, ex ante vom ONDD erstellten Finanzprognosen waren nämlich auf einen Zeitraum von drei Jahren (die ersten drei Geschäftsjahre der künftigen SA Ducroire/Delcredere NV, d. h. die Jahre 2005, 2006 und 2007) begrenzt, was für die Anforderungen eines privaten Kapitalgebers vergleichsweise kurz ist.

(161)

Die Kommission schließt daraus, dass die erwartete Kapitalrendite nicht ausreichend war, und die 36,6 Mio. EUR daher einen Vorteil zugunsten des Geschäfts mit marktfähigen Risiken bei SA Ducroire/Delcredere NV darstellten.

(162)

Hilfsweise analysiert die Kommission unter den folgenden Erwägungsgründen die erwartete Rentabilität für das Geschäft mit marktfähigen Risiken.

(163)

Die Kommission gibt zu bedenken, dass die Finanzprognosen aus Anhang 9 der strategischen Mitteilung vom 28. September 2004 in der vom ONDD erstellten Form ein negatives Ergebnis für das Versicherungsgeschäft mit marktfähigen Risiken (d. h. für die Länder mit marktfähigen Risiken gemäß der Mitteilung über die kurzfristige Exportkreditversicherung)  (78) für den gesamten Planungszeitraum von 2005-2007 vorsahen, so dass das Geschäft mit marktfähigen Risiken durch das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken subventioniert wurde. Daraus ergibt sich, dass die Rentabilitätsschätzung für marktfähige Risiken niedriger ausfiel als die für das gesamte Geschäft, die für einen privaten Kapitalgeber bereits unzureichend war. Für die Kommission folgt daraus, dass auch bei getrennter Analyse der Rentabilität des Geschäfts mit marktfähigen Risiken auf der Grundlage der 2004 vorliegenden Finanzprognosen (79) auf eine negative erwartete Rendite geschlossen werden müsste, was somit für einen privaten Kapitalgeber ganz offensichtlich unzureichend war, um ihn zu einer solchen Investition zu veranlassen.

(164)

Die belgischen Behörden machen aus den unter Erwägungsgrund (74) angesprochenen Gründen geltend, dass die Prognosen vom September 2004 bei der Rentabilitätsanalyse für das Geschäft mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken nicht berücksichtigt werden dürfen, denn „sie führen zu irreführenden Ergebnissen“. Laut Aussage der belgischen Behörden gebe das Splitting-Verfahren in marktfähige und nicht marktfähige Risiken, wie es 2011 entwickelt wurde, die mögliche Denkweise eines privaten Kapitalgebers zum Zeitpunkt der Entscheidung 2004 am besten wieder. Die belgischen Behörden scheinen damit nachträglich anzudeuten, dass die Prognosen von 2004 für die marktfähigen Risiken (80) auf falschen Annahmen beruhten. Die Schadenshäufigkeit war nämlich — unverändert — hoch angesetzt, und ihr stand ein sehr geringes Prämienaufkommen gegenüber (das als Ausgleich für die eingegangenen Risiken dienen sollte). Daraus ergab sich eine Schadenquote von 94 % („loss ratio“). Die Kommission kann eine rückwirkende Veränderung der prognostizierten Rentabilität für einen Geschäftsbereich nicht gelten lassen (siehe Erwägungsgrund (150)). Hilfsweise wendet die Kommission ein, dass sich mit diesem Argument der belgischen Behörden bestätigt, dass zur erwarteten Rentabilität für marktfähige Risiken keine ernsthafte separate Analyse durchgeführt wurde und — für eine ordnungsgemäße Anwendung des Grundsatzes des privaten Kapitalgebers — daher die Rendite des gesamten für SA Ducroire/Delcredere NV bereitgestellten Kapitals zu analysieren ist.

(165)

Äußerst hilfsweise wendet die Kommission, dass auch bei Berücksichtigung der Ergebnisprognosen für das Geschäft mit marktfähigen Risiken, wie sie 2011 in überarbeiteter Form von den belgischen Behörden vorgelegt wurden (81) — was laut Kommission unzulässig ist, da sie zum Zeitpunkt der Investition nicht existierten — und auch wenn man dieses Ergebnis durch das Kapital für die marktfähigen Risiken ([45-65] Mio. EUR laut Schätzung der Kommission) teilen würde, so läge der geschätzte ROE für 2005-2007 weiterhin unter der Rendite für risikolose Anlagen.

(166)

Für die Schätzung der erwarteten Rentabilität ist, wie unter dem Erwägungsgrund oben ausgeführt, das gesamte geschätzte Kapital für marktfähige Risiken, d. h. einschließlich des nicht eingezahlten Kapitalanteils, heranzuziehen, was im Widerspruch zu den Renditeberechnungen des ONDD steht. Das Argument der belgischen Behörden (siehe Erwägungsgrund (79)), wonach das 2004 gezeichnete, aber erst 2009 eingezahlte Kapital bei den Berechnungen zur geschätzten Rentabilität nicht berücksichtigt werden dürfe, kann man also nicht gelten lassen. Obwohl dieses Kapital erst 2004 eingezahlt wurde, konnte es nämlich zu einem beliebigen Zeitpunkt abgerufen werden, da es gleich bei der Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV gezeichnet worden war. Ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber würde somit eine Vergütung für die mit dieser Investition eingegangenen Risiken verlangen, da er seine Anlage bei einem Konkurs ganz oder teilweise verlieren könnte. Die Berechnungen der belgischen Behörden kann man also nicht gelten lassen.

(167)

Es ist jedoch einzuräumen, dass dieser Kapitalgeber das noch nicht eingezahlte Kapital seiner Investition — solange dieses Kapital noch nicht abgerufen wurde — in risikolosen, liquiden, kurz- oder mittelfristigen Anlagen anlegen kann und somit die für derartige Anlagen übliche Rendite erzielen würde. Demnach würde ein solcher Kapitalgeber eine Vergütung für eine Anlage aus nicht eingezahltem Kapital nur in Höhe der Risikoprämie des Unternehmens erwarten, in das er investiert (d. h. die Differenz zwischen der erwarteten Rendite für eine Kapitaleinlage in einem vergleichbaren Unternehmen und der Rendite einer risikolosen, liquiden, kurz- bis mittelfristigen Anlage) (82).

(168)

Folglich ist bei der erwarteten Rendite für eine Kapitaleinlage, die nur teilweise eingezahlt wird, das gesamte gezeichnete Kapital zu berücksichtigen, allerdings bereinigt um das zu erwartende Renditeergebnis für das nicht eingezahlte Kapital. Die Kommission hat verschiedene Szenarien, darunter auch den günstigsten Fall für die erwartete Rendite simuliert; sie ging also davon aus, dass von den [45-65] Mio. EUR für das Geschäft mit marktfähigen Risiken 2004 nur [10-25] Mio. EUR eingezahlt waren (d. h. so viel Kapital, wie bereits innerhalb des ONDD für das Geschäft mit marktfähigen Risiken zur Verfügung stand), und die verbleibenden 36,6 Mio. EUR wurden als nicht eingezahltes Kapital angesehen, für das somit nur eine Risikoprämie erforderlich war. Bei dieser Simulation wurde zur erwarteten Rentabilität für das Geschäft mit marktfähigen Risiken der Ertrag hinzugerechnet, der einer Rendite für eine risikolose, mittelfristige Anlage von 36,6 Mio. EUR entspricht. Genauer gesagt wurde der nicht eingezahlte Kapitalanteil, multipliziert mit dem damals zu erwartenden Renditesatz für risikofreie, liquide, mittelfristige Anlagen, (83) zum erwarteten Ergebnis für das marktfähige Geschäft (84) hinzugerechnet. Dann wurde die Summe durch das durchschnittliche Kapital geteilt, das für das Geschäft mit marktfähigen Risiken zur Verfügung stand. So ergab sich für die Anlage eine erwartete Rendite durch das durchschnittliche Eigenkapital („return on average equity“ oder „ROAE“) von geschätzt rund 4 % für 2005-2007. Die so berechnete erwartete Rendite war knapp so hoch wie die durchschnittliche Rendite langlaufender belgischer Staatsanleihen im Jahre 2004 (siehe Erwägungsgrund (155)).

(169)

Auch bei einer Anlagenverzinsung von 3,5 %, wie von Belgien angeregt (siehe Erwägungsgrund (80)), würde sich die erwartete Rendite nicht erheblich verändern und nicht an die von Belgien selbst geschätzten Kapitalkosten heranreichen.

(170)

Bei der geschätzten Rentabilität (gemäß Angabe unter Erwägungsgrund (168)) sind — anders als von den belgischen Behörden befürwortet — die Rückstellungen für die Schadensausgleichreserve berücksichtigt. Da mit diesen von den belgischen Bankaufsichtsbehörden vorgeschriebenen Rückstellungen die Betriebsergebnisse zeitlich gestreckt und mögliche künftige Verluste aus dem künftigen Geschäft gedeckt werden sollen, ist es angemessener, sie in die Renditeberechnungen einzubeziehen. Der Ansatz der Kommission entspricht der buchhalterischen Sichtweise, wonach diese Rückstellung als gewinnmindernde Aufwendung anzusetzen ist. Auch wenn sie (bei der Gewinnschätzung) nicht als Aufwendung angesetzt werden sollte, würde die erwartete Rendite nicht an die von den belgischen Behörden selbst geschätzten Kapitalkosten heranreichen (im vorliegenden Beschluss äußert sich die Kommission nicht zur Gültigkeit der von den belgischen Behörden erstellten Schätzung für die Kapitalkosten, da die Argumentation in diesem Beschluss nicht auf diesem Wert beruht).

(171)

Auch bei Verwendung der von den belgischen Behörden vorgebrachten Angaben — welche die Kommission für falsch hält — wird somit deutlich, dass die erwartete Rentabilität für das Geschäft mit marktfähigen Risiken unzureichend war, um einen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgeber zu einer solchen Investition zu veranlassen.

(172)

In Bezug auf das von belgischen Behörden befürwortete Verfahren (zur Schätzung der Rendite, d. h. der ROR-Quote) im Rahmen ihrer Antwort auf das Auskunftsersuchen der Kommission vom Dezember 2007 stellt die Kommission hilfsweise fest, dass in den Ex-ante-Finanzprognosen (Geschäftsplan) des ONDD nicht mit dieser Kennzahl gearbeitet wurde. Außerdem lässt sich daraus zwar der versicherungstechnische Ertrag bezogen auf den Umsatz ableiten, aber das angelegte Kapital bleibt unberücksichtigt, und die Rentabilität bezogen auf das angelegte Kapital wird nicht angegeben. Auch das Ergebnis aus dem reinen Finanzgeschäft wird nicht berücksichtigt, das aber zu dem an die Aktionäre auszuschüttenden Buchgewinn gehört. Ein Eigenkapitalgeber (wie ein Aktionär) würde somit nicht nur diese Kennzahl — die weder die Eigenkapitalrendite noch die Rendite einer Anlage misst — heranziehen, um die Rendite einer geplanten möglichen Anlage zu bewerten.

(173)

Zusammenfassend bilden die 36,6 Mio. EUR einen Vorteil, den das ONDD SA Ducroire/Delcredere NV in Form eines Kapitals verschafft hat, das sie sich nicht zu denselben Konditionen hätte am Markt beschaffen können.

V.1.2.   Zurechenbarkeit und staatliche Mittel

(174)

Die Kapitalzuweisung zugunsten von SA Ducroire/Delcredere NV ist eine dem belgischen Staat zurechenbare Entscheidung des ONDD, da das ONDD eine eigenständige öffentliche Anstalt („institution publique autonome“) im Sinne des belgischen öffentlichen Rechts ist, die durch ein Organgesetz von 31. August 1939 gegründet wurde. Die Verwaltungsratsmitglieder werden (per Erlass nach Beratung im Ministerrat) ernannt und können vom belgischen König (der auch ihre Aufwandsentschädigungen und Bezüge festsetzt) zumeist auf Vorschlag der föderalen Aufsichtsminister und der Regionalregierung der drei belgischen Regionen wieder abgesetzt werden (85). Die als „Ministerialbeauftragte“ bezeichneten und auf Vorschlag der Aufsichtsminister ernannten Mitglieder des Verwaltungsrats können bei den Beratungen des Verwaltungsrats Beschlüsse aussetzen, die ihrer Meinung nach den Interessen des Staates zuwiderlaufen. In diesem Fall erstattet der Ministerialbeauftragte, der die Entscheidung ausgesetzt hat, sofort Bericht an den Minister, von dem er bestellt wurde. Und schließlich gilt für das ONDD die Garantie des belgischen Staates, und es kann im Auftrag des belgischen Staates tätig werden.

(175)

Der belgische Staat, der im ONDD-Verwaltungsrat vertreten ist und über die dort gefassten Beschlüsse unterrichtet wird, war somit unmittelbar an der Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD beteiligt. Die belgischen Behörden haben die Zurechenbarkeit der Kapitalzuweisungsmaßnahme zum belgischen Staat nicht bestritten.

(176)

Die Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD, eine öffentliche Anstalt, deren Verhalten dem belgischen Staat zuzurechnen ist, enthält somit staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 AEUV.

V.1.3.   Selektivität

(177)

Die 2004 erfolgte Kapitalzuweisung ist selektiv, da SA Ducroire/Delcredere NV allein und unmittelbar davon profitiert.

V.1.4.   Wettbewerbsverzerrung

(178)

Da das ONDD die fragliche Kapitalzuweisung ohne Aussicht auf eine ausreichende Rendite vorgenommen hat, kam SA Ducroire/Delcredere NV ein Wettbewerbsvorteil gegenüber privaten Kreditversicherungsanstalten zugute, deren Anteilseigner eine Anlagerendite etwa in Höhe der Rendite erwarten, wie sie mit vergleichbaren Kapitalanlagen zu erzielen wäre.

(179)

Vor allem aber hätte sich SA Ducroire/Delcredere NV dieses Kapital nicht am Markt beschaffen können insofern, als die Rendite der Anlage unzureichend war. Das bedeutet, dass ohne das vom Staat über das ONDD eingebrachte Kapital SA Ducroire/Delcredere NV sein Marktgeschäft nicht in dem Maße hätte ausbauen können, wie dies geschehen ist.

(180)

Wie es unter der Nummer 3.2. der Mitteilung über die Exportkreditversicherung hierzu heißt, verfälscht das für bestimmte Unternehmen bereitgestellte Kapital den Wettbewerb und stellt eine staatliche Beihilfe dar, wenn sich der Staat nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber verhält.

(181)

Gemäß Rechtsprechung des Gerichtshofs gilt: Verstärkt eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel, muss diese als von der Beihilfe beeinflusst erachtet werden (86).

(182)

Die dem ONDD vom Staat in Form einer Kapitalzuweisung für marktfähige Risiken gewährte Unterstützung verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen.

V.1.5.   Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

(183)

SA Ducroire/Delcredere NV steht im Wettbewerb mit anderen Unternehmen der Europäischen Union auf dem Markt für Kreditversicherungen. Das Gleiche galt für das ONDD im Hinblick auf die marktfähigen Risiken, bevor das Kreditversicherungsgeschäft des ONDD für kurzfristige Risiken, einschließlich der marktfähigen Risiken, in SA Ducroire/Delcredere NV ausgegliedert wurde.

(184)

Außerdem sind das ONDD und SA Ducroire/Delcredere NV in den anderen Mitgliedstaaten tätig, insbesondere durch die Übernahme von KUP, dem Geschäftszweig der staatlichen Exportkreditversicherungsagentur in Tschechien.

(185)

Gemäß Nummer 3.2 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung stellt, wenn der Staat zugunsten von Exportversicherern Garantien für marktfähige Risiken übernimmt oder Kapital für sie bereitstellt, ohne dass seine Investitionstätigkeit mit der privater Investoren in einer Marktwirtschaft vergleichbar wäre, eine derartige Garantie oder eine derartige Kapitalbereitstellung eine Beihilfe dar, die den innergemeinschaftlichen Handel verfälscht.

(186)

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt, wenn das oder die begünstigte(n) Unternehmen ihrer Wirtschaftstätigkeit in einem wettbewerbsorientierten Bereich nachgeht(en), der Gegenstand eines Handels zwischen den Mitgliedstaaten ist. (87)

(187)

Der Umstand, dass sich ein Wettbewerber aus einem anderen Mitgliedstaat als Belgien über die Wettbewerbsverzerrung beschwert hat, die durch das Auftreten von SA Ducroire/Delcredere NV in einem dritten Mitgliedstaat (Tschechische Republik) verursacht wurde, und das Verfahren damit ausgelöst hat, bestätigt nur, dass SA Ducroire/Delcredere NV in einem Bereich tätig ist, in dem ein Handel zwischen Mitgliedstaaten stattfindet.

(188)

Der Handel zwischen den Mitgliedstaaten wird somit von Maßnahme 3 spürbar beeinträchtigt.

V.2.   RECHTSWIDRIGKEIT DER MÖGLICHEN BEIHILFEN

(189)

Im Lichte der vorstehenden Ausführungen stellt Maßnahme 3 eine Beihilfe dar.

(190)

Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Beihilfe eine neue Beihilfe ist, die nicht vorher bei ihr angemeldet wurde und somit eine rechtswidrige Beihilfe darstellt.

(191)

Das ONDD hat das fragliche Kapital im September 2004 gezeichnet, und das Geschäft mit kurzfristigen Risiken (einschließlich marktfähiger und nicht marktfähiger Risiken) wurde am 1. Januar 2005 in SA Ducroire/Delcredere NV ausgegliedert.

(192)

Diese Maßnahme

erfolgte somit nach dem 17. September 1998; ab diesem Zeitpunkt durfte Belgien aufgrund seiner Zustimmung zur Mitteilung über die Exportkreditversicherung keine neuen Beihilfen vergeben;

fällt nicht unter die Frist in Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 EG-Vertrag, da sie vor weniger als 10 Jahren erlassen wurde.

(193)

Der Teil des Kapitals in Höhe von 36,6 Mio. EUR, der SA Ducroire/Delcredere NV vom ONDD gewährt und nicht vorher bei der Kommission angemeldet wurde, bildet somit von Anfang an eine rechtswidrige neue Beihilfe.

V.3.   BEWERTUNG DER VEREINBARKEIT MÖGLICHER BEIHILFEN MIT DEM BINNENMARKT

(194)

Die Kommission überprüft die Vereinbarkeit von Maßnahme 3 anhand der Bestimmungen der Mitteilung über die Exportkreditversicherung, die damals gültig war. Die neue Mitteilung an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf die kurzfristige Exportkreditversicherung (im Folgenden „neue Mitteilung über die Exportkreditversicherung“), die am 19. Dezember 2012 veröffentlicht wurde, gilt seit dem 1. Januar 2013.

(195)

Nach den Nummern 3.2 und 4.1 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung gelten die für staatliche Beihilfen vorgesehenen Ausnahmeregelungen im AEUV grundsätzlich nicht für Beihilfen, die für die Versicherung marktfähiger Risiken gewährt werden. Diese Beihilfen verfälschen zwar den Wettbewerb zwischen Versicherern, führen vor allem aber „zu einem unterschiedlichen Versicherungsschutz für marktfähige Risiken in verschiedenen Mitgliedstaaten und verfälschen hierdurch den Wettbewerb zwischen den Unternehmen der einzelnen Mitgliedstaaten und haben Nebenwirkungen auf den innergemeinschaftlichen Handel, unabhängig davon, ob innergemeinschaftliche Ausfuhren oder Ausfuhren nach Drittländern betroffen sind. Die in Artikel 92 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmeregelungen gelten nicht bei Beihilfen für die Versicherung von marktfähigen Risiken. Die wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen solcher Beihilfen in der Gemeinschaft überwiegen mögliche nationale oder gemeinschaftliche Interessen an der Unterstützung der Ausfuhren (88). Oder anders gesagt, für diese Beihilfen kommt eine Freistellung gemäß Artikel 107 Absatz 3 AEUV, insbesondere gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c, grundsätzlich nicht in Frage, weil sie eine zu starke Wettbewerbsverzerrung innerhalb des Binnenmarkts darstellen.

(196)

Außerdem erfüllt die fragliche Beihilfe keine der Voraussetzungen für eine oder mehrere Freistellungen im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV. Wie insbesondere im Einleitungsbeschluss ausgeführt wurde, kann die fragliche Beihilfe keine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe nach den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (89) bilden, und dies insbesondere aus folgenden Gründen:

1)

Die belgischen Behörden haben nicht nachgewiesen, dass SA Ducroire/Delcredere NV für eine derartige Beihilfe in Betracht kam, und insbesondere dass sie im Sinne der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten kein Unternehmen in Schwierigkeiten ist. Festzuhalten ist auch, dass gemäß Nummer 12 dieser Leitlinien keine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe für neu gegründete Unternehmen gewährt werden kann.

2)

Die Beihilfe war nicht auf das erforderliche Minimum beschränkt. Insbesondere war die Kapitalzuweisung an SA Ducroire/Delcredere NV so hoch, dass sie damit Erwerbungen tätigen konnte. Laut Geschäftsplan, wie er 2004 in Form von internen Mitteilungen vorgelegt wurde, war kein Eigenbeitrag des Begünstigten vorgesehen.

3)

Laut Geschäftsplan für SA Ducroire/Delcredere NV waren keine Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen vorgesehen.

(197)

Die Bestimmungen der neuen Mitteilung über die Exportkreditversicherung sind nicht geeignet, die Kommission zu einer anderen Bewertung zu veranlassen.

(198)

Daher kann die fragliche Maßnahme im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden.

V.4.   VERPFLICHTUNG, EINE GETRENNTE VERWALTUNG UND RECHNUNGSLEGUNG EINZUFÜHREN UND BEIZUBEHALTEN

(199)

Gemäß Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung muss insofern, als das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken staatliche Unterstützung erhält, das Unternehmen die Versicherung von marktfähigen Risiken und nicht marktfähigen Risiken zumindest getrennt verwalten und getrennt Rechnung dafür legen, um sicherzustellen, dass das Kapital für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken nicht dem Geschäft für marktfähige Risiken zugutekommt und so nicht den Wettbewerb verfälscht.

(200)

Laut Aussage der belgischen Behörden wird das kurzfristige Geschäft seit dem 1. Januar 2005 nach Übertragung eines bestehenden Geschäftsbereichs mit dem bestehenden Kapital (ohne ergänzende Kapitalzuweisung) innerhalb von SA Ducroire/Delcredere NV betrieben. Hilfsweise ist Belgien der Ansicht, dass das Kapital nach für einen privaten Kapitalgeber annehmbaren Bedingungen gewährt wurde. Da SA Ducroire/Delcredere NV den belgischen Behörden zufolge keine staatliche Unterstützung mehr erhält — auch für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken –, könne auf eine getrennte Rechnungslegung verzichtet werden.

(201)

In Abschnitt V.1.1.2. wurde festgestellt, dass dem übertragenen Geschäftsbereich ein Kapital von [45-75] Mio. EUR zugewiesen wurde und somit ein zusätzliches Kapital von [75 — 150] Mio. EUR, davon de facto [35-65] Mio. EUR für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken, vorhanden war. Diese [35-65] Mio. EUR wurden daher von der Einstufung als Beihilfe ausgeschlossen. Das Argument der belgischen Behörden, wonach das Geschäft mit den nicht marktfähigen Risiken keine staatliche Unterstützung erhält, kann man daher nicht gelten lassen, da das Vorliegen eines zusätzlichen Kapitals, das zum Teil dem Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken zugutekam, nachgewiesen werden konnte. Außerdem ließen die Finanzprognosen von 2004 für die gesamte Geschäftstätigkeit von SA Ducroire/Delcredere NV eine erwartete Rentabilität erkennen, die unter der damaligen Rendite für risikolose Anlagen lag (90). Die erwartete Rentabilität war somit gemessen an den Anforderungen eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers nicht ausreichend. Es kann somit festgestellt werden, dass das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken weiterhin staatliche Unterstützung erhielt.

(202)

Da das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken staatliche Unterstützung erhielt und immer noch erhält, hätte sich SA Ducroire/Delcredere NV gleich bei der Gründung an die Auflage gemäß Nummer 4.3 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung halten müssen, die eine getrennte Verwaltung und eine getrennte Rechnungslegung für das Versicherungsgeschäft mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken vorschreibt, so dass zwischen dem Geschäft für marktfähige und nicht marktfähige Risiken unterschieden werden kann, solange sie ein Geschäft mit marktfähigen Risiken betreibt. In der neuen Mitteilung über die Exportkreditversicherung bleibt diese Verpflichtung bestehen (siehe Nummer 15 der neuen Mitteilung über die Exportkreditversicherung).

(203)

Für SA Ducroire/Delcredere NV war und ist diese Verpflichtung weiterhin bindend. Eine getrennte Verwaltung und eine getrennte Rechnungslegung für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken und marktfähigen Risiken müssen somit umgehend eingeführt werden. Andernfalls wäre für die Unterstützung von [35-65] Mio. EUR für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken die Einstufung als Beihilfe nicht mehr zu vermeiden. Die Schlussfolgerung des vorliegenden Beschlusses, wonach dieser Betrag von [35-65] Mio. EUR dem Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken zugutekommt, beruht nämlich auf bestimmten Annahmen, die angesichts der rückwirkend neu erstellten getrennten Rechnungslegung teilweise nicht nachprüfbar sind (formal gibt es nämlich keine getrennte Rechnungslegung innerhalb von SA Ducroire/Delcredere NV). Die Kommission wird eine derartige rückwirkende Neuerfassung nicht mehr gelten lassen, sollte sie sich in Zukunft erneut mit der Verwendung des Kapitals von SA Ducroire/Delcredere NV befassen müssen. Die Verpflichtung zur getrennten Verwaltung und Rechnungslegung ist gerade dazu gedacht, dass man nicht auf eine derartige rückwirkende Arbeit angewiesen ist, die zwangsläufig auf einer ganzen Reihe von teilweise nicht nachprüfbaren Annahmen beruht.

(204)

Der vorliegende Beschluss und insbesondere der errechnete Betrag von 36,6 Mio. EUR beruhen auf einer getrennten Rechnungslegung (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) für marktfähige und nicht marktfähige Risiken zum 31. Dezember 2011, wie sie von den belgischen Behörden im Mai 2012 vorgelegt wurde. Es wäre somit nicht annehmbar, dass die Einführung einer getrennten Verwaltung und Rechnungslegung auf der Grundlage anderer Annahmen und Verfahren erfolgt, als für die Ermittlung der Beträge im Rahmen des vorliegenden Verfahrens verwendet. Insbesondere wäre es nicht annehmbar, wenn dem Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken weniger Kapital — d. h. mehr Kapital für das Geschäft mit marktfähigen Risiken — zugeordnet wird, als in der getrennten Bilanz zum 31. Dezember 2011 ausgewiesen, welche die belgischen Behörden im Mai 2012 vorgelegt haben.

(205)

Hilfsweise betont die Kommission, dass die fehlende getrennte Rechnungslegung seit Gründung von SA Ducroire/Delcredere NV die Analyse von Maßnahme 3 erheblich erschwert und die Kommission gezwungen hat, ihre Analyse anhand bestimmter Annahmen durchzuführen. Da die Pflicht der getrennten Rechnungslegung SA Ducroire/Delcredere NV oblag, kann man der Kommission nicht vorwerfen, sie hätte bestimmte Annahmen herangezogen oder einen komplexen Ansatz für ihre Analyse gewählt. Ohne diesen komplexen Ansatz hätte die Kommission nämlich ganz einfach die gesamte Summe von [75-100] Mio. EUR als beihilferechtlichen Vorteil im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV betrachten können.

V.5.   DIE VERPFLICHTUNG, DASS DAS NICHT MARKTFÄHIGE GESCHÄFT NICHT ZUR RÜCKZAHLUNG EINER BEIHILFE BEITRÄGT

(206)

In diesem Beschluss hat die Kommission von der Einstufung als Beihilfe den Teil des Kapitals ausgenommen, der de facto dem Geschäft mit nicht marktfähigen zugutekam, auch wenn dieser Teil des Kapitals eine Unterstützung bildete, die den Anforderungen eines privaten Kapitalgebers nicht gerecht wurde. Der nicht vereinbare Beihilfebetrag umfasst somit nicht die Unterstützung für das nicht marktfähige Geschäft. Es liegt somit im Sinne des vorliegenden Beschlusses, dass die Rückzahlung der unvereinbaren Beihilfe strenggenommen nur durch das marktfähige Geschäft und das dazugehörige Kapital finanziert werden darf, denn nur so kann die Wettbewerbssituation auf dem Markt für marktfähige Risiken wiederhergestellt werden, wie sie vor Gewährung der unvereinbaren Beihilfe bestand. Wie bereits angegeben, muss diese Rückforderung auf der Grundlage der getrennten Rechnungslegung im Einklang mit der Stellungnahme der belgischen Behörden vom Mai 2012 erfolgen.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(207)

Die Kommission stellt fest, dass von den drei Maßnahmen, auf die sich das förmliche Prüfverfahren bezog, die Maßnahmen 1 und 2 (staatliche Garantie und mögliche interne Mittelübertragungen zugunsten marktfähiger Risiken innerhalb des ONDD) keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV darstellen. Dagegen lässt die Analyse von Maßnahme 3 auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV in Höhe von 36,6 Mio. EUR schließen. Da das ONDD Maßnahme 3 (im Auftrag des belgischen Staates) unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrig umgesetzt hat und diese Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, muss sie zurückgefordert werden. Die Rückzahlung dieser Beihilfe muss aus dem Geschäft mit marktfähigen Risiken innerhalb von SA Ducroire/Delcredere NV finanziert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Garantie, die Belgien dem ONDD gewährt hat, stellt keine Beihilfe dar, soweit sie nicht dem Geschäft mit marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD zugutekam.

Artikel 2

Die internen Mittelübertragungen zugunsten des Geschäfts mit marktfähigen Risiken innerhalb des ONDD, für die keine Nachweise vorliegen, stellen keine Beihilfe dar.

Artikel 3

Die Erstkapitalausstattung von SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD in Höhe von 113,4 Mio. EUR stellt keine Beihilfe dar.

Artikel 4

Die Erstkapitalausstattung von SA Ducroire/Delcredere NV durch das ONDD in Höhe von 36,6 Mio. EUR, die am 23. September 2004 unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV umgesetzt wurde, stellt eine rechtswidrige Beihilfe dar, die im Sinne des AEUV nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

Artikel 5

(1)   Belgien muss die in Artikel 4 genannte Beihilfe über das ONDD von SA Ducroire/Delcredere NV zurückfordern. Belgien ist verpflichtet, detaillierte Daten — einschließlich einer Bescheinigung einer unabhängige Auditgesellschaft, welche die Konten prüft — als Nachweis dafür vorzulegen, dass die Rückzahlung ausschließlich aus dem Geschäft der SA Ducroire/Delcredere NV mit marktfähigen Risiken finanziert wurde.

(2)   Auf den zurückzufordernden Betrag werden vom Zeitpunkt der Gewährung an SA Ducroire/Delcredere NV (1. Januar 2005) bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung Zinsen fällig.

(3)   Die Zinsen sind gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (91) nach der Zinseszinsformel zu berechnen.

(4)   Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt unverzüglich und tatsächlich.

Artikel 6

Eine getrennte Verwaltung und eine getrennte Rechnungslegung für das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken und marktfähigen Risiken müssen unverzüglich eingeführt und so lange beibehalten werden, wie das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken noch staatliche Unterstützung erhält. Für die getrennte Rechnungslegung sind die im Mai 2012 von den belgischen Behörden vorgelegten Finanzdaten zu berücksichtigen. Insbesondere ist die dazu erstellte Kapitalaufteilung genau so durchzuführen, wie sie im Mai 2012 vorgelegt wurde.

Artikel 7

(1)   Innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses legt Belgien der Kommission folgende Informationen vor:

a)

den Gesamtbetrag (Hauptforderung zuzüglich Zinsen für die Beihilfe), der von SA Ducroire/Delcredere NV zurückzufordern ist;

b)

eine detaillierte Beschreibung der Maßnahmen, die bereits getroffen wurden und vorgesehen sind, um dem vorliegenden Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen zum Nachweis, dass SA Ducroire/Delcredere NV zur Rückzahlung der Beihilfe aufgefordert worden ist.

(2)   Belgien unterrichtet die Kommission über den Fortgang der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 4 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Belgien legt unverzüglich, auf einfache Anforderung der Kommission, alle Informationen zu den bereits getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses vor. Ferner macht Belgien genaue Angaben zu den Beihilfebeträgen und den Zinsen, die bereits von SA Ducroire/Delcredere NV zurückgezahlt wurden.

Artikel 8

Belgien ergreift innerhalb von vier Monaten nach Bekanntgabe des vorliegenden Beschlusses die für die Umsetzung des vorliegenden Beschlusses erforderlichen Maßnahmen.

Artikel 9

Dieser Beschluss ist an das Königreich Belgien gerichtet.

Brüssel, den 20. März 2013

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahme auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Der AEUV hat auch bestimmte terminologische Änderungen wie zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“, von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ und von „Gericht erster Instanz“ durch „Gericht“ mit sich gebracht. Diese Begriffe aus dem AEUV werden im vorliegenden Beschluss verwendet.

(2)  ABl. C 163 vom 1.6.2011, S. 1.

(3)  Vertrauliche Information.

(4)  ABl. C 163 vom 1.6.2011, S. 1.

(5)  ABl. C 281 vom 17.9.1997, S. 4. Seit 1. Januar 2012 wendet die Kommission die neue Mitteilung an die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Artikel 107 und 108 AEUV auf die kurzfristige Exportkreditversicherung an, die am 19. Dezember 2012 veröffentlicht wurde (ABl. C 392 vom 19.12.2012, S. 1).

(6)  Unabhängig davon, ob es sich um öffentliche oder private Schuldner handelt.

(7)  Siehe Nummer 2.5 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung.

(8)  Siehe Seiten 60 und 69 in Anhang 8 der „Stellungnahme zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(9)  Siehe Abschnitt 4.1.2.2.1. des Einleitungsbeschlusses.

(10)  Zu diesem ausgeschlossenen Kapital für nicht marktfähige Risiken gehört das Kapital von SA Ducroire/Delcredere NV, das bei der Ausgliederung des Bereichs Versicherung kurzfristiger Risiken in SA Ducroire/Delcredere NV vom Versicherungsgeschäft für Risiken durch in Rumänien und Bulgarien ansässige Schuldner profitierte, da diese Risiken damals nicht marktfähig waren, weil diese Staaten erst am 1. Januar 2007, d. h. nach Übertragung des Geschäftsbereichs an SA Ducroire/Delcredere NV, der Europäischen Union beigetreten sind.

(11)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 2005 in der Sache C 531/2005, „Maßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der ‚Banque Postale‘“, Erwägungsgrund 54 (ABl. C 21 vom 28. Januar 2006, S. 2), das von der Website http://ec.europa.eu/eu_law/state_aids/comp-2005/n531-05.pdf heruntergeladen werden kann.

(12)  Den belgischen Behörden zufolge sicherte das ONDD diese Risiken bei Schuldnern in Zone 1 bis 1993 ab ([…], siehe Fußnote 24) und hat dieses Versicherungsangebot danach eingestellt. Sogar vor 1993 habe das ONDD nie ein umfangreiches Portfolio marktfähiger Risiken gehabt.

(13)  Siehe Beispiel auf den Seiten 13-14 in Anhang 8 der „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(14)  Die Kommission für das Bank-, Finanz- und Versicherungswesen (KBFV) („Commission bancaire, financière et des assurances“-CBFA) ist durch Eingliederung der belgischen Versicherungsaufsicht „Office de contrôle des assurances“ (OCA) in die Banken- und Finanzkommission („Commission bancaire et financière“-CBF) am 1. Januar 2004 entstanden.

(15)  Klarstellung der Kommission: Die belgischen Behörden spielen auf die De-minimis-Vorschrift an. Gemäß Artikel 107 Absatz 3 AEUV besteht die Verpflichtung zur Anmeldung staatlicher Beihilfen bei der Kommission, damit ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV festgestellt werden kann. Laut De-minimis-Vorschrift sind Beihilfen, die über einen Zeitraum von drei Jahren gewährt werden und eine bestimmte Höchstgrenze nicht überschreiten, von dieser Auflage freigestellt. Zum Zeitpunkt der Umsetzung von Maßnahme 1 und Maßnahme 2 lag die Höchstgrenze bei 100 000 EUR laut Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrar- und Fischereisektor (ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30).

(16)  Siehe Fußnote 14.

(17)  Siehe Seite 7 des Dokuments „Antwort Belgiens auf das Schreiben der Europäischen Kommission vom 7. Dezember 2007“, das von den belgischen Behörden am 12. Februar 2008 vorgelegt wurde (Die belgischen Behörden verweisen darin auf Seite 14 ihrer Vorlage vom 1. Juni 2011).

(18)  Siehe „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben, S. 22-24.

(19)  Welche Posten genau übertragen wurden, legen die belgischen Behörden am 14. Februar 2007 auf Seite 3 der Mitteilung der belgischen Behörden in Antwort auf das Schreiben der Kommission vom 17. Januar 2007 in der Sache CP 8/2007 (SA.22302) dar; diese Angaben sind aus Randnummer 70 des Einleitungsbeschlusses zu ersehen.

(20)  ABl. L 77 vom 20. März 2002, S. 17-22.

(21)  Siehe „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben, S. 9-11 (die ausführlichen Berechnungen wurden am 14. November 2011 vorgelegt).

(22)  Belgisches Staatsblatt, 4. Oktober 1939.

(23)  In Bezug auf die Geschäfte, die das ONDD auf eigene Rechnung mit Absicherung durch die Garantie des Staates betrieben hat.

(24)  Siehe „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben, S. 16.

(25)  Siehe Anhang B14 der „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben.

(26)  Siehe die von den belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegte „Stellungnahme zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, S. 10: „Nach den vom ONDD verwendeten Kategorien […]“.

(27)  Siehe Anhang 8 (S. 70) und Anhang 13 der „Stellungnahme zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(28)  Siehe Seite 28 der strategischen Mitteilung vom 28. September 2004 mit dem Titel „Strategische Leitlinien für das ONDD und seine SA“, die dem ONDD Verwaltungsrat vorgelegt wurde und in Anhang 10 der „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“ beigefügt ist, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(29)  ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1. Die Richtlinie Solvabilität II ist am 6. Januar 2010 in Kraft getreten.

(30)  Solvabilität II ist eine aufsichtsrechtliche Reform der Versicherungswirtschaft in Europa. Anknüpfend an Basel II soll der Eigenkapitalbedarf in Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften damit besser auf die Risiken abgestimmt werden, die sie bei ihrem Geschäft eingehen. Nach Solvabilität I, das eine bestimmte Solvabilitätsspanne abhängig von Prozentsätzen auf die Prämien und Schadensbelastung vorsah, geht die Entwicklung im Versicherungsbereich nun hin zu komplexeren Vorschriften, die das Risiko entweder durch Anwendung einer Standardformel oder nach einer internen Modellrechnung ermitteln. Am Konzept der Standardformeln und deren Abstimmung über die Quantitative Impact Studies (im Folgenden „QIS“) wird derzeit noch gearbeitet. Über Abfragen kann die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung („Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors“-CEIOPS) die geplanten Formeln und Kalibrierungen testen. Bei Gesellschaften, die ein internes Modell anstreben, ist eine Freigabe der Aufsichtsbehörde erforderlich, bevor das erforderliche Solvabilitätskapital („Solvency Capital Requirement“-„SCR“) effektiv anhand dieses internen Modells bestimmt wird.

(31)  Siehe „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben, S. 22.

(32)  Siehe „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben, S. 32.

(33)  In Klammern: Erwartete jährliche Wachstumsrate des Geschäftsbereichs beim jeweiligen Szenario.

(34)  Der Kapitalbedarf für marktfähige und nicht marktfähige Risiken addiert sich nicht zu einer Gesamtsumme, denn es gibt eine absolute Mindestschwelle von 3 Mio. EUR für die Jahre 2004-2006 und von 3,2 Mio. EUR für die Jahre 2007-2009.

(35)  Siehe die am 14. November 2011 von den belgischen Behörden vorgelegten Dokumente (Excel-Dateien, Blatt „Kapital“). Danach wurde die Methode QIS 2005 plus interne Modellrechnung nur zur Ermittlung der Kapitalzuweisung für die marktfähigen und die nicht marktfähigen Risiken im Jahre 2005 verwendet. Für die Jahre nach 2005 wurde das Kapital ermittelt in […]. Auffällig ist, dass […], weswegen die Ergebnisse für 2005 bei Szenario 1A und 1B identisch sind. Die belgischen Behörden berücksichtigten das nicht eingezahlte Kapital von 50 Mio. EUR erst ab 2009. Eben diese Zahlen fließen in die Berechnungen zum „return on equity“ im folgenden Abschnitt ein.

(36)  Die Kommission hat Rechenfehler in den Finanzprognosen festgestellt. Insbesondere weicht die Summe der Ergebnisse aus dem Versicherungsgeschäft für die verschiedenen Einzugsbereiche vom Gesamtergebnis des Versicherungsgeschäfts von SA Ducroire/Delcredere NV ab. Bei der Berechnung des Ergebnisses aus dem Versicherungsgeschäft für SA Ducroire/Delcredere NV als Ganzes haben sich Summenfehler eingeschlichen. Diese Abweichungen haben jedoch keinen sachlichen Einfluss auf die ROE-Schätzung.

(37)  Siehe „Stellungnahme zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben, Anhang 10.

(38)  Siehe „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, welche die belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegt haben, S. 33.

(39)  Für Belgien sieht die Berechnung für die marktfähigen Risiken wie folgt aus: 8 Mio. EUR + [(100 Mio. EUR — 82 Mio. EUR) x (8 Mio. EUR/82 Mio. EUR)]. Das Gleiche gilt für die nicht marktfähigen Risiken.

(40)  Siehe Stellungnahme der belgischen Behörden vom 14. November 2011 (Excel-Dateien „201105 P&L et Bilan Business Plan Scenario 1B“, Seiten P&L_cessibles und PL_non_cessibles).

(41)  Danach wurde die Methode QIS 2005 plus interne Modellrechnung nur zur Ermittlung der Kapitalzuweisung für die marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken im Jahre 2005 verwendet. Das Kapital für die Jahre 2006 und 2007 wurde auf der Grundlage des Kapitals von 2005 zzgl. der kumulierten Gewinnerwartung für den Zeitraum ermittelt.

(42)  Siehe das von den belgischen Behörden am 5. Dezember 2011 vorgelegte Dokument „Antwort auf den Fragenkatalog der Europäischen Kommission vom 28. Juli 2011“, S. 38 und 39.

(43)  Siehe „Stellungnahme zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben, S. 38.

(44)  Preismodell für Kapitalgüter bzw. Kapitalgutpreismodell.

(45)  Nur Anbieter mit einem Geschäft überwiegend bei marktfähigen Risiken (d. h. mehr als 50 % bei Prämien oder Gesamtexposition, soweit entsprechende Informationen vorliegen) wurden ausgewählt.

(46)  Bereinigt um die Schadensausgleichreserve

(47)  Auf der Grundlage der übermittelten geografischen Daten, d. h. Exposition, Prämien (von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich)

(48)  Internationale Kreditversicherungsverbände

(49)  Netto-Prämienaufkommen

(50)  Nichtgewichteter Durchschnitt

(51)  Im Jahre 2004 oder in absehbarer Zukunft

(52)  Siehe Fußnote Nr. (21).

(53)  Siehe „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben, S. 13-14.

(54)  Auf der Grundlage von Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d der (damals gültigen) Richtlinie 73/239/EWG des Rates durfte das ONDD nicht vom OCA zugelassen werden, solange seine Geschäfte noch von der staatlichen Garantie Belgien abgesichert waren. Für die neuen Geschäfte ohne staatliche Garantie Belgiens über das sogenannte „Geschäftskonto“ hatte das ONDD keinen Anspruch mehr auf die Freistellung gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe d und musste beim OCA die Zulassung beantragen.

(55)  Siehe Seite 15 der Vorlage der belgischen Behörden vom 1. Juni 2011.

(56)  Siehe Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 2005 in der Sache N 531/2005, „Maßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der ‚Banque Postale‘“ (ABl. C 21/2006 vom 28. Januar 2006, S. 2), das von der Website http://ec.europa.eu/eu_law/state_aids/comp-2005/n531-05.pdf heruntergeladen werden kann.

(57)  Siehe Fußnote Nr. 28.

(58)  Siehe Fußnote Nr. 10.

(59)  Siehe Anhang 4 der Stellungnahme der belgischen Behörden vom 1. Juni 2011.

(60)  Siehe Seiten 62 und 70 der besagten Mitteilung (in Anhang 8 der am 1. Juni 2011 vorgelegten Stellungnahme der belgischen Behörden).

(61)  Im Bericht Solvency 2 QIS 5 der CBFA (März 2011) heißt es auf Seite 17, dass nur sehr wenige Teilnehmer in der Lage waren, Informationen zur Verwendung und zu den Eigenschaften der internen Modelle vorzulegen, weil diese Modelle noch in der Entwicklung stehen. Die CBFA hat im Übrigen von sich aus beschlossen, in diesem Stadium keine Schlussfolgerung zu ziehen. Daran ist zu erkennen, dass es sogar privaten Versicherungsgesellschaften bis heute schwer fällt, interne Modellrechnungen für den Kapitalbedarf zur Abdeckung bestimmter Risiken aufzustellen.

(62)  Siehe Seiten 11 und 13-16 von Anhang 4 der Stellungnahme der belgischen Behörden vom 1. Juni 2011.

(63)  Nach der 2004 üblichen Methode auf der Grundlage der Prognosen zu den Netto-Verbindlichkeiten Ende 2004. Die für die Berechnung verwendeten Daten finden sich auf Seite 16 von Anhang 13 der Stellungnahme der belgischen Behörden vom 1. Juni 2011.

(64)  Wie unter Erwägungsgrund (140) dargelegt, bestünde eine Alternative darin, den Betrag von [45-75] Mio. EUR ganz wegzulassen. Allerdings kann der Kapitalanteil für das Geschäft mit marktfähigen Risiken bezogen auf das zusätzliche Kapital von [75-100] Mio. EUR nur berechnet werden, wenn das bereits vorhandene Kapital nach marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken getrennt erfasst wird. Dies liegt daran, dass die Erfassung des Kapitals getrennt nach Geschäften mit marktfähigen und nicht marktfähigen Risiken nur für das gesamte Kapital möglich ist (siehe Tabelle 2 und Erwägungsgrund (135)).

(65)  Die Zahlen ergeben sich, wenn man die Verbindlichkeiten Ende 2004 mit dem Einbehaltungssatz multipliziert (bzw. 100 % abzgl. des in Rückversicherung gegebenen Anteils). Die Daten stammen aus Anhang 13 „Der CBFA vorgelegter Finanzplan 2005, 2006 und 2007“ der „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(66)  Wie bereits angegeben, werden bei dem Verfahren, mit dem das ONDD 2004 den Kapitalbedarf von SA Ducroire/Delcredere NV ermittelt hat, die Netto-Verbindlichkeiten mit einem Prozentsatz (Cooke-Kennzahl) multipliziert. Bei der Anwendung dieses Verfahrens durch das ONDD wurde nicht zwischen den Netto-Verbindlichkeiten für Risiken durch Schuldner in den 10 EU-Beitrittsländern 2004 und den Netto-Verbindlichkeiten für andere nicht marktfähige Risiken unterschieden. Demnach steht eine Berechnung auf der Grundlage des Anteils an den Netto-Verbindlichkeiten (nach Abtretung) im Einklang mit dem Ansatz, mit dem das ONDD arbeitete.

(67)  Wie aus Tabelle 1 und den Erwägungsgründen (96)-(98) hervorgeht, stand dieses Kapital nur für Risiken durch Schuldner aus den 10 Ländern, die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetreten sind, und sonstige Risiken zur Verfügung, die in der Praxis als nicht marktfähige Risiken betrachtet wurden.

(68)  Urteil vom 3.10.1991, Italien/Kommission, C 261/89, Slg. 1991 S. I-4437, Randnr. 8; Urteil vom 14.9.1994, Spanien/Kommission, verbundene Rechtsachen C 278/92 bis C 280/92, Slg. 1994 S. I-4013, Randnr. 21; Urteil vom 14.9.1994, Spanien/Kommission, C 42/93, Slg. 1994 S. I-4175, Randnr. 13.

(69)  Ohne die Kosten, die nach der Einstellung dieses Geschäfts begrenzt waren, wie […]. Diese Kosten bewegen sich in einer Größenordnung, dass sie die Schlussfolgerungen der Kommission nicht beeinflussen können.

(70)  Siehe Entscheidung 2000/600/EG der Kommission vom 10. November 1999 über die bedingte Genehmigung der Beihilfen Italiens an die öffentlichen Banken in Sizilien Banco di Sicilia et Sicilcassa (ABl. L 256 vom 10.10.2000, S. 21), Erwägungsgründe 58-61.

Siehe Entscheidungen der Kommission aus dem Jahre 2005 zur Kapitalerhöhung der deutschen Landesbanken, beispielsweise in den Fällen NN 71/2005 „HSH Nordbank“ (Abl. C 241 vom 6.10.2006, S. 12) und NN 72/2005 „Bayern LB“ (ABl. C 242 vom 7.10.2006, S. 18).

Siehe ebenfalls die Entscheidung 2006/226/EG der Kommission in der Sache „Shetland Shellfish“ (ABl. L 81 vom 18.3.2006, S. 36); die Kommission lehnte zwei von den Behörden der Shetland-Inseln vorgelegte Berichte über die Investition ab, welche die zu erwartende Gewinn- und Verlustrechnung, die zu erwartende Bilanz und den zu erwartenden Cashflow für die Jahre 2000, 2001 und 2002 enthielten. Das Vereinigte Königreich machte geltend, dass es sich um Ex-ante-Untersuchungen handelte und dass zurückhaltende und vernünftige Hypothesen zugrunde gelegt worden seien, aber die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass sie einem privaten Investor trotz der relativ geringen Summen nicht genügt hätten.

(71)  Urteil vom 5.6.2012, Kommission/EDF, Rechtsache C 124/10 P, Slg. 2012 S. I-0000, Randnrn. 82-86 und 105.

(72)  Siehe z. B. das Urteil „WestLB“ vom 6. März 2003, verbundene Rechtssachen T-228/99 und T-223/99, Westdeutsche Landesbank Girozentrale/Kommission, Slg. 2003, S. II-435, Randnr. 255.

(73)  Siehe z. B. den Beschluss der Kommission über die Umstrukturierung der Dexia-Bank (Beschluss vom 26. Februar 2010 in der Sache C 9/2009, ABl. C 274 vom 19. Oktober 2010, S. 54, Erwägungsgrund 127). Hier hat die Kommission das Argument der beteiligten Mitgliedstaaten zurückgewiesen, wonach der Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers weniger streng anzuwenden sei, insofern, als die staatlichen Unternehmen, die Dexia frisches Kapital zugeführt haben, „Altaktionäre“ der Bank waren.

(74)  Siehe Urteil vom 30. April 1998 in der Rechtssache T-16/96, Cityflyer Express/Kommission, Slg. 1998, S. II-757, Randnr. 76.

(75)  Siehe Seite 28 der strategischen Mitteilung vom 28. September 2004 mit dem Titel „Strategische Leitlinien für das ONDD und seine SA“, die dem ONDD-Verwaltungsrat vorgelegt wurde und in Anhang 10 der „Stellungnahme Belgiens zum Beschluss der Europäischen Kommission vom 24. Februar 2011“ beigefügt ist, welche die belgischen Behörden am 1. Juni 2011 vorgelegt haben.

(76)  Quelle: Eurostat.

(77)  In seinem Urteil vom 21. Januar 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-129/95, T-2/96 und T-97/96, Neue Maxhütte Stahlwerke GmbH und Lech-Stahlwerke GmbH/Kommission, Slg. 1999, S. II-17, Randnrn. 116-121 stellte das Gericht klar, dass eine Muttergesellschaft auch Verluste ihrer Tochtergesellschaft übernehmen kann, jedoch nur, wenn langfristig ausreichend Aussicht auf Rückkehr zur Rentabilität besteht. Ein privater Investor kann es sich nämlich nicht erlauben, nach Jahren ununterbrochener Verluste eine Kapitalzuführung vorzunehmen, die sich wirtschaftlich kostspieliger als eine Liquidation der Tochtergesellschaft erweist.

Siehe auch die bereits zitierte Entscheidung Banco di Sicilia und Sicilcassa, Erwägungsgründe 63-66.

(78)  Siehe Fußnote Nr. 24.

(79)  Aus dem Protokoll der ONDD-Verwaltungsratssitzung vom 20. April 2004 geht hervor, dass sich der Verwaltungsrat nach dem jeweiligen Beitrag jedes Geschäftsbereichs zum Gesamtergebnis erkundigt hatte (siehe S. 4 in Anhang 9 der Vorlage vom 1. Juni 2011).

(80)  Insbesondere bei den Risiken für die 10 Beitrittsländer.

(81)  Für die marktfähigen Risiken wurde das Prämienaufkommen nach oben korrigiert (von ursprünglich 0,2 % auf jetzt 0,3 % der Versicherungssumme), wodurch die Versicherungseinnahmen für das Unternehmen um ein Drittel zunahmen. Die Prognosen zur Schadenshäufigkeit wurden dagegen niedriger angesetzt.

(82)  Ähnliche Ansätze für eine derartige Zweiteilung der Vergütung finden sich in den anderen beihilferechtlichen Entscheidungen der Kommission. Siehe beispielsweise die Entscheidung der Kommission vom 11. Februar 2009 in der Sache NN 3/2009, „Amendments to the Public support measures to JSC Parex Banka“, Erwägungsgründe 36-40, ABl. C 147 vom 27. Juni 2009, S. 2. Es ist zu beachten, dass sich die Risikoprämie nach dem Investitionsrisiko richtet.

(83)  Nach oben angepasstes Finanzergebnis, da das geschätzte eingezahlte Kapital für die marktfähigen Risiken geringfügig höher ist, als von den belgischen Behörden angesetzt ([10-25] Mio. EUR bzw. 9,8 Mio. EUR).

(84)  Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass die damals für risikolose, liquide, mittelfristige Anlagen zu erwartende Rendite der durchschnittlichen Rendite im Jahre 2004 am Sekundärmarkt für Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von 4-6 Jahren entspricht, d. h. 3,5 %.

Siehe http://www.nbb.be/belgostat/GlobalDispatcher?TARGET=/TreeviewLinker&rowID=2685&prop=treeview&action=open&Lang=F#2685.

(85)  Region Brüssel-Hauptstadt, Flandern und Wallonien.

(86)  Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79, Philip Morris, Slg. 1980, Randnrn. 11 und 12.

(87)  Urteil des Gerichtshofs vom 13. Juli 1988, Frankreich/Kommission, C 102/87, Slg. 1988, S. I4067, Randnr. 19.

(88)  Siehe 2. und 3. Satz im 3. Absatz von Nummer 3.2 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung. Siehe ebenfalls Nummer 4.1 der Mitteilung über die Exportkreditversicherung, wonach „die in Nummer 3.1 genannten Arten von staatlichen Beihilfen […] den Wettbewerb verfälschen [können] und deshalb für eine Freistellung im Rahmen der Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen nicht in Betracht kommen“.

(89)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2-17.

(90)  Auch wenn man das Geschäft mit nicht marktfähigen Risiken separat betrachten würde, läge die Rendite weit unter den Kapitalkosten, die von den belgischen Behörden selbst dafür angesetzt wurden.

(91)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.


ANHANG

INFORMATIONEN ZU DEN ERHALTENEN, ZURÜCKZUFORDERNDEN UND BEREITS ZURÜCKGEFORDERTEN BETRÄGEN

Identität des Begünstigten

Höhe der im Sinne der Regelung erhaltenen Beihilfe (1)

Höhe der zurückzufordernden Beihilfe gesamt (1)

(Hauptbetrag)

Bereits zurückgezahlter Gesamtbetrag (1)

Hauptbetrag

Zinsen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


(1)  In Mio. der nationalen Währung


III Sonstige Rechtsakte

EUROPÄISCHER WIRTSCHAFTSRAUM

15.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 144/70


Nichtvertrauliche Fassung (1) der

ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 244/12/COL

vom 27. Juni 2012

über Umstrukturierungsbeihilfen für die Íslandsbanki (Island)

Die EFTA-Überwachungsbehörde („die Überwachungsbehörde“) —

GESTÜTZT auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b sowie Protokoll 26,

GESTÜTZT auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (im Folgenden „Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen“), insbesondere Artikel 24,

GESTÜTZT auf Protokoll 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen (im Folgenden „Protokoll 3“), insbesondere Teil I Artikel 1 Absatz 3 sowie Teil II Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 13,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHVERHALT

1.   VERFAHREN

(1)

Im Anschluss an einen informellen Schriftwechsel im Oktober 2008 und die am 6. Oktober erfolgte Verabschiedung des Gesetzes Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw. (im Folgenden „Notstandsgesetz“) durch das isländische Parlament (Althingi), das dem isländischen Staat weitreichende Vollmachten zu Eingriffen in den Bankensektor verlieh, richtete der Präsident der Überwachungsbehörde am 10. Oktober 2008 ein Schreiben an die isländischen Behörden, in dem er um Anmeldung der im Rahmen des Notstandsgesetzes gewährten staatlichen Beihilfen bei der EFTA-Überwachungsbehörde ersuchte. Weitere Kontakte und Schriftwechsel erfolgten in regelmäßigen Abständen. Hierunter fällt insbesondere ein am 18. Juni 2009 übermitteltes Schreiben der Überwachungsbehörde, in der sie die isländischen Behörden an die Pflicht zur Anmeldung staatlicher Beihilfen sowie die Stillhalteklausel in Protokoll 3 Artikel 3 erinnert. Nach weiteren Schriftwechseln und Zusammenkünften wurde die im Rahmen der Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Glitnir Bank und der Errichtung und Kapitalausstattung der neuen Glitnir Bank (inzwischen umbenannt in Íslandsbanki) gewährte staatliche Beihilfe schließlich von den isländischen Behörden am 15. September 2010 nachträglich angemeldet (2).

(2)

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 (3) setzte die EFTA-Überwachungsbehörde (im Folgenden „Überwachungsbehörde“) die isländischen Behörden von ihrem Beschluss in Kenntnis, das in Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 2 festgelegte Verfahren bezüglich der seitens des isländischen Staates durchgeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Glitnir Bank hf und zur Errichtung und Kapitalausstattung der New Glitnir Bank hf (inzwischen umbenannt in Íslandsbanki) (im Folgenden „Eröffnungsbeschluss“) zu eröffnen (4). Die Überwachungsbehörde forderte außerdem die Vorlage eines detaillierten Umstrukturierungsplans für die Íslandsbanki innerhalb von sechs Monaten.

(3)

In einer E-Mail vom 24. März 2011 (5) erhielt die Überwachungsbehörde eine Stellungnahme Beteiligter, die am 25. Mai 2011 an die isländischen Behörden weitergeleitet wurde. Die isländischen Behörden beantworteten diese Stellungnahme nicht.

(4)

Mit Schreiben vom 31. März 2011 übermittelten die isländischen Behörden einen Umstrukturierungsplan für die Íslandsbanki. Im Anschluss an den Erwerb der Byr im November 2011 übermittelten die isländischen Behörden am 22. Februar 2012 einen neuen Umstrukturierungsplan für die Íslandsbanki (6).

(5)

Die Überwachungsbehörde ersuchte am 11. Juli 2011 und am 13. Februar 2012 um weitere Auskünfte bezüglich des Umstrukturierungsplans. Die isländischen Behörden beantworteten das Auskunftsersuchen am 17. Oktober 2011 und am 13. März 2012. Die endgültigen Fassungen der Verpflichtungsangebote wurden am 16. Mai 2012 und am 6. Juni 2012 übermittelt (7).

(6)

Die Überwachungsbehörde führte außerdem am 7. Juni 2011 sowie am 27. und 28. Februar 2012 Gespräche mit den isländischen Behörden.

2.   HINTERGRUND

(7)

In diesem Abschnitt beschreibt die Überwachungsbehörde die Ereignisse und Sachverhalte sowie die wirtschaftlichen, politischen und regulatorischen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Kollaps und anschließenden Wiederaufbau des isländischen Finanzsystems seit Oktober 2008 bis heute, soweit dies zur Erläuterung des Kontextes, in dem die Würdigung der hier betroffenen Beihilfemaßnahmen erfolgt, notwendig erscheint. Dabei wird sie auch die Chronologie des Zusammenbruchs der Glitnir in Erinnerung rufen.

2.1.   Der Zusammenbruch der Glitnir Bank

(8)

Im September 2008 setzten für eine Reihe großer globaler Finanzinstitute ernsthafte Schwierigkeiten ein. Mitten in diesen Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008 bekamen die drei größten Geschäftsbanken Islands, die in den vorhergehenden Jahren ein außergewöhnliches Wachstum verzeichnet hatten, Schwierigkeiten bei der Refinanzierung ihrer kurzfristigen Schulden. Es kam zu einem Ansturm auf ihre Einlagen. Lehman Brothers beantragte am 15. September Insolvenzschutz und am gleichen Tag wurde bekannt gegeben, dass die Bank of America die Merrill Lynch übernehmen werde.

(9)

Auch in anderen Ländern kam es zu Schwierigkeiten und eine der größten Banken im Vereinigten Königreich, die HBOS, musste von der Lloyds TSB übernommen werden. Glitnir hatte inzwischen mit erheblichen Schwierigkeiten bei der Finanzierung ihrer Aktivitäten zu kämpfen. Die Begebung einer Schuldverschreibung musste wegen mangelnden Interesses abgesagt werden, ein Verkauf von Vermögenswerten wurde nicht abgeschlossen und eine deutsche Bank lehnte die Gewährung von zwei auf 150 Mio. EUR geschätzten Krediten ab. Nach dem Fall von Lehman Brothers kam es darüber hinaus zu einer dramatischen Verschlechterung der Marktbedingungen.

(10)

Am 25. September 2008 wandte sich der Vorstandsvorsitzende der Glitnir an die Zentralbank von Island (CBI), um ihr mitzuteilen, dass die Bank aufgrund von Krediten, die im Oktober zurückgezahlt werden mussten, einen unmittelbaren Fehlbetrag in Höhe von 600 Mio. EUR aufwies. Am 29. September wurde bekannt gegeben, dass die isländische Regierung der Glitnir 600 Mio. EUR im Austausch gegen 75 % ihres Eigenkapitals zur Verfügung stellen werde. Die Tatsache, dass 600 Mio. EUR beinahe einem Viertel der isländischen Devisenreserven entsprachen, und der Umstand, dass die Glitnir bereits seit geraumer Zeit mit Refinanzierungsproblemen zu kämpfen hatte und in den folgenden sechs Monaten Kredite zurückzuzahlen hatte, die sich, legt man öffentlich zugängliche Informationen zugrunde, auf geschätzte 1,4 Mrd. EUR beliefen, ließen diesen Vorschlag jedoch wenig glaubwürdig erscheinen (8). Wie sich herausstellte, brach der Wert der herausgegebenen Glitnir-Aktien innerhalb eines Tages von mehr als 200 Mrd. ISK auf 26 Mrd. ISK ein.

(11)

Die isländischen Banken erlebten nicht nur im Ausland sondern auch im Inland massive Einlagenabzüge. Die Abzüge im Inland erreichten einen solchen Umfang, dass die isländischen Banken und die Zentralbank in einer bestimmten Phase einem Liquiditätsengpass nahe waren. Am 30. September 2008 senkte die Ratingagentur Moody's die Bonitätseinstufung der Glitnir und löste damit Rückzahlungsverpflichtungen für weitere Kredite aus. Zudem folgten Aufforderungen zur Nachschusszahlung in Höhe von mehr als 1 Mrd. EUR. Am 7. Oktober 2008 wurde die Glitnir aufgefordert, die isländische Finanzaufsichtsbehörde (FME) um die Übernahme der Kontrolle zu bitten (9).

2.2.   Die Finanzkrise und die Hauptgründe für den Zusammenbruch der isländischen Banken

(12)

In ihrer Anmeldung der der New Glitnir Bank (später umbenannt in Íslandsbanki) gewährte Beihilfe wiesen die isländischen Behörden darauf hin, dass die Gründe für den Kollaps des isländischen Bankensektors und die Notwendigkeit ihres Eingreifens sehr detailliert in einem Bericht erläutert würden, den ein Sonderuntersuchungsausschuss (im Folgenden „SIC“) erstellt hatte. Dieser Untersuchungsausschuss war vom isländischen Parlament (10) mit dem Auftrag eingerichtet worden, die Vorgänge, die zum Zusammenbruch der drei wichtigsten Banken führten, zu untersuchen und zu analysieren. Die Überwachungsbehörde fasst hier die Schlussfolgerungen des Ausschusses zu den wichtigsten Ursachen für den Untergang der Glitnir Bank zusammen. Diese Informationen wurden Kapitel 2 (Zusammenfassung und Bemerkungen) und Kapitel 21 (Ursachen des Zusammenbruchs der isländischen Banken — Verantwortlichkeit, Fehler und Fahrlässigkeit) des SIC-Berichts entnommen.

(13)

Der weltweite Liquiditätsrückgang an den Finanzmärkten, der 2007 seinen Anfang nahm, führte letztendlich zum Zusammenbruch der drei wichtigsten isländischen Banken, deren Geschäftsbetrieb zunehmend von der Mittelbeschaffung auf internationalen Märkten abhängig geworden war. Die Gründe für den Untergang der isländischen Banken sind jedoch komplex und zahlreich. Der SIC untersuchte die Gründe, die zum Zusammenbruch der wichtigsten Banken führten. Dabei fällt auf, dass die meisten Schlussfolgerungen für alle drei Banken zutrafen und dass viele von ihnen miteinander zusammenhängen. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der mit den Aktivitäten der Banken verbundenen Gründe für deren Untergang.

Übermäßige, nicht tragfähige Expansion

(14)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass die Banken in den Jahren vor dem Kollaps ihre Bilanzen und Kreditportfolios weit über ihre eigenen betrieblichen und unternehmerischen Kapazitäten hinaus ausgedehnt hatten. Die Vermögenswerte der drei Banken zusammen waren exponentiell von 1,4 Billionen ISK (11) im Jahr 2003 auf 14,4 Billionen ISK Ende des zweiten Quartals 2008 angewachsen. Auffällig ist, dass ein großer Anteil des Wachstums der drei Banken auf die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner entfiel. Sie stieg 2007 (12), insbesondere nach dem Beginn der internationalen Liquiditätskrise, erheblich an. Dies veranlasste den SIC zu der Schlussfolgerung, dass ein Großteil dieses Anstiegs der Kreditvergabe darauf zurückzuführen war, dass Unternehmen, denen anderswo Kredite verweigert worden waren, Darlehen gewährt wurden. Der Bericht enthält auch die Schlussfolgerung, dass das grundsätzlich riskantere Investmentbanking einen immer höheren Stellenwert in den Aktivitäten der Banken eingenommen hatte und mit seinem Wachstum zu den Problemen beigetragen hatte.

Verringerung der auf den internationalen Märkten verfügbaren Finanzmittel

(15)

Das Wachstum der Banken wurde durch den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten, die geschickte Nutzung guter Bonitätseinstufungen und den durch das EWR-Abkommen ermöglichten Zugang zu europäischen Märkten erleichtert und gefördert. Die isländischen Banken nahmen 2005 an ausländischen Schuldverschreibungsmärkten 14 Mrd. EUR zu vergleichsweise günstigen Konditionen auf. Als der Zugang zu den europäischen Schuldverschreibungsmärkten zunehmend schwieriger wurde, finanzierten die Banken ihre Aktivitäten auf den Märkten in den USA, wobei isländische Schuldverschreibungen in forderungsbesicherte Schuldverschreibungen eingebettet wurden. In der Zeit kurz vor dem Zusammenbruch verließen sich die Banken zunehmend auf kurzfristige Darlehen, was zu erheblichen und, nach Aussage des SIC, vorhersehbaren Refinanzierungsrisiken führte.

Der Verschuldungsgrad der Bankeneigentümer

(16)

Bei jeder der großen isländischen Banken traf zu, dass die Haupteigentümer auch die Hauptschuldner waren (13). Die Kredite der Glitnir an Großaktionäre der Baugur Gruppe und verbundene Gesellschaften, insbesondere die FL Gruppe, waren von erheblichem Umfang. Nachdem die Konzerne Baugur und FL ihre Beteiligungen an der Bank stark erhöht hatten, wurde im Frühjahr 2007 ein neuer Vorstand für die Glitnir Bank berufen. In der zweiten Jahreshälfte 2007 und Anfang 2008 verdoppelten sich die Kredite an Baugur und mit Baugur verbundene Gesellschaften fast. Zu Spitzenzeiten beliefen sich die Ausleihungen an diese Unternehmensgruppe auf 80 % des Eigenkapitals der Bank (14). Dieser Anstieg bei den Kreditvergaben an Großaktionäre fand statt, obgleich Glitnir nun ersten Liquiditäts- und Refinanzierungsproblemen gegenüberstand. Der SIC war der Ansicht, dass bestimmte Aktionäre in ihrer Eigenschaft als Eigentümer außergewöhnlich einfachen Zugang zu Darlehen von den Banken hatten. Der SIC gelangte außerdem zu dem Schluss, dass starke Anzeichen dafür bestünden, dass die Unternehmensgruppen Baugur und FL versucht hätten, das Management der Bank unzulässig zu beeinflussen. Zudem seien die Interessen der größten Aktionäre und die Interessen der Bank nicht klar gegeneinander abgegrenzt gewesen. Das große Gewicht, das den Großaktionären beigelegt wurde, habe sich daher zum Nachteil anderer Aktionäre und Gläubiger ausgewirkt. Als die Bank zusammenbrach, betrugen die offenen Kredite an die Baugur Gruppe und verbundene Gesellschaften annähernd 2 Mrd. EUR, etwa 70 % ihres Eigenkapitals. Der SIC zog auch die Funktionsweise von Geldmarktfonds, die von Tochtergesellschaften der Banken betrieben wurden und sehr stark in mit den Bankeigentümern zusammenhängende Wertpapiere investierten, in Frage. Glitnir Funds, eine Tochtergesellschaft von Glitnir, lieh etwa 300 Mio. EUR an die Baugur und die FL Gruppe aus, indem sie 20 % ihres Gesamtkapitals in Wertpapiere dieser Unternehmensgruppen investierte.

Risikokonzentration

(17)

Mit der Frage des außergewöhnlichen finanziellen Engagements bei Großaktionären hing auch die Schlussfolgerung des SIC zusammen, dass die Vermögensportfolios der Bank nicht ausreichend gestreut waren. Der SIC war der Ansicht, dass die europäischen Vorschriften für Großkredite insbesondere bei Anteilseignern sehr eng ausgelegt wurden und dass die Banken versucht hätten, die Vorschriften zu umgehen.

Schwache Eigenkapitalbasis

(18)

Obgleich der Eigenkapitalkoeffizient der Glitnir und der beiden anderen großen isländischen Banken immer als etwas höher als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum angegeben worden war, gelangte der SIC zu dem Schluss, dass die Eigenkapitalkoeffizienten die finanzielle Stärke der Banken nicht präzise widerspiegelten. Dies ist auf die Gefährdung der eigenen Aktien der Bank durch vorrangige Sicherheiten und Terminverträge zurückzuführen, die auf den Aktien lasteten. Das von den Gesellschaften selbst finanzierte, vom SIC als „schwaches Eigenkapital“ (15) bezeichnete Aktienkapital belief sich auf über 25 % der Eigenkapitalausstattung der Banken (bzw. mehr als 50 %, wenn man eine Bewertung anhand der Kernkomponente des Kapitals, d. h. des Eigenkapitals abzüglich immaterieller Vermögenswerte, zugrunde legt). Probleme, verursacht durch das Risiko, dass die Banken Aktien voneinander besaßen, traten verschärfend hinzu. Mitte 2008 belief sich bei den Banken die Direktfinanzierung ihrer eigenen Aktien sowie die Querfinanzierung der Aktien der jeweils anderen beiden Banken auf ca. 400 Mrd. ISK. Dies entspricht etwa 70 % der Kernkomponente des Kapitals. Der SIC war der Auffassung, dass die Finanzierung des Eigenkapitals mittels Kreditaufnahme beim System selbst Ausmaße angenommen hatte, die die Stabilität des Systems bedrohten. Die Banken hielten eine erhebliche Menge ihrer eigenen Aktien als Sicherheit für ihre Kreditvergabe. Als dann die Aktienkurse fielen, sank die Qualität ihrer Kreditportfolios. Dies beeinträchtigte das Leistungsvermögen der Banken und löste einen weiteren Abwärtsdruck auf ihre Aktienkurse aus. Als Reaktion darauf (diesen Schluss zog der SIC aus ihm vorliegenden Informationen) versuchten die Banken, künstlich eine abnorme Nachfrage nach ihren eigenen Aktien zu erzeugen

Die Größe der Banken

(19)

2001 beliefen sich die Bilanzsummen der drei Hauptbanken (zusammen) auf einen Betrag, der knapp über dem in einem Jahr erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt (BIP) Islands lag. Ende 2007 waren die Banken international geworden und hielten Vermögenswerte, die dem Neunfachen des isländischen BIP entsprachen. Im Bericht des SIC wird angemerkt, dass Beobachter bereits 2006 feststellten, dass das Bankensystem über das Leistungsvermögen der CBI hinausgewachsen sei und dass Zweifel bestünden, ob die Zentralbank die Aufgaben eines Kreditgebers letzter Instanz erfüllen könne. Ende 2007 übertrafen die kurzfristigen (überwiegend durch die Finanzierung der Banken entstandenen) Schulden die Devisenreserven um das Fünfzehnfache. Die in Fremdwährung lautenden Einlagen in den drei Banken waren achtmal höher als die Devisenreserven. Verglichen mit den Bankeinlagen, die er eigentlich garantieren sollte, hielt der Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds nur minimale Mittel. Laut der Schlussfolgerung des SIC machten diese Faktoren Island für einen Ansturm auf seine Banken anfällig.

Das im Vergleich zur regulatorischen und finanziellen Infrastruktur zu plötzliche Wachstum der Banken

(20)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass es den maßgeblichen Aufsichtsorganen in Island an der Glaubwürdigkeit fehlte, die mangels eines mit ausreichenden Mitteln versehenen Kreditgebers letzter Instanz notwendig war. Laut Bericht verfügten FME und CBI nicht über ausreichende Sachkenntnis und Erfahrung zur Regulierung der Banken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Sie hätten aber Maßnahmen zur Senkung der Höhe des von den Banken eingegangenen Risikos treffen können. Die FME beispielsweise wuchs nicht im gleichen Verhältnis wie die Banken und die Methoden der Aufsichtsbehörde hielten mit den raschen Entwicklungen im operativen Geschäft der Banken nicht Schritt. Der Bericht äußert sich auch kritisch über die Regierung und zieht den Schluss, dass die Behörden Maßnahmen zur Verringerung des möglichen Einflusses der Banken auf die Wirtschaft hätten treffen müssen, indem sie die der Banken Größe beschnitten oder eine bzw. mehrere Bank(en) zur Verlegung ihres Hauptsitzes ins Ausland aufforderten (16).

Unausgewogenheit und übermäßige Expansion der isländischen Wirtschaft insgesamt

(21)

Im Bericht des SIC wird auf Ereignisse im Zusammenhang mit der Wirtschaft insgesamt Bezug genommen, die sich ebenfalls auf das rasche Wachstum der Banken auswirkten und zu dem unausgewogenen Verhältnis zwischen Größe und Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche und der übrigen Wirtschaft beitrugen. Im Bericht wird der Schluss gezogen, dass die Politik (insbesondere die Finanzpolitik) der Regierung höchstwahrscheinlich zu der übermäßige Expansion und Unausgewogenheit beitrug und dass die Geld- und Währungspolitik der CBI nicht hinreichend restriktiv gewesen sei. Der Bericht bezeichnet darüber hinaus die Lockerung der Kreditvergabevorschriften des Icelandic Housing Financing Fund (isländische Bausparkasse) als „one of the biggest mistakes in monetary and fiscal management made in the period leading up to the banks“ [einen der größten Fehler, der im Zeitraum vor dem Zusammenbruch der Banken in der Geld- und Finanzpolitik begangen wurde] (17). Der Bericht enthält auch kritische Äußerungen zu der Leichtigkeit, mit der sich die Banken Kredite bei der CBI beschaffen konnten. Dabei stieg der Bestand der kurzfristigen Lombardkredite der CBI von 30 Mrd. ISK im Herbst 2005 auf 500 Mrd. ISK Anfang Oktober 2008.

Die isländische Króna, außenwirtschaftliche Ungleichgewichte und CDS-Spreads

(22)

Der Bericht stellt fest, dass der Wert der isländischen Króna im Jahr 2006 eine Höhe erreicht hatte, die nicht aufrechtzuerhalten war. Das Leistungsbilanzdefizit betrug mehr als 16 % des BIP und die Verbindlichkeiten in Fremdwährung abzüglich der Vermögenswerte erreichten fast den Wert des gesamten jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Die Voraussetzungen für eine Finanzkrise waren also gegeben. Ende 2007 verlor die Króna an Wert und die auf Island und den Banken lastenden Kreditausfall-Swap-Spreads (CDS) nahmen exponentiell zu.

2.3.   Maßnahmen zum Wiederaufbau des Bankensektors

(23)

Nach dem Zusammenbruch der drei größten Geschäftsbanken im Oktober 2008 (einschließlich Glitnir) standen die isländischen Behörden vor der noch nie dagewesenen Herausforderung, den Weiterbestand des Bankbetriebs in Island sicherstellen zu müssen (18). Die von der isländischen Regierung diesbezüglich verfolgte Politik ist in dem vom isländischen Parlament am 6. Oktober 2008 verabschiedeten Notstandsgesetz (19) festgelegt worden Dieses Gesetz verleiht der FME außerordentliche Vollmachten, bei Bedarf die Kontrolle über Finanzunternehmen zu übernehmen und über deren Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu verfügen. Der Finanzminister wurde ermächtigt, zur Gründung neuer Finanzunternehmen im Namen der Staatskasse Mittel auszuzahlen. Darüber hinaus sollten in Konkursverfahren für Finanzunternehmen die Einlagen den Vorrang vor den sonstigen Forderungen erhalten. Die Regierung erklärte, dass Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen sowie deren Niederlassungen in Island in voller Höhe geschützt seien.

(24)

Anfangs stand die Sicherstellung der grundlegenden Funktion der inländischen Banken-, Zahlungs- und Abrechnungssysteme im Mittelpunkt der Politik. In den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch erstellte die isländische Regierung in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (im Folgenden „IWF“) außerdem ein Wirtschaftsprogramm, auf dessen Grundlage am 20. November 2008 Islands Antrag auf eine zweijährige Bereitschaftskreditvereinbarung des IWF genehmigt wurde. Diese Vereinbarung beinhaltete auch ein IWF-Darlehen in Höhe von 2,1 Mrd. USD zur Stärkung der isländischen Währungsreserven. Die Regierung sicherte sich bei anderen nordischen Ländern und bestimmen Handelspartnern darüber hinaus Darlehen in Höhe von bis zu 3 Mrd. USD. Aus dem IWF-Darlehen wurden 827 Mio. USD sofort bereitgestellt. Der restliche Betrag wurde vorbehaltlich vierteljährlicher Überprüfungen des Wirtschaftsprogramms in acht gleich hohen Raten ausgezahlt.

(25)

Bei dem IWF-Programm handelte es sich um ein umfassendes Stabilisierungsprogramm, mit dem vor allem drei Ziele erreicht werden sollten. Das erste Ziel war die Stabilisierung und Wiederherstellung des Vertrauens in die Króna, um die negativen Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft in Grenzen zu halten. Zu den Maßnahmen in diesem Zusammenhang gehörte die Einführung von Kapitalkontrollen zur Eindämmung der Kapitalflucht. Als zweites Ziel enthielt das Programm eine Strategie zur umfassenden Umstrukturierung der Banken, mit der letztendlich wieder ein lebensfähiges Finanzsystem in Island aufgebaut und die internationalen Finanzbeziehungen des Landes gesichert werden sollten. Weitere Zielsetzungen in diesem Zusammenhang waren die Gewährleistung einer angemessenen Bewertung der Vermögenswerte der Banken, eine möglichst umfassende Rückgewinnung von Vermögenswerten und die Stärkung der Aufsichtspraktiken. Das dritte Ziel des Wirtschaftsprogramms war die Sicherstellung tragfähiger öffentlicher Finanzen mittels Begrenzung der Sozialisierung der Verluste zahlungsunfähiger Banken und die Durchführung eines Programms zur mittelfristigen Konsolidierung der Staatsfinanzen.

(26)

Die isländischen Behörden betonten, dass aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Zusammenhang mit der im Vergleich zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Staatskasse erheblichen Größe des Bankensystems die den Behörden offen stehenden, politischen Optionen begrenzt waren. Die Lösungskonzepte, auf die man sich stützte, unterschieden sich daher vielfach von den Maßnahmen, die Regierungen anderer Länder, die Bedrohungen ihrer finanziellen Stabilität ausgesetzt waren, trafen.

(27)

Auf der Grundlage des Notstandsgesetzes wurden die drei großen Geschäftsbanken Glitnir Bank, Landsbanki Íslands und Kaupthing Bank in "alte" und „neue“ Banken aufgespalten. Der Finanzminister gründete drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die die inländischen Geschäftstätigkeiten der alten Banken übernehmen sollen, und bestellte die Vorstände für diese Gesellschaften. Die FME übernahm die Kontrolle über die alten Banken und wies deren inländische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Einlagen) im Wesentlichen den neuen Banken zu, die den Bankbetrieb in Island fortführten. Die alten Banken dagegen wurden der Aufsicht ihrer jeweiligen Auflösungsausschüsse unterstellt (20). Die ausländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten wurden überwiegend in den alten Banken platziert. Für diese Banken erfolgten später Liquidationsverfahren und schließlich die Schließung sämtlicher Geschäftsbetriebe im Ausland (21).

(28)

In der vorläufigen Eröffnungsbilanz der drei neuen Banken vom 14. November 2008 wurde das Gesamtvermögen der drei Banken zusammen auf 2886 Mrd. ISK veranschlagt, wobei der Staat Eigenkapital in Höhe von 385 Mrd. ISK bereitstellen sollte. Der Gesamtbetrag der von den neuen Banken zugunsten der alten Banken als Zahlung für den Wert der über die Verbindlichkeiten hinaus übertragenen Vermögenswerte herauszugebenden Schuldverschreibungen wurde auf 1153 Mrd. ISK geschätzt. Die FME beauftragte Deloitte LLP mit der Bewertung der übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Im Verlauf dieses Verfahrens stellte sich heraus, dass die unabhängige Bewertung keine festen Werte der übertragenen Reinvermögen ergeben würde, sondern Bewertungen innerhalb bestimmter Bandbreiten. Außerdem kam es zu Beschwerden der Gläubiger der Banken gegen das Bewertungsverfahren, das ihrer Meinung nach nicht unparteiisch war. Zudem beklagten sie, dass sie ihre Interessen nicht schützen könnten. Diese Komplikationen führten zu einer Änderung der Politik beim Kontenausgleich zwischen den alten und neuen Banken. Statt sich auf Bewertungen unabhängiger Sachverständiger zu verlassen, wollten die Parteien versuchen, auf dem Verhandlungsweg Einigkeit über den Wert der übertragenen Reinvermögen zu erzielen.

(29)

Es lag auf der Hand, dass es für die Parteien nicht einfach sein würde, sich über die Bewertungen zu einigen. Ihnen lagen schließlich zahlreiche Annahmen zugrunde, über die zwischen den Parteien wahrscheinlich Uneinigkeit herrschen würde. Seitens des Staates wurde das Ziel verfolgt, über grundlegende Bewertungen Einigkeit zu erzielen, damit eine feste Grundlage für die anfängliche Kapitalausstattung der neuen Banken geschaffen werden konnte. Erreichten die Vermögenswerte Kurse über ihre Grundbewertung hinaus, könnte dieser Überschuss den Gläubigern in Form bedingter Schuldverschreibungen oder Werterhöhungen des Aktienkapitals der Banken zugewiesen werden. In den Verhandlungen hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Auflösungsausschüsse von Glitnir und Kaupthing und eine Mehrheit ihrer Gläubiger an einem Erwerb von Anteilen an den neuen Banken interessiert sein könnten. Mit dieser Maßnahme erhielten sie die Möglichkeit, von potenziellen Wertsteigerungen der übertragenen Vermögenswerte zu profitieren.

(30)

Die volle Kapitalausstattung der drei neuen Banken und die Grundlage für Vereinbarungen mit den Gläubigern der alten Banken wurden am 20. Juli 2009 bekannt gegeben. Die Regierung als Alleineigentümerin der drei neuen Banken erzielte mit den Auflösungsausschüssen der alten Banken Kernübereinkünfte hinsichtlich der Frage, wie der Ausgleich für die Übertragung des Reinvermögens an die neuen Banken bewerkstelligt und bezahlt werden sollte. Bei zwei der neuen Banken, der Íslandsbanki und der New Kaupthing (die später den Namen Arion Bank erhielt), schloss dies Verträge mit der Vorbehaltsklausel ein, dass die alten Banken die Mehrheit der Eigenkapitalanteile an den neuen Banken zeichneten.

(31)

Auf der Grundlage der oben beschriebenen vorläufigen Vereinbarungen beschlossen die Auflösungsausschüsse der alten Banken im Oktober 2009 (Glitnir) und im Dezember 2009 (Kaupthing Bank und Landsbanki Islands), die ausgehandelten Optionen auszuüben und Anteile an den neuen Banken zu zeichnen. Am 18. Dezember 2009 gab die Regierung bekannt, dass der Wiederaufbau der Banken abgeschlossen sei und zwischen den isländischen Behörden und den neuen Banken auf der einen Seite und den im Namen ihrer Gläubiger handelnden Auflösungsausschüssen der Glitnir Bank, Landsbanki Islands und Kaupthing Bank auf der anderen Seite Vergleichsvereinbarungen bezüglich der von den alten an die neuen Banken übertragenen Vermögenswerte erreicht worden seien. Die neuen Banken seien damit vollständig finanziert.

(32)

Wie sich später herausstellte, wurde der Beitrag der Staatskasse zum Eigenkapital der neuen Banken erheblich von den ursprünglich vorgesehenen 385 Mrd. ISK auf 135 Mrd. ISK in Form von Aktienkapital gesenkt. Bei zwei der drei Banken, der Íslandsbanki und der Arion Bank, belief sich der Beitrag auf etwa 55 Mrd. ISK an Ergänzungskapitel (Tier II) in Form von nachrangigen Darlehen bzw. einen Gesamtbetrag von 190 Mrd. ISK. Außerdem stellte die Staatskasse der Íslandsbanki und der Arion Bank Liquiditätsfazilitäten zur Verfügung. Das Aktienkapital, das die alten den neuen Banken zur Verfügung stellten, betrug insgesamt etwa 156 Mrd. ISK. Die Kapitalausstattung der neuen Banken belief sich folglich auf insgesamt ca. 346 Mrd. ISK. Die Vereinbarungen beinhalteten, dass der Staat nicht das vollständige Eigentum an den drei Banken beibehalten würde, sondern seine Beteiligung an der Íslandsbanki auf etwa 5 %, an der Arion Bank auf 13 % und im Fall der Landsbankinn auf 81 % senken würde.

(33)

Die beschriebene Übernahme von zwei der drei Banken durch die Gläubiger der alten Banken löste zwar wesentliche Probleme beim Wiederaufbau des Finanzsektors und schuf eine stabilere Kapitalgrundlage für die neuen Banken, es verblieben aber zahlreiche Schwachstellen, die noch zu beheben waren. Seit Herbst 2009 konzentrierten die Banken ihre Bemühungen vor allem auf interne Angelegenheiten wie die Festlegung der allgemeinen Strategie für ihr operatives Geschäft und insbesondere die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios, die den größten Risikofaktor für ihr operatives Geschäft und ihre langfristige Rentabilität darstellen. Aufgrund verschiedener erschwerender Faktoren gestaltete sich der Umstrukturierungsprozess komplex. Zu diesen Faktoren gehörten auch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes über die Rechtswidrigkeit von Krediten, die in ISK gewährt, aber an einen Devisenindex gekoppelt wurden. Soweit sie für die Umstrukturierung der Íslandsbanki maßgeblich sind, werden diese Angelegenheiten in den folgenden Abschnitten erörtert.

Gesamtwirtschaftliches Umfeld

(34)

Dem Zusammenbruch des Bankensystems im Oktober 2008 folgten erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen. Die Schwierigkeiten im Finanzsystem Islands gingen mit einem Einbruch des Vertrauens in seine Währung einher. Die Króna verlor im ersten Quartal 2008 stark an Wert. Weitere Wertverluste traten im Herbst, vor und nach dem Untergang der drei Geschäftsbanken, ein. Trotz der im Herbst 2008 eingeführten Kapitalkontrollen war das Jahr 2009 von starken Währungsschwankungen geprägt (22). Diese Turbulenzen führten zu einer schweren Rezession der isländischen Konjunktur, in deren Verlauf das BIP 2009 um 6,8 % und 2010 um 4 % schrumpfte.

(35)

Zu den Begleiterscheinungen der Wirtschaftskrise zählten eine plötzliche Zunahme der Arbeitslosigkeit von 1,6 % im Jahr 2008 auf 8 % 2009, ein Anstieg der Inflation und das Sinken der Reallöhne. Darüber hinaus war ein steiler Anstieg des Schuldenstandes von Unternehmen und Privathaushalten sowie des Anteils notleidender Kredite im Kreditportfolio der Banken zu verzeichnen. Auch kam es in großem Maßstab zu Übernahmen von in Insolvenzgefahr geratenen Unternehmen durch die neuen Banken. Gleichzeitig lösten die hohen, aus Steuergeldern finanzierten Kosten für die Umstrukturierung des Bankensystems einen steilen Anstieg des Haushaltsdefizits und eine erhebliche Zunahme der Schulden des öffentlichen Sektors aus.

(36)

Nach der tiefen Rezession lassen vorläufige, vom nationalen statistischen Amt Islands vorgelegte Daten auf einen Umschwung in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 schließen. Für das gesamte Jahr wird von einem Wachstum des BIP von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr ausgegangen.

(37)

Das 2011 verzeichnete Wirtschaftswachstum war überwiegend auf eine Zunahme der Inlandsnachfrage zurückzuführen, wobei sich insbesondere ein Anstieg der Konsumausgaben privater Haushalte um 4 % bemerkbar machte. Unterstützt wurde dies durch Erhöhungen der Löhne und Sozialleistungen sowie bestimmte politische Initiativen zur Entlastung privater Haushalte bei der Bedienung von Schulden. Hierzu zählten ein vorübergehender Zinszuschuss, das Einfrieren von Abzahlungen von Krediten und die vorgezogene Rückzahlung von Einzahlungen in die private Altersvorsorge. Die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2011 lassen auch auf einen langsamen Anstieg der Investitionen schließen, der allerdings von einem ganz besonders niedrigen Niveau ausgeht (23). Der Verbrauch der öffentlichen Hand verharrte in den letzten drei Jahren auf einem besonders niedrigen Niveau.

(38)

Die gesamtwirtschaftlichen Daten verbergen ganz erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen. Zusätzlich zu dem Zusammenbruch im Finanzsektor war auch bei der Bautätigkeit und zahlreichen anderen Fertigungs- und Dienstleistungsaktivitäten im Inland ein Abschwung zu verzeichnen. Andererseits konnten bestimmte Exportsektoren ein Wachstum verzeichnen. Aufgrund des niedrigen Wechselkurses der Króna und vergleichsweise stabiler Preise bei Meereserzeugnissen und Aluminiumprodukten (in ausländischen Währungen) stiegen die Exporteinnahmen seit dem Beginn der Wirtschaftskrise. Dies traf auch für den Tourismus und andere Dienstleistungsexporte zu. Gleichzeitig gingen die Einfuhren stark zurück und drehten die Handelsbilanz (24) 2010 mit einem Überschuss von etwa 10 % des BIP vorübergehend ins Plus. Mit der gestiegenen Inlandsnachfrage 2011 haben auch die Einfuhren wieder zugenommen. Die Folge war ein insgesamt geringerer Handelsüberschuss von 8,2 % des BIP.

(39)

Die Prognose des nationalen statistischen Amts Islands für 2012 bis 2017 geht davon aus, dass sich 2012 die schrittweise wirtschaftliche Erholung mit 2,6 % Wachstum fortsetzen wird. Eine ähnliche Wachstumsquote wird auch für den restlichen Vorhersagezeitraum erwartet. Diese Prognose unterliegt jedoch verschiedenen Unsicherheiten. Geplante Großinvestitionen der Industrie könnten noch weiter aufgeschoben werden. Die Handelsbedingungen Islands könnten von einer länger anhaltenden Rezession in den Hauptpartnerländern beeinträchtigt werden und eine niedrigere Wachstumsquote in Island mit sich bringen. Stellen sich bei der Bewältigung der Schuldenlast der Haushalte und Unternehmen die Fortschritte langsamer ein als erwartet, dann würde dies die Inlandsnachfrage und die Wachstumsaussichten der Wirtschaft noch weiter einengen. Auch durch im Zusammenhang mit der Aufhebung von Kapitalkontrollen ausgelöste Wechselkursschwankungen, die ihrerseits zu einer weiter andauernden Instabilität der Preise führen, könnte das Wachstum gefährdet werden.

2.4.   Finanzaufsicht und Verbesserungen im regulatorischen Rahmen

(40)

Im Anschluss an die anfänglichen Arbeiten der FME im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Banken und der Bewertung der von den alten Banken übertragenen Reinvermögen prüfte die FME im Frühjahr 2009 im Rahmen eines sogenannten Freizeichnungsprojekts die neuen Banken sowie deren Wirtschaftspläne, finanzielle Stärke und Kapitalbedarf. Hierbei nahm sie die Hilfe der internationalen Wirtschaftsberatungsfirma Oliver Wyman in Anspruch.

(41)

Nach der Beendigung dieses Vorgangs erteilte die FME den Banken vorbehaltlich verschiedener Bedingungen Lizenzen. In Anbetracht der Beschaffenheit der Anlagenbestände und der erwarteten wirtschaftlichen Unsicherheit hielt man es für erforderlich, den drei Banken höhere Eigenkapitalanforderungen vorzuschreiben als das gesetzliche Minimum. Die FME setzte daher den Mindest-Eigenkapitalkoeffizienten für die drei Banken auf 16 % fest, wobei der Kernkapitalkoeffizient mindestens 12 % betragen musste. Die Anforderungen galten mindestens drei Jahre, sofern seitens der FME keine Änderung erfolgte. Auch Liquiditätsbedingungen wurden festgelegt. In ihnen wurde verlangt, dass die verfügbaren liquiden Mittel jederzeit mindestens 20 % der Einlagen betragen mussten und dass die Barmittel oder Barmitteln gleichgestellten Mittel sich auf mindestens 5 % der Einlagen belaufen mussten. Auch im Hinblick auf andere Themen wie die Umstrukturierung der Kreditportfolios, die Risikobewertung, die Grundsätze der Unternehmensführung und die Eigenverantwortlichkeit wurden Anforderungen gestellt. Die FME führte auch für andere Finanzunternehmen vergleichbare Kapitalanforderungen ein.

(42)

In dem in Konsultationen mit dem IWF festgelegten Programm zur Stabilisierung der Wirtschaft war zur Verbesserung des Schutzes vor zukünftigen Finanzkrisen eine Überarbeitung des gesamten regulatorischen Rahmens für Finanzdienstleistungen und die Finanzaufsicht vorgesehen. Die Regierung lud den ehemaligen Generaldirektor der finnischen Finanzaufsichtsbehörde, Herrn Kaarlo Jännäri, ein, eine Bewertung des bestehenden regulatorischen Rahmens und der Aufsichtsmethoden vorzunehmen. Eine der von Herr Jännäri vorgeschlagenen Verbesserungen betraf die Einrichtung eines nationalen Kreditregisters bei der FME zur Verringerung der im System bestehenden Kreditrisiken. In seinem Bericht empfahl er auch die Festlegung strengerer Vorschriften und eine härtere Vergabepraxis bei Großkrediten und miteinander zusammenhängenden Darlehen. Er schlug auch vor, zur Überprüfung der externen Aufsicht und zur Prüfung damit zusammenhängender Berichte insbesondere im Hinblick auf Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Devisenrisiken, mehr Kontrollen vor Ort durchzuführen. Außerdem wurde eine Überprüfung und Verbesserung des Einlagensicherungssystems unter enger Anlehnung an die Entwicklungen in der EU empfohlen.

(43)

Die Regierung brachte anschließend im Althingi einen Gesetzentwurf ein, der sich unter anderem auf die Vorschläge von Jännäri sowie die seit 2009 eingeführten Änderungen im EWR-Recht für Finanzaktivitäten stützte. Dieser Entwurf wurde angenommen und trat am 1. Juli 2010 als Gesetz Nr. 75/2010 in Kraft. Mit dem neuen Gesetz wurden auch am Gesetz über Finanzunternehmen umfangreiche Änderungen vorgenommen. Später wurden noch weitere Änderungen am Gesetz über Finanzunternehmen sowie in der Regulierung und Beaufsichtigung von Finanzdienstleistungen eingeführt. Diese regulatorischen Änderungen werden im Anhang näher betrachtet.

2.5.   Die wichtigsten Herausforderungen der Zukunft (25)

(44)

Trotz großer Fortschritte beim Wiederaufbau des Finanzsektors kämpft Island weiterhin mit den Nachwirkungen der Finanz- und Währungskrise vom Herbst 2008. Durch die Finanzkrise traten verschiedene Fehler und Mängel im Finanzsystem zutage, die behoben werden müssen, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden soll. Offensichtlich steht Island — wie viele andere, von der Finanzkrise hart getroffene Länder auch — bei der Anpassung der rechtlichen und operativen Rahmenbedingungen für Finanzdienstleistungen zahlreichen Herausforderungen gegenüber, wobei das Ziel darin besteht, ein in Zukunft existenzfähiges, effizientes Finanzsystem zu fördern und das Risiko für ein erneutes Auftreten von Systemerschütterungen so weit wie möglich zu verringern.

(45)

Die dringendsten Herausforderungen, mit denen sich die isländischen Finanzunternehmen aktuell auseinandersetzen müssen, hängen mit dem Umstand zusammen, dass die Banken in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer pauschalen Einlagensicherung arbeiten. Die Banken müssen sich jetzt auf die Arbeit in einem weniger geschützten Umfeld vorbereiten, das bestehen wird, wenn die Kapitalkontrollen aufgehoben und die Einlagensicherungen wieder auf die in den einschlägigen EU/EWR-Vorschriften festgelegten Vorgaben zurückgeführt werden (26). Die isländischen Behörden unterstrichen, dass in diesem Zusammenhang bei der Einführung neuer Vorschriften mit äußerster Vorsicht vorzugehen sei.

