ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2012.236.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 236

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

55. Jahrgang
1. September 2012


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

 

2012/485/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 25. April 2012 über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C 19/10) (ex NN 23/10), die Deutschland zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg gewährt hat (Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 2557)  ( 1 )

1

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

1.9.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 236/1


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 25. April 2012

über die staatliche Beihilfe SA.25051 (C 19/10) (ex NN 23/10), die Deutschland zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg gewährt hat

(Bekanntgegeben unter Aktenzeichen C(2012) 2557)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2012/485/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1 (1),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem vorgenannten Artikel (2) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   DAS VERFAHREN

(1)

Die Kommission hat durch eine von der Saria Bio-Industries AG & Co KG (im Folgenden „Beschwerdeführerin“) am 23. Februar 2008 eingereichte Beschwerde von den Umlagezahlungen, die Deutschland zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg (im Folgenden „ZT“) gewährt, Kenntnis erlangt.

(2)

Die Kommission hat Deutschland mit Schreiben vom 20. Juli 2010 von ihrer Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (im Folgenden „Eröffnungsentscheidung“) in Kenntnis gesetzt. Mit der Veröffentlichung der Eröffnungsentscheidung am 26. Oktober 2010 im Amtsblatt der Europäischen Union hat die Kommission die Beteiligten zur Stellungnahme aufgefordert (3).

(3)

Die Kommission hat die Stellungnahme der Beschwerdeführerin am 25. November 2010 erhalten. Gemäß den genehmigten Anträgen auf Fristverlängerung vom 20. August 2010 und 18. November 2010 hat Deutschland seine Stellungnahmen zur Eröffnungsentscheidung als auch zur Stellungnahme der Beschwerdeführerin in mehreren Teilen am 3. März 2011, 1. April 2011, 4. April 2011, 16. Mai 2011, 15. Juli 2011 und 9. November 2011 abgegeben.

(4)

Der ZT hat am 4. April 2011 eine schriftliche Stellungnahme an die Kommission gesendet. Obwohl die Beteiligten gemäß Artikel 20 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (4) aufgefordert sind, grundsätzlich spätestens einen Monat nach dem Datum der Veröffentlichung im Amtsblatt ihre Stellungnahme einzureichen, hat der ZT seine Stellungnahme erst nach vier Monaten abgegeben. Der Kommission ist es nur in begründeten Einzelfällen möglich, auch verspätet eingegangene Stellungnahmen von Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen (5). Weder kann die Kommission eine entsprechende Begründung im Schreiben des ZT erkennen, noch ergibt sich aus den sonstigen Umständen eine entsprechende Rechtfertigung. Die Kommission hat daher dem ZT mit Schreiben vom 18. April 2011 mitgeteilt, dass eine Berücksichtigung der Stellungnahme des ZT im förmlichen Prüfverfahren daher gegen die Verfahrensordnung verstoßen und zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Verfahrensbeteiligten führen würde. Sie hat dennoch alle in der Stellungnahme enthaltenen Informationen diesem Beschluss zugrunde gelegt.

(5)

Parallel zu dem förmlichen Prüfverfahren der Kommission hatte die Beschwerdeführerin ein nationales Gerichtsverfahren in Deutschland betrieben und vor dem Verwaltungsgericht Trier Klage gegen den ZT erhoben. Das Verwaltungsgericht Trier urteilte am 2. Dezember 2008, dass die Umlagezahlungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellten. Im Hinblick auf die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen entschied das Verwaltungsgericht, dass der ZT den zwischen 2005 und 2008 erhaltenen Betrag wegen außergewöhnlicher Umstände, die eine Rückzahlung unangemessen erscheinen lassen, nicht zurückzahlen müsse.

(6)

Sowohl die Beschwerdeführerin als auch der ZT legten beim Oberverwaltungsgericht Koblenz Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier ein. Mit Urteil vom 24. November 2009 bestätigte das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Trier.

(7)

Die Beschwerdeführerin und der ZT legten danach beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden „BVerwG“) Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz ein. Mit Urteil vom 16. Dezember 2010 (6) hat das BVerwG die Revision der Beschwerdeführerin zurückgewiesen, das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz abgeändert und die Klagen insgesamt abgewiesen, da das BVerwG der Auffassung ist, dass die Klage für den Zeitraum 2005 bis 2009 unzulässig war, und dass die in Rede stehende Umlage für das Jahr 2010 keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstelle.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME

2.1.   Rechtlicher Rahmen

2.1.1.   Unionsrechtliche Vorschriften

(8)

Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Verordnung über tierische Nebenprodukte) (7) regelt die Abholung, Beförderung, Lagerung, Behandlung, Verarbeitung und Verwendung oder Beseitigung tierischer Nebenprodukte, um zu verhindern, dass diese Produkte eine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen. Mit diesen Vorschriften sollen unter anderem Ausbrüche von spongiformer Rinderenzephalopathie (TSE) und anderer übertragbarer Tierseuchen wie klassische Schweinepest (KSP) oder Maul- und Klauenseuche (MKS) verhindert werden.

(9)

In Abschnitt 4 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 wird unter Berücksichtigung der spezifischen Risiken, die für die Gesundheit von Mensch und Tier bestehen, zwischen drei Kategorien von tierischen Nebenprodukten unterschieden:

a)

Material der Kategorie 1 birgt beträchtliche Risiken, welche besonders mit TSE und dem Vorliegen von bestimmten verbotenen Substanzen und Umweltkontaminanten verbunden sind. Material der Kategorie 1 besteht unter anderem aus Körperteilen von TSE-verdächtigen Tieren oder Tieren, bei denen das Vorliegen von TSE bestätigt wurde, sowie Gemischen von Material der Kategorie 1 mit Material der Kategorien 2 oder 3. Solche Materialien müssen durch Verbrennung oder Verarbeitung entsorgt werden und dürfen nicht in Futter für Nutztiere oder in technischen Produkten enthalten sein.

b)

Material der Kategorie 2 beinhaltet ebenfalls erhebliche Risiken, da es aus Falltieren und anderen Materialien, die bestimmte verbotene Substanzen oder Kontaminaten enthalten, besteht. Material der Kategorie 2 muss durch Verbrennung oder Verarbeitung entsorgt werden und darf nicht in Futter für Nutztiere enthalten sein. In manchen Fällen kann es jedoch als Düngemittel oder für technische Zwecke verwendet werden.

c)

Material der Kategorie 3 umfasst — u. a. — Schlachtkörperteile, die, obwohl sie als genussuntauglich abgelehnt werden, keine Anzeichen einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit zeigen sowie Materialien von Tieren, die für den menschlichen Verzehr geeignet sind, aber aus wirtschaftlichen Gründen für andere Zwecke, wie Futtermittel für Nutztiere, genutzt werden.

(10)

Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, die im Wesentlichen der vorangegangen Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) entspricht, schreibt unter anderem für Material der Kategorie 1 und der Kategorie 2 vor, dass die Einfuhr und die Ausfuhr untersagt sind, und dass Einrichtungen zur Entsorgung einer vorherigen Genehmigung durch die zuständige Behörde bedürfen, die ihrerseits die Vorschriften der Verordnung anzuwenden hat. Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 legt also besondere Kontrollvorschriften für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 fest. Darüber hinaus lassen sich aus der Verordnung aber keine Vorgaben für die wirtschaftliche Organisation der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 ableiten. Die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 schreibt also nicht vor, dass die Beseitigung in einem bestimmten Gebiet nur von einem Unternehmen alleine durchgeführt werden darf, wie es in Deutschland der Fall ist.

2.1.2.   Nationalrechtliche Vorschriften

(11)

In Deutschland sind gemäß § 3 des Gesetzes zur Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die Verarbeitung und Beseitigung von nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukten (9) (im Folgenden „TierNebG“) die Landkreise und kreisfreien Städte verpflichtet, die Beseitigung und Verarbeitung von Material der Kategorien 1 und 2 — so genannte „Pflichtware“ — durchzuführen. Sie können diese Aufgabe selbst durchführen oder dafür Dritte beauftragen.

