ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2013.295.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 295

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

56. Jahrgang
6. November 2013


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1051/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen

1

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Errichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR)

11

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und zur Aufhebung des Beschlusses des Exekutivausschusses vom 16. September 1998 bezüglich der Errichtung des Ständigen Ausschusses Schengener Durchführungsübereinkommen

27

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

6.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 1051/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 22. Oktober 2013

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION,

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absätze 1 und 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Aufbau eines Raums, in dem der freie Personenverkehr über die Binnengrenzen hinweg gewährleistet ist, ist eine der größten Errungenschaften der Union. In einem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bedarf es einer gemeinsamen Antwort auf Situationen, die eine ernsthafte Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit dieses Raums, Teilen dieses Raums oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten darstellen, indem die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen gestattet wird, ohne dass der Grundsatz des freien Personenverkehrs berührt wird. Angesichts der möglichen Auswirkungen derartiger nur als letztes Mittel anzuwendender Maßnahmen auf alle Personen, die innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen über das Recht auf Freizügigkeit verfügen, müssen die Bedingungen und Verfahren für die Wiedereinführung solcher Maßnahmen festgelegt werden, um sicherzustellen, dass sie eine Ausnahme darstellen und dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird. Der Umfang und die Dauer der vorübergehenden Wiedereinführung solcher Maßnahmen sollten auf das zur Bewältigung einer ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit unbedingt erforderliche Mindestmaß begrenzt werden.

(2)

Der freie Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen ist eine zentrale Errungenschaft der Union. Da der freie Personenverkehr durch die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beeinträchtigt wird, sollten Entscheidungen über die Wiedereinführung solcher Kontrollen nach gemeinsam festgelegten Kriterien getroffen und der Kommission ordnungsgemäß mitgeteilt oder von einem Organ der Union empfohlen werden. In jedem Fall sollte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen eine Ausnahme bleiben und nur als letztes Mittel in begrenztem Umfang und für einen befristeten Zeitraum auf der Grundlage bestimmter objektiver Kriterien und einer auf Unionsebene zu überwachenden Bewertung der Notwendigkeit einer derartigen Maßnahme eingesetzt werden. Erfordert eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit sofortiges Handeln, so sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen für einen Zeitraum von längstens zehn Tagen haben. Eine Verlängerung dieses Zeitraums sollte auf Unionsebene überwacht werden.

(3)

Die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen sollte anhand der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit, die dem Erfordernis einer solchen Wiedereinführung zugrunde liegt, geprüft werden; darüber hinaus sollte untersucht werden, welche alternativen Maßnahmen auf nationaler und/oder Unionsebene ergriffen werden könnten und welche Auswirkungen diese Kontrollen auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen hätte.

(4)

Im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit auf Ebene des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder auf nationaler Ebene, insbesondere als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen oder von Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität, könnte die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Ausnahmefall geboten sein.

(5)

Migration und das Überschreiten der Außengrenzen durch eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen sollte nicht an sich als Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit betrachtet werden.

(6)

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist eine Abweichung vom grundlegenden Prinzip der Freizügigkeit eng auszulegen und setzt der Rückgriff auf den Begriff der öffentlichen Ordnung auf jeden Fall voraus, dass eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

(7)

Auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen in Bezug auf die Funktionsweise des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und als Beitrag zur Gewährleistung einer kohärenten Umsetzung des Schengen-Besitzstands kann die Kommission Leitlinien zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen erarbeiten, und zwar in Fällen, die eine Maßnahme als vorübergehende Reaktion verlangen, und in Fällen, die eine sofortige Maßnahme erforderlich machen. Diese Leitlinien sollten klare Indikatoren enthalten, die die Bewertung der Umstände erleichtern, die eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit darstellen könnten.

(8)

Werden in einem Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so sollten der Kommission, um die Einhaltung der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands (2) angenommenen Empfehlungen zu gewährleisten, Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit sie empfehlen kann, dass der evaluierte Mitgliedstaat bestimmte Maßnahmen wie den Einsatz von Europäischen Grenzschutzteams, die Unterbreitung strategischer Pläne oder – als letztes Mittel unter Berücksichtigung des Ernstes der Lage – die Schließung einer bestimmten Grenzübergangsstelle ergreift. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (3), ausgeübt werden. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii jener Verordnung sollte das Prüfverfahren angewandt werden.

(9)

Die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen nach einem besonderen Verfahren auf Unionsebene könnte auch im Falle außergewöhnlicher Umstände und als letztes Mittel gerechtfertigt sein, wenn aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel im Zusammenhang mit der Kontrolle von Außengrenzen, die im Rahmen eines strengen Evaluierungsverfahrens nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgestellt wurden, das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, insoweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in diesem Raum oder in Teilen dieses Raums darstellen würden. Dieses besondere Verfahren für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen könnte auch unter denselben Voraussetzungen dadurch ausgelöst werden, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt hat. Da solche Maßnahmen, welche die nationalen Exekutiv- und Vollstreckungsbefugnisse in Bezug auf die Kontrolle an den Binnengrenzen berühren, politisch heikel sind, sollten dem Rat Durchführungsbefugnisse übertragen werden, damit er auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen nach diesem besonderen Verfahren auf Unionsebene annehmen kann.

(10)

Vor der Annahme derartiger Empfehlungen über die vorübergehende Wiedereinführung der Kontrollen an bestimmten Binnengrenzen sollte rechtzeitig und gründlich geprüft werden, inwieweit auf Maßnahmen, die auf die Beseitigung des ursprünglichen Problems zielen, zurückgegriffen werden kann, beispielsweise auf Hilfsmaßnahmen durch Einrichtungen und sonstige Stellen der Union wie die durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (4) errichtete Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (im Folgenden „Frontex“) oder das durch den Beschluss 2009/371/JI des Rates (5) errichtete Europäische Polizeiamt (im Folgenden „Europol“) und Unterstützungsmaßnahmen technischer oder finanzieller Art auf nationaler und/oder auf Unionsebene. Wird ein schwerwiegender Mangel festgestellt, so kann die Kommission finanzielle Unterstützungsmaßnahmen ergreifen, um dem betreffenden Mitgliedstaat zu helfen. Des Weiteren sollte sich jegliche Empfehlung der Kommission oder des Rates auf fundierte Informationen stützen.

(11)

Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, sofort geltende Durchführungsrechtsakte zu erlassen, wenn dies in hinreichend begründeten Fällen im Zusammenhang mit Umständen, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich ist.

(12)

Die Evaluierungsberichte und Empfehlungen nach den Artikeln 14 und 15 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 sollten die Grundlage für das Auslösen der in dieser Verordnung vorgesehenen bestimmten Maßnahmen im Falle schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen und des ebenfalls in dieser Verordnung vorgesehenen besonderen Verfahrens im Falle außergewöhnlicher Umstände, in denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, bilden. Die Mitgliedstaaten und die Kommission nehmen gemeinsam regelmäßige, objektive und unparteiische Evaluierungen vor, um zu überprüfen, ob diese Verordnung ordnungsgemäß angewendet wird, und die Kommission koordiniert die Evaluierungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Der Evaluierungsmechanismus umfasst folgende Elemente: mehrjährige und jährliche Evaluierungsprogramme, angekündigte und unangekündigte Inspektionen vor Ort durch ein kleines Team, das sich aus Vertretern der Kommission und von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzt, von der Kommission angenommene Berichte über das Ergebnis der Evaluierung, vom Rat auf Vorschlag der Kommission angenommene Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen, geeignete Folgemaßnahmen, Überwachung und Berichterstattung.

(13)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Festlegung gemeinsamer Regeln zur vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf Ebene der Mitgliedstaaten im Falle außergewöhnlichen Umstände, nur auf Unionsebene zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(14)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand gemäß Titel V des dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten nach dem Beschluss des Rates über diese Verordnung, ob es sie in nationales Recht umsetzt.

(15)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (6), nicht beteiligt; das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(16)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (7) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(17)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (8) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen (9) genannten Bereich gehören.

(18)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (10) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (11) genannten Bereich gehören.

(19)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (12) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (13) genannten Bereich gehören.

(20)

Für Zypern stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 dar.

(21)

Für Bulgarien und Rumänien stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 dar.

(22)

Für Kroatien stellt diese Verordnung einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2011 dar.

(23)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, einschließlich denen des freien Personenverkehrs und der Aufenthaltsfreiheit, die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Ihre Anwendung hat unter Beachtung dieser Rechte und Grundsätze zu erfolgen.

(24)

Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (14) sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 wird wie folgt geändert:

1.

In Titel II wird folgendes Kapitel angefügt:

KAPITEL IVa

Bestimmte Maßnahmen im Falle schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen

Artikel 19a

Maßnahmen an Außengrenzen und Unterstützung durch die Agentur

(1)   Werden in einem nach Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 des Rates vom 7. Oktober 2013 zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands (15) erstellten Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so kann die Kommission, um die Einhaltung der Empfehlungen gemäß Artikel 15 jener Verordnung zu gewährleisten, dem evaluierten Mitgliedstaat im Wege eines Durchführungsrechtsakts empfehlen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, die eine oder beide der folgenden Maßnahmen umfassen können:

(a)

Anforderung des Einsatzes von Europäischen Grenzschutzteams gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004;

(b)

Unterbreitung seiner strategischen Pläne, die sich auf eine Risikoanalyse stützen und Angaben zu dem Einsatz von Personal und Ausrüstung beinhalten, an die Agentur für eine diesbezügliche Stellungnahme.

Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 33a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(2)   Die Kommission unterrichtet den gemäß Artikel 33a Absatz 1 eingerichteten Ausschuss regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels aufgeführten Maßnahmen und über ihre Wirksamkeit bei der Beseitigung der ermittelten Schwachstellen.

Sie unterrichtet auch das Europäische Parlament und den Rat.

(3)   Ist in einem Evaluierungsbericht nach Absatz 1 festgestellt worden, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Pflichten in schwerwiegender Weise vernachlässigt und infolgedessen nach Artikel 16 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 verpflichtet ist, innerhalb von drei Monaten einen Bericht über die Umsetzung des einschlägigen Aktionsplans vorzulegen, und stellt die Kommission nach Ablauf der drei Monate fest, dass die Situation unverändert ist, so kann sie, wenn alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, die Anwendung des in Artikel 26 der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Verfahrens auslösen.

2.

Artikel 23 bis 27 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 23

Allgemeiner Rahmen für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

(1)   Ist im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit in einem Mitgliedstaat ernsthaft bedroht, so ist diesem Mitgliedstaat unter außergewöhnlichen Umständen die Wiedereinführung von Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen für einen begrenzten Zeitraum von höchstens 30 Tagen oder für die vorhersehbare Dauer der ernsthaften Bedrohung, wenn ihre Dauer den Zeitraum von 30 Tagen überschreitet, gestattet. Die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen darf in Umfang und Dauer nicht über das Maß hinausgehen, das zur Bewältigung der ernsthaften Bedrohung unbedingt erforderlich ist.

(2)   Kontrollen an den Binnengrenzen werden nur als letztes Mittel und im Einklang mit den Artikeln 24, 25 und 26 wiedereingeführt. Wird ein Beschluss zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 24, 25 oder 26 in Betracht gezogen, so sind die in Artikel 23a beziehungsweise 26a genannten Kriterien in jedem einzelnen Fall zu Grunde zu legen

(3)   Hält die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in dem betreffenden Mitgliedstaat über den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Zeitraum hinaus an, so kann dieser Mitgliedstaat die Kontrollen an seinen Binnengrenzen unter Zugrundelegung der in Artikel 23a genannten Kriterien und gemäß Artikel 24 aus den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Gründen und unter Berücksichtigung neuer Umstände für weitere Zeiträume von höchstens 30 Tagen verlängern.

(4)   Der Gesamtzeitraum, innerhalb dessen Kontrollen an den Binnengrenzen wiedereingeführt werden können, einschließlich etwaiger Verlängerungen nach Absatz 3 dieses Artikels, beträgt höchstens sechs Monate. Liegen außergewöhnliche Umstände im Sinne von Artikel 26 vor, so kann dieser Gesamtzeitraum gemäß Artikel 26 Absatz 1 auf eine Höchstdauer von zwei Jahren verlängert werden.

Artikel 23a

Kriterien für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

Beschließt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 23 oder Artikel 25 Absatz 1 als letztes Mittel die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an einer oder an mehreren seiner Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen oder eine Verlängerung dieser Wiedereinführung, so bewertet er, inwieweit mit einer derartigen Maßnahme der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit voraussichtlich angemessen begegnet werden kann und ob die Verhältnismäßigkeit zwischen der Maßnahme und der Bedrohung gewahrt ist. Bei der Durchführung dieser Bewertungen trägt der Mitgliedstaat insbesondere folgenden Gesichtspunkten Rechnung:

a)

den voraussichtlichen Auswirkungen jeglicher Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit, einschließlich als Folge von terroristischen Zwischenfällen oder Bedrohungen sowie durch die organisierte Kriminalität;

b)

den voraussichtlichen Auswirkungen, die diese Maßnahme auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen haben wird.

Artikel 24

Bei der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen anzuwendendes Verfahren nach Artikel 23 Absatz 1

(1)   Beabsichtigt ein Mitgliedstaat die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen nach Artikel 23 Absatz 1, so teilt er dies den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission spätestens vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung mit, oder innerhalb einer kürzeren Frist, wenn die Umstände, welche die Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen erfordern, weniger als vier Wochen vor der geplanten Wiedereinführung bekannt werden. Hierzu übermittelt der Mitgliedstaat folgende Angaben:

a)

die Gründe für die geplante Wiedereinführung, einschließlich sämtlicher sachdienlichen Daten zu den Ereignissen, die eine ernsthafte Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder seiner inneren Sicherheit darstellen;

b)

den Umfang der geplanten Wiedereinführung mit Angabe des Abschnitts/der Abschnitte der Binnengrenzen, an dem/denen die Kontrollen wieder eingeführt werden sollen;

c)

die Bezeichnungen der zugelassenen Grenzübergangsstellen;

d)

den Zeitpunkt und die Dauer der beabsichtigten Wiedereinführung;

e)

gegebenenfalls die von den anderen Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen.

Eine Mitteilung nach Unterabsatz 1 kann auch durch zwei oder mehr Mitgliedstaaten gemeinsam erfolgen.

Erforderlichenfalls kann die Kommission bei dem betreffenden Mitgliedstaat bzw. den betreffenden Mitgliedstaaten zusätzliche Informationen anfordern.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Informationen sind dem Europäischen Parlament und dem Rat zur gleichen Zeit zu übermitteln, zu der sie den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission gemäß Absatz 1 übermittelt werden.

(3)   Der Mitgliedstaat, der eine Mitteilung gemäß Unterabsatz 1 macht, kann, sofern dies erforderlich ist und seinem nationalen Recht entspricht, beschließen, Teile dieser Informationen als Verschlusssache einzustufen.

Diese Einstufung schließt nicht aus, dass dem Europäischen Parlament von der Kommission Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung und Behandlung der dem Europäischen Parlament nach diesem Artikel übermittelten Informationen und Dokumente erfolgt gemäß den Regeln für die Weiterleitung und Behandlung von Verschlusssachen, die zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission gelten.

(4)   Im Anschluss an die Mitteilung durch den betreffenden Mitgliedstaat nach Absatz 1 des vorliegenden Artikels und im Hinblick auf die Konsultationen gemäß Absatz 5 des vorliegenden Artikels kann die Kommission oder jeder andere Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Stellungnahme abgeben.

Hat die Kommission aufgrund der in der Mitteilung enthaltenen Informationen oder aufgrund anderer erhaltener Informationen Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit oder Verhältnismäßigkeit der geplanten Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen oder hält sie eine Konsultation zu bestimmten Aspekten der Mitteilung für zweckmäßig, so gibt sie eine dahingehende Stellungnahme ab.

(5)   Die in Absatz 1 genannten Angaben sowie jegliche Stellungnahme der Kommission oder eines Mitgliedstaats nach Absatz 4 sind Gegenstand einer Konsultation, gegebenenfalls einschließlich gemeinsamer Sitzungen zwischen dem Mitgliedstaat, der die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen beabsichtigt, den anderen Mitgliedstaaten, insbesondere jenen, die von der solchen Maßnahmen unmittelbar betroffen sind, und der Kommission; Ziel dieser Konsultationen ist es, gegebenenfalls eine Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu organisieren und zu prüfen, ob die Maßnahmen im Verhältnis zu den Ereignissen, die der Anlass für die Wiedereinführung der Grenzkontrollen sind, sowie zur Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit stehen.

(6)   Die in Absatz 5 genannte Konsultation findet mindestens zehn Tage vor dem geplanten Zeitpunkt der Wiedereinführung der Grenzkontrollen statt.