(46)

Eine weitere große Herausforderung liegt in der weiteren Anpassung des rechtlichen und regulatorischen Rahmens zur Unterstützung eines soliden, effizienten Finanzsystems, das im Einklang mit den Entwicklungen im EWR-Recht und im internationalen Recht steht (27).

2.6.   Der Zustand des Wettbewerbs im isländischen Finanzsektor

(47)

Nach neuesten Informationen der isländischen Behörden (28) hat sich der Wettbewerb auf dem Finanzmarkt seit dem Zusammenbruch der Banken radikal verändert. Die Anzahl der Finanzunternehmen ist zurückgegangen, weil mehrere Sparkassen, Geschäftsbanken und spezialisierte Darlehensgeber sich entweder in der Liquidation befinden oder mit anderen Unternehmen verschmolzen sind (29). Die Zahl der Finanzunternehmen nimmt auch jetzt noch ab, in jüngster Zeit durch die Zusammenschlüsse der Landsbankinn und der SpKef im März 2011, der Íslandsbanki und der Byr im Dezember 2011 und die von der Überwachungsbehörde am 20. Juni 2012 mit der Entscheidung Nr. 226/12/KOL genehmigte Zusammenlegung der Landsbankinn und der Svarfdaelir Savings Bank. Aufgrund des Rückgangs der Zahl der Finanzunternehmen und aufgrund der Übernahme der Einlagen der schließenden Banken durch die größeren Banken ist die Konzentration auf dem inländischen Markt gewachsen. Andererseits ist aufgrund der Beendigung der internationalen Bankentätigkeit die Präsenz der neuen Banken auf den Finanzmärkten des EWR insgesamt viel kleiner als die ihrer Vorgängerinnen.

(48)

Darüber hinaus ist der inländische Markt mit dem vollständigen Verschwinden oder der erheblichen Schwächung bestimmter Untermärkte stark geschrumpft. Mit dem beinahe vollständigen Verschwinden des Aktienmarkts und der Einführung von Kapitalkontrollen gingen die Geschäfte in den Aktien- und Devisenmärkten zurück. Dies führte wiederum zu eingeschränkten Möglichkeiten für Investitionen. Da sich das Niveau der Investitionen in der Wirtschaft auf einem historischen Tiefstand befindet und die Haushalte und Unternehmen im Allgemeinen hoch verschuldet sind, ist die Nachfrage nach Krediten niedrig. Seit dem Zusammenbruch konzentrierten die Banken ihre Anstrengungen auf interne Angelegenheiten, die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios sowie die Umstrukturierung einiger wichtiger Firmenkunden.

(49)

Vor der Finanzkrise hielten die Sparkassen bei den Einlagen gemeinsam einen Marktanteil von etwa 20 bis 25 %. Dieser Anteil ist jetzt auf etwa 2 bis 4 % eingebrochen. Die Marktanteile, die den Sparkassen und den aus dem Markt ausscheidenden Geschäftsbanken verloren gingen, wurden von den drei großen Geschäftsbanken Arion Bank, Íslandsbanki und Landsbanki hinzugewonnen. Die drei Großbanken zusammen nehmen heute etwa 90 bis 95 % des Marktes ein, statt 60 bis 75 % wie früher. Dabei ist der Marktanteil der Landsbankinn marginal höher. Abgesehen von den zehn regionalen Sparkassen, die etwa 2 bis 4 % des Marktes einnehmen, ist die umstrukturierte MP Bank (30) mit einem Anteil von etwa 1 bis 5 % der einzige weitere Marktteilnehmer.

(50)

Der isländische Markt ist also eindeutig oligopolistisch und die drei größten Unternehmen könnten gemeinsam eine beherrschende Marktstellung erreichen. Nach Aussage der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA), bei der die Überwachungsbehörde um eine Stellungnahme zum Zustand des Wettbewerbs in Island und mögliche Abhilfemaßnahmen gebeten hatte, bestehen hohe Schranken für den Zugang zum isländischen Bankenmarkt. Dies wirkt sich nachteilig auf den Wettbewerb aus. Auch bestehen für Verbraucher gewisse Hindernisse beim Wechsel der Bank. Die isländischen Behörden erkannten darüber hinaus an, dass die mit der kleinen, nicht frei gehandelten Währung Islands, der isländischen Króna, einhergehenden Wechselkursrisiken den Wettbewerb noch weiter einschränkten und ausländische Banken und Unternehmen vom Eintritt in den isländischen Markt abhielten.

(51)

Die isländische Wettbewerbsbehörde richtete in letzter Zeit ihr Augenmerk auf ein besonderes, mit der IT-Infrastruktur zusammenhängendes Problem für den Geschäftsbetrieb der Banken und ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Dies betrifft den IT-Dienstleister Reiknistofa bankanna (Datenzentrum der isländischen Banken, RB), der gemeinsames Eigentum der Finanzinstitute ist. Diese Angelegenheit hat Bedeutung für die Würdigung des vorliegenden Falls und gehörte zu den Fragen, die die Überwachungsbehörde mit den isländischen Behörden und Banken erörterte.

(52)

RB steht im gemeinsamen Eigentum der drei größten isländischen Banken, zweier Sparkassen, des isländischen Sparkassenverbandes und der drei wichtigsten Zahlungskartendienstleister in Island. Landsbankinn besitzt 36,84 % der Anteile an RB, Íslandsbanki hält 29,48 % und die Arion Bank 18,7 %. Zusammen besitzen die drei Geschäftsbanken also 85,02 % der Anteile an RB. Zu den Kunden von RB zählen die Eigentümer, die Zentralbank von Island und andere Finanzinstitutionen sowie die Regierung und andere öffentliche Einrichtungen. Die Zusammenarbeit der Banken in diesem Bereich ist umfassend, da RB das Verrechnungs- und Saldenausgleichssystem in Island entwickelt hat. RB bietet außerdem eine Reihe von Lösungskonzepten für das Kerngeschäft von Banken an. Hierbei handelt es sich um mandantenfähige Lösungen, die von den meisten isländischen Banken genutzt werden. Das RB betreibt darüber hinaus ein elektronisches Rechnungsstellungssystem und ein elektronisches Zahlungssystem für Unternehmen und Verbraucher.

(53)

Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde schwächte der Zusammenbruch im Jahr 2008 die kleineren Banken und Sparkassen ganz besonders. Für die kleineren Finanzunternehmen hatten die erforderlichen IT-Dienstleistungen einen ganz besonders hohen Stellenwert, denn diese Dienste können als eine der Marktzutrittsschranken für neue Marktteilnehmer betrachtet werden. Die Plattform für IT-Dienstleistungen wurde vom RB vor allem für die größeren Finanzunternehmen bereitgestellt, während Teris eine Plattform für die Sparkassen und kleineren Marktteilnehmer vorhielt. Nach der Schließung vieler kleinerer Finanzunternehmen in den letzten Jahren verlor Teris einen erheblichen Teil seiner Einnahmen. Dies hatte zur Folge, dass Teris im Januar 2012 einige seiner IT-Lösungskonzepte an RB verkaufte. Nach Aussage von RB und Teris sollte diese Transaktion unter anderem der Sicherstellung einer ununterbrochenen Versorgung kleinerer Finanzunternehmen mit IT-Dienstleistungen dienen.

(54)

Die Wettbewerbsbehörde hat im Zusammenhang mit dem RB zwei Fälle geprüft. Der erste Fall betrifft die Frage, ob der gemeinsame Besitz von RB-Forums und die Zusammenarbeit der Banken und anderen Finanzunternehmen darin als Verstoß gegen das Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen nach Artikel 10 des isländischen Wettbewerbsgesetzes zu betrachten ist. Im zweiten Fall wurde die Vereinbarkeit des Kaufs bedeutender Vermögenswerte von Teris durch RB mit den in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen über Zusammenschlüsse beurteilt. Im Mai 2012 wurden diese beiden Fälle jedoch mit einem Vergleich zwischen RB und dessen Eigentümern auf der einen und der Wettbewerbsbehörde auf der anderen Seite abgeschlossen (31).

(55)

Neben den oben beschriebenen, unmittelbar mit dem isländischen Finanzmarkt zusammenhängenden Besorgnissen wies die Wettbewerbsbehörde (ICA) insbesondere auf die Notwendigkeit hin, den Verkauf und die Umstrukturierung von Betriebsgesellschaften (32) möglichst umgehend abzuschließen. Viele Betriebsgesellschaften waren aufgrund von Überschuldung nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Jahr 2008 von den Banken (als Gläubiger dieser Gesellschaften) übernommen worden. Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde kann ein Interessenkonflikt entstehen, wenn Banken für Unternehmen Finanzdienstleistungen erbringen und gleichzeitig Eigentümer dieser Unternehmen sind. Die Wettbewerbsbehörde ist der Auffassung, dass heute, d. h. in der Zeit nach der Finanzkrise, das mittel- und unmittelbare Eigentum der Banken (33) das verbreitetste und gefährlichste Wettbewerbsproblem ist, weil sich dieser Umstand auf fast alle Unternehmen und Branchen in Island auswirkt. Nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde würde eine schnellere Umstrukturierung von Unternehmen zu einem besseren Wettbewerb auf dem Finanzmarkt führen. Soweit die Beteiligung der Banken an der Umstrukturierung ihrer Unternehmenskunden den Mitteilungsbestimmungen im Rahmen der nationalen Kontrollmaßnahmen für Zusammenschlüsse unterlag, stellte die Wettbewerbsbehörde häufig Bedingungen bezüglich der Eigentumsanteile der Banken. Eine umfassende Lösung des Problems scheint sich jedoch schwierig zu gestalten, weil hier ein wesentlicher Zusammenhang mit dem hohen Verschuldungsgrad des isländischen Unternehmenssektors besteht.

(56)

In ihrem bei der Überwachungsbehörde eingereichten Schriftsatz brachten alle drei Geschäftsbanken, d. h. die Arion Bank, die Íslandsbanki und die Landsbankinn, zum Ausdruck, dass seit dem Herbst 2008 bei den Wettbewerbsbedingungen auf dem isländischen Finanzmarkt keine großen Veränderungen eingetreten seien, die zu Bedenken Anlass geben könnten. Auf dem Markt herrsche ein wirksamer Wettbewerb, ohne Anzeichen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen der drei größten Marktteilnehmer. Bei der Prüfung der Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt habe die Wettbewerbsbehörde bestimmte Schlüsselfaktoren übersehen. Einer dieser Faktoren betreffe beispielsweise die Tatsache, dass ausländische Banken seit langem bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für die größten Kunden wie beispielsweise exportorientierte Unternehmen (Fischerei, energieintensive Industrien usw.) sowie für staatliche und kommunale Vorhaben aktiv mit isländischen Banken konkurriert hätten und dies auch heute noch täten.

(57)

Diese Darstellung widerspricht jedoch der in dem bei den isländischen Behörden eingereichten Schriftsatz zum Ausdruck gebrachten Sichtweise, wie sie in dem oben angeführten Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi dargelegt wird. Auch zur Auffassung der Wettbewerbsbehörde besteht hier ein Widerspruch. Darüber hinaus hat sich, wie nachfolgend umrissen wird, die Íslandsbanki trotz gewisser Vorbehalte bezüglich der Analyse der Wettbewerbsbedingungen dazu entschlossen, bestimmte Verpflichtungen zur Eingrenzung der mit den betreffenden Beihilfemaßnahmen verbundenen Wettbewerbsverzerrungen einzugehen. Diese Verpflichtungen sind dem Anhang zu entnehmen.

3.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

3.1.   Die Empfängerin

(58)

Wie oben beschrieben brach Glitnir ebenso wie die beiden anderen großen isländischen Geschäftsbanken, im Jahr 2008 zusammen. Um den Weiterbetrieb des Bankensektors im Land sicherzustellen, trafen die isländischen Behörden Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Glitnir Bank hf einschließlich der Errichtung und Kapitalausstattung der New Glitnir Bank (inzwischen umbenannt in Íslandsbanki).

3.1.1.   Glitnir Bank

(59)

Vor der Finanzkrise 2008 war die Glitnir Bank die drittgrößte Bank in Island. Ende Juni 2008, kurz vor ihrem Zusammenbruch, betrug ihre Bilanzsumme 3862 Mrd. ISK. Die Hauptmärkte der Bank befanden sich in Island und Norwegen. Dort bot sie eine Reihe von Finanzdienstleistungen an, unter anderem im Firmenkundengeschäft, im Investmentbanking, im Kapitalmarktgeschäft, in der Verwaltung von Kapitalanlagen und im Privatkundengeschäft. Glitnir hatte darüber hinaus auch Geschäftsbetriebe in Finnland, Schweden, Dänemark, dem Vereinigten Königreich, Luxemburg, den USA, Kanada, China und Russland. Sie besaß eine Reihe von Tochtergesellschaften, zu deren wichtigsten Glitnir AB (Schweden), Glitnir Bank Oyi (Finnland), Glitnir Bank ASA (Norwegen), Glitnir Bank Luxembourg SA und Glitnir Asset Management Luxembourg zählten. Die internationale Expansion der Bank stützte sich auf zwei spezialisierte Branchen, nämlich Meeresfrüchte und nachhaltige Energie (34). Die Aktien der Bank waren an der isländischen Börse OMX notiert.

3.1.2.   Íslandsbanki

(60)

Die Nachfolgerin Glitnirs, die Íslandsbanki, ist eine Universalbank, die natürlichen Personen, Haushalten, Unternehmen und professionellen Anlegern eine umfassende Palette an Finanzdienstleistungen anbietet, wobei sie sich auf zwei Branchen, nämlich Meeresfrüchte und geothermische Energie, spezialisiert. Nach dem Zusammenschluss mit Byr belaufen sich die Vermögenswerte der Bank nun auf circa 800 Mrd. ISK. Sie beschäftigt 1100 Angestellte und ist, gemessen am Gesamtvermögen, Islands drittgrößte Bank. Ihre Bankprodukte und Dienstleistungen sind in vier Abteilungen gegliedert: Privatkundengeschäft, Firmenkundengeschäft, Märkte und Vermögensverwaltung. Laut Aussage der Íslandsbanki verfügt sie in allen genannten Geschäftsfeldern über Marktanteile zwischen [20] und [40 %].

3.1.2.1.   Privatkundengeschäft — Island

(61)

Die für das Privatkundengeschäft zuständige Abteilung bietet natürlichen Personen, Haushalten und mittelständischen oder Kleinunternehmen (KMU) Bankdienstleistungen an. Diese Abteilung umfasst das Niederlassungsnetz der Íslandsbanki, die Abteilung Asset-Based Financing (durch Vermögenswerte gesicherte Finanzierung) und eine unabhängig geführte Tochtergesellschaft mit dem Namen Kreditkort, bei der es sich um einen führenden Kreditkartenherausgeber in Island handelt.

(62)

An den neuesten verfügbaren Zahlen lässt sich ablesen, dass die Íslandsbanki im Privatkundensektor einen Marktanteil von [> 30 %] hält.

3.1.2.2.   Firmenkundengeschäft — Island

(63)

Die für das Firmenkundengeschäft zuständige Abteilung bietet den gewöhnlich auch unter der Bezeichnung „die oberen 300“ bekannten Mittelstands- und Großunternehmen in Island Darlehen und andere Kreditdienstleistungen. Darüber hinaus trägt die Abteilung Corporate Solutions (Lösungskonzepte für Unternehmen) Verwaltungs- und Leitungsverantwortung für die Umstrukturierung des notleidend gewordenen Großunternehmensportfolios.

(64)

Aus den neuesten verfügbaren Zahlen geht hervor, dass die Íslandsbanki im Firmenkundenmarkt einen Marktanteil von [> 30 %] hält.

3.1.2.3.   Märkte

(65)

Die für Märkte zuständige Abteilung bietet in Island eine umfassende Palette an Dienstleistungen in den Bereichen Unternehmensfinanzierung, Wertpapiere, Devisen und Geldmarktprodukte und darüber hinaus in den USA eine Unternehmensfinanzierungsberatung in den Branchen geothermische Energie und Meeresfrüchte.

(66)

Aus den neuesten verfügbaren Zahlen geht hervor, dass die Íslandsbanki im Aktienmarkt (35) einen Marktanteil von [> 5 %], im Schuldverschreibungsmarkt von [> 20 %], im Devisenmarkt von [> 30 %] und im Markt für Unternehmensfinanzierungen von etwa [35-45 %] hält (36).

3.1.2.4.   Vermögensverwaltung — VÍB

(67)

Die Abteilung Wealth Management (Vermögensverwaltung) bietet Kunden aller Größen Vertriebsdienstleistungen für institutionelle Anleger. Sie betreut vermögende Privatkunden, erbringt private Investmentdienste (für Kleinanleger) und beschafft Drittmittel. VÍB bietet über ihre unabhängig geführte und betriebene Tochtergesellschaft Íslandssjóðir hf Fondsmanagement- und Verwaltungsdienstleistungen.

(68)

Aus den neuesten verfügbaren Zahlen geht hervor, dass die Íslandsbanki beim Vertrieb für Unternehmen und institutionelle Anleger einen Marktanteil von [> 30 %] hält. Bei den Investmentdienstleistungen für Kleinanleger beträgt er [> 30 %], in den Märkten für vermögende Privatkunden [> 25 %], in den Märkten für die Verwaltung offener Investmentfonds [> 35 %] und bei den Dienstleistungen zur privaten Altersvorsorge erreicht der Marktanteil [> 15 %] (37).

3.2.   Vergleich zwischen der alten und der neuen Bank

3.2.1.   Ein Vergleich zwischen der Glitnir und der Íslandsbanki (2008)

(69)

Sowohl im operativen Geschäft als auch in der Größe bestehen zwischen der alten und der neuen Bank große Unterschiede. Die Íslandsbanki ist eine überwiegend inländische Bank ohne zugelassene Bankbetriebe im Ausland, während die Glitnir eine internationale Bank mit Geschäftsbetrieben in elf Ländern war. Die Íslandsbanki betreibt vier Geschäftsfelder: das Gewerbe- und Privatkundengeschäft, die Vermögensverwaltung, das Firmenkunden- und Investmentgeschäft sowie Schatzanweisungs- und Geldmärkte, wobei sich alle Geschäftsfelder auf den Inlandsmarkt konzentrieren. Am meisten fällt ins Auge, dass das operative Geschäft der Íslandsbanki ganz erheblich kleiner ist als das der Glitnir. Vergleicht man die Bilanzsumme der alten Bank in Höhe von 3862 Mrd. ISK mit der der neuen Bank in Höhe von 631 Mrd. ISK, ergibt sich ein Rückgang von 84 %. Ein Vergleich der Bilanz der alten Bank im Juni 2008 mit der Eröffnungsbilanz der neuen Bank ist Tabelle 1 zu entnehmen.

(70)

Glitnir zeichnete sich durch einen breit gestreuten Refinanzierungsmix aus und gab in großem Maßstab Schuldverschreibungen heraus, die weltweit verkauft wurden. Die Íslandsbanki dagegen stützt sich bei der Refinanzierung hauptsächlich auf Einlagen. Dies und die Tatsache, dass ein Zugang der Bank zu ähnlichen Finanzierungsinstrumenten wie ihre Vorgängerbank (zumindest auf kurze Sicht) unwahrscheinlich ist, schränken die Wachstumsmöglichkeiten der Bank ein. Der in Diagramm 1 dargestellte Vergleich zwischen den Schlüsselindikatoren beider Banken zeigt erhebliche Unterschiede auf (38):

Diagramm 1

Die Íslandsbanki bei der Gründung im Vergleich zur Glitnir 2008 (Q2), ausgewählte Zahlen

Image

(71)

Die neue Bank hat außerdem einen erheblich niedrigeren Personalbestand. Die durchschnittliche Zahl der bei Glitnir in der ersten Jahreshälfte 2008 beschäftigten Mitarbeiter entsprach 2 174 Vollzeitarbeitseinheiten, gegenüber den 1 110 bei der Íslandsbanki (einschließlich Tochtergesellschaften) in der ersten Jahreshälfte 2009 beschäftigten Mitarbeitern. Die Differenz beträgt 49 %. Betrachtet man die Zahlen aus den gleichen Zeiträumen für die Inlandsbetriebe, ergibt sich, dass die neue Bank nur 242 weniger Mitarbeiter hatte als die Glitnir.

3.3.   Die nationale Rechtsgrundlage für die Beihilfemaßnahme

Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw., allgemein als Notstandsgesetz bezeichnet.

(72)

Das Notstandsgesetz ermächtigte die FME, „unter extremen Umständen“ zu intervenieren und die Verfügungsgewalten der Hauptversammlungen und Vorstandssitzungen von Finanzinstituten zu übernehmen und Entscheidungen über die Veräußerung ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu treffen. Die FME erhielt auch Vollmacht zur Bestellung von Auflösungsausschüssen für die von ihr übernommenen Finanzunternehmen. Diese Ausschüsse besaßen die Verfügungsgewalten von Hauptversammlungen. Bei der Abwicklung der Bankinstitute räumt das Gesetz den Forderungen von Einlagenbesitzern und Einlagensicherungssystemen Vorrang ein. Das Gesetz ermächtigte außerdem das isländische Finanzministerium zur Gründung neuer Banken. Das Notstandsgesetz beinhaltet Änderungen des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002, des Gesetzes über die amtliche Aufsicht über Finanzaktivitäten Nr. 87/1998, des Gesetzes über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme Nr. 98/1999 und des Wohnungsbaugesetzes Nr. 44/1998.

Nachtragshaushaltsgesetz für 2008 (Artikel 4)

Haushaltsgesetz für 2009 (Artikel 6)

3.4.   Die Beihilfemaßnahmen

(73)

Die Interventionen der isländischen Behörden nach dem Zusammenbruch der Glitnir Bank sind vorstehend beschrieben worden. Im Eröffnungsbeschluss wurden sie in allen Einzelheiten dargelegt. Der wesentliche Inhalt der Interventionen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die FME übernahm am 7. Oktober 2008 die Kontrolle über die Glitnir. Hierbei wurden die (meisten) inländischen Vermögenswerte an die New Glitnir übertragen. Die alte Bank bzw. deren Gläubiger sollten mit dem Differenzbetrag zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten für diese Übertragung entschädigt werden. Da sich die Bestimmung dieser Differenz als schwierig und zeitraubend erwies, stellte der Staat Anfangskapital zur Verfügung und verpflichtete sich, bei Bedarf weiteres Kapital zuzuführen. Er stattete die Bank mit Kapital aus, bis schließlich im Oktober eine Vereinbarung zwischen dem Staat und den Gläubigern der alten Bank getroffen wurde, in deren Folge die Einlage des Staates von 100 % auf 5 % gesenkt wurde. Die Überwachungsbehörde betrachtet dieses Datum — den 15. Oktober 2009 — als Beginn des fünfjährigen Umstrukturierungszeitraums, der folglich bis zum 15. Oktober 2014 andauern wird.

(74)

Der nachfolgende Abschnitt beschränkt sich auf eine Beschreibung derjenigen Aspekte der staatlichen Intervention, die eine für die Bewertung nach Artikel 61 des EWR-Abkommens maßgebliche Beihilfemaßnahme darstellen.

3.4.1.   Kernkapital

(75)

Der Staat stellte zweimal Kernkapital bereit — einmal, als die New Glitnir ins Leben gerufen wurde, und dann noch einmal, als er die Bank vollständig (und rückwirkend) mit Kapital ausstattete. Diesem Vorgang folgte eine mit den Gläubigern der alten Bank getroffene Vereinbarung, nach der der Staat eine Kapitaleinlage von 5 % in der Bank beibehielt.

3.4.1.1.   Anfangskapital

(76)

Nach der Gründung der neuen Bank, der Íslandsbanki, stellte der Staat der neuen Bank 775 Mio. ISK in bar als Anfangskapital zur Verfügung und verpflichtete sich darüber hinaus, als Gegenleistung für deren gesamtes Eigenkapital bis zu 110 Mrd. ISK in die neue Bank einzuzahlen. Die zuerst genannte Zahl entspricht dem nach isländischem Recht für die Gründung einer Bank erforderlichen Mindestkapital. Die zuletzt genannte Zahl wurde als 10 % einer Anfangsbewertung des wahrscheinlichen Umfangs der gesamten risikogewichteten Vermögenswerte der Bank berechnet. Dieser Betrag wurde in den Staatshaushalt für das Jahr 2009 als Zuweisung staatlicher Gelder zur Bewältigung der außerordentlichen Umstände auf den Finanzmärkten aufgenommen. Mit dieser Kapitalzuweisung wurde der Zweck verfolgt, eine angemessene Garantie für die Betriebsfähigkeit der Bank zu bieten, bis für die Fragen bezüglich ihrer endgültigen Rekapitalisierung eine Lösung gefunden würde. Zu diesen Fragen gehörten auch die Größe der Eröffnungsbilanz und die Bewertung des der alten Bank für die übertragenen Vermögenswerte zu zahlenden Ausgleichs.

3.4.1.2.   Kapitaleinlage und Rückbehalt einer Einlage von 5 % als Bestandteil des Vergleichs mit den Gläubigern der alten Bank

(77)

Am 20. Juli 2009 schlossen die Regierung von Island und der Auflösungsausschuss der Glitnir eine Vereinbarung über die Ausstattung der Íslandsbanki mit Anfangskapital und die Grundlage für den Ausgleich, der den Gläubigern der Glitnir als Gegenleistung für die Übertragung der überwiegend inländischen Vermögenswerte und Einlagen der Glitnir zu zahlen sein würde (39). Auf der Grundlage dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Staat am 14. August 2009, der Íslandsbanki zusätzliches Eigenkapital in Höhe von 64,2 Mrd. ISK zur Verfügung zu stellen. Damit erreichte das gesamte Eigenkapital der Bank 65 Mrd. ISK. Dieser Betrag war zur Erfüllung der FME-Anforderung einer Kernkapitalquote von 12 % erforderlich. In der Vereinbarung waren zwei Wahlmöglichkeiten für die Bezahlung des übertragenen Reinvermögens und der Eigenkapitalbeteiligung vorgesehen worden. Entweder sollte die Glitnir eine Mehrheitsbeteiligung an der Íslandsbanki zeichnen und als Bezahlung für die übertragenen Vermögenswerte Aktien der Bank erhalten. Alternativ sollte, falls die Zeichnung nicht abgeschlossen würde, die Kapitalausstattung des Staates weiterbestehen und die Regierung Eigentümerin der Íslandsbanki bleiben. Der Glitnir wurde eine Frist bis zum 30. September 2009 eingeräumt, in der sie sich für eine der beiden Optionen entscheiden konnte. Diese Frist wurde später bis zum 15. Oktober 2009 verlängert. Am 15. Oktober 2009 wurde bekannt gegeben, dass der Auflösungsausschuss der Glitnir im Namen ihrer Gläubiger beschlossen hätte, 95 % des Aktienkapitals der Íslandsbanki als Entschädigung für die von der alten auf die neue Bank übertragenen Vermögenswerte zu übernehmen. Der Staat behielt die verbleibenden 5 %.

(78)

Im Rahmen der Abmachung wurde vereinbart, dass der Auflösungsausschuss (die Gläubiger) dem Staat die gesamten Zinsen, die während des Zeitraums, in dem die Regierung Besitzerin der Bank war, in Höhe von 8,3 Mrd. ISK aufgelaufen waren, vergüten würde. Dies ergab einen Zinsertrag von 12,8 %, der einer Jahresrendite von 13,9 % entsprach. Damit kam der Vergleich bezüglich der Vermögenswerte, die beim Bankenzusammenbruch im Oktober 2008 von der Glitnir an die Íslandsbanki übertragen worden waren, zum Abschluss.

3.4.2.   Ergänzungskapitaleinlage

(79)

Am 15. Oktober 2009 stellte die Regierung der Bank zur Stärkung ihrer Eigenkapital- und Liquiditätsposition außerdem einen nachrangigen Kredit zur Verfügung, damit sie die Kapitalanforderungen der FME erfüllen konnte. Der nachrangige Kredit steht in Euro zur Verfügung und beträgt 25 Mrd. ISK an Ergänzungskapital. Er wurde in Form eines Finanzinstruments gewährt, das die Ausgabe unbesicherter nachrangiger Schuldscheine durch Íslandsbanki vorsah. Die Laufzeit der Schuldscheine beträgt zehn Jahre ab dem 30. Dezember 2009. Das Finanzinstrument enthält Ausstiegsanreize in Form einer nach fünf Jahren eintretenden Zinserhöhung. Laut der Vereinbarung entspricht der jährliche Zinssatz für die ersten fünf Jahre einem Satz von 400 Basispunkten über dem EURIBOR (40). Im fünften bis zehnten Jahr liegt der Zinssatz jedoch 500 Basispunkte über dem EURIBOR.

(80)

In Verbindung mit den vorstehend beschriebenen Kernkapitalmaßnahmen wurde mit der Einlage von Ergänzungskapital sichergestellt, dass die Íslandsbanki am 15. Oktober 2009 die Eigenkapitalanforderungen der FME in Höhe von 16 % erfüllt.

3.4.3.   Einlagensicherung

(81)

Um die Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (41) und Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (42) einhalten zu können, führte Island das Gesetz Nr. 98/1999 über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme ein und gründete im Zuge dieser Maßnahme den sogenannten Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (TIF), der durch Jahresbeiträge der Banken finanziert wird. Die Beiträge werden nach Maßgabe der Gesamteinlagen der jeweiligen Bank berechnet.

(82)

Nach Aussage der isländischen Behörden wurden in dem Bestreben, bei der breiten Öffentlichkeit hinsichtlich der Einlagensicherheit mehr Vertrauen zu schaffen und die Menschen zu beruhigen, die Bankenrettungsmaßnahmen der isländischen Regierung vom Herbst 2008 durch eine zusätzliche staatliche Deckung für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen ergänzt, die außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes Nr. 98/1999 zur Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie 94/19/EG und der Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG lag.

(83)

In einer Erklärung des Amts des Premierministers vom 6. Oktober 2008 heißt es: „Government of Iceland underlines that deposits in domestic commercial and savings banks and their branches in Iceland will be fully covered.“ [Die Regierung von Island betont, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen wird.]  (43). Diese Erklärung wurde im Februar und Dezember 2009 vom Amt des jetzigen Premierministers wiederholt (44). Darüber hinaus wurde in einer in den Websites des Wirtschaftsministeriums und des IWF veröffentlichten Absichtserklärung des isländischen Regierung an den Internationalen Währungsfonds vom 7. April 2010 auf diese Erklärung Bezug genommen. In einer weiteren Absichtserklärung vom 13. September 2010 wurde sie erneut wiederholt. In dem vom isländischen Premierminister, Finanzminister, Wirtschaftsminister und Gouverneur der CBI unterzeichneten Schreiben wird erklärt: „At the present time, we remain committed to protect depositors in full, but when financial stability is secured we will plan for the gradual lifting of this blanket guarantee.“ [Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir weiterhin zu unserer Verpflichtung, Einlegern umfassenden Schutz zu gewähren. Sobald aber die Finanzstabilität sichergestellt ist, werden wir eine schrittweise Aufhebung dieser pauschalen Einlagensicherung planen.] (45) In dem Abschnitt des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2011, in dem es um Staatsgarantien geht, wird darüber hinaus in einer Fußnote auf die Erklärung der isländischen Regierung, dass Einlagen in isländischen Banken eine Staatsgarantie genießen, Bezug genommen (46).

(84)

In einer Erklärung des jetzigen Wirtschafts- und früheren Finanzministers (2009-2011), Steingrímur Sigfússon, die dieser kürzlich in einer Debatte des isländischen Parlaments über die der Regierung im Zusammenhang mit der Übernahme der SpKef durch die Landsbankinn entstandenen Kosten abgab, wird diese Aussage veranschaulicht. Laut Aussage des Ministers darf man hier die Erklärung des Staates vom Herbst 2008, dass alle Einlagen bei Sparkassen und Geschäftsbanken sicher und geschützt seien, nicht vergessen. „Work has since in all instances been based on this (i.e. the declaration) and it is unfortunately correct that this (i.e. payments due to SpKef) will be one of the bigger bills footed directly by the state as costs for securing the deposits of all inhabitants of Suðurnes … and all SpKef's clients in the West Fjords and the West and North-West area ... [Seither stützten sich sämtliche Maßnahmen darauf (d. h. die Erklärung) und leider trifft zu, dass dies (d. h. die durch die SpKef verursachten Zahlungen) zu den eher großen Rechnungen gehören wird, die der Staat unmittelbar als Kosten für die Sicherung der Einlagen sämtlicher Einwohner Suðurnes … sowie aller SpKef-Kunden in den Westfjords und in den westlichen und nordwestlichen Landesteilen wird schultern müssen …] I do not expect that anyone has thought that deposit holders in those areas would be treated differently from other inhabitants, so the state did not have much of a choice in this matter“. [Ich gehe nicht davon aus, dass es irgendjemandem in den Sinn gekommen ist, dass Einlagenbesitzer in diesen Landesteilen anders als andere Einwohner behandelt würden. Daher hatte der Staat in dieser Angelegenheit kaum eine andere Wahl] (47).

(85)

Nach Aussage der isländischen Regierung wird die zusätzliche Einlagensicherung noch vor der vollständigen Beseitigung der Kapitalkontrollen aufgehoben werden. Laut Auskunft der isländischen Regierung ist dies zurzeit für Ende 2013 vorgesehen.

3.4.4.   Besondere Liquiditätsfazilität

(86)

Als Bedingung für die Übernahme von Eigenkapital der neuen Bank durch die Gläubiger schloss die isländische Regierung außerdem am 11. September 2009 eine weitere Vereinbarung mit der Íslandsbanki, die in dem Fall in Kraft treten sollte, dass sich der Auflösungsausschuss der Glitnir für die Ausübung seiner Option, Mehrheitseigener der Bank zu werden, entschied (48). In dieser Vereinbarung verpflichtet sich das Finanzministerium, im Austausch gegen besonders festgelegte Vermögenswerte zu den in der Vereinbarung aufgeführten allgemeinen Geschäftsbedingungen repofähige Staatsanleihen bis in Höhe eines Wertes von 25 Mrd. ISK auszuleihen.

(87)

Die wichtigsten Bestimmungen der Vereinbarung über die Bereitstellung liquider Mittel lauten:

Höchstbetrag des Kredits:

25 Mrd. ISK

Laufzeit:

bis September 2012

Vergütung.

3,0 % auf die ersten 8 Mrd. ISK; 3,5 % auf die nächsten 8 Mrd. ISK und 4,0 % für Beträge über 16 Mrd. ISK.

Gebühr:

Íslandsbanki hat jedes Mal, wenn neue Sicherheiten gestellt werden, 0,5 % des Kreditbetrags zu zahlen.

Gegenbürgschaft

Die Íslandsbanki muss für die Ausleihung von Schatzanweisungen eine Gegenbürgschaft stellen, die aus finanziellen Vermögenswerten verschiedener Formen bestehen kann.

(88)

Nach Aussage der isländischen Behörden ist diese Liquiditätsfazilität notwendig, weil die Entscheidung der Gläubiger zur Übernahme des Eigentums an der Íslandsbanki den Bestand der Bank an repofähigen Vermögenswerten erheblich verminderte und ihre Fähigkeit bedrohte, die aufsichtsbehördlichen Anforderungen hinsichtlich der Liquiditätsreserven einhalten zu können (49). Laut Auskunft der isländischen Behörden soll die Fazilität eine Zusatzmaßnahme sein, die nur genutzt werden darf, wenn andere Liquiditätsquellen nicht ausreichen. Die Preisgestaltung und die Geschäftsbedingungen der Fazilität enthalten abschreckende Elemente, die von einer Nutzung abhalten sollen, wenn andere Optionen zur Verfügung stehen. Bisher ist die Fazilität noch nie in Anspruch genommen worden.

3.4.5.   Vereinbarung über die Ausleihung von Straumur-Wertpapieren

(89)

Am 9. März 2009 übernahm die FME die Vollmachten der Aktionäre der Straumur–Burdaras Investment Bank hf („Straumur“) und bestellte einen Auflösungsausschuss, der an die Stelle des Bankvorstands trat (50). Hierbei handelte die FME im Rahmen der Ermächtigung, die ihr durch das Notstandsgesetz verliehen worden war. Nach Konsultationen mit dem Auflösungsausschuss, den Gläubigern, der CBI und dem Finanzministerium übertrug die FME am 17. März 2009 die Einlagenhaftungen der Straumur an die Íslandsbanki (51). Als Gegenleistung für die Übernahme der Einlagenverpflichtungen gab Straumur eine mit ihren Vermögenswerten besicherte Schuldverschreibung heraus. Die Schuldverschreibung wurde am 3. April 2009 über einen Betrag von 43 679 014 232 ISK und für eine Laufzeit bis zum 31. März 2013 herausgegeben. Die Schuldverschreibung erbringt in den ersten zwölf Monaten Zinsen in Höhe des REIBOR (52) plus 190 Basispunkte, bevor die Zinsen dann bis zur Fälligkeit auf den REIBOR plus 100 Basispunkte verringert werden. Gleichzeitig schlossen die Íslandsbanki und das Finanzministerium eine Vereinbarung über eine Wertpapierleihe, in der die Regierung repofähige Schatzanweisungen effektiv als Sicherheit für den Anspruch gegen Straumur verpfändet. Im Gegenzug kann sich die Íslandsbanki bei der CBI in dem Umfang liquide Mittel beschaffen, in dem infolge der Übernahme der Haftung für die Straumur-Einlagen durch die Íslandsbanki liquide Mittel benötigt werden.

(90)

Im Rahmen der Vereinbarung ist die Íslandsbanki verpflichtet, dem Staat Staatsanleihen in Höhe des Betrages zurückzugeben, der den Zahlungen entspricht, die die Bank im Rahmen der von Straumur herausgegebenen Schuldverschreibung empfängt. Die Vertragspartner vereinbarten außerdem, dass die Íslandsbanki in dem Fall, dass sie keine vollständige Zahlung aus der Schuldverschreibung erhält und der Staat die Restschuld nicht begleicht, die offenen Staatsanleihen zurückbehält. Unterm Strich übernahm die Íslandsbanki also die Einlagenverbindlichkeiten der Straumur gegen staatlich besicherte Vermögenswerte in gleicher Höhe.

(91)

Wie bereits gesagt, war die Schuldverschreibung der Straumur am 31. März 2013 fällig. Die Schuldverschreibung ist inzwischen jedoch vollständig abgelöst worden, ohne dass der isländische Staat eingreifen musste.

3.4.6.   Kapitalisierung und Erwerb der Byr und die der Byr gewährte, nachrangige Kreditfazilität

(92)

Wie im Einzelnen in der Entscheidung Nr. 126/11/KOL vom 13. April 2011 („Byr-Entscheidung“) aufgeführt wird, gewährte die isländische Regierung in Form von Kapital und einer nachrangigen Kreditfazilität staatliche Beihilfen zur Errichtung der Byr, die das operative Geschäft ihrer Vorgängerin, der Byr Savings Bank („Old Byr“) fortführte. Im Rahmen dieses Vorgangs wurden die Gläubiger der Old Byr sowie der isländische Staat, der das Kapital zur Errichtung der neuen Gesellschaft bereitgestellt hatte, Aktionäre der (neuen) Byr.

(93)

Bei der Annahme der Byr-Entscheidung am 13. April 2011 lagen die Jahresrechnungen für das Jahr 2010 noch nicht vor. Zu diesem Zeitpunkt war das Management der Byr jedoch davon überzeugt, dass die von der Überwachungsbehörde im Rahmen der Byr-Entscheidung vorläufig genehmigten Rettungsmaßnahmen ausreichen würden, um den Betrieb der Bank zumindest so lange sicherzustellen, bis der Überwachungsbehörde ein Umstrukturierungsplan zur Schaffung langfristiger Rentabilität vorgelegt werden könnte. Im Zuge der Prüfung der Bücher der Bank für die erste Jahreshälfte 2011 stellte sich jedoch heraus, dass weitere Abschreibungen auf Vermögenswerte der Byr notwendig waren. Dadurch verminderte sich der Eigenkapitalkoeffizient der Bank.

(94)

Wie in der Entscheidung Nr. 325/11/KOL vom 19. Oktober 2011 („zweite Byr-Entscheidung“) im Einzelnen aufgeführt wird, ließ sich für den daraus entstehenden Kapitalmangel keine Abhilfe schaffen und die Byr wurde zum Verkauf angeboten. Der anschließende Erwerb durch die Íslandsbanki und insbesondere die potenzielle Nutzung staatlicher Beihilfe zu diesem Zweck wurden von der Überwachungsbehörde in der zweiten Byr-Entscheidung genehmigt, ließen aber das förmliche Prüfverfahren der Überwachungsbehörde, in dem ermittelt wurde, ob die Beihilfe für die Íslandsbanki im Einklang mit dem EWR-Abkommen stand, unberührt. Diese Frage ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung.

(95)

Die Überwachungsbehörde war darüber hinaus der Auffassung, dass das Weiterbestehen der nachrangigen Kreditfazilität für den gesamten Übergangszeitraum bis der formelle Zusammenschluss zwischen Byr und Íslandsbanki stattfinden konnte, d. h. so lange die Byr nach nationalem Recht eine rechtlich selbständige Gesellschaft war, mit dem EWR-Abkommens vereinbar ist. Nach Aussage der isländischen Behörden haben weder die Byr noch die Íslandsbanki die nachrangige Kreditfazilität jemals in Anspruch genommen.

(96)

Die Überwachungsbehörde wies darauf hin, dass das Ergebnis der endgültigen Bewertung dieser Maßnahmen von den Angaben abhinge, die im Umstrukturierungsplan für das aus der Fusion zwischen Íslandsbanki und Byr entstandene Unternehmen enthalten sind. Die isländische Regierung hatte zugesagt, diesen Plan spätestens drei Monate nach der Durchführung der vorgesehenen Transaktion vorzulegen. Wie vorstehend beschrieben, wurde ein Umstrukturierungsplan für das verschmolzene Unternehmen fristgerecht vorgelegt. Die Überwachungsbehörde wird diesen Plan in den folgenden Abschnitten beurteilen.

Der Umstrukturierungsplan

(97)

Die isländischen Behörden übermittelten am 31. März 2011 einen Umstrukturierungsplan für die Íslandsbanki. Nach dem Erwerb der Byr wurde der Plan geändert und aktualisiert und von den isländischen Behörden am 22. Februar 2012 erneut vorgelegt (nachfolgend der „Umstrukturierungsplan“). Der Umstrukturierungsplan wurde durch einen Fünfjahreswirtschaftsplan mit Datum vom 14. Januar 2012 (53) und einen Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung ergänzt (am 1. April 2012 bei der FME eingereicht).

(98)

Der Umstrukturierungsplan und der Fünfjahreswirtschaftsplan befassen sich mit den grundlegenden Fragen der Rentabilität, der Lastenverteilung und der Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen. Ausweislich des Umstrukturierungsplans wird sich die Íslandsbanki auf ihr Kerngeschäft und die Umstrukturierung der Haushalts- und Unternehmenskreditportfolios konzentrieren.

(99)

Zum Nachweis der Belastbarkeit der Íslandsbanki in Krisensituationen übermittelten die isländischen Behörden außerdem einen Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung für das Jahr 2012.

(100)

Wie bereits gesagt, geht die Überwachungsbehörde davon aus, dass der Umstrukturierungszeitraum bis zum 15. Oktober 2014 dauern wird.

3.4.7.   Beschreibung des Umstrukturierungsplans

(101)

Die isländischen Behörden und die Bank sind der Auffassung, dass mit der Umstrukturierung sichergestellt wird, dass die Íslandsbanki wieder zu einer stabilen, solide finanzierten Bank mit einem gesunden Eigenkapitalkoeffizienten werden wird, die ihre Funktion als Kreditgeber für die Realwirtschaft auch weiterhin erfüllen kann. Sie führen an, dass dies mit folgenden Maßnahmen zu erreichen sein wird:

i)

Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz mittels Abwicklung der alten Bank und Errichtung einer neuen Bank

ii)

Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Position beim Eigenkapitalkoeffizienten

iii)

Erzielung einer zufriedenstellenden Ertragskraft

iv)

Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Liquiditätsposition

v)

Umstrukturierung des Kreditportfolios sowohl für Privathaushalte als auch für Geschäftsbetriebe

vi)

Verbesserung der Refinanzierungsstrategie

vii)

Erzielung von Kosteneffizienz

viii)

Verbesserung der Unternehmensleitung und -kontrolle

(102)

Vor einer genaueren Erläuterung der oben aufgeführten Punkte folgt an dieser Stelle eine kurze Darstellung, wie nach Ansicht der Bank den Schwachstellen, die zum Untergang der Glitnir beitrugen, im Umstrukturierungsplan für die Íslandsbanki begegnet wird. Unterstrichen wird, dass die Íslandsbanki zwar auf dem Inlandsgeschäft der Glitnir basiert, dass sie aber eine völlig andere Bank ist. Es wird auch vorgetragen, dass zur Behebung der Schwachstellen, die vermutlich zum Zusammenbruch der Vorgängerin beitrugen, wesentliche Veränderungen stattgefunden haben. Veränderungen bei den Vorschriften für Kreditvergaben an nahe stehende Unternehmen und Personen, die Abschaffung von mit Aktien besicherten Krediten sowie von FX- oder Fremdwährungskrediten (54) an Kunden ohne Deviseneinnahmen sowie eine auch in anderer Beziehung strengere Disziplin bei der Genehmigung von Krediten zählen zu den wichtigsten Änderungen Die Íslandsbanki beabsichtigt zwar genau wie die Glitnir, auf dem isländischen Markt eine breite Palette an Finanzdienstleistungen anzubieten, aber für die Íslandsbanki ist der Unterschied zwischen dem Bankgeschäft vor und nach der Krise eher daran zu erkennen, „wie“ die Bank ihre Geschäfte führt (Prozesse, Verfahren, Dokumentation, Vorschriften und Regulierung) und nicht daran, „was“ für eine Bandbreite an Dienstleistungen und Produkten sie anbietet. Die Ansichten der Íslandsbanki hierzu wurden wie folgt im Diagramm 2 zusammengefasst:

Diagramm 2

Frühere Schwachstellen und die zu ihrer Beseitigung eingeführten Veränderungen

Image

(103)

Der Umstrukturierungsplan und der Fünfjahreswirtschaftsplan stützen sich auf eine Reihe allgemeiner sowie wirtschaftlicher Annahmen (55). Sie bilden das wirtschaftliche Fundament des Basisszenarios, auf das nachfolgend Bezug genommen wird.

(104)

Zu den allgemeinen Annahmen gehört Folgendes:

Die Umstrukturierung wird im Firmenkundengeschäft zum Jahresende […] und im Privatkundengeschäft bis zum Jahresende […] abgeschlossen sein. Die Zinsanpassung bei Hypotheken wird zum Jahresende […] abgeschlossen sein. Die nachfolgend noch genauer beschriebene Abschreibung des Diskonts auf das von der Glitnir erworbene Portfolio wird entsprechend verteilt werden;

Die Bank wird […] Mrd. ISK zusätzliche Gewinne auf […] erzielen;

Die Kapitalkontrollen werden stufenweise aufgehoben;

Es bestehen keine Grenzen für kreditbasierte Finanzierungen in ISK. Es wird nicht davon ausgegangen, dass kreditbasierte Finanzierungen in Fremdwährungen die Rückzahlungen der 2012 aktuell offenen Fremdwährungskredite übersteigen werden. Auch wird angenommen, dass ab 2012 Finanzierungen in Fremdwährungen leichter zugänglich werden.

(105)

Der Vorstand der Íslandsbanki hat darüber hinaus eine Reihe von Finanzzielen vorgelegt:

Eigenkapitalrendite: risikoloser Zinssatz + [… %]. Als risikoloser Zinssatz gilt der Kontokorrentsatz der Zentralbank (3,75 % im Dezember 2011). Für das Finanzziel wird ein Kernkapitalkoeffizienten von [… %] angenommen.

Eigenkapitalkoeffizient: [… %] […]

Kernkapitalkoeffizient: [… %] […]

(106)

Die gesamtwirtschaftlichen Annahmen beinhalten unter anderem Folgendes:

Das Wirtschaftswachstum wird sich 2012 und in den Folgejahren fortsetzen, wenn auch langsamer als zuvor erwartet. Die Haushalte werden wirtschaftlich besser dastehen, weil die Kaufkraft mit abnehmender Arbeitslosigkeit zunimmt.

Die Inflationsrate wird ab 2013 den Zielwert der CBI leicht überschreiten und knapp unter 3 % liegen. Diesen Annahmen liegen ein stabiler Wechselkurs der ISK (mit einer nicht allzu starken Festigung zu Beginn des Zeitraums), ein ausgewogener Arbeitsmarkt mit moderaten Lohnerhöhungen und ein allmählicher Anstieg der Immobilienpreise zugrunde.

Veränderungen von einem Jahr zum anderen (%)

2012

2013

2014

2015

2016

Wachstum des BIP

2,2

2,1

3,4

2,3

3,0

Arbeitslosigkeit

6,6

6,0

5,4

5,0

4,4

Inflation

4,4

2,9

2,8

2,7

2,6

Löhne

6,7

4,7

4,8

5,0

4,8

Die kurzfristigen Zinsen werden 2012 unverändert auf etwa 5 % (56) verharren, aber mit der wirtschaftlichen Erholung allmählich ansteigen.

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird sich zwar entspannen, aber die Arbeitslosigkeit wird nach wie vor etwas höher sein als vor der Finanzkrise. Mit der fallenden Arbeitslosenquote wird das Lohnwachstum Schwung gewinnen.

Und schließlich geht man davon aus, dass die ISK während des gesamten Umstrukturierungszeitraums Islands Währung sein wird. Die Währungskontrollen werden ab 2012 schrittweise aufgehoben werden. Einige Einschränkungen der Kapitalströme werden während des gesamten Jahrzehnts bestehen bleiben.

i)   Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz mittels Abwicklung der alten Bank und Errichtung einer neuen Bank

(107)

Wie bereits erwähnt, wurde der größte Teil der inländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Glitnir im Oktober 2008 an die Íslandsbanki übertragen. Infolge dieses Vorgangs verblieben die meisten Großkundenkredite in der Masse der Glitnir und die Íslandsbanki war folglich nie so stark auf Fremdkapital angewiesen wie die Glitnir. Laut Umstrukturierungsplan bedeutet dies, dass die Frage der Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz der Bank im Wesentlichen bereits im Oktober 2008 gelöst worden war.

ii)   Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Position beim Eigenkapitalkoeffizienten

(108)

Infolge der oben beschriebenen Kapitalisierungsmaßnahmen und der seit der Gründung der Bank eingetretenen Entwicklungen, unter denen besonders die nachfolgend näher erläuterte Neubewertung der Vermögenswerte zu nennen ist, verfügte die Íslandsbanki über Eigenkapitalkoeffizienten, die, wie der nachfolgenden Tabelle 2 zu entnehmen ist, die Kapitalanforderungen der FME deutlich übertrafen.

Tabelle 2

Eigenkapitalkoeffizienten von 2008 bis 2011, Beträge in Mio. ISK

 

31.12.2008

31.12.2009

31.12.2010

31.12.2011 (57)

Kernkapital

68 030

91 996

120 993

120 530

Ergänzungskapital

24 843

21 251

21 937

Kapital insgesamt

68 030

116 839

142 244

142 234

Risikogewichtete Aktiva (RWA)

656 713

589 819

534 431

629 419

Kernkapitalkoeffizient

10,4 %

15,6 %

22,6 %

19,1 %

Eigenkapitalkoeffizient

10,4 %

19,8 %

26,6 %

22,6

(109)

Ausweislich des zusammen mit dem Umstrukturierungsplan übermittelten Berichts über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung prognostiziert die Íslandsbanki für den Zeitraum von 2012 bis 2016 die nachstehend in Tabelle 3 angegebenen Eigenkapitalkoeffizienten:

Tabelle 3

Prognostizierte Eigenkapitalkoeffizienten von 2012 bis 2016 und RWA-Beträge in Mrd. ISK

 

2012

2013

2014

2015

2016

Risikogewichtete Aktiva (RWA)

(…)

(…)

(…)

(…)

(…)

Kernkapitalkoeffizient

[20-25 %]

[15-20 %]

[10-20 %]

[10-15 %]

[10-15 %]

Eigenkapitalkoeffizient

[20-30 %]

[15-25 %]

[15-20 %]

[10-20 %]

[10-15 %]

(110)

Ausweislich dieser Zahlen geht die Íslandsbanki davon aus, dass sie während des Umstrukturierungszeitraums und darüber hinaus die Kapitalanforderungen der FME deutlich übertreffen wird. […]

iii)   Erzielung einer zufriedenstellenden Ertragskraft

(111)

Laut Umstrukturierungsplan zeichnete sich die Íslandsbanki seit der Errichtung der Bank im Jahr 2008 (mit Ausnahme des Jahres 2011) durch eine solide Eigenkapitalrendite aus. Dies wird auch in der folgenden Tabelle 4 (58) dargestellt.

Tabelle 4

Frühere Eigenkapitalrenditen

(in %)

 

2008

2009

2010

2011

Eigenkapitalrendite

17,2

30,0

28,5

1,5

Im Umstrukturierungsplan werden darüber hinaus für die Dauer der Umstrukturierung und danach folgende Kapitalrenditen vorausgesagt (Tabelle 5).

Tabelle 5

Prognose zur Eigenkapitalrendite

(in %)

 

2012

2013

2014

2015

2016

Eigenkapitalrendite

[5-15]

[10-20]

[5-15]

[5-15]

[5-15]

(112)

Diese Prognose ergibt sich aus der detaillierten Finanzplanung im Umstrukturierungsplan. Die wichtigsten Aspekte dieser Planung sind:

Der Gewinn aus den wichtigsten Geschäftsfeldern wird voraussichtlich […] betragen. Dies ist vor allem auf einen Anstieg der Refinanzierungskosten und das Fehlen des „Diskontertrags“ ab 2014 zurückzuführen.

Der Gewinn im Geschäftsfeld „Märkte“ wird laut Prognose bis 2016 von […] auf […] steigen, wobei dies überwiegend auf höhere Einnahmen aus Gebühren und Provisionen zurückzuführen sein wird.

Die Nettozinsmarge wird 2014 laut Erwartung […] und dann wahrscheinlich stabil bleiben.

Beim Personalbestand wird von einem Rückgang um […] ausgegangen.

Beim Aufwand-Ertrag-Verhältnis wird ein Rückgang von 75 % 2011auf [… %] im Jahr 2014 erwartet.

(113)

Laut Aussage der isländischen Behörden ist die äußerst solide Leistung, die die Íslandsbanki seit ihrer Gründung erbrachte, zu einem gewissem Grad auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Bank das Kreditportfolio von der Glitnir mit einem starken Diskont erworben hatte (59). Dieser Diskont war während der Umstrukturierung des Kreditportfolios ein wichtiger Bestandteil der Einnahmen der Bank und wird dies auch weiterhin bleiben. Laut der Prognose wird der Diskont jedoch bei Abschluss der Umstrukturierung vollständig abgeschrieben sein.

(114)

Als Beleg für ihre Sichtweise übermittelten die isländischen Behörden eine Berechnung (Tabelle 6), in der aufgezeigt wird, wie die Jahresergebnisse ohne Diskont und andere „nicht regelmäßig erscheinende Posten“ wie die Abschreibung auf den Geschäfts- und Firmenwert aufgrund der Byr-Transaktion ausgesehen hätte.

Tabelle 6

Gewinne ohne „nicht regelmäßig erscheinende Posten“

(in Mio. ISK)

 

Jahresgewinn

„nicht regelmäßig erscheinende Posten“

Gewinn ohne „nicht regelmäßig erscheinende Posten“

2008

2 366

– 1 543

14 909

2009

23 982

801

23 181

2010

29 369

14 507

14 862

2011

9 613

– 11 074

20 687

2012

(…)

(…)

(…)

2013

(…)

(…)

(…)

2014

(…)

(…)

2015

(…)

(…)

2016

(…)

(…)

(115)

Legt man diese Daten zugrunde, hätte die Bank während des Umstrukturierungszeitraums auch ohne den Diskont Gewinne erzielt (60). Es ist jedoch nicht klar, ob diese Zahlen beide Aspekte des oben erwähnten, „starken Diskonts“ widerspiegeln.

iv)   Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Liquiditätsposition

(116)

Hinsichtlich der Liquidität schreibt die FME vor, dass die Barmittel oder Barmitteln gleichgestellten Mittel sich auf mindestens 5 % der Sichteinlagen belaufen müssen und dass die Banken einem sofortigen Abfluss von 20 % der Einlagen standhalten können müssen. Außerdem erlässt die Zentralbank von Island (CBI) bezüglich der Liquidität von Kreditinstituten (61) Vorschriften, nach denen die liquiden Mittel und die Verbindlichkeiten der Kreditinstitute nach Typ und Fälligkeit eingestuft und je nach Risiko unterschiedlich gewichtet werden. Kreditinstitute müssen über liquide Mittel verfügen, die die Verbindlichkeiten der nächsten drei Monate übersteigen. Diese Vorschriften beinhalten auch einen Stresstest, bei dem auf verschiedene Eigenkapitalposten ein Diskont angewendet aber einerseits angenommen wird, dass sämtliche Verpflichtungen bei Fälligkeit einzulösen sind. Auf der anderen Seite wird angenommen, dass ein Anteil anderer Verpflichtungen, wie beispielsweise Einlagen, kurzfristig oder fristlos ausgezahlt werden muss.

(117)

Wie aus Abbildung A und B hervorgeht, erhielt die Íslandsbanki in den Jahren 2009, 2010 und 2011 Liquiditätsreserven aufrecht, die den aufsichtsbehördlichen Anforderungen entsprachen.

Abbildung A und B

Konformität der Íslandsbanki mit den aufsichtsbehördlichen Liquiditätsanforderungen

Image

(118)

Wie aus Abbildung C hervorgeht, wies die Íslandsbanki 2010 und 2011 für innerhalb der nächsten 3 bzw. 6 Monate fällig werdende Verbindlichkeiten steigende Liquiditätsquoten auf, während der 12-Monatsindikator einen eher stagnierenden Verlauf zeigt.

(…)

[Diagramm mit den Liquiditätsquoten der Íslandsbanki

Aufgrund des Berufsgeheimnisses werden die Werte nicht offengelegt.]

Abbildung C

Historische Liquiditätsquoten

Die Liquiditätsquote A zeigt die Deckung der innerhalb der nächsten drei Monate fällig werdenden Verbindlichkeiten.

Die Liquiditätsquote B zeigt die Deckung der innerhalb der nächsten sechs Monate fällig werdenden Verbindlichkeiten.

Die Liquiditätsquote C zeigt die Deckung der innerhalb der nächsten zwölf Monate fällig werdenden Verbindlichkeiten.

(119)

Die erwartete Entwicklung der Liquiditätsposition der Íslandsbanki, insbesondere in einer Krisensituation, wird im weiteren Verlauf noch näher erläutert.

v)   Abschluss der Umstrukturierung des Kreditportfolios sowohl für Privathaushalte als auch für Geschäftsbetriebe

(120)

Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 nahmen sowohl die privaten als auch die gewerblichen Kunden der Bank in hohem Umfang Kredite auf. Als die Konjunktur und insbesondere die Immobilienpreise im Sog der Krise einbrachen, konnten die plötzlich überschuldeten Kunden häufig ihrer Kredite nicht mehr bedienen und hielten nun negatives Eigenkapital. Abgesehen von der allgemeinen Bedrohung für das wirtschaftliche Wohlergehen Islands wurde die plötzliche Wertminderung im Kreditportfolio der Bank zu einem erheblichen Risiko für die zukünftige Rentabilität der Bank. Aus diesem Grund steht die im Umstrukturierungsplan dargestellte Umstrukturierung der Kreditportfolios für private und gewerbliche Kunde für die Íslandsbanki nun an vorrangiger Stelle.

(121)

Nach Aussage der isländischen Behörden entwickelte die Íslandsbanki besondere Schuldenerlassprogramme und arbeitete mit dem Staat und anderen Banken an allgemeinen Schuldenerlassmaßnahmen zusammen (beispielsweise einer Hypothekenanpassung auf 110 %) (62).

(122)

Die Íslandsbanki übermittelte der Überwachungsbehörde auf der Grundlage von im November 2010 zusammengestellten Informationen eine Kurzdarstellung der von ihr angewendeten Umstrukturierungsmethoden. In diesen Methoden wird zwischen der Kreditumstrukturierung für Unternehmen, für Privathaushalte und für Einzelpersonen unterschieden. Für größere Unternehmen werden maßgeschneiderte Lösungskonzepte entworfen, während KMU eine Anpassung der Hauptforderung bzw. eine Anpassung der noch nicht bezahlten Schulden und Zinsen auf den Wert der im Unternehmen vorhandenen Vermögenswerte oder den freien Cashflow angeboten wird.

(123)

Privathaushalten und Einzelpersonen werden verschiedene Umstrukturierungsoptionen angeboten. Hierzu zählen Zahlpausen, die Verlängerung der Laufzeiten und flexible Zahlpläne.

(124)

Zur Überwachung der Umstrukturierung und zur Sicherstellung ihres Fortschreitens entwickelte die Íslandsbanki außerdem ein sogenanntes „Umstrukturierungs-Dashboard“, das der Überwachungsbehörde übermittelt wurde.

(125)

Nach Auskunft der isländischen Behörden wird die Íslandsbanki trotz unerwarteter Ereignisse wie der kürzlich vom Obersten Gerichtshof getroffene Entscheidung über Fremdwährungskredite die Umstrukturierung ihres Unternehmenskreditportfolios zum Ende des Jahres 2012 abschließen. 2013 folgt dann die Umstrukturierung im Privatkundengeschäft. Laut Prognose wird die Anpassung der Hypothekenzinsen zum Jahresende 2014 abgeschlossen sein.

vi)   Verbesserung der Refinanzierungsstrategie

(126)

Seit ihrer Gründung blieb die Einlagenbasis der Íslandsbanki recht stabil bei 400 Mrd. ISK und stieg dann am Ende des Jahres 2011 aufgrund des Zusammenschlusses zwischen Íslandsbanki und Byr auf 535 Mrd. ISK. Die Einlagen betragen zurzeit fast 80 % aller Verbindlichkeiten.

(127)

Das Verhältnis zwischen Einlagen und Krediten erreichte in den Jahren 2010 und 2011 etwa 80 % und mehr. Die Íslandsbanki nimmt an, dass die jetzigen niedrigen Zinssätze auf Einlagen Anleger ermutigen werden, ihre Gelder in Anlagen mit höheren Erträgen zu verlagern, sobald sich die Konjunktur erholt und die Risikobereitschaft steigt. Die Bank nimmt an, dass das Verhältnis zwischen Einlagen und Krediten infolgedessen bis 2016 auf etwa [… %] fallen könnte. Darüber hinaus erwartet sie ein […] der Fremdwährungseinlagen. Die Íslandsbanki strebt eine schrittweise Diversifizierung ihres Refinanzierungsmixes an.

(128)

[…] (63).

(129)

Was den Refinanzierungsbedarf in ISK betrifft, […]. Andererseits war die Íslandsbanki die erste isländische Bank, die eine gedeckte Schuldverschreibung herausgab. Die erste Emission fand im Dezember 2011 statt, es handelte sich um eine an den VPI (64)gebundene Emission über 4 Mrd. ISK. Die Emission fand bei institutionellen Anlegern starken Anklang und wurde überzeichnet. Die Íslandsbanki erwartet, 2012 ein kurzfristiges Wertpapier herausgeben zu können und auch die aktuelle Emission gedeckter Schuldverschreibungen in Schritten von 10 Mrd. ISK pro Jahr ausweiten zu können. […].

(130)

Ausweislich des Umstrukturierungsplans wird die Änderung im Refinanzierungsmix zu einer Erhöhung der Refinanzierungskosten im Planungszeitraum führen. Die Kosten der Geldaufnahme werden vermutlich für den Mix der Bank aus Schuldverschreibung mit VPI-Bindung etwa […] Basispunkte und bei Schuldverschreibungen ohne Indexbindung […] Basispunkte über dem Basissatz liegen, während die Kosten der Einlagen den Basissatz um etwa […] Basispunkte übersteigen werden.

vii)   Kosteneffizienz

(131)

Aus dem Umstrukturierungsplan geht hervor, dass die Íslandsbanki ihr Hauptaugenmerk auch weiterhin auf effiziente, verschlankte Betriebsabläufe richtet, um die gestiegenen Infrastrukturkosten aufzufangen. Zu diesem Anstieg kam es aufgrund strengerer aufsichtsbehördlicher Kontrollen und der höheren Besteuerung. Die Bank trägt vor, dass 2011 umfangreiche Arbeiten zur Erhöhung der Kosteneffizienz abgeschlossen worden seien. Sie betont aber, dass es sich hier um ein langfristiges Projekt handele, das Veränderungen bei den Arbeitsabläufen und ständige Überprüfungen erfordere. Aus dem Umstrukturierungsplan geht hervor, dass auch 2012 das Kostenbewusstsein im Mittelpunkt stehen wird. Dasselbe gilt für Kostensenkungen und die Kostenanalyse, in deren Verlauf man die internen Verfahren der Bank überprüfen und bei Bedarf verbessern wird. Wie bereits angegeben, erwartet man von diesen Maßnahmen sowie einer Verringerung des Personalbestandes einen Rückgang des Aufwand-Ertrag-Verhältnisses von 75 % im Jahr 2011 auf [… %] 2014.

viii)   Verbesserungen in der Unternehmensleitung und -kontrolle und dem Risikomanagement

(132)

Die Íslandsbanki teilte der Überwachungsbehörde mit, dass die Anpassung ihrer Strukturen in der Unternehmensleitung und -kontrolle sowie ihrer Arbeitsabläufe an Verfahrensweisen, die auf nationaler und internationaler Ebene als optimal empfohlen werden, zu ihren Prioritäten gehöre. In diesem Zusammenhang richtete die Íslandsbanki eine Abteilung für Risikomanagement und Kreditkontrolle ein. Diese Abteilung ist für Fragen des Risikomanagements und der Kreditkontrolle zuständig und verrichtet somit Arbeiten, die mit den alltäglichen Vorgängen in jeder einzelnen Abteilung in der gesamten Bank verbunden sind. 2011 veröffentliche die Íslandsbanki erstmals zusammen mit ihrem Jahresbericht ein umfassendes Risikobuch (65). Das in Zukunft jährlich veröffentlichte Risikobuch bietet zusätzliche Informationen über den Regelungsrahmen der Bank beim Risikomanagement, die Struktur und Angemessenheit ihrer Eigenkapitalausstattung, wesentliche Risikobelastungen sowie die Risikobewertungsabläufe.

3.4.8.   Fähigkeit, in einem Basis- und in einem Stressszenario Rentabilität zu erzielen

(133)

Mit dem Umstrukturierungsplan übermittelten die isländischen Behörden unter Bezugnahme auf den Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung auch ein Krisenszenario für die Íslandsbanki, anhand dessen die Fähigkeit der Íslandsbanki, langfristig rentabel zu arbeiten, nachgewiesen werden soll.

3.4.8.1.   Das Basisszenario

(134)

Der oben erläuterte Umstrukturierungsplan sowie die Annahmen, auf denen er beruht, bilden das Basisszenario.

3.4.8.2.   Das Krisenszenario

(135)

In Kapitel 5.9.3 des Umstrukturierungsplans nimmt die Íslandsbanki auf ein Krisenszenario Bezug, das in dem Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung dargestellt wird. Dieser Bericht wurde der isländischen Finanzbehörde am 1. April 2012 vorgelegt.

(136)

Die wichtigsten Feststellungen des Berichts über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung aus dem Jahr 2012 lauten, dass die Kapitalisierung der Íslandsbanki deutlich über den internen und externen Mindestkapitalanforderungen liegt und auch den Wert übersteigt, der als langfristiges Ziel einer unter „normalen“ Geschäftsbedingungen arbeitenden Bank angesehen werden kann. Ausweislich des Berichts lassen der intern festgestellte Mindestkapitalbedarf und die Ergebnisse des im Rahmen der aktuellen Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung durchgeführten Stresstests darauf schließen, dass die im Fünfjahreswirtschaftsplan vorgesehenen Dividendenzahlungen angemessen sind.

(137)

Laut des Berichts über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung sollte den Entscheidungen über die in jedem einzelnen Jahr zu leistenden Dividendenzahlungen eine aktuelle Analyse der angemessenen Eigenkapitalausstattung zugrunde liegen. Zudem ist die Liquiditätsposition der Bank zu berücksichtigen.

(138)

Wie aus dem Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung hervorgeht, liegt der Mindesteigenkapitalkoeffizient für die Bank in einem Bereich von [… %] — [… %] der risikogewichteten Aktiva. Zum Jahresende 2012 wird der Mindestbetrag an benötigtem Kapital auf […] Mrd. ISK geschätzt. […] Mrd. ISK davon werden aufgrund von unter der Säule 1 nicht abgedeckter oder zu niedrig veranschlagter Risikofaktoren im Rahmen der Säule 2a benötigt. In Wirklichkeit betrug der Eigenkapitalkoeffizient der Bank Ende 2011 jedoch 22,6 %. Aus Stresstests geht hervor, dass ein Teil des Überschusskapitals zur Bewältigung möglicher unerwünschter Ereignisse im operativen Geschäft der Bank benötigt wird. Eine stufenweise Auszahlung von Überschusskapital in Form von Dividenden ist jedoch angemessen. Das zur Bewältigung von Krisenereignissen benötigte Kapital beträgt zu Beginn des Jahres 2012 schätzungsweise […] Mrd. ISK während das Überschusskapital Ende 2012 […] Mrd. ISK betragen wird. Einzelheiten werden in Tabelle 7 dargestellt.

Tabelle 7

Zusammenfassung des Berichts über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung

(in Mrd. ISK)

 

Säule 1 (66)

Säule 2a (67)

Säule 2b

Erforderliches Eigenkapital

 

Mindestkapitalbedarf

Aufschlag

Stresstest

Alle Stufen zusammengefasst

Kreditrisiko

(…)

(…)

 

(…)

Marktrisiko

(…)

(…)

 

(…)

Betriebsrisiko

(…)

 

 

(…)

Konzentrationsrisiko

 

(…)

 

(…)

Mindestkapitalbedarf nach Säule (1 und 2a)

(…)

(…)

 

(…)

Stresstest

 

 

(…)

(…)

Erforderliches Eigenkapital

(…)

(…)

(…)

(…)

Eigenkapital ab (Jahresende 2012)

 

 

 

(…)

Kapitalüberschuss

 

 

 

(…)

(139)

In ihrem Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung unterzog die Íslandsbanki die kumulierten potenziellen Verluste einer Prüfung. Verluste können aufgrund des Kreditrisikos, des Marktrisikos (im Handelsbuch und im Bankbestand), des Betriebsrisikos, des Geschäftsrisikos (Auswirkungen gestiegener Refinanzierungskosten und weniger stark gesunkener Betriebskosten sowie Auswirkungen von [... %] weniger Wachstum bei den Markterträgen) sowie aufgrund rechtlicher und politischer Risiken (als Beispiel seien die Auswirkungen der kürzlich vom Obersten Gerichtshof getroffenen Entscheidung über Fremdwährungskredite, und das Ausbleiben zusätzlicher Erlöse für das Unternehmensportfolio (Meeresfrüchte) genannt) sowie durch andere Risikofaktoren auf den Gebieten des Rechts und der Politik entstehen.

(140)

Die Íslandsbanki unterzog auch die Liquiditätsquote der Bank Stresstests. Die Bank legte diesen Tests ein Basis-Stressszenario (68) und ein Szenario mit höheren Risikobelastungen, bei denen die verschiedenen Quellen für Mittelzuflüsse und -abflüsse in unterschiedlichem Ausmaß unter Druck geraten, zugrunde. Das Ergebnis zeigt, dass die Bank gut aufgestellt ist, um unerwartete Liquiditätsstörungen bewältigen zu können.

3.4.9.   Ausstiegsstrategie/Rückzahlung an den Staat

(141)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat die Ergänzungskapitaleinlage eine Laufzeit von zehn Jahren ab Dezember 2009. Hinsichtlich der Vergütung besteht eine nach fünf Jahren (d. h. 2014) greifende Erhöhungsklausel von 400 Bps auf 500 Bps über dem EURIBOR. Nach Aussage der isländischen Behörden soll diese Erhöhung als Anreiz für die Bank wirken, ab diesem Zeitpunkt das Kapital zurückzuzahlen.

(142)

Die Eigenkapitaleinlage von 5 %, die der Staat an der Íslandsbanki hält, wird wie alle Regierungsbeteiligungen an Finanzunternehmen von der Icelandic State Financial Investments (ISFI) (69) verwaltet. Ausweislich des Staatshaushalts für 2012 wurde die Regierung zum Verkauf der zurzeit in ihrem Besitz befindlichen Einlagen in Sparkassen ermächtigt. Hinsichtlich des Verkaufs der staatlichen Beteiligungen an den drei großen Geschäftsbanken ist jedoch noch keine Entscheidung getroffen worden. Die zuständigen Minister gründeten jedoch eine Arbeitsgruppe zur Prüfung der Möglichkeiten für die Veräußerung der Beteiligungen an den Geschäftsbanken. Die Regierung hat wissen lassen, dass sie zwar nicht beabsichtige, ihre Beteiligung an der Landsbankinn unter zwei Drittel des Aktienkapitals der Bank zu senken, dass aber die Einlagen in der Íslandsbanki und der Arion Bank in naher Zukunft zum Verkauf angeboten oder als Gesamtpaket mit den Banken verkauft werden könnten, sofern deren Mehrheitseigner sich für einen Verkauf entscheiden. Dabei müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein (70).

(143)

Die besondere Liquiditätsfazilität steht nur bis zum September 2012 zur Verfügung. Bisher wurde sie noch nie in Anspruch genommen. Die isländischen Behörden haben vor, die Erklärung der Regierung über die pauschale Einlagensicherung in naher Zukunft, bevor die Kapitalkontrollen aufgehoben werden, zurückzuziehen.

(144)

Hinsichtlich der Straumur-Vereinbarung ist festzustellen, dass die Schuldverschreibung Ende März 2013 fällig werden sollte, aber von Straumur bereits Anfang 2012 vollständig abgelöst wurde. Ab diesem Zeitpunkt endete die staatliche Risikoübernahme für die ausreichende Höhe der zugrunde liegenden Vermögenswerte.

4.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS UND DIE IM RAHMEN DER BYR-BESCHLÜSSE VORLÄUFIG GENEHMIGTEN MASSNAHMEN

(145)

In ihrem Eröffnungsbeschluss zog die Überwachungsbehörde den vorläufigen Schluss, dass die Maßnahmen des isländischen Staates zur Kapitalausstattung der Íslandsbanki sowie die Liquiditätsfazilität staatliche Beihilfe nach Artikel 61 des EWR-Abkommens beinhalten. Sie konnte darüber hinaus auch nicht ausschließen, dass in der Einlagensicherung und der Straumur-Vereinbarung staatliche Beihilfe vorlag. Im Eröffnungsbeschluss wurden die Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Byr nicht erfasst. Sie waren von der Überwachungsbehörde in den Byr-Beschlüssen vorläufig genehmigt worden. Die Überwachungsbehörde wird zu diesen Maßnahmen, die im Rahmen der vorliegenden Würdigung im Zusammenhang mit der jetzigen Entscheidung von Belang sind, einen endgültigen Standpunkt festlegen.

(146)

Was die beihilferechtliche Vereinbarkeit der im Eröffnungsbeschluss beurteilten Maßnahmen betrifft, so war die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine endgültige Stellungnahme nur auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans erfolgen könne. Dieser lag jedoch bei der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Überwachungsbehörde am 15. Dezember 2010 nicht vor. Es war insbesondere auf das Fehlen eines Umstrukturierungsplans über ein Jahr nach der Gründung der Íslandsbanki zurückzuführen, dass die Überwachungsbehörde Zweifel an der beihilferechtlichen Vereinbarkeit der Beihilfe äußerte.

4.1.   Stellungnahmen Beteiligter

(147)

Bei der Überwachungsbehörde ging eine Stellungnahme im Namen der Gläubiger der alten Bank ein, in der diese betonten, dass sie als Beteiligte zu betrachten seien. Sie gaben ferner an, dass sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt weitere Stellungnahmen übermitteln würden.

4.2.   Stellungnahmen der isländischen Behörden

(148)

Die isländischen Behörden räumen ein, dass die zur Gründung der New Glitnir Bank, jetzt Íslandsbanki, getroffenen Maßnahmen staatliche Beihilfe darstellen. Nach Auffassung der isländischen Behörden sind die Maßnahmen jedoch auf der Grundlage des Artikels 61 Absatz 3 Buchstabe b mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar, da sie notwendig, verhältnismäßig und angemessen sind, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben. Nach Ansicht der isländischen Behörden stehen die getroffenen Maßnahmen in jeder Hinsicht mit den Grundsätzen im Einklang, die in den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen dargelegt werden. Sie tragen darüber hinaus vor, dass die Beihilfe notwendig ist und auf das erforderliche Minimum beschränkt wurde.

(149)

Die isländischen Behörden betonen darüber hinaus, dass die früheren Aktionäre der Glitnir Bank ihre gesamten Anteile verloren und vom Staat keine Entschädigung erhalten hätten, dass die Beihilfe so ausgestaltet sei, dass die negativen Nebeneffekte für Wettbewerber möglichst gering ausfallen und dass die Bedingungen der Kredite (Ergänzungskapital) mit Marktsätzen vergleichbar seien.

(150)

Die isländischen Behörden sind nicht der Ansicht, dass die Einlagensicherung staatliche Beihilfe beinhaltet.

4.3.   Verpflichtungen der isländischen Behörden

(151)

Die isländischen Behörden reichten eine Reihe von Verpflichtungen ein, die sich überwiegend auf Wettbewerbsverzerrungen beziehen, die von der hier beurteilten Beihilfe ausgelöst werden können. Einzelheiten dazu werden im Anhang dargelegt.

II.   WÜRDIGUNG

1.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFE

(152)

Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens lautet:

„Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.“

(153)

Die Überwachungsbehörde wird die folgenden Maßnahmen (71) prüfen:

das anfängliche Betriebskapital, das der isländische Staat der neuen Bank zur Verfügung stellte;

die (vorübergehend) vollständige Kapitalausstattung der neuen Bank durch den Staat;

die Einbehaltung der nach der Übertragung von 95 % des Aktienkapitals an der neuen Bank an die Gläubiger der Glitnir verbleibenden 5 % Aktienkapital durch den Staat;

die Bereitstellung von Ergänzungskapital mittels eines nachrangigen Kredits durch den Staat an die neue Bank.

Die vorstehend aufgeführten Maßnahmen werden nachfolgend gemeinsam als „Kapitalisierungsmaßnahmen“ bezeichnet. Zusätzlich wird die Überwachungsbehörde Folgendes prüfen:

die Vereinbarung über die besondere Liquiditätsfazilität,

die Erklärung der isländischen Regierung, dass sie inländische Einlagen in allen isländischen Banken in voller Höhe garantiere, und

die Straumur-Vereinbarung.

(154)

Die Überwachungsbehörde erinnert auch daran, dass sie festgestellt hat, dass die Íslandsbanki möglicherweise durch die Beihilfe, die der Byr in der zweiten Byr-Entscheidung gewährt wurde, begünstigt wurde. Dies betrifft insbesondere die nachrangige Kreditfazilität, die bereitgehalten wurden, bis die Verschmelzung zwischen Byr und Íslandsbanki erfolgen konnte. Die Überwachungsbehörde wiederholt darüber hinaus, dass die vorläufig genehmigten Rettungsmaßnahmen für die nunmehr mit der Íslandsbanki verschmolzene Byr staatliche Beihilfe darstellen, deren letztendliche Vereinbarkeit vom Umstrukturierungsplan für das fusionierte Unternehmen abhängt.

1.1.   Einsatz staatlicher Mittel

(155)

Wie die Überwachungsbehörde im Eröffnungsbeschluss bereits vorläufig folgerte, liegt es auf der Hand, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen aus staatlichen Mittel finanziert wurden, die aus der isländischen Staatskasse stammen. Auch die Liquiditätsfazilität, die der Íslandsbanki zur Verfügung steht, beinhaltet offensichtlich staatliche Mittel. Was die Straumur-Vereinbarung betrifft, so übernahm der Staat das Risiko, dass die Vermögenswerte der Straumur zur Deckung der übertragenen Verbindlichkeiten (Einlagen) der Straumur-Bank nicht ausreichen könnten. Im Wesentlichen übernahm der Staat die Garantie für den Ausgleich eventueller Verluste. Dies beinhaltet eine (mögliche) Übertragung staatlicher Mittel.

(156)

Hinsichtlich der Einlagensicherung betont die Überwachungsbehörde von vornherein, dass sich ihre Würdigung auf die oben beschriebene zusätzliche Einlagensicherung bezieht, die im Wesentlichen aus den Erklärungen der isländischen Regierung besteht, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen werde.

(157)

Diese Würdigung lässt die Auffassung der Überwachungsbehörde über die Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 98/1999 und der von der isländischen Regierung und dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (TIF) während der Finanzkrise getroffenen Maßnahmen mit dem EWR-Recht, insbesondere mit der Richtlinie 94/19/EG unberührt. Hinsichtlich der Durchführung der Richtlinien 97/9/EG und 94/19/EG ist die Überwachungsbehörde folgender Auffassung: Soweit Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen, gibt der Einsatz staatlicher Mittel zur Erfüllung von Verpflichtungen nach EWR-Recht generell keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich des Artikels 61 des EWR-Abkommens. Die vorliegende Entscheidung befasst sich daher nicht mit diesen Maßnahmen.

(158)

Die Überwachungsbehörde erklärte im Eröffnungsbeschluss, dass sie näher prüfen werde, ob die oben aufgeführten Erklärungen des isländischen Staates ausreichend klar, bestimmt, unbedingt und rechtsverbindlich seien, um eine Bindung staatlicher Mittel zur Folge zu haben (72). Bei der Beurteilung der Erfüllung dieser Kriterien stellt die Überwachungsbehörde fest, dass die Erklärungen eine unwiderrufliche Bindung öffentlicher Mittel bewirkten. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der isländische Staat alle bestehenden Möglichkeiten zum Schutz der Einleger ausschöpfte. Er hat nicht nur die Rangfolge von Einlageninhabern in Insolvenzmassen geändert (was keinen Einsatz staatlicher Mittel nach sich zieht), sondern er hat auch deutlich gemacht, dass er es nicht zulassen werde, dass Einleger Verluste erleiden. Die pauschale Garantie der Regierung für sämtliche Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen unterscheidet sich darüber hinaus aufgrund der Tatsache, dass diese Garantie in ihrer Höhe unbegrenzt ist und die durch diese Maßnahme begünstigten Banken keinen finanziellen Beitrag dazu leisten, von allen anderen Einlagensicherungsprogrammen, die sich auf EWR-Gesetze stützen.

(159)

Die Art und Weise, wie die isländische Regierung ihre Erklärung versteht, lässt sich an den staatlichen Eingriffen im Finanzsektor ablesen, die seit Oktober 2008 stattgefunden haben und von der Absicht geleitet wurden, dieser Willenserklärung gerecht zu werden. Zu diesen Eingriffen gehörten Maßnahmen zur Deckung der Einlagen bei Finanzunternehmen, beispielsweise die Gründung der drei Geschäftsbanken, die Übertragung der SPRON-Einlagen an die Arion Bank, die Übertragung der Straumur-Einlagen an die Íslandsbanki, die Übernahme der Einlagen von fünf Sparkassen bei der Sparisjódabanki Íslands durch die CBI, die Übertragung von Einlagen in der Byr Savings Bank an die Byr hf, die Übertragung von Einlagen von der Keflavík Savings Bank an die SpKef sowie die staatliche Haftung für Einlagen in der SpKef nach der Zwangsverschmelzung mit der Landsbankinn.

(160)

In mehreren Beihilfesachen, die zurzeit von der Überwachungsbehörde geprüft werden und von denen einige oben genannt werden, trugen die isländischen Behörden das Argument vor, dass die jeweils gewählte Maßnahme die für den isländischen Staat die finanziell am wenigsten belastende Option zur Einhaltung seiner Zusicherung des vollen Einlegerschutzes gewesen sei.

(161)

In Anbetracht der obigen Ausführungen ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine rechtsverbindliche, klare, unbedingte und bestimmte Maßnahme vorliegt. Auf dieser Grundlage gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass die Erklärungen des isländischen Staates, nach denen Einlagen in voller Höhe garantiert werden, eine Bindung öffentlicher Mittel im Sinne des Artikels 61 des EWR-Abkommens beinhalten.

1.2.   Begünstigung bestimmter Unternehmen oder der Herstellung bestimmter Waren

1.2.1.   Vorteil

(162)

Erstens müssen die Beihilfemaßnahmen der neuen Bank Vorteile verschaffen, die sie von Belastungen freistellt, die sie normalerweise aus ihrem Budget zu bestreiten hätte. Im Einklang mit ihrer vorläufigen Schlussfolgerung aus dem Eröffnungsbeschluss bleibt die Überwachungsbehörde bei ihrer Auffassung, dass jede einzelne Kapitalisierungsmaßnahme der neuen Bank einen Vorteil verschafft, weil der Bank das bereitgestellte Kapital ohne das Eingreifen des Staates nicht zur Verfügung gestanden hätte.

(163)

Bei der Feststellung, ob eine beispielsweise in Form einer Kapitalzuführung erfolgende Investition in ein Unternehmen einen Vorteil beinhaltet, wendet die Überwachungsbehörde das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Investors an. Sie beurteilt also, ob ein privater Investor, dessen Größe mit der der öffentlichen Einrichtung vergleichbar ist und der unter normalen Marktbedingungen arbeitet, eine solche Investition getätigt hätte (73). Hinsichtlich der Kapitalisierungsmaßnahmen für in Schwierigkeiten geratene Banken, wie sie seit Beginn der Finanzkrise durchgeführt wurden, vertraten sowohl die Europäische Kommission (in zahlreichen Fällen seit dem Eintritt der Finanzkrise (74) als auch die Überwachungsbehörde (75) im Allgemeinen die Ansicht, dass die aus staatlichen Mitteln erfolgten Kapitalerhöhungen bei Banken staatliche Beihilfen darstellen, die in Anbetracht der Turbulenzen und Unsicherheiten, die die Finanzmärkte seit dem Herbst 2008 prägten, gewährt wurden. Diese allgemeine Erwägung gilt besonders für die isländischen Finanzmärkte in den Jahren 2008 und 2009, als das gesamte System zusammenbrach. Aus diesem Grund ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen der Íslandsbanki trotz der letztendlichen Übertragung von 95 % des Kapitals der neuen Bank an die (großenteils dem privaten Sektor angehörenden) Gläubiger einen Vorteil verschafft. Soweit der private Sektor an der Kapitalausstattung der Íslandsbanki beteiligt war, betraf dies ausschließlich Gläubiger der alten Bank, die damit nur anstrebten, ihre Verluste so gering wie möglich zu halten (76).

(164)

Für die besondere Liquiditätsfazilität gelten ähnliche Erwägungen. Sie wurde als Bestandteil eines Pakets staatlicher Hilfsmaßnahmen zur Wiederherstellung des Betriebs einer zusammengebrochenen Bank im Rahmen einer neu errichteten Bank ausgehandelt. Außerdem war sie als Anreiz für Kapitalbeteiligungen der Gläubiger der zusammengebrochenen Bank an der neuen Bank gedacht. Ein Eingreifen des Staates lag auf der Hand, weil nicht klar war, ob sich die Íslandsbanki auf dem Markt ausreichend Liquidität würde verschaffen können. Anstatt als privater Investor zu handeln, übernahm der Staat also die Funktion privater Marktteilnehmer, die vor Ausleihungen an Finanzunternehmen zurückschreckten. Aus diesem Grund bestätigt die Überwachungsbehörde ihre vorläufige Schlussfolgerung aus dem Eröffnungsbeschluss und vertritt die Auffassung, dass die besondere Liquiditätsfazilität der Íslandsbanki einen Vorteil verschaffte.

(165)

Was die Übertragung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Straumur Bank — die Straumur-Vereinbarung — betrifft, so merkt die Überwachungsbehörde positiv an, dass das Ziel dieser Transaktion insgesamt darin bestand, der Íslandsbanki nur einen auf die Höhe der übertragenen Verbindlichkeiten beschränkten Ausgleich zu leisten. Allerdings werden das gesamte Risiko, dass die Vermögenswerte der Straumur von geringerem Wert als die übertragenen Einlagen sein könnten, sowie die Verpflichtung zum Ausgleich eventueller Verluste auf den Staat abgewälzt. Daraus entsteht der Eindruck dass die Íslandsbanki neben einem gewissen Umfang an Einnahmen aus Zinszahlungen für die Schuldverschreibung auch Geschäfts- und Firmenwert gewinnt und zusätzliche Marktanteile erwirbt, ohne irgendein Risiko eingehen zu müssen. Die Überwachungsbehörde gelangt zu dem Schluss, dass dies einen Vorteil darstellt.

(166)

Zum Schluss hat die Überwachungsbehörde auch zu beurteilen, ob die zusätzliche Einlagensicherung der Íslandsbanki und allgemein den isländischen Banken einen Vorteil verschafft. Hier stellt die Überwachungsbehörde fest, dass anfangs, als die isländischen Behörden die Erklärung über die Einlagensicherung abgaben, nicht vollständig klar war, wie diese Garantie in der Praxis funktionieren würde. Insbesondere herrschte Unklarheit über die Auswirkungen eines solchen Eingriffs auf Banken, die ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber ihren Einlegern nicht mehr erfüllen können. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass man eine solche Bank in die Insolvenz gehen lassen würde, dass der isländische Staat aber — beispielsweise durch die Übertragung der Einlagen an eine andere Bank und den Ausgleich des Verlusts an Vermögenswerten — sicherstellen würde, dass die Einlagen in voller Höhe ausgezahlt werden könnten und die Einleger nie den Zugriff auf den vollen Betrag ihrer Einlagen verlieren würden.

(167)

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die Frage, wie der Staat im Einzelnen bei der Erfüllung der unbegrenzten Garantie inländischer Einlagen vorgehen würde, von zweitrangiger Bedeutung ist. Wichtig ist allein der Umstand, dass er die Verpflichtung übernommen hat, dann, wenn eine Bank die Einlagen nicht auszahlt, in unbegrenzter Höhe einzuschreiten.

(168)

Diese unbeschränkte Garantie stellte nach Auffassung der Überwachungsbehörde aus folgenden Gründen eine Begünstigung der Íslandsbanki dar: Erstens verschafft sie ihr gegenüber alternativen Anlageoptionen und Anbietern von Geldanlagen einen wertvollen Wettbewerbsvorteil, nämlich eine unbegrenzte staatliche Garantie und folglich ein wichtiges Sicherheitsnetz. Dies wird beispielsweise in einem kürzlich vorgelegten Bericht des Wirtschaftsministers verdeutlicht, der Folgendes feststellt: „Icelandic financial undertakings are currently operating in a sheltered environment with capital controls and a blanket deposit guarantee. Under such conditions, bank deposits are practically the only secure option for Icelandic savers“ (77). [Isländische Finanzunternehmen arbeiten zurzeit in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer Pauschalgarantie für Einlagen. Unter derartigen Bedingungen sind Bankeinlagen praktisch die einzig sichere Wahl für isländische Sparer.]

(169)

Zweitens scheint auf der Hand zu liegen, dass bei der Íslandsbanki ohne diese Garantie eher ein Ansturm auf die Einlagen hätte eintreten können, wie dies bei ihrer Vorgängerin der Fall war (78). Um Einlagen anzuziehen oder einfach nur die Menge an Einlagen unverändert beizubehalten, hätte die Bank also wahrscheinlich (zum Ausgleich dieses Risikos) höhere Zinsen zahlen müssen, wenn es nicht die zusätzliche, vom isländischen Staat übernommene, unbegrenzte Einlagensicherung gegeben hätte. Dementsprechend zieht die Überwachungsbehörde den Schluss, dass die Einlagensicherung einen Vorteil für die Bank mit sich bringt.

1.2.2.   Selektivität

(170)

Die Beihilfemaßnahme muss ferner insofern selektiv sein, als sie „bestimmte Unternehmen oder die Herstellung bestimmter Waren“ begünstigt. Die Kapitalisierungsmaßnahmen, die Liquiditätsfazilität und die Straumur-Vereinbarung sind insofern selektiv, als sie nur der Íslandsbanki zugutekommen.

(171)

Da staatliche Beihilfen darüber hinaus auch dann selektiv sein können, wenn sie einem oder mehreren Wirtschaftszweig(en) zugutekommen, anderen hingegen nicht, ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die staatliche Garantie für Einlagen, die dem isländischen Bankensektor insgesamt zugutekommt, selektiv ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich auch aus den oben erläuterten Überlegungen, nach denen Banken gegenüber anderen Unternehmen, die ebenfalls Möglichkeiten zur Bildung von Sparguthaben und Geldanlagen anbieten, begünstigt werden.

1.3.   Verzerrung des Wettbewerbs und Schädigung des Handels zwischen Vertragspartnern

(172)

Die hier betrachteten Maßnahmen stärken die Position der Íslandsbanki gegenüber Wettbewerbern (oder potenziellen Wettbewerbern) in Island und anderen EWR-Staaten. Wie oben bereits ausgeführt wurde, handelt es sich bei der Íslandsbanki um ein Unternehmen, das auf Finanzmärkten tätig ist, die dem internationalen Wettbewerb im EWR offen stehen. Die isländischen Finanzmärkte sind, insbesondere wegen der Kapitalkontrollen, zurzeit zwar recht isoliert, aber grenzüberschreitender Handel (bzw. das Potenzial dafür) existiert noch und wird wieder zunehmen, sobald die Kapitalkontrollen aufgehoben werden. Alle hier beurteilten Maßnahmen sind daher als wettbewerbsverfälschend und den Handel zwischen Vertragspartnern des EWR-Abkommens beeinträchtigend anzusehen (79).

1.4.   Schlussfolgerung

(173)

Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die zur Kapitalisierung der neuen Bank getroffenen Maßnahmen des isländischen Staates sowie die Liquiditätsfazilität, die Einlagensicherung und die Straumur-Vereinbarung staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens beinhalten. Die Überwachungsbehörde erinnert daran, dass sie in den Byr-Beschlüssen in Bezug auf die Kapitalisierungsmaßnahmen, die der Byr gewährt wurden, zu dem gleichen Schluss gelangte.

2.   VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

(174)

Gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens "soll die EFTA-Überwachungsbehörde über alle Vorhaben, Beihilfe zu gewähren oder umzugestalten, so rechtzeitig unterrichtet werden, dass sie sich dazu äußern kann (…). Der betreffende Staat wendet die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an, bevor in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung getroffen wurde".

(175)

Die isländischen Behörden haben die im Eröffnungsbeschluss erfassten Beihilfemaßnahmen nicht im Voraus, d. h. vor ihrer Durchführung, bei der Überwachungsbehörde angemeldet. Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die isländischen Behörden ihren Verpflichtungen gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 nicht nachgekommen sind. Die Gewährung dieser Beihilfemaßnahmen war also rechtswidrig.

3.   WETTBEWERBSRECHTLICHE VEREINBARKEIT DER BEIHILFE

(176)

Die Überwachungsbehörde stellt zunächst fest, dass die Íslandsbanki hinsichtlich des inländischen Geschäftsbetriebs zwar ein neuer Rechtsträger sei, der 2008 gegründet wurde, dass sie aber eindeutig die wirtschaftliche Nachfolgerin der Glitnir sei, da zwischen diesen beiden Rechtsträgern eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe. Da die von der Íslandsbanki seit Herbst 2008 ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne die Beihilfe nicht hätten fortgeführt werden können, betrachtet die Überwachungsbehörde die Bank als ein Unternehmen in Schwierigkeiten.

(177)

Darüber hinaus stellen die hier beurteilten Maßnahmen Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugleich dar. Wie im Eröffnungsbeschluss bereits dargelegt wurde, hätte die Überwachungsbehörde die Maßnahmen wahrscheinlich vorläufig als mit dem Wettbewerbsrecht vereinbare Rettungsbeihilfen angesehen, wenn sie vor der Durchführung über die geplanten Maßnahmen unterrichtet worden wäre. Anschließend hätte sie dann auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans ihren endgültigen Standpunkt festgelegt. Da jedoch keine fristgerechte Anmeldung erfolgt war, leitete die Überwachungsbehörde das förmliche Prüfverfahren ein und bat um die Übermittlung eines Umstrukturierungsplans. Wie bereits gesagt, hängt die endgültige Feststellung der beihilferechtlichen Vereinbarkeit dieser Maßnahmen davon ab, ob der Umstrukturierungsplan die Kriterien der geltenden Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllt.

3.1.   Die Rechtsgrundlage für die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Vereinbarkeit: Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens und die Umstrukturierungsleitlinien der Überwachungsbehörde

(178)

Staatliche Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten wie die Íslandsbanki werden zwar in der Regel nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens beurteilt, aber die Überwachungsbehörde kann nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens staatliche Beihilfen „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates“ zulassen. Den Bestimmungen in Randnummer 8 der Bankenleitlinien (80) entsprechend bekräftigt die Überwachungsbehörde erneut, dass im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung und der Beschlussfassungspraxis der Kommission nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens eine restriktive Auslegung dessen, was als beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines EFTA-Staates betrachtet werden könnte, erforderlich ist.

(179)

Wie oben eingehend erläutert, trat laut Stellungnahme der isländischen Behörden im isländischen Finanzsystem im Oktober 2008 mit dem Zusammenbruch der größten Banken und wichtigsten Sparkassen innerhalb einer Zeitspanne von wenigen Tagen eine Systemkrise ein. Der gemeinsame Marktanteil der zusammengebrochenen Finanzinstitute überstieg in den meisten Segmenten des isländischen Finanzmarkts 90 %. Mit diesen Schwierigkeiten ging ein Vertrauensverlust in die Landeswährung einher. Die Realwirtschaft Islands wurde von der Finanzkrise schwer getroffen. Obgleich seit dem Beginn der Krise mehr als drei Jahre verstrichen sind, ist das isländische Finanzsystem nach wie vor Turbulenzen ausgesetzt. Auch wenn sich die Lage seit 2008 erheblich entspannt hat, ist offenkundig, dass die Maßnahmen seinerzeit in der Absicht getroffen wurden, eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben.

(180)

Demzufolge gilt Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens in diesem Fall als anwendbar.

Die Anwendung der Umstrukturierungsmitteilung

(181)

In den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für die Wiederherstellung der Rentabilität und zur Bewertung von im Rahmen der Beihilfevorschriften in der derzeitigen Krise durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor (81) (im Folgenden „Umstrukturierungsleitlinien“) werden die für die Umstrukturierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Krise geltenden Beihilfevorschriften festgelegt. Gemäß den Umstrukturierungsleitlinien ist die Umstrukturierung eines Finanzinstituts im Rahmen der derzeitigen Finanzkrise nur dann mit Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens vereinbar, wenn sie:

i)

die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank bewirkt;

ii)

einen ausreichenden Eigenbeitrag des Empfängers beinhaltet (Lastenverteilung);

iii)

ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen vorsieht.