(12)

Die Beseitigung von Material der Kategorie 3 — so genannte „freie Ware“ — kann von jedem Verarbeitungsbetrieb durchgeführt werden, sofern die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 eingehalten werden.

2.2.   Zweckverband Tierkörperbeseitigung

(13)

Der ZT ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die 1979 auf Grundlage von §§ 1, 2 des Landesgesetzes von Rheinland-Pfalz zur Ausführung des TierNebG (10) (im Folgenden „TierNebGAG RP“) gegründet wurde. Inzwischen sind alle Landkreise und größeren kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz und dem Saarland sowie zwei hessische Landkreise — Rheingau-Taunus-Kreis und Landkreis Limburg-Weilburg — Mitglieder des ZT (vgl. § 1 der Verbandsordnung des ZT).

(14)

Der ZT ist von seinen Mitgliedern gemäß § 2 der Verbandsordnung beauftragt, alle Rechte und Pflichten zu übernehmen, die den Landkreisen und kreisfreien Städten als Beseitigungspflichtigen nach § 3 TierNebG in Verbindung mit den jeweiligen Landesgesetzen obliegen.

(15)

Nach deutschem Recht kann ein Zweckverband aufgrund seiner Rechtsnatur als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sein. Die Mitglieder können aber seine Auflösung beschließen.

2.3.   Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen

2.3.1.   Aktivitäten des ZT

(16)

Der ZT erfüllt nicht nur den ihm durch seine Satzung erteilten Auftrag zur Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 aus dem Verbandsgebiet (im Folgenden als „verbandseigenes Material“ bezeichnet), sondern er beseitigt auch Material der Kategorien 1 und 2 aus den angrenzenden Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen (siehe detaillierte Beschreibung unter Erwägungsgrund 20 ff.) sowie Material der Kategorie 3 (im Folgenden zusammengefasst als „verbandsfremdes Material“ bezeichnet).

(17)

Wie sich aus der folgenden Tabelle ergibt, hat der ZT in der Vergangenheit große Mengen an verbandsfremden Material verarbeitet. Im Durchschnitt bestand in den letzten Jahren die verarbeitete Menge fast zur Hälfte aus verbandsfremden Material.

Tabelle 1

Verarbeitete Mengen des ZT in den Jahren 1998-2009

 

Verbandseigenes Material

Verbandsfremdes Material

 

 

Baden-Württemerg

Nord-und Mittelhessen

Pflichtware der Kategorien 1 und 2

Freies Material der Kategorie 3

Pflichtware der Kategorien 1 und 2

Pflichtware der Kategorien 1 und 2

Summe

1998

Tonnen

38 055

[…] (11)

0

0

[…]

%

[…]

[…]

0 %

0 %

100 %

1999

Tonnen

41 081

[…]

0

0

[…]

%

[…]

[…]

0 %

0 %

100 %

2000

Tonnen

44 929

[…]

1 114

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2001

Tonnen

57 110

[…]

14 079

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2002

Tonnen

58 316

[…]

14 803

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2003

Tonnen

54 325

[…]

16 067

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2004

Tonnen

52 562

[…]

13 228

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2005

Tonnen

48 944

[…]

11 658

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2006

Tonnen

45 988

[…]

11 389

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2007

Tonnen

44 544

[…]

6 797

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2008

Tonnen

41 838

[…]

7 046

0

[…]

%

[…]

[…]

[…]

0 %

100 %

2009

Tonnen

36 863

[…]

8 569

23 312

[…]

%

[…]

[…]

[…]

[…]

100 %

Durchschnitt

Tonnen

47 046

[…]

8 729

1 943

[…]

von 1998 bis 2009

%

[…]

[…]

[…]

[…]

100 %

(18)

Das verbandseigene Material setzt sich aus Falltieren und Schlachtabfällen zusammen. Der ZT führt hier sowohl die Einsammlung als auch die Verarbeitung durch (im Folgenden werden Einsammlung und Verarbeitung gemeinsam als „Beseitigung“ bezeichnet). Zur Deckung der entstehenden Kosten erhebt der ZT Gebühren. Für Falltiere und Schlachtabfälle werden Gebührensätze in verschiedener Höhe angesetzt.

(19)

Da Material der Kategorie 3 frei am Markt gehandelt wird, vereinbart der ZT privatrechtliche Entgelte für dessen Beseitigung. Während die meisten privaten Beseitigungsunternehmen Material der Kategorie 3 getrennt beseitigen, um durch dessen Verarbeitung — zu beispielsweise Heimtierfutter — einen höheren Verkaufserlös zu erzielen, verarbeitet der ZT das Material der Kategorie 3 gemeinsam mit der Pflichtware, da er über keine separate Anlage verfügt. Aus der Verarbeitung der Pflichtware können daher nur minderwertigere Endprodukte — wie Öl und Fette — mit geringeren Erlösen gewonnen werden.

(20)

Seit 2000 verarbeitet der ZT auch Material der Kategorien 1 und 2 aus Baden-Württemberg. Dazu wurde eine öffentlich-rechtliche Zweckvereinbarung zwischen dem ZT und dem Zweckverband Neckar-Franken abgeschlossen. Hier wird die Einsammlung vor Ort durch den Zweckverband Neckar-Franken durchgeführt und das Material dann dem ZT zur Verarbeitung angeliefert.

(21)

Der ZT hat sich 2007 auch für die Beseitigung der Pflichtware in den Landkreisen von Nord- und Mittelhessen im Rahmen einer Ausschreibung beworben und den Zuschlag erhalten. Vor Aufnahme der Beseitigungstätigkeit am 1. April 2009 durch den ZT wurde die Beseitigung von einer Konzerngesellschaft der Beschwerdeführerin durchgeführt.

(22)

Die Auslastung seiner Anlagen erzielte der ZT also nicht nur durch die Verarbeitung von verbandseigenem Material der Kategorien 1 und 2, sondern der ZT engagierte sich auch in erheblichem Ausmaß außerhalb seines satzungsmäßigen Auftrages bei der Verarbeitung von Material der Kategorie 3, das frei handelbar ist, und Material der Kategorien 1 und 2 von außerhalb des Verbandsgebietes. Zwischen 2002 und 2008 waren nur zwischen 54 % und 58 % der vom ZT verarbeiteten Mengen verbandseigenes Material der Kategorien 1 und 2. In 2009 sank — auch durch die Hereinnahme des Materials aus Nord- und Mittelhessen — dieser Anteil deutlich und betrug mit einem Anteil von 39 % nicht einmal mehr die Hälfte der vom ZT verarbeiteten Mengen.

2.3.2.   Anlagenkapazität des ZT

(23)

Der ZT verfügt über zwei Beseitigungsanlagen in Rivenich und Sandersmühle. Im Normalbetrieb laufen beide Anlagen durchschnittlich in zwei Schichten an fünf Wochentagen (5-Tage-2-Schicht-Betrieb). Innerhalb dieses Zeitraums können pro Woche maximal bis zu 2 160 Tonnen verarbeitet werden. Diese im Normalbetrieb vorhandene Kapazität war im Durchschnitt ausreichend, um die in den letzten Jahren angefallene Menge von jährlich 88 000 Jahrestonnen, was 1 700 Wochentonnen ergibt, zu verarbeiten.

(24)

Wie andere Beseitigungsbetriebe verfügt der ZT über betriebsbedingte Leerkapazitäten, die sich aus den im Normalbetrieb nicht genutzten Schichten unter der Woche und am Wochenende ergeben. Diese betriebsbedingten Leerkapazitäten können im Seuchenfall genutzt werden, um die zusätzlich anfallenden Tierkörper zu verarbeiten.

2.3.2.1.   Kurzfristig betriebsbedingte Leerkapazitäten

(25)

Laut den Angaben des ZT können für einen kurzen Zeitraum von 6 bis 12 Wochen die Anlagen in drei Schichten an allen sieben Wochentagen betrieben werden (7-Tage-3-Schicht-Betrieb). Damit steht kurzfristig eine wöchentliche Kapazität von bis zu 4 536 Tonnen zur Verfügung. Ein durchgehender Dreischichtbetrieb an sieben Tagen sei jedoch aufgrund von Verschleiß und Personalermüdung nicht über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten.

