ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2012.237.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 237

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

55. Jahrgang
3. September 2012


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

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Verordnung (EU) Nr. 765/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern

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DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

3.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 237/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 765/2012 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 13. Juni 2012

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 207 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 28. Juli 2011 nahm das Streitbeilegungsgremium („DSB“) der Welthandelsorganisation („WTO“) in dem Streitfall „Europäische Gemeinschaften — Endgültige Antidumpingmaßnahmen gegenüber bestimmten Verbindungsstücken aus Eisen oder Stahl aus China“ (2) den Bericht des Berufungsgremiums und den Panelbericht in der durch den Bericht des Berufungsgremiums geänderten Fassung (im Folgenden „Berichte“) an.

(2)

In den Berichten wurde unter anderem festgestellt, dass Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (3) („Antidumping-Grundverordnung“) mit den Artikeln 6.10, 9.2 und 18.4 des WTO-Antidumpingübereinkommens und mit Artikel XVI:4 des WTO-Übereinkommens unvereinbar ist. Artikel 9 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung sieht vor, dass für einzelne ausführende Hersteller in Ländern ohne Marktwirtschaft, die keine Marktwirtschaftsbehandlung nach Artikel 2 Absatz 7 Buchstabe c der Antidumping-Grundverordnung erhalten, ein landesweiter Zollsatz gilt, es sei denn, diese Ausführer können nachweisen, dass sie die Voraussetzungen für eine individuelle Behandlung („IB“) nach Artikel 9 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung erfüllen.

(3)

Das Berufungsgremium befand, Artikel 9 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung begründe eine Vermutung, dass ausführende Hersteller, die in Ländern ohne Marktwirtschaft tätig sind, keinen Anspruch auf IB hätten und dass sie nachweisen müssten, dass sie die Kriterien der IB-Prüfung erfüllen, wenn sie in den Genuss der IB kommen wollten. Dem Berufungsgremium zufolge ist in den einschlägigen Übereinkommen im Rahmen der WTO keine Rechtsgrundlage für eine solche Vermutung vorgesehen.

(4)

Das Berufungsgremium stellte allerdings klar, dass bei der Festlegung einer einzigen Dumpingspanne und eines einzigen Antidumpingzolls für mehrere Ausführer die Vereinbarkeit einer solchen Festlegung mit den Artikeln 6.10 und 9.2 des WTO-Antidumpingübereinkommens vom Vorliegen von Sachverhalten abhängen wird, die darauf hindeuten, dass zwei oder mehr Ausführer in einer solchen Beziehung zueinander stehen, dass sie — obwohl rechtlich voneinander getrennt — als eine Einheit behandelt werden sollten. Dazu können folgende Sachverhalte zählen: i) gesellschaftsrechtliche und strukturelle Verbindungen zwischen den Ausführern wie gemeinsame Kontrolle, gemeinsamer Anteilsbesitz und gemeinsames Management, ii) gesellschaftsrechtliche und strukturelle Verbindungen zwischen dem Staat und den Ausführern wie gemeinsame Kontrolle, gemeinsamer Anteilsbesitz und gemeinsames Management, und iii) Kontrolle oder erhebliche Einflussnahme durch den Staat in Bezug auf Preisgestaltung und Produktion. Daher sollten die in den vorgeschlagenen Änderungen zu Artikel 9 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung verwendeten Begriffe, die auf diese Sachverhalte abstellen, vor dem Hintergrund der Klarstellungen des Berufungsgremiums und unbeschadet der Begriffe, die in anderen Bestimmungen der Antidumping-Grundverordnung in gleicher oder ähnlicher Weise formuliert sind, verstanden werden.

(5)

Am 18. August 2011 teilte die Union dem DSB mit, dass sie beabsichtigt, die Empfehlungen und Entscheidungen des DSB in diesem Streitfall in Übereinstimmung mit ihren WTO-Verpflichtungen umzusetzen.

(6)

Zu diesem Zweck müssen die Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 5 der Antidumping-Grundverordnung geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 9 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 erhält folgende Fassung:

„(5)   Ein Antidumpingzoll wird jeweils in der angemessenen Höhe ohne Diskriminierung auf alle Einfuhren der Ware gleich welcher Herkunft eingeführt, sofern festgestellt wurde, dass sie gedumpt sind und eine Schädigung verursachen; ausgenommen sind die Einfuhren von Parteien, von denen gemäß dieser Verordnung Verpflichtungen angenommen wurden.

In der Verordnung, mit der die Antidumpingmaßnahmen festgesetzt werden, wird der Zoll für jeden einzelnen Lieferanten oder, wenn dies nicht praktikabel ist, für das betroffene Lieferland festgesetzt. Dessen ungeachtet können Lieferanten, die rechtlich getrennt von anderen Lieferanten oder rechtlich getrennt vom Staat sind, zum Zwecke der Festsetzung des Zolls als eine Einheit betrachtet werden. Bei der Anwendung dieses Unterabsatzes können Faktoren wie strukturelle oder gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen den Lieferanten und dem Staat oder zwischen Lieferanten, die Kontrolle oder erhebliche Einflussnahme durch den Staat in Bezug auf Preisgestaltung und Produktion oder die Wirtschaftsstruktur des Lieferlandes berücksichtigt werden.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt für alle Untersuchungen, die nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 eingeleitet werden.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 13. Juni 2012.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

M. SCHULZ

Im Namen des Rates

Der Präsident

N. WAMMEN


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 10. Mai 2012 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 30. Mai 2012.

(2)  WTO, Report of the Appellate Body (Bericht des Berufungsgremiums), AB-2011-2, WT/DS397/AB/R, 15. Juli 2011. WTO, Report of the Panel (Bericht des Panels), WT/DS397/R, 3. Dezember 2010.

(3)  ABl. L 343 vom 22.12.2009, S. 51.