(182)

Die Überwachungsbehörde wird also nachfolgend auf der Grundlage des übermittelten Umstrukturierungsplans für die Íslandsbanki, in dem auch der Kauf der Byr berücksichtigt wird, bewerten, ob diese Kriterien erfüllt sind und die oben beschriebenen staatlichen Beihilfemaßnahmen und die von der Überwachungsbehörde in der Byr-Entscheidung festgestellten Beihilfemaßnahmen folglich Umstrukturierungsbeihilfen darstellen, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

3.2.   Wiederherstellung der Rentabilität

(183)

Das wichtigste Ziel von Umstrukturierungsbeihilfe ist die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität ihres Empfängers. Bei der Feststellung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe spielt daher die Beurteilung der Frage, ob die Umstrukturierungsbeihilfe dieses Ziel erreichen wird, eine wichtige Rolle.

(184)

Wie oben bereits gesagt wurde, stellen die im Sog der Ereignisse vom Herbst 2008 eingetretenen Turbulenzen im isländischen Wirtschaftsleben, die Existenz außerordentlicher Maßnahmen wie die Kapitalkontrollen, ein erst in den Anfängen steckendes regulatorisches Umfeld und gesamtwirtschaftliche Aussichten, die trotz der in jüngster Zeit eingetretenen Stabilisierung insbesondere in Anbetracht der fortbestehenden wirtschaftlichen Nöte in der Eurozone noch ungewiss sind, für den gewinnbringenden Betrieb einer Bank und die Sicherstellung ihrer langfristigen Rentabilität große Herausforderungen dar. Die Überwachungsbehörde möchte von vornherein betonen, dass diese Überlegung bei der nachfolgend dargelegten Beurteilung berücksichtigt werden muss.

(185)

In Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien wird dargelegt, dass der EWR-Mitgliedstaat einen umfassenden, detaillierten Umstrukturierungsplan mit vollständigen Angaben über das Geschäftsmodell, mit dem die langfristige Rentabilität der Bank wiederherstellt werden soll, vorlegen muss. Randnummer 10 der Umstrukturierungsleitlinien schreibt vor, dass der Umstrukturierungsplan die Ursachen für die Schwierigkeiten der Bank und die eigenen Schwachstellen der Bank nennen und umreißen muss, wie die vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen die grundlegenden Probleme der Bank beheben sollen.

(186)

Die Ursachen für die Schwierigkeiten der Íslandsbanki werden, wie oben erläutert, sowohl im Umstrukturierungsplan als auch im Bericht des Sonderuntersuchungsausschusses (SIC) verdeutlicht. Zu den wichtigsten Ursachen, die dieser Bericht auf der Ebene der Bank feststellt, gehören die übermäßige, nicht tragfähige Expansion, der Verschuldungsgrad der Bankeigentümer, die Risikokonzentration, die schwache Eigenkapitalbasis und die Größe der Banken im Vergleich zur isländischen Wirtschaft. Darüber hinaus hatte die Glitnir ihr Geschäft in hochgradig fremdfinanzierte LBO (82) und gewerbliche Immobilienmärkte außerhalb Islands ausgeweitet. Auch stützte sie sich vorwiegend auf kurzfristige Refinanzierungen am Interbankengeldmarkt und nahm durch Kredite an ihre Eigentümer erhebliche Risiken auf sich. Darüber hinaus bestanden bei der Bank große Einzelkredite.

Regulatorische Maßnahmen zur Rentabilität

(187)

Im Umstrukturierungsplan der Íslandsbanki werden zwar viele der oben festgestellten Schwachstellen der Bank angesprochen, aber die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass der Untergang der Glitnir und der Zusammenbruch der isländischen Finanzbranche auch durch eine Reihe von Faktoren verursacht wurde, die ganz speziell auf Island zutreffen, nämlich die geringe Größe des Landes und die verordnungs- und aufsichtsrechtlichen Unzulänglichkeiten, auf die der Sonderuntersuchungsausschuss (SIC) besonders hinweist. Wie bei jeder anderen isländischen Bank auch hängt die langfristige Rentabilität der Íslandsbanki nicht allein von den auf Ebene der Bank getroffenen Maßnahmen ab, sondern auch davon, ob diese aufsichts- und regulatorischen Unzulänglichkeiten behoben wurden oder nicht.

(188)

In diesem Zusammenhang nimmt die Überwachungsbehörde die von den isländischen Behörden am verordnungs- und aufsichtsrechtlichen Rahmen vorgenommenen Änderungen als positive Entwicklung zur Kenntnis. Erläuterungen hierzu sind dem Anhang zu entnehmen.

(189)

Erstens wurden die Zuständigkeiten und Befugnisse der FME erweitert. Ihr wurden unter anderem neue Verantwortlichkeiten in Bezug auf große Einzelkredite und die damit verbundenen Risiken übertragen. Damit wird nach Auffassung der Überwachungsbehörde einem der Faktoren, die zum finanziellen Zusammenbruch führten, begegnet.

(190)

Zweitens soll mit den vorübergehend eingeführten, hohen Anforderungen an den Eigenkapitalkoeffizienten und einer Reihe weiterer Vorschriften zur Besicherung, insbesondere dem Verbot, Kredite gegen die Verpfändung eigener Aktien zu vergeben, sichergestellt werden, dass isländische Banken nicht erneut eine schwache Eigenkapitalposition aufbauen können. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen zur Ausfallsicherheit der isländischen Banken beitragen werden.

(191)

Drittens wurden mehrere Maßnahmen bezüglich der Eignung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sowie ihrer Vergütung eingeführt. Darüber hinaus wurden Kreditvergaben an verbundene Parteien (beispielsweise Eigentümer) strengeren Regeln unterworfen und die FME kann jetzt einer Bank bestimmte Tätigkeiten untersagen, wenn sie dies für begründet erachtet. Auch die Vorschriften für die externe und interne Rechnungslegung wurden geändert. Beispielsweise wurde die Dauer, für die ein externer Buchführer für ein- und dieselbe Bank arbeiten kann, verkürzt. Die Überwachungsbehörde nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass diese Maßnahmen darauf abzielen, eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern, soweit dies die Eigentümer und hochrangigen Führungskräfte betrifft. Die Maßnahmen verstärken darüber hinaus die externe Risikoüberwachung und verringern insgesamt die Bedrohungen für die Rentabilität der Bank.

(192)

Viertens liegt der erwähnten Möglichkeit der FME zur Einschränkung der Tätigkeiten einer Bank nach Aussage der isländischen Behörden auch der Umstand zugrunde, dass isländische Geschäftsbanken vor der Krise in großem Umfang Einlagen hereinnahmen. Dadurch wurde deren Untergang wenn auch nicht verursacht so doch zumindest beschleunigt. So wie die Überwachungsbehörde die neuen Vorschriften zur Liquidität und zum Devisensaldo (83) versteht, beinhalten die Vorschriften auch Einschränkungen für die Möglichkeiten einer Bank, unverhältnismäßig hohe Beträge aus Deviseneinlagen anzuziehen, wenn dadurch das Geschäft der Bank instabiler und gegenüber Wechselkurs- und Liquiditätsrisiken anfälliger wird. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass die isländischen Behörden auf diesen Aspekt des regulatorischen Versagens reagiert haben.

Der Umstrukturierungsplan der Íslandsbanki

(193)

Was den Umstrukturierungsplan und die Maßnahmen auf Ebene der Bank betrifft, so ist die Íslandsbanki im Wesentlichen zu einem traditionelleren Bankmodell zurückgekehrt und richtet ihr Hauptaugenmerk nun auf ihre Kernkompetenzen (Bankgeschäfte im Inland, Meeresfrüchte und Geothermie), die überwiegend durch Kundeneinlagen finanziert werden sollen.

(194)

Das Kredit/Einlagen-Verhältnis wird von etwa 80 % auf [… %] am Ende des Umstrukturierungszeitraums fallen.

(195)

Wie bereits erläutert, war die Íslandsbanki im Vergleich zur Glitnir seit ihrer Gründung in erheblich geringerem Umfang verschuldet. Da die meisten Großkundenkredite in der Masse der Glitnir verblieben, wird sich die Íslandsbanki laut Umstrukturierungsplan nur in sehr begrenztem Umfang auf eine Refinanzierung unbesicherter Kredite auf den internationalen Märkten stützen müssen.

(196)

Die Tatsache, dass sich die Glitnir für ihre Refinanzierungen vor allem auf den Interbankengeldmarkt stützte, war einer der Hauptgründe für ihren Untergang. Die Finanzierung der Íslandsbanki beruhte bisher überwiegend auf Einlagen und Eigenkapital. Der Umstrukturierungsplan sieht aber eine leichte Minderung des Stellenwerts der Einlagen von 80 % auf [… %] der gesamten Verbindlichkeiten vor […]. Die Íslandsbanki beabsichtigt, dies durch die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen auf dem inländischen Markt auszugleichen. Sie hat bereits im Dezember 2011 und […] erfolgreich gedeckte Schuldverschreibungen in Höhe von 4 Mrd. ISK herausgegeben.

(197)

[…]. Die Íslandsbanki vertritt die Auffassung, dass die zurzeit eher geringe Bereitschaft von Anlegern, in unbesicherte isländische Wertpapiere zu investieren, wieder zunehmen könnte, sobald die unbegrenzte Einlagensicherung aufgehoben wird. Unter Zugrundelegung der von den isländischen Behörden übermittelten Angaben zu den Sachverhalten scheint die Refinanzierungssituation der Bank nach Auffassung der Überwachungsbehörde bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums solide zu sein. In Anbetracht der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einlagensicherung und der Kapitalkontrollen und angesichts der ungewissen Entwicklungen auf den Märkten für (öffentliche) Schuldtitel kann sie jedoch keine endgültige Feststellung darüber treffen, ob sich die Refinanzierungsstrategie der Íslandsbanki auf lange Sicht verwirklichen lässt. Da sich die Bank während des Umstrukturierungszeitraums in hohem Maße auf Einlagen und gedeckte Schuldverschreibungen stützt und diese Fremdfinanzierungsarten in der Bilanz einen hohen Anteil einnehmen, räumt die Überwachungsbehörde ein, dass im weiteren Verlauf erforderlich werdende, leichte Veränderungen an der Refinanzierungsstrategie die Rentabilität der Bank nicht bedrohen würden.

(198)

Auf der Aktivseite der Bilanz sind die riskantesten internationalen Vermögenswerte wie beispielsweise die Wertpapiere für gewerbliche Immobilien im Ausland in der Masse der Glitnir verblieben. Demzufolge ist die Bilanzsumme um 85 % zurückgegangen. Die Hauptschwachstelle im Geschäftsmodell der Glitnir — die Abhängigkeit von riskanten internationalen Vermögenswerten ohne angemessene Risikobewertung und ohne umfassende Marktkenntnisse — wurde also beseitigt. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass sich die Bank laut Umstrukturierungsplan in Zukunft nicht in ähnlichen Geschäften engagieren sondern sich auf ihr traditionelles Kerngeschäft konzentrieren wird.

(199)

Die Bank ist seit ihrer Gründung offensichtlich gewachsen, insbesondere durch den Erwerb der Byr. Da die Byr hauptsächlich inländische Vermögenswerte mit ähnlichen Merkmalen wie die im Portfolio der Íslandsbanki vorhandenen Vermögenswerte verfügte, werden sich aus diesem Erwerb laut Umstrukturierungsplan jedoch keine merklichen Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der Íslandsbanki ergeben. Die Überwachungsbehörde ist jedenfalls der Auffassung dass die nachfolgend näher erörterten, zugesagten Ausgliederungen dazu beitragen werden, dass sich die Íslandsbanki auf ihr Kerngeschäft konzentrieren kann.

(200)

Was den Anlagenbestand der Bank betrifft, so stellt die Umstrukturierung der von Glitnir übertragenen Kredite nach wie vor eine erhebliche Herausforderung für die Bank dar. Hier nimmt die Überwachungsbehörde mit Genugtuung zur Kenntnis, dass dieser Umstrukturierungsprozess für die Bank zu den obersten Prioritäten gehört. Dies lässt sich an den zahlreichen allgemeinen und individuell zugeschnittenen Vorschlägen, die die Bank ihren überschuldeten Kunden machte, ablesen. Dieser Prozess ist zwar nicht so rasch vorangeschritten wie ursprünglich geplant, aber es ist bereits viel erreicht worden. Am 8. Februar 2012 beispielsweise hatten 2680 Unternehmen bereits in irgendeiner Form eine Umstrukturierung durchlaufen und laut Auskunft der isländischen Behörden war die überwiegende Mehrheit der Unternehmen nach der Umstrukturierung in der Lage, ihre Schulden zu bedienen.

(201)

Die Überwachungsbehörde betrachtet dies als Indikator für die Zuverlässigkeit der von der Íslandsbanki eingesetzten Umstrukturierungsmethoden. Geht man von den Daten im Umstrukturierungs-Dashboard der Bank aus, so erscheint es darüber hinaus durchaus realistisch, dass die Bank ihr Ziel, die Umstrukturierung ihrer Unternehmenskredite bis Ende 2012 und die ihrer Privatkundenkredite bis 2013 abzuschließen, erreichen kann. Unerwartete Entwicklungen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld in Island oder dem Ausland einmal ausgenommen, würde dies nach Ansicht der Überwachungsbehörde insgesamt bedeuten, dass die Íslandsbanki am Ende des Umstrukturierungszeitraums eine vergleichsweise gesunde Bilanz und leistungsstarke Kreditportfolios ihr Eigen nennen wird.

(202)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, gehörte die schwache Eigenkapitalausstattung der Glitnir zu den Faktoren, die zu deren Untergang führten. Im Umstrukturierungsplan der Íslandsbanki wird prognostiziert, dass die Bank während des gesamten Umstrukturierungszeitraums den von der FME vorgeschriebenen Mindest-Eigenkapitalkoeffizienten von 16 % deutlich übertreffen wird. Dieser Koeffizient liegt deutlich über dem zukünftig nach Basel III vorgeschriebenen Minimum von 10,5 %. Sogar nach dem Krisenszenario, das die Íslandsbanki zusammen mit dem diesjährigen Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung als Anlage zum Umstrukturierungsplan übermittelte, würde der Eigenkapitalkoeffizient nicht unter diese hohe Vergleichsmarke fallen. Ausweislich des Umstrukturierungsplans wird die Íslandsbanki zur Steigerung ihrer Ertragskraft ihren Eigenkapitalkoeffizienten allmählich senken, indem sie beginnt, Dividenden auszuschütten (84). Die Überwachungsbehörde hält es für umsichtig und beruhigend, dass sogar nach dem von der Íslandsbanki vorgelegten Krisenszenario, das auf sinnvollen Parametern zu beruhen scheint, ein Kapitalüberschuss von […] Mrd. ISK verbleibt. In einem Geschäftsumfeld wie dem oben beschriebenen sichert dies der Íslandsbanki erhebliche Kapazitäten zur Bewältigung unerwarteter widriger Umstände.

(203)

Hinsichtlich der Liquiditätsposition der Bank stellt die Überwachungsbehörde fest, dass laut Umstrukturierungsplan die derzeitige Lage hinreichend stabil zu sein scheint und keine Anzeichen dafür bestehen, dass sich die Situation im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums wesentlich verschlechtern könnte. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass der Stresstest der Liquiditätsquote der Bank, der im Zusammenhang mit dem Bericht zur Kapitalausstattung durchgeführt wurde und ergab, dass die Bank auf unerwünschte Ereignisse gut vorbereitet ist, den Schluss zulässt, dass die Liquiditätslage der Bank stabil ist.

(204)

Die Überwachungsbehörde begrüßt die oben erläuterten Änderungen in der Unternehmensleitung und -kontrolle sowie im Risikomanagement der Íslandsbanki. Sie werden den Schwachstellen im Geschäftsbetrieb der Glitnir begegnen und zu einer objektiveren, professionelleren Risikobewertung im Geschäftsbetrieb der Bank führen.

(205)

Hinsichtlich der Ertragskraft ist in den Umstrukturierungsleitlinien auch vorgesehen, dass im Umstrukturierungsplan aufgezeigt werden muss, wie die Bank schnellstmöglich ohne staatliche Beihilfe ihre langfristige Rentabilität wiederherstellen wird. Insbesondere sollte die Bank in der Lage sein, eine angemessene Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften und zugleich sämtliche Kosten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs zu decken und die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Im Einzelnen wird unter Randnummer 13 der Umstrukturierungsleitlinien festgestellt, dass die langfristige Rentabilität dann erreicht ist, wenn die Bank sämtliche Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzaufwendungen tragen und eine angemessene Eigenkapitalrendite erbringen kann. Dabei ist das Risikoprofil der Bank zu berücksichtigen.

(206)

Hier erinnert die Überwachungsbehörde an die bereits getroffene Feststellung, dass das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Íslandsbanki arbeitet, für jede Bank eine Herausforderung darstellen würde. In Anbetracht dieses Gesichtspunkts ist die Überwachungsbehörde mit der im Umstrukturierungsplan prognostizierten Ertragskraft, die trotz des hohen Eigenkapitalkoeffizienten während des größten Teils des Umstrukturierungszeitraums und darüber hinaus ausreichend sein und die Ziele, die sich die Íslandsbanki selbst für ihre Ertragskraft gesetzt hat, meist übertreffen wird, durchaus zufrieden. In den Jahren von 2009 bis 2014 schwankt die Eigenkapitalrendite zwischen [… %] und [… %]. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die […] Schwankung vor allem auf außergewöhnliche Umstände und Ereignisse zurückzuführen. Hierzu zählen einerseits Bewertungsgewinne aus den von der Glitnir übertragenen Vermögenswerten und andererseits die durch die kürzlich vom Obersten Gerichtshof getroffene Entscheidung über Fremdwährungskredite ausgelösten Abschreibungen sowie der Erwerb der Byr. Laut Umstrukturierungsplan wird nicht davon ausgegangen, dass derartige ungewöhnliche Ereignisse auch noch nach 2013 eintreten werden. Man erwartet, dass die Eigenkapitalrendite zwischen 2014 und 2016 von [… %] auf [… %] steigen wird. Die von den isländischen Behörden übermittelten Berechnungen, in denen die Gewinn- und Verlustrechnung (G&V) um diese nicht regelmäßig erscheinenden Posten bereinigt wurde, weisen darauf hin, dass die Bank in den Jahren von 2008 bis 2016 vergleichsweise stabile Gewinne erwirtschaftet hat bzw. weiterhin erwirtschaften wird. Der von der Icelandic State Financial Investments (ISFI) übermittelte Bericht, auf den vorstehend Bezug genommen wurde, unterstützt diese Schlussfolgerung offenbar ebenfalls. Obgleich nicht klar ist, ob diese Berechnungen die aus dem starken Diskont stammenden Gewinnen in vollem Umfang widerspiegeln, weist die Überwachungsbehörde darauf hin, dass die Bank laut Umstrukturierungsplan nach dem Jahr 2013, d. h. wenn der Diskont laut Prognose vollständig kompensiert worden ist, jährlich Gewinne zwischen […] und […] Mrd. ISK erzielen wird.

(207)

Einige der relevantesten und detailliertesten Finanzplanungsaspekte, auf die sich der Umstrukturierungsplan stützt, wurden bereits erwähnt. Hierzu zählen beispielsweise die während des Umstrukturierungszeitraums sinkenden Einnahmen aus den Geschäftsfeldern Unternehmens- und Privatkunden. Die Überwachungsbehörde hat den Eindruck, dass dies vor allem auf die Kompensierung des Diskonts zurückzuführen ist und die steigenden Refinanzierungskosten (die sich aus einer stärkeren Diversifizierung auf der Passivseite mit einem höheren Anteil an Krediten mit längeren Laufzeiten ergeben) sowie den Rückgang der Nettozinsmarge von aktuell 4,4 % auf [… %] widerspiegelt. Die Überwachungsbehörde hält es für klug, sich in diesen Geschäftsfeldern nicht auf steigende Einnahmen zu verlassen. Ein leichter Anstieg der Refinanzierungskosten erscheint wahrscheinlich zu sein (ausweislich des Umstrukturierungsplans um bis zu […] Basispunkte). Hinsichtlich der Zinsmarge weist die Überwachungsbehörde darauf hin, dass diese Marge auch nach dem erwarteten Rückgang auf [... %] im internationalen Vergleich relativ hoch ist (85). Laut Aussage der isländischen Behörden bewegte sich diese Marge in den letzten Jahrzehnten immer auf ungefähr diesem Niveau oder darüber. Zu den ursächlichen Faktoren hierfür zählen das Hochzinsumfeld in Island, der niedrigere Anteil von Hypotheken im Kreditportfolio und die vergleichsweise geringe Größe der Banken. Die Überwachungsbehörde erachtet diese Erklärungen als angemessen und hält diesen Aspekt der Finanzplanung daher für hinreichend plausibel.

(208)

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die zukünftige Ertragskraft wird laut Umstrukturierungsplan der Anstieg der Einnahmen aus Gebühren und Provisionen sein, für die eine Zunahme um […] im Planungszeitraum vorhergesagt wird […]. Diese Zunahme würde im Jahr 2016 Gewinne in Höhe von […] ISK erbringen. Die isländischen Behörden tragen vor, dass diese Prognosen plausibel seien, weil seit dem Zusammenbruch und der daraus folgenden Einführung der Kapitalkontrollen das Provisionsgeschäft aus Börsenumsätzen und Devisenhandel praktisch zum Erliegen gekommen sei. Da nach Aussage der isländischen Behörden die Erwartung einer erheblichen Steigerung der Börsenaktivitäten durchaus realistisch ist, und da die Kapitalkontrollen Ende 2013 aufgehoben werden sollen, stellt die Überwachungsbehörde die Plausibilität dieser Zahlen nicht in Frage.

(209)

Lässt man die Einnahmenseite der Gewinn- und Verlustprognose einmal außer Acht, so ist festzustellen, dass die Bank eine Reihe von Maßnahmen zur Erhöhung der Effizienz und Senkung der Kosten getroffen hat. Diese Maßnahmen wurden vorstehend beschrieben und umfassen u. a. eine Senkung des Personalbestands um beinahe 10 %, mit der das Aufwand-Ertrag-Verhältnis 2014 insgesamt von 75 % auf [... %] zurückgehen müsste. Die Überwachungsbehörde begrüßt diese Bemühungen, denn die jetzige Zahl erscheint im internationalen Vergleich recht hoch zu sein. Unter Zugrundelegung des Umstrukturierungsplans hält es die Überwachungsbehörde ebenfalls für plausibel, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Ist die Umstrukturierung des von Glitnir geerbten Portfolios erst einmal abgeschlossen und tritt die erwartete Reduzierung der Aufsichtsarbeit ein, dann sollten Kürzungen im Personalbestand möglich sein. Auch Effizienzsteigerungen im Geschäftsbetrieb der Bank scheinen noch möglich zu sein.

(210)

Darüber hinaus stützt sich der Umstrukturierungsplan offensichtlich auf eine große Zahl von Annahmen. Die Überwachungsbehörde strebte eine genaue Prüfung derjenigen Annahmen an, die für die zukünftige Rentabilität der Íslandsbanki die größte Bedeutung haben und sie am stärksten beeinflussen. Hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Annahmen lässt sich sagen, dass sie, beispielsweise beim BIP-Wachstum und den Arbeitslosenzahlen, weitgehend mit den Prognosen des IWF und des nationalen statistischen Amt Islands übereinstimmen. Insgesamt scheinen die dem Umstrukturierungsplan zugrunde liegenden Annahmen hinreichend solide zu sein. In Verbindung mit den vorstehend dargelegten Überlegungen der Überwachungsbehörde kann daher der Schluss gezogen werden, dass die von der Bank durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen zur Sicherung ihrer langfristigen Rentabilität ausreichen, sofern keine unerwarteten nachteiligen Ereignisse unvorhergesehenen Ausmaßes mit nicht vorhersehbaren Folgen eintreten.

(211)

Berücksichtigt man die oben dargelegten Faktoren, enthält der Umstrukturierungsplan nach Auffassung der Überwachungsbehörde genügend Elemente, die zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität der Bank beitragen. Dies erlaubt der Überwachungsbehörde den Schluss, dass die Bestimmungen in Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien erfüllt sind.

3.3.   Eigenbeitrag/Lastenverteilung

(212)

Randnummer 22 der Umstrukturierungsleitlinien lautet: „Zur Begrenzung etwaiger Wettbewerbsverzerrungen und Vermeidung moralischer Risiken sollte die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt werden und der Begünstigte einen angemessenen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten. Das Unternehmen und dessen Kapitaleigner sollten sich soweit wie möglich mit eigenen Mitteln an der Umstrukturierung beteiligen. Dies ist erforderlich um sicherzustellen, dass gerettete Banken in angemessenem Umfang Verantwortung für die Folgen ihres früheren Verhaltens tragen, und um geeignete Anreize für ihr künftiges Verhalten zu schaffen.“

(213)

In diesem Zusammenhang erinnert die Überwachungsbehörde an einen entscheidenden Aspekt des vorliegenden Falls. Als die Íslandsbanki auf dem Fundament des inländischen Geschäftsbetriebs der Glitnir errichtet wurde, wurden die Aktionäre der Glitnir Bank vollständig hinausgedrängt und leisteten damit den höchstmöglichen Beitrag zur Umstrukturierung der Íslandsbanki. Darüber hinaus mussten die Gläubiger der Glitnir erhebliche Verluste (86) hinnehmen, zumindest aber das Risiko eingehen, dass ihr Investment von der Ertragskraft der Íslandsbanki abhing. Hinsichtlich der Eigentümer und Gläubiger der Glitnir ist das Kriterium der Lastenverteilung optimal erfüllt und dem Problem des moralischen Risikos wurde begegnet.

(214)

Die Überwachungsbehörde hat darüber hinaus zu beurteilen, ob die von der Íslandsbanki empfangene staatliche Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt war.

(215)

Was die Kapitalisierungsmaßnahmen betrifft, so reichte die anfängliche Kapitalausstattung der Íslandsbanki bis zu dem Zeitpunkt, als der Staatsanteil durch die Vereinbarung mit den Gläubigern der Glitnir auf 5 % gesenkt wurde, gerade aus, um die Eigenkapitalanforderungen der FME zu erfüllen. Im Jahr 2009, als der Kaufvertrag zwischen Glitnir und Íslandsbanki geschlossen und der Íslandsbanki das Ergänzungskapital gewährt wurde, betrug der Eigenkapitalkoeffizient etwa 19 % und lag somit drei Prozentpunkte über dem von der FME festgelegten Minimum. In diesem Zusammenhang merkt die Überwachungsbehörde an, dass der Eigenkapitalkoeffizient vor allem von der korrekten Bewertung der von der Glitnir an die Íslandsbanki übertragenen Vermögenswerte abhing. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die wirtschaftlichen Aussichten für Island zu dieser Zeit eher ungewiss erschienen. In Anbetracht des Vorstehenden ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Höhe des Kapitals, das der isländische Staat der Íslandsbanki zur Verfügung stellte, auf das erforderliche Minimum beschränkt war, denn es betrug nicht mehr als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zuzüglich eines angemessenen Puffers.

(216)

Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch den Sachverhalt hinfällig, dass der Eigenkapitalkoeffizient der Íslandsbanki soweit erstarkte, dass 2011 eine stark unterkapitalisierte Bank — die Byr — aufgenommen werden konnte. Die Zunahme des Eigenkapitalkoeffizienten war beinahe ausschließlich auf die Höherbewertung des Buchwerts der von der Glitnir an die Íslandsbanki übertragenen Vermögenswerte zurückzuführen. Dass dies eintritt, war nicht mit Sicherheit vorhersagbar. Die Tatsache, dass sich der Eigenkapitalkoeffizient später so stark entwickelte stellt nach Ansicht der Überwachungsbehörde keinen Grund für die Annahme war, dass die Íslandsbanki von Beginn an vom Staat überkapitalisiert worden war (87).

(217)

Laut Randnummer 26 der Umstrukturierungsleitlinien sollten Umstrukturierungsbeihilfe empfangende Banken „in der Lage sein, aus ihren Geschäftsgewinnen eine angemessene Vergütung für das Kapital zu zahlen, unter anderem in Form von Dividenden und Kuponzahlungen für im Umlauf befindliche nachrangige Verbindlichkeiten“.

(218)

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Staat aus dem bereits im Herbst 2009 zurückgezahlten Kapital eine Jahresrendite von beinahe 14 % bezog. In Anbetracht der allgemein guten Leistungen, die die Íslandsbanki seit ihrer Gründung zeigte, erscheinen auch die Aussichten für eine zufriedenstellende Rendite aus dem Anteil von 5 %, den der Staat behielt, vielversprechend.

(219)

Es ist aber auch zu betonen, dass die Vergütung für das Ergänzungskapital von den Rekapitalisierungsleitlinien (88) der Überwachungsbehörde abweicht. Wie die isländischen Behörden ganz richtig vortragen, beträgt die nach den Rekapitalisierungsleitlinien erforderliche Vergütung etwa 15,7 % (diese setzen sich aus den Finanzierungskosten des Staates in Höhe von 8 %, dem vor der Krise bestehenden CDS-Spread der Glitnir von 5,7 % und einer Zusatzgebühr von 2 % zusammen). Die von der Íslandsbanki gezahlte Vergütung in Höhe des EURIBOR zuzüglich eines Zuschlags von 4 % erreicht diese Vergleichsmarke bei Weitem nicht. Laut Randnummer 25 der Umstrukturierungsleitlinien kann eine Abweichung von einer angemessenen Ex-ante-Lastenverteilung (d. h. einer angemessenen Vergütung) unter anderem durch eine umfassendere Umstrukturierung einschließlich zusätzlicher Maßnahmen zur Begrenzung etwaiger Wettbewerbsverzerrungen gerechtfertigt werden. Wie aus den folgenden Absätzen hervorgehen wird, ist die Umstrukturierung der Íslandsbanki nach Auffassung der Überwachungsbehörde umfassend genug, um diese Bedingung zu erfüllen.

(220)

Wie vorstehend bereits erläutert wurde, beinhaltet die Straumur-Vereinbarung zwar Elemente staatlicher Beihilfe, nach Auffassung der Überwachungsbehörde ist sie aber so aufgebaut, dass ein unmittelbarer finanzieller Vorteil für die Íslandsbanki eingeschränkt, wenn nicht sogar ganz ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung stellt im Wesentlichen eine verhandelte Entschädigung der Íslandsbanki für die Übernahme der Einlagenverbindlichkeiten der Straumur dar. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Íslandsbanki Vermögenswerte erhalten, die den übertragenen Verbindlichkeiten entsprechen. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde kommt dieser Beihilfe keine große Bedeutung für die Beurteilung der Lastenverteilung zu.

(221)

Was schließlich die Einlagensicherung betrifft, so hat die Überwachungsbehörde bereits im Eröffnungsbeschluss darauf hingewiesen, dass sie in Anbetracht der damals herrschenden, außergewöhnlichen Umstände ein angemessenes Mittel zur Sicherung der finanziellen Stabilität in Island darstellen könnte. Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine solche Beihilfe nicht für unbegrenzte Zeit genehmigt werden kann.

(222)

Damit diese staatliche Beihilfe als auf das erforderliche Minimum begrenzt gelten kann, muss sie nach Ansicht der Überwachungsbehörde so bald wie möglich beendet werden. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Absicht der isländischen Behörden, die Einlagensicherung vor der Aufhebung der Kapitalkontrollen abzuschaffen. Laut aktueller Planung wird dies spätestens Ende 2013 der Fall sein.

(223)

Um Vorsorge für Verzögerungen bei der Aufhebung der Kapitalkontrollen zu treffen, aber auch ihre Auffassung zum Tragen zu bringen, dass eine rentable Bank ohne den Schutz einer solchen pauschalen Einlagensicherung im Wettbewerb auf dem Markt bestehen können muss, wird die Überwachungsbehörde daher die Einlagensicherung bis Ende 2014 bewilligen (89). Danach ist der Einlagenschutz nur durch die geltenden EWR-Rechtsvorschriften zu Einlagensicherungen zu regeln.

(224)

Unter Zugrundelegung der oben dargelegten Gesichtspunkte gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass der Umstrukturierungsplan der Íslandsbanki sicherstellt, dass die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt ist und dass sich die Empfängerin, die Aktionäre und die Gläubiger der Vorgängerbank in wesentlichem Umfang an der Lastenverteilung beteiligt haben. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht also im Einklang mit Abschnitt 3 der Umstrukturierungsleitlinien.

3.4.   Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen

(225)

Die Umstrukturierungsleitlinien sehen in Abschnitt 4, Randnummer 29 bis 32, Folgendes vor:

„Die Finanzstabilität bleibt in Zeiten einer Systemkrise weiterhin das oberste Ziel von Beihilfen für den Finanzsektor, doch die kurzfristige Wahrung der systemischen Stabilität darf nicht dazu führen, dass gerecht ausgestaltete Wettbewerbsbedingungen und vom Wettbewerb bestimmte Märkte langfristig Schaden nehmen. In diesem Rahmen kommt Maßnahmen zur Begrenzung beihilfebedingter Wettbewerbsverzerrungen unter anderem aus den folgenden Gründen eine wichtige Rolle zu. […] Maßnahmen zur Begrenzung der Wettbewerbsverzerrungen sollten immer auf die spezifischen Probleme der Märkte zugeschnitten sein, auf denen die begünstigte, nach der Umstrukturierung wieder rentabel arbeitende Bank tätig ist, und gleichzeitig auf politisch kohärenten Prinzipien beruhen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit solcher Maßnahmen geht die Überwachungsbehörde zunächst von Umfang, Reichweite und Art der Geschäftstätigkeiten aus, denen die betreffende Bank bei Umsetzung eines plausiblen Umstrukturierungsplans im Einklang mit Abschnitt 2 nachgehen würde. […] Art und Form solcher Maßnahmen richten sich nach zwei Kriterien: erstens nach der Höhe der Beihilfe sowie den Bedingungen und Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, und zweitens nach den Merkmalen des Marktes bzw. der Märkte, auf dem bzw. denen die begünstigte Bank tätig sein wird.

Was das erste Kriterium angeht, werden die Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen je nach Höhe der Beihilfe, Umfang der Lastenverteilung und Höhe der Vergütung sehr unterschiedlich ausfallen. Je umfangreicher Lastenverteilung und Eigenbeitrag sind, desto geringer sind in der Regel die Folgen eines moralischen Risikos.

Was das zweite Kriterium angeht, wird die Überwachungsbehörde die voraussichtlichen Auswirkungen der Beihilfe auf den Märkten prüfen, auf denen die Bank nach der Umstrukturierung tätig sein wird. Zuallererst werden die Größe und die relative Bedeutung analysiert, die die Bank nach Wiederherstellung der Rentabilität auf dem entsprechenden Markt bzw. den entsprechenden Märkten haben wird. Die Maßnahmen werden im Interesse der Wahrung eines wirksamen Wettbewerbs unter Berücksichtigung der Merkmale des jeweiligen Marktes ausgestaltet. […] Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsbeschränkungen sollten die Chancen auf die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank nicht schmälern.“

(226)

Daraus folgt, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen durch die Überwachungsbehörde der Umfang der Beihilfe, insbesondere unter relativen Aspekten, sowie die Merkmale des Marktes eine entscheidende Rolle spielen. Zugleich liegt auf der Hand, dass derartige Maßnahmen die Rentabilität des Empfängers von Umstrukturierungshilfe nicht gefährden dürfen. Die Auseinandersetzung mit Wettbewerbsfragen muss im Hinblick auf das oberste Ziel, die Wahrung der finanziellen Stabilität in der derzeitigen Krise, erfolgen.

(227)

Vor dem Hintergrund des oben umrissenen Rechtsrahmens erläutert die Überwachungsbehörde nachfolgend die Überlegungen, die ihres Erachtens für die Beurteilung der Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen wesentlich sind.

(228)

An erster Stelle steht für die Überwachungsbehörde die Überlegung, dass in Anbetracht der in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen besonderen Lage auf den isländischen Finanzmärkten und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage eine sorgfältige Würdigung der Marktbedingungen und des Wettbewerbsumfeldes erforderlich ist. Die Maßnahmen zur Beschränkung von Wettbewerbsverzerrungen sollten die derzeit schwierigen Umstände widerspiegeln, zugleich aber gewährleisten, dass Wettbewerbsverzerrungen sowohl kurz- als auch langfristig auf ein Minimum begrenzt werden.

(229)

An zweiter Stelle steht, dass, wie im Abschnitt über die Lastenverteilung bereits erläutert wurde, die Frage des größtmöglichen Beitrags der ehemaligen Eigentümer der Glitnir, und in einem gewissen Umfang auch ihrer Gläubiger, gelöst wurde. Dementsprechend was es kaum notwendig, zusätzliche Wettbewerbsmaßnahmen durchzuführen.

(230)

Was drittens die besonderen Merkmale des maßgeblichen Markts und den oben beschriebenen Zusammenbruch des Finanzsystems in Island mit den anschließenden Interventionen der isländischen Behörden, zu denen auch die Gründung der Íslandsbanki auf der Grundlage des inländischen Geschäftsbetriebs der Glitnir gehörte, betrifft, so führten diese Ereignisse zu einer stärkeren Konzentration auf dem isländischen Markt für Finanzdienstleistungen. Der Marktanteil der drei Großbanken Íslandsbanki, Arion Bank und Landsbankinn wuchs erheblich. Daneben verbleiben nur ein paar kleine Marktteilnehmer, und die unmittelbaren Aussichten auf neue Markteintritte sind äußerst gering. Dies ist nicht nur auf die bereits erwähnten Marktzutrittsschranken und die geringe Größe dieses Markts zurückzuführen, sondern vor allem auch auf die Kapitalkontrollen. Mit ihrem Marktanteil von über [... %] in den maßgeblichsten, wirtschaftlich bedeutendsten Segmenten hält die Íslandsbanki auf diesem konzentrierten Markt eine äußerst wichtige Position.

(231)

Die Krise löste viertens eine Reihe ganz eigener Probleme aus. Hierzu zählen der extrem hohe Grad mittel- und unmittelbaren Eigentums der Großbanken in der Realwirtschaft und das Bestehen eines de facto Monopols bei IT-Dienstleistungen im Bankwesen (RB). Hier besitzen die drei Großbanken eine Mehrheitsbeteiligung.

(232)

Fünftens ist der relative Umfang der von der Íslandsbanki empfangenen Beihilfe bedeutsam. Hier merkt die Überwachungsbehörde an, dass der Staat zu Beginn das gesamte Kapital der Bank zur Verfügung stellte. Darüber hinaus profitierte die Bank von verschiedenen Beihilfemaßnahmen, nämlich der Straumur-Vereinbarung, der besonderen Liquiditätsfazilität und der Einlagensicherung. Gleichzeitig ist die Íslandsbanki aber, zumindest nach internationalen Maßstäben, nach wie vor eine kleine Bank.

(233)

Sechstens verlangt der Kauf der Byr durch die Bank zusätzliche Maßnahmen zum Schutz des Wettbewerbs. In der zweiten Byr-Entscheidung forderte die Überwachungsbehörde, dass der kurz vor der Vollendung stehende Umstrukturierungsplan Maßnahmen zur Sicherstellung dessen enthalten müsse, dass dem isländischen Markt auch in Zukunft die Vorteile eines wirkungsvollen Wettbewerbs zugutekommen. So sollte den Bedenken begegnet werden, die die Überwachungsbehörde hinsichtlich des Zustands des Wettbewerbs auf dem isländischen Finanzmarkt erhoben hatte.

(234)

Vor diesem Hintergrund stellt die Überwachungsbehörde fest, dass bereits Maßnahmen zur Begrenzung der durch die staatliche Beihilfe für die Íslandsbanki verursachten Wettbewerbsverzerrungen getroffen wurden oder in Zukunft getroffen werden sollen.

i)   Von den isländischen Behörden durchgeführte oder zugesagte Maßnahmen und regulatorische Entwicklungen

(235)

Die isländische Regierung ist im Einzelnen zwei Verpflichtungen eingegangenen (siehe Anhang), die nach Ansicht der Überwachungsbehörde zur Schaffung eines dem Wettbewerb auf den Finanzmärkten förderlichen, regulatorischen Umfelds beitragen können.

(236)

Die erste Zusage betrifft die Bestellung einer Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Gesetzes Nr. 36/1978 über Stempelsteuern und insbesondere die Prüfung der Frage, ob Stempelsteuern auf von natürlichen Personen herausgegebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einem Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) abgeschafft werden sollen. Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass das derzeitige Gesetz — das Kunden unter anderem bei einem Wechsel des Kreditgebers zur Zahlung der Stempelsteuer auf den Betrag der jeweiligen Schuldverschreibung (90) verpflichtet — eine Behinderung des Wettbewerbs darstellen könnte, weil es Kunden unter Umständen an bestehende, langfristige Kreditverträge fesselt. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Verpflichtung zur Überprüfung dieses Gesetzes.

(237)

Zweitens nimmt die Überwachungsbehörde zur Kenntnis, dass die Regierung gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung einen Ausschuss mit dem Auftrag zur Überprüfung des Verbraucherschutzes im Finanzmarkt bestellen wird. Dieser Auftrag wird einen Sonderauftrag zur Prüfung der Erleichterung und Kostensenkung für den Wechsel des Kreditgebers einschließen. Der Ausschuss soll in dieser Frage zudem eng mit der ICA zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorstellen. Die Überwachungsbehörde ist der Meinung, dass eine genauere Bewertung langfristig für den Wettbewerb von Vorteil sein könnte Bis dahin wird die nachfolgend erörterte, auf diese eine Bank bezogene Verpflichtung der Íslandsbanki einen Beitrag zur Erleichterung des Kreditgeberwechsels leisten und damit den Wettbewerb stärken.

(238)

Was die von der Überwachungsbehörde festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken bezüglich von RB betrifft, so begrüßt sie die Einigung, die die Wettbewerbsbehörde ICA und die Eigentümer von RB, darunter auch die drei Großbanken, in dieser Frage erzielt haben. Mit dieser Einigung wird die Sicherstellung des Zugangs zu grundlegenden IT-Infrastrukturen für kleine Wettbewerber und potenzielle Neuzugänge im Markt auf nicht diskriminierender Basis und zu angemessenen Kosten angestrebt. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass ihren u. a. in der zweiten Byr-Entscheidung erhobenen Bedenken mit dieser Einigung angemessen Rechnung getragen wurde und dass sie sich in dieser Entscheidung mit dieser Frage nicht weiter befassen muss.

(239)

Die Überwachungsbehörde nimmt schließlich die seit 2008 vorgenommenen regulatorischen Änderungen zur Kenntnis. Sie werden im Anhang erörtert. Hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Bedenken kommt der Einfügung von Artikel 22 in das Gesetz über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zu. Dieser Artikel enthält Bestimmungen, mit denen die Beteiligung von Finanzunternehmen an Aktivitäten, die nicht in den Umfang ihrer Betriebslizenzen fallen, beschränkt wird. Nach dieser neuen Vorschrift dürfen derartige Tätigkeiten nur vorübergehend zum Zweck des Abschlusses von Transaktionen oder zur Sanierung der Aktivitäten von Kunden verfolgt werden. Der FME muss eine mit Gründen versehene Mitteilung hierzu übermittelt werden. Außerdem wurden Fristen festgelegt, innerhalb derer die Finanzunternehmen die Sanierung ihrer Kunden und die Veräußerung eingezogener Vermögenswerte abschließen müssen.

(240)

Die Überwachungsbehörde betrachtet diese Änderung als angemessene regulatorische Reaktion auf das Problem, dass Finanzinstitute unverhältnismäßig große Eigentumsanteile an der Realwirtschaft besaßen. Diese Bestimmung scheint für diese Situation Abhilfe zu schaffen und zu verhindern, dass diese Lage — die im Sog der Finanzkrise als unmittelbares Ergebnis der Schulden-Swaps (und ähnlicher Transaktionen), an denen überschuldete Unternehmen beteiligt waren, entstand — zum Dauerzustand wird. Da sie einem der drängendsten Wettbewerbsprobleme in Verbindung mit der staatlichen Beihilfe für die drei Banken begegnet, wird die Überwachungsbehörde diese Bestimmung in ihrer Würdigung angemessen berücksichtigen.

ii)   Besonders auf die Íslandsbanki ausgerichtete Maßnahmen

(241)

Die Überwachungsbehörde hebt hervor, dass Marktpräsenz und Größe der Íslandsbanki nur einen Bruchteil der Marktpräsenz und Größe der Glitnir erreichen, da, wie oben erläutert, die gesamten Vermögenswerte um 84 % verringert wurden und die Íslandsbanki, im Gegensatz zur Glitnir, nur im isländischen Markt tätig ist. Obgleich der größte Teil dieser Verkleinerung offensichtlich auf die Liquidation des internationalen Geschäftsbetriebs der Glitnir zurückzuführen ist, vertritt die Überwachungsbehörde nichtsdestoweniger die Ansicht, dass dieser Vorgang im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen von besonderer Bedeutung ist. Schließlich war es die riskante, von der Glitnir in ihrem Auslandsgeschäft verfolgte Strategie, die zu ihrem Zusammenbruch führte und in der Vergangenheit Verwerfungen in den Finanzmärkten des EWR hervorrief (91).

(242)

Darüber hinaus begrüßt die Überwachungsbehörde die Verpflichtungen der Íslandsbanki (siehe Anhang), ihre Präsenz im Inlandsmarkt durch Ausgliederungen im Zusammenhang mit […] um weitere […] zu verringern. Auf der Grundlage des endgültigen Umstrukturierungsplans und eingedenk dessen, dass die Íslandsbanki nach EWR-Standards eine kleine Bank ist, stimmt die Überwachungsbehörde mit der Íslandsbanki darin überein, dass weitere Strukturmaßnahmen die Aussichten der Bank auf die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität gefährden könnten (92).

(243)

Die Überwachungsbehörde nimmt die Verpflichtung der Íslandsbanki, bis zum 15. Oktober 2014 nur mit vorheriger Zustimmung der Überwachungsbehörde Finanzinstitute zu erwerben, zur Kenntnis. Sofern unter Gesichtspunkten der finanziellen Stabilität keine weiteren Zusammenschlüsse notwendig werden, bedeutet dies, dass eine weitere, durch Aufkäufe der Íslandsbanki verursachte Konzentration des isländischen Finanzmarkts verhindert werden kann. Mit dieser Verpflichtung wird auch sichergestellt, dass die der Íslandsbanki gewährte Beihilfe zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität und nicht zur Festigung und weiteren Ausdehnung ihrer Marktpräsenz in Island verwendet werden wird. Dies gilt ebenso für die Verpflichtung der Íslandsbanki, bis zum 15. Oktober 2014 weder bestehende Klauseln zu vollstrecken noch neue Vertragsklauseln einzuführen, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrechterhalten wird. Ebenso trifft dies auf die Verpflichtung zu, sich bei der Vermarktung ihrer Leistungen nicht auf das staatliche Engagement berufen, um daraus einen Vorteil im Wettbewerb zu ziehen.

(244)

Wie oben bereits dargelegt wurde, stellt der isländische Finanzmarkt zurzeit für jede Bank ein Arbeitsumfeld voller Herausforderungen dar. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass im Ausland derzeit so gut wie überhaupt kein Interesse an einem Eintritt in diesen Markt besteht. Die Überwachungsbehörde begrüßt folglich die Verpflichtungen der Íslandsbanki zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und zur Erbringung grundlegender Dienstleistungen für die Zahlungsabwicklung und die Geldausgabe. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen in Verbindung mit der oben erwähnten, zwischen den drei Großbanken und der ICA getroffenen Vereinbarung über das RB sicherstellen, dass kleine Marktteilnehmer zu angemessenen Preisen Zugang zu grundlegenden Infrastruktureinrichtungen und Dienstleistungen erhalten, ohne dass die größeren Marktteilnehmer ihnen den Zugang versperren können. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde werden damit die Marktzutrittsschranken für zukünftige (potenzielle) Marktteilnehmer gesenkt. Bestehende kleinere Marktteilnehmer könnten die Möglichkeit zur Vergrößerung ihrer Marktanteile erhalten, wenn sie bessere Dienstleistungen als ihre großen Wettbewerber anbieten können. Darüber hinaus begünstigen alle Maßnahmen, die der Erleichterung des Wechsels von einer zur anderen Bank dienen, einen schärferen Wettbewerb zwischen den bestehenden großen Marktteilnehmern und könnten somit auch dazu beitragen, eine mögliche gemeinsame Marktdominanz zu verhindern oder zu beseitigen.

(245)

Die Íslandsbanki verpflichtet sich schließlich auch zum möglichst baldigen Verkauf ihrer Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie gemäß Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 aufgrund von Umstrukturierungen übernahm. Die Bank verpflichtet sich, die in diesem Gesetz festgelegten Verfahren und Fristen einzuhalten. und auf ihrer eigenen oder der Website einer Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über zum Verkauf gehaltene Tochtergesellschaften und Beteiligungen bereitzustellen. Die Überwachungsbehörde begrüßt die Verpflichtung der Íslandsbanki, so bald wie möglich alle nicht mit ihrem Kerngeschäft zusammenhängenden Unternehmen und Beteiligungen abzustoßen. Hier spielen nicht zuletzt Bedenken bezüglich der Rentabilität eine Rolle. Die Überwachungsbehörde ist zwar der Ansicht, dass die Bank selbstverständlich im Inland geltende, gesetzliche Verpflichtungen wie Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen einhalten muss. Sie nimmt die beschriebene Verpflichtung andererseits aber zur Kenntnis und macht die isländischen Behörden und die Empfängerin darauf aufmerksam, dass in dieser Hinsicht ein Verstoß gegen nationales Gesetz auch einen Missbrauch von Beihilfe beinhalten könnte. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass mit der Vorschrift über die Aufnahme von Angaben über vorgesehene Ausgliederungen und Verkäufe in die Website mehr Transparenz bezüglich der derzeitigen Eigentumsverhältnisse in der isländischen Wirtschaft geschaffen wird. Damit werden, zumindest zu einem gewissen Grad, die besonderen wettbewerbsrechtlichen Bedenken, die derzeit hinsichtlich der isländischen Märkte bestehen, ausgeräumt.

(246)

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen und insbesondere in Anbetracht der besonderen Lage in Island sowie des Umstandes, dass die oben beschriebenen Maßnahmen den wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Problemen, die die Überwachungsbehörde in Zusammenarbeit mit der ICA festgestellt hat, nach Auffassung der Überwachungsbehörde begegnen, gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass die Wettbewerbsverzerrungen durch diese Verpflichtungen in einem zufriedenstellenden Umfang begrenzt werden. Hierbei berücksichtigt die Behörde auch das oberste Ziel, nämlich die finanzielle Stabilität. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht folglich im Einklang mit Abschnitt 4 der Umstrukturierungsleitlinien.

4.   SCHLUSSFOLGERUNG

(247)

Auf der Grundlage der vorstehenden Bewertung und im Lichte des von den isländischen Behörden eingereichten Umstrukturierungsplans für die Arion Bank sind die im Eröffnungsbeschluss geäußerten Bedenken der Überwachungsbehörde hinsichtlich der Beschaffenheit und der beihilferechtlichen Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen für die Íslandsbanki nunmehr ausgeräumt. Die Überwachungsbehörde genehmigt die Beihilfemaßnahmen daher als Umstrukturierungsbeihilfe, die nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist, sofern Island und die Íslandsbanki die im Anhang dargelegten Verpflichtungen einhalten —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das anfängliche Betriebskapital, die (vorübergehende) vollständige Kapitalausstattung der neuen Bank durch den Staat, der Verbleib von 5 % des Aktienkapitals beim Staat, das der Íslandsbanki bereit gestellte Ergänzungskapital sowie die besondere Liquiditätsfazilität, die unbegrenzte Einlagensicherung und die Straumur-Vereinbarung stellen staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar.

Artikel 2

Da die isländischen Behörden ihrer Verpflichtung nach Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3, die Beihilfen vor deren Durchführung bei der Überwachungsbehörde anzumelden, nicht nachgekommen sind, stellen die in Artikel 1 genannten Maßnahmen ab dem Tag ihrer Einführung bis zum Tag dieser Entscheidung rechtswidrige staatliche Beihilfen dar.

Artikel 3

Die in Artikel 1 aufgezählten Maßnahmen sowie die in der Entscheidung Nr. 126/11/KOL beschriebenen Maßnahmen zugunsten der Byr sind gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommens vereinbar, sofern die im Anhang dargelegten Verpflichtungen eingehalten werden. Die Genehmigung für die unbegrenzte Einlagensicherung läuft Ende 2014 aus.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 5

Nur die englische Sprachfassung dieser Entscheidung ist verbindlich.

Brüssel, den 27. Juni 2012

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Oda Helen SLETNES

Präsidentin

Sabine MONAUNI-TÖMÖRDY

Mitglied des Kollegiums


(1)  Das vorliegende Dokument wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. In dieser nichtvertraulichen Fassung wurden bestimmte Informationen zur Wahrung ihres vertraulichen Charakters ausgelassen. Diese Stellen sind durch […] gekennzeichnet, oder es wird mit Hilfe einer in eckige Klammern gesetzten Bandbreite ein nicht vertraulicher Näherungswert der maßgeblichen Zahl angegeben.

(2)  Eine ausführlichere Beschreibung des Verfahrens ist dem Eröffnungsbeschluss zu entnehmen, auf den in Fußnote 3 Bezug genommen wird.

(3)  Entscheidung Nr. 494/10/KOL der Überwachungsbehörde zur Eröffnung des förmliches Prüfverfahrens bezüglich der staatlichen Beihilfe für die Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Glitnir Bank hf und die Errichtung und Kapitalausstattung der New Glitnir Bank hf (inzwischen umbenannt in Íslandsbanki) (ABl. C 41 vom 10.2.2011, S. 51) und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 7 vom 10.2.2011, S. 50.

(4)  Weitere Informationen über das mit der Entscheidung Nr. 494/10/KOL der Überwachungsbehörde endende Verfahren sind dem Verfahrensteil der Entscheidung zu entnehmen.

(5)  Von den Beteiligten am 25. Mai 2012 berichtigt.

(6)  Siehe die Entscheidung der Überwachungsbehörde Nr. 325/11/KOL über die Genehmigung einer Beihilfe zugunsten der Ìslandsbanki für den Erwerb der Byr und die Verlängerung der vorläufigen Genehmigung für SLF an die Byr hf (ABl. C 16 vom 19.1.2012, S. 10) und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 3 vom 19.1.2012, S. 1.

(7)  Hinsichtlich der Wettbewerbssituation im isländischen Bankensektor und im Hinblick auf mögliche wettbewerbsrechtliche Abhilfemaßnahmen arbeitete die Überwachungsbehörde mit der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammen.

(8)  Siehe den Bericht des Sonderuntersuchungsausschusses an das isländische Parlament, Kapitel 2 Summary of the Report's Main Conclusions, [Zusammenfassung der wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts] Seite 13, zugänglich unter http://sic.althingi.is/pdf/RNAvef-Kafli2Enska.pdf.

(9)  Am gleichen Tag wurde auch die Landsbanki unter Insolvenzverwaltung gestellt. Die Kaupthing Bank folgte zwei Tage später am 9.10.2008.

(10)  Mitglieder des Sonderuntersuchungsausschusses SIC sind der Richter am Obersten Gerichtshof, Herr Páll Hreinsson, der parlamentarische Bürgerbeauftragte Islands, Herr Tryggvi Gunnarsson, und die Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Yale University, USA, Frau Sigríður Benediktsdóttir Ph.D. Der Bericht steht in isländischer Sprache in voller Länge unter http://rna.althingi.is/ zur Verfügung. Die in die englische Sprache übersetzten Teile (einschließlich der Zusammenfassung und Bemerkungen und des Kapitels über die Ursachen des Zusammenbruchs der Banken) können unter http://sic.althingi.is/ eingesehen werden.

(11)  Isländische Króna.

(12)  Die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner stieg innerhalb von sechs Monaten um 11,4 Mrd. EUR von 9,3 Mrd. EUR auf 20,7 Mrd. EUR.

(13)  Kapitel 21.2.1.2 (Seite 6) des Berichts.

(14)  Die Lage verschärfte sich dadurch noch weiter, dass ausländische Gläubiger der größten isländischen Investmentgesellschaften aufgrund des verminderten Werts der Sicherheiten Nachschusszahlungen forderten. Dies hatte zur Folge, dass die drei wichtigsten Banken die Finanzierung übernahmen, damit die ausländischen Banken ausgezahlt werden konnten.

(15)  Kapitel 21.2.1.4 des Berichts.

(16)  Tatsächlich war es erklärte Politik der damaligen Regierungskoalition, mehr Wachstum zu fördern und den Banken Anreize zu bieten, ihren Hauptsitz in Island beizubehalten.

(17)  Kapitel 2, Seite 5 des Berichts.

(18)  Weitere allgemeine Einzelheiten zu den von den isländischen Behörden getroffenen Maßnahmen sind dem Bericht des Finanzministers an das Parlament über die Wiedererrichtung der Geschäftsbanken vom Mai 2011 zu entnehmen (Skýrsla fjármálaráðherra um endurreisn viðskiptabankanna), verfügbar unter http://www.althingi.is/altext/139/s/pdf/1213.pdf.

(19)  Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw.

(20)  Siehe auch den Jahresbericht 2009 der FME (Juli 2008 bis Juni 2009), unter: http://en.fme.is/media/utgefid-efni/FME-Annual-Report-2009.pdf.

(21)  Weitere Übernahmen von Finanzunternehmen sollten folgen. Im März 2009 übernahm die FME die Kontrolle über das operative Geschäft der drei Finanzunternehmen Straumur-Burdaras, Reykjavik Savings Bank (SPRON) und Sparisjodabanki Íslands (Icebank) und traf Entscheidungen über die Veräußerung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten dieser Unternehmen. Eine Vergleichsvereinbarung mit den Gläubigern von Straumur wurde zwar genehmigt, aber für SPRON und Sparisjodabanki wurden Liquidationsverfahren durchgeführt. Auch andere Finanzunternehmen wurden vom Zusammenbruch der drei wichtigsten Geschäftsbanken und den auf den Finanzmärkten vorherrschenden Unsicherheiten stark in Mitleidenschaft gezogen. So wurden im Jahr 2010 weitere Finanzunternehmen der öffentlichen Verwaltung unterstellt. Im März 2010 bestellte die FME einen vorläufigen Vorstand für die VBS Investment Bank. Im April 2010 übernahm die FME die Kontrolle über die Keflavík Savings Bank und die Byr Savings Bank und legte fest, dass deren operatives Geschäft von neuen Finanzunternehmen, der SpKef Savings Bank bzw. der Byr hf, übernommen werden sollte, Da sich die Finanzlage dieser neuen Unternehmen als schlechter erwies als ursprünglich angenommen, wurde die SpKef mit Beschluss der FME später mit der Landsbankinn verschmolzen und die Byr hf wurde nach einer Ausschreibung der Byr-Aktien mit der Íslandsbanki zusammengelegt. Die isländischen Behörden wurden darüber hinaus 2009 zur Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten der Saga Capital Investment Bank und 2011 des Housing Financing Fund in Anspruch genommen.

(22)  Als Beispiel für die Größenordnung des außerordentlichen Wertverlustes sei hier der Anstieg des durchschnittlichen monatlichen Wechselkurses des Euro zur isländischen Króna genannt. Er stieg von 90,71 ISK im Dezember 2007 auf 184,64 ISK im November 2009.

(23)  In den Jahren zwischen 2009 und 2011 betrug der Anteil der Investitionen am BIP nur 13-14 %.

(24)  Unter Handelsbilanz ist die Differenz zwischen den Erlösen aus Aus- und Einfuhren von Waren und Dienstleistungen zu verstehen. Der Saldo der Primäreinkommen aus dem Ausland ist darin nicht enthalten. Er war in den letzten Jahren, insbesondere seit 2008, negativ. Die bedeutet, dass die Leistungsbilanz Islands insgesamt trotz des Überschusses in der Handelsbilanz in den letzten Jahren negativ war, obgleich seit 2009 ein spürbarer Rückgang zu verzeichnen ist.

(25)  Informationen zu diesem Thema sind beispielsweise dem Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi vom März 2012 über die zukünftige Struktur des isländischen Finanzsystems, „Future Structure of the Icelandic Financial System“, zu entnehmen. Nach Aussage des Ministeriums wird dieser Bericht als Katalysator für eine informierte Diskussion über dieses wichtige Thema betrachtet. Er stellt keine vollständig ausgeformten Vorschläge vor, sondern gibt unter Bezugnahme auf internationale Entwicklungen einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen und Perspektiven. Der Bericht ist steht unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf zur Verfügung.

(26)  Die Rückführung der Einlagensicherungen auf normale Bedingungen bezieht sich nicht nur auf die Abschaffung der staatlichen Deckung für derartige Garantien, sondern auch auf eine Überprüfung der Bestimmungen des Notstandsgesetzes, nach denen Einlagen, die unter eine Einlagensicherung fallen, bei der Liquidation eines Finanzunternehmens Vorrang haben. Dies beinhaltet eine erhebliche Sicherheit für Einleger, nicht zuletzt weil der Bankenkollaps von 2008 den Menschen noch frisch in Erinnerung ist. Andererseits stellt diese Bestimmung für die Banken ein Handicap bei der Diversifizierung ihrer Finanzierungsvereinbarungen dar.

(27)  Siehe Kapitel 9 des in Fußnote 25 zitierten Berichts des Wirtschaftsministers. Bei der Vorstellung dieses Berichts bestellte der Wirtschaftsminister auch eine Gruppe von Bankexperten unter Beteiligung ausländischer Sachverständiger. Ihnen wurde die Aufgabe übertragen, Vorschläge für einen umfassenden gesetzlichen und regulatorischen Rahmen für den gesamten isländischen Finanzmarkt zu erarbeiten. Ausweislich dieses Berichts planen die isländischen Behörden auch die Prüfung anderer zukünftiger Optionen. Hierzu gehören die mögliche Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanktätigkeiten, die Einführung von Rechtsvorschriften für Finanzstabilität und die mögliche Änderung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Regulierungsbehörden für Finanzdienstleistungen. Aus den Stellungnahmen der isländischen Behörden geht auch hervor, dass eine Überprüfung des Rahmens für die Geld- und Währungspolitik weiterhin auf der Tagesordnung steht, sei es mit oder ohne den möglichen Beitritt Islands zur Europäischen Union. Auch weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Wirtschaftsführung und der Sicherstellung dessen, dass die Regulierungsbehörden „trotz der Bäume den Wald noch sehen“ und die am besten geeigneten, Instrumente gegen Systemrisiken anwenden, stehen auf der Agenda.

(28)  Siehe Kapitel 6 des Berichts des Wirtschaftsministers an das Althingi „The Future Structure of the Icelandic Financial System“, unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/publications/news/nr/3559.

(29)  Seit dem Herbst 2008 sind mehrere Finanzunternehmen vom Markt verschwunden (zusätzlich zu den „alten“ großen Geschäftsbanken Glitnir, Kaupthing und Landsbanki), nämlich die Sparisjóðabanki Íslands (ehemals Icebank), die Reykjavik Savings Bank (SPRON), die Sparisjóður Mýrasýslu (Myrasysla Savings Bank, SPM), die VBS Investment Bank und die Askar Capital Investment Bank. Das operative Geschäft der Straumur-Burdaras Investment Bank und der Saga Capital Investment Bank ist ebenfalls erheblich zurückgegangen.

(30)  Am 11. April 2011 genehmigte die Hauptversammlung der Bank einen Vertrag über den Verkauf des operativen Geschäfts der (alten) MP Bank in Island und Litauen. Bei dieser Gelegenheit investierten über 40 neue Aktionäre 5,5 Mrd. ISK in neue Aktien der Bank. Andere Geschäftsbereiche der alten Bank verblieben bei den vorherigen Eigentümern und wurden an einen neuen Rechtsträger, EA fjárfestingarfélag hf, übertragen. Weitere Einzelheiten sind der Pressemitteilung der Bank vom 11. April 2011 unter https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1511 und https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1510 zu entnehmen.

(31)  Laut Vergleich stimmten RB und dessen Eigentümer einer Reihe von Verpflichtungen zu, deren Ziel die Verhinderung von durch den Geschäftsbetrieb von RB und der Zusammenarbeit seiner Eigentümer ausgelösten Wettbewerbsverzerrungen ist. Die Verpflichtungen schreiben unter anderem vor, dass das RB nach allgemeinen Geschäftsbedingungen und unabhängig von seinen Eigentümern zu betreiben ist, dass die Mehrheit im Vorstand von RB aus von den Eigentümern unabhängigen Spezialisten bestehen soll, dass der Zugang zu den Dienstleistungen von RB nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu gewähren ist und dass die Bedingungen für die vom RB erbrachten Dienstleistungen für alle Kunden gleich sein müssen, ungeachtet dessen, ob der Kunde RB-Aktionär ist oder nicht. Die bestehenden RB-Eigentümer verpflichteten sich, einen Teil ihrer Beteiligung an RB regelmäßig zum Verkauf anzubieten, um Unternehmen, die keine Finanzunternehmen sind, den Erwerb von Eigentum an RB zu erleichtern. Diese Angebote müssen mindestens jedes zweite Jahr erfolgen, bis mindestens ein Drittel der gesamten Beteiligungen an RB an andere Parteien als die jetzigen Aktionäre verkauft oder in einem Aktienangebot zum Verkauf angeboten worden sind.

(32)  Die Wettbewerbsbehörde ICA verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaften“ für die Beteiligungen der Banken an normalerweise nicht im Finanzgewerbe tätigen Betrieben, die die Banken im Zusammenhang mit der Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios durch Schulden-Swaps oder auf anderem Weg erworben haben. Die Überwachungsbehörde verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaft“ ebenfalls für realwirtschaftliche Unternehmen, die nicht Bestandteil des Kerngeschäfts der Bank in den Finanzmärkten bilden.

(33)  In diesem Zusammenhang versteht die Überwachungsbehörde unter mittelbarem Eigentum die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Bank gegenüber Unternehmen, die sich aus deren hoher Verschuldung bei der Bank ergeben.

(34)  Jahresbericht der Glitnir für 2007, S. 40. Der Bericht ist unter folgender Adresse erhältlich: http://tools.euroland.com/arinhtml/is-isb/2007/ar_eng_2007/ Glitnirs konsolidierte Jahresrechnung 2007 ist zugänglich unter: http://en.sff.is/media/auglysingar/Glitnir_-Annual_Report_2007.pdf.

(35)  Die Íslandsbanki hat ausweislich ihrer Umsatzzahlen für 2011 den zweithöchsten Marktanteil im NASDAQ OMX ICE-Rentenmarkt.

(36)  Da jedoch die meisten Umsätze, anhand derer der Marktanteil der Bank in diesem Geschäftsfeld bestimmt wird, nicht in öffentlich zugänglichen Berichten stehen, handelt es sich hier lediglich um von den isländischen Behörden übermittelte bestmögliche Schätzungen.

(37)  Da jedoch die meisten Umsätze, anhand derer der Marktanteil der Bank in diesem Geschäftsfeld bestimmt wird, nicht in öffentlich zugänglichen Berichten stehen, handelt es sich hier lediglich um von den isländischen Behörden übermittelte bestmögliche Schätzungen.

(38)  Die Diagramme beruhen bei der Glitnir auf den Zahlen der ersten Jahreshälfte 2008 und bei der Íslandsbanki auf Zahlen aus der ersten Jahreshälfte 2009.

(39)  An dieser Vereinbarung wurden am 31. Juli 2009, 14. August 2009 und 4. September 2009 geringfügige Änderungen vorgenommen. Am 13. September 2009 wurde eine endgültige Vereinbarung unterzeichnet.

(40)  Euro Interbank Offered Rate.

(41)  ABl. L 84 vom 26.3.1997, S. 22.

(42)  ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 5.

(43)  Die englische Übersetzung der Erklärung kann unter der folgenden Adresse eingesehen werden: http://eng.forsaetisraduneyti.is/news-and-articles/nr/3033.

(44)  http://www.efnahagsraduneyti.is/frettir/frettatilkynningar/nr/2842

http://www.efnahagsraduneyti.is/frettir/frettatilkynningar/nr/3001. Der Wirtschaftsminister nahm kürzlich in einem Interview mit dem Viðskiptablaðið vom 2.12.2010, Seite 8 auf diese Erklärung Bezug: „[The declaration] will be withdrawn in due course. We do not intend to maintain unlimited guarantee of deposits indefinitely. The question when it will be withdrawn depends, however, on when an alternative and effective deposit system will come into force and a financial system which will have fully resolved its issues“ (englische Übersetzung der Überwachungsbehörde). [Die Erklärung wird zu gegebener Zeit zurückgezogen werden. Wir haben nicht die Absicht, für alle Zeiten unbegrenzte Einlagensicherungen aufrecht zu erhalten. Die Frage, wann sie zurückgezogen werden, hängt jedoch davon ab, wann ein alternatives, effektives Einlagensystem und ein Finanzsystem, für dessen Probleme eine umfassende Lösung gefunden wurde, in Kraft getreten sein wird.]

(45)  Der maßgebliche Absatz ist in Abschnitt 16 (Seite 6) des Schreibens zu finden: http://www.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Letter_of_Intent_2nd_review_-_o.pdf

(46)  http://hamar.stjr.is/Fjarlagavefur-Hluti-II/GreinargerdirogRaedur/Fjarlagafrumvarp/2011/Seinni_hluti/Kafli_8.htm [Mbl 10.6.2012].

(47)  Von der Überwachungsbehörde angefertigte, nicht amtliche Übersetzung einer Erklärung, über die am 10. Juni 2012 im Morgunblaðið berichtet wurde (www.mbl.is).

(48)  Als Reaktion auf Bemerkungen der FME wurde am 13.1.2010 außerdem ein Nachtrag unterzeichnet und am 19.7.2010 ein neuer Vertrag geschlossen.

(49)  Wie bereits erwähnt, wird in einer der Bedingungen der FME verlangt, dass die Barmittel oder Barmitteln gleichgestellten Mittel sich auf mindestens 5 % der Sichteinlagen belaufen müssen und dass die Banken einem sofortigen Abfluss von 20 % der Einlagen standhalten können müssen.

(50)  Der Beschluss steht in englischer Sprache unter folgender Adresse zur Verfügung: http://fme.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=6055.

(51)  Der Beschluss steht in englischer Sprache unter folgender Adresse zur Verfügung: http://fme.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=6077.

(52)  Mit REIBOR wird der Interbanken-Geldmarktsatz am Bankplatz Reykjavik bezeichnet. Dies ist der Interbanken-Geldmarktsatz für kurzfristige Kredite bei Geschäftsbanken und Sparkassen in Island. Hierbei wird in ähnlicher Weise vorgegangen, wie in vielen anderen Ländern beim LIBOR, der als Basiszinssatz für Kredite mit variablem Zinssatz genutzt wird. Die isländischen Banken wenden den REIBOR (zuzüglich eines Aufschlags) jedoch als Grundlage für die Bereitstellung von Krediten mit variablem Zinssatz in isländischer Währung, der Króna, an.

(53)  Der Fünfjahreswirtschaftsplan wurde außerdem durch eine Präsentation der wichtigsten Änderungen am Fünfjahreswirtschaftsplan ergänzt. Diese Präsentation war für die Vorstandssitzung am 27. März 2012 erstellt worden und enthielt auch eine Wiedergabe des Berichts über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung.

(54)  Unter FX-Krediten ist die Vergabe von Krediten in Fremdwährungen zu verstehen. Unter diesen Begriff fallen Fremdwährungskredite, wobei dieser Begriff normalerweise Kredite bezeichnet, die auf eine andere Währung als die des Heimatlandes des Kreditnehmers lauten.

(55)  Die wirtschaftlichen Annahmen, auf die sich die Prognosen stützen, sind von der Forschungsabteilung der Bank erstellt worden Die allgemeinen Annahmen wurden von den Leitern der maßgeblichen Abteilungen und leitenden Angestellten zusammengestellt und vom geschäftsführenden Vorstand der Bank abgezeichnet.

(56)  Ab dem 16.5.2012 betrug der Zinssatz der CBI für besicherte Kredite mit sieben Tagen Laufzeit 5,5 %.

(57)  Als der Umstrukturierungsplan eingereicht wurde, war die Rechnungslegung für 2011 noch nicht abgeschlossen. Im endgültigen Umstrukturierungsplan wurden daher die Daten vom 30.9.2011 verwendet. Nach der Veröffentlichung des Jahresabschlusses der Íslandsbanki für 2011 aktualisierte die Überwachungsbehörde die Zahlen.

(58)  Als Grund für den Rückgang der Eigenkapitalrendite im Jahr 2011 werden die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über Fremdwährungskredite vom 15.2.2012 und die Abschreibung auf den Geschäfts- und Firmenwert nach der Fusion mit der Byr genannt.

(59)  Der „starke Diskont“ setzte sich nach Auskunft der isländischen Behörden aus zwei Elementen zusammen, nämlich einer Wertminderung und einer Abzinsung. Die Wertminderung spiegelt die Differenz zwischen Forderungswert und geschätzter Einziehung der Kreditforderungen wider. Darüber hinaus wurde das Kreditportfolio nicht zu Marktpreisen bewertet. Die Abzinsung spiegelt die Differenz zwischen den vertraglichen Zinssätzen und den Marktsätzen wider.

(60)  Der Bericht der Icelandic State Financial Investments (ISFI) für 2011 (über das operative Geschäft der Banken) gelangt zu einem ähnlichen Schluss. Nach diesem Bericht ist die „Kernertragskraft“ der Íslandsbanki sogar noch höher. Siehe http://www.bankasysla.is/files/SkyrslaBR_2011_net_74617143.pdf.

(61)  Siehe die am 25. April 2006 unter Nr. 317 herausgegeben Vorschriften der CBI über Liquiditätsquoten unter: http://www.sedlabanki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=4713.

(62)  Die wichtigsten isländischen Banken erklärten sich einverstanden, allen überschuldeten Kunden eine Hypothekenanpassung auf 110 % anzubieten, d. h. die Hauptforderung der Hypothek wird auf 110 % des eingetragenen Wertes der Immobilie festgesetzt.

(63)  Die Íslandsbanki betonte, dass der Umstand, dass in Island das Hauptgewicht auf Einlagen liegt, die Möglichkeit zur Ausgabe unbesicherter Kredite beschränke […].

(64)  Verbraucherpreisindex.

(65)  Das Risikobuch kann auf der Website der Bank eingesehen werden: www.Íslandsbanki.is/riskbook.

(66)  Der erste Schritt bei der Beurteilung des Kapitalbedarfs beruht auf den Berechnungen im Rahmen der Säule 1.

(67)  Laut Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung wird der zusätzliche Kapitalbedarf nach Säule 2 (Säule 2a und 2b) wie folgt geschätzt:

a)

Sonstige Risikoarten und in Säule 1 nicht vollständig abgedeckte Risiken: Zusätzlich zu dem nach Säule 1 erforderlichen Mindestkapital kann aufgrund sonstiger Risikofaktoren oder aufgrund einer Unterbewertung der Risikofaktoren im Rahmen der Säule 1 nach Säule 2a zusätzliches Kapital erforderlich sein. Aus dem nach Säule 1 und Säule 2a ermittelten Kapitalbedarf ergibt sich die Ausgangskapitalanforderung an die Bank.

b)

Aufgrund von Stresstests und zu strategischen Zwecken vorgenommene Reduzierung des verfügbaren Kapitals: Die Ausgangskapitalanforderung wird auf der Grundlage eines „normalen Geschäftsumfelds“ geschätzt. Die Bank muss jedoch sicherstellen, dass ihr Kapital auch unter Krisenbedingungen im Marktumfeld zur Führung ihres Geschäftsbetriebs ausreicht und die Unternehmensstrategie der Bank in zukünftigen Jahren unterstützt. Die Bank muss daher unter Umständen einen Kapitalpuffer vorhalten, um Krisenbedingungen im Marktumfeld standhalten und das beabsichtigte Wachstum aufrechterhalten zu können. Zur Schätzung des Umfangs des benötigten Kapitalpuffers wird der Wirtschaftsplan der Bank unter Zugrundelegung verschiedener, für das Risikoprofil und die Unternehmensstrategie der Bank maßgeblicher Annahmen einem Stresstest unterzogen.

(68)  Die interne Liquiditätsquote der Bank bildet anstelle eines normalen Geschäftsumfelds eine Situation mit Belastungen ab.

(69)  Die ISFI ist eine staatliche Einrichtung mit einem unabhängigen Vorstand, der an den Finanzminister berichtet. Sie wurde mit Gesetz Nr. 88/2009 gegründet und nahm im August 2009 ihre Arbeit auf. Die ISFI soll ihre Aufgaben spätestens fünf Jahre nach ihrer Gründung abgeschlossen haben. Die ISFI verwaltet die Beteiligungen im Einklang mit dem Gesetz, den Regeln guter Unternehmensführung und empfohlenen Geschäftspraktiken sowie der staatlichen Richtlinien zur Eigenverantwortlichkeit. Ihre Ziele bestehen in der Wiederherstellung und dem Wiederaufbau eines dynamischen Finanzmarktes im Land bei gleichzeitiger Förderung eines wirkungsvollen Wettbewerbs auf dem Markt. Zugleich soll sie bei allen Entscheidungen bezüglich der Beteiligung des Staats an Finanzaktivitäten Transparenz gewährleisten.

(70)  Diese Voraussetzungen betreffen insbesondere Unsicherheiten, die durch die kürzlich vom Obersten Gerichtshof getroffene Entscheidung über Fremdwährungskredite ausgelöst wurden. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass die Insolvenzmassen der alten Banken zufriedenstellend abgewickelt wurden. Siehe Kapitel 9.7 des Berichts über den zukünftigen Aufbau des isländischen Finanzsystems unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf.

(71)  Eine genaue Beschreibung ist in Kapitel Slg3 der vorliegenden Entscheidung enthalten.

(72)  Siehe diesbezüglich das Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen T-425/04, T-444/04, T-450/04 und T-456/04, Frankreich u. a./Kommission, Slg. 2010, II-2099, Randnummer 283 (im Berufungsverfahren).

(73)  Siehe beispielsweise T-228/99, WestLB, Slg. 2003, II-435.

(74)  Siehe beispielsweise die Entscheidung der Kommission vom 10. Oktober 2008 in der Rechtssache NN 51/2008, Garantieregelung für Banken in Dänemark, Randnummer 32, und die Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 2008 in der Rechtssache C 10/2008 IKB, Randnummer 74.

(75)  Siehe die Entscheidung der Überwachungsbehörde Nr. 205/09/KOL vom 8. Mai 2009 über die Beihilferegelung für die befristete Rekapitalisierung grundsätzlich gesunder Banken zur Förderung der Finanzstabilität und der Kreditvergabe an die Realwirtschaft (Norwegen) unter: http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16694&1=1.

(76)  Siehe in diesem Zusammenhang die im Beschluss der Kommission vom 20. April 2011 über die mutmaßliche Beihilfe C 4/10 (ex NN 64/09) für das Unternehmen Trèves in Frankreich vorgetragene, ähnliche Argumentation der Europäischen Kommission bezüglich der von Lieferanten einer in Schwierigkeiten geratenen Firma getätigten Investitionen.

(77)  Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi „The Future Structure of the Icelandic Financial System“, Kapitel 9.6, unter: http://eng.atvinnuvegaraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf

(78)  Die Überwachungsbehörde weist in diesem Zusammenhang auf eine Stellungnahme des Gouverneurs der CBI hin, der im Vorwort des Finanzstabilitätsberichts der Bank für die zweite Jahreshälfte 2010 erklärt; dass „financial institutions' capitalisation is currently protected by the capital controls and the Government's declaration of deposit guarantee“ [die Kapitalausstattung der Finanzinstitute wird zurzeit durch die Kapitalkontrollen und die Regierungserklärung zur Einlagensicherung geschützt]. Siehe http://www.sedlabanki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=8260, S. 5. Siehe auch die Kommissionsbeschlüsse NN48/2008 — Garantieregelung für Banken in Irland, Randnummer 46 und 47: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn048-08.pdf; und NN51/2008 Garantieregelung für Banken in Dänemark: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn051-08.pdf

(79)  Siehe hierzu die Rechtssache 730-79, Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671.

(80)  Siehe Teil VIII der Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen. Temporary rules regarding financial crisis. [Übergangsregeln im Hinblick auf Finanzkrisen] The application of state aid rules to measures taken in relation to financial institutions in the context of the current global financial crisis. [Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise] unter http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16604&1=1.

(81)  Wiederherstellung der Rentabilität und Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften, die von der Überwachungsbehörde am 25.11.2009 in Kapitel VII übernommen wurden. Kapitel VII trägt die Überschrift: Temporary Rules regarding the Financial Crisis, as extended by the Financial Crisis Guidelines 2012. (Übergangsregeln im Hinblick auf Finanzkrisen, erweitert durch die Leitlinien zur Finanzkrise 2012.) verfügbar auf der Website der Überwachungsbehörde unter: http://www.eftasurv.int/media/state-aid-guidelines/Part-VIII---Return-to-viability-and-the-assessment-of-restructuring-measures-in-the-financial-sector.pdf.

(82)  Leveraged Buyouts — Rückkäufe von Unternehmen.

(83)  Am 1. Januar 2011 traten neue, von der CBI eingeführte Vorschriften zum Fremdwährungssaldo in Kraft. Mit den Vorschriften wird das Ziel verfolgt, das Devisenrisiko zu verringern, indem man verhindert, dass die Fremdwährungssalden bestimmte, festgelegte Grenzen überschreiten. Zu den bedeutendsten Veränderungen gegenüber früheren Fassungen der Vorschriften gehört die Senkung der zulässigen offenen Devisenpositionen in den einzelnen Währungen von 20 % auf 15 % des Eigenkapitals. Außerdem wurde der zulässige Gesamtfremdwährungssaldo von 30 % auf 15 % verringert. Die Berichte zu den Fremdwährungssalden werden ebenfalls detaillierter gestaltet als zuvor, denn nun werden in Fremdwährungen lautende Vermögenswerte und Verbindlichkeiten nach Typ, d. h. nach Krediten, Schuldverschreibungen, Eigenkapitaltiteln, Anteilen an offenen Investmentfonds, Einlagen, verzinslichen Vereinbarungen, Schulden bei der Zentralbank usw. eingeteilt. Sollte der Fremdwährungssaldo von den in den Vorschriften festgelegten Grenzen abweichen, muss das betreffende Finanzunternehmen innerhalb einer Frist von höchstens drei Geschäftstagen Maßnahmen zur Beseitigung der Differenz treffen. Wird dies mit den Maßnahmen des Finanzunternehmens nicht erreicht, kann die CBI Zwangsgelder berechnen. Die CBI hat zudem Schritte zur Eingrenzung von Ungleichgewichten bei den Devisen unternommen. Beispielsweise schloss sie mit einer der Geschäftsbanken eine Währungsswapvereinbarung und kaufte Devisen auf. Nach Aussage der CBI erhöhen diese Maßnahmen die finanzielle Stabilität und verstärken die Devisen-Eigenreserven der CBI.

(84)  Im Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung betont die Íslandsbanki jedoch, dass den Entscheidungen über die in jedem einzelnen Jahr zu leistenden Dividendenzahlungen eine aktuelle Analyse der angemessenen Eigenkapitalausstattung zugrunde liegen wird und dass auch die Liquiditätsposition der Bank berücksichtig werden wird.

(85)  Vgl. beispielsweise den Bericht der CBI zur Finanzstabilität 2011/12. Laut dieses Berichts ist die Zinsmarge in Island etwa zwei- bis dreimal höher als in anderen nordischen Ländern.

(86)  Nach aktuellen Schätzungen könnten sich die Verluste auf 70-75 % der Kredite, die sie Glitnir gewährt hatten, belaufen. Siehe beispielsweise http://glitnirbank.com/press-room/tilkynningar-a-islensku/448-athugasemdfraslidastjorn.html.

(87)  Die staatliche Eigenkapitalausstattung der Íslandsbanki beruhte unmittelbar auf der Differenz zwischen der Anfangsbewertung der übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten und der Eigenkapitalanforderung der FME.

(88)  Rekapitalisierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Finanzkrise: Beschränkung der Hilfen auf das erforderliche Minimum und Vorkehrungen gegen unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen („Rekapitalisierungsleitlinien“) (ABl. L 17 vom 20.1.2011 und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 3). Die Leitlinien können auch auf der Website der Überwachungsbehörde abgerufen werden unter: http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-framework/state-aid-guidelines/.

(89)  Ende 2014 werden die Umstrukturierungsfristen aller isländischen Banken, für die förmliche Prüfverfahren eingeleitet wurden, auslaufen.

(90)  Die Stempelsteuer fällt je nach Rechtsdokument unterschiedlich hoch aus, beträgt aber normalerweise für jede angefangenen Tausend ISK 15 ISK (d. h. etwa 1,5 %) des Betrags der durch eine Hypothek oder eine andere Sicherheit besicherten verzinslichen Schuldverschreibungen.

(91)  Vgl. beispielsweise den Kommissionsbeschluss in der Rechtssache SA.28264, Umstrukturierungsbeihilfe für die Hypo Real Estate, in dem die Kommission die Abtrennung eines großen Teils des Auslandsgeschäfts der Hypo Real Estate als Maßnahme zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen für die Nachfolgerin der Bank, die PBB, akzeptierte.

(92)  Aus den gleichen Gründen akzeptiert die Überwachungsbehörde, dass die Ausgliederungen der Bedingung unterliegen, dass […].


ANHANG

VERPFLICHTUNGEN UND EINSCHLÄGIGE ÄNDERUNGEN AM RECHTSRAHMEN FÜR DAS BANKWESEN

1.   VERPFLICHTUNGEN DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

Die isländischen Behörden sind zwei Verpflichtungen eingegangen. Diese werden unten aufgeführt.

Änderung der Stempelsteuer zur Verhinderung staatlicher Beihilfe und Senkung der Kosten beim Wechsel der Bank

Das Finanzministerium wird eine Arbeitsgruppe einsetzen und sie damit beauftragen, das Gesetz Nr. 36/1978 über Stempelsteuern zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe wird dem Finanzminister bis Oktober 2012 einen Bericht sowie einen Gesetzentwurf vorlegen. Zu den Aufgabengebieten der Arbeitsgruppe wird insbesondere die Prüfung der möglichen Abschaffung von Stempelsteuern auf von natürlichen Personen begebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einem Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) gehören. Die Arbeitsgruppe soll ferner untersuchen, wie die Stempelsteuervorschriften geändert werden könnten, um das Verfahren zu vereinfachen und den Wettbewerb zu fördern.

Maßnahmen zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und zur Senkung der dabei anfallenden Kosten

Gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung wird die Regierung einen Ausschuss mit dem Auftrag bestellen, den Verbraucherschutz auf dem Finanzmarkt zu prüfen und Vorschläge zur Stärkung der Position natürlicher Personen und Haushalte gegenüber Kreditinstituten vorzulegen. Die Aufgabenstellung des Ausschusses wird einen besonderen Auftrag zur Prüfung einer Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und der Senkung der damit verbundenen Kosten umfassen. Auch soll der Ausschuss in dieser Frage eng mit der Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorstellen.

Darüber hinaus haben die isländischen Behörden die folgenden Verpflichtungen der Íslandsbanki gebilligt und werden diese durchsetzen:

Erwerbsbeschränkung

Die Íslandsbanki verpflichtet sich, bis zum 15. Oktober 2014 keine Finanzinstitute zu erwerben.

Unbeschadet dieser Verpflichtung kann die Íslandsbanki nach Einholung einer Genehmigung der Überwachungsbehörde solche Unternehmen insbesondere dann erwerben, wenn dies zur Wahrung der finanziellen Stabilität notwendig ist.

Ausgliederung von […]

Die Íslandsbanki verpflichtet sich, bis zum [Datum] ihre Beteiligung an […] abzustoßen und die nachfolgend genannten Beteiligungen öffentlich zum Verkauf anzubieten […],

[…]e […]

[…].

Veräußerung von Anteilen an in der Umstrukturierung befindlichen Gesellschaften

Die Íslandsbanki verpflichtet sich, ihre Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen übernahm, baldmöglichst zu veräußern (vgl. Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002). Die Bank verpflichtet sich darüber hinaus, die Verfahren und Fristen in der vorstehend genannten Rechtsvorschrift in der Auslegung durch die FME einzuhalten. Schließlich wird die Bank auf ihrer eigenen oder der Website einer maßgeblichen Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über solche zum Verkauf stehenden Beteiligungen bereitstellen.

Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber

Die Íslandsbanki verpflichtet sich, folgende Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber zu treffen:

a)

Die Íslandsbanki wird bis zum 15. Oktober 2014 bestehende Vertragsklauseln, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrechterhalten wird, weder durchsetzen noch wird sie neue Vertragsklauseln dieses Inhalts einführen.

b)

Die Íslandsbanki wird auf ihrer Website leicht zugängliche Informationen über das Verfahren zur Übertragung der Bankdienstleistungen auf ein anderes Finanzinstitut bereitstellen. Darüber hinaus wird die Website einfachen Zugang zu den für einen Wechsel zwischen Finanzinstituten erforderlichen Unterlagen gewähren. Die gleichen Informationen und Übertragungsformulare werden zudem auch in den Zweigstellen der Bank erhältlich sein.

c)

Die Íslandsbanki wird alle Anträge auf die Übertragung von Bankdienstleistungen rasch ausführen.

d)

Die Íslandsbanki wird sich bei der Vermarktung ihrer Leistungen nicht auf das staatliche Eingreifen berufen, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen.

e)

Sofern keine Dienstleistungsangebote von Wettbewerbern verfügbar sind, ist die Íslandsbanki bereit, folgende Dienstleistungen zum Kostenpreis zuzüglich einer angemessenen Marge anzubieten:

f)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für ISK.

i)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für Devisen.

ii)

Verteilung von Geldscheinen und Münzen.

I.

Verkauf und Lieferung von Geldscheinen und Münzen in die Geschäftsräume des Dienstleistungsempfängers

II.

Aufrechterhaltung eines Bestands an Spezialkassetten mit Geldscheinen, die in Geldautomaten eingesetzt werden. Allerdings würde ein von dem neuen/kleinen Vertragspartner beauftragtes Sicherheitsunternehmen die Geldautomaten mit den Kassetten "beschicken".

2.   NACH DER KRISE EINGEFÜHRTE, MASSGEBLICHE ANPASSUNGEN UND ÄNDERUNGEN AM VERORDNUNGS- UND AUFSICHTSRECHTLICHEN RAHMEN FÜR DIE FINANZMÄRKTE IN ISLAND

Die isländischen Behörden übermittelten folgende Übersicht über Änderungen an den im Herbst 2008 geltenden Rechtsvorschriften:

Die Ermächtigungen der FME (der isländischen Finanzaufsichtsbehörde) zu Interventionen (d. h. die Übernahme der Vollmachten von Hauptversammlungen und die Veräußerung von Vermögenswerten, vgl. die Notstandsgesetze) wurden erweitert; der FME wurden erweiterte Aufsichtsvollmachten verliehen; es wurden zusätzliche Vorschriften eingeführt, die der FME eine Würdigung des Geschäftsbetriebs oder des Verhaltens einzelner, ihrer Aufsicht unterstehender Parteien erlauben. Hierzu zählen Vollmachten zur Beschlussfassung, beispielsweise über die Schließung von Geschäftsstellen oder die Einstellung bestimmter Tätigkeiten, ohne dass tatsächlich ein Entzug der Betriebszulassung erfolgt. Weitere Änderungen betreffen die genauere Festlegung von Konzepten, deren Auslegung von der FME und den beaufsichtigten Unternehmen bzw. von den Berufungsgremien angefochten worden war.

Die Vorschriften zu einzelnen Großkrediten wurden klarer und zielgerichteter abgefasst; sowohl die Funktionen als auch die Verantwortlichkeiten des Risikomanagements wurden ausgeweitet und die FME wurde ermächtigt, dem Risikomanagement in der Organisation von Finanzunternehmen einen höheren Stellenwert zu verleihen. Die Bestimmungen über die Anwendung von Stresstests wurden verschärft.

Die Vorschriften für ein Sonderregister für große Kreditnehmer wurden legalisiert, um einen besseren Überblick über Risiken aus einzelnen, bei zwei oder mehr Finanzunternehmen bestehenden Großkrediten zu erhalten. Dieses Register ist für die Herstellung von Verknüpfungen zwischen Krediten und die Beurteilung der bei Schwierigkeiten im Geschäftsbetrieb des Kreditnehmers eintretenden Auswirkungen auf das System von Bedeutung. Unternehmen, die nicht der Aufsicht des FME unterstehen aber in den Registern für Finanzunternehmen erfasst sind, müssen der FME Angaben über ihre gesamten Verpflichtungen übermitteln. Die FME kann die Erbringung von Dienstleistungen an solche Unternehmen untersagen, wenn diese die Übermittlung der angeforderten Angaben verweigern.

Die Vorschriften für solides Geschäftsgebaren wurden verschärft und das Bestehen des Beschwerdeausschusses für Transaktionen mit Finanzunternehmen wurde im Gesetz verankert. Zu allen Großaktionären von Finanzunternehmen müssen detaillierte Angaben offen gelegt werden.

Die Fristen, innerhalb derer Finanzunternehmen eingezogene Vermögenswerte veräußern können, wurden verkürzt.

Die Vorschriften über den bei Finanzunternehmen zulässigen Bestand an eigenen Aktien wurden verschärft und genauer definiert. Von Tochtergesellschaften gehaltene Bestände gelten nun als eigene Aktien. Dasselbe gilt für außerbilanzielle Verträge über eigene Aktien.

Den Finanzunternehmen wurde die Gewährung von Krediten gegen Verpfändung ihrer eigenen Aktien oder Garantiekapital-Zertifikate untersagt.

Die FME hat nunmehr Regeln für die Art und Weise, wie durch eine Hypothek auf die Aktien eines anderen Finanzunternehmens besicherte Kredite in der Risikobasis und der Eigenkapitalausstattung zu berechnen sind, festzulegen.

Sowohl die Verantwortlichkeiten als auch die Funktionen des Innenrevisionsressorts wurden erweitert. Es bestehen genaue Vorschriften bezüglich der Ausgewogenheit zwischen Größe und Vielfalt der Aktivitäten des betreffenden Finanzunternehmens und dem Umfang ihres Innenrevisionsressorts.

Der Zeitraum, in denen eine Wirtschaftsprüfungsfirma die Prüfungen bei ein- und demselben Finanzunternehmen durchführen darf, wurde auf fünf Jahre begrenzt. Die Möglichkeiten von Finanzunternehmen zur Entlassung „schwieriger“ Wirtschaftsprüfer wurden beschnitten.

Sämtliche Vorschriften zur Berechnung des Eigenkapitals sowie verschiedene andere technische Aspekte wurden überprüft.

Die Vorschriften für die Ausübung qualifizierter Beteiligungen, d. h. 10 % der Stimmrechte oder mehr, wurden überprüft. Die FME ist berechtigt, bei der Beurteilung von Vertragsparteien, die den Erwerb oder die Vergrößerung qualifizierter Beteiligungen planen, die Beweislast umzukehren. Hierbei kann es sich beispielsweise um Fälle handeln, in denen Ungewissheit über die Identität des oder der wirtschaftlichen Eigentümer(s) einer Holdinggesellschaft mit einer qualifizierten Beteiligung herrscht.

An die Eignung von Direktoren und ihre Verantwortung für die Aufsicht oder das operative Geschäft werden jetzt zusätzliche Ansprüche gestellt; geschäftsführende Vorstandsvorsitzende sind nicht mehr zulässig. Die FME wies den Vorständen stärkere Aufsichtsfunktionen zu und über das Entgelt der oberen Führungsebene müssen auf Einzelpersonen rückverfolgbare Angaben offen gelegt werden.

Für Kreditgeschäfte von Finanzunternehmen mit Direktoren, Geschäftsführern, Leitenden Angestellten und den Eigentümern qualifizierter Beteiligungen an dem betroffenen Finanzunternehmen wurden jetzt Regeln festgelegt. Ähnliche Regeln gelten für mit den oben genannten Personen eng verbundene Vertragsparteien. Die FME hat Vorschriften darüber eingeführt, was als zufriedenstellende Sicherheit für derartige Kreditgeschäfte in Betracht kommt.

Es wurden Vorschriften in Bezug auf Regelungen für Prämiensysteme und Boni für Geschäftsleitungen und Angestellte sowie für Aufhebungsverträge eingeführt.

Die Bestimmungen für die Sanierung und Liquidation von Finanzunternehmen wurden verschärft.

Die Sonderregeln für Sparkassen wurden umfassend überarbeitet. Der Status und die Rechte der Garantiekapitaleigner von Sparkassen wurden klargestellt. Für Dividenden wurden Beschränkungen eingeführt und für Garantiekapitalgeschäfte legte man eindeutige Regeln fest. Regeln wurden auch für Abschreibungen auf das Garantiekapital festgelegt und die Ermächtigungen zur offiziellen Zusammenarbeit zwischen Sparkassen wurden klarer gefasst. Den Sparkassen wurde eine Änderung ihrer Rechtsform untersagt.

Nach Aussage der isländischen Behörden gehen die Vorschriften in Island in mancher Hinsicht über den gesamteuropäischen Rahmen hinaus. Es folgt eine Aufzählung der wichtigsten Abweichungen von den Regeln, die in der EU eingeführt und im EWR-Abkommen übernommen wurden.

Die FME ist ermächtigt, die Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen einzuschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Darüber hinaus hat sie Vollmacht, für die Fortsetzung der Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen besondere Anforderungen festzulegen. Die FME kann die Aktivitäten, die ein Finanzunternehmen verfolgen darf, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten einer Lizenz unterliegen oder nicht, vorläufig ganz oder teilweise einschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Die Auslöser hierfür waren nicht zuletzt die Aktivitäten von Bankniederlassungen und die von ihnen bis 2008 in anderen europäischen Staaten eingerichteten Einlagenkonten (Icesave, Edge und Save-and-Save).

Im isländischen Gesetz sind erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Aufgaben der Innenrevision festgelegt worden als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es bestehen erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Durchführung von Stresstests als in den EU-Rechtsvorschriften.

Finanzunternehmen müssen ein besonderes Register (Kreditregister) aller Vertragspartner, denen sie Kredite gewähren, führen und am Ende eines jeden Monats der FME eine aktualisierte Aufstellung übermitteln. Darüber hinaus muss über mit den Finanzunternehmen eng verbundene Parteien, deren Vorstände und Geschäftsführer sowie über Gruppen verbundener Kunden eine ähnliche Aufstellung übermittelt werden, sofern diese Vertragspartner nicht bereits in der oben genannten Aufstellung erfasst worden sind. Diese Aufstellung bietet bessere Möglichkeiten zur Überwachung von Verflechtungen zwischen Finanzunternehmen sowie deren Direktoren und Geschäftsleitungen.