(26)

Der ZT verfügt daher kurzfristig — in einem Zeitraum von bis zu 12 Wochen — über eine betriebsbedingte Leerkapazität von 2 376 Tonnen pro Woche, die im Seuchenfall zusätzlich zur Normalmenge verarbeitet werden können (siehe auch Tabelle 3 in Abschnitt 9.3.1).

2.3.2.2.   Langfristig betriebsbedingte Leerkapazitäten

(27)

Längerfristig könnten die Anlagen maximal in drei Schichten an fünf Wochentagen (5-Tage-3-Schicht-Betrieb) genutzt werden, um zusätzliches Material aus einem Seuchenfall zu verarbeiten, da das Wochenende bei längerfristiger höherer Auslastung für Wartungsarbeiten benötigt wird. Damit lassen sich bis zu 3 240 Tonnen pro Woche verarbeiten.

(28)

Der ZT verfügt daher längerfristig — in einem Zeitraum von über 12 Wochen — über eine betriebsbedingte Leerkapazität von 1 080 Tonnen pro Woche, die im Seuchenfall zusätzlich zur Normalmenge verarbeitet werden können (siehe auch Tabelle 3 in Abschnitt 9.3.1).

2.4.   Umlage und öffentlicher Auftrag

(29)

Die Umlagezahlungen, die der ZT von seinen Mitgliedern (Landkreise und kreisfreie Städte) erhält, haben ihre Rechtsgrundlage in der Verbandsordnung des ZT. Zweck der Umlagezahlungen ist es, die nicht durch die Einnahmen gedeckten Kosten auszugleichen (vgl. § 9 Absatz 1 der Verbandsordnung).

(30)

Die genaue Höhe der Umlagezahlungen wird anhand der jährlichen Haushaltssatzung festgesetzt, die von der Mitgliederversammlung im Voraus zu genehmigen ist. Sobald die Haushaltssatzung angenommen wurde, ist der ZT berechtigt, die Umlage im Wege eines Verwaltungsakts einzufordern.

(31)

Im Februar 2010 wurde die Verbandsordnung des ZT rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert. Während bis zu diesem Zeitpunkt die Verbandsordnung keine über § 9 Absatz 1 hinausgehenden Regelungen in Bezug auf die Verwendung und Berechnung der Umlagezahlungen enthalten hatte, wurden im Februar 2010 die im Folgenden beschriebenen Vorschriften in die Verbandsordnung aufgenommen:

(32)

Gemäß § 9 Absatz 2 der Verbandsordnung ist die Umlagezahlung nun im Voraus durch Satzung festzusetzen. Weiterhin wird festgelegt, dass die Umlage nur als Ausgleich für Kosten erhoben werden darf, die aus der übertragenen Beseitigungspflicht für Material der Kategorien 1 und 2 sowie der Vorhaltung einer Seuchenreserve entstehen.

(33)

Durch § 10 Absatz 2 der Verbandsordnung wird die vorzuhaltende Seuchenreservekapazität ab 2009 auf je 7 110 Tonnen, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs Wochen zu verarbeiten sind (bzw. umgerechnet sechs mal 1 185 Tonnen pro Woche), festgesetzt. Bei der Festlegung der Größe der Seuchenreserve wurde berücksichtigt, dass neben den Kapazitäten des ZT noch 5 000 Tonnen pro Jahr an alternativen Beseitigungskapazitäten zu Verfügung stehen, die im Seuchenfall genutzt werden können. Die Kosten der Seuchenreserve sind im Voraus im jeweiligen Wirtschaftsplan festzusetzen. Dabei können der Gegenstand der Kosten der Seuchenreserve ausschließlich die anteiligen Fixkosten (Abschreibungen, Steuern, Versicherungen, Fremdkapitalzinsen), die Kosten aus externen Wartungsaufträgen sowie die anteiligen Personalkosten zur Aufrechterhaltung der ständigen Betriebsbereitschaft sein. Der Ausweis der Kosten für die Seuchenreservekapazität erfolgt, getrennt von den übrigen Kosten des Unternehmens, auf separaten Konten. Die Zuordnung der Kosten erfolgt im Verhältnis der jeweiligen Kapazitätsanteile.

(34)

Seit seiner Gründung im Jahr 1979 bis 2011 erhielt der ZT Umlagezahlungen in Höhe von 66 493 680 EUR. Für die Jahre ab 1998 ergeben sich folgende jährliche Beträge:

1998

:

2 114 192 EUR (4 135 000 DM)

1999

:

2 432 216 EUR (4 575 000 DM)

2000 bis 2001

:

2 249 684 EUR (4 400 000 DM) jährlich

2002 bis 2008

:

2 250 000 EUR jährlich

2009

:

1 961 515 EUR

2010

:

2 212 392 EUR

2011

:

1 962 515 EUR

(35)

Insgesamt beliefen sich die Umlagezahlungen von 1998 bis 2011 auf 30 932 198 EUR.

(36)

Laut den vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen hat der ZT in den Jahren 1998 bis 2009 nach Einrechnung der Umlagezahlungen einen kumulierten Verlust von 4 562 795 EUR erwirtschaftet. Ohne Einrechnung der Umlagezahlungen von 26 757 292 EUR ergibt sich für die Jahre 1998 bis 2009 ein kumulierter Verlust von 31 320 678 EUR. Die Umlagezahlungen waren daher nicht ausreichend, um die kumulierten Verluste vollständig auszugleichen.

2.5.   Genehmigte staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen

(37)

Nach Artikel 191 Absatz 2 AEUV gilt für die Beseitigung von tierischen Nebenprodukten grundsätzlich das Verursacherprinzip. Es ist daher in erster Linie Sache der Landwirte und Schlachtbetriebe, sich ordnungsgemäß um die Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen zu kümmern und die dabei entstehenden Kosten zu tragen (12).

(38)

Aufgrund der TSE-Krise war es jedoch notwendig, die ordnungsgemäße Behandlung von Falltieren und Schlachtabfällen, die aus Material der Kategorien 1 und 2 bestehen, sicherzustellen und die Landwirte durch staatliche Beihilfen zu unterstützen. Die Kommission stellte mit dem Gemeinschaftsrahmen vom 24. Dezember 2002 für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen (im Folgenden „TSE-Gemeinschaftsrahmen“) (13) entsprechende Regelung auf. Diese wurde in Abschnitt V.B.4 der Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007-2013 (im Folgenden „Agrar-Beihilferahmen 2007-2013“) (14) fortgeschrieben und verschärft.

(39)

Der TSE-Gemeinschaftsrahmen und der Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 verlangen grundsätzlich, dass die Verursacher die Kosten für die Beseitigung von tierischen Nebenprodukten tragen (15), erlauben aber unter bestimmten, eng begrenzten Bedingungen Beihilfen für TSE-Tests sowie für die Beseitigung von Falltieren (16). Für die Beseitigung von Schlachtabfällen dürfen grundsätzlich keine Beihilfen genehmigt werden (17). Darüber hinaus sind die Beihilfen nur mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn nachgewiesen ist, dass sie nur den Landwirten und nicht nachgelagerten Produktionsbetrieben (wie Schlachthöfen oder Tierbeseitigungsanlagen) zugute kommen (18).

2.5.1.   Entscheidung der Kommission vom 29. Januar 2004 in der Beihilfesache NN 33/03

(40)

2004 genehmigte die Kommission Beihilfemaßnahmen zur TSE-Gefahrenabwehr in Rheinland-Pfalz, die von Deutschland nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV, dem TSE-Gemeinschaftsrahmen und dem Gemeinschaftsrahmen vom 12. August 2000 für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (19) angemeldet worden waren. Mit diesen Beihilfemaßnahmen sollte der Ausbreitung von BSE vorgebeugt werden, indem u. a. Landwirten die zusätzlichen Beseitigungskosten für Risikomaterial erstattet wurden, die ihnen durch die Einführung des Verbots der Fütterung von Rindern mit Fleisch- und Knochenmehl entstanden waren.