Artikel 25

Besonderes Verfahren für Fälle, die sofortiges Handeln erfordern

(1)   Ist aufgrund einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit in einem Mitgliedstaat sofortiges Handeln erforderlich, so kann der betreffende Mitgliedstaat in Ausnahmefällen für einen begrenzten Zeitraum von höchstens zehn Tagen sofort wieder Kontrollen an den Binnengrenzen einführen.

(2)   Führt ein Mitgliedstaat an den Binnengrenzen wieder Kontrollen ein, so teilt er dies gleichzeitig den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mit; er macht die Angaben gemäß Artikel 24 Absatz 1 einschließlich der Gründe, die eine Inanspruchnahme des in dem vorliegenden Artikel beschriebenen Verfahrens rechtfertigen. Nach Erhalt einer solchen Mitteilung kann die Kommission die anderen Mitgliedstaaten sofort konsultieren.

(3)   Dauert die ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit über den in Absatz 1 genannten Zeitraum an, so kann der Mitgliedstaat beschließen, die Kontrollen an den Binnengrenzen für verlängerbare Zeiträume von höchstens 20 Tagen zu verlängern. Der betreffende Mitgliedstaat berücksichtigt die in Artikel 23a genannten Kriterien, einschließlich einer aktualisierten Bewertung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme, sowie etwaiger neue Umstände.

Im Falle einer derartigen Verlängerung finden die Bestimmungen des Artikels 24 Absätze 4 und 5 entsprechend Anwendung, und die Konsultation findet unverzüglich nach der Mitteilung des Beschlusses über die Verlängerung an die Kommission und an die Mitgliedstaaten statt.

(4)   Unbeschadet des Artikels 23 Absatz 4 beträgt der Gesamtzeitraum, innerhalb dessen Kontrollen an den Binnengrenzen wiedereingeführt werden können, ausgehend vom ursprünglichen Zeitraum nach Absatz 1 und etwaiger Verlängerungen nach Absatz 3 höchstens zwei Monate.

(5)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament unverzüglich über die nach diesem Artikel erfolgten Mitteilungen.

Artikel 26

Besonderes Verfahren im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist

(1)   Im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen aufgrund anhaltender schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen nach Artikel 19a das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist, und soweit diese Umstände eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen oder in Teilen dieses Raums darstellen, können die Mitgliedstaaten Kontrollen an den Binnengrenzen gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels für einen Zeitraum von höchstens sechs Monaten wieder einführen. Dieser Zeitraum kann höchstens dreimal um einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Monaten verlängert werden, wenn diese außergewöhnlichen Umstände bestehen bleiben.

(2)   Der Rat kann als letztes Mittel und als Maßnahme zum Schutz der gemeinsamen Interessen im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen und wenn alle anderen Maßnahmen, insbesondere diejenigen gemäß Artikel 19a Absatz 1, die festgestellte ernsthafte Bedrohung nicht wirksam verringern können, empfehlen, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten beschließen, an allen oder bestimmten Abschnitten ihrer Binnengrenzen Kontrollen wieder einzuführen. Die Empfehlung des Rates stützt sich auf einen Vorschlag der Kommission. Die Mitgliedstaaten können die Kommission ersuchen, dem Rat einen solchen Vorschlag für eine Empfehlung vorzulegen.

Die Empfehlung des Rates enthält zumindest die Angaben nach Artikel 24 Absatz 1 Buchstaben a bis e.

Der Rat kann unter den Bedingungen und Verfahren dieses Artikels eine Verlängerung empfehlen.

Bevor ein Mitgliedstaat nach diesem Absatz Kontrollen an allen oder bestimmten Abschnitten seiner Binnengrenzen wieder einführt, teilt er dies den anderen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament und der Kommission mit.

(3)   Setzt ein Mitgliedstaat die in Absatz 2 genannte Empfehlung nicht um, so teilt er der Kommission unverzüglich schriftlich die Gründe dafür mit.

In diesem Fall legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht vor, in dem die von dem betreffenden Mitgliedstaat genannten Gründe und die Auswirkungen auf den Schutz der gemeinsamen Interessen des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen bewertet werden.

(4)   In hinreichend begründeten Fällen der Dringlichkeit im Zusammenhang mit Situationen, in denen die Umstände, die eine Verlängerung der Kontrollen an den Binnengrenzen im Einklang mit Absatz 2 erfordern, weniger als 10 Tage vor dem Ende des vorherigen Zeitraums der Wiedereinführung bekannt werden, kann die Kommission erforderliche Empfehlungen im Wege sofort geltender Durchführungsrechtsakte gemäß dem in Artikel 33a Absatz 3 genannten Verfahren erlassen. Innerhalb von 14 Tagen nach der Annahme solcher Empfehlungen legt die Kommission dem Rat einen Vorschlag für eine Empfehlung im Einklang mit Absatz 2 vor.

(5)   Dieser Artikel lässt die Maßnahmen unberührt, die die Mitgliedstaaten im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit nach den Artikeln 23, 24 und 25 erlassen können.

Artikel 26a

Kriterien für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Falle außergewöhnlicher Umstände, unter denen das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen insgesamt gefährdet ist

(1)   Empfiehlt der Rat als letztes Mittel gemäß Artikel 26 Absatz 2 die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen an einer oder mehreren Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen, so bewertet er, inwieweit mit einer derartigen Maßnahme der Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen voraussichtlich angemessen begegnet werden kann und ob die Verhältnismäßigkeit zwischen der Maßnahme und der Bedrohung gewahrt ist. Diese Bewertung stützt sich auf detaillierte Informationen des betreffenden Mitgliedstaats/der betreffenden Mitgliedstaaten und der Kommission oder auf andere einschlägige Informationen, einschließlich der gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels erhaltenen Informationen. Bei der Durchführung dieser Bewertung ist insbesondere folgenden Gesichtspunkten Rechnung zu tragen:

a)

der Verfügbarkeit technischer oder finanzieller Unterstützungsmaßnahmen, die auf nationaler und/oder Unionsebene in Anspruch genommen werden könnten oder in Anspruch genommen worden sind, einschließlich Hilfsmaßnahmen durch Einrichtungen und sonstige Stellen der Union wie die Agentur, das durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (16) eingerichtete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen oder das durch den Beschluss des Rates 2009/371/JI (17) eingerichtete Europäische Polizeiamt (Europol), und der Frage, inwieweit mit derartigen Maßnahmen den Bedrohungen der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen voraussichtlich angemessen begegnet werden kann;

b)

den derzeitigen und voraussichtlichen künftigen Auswirkungen schwerwiegender Mängel bei den Kontrollen an den Außengrenzen, die im Rahmen der gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 vorgenommenen Evaluierungen festgestellt wurden und dem Ausmaß der von solchen schwerwiegenden Mängeln ausgehenden ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen;

c)

den voraussichtlichen Auswirkungen der Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen auf den freien Personenverkehr innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen.

(2)   Bevor die Kommission einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates gemäß Artikel 26 Absatz 2 annimmt, kann sie

a)

von den Mitgliedstaaten, der Agentur, Europol oder anderen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union weitere Informationen anfordern;

b)

mit der Unterstützung von Sachverständigen aus den Mitgliedstaaten und der Agentur, Europol oder jeder anderen einschlägigen Einrichtung der Union Inspektionen vor Ort durchführen, um Informationen zu gewinnen oder zu überprüfen, die für die Empfehlung von Bedeutung sind.

Artikel 27

Unterrichtung des Europäischen Parlaments und des Rates

Die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat/die betreffenden Mitgliedstaaten unterrichtet/unterrichten das Europäische Parlament und den Rat so bald wie möglich über etwaige Gründe, die die Anwendung der Artikel 19a und 23 bis 26a auslösen könnten.

3.

Die Artikel 29 und 30 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 29

Bericht über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen

Innerhalb von vier Wochen nach Aufhebung der Kontrollen an den Binnengrenzen legt der Mitgliedstaat, der die Kontrollen an seinen Binnengrenzen durchgeführt hat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission einen Bericht über die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen vor, in dem insbesondere die erste Bewertung und die Einhaltung der in den Artikeln 23a, 25 und 26a genannten Kriterien, die Durchführung der Kontrollen, die praktische Zusammenarbeit mit den benachbarten Mitgliedstaaten, die Auswirkungen auf den freien Personenverkehr und die Wirksamkeit der Wiedereinführung der Kontrollen an den Binnengrenzen, einschließlich einer Ex-post-Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Wiedereinführung der Grenzkontrollen, dargestellt werden.

Die Kommission kann eine Stellungnahme zu dieser Ex-post-Bewertung der vorübergehenden Wiedereinführung von Kontrollen an einer oder mehreren Binnengrenzen oder an bestimmten Abschnitten der Binnengrenzen abgeben.

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens einmal im Jahr einen Bericht über das Funktionieren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen vor. Der Bericht enthält eine Liste aller Beschlüsse zur Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen im Laufe des betreffenden Jahres.

Artikel 30

Unterrichtung der Öffentlichkeit

Die Kommission und der betreffende Mitgliedstaat unterrichten die Öffentlichkeit in abgestimmter Weise, wenn ein Beschluss betreffend die Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen gefasst wurde, und unterrichten die Öffentlichkeit insbesondere über Anfang und Ende einer derartigen Maßnahme, es sei denn, übergeordnete Sicherheitsgründe stehen dem entgegen.“

4.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 33a

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (18).

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 in Verbindung mit deren Artikel 5.

5.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 37a

Evaluierungsmechanismus

(1)   Im Einklang mit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag über die Europäische Union und unbeschadet ihrer Vorschriften über Vertragsverletzungsverfahren wird die Umsetzung dieser Verordnung durch die einzelnen Mitgliedstaaten einer Evaluierung anhand eines Evaluierungsmechanismus unterzogen.

(2)   Die für den Evaluierungsmechanismus geltenden Vorschriften sind in der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgelegt. Gemäß diesem Evaluierungsmechanismus nehmen die Mitgliedstaaten und die Kommission gemeinsam regelmäßige, objektive und unparteiische Evaluierungen vor, um zu überprüfen, ob diese Verordnung ordnungsgemäß angewendet wird, und koordiniert die Kommission die Evaluierungen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Im Rahmen dieses Mechanismus wird jeder Mitgliedstaat mindestens alle fünf Jahre durch ein kleines Team evaluiert, das sich aus Vertretern der Kommission und von den Mitgliedstaaten benannten Experten zusammensetzt.

Die Evaluierungen können im Wege angekündigter oder unangekündigter Inspektionen vor Ort an den Außen- und Binnengrenzen vorgenommen werden.

Im Einklang mit dem Evaluierungsmechanismus obliegt der Kommission die Annahme der mehrjährigen und jährlichen Evaluierungsprogramme und der Evaluierungsberichte.

(3)   Bei etwaigen Mängeln können den betreffenden Mitgliedstaaten Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen übermittelt werden.

Werden in einem von der Kommission gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 angenommenen Evaluierungsbericht schwerwiegende Mängel bei der Durchführung von Kontrollen an den Außengrenzen festgestellt, so finden die Artikel 19a und 26 der vorliegenden Verordnung Anwendung.

(4)   Das Europäische Parlament und der Rat werden in allen Phasen der Evaluierung unterrichtet und erhalten alle einschlägigen Unterlagen nach Maßgabe der Vorschriften für Verschlusssachen.

(5)   Das Europäische Parlament wird sofort und umfassend über jeden Vorschlag unterrichtet, durch den die in der Verordnung (EU) Nr. 1053/2013 festgelegten Vorschriften geändert oder ersetzt werden sollen.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 22. Oktober 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

V. LEŠKEVIČIUS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 7. Oktober 2013.

(2)  Siehe Seite 27 dieses Amtsblatts.

(3)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(4)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(5)  Beschluss 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37).

(6)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(7)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(8)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(9)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(10)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(11)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1.

(12)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(13)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19.

(14)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.

(15)  ABl. L 295 vom 6.11.2013, S. 27“.

(16)  ABl. L 132 vom 29.5.2010, S. 11.

(17)  ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37.“

(18)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.“


Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission begrüßen die Annahme der Verordnung zur Änderung des Schengener Grenzkodexes zwecks Festlegung gemeinsamer Regeln für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen und die Annahme der Verordnung zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands. Sie glauben, dass mit diesen neuen Mechanismen der Forderung des Europäischen Rates in geeigneter Weise Rechnung getragen wird, der in seinen Schlussfolgerungen vom 24. Juni 2011 erklärt hatte, dass die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Schengen-Raum gestärkt und ein wirksames und zuverlässiges Überwachungs- und Bewertungssystem geschaffen werden müssten, um die Durchsetzung der gemeinsamen Vorschriften und die Stärkung, Anpassung und Ausweitung der Kriterien auf der Grundlage des Besitzstands der EU sicherzustellen, wobei er erneut darauf hingewiesen hatte, dass die Außengrenzen Europas auf der Grundlage gemeinsamer Verantwortung, Solidarität und stärkerer Zusammenarbeit in der Praxis wirksam und einheitlich geschützt werden müssen.

Sie geben an, dass diese Änderung des Schengener Grenzkodexes die Koordinierung und Zusammenarbeit auf Unionsebene einerseits durch die Festlegung von Kriterien für jegliche Art der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Mitgliedstaaten sowie andererseits durch die Schaffung eines EU-basierten Mechanismus zur Reaktion auf wirklich kritische Situationen, in denen die Funktionsweise des Raumes insgesamt ohne interne Grenzkontrollen bedroht ist, verbessern wird.

Sie betonen, dass es sich bei diesem neuen Evaluierungssystem um einen EU-gestützten Mechanismus handelt, der sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands erstrecken und Experten der Mitgliedstaaten, der Kommission und der einschlägigen EU-Stellen einbeziehen wird.

Sie gehen davon aus, dass zu etwaigen künftigen Vorschlägen der Kommission zur Änderung dieses Evaluierungssystems das Europäische Parlament gehört wird, so dass seinem Standpunkt vor der Annahme eines endgültigen Textes möglichst umfassend Rechnung getragen werden kann.


6.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/11


VERORDNUNG (EU) Nr. 1052/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 22. Oktober 2013

zur Errichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 77 Absatz 2 Buchstabe d,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Einrichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (im Folgenden „EUROSUR“) ist erforderlich, um den Informationsaustausch und die operative Zusammenarbeit zwischen den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten sowie mit der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Union, die mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 (2) errichtet wurde (im Folgenden „Agentur“), zu verstärken. EUROSUR wird diesen Behörden und der Agentur die Infrastruktur und die Instrumente zur Verfügung stellen, die sie benötigen, um ihr Lagebewusstsein und ihre Reaktionsfähigkeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Union (im Folgenden „Außengrenzen“) zum Zwecke der Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung von illegaler Einwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität zu verbessern und einen Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung des Lebens von Migranten zu leisten.

(2)

Die Praxis, in kleinen, seeuntüchtigen Booten zu reisen, hat dazu geführt, dass die Zahl der an den südlichen Seeaußengrenzen ertrunkenen Migranten dramatisch angestiegen ist. EUROSUR sollte die operativen und technischen Fähigkeiten der Agentur und der Mitgliedstaaten zur Aufspürung solcher kleinen Boote und zur Erhöhung der Reaktionsfähigkeit der Mitgliedstaaten beträchtlich verbessern und damit einen Beitrag zur Rettung des Lebens von Migranten leisten.

(3)

In dieser Verordnung wird anerkannt, dass die Migrationsrouten auch von Personen, die internationalen Schutz benötigen, genutzt werden.

(4)

Die Mitgliedstaaten sollten nationale Koordinierungszentren einrichten, um bei der Grenzüberwachung den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Agentur zu verbessern. Für ein ordnungsgemäßes Funktionieren von EUROSUR ist es von entscheidender Bedeutung, dass alle nationalen Behörden, die nach nationalem Recht für die Überwachung der Außengrenzen zuständig sind, über nationale Koordinierungszentren zusammenarbeiten.

(5)

Diese Verordnung sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihren nationalen Koordinierungszentren auch die Verantwortung für die Koordinierung des Informationsaustauschs und der Zusammenarbeit bezüglich der Überwachung der Luftgrenzen und für Kontrollen an den Grenzübergangsstellen zu übertragen.

(6)

Die Agentur sollte die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch mit anderen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, wie der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und dem Satellitenzentrum der Europäischen Union, verbessern, um die bestehenden Informationen, Fähigkeiten und Systeme, die auf europäischer Ebene bereits zur Verfügung stehen, wie das Europäische Erdbeobachtungsprogramm, optimal zu nutzen.