Ist die FME der Meinung, dass die Kreditaufnahme einer einzelnen, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegenden Partei, die im Kreditregister erfasst ist, Einfluss auf das System haben könnte, darf die FME von der betreffenden Vertragspartei Auskünfte über ihre Verpflichtungen fordern.

Sollte eine im Kreditregister erfasste, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegende Partei der FME gegenüber die Offenlegung von Informationen verweigern, kann die Überwachungsbehörde die ihrer Aufsicht unterstehenden Unternehmen anweisen, besagter Partei keine weiteren Dienstleistungen mehr zu erbringen. Bei mangelhafter Offenlegung von Informationen seitens der betroffenen Partei gilt dasselbe. Die Vorschriften über ein Kreditregister und die umfangreichen Ermächtigungen der Aufsichtsbehörden in Bezug auf Personen, die keiner amtlichen Aufsicht unterstehen, sind in den EU- bzw. EWR-Regeln nicht enthalten.

Es bestehen erheblich detailliertere und restriktivere Bestimmungen über Kreditvergaben an nahe stehende Unternehmen und Personen sowie Sicherheiten als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Die FME muss dem Eigentümer einer qualifizierten Beteiligung das Recht zur Ausübung dieser Beteiligung verweigern, wenn Zweifel bestehen, wer deren wirtschaftlicher Eigentümer ist oder sein wird.

Die höchstzulässige Länge der Zeit, die externe Buchprüfer für ein- und dasselbe Finanzunternehmen arbeiten dürfen, ist kürzer als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Es bestehen erheblich detailliertere Vorschriften über die Eignung von Direktoren in Finanzunternehmen als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es wurden Vorschriften über Regelungen für Bonusprogramme und Aufhebungsverträge eingeführt.

Kürzlich wurden in EU-Rechtsvorschriften offizielle Regeln für eine Vergütungspolitik festgelegt, Regeln für Aufhebungsverträge wurden in diesem Forum aber nicht beschlossen.

Am 23. März 2012 legte der Wirtschaftsminister einen Bericht über die künftige Struktur des isländischen Finanzsystems sowie seine Regulierung und Beaufsichtigung vor. Der Minister hat darüber hinaus eine Sachverständigengruppe mit der Überprüfung des Rechts- und Regulierungsrahmens für alle Finanzaktivitäten in Island beauftragt.


15.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 144/121


Nichtvertrauliche Fassung (1) der

ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 290/12/COL

vom 11. Juli 2012

über Umstrukturierungsbeihilfen für die Landsbankinn (Island)

Die EFTA-Überwachungsbehörde (im Folgenden „Überwachungsbehörde“) —

GESTÜTZT auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b sowie Protokoll 26,

GESTÜTZT auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (im Folgenden „Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen“), insbesondere Artikel 24,

GESTÜTZT auf Protokoll 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen (im Folgenden „Protokoll 3“), insbesondere Artikel 1 Absatz 3 von Teil I, Artikel 7 Absatz 3 von Teil II und Artikel 13 von Teil II,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHLAGE

1.   VERFAHREN

(1)

Im Anschluss an einen informellen Schriftwechsel im Oktober 2008 und die am 6. Oktober erfolgte Verabschiedung des Gesetzes Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw. (im Folgenden „Notstandsgesetz“) durch das isländische Parlament (Althingi), das dem isländischen Staat weitreichende Vollmachten zu Eingriffen in den Bankensektor verlieh, richtete der Präsident der EFTA-Überwachungsbehörde am 10. Oktober 2008 ein Schreiben an die isländischen Behörden, in dem er um Anmeldung der im Rahmen des Notstandsgesetzes gewährten staatlichen Beihilfen bei der Überwachungsbehörde ersuchte.

(2)

Weitere Kontakte und Schriftwechsel erfolgten in regelmäßigen Abständen. Hierunter fällt insbesondere ein am 18. Juni 2009 übermitteltes Schreiben der Überwachungsbehörde, in der sie die isländischen Behörden an die Pflicht zur Anmeldung staatlicher Beihilfen sowie die Stillhalteklausel in Protokoll 3 Artikel 3 erinnert. Die im Rahmen der Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der Landsbanki und der Errichtung und Kapitalausstattung der New Landsbanki Bank („NBI“, später in Landsbankinn umbenannt) gewährte staatliche Beihilfe wurde von den isländischen Behörden schließlich am 15. September 2010 nachträglich angemeldet. (2)

(3)

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 (3) setzte die Überwachungsbehörde die isländischen Behörden von ihrem Beschluss in Kenntnis, das in Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 2 festgelegte Verfahren bezüglich der seitens des isländischen Staates durchgeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Landsbanki Islands hf und zur Gründung und Kapitalausstattung der New Landsbanki Islands (NBI hf) (im Folgenden „Eröffnungsentscheidung“) einzuleiten. Die Überwachungsbehörde forderte außerdem die Vorlage eines detaillierten Umstrukturierungsplans für die Landsbankinn bis zum 31. März 2011.

(4)

In einer E-Mail vom 24. März 2011 erhielt die Überwachungsbehörde eine Stellungnahme Beteiligter, die am 25. Mai 2011 an die isländischen Behörden weitergeleitet wurde. Die isländischen Behörden beantworteten diese Stellungnahme nicht.

(5)

Mit Schreiben vom 31. März 2011 übermittelten die isländischen Behörden einen Umstrukturierungsplan für die Landsbankinn. Mit Schreiben vom 23. Mai 2012 wurde ein überarbeiteter Umstrukturierungsplan, der unter anderem die am 22. April 2010 vollzogene, nicht angemeldete Übertragung der Einlagen und Vermögenswerte der Spkef Savings Bank (SpKef) widerspiegelt und den Erwerb der Sparisjodur Svarfdaela („SpSv“) berücksichtigt.

(6)

Die Überwachungsbehörde ersuchte am 11. Juli 2011 und am 13. Februar 2012 um weitere Informationen bezüglich des Umstrukturierungsplans. Die isländischen Behörden beantworteten das Auskunftsersuchen am 17. Oktober 2011 und am 13. März 2012. Die endgültigen Fassungen der Verpflichtungen wurden am 6. Juni 2012 und am 13. Juni 2012 übermittelt.

(7)

Am 20. Juni 2012 genehmigte die Überwachungsbehörde mit der Entscheidung Nr. 212/12/COL die mögliche Verwendung der staatlichen Beihilfe, die der Landsbankinn gewährt worden war, für den Erwerb der SpSv (die „SpSv-Entscheidung“). Die Überwachungsbehörde genehmigte in ihrer Entscheidung Nr. 253/10/COL vorläufig eine Rettungsbeihilferegelung zur Befriedigung von Ansprüchen der isländischen Zentralbank (CBI) gegenüber Sparkassen einschließlich der SpSv. Mit der Entscheidung Nr. 127/11/COL vom 13. April 2011 genehmigte die Überwachungsbehörde Änderungen der Rettungsbeihilferegelung (im Folgenden „die Sparkassenbeschlüsse“).

(8)

Die Überwachungsbehörde führte außerdem am 7. Juni 2011 sowie am 27. und 28. Februar 2012 Gespräche mit den isländischen Behörden.

2.   HINTERGRUND

(9)

In diesem Abschnitt beschreibt die Überwachungsbehörde die Ereignisse und Sachverhalte sowie die wirtschaftlichen, politischen und verordnungsrechtlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch und anschließenden Wiederaufbau des isländischen Finanzsystems seit 2008 bis heute, soweit dies zur Erläuterung des Kontextes, in dem die Bewertung der hier betroffenen Beihilfemaßnahmen erfolgt, notwendig erscheint. Dabei wird sie auch die Chronologie des Zusammenbruchs der Landsbanki in Erinnerung rufen.

2.1.   Der Zusammenbruch der Landsbanki

(10)

Im Herbst 2008 traten bei isländischen Banken massive Einlagenabzüge nicht nur im Ausland sondern auch in Island selbst ein. Die Abzüge im Inland erreichten solche Ausmaße, dass die isländischen Banken und die Zentralbank in einer bestimmten Phase kurz vor einem Liquiditätsengpass standen.

(11)

Der Zugang zu ausländischen Schuldverschreibungsmärkten war insbesondere in den Jahren zwischen 2003 und 2006 die wichtigste Wachstumsquelle der isländischen Banken gewesen. Diese Finanzierungsquelle begann jedoch zu versiegen. Zudem äußerten ausländische Ratingagenturen Bedenken, dass bei diesen Banken das Verhältnis zwischen Krediten und Einlagen im Vergleich zu anderen (ausländischen) Banken niedrig sei.

(12)

Die isländischen Geschäftsbanken (insbesondere die Landsbanki) reagierten, indem sie im Ausland Einlagen ansammelten. In der Zeit zwischen dem Ende des dritten Quartals 2006 und der Mitte des Jahres 2007 verdreifachten sich die Kundeneinlagen in der Landsbanki — ein Anstieg um beinahe 10 Mrd. EUR. Den größten Anteil daran bildeten in der Landsbanki-Niederlassung im Vereinigten Königreich eröffnete Konten. Dort wuchsen die Privatkundeneinlagen von Null auf 6,6 Mrd. EUR, während die Großkundeneinlagen (in den Niederlassungen im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden) auf 2,5 Mrd. EUR anstiegen.

(13)

Am 3. Oktober 2008 gab die Europäische Zentralbank an die Landsbanki eine Aufforderung zur Nachschusszahlung in Höhe von 400 Mio. EUR heraus. Obgleich diese Aufforderung später zurückgenommen wurde, setzte bei der Niederlassung im Vereinigten Königreichs ein Ansturm auf die Einlagen ein. Dies bedeutete, dass die Niederlassung große Beträge in Pfund Sterling bereitstellen musste. Der Unterstützungsantrag der Landsbanki an die CBI wurde am 6. Oktober abgelehnt. Als es der Bank nicht gelang, die von der Financial Services Authority (Finanzaufsichtsbehörde) des Vereinigten Königreichs verlangten Mittel bereitzustellen, schlossen die Behörden des Vereinigten Königreichs die Niederlassung. Am nächsten Tag forderte die niederländische Zentralbank die Bestellung eines Insolvenzverwalters für die Niederlassung der Landsbanki in Amsterdam an. Am gleichen Tag enthob die FME den Vorstand der Landsbanki vorläufig seines Amtes, übernahm die Verfügungsgewalt der Hauptversammlung und setzte an deren Stelle einen Auflösungsausschuss ein. Hierbei bediente sie sich ihrer Vollmachten aus dem Notstandsgesetz (4).

2.2.   Die Finanzkrise und die Hauptgründe für den Zusammenbruch der isländischen Banken

(14)

In ihren bei der Überwachungsbehörde eingereichten Schriftsätzen erklärten die isländischen Behörden, dass die Gründe für den Kollaps des isländischen Bankensektors und die Notwendigkeit ihres Eingreifens sehr detailliert in einem Bericht erläutert würden, den ein Sonderuntersuchungsausschuss (im Folgenden „SIC“) erstellt habe. Dieser Untersuchungsausschuss war vom isländischen Parlament (5) mit dem Auftrag eingerichtet worden, die Vorgänge, die zum Zusammenbruch der drei wichtigsten Banken führten, zu untersuchen und zu analysieren. Die Überwachungsbehörde fasst hier die Schlussfolgerungen des SIC zu den wichtigsten Ursachen für den Untergang der Landsbanki zusammen. Diese Informationen wurden Kapitel 2 (Zusammenfassung und Bemerkungen) und Kapitel 21 (Ursachen des Zusammenbruchs der isländischen Banken — Verantwortlichkeit, Fehler und Fahrlässigkeit) des SIC-Berichts entnommen.

(15)

Der weltweite Liquiditätsrückgang an den Finanzmärkten, der 2007 seinen Anfang nahm, führte letztendlich zum Zusammenbruch der drei wichtigsten isländischen Banken, deren Geschäftsbetrieb zunehmend von der Mittelbeschaffung über internationale Märkte abhängig geworden war. Die Gründe für den Untergang der isländischen Banken sind jedoch komplex und zahlreich. Der SIC untersuchte die Gründe, die zum Zusammenbruch der wichtigsten Banken führten. Dabei fällt auf, dass die meisten Schlussfolgerungen für alle drei Banken zutrafen und dass viele von ihnen miteinander zusammenhängen. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der mit den Aktivitäten der Banken zusammenhängenden Gründe für deren Untergang.

Übermäßige, nicht tragfähige Expansion

(16)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass die Banken in den Jahren vor dem Kollaps ihre Bilanzen und Kreditportfolios weit über ihre eigenen betrieblichen und unternehmerischen Kapazitäten hinaus ausgedehnt hatten. Die Vermögenswerte der drei Banken zusammen waren exponentiell von 1,4 Billionen ISK (6) im Jahr 2003 auf 14,4 Billionen ISK Ende des zweiten Quartals 2008 angewachsen. Auffällig ist, dass ein großer Anteil des Wachstums der drei Banken auf die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner entfiel. Sie stieg 2007 (7), insbesondere nach dem Beginn der internationalen Liquiditätskrise, erheblich an. Dies veranlasste den SIC zu der Schlussfolgerung, dass ein Großteil dieses Anstiegs der Kreditvergabe darauf zurückzuführen war, dass Unternehmen, denen anderswo Kredite verweigert worden waren, Darlehen gewährt wurden. Der Bericht enthält auch die Schlussfolgerung, dass das grundsätzlich riskantere Investmentbanking einen immer höheren Stellenwert in den Aktivitäten der Banken eingenommen und mit seinem Wachstum zu den Problemen beigetragen hatte.

Verringerung der auf den internationalen Märkten verfügbaren Finanzmittel

(17)

Das Wachstum der Banken wurde durch den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten, die geschickte Nutzung guter Bonitätseinstufungen und den durch das EWR-Abkommen ermöglichten Zugang zu europäischen Märkten erleichtert und gefördert. Die isländischen Banken nahmen 2005 an ausländischen Schuldverschreibungsmärkten 14 Mrd. EUR zu vergleichsweise günstigen Konditionen auf. Als der Zugang zu den europäischen Schuldverschreibungsmärkten zunehmend schwieriger wurde, finanzierten die Banken ihre Aktivitäten auf den Märkten in den USA, wobei isländische Schuldverschreibungen in forderungsbesicherte Schuldverschreibungen eingebettet wurden. In der Zeit kurz vor dem Zusammenbruch verließen sich die Banken zunehmend auf kurzfristige Darlehen, was zu erheblichen und, nach Aussage des SIC, vorhersehbaren Refinanzierungsrisiken führte.

Der Verschuldungsgrad der Bankeigentümer

(18)

Bei jeder der großen isländischen Banken traf zu, dass die Haupteigentümer auch zu den Hauptschuldnern zählten. (8) Die Samson Holding Company (im Folgenden "Samson") war nach der Privatisierung der Landsbanki der größte Aktionär der Bank. Als die Landsbanki zusammenbrach, waren Samsons Miteigentümer, Björgólfur Thor Björgólfsson und mit ihm verbundene Gesellschaften, die größten Schuldner der Bank, während sein Vater Björgólfur Guðmundsson, der ebenfalls Miteigentümer von Samson war, drittgrößter Schuldner der Bank war. Ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Bank überstiegen insgesamt 200 Mrd. ISK. Dieser Betrag war höher als das Eigenkapital der Bank. Der SIC war der Ansicht, dass bestimmte Aktionäre in ihrer Eigenschaft als Eigentümer außergewöhnlich einfach Zugang zu Darlehen von den Banken hatten. Im Fall der Landsbanki wurde das daran erkennbar, dass noch am 30. September 2008, als bereits klar war, dass die Landsbanki nicht genügend Devisen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Ausland besaß, die Bank einem im Besitz von Björgólfur Thor Björgólfsson befindlichen Unternehmen einen Kredit in Höhe von 153 Mio. EUR gewährte. Der SIC zog außerdem den Schluss, dass starke Anzeichen dafür bestünden, dass bei jeder dieser Banken die Grenzen zwischen den Interessen der größten Aktionäre und den Interessen der Bank nicht mehr klar gezogen waren. Das große Gewicht, das den Großaktionären beigelegt wurde, habe sich daher zum Nachteil anderer Aktionäre und Gläubiger ausgewirkt

Risikokonzentration

(19)

Mit der Frage des außergewöhnlichen finanziellen Engagements bei Großaktionären hing auch die Schlussfolgerung des SIC zusammen, dass die Vermögensportfolios der Bank nicht ausreichend gestreut waren. Der SIC war der Ansicht, dass die europäischen Vorschriften für Großkredite insbesondere bei Anteilseignern sehr eng ausgelegt wurden und dass die Banken versucht hätten, die Vorschriften zu umgehen.

Schwache Eigenkapitalbasis

(20)

Obgleich der Eigenkapitalkoeffizient der Landsbanki und der beiden anderen großen isländischen Banken immer als etwas höher als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum angegeben worden war, gelangte der SIC zu dem Schluss, dass die Eigenkapitalkoeffizienten die finanzielle Stärke der Banken nicht präzise widerspiegelten. Dies ist auf die Gefährdung der eigenen Aktien der Bank durch vorrangige Sicherheiten und Terminverträge zurückzuführen, die auf den Aktien lasteten. Das von der Gesellschaft selbst finanzierte, vom SIC als "schwaches Eigenkapital" bezeichnete Aktienkapital belief sich auf über 25 % der Eigenkapitalausstattung der Banken (bzw. mehr als 50 %, wenn man eine Bewertung anhand der Kernkomponente des Kapitals, d. h. des Eigenkapitals abzüglich immaterieller Vermögenswerte, zugrunde legt). Probleme, verursacht durch das Risiko, dass die Banken Aktien voneinander besaßen, traten verschärfend hinzu. Mitte 2008 belief sich bei den Banken die Direktfinanzierung ihrer eigenen Aktien sowie die Querfinanzierung der Aktien der jeweils anderen beiden Banken auf ca. 400 Mrd. ISK. Dies entspricht etwa 70 % der Kernkomponente des Kapitals. Der SIC war der Auffassung, dass die Finanzierung des Eigenkapitals mittels Kreditaufnahme beim System selbst Ausmaße angenommen hatte, die die Stabilität des Systems bedrohten. Die Banken hielten eine erhebliche Menge ihrer eigenen Aktien als Sicherheit für ihre Kreditvergabe. Als dann die Aktienkurse fielen, sank die Qualität ihres Kreditportfolios. Dies beeinträchtigte das Leistungsvermögen der Banken und löste weiteren Abwärtsdruck auf ihre Aktienkurse aus. Als Reaktion darauf (diesen Schluss zog der SIC aus ihm vorliegenden Informationen) versuchten die Banken, künstlich eine abnorme Nachfrage nach ihren eigenen Aktien zu erzeugen

Die Größe der Banken

(21)

2001 beliefen sich die Bilanzsummen der drei Hauptbanken (zusammen) auf einen Betrag, der knapp über dem in einem Jahr erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt (BIP) Islands lag. Ende 2007 waren die Banken international geworden und hielten Vermögenswerte, die dem Neunfachen des isländischen BIP entsprachen. Im Bericht des SIC wird angemerkt, dass Beobachter bereits 2006 feststellten, dass das Bankensystem über das Leistungsvermögen der isländischen Zentralbank (CBI) hinausgewachsen sei und dass Zweifel bestünden, ob die Zentralbank die Aufgaben eines Kreditgebers letzter Instanz erfüllen könne. Ende 2007 übertrafen die kurzfristigen (überwiegend durch die Finanzierung der Banken entstandenen) Schulden die Devisenreserven um das Fünfzehnfache. Die in Fremdwährung lautenden Einlagen in den drei Banken waren achtmal höher als die Devisenreserven. Verglichen mit den Bankeinlagen, die er eigentlich garantieren sollte, hielt der Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds nur minimale Mittel. Laut der Schlussfolgerung des SIC machten diese Faktoren Island für einen Ansturm auf seine Banken anfällig.

Das im Vergleich zur verordnungsrechtlichen und finanziellen Infrastruktur zu plötzliche Wachstum der Banken

(22)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass es den maßgeblichen Aufsichtsorganen in Island an der Glaubwürdigkeit fehlte, die mangels eines mit ausreichenden Mitteln versehenen Kreditgebers letzter Instanz notwendig war. Laut Bericht verfügten die isländische Finanzaufsichtsbehörde (FME) und die CBI nicht über ausreichende Sachkenntnis und Erfahrung zur Regulierung der Banken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Sie hätten aber Maßnahmen zur Senkung der Höhe des von den Banken eingegangenen Risikos treffen können. Die FME beispielsweise wuchs nicht im gleichen Verhältnis wie die Banken und die Methoden der Aufsichtsbehörde hielten mit den raschen Entwicklungen im operativen Geschäft der Banken nicht Schritt. Der Bericht äußert sich auch kritisch über die Regierung und zieht den Schluss, dass die Behörden Maßnahmen zur Verringerung des möglichen Einflusses der Banken auf die Wirtschaft hätten treffen müssen, indem sie die Größe der Banken beschnitten oder eine bzw. mehrere Banken zur Verlegung ihres Hauptsitzes ins Ausland aufforderten (9).

Unausgewogenheit und übermäßige Expansion der isländischen Wirtschaft insgesamt

(23)

Im Bericht des SIC wird auf Ereignisse im Zusammenhang mit der Wirtschaft insgesamt Bezug genommen, die sich ebenfalls auf das rasche Wachstum der Banken auswirkten und zu dem unausgewogenen Verhältnis zwischen Größe und Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche und der übrigen Wirtschaft beitrugen. Im Bericht wird der Schluss gezogen, dass die Politik (insbesondere die Finanzpolitik) der Regierung höchstwahrscheinlich zu der übermäßigen Expansion und Unausgewogenheit beitrug und dass die Geld- und Währungspolitik der CBI nicht hinreichend restriktiv gewesen sei. Der Bericht bezeichnet darüber hinaus die Lockerung der Kreditvergabevorschriften des Icelandic Housing Financing Fund (isländische Bausparkasse) als „one of the biggest mistakes in monetary and fiscal management made in the period leading up to the banks' collapse“ (einen der größtem Fehler, die im Zeitraum vor dem Zusammenbruch der Banken in der Geld- und Finanzpolitik begangen wurde) (10). Der Bericht enthält auch kritische Äußerungen zu der Leichtigkeit, mit der sich die Banken Kredite bei der CBI beschaffen konnten. Dabei stieg der Bestand der kurzfristigen Lombardkredite der CBI von 30 Mrd. ISK im Herbst 2005 auf 500 Mrd. ISK Anfang Oktober 2008.

Die isländische Króna, außenwirtschaftliche Ungleichgewichte und CDS-Spreads

(24)

Der Bericht stellt fest, dass der Wert der isländischen Króna im Jahr 2006 eine Höhe erreicht hatte, die nicht aufrecht zu erhalten war. Das Leistungsbilanzdefizit betrug mehr als 16 % des BIP und die Verbindlichkeiten in Fremdwährungen abzüglich der Vermögenswerte erreichten fast den Wert des gesamten jährlichen Bruttoinlandsprodukts. Die Voraussetzungen für eine Finanzkrise waren also gegeben. Ende 2007 verlor die Króna an Wert und die auf Island und den Banken lastenden Kreditausfall-Swap-Spreads nahmen exponentiell zu.

2.3.   Maßnahmen zum Wiederaufbau des Bankensektors

(25)

Nach dem Zusammenbruch der drei größten Geschäftsbanken im Oktober 2008 (einschließlich der Landsbanki) standen die isländischen Behörden vor der noch nie dagewesenen Herausforderung, den Weiterbestand des Bankbetriebs in Island sicherstellen zu müssen (11). Die von der isländischen Regierung diesbezüglich verfolgte Politik ist vor allem in dem vom isländischen Parlament am 6. Oktober 2008 verabschiedeten Notstandsgesetz (12) festgelegt worden. Dieses Gesetz verleiht der FME außerordentliche Vollmachten, bei Bedarf die Kontrolle über Finanzunternehmen zu übernehmen und über deren Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu verfügen. Der Finanzminister wurde ermächtigt, zur Gründung neuer Finanzunternehmen im Namen der Staatskasse Mittel auszuzahlen. Darüber hinaus sollten in Konkursverfahren für Finanzunternehmen die Einlagen den Vorrang vor sonstigen Forderungen erhalten. Die Regierung erklärte, dass Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen sowie deren Niederlassungen in Island in voller Höhe geschützt seien.

(26)

Anfangs stand die Sicherstellung der grundlegenden Funktion der inländischen Banken-, Zahlungs- und Abrechnungssysteme im Mittelpunkt der Politik. In den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch erstellte die isländische Regierung in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (im Folgenden „IWF“) außerdem ein Wirtschaftsprogramm, auf dessen Grundlage am 20. November 2008 Islands Antrag auf eine zweijährige Bereitschaftskreditvereinbarung des IWF genehmigt wurde. Diese Vereinbarung beinhaltete auch ein IWF-Darlehen in Höhe von 2,1 Mrd. USD zur Stärkung der isländischen Währungsreserven. Die Regierung sicherte sich bei anderen nordischen Ländern und bestimmen Handelspartnern darüber hinaus Darlehen in Höhe von bis zu 3 Mrd. USD. Aus dem IWF-Darlehen wurden 827 Mio. USD sofort bereit gestellt. Der restliche Betrag wurde vorbehaltlich vierteljährlicher Überprüfungen des Wirtschaftsprogramms in acht gleich hohen Raten ausgezahlt.

(27)

Bei dem IWF-Programm handelte es sich um ein umfassendes Stabilisierungsprogramm, mit dem vor allem drei Ziele erreicht werden sollten. Das erste Ziel war die Stabilisierung und Wiederherstellung des Vertrauens in die Króna, um die negativen Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft in Grenzen zu halten. Zu den Maßnahmen in diesem Zusammenhang gehörte die Einführung von Kapitalkontrollen zur Eindämmung der Kapitalflucht. Als zweites Ziel enthielt das Programm eine Strategie zur umfassenden Umstrukturierung der Banken, mit der letztendlich wieder ein lebensfähiges Finanzsystem in Island aufgebaut und die internationalen Finanzbeziehungen des Landes gesichert werden sollten. Weitere Zielsetzungen in diesem Zusammenhang waren die Gewährleistung einer angemessenen Bewertung der Vermögenswerte der Banken, eine möglichst umfassende Rückgewinnung von Vermögenswerten und die Stärkung der Aufsichtspraktiken. Das dritte Ziel des Wirtschaftsprogramms war die Sicherstellung tragfähiger öffentlicher Finanzen mittels Begrenzung der Sozialisierung der Verluste zahlungsunfähiger Banken und die Durchführung eines Programms zur mittelfristigen Konsolidierung der Staatsfinanzen.

(28)

Die isländischen Behörden betonten, dass aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Zusammenhang mit der im Vergleich zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Staatskasse erheblichen Größe des Bankensystems die den Behörden offen stehenden politischen Optionen begrenzt waren. Die Lösungskonzepte, auf die man sich stützte, unterschieden sich daher vielfach von den Maßnahmen, die Regierungen anderer Länder, die Bedrohungen ihrer finanziellen Stabilität ausgesetzt waren, trafen.

(29)

Auf der Grundlage des Notstandsgesetzes wurden die drei großen Geschäftsbanken Glitnir Bank, Landsbanki Íslands und Kaupthing Bank in „alte“ und „neue“ Banken aufgespalten. Der Finanzminister gründete drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die die inländischen Geschäftstätigkeiten der alten Banken übernehmen sollen, und bestellte die Vorstände für diese Gesellschaften. Die FME übernahm die Kontrolle über die alten Banken und wies deren inländische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Einlagen) im Wesentlichen den neuen Banken zu, die den Bankbetrieb in Island fortführten. Die alten Banken dagegen wurden der Aufsicht ihrer jeweiligen Auflösungsausschüsse unterstellt. (13) Die ausländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten wurden überwiegend in den alten Banken platziert. Für diese Banken erfolgten später Liquidationsverfahren und letztendlich die Schließung sämtlicher Unternehmen im Ausland. (14)

(30)

In der vorläufigen Eröffnungsbilanz der drei neuen Banken vom 14. November 2008 wurde das Gesamtvermögen der drei Banken zusammen auf 2 886 Mrd. ISK veranschlagt, wobei der Staat Eigenkapital in Höhe von 385 Mrd. ISK bereitstellen sollte. Der Gesamtbetrag der von den neuen Banken zugunsten der alten Banken als Zahlung für den Wert der über die Verbindlichkeiten hinaus übertragenen Vermögenswerte herauszugebenden Schuldverschreibungen wurde auf 1 153 Mrd. ISK geschätzt. Die FME beauftragte Deloitte LLP mit der Bewertung der übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Im Verlauf dieses Verfahrens stellte sich heraus, dass die unabhängige Bewertung keine festen Werte der übertragenen Reinvermögen ergeben würde, sondern Bewertungen innerhalb bestimmter Bandbreiten. Außerdem kam es zu Beschwerden der Gläubiger der Banken gegen das Bewertungsverfahren, das ihrer Meinung nach nicht unparteiisch war. Zudem beklagten sie, dass sie ihre Interessen nicht schützen könnten. Diese Komplikationen führten zu einer Änderung der Politik beim Kontenausgleich zwischen den alten und neuen Banken. Statt sich auf Bewertungen unabhängiger Sachverständiger zu verlassen, wollten die Parteien versuchen, auf dem Verhandlungsweg Einigkeit über den Wert der übertragenen Reinvermögen zu erzielen.

(31)

Es lag auf der Hand, dass es für die Parteien nicht einfach sein würde, sich über die Bewertungen zu einigen. Ihnen lagen schließlich zahlreiche Annahmen zugrunde, über die zwischen den Parteien wahrscheinlich Uneinigkeit herrschen würde. Seitens des Staates wurde das Ziel verfolgt, über grundlegende Bewertungen Einigkeit zu erzielen, damit ein solides Fundament für die anfängliche Kapitalausstattung der neuen Banken geschaffen werden konnte. Erreichten die Vermögenswerte Kurse über ihre Grundbewertung hinaus, könnte dieser Überschuss den Gläubigern in Form bedingter Schuldverschreibungen oder Werterhöhungen des Aktienkapitals der Banken zugewiesen werden. In den Verhandlungen hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Auflösungsausschüsse von Glitnir und Kaupthing und eine Mehrheit ihrer Gläubiger an einem Erwerb von Anteilen an den neuen Banken interessiert sein könnten. Mit dieser Maßnahme erhielten sie die Möglichkeit, von potenziellen Wertsteigerungen der übertragenen Vermögenswerte zu profitieren.

(32)

Die volle Kapitalausstattung der drei neuen Banken und Kernübereinkünfte mit den Gläubigern der alten Banken hinsichtlich der Frage, wie der Ausgleich für die Übertragung des Reinvermögens an die neuen Banken bezahlt werden sollte, wurden am 20. Juli 2009 bekannt gegeben. Bei zwei der neuen Banken, der New Glitnir (später in Íslandsbanki umbenannt) und der New Kaupthing (die später den Namen Arion Bank erhielt), schloss dies Verträge mit der Vorbehaltsklausel ein, dass die alten Banken die Mehrheit der Eigenkapitalanteile an den neuen Banken zeichneten.

(33)

Auf der Grundlage der Kernübereinkünfte beschlossen die Auflösungsausschüsse der alten Banken im Oktober 2009 (Glitnir) und im Dezember 2009 (Kaupthing Bank und Landsbanki Islands), Anteile an den neuen Banken zu zeichnen. Am 18. Dezember 2009 gab die Regierung bekannt, dass der Wiederaufbau der Banken abgeschlossen sei und zwischen den isländischen Behörden und den neuen Banken auf der einen Seite und den im Namen ihrer Gläubiger handelnden Auflösungsausschüssen der Glitnir Bank, Landsbanki Íslands und Kaupthing Bank auf der anderen Seite Vereinbarungen erzielt worden seien. Die Vereinbarungen enthielten Vergleiche bezüglich der von den alten an die neuen Banken übertragenen Vermögenswerte. Die neuen Banken waren damit vollständig finanziert.

(34)

Der Beitrag der Staatskasse zum Eigenkapital der neuen Banken wurde erheblich gesenkt, nämlich von den ursprünglich vorgesehenen 385 Mrd. ISK auf 135 Mrd. ISK in Form von Aktienkapital. Bei zwei der drei Banken, der Íslandsbanki und der Arion Bank, belief sich der Beitrag auf etwa 55 Mrd. ISK an Ergänzungskapital (Tier II) in Form von nachrangigen Darlehen bzw. einen Gesamtbetrag von 190 Mrd. ISK Außerdem stellte die Staatskasse der Íslandsbanki und der Arion Bank Liquiditätsfazilitäten zur Verfügung. Das Aktienkapital, das die alten den neuen Banken zur Verfügung stellten, betrug insgesamt etwa 156 Mrd. ISK. Die Kapitalausstattung der neuen Banken belief sich folglich auf insgesamt ca. 346 Mrd. ISK. Die Vereinbarungen beinhalteten, dass der Staat nicht das vollständige Eigentum an den drei Banken beibehalten würde, sondern seine Beteiligung an der Íslandsbanki auf etwa 5 %, an der Arion Bank auf 13 % und im Fall der Landsbankinn auf 81 % senken würde.

(35)

Die beschriebene Übernahme von zwei der drei Banken durch die Gläubiger der alten Banken löste zwar wesentliche Probleme beim Wiederaufbau des Finanzsektors und schuf eine stabilere Kapitalgrundlage für die neuen Banken, es verblieben aber zahlreiche Schwachstellen, die noch zu beheben waren. Seit Herbst 2009 konzentrierten die Banken ihre Bemühungen vor allem auf interne Angelegenheiten wie die Festlegung der allgemeinen Strategie für ihr operatives Geschäft und insbesondere die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios, die den größten Risikofaktor für ihr operatives Geschäft und ihre langfristige Rentabilität darstellten. Aufgrund verschiedener erschwerender Faktoren gestaltete sich der Umstrukturierungsprozess komplex. Zu diesen Faktoren gehörten auch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes über die Rechtswidrigkeit von Krediten, die in ISK gewährt, aber an einen Devisenindex gekoppelt wurden. Soweit sie für die Umstrukturierung der Landsbankinn maßgeblich sind, werden diese Fragen in den folgenden Abschnitten erörtert.

2.4.   Gesamtwirtschaftliches Umfeld

(36)

Dem Zusammenbruch des Bankensystems im Oktober 2008 folgten erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen. Die Schwierigkeiten im Finanzsystem Islands gingen mit einem Einbruch des Vertrauens in seine Währung einher. Die Króna verlor im ersten Quartal 2008 stark an Wert. Weitere Wertverluste traten im Herbst, vor und nach dem Zusammenbruch der drei Geschäftsbanken, ein. Trotz der im Herbst 2008 eingeführten Kapitalkontrollen war das Jahr 2009 von starken Währungsschwankungen geprägt. (15) Diese Turbulenzen führten zu einer schweren Rezession der isländischen Konjunktur, in deren Verlauf das BIP 2009 um 6,8 % und 2010 um 4 % schrumpfte.

(37)

Zu den Begleiterscheinungen der Wirtschaftskrise zählten eine plötzliche Zunahme der Arbeitslosigkeit von 1,6 % im Jahr 2008 auf 8 % 2009, ein Anstieg der Inflation und das Sinken der Reallöhne. Darüber hinaus war ein steiler Anstieg des Schuldenstandes von Unternehmen und Privathaushalten sowie des Anteils notleidender Kredite im Kreditportfolio der Banken zu verzeichnen. Auch kam es in großem Maßstab zu Übernahmen von in Insolvenzgefahr geratenen Unternehmen durch die neuen Banken. Gleichzeitig lösten die hohen, aus Steuergeldern finanzierten Umstrukturierungskosten des Bankensystems einen steilen Anstieg des Haushaltsdefizits und eine erhebliche Zunahme der Schulden des öffentlichen Sektors aus.

(38)

Nach der tiefen Rezession lassen vorläufige, vom nationalen statistischen Amt Islands vorgelegte Daten nun auf einen Umschwung in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 schließen. Für das gesamte Jahr wird von einem Wachstum des BIP von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr ausgegangen.

(39)

Das letztes Jahr verzeichnete Wirtschaftswachstum war überwiegend auf eine Zunahme der Inlandsnachfrage zurückzuführen, wobei sich insbesondere ein Anstieg der Konsumausgaben privater Haushalte um 4 % bemerkbar machte. Unterstützt wurde dies durch Erhöhungen der Löhne und Sozialleistungen sowie bestimmte politische Initiativen zur Entlastung privater Haushalte bei der Bedienung von Schulden. Hierzu zählten ein vorübergehender Zinszuschuss, das Einfrieren von Abzahlungen von Krediten und die vorgezogene Rückzahlung von Einzahlungen in die private Altersvorsorge. Die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2011 lassen auch auf einen langsamen Anstieg der Investitionen schließen, der allerdings von einem ganz besonders niedrigen Niveau ausgeht, (16) während der Verbrauch der öffentlichen Hand in den letzten drei Jahren auf niedrigem Niveau verharrte.

(40)

Die gesamtwirtschaftlichen Daten verbergen ganz erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen. Zusätzlich zu dem Zusammenbruch im Finanzsektor war auch bei der Bautätigkeit und zahlreichen anderen Fertigungs- und Dienstleistungsaktivitäten im Inland ein Abschwung festzustellen. Andererseits konnten bestimmte Exportsektoren ein Wachstum verzeichnen. Aufgrund des niedrigen Wechselkurses der Króna und vergleichsweise stabiler Preise bei Meereserzeugnissen und Aluminiumprodukten (in ausländischen Währungen), stiegen die Exporteinnahmen nach dem Beginn der Wirtschaftskrise. Dies traf auch für den Tourismus und andere Dienstleistungsexporte zu. Gleichzeitig gingen die Einfuhren stark zurück und drehten die Handelsbilanz (17) 2010 mit einem Überschuss von etwa 10 % des BIP vorübergehend ins Plus. Mit der gestiegenen Inlandsnachfrage 2011 haben auch die Einfuhren wieder zugenommen. Die Folge war ein insgesamt geringerer Handelsbilanzüberschuss von 8,2 % des BIP.

(41)

Die Prognose des nationalen statistischen Amts Islands für 2012 bis 2017 geht davon aus, dass sich 2012 die schrittweise wirtschaftliche Erholung mit 2,6 % Wachstum fortsetzen wird. Eine ähnliche Wachstumsquote wird auch für den restlichen Vorhersagezeitraum erwartet. Diese Prognose unterliegt jedoch verschiedenen Unsicherheiten. Geplante Großinvestitionen der Industrie könnten noch weiter aufgeschoben werden. Die Handelsbedingungen Islands könnten von einer länger anhaltenden Rezession in den Hauptpartnerländern beeinträchtigt werden und eine niedrigere Wachstumsquote in Island mit sich bringen. Stellen sich bei der Bewältigung der Schuldenlast der Haushalte und Unternehmen die Fortschritte langsamer ein als erwartet, dann würde dies die Inlandsnachfrage und die Wachstumsaussichten der Wirtschaft noch weiter einengen. Auch durch im Zusammenhang mit der Aufhebung von Kapitalkontrollen ausgelöste Wechselkursschwankungen, die ihrerseits zu einer weiter andauernden Instabilität der Preise führen, könnte das Wachstum gefährdet werden.

2.5.   Finanzaufsicht und Verbesserungen im verordnungsrechtlichen Rahmen

(42)

Im Anschluss an die anfänglichen Arbeiten der FME im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Banken und der Bewertung der von den alten Banken übertragenen Reinvermögen prüfte die FME im Frühjahr 2009 im Rahmen eines sogenannten Freizeichnungsprojekts die neuen Banken sowie deren Wirtschaftspläne, finanzielle Stärke und ihren Kapitalbedarf. Hierbei nahm sie die Hilfe der internationalen Wirtschaftsberatungsfirma Oliver Wyman in Anspruch.

(43)

Nach der Beendigung dieses Vorgangs erteilte die FME den Banken vorbehaltlich verschiedener Bedingungen Lizenzen. In Anbetracht der Beschaffenheit der Anlagenbestände und der erwarteten wirtschaftlichen Unsicherheit hielt man es für erforderlich, den drei Banken höhere Eigenkapitalanforderungen vorzuschreiben als das gesetzliche Minimum. Die FME setzte daher den Mindest-Eigenkapitalkoeffizienten für die drei Banken auf 16 % fest, wobei der Kernkapitalkoeffizient mindestens 12 % betragen musste. Die Anforderungen galten mindestens drei Jahre, sofern seitens der FME keine Änderung erfolgte. Auch Bedingungen für die Liquidität wurden dahingehend festgesetzt, dass die verfügbaren liquiden Mittel jederzeit mindestens 20 % der Einlagen entsprechen mussten. Barmittel oder Barmitteln gleichgestellte Mittel mussten mindestens in Höhe von 5 % der Einlagen vorhanden sein. Auch im Hinblick auf andere Themen wie die Umstrukturierung der Kreditportfolios, die Risikobewertung, die Grundsätze der Unternehmensführung und die Eigenverantwortlichkeit wurden Anforderungen gestellt. Die FME führte auch für andere Finanzunternehmen vergleichbare Kapitalanforderungen ein.

(44)

In dem in Konsultationen mit dem IWF festgelegten Programm zur Stabilisierung der Wirtschaft war zur Verbesserung des Schutzes vor zukünftigen Finanzkrisen eine Überarbeitung des gesamten verordnungsrechtlichen Rahmens für Finanzdienstleistungen und die Finanzaufsicht vorgesehen. Die Regierung lud den ehemaligen Generaldirektor der finnischen Finanzaufsichtsbehörde, Herrn Kaarlo Jännäri, ein, eine Bewertung des bestehenden verordnungsrechtlichen Rahmens und der Aufsichtsmethoden vorzunehmen. Eine der von Herr Jännäri vorgeschlagenen Verbesserungen betraf die Einrichtung eines nationalen Kreditregisters bei der FME zur Verringerung der im System bestehenden Kreditrisiken. In seinem Bericht empfahl er auch die Festlegung strengerer Vorschriften und eine härtere Vergabepraxis bei Großkrediten und miteinander zusammenhängenden Darlehen. Es schlug auch vor, zur Überprüfung der externen Aufsicht und zur Prüfung damit zusammenhängender Berichte insbesondere im Hinblick auf Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Devisenrisiken, mehr Kontrollen vor Ort durchzuführen. Außerdem wurde eine Überprüfung und Verbesserung des Einlagensicherungssystems unter enger Anlehnung an die Entwicklungen in der EU empfohlen.

(45)

Die Regierung brachte anschließend im Althingi einen Gesetzentwurf ein, der angenommen wurde und am 1. Juli 2010 als Gesetz Nr. 75/2010 in Kraft trat. Mit dem neuen Gesetz wurden auch am Gesetz über Finanzunternehmen umfangreiche Änderungen vorgenommen. Später wurden noch weitere Änderungen am Gesetz über Finanzunternehmen sowie in der Regulierung und Beaufsichtigung von Finanzdienstleistungen eingeführt. Diese verordnungsrechtlichen Änderungen werden im Anhang näher betrachtet.

2.6.   Die wichtigsten Herausforderungen der Zukunft (18)

(46)

Trotz wichtiger Fortschritte beim Wiederaufbau des Finanzsektors kämpft Island weiterhin mit den Nachwirkungen der Finanz- und Währungskrise vom Herbst 2008. Durch die Finanzkrise traten verschiedene Fehler und Mängel im Finanzsystem zutage, die behoben werden müssen, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden soll. Offensichtlich steht Island — wie viele andere, von der Finanzkrise hart getroffene Länder auch — bei der Anpassung der rechtlichen und operativen Rahmenbedingungen für Finanzdienstleistungen zahlreichen Herausforderungen gegenüber, wobei das Ziel darin besteht, ein in Zukunft existenzfähiges, effizientes Finanzsystem zu fördern und das Risiko für ein erneutes Auftreten von Systemerschütterungen so weit wie möglich zu senken.

(47)

Die dringendsten Herausforderungen, mit denen sich die isländischen Finanzunternehmen aktuell auseinandersetzen müssen, hängen mit dem Umstand zusammen, dass die Banken in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer pauschalen Einlagensicherung arbeiten. Die Banken müssen sich jetzt auf die Arbeit in einem weniger geschützten Umfeld vorbereiten, das bestehen wird, wenn die Kapitalkontrollen aufgehoben und die Einlagensicherungen wieder auf die in den einschlägigen EU/EWR-Vorschriften festgelegten Vorgaben zurückgeführt werden (19). Die isländischen Behörden unterstrichen, dass in diesem Zusammenhang bei der Einführung neuer Vorschriften mit äußerster Vorsicht vorzugehen sei.

(48)

Eine weitere große Herausforderung liegt in der weiteren Anpassung des rechtlichen und verordnungsrechtlichen Rahmens zur Unterstützung eines soliden, effizienten Finanzsystems, das im Einklang mit den Entwicklungen im EWR-Recht und im internationalen Recht steht (20).

2.7.   Der Wettbewerb im isländischen Finanzsektor

(49)

Nach neuesten Informationen der isländischen Behörden (21) hat sich der Wettbewerb auf dem Finanzmarkt seit dem Zusammenbruch der Banken radikal verändert. Die Anzahl der Finanzunternehmen ist zurückgegangen, weil mehrere Sparkassen, Geschäftsbanken und spezialisierte Darlehensgeber sich entweder in der Liquidation befinden oder mit anderen Unternehmen verschmolzen sind (22). Die Zahl der Finanzunternehmen nimmt auch jetzt noch ab, in jüngster Zeit durch die Zusammenschlüsse der Landsbankinn und der SpKef im März 2011, der Íslandsbanki und der Byr im Dezember 2011 und die von der Überwachungsbehörde in der SpSv-Entscheidung am 20. Juni 2012 genehmigte, noch anstehende Fusion der Landsbankinn und der Svarfdaelir Savings Bank. Aufgrund des Rückgangs der Zahl der Finanzunternehmen und aufgrund der Übernahme der Einlagen der schließenden Banken durch die größeren Banken ist die Konzentration auf dem inländischen Markt gewachsen. Andererseits ist aufgrund der Schließung der internationalen Bankentätigkeit die Präsenz der neuen Banken auf den Finanzmärkten des EWR insgesamt viel kleiner als die ihrer Vorgängerinnen.

(50)

Darüber hinaus ist der inländische Markt mit dem vollständigen Verschwinden oder der erheblichen Schwächung bestimmter Untermärkte stark geschrumpft. Mit dem beinahe vollständigen Verschwinden des Aktienmarkts und der Einführung von Kapitalkontrollen gingen die Geschäfte an den Aktien- und Devisenmärkten zurück. Dies führte wiederum zu eingeschränkten Möglichkeiten für Investitionen. Da sich das Niveau der Investitionen in der Wirtschaft auf einem historischen Tiefstand befindet und die Haushalte und Unternehmen im Allgemeinen hoch verschuldet sind, ist die Nachfrage nach Krediten niedrig. Seit dem Zusammenbruch konzentrierten die Banken ihre Anstrengungen auf interne Angelegenheiten, die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios sowie die Umstrukturierung einiger wichtiger Firmenkunden.

(51)

Vor der Finanzkrise hielten die Sparkassen bei den Einlagen gemeinsam einen Marktanteil von etwa 20 bis 25 %. Dieser Anteil ist jetzt auf etwa 2 bis 4 % eingebrochen. Die Marktanteile, die den Sparkassen und den aus dem Markt ausscheidenden Geschäftsbanken verloren gingen, wurden von den drei großen Geschäftsbanken Arion Bank, Íslandsbanki und Landsbankinn hinzugewonnen. Die drei Großbanken zusammen nehmen heute etwa 90 bis 95 % des Marktes ein, statt 60 bis 75 % wie früher. Dabei ist der Marktanteil der Landsbankinn marginal höher. Abgesehen von den zehn regionalen Sparkassen, die etwa 2 bis 4 % des Marktes ausmachen, ist die umstrukturierte MP Bank (23) mit einem Anteil von etwa 1 bis 5 % der einzige weitere Marktteilnehmer.

(52)

Der isländische Markt ist also eindeutig oligopolistisch und die drei größten Unternehmen könnten gemeinsam eine beherrschende Marktstellung erreichen. Nach Aussage der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA) bestehen hohe Schranken für den Zugang zum isländischen Bankenmarkt. Dies wirkt sich nachteilig auf den Wettbewerb aus. Auch bestehen für Verbraucher gewisse Hindernisse beim Wechsel der Bank. Die isländischen Behörden erkannten darüber hinaus an, dass die mit der kleinen, nicht frei gehandelten Währung Islands, der isländischen Króna, einhergehenden Wechselkursrisiken den Wettbewerb noch weiter einschränkten und ausländische Banken und Unternehmen vom Eintritt in den isländischen Markt abhielten.

(53)

Die isländische Wettbewerbsbehörde richtete in letzter Zeit ihr Augenmerk auf ein besonderes, mit der IT-Infrastruktur zusammenhängendes Problem für den Geschäftsbetrieb der Banken und ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Dies betrifft den IT-Dienstleister Reiknistofa bankanna (Datenzentrum der isländischen Banken, RB), der gemeinsames Eigentum der Finanzinstitute ist. Diese Angelegenheit hat Bedeutung für die Würdigung des vorliegenden Falls und gehörte zu den Fragen, die die Überwachungsbehörde mit den isländischen Behörden und Banken erörterte.

(54)

RB steht im gemeinsamen Eigentum der drei größten isländischen Banken, zweier Sparkassen, des isländischen Sparkassenverbandes und der drei wichtigsten Zahlungskartendienstleister in Island. Landsbankinn besitzt 36,84 % der Anteile an RB, Íslandsbanki hält 29,48 % und die Arion Bank 18,7 %. Zusammen besitzen die drei Geschäftsbanken also 85,02 % der Anteile an RB. Zu den Kunden des RB zählen die Eigentümer, die Zentralbank von Island und andere Finanzinstitutionen sowie die Regierung und andere öffentliche Einrichtungen. Die Zusammenarbeit der Banken in diesem Bereich ist umfassend, da RB das Verrechnungs- und Saldenausgleichssystem in Island entwickelt hat. RB bietet außerdem eine Reihe von Lösungskonzepten für das Kerngeschäft von Banken an. Hierbei handelt es sich um mandantenfähige Lösungen, die von den meisten isländischen Banken genutzt werden. RB betreibt darüber hinaus ein elektronisches Rechnungsstellungssystem und ein elektronisches Zahlungssystem für Unternehmen und Verbraucher.

(55)

Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde schwächte der Zusammenbruch im Jahr 2008 die kleineren Banken und Sparkassen ganz besonders. Für die kleineren Finanzunternehmen hatten die erforderlichen IT-Dienstleistungen einen ganz besonders hohen Stellenwert, denn diese Dienste können als eine der Marktzutrittsschranken für neue Marktteilnehmer betrachtet werden. Die Plattform für IT-Dienstleistungen wurde von RB zu einem erheblichen Teil für die größeren Finanzunternehmen bereitgestellt, während Teris eine Plattform für die Sparkassen und kleineren Marktteilnehmer vorhielt. Nach der Schließung vieler kleinerer Finanzunternehmen in den letzten Jahren verlor Teris einen erheblichen Teil seiner Einnahmen mit der Folge, dass Teris im Januar 2012 einige seiner IT-Lösungskonzepte an RB verkaufte. Nach Aussage von RB und Teris sollte diese Transaktion unter anderem der Sicherstellung einer ununterbrochenen Versorgung kleinerer Finanzunternehmen mit IT-Dienstleistungen dienen.

(56)

Die Wettbewerbsbehörde hat im Zusammenhang mit RB zwei Fälle geprüft. Der erste Fall betrifft die Frage, ob der gemeinsame Besitz des RB-Forums und die Zusammenarbeit der Banken und anderen Finanzunternehmen darin als Verstoß gegen das Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen nach Artikel 10 des isländischen Wettbewerbsgesetzes zu betrachten sei. Im zweiten Fall wurde die Vereinbarkeit des Kaufs bedeutender Vermögenswerte von Teris durch RB mit den in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen über Zusammenschlüsse beurteilt. Im Mai 2012 wurden diese beiden Fälle jedoch mit einem Vergleich zwischen RB und dessen Eigentümern auf der einen und der Wettbewerbsbehörde auf der anderen Seite abgeschlossen. (24)

(57)

Neben den oben beschriebenen, unmittelbar mit dem isländischen Finanzmarkt zusammenhängenden Besorgnissen wies die Wettbewerbsbehörde (ICA) insbesondere auf die Notwendigkeit hin, den Verkauf und die Umstrukturierung von Betriebsgesellschaften (25) möglichst umgehend abzuschließen. Viele Betriebsgesellschaften waren aufgrund von Überschuldung nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Jahr 2008 von den Banken (als Gläubiger dieser Gesellschaften) übernommen worden. Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde kann ein Interessenkonflikt entstehen, wenn Banken für Unternehmen Finanzdienstleistungen erbringen und gleichzeitig Eigentümer dieser Unternehmen sind. Die Wettbewerbsbehörde ist der Auffassung, dass heute, d. h. in der Zeit nach der Finanzkrise, das mittel- und unmittelbare Eigentum der Banken (26) das verbreitetste und gefährlichste Wettbewerbsproblem ist, weil sich dieser Umstand auf fast alle Unternehmen und Branchen in Island auswirkt. Nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde würde eine schnellere Umstrukturierung von Unternehmen zu einem besseren Wettbewerb auf dem Finanzmarkt führen. Soweit die Beteiligung der Banken an der Umstrukturierung ihrer Unternehmenskunden den Anmeldungsbestimmungen im Rahmen der nationalen Kontrollmaßnahmen für Zusammenschlüsse unterlag, stellte die Wettbewerbsbehörde häufig Bedingungen bezüglich der Eigentumsanteile der Banken. Eine umfassende Lösung des Problems scheint sich jedoch schwierig zu gestalten, weil hier ein wesentlicher Zusammenhang mit dem hohen Verschuldungsgrad des isländischen Unternehmenssektors besteht.

(58)

In ihrem bei der Überwachungsbehörde eingereichten Schriftsatz brachten alle drei Geschäftsbanken, d. h. die Arion Bank, die Íslandsbanki und die Landsbankinn, zum Ausdruck, dass seit dem Herbst 2008 bei den Wettbewerbsbedingungen auf dem isländischen Finanzmarkt keine großen Veränderungen eingetreten seien, die zu Bedenken Anlass geben könnten. Auf dem Markt herrsche ein wirksamer Wettbewerb, ohne Anzeichen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen der drei größten Marktteilnehmer. Bei der Prüfung der Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt habe die Wettbewerbsbehörde bestimmte Schlüsselfaktoren übersehen. Einer dieser Faktoren betreffe beispielsweise die Tatsache, dass ausländische Banken seit langem bei der Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für die größten Kunden wie beispielsweise exportorientierte Unternehmen (Fischerei, energieintensive Industrien usw.) sowie für staatliche und kommunale Vorhaben aktiv mit isländischen Banken konkurriert hätten und dies auch heute noch täten.

(59)

Diese Darstellung widerspricht jedoch der in dem bei den isländischen Behörden eingereichten Schriftsatz zum Ausdruck gebrachten Sichtweise, wie sie in dem oben angeführten Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi dargelegt wird. Auch zur Auffassung der Wettbewerbsbehörde besteht hier ein Widerspruch. Darüber hinaus hat sich, wie nachfolgend umrissen wird, die Landsbankinn trotz gewisser Vorbehalte bezüglich der Analyse der Wettbewerbsbedingungen dazu entschlossen, bestimmte Verpflichtungen zur Eingrenzung der mit den betreffenden Beihilfemaßnahmen verbundenen Wettbewerbsverzerrungen einzugehen. Diese Verpflichtungen sind dem Anhang zu entnehmen.

3.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

3.1.   Die Empfängerin

(60)

Wie oben beschrieben brach die Landsbanki ebenso wie die beiden anderen großen isländischen Geschäftsbanken, Glitnir und Kaupthing, im Jahr 2008 zusammen. Um den Weiterbetrieb des Bankensektors im Land sicherzustellen, trafen die isländischen Behörden Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Landsbanki. Hierzu errichteten sie die New Landsbanki (inzwischen in Landsbankinn umbenannt) und statteten sie mit Kapital aus. Einzelheiten werden nachfolgend beschrieben.

3.1.1.   Landsbanki

(61)

Vor der Finanzkrise des Jahres 2008 war die Landsbanki die zweitgrößte Bank in Island. Am Ende des zweiten Quartals 2008 betrug ihre Bilanzsumme 3 970 Mrd. ISK und sie erzielte in der ersten Jahreshälfte dieses Jahres einen Gewinn vor Steuern von 31 Mrd. ISK. Die veröffentlichte Geschäftsstrategie (27) der Bank bestand darin, die Bank von einer örtlichen, ausschließlich in Island tätigen Geschäftsbank „into a highly profitable corporate and investment banking operation stretching eastward from Iceland across Europe and westward over the Atlantic“ [in ein hoch profitables Firmen- und Investmentbankingunternehmen, das sich östlich Islands über Europa und westlich über den Atlantik erstreckt] umzuformen. Im Jahr 2000 leitete die Landsbanki ihre ausländischen Aktivitäten mit dem Erwerb einer 70 %-igen Beteiligung an der Heritable Bank in London ein. In den folgenden Jahren wuchs die Bank sowohl durch Zukäufe als auch die Gründung ausländischer Niederlassungen erheblich. Vor ihrem Zusammenbruch besaß die Bank sieben Hauptniederlassungen im Vereinigten Königreich, Irland, Luxemburg, Frankreich/Deutschland und in Island selbst. Außerdem verfügte sie über Niederlassungen im Vereinigten Königreich (die ihrerseits Büros in den Niederlanden, Deutschland und den Vereinigten Staaten hatte), Kanada, Norwegen und Finnland sowie eine Verkaufsstelle in Hongkong.

3.1.2.   Landsbankinn

(62)

Die Nachfolgerin der Landsbanki, die Landsbankinn, ist eine Universalbank, die natürlichen Personen, Haushalten, Unternehmen und professionellen Anlegern in Island eine umfassende Palette an Finanzdienstleistungen anbietet. Die Landsbankinn ist die größte Bank in Island. Ende 2011 beliefen sich ihre gesamten Vermögenswerte auf 1 135 Mrd. ISK. Die Bank beschäftigt 1142 Angestellte. Laut Umstrukturierungsplan ist die Landsbankinn vor allem in folgenden Bereichen tätig:

3.1.2.1.   Privatkundengeschäft

(63)

Die Privatkundenabteilung bearbeitetet sämtliche allgemeinen Dienstleistungen für natürliche Personen sowie kleine und mittelständische Unternehmen. Mit 520 Angestellten, von denen 410 ihre Tätigkeiten an den verschiedenen Niederlassungen ausüben, ist dies die größte Abteilung der Bank. Ausweislich der von den isländischen Behörden vorgelegten Informationen hält die Landsbankinn im Privatkundensektor einen Marktanteil von [> 25] %.

3.1.2.2.   Firmenkundengeschäft

(64)

Die Firmenkundenabteilung ist für große Unternehmen und Kommunen sowie umfangreichere Finanzierungsprojekte zuständig. Drei Unterabteilungen in der Firmenkundenabteilung bearbeiten Kredite. Diese sind: Industrie, Handel und Dienstleistungen, Fischerei und Meeresfrüchte, Bau und allgemeines Kreditmanagement. Diese Abteilung hat 40 Angestellte. Ausweislich der von den isländischen Behörden vorgelegten Informationen hält die Landsbankinn in diesem Marktsegment einen Marktanteil von [> 30] %.

3.1.2.3.   Märkte, Treasury und Vermögensverwaltung

(65)

Die Abteilung Treasury ist für die Liquidität und Mittelbeschaffung der Bank verantwortlich. Zu ihrem Verantwortungsbereich gehört ferner das Management von Marktrisiken, die Marktpflege im Devisenmarkt, Geldmarkt sowie bei amtlich notierten Wertpapieren. Die Abteilung Märkte befasst sich mit Devisenverkäufen und dem Vermakeln von Schuldverschreibungen, Dividendenpapieren und Derivaten an professionelle Kunden.

(66)

Die Vermögensverwaltungsabteilung besteht aus drei Unterabteilungen mit den Aufgabenbereichen Verwaltung von Fremdvermögen, Betreuung von vermögenden Privatkunden und Finanzberatungsdienste.

3.2.   Vergleich zwischen der alten und der neuen Bank

(67)

Die isländischen Behörden übermittelten einen Überblick über die bereits erfolgten, grundlegenden Veränderungen, die die Überwachungsbehörde für die Zwecke ihrer laufenden Bewertung für maßgeblich erachtet.

(68)

Wie bereits erwähnt, beinhaltete die Geschäftsstrategie der Landsbanki eine internationale Ausweitung ihrer Geschäftstätigkeit. Ab 2004 bestand das Hauptziel der Bank darin, in den Märkten für internationales Investment und Firmenkunden zu wachsen. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf Dienstleistungen für kleine und mittlere Kapitalgesellschaften. Im Jahr 2005 wurde in London eine Niederlassung eröffnet, deren Schwerpunkt anfänglich in den Bereichen Fremdkapitalfinanzierungen und vermögensbesicherte Kredite lag. Später in Kanada, Finnland und Norwegen gegründete Niederlassungen und die Verkaufsstelle in Hongkong konzentrierten sich anfänglich auf vermögensbesicherte Kredite und Handelsfinanzierung. Mit dieser Strategie (28) wurde das Ziel verfolgt, das Kreditportfolio über verschiedene Länder und Branchen zu streuen. Aufgrund dieser Strategie nahm die Kreditvergabe an nicht isländische Unternehmen einen immer größeren Anteil im operativen Geschäft der Bank ein. Beinahe die Hälfte der 2644 von der Landsbanki und ihren Tochtergesellschaften im September 2008 beschäftigten Angestellten hatten ihren Sitz außerhalb Islands.

Diagramm 1:

Verteilung der Vermögenswerte nach Regionen — Q1 und Q2 2008

Image

(69)

Unter geografischen Gesichtspunkten betrachtet befanden sich 54 % der gesamten Vermögenswerte (in Höhe von 3970 Mrd. ISK im Zeitraum Q1-Q2 2008) außerhalb Islands. Dies ist dem vorstehenden Diagramm zu entnehmen. Darüber hinaus hatten 41 % der Einnahmen in der ersten Jahreshälfte 2008 ihren Ursprung in Island, 34 % im Vereinigten Königreich und Irland, 6 % in Luxemburg und 15 % in anderen Gebieten.

(70)

Aus dem nachfolgenden Diagramm geht hervor, dass in der ersten Jahreshälfte 2008 (den letzten für die Bank verfügbaren Zahlen) der größte Teil des 31 Mrd. ISK betragenden Vorsteuergewinns der Landsbanki aus dem Investmentbanking und dem Firmenkundengeschäft stammte. In den Jahren nach der Privatisierung der Bank (2002) hatte der Anteil des Privatkundengeschäfts an den Gewinnen vor Steuern stetig abgenommen.

Diagramm 2:

Verteilung der Gewinne nach Geschäftsfeldern — Q1 und Q2 2008

Image

(71)

Die neue Bank Landsbankinn konzentriert sich ausschließlich auf Geschäftstätigkeiten in Island. Sie ist keine international ausgerichtete Bank wie ihre Vorgängerin und im Gegensatz zur Landsbanki, die ihr Wachstum auf einen breit gestreuten Refinanzierungsmix gründete und stark auf unbesicherte, weltweit verkaufte Schuldverschreibungen angewiesen war, stützt sie sich vor allem auf Einlagen als Refinanzierungsgrundlage. Dies begrenzt das Wachstumspotenzial der Landsbankinn.

(72)

Darüber hinaus brachte die Aufteilung zwischen aus- und inländischen Vermögenswerten eine erhebliche Verkleinerung des Bilanzumfangs der Landsbankinn gegenüber der Landsbanki:

Tabelle 1:

Bilanz der Landsbanki (LBI) und der Landsbankinn

Bilanzen der LBI und der Landsbankinn im Vergleich (Mio. ISK)

30.6.2008

9.10.2008

Kredite und Vorschüsse an Kunden

2 571 470

655 725

Kredite und Vorschüsse an Finanzinstitute

337 003

5 291

(73)

Wie vorstehend dargestellt, lässt sich an den beiden wichtigsten Aktivposten erkennen, dass die Eröffnungsbilanz der Landsbankinn nur etwa 25 % der Bilanzsumme der Landsbanki am 30.6.2008 betrug. Ende 2011 beliefen sich die gesamten Vermögenswerte der Landsbankinn auf 1135 Mrd. ISK.

(74)

Beim Personal erfolgte eine Reduzierung um mehr als 55 % (von 2 644 auf 1 142).

3.3.   Die nationale Rechtsgrundlage für die Beihilfemaßnahme

Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw., allgemein als Notstandsgesetz bezeichnet.

(75)

Das Notstandsgesetz verlieh der FME Vollmacht, „unter extremen Umständen“ zu intervenieren und die Verfügungsgewalten der Hauptversammlungen und Vorstandssitzungen von Finanzinstituten zu übernehmen und Entscheidungen über die Veräußerung ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu treffen. Die FME erhielt auch Vollmacht zur Bestellung von Auflösungsausschüssen für die von ihr übernommenen Finanzunternehmen. Diese Ausschüsse besaßen die Verfügungsgewalten von Hauptversammlungen. Bei der Abwicklung der Bankinstitute räumt das Gesetz den Forderungen von Einlagenbesitzern und Einlagensicherungssystemen Vorrang ein. Das Gesetz ermächtigte außerdem das isländische Finanzministerium zur Gründung neuer Banken. Das Notstandsgesetz beinhaltet Änderungen des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002, des Gesetzes über die amtliche Aufsicht über Finanzaktivitäten Nr. 87/1998, des Gesetzes über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme Nr. 98/1999 und des Wohnungsbaugesetzes Nr. 44/1998.

3.4.   Die Beihilfemaßnahmen

(76)

Die Interventionen der isländischen Behörden nach dem Zusammenbruch der Landsbanki sind vorstehend beschrieben worden. In der Eröffnungsentscheidung wurden sie in allen Einzelheiten dargelegt. Der wesentliche Inhalt der Interventionen lässt sich wie folgt zusammenfassen:

(77)

Die FME übernahm am 7. Oktober 2008 die Kontrolle über die Landsbanki. Am 9. Oktober 2008 wurden die inländischen Verbindlichkeiten und die (meisten) inländischen Vermögenswerte an die New Landsbanki übertragen. Die Masse der alten Bank und ihre Gläubiger sollten mit dem Betrag der Differenz zwischen den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten für diese Übertragung entschädigt werden. Die Bestimmung dieser Differenz erwies sich jedoch als schwierig und zeitraubend und der Staat stellte einen gewissen Betrag an Anfangskapital zur Verfügung und verpflichtete sich, bei Bedarf weiteres Kapital zuzuführen. Am 15. Dezember 2009 wurde zwischen dem Staat und den Gläubigern der alten Bank eine Vereinbarung geschlossen, nach der der Staat einen Anteil von 81,33 % an der Bank übernahm (indem er 121 225 Mrd. ISK zuführte), während die Gläubiger der Landsbanki 18,67 % der neuen Aktien zeichneten. Die Entschädigung der Gläubiger für die übertragenen Vermögenswerte hängt laut dieser Vereinbarung zwischen Staat und Gläubigern vor allem von einer bedingten Schuldverschreibung ab, die nachfolgend näher beschrieben wird. Die Überwachungsbehörde betrachtet dieses Datum — den 15. Dezember 2009 — als Beginn des fünfjährigen Umstrukturierungszeitraums, der folglich bis zum 15. Dezember 2014 andauern wird.

(78)

Der nachfolgende Abschnitt beschränkt sich auf eine Beschreibung derjenigen Aspekte der staatlichen Intervention, die eine für die Bewertung nach Artikel 61 des EWR-Abkommens maßgebliche Beihilfemaßnahme darstellen.

3.4.1.   Kernkapital

(79)

Der Staat stellte zweimal Kernkapital bereit — einmal, als die New Landsbanki 2008 ins Leben gerufen wurde, und dann noch einmal, als die Bank 2009 nach der Erzielung einer Vereinbarung mit den Gläubigern der alten Bank vollständig mit Kapital ausgestattet wurde.

3.4.1.1.   Anfangskapital

(80)

Der Staat stellte der neuen Bank 775 Mio. ISK (29) (5 Mio. EUR) in bar als Anfangskapital zur Verfügung. Darüber hinaus verpflichtete er sich, in die neue Bank bis zu 200 Mrd. ISK als Gegenleistung für deren gesamtes Eigenkapital einzuzahlen. Diese Zahl wurde als 10 % einer Anfangsbewertung des wahrscheinlichen Umfangs der gesamten risikogewichteten Vermögenswerte der Bank berechnet. Dieser Betrag wurde offiziell in den Staatshaushalt für das Jahr 2009 als Zuweisung staatlicher Gelder zur Bewältigung der außerordentlichen Umstände auf den Finanzmärkten aufgenommen. Mit dieser Kapitalzuweisung wurde der Zweck verfolgt, eine angemessene Garantie für die Betriebsfähigkeit der Bank zu bieten, bis für die Fragen bezüglich ihrer endgültigen Rekapitalisierung eine Lösung gefunden würde. Zu diesen Fragen gehörten auch die Größe der Eröffnungsbilanz und die Bewertung des Ausgleichs, der der alten Bank für die von ihr übertragenen Vermögenswerte zu zahlen sein würde.

3.4.1.2.   Die endgültige Kapitalausstattung der Landsbankinn

(81)

An 20. Juli 2009 gab die isländische Regierung bekannt, dass sie die Grundlage für die Kapitalausstattung der Landsbankinn bestimmt und eine Vereinbarung über das Verfahren, nach dem die alten Banken für die Übertragung der Reinvermögen entschädigt werden sollten, erzielt habe. Außerdem kündigte sie an, dass der Staat die neue Bank mit Kapital ausstatten werde. Die endgültige Einigung über die Kapitalausstattung wurde am 15. Dezember 2009, als eine Vereinbarung über die Entschädigung der Gläubiger für den Nettowert der an die Landsbankinn übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten geschlossen wurde, erzielt. Die Kapitalisierung belief sich letztendlich auf den Gesamtbetrag von 150 Mrd. ISK, von denen der Staat 121,225 Mrd. ISK bereitstellte. Wie vorstehend bereits erläutert, war in den von der FME vorgeschriebenen Kapitalanforderungen festgelegt worden, dass die Landsbankinn mindestens 12 % Kernkapital (30) und zusätzlich 4 % Ergänzungskapital, berechnet als Koeffizient der risikogewichteten Aktiva, halten müsse. Als am 20. Januar 2010 die offizielle Kapitalisierung der Landsbankinn erfolgte, betrug der Kernkapitalkoeffizient der Bank etwa 15 %. Die FME gewährte unter der Bedingung der Vorlage eines akzeptablen Plans, in dem dargelegt wird, wie der volle Betrag erreicht werden solle, eine vorläufige Befreiung von der Kapitalanforderung von (insgesamt) 16 %. Im Juni 2010 meldete die Bank, dass ihr Kernkapital höher als 16 % sei. Auf dieser Grundlage befreite die FME die Landsbankinn dauerhaft von der Verpflichtung zur Bereithaltung von Ergänzungskapital, solange die Kernkapitalquote über der Marke von 16 % bliebe.

(82)

An diese Einigung schloss sich ein langwieriger, komplexer Verhandlungsprozess an, an dessen Ende ein Rahmenvertrag zwischen den Parteien stand. Am 10. Oktober 2009 wurde ein Eckpunktepapier beschlossen und am 20. November 2009 folgten detailliertere Vereinbarungen über die Merkmale der Schuldinstrumente. Auch anschließend fanden mehrere Konferenzen und Gespräche zwischen den Parteien statt, in denen die in groben Zügen festgelegten Bestimmungen geändert und in Dokumenten festgehalten wurden. Die so entstandene Vereinbarung beinhaltet die Ausgabe von drei, jeweils in Euro, Pfund Sterling und US-Dollar lautenden Schuldverschreibungen mit einem Hauptforderungsbetrag im Gegenwert von insgesamt 260 Mrd. ISK. Auch die Landsbanki (bzw. eigentlich die Gläubiger der alten Bank) wurde durch die Übernahme einer anfänglichen (und möglicherweise vorübergehenden) Beteiligungsquote von 18,67 % an der Landsbankinn einbezogen. (31)

(83)

In Anbetracht der erheblichen Unsicherheiten bezüglich des Werts der übertragenen Vermögenswerte stimmte die Landsbankinn außerdem der Ausgabe einer (mit ihrer Kapitalbeteiligung verknüpften) bedingten Schuldverschreibung an die Landsbanki zu. Der Hauptforderungsbetrag dieser Schuldverschreibung wird erst am 31. März 2013 oder später festgesetzt werden. Nach der Festsetzung des Hauptforderungsbetrags der bedingten Schuldverschreibung kann die im Besitz der Landsbanki befindliche Beteiligung ganz oder teilweise an die isländische Regierung abgegeben werden. (32)

3.4.2.   Einlagensicherung

(84)

Um die Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (33) und die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (34) einhalten zu können, führte Island Gesetz Nr. 98/1999 über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme ein und gründete im Zuge dieser Maßnahme den sogenannten Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (im Folgenden „TIF“). Der Fonds wird aus Jahresbeiträgen der Banken finanziert, wobei die Beiträge nach Maßgabe der Gesamteinlagen der jeweiligen Bank berechnet werden.

(85)

Die isländischen Behörden beabsichtigten nach ihrer Aussage, zusätzlich zu den Bankenrettungsmaßnahmen der isländischen Regierung vom Herbst 2008 bei der breiten Öffentlichkeit hinsichtlich der Sicherheit ihrer Bankeinlagen mehr Vertrauen zu schaffen und die Menschen zu beruhigen. Daher stellten sie eine zusätzliche staatliche Deckung für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen bereit, die außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes Nr. 98/1999 zur Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie 94/19/EG und der Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG lag.

(86)

In einer Erklärung des Amts des Premierministers vom 6. Oktober 2008 heißt es: „Government of Iceland underlines that deposits in domestic commercial and savings banks and their branches in Iceland will be fully covered.“ [Die Regierung von Island betont, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen wird.] (35) Diese Erklärung wurde im Februar und Dezember 2009 vom Amt des jetzigen Premierministers wiederholt. (36) Darüber hinaus wurde in einer auf den Websites des Wirtschaftsministeriums und des IWF veröffentlichten Absichtserklärung des isländischen Regierung an den Internationalen Währungsfonds vom 7. April 2010 auf diese Erklärung Bezug genommen. In einer weiteren Absichtserklärung vom 13. September 2010 wurde sie erneut wiederholt. In dem vom isländischen Premierminister, dem Finanzminister, dem Wirtschaftsminister und dem Gouverneur der CBI unterzeichneten Schreiben wird erklärt: „At the present time, we remain committed to protect depositors in full, but when financial stability is secured we will plan for the gradual lifting of this blanket guarantee.“ (37) [Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir weiterhin zu unserer Verpflichtung, Einlegern umfassenden Schutz zu gewähren. Sobald aber die Finanzstabilität sichergestellt ist, werden wir eine schrittweise Aufhebung dieser pauschalen Einlagensicherung planen.] In dem Abschnitt des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2011, in dem es um Staatsgarantien geht, wird darüber hinaus in einer Fußnote auf die Erklärung der isländischen Regierung, dass Einlagen in isländischen Banken eine Staatsgarantie genießen, Bezug genommen. (38)

(87)

In einer Erklärung des jetzigen Wirtschafts- und früheren Finanzministers (2009-2011), Steingrímur Sigfússon, die dieser kürzlich in einer Debatte des isländischen Parlaments über die der Regierung im Zusammenhang mit der Übernahme der SpKef durch die Landsbankinn entstandenen Kosten abgab, wird diese Aussage veranschaulicht. Laut Aussage des Ministers darf man hier die Erklärung des Staates vom Herbst 2012, dass alle Einlagen bei Sparkassen und Geschäftsbanken sicher und geschützt seien, nicht vergessen. „Work has since in all instances been based on this (i.e. the declaration) and it is unfortunately correct that this (i.e. payments due to SpKef) will be one of the bigger bills footed directly by the state as costs for securing the deposits of all inhabitants of Suðurnes … and all SpKef's clients in the West Fjords and the West and North-West area … I do not expect that anyone has thought that deposit holders in those areas would be treated differently from other inhabitants, so the state did not have much of a choice in this matter“. [„Seither stützten sich sämtliche Maßnahmen darauf (d. h. die Erklärung) und leider trifft zu, dass dies (d. h. die durch die SpKef verursachten Zahlungen) zu den eher großen Rechnungen gehören wird, die der Staat unmittelbar als Kosten für die Sicherung der Einlagen sämtlicher Einwohner Suðurnes … sowie aller SpKef-Kunden in den Westfjords und in den westlichen und nordwestlichen Landesteilen wird schultern müssen … Ich gehe nicht davon aus, dass es irgendjemandem in den Sinn gekommen ist, dass Einlagenbesitzer in diesen Landesteilen anders als andere Einwohner behandelt würden. Daher hatte der Staat in dieser Angelegenheit kaum eine andere Wahl“]. (39)

(88)

Nach Aussage der isländischen Regierung wird die zusätzliche Einlagensicherung noch vor der vollständigen Beseitigung der Kapitalkontrollen aufgehoben werden. Laut der isländischen Regierung ist dies zurzeit für Ende 2013 vorgesehen.

3.4.3.   Rettung und Übertragung des Geschäftsbetriebs von der Spkef an die Landsbankinn

(89)

Im März 2009 entsprach die Eigenkapitalposition der Keflavik Savings Bank nicht mehr dem gesetzlich vorgeschrieben Minimum. Nach Aussage der isländischen Behörden war die Ursache hierfür teilweise in Ausstrahlungseffekten der vorstehend erläuterten Turbulenzen auf den Finanzmärten und teilweise in besonders starken Auswirkungen der Wirtschaftskrise in den Regionen, in denen die Bank tätig war, zu suchen.

(90)

Diese Bank hatte für Privatkunden sowie mittelständische oder Kleinunternehmen Sparkonten und Kredite bereitgehalten. Außerdem bot sie zusätzlich zu herkömmlichen Finanzdienstleistungen wie Zahlungs- und Inkassodiensten, Bankdienstleistungen für Wohnungsbaugenossenschaften, Bankdienstleistungen für Vorzugskunden, Online-Banking und Bankautomatendiensten auch Vermögensverwaltung und Effektengeschäfte an. Der Hauptsitz befand sich in Keflavik. Die Bank betrieb 16 Niederlassungen im Gebiet Suðurnes, den Westfjords, Hvammstangi und Ólafsvik. Nach den insgesamt bei Finanzinstituten in Island gehaltenen Einlagen hatte die Bank einen Marktanteil von etwa 3 %.

(91)

Nachdem der Eigenkapitalkoeffizient unter das vorgeschriebene Minimum gefallen war, gewährte die FME wiederholt Fristverlängerungen, um der Bank zu ermöglichen, ihre Finanzen in Zusammenarbeit mit ihren Gläubigern neu zu regeln und ihre Eigenkapitalausstattung auf das Minimum von 16 % zu bringen. Die letzte Frist für die Erhöhung der Eigenkapitalausstattung der Keflavik Savings Bank lief am 21. April 2010 ab. In einem Schreiben vom 22. April 2010 setzte die Keflavik Savings Bank die FME davon in Kenntnis, dass ein Teil der Gläubiger der Sparkasse die Vorschläge zur finanziellen Umstrukturierung abgelehnt hatte. In Anbetracht der zu der Zeit herrschenden Lage der Bank wurde um die Übernahme des Geschäftsbetriebs der Bank durch die FME gebeten.

(92)

Am nächsten Tag gründete der Finanzminister ein neues Finanzunternehmen, die Spkef, die gemäß einer Entscheidung der FME den Geschäftsbetrieb der Keflavik Savings Bank übernahm. Die Einlagen, ein Teil der sonstigen Verbindlichkeiten und die meisten Vermögenswerte der Sparkasse wurden an das neue Unternehmen übertragen, das sofort den Betrieb aufnahm.

(93)

Anfänglich bestand nach Aussage der isländischen Behörden die Absicht, die Rentabilität der Spkef durch die Zuführung von Kapital wiederherzustellen und dafür zu sorgen, dass sie eigenständig existieren konnte. Im Februar 2011, nach einer weiteren Verschlechterung der Wirtschaftslage in den Gebieten, in denen die Spkef tätig war, schätzten Geschäftsleitung und Vorstand der Spkef die finanzielle Differenz zwischen den jeweiligen Werten der Einlagen und Vermögenswerte auf 11,2 Mrd. ISK. Das bedeutete, dass zur Erfüllung der Anforderungen der FME an den Eigenkapitalkoeffizienten 19,4 Mrd. ISK benötigt wurden. Laut Aussage der isländischen Behörden fiel diese Schätzung bei weitem schlechter aus, als frühere Bewertungen vermuten ließen. Daher wurden nun andere, weniger kostspielige Lösungsmöglichkeiten für diese Lage geprüft.

(94)

Am 5. März 2011 wurde zwischen der Landsbankinn und den isländischen Behörden eine Vereinbarung erzielt, laut der Geschäftsbetrieb, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Spkef mit denen der Landsbankinn zusammengelegt werden sollten. Da der Eigenkapitalkoeffizient der Landsbankinn inzwischen für eine Übernahme der Spkef ohne Notwendigkeit eines zusätzlichen staatlichen Beitrags ausreichte, hielt man dies nach Aussage der isländischen Behörden für die beste Vorgehensweise zum Schutz der finanziellen Stabilität sowie der Interessen der Kunden, Gläubiger und des isländischen Staates. Die isländischen Behörden machen darauf aufmerksam, dass ein Ausgleich der negativen Vermögensposition (gegen Einlagenverpflichtungen) der Spkef aufgrund der Einlagensicherung auf jeden Fall notwendig war. Die Übernahmevereinbarung zwischen der Landsbankinn und dem isländischen Staat schloss folglich eine Verpflichtung des Staates zum Ausgleich der negativen Vermögensposition der Spkef ein. Auch ein besonderer Mechanismus zur Bestimmung dieser Differenz — und somit des Umfangs der Verpflichtung des Staates — war in der Vereinbarung enthalten. Er sah für den Fall, dass bei der Bewertung kein einvernehmliches Ergebnis erzielt würde, die Verweisung des Streitfalls an einen Schiedsausschuss vor.

(95)

Da die Vertragsparteien keine Einigung über die Differenz zwischen den übertragenen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erzielen konnten, wurde der obengenannte Schiedsausschuss mit dieser Aufgabe betraut. Am 8. Juni 2012 schloss der Ausschuss seine Arbeit ab und entschied, dass der Ausgleich, der der Landsbankinn nach der Übernahme der Einlagen und Vermögenswerte der Spkef zusteht, 19,2 Mrd. ISK beträgt. (40) Laut Auskunft der isländischen Behörden wird die Abgeltung in Form von Schatzanweisungen erfolgen.

3.4.4.   Rettung und Kauf der Sparisjodur Svarfdaela

(96)

Was die Sparisjodur Svarfdaela betrifft, so werden die dem April 2011 vorausgehenden Ereignisse, aus denen die finanziellen Schwierigkeiten dieser Bank und die Intervention des isländischen Staates ersichtlich werden, in den vorstehend genannten Sparkassenbeschlüssen dargelegt. Ihr anschließender Kauf durch die Landsbankinn wurde in der vorstehend genannten SpSv-Entscheidung beschrieben und von der Überwachungsbehörde genehmigt.

(97)

Die isländische Regierung gewährte der SpSv im April 2011 mittels Ausgabe eines nachrangigen Kredits sowie mittels Ausgleich von im Besitz der CBI befindlichen Ansprüchen gegen die SpSv staatliche Beihilfe. Diese Ansprüche wurden in Garantiekapital umgewandelt und an die Icelandic State Financial Investments (ISFI) übertragen. Diese Rettungsmaßnahmen wurden auf der Grundlage der Sparkassenbeschlüsse und vorbehaltlich der Vorlage eines Umstrukturierungsplans für die SpSv als vorläufig mit dem EWR-Abkommen vereinbar erachtet. Da die Landsbankinn sämtliche Vermögenwerte und Geschäftsbetriebe der SpSv übernommen hat und diese eine Höhe von insgesamt 0,311 % der am gleichen Tag bestehenden Vermögenswerte der Landsbankinn erreichen, betrachtet die Überwachungsbehörde den Umstrukturierungsplan der Landsbankinn als Umstrukturierungsplan für das fusionierte Unternehmen.

3.5.   Der Umstrukturierungsplan

(98)

Die isländischen Behörden übermittelten am 31. März 2011 einen Umstrukturierungsplan für die Landsbankinn. Der Plan wurde von den isländischen Behörden geändert, aktualisiert und am 23. Mai 2012 erneut vorgelegt (im Folgenden „Umstrukturierungsplan“).

(99)

Der Umstrukturierungsplan befasst sich mit den grundlegenden Fragen der Rentabilität, der Lastenverteilung und der Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen. Ausweislich des Umstrukturierungsplans wird sich die Landsbankinn auf ihr Kerngeschäft und die Umstrukturierung der Haushalts- und Unternehmenskreditportfolios konzentrieren.

(100)

Wie bereits gesagt, geht die Überwachungsbehörde davon aus, dass der Umstrukturierungszeitraum bis zum 15. Dezember 2014 dauern wird.

3.5.1.   Beschreibung des Umstrukturierungsplans

(101)

Die isländischen Behörden und die Bank sind der Auffassung, dass mit der Umstrukturierung sichergestellt wird, dass die Íslandsbanki wieder zu einer stabilen, solide finanzierten Bank mit einem gesunden Eigenkapitalkoeffizienten werden wird, die ihre Funktion als Kreditgeber für die Realwirtschaft auch weiterhin erfüllen kann. Von den im Umstrukturierungsplan enthaltenen Angaben und den schriftlichen Antworten auf die Fragen der Überwachungsbehörde ausgehend, wird dies insbesondere durch folgende Schritte erreicht werden:

i)

Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz mittels Abwicklung der alten Bank und Errichtung einer neuen Bank;

ii)

Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Position beim Eigenkapitalkoeffizienten und einer soliden Bilanz;

iii)

Erzielung einer zufriedenstellenden Ertragskraft;

iv)

Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Liquiditätsposition;

v)

Abschluss der Umstrukturierung des Kreditportfolios sowohl für Privathaushalte als auch für Geschäftsbetriebe;

vi)

Verbesserung der Refinanzierungsstrategie;

vii)

Verbesserung der Kosteneffizienz;

viii)

Verbesserung des Risikomanagements;

(102)

Vor einer genaueren Erläuterung der oben aufgeführten Punkte folgt an dieser Stelle eine kurze Darstellung, wie nach Ansicht der Bank den Schwachstellen, die zum Untergang der Landsbanki beitrugen, im Umstrukturierungsplan begegnet wird. Die Bank macht geltend, dass die Landsbankinn zwar auf dem Inlandsgeschäft der Landsbanki basiert, aber eine völlig andere Bank sei.

(103)

Die isländischen Behörden tragen vor, dass die Schwachstellen, die die Landsbanki vor dem Zusammenbruch des Bankensystems kennzeichneten, in dem vorstehend beschriebenen Bericht des Sonderuntersuchungsausschusses in allen Einzelheiten erörtert würden. Die Bank betont darüber hinaus, dass insbesondere das schlechte Risikomanagement, eine übermäßige Risikoneigung, die ungewöhnlich engen Beziehungen zwischen den Eigentümern und den größten Kreditnehmern, zu starkes Wachstum in einem zu kurzen Zeitraum, mangelnde Erfahrung in globalen Märkten, nachsichtige Kreditvergaberegeln, das Fehlen interner Prüfungen und Kontrollen und eine fehlerbehaftete Unternehmenskultur und Geschäftsstrategie Faktoren waren, die zu dem Zusammenbruch führten. Sie trägt auch vor, dass seit dem Herbst 2008, als die Landsbankinn den Geschäftsbetrieb aufnahm, grundlegende Veränderungen im Geschäftsmodell der Bank stattgefunden hätten und dass die vorstehend aufgezählten Faktoren als Anhaltspunkte für die Umsetzung der neuen Strategie und Unternehmensführung der Bank dienten.

(104)

Neben einer langen Aufstellung von Maßnahmen zur Neuorganisation interner Arbeitsabläufe und zum Austausch des Führungspersonals scheint den folgenden Änderungen die größte Bedeutung zuzukommen: eine stärkere Konzentration auf den inländischen Geschäftsbetrieb, insbesondere das Privatkundengeschäft und das Niederlassungsnetz, erheblich verminderte Aktivitäten im Investmentbanking, starke Betonung der Umstrukturierung des Kreditportfolios, ein überarbeitetes Risikomanagement und eine höhere Bedeutung der unternehmerischen Verantwortung und der Einhaltung hoher ethischer Standards.

(105)

Obgleich die Landsbankinn also genau wie ihre Vorgängerin eine breite Palette an Finanzdienstleistungen im isländischen Markt anbietet, ist der Unterschied zwischen dem Bankgeschäft der Landsbankinn vor und nach der Krise eher daran zu erkennen, „wie“ die Bank ihre Geschäfte führt (Prozesse, Verfahren, Dokumentation, Vorschriften und Regulierung) und nicht daran, „was“ für eine Bandbreite an Dienstleistungen und Produkten sie in Island anbietet.

i)   Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz mittels Abwicklung der alten Bank und Errichtung einer neuen Bank;

(106)

Wie bereits erwähnt, wurde der größte Teil der inländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Landsbanki im Oktober 2008 an die Landsbankinn übertragen. Infolge dieses Vorgangs verblieben die meisten Großkundenkredite in der Masse der Landsbanki und die Landsbankinn war folglich nie so stark auf Fremdkapital angewiesen wie die Landsbanki. Laut Umstrukturierungsplan bedeutet dies, dass die Frage der Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz der Bank im Wesentlichen bereits im Oktober 2008 gelöst wurde.

ii)   Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Position beim Eigenkapitalkoeffizienten und einer soliden Bilanz

(107)

Infolge der oben beschriebenen Kapitalisierungsmaßnahmen und der seit der Gründung der Bank eingetretenen Entwicklungen, unter denen besonders die nachfolgend näher erläuterte Neubewertung der Vermögenswerte zu nennen ist, verfügt die Landsbankinn heute über Eigenkapitalkoeffizienten, die deutlich über den Kapitalanforderungen der FME liegen. Der Eigenkapitalkoeffizient stieg von 13,0 % Ende 2008 auf 15,0 % Ende 2009, 19,5 % Ende 2010 und 21,4 % Ende 2011.

(108)

Ausweislich des Umstrukturierungsplans wird für diesen Koeffizienten für den Umstrukturierungszeitraum ein weiterer Anstieg vorhergesagt, der dann Ende 2014 [> 20] % erreichen soll. Die Landsbankinn geht folglich davon aus, dass sie während des Umstrukturierungszeitraums und darüber hinaus die Kapitalanforderungen der FME deutlich übertreffen wird. […].

(109)

Während dieses Zeitraums wird ein leichter Rückgang der Bilanzsumme von etwa 1135 Mrd. ISK auf […] Mrd. ISK erwartet. Auf der Aktivaseite der Bilanz wird die Bedeutung von Beteiligungspapieren und Eigenkapitalinstrumenten vermutlich aufgrund des geplanten Verkaufs von Betriebsgesellschaften erheblich zurückgehen. Auch beim Umfang der Kredite an Finanzinstitute wird bis 2014 ein Rückgang um etwa […] % erwartet. Andererseits werden die Kredite an Kunden laut Umstrukturierungsplan um annähernd […] % auf […] Mrd. ISK zunehmen.

(110)

Auf der Passivaseite wird die Bedeutung der Einlagen von aktuell etwa 444 Mrd. ISK auf […] Mrd. ISK steigen, während der Anteil besicherter Schuldverschreibungen und Verbindlichkeiten gegenüber Finanzinstituten und der CBI abnehmen wird.

iii)   Erzielung einer zufriedenstellenden Ertragskraft

(111)

Wie aus dem Umstrukturierungsplan und der folgenden Tabelle 2 hervorgeht, ist die Eigenkapitalrendite seit 2009 solide.

Tabelle 2:

Die Eigenkapitalrendite in Vorjahren

(%)

 

2009

2010

2011

Eigenkapitalrendite (ROE) (41)

9,5

15,9

8,8

Im Umstrukturierungsplan werden darüber hinaus für den restlichen Umstrukturierungszeitraum folgende Eigenkapitalrenditen prognostiziert (Tabelle 3).

Tabelle 3:

Prognose für die Eigenkapitalrendite

(%)

 

2012

2013

2014

Eigenkapitalrendite (ROE)

[5-15]

[5-15]

[5-15]

(112)

Die folgende Prognose ist das Ergebnis einer im Umstrukturierungsplan enthaltenen, detaillierteren Finanzplanung:

Die betrieblichen Erträge werden von etwa 30 Mrd. ISK auf […] Mrd. ISK steigen, während die Gewinne vergleichsweise stabil bleiben und im Bereich von […] Mrd. ISK pro Jahr liegen werden.

Das Zinsergebnis wird zwischen […] und […] Mrd. ISK schwanken.

Bei den Einnahmen aus Gebühren und Provisionen wird ein Anstieg um etwa […] % von ca. 4 Mrd. ISK auf […] Mrd. ISK erwartet,

Bei der Nettozinsmarge wird ein Rückgang von […] % 2012 auf […] % 2014 erwartet,

Der Personalbestand wird wahrscheinlichen um etwa […] von 1158 auf […] im Jahr 2016 zurückgehen.

Beim Aufwand-Ertrag-Verhältnis wird ein Rückgang von 57,2 % 2011auf […] % im Jahr 2014 erwartet.

(113)

Laut Aussage der isländischen Behörden ist die solide Leistung, die die Landsbankinn seit ihrer Gründung aufwies, zu einem gewissen Grad darauf zurückzuführen, dass die Vermögenswerte in dem Kreditportfolio, das die Bank von der Landsbanki erwarb, seither erheblich höher bewertet wurden. Diese Bewertungsgewinne werden zwar in gewissem Umfang durch die bedingte Schuldverschreibung ausgeglichen, aber der „Diskont“ bildete während der Umstrukturierung des Kreditportfolios einen wichtigen Bestandteil der Einnahmen der Bank und wird dies auch weiterhin tun.

(114)

Als Beleg für ihre Sichtweise übermittelten die isländischen Behörden eine Berechnung (Tabelle 4), in der aufgezeigt wird, wie die Jahresergebnisse ohne Diskont und andere „nicht regelmäßig erscheinende Posten“ ausgesehen hätten.

Tabelle 4:

Gewinne ohne „nicht regelmäßig erscheinende Posten“

 

7.10.2008 — 31.12.2008

2009

2010

2011

Haushalt

2012

Haushalt

2013

Haushalt

2014

Haushalt

2015

Jahresgewinn

– 6 936

14 332

27 231

16 957

[…]

[…]

[…]

[…]

Berichtigungen an der Ertragskraft

 

 

 

 

 

 

 

 

Neubewertung übertragener Vermögenswerte

 

– 23 772

– 49 702

– 58 489

[…]

[…]

[…]

[…]

Veränderungen des beizulegenden Zeitwerts der bedingten Schuldverschreibung

 

10 241

16 269

34 316

 

 

 

 

Urteile über Devisen

 

0

18 158

40 726

 

 

 

 

Eigenkapital und Schuldverschreibungen

 

– 7 983

– 7 318

– 18 017

 

 

 

 

Gewinn/Verlust aus Devisen

 

3 000

– 14 623

759

 

 

 

 

Eingestellte Betriebe

 

– 693

– 2 769

– 6 255

 

 

 

 

Finanzierungskosten von Eigenkapitalpositionen

 

2 804

1 019

1 223

 

 

 

 

Berichtigte Ertragskraft

 

– 2 072

– 11 735

11 221

[…]

[…]

[…]

[…]

Berichtigte Eigenkapitalrendite

 

– 1,4 %

– 6,9 %

5,8 %

[5-10] %

[5-10] %

[5-10] %

[5-10] %

(115)

Ausweislich dieser Daten hätte die Bank ab 2010 trotzdem Gewinne erzielt und würde im verbleibenden Umstrukturierungszeitraum auch ohne den Diskont mit Gewinn arbeiten. (42)

iv)   Aufbau und Aufrechterhaltung einer starken Liquiditätsposition

(116)

Hinsichtlich der Liquidität schreibt die FME vor, dass die liquiden Mittel oder liquiden Mitteln gleichgestellten Mittel sich auf mindestens 5 % der Sichteinlagen belaufen müssen und dass die Banken einem sofortigen Abfluss von 20 % der Einlagen standhalten können müssen. Außerdem erlässt die Zentralbank von Island (CBI) bezüglich der Liquidität von Kreditinstituten (43) Vorschriften, nach denen die liquiden Mittel und die Verbindlichkeiten der Kreditinstitute nach Typ und Fälligkeit eingestuft und je nach Risiko unterschiedlich gewichtet werden. Kreditinstitute müssen über liquide Mittel verfügen, die die Verbindlichkeiten der nächsten drei Monate übersteigen. Diese Vorschriften beinhalten auch einen Stresstest, bei dem auf verschiedene Eigenkapitalposten ein Diskont angewendet aber einerseits angenommen wird, dass sämtliche Verpflichtungen bei Fälligkeit einzulösen sind. Auf der anderen Seite wird angenommen, dass ein Anteil anderer Verpflichtungen, wie beispielsweise Einlagen, kurzfristig oder fristlos ausgezahlt werden muss. Nach Aussage der isländischen Behörden hält die Landsbankinn die oben aufgeführten Vorschriften ein. Laut Umstrukturierungsplan hält sie zurzeit liquide Mittel in Höhe von 42,5 % der gesamten Einlagen.

(117)

Darüber hinaus hat die Landsbankinn laut Auskunft der isländischen Regierung kürzlich ihre Liquiditätspolitik geändert, um die Konformität mit den Anforderungen von Basel III überwachen und sicherstellen zu können. Aktuell beträgt ihre Mindestliquiditätsquote (LCR) […] %.

(118)

Die Auswirkungen der Liquiditätsposition der Bank in Stresssituationen wie beispielsweise einer sofortigen Aufhebung der Kapitalkontrollen werden nachfolgend näher erläutert.

v)   Abschluss der Umstrukturierung des Kreditportfolios sowohl für Privathaushalte als auch für Geschäftsbetriebe

(119)

Vor der Finanzkrise im Jahr 2008 nahmen sowohl die privaten als auch die gewerblichen Kunden der Bank in hohem Umfang Kredite auf. Als die Konjunktur und insbesondere die Immobilienpreise im Sog der Krise einbrachen, konnten die plötzlich überschuldeten Kunden häufig ihrer Kredite nicht mehr bedienen und hielten nun negatives Eigenkapital. Abgesehen von der allgemeinen Bedrohung für das wirtschaftliche Wohlergehen Islands wurde die plötzliche Wertminderung im Kreditportfolio der Bank zu einem erheblichen Risiko für die zukünftige Rentabilität der Bank. Aus diesem Grund steht die im Umstrukturierungsplan dargestellte Umstrukturierung der Kreditportfolios für private und gewerbliche Kunden für die Landsbankinn nun an vorrangiger Stelle.