(41)

Neben anderen Maßnahmen genehmigte die Kommission eine einmalige Beihilfe von 100 % für die Beseitigungskosten von spezifizierten risikobehafteten Schlachtabfällen, die durch das Verbot zur Verfütterung von Tiermehl im Zeitraum von Oktober 2000 bis September 2001 im Verbandsgebiet angefallen waren. Dabei wurde aber nicht der ZT sondern die Schlachtbetriebe als Begünstige der Beihilfe angesehen.

2.5.2.   Entscheidung der Kommission vom 6. Juli 2004 in der Beihilfesache N 15/04

(42)

Mit der zweiten ebenfalls im Jahr 2004 genehmigten Beihilfe sollen die Landwirte in Rheinland-Pfalz einen Ausgleich für die Kosten der Sammlung und Verarbeitung von Falltieren erhalten, für welche die Landwirte Beiträge an die Tierseuchenkasse (20) gezahlt haben. Die Gebühren, die der ZT für die Einsammlung und Verarbeitung von verbandseigenen Falltieren in Rechnung stellt, werden durch die Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland), die Verbandsmitglieder und die Tierseuchenkasse der jeweiligen Länder zu gleichen Teilen übernommen. Bei den Kosten für die Verarbeitung müssen die Nutztierhalter jedoch einen eigenen Beitrag von 25 Prozent leisten.

(43)

Die Beihilfe, die direkt an den ZT ausgezahlt wird, ist von der Kommission für die Laufzeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 genehmigt. Die Beihilfe unterliegt den Bedingungen, dass sie ausschließlich den Landwirten zugute kommt und nicht mit anderen Beihilfen kumuliert wird.

(44)

Da die Beihilfe einen proportionalen Anteil der im Voraus festgelegten Gebühren (100 % für die Einsammlung und 75 % für die Verarbeitung) ausgleicht, ist die Kommission zum Schluss gekommen, dass diese Beihilferegelung ausschließlich den Landwirten zugute kommt und kein wirtschaftlicher Vorteil für den ZT entsteht.

2.5.3.   Verhältnis der genehmigten Beihilfen NN 33/03 und N 15/04 zu den Umlagezahlungen

(45)

Die beiden genehmigten Beihilfen (im Folgenden „Agrarbeihilfen“) werden als Einnahmen in den Büchern des ZT verbucht. Die in Erwägungsgrund 36 angeführten Verluste vor den Umlagezahlungen berücksichtigen daher bereits, dass der ZT die Agrarbeihilfen als Einnahmen erhalten hat.

(46)

Der ZT erhält die Umlagezahlungen also zusätzlich zu den Agrarbeihilfen, um seine verbleibenden Verluste zu finanzieren.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(47)

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, dass der ZT wirtschaftlich nicht überleben könnte, wenn seine Mitglieder nicht durch eine Umlagezahlung für die jährlichen Verluste aus der Beseitigung von verbandseigenem und -fremdem Material aufkämen. Der ZT, der bei der Beseitigung von verbandseigenem Material über ein Monopol verfüge und somit keinerlei Wettbewerb ausgesetzt sei, biete auf den offenen Märkten für verbandsfremdes Material Preise an, die unter den Marktpreisen lägen. Die Preispolitik des ZT sei nur daran orientiert, seine Anlagen, die hohe Leerkapazitäten aufweisen würden, auszulasten.

(48)

Die Beschwerdeführerin sieht vielfache Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Umlagezahlungen entstünden. Besonders kritisiert sie die Preisgestaltung des ZT bei Material der Kategorie 3 und bei dem Angebot für die Ausschreibung des Beseitigungsauftrages in Nord- und Mittelhessen:

a)

Der ZT biete die Beseitigung von Schlachtabfällen nicht zu Gebühren an, die von der verarbeiteten Menge abhingen, sondern zu einem Fixpreis pro Tier. Dadurch werde es für diejenigen kleineren Schlachthöfe, denen die Trennung des Materials der Kategorie 3 vom Material der Kategorien 1 und 2 höhere Kosten als den größeren und besser ausgestatteten Schlachthöfen verursache, attraktiv, auf eine Trennung zu verzichten und Material der Kategorie 3 gemeinsam mit Schlachtabfällen der Kategorien 1 und 2 dem ZT zu übergeben. Der ZT biete die Beseitigung von Schlachtabfällen somit zu nicht kostendeckenden Preisen an, weil er die zusätzlichen Kosten, die für die Mitverarbeitung von Material der Kategorie 3 anfielen, nicht in seine Gebühren einrechne.

b)

Im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 in Nord- und Mittelhessen habe der ZT nur gewinnen können, da seine Fixkosten für die Vorhaltung der Kapazität bereits durch die Umlage gedeckt gewesen seien und er somit niedrigere Gebührensätze habe anbieten können.

(49)

Deutschland ist hingegen der Ansicht, dass die Umlage notwendig sei, um die Kosten, die dem ZT aus der Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve entstehen, abzudecken. Dazu legte Deutschland auch ein Gutachten des Fraunhofer-Instituts (21) vom März 2007 (im Folgenden „Fraunhofer-Gutachten“) vor, das zeigen soll, dass die Kosten der Seuchenreserve ca. 50 % der gesamten Kapazitätskosten betragen. Weiterhin sei die Umlage notwendig, um Sanierungskosten für Altstandorte abzudecken.

(50)

In ihrer vorläufigen Prüfung stellte die Kommission zuerst fest, dass die Umlagezahlungen dem ZT grundsätzlich einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, da sie die laufenden Ausgaben des ZT verringern, und dass auch die anderen Tatbestandsmerkmale einer Beihilfe gegeben waren.

(51)

Die Kommission wies darauf hin, dass solche Betriebsbeihilfen in der Regel verboten sind. Die Kommission legte anschließend ihre Zweifel daran dar, inwieweit die Umlage als Ausgleichszahlung für die Vorhaltung einer Seuchenreserve gerechtfertigt werden kann. Dabei stützte sich die Kommission auf die vier Kriterien des Altmark-Urteils (22):

a)

Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein.

b)

Die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufzustellen.

c)

Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

d)

Wenn die Wahl des Unternehmens, welches mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte.

(52)

Bei der Frage des Vorliegens einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse äußerte die Kommission Zweifel, ob am Vorhalten einer Seuchenreserve ein öffentliches Interesse besteht, da grundsätzlich nach dem Verursacherprinzip die Landwirte zur Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen verpflichtet sind und durch die oben genannten von der Kommission genehmigten Beihilfen entsprechend gefördert werden. Zudem ist fraglich, ob die Umlage notwendig ist. Die Praxis anderer deutscher Bundesländer zeigt nämlich, dass die Anlagen privater Betreiber für den Fall von Tierseuchen eine ausreichende Seuchenreserve aufweisen, ohne dass sie eine zusätzliche Ausgleichszahlung für deren Vorhaltung erhalten würden.

(53)

Weiterhin bezweifelte die Kommission, ob die Verbandsordnung des ZT die Anforderungen an einen transparenten Betrauungsakt erfüllt, da vor 2010 weder die Vorhaltung einer Seuchenreserve als eine vom ZT zu erbringende gemeinwirtschaftliche Verpflichtung entsprechend definiert war, noch die notwendigen Parameter zur Kostenberechnung angegeben waren.

(54)

Hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer Ausgleichszahlung hat die Kommission die Frage aufgeworfen, ob die Umlagezahlungen nicht tatsächlich die Verluste aus unrentablen Leerkapazitäten finanzieren. Fraglich ist, ob eine zusätzliche Umlage notwendig ist, wenn in anderen Bundesländern alle Kosten von den Verursachern durch Gebühren abgedeckt werden.

(55)

Da der ZT nicht im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt wurde, ist zweifelhaft, ob der ZT ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen ist.

(56)

Folglich kommt die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass im Einzelnen geprüft werden muss, ob die Umlage an den ZT für die Vorhaltung einer Seuchenreserve tatsächlich notwendig ist oder ob der Markt nicht selbst genügend freie Anlagekapazitäten für den Seuchenfall bereitstellen würde.