(7)

Diese Verordnung ist Teil des europäischen Modells zur integrierten Grenzverwaltung an den Außengrenzen und der Strategie der inneren Sicherheit der Union. EUROSUR wird auch zum Aufbau eines gemeinsamen Informationsraums (Common Information Sharing Environment - CISE) für die Überwachung des maritimen Bereichs der Union beitragen und bietet einen breiter angelegten Rahmen für das maritime Lagebewusstsein, indem es einen bereichsübergreifenden Informationsaustausch zwischen Behörden in der Union ermöglicht.

(8)

Um sicherzustellen, dass die in EUROSUR enthaltenen Informationen insbesondere hinsichtlich der Lage in Drittländern so vollständig und aktuell wie möglich sind, sollte die Agentur mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst zusammenarbeiten. Hierfür sollten die Delegationen und Büros der Union alle Informationen zur Verfügung stellen, die für EUROSUR von Belang sein können.

(9)

Die Agentur sollte die erforderliche Unterstützung für die Entwicklung und den Betrieb von EUROSUR und gegebenenfalls für die Entwicklung von CISE, auch für die Interoperabilität der Systeme, bereitstellen, insbesondere durch Einrichtung, Betreuung und Koordinierung des EUROSUR-Rahmens.

(10)

Die Agentur sollte mit entsprechenden finanziellen und personellen Mitteln ausgestattet werden, damit sie die ihr im Rahmen dieser Verordnung zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben angemessen erfüllen kann.

(11)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und den Grundsätzen, die mit den Artikeln 2 und 6 des Vertrags über die Europäische Union (AEUV) und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, anerkannt wurden, insbesondere mit der Achtung der Würde des Menschen, dem Recht auf Leben, dem Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, dem Verbot des Menschenhandels, dem Recht auf Freiheit und Sicherheit, dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten, dem Recht auf Zugang zu Dokumenten, dem Recht auf Asyl und dem Schutz vor Abschiebung und Ausweisung, den Grundsätzen der Nichtzurückweisung und der Nichtdiskriminierung sowie den Rechten des Kindes. Diese Verordnung sollte von den Mitgliedstaaten und der Agentur im Einklang mit diesen Rechten und Grundsätzen angewandt werden.

(12)

Der Grundrechtsbeauftragte und das durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 eingesetzte Konsultationsforum sollten im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 Zugang zu allen Informationen haben, die sich im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Agentur im Rahmen von EUROSUR auf die Achtung der Grundrechte beziehen.

(13)

Der Austausch personenbezogener Daten im europäischen Lagebild und im gemeinsamen Informationsbild des Grenzvorbereichs sollte eine Ausnahme darstellen. Er sollte auf der Grundlage des auf nationaler und auf Unionsebene geltenden Rechts und unter Beachtung der jeweiligen besonderen Datenschutzerfordernisse erfolgen. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3), die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) und der Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates (5), finden in den Fällen Anwendung, in denen spezifischere Rechtsakte wie die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 keine umfassende Datenschutzregelung enthalten.

(14)

Im Hinblick auf die nach Regionen gestaffelte Einführung von EUROSUR sollte die Verpflichtung, nationale Koordinierungszentren zu benennen und zu betreiben, in zwei aufeinanderfolgenden Phasen gelten: zunächst sollten ihr die an den südlichen und an den östlichen Außengrenzen gelegenen Mitgliedstaaten nachkommen und in einer zweiten Phase die übrigen Mitgliedstaaten.

(15)

Diese Verordnung enthält Bestimmungen über die Zusammenarbeit mit benachbarten Drittländern, denn ein gut strukturierter und permanenter Informationsaustausch und eine gut strukturierte und permanente Zusammenarbeit mit diesen Ländern, insbesondere im Mittelmeerraum, sind Schlüsselfaktoren für die Erreichung der Ziele von EUROSUR. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass jeder Informationsaustausch und jede Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten und benachbarten Drittländern unter vollständiger Einhaltung der Grundrechte, insbesondere dem Grundsatz der Nichtzurückweisung, erfolgt.

(16)

Diese Verordnung umfasst Bestimmungen über die Möglichkeit einer engen Zusammenarbeit mit Irland und dem Vereinigten Königreich, die zur besseren Erreichung der Ziele von EUROSUR beitragen können.

(17)

Die Agentur und die Mitgliedstaaten sollten bei der Durchführung dieser Verordnung die bestehenden Kapazitäten im Hinblick auf die personellen Mittel und die technische Ausrüstung sowohl auf der Ebene der Union als auch auf nationaler Ebene bestmöglich nutzen.

(18)

Die Kommission sollte regelmäßig die bei der Durchführung dieser Verordnung erzielten Ergebnisse bewerten, um festzustellen, inwieweit die Ziele von EUROSUR erreicht wurden.

(19)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung beschlossen hat, ob es sie in nationales Recht umsetzt.

(20)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates (6), nicht beteiligt; das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(21)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates (7) nicht beteiligt; Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.

(22)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (8) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates (9) genannten Bereich gehören. Norwegen sollte ab dem 2. Dezember 2013 ein nationales Koordinierungszentrum gemäß der vorliegenden Verordnung einrichten.

(23)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (10) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (11) genannten Bereich gehören.

(24)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (12) dar, die zu dem in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (13) genannten Bereich gehören.

(25)

Die Durchführung dieser Verordnung berührt weder die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten noch die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, dem Internationalen Übereinkommen über den Such- und Rettungsdienst auf See, dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität und dem dazugehörigen Zusatzprotokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land-, Luft- und Seeweg, dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und anderen einschlägigen internationalen Übereinkünften.

(26)

Die Durchführung dieser Verordnung berührt weder die Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (14) noch die Vorschriften für die Überwachung der Seeaußengrenzen im Rahmen der von der Agentur koordinierten operativen Zusammenarbeit.

(27)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Einrichtung von EUROSUR, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

TITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung wird ein gemeinsamer Rahmen für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Agentur, eingerichtet, um das Lagebewusstsein und die Reaktionsfähigkeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Union (im Folgenden „Außengrenzen“) im Hinblick auf die Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung von illegaler Einwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität zu verbessern und einen Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung des Lebens von Migranten zu leisten (im Folgenden „EUROSUR“).

Artikel 2

Anwendungsbereich

(1)   Diese Verordnung findet Anwendung auf die Überwachung der Land- und Seeaußengrenzen, einschließlich auf das Beobachten, Aufspüren, Identifizieren, Verfolgen und Verhindern unbefugter Grenzübertritte sowie auf Abfang- beziehungsweise Aufgriffsmaßnahmen zur Aufdeckung, Prävention und Bekämpfung von illegaler Einwanderung und grenzüberschreitender Kriminalität und als Beitrag zur Gewährleistung des Schutzes und der Rettung des Lebens von Migranten.

(2)   Diese Verordnung kann auch auf die Überwachung von Luftgrenzen sowie auf Kontrollen an Grenzübergangsstellen angewendet werden, wenn Mitgliedstaaten EUROSUR freiwillig entsprechende Informationen zur Verfügung stellen.

(3)   Diese Verordnung findet keine Anwendung auf rechtliche oder administrative Maßnahmen jeglicher Art, die ergriffen werden, sobald die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats grenzüberschreitende kriminelle Aktivitäten oder ein unbefugtes Überschreiten der Außengrenzen im Rahmen von Abfangmaßnahmen aufgespürt haben.

(4)   Bei der Anwendung dieser Verordnung wahren die Mitgliedstaaten und die Agentur die Grundrechte, insbesondere die Grundsätze der Nichtzurückweisung und der Achtung der Würde des Menschen sowie die Datenschutzerfordernisse. Sie räumen den besonderen Bedürfnissen von Kindern, unbegleiteten Minderjährigen, Opfern des Menschenhandels, Personen, die dringend medizinische Versorgung benötigen, Personen, die internationalen Schutz benötigen, Personen in Seenot und anderen Personen, die sich in einer besonders schwierigen Situation befinden, Vorrang ein.

Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Agentur“ die mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 errichtete Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Union;

b)

„Lagebewusstsein“ die Fähigkeit, illegale grenzüberschreitende Aktivitäten zu beobachten, aufzudecken, zu identifizieren, zu verfolgen und zu verstehen, um Reaktionsmaßnahmen angemessen zu begründen, indem neue Informationen mit bereits bekannten Fakten kombiniert werden, und um besser in der Lage zu sein, dem Verlust des Lebens von Migranten an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen entgegenzuwirken;

c)

„Reaktionsfähigkeit“ die Fähigkeit, Maßnahmen durchzuführen, mit denen gegen illegale grenzüberschreitende Aktivitäten an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen vorgegangen werden soll, einschließlich der Mittel und des Zeitrahmens für eine angemessene Reaktion;

d)

„Lagebild“ eine Schnittstelle zur grafischen Darstellung echtzeitnaher Daten und Informationen, die von verschiedenen Behörden, Sensoren, Plattformen und anderen Quellen erhalten wurden und mit anderen Behörden über Kommunikations- und Informationskanäle ausgetauscht werden, um ein Lagebewusstsein zu erlangen und die Reaktionsfähigkeit entlang der Außengrenzen und im Grenzvorbereich zu unterstützen;

e)

„grenzüberschreitende Kriminalität“ jede Form von schwerer Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen;

f)

„Außengrenzabschnitt“ die Gesamtheit oder einen Teil der Land- oder Seeaußengrenze eines Mitgliedstaats gemäß dem nationalen Recht oder entsprechend den Vorgaben des nationalen Koordinierungszentrums oder einer anderen zuständigen nationalen Behörde;

g)

„Grenzvorbereich“ das geografische Gebiet jenseits der Außengrenzen;

h)

„Krisensituationen“ natürliche oder vom Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle, humanitäre oder politische Krisen oder sonstige gravierende Situationen, die sich an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen ereignen und sich erheblich auf die Kontrolle der Außengrenzen auswirken könnten;

i)

„Vorfall“ eine Situation, die im Bezug steht zu der illegalen Einwanderung, der grenzüberschreitenden Kriminalität oder einem Risiko für das Leben von Migranten an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen.

TITEL II

RAHMEN

KAPITEL I

Komponenten

Artikel 4

EUROSUR-Rahmen

(1)   Für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit im Bereich der Grenzüberwachung nutzen die Mitgliedstaaten und die Agentur unter Berücksichtigung der bestehenden Mechanismen für Informationsaustausch und Zusammenarbeit den EUROSUR-Rahmen, der folgende Komponenten umfasst:

a)

nationale Koordinierungszentren,

b)

nationale Lagebilder;

c)

ein Kommunikationsnetz;

d)

ein europäisches Lagebild;

e)

ein gemeinsames Informationsbild des Grenzvorbereichs;

f)

eine gemeinsame Anwendung von Überwachungsinstrumenten.

(2)   Die nationalen Koordinierungszentren stellen der Agentur über das Kommunikationsnetz Informationen aus ihren nationalen Lagebildern zur Verfügung, die für die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung des europäischen Lagebilds und des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs erforderlich sind.

(3)   Die Agentur gewährt den nationalen Koordinierungszentren über das Kommunikationsnetz uneingeschränkten Zugang zum europäischen Lagebild und zum gemeinsamen Informationsbild des Grenzvorbereichs.

(4)   Die in Absatz 1 aufgeführten Komponenten werden im Einklang mit den im Anhang erläuterten Grundsätzen eingerichtet und betreut.

Artikel 5

Nationales Koordinierungszentrum

(1)   Jeder Mitgliedstaat benennt, betreibt und betreut ein nationales Koordinierungszentrum, das die Tätigkeiten koordiniert und Informationen zwischen allen Behörden mit Zuständigkeit für die Außengrenzenüberwachung auf nationaler Ebene sowie mit den anderen nationalen Koordinierungszentren und der Agentur austauscht. Jeder Mitgliedstaat setzt die Kommission von der Einrichtung seines nationalen Koordinierungszentrums in Kenntnis, woraufhin die Kommission unverzüglich die anderen Mitgliedstaaten und die Agentur darüber informiert.

(2)   Unbeschadet des Artikels 17 und im Rahmen von EUROSUR ist das nationale Koordinierungszentrum die zentrale Kontaktstelle für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit den anderen nationalen Koordinierungszentren und mit der Agentur.

(3)   Das nationale Koordinierungszentrum

a)

gewährleistet den zeitnahen Informationsaustausch und die zeitnahe Zusammenarbeit zwischen allen nationalen Behörden mit Zuständigkeit für die Außengrenzenüberwachung sowie mit den anderen nationalen Koordinierungszentren und der Agentur;

b)

gewährleistet den zeitnahen Informationsaustausch mit den Such- und Rettungs-, den Strafverfolgungs-, den Asyl- und den Einwanderungsbehörden auf nationaler Ebene;

c)

trägt zu einem wirksamen und effizienten Ressourcen- und Personalmanagement bei;

d)

erstellt und betreut das nationale Lagebild gemäß Artikel 9;

e)

unterstützt die Planung und Durchführung der nationalen Grenzüberwachungstätigkeiten;

f)

koordiniert das nationale Grenzüberwachungssystem im Einklang mit dem nationalen Recht;

g)

trägt zur regelmäßigen Messung der Auswirkungen nationaler Grenzüberwachungstätigkeiten für die Zwecke dieser Verordnung bei;

h)

koordiniert unbeschadet der Befugnisse der Agentur und der Mitgliedstaaten die operativen Maßnahmen mit anderen Mitgliedstaaten.

(4)   Das nationale Koordinierungszentrum ist rund um die Uhr und sieben Tage pro Woche in Betrieb.

Artikel 6

Die Agentur

(1)   Die Agentur

a)

errichtet und pflegt das EUROSUR-Kommunikationsnetz gemäß Artikel 7;

b)

erstellt und betreut das europäische Lagebild gemäß Artikel 10;

c)

erstellt und betreut das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs gemäß Artikel 11;

d)

koordiniert die gemeinsame Anwendung von Überwachungsinstrumenten gemäß Artikel 12.

(2)   Für die Zwecke von Absatz 1 ist die Agentur rund um die Uhr und sieben Tage pro Woche in Betrieb.

Artikel 7

Kommunikationsnetz

(1)   Die Agentur errichtet und pflegt ein Kommunikationsnetz, um Kommunikations- und Analyseinstrumente bereitzustellen und den Austausch von nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen und von Verschlusssachen auf sichere Weise und echtzeitnah mit und zwischen den nationalen Koordinierungszentren zu ermöglichen. Das Netz ist rund um die Uhr und sieben Tage pro Woche einsatzfähig und ermöglicht

a)

einen echtzeitnahen bilateralen und multilateralen Informationsaustausch;

b)

Telefon- und Videokonferenzen;

c)

die sichere Verwendung, Speicherung, Übermittlung und Verarbeitung von nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen;

d)

die sichere Verwendung, Speicherung, Übermittlung und Verarbeitung von EU-Verschlusssachen bis zu der Stufe RESTREINT UE/EU RESTRICTED oder den entsprechenden nationalen Sicherheitseinstufungen, wobei sichergestellt wird, dass ein separater, ordnungsgemäß zugelassener Teil des Kommunikationsnetzes für die Verwendung, Speicherung, Übermittlung und Verarbeitung von Verschlusssachen vorgesehen ist.

(2)   Die Agentur leistet technische Unterstützung und stellt sicher, dass das Kommunikationsnetz mit allen anderen einschlägigen von der Agentur verwalteten Kommunikations- und Informationssystemen interoperabel ist.

(3)   Der Austausch, die Verarbeitung und die Speicherung von nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen und von Verschlusssachen im Kommunikationsnetz durch die Agentur erfolgen im Einklang mit Artikel 11d der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004.

(4)   Der Austausch, die Verarbeitung und die Speicherung von nicht als Verschlusssache eingestuften sensiblen Informationen und von Verschlusssachen im Kommunikationsnetz durch die nationalen Koordinierungszentren erfolgen nach Vorschriften und Standards, die mit den in der Geschäftsordnung der Kommission (15) festgelegten gleichwertig sind.

(5)   Die Behörden, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Mitgliedstaaten, die das Kommunikationsnetz nutzen, stellen sicher, dass beim Umgang mit als Verschlusssache eingestuften Informationen Sicherheitsvorschriften und Standards eingehalten werden, die mit den von der Agentur angewandten gleichwertig sind.

KAPITEL II

Lagebewusstsein

Artikel 8

Lagebilder

(1)   Die nationalen Lagebilder, das europäische Lagebild und das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs werden durch Erfassung, Bewertung, Zusammenstellung, Analyse, Auslegung, Erzeugung, Visualisierung und Verbreitung von Informationen erstellt.

(2)   Die in Absatz 1 genannten Bilder umfassen folgende Schichten:

a)

eine Ereignisschicht;

b)

eine Einsatzschicht;

c)

eine Analyseschicht.