(120)

Nach Aussage der isländischen Behörden entwickelte die Landsbankinn besondere Schuldenerlassprogramme und arbeitete mit dem Staat und anderen Banken an allgemeinen Schuldenerlassmaßnahmen zusammen (beispielsweise einer Hypothekenanpassung auf 110 %). (44)

(121)

Bis zum 30. März 2012 war bei mehr als 75 % der überschuldeten Unternehmen, deren Verbindlichkeiten gegenüber der Bank 100 Mio. ISK überstiegen, die finanzielle Umstrukturierung abgeschlossen und über 75 % der Schuldensumme war umstrukturiert worden. Der Umstrukturierungsplan geht davon aus, dass diese Zahl bis Ende 2012 auf 92 % gestiegen sein wird. Darüber hinaus werden die bereits umstrukturierten Kredite zu einem großen Teil bedient. Beispielsweise sind nur 2,6 % des gesamten Kreditwerts bereits umstrukturierter Unternehmen mehr als 30 Tage überfällig.

vi)   Verbesserung der Refinanzierungsstrategie

(122)

Nach Aussage der isländischen Behörden ist das Finanzierungsprofil der Landsbankinn ausreichend breit gefächert. Kurz- oder mittelfristig wird kein größerer Refinanzierungsbedarf erwartet. Aktuell setzen sich die Finanzmittel wie folgt zusammen: 10 % Einlagen von Finanzinstituten, 40 % Kundeneinlagen (davon 80 % Sichteinlagen und 20 % Termingelder mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren), 30 % besicherte Kredite mit Fälligkeiten zwischen 2014 und 2018 sowie 20 % Eigenkapital.

(123)

Wie oben bereits gesagt, bilden die Einlagen die wichtigste Finanzquelle der Landsbankinn. Laut Umstrukturierungsplan wird die Bedeutung der Anlagen während des Umstrukturierungszeitraums sogar noch zunehmen. Die Landsbankinn beabsichtigt außerdem, den Anteil der Termingeldeinlagen zu erhöhen, um sie "beständiger" zu machen.

(124)

Besicherte Kredite werden eine wichtige Finanzierungsquelle bleiben. Sie sind auch die wahrscheinlichste Refinanzierungsoption, wenn die jetzigen besicherten Kredite fällig werden. Die Ausgabe unbesicherter Schuldverschreibungen stellt für die Landsbankinn jedoch weder kurz- noch mittelfristig eine wahrscheinliche Option dar. Die Bank plant, langfristige Vermögenswerte wie Hypotheken in Zukunft über besicherte Schuldverschreibungen zu finanzieren, wobei dies zukünftig 5 % des gesamten Refinanzierungsvolumens der Bank darstellen könnte. Es wird jedoch nicht davon ausgegangen, dass dies während des Zeitraums, um den es in dem der Überwachungsbehörde übermittelten Umstrukturierungsplan geht, eintreten wird.

vii)   Verbesserung der Kosteneffizienz

(125)

Aus dem Umstrukturierungsplan geht hervor, dass die Landsbankinn ihr Hauptaugenmerk auch weiterhin auf effiziente, verschlankte Betriebsabläufe richtet, um die gestiegenen Infrastrukturkosten aufzufangen. Zu diesem Anstieg kam es aufgrund strengerer aufsichtsbehördlicher Kontrollen, der höheren Besteuerung und den Kosten des Umstrukturierungsvorhabens.

(126)

Im Umstrukturierungsplan wird davon ausgegangen, dass die allgemeinen Betriebskosten (unter Berücksichtigung der Inflation) um […] % abnehmen werden, wobei dies vor allem auf die Möglichkeit zur Fusion der Spkef und anderer Tochtergesellschaft mit der Bank zurückzuführen ist. Nach Aussage der Landsbankinn bietet dies die Möglichkeit zu Kostensenkungen, insbesondere durch die Verringerung des Personalbestands ([…] % Vollzeitangestellte im Lauf der nächsten drei Jahre). Die Bank trägt darüber hinaus vor, dass ein umfangreiches Projekt zur Verschlankung der Dienstleistungskette der Landsbankinn eingeleitet wurde. Und schließlich hat sich die Bank zur Schließung von […] Niederlassungen in Verlauf des Umstrukturierungszeitraums verpflichtet. Man erwartet von diesen Maßnahmen sowie einer Verringerung des Personalbestandes einen Rückgang des Aufwand-Ertrag-Verhältnisses von 57,2 % im Jahr 2011 auf […] % im Jahr 2014.

viii)   Verbesserung des Risikomanagements

(127)

Die Landsbankinn hat die Überwachungsbehörde davon in Kenntnis gesetzt, dass eine ihrer Prioritäten in der Verbesserung ihrer Risikomanagementpraxis besteht. In diesem Zusammenhang hat die Landsbankinn eine Risikomanagementabteilung eingerichtet. Diese Abteilung ist für das gesamte herkömmliche Risikomanagement, d. h. die Messung und Beurteilung von Marktrisiken, Liquiditätsrisiken, Betriebs- und Kreditrisiken zuständig. Laut Aussage der Landsbankinn hat sich das Risikomanagement durch den neuen organisatorischen Aufbau der Bank entschieden verbessert. Diese Abteilung hat 44 Angestellte.

3.5.2.   Fähigkeit, in einem Basis- und in einem Stressszenario Rentabilität zu erzielen

(128)

Im Umstrukturierungsplan legten die isländischen Behörden auch ein Basis- und drei Krisenszenarios für die Landsbankinn vor, mit denen die Fähigkeit der Landsbankinn zur Erreichung langfristiger Rentabilität nachgewiesen und gezeigt werden soll, dass sie über Widerstandskraft gegen ungünstige gesamtwirtschaftliche Entwicklungen verfügt.

3.5.2.1.   Das Basisszenario

(129)

Der oben erläuterte Umstrukturierungsplan bildet das Basisszenario. Nach Aussage der isländischen Behörden ähneln die dem Basisszenario zugrunde liegenden Indikatoren denen, die von der CBI in ihrer Basisprognose für die nächsten Jahre verwendet werden. Sie sind Tabelle 5 zu entnehmen.

Tabelle 5:

Gesamtwirtschaftliche Prognose, Basisszenario

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3.5.2.2.   Die Krisenszenarios

(130)

Der Umstrukturierungsplan enthält drei Krisenszenarios, nämlich eine leichte Rezession, eine internationale Depression und eine Abwertung der Króna. Ergänzt wird dies durch eine Beschreibung der zum Aufbau dieser Szenarios angewendeten Methodik und des Einflusses auf die Eigenkapitalposition der Bank. Die Szenarios wurden vor dem Hintergrund unwahrscheinlicher, aber plausibler, tiefgreifender Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds, in dem die Bank arbeitet, entworfen. Das Szenario der internationalen Wirtschaftsdepression beispielsweise beruht auf einem möglichen Zerbrechen der Eurozone und den daraus entstehenden Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft. Daraus ergeben sich folgende gesamtwirtschaftliche Variablen für dieses Szenario:

Tabelle 6:

Gesamtwirtschaftliche Indikatoren im Szenario einer internationalen Wirtschaftsdepression

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(131)

In den von der Landsbankinn übermittelten Stresstestberechnungen werden zur Umformung dieser drei Szenarios in eine Bewertung der Auswirkungen auf die Abschlüsse, den Verlust von Krediten und das Wirtschaftskapital der Bank verschiedene Methoden angewendet. Anhand eines Beispiels wird im folgenden Diagramm 3 gezeigt, wie die Ausfallquote (LGD) mit der BIP-Leistung zusammenhängt.

Diagramm 3:

Wechselbeziehung zwischen BIP und LGD

[Diagramm zur Wechselbeziehung zwischen Aufallquote und BIP

Aus Gründen der beruflichen Schweigepflicht werden die Werte nicht offengelegt.]

(132)

Die wichtigste Feststellung der Stresstests besteht darin, dass die Kapitalausstattung der Landsbankinn so beschaffen ist, dass sie in allen Szenarios über den internen und externen Mindestanforderungen an das Eigenkapital bleibt und laut Umstrukturierungsplan sogar einen Kapitalüberschuss von […] % aufweist.

(133)

Der Umstrukturierungsplan der Landsbankinn enthält darüber hinaus einen Quasi-Stresstest der Liquiditätsquote der Bank. In diesem Fall nimmt die Bank an, dass im Besitz von Finanzinstituten befindliche Einlagen, beispielsweise nach der Aufhebung der Kapitalkontrollen, mit sofortiger Wirkung abgezogen würden. Laut der von den isländischen Behörden übermittelten Informationen bliebe die Liquiditätsposition der Landsbankinn stark, insbesondere weil sie vergleichsweise schnell zusätzliche Vermögenswerte ohne nachteilige Auswirkungen auf die Bilanz liquidieren könnte. Hierzu zählt beispielsweise ihr in ISK lautender Hypothekenbestand (über Darlehenstransaktionen mit der CBI). Das folgende Diagramm 4 zeigt dieses Szenario:

Diagramm 4:

Kernliquiditätsposition nach Abzügen sämtlicher Einlagen von Instituten sowie unterschiedlichen Abzügen durch Kunden.

[Diagramm zur Liquiditätsposition der Landsbankinn

Aus Gründen der beruflichen Schweigepflicht werden die Werte nicht offengelegt.]

(134)

Ausweislich dieser Berechnung könnte die Bank zusätzlichen Abzügen in Höhe von […] % der Kundeneinlagen standhalten, ohne mit der Liquidation von Vermögenswerten beginnen zu müssen. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Bank gut aufgestellt ist, um unerwartete Liquiditätsstörungen bewältigen zu können.

4.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS, DIE SPKEF-TRANSKATION UND DIE IM RAHMEN DER SPARKASSENBESCHLÜSSE VORLÄUFIG GENEHMIGTEN MASSNAHMEN

(135)

In ihrer Eröffnungsentscheidung zog die Überwachungsbehörde den vorläufigen Schluss, dass die Maßnahmen des isländischen Staates zur Kapitalausstattung der Landsbankinn staatliche Beihilfe nach Artikel 61 des EWR-Abkommens beinhalten. Darüber hinaus konnte sie nicht ausschließen, dass bei der unbegrenzten Einlagensicherung staatliche Beihilfe vorlag. In der Eröffnungsentscheidung wurden die Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem Erwerb der SpSv nicht erfasst. Sie waren von der Überwachungsbehörde in den Sparkassenbeschlüssen vorläufig genehmigt worden. Die Überwachungsbehörde wird zu diesen Maßnahmen, die im Rahmen der vorliegenden Bewertung im Zusammenhang mit der jetzigen Entscheidung von Belang sind, einen endgültigen Standpunkt festlegen. Die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Übertragung des operativen Geschäfts von der Spkef auf die Landsbankinn waren in der Eröffnungsentscheidung nicht erfasst worden. Die Überwachungsbehörde wird sie nachstehend folglich ebenfalls beurteilen.

(136)

Was die Vereinbarkeit der in der Eröffnungsentscheidung beurteilten Maßnahmen betrifft, so war die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine endgültige Stellungnahme nur auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans erfolgen könne. Dieser lag jedoch bei der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Überwachungsbehörde am 15. Dezember 2010 nicht vor. Es war insbesondere auf die Tatsache, dass über zwei Jahre nach der Gründung der Landsbankinn und ein Jahr nach der Vereinbarung mit den Gläubigern der Landsbanki noch kein Umstrukturierungsplan vorlag, zurückzuführen, dass die Überwachungsbehörde Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfe äußerte.

4.1.   Stellungnahmen Beteiligter

(137)

Bei der Überwachungsbehörde ging eine Stellungnahme im Namen der Gläubiger der alten Bank ein, in der diese betonten, dass sie als Beteiligte zu betrachten seien. Sie gaben ferner an, dass sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt weitere Stellungnahmen übermitteln würden.

4.2.   Stellungnahmen der isländischen Behörden

(138)

Die isländischen Behörden akzeptieren, dass die zur Gründung der NNBI, jetzt Landsbankinn, getroffenen Maßnahmen staatliche Beihilfe darstellen Nach Auffassung der isländischen Behörden sind die Maßnahmen jedoch auf der Grundlage von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b mit dem EWR-Abkommens vereinbar, da sie notwendig, verhältnismäßig und angemessen sind, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben. Nach Ansicht der isländischen Behörden stehen die getroffenen Maßnahmen in jeder Hinsicht mit den Grundsätzen im Einklang, die in den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen dargelegt werden. Sie tragen darüber hinaus vor, dass die Beihilfe notwendig ist und auf das erforderliche Minimum beschränkt wurde.

(139)

Die isländischen Behörden betonen darüber hinaus, dass die früheren Aktionäre der Landsbanki ihre gesamten Anteile verloren und vom Staat keine Entschädigung erhalten hätten und dass die Beihilfe gut auf die möglichst weitgehende Eingrenzung negativer Ausstrahlungseffekte auf Wettbewerber abgestimmt sei.

(140)

Hinsichtlich der Übertragung des operativen Geschäfts von der Spkef an die Landsbankinn erkennen die isländischen Behörden an, dass die Verpflichtung des Staates zum Ausgleich eines Fehlbetrags bei den übertragenen Vermögenswerten (im Vergleich zum Betrag der übertragenen Verbindlichkeiten) nach EWR-Abkommen Artikel 61 Absatz 1 staatliche Beihilfe darstellt, obgleich sie der Ansicht sind, dass die Beschaffenheit der Vereinbarung einen unmittelbaren finanziellen Vorteil für die Landsbankinn ausschließt. Sie räumen jedoch ein, dass diese Maßnahme die Position der Landsbankinn stärken könnte, weil sie deren Kundenstamm vergrößert und Möglichkeiten zur Verschlankung der Betriebsabläufe bieten könnte.

(141)

Auf jeden Fall vertreten die isländischen Behörden die Auffassung, dass die Beihilfe mit Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens vereinbar sei. Da der Beitrag des Staates genau auf die Deckung der Differenz zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten begrenzt sei, und da diese Differenz von einem unabhängigen Ausschuss bestimmt werde, tragen sie vor, dass sich die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränke. Sie bringen vor, dass die Beihilfe außerdem verhältnismäßig sei, weil die Landsbankinn die einzige Bank war, die zu dem betreffenden Zeitpunkt den Geschäftsbetrieb der Spkef übernehmen konnte und dass Alternativen wie eine von der FME erzwungene Fusion mehr Störungen verursacht hätte und möglicherweise für den Staat kostspieliger gewesen wäre.

(142)

Die isländischen Behörden sind nicht der Ansicht, dass die Einlagensicherung staatliche Beihilfe beinhaltet.

4.3.   Verpflichtungen der isländischen Behörden

(143)

Die isländischen Behörden reichten eine Reihe von Verpflichtungen ein, die sich überwiegend auf Wettbewerbsverzerrungen beziehen, die von der hier beurteilten Beihilfe ausgelöst werden können. Einzelheiten dazu werden im Anhang dargelegt.

II.   BEWERTUNG

1.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFE

(144)

Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens lautet:

„Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.“

(145)

Die Überwachungsbehörde wird die folgenden Maßnahmen (45) bewerten:

das anfängliche Betriebskapital, das der isländische Staat der neuen Bank zur Verfügung stellte;

die (anfänglich) vollständige Kapitalausstattung der neuen Bank durch den Staat und die Zurückbehaltung einer Mehrheitsbeteiligung durch den Staat.

Die vorstehend aufgeführten Maßnahmen werden nachfolgend gemeinsam als „Kapitalisierungsmaßnahmen“ bezeichnet. Zusätzlich wird die Überwachungsbehörde Folgendes bewerten:

die Garantie der isländischen Regierung für inländische Einlagen in allen isländischen Banken und

die Übertragung des operativen Geschäfts von der Spkef an die Landsbankinn (die „Spkef-Transaktion“).

(146)

Die Überwachungsbehörde wiederholt darüber hinaus, dass die vorläufig genehmigten Rettungsmaßnahmen für die nunmehr mit der Landsbankinn verschmolzene Spkef staatliche Beihilfe darstellen, deren letztendliche Vereinbarkeit vom Umstrukturierungsplan für das verschmolzene Unternehmen abhängt.

1.1.   Vorliegen staatlicher Mittel

(147)

Wie die Überwachungsbehörde in der Eröffnungsentscheidung bereits vorläufig folgerte, liegt es auf der Hand, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen aus staatlichen Mitteln finanziert werden, die die isländische Staatskasse zur Verfügung stellte. Was die Spkef-Transaktion betrifft, so übernahm der Staat das Risiko, dass die Vermögenswerte der Spkef zur Deckung der übertragenen Verbindlichkeiten (Einlagen) der Spkef-Bank nicht ausreichen könnten. Im Wesentlichen übernahm der Staat die Garantie für den Ausgleich eventueller Verluste. Dies beinhaltete eine (mögliche) Übertragung staatlicher Mittel. Wie oben bereits gesagt, entschied der Schiedsausschuss kürzlich, dass der Staat der Landsbankinn 19,2 Mrd. ISK zu zahlen habe. Folglich liegt auf der Hand, dass diese Maßnahme eine Übertragung staatlicher Mittel beinhaltet.

(148)

Hinsichtlich der Einlagensicherung betont die Überwachungsbehörde von vornherein, dass sich ihre Bewertung auf die oben beschriebene, zusätzliche Einlagensicherung bezieht, die im Wesentlichen aus den Erklärungen der isländischem Regierung besteht, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen werde.

(149)

Diese Bewertung lässt die Auffassung der Überwachungsbehörde über die Vereinbarkeit von Gesetz Nr. 98/1999 und der von der isländischen Regierung und dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (TIF) während der Finanzkrise getroffenen Maßnahmen mit EWR-Recht, insbesondere mit der Richtlinie 94/19/EG unberührt. Hinsichtlich der Durchführung der Richtlinien 97/9/EG und 94/19/EG ist die Überwachungsbehörde folgender Auffassung: Soweit Maßnahmen staatliche Beihilfe darstellen, gibt die Verwendung staatlicher Mittel zur Erfüllung von Verpflichtungen nach EWR-Recht generell keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich des Artikels 61 des EWR-Abkommens. Die hier vorliegende Entscheidung befasst sich also nicht mit diesen Maßnahmen.

(150)

Die Überwachungsbehörde erklärte in der Eröffnungsentscheidung, dass sie näher prüfen werde, ob die oben aufgeführten Erklärungen der isländischen Regierung genügend klar, bestimmt, unbedingt und rechtsverbindlich seien, um eine Bindung staatlicher Mittel zur Folge zu haben. (46) Bei der Beurteilung, ob diese Kriterien erfüllt sind, stellt die Überwachungsbehörde fest, dass die Erklärungen eine unwiderrufliche Bindung öffentlicher Mittel mit sich brachten. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der isländische Staat alle bestehenden Möglichkeiten zum Schutz der Einleger ausschöpfte. Er hat nicht nur die Rangfolge von Einlageninhabern in Insolvenzmassen geändert (was keinen Einsatz staatlicher Mittel nach sich zieht), sondern er hat auch deutlich gemacht, dass er es nicht zulassen werde, dass Einleger Verluste erleiden. Die pauschale Garantie der Regierung für sämtliche Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen unterscheidet sich darüber hinaus aufgrund der Tatsache, dass diese Garantie in ihrer Höhe unbegrenzt ist und die durch diese Maßnahme begünstigten Banken keinen finanziellen Beitrag dazu leisten, von allen anderen Einlagensicherungsprogrammen, die sich auf EWR-Gesetze stützen.

(151)

Die Art und Weise, wie die isländische Regierung ihre Erklärung versteht, lässt sich an den staatlichen Eingriffen im Finanzsektor ablesen, die seit Oktober 2008 stattgefunden haben und von der Absicht geleitet wurden, dieser Willenserklärung gerecht zu werden. Zu diesen Eingriffen gehörten Maßnahmen zur Deckung der Einlagen bei Finanzunternehmen, beispielsweise die Gründung der drei Geschäftsbanken, die Übertragung der SPRON-Einlagen an die Arion Bank, die Übertragung der Straumur-Einlagen an die Íslandsbanki, die Übernahme der Einlagen von fünf Sparkassen auf den Sparisjódabanki- Inseln durch die CBI, die Übertragung von Einlagen in der Byr Savings Bank an die Byr hf, die Übertragung von Einlagen von der Keflavík Savings Bank an die SpKef sowie die staatliche Haftung für Einlagen in der SpKef nach der Fusion mit der Landsbankinn.

(152)

In mehreren Fällen staatlicher Beihilfe, die zurzeit von der Überwachungsbehörde geprüft werden und von denen einige obengenannt sind, trugen die isländischen Behörden das Argument vor, dass die jeweils gewählte Maßnahme die für den isländischen Staat die finanziell am wenigsten belastende Option zur Einhaltung seiner Zusicherung des vollen Einlegerschutzes gewesen sei.

(153)

In Anbetracht der obigen Ausführungen ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine rechtsverbindliche, klare, unbedingte und bestimmte Maßnahme vorliegt. Auf dieser Grundlage gelangt die Überwachungsbehörde zu der Schlussfolgerung, dass die Erklärungen des isländischen Staates, nach denen Einlagen in voller Höhe garantiert werden, eine Bindung öffentlicher Mittel im Sinne des Artikels 61 des EWR-Abkommens beinhalten.

1.2.   Begünstigung bestimmter Unternehmen oder der Herstellung bestimmter Waren

1.2.1.   Vorteil

(154)

Erstens müssen die Beihilfemaßnahmen der neuen Bank Vorteile verschaffen, die sie von Belastungen freistellt, die sie normalerweise aus ihrem Budget zu bestreiten hätte. Im Einklang mit ihrer vorläufigen Schlussfolgerung in der Eröffnungsentscheidung bleibt die Überwachungsbehörde bei ihrer Auffassung, dass jede einzelne Kapitalisierungsmaßnahme der Landsbankinn einen Vorteil verschafft, weil der Bank das bereitgestellte Kapital ohne das Eingreifen des Staates nicht zur Verfügung gestanden hätte.

(155)

Bei der Feststellung, ob eine beispielsweise in Form einer Kapitalzuführung erfolgende Investition in ein Unternehmen einen Vorteil beinhaltet, wendet die Überwachungsbehörde das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Investors an. Sie beurteilt also, ob ein privater Investor, dessen Größe mit der der öffentlichen Einrichtung vergleichbar ist und der unter normalen Marktbedingungen arbeitet, eine solche Investition getätigt hätte. (47) Seit Beginn der Finanzkrise gingen sowohl die Europäische Kommission, (in zahlreichen Fällen seit dem Eintritt der Finanzkrise (48)) als auch die Überwachungsbehörde (49) allgemein nach dem Ansatz vor, dass die aus staatlichen Mitteln erfolgten Kapitalerhöhungen bei Banken staatliche Beihilfe darstellen, die in Anbetracht der Turbulenzen und Unsicherheiten, die die Finanzmärkte seit dem Herbst 2008 prägten, gewährt wurde. Diese allgemeine Überlegung gilt besonders für die isländischen Finanzmärkte in den Jahren 2008 und 2009, als das gesamte System zusammenbrach. Die Überwachungsbehörde ist folglich der Auffassung, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen — trotz der letztendlichen Übertragung einer Minderheitsbeteiligung an die (zum großen Teil dem privaten Sektor angehörenden) Gläubiger — der Landsbankinn einen Vorteil verschafft. Soweit der private Sektor an der Kapitalausstattung der Landsbankinn beteiligt war, betraf dies ausschließlich Gläubiger der alten Banken, die damit nur anstrebten, ihre Verluste so gering wie möglich zu halten. (50) In Anbetracht der vorstehend erläuterten Funktionsweise der bedingten Schuldverschreibung kann man darüber hinaus nicht sagen, dass sie zu den gleichen Bedingungen investiert hätten wie der Staat.

(156)

Hinsichtlich der Spkef-Transaktion weist die Überwachungsbehörde darauf hin, dass das Ziel dieser Transaktion darin bestand, der Landsbankinn einen Ausgleich zu gewähren, der ausschließlich der Differenz zwischen den übertragenen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten entsprach. Darüber hinaus gewährleistete der Mechanismus zur Bestimmung dieser Differenz mittels eines als letzte Instanz wirkenden, unabhängigen Schiedsausschusses in diesem Vorgang einen hohen Grad an Objektivität. Allerdings wurde das gesamte Risiko, dass die Vermögenswerte der Spkef von geringerem Wert als die übertragenen Einlagen sein könnten, sowie die Verpflichtung zum Ausgleich eventueller Verluste auf den Staat abgewälzt. Daraus folgt, dass die Landsbankinn Geschäfts- und Firmenwert sowie zusätzliche Marktanteile erwerben konnte, ohne irgendein Risiko eingehen zu müssen Die Überwachungsbehörde gelangt zu dem Schluss, dass dies einen Vorteil darstellt.

(157)

Zum Schluss hat die Überwachungsbehörde auch zu beurteilen, ob die zusätzliche Einlagensicherung der Landsbankinn und allgemein den isländischen Banken einen Vorteil verschafft. Hier stellt die Überwachungsbehörde fest, dass anfangs, als die isländischen Behörden die Erklärung über die Einlagensicherung abgaben, nicht vollständig klar war, wie diese Garantie in der Praxis funktionieren würde. Insbesondere herrschte Unklarheit über die Auswirkungen eines solchen Eingriffs auf eine in Insolvenz geratende Bank. Heute stellt sich dies so dar, dass man eine solche Bank in die Insolvenz gehen lassen würde, dass der isländische Staat aber — beispielsweise durch die Übertragung der Einlagen an eine andere Bank und den Ausgleich des Verlusts an Vermögenswerten — sicherstellen würde, dass die Einlagen in voller Höhe ausgezahlt werden könnten und die Einleger nie den Zugriff auf den vollen Betrag ihrer Einlagen verlieren würden.

(158)

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die Frage, wie der Staat bei der Erfüllung der unbegrenzten Garantie inländischer Einlagen vorgehen würde, von zweitrangiger Bedeutung ist. Wichtig ist allein der Umstand, dass er die Verpflichtung übernommen hat, dann, wenn eine Bank die Einlagen nicht auszahlt, in unbegrenzter Höhe einzuschreiten.

(159)

Diese unbeschränkte Garantie stellte nach Auffassung der Überwachungsbehörde aus folgenden Gründen eine Begünstigung der Landsbankinn dar: Erstens verschafft sie ihr gegenüber alternativen Optionen und Anbietern von Geldanlagen einen wertvollen Wettbewerbsvorteil, nämlich eine unbegrenzte staatliche Garantie und folglich ein wichtiges Sicherheitsnetz. Dies wird beispielsweise in einem kürzlich vorgelegten Bericht des Wirtschaftsministers verdeutlicht, der Folgendes feststellt: „Icelandic financial undertakings are currently operating in a sheltered environment with capital controls and a blanket deposit guarantee. Under such conditions, bank deposits are practically the only secure option for Icelandic savers“. (51) [„Isländische Finanzunternehmen arbeiten zur Zeit in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer Pauschalgarantie für Einlagen. Unter derartigen Bedingungen sind Bankeinlagen praktisch die einzig sichere Wahl für isländische Sparer“.

(160)

Zweitens scheint auf der Hand zu liegen, dass bei der Landsbankinn ohne diese Garantie eher ein Ansturm auf die Einlagen hätte eintreten können, wie dies bei ihrer Vorgängerin der Fall war (52). Die Bank hätte also wahrscheinlich (zum Ausgleich dieses Risikos) höhere Zinsen zahlen müssen, um Einlagen anzuziehen oder einfach nur die Menge an Einlagen unverändert beizubehalten. Dementsprechend zieht die Überwachungsbehörde den Schluss, dass die Einlagensicherung einen Vorteil für die Bank mit sich bringt.

1.2.2.   Selektivität

(161)

Die Beihilfemaßnahme muss ferner insofern selektiv sein, als sie „bestimmte Unternehmen oder die Herstellung bestimmter Waren begünstigt“. Die Kapitalisierungsmaßnahmen und die Spkef-Transaktion sind selektiv, da sie nur der Landsbankinn zugutekommen.

(162)

Da staatliche Beihilfe darüber hinaus auch dann selektiv sein kann, wenn sie einem oder mehreren Wirtschaftszweig(en) zugutekommt, anderen hingegen nicht, ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die staatliche Garantie für Einlagen, die dem isländischen Bankensektor insgesamt zugutekommt, selektiv ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich auch aus den oben erläuterten Überlegungen, nach denen Banken gegenüber anderen Unternehmen, die ebenfalls Möglichkeiten zur Bildung von Sparguthaben und Geldanlagen anbieten, begünstigt werden.

1.3.   Verzerrung des Wettbewerbs und Schädigung des Handels zwischen Vertragspartnern

(163)

Die hier betrachteten Maßnahmen stärken die Position der Landsbankinn gegenüber Wettbewerbern (oder potenziellen Wettbewerbern) in Island und anderen EWR-Staaten. Wie oben bereits ausgeführt wurde, handelt es sich bei der Landsbankinn um ein Unternehmen, das auf Finanzmärkten tätig ist, die dem internationalen Wettbewerb im EWR offen stehen. Die isländischen Finanzmärkte sind, insbesondere wegen der Kapitalkontrollen, zurzeit zwar recht isoliert, aber grenzüberschreitender Handel (bzw. das Potenzial dafür) existiert noch und wird wieder zunehmen, sobald die Kapitalkontrollen aufgehoben werden. Alle hier beurteilten Maßnahmen sind daher als wettbewerbsverzerrend und den Handel zwischen Vertragspartnern des EWR-Abkommens beeinträchtigend anzusehen. (53)

1.4.   Schlussfolgerung

(164)

Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die zur Kapitalisierung der neuen Bank getroffenen Maßnahmen des isländischen Staates sowie die Einlagensicherung und die Spkef-Transaktion staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens beinhalten. Die Überwachungsbehörde erinnert daran, dass sie in den Sparkassenbeschlüssen in Bezug auf die Kapitalisierungsmaßnahmen, die der SpSv gewährt wurden, zu dem gleichen Schluss gelangte.

2.   VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

(165)

Gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens "soll die EFTA-Überwachungsbehörde über alle Vorhaben, Beihilfe zu gewähren oder umzugestalten, so rechtzeitig unterrichtet werden, dass sie sich dazu äußern kann (…). Der betreffende Staat wendet die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an, bevor in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung getroffen wurde".

(166)

Die isländischen Behörden meldeten die in der Eröffnungsentscheidung erfassten Beihilfemaßnahmen nicht im Voraus, d. h. vor ihrer Durchführung bei der Überwachungsbehörde an. Dasselbe trifft auch auf die Spkef-Transaktion zu. Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die isländischen Behörden ihre Verpflichtungen gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 nicht eingehalten haben. Die Gewährung dieser Beihilfemaßnahmen war also rechtswidrig.

3.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE

(167)

Seitens der Überwachungsbehörde sei vorausgeschickt, dass die Landsbankinn hinsichtlich des inländischen Geschäftsbetriebs zwar ein neuer Rechtsträger ist, der 2008 gegründet wurde, dass sie aber offenbar insofern die wirtschaftliche Nachfolgerin der Landsbanki ist, als zwischen diesen beiden Rechtsträgern eine wirtschaftliche Kontinuität besteht. Tatsächlich erläuterten die isländischen Behörden, dass die Namensähnlichkeit zwischen der alten und der neuen Bank beabsichtigt ist. Sie soll der Landsbankinn erlauben, Nutzen aus dem ideellen Wert zu ziehen, der in Island immer noch mit dem Namen „Landsbanki“ verbunden ist. Da die von der Landsbankinn seit Herbst 2008 ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne die Beihilfe nicht hätten fortgeführt werden können, betrachtet die Überwachungsbehörde die Bank als ein in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen.

(168)

Darüber hinaus stellen die hier beurteilten Maßnahmen Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugleich dar. Wie in der Eröffnungsentscheidung bereits dargelegt wurde, hätte die Überwachungsbehörde die Maßnahmen wahrscheinlich vorläufig als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Rettungsbeihilfen angesehen, wenn sie vor der Durchführung über die geplanten Maßnahmen unterrichtet worden wäre. Anschließend hätte sie dann auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans ihren endgültigen Standpunkt festgelegt. Da jedoch keine fristgerechte Meldung erfolgt war, leitete die Überwachungsbehörde das förmliche Prüfverfahren ein und bat um die Übermittlung eines Umstrukturierungsplans. Wie bereits gesagt, hängt die endgültige Feststellung der Vereinbarkeit dieser Maßnahmen davon ab, ob der Umstrukturierungsplan die Kriterien der geltenden Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für in Schwierigkeiten geratene Unternehmen erfüllt.

3.1.   Die Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Vereinbarkeit: Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe (b) des EWR-Abkommens und Umstrukturierungsleitlinien der Überwachungsbehörde

(169)

Staatliche Beihilfe an in Schwierigkeiten geratene Unternehmen wie die Landsbankinn wird zwar normalerweise nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens beurteilt, aber Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens lässt staatliche Beihilfe „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates“ zu. Den Bestimmungen in Randnummer 8 der Bankenleitlinien (54) entsprechend bekräftigt die Überwachungsbehörde erneut, dass im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung und der Beschlussfassungspraxis der Kommission nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens eine restriktive Auslegung dessen, was als beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines EFTA-Staates betrachtet werden könnte, erforderlich ist.

(170)

Wie oben eingehend erläutert, trat laut Stellungnahme der isländischen Behörden im isländischen Finanzsystem im Oktober 2008 mit dem Zusammenbruch der größten Banken und wichtigsten Sparkassen innerhalb einer Zeitspanne von wenigen Tagen eine Systemkrise ein. Der gemeinsame Marktanteil der zusammengebrochenen Finanzinstitute überstieg in den meisten Segmenten des isländischen Finanzmarkts die Quote von 90 %. Mit diesen Schwierigkeiten ging ein Vertrauensverlust in die Landeswährung einher. Die Realwirtschaft Islands wurde von der Finanzkrise schwer getroffen. Obgleich seit dem Beginn der Krise mehr als drei Jahre verstrichen sind, ist das isländische Finanzsystem nach wie vor krisenanfällig. Auch wenn sich die Lage seit 2008 erheblich entspannt hat, ist offenkundig, dass die Maßnahmen seinerzeit in der Absicht getroffen wurden, eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben.

(171)

Demzufolge gilt Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens in diesem Fall als anwendbar.

Die Anwendung der Umstrukturierungsmitteilung

(172)

In den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für die Wiederherstellung der Rentabilität und in den Leitlinien zur Bewertung von im Rahmen der Beihilfevorschriften in der derzeitigen Krise vorgenommenen Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor (55) (im Folgenden „Umstrukturierungsleitlinien“) werden die Vorschriften für staatliche Beihilfen festgelegt, die für die Umstrukturierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Krise gelten. Gemäß den Umstrukturierungsleitlinien muss die Umstrukturierung eines Finanzinstituts im Rahmen der derzeitigen Finanzkrise Folgendes bewirken, um mit Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens vereinbar zu sein:

i)

die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank;

ii)

einen ausreichenden Eigenbeitrag des Empfängers (Lastenverteilung);

iii)

ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen.

(173)

Die Überwachungsbehörde wird also nachfolgend auf der Grundlage des übermittelten Umstrukturierungsplans für die Landsbankinn bewerten, ob diese Kriterien erfüllt sind und die oben beschriebenen staatlichen Beihilfemaßnahmen folglich Umstrukturierungsbeihilfen darstellen, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

3.2.   Wiederherstellung der Rentabilität

(174)

Das wichtigste Ziel von Umstrukturierungsbeihilfe ist die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität ihres Empfängers. Bei der Feststellung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe spielt daher die Beurteilung der Frage, ob die Umstrukturierungsbeihilfe dieses Ziel erreichen wird, eine wichtige Rolle.

(175)

Wie oben bereits gesagt wurde, stellen die im Sog der Ereignisse vom Herbst 2008 eingetretenen Turbulenzen im isländischen Wirtschaftsleben, die Existenz außerordentlicher Maßnahmen wie die Kapitalkontrollen, ein erst in den Anfängen steckendes verordnungsrechtliches Umfeld und gesamtwirtschaftliche Aussichten, die noch ungewiss sind, für den gewinnbringenden Betrieb einer Bank und die Sicherstellung ihrer langfristigen Rentabilität große Herausforderungen dar. Die Überwachungsbehörde möchte von Anfang an betonen, dass diese Überlegung bei der nachfolgend dargelegten Bewertung berücksichtigt werden muss.

(176)

In Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien wird dargelegt, dass der EWR-Mitgliedstaat einen umfassenden, detaillierten Umstrukturierungsplan mit vollständigen Angaben über das Geschäftsmodell, mit dem die langfristige Rentabilität der Bank wiederhergestellt werden soll, vorlegen muss. Randnummer 10 der Umstrukturierungsleitlinien schreibt vor, dass der Umstrukturierungsplan die Ursachen für die Schwierigkeiten der Bank und die eigenen Schwachstellen der Bank nennen und umreißen muss, wie die vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen die grundlegenden Probleme der Bank beheben sollen.

(177)

Die Ursachen für die Schwierigkeiten der Landsbanki werden, wie oben erläutert, sowohl im Umstrukturierungsplan als auch im Bericht des Sonderuntersuchungsausschusses (SIC) verdeutlicht. Zu den auf Ebene der Bank festgestellten Hauptursachen zählten das schlechte Risikomanagement, eine übermäßige Risikoneigung, die unangemessen enge Beziehung zwischen den Eigentümern und den größten Kreditnehmern, zu starkes Wachstum in einem zu kurzen Zeitraum, mangelnde Erfahrung in globalen Märkten, nachsichtige Kreditvergaberegeln, das Fehlen interner Prüfungen und Kontrollen und eine fehlerbehaftete Unternehmenskultur und Geschäftsstrategie. All dies waren Faktoren, die zu dem Zusammenbruch führten. Auch stützte sich die Bank stark auf kurzfristige Refinanzierungen am Interbankengeldmarkt und musste im Ausland große Mengen an Einlagen hereinnehmen, um ihr operatives Geschäft finanzieren zu können. Dies verschärfte die bereits bestehenden Währungsungleichgewichte.

Verordnungsrechtliche Maßnahmen zur Rentabilität

(178)

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass der Untergang der Landsbanki und der Zusammenbruch der isländischen Finanzbranche auch durch eine Reihe von Faktoren verursacht wurde, die ganz speziell auf Island zutreffen, nämlich die geringe Größe des Landes und die verordnungs- und aufsichtsrechtlichen Unzulänglichkeiten, auf die der Sonderuntersuchungsausschuss (SIC) besonders hinweist. Wie bei jeder anderen isländischen Bank auch hängt die langfristige Rentabilität der Landsbankinn unter anderem davon ab, ob diese aufsichts- und verordnungsrechtlichen Unzulänglichkeiten behoben wurden oder nicht.

(179)

Hier nimmt die Überwachungsbehörde die von den isländischen Behörden am verordnungs- und aufsichtsrechtlichen Rahmen vorgenommenen Änderungen als positive Entwicklung zur Kenntnis. Erläuterungen hierzu sind dem Anhang zu entnehmen.

(180)

Erstens wurden die Zuständigkeiten und Befugnisse der FME erweitert. Ihr wurden unter anderem neue Verantwortlichkeiten in Bezug auf große Einzelkredite und die damit verbundenen Risiken übertragen. Damit wird nach Auffassung der Überwachungsbehörde einem der Faktoren, die zum finanziellen Zusammenbruch führten, begegnet.

(181)

Zweitens wird mit den vorübergehend eingeführten hohen Anforderungen an den Eigenkapitalkoeffizienten und einer Reihe weiterer Vorschriften zur Besicherung und insbesondere das Verbot, Kredite gegen die Verpfändung eigener Aktien zu vergeben, auf die Sicherstellung dessen hingewirkt, dass isländische Banken nicht erneut auf der Grundlage einer schwachen Eigenkapitalposition arbeiten können. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen zur Ausfallsicherheit der isländischen Banken beitragen werden.

(182)

Drittens wurde mehrere Maßnahmen bezüglich der Eignung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sowie ihrer Vergütung eingeführt. Darüber hinaus wurden Kreditvergaben an verbundene Parteien (beispielsweise Eigentümer) strengeren Regeln unterworfen und die FME kann jetzt einer Bank bestimmte Tätigkeiten untersagen. Auch die Vorschriften für die externe und interne Rechnungslegung wurden geändert. Beispielsweise wurde die Dauer, für die ein externer Buchführer für ein- und dieselbe Bank arbeiten kann, verkürzt. Die Überwachungsbehörde nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass diese Maßnahmen darauf abzielen, eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern, soweit dies die Eigentümer und hochrangigen Führungskräfte betrifft. Die Maßnahmen verstärken darüber hinaus die externe Risikoüberwachung und verringern insgesamt die Bedrohungen für die Rentabilität der Bank.

(183)

Viertens liegt der erwähnten Möglichkeit der FME zur Einschränkung der Tätigkeiten einer Bank nach Aussage der isländischen Behörden auch der Umstand zugrunde, dass isländische Geschäftsbanken vor der Krise in großen Umfang Einlagen hereinnahmen. So wie die Überwachungsbehörde die neuen Vorschriften zur Liquidität und zum Fremdwährungssaldo (56) versteht, beinhalten die Vorschriften auch Einschränkungen für die Möglichkeiten einer Bank, unverhältnismäßig hohe Beträge an Fremdwährungseinlagen anzuziehen, wenn dadurch das Geschäft der Bank instabiler und gegenüber Wechselkurs- und Liquiditätsrisiken anfälliger wird. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass die isländischen Behörden auf diesen Aspekt des verordnungsrechtlichen Versagens reagiert haben.

Der Umstrukturierungsplan der Landsbankinn

(184)

Was den Umstrukturierungsplan und die Maßnahmen auf Ebene der Bank betrifft, so ist die Landsbankinn im Wesentlichen zu einem traditionelleren Bankmodell zurückgekehrt und richtet ihr Hauptaugenmerk nun auf ihre Kernkompetenzen im inländischen Privat- und Firmenkundengeschäft, das überwiegend durch inländische Kundeneinlagen finanziert werden soll.

(185)

Wie bereits erläutert, war die Landsbankinn im Vergleich zur ihrer Vorgängerin seit ihrer Gründung in erheblich geringerem Umfang verschuldet. Da die meisten Großkundenkredite in der Masse der Landsbanki verblieben, wird sich die Bank laut Umstrukturierungsplan nicht auf eine Refinanzierung mittels Ausgabe unbesicherter Schuldverschreibungen auf den internationalen Märkten stützen müssen. Im jetzigen Wirtschaftsklima wären die Aussichten ohnehin nicht vielversprechend.

(186)

Die Tatsache, dass sich die Landsbanki zur Refinanzierung auf den Interbankengeldmarkt und später auf ausländische Einlagen stützte, erwies sich als einer der Hauptgründe für ihren Untergang. Andererseits beruhte die Finanzierung der Landsbankinn bisher überwiegend auf Einlagen und Eigenkapital (über 70 %). Der Umstrukturierungsplan sieht aber eine leichte Zunahme des Anteils der Einlagen an den gesamten Verbindlichkeiten vor. Aus dem Umstrukturierungsplan geht hervor, dass während des Umstrukturierungszeitraums kein größerer Refinanzierungsbedarf entsteht […]. Die Überwachungsbehörde bewertet es als positiv, dass weder eine erfolgreiche Rückkehr auf die internationale Märkte für unbesicherte Kredite noch die mit weniger Herausforderungen verbundene Ausgabe besicherter Schuldverschreibungen zu den Annahmen gehören, auf die sich die Finanzierungsprognose stützt.

(187)

Was die erwähnte Möglichkeit der erfolgreichen Ausgabe unbesicherter Schuldverschreibungen betrifft, so vertritt die Bank die Auffassung, dass das zurzeit eher geringe Interesse von Anlegern an derartigen Krediten wieder zunehmen könnte, sobald die unbegrenzte Einlagensicherung — und insbesondere der Vorrang von Einlagen — aufgehoben wird. Aktuell mindert sie die Attraktivität anderer Kreditformen.

(188)

Unter Zugrundelegung der von den isländischen Behörden übermittelten Angaben zu den Sachverhalten scheint die Refinanzierungssituation der Bank nach Auffassung der Überwachungsbehörde bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums solide zu sein. In Anbetracht der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einlagensicherung und der Kapitalkontrollen und angesichts der ungewissen Entwicklungen auf den Märkten für (öffentliche) Schuldtitel kann sie jedoch keine endgültige Feststellung darüber treffen, ob sich die langfristige Refinanzierungsstrategie der Landsbankinn auf lange Sicht verwirklichen lässt. In Anbetracht der stabilen Finanzierungsaussichten und insbesondere in Anbetracht dessen, dass sich die Bank während des Umstrukturierungszeitraums in hohem Maße auf Einlagen und Eigenkapital stützt und diese Fremdfinanzierungsarten in der Bilanz einen hohen Anteil einnehmen, räumt die Überwachungsbehörde ein, dass leichte Veränderungen an der Refinanzierungsstrategie die Rentabilität der Bank nicht bedrohen würden.

(189)

Was die Aktivaseite der Bilanz betrifft, sind die riskantesten internationalen Vermögenswerte zudem überwiegend in der Masse der Landsbanki verblieben. Daraus ergab sich ein Rückgang der Bilanzsumme um etwa 75 %. Eine wichtige Schwachstelle im Geschäftsmodell der Landsbanki -der Verlass auf riskante internationale Vermögenswerte, insbesondere die starke Abhängigkeit von Gewinnen aus dem Investmentbanking (43 % der Gewinne vor der Krise) ohne angemessene Risikobewertung und ohne umfassende Marktkenntnisse — wurde also beseitigt. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass sich die Bank laut Umstrukturierungsplan in Zukunft nicht in ähnlichen Geschäften engagieren wird, sondern sich auf ihr traditionelles Kerngeschäft konzentrieren wird.

(190)

Die Bank ist seit ihrer Gründung offensichtlich gewachsen, insbesondere durch den oben erläuterten Erwerb der Spkef und der SpSv. Laut Umstrukturierungsplan wird dies jedoch keine merklichen Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der Landsbankinn haben, weil die Spkef und die SpSv hauptsächlich über inländische Vermögenswerte mit ähnlichen Merkmalen wie die im Portfolio der Landsbankinn vorhandenen Vermögenswerte verfügten. Die Überwachungsbehörde ist jedenfalls der Auffassung dass die nachfolgend näher erörterten, zugesagten Ausgliederungen dazu beitragen werden, dass sich die Landsbankinn auf ihr Kerngeschäft konzentrieren kann. Die im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums bereits erfolgte Schließung von […] Niederlassungen wird dazu beitragen, dass die Landsbankinn ihre Effizienz steigern kann.

(191)

Die Umstrukturierung der von der Landsbanki übertragenen Kredite stellt eine erhebliche Herausforderung für die Bank dar. Hier nimmt die Überwachungsbehörde als positive Entwicklung zur Kenntnis, dass dieser Umstrukturierungsprozess für die Bank zu den obersten Prioritäten gehört. Dies lässt sich an den zahlreichen allgemeinen und individuell zugeschnittenen Vorschlägen, die die Bank ihren überschuldeten Kunden machte, ablesen. Die Bank richtete außerdem eine personell gut besetzte Umstrukturierungsabteilung ein. Dieser Prozess ist zwar nicht so rasch vorangeschritten wie ursprünglich geplant, aber es ist bereits viel erreicht worden. Zum 30. März 2012 beispielsweise hatten 75 % des gesamten umstrukturierungsbedürftigen Kreditbestands bereits in der einen oder anderen Form eine Schuldenbereinigung durchlaufen. Darüber hinaus war ausweislich der von den isländischen Behörden übermittelten Zahlen die überwiegende Mehrheit der Betroffenen nach der Umstrukturierung in der Lage, ihre Schulden zu bedienen.

(192)

Die Überwachungsbehörde betrachtet dies als Indikator für die Zuverlässigkeit der Umstrukturierungsmethoden der Landsbankinn und als Nachweis, dass die Bank der Umstrukturierung ihres Kreditportfolios tatsächlich Vorrang eingeräumt hat. Geht man von dem bisher erzielten Fortschritt aus, erscheint es durchaus realistisch, dass die Bank ihr Ziel, die Umstrukturierung (nach Kreditvolumen insgesamt) zum Jahresende 2012 zu 92 % abgeschlossen zu haben, erfüllen kann.

(193)

Die Überwachungsbehörde nimmt außerdem mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Umstrukturierungsplan für den Umstrukturierungszeitraum bei den Kundenkrediten nur einen Anstieg von […] % vorhersagt. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld erscheint dies plausibel zu sein. Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die gesunkene Bedeutung von Beteiligungspapieren und Eigenkapitalinstrumenten und insbesondere der erfolgte Verkauf von […] (siehe Anhang) die Risikobelastung des Anlagenbestandes der Landsbankinn weiter verringern wird.

(194)

Unerwartete Entwicklungen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld in Island oder dem Ausland einmal ausgenommen, würde dies insgesamt bedeuten, dass die Landsbankinn spätestens am Ende des Umstrukturierungszeitraums eine vergleichsweise gesunde Bilanz und leistungsstarke Kreditportfolios ihr Eigen nennen wird.

(195)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, war die schwache Eigenkapitalausstattung der Landsbanki einer der Faktoren, die zu deren Untergang führten. Im Umstrukturierungsplan der Landsbankinn wird prognostiziert, dass die Bank während des gesamten Umstrukturierungszeitraums den Mindest-Eigenkapitalkoeffizienten von 16 % deutlich übertreffen wird. Dieser Koeffizient liegt außerdem deutlich über dem zukünftig nach Basel III vorgeschriebenen Minimum von 10,5 %. Sogar im Rahmen der ausreichend strengen Stresstests, die die Landsbankinn durchführte und die der in den Umstrukturierungsleitlinien festgelegten Anforderung "einer Kombination von Stressereignissen und einer langen weltweiten Rezession" (vgl. Ziffer 13 der Leitlinien) entsprechen, würde der Eigenkapitalkoeffizient nicht unter diese hohe Vergleichsmarke (Benchmark) fallen. Die Überwachungsbehörde hält es für vorsichtig und beruhigend, dass sogar nach dem Krisenszenario mit der stärksten Auswirkung auf die Eigenkapitalausstattung der Landsbankinn — im Wesentlichen eine Auflösung der Eurozone — ein Kapitalüberschuss von […] % in der Bank verbliebe. In einem Geschäftsumfeld wie dem oben beschriebenen sichert dies der Landsbankinn einen bedeutenden Puffer zur Bewältigung unerwarteter widriger Umstände.

(196)

Der Eigenkapitalkoeffizient der Landsbankinn wird im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums schrittweise steigen. Auf dieser Grundlage vertritt die Überwachungsbehörde die Auffassung, dass die Kapitalisierung der Landsbankinn für eine ausreichende Ausfallsicherheit der Bank sorgt.

(197)

Hinsichtlich der Liquiditätsposition der Bank stellt die Überwachungsbehörde fest, dass die derzeitige Lage hinreichend stabil zu sein scheint und keine Anzeichen dafür bestehen, dass sich die Situation im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums wesentlich verschlechtern könnte. Die Überwachungsbehörde bewertet es als positiv, dass die Bank bereits mit der Anpassung ihrer Liquiditätspolitik begonnen hat, um die zukünftigen Anforderungen von Basel III einhalten zu können Sie betrachtet die aktuelle Mindestliquiditätsquote (LCR) der Bank von […] % als beruhigendes Anzeichen, insbesondere im Vergleich zur durchschnittlichen Quote von 83 %, die in einer Erhebung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (57) bei über 200 Banken ermittelt worden war. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass die Stresstests an der Liquiditätsquote der Bank eine solide Liquiditätslage der Landsbankinn ergaben.

(198)

Die Überwachungsbehörde begrüßt auch die Veränderungen in der Unternehmensleitung und -kontrolle der Landsbankinn und den Austausch von Führungspersonal. In diesem Sinne wird mit der oben erläuterten Erweiterung der Rolle des Risikomanagements nach Ansicht der Überwachungsbehörde eine Schwachstelle im Geschäftsmodell der Landsbankinn behoben und ein Betrag zu einer objektiveren, professionelleren Risikobewertung im Geschäftsbetrieb der Bank geleistet.

(199)

In den Umstrukturierungsleitlinien ist auch vorgesehen, dass im Umstrukturierungsplan aufgezeigt werden muss, wie die Bank schnellstmöglich ohne staatliche Beihilfe ihre langfristige Rentabilität wiederherstellen wird. Insbesondere sollte die Bank in der Lage sein, eine angemessene Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften und zugleich sämtliche Kosten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs zu decken und die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Im Einzelnen wird unter Randnummer 13 der Umstrukturierungsleitlinien gesagt, dass die langfristige Rentabilität dann erreicht ist, wenn die Bank sämtliche Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzaufwendungen tragen und eine angemessene Eigenkapitalrendite erbringen kann. Dabei ist das Risikoprofil der Bank zu berücksichtigen.

(200)

Hier erinnert die Überwachungsbehörde daran, dass das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Landsbankinn arbeitet, für jede Bank eine Herausforderung darstellen würde. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass zurzeit jede Bank in Island vor der schwierigen Aufgabe steht, das Ziel der Steigerung der Rentabilität und das Ziel der Wahrung eines sicheren (d. h. hohen) Kapitalbestands miteinander ins Gleichgewicht zu bringen. In Anbetracht dieses Gesichtspunkts ist die Überwachungsbehörde mit der im Umstrukturierungsplan prognostizierten Ertragskaft, die trotz des hohen Eigenkapitalkoeffizienten während des Umstrukturierungszeitraums und darüber hinaus ausreichend sein wird, durchaus zufrieden. In den Jahren von 2009 bis 2014 schwankt die Eigenkapitalrendite zwischen [> 5] % und [> 15] %.

(201)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist diese Schwankung jedoch auch auf außergewöhnliche Umstände und Ereignisse wie beispielsweise die Bewertungsgewinne aus den von der Landsbanki übertragenen Vermögenwerten zurückzuführen. Einmalige Ereignisse wie unerwartet erfolgreiche Verkäufe von Tochtergesellschaften auf der einen Seite und die aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über Devisenkredite vorgenommen Abschreibungen auf der anderen Seite können sich hier ebenfalls auswirken. Die von den isländischen Behörden übermittelten Berechnungen, in denen die Gewinn- und Verlustrechnung (G&V) um diese nicht regelmäßig erscheinenden Posten bereinigt wurde, weisen darauf hin, dass die Bank in den Jahren ab 2011 vergleichsweise stabile Gewinne erwirtschaftet hat bzw. weiterhin erwirtschaften wird. Der von der Icelandic State Financial Investments (ISFI) übermittelte Bericht, auf den vorstehend Bezug genommen wurde, unterstützt diese Schlussfolgerung offenbar ebenfalls. Es ist nicht klar, ob diese Berechnungen so gestaltet sind, dass sie nur die „Kernertragskraft“ der Bank widerspiegeln. Die Überwachungsbehörde nimmt jedoch zur Kenntnis, dass die Bedeutung des Diskonts im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums rasch zurückgeht. Laut Umstrukturierungsplan erwartet die Bank, in der Zeit von 2012 bis 2014 „Kern“-Gewinne zwischen etwa […] und […] Mrd. ISK pro Jahr melden zu können

(202)

Einige der relevantesten und detaillierteren Aspekte der Finanzplanung wurden bereits erwähnt. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Annahmen insgesamt in Anbetracht des Geschäftsumfelds mit seinen zahlreichen Herausforderungen hinreichend vorsichtig sind. Hinsichtlich der Zinsmarge weist die Überwachungsbehörde darauf hin, dass diese Marge auch nach dem erwarteten Rückgang auf […] % im internationalen Vergleich relativ hoch ist. (58) Laut Aussage der isländischen Behörden bewegte sich diese Marge in den letzten Jahrzehnten immer auf ungefähr diesem Niveau oder darüber. Zu den ursächlichen Faktoren hierfür zählen das Hochzinsumfeld in Island, der niedrigere Anteil von Hypotheken im Kreditportfolio und die vergleichsweise geringe Größe der Banken. Die Überwachungsbehörde erachtet diese Erklärungen als vernünftig und hält diesen Aspekt der Finanzplanung daher für hinreichend plausibel.

(203)

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die zukünftige Ertragskraft wird der Anstieg der Einnahmen aus Gebühren und Provisionen sein, für die eine Zunahme um […] % vorhergesagt wird. Aus diesem Anstieg würden sich Gewinne von über […] Mrd. ISK ergeben. Die isländischen Behörden tragen vor, dass diese Prognosen plausibel seien, weil seit dem Zusammenbruch und der Einführung der Kapitalkontrollen Geschäfte wie Umsätze aus Börsen- und Devisenhandel praktisch zum Erliegen gekommen seien.

(204)

Die Bank hat Initiativen zur Erhöhung der Effizienz und Senkung der Kosten ergriffen. Diese Initiativen wurden vorstehend beschrieben und umfassen u. a. eine geplante Senkung des Personalbestands, die zugesicherte Schließung von […] Niederlassungen und eine allgemeine Verschlankung des Geschäftsbetriebs. Diese Maßnahmen müssten insgesamt das Aufwand-Ertrag-Verhältnis 2014 von 57,2 % auf […] % senken Die Überwachungsbehörde begrüßt diese Bemühungen, denn die jetzige Zahl erscheint im internationalen Vergleich recht hoch zu sein. Dass dieses Ziel erreicht werden kann, erscheint der Überwachungsbehörde nachvollziehbar.

(205)

Darüber hinaus stützt sich der Umstrukturierungsplan offensichtlich auf eine große Zahl von Annahmen. Die Überwachungsbehörde strebte eine genaue Prüfung derjenigen Annahmen an, die für die zukünftige Rentabilität der Landsbankinn die größte Bedeutung haben und sie am stärksten beeinflussen. Die gesamtwirtschaftlichen Annahmen scheinen den Prognosen der CBI zu entsprechen. Insgesamt scheinen die dem Umstrukturierungsplan zugrunde liegenden Annahmen hinreichend vorsichtig zu sein, um die Schlussfolgerung zu erlauben, dass die von der Bank durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen zur Sicherung ihrer langfristigen Rentabilität ausreichen, sofern keine unerwarteten nachteiligen Ereignisse unvorhergesehenen Ausmaßes mit nicht vorhersehbaren Folgen eintreten.

(206)

Berücksichtigt man die oben dargelegten Elemente, beweist der Umstrukturierungsplan nach Auffassung der Überwachungsbehörde die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität der Bank. Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die Bestimmungen in Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien erfüllt sind.

3.3.   Eigenbeitrag/Lastenverteilung

(207)

Randnummer 22 der Umstrukturierungsleitlinien lautet: „Zur Begrenzung etwaiger Wettbewerbsverzerrungen und Vermeidung moralischer Risiken sollte die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt werden und der Begünstigte einen angemessenen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten. Das Unternehmen und dessen Kapitaleigner sollten sich soweit wie möglich mit eigenen Mitteln an der Umstrukturierung beteiligen. Dies ist erforderlich, um sicherzustellen, dass gerettete Banken in angemessenem Umfang Verantwortung für die Folgen ihres früheren Verhaltens tragen, und um geeignete Anreize für ihr künftiges Verhalten zu schaffen.“

(208)

Die Überwachungsbehörde erinnert hier an einen entscheidenden Aspekt des vorliegenden Falls. Als die Landsbankinn auf dem Fundament des inländischen Geschäftsbetriebs der Landsbanki errichtet wurde, wurden die Investitionen der Aktionäre der Landsbanki vollständig zunichte gemacht. Damit leisteten sie den höchstmöglichen Beitrag zur Umstrukturierung der Landsbankinn. Darüber hinaus mussten die Gläubiger der Landsbanki erhebliche Verluste (59) hinnehmen, zumindest aber das Risiko eingehen, dass ihr Investment von der Ertragskraft der Landsbankinn abhing (über die bedingte Schuldverschreibung). Was also die Eigentümer und Gläubiger der Landsbanki betrifft, ist das Kriterium der Lastenverteilung optimal erfüllt und dem Problem des moralischen Risikos wurde begegnet.

(209)

Die Überwachungsbehörde hat darüber hinaus zu beurteilen, ob die von der Landsbankinn empfangene staatliche Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt war.

(210)

Was die Kapitalisierungsmaßnahmen betrifft, so lag die anfängliche Kapitalausstattung der Landsbankinn bei ihrer Gründung unter den Eigenkapitalanforderungen der FME (13 % anstatt 16 %). Im Jahr 2009, nachdem die Vereinbarung mit der Landsbanki getroffen worden war, erreichte der Eigenkapitalkoeffizient 15 % und unterschritt das von der FME festgelegte Minimum somit um einen Prozentpunkt. Die FME gewährte eine vorübergehende Befreiung. In diesem Zusammenhang merkt die Überwachungsbehörde an, dass der (zukünftige) Eigenkapitalkoeffizient vor allem von der korrekten Bewertung der von der Landsbanki an die Landsbankinn übertragenen Vermögenswerte abhing. Die Tatsache, dass der Eigenkapitalkoeffizient der Landsbankinn anschließend soweit erstarkte, dass sie das operative Geschäft der Spkef und später auch der SpSv aufnehmen konnte, wurde mit der Höherbewertung des Buchwertes der übertragenen Vermögenswerte erklärt. Der Umstand, dass sich der Eigenkapitalkoeffizient später so positiv entwickelte, stellt nach Ansicht der Überwachungsbehörde keinen Grund für die Annahme war, dass die Landsbankinn von Beginn an vom Staat überkapitalisiert worden war.

(211)

Laut Randnummer 26 der Umstrukturierungsleitlinien sollten Umstrukturierungsbeihilfe empfangende Banken „in der Lage sein, aus ihren Geschäftsgewinnen eine angemessene Vergütung für das Kapital zu zahlen, unter anderem in Form von Dividenden und Kuponzahlungen für im Umlauf befindliche nachrangige Verbindlichkeiten“.

(212)

Im Jahr 2012 nahm die Überwachungsbehörde in ihren Leitlinien zu staatlichen Beihilfen in Bezug auf Kapitalzuführungen mittels Aktien eine Klarstellung vor. In Randnummer 7 und 8 der Leitlinien zur Finanzkrise aus dem Jahr 2012 ist Folgendes vorgesehen: „In view of the regulatory changes and the changing market environment, the Authority anticipates that State capital injections may in the future more commonly take the form of shares bearing a variable remuneration. Clarification of the rules on pricing of capital injections is desirable given that such shares are remunerated in the form of (uncertain) dividends and capital gains, making it difficult to assess directly ex ante the remuneration on such instruments. The Authority will therefore assess the remuneration of such capital injections on the basis of the issue price of the shares. Capital injections should be subscribed at a sufficient discount to the share price (after adjustment for the ‚dilution effect‘) immediately prior to the announcement of the capital injection to give a reasonable assurance of an adequate remuneration for the State“ (60) [In Anbetracht der aufsichtsrechtlichen Veränderungen und des Wandels im Marktumfeld geht die Überwachungsbehörde davon aus, dass staatliche Kapitalzuführungen in Zukunft häufiger in Form von Aktien mit variabler Vergütung erfolgen werden. Da die Vergütung für Aktien dieser Art in Form von (ungewissen) Dividenden und Kapitalgewinnen erfolgt, durch die sich eine unmittelbare Ex-ante-Bewertung derartiger Finanzinstrumente schwierig gestaltet, ist eine Klarstellung der Regeln für die Kursbildung von Kapitalzuführungen wünschenswert. Die Überwachungsbehörde wird daher die Vergütung solcher Kapitalzuführungen auf der Grundlage des Ausgabekurses der Aktien bewerten. Kapitalzuführungen sollten mit einem angemessenen Abschlag auf den Aktienkurs (nach einer Berichtigung für den „Verwässerungseffekt“) unmittelbar vor der Ankündigung der Kapitalzuführung gezeichnet werden, um eine ausreichende Gewähr für eine angemessene Vergütung des Staates zu erhalten.]

(213)

Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Bestimmung auf den hier vorliegenden Fall nicht unmittelbar angewendet werden kann, weil der Staat hier, technisch gesehen, eine neue Bank mit Kapital ausstattete. Daher konnte bei den Altaktionären streng genommen keine Verwässerung eintreten. Das dieser Bestimmung zugrunde liegende Prinzip besteht jedoch darin, dass genügend verwässertes Eigentum und zukünftige Gewinne dem Staat zugewiesen würden, der seinerseits durch die Zuführung von Kapital in ein in Schwierigkeiten befindliches Unternehmen ein Risiko übernehmen musste.

(214)

Im vorliegenden Fall ist offensichtlich, dass der Staat den größten Teil (81,33 %) des Eigentums an der Landsbankinn erwarb und folglich auch einen Anteil gleicher Höhe an zukünftigen Gewinnen erhalten wird, während ehemalige Aktionäre nichts bekommen. Die jetzigen Minderheitsaktionäre, bei denen es sich um frühere Gläubiger handelt, werden in gewissem Umfang an zukünftigen Gewinnen teilhaben. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden sie jedoch, wie vorstehend dargelegt, noch erhebliche Verluste zu tragen haben.

(215)

Darüber hinaus war die Leistung der Landsbankinn seit ihrer Gründung ausreichend und der Umstrukturierungsplan sagt für die kommenden Jahre stabile Gewinne voraus. Aus diesem Grund ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Vorschriften aus Ziffer 26 der Umstrukturierungsleitlinien in Verbindung mit Ziffer 8 der Leitlinien zur Finanzkrise aus dem Jahr 2012 eingehalten worden sind.

(216)

Wie vorstehend bereits erläutert wurde, beinhaltet die Spkef-Transaktion zwar Elemente staatlicher Beihilfe, nach Auffassung der Überwachungsbehörde ist sie aber so aufgebaut, dass ein unmittelbarer finanzieller Vorteil für die Landsbankinn ausgeschlossen ist. Diesbezüglich erinnert sie daran, dass der endgültige Ausgleichsbetrag für die Übernahme der Einlagen der Spkef von einem unabhängigen Schiedsausschuss festgelegt wurde. Diese Transaktion stellt daher im Wesentlichen eine verhandelte Entschädigung der Landsbankinn für die Übernahme der Einlagenverbindlichkeiten der Spkef dar. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde kommt dieser Beihilfe keine große Bedeutung für die Beurteilung der Lastenverteilung zu. Der zusätzliche Geschäfts- und Firmenwert sowie der erhöhte Marktanteil, den die Landsbankinn durch diese Transaktion erwarb, wirkt sich jedoch stärker auf die nachfolgend vorgenommene Bewertung der Wettbewerbsverzerrungen aus.

(217)

Was schließlich die Einlagensicherung betrifft, so hat die Überwachungsbehörde bereits in der Eröffnungsentscheidung darauf hingewiesen, dass sie in Anbetracht der damals herrschenden außergewöhnlichen Umstände ein angemessenes Mittel zur Sicherung der finanziellen Stabilität in Island darstellen könnte. Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine solche Beihilfe nicht für unbegrenzte Zeit genehmigt werden kann.

(218)

Damit diese staatliche Beihilfe als auf das erforderliche Minimum begrenzt gelten kann, muss sie nach Ansicht der Überwachungsbehörde so bald wie möglich beendet werden. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Absicht der isländischen Behörden, die Einlagensicherung vor der Aufhebung der Kapitalkontrollen abzuschaffen. Laut aktueller Planung wird dies spätestens Ende 2013 der Fall sein.

(219)

Um Vorsorge für Verzögerungen bei der Aufhebung der Kapitalkontrollen zu treffen, aber auch ihre Auffassung zum Tragen zu bringen, dass eine rentable Bank ohne den Schutz einer solchen pauschalen Einlagensicherung im Wettbewerb auf dem Markt bestehen können muss, wird die Überwachungsbehörde daher die Einlagensicherung bis Ende 2014 bewilligen (61). Danach ist der Einlagenschutz nur durch die geltenden EWR-Rechtsvorschriften zu Einlagensicherungen zu regeln.

(220)

Die Überwachungsbehörde zieht den Schluss, dass der Umstrukturierungsplan der Landsbankinn sicherstellt, dass die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt ist und dass sich die Empfängerin, die Aktionäre und die Gläubiger der Vorgängerbank in wesentlichem Umfang an der Lastenverteilung beteiligt haben. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht also im Einklang mit Abschnitt 3 der Umstrukturierungsleitlinien.

3.4.   Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen

(221)

Die Umstrukturierungsleitlinien sehen in Abschnitt 4, Randnummer 29 bis 32, Folgendes vor:

"Die Finanzstabilität bleibt in Zeiten einer Systemkrise weiterhin das oberste Ziel von Beihilfen für den Finanzsektor, doch die kurzfristige Wahrung der systemischen Stabilität darf nicht dazu führen, dass gerecht ausgestaltete Wettbewerbsbedingungen und vom Wettbewerb bestimmte Märkte langfristig Schaden nehmen. In diesem Rahmen kommt Maßnahmen zur Begrenzung beihilfebedingter Wettbewerbsverzerrungen unter anderem aus den folgenden Gründen eine wichtige Rolle zu. […] Maßnahmen zur Begrenzung der Wettbewerbsverzerrungen sollten immer auf die spezifischen Probleme der Märkte zugeschnitten sein, auf denen die begünstigte, nach der Umstrukturierung wieder rentabel arbeitende Bank tätig ist, und gleichzeitig auf politisch kohärenten Prinzipien beruhen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit solcher Maßnahmen geht die Überwachungsbehörde zunächst von Umfang, Reichweite und Art der Geschäftstätigkeiten aus, denen die betreffende Bank bei Umsetzung eines plausiblen Umstrukturierungsplans im Einklang mit Abschnitt 2 nachgehen würde. […] Art und Form solcher Maßnahmen richten sich nach zwei Kriterien: erstens nach der Höhe der Beihilfe sowie den Bedingungen und Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, und zweitens nach den Merkmalen des Marktes bzw. der Märkte, auf dem bzw. denen die begünstigte Bank tätig sein wird.

Was das erste Kriterium angeht, werden die Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen je nach Höhe der Beihilfe, Umfang der Lastenverteilung und Höhe der Vergütung sehr unterschiedlich ausfallen. Je umfangreicher Lastenverteilung und Eigenbeitrag sind, desto geringer sind in der Regel die Folgen eines moralischen Risikos.

Was das zweite Kriterium angeht, wird die Überwachungsbehörde die voraussichtlichen Auswirkungen der Beihilfe auf den Märkten prüfen, auf denen die Bank nach der Umstrukturierung tätig sein wird. Zuallererst werden die Größe und die relative Bedeutung analysiert, die die Bank nach Wiederherstellung der Rentabilität auf dem entsprechenden Markt bzw. den entsprechenden Märkten haben wird. Die Maßnahmen werden im Interesse der Wahrung eines wirksamen Wettbewerbs unter Berücksichtigung der Merkmale des jeweiligen Marktes ausgestaltet. […] Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsbeschränkungen sollten die Chancen auf die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank nicht schmälern."

(222)

Daraus folgt, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen durch die Überwachungsbehörde der Umfang der Beihilfe, insbesondere unter relativen Aspekten, sowie die Merkmale des Marktes eine wesentliche Rolle spielen. Zugleich liegt auf der Hand, dass derartige Maßnahmen die Rentabilität des Empfängers von Umstrukturierungshilfe nicht gefährden dürfen. Die Auseinandersetzung mit Wettbewerbsfragen muss im Hinblick auf das oberste Ziel, die Wahrung der finanziellen Stabilität in der derzeitigen Krise, erfolgen.

(223)

Vor dem Hintergrund des oben umrissenen Rechtsrahmens erläutert die Überwachungsbehörde nachfolgend die Überlegungen, die ihres Erachtens für die Beurteilung der Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen wesentlich sind.

(224)

An erster Stelle steht für die Überwachungsbehörde die Überlegung, dass in Anbetracht der besonderen Lage auf den isländischen Finanzmärkten eine sorgfältige Bewertung der Marktbedingungen und des Wettbewerbsumfeldes erforderlich ist. Die Maßnahmen zur Beschränkung von Wettbewerbsverzerrungen sollten die derzeitigen schwierigen Umstände widerspiegeln, zugleich aber gewährleisten, dass Wettbewerbsverzerrungen sowohl kurz- als auch langfristig auf ein Minimum begrenzt werden.

(225)

An zweiter Stelle steht, dass, wie im Abschnitt über die Lastenverteilung bereits erläutert wurde, die Frage des größtmöglichen Beitrags der ehemaligen Eigentümer der Landsbanki, und in einem gewissen Umfang auch ihrer Gläubiger, gelöst wurde. Dementsprechend was es kaum notwendig, zusätzliche Wettbewerbsmaßnahmen durchzuführen.

(226)

Was drittens die besonderen Merkmale des maßgeblichen Markts und den oben beschriebenen Zusammenbruch des Finanzsystems in Island mit den anschließenden Interventionen der isländischen Behörden betrifft, so führten diese Ereignisse zu einer stärkeren Konzentration auf dem isländischen Markt für Finanzdienstleistungen. Der Marktanteil der drei Großbanken Íslandsbanki, Arion Bank und Landsbankinn wuchs erheblich. Daneben verbleiben nur wenige kleine Marktteilnehmer und die unmittelbaren Aussichten auf neue Markteintritte sind gering. Dies ist auf die bereits erwähnten Marktzutrittsschranken und die geringe Größe dieses Markts zurückzuführen, insbesondere aber auf die Kapitalkontrollen. Mit ihrem Marktanteil von über 30 % in den meisten Segmenten genießt die Landsbankinn auf diesem konzentrierten Markt eine äußerst wichtige Stellung. Hinsichtlich der Bilanzsumme ist sie die größte isländische Bank.

(227)

Die Krise löste viertens eine Reihe ganz eigener Probleme aus. Hierzu zählen der extrem hohe Grad mittel- und unmittelbaren Eigentums der Großbanken in der Realwirtschaft und das Auftreten eines de facto-Monopols bei IT-Dienstleistungen im Bankwesen (RB). Hier besitzen die drei Banken eine Mehrheitsbeteiligung.

(228)

Fünftens ist der relative Umfang der von der Landsbankinn empfangenen Beihilfe bedeutsam. Hier merkt die Überwachungsbehörde an, dass zu Beginn der Staat das gesamte Kapital der Bank zur Verfügung stellte. Darüber hinaus profitierte die Bank von anderen Beihilfemaßnahmen, nämlich der Spkef-Transaktion und der Einlagensicherung. Außerdem hatte die SpSV vor ihrer Übernahme durch die Landsbankinn Beihilfe erhalten. Gleichzeitig ist die Landsbankinn aber, zumindest nach internationalen Maßstäben, nach wie vor eine kleine Bank.

(229)

Sechstens erfordern die Übernahmen der Spkef und der SpSv zusätzliche Maßnahmen zum Schutz des Wettbewerbs. In der SpSv-Entscheidung hob die Überwachungsbehörde hervor, dass der Umstrukturierungsplan der Landsbankinn derartige Maßnahmen enthalten müsse.

(230)

Vor diesem Hintergrund stellt die Überwachungsbehörde fest, dass bereits Maßnahmen zur Begrenzung der durch die staatliche Beihilfe für die Landsbankinn verursachten Wettbewerbsverzerrungen getroffen wurden oder in Zukunft getroffen werden sollen.

i)   Von den isländischen Behörden unternommene oder zugesagte Maßnahmen und verordnungsrechtliche Entwicklungen

(231)

Die isländische Regierung ist im Einzelnen zwei Verpflichtungen eingegangenen (siehe Anhang), die nach Ansicht der Überwachungsbehörde zur Schaffung eines dem Wettbewerb auf den Finanzmärkten förderlichen, verordnungsrechtlichen Umfelds beitragen können.

(232)

Die erste Zusage betrifft die Bestellung einer Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Gesetzes Nr. 36/1978 über Stempelsteuern und insbesondere die Prüfung der Frage, ob Stempelsteuern auf von natürlichen Personen begebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einen Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) abgeschafft werden sollen. Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass das derzeitige Gesetz — das Kunden unter anderem bei einem Wechsel des Kreditgebers zur Zahlung der Stempelsteuer auf den Betrag der jeweiligen Schuldverschreibung (62) verpflichtet — eine Behinderung des Wettbewerbs darstellen könnte, weil es Kunden unter Umständen an bestehende, langfristige Kreditverträge fesselt. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Verpflichtung zur Überprüfung dieses Gesetzes.

(233)

Die Überwachungsbehörde nimmt zweitens zur Kenntnis, dass die Regierung gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung einen Ausschuss mit dem Auftrag zur Überprüfung des Verbraucherschutzes im Finanzmarkt bestellen wird. Dieser Auftrag wird einen Sonderauftrag zur Prüfung der Erleichterung und Kostensenkung für den Wechsel des Kreditgebers einschließen. Der Ausschuss soll in dieser Frage zudem eng mit der ICA zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorlegen. Eine solche genauere Bewertung könnte langfristig für den Wettbewerb von Vorteil sein. Bis dahin wird die nachfolgend erörterte, auf diese eine Bank bezogene Verpflichtung der Landsbankinn einen Beitrag zur Erleichterung des Kreditgeberwechsels leisten und damit den Wettbewerb stärken.

(234)

Die Überwachungsbehörde begrüßt die Einigung, die die Wettbewerbsbehörde ICA und die Eigentümer des RB, darunter auch die drei Großbanken, in dieser Frage erzielt haben, denn mit dieser Einigung wird die Sicherstellung des Zugangs zu grundlegenden IT-Infrastrukturen für kleine Wettbewerber und potenzielle Neuzugänge im Markt auf nicht diskriminierender Basis und zu angemessenen Kosten angestrebt. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass ihren u. a. in der zweiten Byr-Entscheidung (63) erhobenen Bedenken mit dieser Einigung angemessen Rechnung getragen wurde. Für die Überwachungsbehörde besteht also keine Notwendigkeit, sich in der derzeitigen Entscheidung mit dieser Frage näher zu befassen.

(235)

Die Überwachungsbehörde nimmt schließlich die seit 2008 vorgenommenen verordnungsrechtlichen Änderungen zur Kenntnis. Sie werden im Anhang erörtert. Hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Bedenken kommt der Einfügung von Artikel 22 in das Gesetz über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 besondere Bedeutung zu. Dieser Artikel schränkt die Beteiligung von Finanzunternehmen an Aktivitäten, die nicht in den Umfang ihrer Betriebslizenzen fallen, ein. Nach dieser neuen Vorschrift dürfen derartige Tätigkeiten nur vorübergehend zum Zweck des Abschlusses von Transaktionen oder zur Sanierung der Aktivitäten von Kunden verfolgt werden. Der FME muss eine mit Gründen versehene Mitteilung hierzu übermittelt werden. Außerdem wurden Fristen festgelegt, innerhalb derer die Finanzunternehmen die Sanierung ihrer Kunden und die Veräußerung eingezogener Vermögenswerte abschließen müssen.

(236)

Die Überwachungsbehörde betrachtet diese Änderung als angemessene verordnungsrechtliche Reaktion auf das Problem, dass Finanzinstitute unverhältnismäßig große Eigentumsanteile an der Realwirtschaft besaßen. Diese Bestimmung scheint für diese Situation Abhilfe zu schaffen und zu verhindern, dass diese Lage — die eine unmittelbare Folge der Schulden-Swaps ist — zum Dauerzustand wird.

ii)   Besonders auf die Landsbankinn ausgerichtete Maßnahmen

(237)

Die Überwachungsbehörde hebt hervor, dass Marktpräsenz und Größe der Landsbankinn nur einem Bruchteil der Marktpräsenz und Größe der Landsbanki erreichen, da, wie oben erläutert, die gesamten Vermögenswerte um 75 % verringert wurden. Außerdem ist die Landsbanki im Gegensatz zur Landsbanki nur auf dem isländischen Markt tätig. Obgleich der größte Teil dieser Verkleinerung auf die Liquidation des internationalen Geschäftsbetriebs der Landsbanki zurückzuführen ist, vertritt die Überwachungsbehörde nichtsdestotrotz die Ansicht, dass dieser Vorgang im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen von besonderer Bedeutung ist. Schließlich war es die von der Landsbanki in ihrem Auslandsgeschäft verfolgte, riskante Strategie, die zu ihrem Zusammenbruch führte und in der Vergangenheit Verwerfungen in den Finanzmärkten des EWR hervorrief. (64)

(238)

Darüber hinaus begrüßt die Überwachungsbehörde die Verpflichtungen der Landsbankinn (siehe Anhang), ihre Präsenz im Inlandsmarkt durch Ausgliederungen im Zusammenhang mit […] um weitere […] zu verringern. Darüber hinaus nimmt die Überwachungsbehörde zur Kenntnis, dass sich die Landsbankinn verpflichtet hat, im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums […] Zweigstellen zu schließen. Auf der Grundlage des endgültigen Umstrukturierungsplans und eingedenk dessen, dass die Landsbankinn nach EWR-Standards eine kleine Bank ist, stimmt die Überwachungsbehörde mit der Landsbankinn darin überein, dass weitere Strukturmaßnahmen die Aussichten der Bank auf die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität gefährden könnten. (65)

(239)

Die Überwachungsbehörde nimmt die Verpflichtung der Landsbankinn, bis zum 15. Dezember 2014 nur mit vorheriger Zustimmung der Überwachungsbehörde Finanzinstitute zu erwerben, zur Kenntnis. Dies bedeutet, dass eine weitere, durch Aufkäufe der Landsbankinn verursachte Konzentration des isländischen Finanzmarkts verhindert werden kann. Mit diesem Verpflichtungsangebot wird auch sichergestellt, dass die der Landsbankinn gewährte Beihilfe zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität und nicht zur Festigung und weiteren Ausdehnung ihrer Marktpräsenz in Island verwendet werden wird. Dies gilt ebenso für die Verpflichtung der Landsbankinn, bis zum 15. Oktober 2014 weder bestehende Klauseln zu vollstrecken noch neue Vertragsklauseln einzuführen, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrechterhalten wird, sowie für die Verpflichtung, sich bei der Vermarktung ihrer Leistungen nicht auf das staatliche Engagement berufen, um daraus einen Vorteil im Wettbewerb zu ziehen.

(240)

Wie oben bereits dargelegt wurde, stellt der isländische Finanzmarkt zurzeit für jede Bank ein Arbeitsumfeld voller Herausforderungen dar. Die Überwachungsbehörde begrüßt folglich die Verpflichtungen der Landsbankinn zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und zur Erbringung grundlegender Dienstleistungen für die Zahlungsabwicklung. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen in Verbindung mit der oben erwähnten, zwischen den drei Großbanken und der ICA getroffenen Vereinbarung über RB sicherstellen, dass kleinere Marktteilnehmer zu angemessenen Preisen Zugang zu grundlegenden Infrastruktureinrichtungen und Dienstleistungen erhalten, ohne dass die größeren Marktteilnehmer ihnen den Zugang versperren können. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde werden damit die Hemmschwellen für zukünftige (potenzielle) Marktteilnehmer gesenkt. Bestehende kleinere Marktteilnehmer könnten durch diese Maßnahmen die Möglichkeit zur Vergrößerung ihres Marktanteils erhalten, wenn sie bessere Dienstleistungen als ihre großen Wettbewerber anbieten können. Darüber hinaus werden die Maßnahmen zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen zu einem schärferen Wettbewerb zwischen den bestehenden großen Marktteilnehmern beitragen und könnten somit auch daran mitwirken, eine mögliche gemeinsame Marktdominanz zu verhindern oder zu beseitigen.

(241)

Die Landsbankinn verpflichtet sich schließlich auch zum möglichst baldigen Verkauf ihrer Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie gemäß Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 aufgrund von Umstrukturierungen übernahm. Sie verpflichtet sich, die in dieser Vorschrift festgelegten Verfahren und Fristen einzuhalten und auf ihrer eigenen oder der Website einer Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über zum Verkauf gehaltene Tochtergesellschaften und Beteiligungen bereitzustellen. Die Landsbankinn verpflichtete sich darüber hinaus, innerhalb bestimmter Fristen während des Umstrukturierungszeitraums […] zu verkaufen.

(242)

Die Überwachungsbehörde begrüßt die allgemeine Verpflichtung der Landsbankinn, so bald wie möglich alle nicht mit ihrem Kerngeschäft zusammenhängenden Unternehmen und Beteiligungen abzustoßen. Damit wird nicht nur den möglichen wettbewerbsrechtlichen Bedenken begegnet, die sich aus ihrem Status als derart beherrschender Eigentümerin in der isländischen Realwirtschaft ergeben, sondern auch eine Gefahr für die Rentabilität der Bank abgewendet.

(243)

Damit wird die Aufmerksamkeit der isländischen Behörden und der Landsbankinn darauf gelenkt, dass aufgrund der genannten Verpflichtungen ein Verstoß gegen nationales Gesetz auch einen Missbrauch von Beihilfe beinhalten könnte. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass mit der Vorschrift über die Aufnahme von Angaben über vorgesehene Ausgliederungen und Verkäufe in die Website mehr Transparenz bezüglich der derzeitigen Eigentumsverhältnisse in der isländischen Wirtschaft geschaffen wird. Damit wird, zumindest zu einem gewissen Grad, dieses besondere wettbewerbsrechtliche Problem, das derzeit typisch für die isländischen Märkte ist, ausgeräumt.

(244)

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass die oben beschriebenen Maßnahmen den wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Problemen, die die Überwachungsbehörde in Zusammenarbeit mit der ICA festgestellt hat, begegnen. Unter Berücksichtigung des obersten Ziels, der finanziellen Stabilität, gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass Wettbewerbsverzerrungen durch diese Verpflichtungen in einem zufriedenstellenden Umfang eingedämmt werden. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht folglich im Einklang mit Abschnitt 4 der Umstrukturierungsleitlinien.

III.   SCHLUSSFOLGERUNG

(245)

Auf der Grundlage der vorstehenden Würdigung und unter Berücksichtigung des von den isländischen Behörden eingereichten Umstrukturierungsplans für die Landsbankinn sind die in der Eröffnungsentscheidung geäußerten Zweifel der Überwachungsbehörde hinsichtlich der Beschaffenheit und der beihilferechtlichen Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen für die Landsbankinn ausgeräumt. Darüber hinaus erhebt die Überwachungsbehörde keine Einwände gegen die Spkef-Transaktion und genehmigt die Beihilfe, die die SpSv erhalten hat. Die Überwachungsbehörde genehmigt die Beihilfemaßnahmen daher als Umstrukturierungsbeihilfe, die nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist, sofern Island und die Landsbankinn die im Anhang dargelegten Verpflichtungen einhalten —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das anfängliche Betriebskapital, die endgültige Kapitalausstattung der Landsbankinn durch den Staat sowie die Spkef-Transaktion und die Einlagensicherung stellen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar.

Artikel 2

Da die isländischen Behörden ihrer Verpflichtung nach Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3, die Beihilfen vor deren Durchführung bei der Überwachungsbehörde anzumelden, nicht nachgekommen sind, stellen die in Artikel 1 genannten Maßnahmen ab dem Tag ihrer Einführung bis zum Tag dieser Entscheidung rechtswidrige staatliche Beihilfen dar.

Artikel 3

Die in Artikel 1 aufgezählten Maßnahmen sowie die in den Sparkassenbeschlüssen beschriebenen Maßnahmen zugunsten der SpSv sind nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommen vereinbar, sofern die im Anhang dargelegten Verpflichtungen eingehalten werden. Die Genehmigung der Einlagensicherung ist befristet und läuft Ende 2014 aus.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 5

Nur die englische Sprachfassung dieser Entscheidung ist verbindlich.

Brüssel, den 11. Juli 2012

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Oda Helen SLETNES

Präsidentin

Sverrir Haukur GUNNLAUGSSON

Mitglied des Kollegiums


(1)  Das vorliegende Dokument wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. In dieser öffentlichen Fassung wurden bestimmte Informationen zur Wahrung ihres vertraulichen Charakters ausgelassen. Diese Stellen sind durch […] gekennzeichnet oder es wird mit Hilfe einer in eckige Klammern gesetzten Bandbreite ein nicht vertraulicher Näherungswert der maßgeblichen Zahl angegeben.

(2)  Eine ausführlichere Beschreibung des Verfahrens ist der Eröffnungsentscheidung zu entnehmen, auf die in Fußnote 3 Bezug genommen wird.

(3)  Entscheidung der Überwachungsbehörde Nr. 493/10/COL vom 15. Dezember 2010 zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens bezüglich der staatlichen Beihilfe für die Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Landsbanki Islands hf und die Errichtung und Kapitalausstattung der New Landsbanki Islands (NBI hf) (inzwischen umbenannt in Landsbankinn), ABl. C 41 vom 10.2.2011, S. 31 und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 7 vom 10.2.2011, S. 26.

(4)  Am gleichen Tag wurde auch die Glitnir Bank unter Insolvenzverwaltung gestellt. Die Kaupthing Bank folgte zwei Tage später am 9.10.2008. Im Bericht des SIC (siehe Erwägungsgrund 14 und Fußnote 4 der vorliegenden Entscheidung) gelangt man zu dem Schluss (Kapitel 21 Seite 86), dass ein Schlüsselproblem darin bestand, dass der Landsbanki ungeachtet ihrer Liquidität in ISK nicht genügend Devisen zur Verfügung standen, um ihre Verpflichtungen im Ausland erfüllen zu können. In dem Bericht hielt man es auch für bemerkenswert, dass ein Kredit in Höhe von 153 Mio. EUR an den (obengenannten) Hauptaktionär nur wenige Tage vorher erteilt worden war. Hierzu sagt der Bericht, es sei folglich „apparent that the principal owners of Landsbanki were not interested in or capable of helping the bank out of the difficult position that had arisen“ [offensichtlich, dass die Hauptaktionäre der Landsbanki nicht daran interessiert oder nicht in der Lage waren, der Bank aus der eingetretenen schwierigen Lage herauszuhelfen,.

(5)  Mitglieder des Sonderuntersuchungsausschusses SIC sind der Richter am Obersten Gerichtshof, Herr Páll Hreinsson, der parlamentarische Bürgerbeauftragte Islands, Herr Tryggvi Gunnarsson, und die Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Yale University, USA, Frau Sigríður Benediktsdóttir Ph.D. Der Bericht steht in isländischer Sprache in voller Länge unter http://rna.althingi.is/ zur Verfügung. Die in die englische Sprache übersetzten Teile (einschließlich der Zusammenfassung und Bemerkungen und des Kapitels über die Ursachen des Zusammenbruchs der Banken) können unter http://sic.althingi.is/ eingesehen werden

(6)  Isländische Króna.

(7)  Die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner stieg innerhalb von sechs Monaten um 11,4 Mrd. EUR von 9,3 Mrd. EUR auf 20,7 Mrd. EUR.

(8)  Kapitel 21.2.1.2 (Seite 6) des Berichts.

(9)  Tatsächlich war es erklärte Politik der damaligen Regierungskoalition, mehr Wachstum zu fördern und den Banken Anreize zu bieten, ihren Hauptsitz in Island beizubehalten.

(10)  Kapitel 2, Seite 5 des Berichts.

(11)  Weitere allgemeine Einzelheiten zu den von den isländischen Behörden getroffenen Maßnahmen sind dem Bericht des Finanzministers an das Parlament über die Wiederrichtung der Geschäftsbanken vom Mai 2011 zu entnehmen (Skýrsla fjármálaráðherra um endurreisn viðskiptabankanna), verfügbar unter http://www.althingi.is/altext/139/s/-pdf/1213.pdf.

(12)  Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw.

(13)  Siehe auch den Jahresbericht 2009 der FME (Juli 2008 bis Juni 2009), unter: http://en.fme.is/media/utgefid-efni/FME-Annual-Report-2009.pdf.

(14)  Weitere Übernahmen von Finanzunternehmen sollten folgen. Im März 2009 übernahm die FME die Kontrolle über das operative Geschäft der drei Finanzunternehmen Straumur-Burdaras, Reykjavik Savings Bank (SPRON) und Sparisjodabanki Íslands (Icebank) und traf Entscheidungen über die Veräußerung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten dieser Unternehmen. Eine Vergleichsvereinbarung mit den Gläubigern von Straumur wurde zwar genehmigt, aber für SPRON und Sparisjodabanki wurden Liquidationsverfahren durchgeführt. Auch andere Finanzunternehmen wurden vom Zusammenbruch der drei wichtigsten Geschäftsbanken und den auf den Finanzmärkten vorherrschenden Unsicherheiten stark in Mitleidenschaft gezogen. So wurden im Jahr 2010 weitere Finanzunternehmen der öffentlichen Verwaltung unterstellt. Im März 2010 bestellte die FME einen vorläufigen Vorstand für die VBS Investment Bank. Im April 2010 übernahm die FME die Kontrolle über die Keflavík Savings Bank und die Byr Savings Bank und legte fest, dass deren operatives Geschäft von neuen Finanzunternehmen, der SpKef Savings Bank bzw. der Byr hf, übernommen werden sollte. Da sich die Finanzlage dieser neuen Unternehmen als schlechter erwies als ursprünglich angenommen, wurde die SpKef später mit der Landsbankinn verschmolzen und die Byr hf wurde nach einer Ausschreibung der Byr-Aktien mit der Íslandsbanki zusammengelegt. Die isländischen Behörden wurden darüber hinaus 2009 zur Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten der Saga Capital Investment Bank und 2011 des Housing Financing Fund in Anspruch genommen.

(15)  Als Beispiel für die Größenordnung des außerordentlichen Wertverlustes sei hier der Anstieg des durchschnittlichen monatlichen Wechselkurses des Euro zur isländischen Króna genannt. Er stieg von 90,71 ISK im Dezember 2007 auf 184,64 ISK im November 2009.

(16)  In den Jahren von 2009 bis 2011 betrug der Anteil der Investitionen am BIP nur 13-14 %.

(17)  Unter Handelsbilanz ist die Differenz zwischen den Erlösen aus Aus- und Einfuhren von Waren und Dienstleistungen zu verstehen. Der Saldo der Primäreinkommen aus dem Ausland ist darin nicht enthalten. Er war in den letzten Jahren, insbesondere seit 2008, negativ. Die bedeutet, dass die Leistungsbilanz Islands insgesamt trotz des Überschusses in der Handelsbilanz in den letzten Jahren negativ war, obgleich seit 2009 ein spürbarer Rückgang zu verzeichnen ist.

(18)  Informationen zu diesem Thema sind beispielsweise dem Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi vom März 2012 über die zukünftige Struktur des isländischen Finanzsystems, „Future Structure of the Icelandic Financial System“, zu entnehmen. Nach Aussage des Ministeriums wird dieser Bericht als Katalysator für eine informierte Diskussion über dieses wichtige Thema betrachtet. Er stellt keine vollständig ausgeformten Vorschläge vor, sondern gibt unter Bezugnahme auf internationale Entwicklungen einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen und Perspektiven. Der Bericht steht unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf zur Verfügung.

(19)  Die Rückführung der Einlagensicherungen auf normale Bedingungen bezieht sich nicht nur auf die Abschaffung der staatlichen Deckung für derartige Garantien, sondern auch auf eine Überprüfung der Bestimmungen des Notstandsgesetzes, nach denen Einlagen, die unter eine Einlagensicherung fallen, bei der Liquidation eines Finanzunternehmens Vorrang haben. Dies beinhaltet einen erheblichen Vorteil für Einleger, nicht zuletzt weil den Menschen der Bankenkollaps von 2008 noch frisch in Erinnerung ist. Andererseits stellt diese Bestimmung für die Banken ein Handicap bei der Diversifizierung ihrer Finanzierungsvereinbarungen dar.

(20)  Siehe Kapitel 9 des in Fußnote 25 zitierten Berichts des Wirtschaftsministers. Bei der Vorstellung dieses Berichts bestellte der Wirtschaftsminister auch eine Gruppe von Bankexperten unter Beteiligung ausländischer Sachverständiger. Ihnen wurde die Aufgabe übertragen, Vorschläge für einen umfassenden gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Rahmen für den gesamten isländischen Finanzmarkt zu erarbeiten. Ausweislich dieses Berichts planen die isländischen Behörden auch die Prüfung anderer zukünftiger Optionen. Hierzu gehören die mögliche Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanktätigkeiten, die Einführung von Rechtsvorschriften für Finanzstabilität und die mögliche Änderung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Regulierungsbehörden für Finanzdienstleistungen. Aus den Stellungnahmen der isländischen Behörden geht auch hervor, dass eine Überprüfung des Rahmens für die Geld- und Währungspolitik weiterhin auf der Tagesordnung steht, sei es mit oder ohne den möglichen Beitritt Islands zur Europäischen Union. Auch weitere Möglichkeiten, die Wirtschaftsführung zu verbessern und sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörden „trotz der Bäume den Wald noch sehen“ und die am besten geeigneten Instrumente gegen Systemrisiken anwenden, stehen auf der Agenda.

(21)  Siehe Kapitel 6 des Berichts des Wirtschaftsministers an das Althingi „The Future Structure of the Icelandic Financial System“, unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/publications/news/nr/3559

(22)  Seit dem Herbst 2008 sind mehrere Finanzunternehmen vom Markt verschwunden (zusätzlich zu den „alten“ großen Geschäftsbanken Glitnir, Kaupthing und Landsbanki), nämlich die Sparisjóðabanki Íslands (ehemals Icebank), die Reykjavik Savings Bank (SPRON), die Sparisjóður Mýrarsýslu (Myrarsysla Savings Bank, SPM), die VBS Investment Bank und die Askar Capital Investment Bank. Das operative Geschäft der Straumur-Burdaras Investment Bank und der Saga Capital Investment Bank ist ebenfalls erheblich zurückgegangen.

(23)  Am 11. April 2011 genehmigte die Hauptversammlung der Bank einen Vertrag über den Verkauf des operativen Geschäfts der (alten) MP Bank in Island und Litauen. Bei dieser Gelegenheit investierten über 40 neue Aktionäre 5,5 Mrd. ISK in neue Aktien der Bank. Andere Geschäftsbereiche der alten Bank verblieben bei den vorherigen Eigentümern und wurden an einen neuen Rechtsträger, EA fjárfestingarfélag hf, übertragen. Weitere Einzelheiten sind der Pressemitteilung der Bank vom 11. April 2011 unter https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1511 und https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1510 zu entnehmen.

(24)  Laut Vergleich stimmten RB und dessen Eigentümer einer Reihe von Verpflichtungen zu, deren Ziel die Verhinderung von durch den Geschäftsbetrieb von RB und die Zusammenarbeit seiner Eigentümer ausgelösten Wettbewerbsverzerrungen ist. Die Verpflichtungen schreiben unter anderem vor, dass RB nach allgemeinen Geschäftsbedingungen und unabhängig von seinen Eigentümern zu betreiben ist, dass die Mehrheit im Vorstand von RB aus von den Eigentümern unabhängigen Spezialisten bestehen soll, dass der Zugang zu den Dienstleistungen von RB nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu gewähren ist und dass die Bedingungen für die von RB erbrachten Dienstleistungen für alle Kunden gleich sein müssen, ungeachtet dessen, ob der Kunde RB-Aktionär ist oder nicht. Die bestehenden RB-Eigentümer verpflichteten sich, einen Teil ihrer Beteiligung an RB regelmäßig zum Verkauf anzubieten, um Unternehmen, die keine Finanzunternehmen sind, den Erwerb von Eigentum an RB zu erleichtern. Diese Angebote müssen mindestens jedes zweite Jahr erfolgen, bis mindestens ein Drittel der gesamten Beteiligungen an RB an andere Parteien als die jetzigen Aktionäre verkauft oder in einem Aktienangebot zum Verkauf angeboten worden ist.