(57)

Schließlich wurde die Argumentation Deutschlands bezweifelt, dass die Umlagezahlungen als Ausgleich für die Sanierungskosten von Altstandorten gerechtfertigt werden könnten. Gemäß Randnummer 132 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen vom 1. April 2008 (im Folgenden „Umweltschutzbeihilfeleitlinien“) (23) kann eine solche Beihilfe grundsätzlich nur dann als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn der Begünstigte nicht nach nationalem Recht haftbar gemacht werden kann, was in diesem Fall anscheinend nicht zutrifft.

4.   VERFAHREN VOR NATIONALEN GERICHTEN

(58)

In seinem Urteil vom 16. Dezember 2010 stellt das BVerwG fest, dass die Umlage für 2010 keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstelle, weil die Altmark-Kriterien erfüllt seien. Das BVerwG äußerte sich nicht zu früheren Umlagezahlungen, da es die Klage hinsichtlich der vor dem Jahr 2010 geleisteten Umlagezahlungen nicht für zulässig erachtete.

4.1.   Altmark-Kriterium 1

(59)

Nach Auffassung des BVerwG stellt die Beseitigung tierischer Nebenprodukte nach Maßgabe der Verordnung über tierische Nebenprodukte und § 3 Absatz 1 TierNebG eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dar und schließt auch die Vorhaltung einer Seuchenreserve ein.

(60)

Das BVerwG unterscheidet zwischen den Kapazitäten, die für den Normalbetrieb genutzt werden, einschließlich einer betriebsbedingten Leerkapazität, und der normalerweise ungenutzten Kapazität. Falls durch die Umlagezahlungen die Kosten für die Normalkapazität, einschließlich der betriebsbedingten Leerkapazität, abgedeckt würden, würde sich das BVerwG der Auffassung anschließen, dass aufgrund des Verursacherprinzips die Umlage eine staatliche Beihilfe darstelle.

(61)

Wenn jedoch die Umlagezahlungen die Kosten von Leerkapazitäten abdeckten, die ausschließlich für den Seuchenfall vorgehalten würden, dann stelle die Umlage keine staatliche Beihilfe dar. Dabei sei nicht von Belang, dass die Leerkapazität größer sein könne, als dies betrieblich erforderlich wäre, da es in der Natur der Sache liege, dass sie normalerweise nicht genutzt werde. Lediglich dann, wenn es Anzeichen dafür gebe, dass die Leerkapazität auch im Normalbetrieb genutzt werde (beispielsweise für die Beseitigung von Material der Kategorie 3), wäre eine andere Schlussfolgerung zu ziehen. Da dies jedoch offenbar nicht zutreffe, handele es sich bei der Umlage lediglich um einen Ausgleich für die Kosten, die sich aus der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve ergäben.

4.2.   Altmark-Kriterium 2

(62)

Was das Kriterium der Transparenz betrifft, so stellt das BVerwG fest, dass die Verbandsordnung am 2. Februar 2010, unmittelbar vor Erlass der Umlagebescheide für das Jahr 2010, geändert wurde. Das BVerwG gelangt zu der Auffassung, dass durch § 9 der Verbandsordnung von 2010 klargestellt sei, dass die Umlage ausschließlich zum Ausgleich der Kosten für die Vorhaltung der Seuchenreserve diene.

4.3.   Altmark-Kriterium 3

(63)

Durch den geänderten § 9 der Verbandsordnung sei sichergestellt, dass die Umlage lediglich dem Ausgleich der Kosten für die Vorhaltung der Seuchenreserve diene.

(64)

Darüber hinaus handele es sich bei der Entscheidung über die Dimensionierung der Reservekapazität nicht um eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, die nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Rentabilität getroffen werden müsste. Die Vorhaltung einer Seuchenreserve sei naturgemäß unwirtschaftlich, weil die Kosten für diese Leerkapazität in keinem Verhältnis zur Wahrscheinlichkeit des großflächigen Ausbruchs einer Tierseuche stünden.

4.4.   Altmark-Kriterium 4

(65)

Nach Auffassung des BVerwG kann das vierte Altmark-Kriterium auf diesen Fall nicht angewandt werden, weil die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 getrennt von der Beseitigung von Material der Kategorie 3 erfolge. Zwischen den vom ZT erbrachten öffentlichen und gewerblichen Dienstleistungen bestehe keine Überschneidung, wohingegen im Fall Altmark einem privaten Busunternehmen eine große Zahl gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen auferlegt waren (beispielsweise hinsichtlich der Zahl der Halte und des Fahrplans), welche die Art und Weise der Erbringung der zugrunde liegenden Beförderungsleistung erheblich modifizierten. Die Umlagezahlungen an den ZT dienten somit dem Ausgleich der Kosten einer öffentlichen Dienstleistung, die außerhalb des Marktes erbracht wird.

(66)

Ferner vertritt das BVerwG die Auffassung, dass eine öffentliche Stelle ihre im allgemeinen Interesse liegenden Aufgaben selbst erfüllen dürfe, ohne gezwungen zu sein, sich an private Dienstleistungsanbieter zu wenden. Mit Bezug auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Vergaberecht führt das BVerwG aus, dass es einer öffentlichen Stelle freistehe, zu entscheiden, ob sie eine Aufgabe mit ihren eigenen Mitteln erfülle oder diese am Markt beschaffe (24).

5.   STELLUNGNAHME DER BESCHWERDEFÜHRERIN

5.1.   Altmark-Kriterium 1

(67)

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Vorhaltung einer Seuchenreserve wegen des Verursacherprinzips keine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 AEUV darstelle.

(68)

Als Verursacher ließen sich problemlos Landwirte und Schlachthöfe identifizieren: Landwirte profitierten von der wirksamen Bekämpfung von Tierseuchen, da Tierseuchen eine Gefahr für ihre Herden und damit für ihre Vermögenswerte darstellen können. Schlachthöfe könnten durch die rasche und wirksame Bekämpfung von Tierseuchen ihren Betrieb in normalem Umfang fortführen.

(69)

Das Verursacherprinzip sei auch in den einschlägigen deutschen Gesetzen anerkannt, in denen regelmäßig Landwirte und Schlachtbetriebe als Verursacher bezeichnet würden, die die Kosten der Beseitigung zu tragen hätten (25).

5.2.   Altmark-Kriterium 2

(70)

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der ZT, erst nachdem die einzelstaatlichen Untersuchungen und die Untersuchungen der Kommission eingeleitet worden waren, geltend gemacht habe, dass er schon immer mit der Vorhaltung einer Seuchenreserve betraut gewesen sei. Vor der Änderung der Verbandsordnung im Jahr 2010 habe weder ein ausdrücklicher Auftrag zur Vorhaltung einer Seuchenreserve durch den ZT bestanden, noch seien im Vorfeld die Parameter für die Berechnung der Ausgleichszahlung festgelegt worden.

5.3.   Altmark-Kriterium 3

(71)

Die Beschwerdeführerin behauptet, dass Tierkörperbeseitigungsanlagen durch den Auftrag, eine Seuchenreserve vorzuhalten, keine Nettokosten entstünden.

5.3.1.   Seuchenreserve wird durch die betriebsbedingte Leerkapazität gedeckt

(72)

Tierkörperbeseitigungsanlagen würden in Deutschland in der Regel an 5 oder 6 Wochentagen im Zweischichtbetrieb betrieben, mit Schwankungen von +/- 5 % gemessen in Betriebsstunden. Bedingt durch saisonale Schwankungen werde bei starker Nachfrage Dreischichtbetrieb gefahren, bei schwacher Nachfrage hingegen wieder auf einen 5-Tage-2-Schichtbetrieb heruntergefahren. Durch das Böckenhoff-Gutachten (26) sei belegt, dass durch die dritte Schicht unter der Woche und weitere Schichten an den Wochenenden eine ausreichende Seuchenreserve vorgehalten werden könne, um ein erhöhtes Materialaufkommen im Seuchenfall zu bewältigen.