Artikel 9

Nationales Lagebild

(1)   Die nationalen Koordinierungszentren erstellen ein nationales Lagebild und aktualisieren es regelmäßig mit dem Ziel, allen Behörden mit Zuständigkeit für die Kontrolle und insbesondere die Überwachung der Außengrenzen auf nationaler Ebene zweckmäßige, sachlich richtige und zeitnahe Informationen zur Verfügung zu stellen.

(2)   Das nationale Lagebild wird aus Informationen folgender Quellen zusammengestellt:

a)

des nationalen Grenzüberwachungssystems nach Maßgabe des nationalen Rechts;

b)

ortsfester und mobiler Sensoren, die von den nationalen Behörden mit Zuständigkeit für die Außengrenzenüberwachung betrieben werden;

c)

von Grenzpatrouillen und sonstigen Beobachtungsmissionen;

d)

lokaler, regionaler und sonstiger Koordinierungszentren;

e)

sonstiger relevanter nationaler Behörden und Systeme, einschließlich Verbindungsbeamten, Einsatzzentren und Kontaktstellen;

f)

der Agentur;

g)

nationaler Koordinierungszentren anderer Mitgliedstaaten;

h)

der Behörden von Drittländern auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte und regionaler Netze nach Artikel 20;

i)

Schiffsmeldesystemen im Einklang mit ihren jeweiligen Rechtsgrundlagen;

j)

sonstiger einschlägiger europäischer und internationaler Organisationen;

k)

sonstiger Quellen.

(3)   Die Ereignisschicht des nationalen Lagebilds umfasst folgende Teilschichten:

a)

eine Teilschicht unbefugte Grenzübertritte, einschließlich Informationen, die dem nationalen Koordinierungszentrum über Vorfälle vorliegen, die sich auf ein Risiko für das Leben von Migranten beziehen;

b)

eine Teilschicht grenzüberschreitende Kriminalität;

c)

eine Teilschicht Krisensituationen;

d)

eine Teilschicht sonstige Ereignisse, die Informationen zu unbekannten und verdächtigen Fahrzeugen, Schiffen und anderen Wasserfahrzeugen sowie Personen an den, entlang der oder in der Nähe der Außengrenzen des betreffenden Mitgliedstaats sowie zu sonstigen Ereignissen enthält, die sich erheblich auf die Kontrolle der Außengrenzen auswirken könnten.

(4)   Das nationale Koordinierungszentrum teilt jedem Vorfall in der Ereignisschicht des nationalen Lagebilds eine einzige indikative Einstufung hinsichtlich seiner Auswirkungen zu, die von gering („low“) und mittel („medium“) bis hoch („high“) geht. Sämtliche Vorfälle sind der Agentur zu melden.

(5)   Die Einsatzschicht des nationalen Lagebilds umfasst folgende Teilschichten:

a)

eine Teilschicht eigene Kräfte, einschließlich der zur Unterstützung von Strafverfolgungsoperationen eingesetzten militärische Kräfte, und Einsatzgebiete, die Informationen zum Standort, zum Status und zur Art der eigenen Kräfte sowie zu den beteiligten Behörden enthält. In Bezug auf die zur Unterstützung von Strafverfolgungsoperationen eingesetzten militärischen Kräfte kann das nationale Koordinierungszentrum auf Ersuchen der für diese Kräfte zuständigen nationalen Behörde beschließen, den Zugang zu diesen Informationen nach dem Grundsatz „Kenntnis nur, wenn nötig“ zu beschränken;

b)

eine Teilschicht Umweltinformationen, die Informationen über das Terrain und die Witterungsbedingungen an den Außengrenzen des betreffenden Mitgliedstaats enthält oder den Zugriff auf solche Informationen ermöglicht.

(6)   Informationen zu den eigenen Kräften in der Einsatzschicht erhalten die Sicherheitseinstufung „RESTREINT UE/EU RESTRICTED“.

(7)   Die Analyseschicht des nationalen Lagebilds umfasst folgende Teilschichten:

a)

eine Teilschicht Information, die wichtige Entwicklungen und Indikatoren enthält, die für die Zwecke dieser Verordnung von Belang sind;

b)

eine Teilschicht Analyse, die Analyseberichte, Risikoeinstufungstrends, regionale Beobachtungen und Informationsvermerke enthält, die für die Zwecke dieser Verordnung von Belang sind;

c)

eine Teilschicht Erkenntnisse, die analysierte Informationen enthält, die für die Zwecke dieser Verordnung und insbesondere für die Einstufung der Auswirkungen auf Abschnitte der Außengrenzen von Belang sind;

d)

eine Teilschicht Bildmaterial und Geodaten, die Bezugsbilder, Hintergrundkarten, Validierungen analysierter Informationen, Änderungsanalysen (Erdbeobachtungsbilder) sowie Veränderungserkennungsdaten, georeferenzierte Daten und Karten enthält, die die Durchlässigkeit der Außengrenzen zeigen.

(8)   Die in der Analyseschicht enthaltenen Informationen und die Umweltinformationen in der Einsatzschicht des nationalen Lagebilds können auf Informationen aus dem europäischen Lagebild und aus dem gemeinsamen Informationsbild des Grenzvorbereichs basieren.

(9)   Die nationalen Koordinierungszentren benachbarter Mitgliedstaaten tauschen direkt und echtzeitnah Informationen aus ihren Lagebildern der benachbarten Außengrenzabschnitte zu folgenden Aspekten untereinander aus:

a)

zu Vorfällen und zu sonstigen wichtigen in der Ereignisschicht enthaltenen Vorkommnissen;

b)

zu den in der Analyseschicht enthaltenen taktischen Risikoanalysen.

(10)   Die nationalen Koordinierungszentren benachbarter Mitgliedstaaten können untereinander direkt und echtzeitnah Informationen aus ihren Lagebildern der benachbarten Außengrenzabschnitte betreffend Standorte, Status und Art der in den benachbarten Außengrenzabschnitten eingesetzten eigenen Kräfte, die in der Einsatzschicht enthalten sind, austauschen.

Artikel 10

Europäisches Lagebild

(1)   Die Agentur erstellt ein europäisches Lagebild und aktualisiert es regelmäßig mit dem Ziel, den nationalen Koordinierungszentren zweckmäßige, sachlich richtige und zeitnahe Informationen und Analysen zur Verfügung zu stellen.

(2)   Das europäische Lagebild wird aus Informationen folgender Quellen zusammengestellt:

a)

nationaler Lagebilder, soweit dies durch diesen Artikel vorgegeben ist;

b)

der Agentur;

c)

der Kommission, die strategische Informationen zur Grenzkontrolle, einschließlich zu Defiziten bei der Durchführung der Kontrolle der Außengrenzen, bereitstellt;

d)

der Delegationen und Büros der Union;

e)

anderer zuständiger Einrichtungen und sonstiger Stellen der Union und internationaler Organisationen nach Artikel 18;

f)

sonstiger Quellen.

(3)   Die Ereignisschicht des europäischen Lagebilds enthält Informationen zu:

a)

Vorfällen und sonstigen in der Ereignisschicht des nationalen Lagebilds enthaltenen Vorkommnissen;

b)

Vorfällen und sonstigen im gemeinsamen Informationsbild des Grenzvorbereichs enthaltenen Vorkommnissen;

c)

Vorfällen im Einsatzgebiet einer von der Agentur koordinierten gemeinsamen Aktion oder eines von ihr koordinierten Pilotprojekts oder Soforteinsatzes.

(4)   Im europäischen Lagebild berücksichtigt die Agentur die Einstufung, die das nationale Koordinierungszentrum im nationalen Lagebild für einen bestimmten Vorfall vorgenommen hat.

(5)   Die Einsatzschicht des europäischen Lagebilds umfasst folgende Teilschichten:

a)

eine Teilschicht eigene Kräfte, die Informationen zum Standort, zum Einsatzzeitpunkt, zum Status und zur Art der an gemeinsamen Aktionen, Pilotprojekten und Soforteinsätzen der Agentur beteiligten oder der Agentur zur Verfügung gestellten Kräfte sowie den Einsatzplan enthält, einschließlich der Angabe des Einsatzgebiets, der Zeitpläne für Patrouillen und der Kommunikationscodes;

b)

eine Teilschicht Einsätze, die Informationen zu von der Agentur koordinierten gemeinsamen Aktionen, Pilotprojekten und Soforteinsätzen enthält, darunter der Auftrag, Standort, Status, die Dauer, Angaben zu den beteiligten Mitgliedstaaten und anderen Teilnehmern, tägliche und wöchentliche Lageberichte, statistische Daten und Informationspakete für die Medien;

c)

eine Teilschicht Umweltinformationen, die Informationen über das Terrain und die Witterungsbedingungen an den Außengrenzen umfasst.

(6)   Informationen zu den eigenen Kräften in der Einsatzschicht des europäischen Lagebilds erhalten die Sicherheitseinstufung „RESTREINT UE/EU RESTRICTED“.

(7)   Die Struktur der Analyseschicht des europäischen Lagebilds entspricht der des in Artikel 9 Absatz 7 genannten nationalen Lagebilds.

Artikel 11

Gemeinsames Informationsbild des Grenzvorbereichs

(1)   Die Agentur erstellt ein gemeinsames Informationsbild des Grenzvorbereichs und aktualisiert es regelmäßig mit dem Ziel, den nationalen Koordinierungszentren zweckmäßige, sachlich richtige und zeitnahe Informationen und Analysen für den Grenzvorbereich zur Verfügung zu stellen.

(2)   Das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs wird aus Informationen folgender Quellen zusammengestellt:

a)

nationaler Koordinierungszentren, einschließlich Informationen und Berichte, die von den Verbindungsbeamten der Mitgliedstaaten über die zuständigen nationalen Behörden bereitgestellt wurden;

b)

der Delegationen und Büros der Union;

c)

der Agentur, einschließlich der von ihren Verbindungsbeamten bereitgestellten Informationen und Berichte;

d)

anderer zuständiger Einrichtungen und sonstiger Stellen der Union und internationaler Organisationen nach Artikel 18;

e)

der Behörden von Drittländern auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte und regionaler Netze nach Artikel 20, wobei die Informationen über die nationalen Koordinierungszentren weitergeleitet werden;

f)

sonstiger Quellen.

(3)   Das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs kann Informationen enthalten, die für die Überwachung der Luftgrenze und Kontrollen an den Außengrenzübergangsstellen von Belang sind.

(4)   Die Struktur der Ereignis-, Einsatz- und Analyseschichten des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs entspricht der des in Artikel 10 genannten europäischen Lagebilds.

(5)   Die Agentur nimmt für jeden Vorfall in der Ereignisschicht des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs eine einzige indikative Einstufung vor. Sie setzt die nationalen Koordinierungszentren von allen Vorfällen im Grenzvorbereich in Kenntnis.

Artikel 12

Gemeinsame Anwendung von Überwachungsinstrumenten

(1)   Die Agentur koordiniert die gemeinsame Anwendung der Überwachungsinstrumente, damit den nationalen Koordinierungszentren und der Agentur regelmäßig und kosteneffizient zuverlässige Informationen über die Überwachung der Außengrenzen und im Grenzvorbereich zur Verfügung stehen.

(2)   Die Agentur stellt einem nationalen Koordinierungszentrum auf dessen Antrag Informationen zu den Außengrenzen des den Antrag stellenden Mitgliedstaats und zum Grenzvorbereich zur Verfügung, die bei folgenden Tätigkeiten erfasst werden können:

a)

selektive Beobachtung ausgewiesener Häfen und Küsten von Drittländern, die Risikoanalysen und Informationen zufolge als Basis für die Einschiffung oder den Transit von Schiffen oder anderen Wasserfahrzeugen dienen, die für die illegale Einwanderung oder grenzüberschreitende Kriminalität benutzt werden;

b)

Verfolgung von Schiffen oder anderen Wasserfahrzeugen auf hoher See, die mutmaßlich oder nachweislich für illegale Einwanderung oder grenzüberschreitende Kriminalität benutzt werden;

c)

Beobachtung bestimmter Seegebiete mit dem Ziel, Schiffe und andere Wasserfahrzeuge aufzuspüren, zu identifizieren und zu verfolgen, wenn diese tatsächlich oder mutmaßlich für illegale Einwanderung oder grenzüberschreitende Kriminalität benutzt werden;

d)

Umweltbewertung für bestimmte Seegebiete und für Gebiete entlang der Landaußengrenze mit dem Ziel, die Beobachtungs- und Patrouillentätigkeiten zu optimieren;

e)

selektive Beobachtung ausgewiesener Grenzvorbereiche an den Außengrenzen, die Risikoanalysen und Informationen zufolge möglicherweise als Abreise- oder Transitbereich für illegale Einwanderung oder grenzüberschreitende Kriminalität benutzt werden.

(3)   Die Agentur stellt die in Absatz 1 genannten Informationen zur Verfügung, indem sie Daten kombiniert und auswertet, die aus folgenden Systemen, Sensoren und Plattformen erhoben werden können:

a)

von Schiffsmeldesystemen im Einklang mit ihren jeweiligen Rechtsgrundlagen;

b)

Satellitenbildern;

c)

Sensoren, die auf Fahrzeugen, Schiffen oder anderen Wasserfahrzeugen montiert sind.

(4)   Die Agentur kann den Antrag eines nationalen Koordinierungszentrums aus technischen, finanziellen oder operativen Gründen ablehnen. Die Agentur teilt dem nationalen Koordinierungszentrum rechtzeitig die Gründe für die Ablehnung des Antrags mit.

(5)   Die Agentur kann auf eigene Initiative die in Absatz 2 genannten Überwachungsinstrumente zur Erfassung von Informationen nutzen, die für das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs von Belang sind.

Artikel 13

Verarbeitung personenbezogener Daten

(1)   Wird das nationale Lagebild zur Verarbeitung personenbezogener Daten verwendet, so werden diese Daten gemäß der Richtlinie 95/46/EG, dem Rahmenbeschluss 2008/977/JI und den einschlägigen nationalen Datenschutzvorschriften verarbeitet.

(2)   Das europäische Lagebild und das gemeinsame Informationsbild des Grenzvorbereichs dürfen nur für die Verarbeitung personenbezogener Daten benutzt werden, die Schiffsidentifizierungsnummern betreffen.

Diese Daten werden gemäß Artikel 11ca der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 verarbeitet. Ihre Verarbeitung erfolgt ausschließlich zur Aufspürung, Identifizierung und Verfolgung von Schiffen sowie für die in Artikel 11c Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 genannten Zwecke. Sie werden innerhalb von sieben Tagen oder, falls mehr Zeit für die Verfolgung eines Schiffes benötigt wird, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der Daten bei der Agentur automatisch gelöscht.

KAPITEL III

Reaktionsfähigkeit

Artikel 14

Abgrenzung der Außengrenzabschnitte

Für die Zwecke dieser Verordnung nimmt jeder Mitgliedstaat eine Unterteilung seiner Land- und Seeaußengrenze in Grenzabschnitte vor; er teilt diese Grenzabschnitte der Agentur mit.

Artikel 15

Einstufung der Außengrenzabschnitte

(1)   Ausgehend von den Risikoanalysen der Agentur stuft die Agentur im Benehmen mit dem betreffenden Mitgliedstaat die einzelnen Abschnitte der Land- und Seeaußengrenzen der Mitgliedstaaten wie folgt ein oder ändert diese Einstufung:

a)

geringes Risiko („low impact level“), wenn die Vorfälle im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung oder grenzüberschreitender Kriminalität am betreffenden Grenzabschnitt unerhebliche Auswirkungen auf die Grenzsicherheit haben;

b)

mittleres Risiko („medium impact level“), wenn die Vorfälle im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung oder grenzüberschreitender Kriminalität am betreffenden Grenzabschnitt moderate Auswirkungen auf die Grenzsicherheit haben;

c)

hohes Risiko („high impact level“), wenn die Vorfälle im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung oder grenzüberschreitender Kriminalität am betreffenden Grenzabschnitt erhebliche Auswirkungen auf die Grenzsicherheit haben.

(2)   Das nationale Koordinierungszentrum prüft regelmäßig unter Berücksichtigung der im nationalen Lagebild enthaltenen Informationen, ob die Einstufung von Grenzabschnitten geändert werden muss.

(3)   Die Agentur visualisiert die Einstufungen der Außengrenzabschnitte im europäischen Lagebild.