(25)  Die Wettbewerbsbehörde ICA verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaften“ für die Beteiligungen der Banken an normalerweise nicht im Finanzgewerbe tätigen Betrieben, die die Banken im Zusammenhang mit der Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios durch Schulden-Swaps oder auf anderem Weg erworben haben. Die Überwachungsbehörde verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaft“ ebenfalls für realwirtschaftliche Unternehmen, die nicht Bestandteil des Kerngeschäfts der Bank in den Finanzmärkten bilden.

(26)  In diesem Zusammenhang versteht die Überwachungsbehörde unter mittelbarem Eigentum die Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Bank gegenüber Unternehmen, die sich aus deren hoher Verschuldung bei der Bank ergeben.

(27)  Jahresbericht 2007, Seite 10. Verfügbar unter: http://www.lbi.is/library/Opin-gogn/pdf/landsbanki_annual_report_2007.pdf?bcsi_scan_A7E1E556D7B2F94D=aB9LkrKRu+y0xx3fim/JyUDnRB0bAAAANp6SAg==&bcsi_scan_filename=landsbanki_annual_report_2007.pdf

(28)  Jahresbericht 2007, S. 61.

(29)  Geldbeträge werden in diesem Abschnitt zuerst in der Währung genannt, in der das Kapital bereitgestellt wurde. Anschließend wird in Klammern der entsprechende Betrag in ISK bzw., wenn der betreffende Betrag von den isländischen Behörden bereitgestellt wurde, in Euro genannt.

(30)  Die Definition von Kernkapital beinhaltet nur Eigenkapital, d. h. Aktienkapital und Gewinnrücklagen, nicht aber nachrangige Kredite oder anderer Arten hybrider Finanzinstrumente.

(31)  Am 15.6.2012, also eher als erwartet, kündigte die Landsbankinn an, dass sie mit der Rückzahlung von diesen Schuldverschreibungen (bzw. Teilen davon) an die Landsbanki beginnen würde. Siehe http://www.landsbankinn.com/news-and-notifications/2012/06/15/Landsbankinn-starts-to-repay-bond-before-schedule/.

(32)  Die bedingte Schuldverschreibung ist mit der Bewertung und Leistung bestimmter Referenzaktiva verknüpft. Soweit die Werte dieser Referenzaktiva am 31.12.2012 höher sind als zum Zeitpunkt der Vertragsschließung geschätzt, soll die alte Bank mit der bedingten Schuldverschreibung für diese Differenz entschädigt werden. Entspricht die Differenz zwischen den an diesen beiden Daten vorgenommenen Bewertungen Null oder einem negativen Betrag, so wird der neue Hauptforderungssaldo mit Null angesetzt und die bedingte Schuldverschreibung wird annulliert. Ist der Wert hingegen positiv, wird die bedingte Schuldverschreibung zu diesem Wert ausgegeben und die Landsbanki gibt ihre Beteiligung in dem Umfang, in dem der positive Wert kleiner als der Wert der Beteiligung ist, ganz oder teilweise an die Landsbankinn ab.

(33)  ABl. L 84 vom 26.3.1997, S. 22.

(34)  ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 5.

(35)  Die englische Übersetzung der Erklärung kann unter der folgenden Adresse eingesehen werden: http://eng.forsaetisraduneyti.is/news-and-articles/nr/3033.

(36)  http://www.efnahagsraduneyti.is/frettir/frettatilkynningar/nr/2842

http://www.efnahagsraduneyti.is/frettir/frettatilkynningar/nr/3001. Der Wirtschaftsminister nahm kürzlich in einem Interview mit dem Viðskiptablaðið vom 2.12.2010, Seite 8 auf diese Erklärung Bezug: „[The declaration] will be withdrawn in due course. We do not intend to maintain unlimited guarantee of deposits indefinitely. The question when it will be withdrawn depends, however, on when an alternative and effective deposit system will come into force and a financial system which will have fully resolved its issues“ (englische Übersetzung der Überwachungsbehörde). [[Die Erklärung] wird zu gegebener Zeit zurückgezogen werden. Wir haben nicht die Absicht, für alle Zeiten unbegrenzte Einlagensicherungen aufrecht zu erhalten. Die Frage, wann die Erklärung zurückgezogen wird, hängt jedoch davon ab, wann ein alternatives, effektives Einlagensystem und ein Finanzsystem, für dessen Probleme eine umfassende Lösung gefunden wurde, in Kraft getreten sein wird.]

(37)  Der maßgebliche Absatz ist in Abschnitt 16 (Seite 6) des Schreibens zu finden: http://www.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Letter_of_Intent_2nd_review_-_o.pdf

(38)  http://hamar.stjr.is/Fjarlagavefur-Hluti-II/GreinargerdirogRaedur/Fjarlagafrumvarp/2011/Seinni_hluti/Kafli_8.htm [Mbl 10.6.2012].

(39)  Von der Überwachungsbehörde angefertigte, nicht amtliche Übersetzung einer Erklärung, über die am 10. Juni 2012 im Morgunblaðið berichtet wurde (www.mbl.is).

(40)  Siehe http://www.fjarmalaraduneyti.is/frettatilkynningar/nr/15527.

(41)  Unter „Eigenkapitalrendite“ wird hier die Eigenkapitalrendite nach Steuern verstanden.

(42)  Der Bericht der Icelandic State Financial Investments (ISFI) für 2011 (über das operative Geschäft der Banken) gelangt zu einem ähnlichen Schluss. Nach diesem Bericht ist die „Kernertragskraft“ der Landsbankinn sogar noch höher. Siehe http://www.banka-sysla.is/files/SkyrslaBR_2011_net_74617143.pdf

(43)  Siehe die Vorschrift Nr. 317 vom 25.4.2006 der CBI über die Liquiditätsquoten unter http://www.sedla-banki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=4713

(44)  Die wichtigsten isländischen Banken erklärten sich einverstanden, allen überschuldeten Kunden eine Hypothekenanpassung auf 110 % anzubieten, d. h. die Hauptforderung der Hypothek wird auf 110 % des eingetragenen Wertes der Immobilie festgesetzt.

(45)  Eine genaue Beschreibung ist in Kapitel 3 der vorliegenden Entscheidung enthalten.

(46)  Siehe diesbezüglich das Urteil des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen T-425/04, T-444/04, T-450/04 und T-456/04 Frankreich u. a../. Kommission, Urteil vom 21. Mai 2010, Slg. [2010] II-02099, Randnummer 283 (im Berufungsverfahren) sowie die Stellungnahme des Generalanwalts Mengozzi in der Berufungssache, d. h. Rechtssache C-399/10, Bouygues, Randnummer 47, in der er diese Bedingung als für die Feststellung staatlicher Beihilfe zu eng gefasst erachtet.

(47)  Siehe beispielsweise T-228/99 WestLB [2003] Slg.-435.

(48)  Siehe beispielsweise die Entscheidung der Kommission vom 10.10.2008 in der Rechtssache NN 51/2008, Garantieregelung für Banken in Dänemark, Erwägungsgrund 32, und die Entscheidung der Kommission vom 21.10.2008 in der Rechtssache C 10/2008 IKB, Erwägungsgrund 74.

(49)  Siehe die Entscheidung der Überwachungsbehörde Nr. 205/09/COL vom 8.5.2009 über die Beihilferegelung für die befristete Rekapitalisierung grundsätzlich gesunder Banken zur Förderung der Finanzstabilität und der Kreditvergabe an die Realwirtschaft (Norwegen) unter: http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16694&1=1

(50)  Siehe in diesem Zusammenhang die Argumentation der Europäischen Kommission bezüglich der von Lieferanten einer in Schwierigkeiten geratenen Firma getätigten Investitionen laut Beschluss der Kommission vom 20. April 2011 über die mutmaßliche Beihilfe C 4/10 (ex NN 64/09) für das Unternehmen Trèves in Frankreich.

(51)  Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi vom März 2012 über die zukünftige Struktur des isländischen Finanzsystems, „Future Structure of the Icelandic Financial System“, Kap. 9.6, verfügbar unter: http://eng.atvinnuvegaraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf

(52)  Die Überwachungsbehörde weist in diesem Zusammenhang auf eine Stellungnahme des Gouverneurs der CBI hin, der im Vorwort des Finanzstabilitätsberichts der Bank für die zweite Jahreshälfte 2010 erklärt; dass „financial institutions' capitalisation is currently protected by the capital controls and the Government's declaration of deposit guarantee“ [die Kapitalausstattung der Finanzinstitute wird zurzeit durch die Kapitalkontrollen und die Regierungserklärung zur Einlagensicherung geschützt]. Siehe http://www.sedlabanki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=8260, S. 5. Siehe auch die Kommissionsbeschlüsse NN 48/2008 — Garantieregelung für Banken in Irland, Ziffer 46 und 47: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn048-08.pdf; und NN51/2008 Garantieregelung für Banken in Dänemark: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn051-08.pdf

(53)  Siehe hierzu die Rechtssache 730-79 Philip Morris./. Kommission [1980] Slg. 2671.

(54)  Siehe Teil VIII der Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen. Temporary rules regarding financial crisis. [Übergangsregeln im Hinblick auf Finanzkrisen] The application of state aid rules to measures taken in relation to financial institutions in the context of the current global financial crisis. [Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise] unter http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16604&1=1.

(55)  Wiederherstellung der Rentabilität und Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften, die von der Überwachungsbehörde am 25.11.2009 in Kapitel VII eingeführt wurden. Kapitel VII trägt die Überschrift: Temporary Rules regarding the Financial Crisis, as extended by the Financial Crisis Guidelines 2012. [Übergangsregeln im Hinblick auf die Finanzkrise, erweitert durch die Leitlinien zur Finanzkrise 2012.] Auf der Website der Überwachungsbehörde verfügbar unter: http://www.eftasurv.int/media/state-aid-guidelines/Part-VIII---Return-to-viability-and-the-assessment-of-restructuring-measures-in-the-financial-sector.pdf.

(56)  Am 1. Januar 2011 traten neue, von der CBI eingeführte Vorschriften zum Fremdwährungssaldo in Kraft. Mit den Vorschriften wird das Ziel verfolgt, das Devisenrisiko zu verringern, indem man verhindert, dass die Fremdwährungssalden bestimmte festgelegte Grenzen überschreiten. Zu den bedeutendsten Veränderungen gegenüber früheren Fassungen der Vorschriften gehört die Senkung der zulässigen offenen Devisenpositionen in den einzelnen Währungen von 20 % auf 15 % des Eigenkapitals. Außerdem wurde der zulässige Gesamtfremdwährungssaldo von 30 % auf 15 % verringert. Die Berichte zu den Fremdwährungssalden werden ebenfalls detaillierter gestaltet als zuvor, denn nun werden in Fremdwährungen lautende Vermögenswerte und Verbindlichkeiten nach Typ, d. h. nach Krediten, Schuldverschreibungen, Eigenkapitaltiteln, Anteilen an offenen Investmentfonds, Einlagen, verzinslichen Vereinbarungen, Schulden bei der Zentralbank usw. eingeteilt. Sollte der Fremdwährungssaldo von den in den Vorschriften festgelegten Grenzen abweichen, muss das betreffende Finanzunternehmen Maßnahmen zur Beseitigung der Differenz innerhalb einer Frist von höchstens drei Geschäftstagen treffen. Wird dies mit den Maßnahmen des Finanzunternehmens nicht erreicht, kann die CBI Zwangsgelder berechnen. Die CBI hat zudem Schritte zur Eingrenzung von Ungleichgewichten bei den Devisen unternommen. Beispielsweise schloss sie mit einer der Geschäftsbanken eine Währungsswapvereinbarung und kaufte Devisen auf. Nach Aussage der CBI erhöhen diese Maßnahmen die finanzielle Stabilität und verstärken die Devisen-Eigenreserven der CBI.

(57)  Vgl. http://www.bis.org/press/p120412a.htm.

(58)  Vgl. beispielsweise den Bericht der CBI zur Finanzstabilität 2011-12. Laut dieses Berichts ist die Zinsmarge in Island etwa zwei- bis dreimal höher als in anderen nordischen Ländern.

(59)  Das genaue Ausmaß der Verluste ist noch ungewiss. Es fällt je nach Position auf der Rangliste unterschiedlich aus. Ein Hinweis auf die Verluste laut aktueller Schätzungen lässt sich aus http://www.lbi.is/library/Opin-gogn/skyrslan/Opna%20netið%20-%20CreditorsMeeting_31Mai2012%20-%20íslenskaME.pdf ableiten. Laut dieses Protokolls sind die Verbindlichkeiten etwa dreimal höher als das Massevermögen.

(60)  Financial crisis Guidelines 2012 [Leitlinien zur Finanzkrise 2012], von der Überwachungsbehörde in Kapitel VII Temporary Rules regarding the Financial Crises [Übergangsregeln im Hinblick auf die Finanzkrise] eingeführt Auf der Website der Überwachungsbehörde verfügbar unter: http://www.eftasurv.int/media/state-aid-guidelines/Part-VIII---Financial-Crisis-Guidelines-2012.pdf. Unterstreichung hinzugefügt.

(61)  Ende 2014 werden die Umstrukturierungsfristen aller isländischen Banken, für die förmliche Prüfverfahren eingeleitet wurden, auslaufen.

(62)  Die Stempelsteuer fällt je nach Rechtsdokument unterschiedlich hoch aus, beträgt aber normalerweise 15 ISK für jede angefangenen Tausend ISK (d. h. etwa 1,5 %) des Betrags der durch eine Hypothek oder eine andere Sicherheit besicherten verzinslichen Schuldverschreibungen.

(63)  Entscheidung Nr. 325/11/COL vom 19.10.2011.

(64)  Vgl. beispielsweise den Kommissionsbeschluss in der Rechtssache SA.28264, Umstrukturierungsbeihilfe für die Hypo Real Estate, in dem die Kommission die Abtrennung eines großen Teil des Auslandsgeschäfts der Hypo Real Estate als Maßnahme zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen für die Nachfolgerin der Bank, die PBB, akzeptierte.

(65)  Aus den gleichen Gründen akzeptiert die Überwachungsbehörde, dass die Ausgliederungen der Bedingung unterliegen, dass […].


ANHANG

VERPFLICHTUNGEN UND EINSCHLÄGIGE ÄNDERUNGEN AM RECHTSRAHMEN FÜR DAS BANKWESEN

1.   VERPFLICHTUNGEN DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

Die isländischen Behörden sind zwei Verpflichtungen eingegangen. Diese sind nachstehend aufgeführt.

Änderung der Stempelsteuer zur Verhinderung staatlicher Beihilfen und zur Senkung der Kosten bei einem Wechsel der Bank

Das Finanzministerium wird eine Arbeitsgruppe einsetzen und sie damit beauftragen, das Gesetz Nr. 36/1978 über Stempelsteuern zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe wird dem Finanzminister bis zum Oktober 2012 einen Bericht sowie einen Gesetzentwurf vorlegen. Zu den Aufgabengebieten der Arbeitsgruppe wird insbesondere die Prüfung der möglichen Abschaffung von Stempelsteuern auf von natürlichen Personen begebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einem Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) gehören. Die Arbeitsgruppe soll ferner untersuchen, wie die Stempelsteuervorschriften geändert werden könnten, um das Verfahren zu vereinfachen und den Wettbewerb zu fördern.

Maßnahmen zur Erleichterung eines Bankwechsels und zur Senkung der dabei anfallenden Kosten

Gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung wird die Regierung einen Ausschuss bestellen mit dem Auftrag, den Verbraucherschutz auf dem Finanzmarkt zu prüfen und Vorschläge zur Stärkung der Position natürlicher Personen und Haushalte gegenüber Kreditinstituten vorzulegen. Die Aufgabenstellung des Ausschusses wird einen besonderen Auftrag zur Prüfung einer Erleichterung des Bankwechsels und der Senkung der damit verbundenen Kosten umfassen. Auch soll der Ausschuss in dieser Frage eng mit der Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorstellen.

Darüber hinaus billigten die isländischen Behörden folgende Verpflichtungen der Landsbankinn:

Übernahmebeschränkung

Die Landsbankinn verpflichtet sich, bis zum 15. Dezember 2014 keine Finanzinstitute zu erwerben. Unbeschadet dieser Verpflichtung kann die Landsbankinn jedoch solche Unternehmen nach Einholung einer Genehmigung der Überwachungsbehörde erwerben, wenn dies zur Wahrung der finanziellen Stabilität notwendig ist.

Veräußerung von […] und Schließung von Niederlassungen

Die Landsbankinn verpflichtet sich, bis zum [Datum] ihre Beteiligung an […] abzustoßen. […]

Darüber hinaus verpflichtet sich die Landsbankinn zur Schließung von […] Niederlassungen [Datum].

Veräußerung von Anteilen an in der Umstrukturierung befindlichen Gesellschaften

Die Landsbankinn verpflichtet sich allgemein, ihre Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen übernahm, baldmöglichst zu veräußern; vgl. Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002. Die Bank verpflichtet sich darüber hinaus, die Verfahren und Fristen in der vorstehend genannten Rechtsvorschrift in der Auslegung durch die FME einzuhalten. Schließlich wird die Bank auf ihrer eigenen oder der Website einer maßgeblichen Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über solche zum Verkauf stehenden Beteiligungen bereitstellen.

Die Landsbankinn verpflichtet sich insbesondere, ihre Beteiligungen an den nachfolgend genannten Unternehmen unter der Voraussetzung zum Verkauf anzubieten, dass die Unternehmen sowie deren Vermögenslage, Geschäftsbetrieb und Zukunftsaussichten keinen erheblichen Rechts- oder Prozessrisiken oder vergleichbaren Unsicherheiten ausgesetzt sind.

(…)

Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber

Die Landsbankinn verpflichtet sich, folgende Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber zu treffen:

(a)

Die Landsbankinn wird bis Ende 2014 weder bestehende Vertragsklauseln vollstrecken noch neue Vertragsklauseln einführen, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrechterhalten wird.

(b)

Die Landsbankinn wird auf ihrer Website leicht zugängliche Informationen über das Verfahren zur Übertragung der Bankdienstleistungen auf ein anderes Finanzinstitut bereitstellen. Darüber hinaus wird die Website einfachen Zugang zu den für einen Wechsel zwischen Finanzinstituten erforderlichen Unterlagen gewähren. Die gleichen Informationen und Übertragungsformulare werden auch in den Zweigstellen der Bank zur Verfügung stehen.

(c)

Die Landsbankinn wird alle Anträge auf die Übertragung von Bankdienstleistungen rasch ausführen.

(d)

Die Landsbankinn wird sich bei der Vermarktung ihrer Leistungen nicht auf das staatliche Eingreifen berufen, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen.

(e)

Sofern keine Dienstleistungsangebote von Wettbewerbern verfügbar sind, ist die Landsbankinn bereit, folgende Dienstleistungen zum Kostenpreis zuzüglich einer angemessenen Marge anzubieten:

(i)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für ISK

(ii)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für Devisen.

(iii)

Verteilung von Geldscheinen und Münzen.

2.   NACH DER KRISE EINGEFÜHRTE, MASSGEBLICHE ANPASSUNGEN UND ÄNDERUNGEN AM VERORDNUNGS- UND AUFSICHTSRECHTLICHEN RAHMEN FÜR DIE FINANZMÄRKTE IN ISLAND

Die isländischen Behörden übermittelten folgende Übersicht über Änderungen an den im Herbst 2008 geltenden Rechtsvorschriften:

Die Ermächtigungen der FME (der isländischen Finanzaufsichtsbehörde) zu Interventionen (d. h. die Übernahme der Vollmachten von Hauptversammlungen und die Veräußerung von Vermögenswerten, vgl. die Notstandsgesetze) wurden ausgeweitet; der FME wurden erweiterte Aufsichtsvollmachten verliehen; es wurden zusätzliche Vorschriften eingeführt, die der FME eine Bewertung des Geschäftsbetriebs oder Verhaltens einzelner, ihrer Aufsicht unterstehender Parteien erlauben. Hierzu zählen Vollmachten zur Beschlussfassung, beispielsweise über die Schließung von Geschäftsstellen oder die Einstellung bestimmter Tätigkeiten, ohne dass tatsächlich ein Entzug der Betriebszulassung erfolgt. Weitere Änderungen betreffen die genauere Festlegung von Konzepten, deren Auslegung von der FME und den beaufsichtigten Unternehmen bzw. von den Berufungsgremien angefochten worden war.

Die Vorschriften zu einzelnen Großkrediten wurden klarer und zielgerichteter abgefasst; sowohl die Funktionen als auch die Verantwortlichkeiten des Risikomanagements wurden ausgeweitet und die FME wurde ermächtigt, dem Risikomanagement in der Organisation von Finanzunternehmen einen höheren Stellenwert zu verleihen. Die Bestimmungen über die Anwendung von Stresstests wurden verschärft.

Die Vorschriften für ein Sonderregister für große Kreditnehmer wurden legalisiert, um einen besseren Überblick über Risiken aus einzelnen, bei zwei oder mehr Finanzunternehmen bestehenden Großkrediten zu erhalten. Dieses Register ist für die Herstellung von Verknüpfungen zwischen Krediten und die Beurteilung der bei Schwierigkeiten im Geschäftsbetrieb des Kreditnehmers eintretenden Auswirkungen auf das System von Bedeutung. Unternehmen, die nicht der Aufsicht der FME unterstehen aber in den Registern für Finanzunternehmen erfasst sind, müssen der FME Angaben über ihre gesamten Verpflichtungen übermitteln. Die FME kann die Erbringung von Dienstleistungen an solche Unternehmen untersagen, wenn diese die Übermittlung der angeforderten Angaben verweigern.

Die Vorschriften für solides Geschäftsgebaren wurden verschärft und das Bestehen des Beschwerdeausschusses für Transaktionen mit Finanzunternehmen wurde im Gesetz verankert. Zu allen Großaktionären von Finanzunternehmen müssen detaillierte Angaben offen gelegt werden.

Die Fristen, innerhalb derer Finanzunternehmen eingezogene Vermögenswerte veräußern können, wurden verkürzt.

Die Vorschriften über den bei Finanzunternehmen zulässigen Bestand an eigenen Aktien wurden verschärft und genauer definiert. Von Tochtergesellschaften gehaltene Bestände gelten nun als eigene Aktien. Dasselbe gilt für außerbilanzielle Verträge über eigene Aktien.

Den Finanzunternehmen wurde die Gewährung von Krediten gegen Verpfändung ihrer eigenen Aktien oder Garantiekapital-Zertifikaten untersagt.

Die FME hat nunmehr Regeln für die Art und Weise, wie durch eine Hypothek auf die Aktien eines anderen Finanzunternehmens besicherte Kredite in der Risikobasis und der Eigenkapitalausstattung zu berechnen sind, festzulegen.

Sowohl die Verantwortlichkeiten als auch die Funktionen des Innenrevisionsressorts wurden erweitert. Es bestehen genaue Vorschriften bezüglich der Ausgewogenheit zwischen Größe und Vielfalt der Aktivitäten des betreffenden Finanzunternehmens und dem Umfang ihres Innenrevisionsressorts.

Die Zeiträume, in denen eine Wirtschaftsprüfungsfirma die Prüfungen bei ein- und demselben Finanzunternehmen durchführen darf, wurden auf fünf Jahre begrenzt. Die Möglichkeiten von Finanzunternehmen zur Entlassung "schwieriger" Wirtschaftsprüfer wurden beschnitten.

Sämtliche Vorschriften zur Berechnung des Eigenkapitals sowie verschiedene andere technische Aspekte wurden überprüft.

Die Vorschriften für die Ausübung qualifizierter Beteiligungen, d. h. 10 % der Stimmrechte oder mehr, wurden überprüft. Die FME ist berechtigt, bei der Beurteilung von Vertragsparteien, die den Erwerb oder die Vergrößerung qualifizierter Beteiligungen planen, die Beweislast umzukehren. Hierbei kann es sich beispielsweise um Fälle handeln, in denen Ungewissheit über die Identität des oder der wirtschaftlichen Eigentümer(s) einer Holdinggesellschaft mit einer qualifizierten Beteiligung herrscht.

An die Eignung von Direktoren und ihre Verantwortung für die Aufsicht oder das operative Geschäft werden jetzt zusätzliche Ansprüche gestellt; geschäftsführende Vorstandsvorsitzende sind nicht mehr zulässig. Die FME wies den Vorständen stärkere Aufsichtsfunktionen zu und über das Entgelt der oberen Führungsebene müssen auf Einzelpersonen rückverfolgbare Angaben offen gelegt werden.

Für Kreditgeschäfte von Finanzunternehmen mit Direktoren, Geschäftsführern, leitenden Angestellten und den Eigentümern qualifizierter Beteiligungen an dem betroffenen Finanzunternehmen wurden jetzt Regeln festgelegt. Ähnliche Regeln gelten für mit den obengenannten Personen eng verbundene Vertragsparteien. Die FME hat Vorschriften darüber eingeführt, was als zufriedenstellende Sicherheit für derartige Kreditgeschäfte in Betracht kommt.

Es wurden Vorschriften in Bezug auf Regelungen für Prämiensysteme und Boni für Geschäftsleitungen und Angestellte sowie für Aufhebungsverträge eingeführt.

Die Bestimmungen für die Sanierung und Abwicklung von Finanzunternehmen wurden verschärft.

Die Sonderregeln für Sparkassen wurden umfassend überarbeitet. Der Status und die Rechte der Garantiekapitaleigner von Sparkassen wurden klargestellt. Für Dividenden wurden Beschränkungen eingeführt und für Garantiekapitalgeschäfte legte man eindeutige Regeln fest. Regeln wurden auch für Abschreibungen auf das Garantiekapital festgelegt und die Ermächtigungen zur offiziellen Zusammenarbeit zwischen Sparkassen wurden klarer gefasst. Den Sparkassen wurde eine Änderung ihrer Rechtsform untersagt.

Nach Aussage der isländischen Behörden gehen die Vorschriften in Island in mancher Hinsicht über den gesamteuropäischen Rahmen hinaus. Es folgt eine Aufzählung der wichtigsten Abweichungen von den Regeln, die in der EU eingeführt und im EWR-Abkommen übernommen wurden.

Die FME ist ermächtigt, die Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen einzuschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Darüber hinaus ist sie ermächtigt, für die Fortsetzung der Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen besondere Anforderungen festzulegen. Die FME kann die Aktivitäten, die ein Finanzunternehmen verfolgen darf, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten einer Lizenz unterliegen oder nicht, vorläufig ganz oder teilweise einschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Die Auslöser hierfür waren nicht zuletzt die Aktivitäten von Bankniederlassungen und die von ihnen bis 2008 in anderen europäischen Staaten eingerichteten Einlagenkonten (Icesave, Edge und Save-and-Save).

Im isländischen Gesetz sind erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Aufgaben der Innenrevision festgelegt worden als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es bestehen erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Durchführung von Stresstests als in den EU-Rechtsvorschriften.

Finanzunternehmen müssen ein besonderes Register (Kreditregister) aller Vertragspartner, denen sie Kredite gewähren, führen und am Ende eines jeden Monats der FME eine aktualisierte Aufstellung übermitteln. Darüber hinaus muss über mit den Finanzunternehmen eng verbundene Parteien, deren Vorstände und Geschäftsführer sowie über Gruppen verbundener Kunden eine ähnliche Aufstellung übermittelt werden, sofern diese Vertragspartner nicht bereits in der obengenannten Aufstellung erfasst worden sind. Diese Aufstellung bietet bessere Möglichkeiten zur Überwachung von Verflechtungen zwischen Finanzunternehmen sowie deren Direktoren und Geschäftsleitungen.

Ist die FME der Meinung, dass die Kreditaufnahme einer einzelnen, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegenden Partei im Kreditregister Einfluss auf das System haben könnte, darf die FME von der betreffenden Vertragspartei Auskünfte über ihre Verpflichtungen fordern.

Sollte eine im Kreditregister erfasste, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegende Partei der FME gegenüber die Offenlegung von Informationen verweigern, kann die Überwachungsbehörde die ihrer Aufsicht unterstehenden Unternehmen anweisen, besagter Partei keine weiteren Dienstleistungen mehr zu erbringen. Bei mangelhafter Offenlegung von Informationen seitens der betroffenen Partei gilt dasselbe. Die Vorschriften über ein Kreditregister und die umfangreichen Ermächtigungen der Aufsichtsbehörden in Bezug auf Personen, die keiner amtlichen Aufsicht unterstehen, sind in den EU- bzw. EWR-Regeln nicht enthalten.

Es bestehen erheblich detailliertere und restriktivere Bestimmungen für die Kreditvergabe an nahe stehende Unternehmen und Personen sowie Sicherheiten als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Die FME muss dem Eigentümer einer qualifizierten Beteiligung das Recht zur Ausübung dieser Beteiligung verweigern, wenn Zweifel bestehen, wer deren wirtschaftlicher Eigentümer ist oder sein wird.

Die höchstzulässige Länge der Zeit, die externe Buchprüfer für ein- und dasselbe Finanzunternehmen arbeiten dürfen, ist kürzer als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Es bestehen erheblich detailliertere Vorschriften über die Eignung von Direktoren in Finanzunternehmen als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es wurden Vorschriften über Regelungen für Bonusprogramme und Aufhebungsverträge eingeführt.

Kürzlich wurden in EU-Rechtsvorschriften offizielle Regeln für eine Vergütungspolitik festgelegt, Regeln für Aufhebungsverträge wurden in diesem Forum aber nicht beschlossen.

Am 23. März 2012 legte der Wirtschaftsminister einen Bericht über den zukünftigen Aufbau des isländischen Finanzsystems vor. Der Minister hat darüber hinaus eine Sachverständigengruppe mit der Vorbereitung eines Rechtsrahmens für alle Finanzaktivitäten in Island beauftragt.


15.5.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 144/169


Öffentliche Fassung des (1)

BESCHLUSSES DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 291/12/COL

vom 11. Juli 2012

über Umstrukturierungsbeihilfen für die Arion Bank (Island)

Die EFTA-Überwachungsbehörde („die Überwachungsbehörde“) —

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b sowie Protokoll 26,

gestützt auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (im Folgenden „Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen“), insbesondere Artikel 24,

gestützt auf Protokoll 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen (im Folgenden „Protokoll 3“), insbesondere Teil I Artikel 1 Absatz 3 sowie Teil II Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 13,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHLAGE

1.   VERFAHREN

(1)

Im Anschluss an einen informellen Schriftwechsel im Oktober 2008 und der am 6. Oktober erfolgten Verabschiedung des Gesetzes Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw. (im Folgenden „Notstandsgesetz“) durch das isländische Parlament (Althingi), das dem isländischen Staat weitreichende Vollmachten zu Eingriffen in den Bankensektor verlieh, richtete der Präsident der Überwachungsbehörde am 10. Oktober 2008 ein Schreiben an die isländischen Behörden, in dem er um Anmeldung der im Rahmen des Notstandsgesetzes gewährten staatlichen Beihilfen bei der EFTA-Überwachungsbehörde ersuchte. Weitere Kontakte und Schriftwechsel erfolgten in regelmäßigen Abständen. Hierunter fällt insbesondere ein am 18. Juni 2009 übermitteltes Schreiben der Überwachungsbehörde, in der sie die isländischen Behörden an die Pflicht zur Anmeldung staatlicher Beihilfen sowie die Stillhalteklausel in Protokoll 3 Artikel 3 erinnert. Nach weiteren Schriftwechseln und Zusammenkünften wurde die im Rahmen der Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Kaupthing Bank und der Errichtung und Kapitalausstattung der New Kaupthing Bank (am 21. November 2009 in Arion Bank umbenannt) gewährte staatliche Beihilfe schließlich von den isländischen Behörden am 20. September 2010 nachträglich angemeldet.

(2)

Mit Schreiben vom 15. Dezember 2010 (2) setzte die EFTA-Überwachungsbehörde (im Folgenden "Überwachungsbehörde") die isländischen Behörden von ihrem Beschluss in Kenntnis, das in Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 2 festgelegte Verfahren bezüglich der seitens des isländischen Staates durchgeführten Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Kaupthing Bank hf und zur Errichtung und Kapitalausstattung der New Kaupthing Bank (inzwischen umbenannt in Arion Bank hf) (im Folgenden „Eröffnungsbeschluss“) zu eröffnen (3). Die Überwachungsbehörde forderte außerdem die Vorlage eines detaillierten Umstrukturierungsplans für die Arion Bank innerhalb von sechs Monaten

(3)

Die Überwachungsbehörde erhielt mit Schreiben vom 24. März 2011 (4) eine Stellungnahme Beteiligter, die am 25. Mai 2011 an die isländischen Behörden weitergeleitet wurde. Die isländischen Behörden beantworteten diese Stellungnahme nicht.

(4)

Mit Schreiben vom 31. März 2011 übermittelten die isländischen Behörden einen Umstrukturierungsplan für die Arion Bank. In einer E-Mail vom 30. April 2012 wurde ein aktualisierter Umstrukturierungsplan übermittelt.

(5)

Die Überwachungsbehörde ersuchte am 11. Juli 2011 und 13. Februar 2012 um weitere Auskünfte bezüglich des Umstrukturierungsplans. Die Antworten der isländischen Behörden auf die Auskunftsersuchen gingen am 26. Oktober 2011, 16. April 2012, 30. April 2012, 21. Mai 2012 und 6. Juli 2012 ein. Die endgültigen Fassungen der Verpflichtungsangebote der isländischen Behörden und der Arion Bank wurden am 3. Juli 2012 übermittelt (5).

(6)

Vertreter der Überwachungsbehörde kamen außerdem am 7. Juni 2011 sowie am 27. und 28. Februar 2012 zu Gesprächen mit Vertretern der isländischen Behörden und der Arion Bank zusammen.

2.   HINTERGRUND

(7)

In diesem Abschnitt beschreibt die Überwachungsbehörde die Ereignisse und Sachverhalte sowie die wirtschaftlichen, politischen und verordnungsrechtlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Kollaps und anschließenden Wiederaufbau des isländischen Finanzsystems seit Oktober 2008 bis heute, soweit dies zur Erläuterung des Kontextes, in dem die Bewertung der hier betroffenen Beihilfemaßnahmen erfolgt, notwendig erscheint. Dabei wird sie auch die Chronologie des Zusammenbruchs der Kaupthing Bank in Erinnerung rufen.

2.1.   Der Zusammenbruch der Kaupthing Bank

(8)

Im September 2008 setzten für eine Reihe großer globaler Finanzinstitute ernsthafte Schwierigkeiten ein. Mitten in diesen Turbulenzen auf den weltweiten Finanzmärkten bekamen die drei größten Geschäftsbanken Islands, die in den vorhergehenden Jahren ein außergewöhnliches Wachstum verzeichnet hatten, Schwierigkeiten bei der Refinanzierung ihrer kurzfristigen Verbindlichkeiten. Es kam zu einem Ansturm auf ihre Einlagen. Lehman Brothers beantragte am 15. September Insolvenzschutz und am gleichen Tag wurde bekannt gegeben, dass die Bank of America Merrill Lynch übernehmen werde. Auch in anderen Ländern kam es zu Schwierigkeiten und eine der größten Banken im Vereinigten Königreich, die HBOS, musste von der Lloyds TSB übernommen werden.

(9)

Noch deutlicher traten die Probleme im isländischen Finanzsektor am 29. September 2008 zutage, als die isländische Regierung eine Vereinbarung mit der Glitnir Bank bekannt gab, in deren Rahmen sie 600 Mio. EUR an Eigenkapital in die Bank einschießen und im Gegenzug 75 % ihrer Kapitalanteile erhalten würde. Die geplante Übernahme der Glitnir Bank durch die Regierung konnte die Märkte jedoch nicht beruhigen und der Plan wurde fallen gelassen. Die Aktienkurse der drei Geschäftsbanken brachen ein und ihre Kreditwürdigkeit wurde herabgestuft.

(10)

Die Einlagenabzüge aus ausländischen Niederlassungen der Landsbanki und der Kaupthing Bank stiegen dramatisch an und auch die inländischen Niederlassungen erlebten massive Abzüge von Barmitteln. Am ersten Oktoberwochenende wurde klar, dass sich eine weitere der drei Großbanken, die Landsbanki, in ernsten Schwierigkeiten befand. Die Glitnir Bank und die Landsbanki wurden am 7. Oktober 2008 von der Finanzaufsichtsbehörde Islands (FME) übernommen. Für eine gewisse Zeit hoffte man, dass die Kaupthing Bank diesem Schicksal entgehen könnte. Am 6. Oktober 2008 gewährte die CBI der Kaupthing ein Darlehen von 500 Mio. EUR gegen Sicherheiten in der dänischen Tochtergesellschaft der Kaupthing, der FIH Erhvervsbanken. Allerdings enthielten die Darlehensvereinbarungen und Schuldverschreibungen der Kaupthing Bank eine Klausel, der zufolge ein Ausfall einer der großen Tochtergesellschaften der Bank einen Ausfall der Kaupthing Bank darstelle. Dies wiederum könne zur sofortigen Fälligkeit der Darlehen der Bank führen. Am 8. Oktober 2008 verfügten die Behörden des Vereinigten Königreichs eine Zahlungseinstellung für die Tochtergesellschaft der Kaupthing Bank im Vereinigten Königreich, die Kaupthing Singer & Friedlander (KSF). Am nächsten Tag übernahm die FME die Kontrolle über die Bank. Dabei nutzte sie die Vollmachten, die ihr durch das Notstandsgesetz verliehen wurden.

2.2.   Die Finanzkrise und die Hauptgründe für den Zusammenbruch der isländischen Banken

(11)

In ihrer Anmeldung der der Arion Bank gewährten Beihilfe wiesen die isländischen Behörden darauf hin, dass die Gründe für den Kollaps des isländischen Bankensektors und die Notwendigkeit ihres Eingreifens sehr detailliert in einem Bericht erläutert würden, den ein Sonderuntersuchungsausschuss (im Folgenden „SIC“) erstellt hatte. Dieser Untersuchungsausschuss war vom isländischen Parlament (6) mit dem Auftrag eingerichtet worden, die Vorgänge, die zum Zusammenbruch der drei wichtigsten Banken führten, zu untersuchen und zu analysieren. Die Überwachungsbehörde fasst hier die Schlussfolgerungen des Ausschusses zu den wichtigsten Ursachen für den Untergang der Kaupthing Bank zusammen. Diese Informationen wurden Kapitel 2 (Zusammenfassung und Bemerkungen) und Kapitel 21 (Ursachen des Zusammenbruchs der isländischen Banken — Verantwortlichkeit, Fehler und Fahrlässigkeit) des SIC-Berichts entnommen.

(12)

Der weltweite Liquiditätsrückgang an den Finanzmärkten, der 2007 seinen Anfang nahm, führte letztendlich zum Zusammenbruch der drei wichtigsten isländischen Banken, deren Geschäftsbetrieb zunehmend von der Mittelbeschaffung über internationale Märkte abhängig geworden war. Die Gründe für den Untergang der isländischen Banken sind jedoch komplex und zahlreich. Der SIC untersuchte die Gründe, die zum Zusammenbrauch der wichtigsten Banken führten. Dabei fällt auf, dass die meisten Schlussfolgerungen für alle drei Banken zutrafen und dass viele von ihnen miteinander zusammenhängen. Es folgt eine kurze Zusammenfassung der mit den Aktivitäten der Banken zusammenhängenden Gründe für deren Untergang.

Übermäßige, nicht tragfähige Expansion

(13)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass die Banken in den Jahren vor dem Kollaps ihre Bilanzen und Kreditportfolios weit über ihre eigenen betrieblichen und unternehmerischen Kapazitäten hinaus ausgedehnt hatten. Die Vermögenswerte der drei Banken zusammen waren exponentiell von 1,4 Billionen ISK (7) im Jahr 2003 auf 14,4 Billionen ISK Ende des zweiten Quartals 2008 angewachsen. Auffällig ist, dass ein großer Anteil des Wachstums der drei Banken auf die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner entfiel. Sie stieg 2007 (8), insbesondere nach dem Beginn der internationalen Liquiditätskrise, erheblich an. Dies veranlasste den SIC zu der Schlussfolgerung, dass ein Großteil dieses Anstiegs der Kreditvergabe darauf zurückzuführen war, dass Unternehmen, denen anderswo Kredite verweigert worden waren, Darlehen gewährt wurden. Der Bericht enthält auch die Schlussfolgerung, dass das grundsätzlich riskantere Investmentbanking einen immer höheren Stellenwert in den Aktivitäten der Banken eingenommen hatte und mit seinem Wachstum zu den Problemen beigetragen hatte.

Verringerung der auf den internationalen Märkten verfügbaren Finanzmittel

(14)

Das Wachstum der Banken wurde durch den Zugang zu den internationalen Finanzmärkten, die geschickte Nutzung guter Bonitätseinstufungen und den durch das EWR-Abkommen ermöglichten Zugang zu europäischen Märkten erleichtert und gefördert. Die isländischen Banken nahmen 2005 an ausländischen Schuldverschreibungsmärkten 14 Mrd. EUR zu vergleichsweise günstigen Konditionen auf. Als der Zugang zu den europäischen Schuldverschreibungsmärkten zunehmend schwieriger wurde, finanzierten die Banken ihre Aktivitäten auf den Märkten in den USA, wobei isländische Schuldverschreibungen in forderungsbesicherte Schuldverschreibungen eingebettet wurden. In der Zeit kurz vor dem Zusammenbruch verließen sich die Banken zunehmend auf kurzfristige Darlehen, was zu erheblichen und, nach Aussage des SIC, vorhersehbaren Refinanzierungsrisiken führte.

Der Verschuldungsgrad der Bankeneigentümer

(15)

Bei jeder der großen isländischen Banken traf zu, dass die Haupteigentümer auch zu den Hauptschuldnern zählten (9). Der SIC war der Ansicht, dass bestimmte Aktionäre in ihrer Eigenschaft als Eigentümer außergewöhnlich einfach Zugang zu Darlehen von den Banken hatten. Größter Anteilseigner der Kaupthing Bank war Exista hf mit einem Anteil von knapp über 20 %. Exista gehörte auch zu den größten Schuldnern der Bank. Im Zeitraum 2005-2008 stieg die Kreditvergabe der Kaupthing Bank an Exista und mit dieser verbundene Gesellschaften (10) stetig von 400-500 Mio. EUR auf 1,4-1,7 Mrd. EUR. 2007 und 2008 waren diese Kreditvergaben fast genauso hoch wie die Eigenkapitalausstattung der Bank. Dieser Anstieg bei den Kreditvergaben an große Anteilseigener fand statt, obgleich Kaupthing nun ersten Liquiditäts- und Refinanzierungsproblemen gegenüberstand. Auch Darlehen an verbundene Gesellschaften wurden häufig ohne besondere Sicherheiten gewährt (11). Kaupthings Geldmarktfonds war der größte Fonds der Kaupthing Bank Asset Management Company. Im Jahr 2007 investierte der Fonds erhebliche Summen in Schuldverschreibungen, die Exista herausgegeben hatte. Am Jahresende besaß er Wertpapiere im Wert von etwa 14 Mrd. ISK. Dies entsprach etwa 20 % des damaligen Gesamtvermögens des Fonds. Robert Tchenguiz besaß Aktien in der Kaupthing Bank und Exista und saß außerdem im Vorstand von Exista. Außerdem erhielt er erhebliche Kreditfazilitäten von der Kaupthing Bank in Island, der Kaupthing Bank Luxemburg und der Kaupthing Singer & Friedlander (KSF). Insgesamt beliefen sich die Kreditfazilitäten, die Robert Tchenguiz und mit ihm verbundene Gesellschaften von der Muttergesellschaft der Kaupthing Bank erhalten hatten, beim Zusammenbruch der Bank auf etwa 2 Mrd. EUR (12).

Risikokonzentration

(16)

Mit der Frage des außergewöhnlichen finanziellen Engagements bei großen Anteilseignern hing auch die Schlussfolgerung des SIC zusammen, dass die Vermögensportfolios der Bank nicht ausreichend gestreut waren. Der SIC war der Ansicht, dass die europäischen Vorschriften für Großkredite insbesondere bei Anteilseignern sehr eng ausgelegt wurden und dass die Banken versucht hatten, die Vorschriften zu umgehen.

Schwache Eigenkapitalbasis

(17)

Obgleich der Eigenkapitalkoeffizient der Kaupthing und der beiden anderen großen isländischen Banken immer als etwas höher als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum angegeben worden war, gelangte der SIC zu dem Schluss, dass die Eigenkapitalkoeffizienten die finanzielle Stärke der Banken nicht präzise widerspiegelten. Dies ist auf die Gefährdung der eigenen Aktien der Bank durch vorrangige Sicherheiten und Terminverträge zurückzuführen, die auf den Aktien lasteten. Das von den Gesellschaften selbst finanzierte, vom SIC als "schwaches Eigenkapital" (13) bezeichnete Aktienkapital belief sich auf über 25 % der Eigenkapitalausstattung der Banken (bzw. mehr als 50 %, wenn man eine Bewertung anhand der Kernkomponente des Kapitals, d. h. des Eigenkapitals abzüglich immaterieller Vermögenswerte, zugrunde legt). Probleme, verursacht durch das Risiko, dass die Banken Aktien voneinander besaßen, traten verschärfend hinzu. Mitte 2008 belief sich bei den Banken die Direktfinanzierung ihrer eigenen Aktien sowie die Querfinanzierung der Aktien der jeweils anderen beiden Banken auf ca. 400 Mrd. ISK. Dies entspricht etwa 70 % der Kernkomponente des Kapitals. Der SIC war der Auffassung, dass die Finanzierung des Eigenkapitals mittels Kreditaufnahme beim System selbst Ausmaße angenommen hatte, die die Stabilität des Systems bedrohten. Die Banken hielten eine erhebliche Menge ihrer eigenen Aktien als Sicherheit für ihre Kreditvergabe. Als dann die Aktienkurse fielen, sank die Qualität ihrer Kreditportfolios. Dies beeinträchtigte das Leistungsvermögen der Banken und löste einen weiteren Abwärtsdruck auf ihre Aktienkurse aus. Als Reaktion darauf (diesen Schluss zog der SIC aus ihm vorliegenden Informationen) versuchten die Banken, künstlich eine abnorme Nachfrage nach ihren eigenen Aktien zu erzeugen.

Die Größe der Banken

(18)

2001 beliefen sich die Bilanzsummen der drei Hauptbanken (zusammen) auf einen Betrag, der knapp über dem in einem Jahr erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt (BIP) Islands lag. Ende 2007 waren die Banken international geworden und hielten Vermögenswerte, die dem Neunfachen des isländischen BIP entsprachen. Im Bericht des SIC wird angemerkt, dass Beobachter bereits 2006 feststellten, dass das Bankensystem über das Leistungsvermögen der CBI hinausgewachsen sei und dass Zweifel bestünden, ob die Zentralbank die Aufgaben eines Kreditgebers letzter Instanz erfüllen könne. Ende 2007 übertrafen die kurzfristigen (überwiegend durch die Finanzierung der Banken entstandenen) Schulden die Devisenreserven um das Fünfzehnfache. Die in Fremdwährung lautenden Einlagen in den drei Banken waren achtmal höher als die Devisenreserven. Verglichen mit den Bankeinlagen, die er eigentlich garantieren sollte, hielt der Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds nur minimale Mittel. Laut der Schlussfolgerung des SIC machten diese Faktoren Island für einen Ansturm auf seine Banken anfällig.

Das im Vergleich zur verordnungsrechtlichen und finanziellen Infrastruktur zu plötzliche Wachstum der Banken

(19)

Der SIC gelangte zu dem Schluss, dass es den maßgeblichen Aufsichtsorganen in Island an der Glaubwürdigkeit fehlte, die mangels eines mit ausreichenden Mitteln versehenen Kreditgebers letzter Instanz notwendig war. Laut Bericht verfügten FME und CBI nicht über ausreichende Sachkenntnis und Erfahrung zur Regulierung der Banken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Sie hätten aber Maßnahmen zur Senkung der Höhe des von den Banken eingegangenen Risikos treffen können. Die FME beispielsweise wuchs nicht im gleichen Verhältnis wie die Banken und die Methoden der Aufsichtsbehörde hielten mit den raschen Entwicklungen im operativen Geschäft der Banken nicht Schritt. Der Bericht äußert sich auch kritisch über die Regierung und zieht den Schluss, dass die Behörden Maßnahmen zur Verringerung des möglichen Einflusses der Banken auf die Wirtschaft hätten treffen müssen, indem sie die Größe der Banken beschnitten oder eine bzw. mehrere Banken zur Verlegung ihres Hauptsitzes ins Ausland aufforderten (14).

Unausgewogenheit und übermäßige Expansion der isländischen Wirtschaft insgesamt

(20)

Im Bericht des SIC wird auf Ereignisse im Zusammenhang mit der Wirtschaft insgesamt Bezug genommen, die sich ebenfalls auf das rasche Wachstum der Banken auswirkten und zu dem unausgewogenen Verhältnis zwischen Größe und Einfluss der Finanzdienstleistungsbranche und der übrigen Wirtschaft beitrugen. Im Bericht wird der Schluss gezogen, dass die Politik (insbesondere die Finanzpolitik) der Regierung höchstwahrscheinlich zu der übermäßigen Expansion und Unausgewogenheit beitrug und dass die Geld- und Währungspolitik der CBI nicht hinreichend restriktiv gewesen sei. Der Bericht bezeichnet darüber hinaus die Lockerung der Kreditvergabevorschriften des Icelandic Housing Financing Fund (isländische Bausparkasse) als „einen der größten Fehler, die im Zeitraum vor dem Zusammenbruch der Banken in der Geld- und Finanzpolitik begangen wurde“ (15). Der Bericht enthält auch kritische Äußerungen zu der Leichtigkeit, mit der sich die Banken Kredite bei der CBI beschaffen konnten. Dabei stieg der Bestand der kurzfristigen Lombardkredite der CBI von 30 Mrd. ISK im Herbst 2005 auf 500 Mrd. ISK Anfang Oktober 2008.

Die isländische Króna, außenwirtschaftliche Ungleichgewichte und CDS-Spreads

(21)

Der Bericht stellt fest, dass der Wert der isländischen Króna im Jahr 2006 eine Höhe erreicht hatte, die nicht aufrecht zu erhalten war. Das Leistungsbilanzdefizit betrug mehr als 16 % des BIP und die Verbindlichkeiten in Fremdwährung abzüglich der Vermögenswerte erreichten fast den Wert des gesamten jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Die Voraussetzungen für eine Finanzkrise waren also gegeben. Ende 2007 verlor die Króna an Wert und die auf Island und den Banken lastenden Kreditausfall-Swap-Spreads (CDS) nahmen exponentiell zu.

2.3.   Maßnahmen zum Wiederaufbau des Bankensektors

(22)

Nach dem Zusammenbruch der drei größten Geschäftsbanken im Oktober 2008 (einschließlich Kaupthing) standen die isländischen Behörden vor der noch nie dagewesenen Herausforderung, den Weiterbestand des Bankbetriebs in Island sicherstellen zu müssen (16). Die von der isländischen Regierung diesbezüglich verfolgte Politik ist in dem vom isländischen Parlament am 6. Oktober 2008 verabschiedeten Notstandsgesetz (17) festgelegt worden. Dieses Gesetz verleiht der FME außerordentliche Vollmachten, bei Bedarf die Kontrolle über Finanzunternehmen zu übernehmen und über deren Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu verfügen. Der Finanzminister wurde ermächtigt, zur Gründung neuer Finanzunternehmen im Namen der Staatskasse Mittel auszuzahlen. Darüber hinaus sollten in Konkursverfahren für Finanzunternehmen die Einlagen den Vorrang vor den sonstigen Forderungen erhalten. Die Regierung erklärte, dass Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen sowie deren Niederlassungen in Island in voller Höhe geschützt seien.

(23)

Anfangs stand die Sicherstellung der grundlegenden Funktion der inländischen Banken-, Zahlungs- und Abrechnungssysteme im Mittelpunkt der Politik. In den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch erstellte die isländische Regierung in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfonds (im Folgenden „IWF“) außerdem ein Wirtschaftsprogramm, auf dessen Grundlage am 20. November 2008 Islands Antrag auf eine zweijährige Bereitschaftskreditvereinbarung des IWF genehmigt wurde. Diese Vereinbarung beinhaltete auch ein IWF-Darlehen in Höhe von 2,1 Mrd. USD zur Stärkung der isländischen Währungsreserven. Die Regierung sicherte sich bei anderen nordischen Ländern und bestimmen Handelspartnern darüber hinaus Darlehen in Höhe von bis zu 3 Mrd. USD. Aus dem IWF-Darlehen wurden 827 Mio. USD sofort bereitgestellt. Der restliche Betrag wurde vorbehaltlich vierteljährlicher Überprüfungen des Wirtschaftsprogramms in acht gleich hohen Raten ausgezahlt.

(24)

Bei dem IWF-Programm handelte es sich um ein umfassendes Stabilisierungsprogramm, mit dem vor allem drei Ziele erreicht werden sollen. Das erste Ziel war die Stabilisierung und Wiederherstellung des Vertrauens in die Króna, um die negativen Auswirkungen der Krise auf die Wirtschaft in Grenzen zu halten. Zu den Maßnahmen in diesem Zusammenhang gehörte die Einführung von Kapitalkontrollen zur Eindämmung der Kapitalflucht. Als zweites Ziel enthielt das Programm eine Strategie zur umfassenden Umstrukturierung der Banken, mit der letztendlich wieder ein lebensfähiges Finanzsystem in Island aufgebaut und die internationalen Finanzbeziehungen des Landes gesichert werden sollten. Weitere Zielsetzungen in diesem Zusammenhang waren die Gewährleistung einer angemessenen Bewertung der Vermögenswerte der Banken, eine möglichst umfassende Rückgewinnung von Vermögenswerten und die Stärkung der Aufsichtspraxis. Das dritte Ziel des Wirtschaftsprogramms war die Sicherstellung tragfähiger öffentlicher Finanzen mittels Begrenzung der Sozialisierung der Verluste zahlungsunfähiger Banken und die Durchführung eines Programms zur mittelfristigen Konsolidierung der Staatsfinanzen.

(25)

Die isländischen Behörden betonten, dass aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Zusammenhang mit der im Vergleich zur finanziellen Leistungsfähigkeit der Staatskasse erheblichen Größe des Bankensystems die den Behörden offen stehenden politischen Optionen begrenzt waren. Die Lösungskonzepte, auf die man sich stützte, unterschieden sich daher vielfach von den Maßnahmen, die Regierungen anderer Länder, die Bedrohungen ihrer finanziellen Stabilität ausgesetzt waren, trafen.

(26)

Auf der Grundlage des Notstandsgesetzes wurden die drei großen Geschäftsbanken Glitnir Bank, Landsbanki Íslands und Kaupthing Bank in „alte“ und „neue“ Banken aufgespalten. Der Finanzminister gründete drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die die inländischen Geschäftstätigkeiten der alten Banken übernehmen sollten, und bestellte die Vorstände für diese Gesellschaften. Die FME übernahm die Kontrolle über die alten Banken und wies deren inländische Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Einlagen) im Wesentlichen den neuen Banken zu, die den Bankbetrieb in Island fortführten. Die alten Banken dagegen wurden der Aufsicht ihrer jeweiligen Auflösungsausschüsse unterstellt (18). Die ausländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten wurden überwiegend in den alten Banken platziert. Für diese Banken erfolgten später Liquidationsverfahren und schließlich die Schließung sämtlicher Geschäftsbetriebe im Ausland (19).

(27)

In der vorläufigen Eröffnungsbilanz der drei neuen Banken vom 14. November 2008 wurden die gesamten Vermögenswerte der drei Banken zusammen auf 2886 Mrd. ISK veranschlagt, wobei der Staat Eigenkapital in Höhe von 385 Mrd. ISK bereitstellen sollte. Der Gesamtbetrag der von den neuen Banken zugunsten der alten Banken als Zahlung für den Wert der über die Verbindlichkeiten hinaus übertragenen Vermögenswerte herauszugebenden Schuldverschreibungen wurde auf 1153 Mrd. ISK geschätzt. Die FME beauftragte Deloitte LLP mit der Bewertung der übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Im Verlauf dieses Verfahrens stellte sich heraus, dass die unabhängige Bewertung keine festen Werte der übertragenen Reinvermögen ergeben würde, sondern Bewertungen innerhalb bestimmter Bandbreiten. Außerdem kam es zu Beschwerden der Gläubiger (der Banken) gegen das Bewertungsverfahren, das ihrer Meinung nach nicht unparteiisch war. Zudem beklagten sie, dass sie ihre Interessen nicht schützen könnten. Diese Komplikationen führten zu einer Änderung der Politik beim Kontenausgleich zwischen den alten und neuen Banken. Statt sich auf Bewertungen unabhängiger Sachverständiger zu verlassen, wollten die Parteien versuchen, auf dem Verhandlungsweg Einigkeit über den Wert der übertragenen Reinvermögen zu erzielen.

(28)

Es lag auf der Hand, dass es für die Parteien nicht einfach sein würde, sich über die Bewertungen zu einigen. Ihnen lagen schließlich zahlreiche Annahmen zugrunde, über die zwischen den Parteien wahrscheinlich Uneinigkeit herrschen würde. Seitens des Staates wurde das Ziel verfolgt, über grundlegende Bewertungen Einigkeit zu erzielen, damit für die anfängliche Kapitalausstattung der neuen Banken eine feste Grundlage geschaffen werden konnte. Erreichten die Vermögenswerte Kurse über ihre Grundbewertung hinaus, könnte dieser Überschuss den Gläubigern in Form bedingter Schuldverschreibungen oder Werterhöhungen des Aktienkapitals der Banken zugewiesen werden. In den Verhandlungen hatte sich nämlich herausgestellt, dass die Auflösungsausschüsse von Glitnir und Kaupthing und eine Mehrheit ihrer Gläubiger an einem Erwerb von Anteilen an den neuen Banken interessiert sein könnten. Mit dieser Maßnahme erhielten sie die Möglichkeit, von potenziellen Wertsteigerungen der übertragenen Vermögenswerte zu profitieren.

(29)

Die volle Kapitalausstattung der drei neuen Banken und die Grundlage für Vereinbarungen mit den Gläubigern der alten Banken wurden am 20. Juli 2009 bekannt gegeben. Die Regierung als Alleineigentümerin der drei neuen Banken erzielte mit den Auflösungsausschüssen der alten Banken Kernübereinkünfte hinsichtlich der Frage, wie der Ausgleich für die Übertragung des Reinvermögens an die neuen Banken bewerkstelligt und bezahlt werden sollte. Bei zwei der neuen Banken, der Íslandsbanki und der Arion Bank, schloss dies Verträge mit der Vorbehaltsklausel ein, dass die alten Banken die Mehrheit der Eigenkapitalanteile an den neuen Banken zeichneten.

(30)

Auf der Grundlage der oben beschriebenen vorläufigen Vereinbarungen beschlossen die Auflösungsausschüsse der alten Banken im Oktober 2009 (Glitnir) und im Dezember 2009 (Kaupthing Bank und Landsbanki Islands), die ausgehandelten Optionen auszuüben und Anteile an den neuen Banken zu zeichnen. Am 18. Dezember 2009 gab die Regierung bekannt, dass der Wiederaufbau der Banken abgeschlossen sei und zwischen den isländischen Behörden und den neuen Banken auf der einen Seite und den im Namen ihrer Gläubiger handelnden Auflösungsausschüssen der Glitnir Bank, Landsbanki Íslands und Kaupthing Bank auf der anderen Seite Vergleichsvereinbarungen bezüglich der von den alten an die neuen Banken übertragenen Vermögenswerte erreicht worden seien. Die neuen Banken seien damit vollständig finanziert.

(31)

Wie sich später herausstellte, wurde der Beitrag der Staatskasse zum Eigenkapital der neuen Banken in erheblichem Umfang von den ursprünglich vorgesehenen 385 Mrd. ISK auf 135 Mrd. ISK in Form von Aktienkapital gesenkt. Bei zwei der drei Banken, der Íslandsbanki und der Arion Bank, belief sich der Beitrag auf etwa 55 Mrd. ISK an Ergänzungskapitel (Tier II) in Form von nachrangigen Darlehen bzw. einen Gesamtbetrag von 190 Mrd. ISK. Außerdem stellte die Staatskasse der Íslandsbanki und der Arion Bank Liquiditätsfazilitäten zur Verfügung. Das Aktienkapital, das die alten den neuen Banken zur Verfügung stellten, betrug insgesamt etwa 156 Mrd. ISK. Die Kapitalausstattung der neuen Banken belief sich folglich auf insgesamt ca. 346 Mrd. ISK. Die Vereinbarungen beinhalteten, dass der Staat nicht das vollständige Eigentum an den drei Banken beibehalten würde, sondern seine Beteiligung an der Íslandsbanki auf etwa 5 %, an der Arion Bank auf 13 % und im Fall der Landsbankinn auf 81 % senken würde.

(32)

Die beschriebene Übernahme von zwei der drei Banken durch die Gläubiger der alten Banken löste zwar wesentliche Probleme beim Wiederaufbau des Finanzsektors und schuf eine stabilere Kapitalgrundlage für die neuen Banken, es verblieben aber zahlreiche Schwachstellen, die noch zu beheben waren. Seit Herbst 2009 konzentrierten die Banken ihre Bemühungen vor allem auf interne Angelegenheiten wie die Festlegung der allgemeinen Strategie für ihr operatives Geschäft und insbesondere die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios, die den größten Risikofaktor für ihr operatives Geschäft und ihre langfristige Existenzfähigkeit darstellten. Aufgrund verschiedener erschwerender Faktoren gestaltete sich der Umstrukturierungsprozess komplex. Zu diesen Faktoren gehörten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes über die Rechtswidrigkeit von Krediten, die in ISK gewährt, aber an einen Devisenindex gekoppelt wurden. Soweit sie für die Umstrukturierung der Arion Bank maßgeblich sind, werden diese Angelegenheiten in den folgenden Abschnitten erörtert.

2.4.   Gesamtwirtschaftliches Umfeld

(33)

Dem Zusammenbruch des Bankensystems im Oktober 2008 folgten erhebliche wirtschaftliche Turbulenzen. Die Schwierigkeiten im Finanzsystem Islands gingen mit einem Einbruch des Vertrauens in seine Währung einher. Die Króna verlor im ersten Quartal 2008 stark an Wert. Weitere Wertverluste traten im Herbst, vor und nach dem Untergang der drei Geschäftsbanken, ein. Trotz der im Herbst 2008 eingeführten Kapitalkontrollen war das Jahr 2009 von starken Währungsschwankungen geprägt (20). Diese Turbulenzen führten zu einer schweren Rezession der isländischen Konjunktur, in deren Verlauf das BIP 2009 um 6,8 % und 2010 um 4 % schrumpfte.

(34)

Zu den Begleiterscheinungen der Wirtschaftskrise zählten eine plötzliche Zunahme der Arbeitslosigkeit von 1,6 % im Jahr 2008 auf 8 % 2009, ein Anstieg der Inflation und das Sinken der Reallöhne. Darüber hinaus war ein steiler Anstieg des Schuldenstandes von Unternehmen und Privathaushalten sowie des Anteils notleidender Kredite im Kreditportfolio der Banken zu verzeichnen. Auch kam es in großem Maßstab zu Übernahmen von in Insolvenzgefahr geratenen Unternehmen durch die neuen Banken. Gleichzeitig lösten die hohen, aus Steuergeldern finanzierten Umstrukturierungskosten des Bankensystems einen steilen Anstieg des Haushaltsdefizits und eine erhebliche Zunahme der Schulden des öffentlichen Sektors aus.

(35)

Nach der tiefen Rezession lassen vorläufige, vom nationalen statistischen Amt Islands vorgelegte Daten nun auf einen Umschwung in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 schließen. Für das gesamte Jahr wird von einem Wachstum des BIP von 3,1 % gegenüber dem Vorjahr ausgegangen.

(36)

Das 2011 verzeichnete Wirtschaftswachstum war überwiegend auf eine Zunahme der Inlandsnachfrage zurückzuführen, wobei sich insbesondere ein Anstieg der Konsumausgaben privater Haushalte um 4 % bemerkbar machte. Unterstützt wurde dies durch Erhöhungen der Löhne und Sozialleistungen sowie bestimmte politische Initiativen zur Entlastung privater Haushalte bei der Bedienung von Schulden. Hierzu zählten ein vorübergehender Zinszuschuss, das Einfrieren von Abzahlungen von Krediten und die vorgezogene Rückzahlung von Einzahlungen in die private Altersvorsorge. Die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2011 lassen auch auf einen langsamen Anstieg der Investitionen schließen, der allerdings von einem ganz besonders niedrigen Niveau ausgeht (21). Der Verbrauch der öffentlichen Hand verharrte in den letzten drei Jahren auf einem besonders niedrigen Niveau.

(37)

Die gesamtwirtschaftlichen Daten verbergen erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren. Zusätzlich zum Zusammenbruch im Finanzsektor war auch bei der Bautätigkeit und zahlreichen anderen Fertigungs- und Dienstleistungsaktivitäten im Inland ein Abschwung zu verzeichnen. Andererseits konnten bestimmte Exportsektoren ein Wachstum verzeichnen. Aufgrund des niedrigen Wechselkurses der Króna und vergleichsweise stabiler Preise bei Meereserzeugnissen und Aluminiumprodukten (in ausländischen Währungen), stiegen die Exporteinnahmen nach dem Beginn der Wirtschaftskrise. Dies traf auch für den Tourismus und andere Dienstleistungsexporte zu. Gleichzeitig gingen die Einfuhren stark zurück und drehten die Handelsbilanz (22) 2010 mit einem Überschuss von etwa 10 % des BIP vorübergehend ins Plus. Mit der gestiegenen Inlandsnachfrage 2011 haben auch die Einfuhren wieder zugenommen. Die Folge war ein insgesamt geringerer Handelsüberschuss von 8,2 % des BIP.

(38)

Die Prognose des nationalen statistischen Amts Islands für 2012 bis 2017 geht davon aus, dass sich 2012 die schrittweise wirtschaftliche Erholung mit 2,6 % Wachstum fortsetzen wird. Eine ähnliche Wachstumsquote wird auch für den restlichen Vorhersagezeitraum erwartet. Diese Prognose unterliegt jedoch verschiedenen Unsicherheiten. Geplante Großinvestitionen der Industrie könnten noch weiter aufgeschoben werden. Die Handelsbedingungen Islands könnten von einer länger anhaltenden Rezession in den Hauptpartnerländern beeinträchtigt werden und eine niedrigere Wachstumsquote in Island mit sich bringen. Stellen sich bei der Bewältigung der Schuldenlast der Haushalte und Unternehmen die Fortschritte langsamer ein als erwartet, dann würde dies die Inlandsnachfrage und die Wachstumsaussichten der Wirtschaft noch weiter einengen. Auch durch im Zusammenhang mit der Aufhebung von Kapitalkontrollen ausgelöste Wechselkursschwankungen, die ihrerseits zu einer weiter andauernden Instabilität der Preise führen, könnte das Wachstum gefährdet werden.

2.5.   Finanzaufsicht und Verbesserungen am verordnungsrechtlichen Rahmen

(39)

Im Anschluss an die anfänglichen Arbeiten der FME im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Banken und der Bewertung der von den alten Banken übertragenen Reinvermögen prüfte die FME im Frühjahr 2009 im Rahmen eines sogenannten Freizeichnungsprojekts die neuen Banken sowie deren Wirtschaftspläne, finanzielle Stärke und den Kapitalbedarf. Hierbei nahm sie die Hilfe der internationalen Wirtschaftsberatungsfirma Oliver Wyman in Anspruch.

(40)

Nach der Beendigung dieses Vorgangs erteilte die FME den Banken vorbehaltlich verschiedener Bedingungen Lizenzen. In Anbetracht der Beschaffenheit der Anlagenbestände und der erwarteten wirtschaftlichen Ungewissheit hielt man es für erforderlich, den drei Banken höhere Eigenkapitalanforderungen vorzuschreiben als das gesetzliche Minimum. Die FME setzte daher den Mindest-Eigenkapitalkoeffizienten für die drei Banken auf 16 % fest, wobei der Kernkapitalkoeffizient mindestens 12 % betragen musste. Die Anforderungen galten mindestens drei Jahre, sofern seitens der FME keine Änderung erfolgte. Auch Liquiditätsbedingungen wurden festgelegt. In ihnen wurde verlangt, dass die verfügbaren liquiden Mittel jederzeit mindestens 20 % der Einlagen betragen mussten und dass die liquiden Mittel oder liquiden Mitteln gleichgestellten Mittel sich auf mindestens 5 % der Einlagen belaufen mussten. Auch im Hinblick auf andere Themen wie Umstrukturierung der Kreditportfolios, Risikobewertung, Grundsätze der Unternehmensführung und Eigenverantwortlichkeit wurden Anforderungen gestellt. Die FME führte auch für andere Finanzunternehmen vergleichbare Kapitalanforderungen ein.

(41)

In dem in Absprache mit dem IWF festgelegten Programm zur Stabilisierung der Wirtschaft war zur Verbesserung des Schutzes vor zukünftigen Finanzkrisen eine Überarbeitung des gesamten verordnungsrechtlichen Rahmens für Finanzdienstleistungen und die Finanzaufsicht vorgesehen. Die Regierung lud den ehemaligen Generaldirektor der finnischen Finanzaufsichtsbehörde, Herrn Kaarlo Jännäri, ein, eine Bewertung des bestehenden verordnungsrechtlichen Rahmens und der Aufsichtsmethoden vorzunehmen. Eine der von Herr Jännäri vorgeschlagenen Verbesserungen betraf die Einrichtung eines nationalen Kreditregisters bei der FME zur Verringerung der im System bestehenden Kreditrisiken. In seinem Bericht empfahl er auch die Festlegung strengerer Vorschriften und eine härtere Vergabepraxis bei Großkrediten und damit zusammenhängenden Darlehen. Er schlug auch vor, zur Überprüfung der externen Aufsicht mit den entsprechenden Berichten insbesondere im Hinblick auf Kreditrisiken, Liquiditätsrisiken und Devisenrisiken, mehr Kontrollen vor Ort durchzuführen. Außerdem wurde eine Überprüfung und Verbesserung des Einlagensicherungssystems unter enger Anlehnung an die Entwicklungen in der EU empfohlen.

(42)

Die Regierung brachte anschließend im Althingi einen Gesetzentwurf ein, der sich unter anderem auf die Vorschläge von Jännäri sowie die seit 2009 eingeführten Änderungen im EWR-Recht für Finanzaktivitäten stützte. Dieser Entwurf wurde angenommen und trat am 1. Juli 2010 als Gesetz Nr. 75/2010 in Kraft. Mit dem neuen Gesetz wurden auch am Gesetz über Finanzunternehmen umfangreiche Änderungen vorgenommen. Später wurden noch weitere Änderungen am Gesetz über Finanzunternehmen sowie in der Regulierung und Beaufsichtigung von Finanzdienstleistungen eingeführt. Diese verordnungsrechtlichen Änderungen werden im Anhang näher betrachtet.

2.6.   Die wichtigsten Herausforderungen der Zukunft (23)

(43)

Trotz wichtiger Fortschritte beim Wiederaufbau des Finanzsektors kämpft Island weiterhin mit den Nachwirkungen der Finanz- und Währungskrise vom Herbst 2008. Durch die Finanzkrise traten verschiedene Fehler und Mängel im Finanzsystem zutage, die behoben werden müssen, wenn das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden soll. Offensichtlich steht Island — wie viele andere Länder, die von der Finanzkrise hart getroffen wurden — bei der Anpassung des rechtlichen und betrieblichen Umfeldes für Finanzdienstleistungen zahlreichen Herausforderungen gegenüber, wobei das Ziel darin besteht, ein in Zukunft existenzfähiges, effizientes Finanzsystem zu fördern und das Risiko für ein erneutes Auftreten von Systemerschütterungen so weit wie möglich zu verringern.

(44)

Die dringendsten Herausforderungen, mit denen sich die isländischen Finanzunternehmen aktuell auseinandersetzen müssen, hängen mit dem Umstand zusammen, dass die Banken in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer pauschalen Einlagensicherung arbeiten. Die Banken müssen sich jetzt auf die Arbeit in einem weniger geschützten Umfeld vorbereiten, das bestehen wird, wenn die Kapitalkontrollen aufgehoben und die Einlagensicherungen wieder auf die in den einschlägigen EU-/EWR-Vorschriften festgelegten Vorgaben zurückgeführt werden (24). Die isländischen Behörden unterstrichen, dass bei der Einführung neuer Vorschriften mit äußerster Vorsicht vorzugehen sei.

(45)

Eine weitere große Herausforderung liegt in der weiteren Anpassung des rechtlichen und verordnungsrechtlichen Rahmens zur Unterstützung eines soliden, effizienten Finanzsystems, das im Einklang mit den Entwicklungen im EWR-Recht und im internationalen Recht steht (25).

2.7.   Der Zustand des Wettbewerbs im isländischen Finanzsektor

(46)

Nach neuesten Informationen der isländischen Behörden (26) hat sich der Wettbewerb auf dem Finanzmarkt seit dem Zusammenbruch der Banken radikal verändert. Die Anzahl der Finanzunternehmen ist zurückgegangen, weil mehrere Sparkassen, Geschäftsbanken und spezialisierte Darlehensgeber sich entweder in der Liquidation befinden oder mit anderen Unternehmen verschmolzen sind (27). Die Zahl der Finanzunternehmen nimmt auch jetzt noch ab, in jüngster Zeit durch die Zusammenschlüsse der Landsbankinn und der SpKef im März 2011, der Íslandsbanki und der Byr im Dezember 2011 und die von der Überwachungsbehörde am 20. Juni 2012 genehmigte Zusammenlegung der Landsbankinn und der Svarfdaelir Savings Bank. Aufgrund des Rückgangs bei der Zahl der Finanzunternehmen und aufgrund der Übernahme der Einlagen der schließenden Banken durch die größeren Banken ist die Konzentration auf dem inländischen Markt gewachsen. Andererseits ist aufgrund der Schließung der internationalen Bankentätigkeit die Präsenz der neuen Banken auf den Finanzmärkten des EWR insgesamt viel kleiner als die ihrer Vorgängerinnen.

(47)

Darüber hinaus ist der inländische Markt mit dem vollständigen Verschwinden oder der erheblichen Schwächung bestimmter Untermärkte stark geschrumpft. Mit dem beinahe vollständigen Verschwinden des Aktienmarkts und der Einführung von Kapitalkontrollen gingen die Geschäfte an den Aktien- und Devisenmärkten zurück. Dies führte wiederum zu eingeschränkten Möglichkeiten für Investitionen. Da sich das Niveau der Investitionen in der Wirtschaft auf einem historischen Tiefstand befindet und die Haushalte und Unternehmen im Allgemeinen hoch verschuldet sind, ist die Nachfrage nach Krediten niedrig. Seit dem Kollaps konzentrierten die Banken ihre Anstrengungen auf interne Angelegenheiten, die Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios sowie die Umstrukturierung einiger wichtiger Firmenkunden.

(48)

Vor der Finanzkrise hielten die Sparkassen bei den Einlagen gemeinsam einen Marktanteil von 20 bis 25 %. Dieser Anteil ist jetzt auf etwa 2 bis 4 % eingebrochen. Die Marktanteile, die den Sparkassen und den aus dem Markt ausscheidenden Geschäftsbanken verloren gingen, wurden von den drei großen Geschäftsbanken Arion Bank, Íslandsbanki und Landsbanki hinzugewonnen. Die drei Großbanken zusammen nehmen heute etwa 90 bis 95 % des Marktes ein, statt 60 bis 75 % wie früher. Dabei ist der Marktanteil der Landsbankinn marginal höher. Abgesehen von den zehn regionalen Sparkassen, die etwa 2 bis 4 % des Marktes einnehmen, ist die umstrukturierte MP Bank (28) mit einem Anteil von etwa 1 bis 5 % der einzige weitere Marktteilnehmer.

(49)

Der isländische Markt ist also eindeutig oligopolistisch und die drei größten Unternehmen könnten gemeinsam eine beherrschende Marktstellung erreichen. Nach Aussage der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA), bei der die Überwachungsbehörde um eine Stellungnahme zum Zustand des Wettbewerbs in Island und mögliche Abhilfemaßnahmen gebeten hatte, bestehen hohe Schranken für den Zugang zum isländischen Bankenmarkt. Dies wirkt sich nachteilig auf den Wettbewerb aus. Auch bestehen für Verbraucher gewisse Hindernisse beim Wechsel der Bank. Die isländischen Behörden erkannten darüber hinaus an, dass die mit der kleinen, nicht frei gehandelten Währung Islands, der isländischen Króna, einhergehenden Wechselkursrisiken den Wettbewerb noch weiter einschränkten und ausländische Banken und Unternehmen vom Eintritt in den isländischen Markt abhielten.

(50)

Die isländische Wettbewerbsbehörde richtete in letzter Zeit ihr Augenmerk auf ein besonderes, mit der IT-Infrastruktur zusammenhängendes Problem für den Geschäftsbetrieb der Banken und ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Dies betrifft den IT-Dienstleister Reiknistofa bankanna (Datenzentrum der isländischen Banken, RB), der gemeinsames Eigentum der Finanzinstitute ist. Diese Angelegenheit hat Bedeutung für die Würdigung des vorliegenden Falls und gehörte zu den Fragen, die die Überwachungsbehörde mit den isländischen Behörden und Banken erörterte.

(51)

RB steht im gemeinsamen Eigentum der drei größten isländischen Banken, zweier Sparkassen, des isländischen Sparkassenverbandes und der drei wichtigsten Zahlungskartendienstleister in Island. Landsbankinn besitzt 36,84 % der Anteile an RB, Íslandsbanki hält 29,48 % und die Arion Bank 18,7 %. Zusammen besitzen die drei Geschäftsbanken also 85,02 % der Anteile an RB. Zu den Kunden von RB zählen die Eigentümer, die Zentralbank von Island und andere Finanzinstitute sowie andere öffentliche Einrichtungen. Die Zusammenarbeit der Banken in diesem Bereich ist umfassend, da RB das Verrechnungs- und Saldenausgleichssystem in Island entwickelt hat. RB bietet außerdem eine Reihe von Lösungskonzepten für das Kerngeschäft von Banken an. Hierbei handelt es sich um mandantenfähige Lösungen, die von den meisten isländischen Banken genutzt werden. RB betreibt darüber hin ein elektronisches Rechnungsstellungssystem und ein elektronisches Zahlungssystem für Unternehmen und Verbraucher.

(52)

Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde schwächte der Kollaps im Jahr 2008 die kleineren Banken und Sparkassen ganz besonders. Für die kleineren Finanzunternehmen hatten die erforderlichen IT-Dienstleistungen einen ganz besonders hohen Stellenwert, denn diese Dienste können als eine der Marktzutrittsschranken für neue Marktteilnehmer betrachtet werden. Die Plattform für IT-Dienstleistungen wurde von RB zu einem erheblichen Teil für die größeren Finanzunternehmen bereitgestellt, während Teris eine Plattform für die Sparkassen und kleineren Marktteilnehmer vorhielt. Nach der Schließung vieler kleinerer Finanzunternehmen in den letzten Jahren verlor Teris einen erheblichen Teil seiner Einnahmen. Dies führte im Januar 2012 zum Verkauf einiger seiner IT-Lösungskonzepte an RB. Nach Aussage von RB und Teris sollte diese Transaktion unter anderem der Sicherstellung einer ununterbrochenen Versorgung kleinerer Finanzunternehmen mit IT-Dienstleistungen dienen.

(53)

Die Wettbewerbsbehörde hat im Zusammenhang mit RB zwei Fälle geprüft. Der erste Fall betrifft die Frage, ob der gemeinsame Besitz des RB-Forums und die Zusammenarbeit der Banken und anderen Finanzunternehmen darin als Verstoß gegen das Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen nach Artikel 10 des isländischen Wettbewerbsgesetzes zu betrachten sei. Im zweiten Fall wurde die Vereinbarkeit des Kaufs bedeutender Vermögenswerte von Teris durch RB nach den in diesem Gesetz enthaltenen Bestimmungen über Zusammenschlüsse beurteilt. Im Mai 2012 wurden diese beiden Fälle jedoch mit einem Vergleich zwischen RB und dessen Eigentümern auf der einen und der Wettbewerbsbehörde auf der anderen Seite abgeschlossen (29).

(54)

Neben den oben beschriebenen, unmittelbar mit dem isländischen Finanzmarkt zusammenhängenden Besorgnissen wies die Wettbewerbsbehörde (ICA) insbesondere auf die Notwendigkeit hin, den Verkauf und die Umstrukturierung von Betriebsgesellschaften (30) möglichst umgehend abzuschließen. Viele Betriebsgesellschaft waren aufgrund von Überschuldung nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch im Jahr 2008 von den Banken (als Gläubiger dieser Gesellschaften) übernommen worden. Nach Aussage der Wettbewerbsbehörde kann ein Interessenkonflikt entstehen, wenn Banken für Unternehmen Finanzdienstleistungen erbringen und gleichzeitig Eigentümer dieser Unternehmen sind. Die Wettbewerbsbehörde ist der Auffassung, dass heute, d. h. in der Zeit nach der Finanzkrise, das mittel- und unmittelbare Eigentum der Banken (31) das verbreitetste und gefährlichste Wettbewerbsproblem ist, weil sich dieser Umstand auf fast alle Unternehmen und Branchen in Island auswirkt. Nach Ansicht der Wettbewerbsbehörde würde eine schnellere Umstrukturierung von Unternehmen zu einem besseren Wettbewerb auf dem Finanzmarkt führen. Soweit die Beteiligung der Banken an der Umstrukturierung ihrer Unternehmenskunden den Mitteilungsbedingungen im Rahmen der nationalen Kontrollmaßnahmen für Zusammenschlüsse unterlag, stellte die Wettbewerbsbehörde häufig Bedingungen bezüglich der Eigentumsanteile der Banken. Eine umfassende Lösung des Problems scheint sich jedoch schwierig zu gestalten, weil hier ein wesentlicher Zusammenhang mit dem hohen Verschuldungsgrad des isländischen Unternehmenssektors besteht.

(55)

In ihrem bei der Überwachungsbehörde eingereichten Schriftsatz brachten alle drei Geschäftsbanken, d. h. die Arion Bank, die Íslandsbanki und die Landsbankinn, zum Ausdruck, dass seit dem Herbst 2008 bei den Wettbewerbsbedingungen auf dem isländischen Finanzmarkt keine großen Veränderungen eingetreten seien, die zu Bedenken Anlass geben könnten. Auf dem Markt herrsche ein wirksamer Wettbewerb, ohne Anzeichen für aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen der drei größten Marktteilnehmer. Bei der Prüfung der Wettbewerbsbedingungen auf dem Markt habe die Wettbewerbsbehörde jedoch bestimmte Schlüsselfaktoren übersehen. Ausländische Banken hätten, obgleich sie in Island nicht präsent sind, seit langem bei der Bereitstellung von Unternehmenskrediten und Finanzdienstleistungen für die größten Kunden wie beispielsweise exportorientierte Unternehmen (Fischerei, energieintensive Industriezweige usw.) sowie für staatliche und kommunale Vorhaben aktiv mit isländischen Banken konkurriert und täten dies auch heute noch.

(56)

Diese Darstellung widerspricht jedoch der in dem bei den isländischen Behörden eingereichten Schriftsatz zum Ausdruck gebrachten Sichtweise, wie sie in dem oben angeführten Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi dargelegt wird. Auch zur Auffassung der Wettbewerbsbehörde besteht hier ein Widerspruch. Darüber hinaus hat sich, wie nachfolgend umrissen wird, die Arion Bank trotz gewisser Vorbehalte bezüglich der Analyse der Wettbewerbsbedingungen dazu entschlossen, bestimmte Verpflichtungen zur Eingrenzung der mit den betreffenden Beihilfemaßnahmen verbundenen Wettbewerbsverzerrungen einzugehen. Diese Verpflichtungen sind dem Anhang zu entnehmen.

3.   BESCHREIBUNG DER MASSNAHMEN

3.1.   Die Empfängerin

(57)

Wie oben beschrieben brach die Kaupthing Bank, ebenso wie die beiden anderen großen isländischen Geschäftsbanken, im Jahr 2008 zusammen zu. Um den Weiterbetrieb des Bankensektors im Land sicherzustellen, trafen die isländischen Behörden Maßnahmen zur Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Kaupthing Bank hf einschließlich der Errichtung und Kapitalausstattung der New Kaupthing Bank (inzwischen umbenannt in Arion Bank).

3.1.1.   Die Kaupthing Bank

(58)

Vor der Finanzkrise 2008 war die Kaupthing Bank die größte Bank in Island. Ende 2007 belief sich ihre Bilanzsumme auf 5347 Mrd. ISK (58,3 Mrd. EUR). Kaupthing war vorwiegend eine nordeuropäische Bank, die in dreizehn Ländern tätig war. Sie bot Unternehmen, institutionellen Anlegern und Privatpersonen integrierte Finanzdienstleistungen an, die sich auf folgende fünf Geschäftsfelder verteilten: Unternehmens- und Privatkunden, Kapitalmärkte, öffentliche Vermögen, Investmentbanking sowie Vermögensverwaltung und die Betreuung vermögender Privatkunden. Darüber hinaus betrieb die Bank ein Niederlassungsnetz in Island, wo sie ihren Hauptsitz hatte, und in geringerem Umfang auch in Norwegen und Schweden. Über Tochtergesellschaften in Dänemark, Schweden, Luxemburg und dem Vereinigten Königreich sowie Niederlassungen in Finnland, Norwegen und auf der Insel Man besaß Kaupthing Bankzulassungen in diesen Ländern. Die wichtigsten Tochtergesellschaften der Kaupthing waren die Kaupthing Singer & Friedlander (Vereinigtes Königreich) und die FIH Erhvervsbank (Dänemark). Die Bank betrieb aber auch sechzehn weitere Tochtergesellschaften und Niederlassungen in verschiedenen Ländern in Europa, Nordamerika, Asien und dem Mittleren Osten. Ende 2007 hatte die Bank 3334 Beschäftigte. Die Aktien der Bank waren an der OMX Nordic Exchange in Reykjavík und in Stockholm notiert.

3.1.2.   Arion Bank

(59)

Die Nachfolgerin Kaupthings, die Arion Bank, ist eine isländische Bank, die Unternehmen, institutionellen Anlegern und Privatpersonen universelle Finanzdienstleistungen anbietet. Die Bank strebt an, vor allem für größere Unternehmen und natürliche Personen, die eine breite Palette an finanziellen Lösungskonzepten suchen, als Hausbank tätig zu sein.

(60)

Die Arion Bankgruppe besteht aus der Muttergesellschaft und acht Haupttochtergesellschaften, die integraler Bestandteil des operativen Geschäfts der Bank sind (32).

(61)

Hinsichtlich der in jüngster Zeit erfolgten und noch laufenden Umstrukturierung ihres Kreditbestands hat die Bank Vermögenswerte übernommen, die als zum Verkauf gehalten oder, wenn die Eintreibungsmaßnahmen noch nicht abgeschlossen sind, als vorübergehendes operatives Geschäft klassifiziert werden. Nach Aussage der Bank bemüht sie sich nichtsdestoweniger um einen möglichst schnellen Verkauf derartiger Vermögenswerte (33).

(62)

Weitere wichtige Beteiligungen bestehen in Auðkenni (einer Holdinggesellschaft, die Sicherheitsschlüssel für das Online-Banking verwaltet, 20 %) und Reiknistofa bankanna (dem Datenzentrum der isländischen Banken, RB, 18,05 %). Die Arion Bank hat bereits insgesamt fünfzehn Unternehmen, an denen die Bank Eigenkapitalanteile besaß, geschlossen oder betreibt gerade deren Schließung. Diese Gesellschaften befinden sich entweder in der Liquidation oder sie verfügen über keine Vermögenswerte bzw. Geschäftsbetriebe.

(63)

Die Hauptbankprodukte fallen in die folgenden vier Kategorien: Vermögensverwaltung, Investmentbanking, Firmenkunden und Privatkunden. Nähere Erläuterungen folgen.

Vermögensverwaltung

(64)

Diese Abteilung besteht aus den Bereichen Verkauf und Dienstleistungen, Betreuung vermögender Privatkunden sowie institutionelle Vermögensverwaltung. Die Tochtergesellschaft Stefnir Asset Management Company der Bank betreibt das Fondsverwaltungsgeschäft. Die Vermögensverwaltungsabteilung der Arion Bank nimmt im Fondsvertrieb den wichtigsten Platz ein. Die Abteilung für Vermögensverwaltung spielt auf dem isländischen Markt eine führende Rolle. Ende 2011 verwalteten die Arion Bank und deren Tochtergesellschaften Vermögen im Wert von über 659 Mrd. ISK.

(65)

Die Abteilung für Vermögensverwaltung ist für die Verwaltung von Vermögen im Namen ihrer Kunden, zu denen institutionelle Anleger, Kapitalgesellschaften, Kunden mit hohem Reinvermögen und Kleinanleger gehören, verantwortlich. Sie bedient Kunden mit unterschiedlichen Anlagezielen und bietet ihnen eine breite Palette an Dienstleistungen. Zusätzlich zu einer Vielzahl an offenen Investmentfonds, alternativen Anlageinstrumenten und Altersversorgungsprogrammen bietet die Abteilung auch maßgeschneiderte Vermögensanlagestrategien und verwaltete Depotkonten an. Die Abteilung hat auch Fonds anderer führender globaler Fondsverwaltungsgesellschaften im Angebot.

Investmentbanking

(66)

Die Abteilung für Investmentbanking bietet Unternehmenskunden verschiedene Dienstleistungen an, die sich auf die folgenden vier Hauptproduktbereiche verteilen:

Beratung bei Fusionen und Übernahmen

Kapitalmarktumsätze

Übernahme- und Fremdkapitalfinanzierungen

Investitionen auf eigene Rechnung und Gefahr (sogenannte „Principal Investments“)

(67)

Das Ziel der Abteilung besteht darin, die Beratungstätigkeit mit den Finanzierungskapazitäten der Bank zusammen zu bringen und auf diese Weise in enger Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen der Bank, insbesondere der Kapitalmarktabteilung und der Firmenkundenabteilung, ein ganzheitliches Lösungskonzept für die Kunden zu erstellen.

Firmenkunden

(68)

Die Abteilung Firmenkunden setzt sich aus den folgenden sieben Bereichen zusammen: Firmenkredite, Sonderkredite, Recht und Dokumentation, Portfolioverwaltung, Firmendienstleistungen, Einziehung und Factoring. Di Firmenkundenabteilung bietet ihren Kunden, von mittelständischen Unternehmen bis zu großen Konzernen, eine Reihe von Finanzdienstleistungen und -produkten an. Für die Abteilung steht vor allem die Aufrechterhaltung langfristiger Beziehungen zu ihren Kunden sowie die Erstellung maßgeschneiderter Lösungen und die Erbringung von auf die Kundenwünsche abgestimmten Dienstleistungen im Mittelpunkt ihrer Arbeit.

(69)

Die Arion Bank betrachtet sich als Vorreiterin bei der Lösung von Problemen der Unternehmensverschuldung und erzielte bei der Umstrukturierung von Unternehmen beachtliche Fortschritte. Der Bereich Eintreibungen in der Firmenkundenabteilung ist für die Eintreibung der Kredite der Bank, d. h. die Umstrukturierung der von Zahlungsschwierigkeiten betroffenen Unternehmen, zuständig. Die Arbeiten sind bereits gut vorangekommen und stehen kurz vor dem Abschluss.

Privatkunden

(70)

Die Abteilung Privatkunden hält in Island einen Marktanteil von 30 %. In ganz Island bestehen 24 Niederlassungen mit über 100 000 Kunden. Die Niederlassungen erbringen eine umfassende Palette an Dienstleistungen, zu denen unter anderem Einlagen- und Kreditberatung, Zahlungskarten, Sparpläne für die Altersversorgung, Versicherungen, Fonds und Wertpapiere gehören.

(71)

Das Niederlassungsnetz ist in sieben Cluster aufgeteilt, von denen jeder einen eigenen Geschäftsleiter hat. Kleinere Niederlassungen nutzen die Stärke größerer Niederlassungen innerhalb der einzelnen Cluster. Den Niederlassungen wurden mehr exekutive Vollmachten und Verantwortungen übertragen. Auf diese Weise entstand eine größere Kundennähe. Nach Aussage der Bank fördert diese Regelung die Abstimmung der Verfahren und die umfassende Nutzung der Sachkenntnis innerhalb der Niederlassungen. Vier dieser Geschäftsleiter arbeiten in Reykjavík und Umgebung und drei im Gebiet anderer großer Städte. Mit diesem Aufbau sollen die Verbindungen zwischen den im gleichen Landesteil angesiedelten Niederlassungen gestärkt werden.

Angaben zu den Marktanteilen

(72)

Nach den Berechnungen der Arion Bank und unter Zugrundelegung der Jahresberichte der isländischen Banken und Sparkassen beträgt der Marktanteil der Arion Bank bei den Einlagen [> 30 %] und liegt somit nur unwesentlich unter den Marktanteilen der Landsbankinn ([> 30 %]) und der Íslandsbanki ([> 30 %]). Andere Marktteilnehmer von geringfügiger Bedeutung sind die MP Bank ([< 5 %]) und die Sparkassen (insgesamt [< 5 %]).

(73)

Der Anteil der Arion Bank bei den Kundenkrediten beträgt etwa [15-25 %] und gleicht damit dem entsprechenden Anteil der Íslandsbanki, liegt aber etwas unter dem Anteil der Landsbankinn. Der Housing Financing Fund kann in diesem Markt den größten Anteil [> 25 %] für sich verbuchen. Auch die Altersversorgungkassen halten gemeinsam einen bedeutenden Anteil an diesem Markt [5-10 %], während die Anteile anderer Marktteilnehmer unbedeutend sind.

(74)

Der nach Umsätzen gemessene Marktanteil der Arion Bank im Handel an der isländischen Börse betrug in den ersten 14 Wochen des Jahres 2012 [10-20 %]. Allerdings beliefen sich die Anteile der anderen Geschäftsbanken, der Íslandsbanki, der Landsbankinn und der MP Bank, auf [20-25 %].

3.2.   Vergleich der alten mit der neuen Bank

(75)

Ein indikativer Vergleich der wichtigsten Finanzdaten in den Vermögensübersichten der alten und der neuen Bank gemäß Darstellung in Tabelle 1 ergibt einen immensen Unterschied bei der Größe und dem Umfang der beiden Unternehmen. (34) Die gesamten Vermögenswerte der Arion Bank beliefen sich Ende 2009 nur auf 11,5 % der Vermögenswerte der Kaupthing Bank zur Jahresmitte 2008. Das Kreditportfolio ist die größte einzelne Vermögenskategorie. Der Buchwert des Kreditportfolios der Kaupthing Bank betrug Ende Juni 2008 4169 Mrd. ISK. Demgegenüber betrug das Kreditportfolio der Arion Bank Ende 2009 358 Mrd. ISK, also 8,6 % des Portfolios der Kaupthing. Auch bei den Wertpapierbeständen der Arion Bank ist im Vergleich zur Kaupthing Bank eine wesentliche Veränderung zu beobachten. Aktien und Derivate gingen um 96 bis 100 % zurück. Bei Schuldverschreibungen ist der Rückgang geringer. Hier betrug der Schuldverschreibungsbestand der Arion Bank 25,7 % des entsprechenden Bestands der Kaupthing Bank.

Tabelle 1

Vergleich der Bilanzen der Arion Bank und der Kaupthing Bank Beträge (in Mrd. ISK)

 

Kaupthing

30.6.2008

Arion

31.12.2009

Arion in % von Kaupthing

Summe der Vermögenswerte

6 603

757

11,5

Kredite und Forderungen an Kunden

4 169

358

8,6

Schuldverschreibungen und Schuldtitel

676

173

25,7

Aktien und Eigenkapitalinstrumente

172

7

4,1

Summe der Verbindlichkeiten

6 166

667

10,8

Einlagen

1 848

495

26,8

Eigenkapital insgesamt

438

90

20,6

(76)

Die Gewinn- und Verlustrechnungen der beiden Unternehmen weisen einen ähnlichen Unterschied in Größe und Umfang auf. Bei einem Vergleich zwischen der Arion Bank im Jahr 2009 und der Kaupthing Bank im Jahr 2007 stellt man fest, dass das Zinsergebnis der Arion Bank 15,2 % des entsprechenden Ergebnisses der Kaupthing Bank betrug und dass die Nettoeinnahmen aus Gebühren und Provisionen bei Arion 10,7 % der entsprechenden Einnahmen der Kaupthing erreichten. Die Arion Bank beschäftigte Ende 2009 1 057 Personen (einschließlich der Angestellten der Tochtergesellschaften), gegenüber 3 334 Angestellten bei der Kaupthing Bank Ende 2007. Die Gesamtzahl der Angestellten bei Arion erreichte folglich 32 % der entsprechenden Summe bei Kaupthing (35). Vergleicht man die isländischen Geschäftsbetriebe beider Banken, so beschäftigte Kaupthing in den isländischen Betrieben Ende 2008 1 133 Mitarbeiter (unter Ausschluss der Angestellten von Tochtergesellschaften), während bei der Arion Bank Ende 2009 952 Angestellte (unter Ausschluss der Tochtergesellschaften) arbeiteten.

Tabelle 2

Vergleich der Gewinn- und Verlustrechnungen der Arion Bank und der Kaupthing Bank (Beträge in Mrd. ISK)

 

Kaupthing

2007

Arion

2009

Arion in % von Kaupthing

Zinsergebnis

80

12

15,2

Nettoeinnahmen aus Gebühren und Provisionen

55

6

10,7

Betriebliche Erträge

166

50

29,9

Erträge vor Einkommenssteuer

81

15

19,0

3.3.   Die nationale Rechtsgrundlage

(77)

Die nationale Rechtsgrundlage für die Beihilfemaßnahmen ist:

Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw., allgemein als Notstandsgesetz bezeichnet.

Das Notstandsgesetz verlieh der FME Vollmacht, unter extremen Umständen zu intervenieren und die Verfügungsgewalten der Hauptversammlungen und Vorstandssitzungen von Finanzinstituten zu übernehmen und Entscheidungen über die Veräußerung ihrer Vermögenswerte und Verbindlichkeiten zu treffen. Die FME erhielt auch Vollmacht zur Bestellung von Auflösungsausschüssen für die von ihr übernommenen Finanzunternehmen. Diese Ausschüsse besaßen die Verfügungsgewalten von Hauptversammlungen. Bei der Abwicklung der Institute räumt das Gesetz den Forderungen von Einlagenbesitzern und Einlagensicherungssystemen Vorrang ein. Das Gesetz ermächtigte außerdem das isländische Finanzministerium zur Gründung neuer Banken. Das Notstandsgesetz beinhaltet Änderungen des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002, des Gesetzes über die amtliche Aufsicht über Finanzaktivitäten Nr. 87/1998, des Gesetzes über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme Nr. 98/1999 und des Wohnungsbaugesetzes Nr. 44/1998.