(73)

Die erforderliche Seuchenreserve könne daher durch die betriebsbedingten Leerkapazitäten gedeckt werden, die sich aus dem Normalbetrieb der Beseitigungsanlagen ergäben. Die Beschwerdeführerin hebt hervor, dass sie sich daher nie gezwungen sah, zur Vorhaltung einer ausreichenden Seuchenreserve zusätzliche Investitionen zu tätigen.

(74)

Ferner führt die Beschwerdeführerin an, dass bei der Kapazitätsplanung einer Beseitigungsanlage die Kapazitäten der angrenzenden Bundesländer berücksichtigt werden müssten. Im Falle eines massiven Krankheitsausbruchs können zur Bewältigung eines kurzzeitigen Anstiegs des Kapazitätsbedarfs die Kapazitäten anderer Bundesländer in Anspruch genommen werden. Es gebe keine gesetzlichen Bestimmungen, die den Transport von Materialien der Kategorien 1 und 2 verbieten würden. Im Gegenteil sähen die einschlägigen deutschen Rechtsvorschriften (27) im Seuchenfall den Rückgriff auf die Kapazitäten benachbarter Gebiete als naheliegende Möglichkeit für den Umgang mit Engpässen bei den Verarbeitungskapazitäten vor.

5.3.2.   Gesamtkosten sind aus den regulären Gebühreneinnahmen zu finanzieren

(75)

Nach Angaben der Beschwerdeführerin würden die Kosten für sämtliche Kapazitäten in der Regel aus den Gebühreneinnahmen finanziert, die das mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 betraute Unternehmen aus seinem regulären Betrieb erwirtschafte. Da die Kosten für betriebsbedingte Leerkapazitäten fester Bestandteil der Kosten der Betriebsanlage seien, könnten sie in die Berechnung der Gebühren einfließen. Die Beschwerdeführerin verweist dabei unter anderem auf ein Urteil des BVerwG (28), das klarstelle, dass die Kosten für sachlich gerechtfertigte Kapazitätsreserven in die Gebühren eingerechnet werden könnten.

(76)

In 10 der 16 Bundesländer seien ausschließlich Unternehmen im Privateigentum mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 betraut (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen). In einigen dieser Bundesländer befinden sich Regionen mit besonders großen Viehbeständen, so zum Beispiel in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In Bayern und Hessen werde die Tierkörperbeseitigung zum Teil von Unternehmen in Privateigentum wahrgenommen.

(77)

In den Bundesländern, in denen die Beschwerdeführerin oder verbundene Unternehmen mit der Beseitigung tierischer Nebenprodukte betraut sind, also in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen, legten die Behörde und das betraute Unternehmen gemeinsam die jährliche Maximalkapazität fest, die die Beseitigungsanlage vorzuhalten habe. Diese Kapazitäten würden als ausreichend angesehen, um im Seuchenfall die höhere Nachfrage bewältigen zu können. In einigen Ausschreibungen in Nordrhein-Westfalen würde nach Kenntnis der Beschwerdeführerin die Höhe der Seuchenreserve vorgegeben. Als Beispiel wird die Ausschreibung im Kreis Steinfurt angeführt, bei dem die Höhe der Seuchenreserve auf 5 % des Vorjahres-Viehbestands festgelegt worden sei. Die Beseitigungsgebühren würden so kalkuliert, dass die gesamten Fixkosten der Beseitigungsanlagen komplett aus den Beseitigungsgebühren refinanziert werden, die den Landwirten und Schlachtbetrieben in Rechnung gestellt werden.

(78)

Die Praxis der übrigen Bundesländer zeige folglich, dass die Gesamtkosten einer Beseitigungsanlage — einschließlich der Kosten für die Seuchenreserve — vollständig aus den Gebühreneinnahmen zu finanzieren seien, so dass eine zusätzliche Ausgleichszahlung durch die öffentliche Hand nicht notwendig sei.

5.3.3.   Tatsächliche Verwendung der Umlage durch den ZT

(79)

Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der ZT die Umlage nicht nur zur Finanzierung von Verlusten aus dem Normalbetrieb verwende, sondern auch zur Finanzierung von Verlusten aus der Vorhaltung von Überkapazitäten, die später für verbandsfremde Zwecke genutzt würden.

5.3.3.1.   Nutzung der angeblichen Seuchenreserve zur Erfüllung des öffentlichen Auftrags für Nord- und Mittelhessen

(80)

Ein Vergleich zwischen den im Fraunhofer-Gutachten (29) gezeigten Leerkapazitäten und den Leerkapazitäten, die der ZT in seinem Angebot für die Ausschreibung in Nord- und Mittelhessen im Jahr 2009 angibt, lasse eine deutliche Abnahme der Leerkapazität des ZT im zeitlichen Verlauf erkennen: Habe sich die Leerkapazität und damit die angeblich notwendige Seuchenreserve laut Fraunhofer-Gutachten noch auf rund 50 % der Gesamtkapazität in 2005 belaufen, so sei sie bis 2009 auf nur noch 35 % gesunken, wie dem Angebot des ZT für Nord- und Mittelhessen zu entnehmen sei.

(81)

Unter der Annahme, dass der ZT tatsächlich mit der Aufgabe betraut worden sei, eine Seuchenreserve vorzuhalten und dass 50 % der durchschnittlichen Kapazität des ZT eine angemessene Seuchenreserve darstellten (wie im Fraunhofer-Gutachten festgestellt), wäre der ZT weder in der Lage gewesen, an der öffentlichen Ausschreibung für Nordhessen teilzunehmen noch weitere Beseitigungsverpflichtungen in Baden-Württemberg zu übernehmen.

(82)

Da jedoch der ZT bei der öffentlichen Ausschreibung für Nordhessen tatsächlich den Auftrag erhalten habe und zusätzliche Beseitigungsleistungen übernommen habe, habe der ZT zwangsläufig einen Teil der angeblich notwendigen Seuchenreserve für den Normalbetrieb genutzt. Somit sei offenkundig, dass die Umlagezahlungen Kosten von Leerkapazitäten finanzierten, die nicht als Seuchenreserve benötigt würden.

5.3.3.2.   Finanzierung von nicht notwendigen Leerkapazitäten

(83)

Die Beschwerdeführerin vergleicht die vorhandenen Leerkapazitäten des ZT mit den in anderen Bundesländern verfügbaren Leerkapazitäten und gelangt zu der Schlussfolgerung, dass — unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Viehbestandsgrößen — die Leerkapazitäten des ZT die in anderen Bundesländern für die Seuchenreserve verfügbaren Leerkapazitäten um das Vier- bis Fünffache überstiegen würden. Damit würden aus der Umlage Leerkapazitäten finanziert, die im Vergleich zur Praxis anderer Bundesländer deutlich über die notwendige Seuchenreserve hinausgingen. Die überschüssigen Leerkapazitäten des ZT stünden dann zur späteren Nutzung für verbandsfremde Zwecke — wie der Teilnahme an der Ausschreibung in Nord- und Mittelhessen — zur Verfügung.

5.4.   Altmark-Kriterium 4

(84)

Die Beschwerdeführerin führt an, dass die Auftragsvergabe an den ZT nicht im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung erfolgt sei, während in den meisten anderen Bundesländern der leistungsfähigste Anbieter in einem öffentlichen Ausschreibungsverfahren ermittelt werde. Darüber hinaus sei keine Kostenanalyse vorgenommen worden, bei der die Kosten des ZT mit denen eines durchschnittlichem, gut geführtem Unternehmens verglichen worden seien.

(85)

Nach der Auffassung der Beschwerdeführerin hätten einer öffentlichen Ausschreibung in Rheinland-Pfalz keine rechtlichen Hindernisse entgegengestanden.