Artikel 16

Reaktion entsprechend der Einstufung

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die an den Außengrenzabschnitten durchgeführten Überwachungstätigkeiten der jeweiligen Einstufung wie folgt entsprechen:

a)

Wird einem Außengrenzabschnitt ein geringes Risiko („low impact level“) zugeordnet, so organisieren die nationalen Behörden mit Zuständigkeit für die Außengrenzenüberwachung eine regelmäßige Überwachung auf der Grundlage einer Risikoanalyse und gewährleisten, dass im Grenzgebiet ausreichend Personal und Ressourcen für Verfolgungs-, Identifizierungs- und Abfang- beziehungsweise Aufgriffsmaßnahmen einsatzbereit gehalten werden.

b)

Wird einem Außengrenzabschnitt ein mittleres Risiko („medium impact level“) zugeordnet, so gewährleisten die nationalen Behörden mit Zuständigkeit für die Außengrenzenüberwachung – zusätzlich zu den nach Buchstabe a zu ergreifenden Maßnahmen –, dass an diesem Grenzabschnitt geeignete Überwachungsmaßnahmen ergriffen werden. Wenn solche Überwachungsmaßnahmen ergriffen werden, wird das nationale Koordinierungszentrum hierüber in Kenntnis gesetzt. Das nationale Koordinierungszentrum koordiniert jede gemäß Artikel 5 Absatz 3 geleistete Unterstützung.

c)

Wird einem Außengrenzabschnitt ein hohes Risiko („high impact level“) zugeordnet, so gewährleistet der betreffende Mitgliedstaat – zusätzlich zu den nach Buchstabe b zu ergreifenden Maßnahmen – über das nationale Koordinierungszentrum, dass die an diesem Grenzabschnitt tätigen nationalen Behörden die erforderliche Unterstützung erhalten und dass die Überwachungsmaßnahmen verstärkt werden. Der betreffende Mitgliedstaat kann die Agentur um Unterstützung ersuchen, sofern die Bedingungen für die Einleitung von gemeinsamen Aktionen oder Soforteinsätzen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 vorliegen.

(2)   Das nationale Koordinierungszentrum setzt die Agentur regelmäßig von den auf nationaler Ebene gemäß Absatz 1 Buchstabe c ergriffenen Maßnahmen in Kenntnis.

(3)   Wird einem an einen Grenzabschnitt eines anderen Mitgliedstaats oder eines Landes, mit dem Übereinkünfte oder regionale Netze nach den Artikeln 19 und 20 bestehen, angrenzenden Außengrenzabschnitt ein mittleres oder hohes Risiko („medium impact level“ oder „high impact level“) zugeordnet, so nimmt das nationale Koordinierungszentrum Verbindung zu dem nationalen Koordinierungszentrum des benachbarten Mitgliedstaats oder der zuständigen Behörde des benachbarten Landes auf und bemüht sich um Koordinierung der erforderlichen grenzüberschreitenden Maßnahmen.

(4)   Stellt ein Mitgliedstaat einen Antrag gemäß Absatz 1 Buchstabe c, so kann die Agentur diesen Mitgliedstaat, wenn sie diesem Antrag nachkommt, insbesondere durch Folgendes unterstützen:

a)

eine vorrangige Behandlung hinsichtlich der gemeinsamen Anwendung von Überwachungsinstrumenten;

b)

Koordinierung des Einsatzes von europäischen Grenzschutzteams gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004;

c)

Gewährleistung des Einsatzes von technischer Ausrüstung, die der Agentur gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 zur Verfügung steht;

d)

Koordinierung sonstiger Unterstützungsangebote anderer Mitgliedstaaten.

(5)   Die Agentur evaluiert in ihren Risikoanalysen gemeinsam mit dem betreffenden Mitgliedstaat die Einstufungen und die entsprechenden Maßnahmen auf nationaler Ebene und auf Ebene der Union.

TITEL III

BESONDERE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 17

Übertragung von Aufgaben an andere Behörden in den Mitgliedstaaten

(1)   Die Mitgliedstaaten können regionalen und lokalen Behörden, Behörden mit Zuständigkeit in einem bestimmten Sachbereich oder anderen Behörden, die operative Entscheidungen treffen können, die Verantwortung übertragen, in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich ein angemessenes Lagebewusstsein und Reaktionsfähigkeit zu gewährleisten, darunter die in Artikel 5 Absatz 3 Buchstaben c, e und f genannten Aufgaben und Befugnisse.

(2)   Der Beschluss eines Mitgliedstaats zur Übertragung von Aufgaben nach Absatz 1 darf sich nicht auf die Fähigkeit des nationalen Koordinierungszentrums zur Zusammenarbeit und zum Austausch von Informationen mit anderen nationalen Koordinierungszentren und der Agentur auswirken.

(3)   In auf nationaler Ebene zuvor festgelegten Fällen kann das nationale Koordinierungszentrum eine Behörde im Sinne von Absatz 1 ermächtigen, mit den regionalen Behörden oder dem nationalen Koordinierungszentrum eines anderen Mitgliedstaats oder mit den zuständigen Behörden eines Drittlands zu kommunizieren und Informationen auszutauschen, vorausgesetzt, dass die Behörde ihr eigenes nationales Koordinierungszentrum regelmäßig über diese Kommunikationen und diesen Informationsaustausch informiert.

Artikel 18

Zusammenarbeit der Agentur mit Dritten

(1)   Die Agentur nutzt die in Organen, anderen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und in internationalen Organisationen vorhandenen Informationen, Fähigkeiten und Systeme innerhalb der Grenzen des nach ihrem jeweiligen Rechtsrahmen Zulässigen.

(2)   Die Agentur arbeitet gemäß Absatz 1 insbesondere mit folgenden Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und internationalen Organisationen zusammen:

a)

dem Europäischen Polizeiamt (Europol) zum Austausch von Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität für das europäische Lagebild;

b)

dem Satellitenzentrum der Europäischen Union, der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und der Europäischen Fischereiaufsichtsagentur zur Gewährleistung der gemeinsamen Anwendung von Überwachungsinstrumenten;

c)

der Kommission, dem Europäischen Auswärtigen Dienst und den Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, einschließlich dem Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen, die der Agentur Informationen zur Verfügung stellen können, die zur Aktualisierung des europäischen Lagebilds und des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs von Belang sind;

d)

internationalen Organisationen, die der Agentur Informationen geben können, die zur Aktualisierung des europäischen Lagebilds und des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs von Belang sind.

(3)   Die Agentur kann gemäß Absatz 1 mit dem Operationszentrum für den Kampf gegen den Drogenhandel im Atlantik (MAOC-N) und dem Koordinationszentrum für die Bekämpfung des Drogenhandels im Mittelmeer (Centre de Coordination pour la lutte antidrogue en Méditerranée – CeCLAD-M) zum Austausch von Informationen über grenzüberschreitende Kriminalität für das europäische Lagebild zusammenarbeiten.

(4)   Informationen werden zwischen der Agentur und den in den Absätzen 2 und 3 genannten Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und internationalen Organisationen über das in Artikel 7 genannte Kommunikationsnetz oder andere Kommunikationsnetze, die das Verfügbarkeits-, das Vertraulichkeits- und das Integritätskriterium erfüllen, ausgetauscht.

(5)   Die Zusammenarbeit zwischen der Agentur und den Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und internationalen Organisationen gemäß den Absätzen 2 und 3 wird im Rahmen von Arbeitsvereinbarungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 und der jeweiligen Rechtsgrundlage der betreffenden Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union oder der betreffenden internationalen Organisation geregelt. Darin wird zudem hinsichtlich des Umgangs mit Verschlusssachen festgelegt, dass die betreffende Einrichtung oder sonstige Stelle der Union oder die betreffende internationale Organisation Sicherheitsvorschriften und Standards einzuhalten hat, die den von der Agentur angewandten gleichwertig sind.

(6)   Die in den Absätzen 2 und 3 genannten Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union und internationalen Organisationen nutzen die im Zusammenhang mit EUROSUR erhaltenen Informationen ausschließlich nach Maßgabe ihres Rechtsrahmens und unter Beachtung der Grundrechte, einschließlich der Datenschutzerfordernisse.

Artikel 19

Zusammenarbeit mit Irland und dem Vereinigten Königreich

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung können der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit Irland und dem Vereinigten Königreich auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte zwischen Irland oder dem Vereinigten Königreich und einem oder mehreren benachbarten Mitgliedstaaten oder über regionale Netze, die sich auf diese Übereinkünfte stützen, erfolgen. Die nationalen Koordinierungszentren der Mitgliedstaaten dienen als Kontaktstellen für den Informationsaustausch mit den entsprechenden Behörden Irlands und des Vereinigten Königreichs innerhalb von EUROSUR. Der Abschluss einer solchen Übereinkunft wird der Kommission mitgeteilt.

(2)   Die Übereinkünfte nach Absatz 1 beschränken sich auf den folgenden Austausch von Informationen zwischen dem nationalen Koordinierungszentrum eines Mitgliedstaats und der entsprechenden Behörde Irlands oder des Vereinigten Königreichs:

a)

Informationen, die im nationalen Lagebild eines Mitgliedstaats enthalten sind, soweit sie der Agentur für die Zwecke des europäischen Lagebilds und des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs übermittelt worden sind,

b)

Informationen, die von Irland und dem Vereinigten Königreich zusammengestellt wurden und für die Zwecke des europäischen Lagebilds und des gemeinsamen Informationsbilds des Grenzvorbereichs von Belang sind,

c)

Informationen gemäß Artikel 9 Absatz 9.

(3)   Informationen, die die Agentur oder ein Mitgliedstaat, der keine Partei einer Übereinkunft gemäß Absatz 1 ist, im Rahmen von EUROSUR bereitgestellt hat, werden nicht ohne vorherige Genehmigung der Agentur bzw. dieses Mitgliedstaates an Irland oder das Vereinigte Königreich weitergegeben. Die Verweigerung der Genehmigung, diese Informationen an Irland bzw. das Vereinigte Königreich weiterzugeben, ist für die Mitgliedstaaten und für die Agentur bindend.

(4)   Die Weitergabe oder sonstige Bekanntgabe der nach diesem Artikel ausgetauschten Informationen an Drittländer oder sonstige Dritte ist untersagt.

(5)   Die Vereinbarungen nach Absatz 1 umfassen Vorschriften bezüglich der finanziellen Kosten, die sich aus der Teilnahme Irlands und des Vereinigten Königreichs an der Durchführung dieser Übereinkünfte ergeben.

Artikel 20

Zusammenarbeit mit benachbarten Drittländern

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung können die Mitgliedstaaten mit einem oder mehreren benachbarten Drittländern Informationen austauschen und mit diesen Drittländern zusammenarbeiten. Ein solcher Informationsaustausch und eine solche Zusammenarbeit erfolgt auf der Grundlage bilateraler oder multilateraler Übereinkünfte oder über regionale Netze, die auf der Grundlage dieser Übereinkünfte aufgebaut wurden. Die nationalen Koordinierungszentren der Mitgliedstaaten dienen als Kontaktstellen für den Informationsaustausch mit benachbarten Drittländern.

(2)   Vor dem Abschluss einer Übereinkunft nach Absatz 1 übermitteln die betroffenen Mitgliedstaaten diese Übereinkunft der Kommission; die Kommission überprüft, ob die für EUROSUR relevanten Bestimmungen der Übereinkunft mit dieser Verordnung vereinbar sind. Sobald die Übereinkunft abgeschlossen ist, übermittelt der betroffene Mitgliedstaat diese der Kommission, die das Europäische Parlament, den Rat und die Agentur darüber unterrichtet.

(3)   Die Übereinkünfte, auf die in Absatz 1 Bezug genommen wird, stehen im Einklang mit dem einschlägigen Unions- und Völkerrecht im Bereich Grundrechte und internationaler Schutz, einschließlich der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, insbesondere dem Grundsatz der Nichtzurückweisung.

(4)   Der Austausch personenbezogener Daten mit Drittländern im Rahmen von EUROSUR beschränkt sich auf das für die Zwecke der vorliegenden Verordnung unbedingt erforderliche Maß. Er erfolgt im Einklang mit der Richtlinie 95/46/EG, des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI und der einschlägigen nationalen Datenschutzvorschriften.

(5)   Der Austausch von Informationen gemäß Absatz 1, die einem Drittland Informationen geben, die dazu verwendet werden könnten, Personen oder Gruppen von Personen ausfindig zu machen, deren Antrag auf internationalen Schutz noch geprüft wird oder die ernsthaft gefährdet sind, Opfer von Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe oder einer anderen Verletzung der Grundrechte zu werden, ist untersagt.

(6)   Der Austausch von Informationen gemäß Absatz 1 hält die in bilateralen und multilateralen Übereinkünften mit benachbarten Drittländern festgelegten Bedingungen ein.

(7)   Informationen, die die Agentur oder ein Mitgliedstaat, der keine Partei einer Übereinkunft gemäß Absatz 1 ist, im Rahmen von EUROSUR bereitgestellt hat, werden nicht ohne vorherige Genehmigung der Agentur bzw. dieses Mitgliedstaates an ein Drittland weitergegeben. Die Verweigerung der Genehmigung, diese Informationen an das betreffende Drittland weiterzugeben, ist für die Mitgliedstaaten und für die Agentur bindend.

(8)   Die Weitergabe oder sonstige Bekanntgabe der nach diesem Artikel ausgetauschten Informationen an weitere Drittländer oder sonstige Dritte ist untersagt.

(9)   Der Austausch von Informationen, die durch die gemeinsame Anwendung von Überwachungsinstrumenten erlangt wurden, mit Drittländern unterliegt den Rechtsvorschriften und Regeln für diese Instrumente sowie den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 95/46/EG, der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Rahmenbeschlusses 2008/977/JI.

Artikel 21

Handbuch

(1)   Die Kommission erstellt in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, der Agentur und anderen einschlägigen Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union ein praktisches Handbuch für die Anwendung und Verwaltung von EUROSUR (im Folgenden „Handbuch“). Das Handbuch enthält technische und operative Leitlinien, Empfehlungen und bewährten Verfahren, auch für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Die Kommission nimmt dieses Handbuch in Form einer Empfehlung an.

(2)   Die Kommission kann nach Konsultation mit den Mitgliedstaaten und der Agentur beschließen, Teile des Handbuchs entsprechend den Vorschriften der Geschäftsordnung der Kommission als RESTREINT UE/EU RESTRICTED einzustufen.

Artikel 22

Überwachung und Evaluierung

(1)   Für die Zwecke dieser Verordnung stellen die Agentur und die Mitgliedstaaten sicher, dass Verfahren für die Überwachung des technischen und operativen Funktionierens von EUROSUR unter Berücksichtigung der Ziele eines angemessenen Lagebewusstseins und einer angemessenen Reaktionsfähigkeit an den Außengrenzen und der Einhaltung der Grundrechte einschließlich des Grundsatzes der Nichtzurückweisung vorhanden sind.

(2)   Die Agentur legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Dezember 2015 und danach alle zwei Jahre einen Bericht über das Funktionieren von EUROSUR vor.

(3)   Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 1. Dezember 2016 und danach alle vier Jahre eine Gesamtevaluierung von EUROSUR vor. Diese Evaluierung umfasst eine Bewertung der Ergebnisse anhand der Ziele, eine Bewertung der fortdauernden Gültigkeit der zugrunde liegenden Überlegungen, eine Bewertung der Anwendung dieser Verordnung in den Mitgliedstaaten und durch die Agentur, eine Bewertung der Beachtung der Grundrechte und der Auswirkungen auf die Grundrechte. Es enthält auch eine Kosten-Nutzen-Evaluierung. Gegebenenfalls werden der Evaluierung geeignete Vorschläge für eine Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(4)   Die Mitgliedstaaten stellen der Agentur die für die Berichterstattung nach Absatz 2 erforderlichen Informationen zur Verfügung.

Die Agentur stellt der Kommission die für die in Absatz 3 genannte Evaluierung erforderlichen Informationen zur Verfügung.

Artikel 23

Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004

Die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 wird wie folgt geändert:

(1)

Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe i erhält folgende Fassung:

„i)

Bereitstellung der erforderlichen Unterstützung für die Entwicklung und den Betrieb eines europäischen Grenzüberwachungssystems und gegebenenfalls für die Entwicklung eines gemeinsamen Raums für den Austausch von Informationen, einschließlich für die Interoperabilität der Systeme, insbesondere durch Einrichtung, Betreuung und Koordinierung des EUROSUR-Rahmens im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (16)

(2)

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 11ca

Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen von EUROSUR

Die Agentur kann personenbezogene Daten gemäß Artikel 13 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 verarbeiten, der im Einklang mit den in Artikel 11a der vorliegenden Verordnung genannten Maßnahmen angewandt wird. Bei der Verarbeitung solcher Daten werden insbesondere die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit eingehalten; die Weitergabe oder sonstige Bekanntgabe der von der Agentur verarbeiteten personenbezogenen Daten an Drittländer ist untersagt.“

Artikel 24

Inkrafttreten und Geltungsbeginn

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Diese Verordnung gilt ab dem 2. Dezember 2013.