Nachtragshaushaltsgesetz für 2008 (Artikel 4)

Haushaltsgesetz für 2009 (Artikel 6)

3.4.   Die Beihilfemaßnahmen

(78)

Die Interventionen der isländischen Behörden nach dem Zusammenbruch der Kaupthing Bank sind vorstehend beschrieben worden. Im Eröffnungsbeschluss wurden sie in allen Einzelheiten dargelegt. Der wesentliche Inhalt der Interventionen lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die FME übernahm am 9. Oktober 2008 die Kontrolle über die Kaupthing Bank. Hierbei wurden die (meisten) inländischen Vermögenswerte an die New Kaupthing übertragen. Die Masse der alten Bank sollte für diese Übertragung einen Ausgleich in Form der Differenzsumme zwischen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten erhalten. Da sich die Bestimmung dieser Differenz als schwierig und zeitraubend erwies, stellte der Staat Anfangskapital zur Verfügung und verpflichtete sich, bei Bedarf weiteres Kapital einzuschießen. Der Staat stattete dann die Bank mit Kapital aus, bis schließlich am 1. Dezember 2009 zwischen ihm und der alten Bank eine Vereinbarung getroffen wurde, in deren Folge die Kapitaleinlage des Staates in der Bank von 100 % auf 13 % gesenkt wurde (36). Die Überwachungsbehörde betrachtet dieses Datum — den 1. Dezember 2009 — als Beginn des fünfjährigen Umstrukturierungszeitraums, der demzufolge bis zum 1. Dezember 2014 andauern wird.

(79)

Der nachfolgende Abschnitt beschränkt sich auf eine Beschreibung derjenigen Aspekte der staatlichen Intervention, die für die Bewertung nach Artikel 61 des EWR-Abkommens maßgeblich sind.

3.4.1.   Kernkapital

(80)

Der Staat stellte zweimal Kernkapital bereit — einmal, als die New Kaupthing ins Leben gerufen wurde, und dann noch einmal, als er die Bank vollständig (und rückwirkend) mit Kapital ausstattete. Diesem Vorgang schloss sich eine mit der alten Bank im Namen ihrer Gläubiger getroffene Vereinbarung an, nach der der Staat eine Kapitaleinlage von 13 % in der Bank beibehielt.

3.4.1.1.   Anfangskapital

(81)

Nach der Gründung der New Kaupthing Bank im Oktober 2008 stellte der Staat der neuen Bank 775 Mio. ISK (37) (5 Mio. EUR) in bar als Anfangskapital zur Verfügung und verpflichtete sich darüber hinaus, in die neue Bank als Gegenleistung für deren gesamtes Eigenkapital bis zu 75 Mrd. ISK insgesamt als Kernbeteiligungskapital einzuzahlen. Die zuerst genannte Zahl entspricht dem nach isländischem Recht für die Gründung einer Bank erforderlichen Mindestkapital. Die zuletzt genannte Zahl wurde als 10 % einer Anfangsbewertung des wahrscheinlichen Umfangs der gesamten risikogewichteten Vermögenswerte der Bank berechnet. Mittel in dieser Höhe wurden in den Staatshaushalt für das Jahr 2009 offiziell als Zuweisung staatlicher Gelder zur Bewältigung der außerordentlichen Umstände auf den Finanzmärkten aufgenommen. Mit dieser Kapitalzuweisung wurde der Zweck verfolgt, eine angemessene Garantie für die Betriebsfähigkeit der Bank zu bieten, bis für die Fragen bezüglich ihrer endgültigen Rekapitalisierung eine Lösung gefunden würde. Auch die Größe der Eröffnungsbilanz und die Bewertung des der alten Bank für die übertragenen Vermögenswerte zu zahlenden Ausgleichs bildeten Bestandteil dieser Fragen.

3.4.1.2.   Kapitaleinlage und Rückbehalt einer Einlage von 13 % als Bestandteil des Vergleichs mit den Gläubigern der alten Bank.

(82)

Am 20. Juli 2009 gab die isländische Regierung den Abschluss von Kernübereinkünften mit dem Auflösungsausschuss der Kaupthing bekannt. Gegenstand dieser Übereinkünfte war die anfängliche Kapitalausstattung der New Kaupthing Bank (am 21. November 2009 in Arion Bank umbenannt) und die Grundlage für den Ausgleich, den die beiden Vertragsparteien einander zu zahlen hatten. Die Regierung vereinbarte mit dem Auflösungsausschuss der Kaupthing unter Vorbehalt, dass den Gläubigern über den Ausschuss eine Option auf den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung an der Arion Bank gewährt werden solle. Damit sollte die unabhängige Entwicklung der Bank erleichtert werden. Dies würde zur Folge haben, dass die alte Bank im Rahmen der Vereinbarung über Ausgleichszahlungen die Kapitalmehrheit in der Arion Bank zur Verfügung stellt. Sollte die Kaupthing Bank die Zeichnung von Aktien an der Arion Bank nicht vollständig abschließen, würde die Regierung das vollständige Eigentum an der Bank behalten.

(83)

Am 14. August 2009 gab die Regierung ihre Verpflichtung zur Kapitalausstattung der Arion Bank mit 72 Mrd. ISK Kernkapital in Form von Staatsanleihen bekannt. Damit erhielt die Bank einen Kernkapitalkoeffizienten von etwa 12 %. Die Kapitalausstattung der Arion Bank durch die Regierung wurde am 9. Oktober 2009 vollzogen und beinhaltete zusätzlich zu den anfänglich in bar geleisteten 775 Mio. ISK eine auf den 22. Oktober 2008 rückdatierte Kapitaleinlage von 71,225 Mrd. ISK. Das Aktienkapital der Regierung betrug also 72 Mrd. ISK. Darüber hinaus betrugen die auf die Staatsanleihe aufgelaufenen Zinsen 9,2 Mrd. ISK.

(84)

Am 4. September 2009 gab die Regierung bekannt, dass hinsichtlich der Kapitalausstattung der Arion Bank und der Ausgleichsgrundlage endgültige Vereinbarungen getroffen worden seien. Im Einklang mit den am 20. Juli 2009 vereinbarten Kernübereinkünften enthielt diese Vereinbarung zwei Alternativen, nämlich einmal eine Kapitalausstattungsvariante mit der alten Bank (Gläubigerin) als Eigentümerin (gemeinsame Kapitalausstattungsvereinbarung) oder aber eine Variante, bei der die Regierung als Eigentümerin auftreten würde (alternative Kapitalausstattungsvereinbarung) (38). Nach der alten Vereinbarung stand den Gläubigern der Kaupthing die Möglichkeit offen, über den Auflösungsausschuss mittels Zeichnung von neuem Aktienkapital die Kontrolle zu erwerben. Da der Wert der an die Arion Bank übertragenen Verbindlichkeiten den Wert der übertragenen Vermögenswerte überstieg, sollte Kaupthing das neue Aktienkapital aus dem eigenen Vermögen der alten Bank bezahlen. Die Höhe dieser Ausgleichszahlung wurde mit 38 Mrd. ISK berechnet, sollte aber auf der Grundlage der zukünftigen Ertragsentwicklung eines bestimmten Kreditportfolios regelmäßig neu bewertet werden. Es war vorgesehen, dass die Regierung eine Minderheitsbeteiligung am Grundkapital in Höhe von 13 % der Arion Bank halten solle. Um die von der FME gesetzte aufsichtsrechtliche Freizeichnungsbedingung über zusätzlich 4 % Ergänzungskapital erfüllen zu können, war geplant, dass die Regierung außerdem in Form eines nachrangigen Kredits in Höhe von 24 Mrd. ISK einen Beitrag zum Kapital der Arion Bank leisten solle.

(85)

Am 1. Dezember 2009 erzielten die Regierung und die Arion Bank auf der einen und der Auflösungsausschuss der Kaupthing Bank auf der anderen Seite Vergleichsvereinbarungen bezüglich der von der Kaupthing auf die neue Bank übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Am gleichen Tag beschloss der Auflösungsausschuss der Kaupthing, die in der gemeinsamen Kapitalausstattungsvereinbarung vorgesehene Option zur Übernahme von 87 % des Aktienkapitals der Arion Bank auszuüben. Die Regierung sollte die verbleibenden 13 % des Kernkapitals behalten.

(86)

Kaupthing bezahlte den Kauf, indem sie Vermögenswerte aus ihrer mit 66 Mrd. ISK bewerteten Masse an die Arion Bank übertrug. Hierzu verwendete die Kaupthing eine Kombination aus Barmitteln, auf Island bezogenen Unternehmenskrediten und einem Portfolio aus Hypotheken und Darlehen an mit der isländischen Regierung verbundene Unternehmen. Die seitens der Regierung am 9. Oktober 2009 geleistete Kapitalausstattung wurde anschließend zurückgekauft. Die Arion Bank zahlte der Regierung 32,6 Mrd. ISK in Staatsanleihen zurück und begab zu Gunsten der Regierung eine nachrangige Schuldverschreibung in Höhe von 29,5 Mrd. ISK.

(87)

Hinsichtlich des Erfordernisses einer angemessenen Kapitalausstattung in Form von 12 % Kernkapital und 4 % Ergänzungskapital entstanden Komplikationen, da die Übertragung von nicht risikofreien Vermögenswerten an die Arion Bank es mit sich brachte, dass der Bestand risikogewichteter Vermögenswerte der Bank erhöht werden musste. Da die Arion Bank durch eine Transaktion rekapitalisiert worden war, die eine erhebliche Zunahme der risikogewichteten Vermögenswerte mit sich brachte, wurde im Rahmen der gemeinsamen Kapitalausstattungsvereinbarung mehr Kapital benötigt als bei der ausschließlich durch Staatsanleihen finanzierten staatlichen Kapitalausstattungsvariante. Nun musste ein größerer Anteil der an die Regierung zurückgezahlten Mittel in Form einer nachrangigen Anleihe (Tier II) erfolgen, als es sonst der Fall gewesen wäre. Aus dem gleichen Grund zahlte Kaupthing anstatt der ursprünglich vorgesehenen 62,6 Mrd. ISK nunmehr 66 Mrd. ISK für 87 % der Aktien (d. h. 87 % von 72 Mrd. ISK). Die Regierung zahlt für ihren 13 %igen Anteil an der Arion 12,2 Mrd. ISK.

3.4.2.   Ergänzungskapitaleinlage

(88)

Zur Stärkung der Eigenkapital- und Liquiditätsposition der neuen Bank stellte der Staat außerdem zwei nachrangige Kredite bereit. Das auf Fremdwährung lautende Finanzinstrument A entsprach seinerzeit einem Betrag von 29,5 Mrd. ISK. Der Kredit wurde in Form eines Kapitalinstruments gewährt, das die Ausgabe unbesicherter nachrangiger Schuldscheine durch Arion vorsah. Finanzinstrument B belief sich auf 6,5 Mrd. ISK und wurde von der Arion Bank dazu genutzt, dem Staat thesaurierte Gewinne (Dividenden) für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Kapitalausstattungsvereinbarung auszuzahlen. Den von der Regierung bereitgestellten nachrangigen Finanzinstrumenten lag die Notwendigkeit zugrunde, für eine starke Kapitalstruktur zu sorgen. Sie entsprachen den Anforderungen der FME.

(89)

Die Laufzeit des Finanzinstruments A beträgt zehn Jahre ab 30. Dezember 2009. Es enthält Ausstiegsanreize in Form einer nach fünf Jahren eintretenden Zinserhöhung. Der jährliche Zinssatz für die ersten fünf Jahre entspricht einem Satz von 400 Basispunkten über dem EURIBOR. Im fünften bis zehnten Jahr liegt der Zinssatz jedoch 500 Basispunkte über dem EURIBOR. Abgesehen davon, dass der Zins für die ersten drei Jahre bei Finanzinstrument B 300 Basispunkte über dem EURIBOR liegt, entsprechen die Bedingungen für das Finanzinstrument B denen von Instrument A.

3.4.3.   Einlagensicherung

(90)

Um die Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger (39) und die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (40) einhalten zu können, führte Island Gesetz Nr. 98/1999 über Einlagensicherungen und Anlegerentschädigungssysteme ein und gründete im Zuge dieser Maßnahme den Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (TIF), der durch Jahresbeiträge der Banken finanziert wird. Die Beiträge werden nach Maßgabe der Gesamteinlagen der jeweiligen Bank berechnet.

(91)

Nach Aussage der isländischen Behörden wurden in dem Bestreben, bei der breiten Öffentlichkeit hinsichtlich der Einlagensicherheit mehr Vertrauen zu schaffen und die Menschen zu beruhigen, die Bankenrettungsmaßnahmen der isländischen Regierung vom Herbst 2008 durch eine zusätzliche staatliche Deckung für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen ergänzt, die außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes Nr. 98/1999 zur Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie 94/19/EG und der Anlegerentschädigungsrichtlinie 97/9/EG lag.

(92)

In einer Erklärung des Amts des Premierministers vom 6. Oktober 2008 heißt es, dass die „Government of Iceland underlines that deposits in domestic commercial and savings banks and their branches in Iceland will be fully covered“ (Die Regierung von Island betont, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen wird). Diese Erklärung wurde im Februar und Dezember 2009 vom Amt des jetzigen Premierministers wiederholt. Darüber hinaus wurde in einer in den Websites des Wirtschaftsministeriums und des IWF veröffentlichten Absichtserklärung der isländischen Regierung an den Internationalen Währungsfonds vom 7. April 2010 auf diese Erklärung Bezug genommen. In einer weiteren Absichtserklärung vom 13. September 2010 wurde sie erneut wiederholt. In dem vom isländischen Premierminister, dem Finanzminister, dem Wirtschaftsminister und dem Gouverneur der CBI unterzeichneten Schreiben wird erklärt: „At the present time, we remain committed to protect depositors in full, but when financial stability is secured we will plan for the gradual lifting of this blanket guarantee.“ (Zum jetzigen Zeitpunkt stehen wir weiterhin zu unserer Verpflichtung, Einlegern umfassenden Schutz zu gewähren. Sobald aber die Finanzstabilität sichergestellt ist, werden wir eine schrittweise Aufhebung dieser pauschalen Einlagensicherung planen.) In dem Abschnitt des Haushaltsgesetzes 2011, in dem es um Staatsgarantien geht, wird darüber hinaus in einer Fußnote auf die Erklärung der isländischen Regierung, dass Einlagen in isländischen Banken eine Staatsgarantie genießen, Bezug genommen. (41)

(93)

In einer Erklärung des jetzigen Wirtschafts- und früheren Finanzministers (2009-2011), Steingrímur Sigfússon, die dieser kürzlich in einer Debatte des isländischen Parlaments über die der Regierung im Zusammenhang mit der Übernahme der Sparkasse SpKef durch die Landsbankinn entstandenen Kosten abgab, wird diese Aussage veranschaulicht. Laut Aussage des Ministers darf man hier die Erklärung des Staates vom Herbst 2008, dass alle Einlagen bei Sparkassen und Geschäftsbanken sicher und geschützt seien, nicht vergessen. „Work has since in all instances been based on this (i.e. the declaration) and it is unfortunately correct that this (i.e. payments due to SpKef) will be one of the bigger bills footed directly by the state as costs for securing the deposits of all inhabitants of Suðurnes … and all SpKef's clients in the West Fjords and the West and North-West area … I do not expect that anyone has thought that deposit holders in those areas would be treated differently from other inhabitants, so the state did not have much of a choice in this matter.“ (Seither stützten sich sämtliche Maßnahmen darauf (d. h. die Erklärung) und leider trifft zu, dass dies (d. h. die durch die SpKef verursachten Zahlungen) zu den eher großen Rechnungen gehören wird, die der Staat unmittelbar als Kosten für die Sicherung der Einlagen sämtlicher Einwohner Suðurnes … sowie aller SpKef-Kunden in den Westfjords und in den westlichen und nordwestlichen Landesteilen wird schultern müssen ... Ich gehe nicht davon aus, dass es irgendjemandem in den Sinn gekommen ist, dass Einlagenbesitzer in diesen Landesteilen anders als andere Einwohner behandelt würden. Daher hatte der Staat in dieser Angelegenheit kaum eine andere Wahl) (42).

(94)

Nach Aussage der isländischen Regierung wird die zusätzliche Einlagensicherung noch vor der vollständigen Beseitigung der Kapitalkontrollen aufgehoben werden. Laut der isländischen Regierung ist dies zurzeit für Ende 2013 vorgesehen.

3.4.4.   Besondere Liquiditätsfazilität

(95)

Die staatliche Finanzierung der Arion Bank erfolgte über die Zuführung von 72 Mrd. ISK in Form repofähiger Staatsanleihen. Die Gegenleistung bestand im gesamten Eigenkapitel der Bank. Die Entscheidung der Kaupthing Bank, ihre Option zum Erwerb von 87 % der Bankaktien auszuüben, bedeutete jedoch, dass die Mehrheit dieser Anleihen an die Regierung zurückgegeben wurde. Die Kaupthing Bank übertrug der Arion Bank als Gegenleistung für das Eigenkapital Vermögenswerte aus ihrer Masse und senkte damit den Bestand der Bank an repofähigen Vermögenswerten erheblich. Damit gefährdete sie ihre Fähigkeit, die aufsichtsbehördlichen Auflagen bezüglich der Liquiditätsreserven einhalten zu können. In Anbetracht dieser Lage stimmte die Regierung im Kontext mit der Ausübung der oben genannten Option durch Kaupthing der Bereitstellung einer zusätzlichen Liquiditätsfazilität für die Arion Bank zu. Die Liquiditätsfazilität wurde als Erweiterung der nachfolgend beschriebenen SPRON Swap-Vereinbarung gestaltet.

3.4.5.   Die SPRON Swap-Vereinbarung

(96)

Am 21. März 2009 übernahm die FME unter Nutzung ihrer Vollmachten aus dem Notstandsgesetz die Kontrolle über die Reykjavík Savings Bank (SPRON) und übertrug die Mehrzahl der dort vorhandenen Einlagen an die Arion Bank. Man gründete eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die im Eigentum der SPRON stehen und die Vermögenswerte sowie alle Sicherungsrechte einschließlich sämtlicher Hypotheken, Bürgschaften und ähnlicher, mit Forderungen der SPRON zusammenhängender Rechte übernehmen sollte. Die Drómi hf benannte Tochtergesellschaft übernahm die gegenüber der Arion Bank bestehenden Verpflichtungen der SPRON für die übertragenen Einlagen und stellte der Arion Bank am 22. Juni 2009 eine Schuldverschreibung über den Betrag von 96,7 Mrd. ISK aus. Sämtliche Vermögenswerte der SPRON wurden als Sicherheiten für die Schuldverschreibung eingesetzt, darunter auch die Anteile an der Drómi. Den Parteien ist es jedoch seither nicht gelungen, sich über die für die Schuldverschreibung zu zahlenden Zinsen zu einigen (43).

(97)

In einem am 17. Juli 2009 unterzeichneten Eckpunktepapier stimmte die Regierung einer Schadloshaltung der Arion Bank hinsichtlich des Werts der SPRON-Schuldverschreibung zu. Die Vertragsparteien kamen ferner überein, auf eine Zulassung der SPRON-Schuldverschreibung als Sicherheit für Finanzmittel der CBI hinzuwirken.

(98)

In einem an die Arion Bank gerichteten Schreiben vom 3. September 2009 erweiterte die Regierung die Bedingungen der SPRON-Swapvereinbarung, die nun nicht nur mögliche Abflüsse von SPRON-Einlagen und eine Entschädigung der Bank für die Übernahme der Einlagen umfassten, sondern auch eine Deckung der zur Erfüllung der Auflagen der FME erforderlichen Liquidität beinhalteten. In diesem Schreiben verpflichtete sich die Regierung zur Bereitstellung von bis zu 75 Mrd. ISK an Staatsanleihen für den Fall, dass sich Kaupthing für die Ausübung ihrer Option entschied, Mehrheitseignerin der Arion Bank zu werden. In der geänderten Fazilität ist vorgesehen, dass auch andere Vermögenswerte als die Schuldverschreibung der SPRON zu ungünstigeren Bedingungen als Sicherheiten dienen können. Diese Verpflichtung der Regierung wurde am 21. September 2010 in einer Vereinbarung über die Ausleihung von Staatsanleihen an die Arion Bank zur Verwendung als Sicherheiten offiziell besiegelt (44). Diese Fazilität endet am 31. Dezember 2014. Dieses Datum fällt mit dem Fälligkeitstermin der SPRON-Schuldverschreibung zusammen. Aus der Fazilität in Anspruch genommene Beträge müssen jeweils mindestens 1 Mrd. ISK betragen. Die Staatsanleihen dürfen nur zur Besicherung von gegen Sicherheiten zum Zweck des Erwerbs liquider Mittel für die Arion Bank gewährte Kredite der CBI verwendet werden (45).

3.5.   Der Umstrukturierungsplan

(99)

Die isländischen Behörden übermittelten am 31. März 2011 einen Umstrukturierungsplan für die Arion Bank und am 26. Oktober 2011 eine geänderte Fassung dieses Plans. Am 30. April 2012 wurden dann ein aktualisierter Umstrukturierungsplan mit einem Fünfjahreswirtschaftsplan sowie ein Bericht über das interne Verfahren zur Bewertung der angemessenen Kapitalausstattung vom April 2012 übermittelt. Der Bericht über die Kapitalausstattungsbewertung wurde der FME im April 2012 vorgelegt.

(100)

Der Umstrukturierungsplan befasst sich mit den grundlegenden Fragen der Rentabilität, der Lastenverteilung und der Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen. Laut Umstrukturierungsplan wird die Arion Bank nur in Island Geschäftsbetriebe haben und im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit sollen traditionelle, universelle Bankdienstleistungen stehen.

3.5.1.   Beschreibung des Umstrukturierungsplans

(101)

Die isländischen Behörden und die Bank sind der Auffassung, dass die Arion Bank mit der Umstrukturierung wieder zu einer stabilen, solide finanzierten Bank mit einem gesunden Eigenkapitalkoeffizienten werden wird, so dass sie ihre Funktion als Kreditgeber für die Realwirtschaft auch weiterhin erfüllen kann. Geht man von den Angaben im Umstrukturierungsplan und den Antworten auf die Fragen der Überwachungsbehörde aus, so wird man dies durch folgende Schritte erreichen:

i)

Festlegung der langfristigen strategischen Ausrichtung, Verkleinerung des Geschäftsbetriebs und Eingrenzung der Risikoexposition;

ii)

Erreichung und Aufrechterhaltung einer starken Eigenkapitalposition und einer zufriedenstellenden Rentabilität;

iii)

Aufrechterhaltung einer soliden Liquiditätsposition und Verbesserung der Finanzierungsstruktur;

iv)

Umstrukturierung der Haushalts- und Unternehmenskreditportfolios

v)

Eingrenzung von Devisenungleichgewichten;

vi)

Rationalisierung des Niederlassungsnetzes und Erzielung von Kosteneffizienz.

(102)

Vor einer genaueren Beschreibung des Umstrukturierungsplans sollten die Vorstellungen der Bank, wie den Fehlern, die zum Untergang der Kaupthing Bank beitrugen, im Umstrukturierungsplan für die Arion Bank begegnet wird, kurz dargestellt werden. Diesbezüglich wurde betont, dass das operative Geschäft der Arion Bank zwar auf dem inländischen Geschäftsbetrieb und den inländischen Vermögenswerten der Kaupthing Bank gründet, es sich aber nichtsdestoweniger um eine neue Bank mit anderen Geschäftszielen sowie anderen Eigentümern, einem anderen Vorstand und einer anderen Geschäftsleitung als bei der Kaupthing Bank handelt. Die jetzige Geschäftsleitung der Arion Bank hat erklärt, dass sie sich nicht in der Lage sehe, über die besonderen Schwachstellen oder den Zusammenbruch der Kaupthing Bank Spekulationen anzustellen. Ansonsten nimmt die Arion Bank an erster Stelle auf den vorstehend erörterten Bericht des SIC über die Ursachen für den Zusammenbruch der Kaupthing Bank Bezug. An zweiter Stelle wird darauf hingewiesen, dass nach dem Zusammenbruch der Kaupthing im Anschluss an eine von der FME durchgeführte Bewertung des Risikomanagements und der Unternehmensführung Maßnahmen zur Stärkung der Infrastruktur getroffen wurden.

(103)

Nach Aussage der Arion Bank kommt bei den Maßnahmen, die bei der Bank in Reaktion auf diese Bewertung getroffen wurden, zwei Projekten besondere Bedeutung zu. Das erste betrifft große, miteinander verbundene Kredite. Angeblich nahm die Kaupthing bei der Behandlung miteinander verbundener Kredite eine legalistische Haltung ein und ließ die Gewährung von Darlehen an miteinander zusammenhängende oder verbundene Gesellschaften über die gesetzliche Grenze von 25 % des Risikokapitals hinaus zu. Im Rahmen des genannten Projekts erweiterte die Arion Bank ihre Definition für miteinander zusammenhängende Gesellschaften. In dieser Hinsicht wendet sie strengere Verfahren an, wobei die Risikomanagementabteilung der Arion Bank bei eventuell entstehenden Streitigkeiten die letztliche Entscheidungsbefugnis hat. Risiken durch Großkredite werden strengstens überwacht und gemeldet. Würde die Gewährung des Kredits zu einer großen Risikobelastung führen, bildet die Erstellung eines Sonderberichts Bestandteil des Kreditgewährungsvorgangs. Nach der Krise vorgenommene Änderungen der isländischen Rechtsvorschriften für Finanzinstitute beschnitten die Möglichkeiten der Banken zur Kreditgewährung an verbundene Gesellschaften erheblich. Darlehen an Eigentümer oder leitende Angestellte dürfen 1 % des Risikokapitals nicht mehr übersteigen und können nur gegen erstklassige Sicherheiten ausgegeben werden.

(104)

In Rahmen des zweiten Projekts werden Verflechtungen und indirekte Risiken genauer geprüft. Die Kaupthing Bank gewährte angeblich Kredite gegen ihre eigenen Aktien. Dies ist sicherlich riskant und überschreitet wahrscheinlich auch die im isländischen Gesellschaftsrecht gesetzten Grenzen. Änderungen an den isländischen Rechtsvorschriften machen nun Kreditgewährungen gegen eigene Aktien oder die Beteiligung an Verträgen, in denen eigene Aktien das zugrunde liegende Risiko bilden, unmöglich.

Dem Umstrukturierungsplan zugrunde liegende Annahmen

(105)

Der Umstrukturierungsplan wurde im Rahmen des Kapitalausstattungsbewertungsvorgangs für die Muttergesellschaft erstellt, berücksichtigt aber auch die von den Tochtergesellschaften ausgehenden Auswirkungen. Der Plan stützt sich auf eine Reihe allgemeiner sowie wirtschaftlicher Annahmen, die das wirtschaftliche Fundament des Basisszenarios und des Krisenszenarios bilden. Beide werden nachfolgend umrissen.

(106)

Die Annahmen umfassen folgende Aussagen:

Im betrieblichen Umfeld der Bank herrschen nach wie vor erhebliche wirtschaftliche, rechtliche, politische und verordnungsrechtliche Unsicherheiten, die sich auf ihre langfristige Prognose auswirken. Aus diesen Gründen werden bei den operativen Tätigkeiten der Bank keine größeren Veränderungen angenommen.

Die gesamtwirtschaftlichen Annahmen beruhen auf einer Prognose, die von der Forschungsabteilung der Arion Bank erstellt wurde und folgende Schlüsselvariablen enthält:

Tabelle 3

Aus der Wirtschaftsprognose der Forschungsabteilung der Arion Bank

Prozentuale Veränderung gegenüber dem Vorjahr

2012

2013

2014

Wachstum des BIP

3,0

3,9

3,5

Arbeitslosigkeit

6,2

5,3

4,9

Inflation

5,5

6,1

5,9

Reibor (46)

4,9

5,8

5,6

Libor

0,5

0,5

0,5

Euribor

1,0

1,0

1,0

Löhne

9,2

9,7

8,4

ISK Wechselkursindex (TWI) (47)

4,9

5,0

5,0

Die Bank trifft auch Annahmen bezüglich ihrer Marktstellung, ihrer Chancen und Bedrohungen, ihrer internen Daten und der Marktentwicklung. Hierzu gehören auch sogenannte Kernüberzeugungen (48).

Es wird weiteres, vor allem vom Konsum angetriebenes Wachstum erwartet (49).

Der Konsum wird weiterhin durch besondere Maßnahmen (Rentenentnahmen, Neuberechnungen von Krediten in Fremdwährungen usw.) angeregt werden. Darüber hinaus werde steigende Hauspreise zum Wohlstand der privaten Haushalte beitragen. Auch der Rückgang der Arbeitslosigkeit wird zur Förderung des Konsums beitragen.

Während der 2008 einsetzenden Finanzkrise lagen die als Prozentsatz des BIP ausgedrückten Investitionen noch unter dem niedrigsten Wert der letzten 50 Jahre. Man geht aber davon aus, dass sie in der verbleibenden Umstrukturierungsperiode schrittweise zunehmen werden.

Der vorhergesagten Zunahme der Investitionstätigkeit entsprechend erwartet die Bank, dass die Nachfrage nach neuen Krediten ansteigen und ihr Kreditbestand während des Umstrukturierungszeitraums wachsen wird.

Die Einfuhren werden stärker steigen als die Ausfuhren, am Ende des Vorhersagezeitraums aber ein ausgeglichenes Niveau erreichen.

Die Inflationsrate und die Zinssätze spielen im Wirtschafts- und Umstrukturierungsplan der Bank eine Schlüsselrolle (50). Es wird davon ausgegangen, dass die Inflation während des gesamten Vorhersagezeitraums auf hohem Niveau verharren wird.

Eine durchschnittliche Abschwächung der Króna um 5 % wird für den gesamten Vorhersagezeitraum erwartet.

Die Arion Bank äußert Zweifel bezüglich der Strategie zur Aufhebung der Kapitalkontrollen und nimmt an, dass diese Kontrollen während des Vorhersagezeitraums bestehen bleiben werden (51).

i)   Festlegung der langfristigen strategischen Ausrichtung, Verkleinerung des Geschäftsbetriebs und Eingrenzung der Risikoexposition;

(107)

Angesichts der raschen Umgestaltung von einer nordeuropäischen Bank mit Geschäftsbetrieben in dreizehn Ländern zu einer Bank, die nur in Island tätig ist, stand die Arion Bank zahllosen, sowohl das Innen- als auch das Außenverhältnis betreffenden Herausforderungen gegenüber, die sämtlich anzugehen und zu überwinden waren. Eine von ihnen war die Neubewertung der von der Kaupthing an die Arion Bank übertragenen Vermögenswerte. Außerdem musste die Infrastruktur der Bank verkleinert werden und die Bank musste sich neuen wirtschaftlichen Realitäten anpassen, in denen zahlreiche Unternehmen, Privatpersonen und Haushalte bei ihren Möglichkeiten zur Bedienung ihrer Schulden erhebliche Einschnitte hinnehmen mussten.

(108)

Viele der zahlreichen Herausforderungen, denen die neue Bank gegenüberstand, hingen folglich unmittelbar mit den Umständen ihrer Gründung zusammen. Aus der Übertragung der inländischen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus der Masse der Kaupthing an die Arion Bank entstanden für die Bank ungünstige Risikoexpositionen. In den breit angelegten Bemühungen zur Anpassung des operativen Geschäfts der Bank an die neue wirtschaftliche Realität wurden bei der Verringerung der Risikoexposition der Bank auf ein handhabbares Niveau beachtliche Erfolge erzielt. Im Mittelpunkt standen:

die Eintreibung notleidend gewordener Kredite (52);

Reduzierung des Währungsungleichgewichts (53);

Verringerung der Konzentration von Krediten an große, verbundene Kunden (54);

Erhöhung des Kapitalniveaus (55);

Erhöhung der Termineinlagen und Sicherung alternativer Finanzierungsinstrumente (56);

Verringerung des auf ein Ungleichgewicht im Verbraucherpreisindex (VPI) zurückzuführenden Inflationsrisikos (57).

(109)

Im Jahr 2010 wurde die langfristige strategische Ausrichtung der Bank festgelegt. Nach Aussage der Arion Bank entwickelt sich ihr Kundenportfolio bereits auf das Ziel hin, eine Hausbank zu werden. Man geht davon aus, dass diese Art Bankmodell vollständig erreicht werden kann.

(110)

Der organisatorische Aufbau der Bank wurde seit ihrer Gründung vereinfacht (58). Auch wurden Standards für die Unternehmensleitung und -kontrolle eingeführt, mit denen Offenlegung, Transparenz und eine stärkere Verantwortungsübernahme sichergestellt werden. Die Funktionen und Aufgaben der unterstützenden Abteilungen, insbesondere der Abteilung für Risikomanagement, wurden ausgebaut. Die Abteilung für Risikomanagement ist unabhängig, arbeitet zentralisiert und berichtet direkt an den Hauptgeschäftsführer (CEO). Der Hauptgeschäftsführer und der Vorstand sind für die Festlegung und Artikulierung der Risikobereitschaft für das operative Geschäft der Bank verantwortlich. Die Risikobereitschaft wird in Obergrenzen und Ziele für Kredite umgerechnet und von der Risikomanagementabteilung überwacht. Diese Abteilung berichtet dem Hauptgeschäftsführer und dem Vorstand regelmäßig über ihre Feststellungen.

(111)

Die FME wählte die Arion Bank zur Übernahme sämtlicher Einlageverpflichtungen der Reykjavík Savings Bank (SPRON) aus. Im April 2009 erwarb die Bank die regionale Mýrasýsla Savings Bank (SPM) einschließlich aller Vermögenswerte und bestimmter Verbindlichkeiten wie Einlagen (59). Diese Maßnahmen erbrachten der Bank ohne eine Erweiterung ihres bestehenden Niederlassungsnetzes 22 000 neue Kunden.

(112)

Am 22. Dezember 2011 erwarb die Arion Bank den ehemaligen Kaupthing Mortgages Institutional Investor Fund, KMIIF (jetzt umbenannt in Arion Bank Mortgages Institutional Investor Fund, AMIIF) (60).

(113)

Im Jahr 2012 wird die Depotbank Verdis, eine 100 %ige Tochter der Bank, mit dieser verschmolzen. […].

ii)   Erreichung und Aufrechterhaltung einer starken Eigenkapitalposition und einer zufriedenstellenden Rentabilität

(114)

Wie Tabelle 4 zu entnehmen ist, erwirtschaftete die Arion Bank seit ihrer Gründung mit Eigenkapitalrenditen zwischen 10,5 % und 16,7 % Gewinne.

Tabelle 4

Finanzübersicht 2009-2011 und Prognose 2012-2014.

Die Daten beziehen sich auf die Muttergesellschaft. Die Auswirkungen auf die Tochtergesellschaften werden unter den sonstigen Einnahmen berücksichtigt (Beträge in Mio. ISK)

 

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Zinsergebnis

14 258

24 440

25 480

(…)

(…)

(…)

Bewertungsänderung bei Krediten

9 642

29 722

20 037

(…)

(…)

(…)

Provisionseinnahmen

3 914

3 379

4 454

(…)

(…)

(…)

Finanzergebnis

13 460

– 5 681

1 223

(…)

(…)

(…)

Sonstige Einnahmen

1 713

1 047

4 364

(…)

(…)

(…)

Einnahmen insgesamt

42 988

52 908

55 559

(…)

(…)

(…)

Betriebsaufwendungen

– 13 133

– 14 226

– 15 791

(…)

(…)

(…)

Wertminderung

– 14 470

– 23 067

– 26 582

(…)

(…)

(…)

Nettoergebnis vor Steuern

15 384

15 614

13 186

(…)

(…)

(…)

Steuern und Bankenabgabe

– 2 414

– 2 897

– 2 692

(…)

(…)

(…)

Nettoergebnis

12 971

12 717

10 494

(…)

(…)

(…)

Eigenkapitalrendite

16,7 %

13,4 %

10,5 %

[10-20] %

[5-15] %

[5-15] %

Nettozinsspanne

3,6 %

[…] %

[…] %

[…] %

Verhältnis zwischen Kosten und Ertrag

44,8 %

[…] %

[…] %

[…] %

(115)

Während des Zeitraums 2009 bis 2011 wirkten sich nicht regelmäßig erscheinende Posten erheblich auf die Gewinn- und Verlustrechnung aus. Dies betrifft insbesondere Veränderungen bei der Bewertung von Krediten. Die isländischen Behörden übermittelten Informationen über die insgesamt bei der alten Bank erworbenen Kredite und Diskonte (61). Der Nennwert der übertragenen Kredite betrug insgesamt 1230 Mrd. ISK während sich der Buchwert auf 459 Mrd. ISK belief. Der Diskont betrug also insgesamt 771 Mrd. ISK. Soweit die Bedingungen dies zuließen, wurden die Kredite neu bewertet. Daraus ergaben sich die in Tabelle 4 dargestellten Wertänderungen der Kredite (62). Für den verbleibenden Umstrukturierungszeitraum werden jedoch nur unwesentliche Veränderungen bei der Bewertung der Kredite vorhergesagt. Die Rentabilität der Bank wird also nicht mehr von diesem nicht regelmäßig erscheinenden Posten abhängig sein.

(116)

Die von der FME als Bedingung für die Erteilung der Betriebszulassung für die Arion Bank festgesetzte Eigenkapitalanforderung betrug 12 % für das Kernkapital und 16 % für den Eigenkapitalkoeffizient insgesamt. Die Kapitalpolitik der Bank ist auf die Wahrung einer robusten Eigenkapitalausstattung ausgerichtet, um die Geschäftsentwicklung zu unterstützen und die rechtlichen Eigenkapitalanforderungen auch in Krisenzeiten erfüllen zu können. In ihrer langfristigen Kapitalplanung geht die Bank zurzeit von einem Vergleichsminimum von […] % beim Kernkapital und einem Eigenkapitalkoeffizient von insgesamt […] % aus. Die Eigenkapitalposition der Bank hat in den Jahren von 2009 bis 2011 schrittweise an Stärke gewonnen und überstieg sowohl die Eigenkapitalanforderungen der FME als auch die internen Ziele der Bank. Ende 2011 betrug der Eigenkapitalkoeffizient der Bank 20,5 % bei einem Kernkapitalkoeffizienten von 15,7 %.

Tabelle 5

Eigenkapitalkoeffizienten am Ende der Jahre 2009 bis 2011 und Prognose für 2012 bis 2014.

Die Daten beziehen sich auf die Muttergesellschaft. Die Auswirkungen auf die Tochtergesellschaften werden unter den sonstigen Einnahmen berücksichtigt (Beträge in Mio. ISK)

 

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Kernkapital

88 302

98 715

106 459

(…)

(…)

(…)

Ergänzungskapital

29 543

26 257

32 105

(…)

(…)

(…)

Kapital insgesamt

117 845

124 972

138 564

(…)

(…)

(…)

Risikogewichtete Aktiva

685 702

678 563

675 998

(…)

(…)

(…)

Kernkapitalkoeffizient

12,9 %

14,5 %

15,7 %

[15-20] %

[15-20] %

[15-20] %

Eigenkapitalkoeffizient

17,2 %

18,4 %

20,5 %

[20-25] %

[20-25] %

[20-25] %

(117)

Laut Bericht über die Kapitalausstattungsbewertung vom April 2012 veranschlagt die Bank den Kapitalbedarf zur Deckung ihrer Risikoexposition auf […] Mrd. ISK. Die Bank verfügt über eine Eigenkapitalausstattung von […] Mrd. ISK und besitzt folglich einen Kapitalpuffer von […] Mrd. ISK. Legt man den aktuellen risikogewichteten Betrag zugrunde, entspricht dies einem Eigenkapitalkoeffizienten von […] %.

(118)

Die Arion Bank verfolgte bisher die Politik, bis 2013 keine Dividenden zu zahlen. Diese Politik wird nur in Absprache mit der FME und nur dann geändert werden, wenn die Arion Bank und die FME gemeinsam feststellen, dass in der isländischen Wirtschaft ein nachhaltiger Umschwung eingetreten ist.

iii)   Aufrechterhaltung einer soliden Liquiditätsposition und Verbesserung der Finanzierungsstruktur

(119)

Hinsichtlich der Liquidität schreibt die FME vor, dass die Bank besicherte Liquiditätsreserven in Höhe von mindestens 20 % der Einlagen und Barreserven in Höhe von 5 % der Sichteinlagen halten muss. Außerdem erlässt die Zentralbank von Island (CBI) bezüglich der Liquidität von Kreditinstituten (63) Vorschriften, nach denen die liquiden Mittel und die Verbindlichkeiten der Kreditinstitute nach Typ und Fälligkeit eingestuft und je nach Risiko unterschiedlich gewichtet werden. Die Kreditinstitute müssen über liquide Mittel in einer Höhe verfügen, die die innerhalb eines Monats, nach einem Monat und in bis zu drei Monaten fälligen Verbindlichkeiten übersteigt. Diese Vorschriften beinhalten auch einen Stresstest, bei dem auf verschiedene Eigenkapitalposten ein Diskont angewendet, aber einerseits angenommen wird, dass sämtliche Verpflichtungen bei Fälligkeit einzulösen sind. Auf der anderen Seite wird angenommen, dass ein Anteil anderer Verpflichtungen, wie beispielsweise Einlagen, kurzfristig oder fristlos ausgezahlt werden muss.

(120)

Die Liquiditätsquoten der Bank in den Jahren 2011 und 2012 werden in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Aus ihr geht hervor, dass die Bank eine solide Liquiditätsposition aufrecht erhielt und die Anforderungen der FME sowohl hinsichtlich der geforderten Barmittelquote als auch bezüglich der umfassenderen Anforderung zur besicherten Liquidität übertraf. Nach den Plänen der Bank für den Zeitraum von 2012 bis 2014 wird sie eine Barmittelquote zwischen […] und […] % und eine Liquiditätsquote von […] bis […] % beibehalten. Die Bank erfüllte darüber hinaus die Liquiditätsvorschriften der CBI, denn ihre Liquiditätsquoten (über einen Monat und bis zu drei Monate) lagen zwischen 2099 und 2011 jeweils am Jahresende in einem Bereich von 1,5 bis 2,1.

Grafik 1

Liquiditätsquoten der Arion Bank 2011 und 2012

[ Graphische Darstellung der Liquiditätsquoten der Arion Bank nach den Vorschriften der FME

Aufgrund des Berufsgeheimnisses werden die Werte nicht offengelegt.]

(121)

Die Liquiditätsanforderungen nach Basel III sind zwar noch nicht verpflichtend vorgeschrieben, aber die Arion Bank hat auf freiwilliger Basis mit der Überwachung der Mindestliquiditätsquote (Liquidity Coverage Ratio, LCR (64)) nach diesem Regelwerk begonnen. Am Jahresende 2011 betrug ihre LCR […] %.

(122)

Die Arion Bank ist in hohem Maße aus Einlagen finanziert, es wurden aber Maßnahmen zur breiteren Streuung der Finanzierung mittels Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen getroffen. Im November 2011 erhielt die Arion Bank von der FME eine Lizenz zur Ausgabe gesetzlich gedeckter Schuldverschreibungen. Im Februar 2012 wurde ein Programm gedeckter Schuldverschreibungen in Höhe von 1 Mrd. EUR abgeschlossen. Die Mittel werden zur Finanzierung der Hypothekenkreditvergabe der Arion Bank verwendet werden. In diesem Zusammenhang wird daran erinnert, dass die Arion Bank Ende 2011 den Hypothekenfonds KMIIF kaufte und damit einen ausstehenden Betrag von 127 Mrd. ISK an gedeckten Schuldverschreibungen übernahm. Sie führt das Geschäft als Herausgeberin gedeckter Schuldverschreibungen fort. Die Bank meint, dass die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen im Inlandsmarkt für den Refinanzierungsbedarf der Bank und die Finanzierung neuer Kredite im Zeitraum von 2012 bis 2016 ausreichen wird.

iv)   Umstrukturierung der Haushalts- und Unternehmenskreditportfolios

(123)

Zu den wichtigsten Aufgaben des isländischen Finanzsektors gehörte die Umstrukturierung von Haushalts- und Unternehmensschulden. Es handelt sich hierbei um ein komplexes, sensibles Thema, bei dem verschiedene finanzielle, wirtschaftliche und ethische Überlegungen eine Rolle spielen.

(124)

Laut Schriftsatz der Arion Bank nahm die Umstrukturierung des Kreditbestands einen hohen Stellenwert ein und die Bank ist der Auffassung, dass sie bei der Lösung von Problemen im Zusammenhang mit Schulden von Unternehmen und Privathaushalten eine Vorreiterrolle spielte und hier gute Fortschritte erzielte. In der Bank wurde 2009 ein Geschäftsbereich für die Eintreibung von Unternehmenskrediten eingerichtet und für die Verwaltung von Vermögenswerten aus Zwangsvollstreckungen wurden Vermögensverwaltungsgesellschaften gegründet. Die Bank führte eine Palette individuell zugeschnittener Lösungskonzepte ein, mit denen Haushalten und Einzelkreditnehmern Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Schulden geboten wird.

(125)

Unternehmenskunden, die ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten, wurden in das Schuldeneintreibungsprogramm der Bank aufgenommen. Das Ziel dieses Programms besteht darin, insolvente Unternehmen in solvente Unternehmen mit einer gesunden Bilanz zu verwandeln und sie in die Lage zu versetzen, zukünftig Geschäfte abzuschließen und zur Konjunkturerholung beizutragen. Ende 2011 waren 986 Unternehmen den Programmen zur Einziehung von Unternehmensschulden beigetreten und in 871 Fällen wurden Abschlüsse erzielt. Nach Auffassung der Bank wird die Umstrukturierung der Unternehmenskredite bis Ende 2012 in großen Zügen abgeschlossen sein.

(126)

Was die Umstrukturierung der Kredite privater Haushalte betrifft, so nutzten über 14 000 Privatkunden die Komplettlösungen der Bank für Kredite einschließlich des besonderen Schuldenerlassprogramms. Ende 2010 richtete die Bank außerdem einen besonderen Schuldenberatungsdienst für Privatkunden ein. Nach Auffassung der Bank war diese Regelung in Anbetracht der hohen Anzahl schwieriger Eintreibungsfälle, die zu bewältigen waren, ein wichtiger Schritt. Die Bank strebt an, die Umstrukturierung der Kredite an Privathaushalte 2012 abzuschließen.

(127)

Das Ziel von Krediteintreibungsprogrammen besteht darin, die Qualität der Vermögenswerte zu verbessern. Der Anteil notleidender Kredite fiel von 37 % Ende 2010 auf 13 % Ende 2011. Ende 2011 wurden 56 % der Kredite im Kreditbestand als nicht problembehaftete Kredite eingestuft, 18 % standen „unter Beobachtung“, 13 % waren als problembehaftet und 13 % als notleidend klassifiziert worden.

v)   Maßnahmen zur Eingrenzung von Devisenungleichgewichten

(128)

Bei den im Kreditportfolio vorhandenen, in Fremdwährungen (FX) lautenden Krediten unterscheidet man zwischen FX/FX-Krediten und FX/ISK-Krediten. FX/FX-Kredite sind Kredite, bei denen die Kunden Deviseneinnahmen (FX) generieren. FX/ISK-Kredite dagegen sind in Fremdwährungen (FX) lautende Kredite, bei denen die Kunden Einnahmen in ISK erzeugen. Das Devisenungleichgewicht der Bank ist vor allem auf den FX/ISK-Anteil zurückzuführen. In den Jahren 2010 und 2011 erzielte die Bank bei der Verringerung ihres Devisenungleichgewichts Fortschritte. Mit der Umstellung von natürlichen Personen gewährten Krediten von Fremdwährungen auf ISK sowie den Anreizen für Unternehmen mit begrenzten Deviseneinnahmen, ihre Kredite auf ISK umzustellen, wird das Ungleichgewicht auch 2012 weiter abnehmen. Bezüglich der in Fremdwährungen lautenden Kredite bestehen noch rechtliche Unsicherheiten. Die Bank strebt aber eine Verminderung des unausgewogenen Verhältnisses zwischen Fremdwährungen und ISK an, so dass das Ungleichgewicht bis Ende 2012 den Anforderungen der CBI entsprechen wird.

vi)   Rationalisierung des Niederlassungsnetzes und Erzielung von Kosteneffizienz

(129)

Nach Auffassung der Arion Bank herrscht auf dem isländischen Markt vergleichbaren Volkswirtschaften gegenüber eine „Übersättigung mit Banken“. Die Banken werden gezwungen sein, zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit Kosten zu senken. Die Arion Bank richtete ihr Hauptaugenmerk auf die Kontrolle ihres Kostenniveaus und meint, dass sie bei der dringend erforderlichen Rationalisierung im Finanzsektor eine Vorreiterrolle gespielt habe.

(130)

Die Arion Bank verschlankte ihren Geschäftsbetrieb durch eine Senkung des Personalbestands und die Rationalisierung des Niederlassungsnetzes. Im März 2011 wurde die Rationalisierung des Niederlassungsnetzes mit der Zusammenlegung von drei Niederlassungen im Raum Reykjavík vollendet. Insgesamt wurden 15 Niederlassungen geschlossen. Das verbleibende Netz von 24 Niederlassungen arbeitet nach Aussage der Bank kosteneffizient und wahrt ein hohes Niveau an Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der Kunden. Im Zusammenhang mit diesen Veränderungen verkleinerte die Bank ihren Personalbestand 2011 um etwa 10 %. Die Kosten wurden streng kontrolliert und das Verhältnis zwischen Kosten und Ertrag sank auf Ebene der Muttergesellschaft 2011 bereits auf 45 %. Im Zeitraum von 2012 bis 2014 wird es weiter auf […] % verbessert werden.

3.5.2.   Fähigkeit, in einem Basis- und einem Stressszenario Rentabilität zu erzielen

(131)

Im Umstrukturierungsplan wurde unter Bezugnahme auf den Bericht über die Kapitalausstattungsbewertung ein Stressszenario für die Arion Bank vorgelegt, in dem die Fähigkeit der Bank, bei unterschiedlichen Szenarien und Risikoexpositionen ihre langfristige Rentabilität zu erreichen, geprüft wurde.

3.5.2.1.   Das Basisszenario

(132)

Der oben beschriebene Umstrukturierungsplan sowie die Annahmen, auf denen er beruht, bilden das Basisszenario.

3.5.2.2.   Das Stressszenario

(133)

Der Umstrukturierungsplan enthält ein Stressszenario, in dem das Basisszenario unter den Annahmen einer „langanhaltenden, tiefen Rezession“ durchgespielt wird. Diese Annahmen beruhen auf Leitlinien der FME. Der Stresstest dient dem Zweck, festzustellen, wie sich die Gewinne, Kreditverluste, Eigenkapitalanforderungen, Kapital und Kapitalpuffer sowie die Liquiditätspositionen der Bank unter den Bedingungen einer Wirtschaftskrise entwickeln würden. Der Unterschied besteht darin, dass die Annahmen im Szenario einer langanhaltenden, tiefen Rezession für 2009 nun die Annahmen für das Jahr 2012 usw. bilden. Die Annahmen werden in Tabelle 6 zusammengefasst.

Tabelle 6

Die Hauptannahmen im Szenario einer langanhaltenden, tiefen Rezession (65)

(%)

 

2012

2013

2014

Wachstum des BIP

– 16,0

– 3,9

– 2,8

Arbeitslosenquote

10,6

16,6

16,9

Inflation

9,7

0,1

0,3

REIBOR

10,0

7,0

8,0

(134)

Das Stressszenario wurde vor dem Hintergrund unwahrscheinlicher, aber potenziell plausibler Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld der Bank entworfen. Die Rentabilität der Bank wird von den harten Bedingungen des Szenarios einer langandauernden, tiefen Rezession mit Gewissheit beeinträchtigt, da ihre Eigenkapitalrendite erheblich sinken wird (66). Sie wird aber trotzdem kleine Gewinne erzielen und da gleichzeitig der Kreditbestand und die risikogewichteten Vermögenswerte der Bank schrumpfen werden, wird ihre Eigenkapitalposition nicht nachteilig beeinflusst (67). Auch die Liquiditätsposition der Bank würde immer noch deutlich über den Mindestanforderungen liegen.

(135)

Der Bericht über die Kapitalausstattungsbewertung stützt sich auf Finanzdaten vom 31. Dezember 2011. Seine wichtigste Aussage lautet, dass gemäß der durch die Bank vorgenommenen Bewertung Kapital in Höhe von […] Mrd. ISK zur Deckung der Risikoexposition der Bank nach Säule I und Säule II benötigt wird. 16 % der risikogewichteten Aktiva (RWA) entsprechen einer Summe von […] Mrd. ISK. Die Bank verfügt über eine Eigenkapitalausstattung von […] Mrd. ISK und besitzt folglich einen Kapitalpuffer von […] Mrd. ISK. In der Kapitalbewertung werden mit Krisensituationen zusammenhängende Faktoren einschließlich ihres Einflusses auf den Kreditbestand der Bank berücksichtigt. Ausweislich des Berichts über die Kapitalausstattungsbewertung konzentriert sich das Risikomanagement der Bank auf die Feststellung, Beurteilung und größenmäßige Erfassung aller wesentlichen Risiken für die Bank. Dabei werden die Risiken in folgende vier Klassen unterteilt: das Kreditrisiko (einschließlich des Konzentrationsrisikos), das Marktrisiko, das Betriebsrisiko und die sonstigen Risiken (einschließlich des Liquiditätsrisikos, des Geschäftsrisikos, des politischen und des rechtlichen Risikos). In Tabelle 7 werden die bei der Kapitalbewertung berücksichtigten Risikofaktoren dargestellt.

Tabelle 7

Ergebnisse der Kapitalausstattungsbewertung bezüglich der Kapitalbewertung (Beträge in Mrd. ISK)

 

Bericht über die Kapitalausstattungsbewertung

31.12.2011

Eigenkapitalanforderung (Säule I)

(…)

Konzentration auf Einzelkreditnehmer

(…)

Konzentration auf bestimme Branchen

(…)

Zinsänderungsrisiko im Bankbestand

(…)

Währungsrisiko Klasse C, D, E

(…)

Steuerbehörden

(…)

Bewertungsrisiko — nicht börsennotierte Beteiligungspapiere

(…)

Bewertungsrisiko — Kreditbestand

(…)

Säule II Kapitalbewertung

(…)

Kapitalausstattungsbewertung insgesamt (Säule I+II)

(…)

16 % der risikogewichteten Aktiva

(…)

Eigenkapitalausstattung insgesamt

(…)

Kapitalpuffer

(…)

(136)

Im Bericht zur Kapitalausstattungsbewertung wird festgestellt, dass bei der Eindämmung des Ungleichgewichts zwischen den in Fremdwährungen lautenden Kundenkrediten und den in isländischer Währung lautenden Einlagen zwar große Fortschritte erzielt worden seien, dass aber trotzdem noch einige Anstrengungen nötig seien, um das verbleibende Ungleichgewicht 2012 aufzuheben. Ende 2011 überschritt das Ungleichgewicht immer noch die gesetzliche Grenze und die CBI musste eine Freistellung erteilen. Die Strategie der Bank zur Verringerung ihres Währungsungleichgewichts besteht einerseits in der systematischen Umstellung von Fremdwährungskrediten an Kunden, die über Einnahmen in ISK verfügen, auf ISK und andererseits in der Absicherung von Währungsungleichgewichten durch Vereinbarungen mit der CBI und durch Währungs-Swaps mit isländischen Kunden.

(137)

Das Liquiditätsrisiko gehört zu den bedeutendsten Risikofaktoren der Bank. Dies rührt daher, dass die Fälligkeit von Krediten die Fälligkeit von Einlagen übersteigt. Die Strategie der Bank besteht in einer engmaschigen Überwachung ihrer Liquiditätsposition und einer Verlängerung der Fälligkeiten bei den Verbindlichkeiten. Zu diesem Zweck analysiert sie sorgfältig ihre Fähigkeit, die Einlagen zu halten (68) und die Streuung ihrer Finanzierungen. Nach den internen Anforderungen der Bank sollte die Quote besicherter Liquidität nicht unter […] % der Einlagen sinken und die Barmittelquote sollte mindestens […] % erreichen oder etwas über den Anforderungen der FME liegen. Diese betragen 20 % für die Quote besicherter Liquidität und 5 % für die Barmittelquote. Wie aus Grafik 1 hervorgeht, übertraf die Bank die Vergleichsmarken der FME und ihre eigenen Benchmarks deutlich. Die Bank hat ihre Liquidität einem Stresstest unterzogen. Hierzu analysierte sie ihre Einlagenbasis und stufte die Einlagen anhand ihres Beharrungsvermögens in sieben Gruppen ein. Bei einer sofortigen Aufhebung der Kapitalkontrollen würde die Quote besicherter Liquidität der Bank […]. Die Barmittelquote würde […]. Die Bank hat jedoch Notfallpläne aufgestellt, um einer möglichen Finanzierungskrise begegnen zu können. Unter anderem würde sie […].

3.5.3.   Ausstiegsstrategie/Rückzahlung an den Staat

(138)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, hat die Ergänzungskapitaleinlage eine Laufzeit von zehn Jahren ab dem 30. Dezember 2009. Hinsichtlich der Vergütung besteht eine nach fünf Jahren (d. h. 2014) greifende Erhöhungsklausel von 400 Bps auf 500 Bps über dem EURIBOR. Nach Aussage der isländischen Behörden soll diese Erhöhung als Anreiz für die Bank wirken, ab diesem Zeitpunkt das Kapital zurückzuzahlen.

(139)

Die Eigenkapitaleinlage von 13 %, die der Staat an der Arion Bank hält, wird wie alle Regierungsbeteiligungen an Finanzunternehmen von der Icelandic State Financial Investments (ISFI) (69) verwaltet. Ausweislich des Staatshaushalts für 2012 wurde die Regierung zum Verkauf der zurzeit in ihrem Besitz befindlichen Einlagen in Sparkassen ermächtigt. Hinsichtlich des Verkaufs der staatlichen Beteiligungen an den drei großen Geschäftsbanken ist jedoch noch keine Entscheidung getroffen worden. Die zuständigen Minister gründeten jedoch eine Arbeitsgruppe zur Prüfung der Möglichkeiten für die Veräußerung der Beteiligungen an den Geschäftsbanken. Die Regierung hat wissen lassen, dass sie zwar nicht beabsichtige, ihre Beteiligung an der Landsbankinn unter zwei Drittel des Aktienkapitals der Bank zu senken, dass aber die Einlagen in der Íslandsbanki und der Arion Bank in naher Zukunft zum Verkauf angeboten oder als Gesamtpaket mit den Banken verkauft werden könnten, sofern deren Mehrheitseigner sich für einen Verkauf entscheiden. Dabei müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

(140)

Die besondere Liquiditätsfazilität steht nur bis zum 31. Dezember 2014 zur Verfügung. Dieses Datum fällt mit der Fälligkeit der SPRON-Schuldverschreibung zusammen.

4.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(141)

In ihrem Eröffnungsbeschluss zog die Überwachungsbehörde den vorläufigen Schluss, dass die Maßnahmen des isländischen Staates zur Kapitalausstattung der Arion Bank sowie die Liquiditätsfazilität staatliche Beihilfe nach Artikel 61 des EWR-Abkommens beinhalten. Darüber hinaus konnte sie nicht ausschließen, dass bei der Einlagensicherung staatliche Beihilfe vorlag. Die Überwachungsbehörde wird zu diesen Maßnahmen, die im Rahmen der vorliegenden Würdigung im Zusammenhang mit der jetzigen Entscheidung von Belang sind, einen endgültigen Standpunkt festlegen.

(142)

Was die beihilferechtliche Vereinbarkeit der im Eröffnungsbeschluss beurteilten Maßnahmen betrifft, so war die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine endgültige Stellungnahme nur auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans erfolgen könne. Dieser lag jedoch bei der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens durch die Überwachungsbehörde am 15. Dezember 2010 nicht vor. Es war insbesondere auf das Fehlen eines Umstrukturierungsplans über ein Jahr nach der Gründung der Arion Bank zurückzuführen, dass die Überwachungsbehörde Zweifel an der beihilferechtlichen Vereinbarkeit der Beihilfe äußerte.

4.1.   Stellungnahmen Beteiligter

(143)

Bei der Überwachungsbehörde ging eine Stellungnahme im Namen der Gläubiger der alten Bank ein, in der diese betonten, dass sie als Beteiligte zu betrachten seien. Sie gaben ferner an, dass sie möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt weitere Stellungnahmen übermitteln würden.

4.2.   Stellungnahmen der isländischen Behörden

(144)

Die isländischen Behörden räumen ein, dass die zur Gründung der New Kaupthing Bank, jetzt Arion Bank, getroffenen Maßnahmen staatliche Beihilfe darstellen. Nach Auffassung der isländischen Behörden sind die Maßnahmen jedoch auf der Grundlage des Artikels 61 Absatz 3 Buchstabe b mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar, da sie notwendig, verhältnismäßig und angemessen sind, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben. Nach Ansicht der isländischen Behörden stehen die getroffenen Maßnahmen in jeder Hinsicht mit den Grundsätzen im Einklang, die in den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen dargelegt werden. Sie machen außerdem geltend, dass die Beihilfe notwendig und auf den notwendigen Mindestbetrag beschränkt sei.

(145)

Die isländischen Behörden betonen darüber hinaus, dass die früheren Aktionäre der Kaupthing Bank ihre gesamten Anteile verloren und vom Staat keine Entschädigung erhalten hätten, dass die Beihilfe so ausgestaltet sei, dass die negativen Nebeneffekte für Wettbewerber möglichst gering ausfallen und dass die Bedingungen der Kredite (Ergänzungskapital) mit Marktsätzen vergleichbar seien.

(146)

Die isländischen Behörden sind nicht der Ansicht, dass die Einlagensicherung staatliche Beihilfe beinhaltet.

4.3.   Verpflichtungen der isländischen Behörden

(147)

Die isländischen Behörden übermittelten eine Reihe von Verpflichtungen, die sich größtenteils auf die Wettbewerbsverzerrungen beziehen, die durch die hier beurteilte Beilhilfe verursacht wird. Die Verpflichtungen sind dem Anhang zu entnehmen.

II.   WÜRDIGUNG

1.   VORLIEGEN STAATLICHER BEIHILFE

(148)

Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens lautet:

„Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.“

(149)

Die Überwachungsbehörde wird die folgenden Maßnahmen (70) beurteilen:

das anfängliche Betriebskapital, das der isländische Staat der neuen Bank zur Verfügung stellte;

die (vorübergehend) vollständige Kapitalausstattung der neuen Bank durch den Staat;

der Verbleib der nach der Übertragung von 87 % des Aktienkapitals an der neuen Bank an die Gläubiger der Kaupthing verbleibenden 13 % Aktienkapital beim Staat;

die Bereitstellung von Ergänzungskapital mittels eines nachrangigen Kredits durch den Staat an die neue Bank.

Die vorstehend aufgeführten Maßnahmen werden nachfolgend gemeinsam als „Kapitalisierungsmaßnahmen“ bezeichnet. Zusätzlich wird die Überwachungsbehörde Folgendes bewerten:

die Vereinbarung über die besondere Liquiditätsfazilität;

die SPRON Swap-Vereinbarung;

die Erklärung der isländischen Regierung, dass sie inländische Einlagen in allen isländischen Banken in voller Höhe garantiere.

1.1.   Einsatz staatlicher Mittel

(150)

Wie die Überwachungsbehörde im Eröffnungsbeschluss bereits vorläufig folgerte, liegt es auf der Hand, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen aus staatlichen Mitteln finanziert werden, die aus der isländischen Staatskasse stammen. Auch die Liquiditätsfazilität, die der Arion Bank zur Verfügung steht, beinhaltet nachweislich staatliche Mittel. Was die SPRON Swap-Vereinbarung betrifft, so übernahm der Staat das Risiko, dass die Vermögenswerte von SPRON/Drómi zur Deckung der übertragenen Verbindlichkeiten (Einlagen) der SPRON nicht ausreichen könnten. Im Wesentlichen übernahm der Staat die Garantie für den Ausgleich eventueller Verluste. Dies beinhaltet eine (mögliche) Übertragung staatlicher Mittel.

(151)

Hinsichtlich der Einlagensicherung betont die Überwachungsbehörde von vornherein, dass sich ihre Bewertung auf die oben beschriebene, zusätzliche Einlagensicherung bezieht, die im Wesentlichen aus den Erklärungen der isländischem Regierung besteht, dass für Einlagen bei inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen und deren Niederlassungen in Island eine volle Deckung bestehen werde.

(152)

Diese Würdigung lässt die Auffassung der Überwachungsbehörde über die Vereinbarkeit des Gesetzes Nr. 98/1999 und der von der isländischen Regierung und dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsfonds (TIF) während der Finanzkrise getroffenen Maßnahmen mit dem EWR-Recht, insbesondere mit der Richtlinie 94/19/EG unberührt. Hinsichtlich der Durchführung der Richtlinien 97/9/EG und 94/19/EG ist die Überwachungsbehörde folgender Auffassung: Soweit Maßnahmen staatliche Beihilfe darstellen, gibt der Einsatz staatlicher Mittel zur Erfüllung von Verpflichtungen nach EWR-Recht keinen Anlass zu Bedenken hinsichtlich des Artikels 61 des EWR-Abkommens. Der hier vorliegende Beschluss befasst sich daher nicht mit diesen Maßnahmen.

(153)

Die Überwachungsbehörde erklärte im Eröffnungsbeschluss, dass sie näher prüfen werde, ob die oben aufgeführten Erklärungen des isländischen Staates ausreichend klar, bestimmt, unbedingt und rechtsverbindlich seien, um eine Bindung staatlicher Mittel zur Folge zu haben (71). Bei der Beurteilung der Erfüllung dieser Kriterien stellt die Überwachungsbehörde fest, dass die Erklärungen eine unwiderrufliche Bindung öffentlicher Mittel bewirkten. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass der isländische Staat alle bestehenden Möglichkeiten zum Schutz der Einleger ausschöpfte. Er hat nicht nur die Rangfolge von Einlageninhabern in Insolvenzmassen geändert (was nun den Einsatz staatlicher Mittel nach sich zieht), sondern er hat auch deutlich gemacht, dass er es nicht zulassen werde, dass Einleger Verluste erleiden. Die pauschale Garantie der Regierung für sämtliche Einlagen in inländischen Geschäftsbanken und Sparkassen unterscheidet sich darüber hinaus aufgrund der Tatsache, dass diese Garantie in ihrer Höhe unbegrenzt ist und die durch diese Maßnahme begünstigten Banken keinen finanziellen Beitrag dazu leisten, von allen anderen Einlagensicherungsprogrammen, die sich auf EWR-Recht stützen.

(154)

Die Art und Weise, wie die isländische Regierung ihre Erklärung versteht, lässt sich an den staatlichen Eingriffen in den Finanzsektor ablesen, die seit Oktober 2008 stattgefunden haben und von der Absicht geleitet wurden, diesen Willenserklärungen gerecht zu werden. Zu diesen Eingriffen gehörten Maßnahmen zur Deckung der Einlagen bei Finanzunternehmen, beispielsweise die Gründung der drei Geschäftsbanken, die Übertragung der SPRON-Einlagen an die Arion Bank, die Übertragung der Straumur-Einlagen an die Íslandsbanki, die Übernahme der Einlagen von fünf Sparkassen auf den Sparisjódabanki Inseln durch die CBI, die Übertragung von Einlagen in der Byr Savings Bank an die Byr hf, die Übertragung von Einlagen von der Keflavík Savings Bank an die SpKef sowie die staatliche Haftung für Einlagen in der SpKef nach der Zwangsverschmelzung mit der Landsbankinn.

(155)

In mehreren Beihilfesachen, die zurzeit von der Überwachungsbehörde geprüft werden und von denen einige vorstehend aufgeführt wurden, trugen die isländischen Behörden das Argument vor, dass die jeweils gewählte Maßnahme die für den isländischen Staat die finanziell am wenigsten belastende Option zur Einhaltung seiner Zusicherung des vollen Einlegerschutzes gewesen sei.

(156)

In Anbetracht der obigen Ausführungen ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass eine rechtsverbindliche, klare, unbedingte und bestimmte Maßnahme vorliegt. Auf dieser Grundlage gelangt die Überwachungsbehörde zu der Schlussfolgerung, dass die Erklärungen des isländischen Staates, nach denen Einlagen in voller Höhe garantiert werden, eine Bindung öffentlicher Mittel im Sinne des Artikels 61 des EWR-Abkommens beinhalten.

1.2.   Begünstigung bestimmter Unternehmen oder der Herstellung bestimmter Waren

1.2.1.   Vorteil

(157)

Erstens müssen die Beihilfemaßnahmen der neuen Bank Vorteile verschaffen, in deren Folge sie von Belastungen, die sie normalerweise aus ihrem Budget zu bestreiten hätte, entlastet wird. Im Einklang mit ihrer vorläufigen Schlussfolgerung aus dem Eröffnungsbeschluss bleibt die Überwachungsbehörde bei ihrer Auffassung, dass jede einzelne Kapitalisierungsmaßnahme der neuen Bank einen Vorteil verschafft, weil das bereitgestellte Kapital der Bank ohne das Eingreifen des Staates nicht zur Verfügung gestanden hätte.

(158)

Bei der Feststellung, ob eine beispielsweise in Form einer Kapitalzuführung erfolgende Investition in ein Unternehmen einen Vorteil beinhaltet, wendet die Überwachungsbehörde das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Investors an. Sie beurteilt also, ob ein privater Investor, dessen Größe mit der der öffentlichen Einrichtung vergleichbar ist und der unter normalen Marktbedingungen arbeitet, eine solche Investition getätigt hätte (72). Hinsichtlich der Kapitalisierungsmaßnahmen für in Schwierigkeiten geratene Banken, wie sie seit Beginn der Finanzkrise durchgeführt wurden, vertraten sowohl die Europäische Kommission (in zahlreichen Fällen seit dem Eintritt der Finanzkrise (73)) als auch die Überwachungsbehörde (74) im Allgemeinen die Ansicht, dass die aus staatlichen Mitteln erfolgten Kapitalerhöhungen bei Banken staatliche Beihilfen darstellen, die in Anbetracht der Turbulenzen und Unsicherheiten, die die Finanzmärkte seit dem Herbst 2008 prägten, gewährt wurden. Diese allgemeine Erwägung gilt besonders für die isländischen Finanzmärkte in den Jahren 2008 und 2009, als das gesamte System zusammenbrach. Aus diesem Grund ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Kapitalisierungsmaßnahmen der Arion Bank trotz der letztendlichen Übertragung von 87 % des Kapitals der neuen Bank an die (großenteils dem privaten Sektor angehörenden) Gläubiger einen Vorteil verschafft. Soweit der private Sektor an der Kapitalausstattung der Arion Bank beteiligt war, betraf dies ausschließlich Gläubiger der alten Bank, die damit nur anstrebten, ihre Verluste so gering wie möglich zu halten (75).

(159)

Für die besondere Liquiditätsfazilität gelten ähnliche Erwägungen. Sie wurde als Bestandteil eines Pakets staatlicher Hilfsmaßnahmen zur Wiederherstellung des Betriebs einer zusammengebrochenen Bank im Rahmen einer neu errichteten Bank ausgehandelt. Außerdem war sie als Anreiz für Kapitalbeteiligungen der Gläubiger der zusammengebrochenen Bank an der neuen Bank gedacht. Ein Eingreifen des Staates lag auf der Hand, weil nicht klar war, ob sich die Arion Bank auf dem Markt ausreichend Liquidität würde verschaffen können. Anstatt als privater Investor zu handeln, übernahm der Staat also die Funktion privater Marktteilnehmer, die vor Ausleihungen an Finanzunternehmen zurückschreckten. Aus diesem Grund bestätigt die Überwachungsbehörde ihre vorläufige Schlussfolgerung aus dem Eröffnungsbeschluss und vertritt die Auffassung, dass die besondere Liquiditätsfazilität der Arion Bank einen Vorteil verschaffte.

(160)

Was die Übertragung der Einlagen von SPRON und die Bezahlung mit der von Drómi herausgegebenen Schuldverschreibung — die SPRON-Swapvereinbarung — betrifft, so merkt die Überwachungsbehörde positiv an, dass das Ziel dieser Transaktion insgesamt darin bestand, der Arion Bank nur einen auf die Höhe der übertragenen Verbindlichkeiten beschränkten Ausgleich zu leisten. Allerdings werden das gesamte Risiko, dass die Schuldverschreibung Drómis von geringerem Wert als die übertragenen Einlagen sein könnte, sowie die Verpflichtung zum Ausgleich eventueller Verluste dem Staat zugewiesen. Daraus entsteht der Eindruck, dass die Arion Bank neben den Einnahmen aus Zinszahlungen für die Schuldverschreibung auch Geschäfts- und Firmenwert gewinnt und zusätzliche Marktanteile erwirbt, ohne irgendein Risiko eingehen zu müssen. Die Überwachungsbehörde gelangt zu dem Schluss, dass dies einen Vorteil darstellt (76).

(161)

Zum Schluss hat die Überwachungsbehörde auch zu beurteilen, ob die zusätzliche Einlagensicherung der Arion Bank und den isländischen Banken allgemein einen Vorteil verschafft. Hier stellt die Überwachungsbehörde fest, dass anfangs, als die isländischen Behörden die Erklärung über die Einlagensicherung abgaben, nicht vollständig klar war, wie diese Garantie in der Praxis funktionieren würde. Insbesondere herrschte Unklarheit über die Auswirkungen eines solchen Eingriffs auf Banken, die ihre finanziellen Verpflichtungen gegenüber ihren Einlegern nicht mehr erfüllen können. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass man eine solche Bank in die Insolvenz gehen lassen würde, dass der isländische Staat aber — beispielsweise durch die Übertragung der Einlagen an eine andere Bank und den Ausgleich des Verlusts an Vermögenswerten — sicherstellen würde, dass die Einlagen in voller Höhe ausgezahlt werden könnten und die Einleger nie den Zugriff auf den vollen Betrag ihrer Einlagen verlieren würden.

(162)

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die Frage, wie der Staat im Einzelnen bei der Erfüllung der unbegrenzten Garantie inländischer Einlagen vorgehen würde, von zweitrangiger Bedeutung ist. Wichtig ist allein der Umstand, dass er die Verpflichtung übernommen hat, dann, wenn eine Bank die Einlagen nicht auszahlt, in unbegrenzter Höhe einzuschreiten.

(163)

Diese unbeschränkte Garantie stellte nach Auffassung der Überwachungsbehörde aus folgenden Gründen eine Begünstigung der Arion Bank dar: Erstens verschafft sie ihr gegenüber alternativen Anlageoptionen und Anbietern von Geldanlagen einen wertvollen Wettbewerbsvorteil, nämlich eine unbegrenzte staatliche Garantie und folglich ein wichtiges Sicherheitsnetz. Dies wird beispielsweise in einem kürzlich vorgelegten Bericht des Wirtschaftsministers verdeutlicht, der Folgendes feststellt: „Icelandic financial undertakings are currently operating in a sheltered environment with capital controls and a blanket deposit guarantee. Under such conditions, bank deposits are practically the only secure option for Icelandic savers“ (77). (Isländische Finanzunternehmen arbeiten zurzeit in einem geschützten Umfeld mit Kapitalkontrollen und einer Pauschalgarantie für Einlagen. Unter derartigen Bedingungen sind Bankeinlagen praktisch die einzig sichere Wahl für isländische Sparer.)

(164)

Zweitens scheint auf der Hand zu liegen, dass bei der Arion Bank ohne diese Garantie eher ein Ansturm auf die Einlagen hätte eintreten können, wie dies bei ihrer Vorgängerin der Fall war (78). Um Einlagen anzuziehen oder einfach nur die Menge an Einlagen unverändert beizubehalten, hätte die Bank also wahrscheinlich (zum Ausgleich dieses Risikos) höhere Zinsen zahlen müssen, wenn es nicht die zusätzliche, vom isländischen Staat übernommene, unbegrenzte Einlagensicherung gegeben hätte. Dementsprechend zieht die Überwachungsbehörde den Schluss, dass die Einlagensicherung einen Vorteil für die Bank mit sich bringt.

1.2.2.   Selektivität

(165)

Die Beihilfemaßnahme muss ferner insofern selektiv sein, als sie „bestimmte Unternehmen oder die Herstellung bestimmter Waren begünstigt“. Die Kapitalisierungsmaßnahmen, die Liquiditätsfazilität und die SPRON-Swapvereinbarung sind selektiv, weil sie nur der Arion Bank zugutekommen.

(166)

Da staatliche Beihilfen darüber hinaus auch dann selektiv sein können, wenn sie einem oder mehreren Wirtschaftszweig(en) zugutekommen, anderen hingegen nicht, ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die staatliche Garantie für Einlagen, die dem isländischen Bankensektor insgesamt zugutekommt, selektiv ist. Diese Schlussfolgerung ergibt sich auch aus den oben erläuterten Überlegungen, nach denen Banken gegenüber anderen Unternehmen, die ebenfalls Möglichkeiten zur Bildung von Sparguthaben und Geldanlagen anbieten, begünstigt werden.

1.3.   Wettbewerbsverzerrung und Auswirkungen auf den Handel zwischen Vertragspartnern

(167)

Die hier betrachteten Maßnahmen stärken die Position der Arion Bank gegenüber Wettbewerbern (oder potenziellen Wettbewerbern) in Island und anderen EWR-Staaten. Wie oben bereits ausgeführt wurde, handelt es sich bei der Arion Bank um ein Unternehmen, das auf Finanzmärkten tätig ist, die dem internationalen Wettbewerb im EWR offen stehen. Die isländischen Finanzmärkte sind, insbesondere wegen der Kapitalkontrollen, zurzeit zwar recht isoliert, aber grenzüberschreitender Handel und das entsprechende Potenzial dafür existieren noch. Sobald die Kapitalkontrollen aufgehoben werden, wird der Handel wahrscheinlich wieder zunehmen. Alle hier beurteilten Maßnahmen sind daher als wettbewerbsverfälschend und den Handel zwischen Vertragspartnern des EWR-Abkommens beeinträchtigend anzusehen (79).

1.4.   Schlussfolgerung

(168)

Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die zur Kapitalisierung der neuen Bank getroffenen Maßnahmen des isländischen Staats sowie die Liquiditätsfazilität, die Einlagensicherung und die SPRON-Swapvereinbarung staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens beinhalten.

2.   VERFAHRENSVORSCHRIFTEN

(169)

Gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommens „soll die EFTA-Überwachungsbehörde über alle Vorhaben, Beihilfe zu gewähren oder umzugestalten, so rechtzeitig unterrichtet werden, dass sie sich dazu äußern kann (…). Der betreffende Staat wendet die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an, bevor in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung getroffen wurde“.

(170)

Die isländischen Behörden haben die im Eröffnungsbeschluss erfassten Beihilfemaßnahmen nicht im Voraus, d. h. vor ihrer Durchführung, bei der Überwachungsbehörde angemeldet. Die Überwachungsbehörde gelangt daher zu dem Schluss, dass die isländischen Behörden ihren Verpflichtungen gemäß Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3 nicht nachgekommen sind. Die Gewährung dieser Beihilfemaßnahmen war also rechtswidrig. Hinsichtlich des Erwerbs der SPM-Sparkasse durch die Arion Bank, die gemäß Feststellung der Überwachungsbehörde keine staatliche Beihilfe beinhaltete, wird nichtsdestoweniger angemerkt, dass gemäß Randnummer 41 der Umstrukturierungsleitlinien der Überwachungsbehörde zur Vermeidung eines wettbewerbswidrigen Einsatzes staatlicher Beihilfe eine Bank ein Wettbewerbsunternehmen nur unter außergewöhnlichen Umständen nach entsprechender Unterrichtung der Überwachungsbehörde erwerben darf.

3.   WETTBEWERBSRECHTLICHE VEREINBARKEIT DER BEIHILFE

(171)

Die Überwachungsbehörde stellt zunächst fest, dass die Arion Bank hinsichtlich des inländischen Geschäftsbetriebs zwar ein neuer Rechtsträger sei, der 2008 gegründet wurde, dass sie aber eindeutig die wirtschaftliche Nachfolgerin der Kaupthing Bank sei, da zwischen diesen beiden Rechtsträgern eine wirtschaftliche Kontinuität bestehe. Da die von der Arion Bank seit Herbst 2008 ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeiten ohne die Beihilfe nicht hätten fortgeführt werden können, betrachtet die Überwachungsbehörde die Bank als ein Unternehmen in Schwierigkeiten.

(172)

Darüber hinaus stellen die hier beurteilten Maßnahmen Rettungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zugleich dar. Wie im Eröffnungsbeschluss bereits dargelegt wurde, hätte die Überwachungsbehörde die Maßnahmen wahrscheinlich vorläufig als mit dem Wettbewerbsrecht vereinbare Rettungsbeihilfen angesehen, wenn sie vor der Durchführung über die geplanten Maßnahmen unterrichtet worden wäre. Anschließend hätte sie dann auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans ihren endgültigen Standpunkt festgelegt. Da jedoch keine fristgerechte Anmeldung erfolgt war, leitete die Überwachungsbehörde das förmliche Prüfverfahren ein und bat um die Übermittlung eines Umstrukturierungsplans. Wie bereits gesagt, hängt die endgültige Feststellung der beihilferechtlichen Vereinbarkeit dieser Maßnahmen davon ab, ob der Umstrukturierungsplan die Kriterien der geltenden Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllt.

3.1.   Die Rechtsgrundlage für die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Vereinbarkeit: Artikel 61 Absatz 3 des EWR-Abkommens und Umstrukturierungsleitlinien der Überwachungsbehörde

(173)

Staatliche Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten werden zwar in der Regel nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c des EWR-Abkommens beurteilt, aber die Überwachungsbehörde kann nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens staatliche Beihilfen „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines EG-Mitgliedstaats oder eines EFTA-Staates“ zulassen. Den Bestimmungen in Ziffer 8 der Bankenleitlinien (80) entsprechend bekräftigt die Überwachungsbehörde erneut, dass im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung und der Beschlussfassungspraxis der Kommission nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens eine restriktive Auslegung dessen, was als beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines EFTA-Staates betrachtet werden könnte, erforderlich ist.

(174)

Wie oben eingehend erläutert, trat laut Stellungnahme der isländischen Behörden im isländischen Finanzsystem im Oktober 2008 mit dem Zusammenbruch der größten Banken und wichtigsten Sparkassen innerhalb weniger Tage eine Systemkrise ein. Der gemeinsame Marktanteil der zusammengebrochenen Finanzinstitute überstieg in den meisten Segmenten des isländischen Finanzmarkts 90 %. Mit diesen Schwierigkeiten ging ein Vertrauensverlust in die Landeswährung einher. Die Realwirtschaft Islands wurde von der Finanzkrise schwer getroffen. Obgleich seit dem Beginn der Krise mehr als drei Jahre verstrichen sind, ist das isländische Finanzsystem nach wie vor krisenanfällig. Auch wenn sich die Lage seit 2008 erheblich entspannt hat, ist offenkundig, dass die Maßnahmen seinerzeit in der Absicht getroffen wurden, eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Islands zu beheben.

(175)

Demzufolge gilt Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens in diesem Fall als anwendbar.

Die Anwendung der Umstrukturierungsleitlinien

(176)

In den Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen für die Wiederherstellung der Rentabilität und zur Bewertung von im Rahmen der Beihilfevorschriften in der derzeitigen Krise durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor (81) (im Folgenden „Umstrukturierungsleitlinien“) werden die für die Umstrukturierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Krise geltenden Beihilfevorschriften festgelegt. Gemäß den Umstrukturierungsleitlinien ist die Umstrukturierung eines Finanzinstituts im Rahmen der derzeitigen Finanzkrise nur dann mit Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens vereinbar, wenn sie:

i)

die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank bewirkt;

ii)

einen ausreichenden Eigenbeitrag des Empfängers beinhaltet (Lastenverteilung);

iii)

ausreichende Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen vorsieht.

(177)

Die Überwachungsbehörde wird also nachfolgend auf der Grundlage des übermittelten Umstrukturierungsplans für die Arion Bank beurteilen, ob diese Kriterien erfüllt sind und die oben beschriebenen Beihilfemaßnahmen folglich Umstrukturierungsbeihilfen darstellen, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind.

3.2.   Wiederherstellung der Rentabilität

(178)

Das wichtigste Ziel der Umstrukturierungsbeihilfe ist die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität ihres Empfängers. Bei der Feststellung der Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt spielt daher die Beurteilung der Frage, ob die Umstrukturierungsbeihilfe dieses Ziel erreichen wird, eine wichtige Rolle.

(179)

Wie oben bereits gesagt wurde, stellen die im Sog der Ereignisse vom Herbst 2008 eingetretenen Turbulenzen im isländischen Wirtschaftsleben, die Existenz außerordentlicher Maßnahmen wie die Kapitalkontrollen, ein erst in den Anfängen steckendes verordnungsrechtliches Umfeld und gesamtwirtschaftliche Aussichten, die trotz der in jüngster Zeit eingetretenen Stabilisierung insbesondere in Anbetracht der fortbestehenden wirtschaftlichen Nöte in der Eurozone noch ungewiss sind, für den gewinnbringenden Betrieb einer Bank und die Sicherstellung ihrer langfristigen Rentabilität große Herausforderungen dar. Die Überwachungsbehörde möchte von Anfang an betonen, dass diese Überlegung bei der nachfolgend dargelegten Beurteilung berücksichtigt werden muss.

(180)

In Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien wird dargelegt, dass der EWR-Mitgliedstaat einen umfassenden, detaillierten Umstrukturierungsplan mit vollständigen Angaben über das Geschäftsmodell, mit dem die langfristige Rentabilität der Bank wiederherstellt werden soll, vorlegen muss. Randnummer 10 der Umstrukturierungsleitlinien schreibt vor, dass der Umstrukturierungsplan die Ursachen für die Schwierigkeiten der Bank und die eigenen Schwachstellen der Bank nennen und umreißen muss, wie die vorgeschlagenen Umstrukturierungsmaßnahmen die grundlegenden Probleme der Bank beheben sollen.

(181)

Die Ursachen für die Schwierigkeiten der Arion Bank werden sowohl im Umstrukturierungsplan als auch im Bericht des SIC verdeutlicht, soweit es um die Umstände bei der Gründung der Bank und die Probleme ihrer Vorgängerin geht. Zu den wichtigsten Ursachen, die dieser Bericht auf der Ebene der Vorgängerbank feststellt, gehören die übermäßige, nicht tragfähige Expansion, der Verschuldungsgrad der Bankeigentümer, die Risikokonzentration, die schwache Eigenkapitalbasis und die Größe der Banken im Vergleich zur isländischen Wirtschaft. Bei der Kaupthing Bank bestanden große Einzelkredite und durch die Kreditvergabe an ihre Eigentümer übernahm sie erhebliche Risiken. Auch stützte sie sich vorwiegend auf kurzfristige Refinanzierungen am Interbankengeldmarkt.

Verordnungsrechtliche Maßnahmen zur Rentabilität

(182)

Im Umstrukturierungsplan der Arion Bank werden zwar viele der oben festgestellten Schwachstellen der Bank angesprochen, aber die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass der Untergang der Kaupthing und der Zusammenbruch der isländischen Finanzbranche auch durch eine Reihe von Faktoren verursacht wurde, die ganz speziell auf Island zutreffen, nämlich die geringe Größe des Landes und die verordnungsrechtlichen und aufsichtsrechtlichen Unzulänglichkeiten, auf die der Sonderuntersuchungsausschuss (SIC) besonders hinweist. Wie bei jeder anderen isländischen Bank auch hängt die langfristige Rentabilität der Arion Bank nicht allein von den auf Ebene der Bank getroffenen Maßnahmen ab, sondern auch davon, ob diese aufsichts- und verordnungsrechtlichen Unzulänglichkeiten behoben wurden oder nicht.

(183)

In diesem Zusammenhang nimmt die Überwachungsbehörde die von den isländischen Behörden am verordnungs- und aufsichtsrechtlichen Rahmen vorgenommenen Änderungen als positive Entwicklung zur Kenntnis. Erläuterungen hierzu sind dem Anhang zu entnehmen.

(184)

Erstens wurden die Zuständigkeiten und Befugnisse der FME erweitert. Ihr wurden unter anderem neue Verantwortlichkeiten in Bezug auf große Einzelkredite und die damit verbundenen Risiken übertragen. Damit wird nach Auffassung der Überwachungsbehörde einem der Faktoren, die zum finanziellen Zusammenbruch führten, begegnet.

(185)

Zweitens soll mit den vorübergehend eingeführten, hohen Anforderungen an den Eigenkapitalkoeffizienten und einer Reihe weiterer Vorschriften zur Besicherung, insbesondere dem Verbot, Kredite gegen die Verpfändung eigener Aktien zu vergeben, sichergestellt werden, dass isländische Banken nicht erneut eine schwache Eigenkapitalposition aufbauen können. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen zur Ausfallsicherheit der isländischen Banken beitragen werden.

(186)

Drittens wurde mehrere Maßnahmen bezüglich der Eignung von Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern sowie ihrer Vergütung eingeführt. Darüber hinaus wurden Kreditvergaben an verbundene Parteien (beispielsweise Eigentümer) strengeren Regeln unterworfen und die FME kann jetzt einer Bank bestimmte Tätigkeiten untersagen, wenn sie dies für begründet erachtet. Auch die Vorschriften für die externe und interne Rechnungslegung wurden geändert. Beispielsweise wurde die Dauer, für die ein externer Buchführer für ein- und dieselbe Bank arbeiten darf, verkürzt. Die Überwachungsbehörde nimmt positiv zur Kenntnis, dass diese Maßnahmen darauf abzielen, eine Wiederholung der Ereignisse zu verhindern, soweit dies die Eigentümer und hochrangigen Führungskräfte betrifft. Die Maßnahmen verstärken darüber hinaus die externe Risikoüberwachung und verringern insgesamt die Bedrohungen für die Rentabilität der Bank.

(187)

Viertens liegt der erwähnten Möglichkeit der FME zur Einschränkung der Tätigkeiten einer Bank nach Aussage der isländischen Behörden auch der Umstand zugrunde, dass isländische Geschäftsbanken vor der Krise in großem Umfang Einlagen hereinnahmen. Dadurch wurde deren Untergang, wenn auch nicht verursacht, so doch zumindest beschleunigt. So wie die Überwachungsbehörde die neuen Vorschriften zur Liquidität und zum Devisensaldo (82) versteht, beinhalten die Vorschriften auch Einschränkungen für die Möglichkeiten einer Bank, unverhältnismäßig hohe Beträge aus Deviseneinlagen anzuziehen, wenn dadurch das Geschäft der Bank instabiler und gegenüber Wechselkurs- und Liquiditätsrisiken anfälliger wird. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass die isländischen Behörden auf diesen Aspekt des verordnungsrechtlichen Versagens reagiert haben.

Umstrukturierungsplan der Arion Bank

(188)

Was den Umstrukturierungsplan und die Maßnahmen auf Ebene der Bank betrifft, so ist die Arion Bank im Wesentlichen zu einem traditionelleren Bankmodell zurückgekehrt und richtet ihr Hauptaugenmerk nun darauf, im isländischen Markt als Hausbank tätig zu sein. Die Bank wird sich vorwiegend aus Kundeneinlagen und Eigenkapital finanzieren, wobei ein allmählicher Anstieg der Kreditvergaben, überwiegend in Form gedeckter Schuldverschreibungen, vorgesehen ist.

(189)

Wie bereits erläutert, war die Arion Bank im Vergleich zur Kaupthing bei ihrer Gründung in erheblich geringerem Umfang verschuldet. Da die meisten Großkundenkredite in der Masse der Kaupthing verblieben, wird sich die Arion Bank laut Umstrukturierungsplan nur in sehr begrenztem Umfang auf eine Refinanzierung unbesicherter Kredite auf den internationalen Märkten stützen müssen. Aus dem gleichen Grund war die Frage der Verringerung des Fremdkapitalanteils in der Bilanz der Bank im Wesentlichen bereits im Oktober 2008 gelöst. Nichtsdestoweniger teilt die Überwachungsbehörde die Einschätzung der Arion Bank und der isländischen Behörden bezüglich der Notwendigkeit der verschiedenen, im Umstrukturierungsplan umrissenen Maßnahmen zur Anpassung des operativen Geschäfts der Bank an die neue wirtschaftliche Realität und zur Begrenzung der Risikoexposition der Bank. Die Mängel (wie beispielsweise die Konzentration großer, miteinander zusammenhängender Kredite, starke Währungsungleichgewichte usw.), denen mit diesen Maßnahmen begegnet wird, stammen zum großen Teil aus dem „Erbe“ der alten Bank. Für die zukünftige Rentabilität der Arion Bank ist es von äußerst großer Bedeutung, dass im Umstrukturierungsplan angemessene Vorkehrungen zur Beseitigung dieser Mängel getroffen werden.

(190)

Die Tatsache, dass sich die Kaupthing für ihre Refinanzierungen vor allem auf den Interbankengeldmarkt stützte, war einer der Hauptgründe für ihren Untergang. Die Finanzierung der Arion Bank beruhte bisher überwiegend auf Einlagen und Eigenkapital. Der Umstrukturierungsplan sieht aber eine leichte Minderung des Stellenwerts der Einlagen von 68 % auf 61 % der gesamten Verbindlichkeiten vor. Dieser geplanten Maßnahme liegt unter anderem eine von der Bank durchgeführte Analyse ihrer Einlagenbasis zugrunde. Die Arion Bank beabsichtigt, dies durch die Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen auf dem inländischen Markt auszugleichen. Hier sei daran erinnert, dass die Arion Bank eine Lizenz zur Ausgabe gedeckter Schuldverschreibungen erhielt und anschließend ein Ausgabeprogramm für gedeckte Schuldverschreibungen im Wert von 1 Mrd. EUR durchführte. Im Februar 2012 schloss die Arion Bank ihr erstes Zeichnungsangebot für gedeckte Schuldverschreibungen ab, in dessen Rahmen sie Schuldverschreibungen über einen Wert von 2,5 Mrd. ISK herausgab. Im Mai 2012 führte die Bank dann ihr erstes Zeichnungsangebot für nicht indexgebundene, festverzinsliche gedeckte Schuldverschreibungen im Wert von 1,2 Mrd. ISK aus (83). Die Bank beabsichtigt, während des restlichen Umstrukturierungszeitraums Schuldverschreibungen in verschiedenen Formaten, darunter auch gedeckten Schuldverschreibungen und unbesicherten Vorzugsschuldverschreibungen, zu begeben.

(191)

Unter Zugrundelegung der von den isländischen Behörden übermittelten Angaben zu den Sachverhalten scheint die Refinanzierungssituation der Bank nach Auffassung der Überwachungsbehörde bis zum Ende des Umstrukturierungszeitraums solide zu sein. In Anbetracht der Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einlagensicherung und der Kapitalkontrollen und angesichts der ungewissen Entwicklungen auf den Märkten für (öffentliche) Schuldtitel kann sie jedoch keine endgültige Feststellung darüber treffen, ob sich die Refinanzierungsstrategie der Arion Bank auf lange Sicht verwirklichen lässt. Da sich die Arion Bank während des Umstrukturierungszeitraums in hohem Maße auf Einlagen und gedeckte Schuldverschreibungen stützt und diese Fremdfinanzierungsarten in der Bilanz einen hohen Anteil einnehmen, räumt die Überwachungsbehörde ein, dass später erforderlich werdende, leichte Veränderungen an der Refinanzierungsstrategie die Rentabilität der Bank nicht bedrohen würden.

(192)

Hinsichtlich der Aktivseite der Bilanz stellt sich die Lage so dar, dass die internationalen Vermögenswerte in der Masse der Kaupthing verbleiben. Demzufolge ist die Bilanz um 88 % geschrumpft. Die Hauptschwachstelle im Geschäftsmodell der Kaupthing — die Abhängigkeit von riskanten internationalen Vermögenswerten ohne angemessene Risikobewertung — wurde also beseitigt. Die Überwachungsbehörde begrüßt es, dass sich die Bank laut Umstrukturierungsplan in Zukunft nicht in ähnlichen Geschäften engagieren wird, sondern sich auf ihr traditionelles Kerngeschäft konzentrieren wird.

(193)

Was den Anlagenbestand der Bank betrifft, so stellt die Umstrukturierung der von Kaupthing übertragenen Kredite nach wie vor eine erhebliche Herausforderung dar. Hier nimmt die Überwachungsbehörde als positive Entwicklung zur Kenntnis, dass dieser Umstrukturierungsprozess für die Bank stets zu den obersten Prioritäten gehörte und nach wie vor gehört. Dies lässt sich an den zahlreichen allgemeinen und individuell zugeschnittenen Vorschlägen, die die Bank ihren überschuldeten Kunden machte, ablesen. Zum Abschluss des Umstrukturierungsvorhabens sind zwar noch weitere Anstrengungen erforderlich, aber die Informationen der Bank scheinen die seit 2011 erzielten, guten Fortschritte zu bestätigen. Dies beweist auch die Tatsache, dass bei 871 der 986 Unternehmen, die in Krediteintreibungsprogramme bei der Bank eingetreten waren, Ende 2011 ein Abschluss erreicht worden war, während die Anzahl der Abschlüsse am Ende des ersten Quartals 2011 erst 416 betrug. In jüngster Zeit wurden auch bei der Umstrukturierung der Kredite an Privathaushalte gute Fortschritte erzielt. Die Bank strebt den Abschluss ihrer Projekte zur Eintreibung von Krediten an Unternehmen und natürliche Personen bis Ende 2012 an.

(194)

Die Überwachungsbehörde betrachtet dies als Hinweis auf die Zuverlässigkeit der Umstrukturierungsmethoden der Arion Bank. Geht man von den Daten aus, die die Arion Bank übermittelte, erscheint die Erreichung des Ziels der Bank, die Umstrukturierung ihres Portfolios an Unternehmens- und Haushaltskrediten bis zum Jahresende 1012 abzuschließen, durchaus realistisch. Unerwartete Entwicklungen im gesamtwirtschaftlichen Umfeld in Island oder dem Ausland einmal ausgenommen, würde dies nach Ansicht der Bank insgesamt bedeuten, dass die Arion Bank am Ende des Umstrukturierungszeitraums eine vergleichsweise gesunde Bilanz und leistungsstarke Kreditportfolios ihr Eigen nennen wird.