5.5.   Wettbewerbsverfälschung auf verbandsfremden Märkten

5.5.1.   Nicht kostendeckendes Angebot des ZT bei öffentlicher Ausschreibung für Nord- und Mittelhessen

(86)

Laut der Beschwerdeführerin lässt sich die wettbewerbsverzerrende Wirkung der Umlagezahlungen anhand des Verlaufs der öffentlichen Ausschreibung für Nordhessen veranschaulichen:

(87)

Vor der Ausschreibung war die Tierbeseitigungsanlage Schäfer GmbH (im Folgenden „TBA Schäfer“), ein verbundenes Unternehmen der Beschwerdeführerin, mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 betraut. Allerdings sei es der TBA Schäfer nicht möglich gewesen, sich bei der Ausschreibung im Jahr 2009 gegen den ZT durchzusetzen. Während die TBA Schäfer ihr Angebot auf der Grundlage der vollständigen Kosten habe abgeben müssen, sei es dem ZT möglich gewesen Gebühren anzubieten, die unter den Kosten lagen, weil ein Teil seiner Kapazitätskosten bereits durch die Umlagezahlungen finanziert worden sei.

(88)

Einen weiteren Beleg dafür, dass der ZT in der Ausschreibung für Nordhessen ein nicht kostendeckendes Angebot abgegeben habe, liefere der Vergleich mit den Gebühren, die der ZT in seinem Verbandsgebiet erhebe. Die dort vom ZT erhobene Gebühr betrage 328 EUR pro Tonne, während der ZT in seinem Angebot für die Ausschreibung für Nordhessen lediglich 208 EUR pro Tonne angesetzt habe. Da bei den Sammlungskosten zwischen beiden Gebieten keine beträchtlichen Unterschiede bestünden, erscheine nicht verständlich, wie der ZT für exakt die gleiche Dienstleistung für Nordhessen Gebühren anbieten könne, die um rund ein Drittel unter den Gebühren für sein eigenes Verbandsgebiet lagen.

(89)

Da die Kostenbasis der TBA Schäfer aus früheren Ausschreibungen bekannt gewesen sei, sei es für den ZT ein Leichtes gewesen, ein Angebot über 208 EUR pro Tonne abzugeben, das also um nur 4 EUR unter dem Angebot der TBA Schäfer in Höhe von 212 EUR pro Tonne gelegen sei, und so die Ausschreibung für sich zu entscheiden.

5.5.2.   Nicht kostendeckende Gebühren des ZT für die Beseitigung von Material der Kategorie 3

(90)

Die Beschwerdeführerin bekräftigt, dass durch die Pauschalpreispolitik des ZT in Rheinland-Pfalz der Anreiz für Schlachtbetriebe, Material der Kategorie 3 von Material der Kategorien 1 und 2 zu trennen, verfälscht werde. Folglich werde eine beträchtliche Menge an Material der Kategorie 3, das ansonsten zu Heimtierfutter weiterverarbeitet werden könnte, zusammen mit dem minderwertigen Material der Kategorien 1 und 2 entsorgt. (30)

(91)

Zudem sei die Menge an Material der Kategorie 3, die infolge der Preispolitik des ZT vom Markt genommen werde, höher als von der Kommission in ihrer vorläufigen Markteinschätzung angenommen. In Erwägungsgrund 33 der Eröffnung des Verfahrens sei angegeben, dass bei 72 % aller Schlachtungen in Rheinland-Pfalz eine Trennung von Materialien der Kategorie 3 erfolge. Diese Angabe beruht allerdings ausschließlich auf der Zahl der Schlachtungen. Würde man berücksichtigen, dass bei der Schlachtung von Rindern eine erheblich höhere Menge an Material der Kategorie 3 anfällt als bei der Schlachtung von Schweinen, dann würde sich ergeben, dass nur noch 45 % des Materials der Kategorie 3 getrennt wird. Die Marktverfälschung durch die Preispolitik des ZT sei damit noch deutlich stärker als bisher angenommen.

6.   STELLUNGNAHME VON ZT

(92)

Die Stellungnahme des ZT deckt sich in den relevanten Punkten mit der Stellungnahme Deutschlands, die im folgenden Abschnitt dargestellt wird. Die Stellungnahme des ZT wird daher nicht eigens aufgeführt, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden.

7.   STELLUNGNAHME DEUTSCHLANDS

(93)

Deutschland stellt in Abrede, dass die nach der Verbandsordnung des ZT erhobene Umlage eine rechtswidrige Beihilfe darstelle, da die Kriterien des Altmark-Urteils erfüllt seien. Darüberhinaus macht es geltend, dass diese Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar sei, da die Umlage nicht über die Kosten der Vorhaltung der Seuchenreserve und der Sanierungskosten von Altstandorten hinausgehe.

7.1.   Altmark-Kriterium 1

(94)

Deutschland führt zunächst aus, dass die Vorhaltung einer Seuchenreserve eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse sei. Deutschland stützt dies darauf, dass es sich bei der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 um eine kommunale Pflichtaufgabe handele.

(95)

Die Gebietskörperschaften hätten den ZT als rechtfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Erfüllung dieser Pflichtaufgabe betraut. Das allgemeine wirtschaftliche Interesse bestehe darin, dass die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 dem Schutz der menschlichen Gesundheit diene. Dies gelte vor allem im Seuchenfall.

(96)

Dabei sei zu beachten, dass dem ZT nicht entgegengehalten werden könne, dass eine Finanzierung auch gemäß dem TSE-Gemeinschaftsrahmen und dem Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 möglich gewesen sei. Denn diese regelten nur die Finanzierung von Kosten der Beseitigung tatsächlich angefallener Tierkörper (Falltiere), nicht aber von Kosten für die Vorhaltung einer Seuchenreserve. Die Umlage stehe daher auch nicht in Kumulation mit den genehmigten TSE-Beihilfen.

(97)

Zudem könnten bei der Beseitigung von Falltieren die Landwirte als Verursacher identifiziert werden, während die Verursacher im Falle der Kosten für die Seuchenreserve nicht problemlos ermittelbar seien.

7.2.   Altmark-Kriterium 2

(98)

Der ZT sei durch das TierNebGAG RP seit 1979 mit der Beseitigung tierischer Nebenprodukte betraut.

(99)

Mit der am 1. Februar 2010 geänderten Verbandsordnung sei die Größe der erforderlichen Seuchenreserve und die Parameter zur Berechnung der Nettokosten festgelegt worden. Als Grundlage habe das Fraunhofer-Gutachten gedient.

(100)

Deutschland betont, dass auch die vor Änderung der Verbandsordnung in 2010 durch den ZT von seinen Mitgliedern erhobenen Umlagen objektiv und transparent festgelegt worden seien. Insbesondere sei der Wirtschaftsplan für das jeweilige Jahr in einem öffentlichen Verfahren von der Verbandsversammlung des ZT als Satzung beschlossen, von der Aufsichtsbehörde genehmigt und in den Staatsanzeigern von Rheinland-Pfalz und Hessen sowie im Amtsblatt des Saarlandes öffentlich dargelegt worden.

7.3.   Altmark-Kriterium 3

(101)

Nach der Auffassung Deutschlands sei die vorgehaltene Seuchenreserve notwendig, um den Schutz der menschlichen Gesundheit im Seuchenfall zu gewährleisten.

7.3.1.   Gutachten zur Höhe der Seuchenreserve

(102)

Die Festlegung der Größe der Seuchenreserve in der am 2. Februar 2010 geänderten Verbandsordnung erfolgte laut Deutschland basierend auf dem Fraunhofer-Gutachten. Nach der Verfahrenseröffnung hat Deutschland ein weiteres Gutachten (31) des Instituts für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (im Folgenden „ISPA-RP-Gutachten“) eingeholt.

(103)

Das Fraunhofer-Gutachten schätze den erwarteten Materialanfall in verschiedenen Szenarien und unter Einbeziehung ihrer Eintrittswahrscheinlichkeiten. Das ISPA-RP-Gutachten verfolge einen methodisch detaillierten Ansatz zur Modellierung der verschiedenen Seuchenszenarien im Fall eines Ausbruchs von Maul- und Klauenseuche (MKS) oder Klassischer Schweinepest (KSP).