(3)   Bulgarien, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Spanien, Ungarn und Zypern richten ab dem 2. Dezember 2013 ein nationales Koordinierungszentrum gemäß Artikel 5 ein.

Die übrigen Mitgliedstaaten richten ab dem 1. Dezember 2014 ein nationales Koordinierungszentrum gemäß Artikel 5 ein.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 22. Oktober 2013.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

V. LEŠKEVIČIUS


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 10. Oktober 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 22. Oktober 2013.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(3)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).

(4)  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).

(5)  Rahmenbeschluss 2008/977/JI des Rates vom 27. November 2008 über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (ABl. L 350 vom 30.12.2008, S. 60).

(6)  Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43).

(7)  Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20).

(8)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(9)  Beschluss 1999/437/EG des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen- Besitzstands (ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31).

(10)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(11)  Beschluss 2008/146/EG des Rates vom 28. Januar 2008 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1).

(12)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(13)  Beschluss 2011/350/EU des Rates vom 7. März 2011 über den Abschluss — im Namen der Europäischen Union — des Protokolls zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zum Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands in Bezug auf die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen und den freien Personenverkehr (ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19).

(14)  Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1).

(15)  ABl. L 308 vom 8.12.2000, S. 26.

(16)  Verordnung (EU) Nr. 1052/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zur Einrichtung eines Europäischen Grenzüberwachungssystems (EUROSUR) (ABl L 295 vom 6.11.2013, S. 11).“


ANHANG

Die Komponenten des EUROSUR-Rahmens werden unter Berücksichtigung der nachstehenden Grundsätze eingerichtet, betrieben und betreut:

a)

Grundsatz der Interessengemeinschaften: Die nationalen Koordinierungszentren und die Agentur bilden Interessengemeinschaften für den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit im Rahmen von EUROSUR. Einzelne nationale Koordinierungszentren und die Agentur schließen sich zu Interessengemeinschaften zusammen, um in Bezug auf gemeinsame Ziele, Erfordernisse und Interessen Informationen auszutauschen.

b)

Grundsätze des kohärenten Managements und der Nutzung vorhandener Strukturen: Die Agentur gewährleistet die Kohärenz zwischen den verschiedenen Komponenten des EUROSUR-Rahmens; unter anderem berät und unterstützt sie die nationalen Koordinierungszentren und fördert die Interoperabilität von Informationen und Technologien. Soweit möglich werden im EUROSUR-Rahmen die vorhandenen Systeme und Fähigkeiten genutzt, um die Verwendung des Gesamthaushaltsplans der Union zu optimieren und Doppelarbeit zu vermeiden. EUROSUR wird in vollem Einklang mit CISE errichtet und trägt somit zu einem koordinierten und kosteneffizienten Ansatz für einen bereichsübergreifenden Informationsaustausch in der Union bei, der dem System zugleich auch zugute kommt.

c)

Grundsätze des Informationsaustauschs und der Informationssicherung: Die im Rahmen von EUROSUR bereitgestellten Informationen stehen allen nationalen Koordinierungszentren und der Agentur zur Verfügung, sofern nicht besondere Beschränkungen festgelegt oder vereinbart wurden. Die nationalen Koordinierungszentren gewährleisten die Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität der auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene auszutauschenden Informationen. Die Agentur gewährleistet die Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Integrität der auf europäischer und internationaler Ebene auszutauschenden Informationen.

d)

Grundsätze der Dienstleistungsorientiertheit und der Standardisierung: Die verschiedenen Fähigkeiten von EUROSUR werden nach einem dienstleistungsorientierten Ansatz umgesetzt. Die Agentur stellt sicher, dass sich der EUROSUR-Rahmen soweit möglich auf international vereinbarte Normen stützt.

e)

Grundsatz der Flexibilität: Organisation, Information und Technologie ermöglichen es den an EUROSUR Beteiligten, auf sich ändernde Lagen flexibel und strukturiert zu reagieren.


Erklärung des Rates

EUROSUR wird zu einem besseren Schutz und zur Rettung der Leben von Migranten beitragen. Der Rat weist darauf hin, dass Suche und Rettung auf See eine Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ist, die sie im Rahmen internationaler Übereinkommen ausüben.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

VERORDNUNGEN

6.11.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 295/27


VERORDNUNG (EU) Nr. 1053/2013 DES RATES

vom 7. Oktober 2013

zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands und zur Aufhebung des Beschlusses des Exekutivausschusses vom 16. September 1998 bezüglich der Errichtung des Ständigen Ausschusses Schengener Durchführungsübereinkommen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 70,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Schengen-Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen setzt die wirksame und effiziente Anwendung von Begleitmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten in den Bereichen Außengrenzen, Visumpolitik, Schengener Informationssystem, Datenschutz, polizeiliche Zusammenarbeit, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Drogenbekämpfung voraus.

(2)

Mit dem Beschluss SCH/Com-ex (98) 26 def des Exekutivausschusses vom 16. September 1998 (2) (im Folgenden „Beschluss vom 16. September 1998“) wurde ein Ständiger Schengener Bewertungs- und Anwendungsausschuss eingerichtet. Der Ständige Ausschuss wurde zum einen damit beauftragt festzustellen, ob alle Voraussetzungen für die Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen mit einem Beitrittsland erfüllt sind, und zum anderen sicherzustellen, dass der Schengen-Besitzstand in den Staaten, die diesen bereits vollständig anwenden, ordnungsgemäß angewandt wird.

(3)

Ein eigener Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus zur Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands ist notwendig, da bei der praktischen Anwendung des Schengen-Besitzstands hohe einheitliche Standards angelegt werden müssen und es gilt, ein hohes Maß an gegenseitigem Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten, die dem Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen angehören, zu gewährleisten. Ein solcher Mechanismus sollte sich auf eine enge Zusammenarbeit zwischen der Kommission und diesen Mitgliedstaaten stützen.

(4)

Im Haager Programm (3) wurde die Kommission aufgefordert, nach der vollständigen Abschaffung der Kontrollen an den Binnengrenzen einen Vorschlag mit dem Ziel vorzulegen, den bestehenden Schengen-Evaluierungsmechanismus durch einen Überwachungsmechanismus zu ergänzen, bei dem die umfassende Einbeziehung von Sachverständigen der Mitgliedstaaten gewährleistet ist und unangekündigte Inspektionen durchgeführt werden können.

(5)

Im Stockholmer Programm (4) wird die Auffassung vertreten, dass die Bewertung des Schengen-Raums weiterhin von zentraler Bedeutung sein wird und deshalb durch eine Stärkung der Rolle der durch die Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates (5) errichteten Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (im Folgenden „Frontex“) auf diesem Gebiet verbessert werden sollte.

(6)

Der mit dem Beschluss vom 16. September 1998 eingeführte Evaluierungsmechanismus sollte daher überarbeitet und der Beschluss vom 16. September 1998 aufgehoben werden.

(7)

Bei den vorangegangenen Evaluierungen hat sich gezeigt, dass ein kohärenter Evaluierungsmechanismus erforderlich ist, der alle Bereiche des Schengen-Besitzstands mit Ausnahme derjenigen abdeckt, für die das Unionsrecht bereits einen spezifischen Evaluierungsmechanismus vorsieht.

(8)

Nach Artikel 70 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollten die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unparteiische Bewertung der Durchführung der Unionspolitik im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vornehmen. Um wirksam zu sein, sollte ein ordnungsgemäßer Evaluierungsprozess auch eine angemessene Nachverfolgung und Überwachung der Evaluierungsberichte beinhalten, die von der Kommission vorgenommen werden sollte.

(9)

Zudem sollte die Effizienz des Evaluierungsmechanismus dadurch erhöht werden, dass einheitliche Bedingungen für die Durchführung dieser Verordnung gewährleistet werden. Hierzu sollten einige Durchführungsbefugnisse der Kommission und andere dem Rat übertragen werden.

(10)

Die Befugnisse zur Vorbereitung und Planung der Evaluierungen und zur Annahme des Evaluierungsberichts sollten der Kommission übertragen werden. Einige dieser Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (6), ausgeübt werden. Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer iii jener Verordnung ist das Prüfverfahren für den Erlass solcher Rechtsakte anwendbar.

(11)

Um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zu festigen, eine bessere Koordination auf Unionsebene sicherzustellen und den gegenseitigen Druck unter den Mitgliedstaaten zu verstärken, sollte dem Rat die Durchführungsbefugnis zur Annahme der Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen übertragen werden, die auf die Beseitigung der Mängel abzielen, die in den Evaluierungsberichten benannt werden. Diese Durchführungsbefugnis spiegelt die besonderen Befugnisse wider, die dem Rat Artikel 70 AEUV im Bereich der gegenseitigen Bewertung der Durchführung der Unionspolitik im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts übertragen wurden. Sie spiegelt auf angemessene Weise den Zweck eines auf diese lex specialis gestützten Evaluierungsmechanismus wider, dem in diesem besonderen Bereich — und parallel zu der allgemeinen Befugnis der Kommission, die Anwendung des Unionsrechts unter der Kontrolle des Gerichtshofs der Europäischen Union durch Vertragsverletzungsverfahren zu überwachen — die ergänzende Funktion der Überwachung der Wirksamkeit der praktischen Durchführung der Unionspolitik im Wege gegenseitiger Begutachtungen zukommt.

Darüber hinaus trägt eine solche dem Rat übertragene Durchführungsbefugnis dazu bei, dem vom Europäischen Rat in dessen Schlussfolgerungen vom 23. und 24. Juni 2011 geäußerten Wunsch zur Wirkung zu verhelfen, wonach die Zusammenarbeit im Schengen-Raum gestärkt werden muss, damit das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten gefördert wird, die dafür verantwortlich sind, dass sämtliche Schengen-Vorschriften gemäß den vereinbarten gemeinsamen Standards sowie im Einklang mit grundlegenden Prinzipien und Normen effektiv angewandt werden. Eine derartige Durchführungsbefugnis trägt entsprechend den Schlussfolgerungen des Rates vom 8. März 2012 auch zu einer besseren Steuerung des Schengen-Raums durch die politische Diskussion auf Ministerebene über das einwandfreie Funktionieren des Schengen-Raums bei, einschließlich in Fällen, in denen nach den Evaluierungsberichten schwerwiegende Mängel aufgetreten sind. Diese Diskussion im Gemischten Ausschuss, in dem die Mitgliedstaaten der EU und die assoziierten Schengen-Länder vertreten sind, sollte geführt werden, um den Rat im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Fassung von Beschlüssen zu unterstützen, um ein effizientes Funktionieren des Schengen-Raums sicherstellen. Schließlich wird mit der Übertragung einer solchen Durchführungsbefugnis an den Rat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die Empfehlungen politisch heikel sein können und oftmals nationale Exekutiv- und Vollstreckungsbefugnisse berühren.

(12)

Der Evaluierungsmechanismus sollte transparente, effiziente und klare Regeln für die Evaluierungsmethode, die Teilnahme hochqualifizierter Sachverständiger an Ortsbesichtigungen und die Maßnahmen enthalten, die auf die Ergebnisse der Evaluierungen hin zu treffen sind. Insbesondere im Hinblick auf Grenzkontrollen und Visa sollte die Methode beinhalten, dass ergänzend zu den angekündigten Ortsbesichtigungen unangekündigte Ortsbesichtigungen durchgeführt werden.

(13)

Der Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus sollte alle Aspekte des Schengen-Besitzstands einschließen. Was die Grenzen betrifft, so sollte der Mechanismus bei der Evaluierung und Überwachung sowohl die Effizienz der Grenzkontrollen an den Außengrenzen als auch das Fehlen von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen erfassen.

(14)

Bei der Evaluierung und Überwachung sollte ein besonderes Augenmerk auf die Achtung der Grundrechte bei der Anwendung des Schengen-Besitzstands gelegt werden.

(15)

Durch die Evaluierung sollte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die Schengen-Bestimmungen unter Zugrundelegung grundlegender Prinzipien und Normen effektiv anwenden. Daher sollten sämtliche einschlägigen Rechtsvorschriften und Vorgehensweisen, auf die sich der Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen stützt, in den Evaluierungsmechanismus einbezogen werden.

(16)

Zur Stärkung der Wirksamkeit und Zuverlässigkeit des Evaluierungsmechanismus sollte das einwandfreie Funktionieren der Behörden, die die einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands anwenden, bei allen Evaluierungen berücksichtigt werden. Dadurch kann der Evaluierungsmechanismus die effektive Anwendung der Schengen-Vorschriften durch die Mitgliedstaaten im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien und Normen, wie sie der Europäische Rat am 23. und 24. Juni 2011 gefordert hatte, besser garantieren. Er wird der in den Schlussfolgerungen 1. und 2. März 2012 ausgedrückten Forderung des Europäischen Rates genügen, dass der Evaluierungsmechanismus die erforderliche Arbeitsweise der an der Anwendung des Schengen-Besitzstands beteiligten Institutionen berücksichtigen muss.

(17)

Frontex sollte die Anwendung des Evaluierungsmechanismus vor allem im Bereich der die Außengrenzen betreffenden Risikoanalysen unterstützen. Ferner sollte sich der Evaluierungsmechanismus auf die Sachkenntnis im Rahmen der Unterstützung durch Frontex stützen können, wenn es um die Durchführung von Ad-hoc-Ortsbesichtigungen an den Außengrenzen geht.

(18)

Andere Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union wie das durch den Beschluss 2009/371/JI des Rates (7) errichtete Europäische Polizeiamt (Europol) und das durch den Beschluss 2002/187/JI des Rates (8) errichtete Eurojust sollten, wenn dies sachdienlich ist, die Durchführung des Evaluierungsmechanismus in den Bereichen unterstützen, die von ihrem Mandat erfasst werden. Darüber hinaus sollte sich der Evaluierungsmechanismus gegebenenfalls auf die Sachkompetenz von Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union stützen können, wenn Ortsbesichtigungen betreffend Bereiche des Schengen-Besitzstands durchgeführt werden, die von ihrem Mandat gedeckt werden. So empfiehlt sich beispielsweise die Nutzung der Sachkompetenz des Europäischen Datenschutzbeauftragten im Bereich datenschutzbezogener Evaluierungen, in die auch nationale Datenschutzbehörden einbezogen werden können.

(19)

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten sicherstellen, dass die zu den Ortsbesichtigungen entsandten Sachverständigen die notwendige Erfahrung haben und geschult wurden, auch in Bezug auf die Grundrechte. Die betreffenden Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union wie z. B. Frontex sollten geeignete Schulungen durchführen, und die Mitgliedstaaten sollten aus vorhandenen und künftig zu schaffenden Finanzierungsinstrumenten der Union Mittel für Schulungen im Bereich der Evaluierung des Schengen-Besitzstands erhalten.

(20)

In Anbetracht der besonderen Rolle, die dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten nach Artikel 70 letzter Satz AEUV zukommt und die in Artikel 12 Buchstabe c EUV in Bezug auf die nationalen Parlamente betont wird, muss vorgeschrieben werden, dass der Rat und die Kommission das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente umfassend über den Inhalt und die Ergebnisse der Evaluierung unterrichten. Zudem würde der Rat, falls die Kommission einen Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung vorlegen sollte, gemäß Artikel 19 Absatz 7 Buchstabe h seiner Geschäftsordnung das Europäische Parlament anhören, um dessen Stellungnahme vor Annahme des endgültigen Texts möglichst umfassend zu berücksichtigen.

(21)

Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für dieses Land weder bindend noch ihm gegenüber anwendbar ist. Da mit dieser Verordnung der Schengen-Besitzstand weiterentwickelt wird, beschließt Dänemark gemäß Artikel 4 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten, nachdem der Rat diese Verordnung beschlossen hat, ob es sie in einzelstaatliches Recht umsetzt.

(22)

Das Vereinigte Königreich beteiligt sich an dieser Verordnung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 19 über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand sowie Artikel 8 Absatz 2 des Beschlusses 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (9).

(23)

Irland beteiligt sich an dieser Verordnung im Einklang mit Artikel 5 Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 19 über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstand sowie Artikel 6 Absatz 2 des Beschlusses 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (10).

(24)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat, der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (11) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu dem Übereinkommen (12) genannten Bereich gehören.

(25)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (13) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2008/146/EG des Rates (14) genannten Bereich gehören.

(26)

Für Liechtenstein stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Protokoll zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über den Beitritt des Fürstentums Liechtenstein zu dem Abkommen zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (15) dar, die zu dem in Artikel 1 des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 3 des Beschlusses 2011/350/EU des Rates (16) genannten Bereich gehören.

(27)

Da die Bewertung Zyperns im Rahmen des Beschlusses vom 16. September 1998 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits begonnen hat, wird diese Verordnung für Zypern erst ab dem 1. Januar 2016 gelten.