(195)

Wie oben bereits ausgeführt wurde, war die schwache Eigenkapitalausstattung der Kaupthing einer der Faktoren, die zu deren Untergang führten. Im Umstrukturierungsplan der Arion Bank wird prognostiziert, dass die Bank während des gesamten Umstrukturierungszeitraums den von der FME vorgeschriebenen Eigenkapitalkoeffizienten deutlich übertreffen wird. Dieser Koeffizient liegt deutlich über dem zukünftig nach Basel III vorgeschriebenen Minimum von 10,5 %. Sogar nach dem von der Arion Bank vorgelegten Krisenszenario wird der Eigenkapitalkoeffizient mit [> 20] % erheblich über dieser hohen Vergleichsmarke liegen. Hinsichtlich der Kapitalbewertung im diesjährigen Bericht zur Kapitalausstattung, den die Arion Bank in Verbindung mit dem Umstrukturierungsplan vorlegte, hält es die Überwachungsbehörde für umsichtig und beruhigend, dass die Bank nach Berücksichtigung der verschiedenen Risikofaktoren einen Kapitalpuffer von […] Mrd. ISK hält. In einem Geschäftsumfeld wie dem oben beschriebenen sichert sich die Arion Bank damit erhebliche Kapazitäten zur Bewältigung unerwarteter widriger Umstände.

(196)

Hinsichtlich der Liquiditätsposition der Bank stellt die Überwachungsbehörde fest, dass laut Umstrukturierungsplan die derzeitige Lage hinreichend stabil zu sein scheint und keine Anzeichen dafür bestehen, dass sich die Situation im Verlauf des Umstrukturierungszeitraums wesentlich verschlechtern könnte. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass der im Zusammenhang mit dem Bericht zur Kapitalausstattung durchgeführte Stresstest den Schluss zulässt, dass die Bank einerseits zwar Liquiditätsrisiken ausgesetzt ist, die bei einer abrupt erfolgenden Aufhebung der Kapitalkontrollen Wirklichkeit werden könnten, dass ihre Liquiditätslage aber andererseits engmaschig überwacht wird, dass Maßnahmen zur Begrenzung dieses Risikos eingeleitet wurden und dass Notfallpläne zur Vorbereitung der Bank auf unerwartete, nachteilige Ereignisse erstellt wurden. Bedenkt man, dass 2010 eine besondere Liquiditätsfazilität des Staats für die Bank notwendig war, damit diese die Liquiditätsvorschriften der FME erfüllen konnte, und berücksichtigte man ferner, dass diese Liquiditätsfazilität Ende 2014 ausläuft, kommt den genannten Maßnahmen hohe Bedeutung zu.

(197)

Die Überwachungsbehörde begrüßt die oben erläuterten Änderungen im organisatorischen Aufbau und im Risikomanagement, die einer Schwachstelle im Geschäftsbetrieb der Kaupthing begegnen und zu einer objektiveren, professionelleren Risikobewertung im Geschäftsbetrieb der Bank führen werden.

(198)

Hinsichtlich der Ertragskraft ist in den Umstrukturierungsleitlinien vorgesehen, dass im Umstrukturierungsplan aufgezeigt werden muss, wie die Bank schnellstmöglich ohne staatliche Beihilfe ihre langfristige Rentabilität wiederherstellen wird. Insbesondere sollte die Bank in der Lage sein, eine angemessene Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften und zugleich sämtliche Kosten des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs zu decken und die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Im Einzelnen wird unter Randnummer 13 der Umstrukturierungsleitlinien festgestellt, dass die langfristige Rentabilität dann erreicht ist, wenn die Bank sämtliche Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzaufwendungen tragen und eine angemessene Eigenkapitalrendite erbringen kann. Dabei ist das Risikoprofil der Bank zu berücksichtigen.

(199)

Hier erinnert die Überwachungsbehörde an die bereits getroffene Feststellung, dass das wirtschaftliche Umfeld, in dem die Arion Bank arbeitet, für jede Bank eine Herausforderung darstellen würde. In Anbetracht dieses Gesichtspunkts ist die Überwachungsbehörde mit der im Umstrukturierungsplan prognostizierten Ertragskraft, die trotz des hohen Eigenkapitalkoeffizienten während des gesamten Umstrukturierungszeitraums und darüber hinaus ausreichend sein wird, durchaus zufrieden. Die in den Jahren 2009 und 2010 besonders hohe Eigenkapitalrendite wird zwischen [> 10] % und [< 15] % liegen. Nicht regelmäßig erscheinende Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung, insbesondere erhebliche Bewertungsgewinne aus den von der Kaupthing übertragenen Kreditportfolios und aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über Fremdwährungskredite vorgenommene Abschreibungen, die in den vergangenen drei Jahren große Auswirkungen auf die finanziellen Ergebnisse der Bank hatten, werden voraussichtlich zurückgehen. Laut Umstrukturierungsplan sollen derartige nicht regelmäßig auftretende Ereignisse in den Jahren 2012 und 2013 nur geringen Einfluss haben und voraussichtlich nach 2013 nicht mehr auftreten.

(200)

Ein wichtiger Einflussfaktor für die zukünftige Rentabilität wird laut Umstrukturierungsplan der Anstieg der Einnahmen aus Gebühren und Provisionen sein, für die ein […] im Planungszeitraum vorhergesagt wird. Geschäfte, mit denen sich Vermittlungsgebühren erzielen lassen, beispielsweise mit dem Aktienmarkt und dem Devisenhandel zusammenhängende Abschlüsse, kamen nach dem Zusammenbruch und infolge der Kapitalkontrollen praktisch zu Stillstand. Die Erwartung einer starken Zunahme der Aktivitäten im Börsen- und Devisenhandel für den Zeitpunkt, an dem sich die Umstrukturierung des Unternehmenssektors der Vollendung nähert und die Kapitalkontrollen aufgehoben werden, scheint jedoch eine realistische Annahme zu sein. Die Überwachungsbehörde stellt daher die Plausibilität dieser Zahlen nicht in Frage.

(201)

Wie oben dargelegt, ergriff die Bank eine Reihe von Initiativen, um Kosteneffizienz zu erreichen. Hierzu zählten die Rationalisierung ihres Niederlassungsnetzes und die Schließung von insgesamt 15 Niederlassungen. Den Verpflichtungen der Bank zufolge […]. Im Jahr 2011 erfolgte eine Senkung des Personalbestands um 10 %. Die Überwachungsbehörde begrüßt diese Anstrengungen, denn sie lassen darauf schließen, dass es der Bank bereits gelungen ist, ihre Kosten zu begrenzen und das Verhältnis zwischen Kosten und Ertrag 2012 auf 45 % zu halten. Aus dem Umstrukturierungsplan geht die Absicht der Bank hervor, sicherzustellen, dass dieses Verhältnis im Verlauf des restlichen Umstrukturierungszeitraums noch etwas weiter auf […] % sinkt.

(202)

Darüber hinaus stützt sich der Umstrukturierungsplan offensichtlich auf eine große Zahl von Annahmen. Die Überwachungsbehörde strebte eine genaue Prüfung derjenigen Annahmen an, die mit der zukünftigen Rentabilität am engsten verbunden sind und sie am stärksten beeinflussen. Die gesamtwirtschaftlichen Annahmen scheinen weitgehend mit den Prognosen des statistischen Amtes Islands und der CBI übereinzustimmen. Allerdings sagt die Bank ein etwas stärkeres Wachstum und eine höhere Inflation voraus. Insgesamt scheinen die dem Umstrukturierungsplan zugrunde liegenden Annahmen hinreichend solide zu sein. In Verbindung mit den vorstehend dargelegten Überlegungen der Überwachungsbehörde kann daher der Schluss gezogen werden, dass die von der Bank durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen zur Sicherung ihrer langfristigen Rentabilität ausreichen, sofern keine unerwarteten nachteiligen Ereignisse unvorhergesehenen Ausmaßes und mit nicht vorhersehbaren Folgen eintreten.

(203)

Berücksichtigt man die oben dargelegten Faktoren, enthält der Umstrukturierungsplan nach Auffassung der Überwachungsbehörde genügend Elemente, die zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität der Bank beitragen. Dies erlaubt der Überwachungsbehörde den Schluss, dass die Bestimmungen in Abschnitt 2 der Umstrukturierungsleitlinien erfüllt sind.

3.3.   Eigenbeitrag/Lastenverteilung

(204)

Randnummer 22 der Umstrukturierungsleitlinien lautet: „Zur Begrenzung etwaiger Wettbewerbsverzerrungen und Vermeidung moralischer Risiken sollte die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt werden und der Begünstigte einen angemessenen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten leisten. Das Unternehmen und dessen Kapitaleigner sollten sich soweit wie möglich mit eigenen Mitteln an der Umstrukturierung beteiligen. Dies ist erforderlich um sicherzustellen, dass gerettete Banken in angemessenem Umfang Verantwortung für die Folgen ihres früheren Verhaltens tragen, und um geeignete Anreize für ihr künftiges Verhalten zu schaffen.“

(205)

In diesem Zusammenhang erinnert die Überwachungsbehörde an einen entscheidenden Aspekt des vorliegenden Falls. Als die Arion Bank auf der Grundlage des Inlandsgeschäfts der Kaupthing gegründet wurde, gingen die Beteiligungen der Aktionäre der Kaupthing Bank vollständig verloren und trugen somit im höchstmöglichen Umfang zur Umstrukturierung der Arion Bank bei. Darüber hinaus mussten die Gläubiger erhebliche Verluste (84) hinnehmen, oder zumindest das Risiko akzeptieren, dass ihr Investment von der Ertragskraft der Arion Bank abhängt. Hinsichtlich der Eigentümer und Gläubiger der Kaupthing ist das Kriterium der Lastenverteilung optimal erfüllt und dem Problem des moralischen Risikos wurde begegnet.

(206)

Die Überwachungsbehörde hat darüber hinaus zu beurteilen, ob die von der Arion Bank empfangene staatliche Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt war.

(207)

Was die Kapitalisierungsmaßnahmen betrifft, so reichte die anfängliche Kapitalausstattung der Arion Bank bis zu dem Zeitpunkt, als der Staatsanteil durch die Vereinbarung mit den Gläubigern der Kaupthing auf 13 % gesenkt wurde, gerade aus, um die Eigenkapitalanforderungen der FME zu erfüllen. Im Jahr 2009, als der Kaufvertrag zwischen Kaupthing und Arion Bank geschlossen und der Arion Bank das Ergänzungskapital gewährt wurde, betrug der Eigenkapitalkoeffizient etwa 18 % und lag somit zwei Prozentpunkte über dem von der FME festgelegten Minimum. In diesem Zusammenhang merkt die Überwachungsbehörde an, dass der Eigenkapitalkoeffizient vor allem von der korrekten Bewertung der von der Kaupthing an die Arion Bank übertragenen Vermögenswerte abhing. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die wirtschaftlichen Aussichten für Island zu dieser Zeit eher ungewiss erschienen. In Anbetracht des Vorstehenden ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Höhe des Kapitals, das der isländische Staat der Arion Bank zur Verfügung stellte, auf das erforderliche Minimum beschränkt war, denn es betrug nicht mehr als das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zuzüglich eines angemessenen Puffers.

(208)

Dieser Schlussfolgerung ist der Umstand, dass der Eigenkapitalkoeffizient der Arion Bank anschließend etwas stieg, nämlich auf 19 % im Jahr 2010 und auf 21 % im Jahr 2011, nicht abträglich. Dieser Anstieg des Eigenkapitalkoeffizienten war in erheblichem Maße auf eine Höherbewertung des Buchwertes der Vermögenswerte, die von der Kaupthing an die Arion Bank übertragen worden waren, zurückzuführen. Dass dies eintritt, war nicht mit Sicherheit vorhersagbar. Die Tatsache, dass sich der Eigenkapitalkoeffizient später so positiv entwickelte, stellt nach Ansicht der Überwachungsbehörde keinen Grund für die Annahme war, dass die Arion Bank von Beginn an vom Staat überkapitalisiert worden war (85).

(209)

Laut Randnummer 26 der Umstrukturierungsleitlinien sollten Umstrukturierungsbeihilfe empfangende Banken „in der Lage sein, aus ihren Geschäftsgewinnen eine angemessene Vergütung für das Kapital zu zahlen, unter anderem in Form von Dividenden und Kuponzahlungen für im Umlauf befindliche nachrangige Verbindlichkeiten“.

(210)

In diesem Zusammenhang sollte man sich ins Gedächtnis rufen, dass zu der Zeit, als die Verträge über die Übernahme von 87 % der Beteiligung an der Arion Bank durch Kaupskil geschlossen wurden, auch vereinbart worden war, dass die Regierung einen gerechten Anteil an den Erträgen der Bank erhalten solle, bis die neue Eigentumsvereinbarung in Kraft träte. Der vereinbarte Betrag belief sich auf 6,5 Mrd. ISK (86). Dies entsprach einer Jahresrendite für den Staat von fast 9 % des Kapitals, die bereits im Herbst 2009 ausgezahlt wurde. Es ist auch klar, dass dieser Betrag 2,3 Mrd. ISK unter den für diesen Zeitraum auf die Staatsanleihe aufgelaufenen Zinsen liegt und auch den Vergleichszinssatz der EZB für diesen Zeitraum, d. h. 15,3 %, bei Weitem nicht erreicht, wie in den Rekapitalisierungsleitlinien (87) der Überwachungsbehörde dargelegt. In Anbetracht der insgesamt guten Leistungen, die die Arion Bank seit ihrer Gründung erbrachte, erscheinen die Aussichten für eine zufriedenstellende Rendite auf den Anteil von 13 %, den der Staat an der Arion Bank behielt, durchaus vielversprechend zu sein.

(211)

Es ist aber auch zu betonen, dass die Vergütung für das Ergänzungskapital von den Rekapitalisierungsleitlinien der Behörde abweicht. Wie die isländischen Behörden ganz richtig vortrugen, setzt sich die nach den Rekapitalisierungsleitlinien erforderliche Vergütung aus den Finanzierungskosten des Staates in Höhe von 8 %, dem vor der Krise bestehenden CDS-Spread der Kaupthing und einer Zusatzgebühr von 2 % zusammen. In Anbetracht der vor der Krise bestehenden CDS-Spreads der Kaupthing läge die von der Arion Bank gezahlte Vergütung in Höhe des EURIBOR zuzüglich eines Aufschlags von 4 % erheblich unter dieser Vergleichsmarke.

(212)

Laut Randnummer 25 der Umstrukturierungsleitlinien kann eine Abweichung von einer angemessenen Ex-ante-Lastenverteilung (d. h. einer angemessenen Vergütung) unter anderem durch eine umfassendere Umstrukturierung einschließlich zusätzlicher Maßnahmen zur Begrenzung etwaiger Wettbewerbsverzerrungen gerechtfertigt werden. Wie aus den folgenden Absätzen hervorgehen wird, ist die Umstrukturierung der Arion Bank nach Auffassung der Überwachungsbehörde umfassend genug, um diese Bedingung zu erfüllen.

(213)

Wie vorstehend bereits erläutert wurde, beinhaltet die SPRON-Swapvereinbarung zwar Elemente staatlicher Beihilfe, nach Auffassung der Überwachungsbehörde ist sie aber so aufgebaut, dass ein unmittelbarer finanzieller Vorteil für die Arion Bank eingeschränkt, wenn nicht sogar ganz ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung stellt im Wesentlichen eine verhandelte Entschädigung der Arion Bank für die Übernahme der Einlagenverbindlichkeiten von SPRON dar. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Arion Bank den übertragenen Verbindlichkeiten entsprechende Vermögenswerte erhalten. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde kommt dieser Beihilfe keine große Bedeutung für die Beurteilung der Lastenverteilung zu.

(214)

Was schließlich die Einlagensicherung betrifft, so hat die Überwachungsbehörde bereits im Eröffnungsbeschluss darauf hingewiesen, dass sie in Anbetracht der damals herrschenden, außergewöhnlichen Umstände ein angemessenes Mittel zur Sicherung der finanziellen Stabilität in Island darstellen könnte. Es liegt jedoch auf der Hand, dass eine solche Beihilfe nicht für unbegrenzte Zeit genehmigt werden kann.

(215)

Damit diese staatliche Beihilfe als auf das erforderliche Minimum begrenzt gelten kann, muss sie nach Ansicht der Überwachungsbehörde so bald wie möglich beendet werden. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Absicht der isländischen Behörden, ein anderes Einlagensicherungssystem einzuführen, dessen Einrichtung aktuell für einen Zeitpunkt vor der Aufhebung der Kapitalkontrollen, also spätestens Ende 2013, vorgesehen ist.

(216)

Die Überwachungsbehörde vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass sich eine lebensfähige Bank ohne den Schutz einer solchen pauschalen Einlagensicherung im Wettbewerb auf dem Markt behaupten können muss. Sie wird daher die Einlagensicherung nur bis Ende 2014 genehmigen (88). Danach ist der Einlagenschutz nur durch die geltenden EWR-Rechtsvorschriften zu Einlagensicherungen zu regeln.

(217)

Unter Zugrundelegung der oben dargelegten Gesichtspunkte gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass der Umstrukturierungsplan der Arion Bank sicherstellt, dass die Beihilfe auf das erforderliche Minimum beschränkt ist und dass sich die Empfängerin, die Aktionäre und die Gläubiger der Vorgängerbank in wesentlichem Umfang an der Lastenverteilung beteiligt haben. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht also im Einklang mit Abschnitt 3 der Umstrukturierungsleitlinien.

3.4.   Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen

(218)

Die Umstrukturierungsleitlinien sehen in Abschnitt 4, Randnummern 29 bis 32, Folgendes vor:

„Die Finanzstabilität bleibt in Zeiten einer Systemkrise weiterhin das oberste Ziel von Beihilfen für den Finanzsektor, doch die kurzfristige Wahrung der systemischen Stabilität darf nicht dazu führen, dass gerecht ausgestaltete Wettbewerbsbedingungen und vom Wettbewerb bestimmte Märkte langfristig Schaden nehmen. In diesem Rahmen kommt Maßnahmen zur Begrenzung beihilfebedingter Wettbewerbsverzerrungen unter anderem aus den folgenden Gründen eine wichtige Rolle zu. […] Maßnahmen zur Begrenzung der Wettbewerbsverzerrungen sollten immer auf die spezifischen Probleme der Märkte zugeschnitten sein, auf denen die begünstigte, nach der Umstrukturierung wieder rentabel arbeitende Bank tätig ist, und gleichzeitig auf politisch kohärenten Prinzipien beruhen. Bei der Prüfung der Notwendigkeit solcher Maßnahmen geht die Überwachungsbehörde zunächst von Umfang, Reichweite und Art der Geschäftstätigkeiten aus, denen die betreffende Bank bei Umsetzung eines plausiblen Umstrukturierungsplans im Einklang mit Abschnitt 2 nachgehen würde. […] Art und Form solcher Maßnahmen richten sich nach zwei Kriterien: erstens nach der Höhe der Beihilfe sowie den Bedingungen und Umständen, unter denen die Beihilfe gewährt wurde, und zweitens nach den Merkmalen des Marktes bzw. der Märkte, auf dem bzw. denen die begünstigte Bank tätig sein wird.

Was das erste Kriterium angeht, werden die Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen je nach Höhe der Beihilfe, Umfang der Lastenverteilung und Höhe der Vergütung sehr unterschiedlich ausfallen. Je umfangreicher Lastenverteilung und Eigenbeitrag sind, desto geringer sind in der Regel die Folgen eines moralischen Risikos.

Was das zweite Kriterium angeht, wird die Überwachungsbehörde die voraussichtlichen Auswirkungen der Beihilfe auf den Märkten prüfen, auf denen die Bank nach der Umstrukturierung tätig sein wird. Zuallererst werden die Größe und die relative Bedeutung analysiert, die die Bank nach Wiederherstellung der Rentabilität auf dem entsprechenden Markt bzw. den entsprechenden Märkten haben wird. Die Maßnahmen werden im Interesse der Wahrung eines wirksamen Wettbewerbs unter Berücksichtigung der Merkmale des jeweiligen Marktes ausgestaltet. […] Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsbeschränkungen sollten die Chancen auf die Wiederherstellung der Rentabilität der Bank nicht schmälern.“

(219)

Daraus folgt, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit von Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen durch die Überwachungsbehörde der Umfang der Beihilfe, insbesondere unter relativen Aspekten, sowie die Merkmale des Marktes eine entscheidende Rolle spielen. Zugleich liegt es auf der Hand, dass derartige Maßnahmen die Rentabilität des Empfängers von Umstrukturierungshilfe nicht gefährden dürfen. Wettbewerbsfragen müssen im Hinblick auf das oberste Ziel, die Wahrung der finanziellen Stabilität in der derzeitigen Krise, angegangen werden.

(220)

Vor dem Hintergrund des oben umrissenen Rechtsrahmens erläutert die Überwachungsbehörde nachfolgend die Überlegungen, die ihres Erachtens für die Beurteilung der Maßnahmen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen wesentlich sind.

(221)

An erster Stelle steht für die Überwachungsbehörde die Überlegung, dass in Anbetracht der in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen, besonderen Lage auf den isländischen Finanzmärkten und der allgemeinen wirtschaftlichen Bedingungen eine sorgfältige Bewertung der Marktbedingungen und des Wettbewerbsumfeldes erforderlich ist. Die Maßnahmen zur Beschränkung von Wettbewerbsverzerrungen sollten die derzeit schwierigen Umstände widerspiegeln, zugleich aber gewährleisten, dass Wettbewerbsverzerrungen sowohl kurz- als auch langfristig auf ein Minimum begrenzt werden.

(222)

An zweiter Stelle steht, dass, wie im Abschnitt über die Lastenverteilung bereits erläutert wurde, die Frage des größtmöglichen Beitrags der ehemaligen Eigentümer der Kaupthing und in einem gewissen Umfang auch ihrer Gläubiger, gelöst wurde. Dementsprechend war es kaum notwendig, zusätzliche Wettbewerbsmaßnahmen durchzuführen.

(223)

Was drittens die besonderen Merkmale des maßgeblichen Markts und den oben beschriebenen Zusammenbruch des Finanzsystems in Island mit den anschließenden Interventionen der isländischen Behörden, zu denen auch die Gründung der Arion Bank auf der Grundlage des inländischen Geschäftsbetriebs von Kaupthing gehörte, betrifft, so führten diese Ereignisse zu einer stärkeren Konzentration auf dem isländischen Markt für Finanzdienstleistungen. Der Marktanteil der drei Großbanken Landsbankinn, Íslandsbanki und Arion Bank nahm erheblich zu. Daneben verbleiben nur ein paar kleine Marktteilnehmer und die unmittelbaren Aussichten auf neue Markteintritte sind äußerst gering. Dies ist nicht nur auf die bereits erwähnten Markteintrittsschranken und die geringe Größe dieses Markts zurückzuführen, sondern vor allem auch auf die geltenden Kapitalkontrollen. Mit einem Marktanteil von gut 30 % in den wichtigsten, wirtschaftlich bedeutenden Segmenten genießt die Arion Bank eine sehr wichtige Stellung in diesem konzentrierten Markt.

(224)

Die Krise löste viertens eine Reihe ganz spezifischer Probleme aus. Eines davon ist der extrem hohe Grad mittel- und unmittelbaren Eigentums der Großbanken in der Realwirtschaft. Wettbewerbsrechtliche Sorgen bereitet darüber hinaus das Bestehen eines de facto Monopols bei IT-Dienstleistungen im Bankwesen (RB). Hier besitzen die drei Großbanken eine Mehrheitsbeteiligung.

(225)

Fünftens ist der relative Umfang der von der Arion Bank empfangenen Beihilfe signifikant. Hier merkt die Überwachungsbehörde an, dass zu Beginn das gesamte Kapital der Bank vom Staat zur Verfügung gestellt wurde. Darüber hinaus profitierte die Bank von verschiedenen Beihilfemaßnahmen, nämlich der besonderen Liquiditätsfazilität, der SPRON-Swapvereinbarung und der pauschalen Einlagensicherung. Gleichzeitig ist die Arion Bank aber, zumindest nach internationalen Maßstäben, nach wie vor eine kleine Bank.

(226)

Vor diesem Hintergrund stellt die Überwachungsbehörde fest, dass bereits Maßnahmen zur Begrenzung der durch die staatlichen Beihilfen für die Arion Bank verursachten Wettbewerbsverzerrungen getroffen wurden oder in Zukunft getroffen werden sollen.

i)   Von den isländischen Behörden durchgeführte oder zugesagte Maßnahmen und verordnungsrechtliche Entwicklungen

(227)

Die isländische Regierung ist im Einzelnen zwei Verpflichtungen eingegangenen (siehe Anhang), die nach Ansicht der Überwachungsbehörde zur Schaffung eines dem Wettbewerb auf den Finanzmärkten förderlichen, verordnungsrechtlichen Umfelds beitragen können.

(228)

Die erste Zusage betrifft die Bestellung einer Arbeitsgruppe zur Überprüfung des Gesetzes Nr. 36/1978 über Stempelsteuern und insbesondere die Prüfung der Frage, ob Stempelsteuern auf von natürlichen Personen herausgegebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einem Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) abgeschafft werden sollen. Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass das derzeitige Gesetz — das Kunden unter anderem bei einem Wechsel des Kreditgebers zur Zahlung der Stempelsteuer auf den Betrag der jeweiligen Schuldverschreibung (89) verpflichtet — eine Behinderung des Wettbewerbs darstellen könnte, weil es Kunden unter Umständen an bestehende, langfristige Kreditverträge fesselt. Die Überwachungsbehörde begrüßt daher die Verpflichtung zur Überprüfung dieses Gesetzes.

(229)

Als zweite Zusage nimmt die Überwachungsbehörde zur Kenntnis, dass die Regierung gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung einen Ausschuss mit dem Auftrag zur Überprüfung des Verbraucherschutzes im Finanzmarkt bestellen wird. Dieser Auftrag wird einen Sonderauftrag zur Prüfung der Erleichterung und Kostensenkung für den Wechsel des Kreditgebers einschließen. Der Ausschuss soll in dieser Frage zudem eng mit der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorstellen. Die Überwachungsbehörde ist der Meinung, dass eine genauere Bewertung langfristig für den Wettbewerb von Vorteil sein könnte. Bis dahin wird die nachfolgend erörterte, auf diese eine Bank bezogene Verpflichtung der Arion Bank einen Beitrag zur Erleichterung des Kreditgeberwechsels leisten und damit den Wettbewerb stärken.

(230)

Was die von der Überwachungsbehörde festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken bezüglich des RB betrifft, so begrüßt sie die Einigung, die die Wettbewerbsbehörde und die Eigentümer des RB, darunter auch die drei Großbanken, in dieser Frage erzielt haben. Mit dieser Einigung wird die Sicherstellung des Zugangs zu grundlegenden IT-Infrastrukturen für kleine Wettbewerber und potenzielle Neuzugänge im Markt auf nicht diskriminierender Basis und zu angemessenen Kosten angestrebt. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass ihren Bedenken mit dieser Einigung angemessen Rechnung getragen wurde und dass sie sich in diesem Beschluss mit dieser Frage nicht weiter befassen muss.

(231)

Die Überwachungsbehörde nimmt schließlich die seit 2008 vorgenommenen verordnungsrechtlichen Änderungen zur Kenntnis. Sie werden im Anhang erörtert. Hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Bedenken kommt der Einfügung von Artikel 22 in das Gesetz über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zu. Dieser Artikel enthält Bestimmungen, mit denen die Beteiligung von Finanzunternehmen an Aktivitäten, die nicht in den Umfang ihrer Betriebslizenzen fallen, beschränkt wird. Nach dieser neuen Vorschrift dürfen derartige Tätigkeiten nur vorübergehend zum Zweck des Abschlusses von Transaktionen oder zur Sanierung der Aktivitäten von Kunden verfolgt werden. Der FME muss eine mit Gründen versehene Mitteilung hierzu übermittelt werden. Außerdem wurden Fristen festgelegt, innerhalb derer die Finanzunternehmen die Sanierung ihrer Kunden und die Veräußerung eingezogener Vermögenswerte abschließen müssen.

(232)

Die Überwachungsbehörde betrachtet diese Änderung als angemessene verordnungsrechtliche Reaktion auf das Problem, dass Finanzinstitute unverhältnismäßig große Eigentumsanteile an der Realwirtschaft besaßen. Diese Bestimmung scheint diese Situation zumindest zu entschärfen und zu verhindern, dass diese Lage — die im Sog der Finanzkrise als unmittelbares Ergebnis der Schulden-Swaps (und ähnlicher Transaktionen), an denen überschuldete Unternehmen beteiligt waren, entstand — zum Dauerzustand wird. Da sie einem der drängendsten Wettbewerbsprobleme in Verbindung mit der staatlichen Beihilfe an die drei Banken begegnet, wird die Überwachungsbehörde diese Bestimmung in ihrer Bewertung angemessen berücksichtigen.

ii)   Besonders auf die Arion Bank ausgerichtete Maßnahmen

(233)

Die Überwachungsbehörde hebt hervor, dass Marktpräsenz und Größe der Arion Bank nur einen Bruchteil der Marktpräsenz und Größe Kaupthings erreichen, da, wie oben erläutert, die gesamten Vermögenswerte um 88 % verringert wurden. Im Gegensatz zur Kaupthing ist die Arion Bank nur auf dem isländischen Markt tätig. Obgleich der größte Teil dieser Verkleinerung offensichtlich auf die Liquidation des internationalen Geschäftsbetriebs der Kaupthing zurückzuführen ist, vertritt die Überwachungsbehörde nichtsdestoweniger die Ansicht, dass dieser Vorgang im Hinblick auf Wettbewerbsverzerrungen von besonderer Bedeutung ist. Schließlich war es die riskante Strategie der Kaupthing in ihrem Auslandsgeschäft, die zu ihrem Zusammenbruch führte und in der Vergangenheit Verwerfungen in den Finanzmärkten des EWR hervorgerufen hatte (90).

(234)

Die Überwachungsbehörde nimmt die im Anhang aufgeführten Verpflichtungen der Arion Bank, nach denen die Arion Bank bis zum 1. Dezember 2014 nur mit vorheriger Zustimmung der Überwachungsbehörde Finanzinstitute erwerben wird, zur Kenntnis. Sofern unter Gesichtspunkten der finanziellen Stabilität keine weiteren Zusammenschlüsse notwendig werden, bedeutet dies, dass eine weitere, durch Aufkäufe der Arion Bank verursachte Konzentration des isländischen Finanzmarkts verhindert werden kann. Mit dieser Verpflichtung wird auch sichergestellt, dass die der Arion Bank gewährte Beihilfe zur Wiederherstellung ihrer Rentabilität und nicht zur Festigung und weiteren Ausdehnung ihrer Marktpräsenz in Island verwendet werden wird. Die Verpflichtung der Arion Bank, […], wird ebenfalls begrüßt, denn sie […] und unterstützt die Politik zur Erzielung der notwendigen Kostensenkungen. Dies gilt ebenso für die Verpflichtung der Arion Bank, bis zum 1. Dezember 2014 weder in Wohnhypothekenverträgen mit natürlichen Personen bestehende Klauseln (91) zu vollstrecken noch neue Vertragsklauseln einzuführen, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrecht erhalten wird.

(235)

Wie oben bereits dargelegt wurde, stellt der isländische Finanzmarkt zurzeit für jede Bank ein Arbeitsumfeld voller Herausforderungen dar. Dies lässt sich auch daran ablesen, dass im Ausland derzeit so gut wie überhaupt kein Interesse an einem Eintritt in diesen Markt besteht. Die Überwachungsbehörde begrüßt folglich die Verpflichtungen der Arion Bank zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und zur Erbringung grundlegender Dienstleistungen für die Zahlungsabwicklung. Die Überwachungsbehörde ist der Ansicht, dass diese Maßnahmen in Verbindung mit der oben erwähnten, zwischen den drei Großbanken und der ICA getroffenen Vereinbarung über das RB sicherstellen, dass kleine Marktteilnehmer zu angemessenen Preisen Zugang zu grundlegenden Infrastruktureinrichtungen und Dienstleistungen erhalten, ohne dass die größeren Marktteilnehmer ihnen den Zugang versperren können. Nach Auffassung der Überwachungsbehörde werden damit die Marktzutrittsschranken für zukünftige (potenzielle) Marktteilnehmer gesenkt. Bestehende kleinere Marktteilnehmer könnten die Möglichkeit zur Vergrößerung ihres Marktanteils erhalten, wenn sie bessere Dienstleistungen als ihre großen Wettbewerber anbieten können. Darüber hinaus begünstigen alle Maßnahmen, die der Erleichterung des Wechsels von einer zur anderen Bank dienen, einen schärferen Wettbewerb zwischen den bestehenden großen Marktteilnehmern und könnten somit auch dazu beitragen, eine mögliche gemeinsame Marktdominanz zu verhindern oder zu beseitigen.

(236)

Die Arion Bank verpflichtet sich schließlich auch zum möglichst baldigen Verkauf ihrer Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie gemäß Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002 aufgrund von Umstrukturierungen übernahm. Die Bank verpflichtet sich, die in diesem Gesetz festgelegten Verfahren und Fristen einzuhalten und sich diesbezüglich nach der Auslegung durch die FME zu richten. Die Bank wird auf ihrer eigenen oder der Website einer Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über zum Verkauf gehaltenen Tochtergesellschaften und Beteiligungen bereitstellen. Die Überwachungsbehörde begrüßt die Verpflichtung der Arion Bank, so bald wie möglich alle nicht mit ihrem Kerngeschäft zusammenhängenden Unternehmen und Beteiligungen abzustoßen. Hier spielen nicht zuletzt Bedenken bezüglich der Rentabilität eine Rolle. Die Überwachungsbehörde ist zwar der Ansicht, dass die Bank selbstverständlich im Inland geltende gesetzliche Verpflichtungen wie Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen einhalten muss. Sie nimmt die beschriebene Verpflichtung andererseits aber zur Kenntnis und macht die isländischen Behörden und die Empfängerin darauf aufmerksam, dass in dieser Hinsicht ein Verstoß gegen nationales Gesetz auch einen Missbrauch von Beihilfe beinhalten könnte. Die Überwachungsbehörde ist darüber hinaus der Auffassung, dass mit der Vorschrift, Angaben über vorgesehene Ausgliederungen und Verkäufe in die Website aufzunehmen, mehr Transparenz über die derzeitigen Eigentumsverhältnisse in der isländischen Wirtschaft geschaffen wird. Damit werden, zumindest zu einem gewissen Grad, die besonderen wettbewerbsrechtlichen Bedenken, die derzeit hinsichtlich der isländischen Märkte bestehen, ausgeräumt.

(237)

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen und insbesondere in Anbetracht der besonderen Lage in Island sowie des Umstandes, dass die oben beschriebenen Maßnahmen den wichtigsten wettbewerbsrechtlichen Problemen, die die Überwachungsbehörde in Zusammenarbeit mit der ICA festgestellt hat, nach Auffassung der Überwachungsbehörde begegnen, gelangt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass die Wettbewerbsverzerrungen durch diese Verpflichtungen in einem zufriedenstellenden Umfang beschränkt werden. Hierbei berücksichtigt die Behörde auch das oberste Ziel, nämlich die finanzielle Stabilität. Die Umstrukturierungsbeihilfe steht folglich im Einklang mit Abschnitt 4 der Umstrukturierungsleitlinien.

III.   SCHLUSSFOLGERUNG

(238)

Auf der Grundlage der vorstehenden Bewertung und im Lichte des von den isländischen Behörden eingereichten Umstrukturierungsplans für die Arion Bank sind die im Eröffnungsbeschluss geäußerten Bedenken der Überwachungsbehörde hinsichtlich der Beschaffenheit und der beihilferechtlichen Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahmen für die Arion Bank nunmehr ausgeräumt. Die Überwachungsbehörde genehmigt die Beihilfemaßnahmen daher als Umstrukturierungsbeihilfe, die nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist, sofern Island und die Arion Bank die im Anhang dargelegten Verpflichtungen einhalten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Das anfängliche Betriebskapital, die (vorübergehende) vollständige Kapitalausstattung der neuen Bank durch den Staat, der Verbleib von 13 % des Aktienkapitals beim Staat, das der Arion Bank bereitgestellte Ergänzungskapital sowie die besondere Liquiditätsfazilität, die SPRON-Swapvereinbarung und die unbegrenzte Einlagensicherung stellen staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens dar.

Artikel 2

Da die isländischen Behörden ihrer Verpflichtung nach Protokoll 3 Teil I Artikel 1 Absatz 3, die Beihilfen vor deren Durchführung bei der Überwachungsbehörde anzumelden, nicht nachgekommen sind, stellen die in Artikel 1 genannten Maßnahmen ab dem Tag ihrer Einführung bis zum Tag dieses Beschlusses rechtswidrige staatliche Beihilfen dar.

Artikel 3

Die in Artikel aufgezählten Maßnahmen sind gemäß Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe b des EWR-Abkommens mit dem EWR-Abkommen vereinbar, sofern die im Anhang dargelegten Verpflichtungen eingehalten werden. Die Genehmigung für die unbegrenzte Einlagensicherung läuft Ende 2014 aus.

Artikel 4

Dieser Beschluss ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 5

Nur die englische Sprachfassung dieses Beschlusses ist verbindlich.

Brüssel, den 11. Juli 2012

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Oda Helen SLETNES

Präsidentin

Sverrir Haukur GUNNLAUGSSON

Mitglied des Kollegiums


(1)  Das vorliegende Dokument wird ausschließlich zu Informationszwecken zur Verfügung gestellt. In dieser öffentlichen Fassung wurden bestimmte Informationen zur Wahrung ihres vertraulichen Charakters ausgelassen. Diese Stellen sind durch […] gekennzeichnet oder es wird mit Hilfe einer in eckige Klammern gesetzten Bandbreite ein nicht vertraulicher Näherungswert der maßgeblichen Zahl angegeben.

(2)  Beschluss Nr. 492/10/KOL der Überwachungsbehörde zur Eröffnung des förmliches Prüfverfahrens bezüglich der staatlichen Beihilfe für die Wiederherstellung bestimmter Geschäftsbereiche der (alten) Kaupthing Bank hf. und die Errichtung und Kapitalausstattung der New Kaupthing Bank (inzwischen umbenannt in Arion Bank hf.), ABl. C 41 vom 10.2.2011, S. 7 und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 7 vom 10.2.2011, S. 1.

(3)  Weitere Informationen über das mit dem Beschluss Nr. 492/10/KOL der Überwachungsbehörde endende Verfahren sind dem Verfahrensteil des Beschlusses zu entnehmen.

(4)  Von den Beteiligten am 25. Mai 2012 berichtigt.

(5)  Hinsichtlich der Wettbewerbssituation im isländischen Bankensektor und im Hinblick auf mögliche wettbewerbsrechtliche Abhilfemaßnahmen arbeitete die Überwachungsbehörde mit der isländischen Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammen.

(6)  Mitglieder des Sonderuntersuchungsausschusses SIC sind der Richter am Obersten Gerichtshof, Herr Páll Hreinsson, der parlamentarische Bürgerbeauftragte Islands, Herr Tryggvi Gunnarsson, und die Dozentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Yale University, USA, Frau Sigríður Benediktsdóttir Ph.D. Der Bericht steht in isländischer Sprache in voller Länge unter http://rna.althingi.is/ zur Verfügung. Die in die englische Sprache übersetzten Teile (einschließlich der Zusammenfassung und Bemerkungen und des Kapitels über die Ursachen des Zusammenbruchs der Banken) können unter http://sic.althingi.is/ eingesehen werden

(7)  Isländische Króna.

(8)  Die Kreditvergabe an ausländische Vertragspartner stieg innerhalb von sechs Monaten um 11,4 Mrd. EUR von 9,3 Mrd. EUR auf 20,7 Mrd. EUR.

(9)  Kapitel 21.2.1.2 des Berichts.

(10)  Exista, Exista Trading, Bakkavör Group, Bakkavor Finance Ltd, Bakkabraedur Holding B.V., Lýsing, Síminn, Skipti und andere verbundene Gesellschaften.

(11)  Über die Hälfte dieser seit Anfang 2007 bis zum Zusammenbruch der Bank gewährten Kredite wurde ohne Sicherheiten gewährt.

(12)  Aus den Protokollen des Kreditausschusses des Vorstandes der Kaupthing Bank geht unter anderem hervor, dass die Bank Tchenguiz häufig Geld lieh, damit dieser Aufforderungen anderer Banken zur Nachschusszahlung erfüllen konnte, als sich die Lage seiner Unternehmen verschlechterte.

(13)  Kapitel 21.2.1.4 des Berichts.

(14)  Tatsächlich war es erklärte Politik der damaligen Regierungskoalition, mehr Wachstum zu fördern und den Banken Anreize zu bieten, ihren Hauptsitz in Island beizubehalten.

(15)  Kapitel 2, Seite 5 des Berichts.

(16)  Weitere Einzelheiten zu den von den isländischen Behörden getroffenen Maßnahmen sind dem Bericht des Finanzministers an das Parlament über die Wiederrichtung der Geschäftsbanken vom Mai 2011 zu entnehmen (Skýrsla fjármálaráðherra um endurreisn viðskiptabankanna), verfügbar unter http://www.althingi.is/altext/139/s/pdf/1213.pdf.

(17)  Gesetz Nr. 125/2008 über die Ermächtigung zu Auszahlungen aus der Staatskasse aufgrund außergewöhnlicher Umstände an den Finanzmärkten usw.

(18)  Siehe auch den Jahresbericht 2009 der FME (Juli 2008 bis Juni 2009), unter: http://en.fme.is/media/utgefid-efni/FME-Annual-Report-2009.pdf.

(19)  Weitere Übernahmen von Finanzunternehmen sollten folgen. Im März 2009 übernahm die FME die Kontrolle über das operative Geschäft der drei Finanzunternehmen Straumur-Burdaras, Reykjavik Savings Bank (SPRON) und Sparisjodabanki Íslands (Icebank) und traf Entscheidungen über die Veräußerung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten dieser Unternehmen. Eine Vergleichsvereinbarung mit den Gläubigern von Straumur wurde zwar genehmigt, aber für SPRON und Sparisjodabanki wurden Liquidationsverfahren durchgeführt. Auch andere Finanzunternehmen wurden vom Zusammenbruch der drei wichtigsten Geschäftsbanken und den vorherrschenden Unsicherheiten auf den Finanzmärkten stark in Mitleidenschaft gezogen. So wurden im Jahr 2010 weitere Finanzunternehmen der öffentlichen Verwaltung unterstellt. Im März 2010 bestellte die FME einen vorläufigen Vorstand für die VBS Investment Bank. Im April 2010 übernahm die FME die Kontrolle über die Keflavík Savings Bank und die Byr Savings Bank und legte fest, dass deren operatives Geschäft von neuen Finanzunternehmen, der SpKef Savings Bank bzw. der Byr hf, übernommen werden sollte. Da sich die Finanzlage dieser neuen Unternehmen als schlechter erwies als ursprünglich angenommen, wurde die SpKef mit Beschluss der FME später mit der Landsbankinn verschmolzen und die Byr hf wurde nach einer Ausschreibung der Byr-Aktien mit der Íslandsbanki zusammengelegt. Die isländischen Behörden wurden darüber hinaus 2009 zur Bewältigung der finanziellen Schwierigkeiten der Saga Capital Investment Bank und 2011 des Housing Financing Fund in Anspruch genommen.

(20)  Als Beispiel für die Größenordnung des außerordentlichen Wertverlustes sei hier der Anstieg des durchschnittlichen monatlichen Wechselkurses des Euro zur isländischen Króna genannt. Er stieg von 90,71 ISK im Dezember 2007 auf 184,64 ISK im November 2009.

(21)  In den Jahren zwischen 2009 und 2011 betrug der Anteil der Investitionen am BIP nur 13-14 %.

(22)  Unter Handelsbilanz ist die Differenz zwischen den Erlösen aus Aus- und Einfuhren von Waren und Dienstleistungen zu verstehen. Der Saldo der Primäreinkommensübertragungen aus dem Ausland ist darin nicht enthalten. Er war in den letzten Jahren insbesondere seit 2008, negativ. Dies bedeutet, dass die Leistungsbilanz Islands insgesamt trotz des Überschusses in der Handelsbilanz in den letzten Jahren negativ war. Allerdings ist seit 2009 ein spürbarer Rückgang des Defizits zu verzeichnen.

(23)  Informationen zu diesem Thema sind beispielsweise dem Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi vom März 2012 über die zukünftige Struktur des isländischen Finanzsystems, „Future Structure of the Icelandic Financial System“, zu entnehmen. Nach Aussage des Ministeriums wird dieser Bericht als Katalysator für eine informierte Diskussion über dieses wichtige Thema betrachtet. Er stellt keine vollständig ausgeformten Vorschläge vor, sondern gibt unter Bezugnahme auf internationale Entwicklungen einen Überblick über die wichtigsten Fragestellungen und Perspektiven. Der Bericht ist steht unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf zur Verfügung.

(24)  Die Rückführung der Einlagensicherungen auf normale Bedingungen bezieht sich nicht nur auf die Abschaffung der staatlichen Deckung für derartige Garantien, sondern auch auf eine Überprüfung der Bestimmungen des Notstandsgesetzes, nach denen Einlagen, die unter eine Einlagensicherung fallen, bei der Liquidation eines Finanzunternehmens Vorrang haben. Dies beinhaltet einen erheblichen Vorteil für Einleger, nicht zuletzt weil den Menschen der Bankenkollaps von 2008 noch frisch in Erinnerung ist. Andererseits stellt diese Bestimmung für die Banken ein Handicap bei der Diversifizierung ihrer Finanzierungsvereinbarungen dar.

(25)  Siehe Kapitel 9 des in Fußnote 23 zitierten Berichts des Wirtschaftsministers. Bei der Vorstellung dieses Berichts bestellte der Wirtschaftsminister auch eine Gruppe von Bankexperten unter Beteiligung ausländischer Sachverständiger. Ihnen wurde die Aufgabe übertragen, Vorschläge für einen umfassenden gesetzlichen und verordnungsrechtlichen Rahmen für den gesamten isländischen Finanzmarkt zu erarbeiten. Ausweislich dieses Berichts planen die isländischen Behörden auch die Prüfung anderer zukünftiger Optionen. Hierzu gehören die mögliche Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanktätigkeiten, die Einführung von Rechtsvorschriften für Finanzstabilität und die mögliche Änderung der Zuständigkeitsverteilung zwischen den Regulierungsbehörden für Finanzdienstleistungen. Aus den Stellungnahmen der isländischen Behörden geht auch hervor, dass eine Überprüfung des Rahmens für die Geld- und Währungspolitik weiterhin auf der Tagesordnung steht, sei es mit oder ohne den möglichen Beitritt Islands zur Europäischen Union. Auch weitere Möglichkeiten, die Wirtschaftsführung zu verbessern und sicherzustellen, dass die Regulierungsbehörden „trotz der Bäume den Wald noch sehen“ und die am besten geeigneten Instrumente gegen Systemrisiken anwenden, stehen auf der Agenda.

(26)  Siehe Kapitel 6 des Berichts des Wirtschaftsministers an das Althingi „The Future Structure of the Icelandic Financial System“, unter http://eng.efnahagsraduneyti.is/publications/news/nr/3559

(27)  Seit dem Herbst 2008 sind mehrere Finanzunternehmen vom Markt verschwunden (zusätzlich zu den „alten“ großen Geschäftsbanken Glitnir, Kaupthing und Landsbanki), nämlich die Sparisjóðabanki Íslands (ehemals Icebank), die Reykjavik Savings Bank (SPRON), die Sparisjóður Mýrasýslu (Myrasysla Savings Bank, SPM), die VBS Investment Bank und die Askar Capital Investment Bank. Das operative Geschäft der Straumur-Burdaras Investment Bank und der Saga Capital Investment Bank ist ebenfalls erheblich zurückgegangen.

(28)  Am 11. April 2011 genehmigte die Hauptversammlung der Bank einen Vertrag über den Verkauf des operativen Geschäfts der (alten) MP Bank in Island und Litauen. Bei dieser Gelegenheit investierten über 40 neue Aktionäre 5,5 Mrd. ISK in neue Aktien der Bank. Andere Geschäftsbereiche der alten Bank verblieben bei den vorherigen Eigentümern und wurden an einen neuen Rechtsträger, EA fjárfestingarfélag hf, übertragen. Weitere Einzelheiten sind der Pressemitteilung der Bank vom 11. April 2011 unter https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1511 und https://www.mp.is/um-mp-banka/utgefid-efni/frettir/nr/1510 zu entnehmen.

(29)  Laut Vergleich stimmten RB und dessen Eigentümer einer Reihe von Verpflichtungen zu, deren Ziel die Verhinderung von durch den Geschäftsbetrieb von RB und der Zusammenarbeit seiner Eigentümer ausgelösten Wettbewerbsverzerrungen ist. Die Verpflichtungen schreiben unter anderem vor, dass RB nach allgemeinen Geschäftsbedingungen und unabhängig von seinen Eigentümern zu betreiben ist, dass die Mehrheit im Vorstand von RB aus von den Eigentümern unabhängigen Spezialisten bestehen soll, dass der Zugang zu den Dienstleistungen von RB nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung zu gewähren ist und dass die Bedingungen für die von RB erbrachten Dienstleistungen für alle Kunden gleich sein müssen, ungeachtet dessen, ob der Kunde RB-Aktionär ist oder nicht. Die bestehenden RB-Eigentümer verpflichteten sich, einen Teil ihrer Beteiligung an RB regelmäßig zum Verkauf anzubieten, um Unternehmen, die keine Finanzunternehmen sind, den Erwerb von Eigentum an RB zu erleichtern. Derartige Einladungen müssen mindestens jedes zweite Jahr erfolgen, bis mindestens ein Drittel der gesamten Beteiligungen an RB an andere Parteien als die jetzigen Aktionäre verkauft oder in einem Aktienangebot zum Verkauf angeboten worden sind.

(30)  Die Wettbewerbsbehörde ICA verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaften“ für die Beteiligungen der Banken an normalerweise nicht im Finanzgewerbe tätigen Betrieben, die die Banken im Zusammenhang mit der Umstrukturierung ihrer Kreditportfolios durch Schulden-Swaps oder auf anderem Weg erworben haben. Die Überwachungsbehörde verwendet den Begriff „Betriebsgesellschaft“ ebenfalls für realwirtschaftliche Unternehmen, die nicht Bestandteil des Kerngeschäfts der Bank in den Finanzmärkten bilden.

(31)  In diesem Zusammenhang versteht die Überwachungsbehörde unter mittelbarem Eigentum die aufgrund der hohen Verschuldung eines Unternehmens bei der Bank entstehenden Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten der Bank bei dem jeweiligen Unternehmen.

(32)  Die Haupttochtergesellschaften sind (die Haupttätigkeit und die Beteiligung der Bank sind in Klammern angegeben): AFL-sparisjóður (Sparkasse, 94,45 %), Verdis hf. (Depotbank, 100 %), KB ráðgjöf ehf (verkauft Versicherungs- und Altersversorgungsprodukte, 100 %), Gen hf (Beteiligungen an internationalen Unternehmensfonds, 100 %), Okkar Líftryggingar hf (Versicherungsgesellschaft — Einzel und Lebensversicherungen, 100 %), Sparisjóður Ólafsfjarðar (Sparkasse, 99,99 %), Stefnir hf (Verwaltungsgesellschaft für UCITS, 100 %) und Valitor Holding hf (Zahlungsdienstleistungsgesellschaft, 52,94 %).

(33)  In dieser Hinsicht unterscheidet die Bank zwischen drei Arten von Vermögenswerten. Erstens die Vermögensverwaltungsgesellschaft der Bank, die Eignabjarg ehf, die Anteile an existenzfähigen, von der Bank übernommenen Betriebsgesellschaften verwaltet. Hierzu gehören Beteiligungen an den folgenden Unternehmen (die Haupttätigkeit und die Beteiligung der Bank sind in Klammern angegeben): Hagar hf. (ein in Island tätiges, gewerbliches Unternehmen, 5,98 %), Penninn á Íslandi ehf (ein auf Papierwaren und Bürobedarf spezialisiertes Einzelhandelsunternehmen, 100 %), Reitir fasteignafélag hf (mit Eignabjarg hf. verbundene, auf Immobilien spezialisierte Gesellschaft, 42,65 %) und Fram Foods ehf (Lebensmittelindustrie, 100 %). Die zweite Kategorie, die zum Verkauf gehaltenen Vermögenswerte, umfasst Beteiligungen an folgenden Gesellschaften: Langalína 2 ehf (Holdinggesellschaft, 100 %), Umtak fasteignafélag ehf (Immobilien, 100 %), EAB 2 ehf (Lebensmittelindustrie, 100 %), Farice ehf (Betrieb von Unterseekabeln zu Nachbarländern, 43,47 %), Sementsverksmiðjan ehf (Herstellung und Einfuhr von Zement, 33 %), HB Grandi hf (Fischereigesellschaft, 33 %) und GO fjárfestingar ehf (Pilzzucht, 30 %). An dritter Stelle werden Vermögenswerte als vorübergehendes operatives Geschäft in Form von Beteiligungen an den folgenden Gesellschaften gehalten: Landey (Holdinggesellschaft, die mit keine Einnahmen erwirtschaftendem Grundeigentum handelt, 100 %), Landfestar (Betriebsgesellschaft für gewerbliche Immobilien, die die Arion Bank von insolvenzgefährdeten Kunden erwarb, 100 %), Rekstrarfélagið Braut ehf (Schweinezuchtbetrieb, 100 %), NS 1 ehf. (besitzt Gundeigentum und verpachtet Parzellen für Ferienhäuser, 100 %9, Módelhús ehf (Grundstücke und Immobilien, 100 %), EAB 1 ehf (Grundstücke und Immobilien, 100 %), Andvaka ehf (Unternehmens- und Verwaltungsberatung, 50,11 %), Klakki ehf (ehemals Exista — Holdinggesellschaft, 44,9 %), Ölgerðin Egill Skallagrímsson ehf (Herstellung, Vertrieb und Verkauf von Softdrinks und anderen Getränken, 20 %) und SMI ehf (Grundstücke und Immobilien, 39,1 %).

(34)  Bei den wichtigsten Finanzindikatoren der Arion Bank sind seit ihrer Gründung bedeutende Veränderungen eingetreten. Trotzdem ist ein Vergleich der beiden Banken in Bezug auf zeitlich eng beieinander liegende Daten angemessen. Es sei daran erinnert, dass Kaupthing eine internationale Bank mit Geschäftsbetrieben in verschiedenen Ländern war, während die Arion Bank zu dem Zwecke gegründet wurde, bestimmte inländische Geschäftsbereiche und Vermögenswerte der Kaupthing Bank zu übernehmen.

(35)  Die Veränderungen fallen in den einzelnen Geschäftsfeldern unterschiedlich aus. In bestimmten Bereichen beträgt die Senkung bis zu 90 %. Eine erhebliche Verkleinerung fand im Büro des Hauptgeschäftsführers (CEO) statt, in dem 6 % von Kaupthings Personal in Island beschäftigt war, während die entsprechende Zahl bei der Arion Bank 1 % beträgt.

(36)  Allerdings wurden die Vereinbarungen erst am 8. Januar 2010 offiziell abgeschlossen. An diesem Tag übernahm Kaupthing, nachdem die FME und die isländische Wettbewerbsbehörde ihre Genehmigung erteilt hatten, im Namen ihrer Gläubiger über ihre Tochtergesellschaft Kaupskil ehf. die Eigentumsrechte an der Arion Bank. Kaupskil besitzt 87 % des gemeinsamen Eigenkapitals und Icelandic State Financial Investments (ISFI) 13 %. Kaupskil hat eine Option zum späteren Kauf der Regierungsbeteiligung.

(37)  Geldbeträge werden in diesem Abschnitt zuerst in der Währung genannt, in der das Kapital bereitgestellt wurde. Anschließend wird in Klammern der entsprechende Betrag in ISK bzw., wenn der betreffende Betrag von den isländischen Behörden bereitgestellt wurde, in Euro genannt.

(38)  Im Rahmen der Vereinbarung, nach der die Regierung Eigentümerin werden sollte, die aber nicht zustande kam, hätte die Regierung bei einer Entscheidung des Auflösungsausschusses der Kaupthing gegen einen Erwerb der Kontrolle über die Arion Bank, das vollständige Eigentum an der Bank behalten. Auch in diesem Fall wäre die Ausgleichzahlung in der gleichen Form wie in der gemeinsamen Kapitalausstattungsvereinbarung vorgesehen, d. h. eines auf 38 Mrd. ISK berechneten Ausgleichsinstruments, von der Kaupthing an die Arion Bank geleistet worden. Kaupthing wäre ebenfalls eine zwischen 2011 und 2015 ausübbare Option zum Erwerb der Regierungsbeteiligung zu einem Preis, der für die Regierung eine angemessene Kapitalrendite erbracht hätte, gewährt worden.

(39)  ABl. L 84 vom 26.3.1997, S. 22.

(40)  ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 5.

(41)  Siehe den maßgeblichen Abschnitt des Entwurfs für das Haushaltsgesetz 2011. Dieser steht unter folgender Adresse zur Verfügung: http://hamar.stjr.is/Fjarlagavefur-Hluti-II/GreinargerdirogRaedur/Fjarlagafrumvarp/2011/Seinni_hluti/Kafli_8.htm.

(42)  Von der Überwachungsbehörde angefertigte, nicht amtliche Übersetzung einer Erklärung, über die am 10. Juni 2012 im Morgunblaðið berichtet wurde (www.mbl.is).

(43)  Die zwischen den Parteien herrschende Meinungsverschiedenheit bezüglich des Zinssatzes für die Schuldverschreibung wurde zuerst der FME zur Schlichtung vorgetragen. Die FME entschied am 5. Juni 2009, dass unter den herrschenden Umständen ein Satz von REIBOR + 1,75 % angemessen sei. In ihrer Entscheidung erklärte die FME, dass sie die Entscheidung auf Ersuchen der Parteien alle sechs Monate überprüfen werde. Die Streitigkeit wurde jedoch später an ein Gericht überwiesen und war noch nicht beigelegt worden, als das vorliegende Schriftstück verfasst wurde. Ausweislich des Jahresberichts der Arion Bank für 2011 hatte Drómi in einem Schreiben vom 2. Dezember 2009 verlangt, dass die FME ihre frühere Zinsentscheidung überprüfen solle. Am 4. Februar 2011 entschied die FME, dass der Schuldbetrag ab dem Übernahmedatum bis zum 30. Juni 2010 mit einem jährlichen Satz in Höhe des ursprünglichen vorgegebenen Zinssatzes zuzüglich des ursprünglich vorgegebenen Zinsaufschlags zu verzinsen sei. Nach diesem Datum bis zur vollständigen Begleichung der Schuld solle die Verzinsung aber ohne Zinsaufschlag erfolgen. Die Arion Bank strengte in dem Bestreben, die Entscheidung der FME vom 4. Februar 2011 aufheben zu lassen, ein Gerichtsverfahren gegen die FME und Drómi an. Am 4. Mai 2011 strengte Drómi ein Verfahren gegen die FME und die Arion Bank an, in dem sie in erster Linie die Aufhebung sämtlicher FME-Entscheidungen über Zinssätze und in zweiter Linie einen von Anfang an anderen Zinssatz verlangte.

(44)  Das Finanzministerium stimmte einer Ausleihung von Staatsanleihen an die Arion Bank zu. Dabei handelte es sich um Anleihen, die gemäß den bestehenden Vorschriften der CBI zum Erwerb von Liquiditätsfazilitäten mittels liquiditätszuführender Pensionsgeschäfte mit der CBI geeignet waren. Der Marktwert der Staatsanleihen beträgt maximal 75 Mrd. ISK.

(45)  Die Arion Bank darf die Staatsanleihen nicht veräußern oder für andere als die in der Vereinbarung genannten Zwecke verwenden. Nutzt die Arion Bank die SPRON-Schuldverschreibung zur Besicherung ihrer Ausleihung von Staatsanleihen, zahlt die Arion für Entnahmen bis zu 25 Mrd. ISK keine Gebühr. Allerdings hat sie für den restlichen Betrag der Fazilität für die Erlaubnis zur Verpfändung der Staatsanleihen ein Entgelt von 1,75 % zu entrichten. Kann die Arion jedoch zweifelsfrei nachweisen, dass mehr als 25 Mrd. ISK Abzüge von SPRON-Einlagen betreffen, zahlt sie kein Entgelt. Nutzt die Arion Bank zur Besicherung ihrer Ausleihung von Staatsanleihen andere Vermögenswerte als die SPRON-Schuldverschreibung, steigt das Entgelt auf 3 % des Darlehensbetrags, der ausschließlich in Bezug auf diese Sicherheit gewährt wurde. In Fällen dieser Art hat Arion darüber hinaus jedes Mal, wenn sie die Staatsanleihen in dieser Weise einsetzt, eine Sondergebühr in Höhe von 0,5 % des Darlehensbetrags zu entrichten.

(46)  Der REIBOR (Interbanken-Geldmarktsatz am Bankplatz Reykjavik) ist der Interbanken-Geldmarktsatz, den Geschäftsbanken und Sparkassen in Island für kurzfristige Kredite anwenden.

(47)  Index des handelsgewichteten Wechselkurses der Isländischen Króna.

(48)  Zu den Kernüberzeugungen der Bank gehört, dass […].

(49)  Obgleich verschiedene schwierige Probleme weiterhin ungelöst sind, wies die isländische Wirtschaft nach Aussage der Arion Bank im vergangenen Jahr klare Anzeichen für eine Erholung auf. Erstmals seit Beginn der Finanzkrise stieg die Wirtschaftsleistung und die Arbeitslosenquote sank.

(50)  Die Bank merkt an, dass 2011 der Kursverlust der ISK, die in der ersten Jahreshälfte weltweit herrschenden hohen Rohstoffpreise und vertragliche Lohnerhöhungen dazu beitrugen, dass die Jahresinflationsrate am Jahresende 5,3 % erreichte. Die Inflationsaussichten für die nächsten Jahre sind nicht vielversprechend und das von der CBI gesetzte Ziel von 2,5 % wird wahrscheinlich überschritten. In Reaktion auf die sich aufhellende Konjunktur und die sich verdüsternden Inflationsaussichten erhöhte die CBI 2011 die Zinssätze zweimal um insgesamt 50 Basispunkte. In der ersten Jahreshälfte 2012 folgte eine weitere Erhöhung um insgesamt 75 Basispunkte. Der Wirtschaftsplan geht von einer Fortsetzung dieser Entwicklung in den Jahren 2012 bis 2014 aus.

(51)  Diesbezüglich merkt die Arion Bank an, dass es zwar Anzeichen für eine Erholung der isländischen Wirtschafte gebe, aber noch eine Reihe von Problemen zu lösen sei, wobei eines dieser Probleme die Aufhebung der Kapitalkontrollen betreffe. Die Aufhebung der Kapitalkontrollen schritt nur langsam voran, obgleich die CBI im März 2011 einen Liberalisierungsplan bekanntgab, in dem eine Reihe von Maßnahmen zur Aufhebung der Kontrollen im Verlauf der nächsten vier Jahre aufgeführt wurde. Später im Jahr beschloss das isländische Parlament jedoch nur eine Verlängerung der Devisengesetze (und somit der Kapitalkontrollen) bis 2013. Der CBI wurde vom Parlament folglich nur wenig Spielraum eingeräumt, sofern die Kontrollen im Verlauf der nächsten zwei Jahre tatsächlich aufgehoben werden sollen. Tatsächlich wurden die Kapitalkontrollen im März 2012 mit Nachträgen zum Devisengesetz verschärft. Welche Strategie bezüglich der Aufhebung der Kapitalkontrollen verfolgt wird, ist nicht klar. Daher geht man davon aus, dass die Kapitalkontrollen während des Vorhersagezeitraums fortbestehen werden.

(52)  Die Anstrengungen hinsichtlich der Umstrukturierung des Kreditbestands führten zu einer Verringerung der Quote notleidender Kredite von 37 % Ende 2010 auf 13 % Ende 2011. Mit diesem bei der Liquidation insolvenzgefährdeter Kreditnehmer erzielten Fortschritt vermindert sich die Unsicherheit hinsichtlich der Beurteilung des Buchwerts des Kreditbestandes ganz wesentlich.

(53)  Das Währungsungleichgewicht ging von 300 % der Eigenkapitalausstattung der Bank Ende 2008 auf 30 % der Eigenkapitalausstattung Ende 2011 zurück.

(54)  Am Ende des Jahres 2009 hatte die Bank […] Gruppen, deren Größe 10 % der Eigenkapitalausstattung überstieg. Diese Gruppen addierten sich zu 175 % der Eigenkapitalausstattung. Am Jahresende 2011 bestanden bei der Bank […] Gruppen, die 10 % der Eigenkapitalausstattung überstiegen und insgesamt 87 % der Eigenkapitalausstattung erreichten.

(55)  Die gesamte Eigenkapitalausstattung nahm zwischen 2009 und 2011 um 20,7 Mrd. ISK zu.

(56)  Die Termingeldeinlagen stiegen zwischen dem Ende des Jahres 2009 und dem Ende des Jahres 2011 von 10 % auf 23 %.

(57)  Das VPI-Gleichgewicht wandelte sich von minus 17 % der Eigenkapitalausstattung der Bank Ende 2009 in plus 9 % der Eigenkapitalausstattung Ende 2011.

(58)  Im Anschluss an die Intervention der FME im Oktober 2008 erfolgten strukturelle Veränderungen. Die Innenrevision und die Abteilung zur Überwachung des rechtskonformen Verhaltens (Compliance) wurden gestärkt, die Abteilung für Betreuung vermögender Privatkunden wurde mit der Vermögensverwaltung zusammengelegt und die Abteilung für Staatsanleihen verschmolz mit der Abteilung Kapitalmärkte. Im Anschluss an die strategische Neuausrichtung und nachdem im Herbst 2011 eine neue Geschäftsleitung in die Bank eingetreten war, erfolgten weitere tiefgreifende Veränderungen im organisatorischen Aufbau, der der neuen Strategie der Bank besser entsprechen und diesen unterstützen, den Geschäftsbetrieb vereinfachen und die Synergien zwischen den Abteilungen erhöhen soll.

(59)  Die SPM hatte sich bereits mehrere Monate in Insolvenzgefahr befunden und strebte im Rahmen des Insolvenzgesetzes Vergleichsvereinbarungen mit ihren Gläubigern an. Dies war notwendig, weil ihr Kernkapitalkoeffizient die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllte. Diese Bestrebungen scheiterten jedoch. Am 3. April 2009 schlossen die SPM und die New Kaupthing eine Vereinbarung, nach der die New Kaupthing sämtliche Vermögenswerte der SPM kaufte, darunter auch die Niederlassung in Borgarnes in Island und die Tochtergesellschaften der SPM. Hierzu gehörten zwei Sparkassen in Nordisland, die Afl Savings Bank und die Ólafsfjörður Savings Bank (SPÓL). Zugleich übernahm die New Kaupthing gemäß der Vereinbarung bestimmte Verbindlichkeiten der SPM, einschließlich Einlagen und Darlehen. Am gleichen Tag traf die FME eine Entscheidung über die Veräußerung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten der SPM. Diese FME-Entscheidung enthält keine Angaben über staatliche Eingriffe in Form von bereitgestellten Kapitalzuführungen, Verpflichtungen oder Willenserklärungen. Die Bank bestätigte der Überwachungsbehörde und den isländischen Behörden gegenüber außerdem, dass der Staat in diesem Zusammenhang keine finanziellen Verpflichtungen eingegangen sei. Siehe die Entscheidung der FME vom 3. April 2009. Sie steht unter http://www.fme.is/media/akvardanir/3.-april-2009.pdf zur Verfügung.

(60)  Diese Transaktion hat folgenden Hintergrund: Die Kaupthing gab zwischen 2006 und 2008 vier Serien gedeckter Schuldverschreibungen heraus, für die Kaupthings Tochtergesellschaft KMIIF bürgte. Über die KMIIF besaß die Kaupthing ein Portfolio isländischer Hypotheken auf Wohneigentum in Höhe von über 120 Mrd. ISK. Mit den gedeckten Schuldverschreibungen sollte ein großer Teil des Hypothekenportfolios der Kaupthing finanziert werden. Laut der Vereinbarung vom 22. Dezember 2011 erwarb die Arion Bank dieses Hypothekenportfolio. Dieses Geschäft wurde zum größten Teil durch den Erwerb gedeckter Schuldverschreibungen in Höhe von insgesamt 117,7 Mrd. ISK finanziert, da die Arion Bank ja die Verbindlichkeiten der Kaupthing aus dem Programm gedeckter Schuldverschreibungen übernahm. Nach Auffassung der Arion Bank lässt sich der Erwerb des AMIIF weder als „normaler“ Erwerb noch als mit der Umstrukturierung zusammenhängender Erwerb einstufen. Der Erwerb hing mit der Errichtung der Bank zusammen, wobei der AMIIF der Arion Bank bei deren Gründung noch nicht übertragen worden war. Vor dieser Übertragung hatte die Arion Bank Kreditnehmern Dienstleistungen erbracht, ohne Kontrolle über die Kredite zu haben. Darüber hinaus glaubten Kreditnehmer mit Hypotheken im AMIIF-Fonds, dass sie Kunden der Arion Bank seien. Nach der Übertragung waren die Kredite Eigentum der Arion Bank. Wie bereits erläutert, wurde diese Transaktion zwischen der Kaupthing und der Arion Bank ohne jegliche Beteiligung oder Verpflichtung des isländischen Staates geschlossen.

(61)  Diese Darlehen gruppieren sich in Hypothekenkredite und andere Kredite natürlicher Personen sowie Unternehmenskredite. Die Diskonte waren je nach Kredittyp und abhängig davon, ob die Kredite auf Króna oder Fremdwährungen lauteten, unterschiedlich.

(62)  Die höhere Bewertung der Kredite fiel in den Jahren von 2009 bis 2011 jedoch höher als in Tabelle 4 angegeben aus, weil ein Teil dem Anlegerentschädigungsinstrument zugewiesen worden war. Dies betraf insgesamt 38 Mrd. ISK. Die Maßnahme zur Anlegerentschädigung wurde im ersten Quartal 2011 mit dem vollständigen Ausgleich der Bewertungslücke zwischen den Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, die von der Kaupthing an die Arion Bank übertragen worden waren, geschlossen.

(63)  Siehe die Vorschriften der CBI über Liquiditätsquoten, am 25. April 2006 unter Nr. 317 herausgegeben, verfügbar unter http://www.sedlabanki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=4713

(64)  Laut LCR-Vorschrift müssen Banken einen Bestand hochwertiger Barmittel aufrechterhalten, der im Rahmen eines Stress-Szenarios zur Deckung von Netto-Mittelabflüssen über einen Zeitraum von 30 Tagen ausreicht. Die LCR-Vergleichsmarke beträgt also 100 %.

(65)  Diesem Szenario liegen weitere, ungünstige Annahmen zugrunde. Für die Hauspreise wird ein Rückgang um 10 % im Jahr 2012, um 18 % 2013 und um 16 % im Jahr 2014 unterstellt. Es wird angenommen, dass 2012 30 % der Privateinlagen, 20 % der Unternehmenseinlagen und 80 % der Einlagen von Kreditinstituten abfließen werden. Für die Provisionseinnahmen wird für den Zeitraum von 2012 bis 2014 ein Rückgang um 50 % gegenüber dem Basisszenario vorausgesetzt. Ferner wird angenommen, dass die Wertminderungsquote der Kreditvergaben um 1-3 % und der Spread der Kredite um 0,5-1 % abnehmen, der Einlagen-Spread dagegen um 0,5-1 % zunehmen wird. Die Betriebsausgaben werden um 10 % höher als im Basisszenario angesetzt. Für den Wechselkurs der Króna wird ein Kursverlust angenommen, mit einem Anstieg des handelsgewichteten Index um 4 % im Jahr 2013 und um 11 % im Jahr 2014.

(66)  Die Eigenkapitalrendite würde 2012 auf [0-5] %, 2013 auf [0-5] % und 2014 auf [5-10] % fallen.

(67)  Der Eigenkapitalkoeffizient der Bank wird 2012 [20-25] %, 2013 [20-25] % und 2014 [25-30] % betragen.

(68)  Die Fähigkeit, die Einlagen zu halten, wird anhand der früheren Stabilität der Einlagen und des voraussichtlichen zukünftigen Verhaltens der Einleger bestimmt.

(69)  Die ISFI ist eine staatliche Einrichtung mit einem unabhängigen Vorstand, der an den Finanzminister berichtet. Sie wurde mit Gesetz Nr. 88/2009 gegründet. Die ISFI soll ihre Aufgaben spätestens fünf Jahre nach ihrer Gründung abgeschlossen haben. Die ISFI verwaltet die staatlichen Beteiligungen an Finanzunternehmen im Einklang mit dem Gesetz, den Grundsätzen guter Unternehmensführung und guter Geschäftspraktiken sowie gemäß der Politik der Eigenverantwortlichkeit. Ihre Ziele bestehen in der Wiederherstellung und dem Wiederaufbau eines dynamischen Finanzmarktes im Land bei gleichzeitiger Förderung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Markt. Zugleich soll sie bei allen Entscheidungen bezüglich der Beteiligung des Staats an Finanzaktivitäten Transparenz gewährleisten.

(70)  Eine genaue Beschreibung ist in Kapitel 3 des vorliegenden Beschlusses enthalten.

(71)  Siehe diesbezüglich das Urteil des Gerichtshofes vom 21. Mai 2010 in den verbundenen Rechtssachen T-425/04, T-444/04, T-450/04 und T-456/04 Frankreich u. a./Kommission, Slg. 2010, II-02099, Randnummer 283 (im Berufungsverfahren) sowie die Stellungnahme des Generalanwalts Mengozzi in der Berufungssache, d. h. Rechtssache C-399/10, Bouygues, Randnummer 47, in der er diese Bedingung als für die Feststellung staatlicher Beihilfe zu eng gefasst erachtet.

(72)  Siehe beispielsweise T-228/99 WestLB, Slg. [2003, 435.

(73)  Siehe beispielsweise die Entscheidung der Kommission vom 10. Oktober 2008 in der Rechtssache NN 51/2008, Garantieregelung für Banken in Dänemark, Randnummer 32, und die Entscheidung der Kommission vom 21. Oktober 2008 in der Rechtssache C 10/2008 IKB, Randnummer 74.

(74)  Siehe die Entscheidung der Überwachungsbehörde Nr. 205/09/KOL vom 8. Mai 2009 über die Beihilferegelung für die befristete Rekapitalisierung grundsätzlich gesunder Banken zur Förderung der Finanzstabilität und der Kreditvergabe an die Realwirtschaft (Norwegen) unter: http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16694&1=1.

(75)  Siehe in diesem Zusammenhang die im Beschluss der Kommission vom 20. April 2011 über die mutmaßliche Beihilfe C 4/10 (ex NN 64/09) für das Unternehmen Trèves in Frankreich vorgetragene, ähnliche Argumentation der Europäischen Kommission bezüglich der von Lieferanten einer in Schwierigkeiten geratenen Firma getätigten Investitionen.

(76)  Die zwischen den Vertragsparteien der Drómi-Schuldverschreibung bezüglich des Zinssatzes für die Schuldverschreibung herrschende Meinungsverschiedenheit und der diesbezügliche Rechtsstreit haben keinen Einfluss auf diese Schlussfolgerung.

(77)  Bericht des Wirtschaftsministers an das Althingi vom März 2012 über die zukünftige Struktur des isländischen Finanzsystems, „Future Structure of the Icelandic Financial System“, Kap. 9.6, unter: http://eng.atvinnuvegaraduneyti.is/media/Acrobat/Future-Structure.pdf

(78)  Die Überwachungsbehörde weist in diesem Zusammenhang auf eine Stellungnahme des Gouverneurs der CBI hin, der im Vorwort des Finanzstabilitätsberichts der Bank für die zweite Jahreshälfte 2010 erklärt; dass „financial institutions' capitalisation is currently protected by the capital controls and the Government's declaration of deposit guarantee“ [die Kapitalausstattung der Finanzinstitute wird zurzeit durch die Kapitalkontrollen und die Regierungserklärung zur Einlagensicherung geschützt]. Siehe http://www.sedlabanki.is/lisalib/getfile.aspx?itemid=8260, S. 5. Siehe auch die Kommissionsbeschlüsse NN 48/2008 — Garantieregelung für Banken in Irland, Ziffer 46 und 47: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn048-08.pdf; und NN 51/2008 Garantieregelung für Banken in Dänemark: http://ec.europa.eu/community_law/state_aids/comp-2008/nn051-08.pdf

(79)  Siehe hierzu die Rechtssache 730-79 Philip Morris./Kommission, Slg. 1980, 2671.

(80)  Siehe Teil VIII der Leitlinien der Überwachungsbehörde zu staatlichen Beihilfen. Temporary rules regarding financial crisis (Übergangsregeln im Hinblick auf Finanzkrisen). The application of state aid rules to measures taken in relation to financial institutions in the context of the current global financial crisis [Die Anwendung der Vorschriften für staatliche Beihilfen auf Maßnahmen zur Stützung von Finanzinstituten im Kontext der derzeitigen globalen Finanzkrise]. Unter http://www.eftasurv.int/?1=1&showLinkID=16604&1=1

(81)  Wiederherstellung der Rentabilität und Bewertung von Umstrukturierungsmaßnahmen im Finanzsektor im Rahmen der derzeitigen Krise gemäß den Beihilfevorschriften, die von der Überwachungsbehörde am 25.11.2009 in Kapitel VII übernommen wurden. Kapitel VII trägt die Überschrift: Temporary Rules regarding the Financial Crisis, as extended by the Financial Crisis Guidelines 2012. (Übergangsregeln im Hinblick auf Finanzkrisen, erweitert durch die Leitlinien zur Finanzkrise 2012.) verfügbar auf der Website der Überwachungsbehörde unter: http://www.eftasurv.int/media/state-aid-guidelines/Part-VIII---Return-to-viability-and-the-assessment-of-restructuring-measures-in-the-financial-sector.pdf.

(82)  Am 1. Januar 2011 traten neue, von der CBI eingeführte Vorschriften zum Fremdwährungssaldo in Kraft. Mit den Vorschriften wird das Ziel verfolgt, das Devisenrisiko zu verringern, indem man verhindert, dass die Fremdwährungssalden bestimmte festgelegte Grenzen überschreiten. Zu den bedeutendsten Veränderungen gegenüber früheren Fassungen der Vorschriften gehört die Senkung der zulässigen offenen Devisenpositionen in den einzelnen Währungen von 20 % auf 15 % des Eigenkapitals. Außerdem wurde der zulässige Gesamtfremdwährungssaldo von 30 % auf 15 % verringert. Die Berichte zu den Devisensalden werden ebenfalls detaillierter gestaltet als zuvor, denn nun werden in Fremdwährungen lautende Vermögenswerte und Verbindlichkeiten nach Typ, d. h. nach Krediten, Schuldverschreibungen, Eigenkapitaltiteln, Anteilen an offenen Investmentfonds, Einlagen, verzinslichen Vereinbarungen, Schulden bei der Zentralbank usw. eingeteilt. Sollte der Fremdwährungssaldo von den in den Vorschriften festgelegten Grenzen abweichen, muss das betreffende Finanzunternehmen Maßnahmen zur Beseitigung der Differenz innerhalb einer Frist von höchstens drei Geschäftstagen treffen. Wird dies mit den Maßnahmen des Finanzunternehmens nicht erreicht, kann die CBI Zwangsgelder berechnen. Die CBI hat zudem Schritte zur Eingrenzung von Ungleichgewichten bei den Devisen unternommen. Beispielsweise schloss sie mit einer der Geschäftsbanken eine Währungsswapvereinbarung und kaufte Devisen auf. Nach Aussage der CBI erhöhen diese Maßnahmen die finanzielle Stabilität und verstärken die Devisen-Eigenreserven der CBI.

(83)  Im Zusammenhang mit dem Erwerb des früheren Kaupthing Mortgage Institutional Investor Fund Ende 2011 übernahm die Bank außerdem die Haftung für gedeckte Schuldverschreibungen in Höhe von 117,7 Mrd. ISK.

(84)  Da sich die Kaupthing noch in einem Liquidationsverfahren befindet, ist die genaue Höhe der Verluste noch nicht bekannt. Ausweislich der auf der Gläubigerversammlung der Kaupthing am 31. Mai 2012 vorgelegten Informationen betrugen die gesamten Vermögenswerte der Kaupthing zum Jahresende 2011 874 Mrd. ISK (5,2 Mrd. EUR) und die nach Artikel 113 des isländischen Insolvenzgesetzes (nicht vorrangige Forderungen) anerkannten, laufenden Forderungen beliefen sich auf 2873 Mrd. ISK (17 Mrd. EUR). Weitere Informationen sind unter http://www.kaupthing.com/lisalib/getfile.aspx?itemid=21204 erhältlich.

(85)  Die staatliche Eigenkapitalausstattung der Arion Bank beruhte unmittelbar auf der Differenz zwischen der Anfangsbewertung der übertragenen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten und der Eigenkapitalanforderung der FME.

(86)  Die isländischen Behörden erläuterten, dass in diesem Zusammenhang ein Festbetrag von 6,5 Mrd. ISK als Vergütung für den Staat vereinbart worden war, weil sich zur Zeit der Verhandlungen die Informationen über die finanzielle Lage immer wieder änderten und die wirkliche Ertragskraft der Bank in diesem Zeitraum schwierig zu bestimmen war.

(87)  Rekapitalisierung von Finanzinstituten in der derzeitigen Finanzkrise: Beschränkung der Hilfen auf das erforderliche Minimum und Vorkehrungen gegen unverhältnismäßige Wettbewerbsverzerrungen („Rekapitalisierungsleitlinien“) (ABl. L 17 vom 20.1.2011 und EWR-Beilage des Amtsblatts Nr. 3). Die Leitlinien können auch auf der Website der Überwachungsbehörde abgerufen werden unter: http://www.eftasurv.int/state-aid/legal-framework/state-aid-guidelines/.

(88)  Ende 2014 werden die Umstrukturierungsfristen aller isländischen Banken, für die förmliche Prüfverfahren eingeleitet wurden, auslaufen.

(89)  Die Stempelsteuer fällt je nach Rechtsdokument unterschiedlich hoch aus, beträgt aber normalerweise 15 ISK pro tausend ISK oder Teilbeträgen (d. h. etwa 1,5 %) der Summe der durch eine Hypothek oder eine andere Sicherheit besicherten verzinslichen Schuldverschreibungen.

(90)  Siehe beispielsweise den Kommissionsbeschluss in der Rechtssache SA.28264, Umstrukturierungsbeihilfe für die Hypo Real Estate, in dem die Kommission die Abtrennung eines großen Teil des Auslandsgeschäfts der Hypo Real Estate als Maßnahme zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen für die Nachfolgerin der Bank, die PBB, akzeptierte.

(91)  Die Bank hat bestätigt, dass ihr auch in anderen Arten von Darlehensverträgen keine Klauseln bekannt sind, die der Bank eine Anhebung des Zinssatzes erlauben, wenn der Kunde nicht einen Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrechterhält. Sollten derartige Klauseln bei der Bank gefunden werden, wird sie diese bis zum Dezember 2014 nicht vollstrecken.


ANHANG

VERPFLICHTUNGEN UND EINSCHLÄGIGE ÄNDERUNGEN AM RECHTSRAHMEN FÜR DAS BANKWESEN

1.   VERPFLICHTUNGEN DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

Die isländischen Behörden sind zwei Verpflichtungen eingegangen. Diese werden unten aufgeführt.

Änderung der Stempelsteuer zur Verhinderung staatlicher Beihilfe und Senkung der Kosten beim Wechsel der Bank

Das Finanzministerium wird eine Arbeitsgruppe bestellen und sie damit beauftragen, das Gesetz Nr. 36/1978 über Stempelsteuern zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe wird dem Finanzministerium bis Oktober 2012 einen Bericht und einen Gesetzentwurf vorlegen. Zu den Aufgabengebieten der Arbeitsgruppe wird insbesondere die Prüfung der möglichen Abschaffung von Stempelsteuern auf von natürlichen Personen begebene Schuldverschreibungen bei der Übertragung von einem Gläubiger auf den anderen (wenn Personen beispielsweise ihre Kredite von einem Kreditinstitut auf ein anderes übertragen) gehören. Die Arbeitsgruppe soll ferner untersuchen, wie die Stempelsteuervorschriften geändert werden könnten, um das Verfahren zu vereinfachen und den Wettbewerb zu fördern.

Maßnahmen zur Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und zur Senkung der dabei anfallenden Kosten

Gemäß einer vom isländischen Parlament am 21. März 2012 verabschiedeten Entschließung wird die Regierung einen Ausschuss bestellen mit dem Auftrag, den Verbraucherschutz auf dem Finanzmarkt zu prüfen und Vorschläge zur Stärkung der Position natürlicher Personen und Haushalte gegenüber Kreditinstituten vorzulegen. Die Aufgabenstellung des Ausschusses wird einen besonderen Auftrag zur Prüfung einer Erleichterung des Wechsels von einer Bank zur anderen und der Senkung der damit verbundenen Kosten umfassen. Auch soll der Ausschuss in dieser Frage eng mit der Wettbewerbsbehörde (ICA) zusammenarbeiten. Der Ausschuss wird seinen Bericht spätestens am 15. Januar 2013 vorstellen.

Darüber hinaus billigten die isländischen Behörden folgende Verpflichtungen der Arion Bank:

Erwerbsbeschränkung

Die Arion Bank verpflichtet sich, bis zum 1. Dezember 2014 keine Finanzinstitute zu erwerben. Unbeschadet dieser Verpflichtung kann die Arion Bank nach Einholung einer Genehmigung der Überwachungsbehörde solche Unternehmen insbesondere dann erwerben, wenn dies zur Wahrung der finanziellen Stabilität notwendig ist.

(…)

Die Arion Bank verpflichtet sich, […].

Veräußerung von Anteilen an in der Umstrukturierung befindlichen Gesellschaften

Die Arion Bank verpflichtet sich, ihre Beteiligungen an Betriebsgesellschaften, die sie aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen übernahm, baldmöglichst zu veräußern (vgl. Artikel 22 des Gesetzes über Finanzunternehmen Nr. 161/2002). Die Bank verpflichtet sich darüber hinaus, die Verfahren und Fristen in der vorstehend genannten Rechtsvorschrift in der Auslegung durch die FME einzuhalten. Schließlich wird die Bank auf ihrer eigenen oder der Website einer maßgeblichen Tochtergesellschaft aktuelle Angaben über solche zum Verkauf stehenden Beteiligungen bereitstellen.

Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber

Die Arion Bank verpflichtet sich, bis zum 1. Dezember 2014 folgende Maßnahmen zugunsten neuer und kleiner Wettbewerber zu treffen:

a)

Die Arion Bank wird in Wohnhypothekenverträgen mit natürlichen Personen enthaltene Klauseln, die Sonderbedingungen für Zinssätze davon abhängig machen, dass ein Mindestumfang an Geschäftsvorgängen bei der Bank aufrecht erhalten wird, weder durchsetzen noch wird sie neue Vertragsklauseln dieses Inhalts einführen,.

b)

Die Arion Bank wird auf der Website der Bank leicht zugängliche Informationen über das Verfahren zur Übertragung der Bankdienstleistungen auf ein anderes Finanzinstitut bereitstellen. Darüber hinaus wird die Website einfachen Zugang zu den für einen Wechsel zwischen Finanzinstituten erforderlichen Unterlagen gewähren. Die gleichen Informationen und Übertragungsformulare werden auch in den Zweigstellen der Bank zur Verfügung stehen.

c.)

Die Arion Bank wird alle Anträge auf die Übertragung von Bankdienstleistungen rasch ausführen.

d)

Die Arion Bank wird sich bei der Vermarktung ihrer Leistungen nicht auf das staatliche Eingreifen berufen, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zu ziehen.

e)

Sofern keine Dienstleistungsangebote von Wettbewerbern verfügbar sind, ist die Arion Bank bereit, folgende Dienstleistungen zum Kostenpreis zuzüglich einer angemessenen, von der Bank jeweils beschlossenen Marge anzubieten:

i)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für ISK

ii)

Zahlungsabwicklungsdienstleistungen für Devisen.

2.   NACH DER KRISE EINGEFÜHRTE MASSGEBLICHE ANPASSUNGEN UND ÄNDERUNGEN AM VERORDNUNGS- UND AUFSICHTSRECHTLICHEN RAHMEN FÜR DIE FINANZMÄRKTE IN ISLAND

Die isländischen Behörden übermittelten folgende Übersicht über Änderungen, die an den im Herbst 2008 geltenden Rechtsvorschriften vorgenommen wurden:

Die Ermächtigungen der FME (der isländischen Finanzaufsichtsbehörde) zu Interventionen (d. h. die Übernahme der Vollmachten von Hauptversammlungen und die Veräußerung von Vermögenswerten, vgl. die Notstandsgesetze) wurden erweitert; der FME wurden erweiterte Aufsichtsvollmachten verliehen; es wurden zusätzliche Vorschriften eingeführt, die der FME eine Bewertung des Geschäftsbetriebs oder Verhaltens einzelner, ihrer Aufsicht unterstehender Parteien erlauben. Hierzu zählen Vollmachten zur Beschlussfassung, beispielsweise über die Schließung von Geschäftsstellen oder die Einstellung bestimmter Tätigkeiten, ohne dass tatsächlich ein Entzug der Betriebszulassung erfolgt. Weitere Änderungen betreffen die genauere Festlegung von Konzepten, deren Auslegung von der FME und den beaufsichtigten Unternehmen bzw. von den Berufungsgremien angefochten worden war.

Die Vorschriften zu einzelnen Großkrediten wurden klarer und zielgerichteter abgefasst; sowohl die Funktionen als auch die Verantwortlichkeiten des Risikomanagements wurden ausgeweitet und die FME wurde ermächtigt, dem Risikomanagement in der Organisation von Finanzunternehmen einen höheren Status zu verleihen. Die Bestimmungen über die Anwendung von Stresstests wurden verschärft.

Die Vorschriften für ein Sonderregister für große Kreditnehmer wurden legalisiert, um einen besseren Überblick über Risiken aus einzelnen, bei zwei oder mehr Finanzunternehmen bestehenden Großkrediten zu erhalten. Dieses Register ist für die Herstellung von Verknüpfungen zwischen Krediten und die Beurteilung ihrer Auswirkungen auf das System, die bei Schwierigkeiten im Geschäftsbetrieb des Kreditnehmers eintreten können, von Bedeutung. Unternehmen, die nicht der Aufsicht der FME unterstehen aber in den Registern für Finanzunternehmen erfasst sind, müssen der FME Angaben über ihre gesamten Verpflichtungen übermitteln. Die FME kann die Erbringung von Dienstleistungen an solche Unternehmen untersagen, wenn diese die Übermittlung der angeforderten Angaben verweigern.

Die Vorschriften für solides Geschäftsgebaren wurden verschärft und das Bestehen des Beschwerdeausschusses für Transaktionen mit Finanzunternehmen wurde im Gesetz verankert. Zu allen Großaktionären von Finanzunternehmen müssen detaillierte Angaben offen gelegt werden.

Die Fristen, innerhalb derer Finanzunternehmen eingezogene Vermögenswerte veräußern können, wurden verkürzt.

Die Vorschriften über den bei Finanzunternehmen zulässigen Bestand an eigenen Aktien wurden verschärft und genauer definiert. Von Tochtergesellschaften gehaltene Bestände gelten nun als eigene Aktien. Dasselbe gilt für außerbilanzielle Verträge über eigene Aktien.

Den Finanzunternehmen wurde die Gewährung von Krediten gegen Verpfändung ihrer eigenen Aktien oder Garantiekapital-Zertifikaten untersagt.

Die FME hat nunmehr Regeln für die Art und Weise, wie durch eine Hypothek auf die Aktien eines anderen Finanzunternehmens besicherte Kredite in der Risikobasis und der Eigenkapitalausstattung zu berechnen sind, festzulegen.

Sowohl die Verantwortlichkeiten als auch die Funktionen des Innenrevisionsressorts wurden erweitert. Es bestehen genaue Vorschriften bezüglich der Ausgewogenheit zwischen Größe und Streuung der Aktivitäten des betreffenden Finanzunternehmens und dem Umfang ihres Innenrevisionsressorts.

Die Zeiträume, in denen eine Wirtschaftsprüfungsfirma die Prüfungen bei ein- und demselben Finanzunternehmen durchführen darf, wurden auf fünf Jahre begrenzt. Die Möglichkeiten von Finanzunternehmen zur Entlassung "schwieriger" Wirtschaftsprüfer wurden beschnitten.

Sämtliche Vorschriften zur Berechnung des Eigenkapitals sowie verschiedene andere technische Aspekte wurden überprüft.

Die Vorschriften für die Ausübung qualifizierter Beteiligungen, d. h. 10 % der Stimmrechte oder mehr, wurden überprüft. Die FME ist berechtigt, bei der Beurteilung von Vertragsparteien, die den Erwerb oder die Vergrößerung qualifizierter Beteiligungen planen, die Beweislast umzukehren. Hierbei kann es sich beispielsweise um Fälle handeln, in denen Ungewissheit über die Identität des oder der wirtschaftlichen Eigentümer(s) einer Holdinggesellschaft mit einer qualifizierten Beteiligung herrscht.

An die Eignung von Direktoren und ihre Verantwortung für die Aufsicht oder das operative Geschäft werden jetzt zusätzliche Ansprüche gestellt; geschäftsführende Vorstandsvorsitzende sind nicht mehr zulässig. Die FME wies den Vorständen stärkere Aufsichtsfunktionen zu und über das Entgelt der oberen Führungsebene müssen auf Einzelpersonen rückverfolgbare Angaben offen gelegt werden.

Für Kreditgeschäfte von Finanzunternehmen mit Direktoren, Geschäftsführern, Leitenden Angestellten und den Eigentümern qualifizierter Beteiligungen an dem betroffenen Finanzunternehmen wurden jetzt Regeln festgelegt. Ähnliche Regeln gelten für mit den oben genannten Personen eng verbundene Vertragsparteien. Die FME hat Vorschriften darüber eingeführt, was als zufriedenstellende Sicherheit für derartige Kreditgeschäfte in Betracht kommt.

Es wurden Vorschriften in Bezug auf Regelungen für Prämiensysteme und Boni für Geschäftsleitungen und Angestellte sowie für Aufhebungsverträge eingeführt.

Die Bestimmungen für die Sanierung und Liquidation von Finanzunternehmen wurden verschärft.

Die Sonderregeln für Sparkassen wurden umfassend überarbeitet. Der Status und die Rechte der Garantiekapitaleigner von Sparkassen wurden klargestellt. Für Dividenden wurden Beschränkungen eingeführt und für Garantiekapitalgeschäfte legte man eindeutige Regeln fest. Regeln wurden auch für Abschreibungen auf das Garantiekapital festgelegt und die Ermächtigungen zur offiziellen Zusammenarbeit zwischen Sparkassen wurden klarer gefasst. Den Sparkassen wurde eine Änderung ihrer Rechtsform untersagt.

Nach Aussage der isländischen Behörden gehen die Vorschriften in Island in mancher Hinsicht über den gesamteuropäischen Rahmen hinaus. Es folgt eine Aufzählung der wichtigsten Abweichungen von den Regeln, die in der EU eingeführt und im EWR-Abkommen übernommen wurden.

Die FME ist ermächtigt, die Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen einzuschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Darüber hinaus hat sie Vollmacht, für die Fortsetzung der Aktivitäten einzelner Geschäftsstellen von Finanzunternehmen besondere Anforderungen festzulegen. Die FME kann die Aktivitäten, die ein Finanzunternehmen verfolgen darf, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten einer Lizenz unterliegen oder nicht, vorläufig ganz oder teilweise einschränken, wenn sie dies für begründet erachtet. Die Auslöser hierfür waren nicht zuletzt die Aktivitäten von Bankniederlassungen und die von ihnen bis 2008 in anderen europäischen Staaten eingerichteten Einlagenkonten (Icesave, Edge und Save-and-Save).

Im isländischen Gesetz sind erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Funktionen der Innenrevision festgelegt worden als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es bestehen erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Durchführung von Stresstests als in den EU-Rechtsvorschriften.

Finanzunternehmen müssen ein besonderes Register (Kreditregister) aller Vertragspartner, denen sie Kredite gewähren, führen und am Ende eines jeden Monats der FME eine aktualisierte Aufstellung übermitteln. Darüber hinaus muss über mit den Finanzunternehmen eng verbundene Parteien, deren Vorstände und Geschäftsführer sowie über Gruppen verbundener Kunden eine ähnliche Aufstellung übermittelt werden, sofern diese Vertragspartner nicht bereits in der zuerst genannten Aufstellung erfasst worden sind. Diese Aufstellung bietet bessere Möglichkeiten zur Überwachung von Verflechtungen zwischen Finanzunternehmen sowie deren Direktoren und Geschäftsleitungen.

Ist die FME der Meinung, dass die Kreditaufnahme einer einzelnen, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegenden Partei im Kreditregister, Einfluss auf das System haben könnte, darf die FME von der betreffenden Vertragspartei Auskünfte über ihre Verpflichtungen fordern.

Sollte eine im Kreditregister erfasste, keiner amtlichen Aufsicht ihrer Finanzaktivitäten unterliegende Partei der FME gegenüber die Offenlegung von Informationen verweigern, kann die Überwachungsbehörde die ihrer Aufsicht unterstehenden Unternehmen anweisen, besagter Partei keine weiteren Dienstleistungen mehr zu erbringen. Bei mangelhafter Offenlegung von Informationen seitens der betroffenen Partei gilt dasselbe. Die Vorschriften über ein Kreditregister und die umfangreichen Ermächtigungen der Aufsichtsbehörden in Bezug auf Personen, die keiner amtlichen Aufsicht unterstehen, sind in den EU- bzw. EWR-Regeln nicht enthalten.

Es bestehen erheblich detailliertere und restriktivere Bestimmungen über Kreditvergaben an nahe stehende Unternehmen und Personen sowie Sicherheiten als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Die FME muss dem Eigentümer einer qualifizierten Beteiligung das Recht zur Ausübung dieser Beteiligung verweigern, wenn Zweifel bestehen, wer deren wirtschaftlicher Eigentümer ist oder sein wird.

Die höchstzulässige Dauer der Zeit, die externe Buchprüfer für ein- und dasselbe Finanzunternehmen arbeiten dürfen, ist kürzer als in den EU- bzw. EWR-Regeln.

Es bestehen erheblich mehr detaillierte Vorschriften über die Eignung von Direktoren in Finanzunternehmen als in den EU-Rechtsvorschriften.

Es wurden Vorschriften über Regelungen für Bonusprogramme und Aufhebungsverträge eingeführt.

Kürzlich wurden in EU-Rechtsvorschriften offizielle Regeln für eine Vergütungspolitik festgelegt, Regeln für Aufhebungsverträge wurden in diesem Forum aber nicht beschlossen.

Am 23. März 2012 legte der Wirtschaftsminister einen Bericht über den zukünftigen Aufbau des isländischen Finanzsystems vor. Der Minister hat darüber hinaus eine Sachverständigengruppe mit der Vorbereitung eines Rechtsrahmens für alle Finanzaktivitäten in Island beauftragt.