(28)

Da die Überprüfung nach Maßgabe der geltenden Schengen-Bewertungsverfahren betreffend Bulgarien und Rumänien bereits gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 abgeschlossen ist, wird die Überprüfung gemäß Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung für diese Mitgliedstaaten nicht durchgeführt.

(29)

Gleichwohl sollten sich Sachverständige aus Bulgarien, Rumänien, Zypern und Kroatien an der Bewertung aller Teile des Schengen-Besitzstands beteiligen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Zweck und Geltungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus eingeführt, der den folgenden Zwecken dient:

a)

Die Anwendung des Schengen-Besitzstands in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen dieser Besitzstand vollständig angewandt wird, und in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen der Schengen-Besitzstand gemäß den Protokollen zum EUV und zum AEUV teilweise angewandt wird, wird überprüft.

b)

Es wird überprüft, ob die erforderlichen Voraussetzungen für die Anwendung aller einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands in denjenigen Mitgliedstaaten erfüllt sind, zu denen noch kein Beschluss des Rates zur vollständigen oder teilweisen Anwendung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands erlassen wurde; ausgenommen sind die Mitgliedstaaten, deren Evaluierung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits abgeschlossen ist.

(2)   Die Überprüfung gemäß Nummer Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels lässt Artikel 23 Absatz 2 in Bezug auf Mitgliedstaaten, in denen die Evaluierungsverfahren am 26. November 2013 bereits begonnen hatten, unberührt.

(3)   Sachverständige aus denjenigen Mitgliedstaaten, die gemäß der jeweiligen Beitrittsakte den Schengen-Besitzstand noch nicht vollständig anwenden, beteiligen sich jedoch an der Evaluierung aller Teile des Schengen-Besitzstands.

Artikel 2

Begriffsbestimmung

Für die Zwecke dieser Verordnung bedeutet „Schengen-Besitzstand“ die Bestimmungen, die durch das dem EUV und dem AEUV beigefügte Protokoll Nr. 19 in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen sind, sowie die darauf aufbauenden oder sonst damit zusammenhängenden Rechtsakte.

Artikel 3

Zuständigkeiten

(1)   Den Mitgliedstaaten und der Kommission obliegt es gemeinsam, mit Unterstützung der Einrichtungen und Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, den Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus gemäß dieser Verordnung umzusetzen.

(2)   Die Kommission nimmt eine allgemeine Koordinierungsfunktion in Bezug auf die Erstellung der jährlichen und mehrjährigen Programme, der Fragebögen und der Zeitpläne für die Besichtigungen, die Durchführung der Besichtigungen und die Abfassung der Evaluierungsberichte und der Empfehlungen wahr. Sie sorgt ferner für die Folgemaßnahmen zu den Evaluierungsberichten und Empfehlungen und deren Überwachung gemäß Artikel 16.

(3)   Die Mitgliedstaaten und die Kommission arbeiten in allen Phasen der Evaluierungen uneingeschränkt zusammen, um die ihnen durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben zu erfüllen.

Artikel 4

Evaluierungen

(1)   Die Evaluierungen können sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands einschließlich der wirksamen und effizienten Anwendung von Begleitmaßnahmen durch die Mitgliedstaaten in den Bereichen Außengrenzen, Visumpolitik, Schengener Informationssystem, Datenschutz, polizeiliche Zusammenarbeit, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Binnengrenzen ohne Kontrollen erstrecken. Bei allen Evaluierungen sollte das Funktionieren der Behörden, die die in diesem Absatz genannten einschlägigen Teile des Schengen-Besitzstands anwenden, berücksichtigt werden.

(2)   Die Evaluierungen können mit Hilfe von Fragebögen oder durch Ortsbesichtigungen, die angekündigt oder unangekündigt erfolgen können, vorgenommen werden. Vor einer angekündigten Ortsbesichtigung wird ein Fragebogen vorgelegt. Bei der Evaluierung bestimmter Mitgliedstaaten und/oder Bereiche können Ortsbesichtigungen und die Evaluierung anhand von Fragebögen gegebenenfalls unabhängig voneinander oder miteinander kombiniert durchgeführt werden.

(3)   Sowohl Ortsbesichtigungen als auch die Evaluierungen anhand von Fragebögen kann der evaluierte Mitgliedstaat durch weitere Erläuterungen zu dem evaluierten Bereich ergänzen.

Artikel 5

Mehrjähriges Evaluierungsprogramm

(1)   Die Kommission erarbeitet — gegebenenfalls nach Konsultierung von Frontex und Europol — ein mehrjähriges Evaluierungsprogramm mit einer Laufzeit von fünf Jahren, das spätestens sechs Monate vor Beginn des folgenden Fünfjahreszeitraums fertiggestellt sein muss. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen. Die Kommission übermittelt das mehrjährige Evaluierungsprogramm dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(2)   Jeder Mitgliedstaat wird in jedem Fünfjahreszeitraum, für den jeweils ein mehrjähriges Evaluierungsprogramm gilt, evaluiert. Im mehrjährigen Evaluierungsprogramm wird die Reihenfolge der in jedem Jahr zu evaluierenden Mitgliedstaaten aufgeführt. Bei der Reihenfolge, in der die Mitgliedstaaten evaluiert werden, werden der Zeitraum seit der letzten Evaluierung und die Häufigkeit der Evaluierung der einzelnen Teile des Schengen-Besitzstands berücksichtigt.

(3)   Das mehrjährige Evaluierungsprogramm kann bei Bedarf gemäß dem Verfahren, auf das in Absatz 1 Bezug genommen wird, angepasst werden.

(4)   Das mehrjährige Evaluierungsprogramm kann eine Bezugnahme auf thematische Evaluierungen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b enthalten.

(5)   Das erste mehrjährige Evaluierungsprogramm wird bis 27. Mai 2014 fertiggestellt. Das Programm beginnt am 27. November 2014 und endet am 31. Dezember 2019.

Artikel 6

Jährliches Evaluierungsprogramm

(1)   Die Kommission erstellt ein jährliches Evaluierungsprogramm bis zum 31. Oktober des Jahres, das dem Jahr vorausgeht, auf das sich das Programm bezieht; dabei trägt sie insbesondere der von Frontex gemäß Artikel 7 erstellten Risikoanalyse und gegebenenfalls den von Europol oder anderen Einrichtungen und Stellen der Union insbesondere gemäß Artikel 8 bereitgestellten Informationen Rechnung.

Das jährliche Evaluierungsprogramm enthält Vorschläge für die Evaluierung folgender Aspekte:

a)

Anwendung des Schengen-Besitzstands oder von Teilen davon in einem Mitgliedstaat entsprechend den Vorgaben des mehrjährigen Evaluierungsprogramms und

b)

gegebenenfalls Anwendung bestimmter Teile des Schengen-Besitzstands in mehreren Mitgliedstaaten (thematische Evaluierung).

(2)   Die Kommission erstellt im Wege von Durchführungsrechtsakten den ersten Teil des jährlichen Evaluierungsprogramms, das einen vorläufigen Zeitplan der Ortsbesichtigungen enthält. In diesem Teil werden die Mitgliedstaaten aufgeführt, die im folgenden Jahr gemäß dem mehrjährigen Evaluierungsprogramm Gegenstand einer Evaluierung sein sollen, die zu evaluierenden Gebiete und die Ortsbesichtigungen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen. Die Kommission übermittelt das mehrjährige Evaluierungsprogramm dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(3)   Der zweite Teil des jährlichen Evaluierungsprogramms wird von der Kommission erstellt und angenommen. Der zweite Teil enthält eine Liste der unangekündigten Ortsbesichtigungen des folgenden Jahres. Er wird vertraulich behandelt und nicht weitergeleitet.

(4)   Das jährliche Evaluierungsprogramm kann bei Bedarf gemäß den Absätzen 2 und 3 angepasst werden.

(5)   Das erste mehrjährige Evaluierungsprogramm wird bis zum 27. Mai 2014 fertiggestellt. Das Programm beginnt am 27. November 2014 und endet am 31. Dezember 2014.

Artikel 7

Risikoanalyse von Frontex

(1)   Bis zum 31. August eines jeden Jahres unterbreitet Frontex der Kommission und den Mitgliedstaaten eine Risikoanalyse gemäß ihrem Mandat. Diese Risikoanalyse, berücksichtigt unter anderem die illegale Einwanderung und erhebliche Veränderungen der operativen Gegebenheiten an den Außengrenzen und enthält Empfehlungen für vorrangige Evaluierungen im folgenden Jahr. In den Empfehlungen werden die Abschnitte an den Außengrenzen und die Grenzübergangsstellen genannt, die im folgenden Jahr im Rahmen des mehrjährigen Evaluierungsprogramms evaluiert werden sollen. Die Kommission leitet die Risikoanalyse unverzüglich dem Europäischen Parlament und dem Rat zu.

(2)   Bis zum 31. August eines jeden Jahres unterbreitet Frontex der Kommission zudem eine gesonderte Risikoanalyse, die von der in Absatz 1 genannten Risikoanalyse verschieden ist und die Empfehlungen für vorrangige Evaluierungen im darauffolgenden Jahr in Form unangekündigter Ortsbesichtigungen enthält, und zwar unabhängig von der Reihenfolge, in der die Mitgliedstaaten in jedem Jahr gemäß dem Mehrjahresprogramm nach Artikel 5 Absatz 2 zu evaluieren sind. Die Empfehlungen können sich auf eine beliebige Region oder ein beliebiges Gebiet beziehen, müssen jedoch eine Liste von mindestens zehn bestimmten Abschnitten der Außengrenzen und mindestens zehn bestimmten Grenzübergangsstellen enthalten. Die Kommission kann Frontex jederzeit auffordern, eine Risikoanalyse mit Empfehlungen für Evaluierungen in Form unangekündigter Ortsbesichtigungen vorzulegen.

(3)   Die in den Absätzen 1 und 2 genannte, von Frontex zu erstellende Risikoanalyse wird der Kommission erstmals bis spätestens 27. Februar 2014 vorgelegt.

Artikel 8

Risikoanalysen anderer Einrichtungen und sonstiger Stellen der Union

Die Kommission ersucht gegebenenfalls andere Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, um Risikoanalysen, einschließlich Risikoanalysen betreffend Korruption und organisierte Kriminalität, insoweit diese Korruption und organisierte Kriminalität die Anwendung des Schengen-Besitzstands durch die Mitgliedstaaten untergraben könnte. Diese Analysen können für die Ausarbeitung der jährlichen Evaluierungsprogramme verwendet werden.

Artikel 9

Fragebogen

(1)   Die Kommission erstellt und aktualisiert im Wege von Durchführungsrechtsakten einen Standard-Fragebogen in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten. Frontex und Europol können zum Entwurf des Standard-Fragebogens gehört werden. Der Standard-Fragebogen deckt die einschlägigen Rechtsvorschriften, gemeinsam vereinbarten Empfehlungen und bewährten Vorgehensweisen ab, insbesondere wie sie in den Schengen-Katalogen aufgeführt sind, sowie die organisatorischen Vorkehrungen und technischen Mittel für die Anwendung des Schengen-Besitzstands und die vorhandenen nach Evaluierungsbereichen aufgeschlüsselten statistischen Daten. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem Prüfverfahren nach Artikel 21 Absatz 2 erlassen.

(2)   Bis zum 1. Juli eines jeden Jahres übermittelt die Kommission den Standard-Fragebogen den im darauffolgenden Jahr zu evaluierenden Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die Antworten auf den Fragebogen spätestens acht Wochen nach Erhalt des Fragebogens. Die Kommission stellt die Antworten den anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung und unterrichtet das Europäische Parlament über die Antworten. Wird dies vom Europäischen Parlament, insbesondere aufgrund der Ernsthaftigkeit der Problematik, beantragt, so informiert die Kommission im Einzelfall und im Einklang mit den geltenden Vorschriften über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission das Europäische Parlament auch über den Inhalt einer bestimmten Antwort.

Artikel 10

Ortsbesichtigungsteams

(1)   Die für die Ortsbesichtigungen zuständigen Teams (im Folgenden „Ortsbesichtigungsteams“) setzen sich aus von den Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen und Vertretern der Kommission zusammen.

(2)   Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, Sachverständige zu benennen, die für die Teilnahme an den jeweiligen Ortsbesichtigungen zur Verfügung stehen, und deren Fachgebiet anzugeben.

Bei angekündigten Ortsbesichtigungen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten spätestens drei Monate vor der anberaumten Ortsbesichtigung auf, Sachverständige zu benennen. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige.

Bei unangekündigten Ortsbesichtigungen fordert die Kommission die Mitgliedstaaten spätestens zwei Wochen vor der anberaumten Ortsbesichtigung auf, Sachverständige zu benennen. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von 72 Stunden nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige.

(3)   Die Zahl der an Ortsbesichtigungen teilnehmenden Vertreter der Kommission darf zwei Personen nicht überschreiten. Die Zahl der an Ortsbesichtigungen teilnehmenden Sachverständigen der Mitgliedstaaten darf acht Personen bei angekündigten und sechs Personen bei unangekündigten Ortsbesichtigungen nicht überschreiten.

Überschreitet die Zahl der von den Mitgliedstaaten benannten Sachverständige die in Absatz 1 festgelegte Höchstzahl, so ernennt die Kommission nach Rücksprache mit den betreffenden Mitgliedstaaten die Mitglieder des Teams auf der Grundlage einer in geografischer Hinsicht ausgewogenen Zusammensetzung und der Fachkompetenzen der Sachverständigen.

(4)   Die Sachverständigen der Mitgliedstaaten dürfen nicht an einer Evaluierungsmission teilnehmen, die eine Ortsbesichtigung in dem Mitgliedstaat einschließt, in dem sie angestellt sind.

(5)   Die Kommission kann Frontex, Europol oder andere Einrichtungen und sonstige Stellen der Union, die an der Durchführung des Schengen-Besitzstands beteiligt sind, auffordern, einen Vertreter als Beobachter bei einer Ortsbesichtigung zu benennen, die ein durch ihr Mandat gedecktes Gebiet betrifft.

(6)   Die führenden Sachverständigen eines Ortsbesichtigungsteams sind ein Vertreter der Kommission und ein Sachverständiger aus einem Mitgliedstaat, die von den Mitgliedern des Teams so bald wie möglich nach der Einsetzung des Teams einvernehmlich benannt werden. Die führenden Sachverständigen werden rechtzeitig benannt, bevor das detaillierte Programm nach Artikel 13 Absatz 2 festgelegt wird.

Artikel 11

Teams für Evaluierungen anhand eines Fragebogens

(1)   Wird ein Fragebogen einzeln verwendet, d. h. ohne dass auf den Fragebogen eine Ortsbesichtigung gemäß Artikel 4 Absatz 2 folgt, so setzt sich das Team für die Bewertung der Antworten auf den Fragebogen (im Folgenden „Fragebogenteam“) aus Sachverständigen der Mitgliedstaaten und Vertretern der Kommission zusammen.

(2)   Wenn die Kommission den Fragebogen an den zu evaluierenden Mitgliedstaat übermittelt, fordert sie die Mitgliedstaaten auf, Sachverständige zu benennen, die für die Teilnahme an der Evaluierung zur Verfügung stehen, und deren Fachgebiet anzugeben. Die Mitgliedstaaten benennen innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt dieser Aufforderung Sachverständige. Die Benennung der Sachverständigen erfolgt gemäß den Verfahren nach Artikel 10 Absätze 3 und 4.

Artikel 12

Sachverständige

Die an den Evaluierungen teilnehmenden Sachverständigen müssen eine entsprechende Eignung aufweisen, d. h. über solide theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen in den für die Evaluierung relevanten Bereichen verfügen, mit den Grundsätzen, Verfahren und Methoden der Evaluierung vertraut sein und in der Lage sein, sich in einer gemeinsamen Sprache zu verständigen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission stellen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sicher, dass die Sachverständigen hierfür geeignete Fortbildungsmaßnahmen erhalten, auch in Bezug auf die Achtung der Grundrechte.

Artikel 13

Durchführung der Ortsbesichtigungen

(1)   Die Ortsbesichtigungsteams treffen alle im Vorfeld erforderlichen Maßnahmen, um die Effizienz, Präzision und Kohärenz der Ortsbesichtigungen zu gewährleisten.

(2)   Das detaillierte Programm für angekündigte Ortsbesichtigungen wird von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den führenden Sachverständigen und den betroffenen Mitgliedstaaten erstellt. Die Mitgliedstaaten werden über das detaillierte Programm unterrichtet. Das detaillierte Programm für unangekündigte Ortsbesichtigungen wird von der Kommission erstellt.

Der betroffene Mitgliedstaat wird wie folgt gehört und über den Zeitplan und das detaillierte Programm unterrichtet:

a)

mindestens sechs Wochen vor einer angekündigten Ortsbesichtigung;

b)

mindestens 24 Stunden vor einer unangekündigten Ortsbesichtigung.

Unangekündigte Ortsbesichtigungen an den Binnengrenzen werden ohne vorherige Benachrichtigung des betreffenden Mitgliedstaats/der betreffenden Mitgliedstaaten durchgeführt. Allgemeine Leitlinien mit Durchführungsvorschriften für solche Besuche werden von der Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten festgelegt.

(3)   Die Mitglieder des Ortsbesichtigungsteams tragen Ausweise bei sich, mit denen sie ihre Berechtigung zur Durchführung von Ortsbesichtigungen gemäß dieser Verordnung nachweisen können.

(4)   Der zu evaluierende Mitgliedstaat stellt sicher, dass das Team seinen Auftrag zur Überprüfung der Tätigkeiten in den zu evaluierenden Bereichen erfüllen kann. Er stellt insbesondere sicher, dass das Ortsbesichtigungsteam direkten Kontakt zu Personen, die für seine Zwecke von Interesse sind, und Zugang zu allen Gebieten, Räumlichkeiten und Unterlagen erhält, die für die Evaluierung erforderlich sind.

(5)   Der zu evaluierende Mitgliedstaat unterstützt das Ortsbesichtigungsteam bei der Durchführung seines Auftrags mit allen ihm im Rahmen seiner rechtlichen Befugnisse zu Gebote stehenden Mitteln.

(6)   Bei angekündigten Ortsbesichtigungen übermittelt die Kommission dem zu evaluierenden Mitgliedstaat im Voraus die Namen der dem Ortsbesichtigungsteam angehörenden Sachverständigen. Dieser Mitgliedstaat benennt eine Kontaktstelle, die die Durchführung der Ortsbesichtigung regelt.

(7)   Die Kommission und die Mitgliedstaaten regeln für ihre jeweiligen Sachverständigen, die zum Ortsbesichtigungsteam gehören, die Anreise zum zu evaluierenden Mitgliedstaat bzw. zu den zu evaluierenden Mitgliedstaaten und die Rückreise vom zu evaluierenden Mitgliedstaat bzw. von den zu evaluierenden Mitgliedstaaten. Die Reise- und Aufenthaltskosten der Sachverständigen, die eine Ortsbesichtigung vornehmen, werden von der Kommission erstattet.

Die zu evaluierenden Mitgliedstaaten sorgen für die Unterbringung der Sachverständigen und für deren erforderliche Beförderung vor Ort. Im Falle unangekündigter Besuche übernimmt die Kommission die Unterbringung der Sachverständigen.

Artikel 14

Evaluierungsberichte

(1)   Nach jeder Evaluierung wird ein Evaluierungsbericht verfasst. Der Evaluierungsbericht stützt sich auf die Ergebnisse der Ortsbesichtigung und/oder den ausgewerteten Fragebogen. Bei Ortsbesichtigungen wird der Evaluierungsbericht während der Ortsbesichtigung vom Team verfasst.

Hauptverantwortlich für die Erstellung des Evaluierungsberichts sowie für dessen Vollständigkeit und Güte sind die Sachverständigen der Mitgliedstaaten und die Vertreter der Kommission. Bei Unstimmigkeiten bemüht sich das Ortsbesichtigungs- bzw. Fragebogenteam um einen Kompromiss.

(2)   Der Evaluierungsbericht analysiert die einschlägigen qualitativen, quantitativen, operativen, administrativen und organisatorischen Aspekte und listet die bei der Evaluierung festgestellten Mängel auf.

(3)   Jedes im Evaluierungsbericht festgehaltene Ergebnis wird einer der folgenden drei Bewertungskategorien zugeordnet:

a)

konform;

b)

konform, Verbesserungen jedoch erforderlich;

c)

nicht konform.

(4)   Die Kommission übermittelt innerhalb von sechs Wochen nach der Ortsbesichtigung bzw. nach Erhalt der Antworten auf den Fragebogen dem zu evaluierenden Mitgliedstaat den Entwurf des Evaluierungsberichts. Der evaluierte Mitgliedstaat nimmt innerhalb von zwei Wochen nach dessen Erhalt zu dem Entwurf des Evaluierungsberichts Stellung. Auf Ersuchen des evaluierten Mitgliedstaats findet eine Redaktionssitzung statt. Die Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats kann in den Entwurf des Evaluierungsberichts einfließen.

(5)   Die Kommission übermittelt den Entwurf des Evaluierungsberichts und die Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats den anderen Mitgliedstaaten, die aufgefordert werden, zu den Antworten auf den Fragebogen, dem Entwurf des Evaluierungsberichts und der Stellungnahme des evaluierten Mitgliedstaats Stellung zu nehmen.

Die Kommission nimmt den Entwurf des Evaluierungsberichts auf dieser Grundlage im Wege eines Durchführungsrechtsakts an, nachdem sie ihn erforderlichenfalls abgeändert hat. Dieser Durchführungsrechtsakt wird gemäß dem in Artikel 21 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Die Kommission übermittelt den Evaluierungsbericht dem Europäischen Parlament.

Artikel 15

Empfehlungen

(1)   Bei der Erstellung des Evaluierungsberichts geben die Sachverständigen der Mitgliedstaaten und die Vertreter der Kommission auf der Grundlage der Ergebnisse des Evaluierungsberichts und der darin enthaltenen Bewertungen Empfehlungen für Abhilfemaßnahmen ab, die auf die Beseitigung der während der Evaluierung festgestellten Mängel abzielen, und geben die Prioritäten für deren Durchführung und gegebenenfalls Beispiele für bewährte Vorgehensweisen an.

(2)   Die Kommission unterbreitet dem Rat einen Vorschlag zur Annahme der in Absatz 1 genannten Empfehlungen.

(3)   Der Rat nimmt die in Absatz 1 genannten Empfehlungen an und übermittelt sie dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten.

Artikel 16

Folgemaßnahmen und Überwachung

(1)   Innerhalb von drei Monaten nach der Annahme der in Artikel 15 genannten Empfehlungen legt der evaluierte Mitgliedstaat der Kommission und dem Rat einen Aktionsplan zur Beseitigung jeglicher in dem Evaluierungsbericht festgestellter Mängel vor. Wird in den Empfehlungen festgestellt, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Verpflichtungen in schwerwiegender Weise vernachlässigt, so legt dieser Mitgliedstaat seinen Aktionsplan innerhalb eines Monats nach Annahme der Empfehlungen vor. Die Kommission übermittelt solche Aktionspläne dem Europäischen Parlament.

(2)   Nach der Konsultation des Ortsbesichtigungsteams bzw. des Fragebogenteams legt die Kommission dem Rat innerhalb eines Monats nach Erhalt des Aktionsplans des evaluierten Mitgliedstaats ihre Bewertung der Angemessenheit des Aktionsplans vor. Die anderen Mitgliedstaaten werden aufgefordert, zu dem Aktionsplan Stellung zu nehmen.

(3)   Der evaluierte Mitgliedstaat berichtet der Kommission binnen sechs Monaten nach Annahme der Empfehlung über die Durchführung seines Aktionsplans und erstattet ihr anschließend alle drei Monate Bericht, bis der Aktionsplan vollständig durchgeführt ist.

(4)   Wurde in den Empfehlungen festgestellt, dass der evaluierte Mitgliedstaat seine Verpflichtungen in schwerwiegender Weise vernachlässigt, so ist dieser evaluierte Mitgliedstaat ungeachtet der Frist von sechs Monaten für die Berichterstattung über die Umsetzung seines Aktionsplans nach Absatz 3 verpflichtet, innerhalb von drei Monaten nach Annahme der Empfehlungen seinen Bericht über die Umsetzung des Aktionsplans vorzulegen.

(5)   Je nach Ernsthaftigkeit der ermittelten Mängel und den getroffenen Abhilfemaßnahmen kann die Kommission angekündigte erneute Ortsbesichtigungen zur Überprüfung der Durchführung des Aktionsplans festlegen. Die Kommission fordert mindestens vier der Sachverständigen, die an der Ortsbesichtigung teilgenommen haben, zur Teilnahme an der erneuten Ortsbesichtigung auf. Die Kommission kann Beobachter zur Teilnahme an der Besichtigung einladen. Die Kommission legt das Programm der erneuten Ortsbesichtigung fest. Der evaluierte Mitgliedstaat wird mindestens einen Monat vor der erneuten Ortsbesichtigung über das Programm unterrichtet. Die Kommission kann auch unangekündigte erneute Ortsbesichtigungen ansetzen.

(6)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Umsetzung der Aktionspläne oder Verbesserungsmaßnahmen nach diesem Artikel.

(7)   Wird bei einer Ortsbesichtigung ein ernsthafter Mangel festgestellt, der eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit innerhalb des Raums ohne Kontrollen an den Binnengrenzen darstellt, so setzt die Kommission das Europäische Parlament und den Rat auf eigene Initiative oder auf Antrag des Europäische Parlaments oder eines Mitgliedstaats so rasch wie möglich hiervon in Kenntnis.

(8)   Wurde ein Mitgliedstaat als konform eingestuft, enthalten die Empfehlungen jedoch Angaben zu etwaigen weiteren Verbesserungen gemäß Artikel 14 Absatz 3 Buchstabe b, so übermittelt der evaluierte Mitgliedstaat der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach Annahme der Empfehlungen seine Bewertung einer möglichen Umsetzung dieser Empfehlungen.

Artikel 17

Vertraulichkeit

Die Mitglieder des Ortsbesichtigungs- bzw. des Fragebogenteams behandeln sämtliche Informationen, die sie in Erfüllung ihrer Pflicht erhalten, vertraulich. Die im Anschluss an Ortsbesichtigungen verfassten Evaluierungsberichte werden gemäß den geltenden Geheimschutzvorschriften als EU RESTRICTED/RESTREIN UE eingestuft. Die Einstufung schließt nicht aus, dass die Informationen dem Europäischen Parlament zur Verfügung gestellt werden. Die Übermittlung und Behandlung der dem Europäischen Parlament nach dieser Verordnung übermittelten Informationen und Dokumente erfolgt unter Einhaltung den Regeln für die Übermittlung und Behandlung von Verschlusssachen, die zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission gelten. Die Kommission entscheidet nach Rücksprache mit dem betreffenden Mitgliedstaat, welche Teile des Evaluierungsberichts veröffentlicht werden dürfen.

Artikel 18

Bedingungen für eine Beteiligung des Vereinigten Königreichs und Irlands

(1)   Sachverständige des Vereinigten Königreichs und Irlands beteiligen sich nur an der Evaluierung jenes Teils des Schengen-Besitzstands, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

(2)   Die in Artikel 4 Absatz 1 beschriebenen Evaluierungen betreffen ausschließlich die wirksame und effiziente Anwendung jenes Teils des Schengen-Besitzstands durch das Vereinigte Königreich und Irland, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

(3)   Das Vereinigte Königreich und Irland beteiligen sich nur insoweit an der in Artikel 15 Absatz 3 festgelegten Annahme der Empfehlungen durch den Rat, als der Teil des Besitzstands betroffen ist, für den diesen Mitgliedstaaten eine Beteiligung gestattet wurde.

Artikel 19

Unterrichtung der nationalen Parlamente

Die Kommission unterrichtet die nationalen Parlamente über den Inhalt und die Ergebnisse der gemäß dieser Verordnung durchgeführten Evaluierung.

Artikel 20

Bericht an das Europäische Parlament und den Rat

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen umfassenden Bericht über die auf der Grundlage dieser Verordnung vorgenommenen Evaluierungen vor. Der Bericht wird veröffentlicht und enthält Informationen über die im Vorjahr durchgeführten Evaluierungen, die Schlussfolgerungen jeder Evaluierung und den Stand der Abhilfemaßnahmen. Die Kommission übermittelt diesen Bericht den nationalen Parlamenten.

Artikel 21

Ausschussverfahren

(1)   Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dabei handelt es sich um einen Ausschuss nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011. Gibt der Ausschuss keine Stellungnahme ab, so erlässt die Kommission den Durchführungsrechtsakt nicht und Artikel 5 Absatz 4 Unterabsatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 findet Anwendung.

Artikel 22

Überprüfung

Die Kommission überprüft innerhalb von sechs Monaten nach der Annahme aller Berichte über die Evaluierungen, die vom ersten mehrjährigen Evaluierungsprogramm gemäß Artikel 5 Absatz 5 erfasst werden, die Durchführung dieser Verordnung und legt dem Rat einen entsprechenden Bericht vor. In die Überprüfung werden alle Aspekte der Verordnung einbezogen, einschließlich des Funktionierens der Verfahren für die Annahme von Rechtsakten im Rahmen des Mechanismus. Die Kommission übermittelt den Bericht dem Europäischen Parlament.

Artikel 23

Übergangsbestimmungen und Aufhebung

Unbeschadet der Unterabsätze 2 und 3 dieses Artikels wird der Beschluss vom 16. September 1998 mit Wirkung vom 26. November 2013 aufgehoben.

Teil I des in Unterabsatz 1 genannten Beschlusses gilt bis zum 1. Januar 2016 weiterhin für die Evaluierungsverfahren von Mitgliedstaaten, die bereits am 26. November 2013 begonnen hatten.

Teil II des in Unterabsatz 1 genannten Beschlusses gilt bis zum 27. November 2014 weiterhin für die Evaluierungsverfahren von Mitgliedstaaten, die bereits am 26. November 2013 begonnen hatten.

Artikel 24

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Luxemburg am 7. Oktober 2013.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. BERNATONIS


(1)  Stellungnahme vom 12. Juni 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 138.

(3)  ABl. C 53 vom 3.3.2005, S. 1.

(4)  ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.

(5)  Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 des Rates vom 26. Oktober 2004 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. L 349 vom 25.11.2004, S. 1).

(6)  ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

(7)  Beschluss 2009/371/JI des Rates vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) (ABl. L 121 vom 15.5.2009, S. 37).

(8)  Beschluss 2002/187/JI des Rates vom 28. Februar 2002 über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkung der Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl. L 63 vom 6.3.2002, S. 1).

(9)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(10)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(11)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(12)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(13)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 52.

(14)  ABl. L 53 vom 27.2.2008, S. 1.

(15)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 21.

(16)  ABl. L 160 vom 18.6.2011, S. 19.


Erklärung des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission begrüßen die Annahme der Verordnung zur Änderung des Schengener Grenzkodex zwecks Festlegung einer gemeinsamen Regelung für die vorübergehende Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen unter außergewöhnlichen Umständen und die Annahme der Verordnung zur Einführung eines Evaluierungs- und Überwachungsmechanismus für die Überprüfung der Anwendung des Schengen-Besitzstands. Sie glauben, dass mit diesen neuen Mechanismen der Forderung des Europäischen Rates in geeigneter Weise Rechnung getragen wird, der in seinen Schlussfolgerungen vom 24. Juni 2011 erklärt hatte, dass die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten im Schengen-Raum gestärkt und ein wirksames und zuverlässiges Überwachungs- und Bewertungssystem geschaffen werden müssten, um die Durchsetzung der gemeinsamen Vorschriften und die Stärkung, Anpassung und Ausweitung der Kriterien auf der Grundlage des Besitzstands der EU sicherzustellen, wobei er erneut darauf hingewiesen hatte, dass die Außengrenzen Europas auf der Grundlage gemeinsamer Verantwortung, Solidarität und stärkerer Zusammenarbeit in der Praxis wirksam und einheitlich geschützt werden müssen.

Sie geben an, dass diese Änderung des Schengener Grenzkodexes die Koordinierung und Zusammenarbeit auf Unionsebene einerseits durch die Festlegung von Kriterien für jegliche Art der Wiedereinführung von Grenzkontrollen durch die Mitgliedstaaten sowie andererseits durch die Schaffung eines EU-basierten Mechanismus zur Reaktion auf wirklich kritische Situationen, in denen die Funktionsweise des Raumes insgesamt ohne interne Grenzkontrollen bedroht ist, verbessern wird.

Sie betonen, dass es sich bei diesem neuen Bewertungssystem um einen EU-gestützten Mechanismus handelt, der sich auf alle Aspekte des Schengen-Besitzstands erstrecken und Experten der Mitgliedstaaten, der Kommission und der einschlägigen EU-Ämter und -Agenturen einbeziehen wird.

Sie gehen davon aus, dass zu etwaigen künftigen Vorschlägen der Kommission zur Änderung dieses Bewertungssystems das Europäische Parlament gehört wird, so dass seinem Standpunkt vor der Annahme eines endgültigen Textes möglichst umfassend Rechnung getragen werden kann.