(104)

Beide Studien kämen zu dem Ergebnis, dass die vorhandenen Gesamtkapazitäten des ZT ausreichend seien, um neben den Normalmengen aus verbandseigenem und -fremden Materialien von durchschnittlich 1 700 Tonnen pro Woche auch noch die Mengen aus kurzfristigen als auch länger andauernden Seuchengeschehen zu verarbeiten.

7.3.1.1.   Kurzfristige Seuchengeschehen

(105)

Aus dem ISPA-RP-Gutachten ergebe sich, dass bei kurzfristigen Seuchengeschehen, wenn mit zusätzlich anfallenden Materialien in der Größenordnung von bis zu 200 Tonnen pro Tag innerhalb von 2 bis 5 Tagen auszugehen sei, die zusätzlich anfallenden Materialien gemeinsam mit der Normalmenge problemlos mit den vorhandenen wöchentlichen Leerkapazitäten von bis zu 1 523 Tonnen bei einem 3-Schicht-Betrieb an 5 Tagen verarbeitet werden könnten, ohne dass auf die zusätzlichen Schichten am Wochenende zurückgegriffen werden müsse.

(106)

Auch für Seuchengeschehen, die größere Teile des Verbandsgebiets beträfen, zeige sich, dass die während 8 Wochen anfallenden zusätzlichen wöchentlichen Mengen von 1 300 bis zu 1 800 Tonnen verarbeitet werden könnten, wenn auf die Wochenendschichten zurückgegriffen werde und damit kurzfristige Leerkapazitäten von bis zu 2 819 Tonnen pro Woche zur Verfügung stünden (siehe auch Tabelle 3 in Abschnitt 9.3.1).

7.3.1.2.   Langfristige Seuchengeschehen

(107)

Hier wird das Szenario eines verbandsweiten MKS-Ausbruchs mit einer Keulungsquote von 10 Prozent zugrundegelegt, wie im Jahr 2001 in Großbritannien. Dabei wird mit einem Anfall von durchschnittlich 1 300 Tonnen pro Woche über einen Zeitraum von 18 Wochen gerechnet. Das ISPA-RP-Gutachten zeige, dass die Anlagen des ZT auch diese Mengen in einem 3-Schicht-Betrieb an 5 Tagen über einen längeren Zeitraum neben der Normalmenge verarbeiten könnten (siehe Tabelle 3 auch in Abschnitt 9.3.1).

7.3.1.3.   Schlussfolgerungen aus den vorgelegten Studien

(108)

Die vorgelegten Studien zeigen nach Ansicht Deutschlands, dass die vorhandenen Gesamtkapazitäten bei einem 5-Tage-3-Schichten Betrieb ausreichend seien, um neben den normalen Mengen die zusätzlich anfallenden Mengen aus kurzfristigen als auch länger andauernden Seuchenereignissen zu verarbeiten. Dabei müsse in den meisten Szenarien nicht einmal auf die zusätzlichen Schichten, die noch am Wochenende bei Volllastbetrieb für 6 bis 12 Wochen zur Verfügung stehen, zurückgegriffen werden.

(109)

Die Studien ziehen als Schlussfolgerung, dass der ZT im 3-Schicht-Betrieb an 5 Tagen über ausreichende Gesamtkapazitäten verfüge, um die anfallenden Normalmengen und das erwartete Material aus länger andauernden Seuchengeschehen zu verarbeiten. Die derzeit verfügbare Gesamtkapazität sei daher nicht als überdimensioniert sondern als bedarfsgerecht zu bewerten.

7.3.2.   Kosten der Seuchenreserve

(110)

Die von Deutschland vorgelegten Berechnungen für die Kosten der Seuchenreserve folgen dem Ansatz des Fraunhofer-Gutachtens. Die Aufteilung der Kapazitätskosten zwischen Normalbetrieb und Seuchenreserve erfolgt aufgrund der durchschnittlichen Auslastung der Gesamtkapazität, die im 5-Tage-3-Schicht-Betrieb verfügbar ist. Im Durchschnitt zeigt sich, dass der ZT im Normalbetrieb seine Gesamtkapazität, die bei einem 3-Schicht-Betrieb an 5 Tagen verfügbar ist, zu rund 50 % auslastet.

(111)

Basierend auf diesem Auslastungsgrad werden dem Normalbetrieb und der Seuchenreserve jeweils rund 50 % der Kapazitätskosten bei Einsammlung und Verarbeitung zugewiesen (32). Dadurch würden sich folgende Kosten für die Vorhaltung der Seuchenreserve ergeben:

Tabelle 2

Kosten der Seuchenreserve laut Deutschland für den Zeitraum 2000 bis 2009

(in Euro)

 

Kosten der Seuchenreserve

2000

2 250 106

2001

2 608 383

2002

3 163 429

2003

3 121 934

2004

3 133 539

2005

2 986 695

2006

2 793 466

2007

2 606 508

2008

2 507 167

2009

1 961 515

Durchschnitt

2 784 282

(112)

Dabei sei zu beachten, dass der Seuchenreserve in den Jahren 2000 und 2001 nur ca. 45 Prozent der Kapazitätskosten zugewiesen worden seien, und im Jahr 2009 die Seuchenreserve durch die Hereinnahme des Auftrags aus Nord- und Mittelhessen um ca. ein Fünftel reduziert worden sei. Für die Jahre 1998 und 1999 liege keine Berechnung der Kosten der Seuchenreserve vor.

7.3.3.   Finanzierung der Kosten der Seuchenreserve über die Umlagezahlungen

(113)

Die von den Verbandsmitgliedern an den ZT gezahlten Umlagen hätten in den dargestellten Jahren, abgesehen vom Jahr 2009, unter den in Tabelle 2 aufgeführten Kosten der Seuchenreserve gelegen. Im Jahr 2009 sei die endgültige Umlage gleich hoch wie die Kosten gewesen.

(114)

Deutschland erklärt, dass die Kosten für die Vorhaltung der Seuchenreserve nicht in die Benutzungsgebühr einkalkuliert würden, weil dies gesetzlich nicht möglich sei. Zwar könnten die Gebietskörperschaften gem. § 7 des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz (KAG RP) Benutzungsgebühren als Gegenleistung für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen und Anlagen zur Deckung der Kosten erheben, wobei es aber nicht zu einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen der Leistung der Einrichtung oder Anlage und der Gebühr kommen dürfe. Nach § 8 KAG RP seien die den Benutzungsgebühren zugrunde liegenden Kosten nach den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen für Kostenrechnungen zu ermitteln. Laut Deutschland sei jedoch nur die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 gebührenbegründend, nicht jedoch die Vorhaltung der Seuchenreserve. Denn Letztere werden nicht in Form einer Gegenleistung für den einzelnen Abgabepflichtigen, sondern zur Begegnung künftiger Gefahren zugunsten der Allgemeinheit vorgehalten.

7.3.4.   Finanzierung in anderen Bundesländern

(115)

Auf Nachfrage der Kommission hat Deutschland eine bundesweite Umfrage über die Praxis der Bestimmung und Finanzierung der Seuchenreserve durchgeführt.

(116)

In allen Bundesländern — abgesehen vom Verbandsgebiet des ZT — wird die Seuchenreserve aus den betriebsbedingten Leerkapazitäten, die unter der Woche und am Wochenende vorhanden sind, abgedeckt. Traditionell werden auf der Grundlage des Böckenhoff-Gutachtens zur Seuchenbekämpfung keine zusätzlichen Investitionen in Kapazitäten vorgenommen. Die vorhandenen Leerkapazitäten aus der dritten Schicht unter der Woche und den Schichten am Wochenende sind für die Seuchenreserve ausreichend. Inzwischen werden alternative Berechnungsmethoden durch Gutachten — wie beispielsweise das ISPA-Gutachten für Niedersachsen (im Folgenden „ISPA-NS-Gutachten“) (33) — oder durch Abstimmung mit den betroffenen Interessensgruppen angewandt. Es bleibt jedoch bei der grundlegenden Einsicht des Böckenhoff-Gutachtens, dass zusätzliche Investitionen in Leerkapazitäten nicht notwendig sind.

(117)

Die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten werden über die Gebühren oder Entgelte (je nach Rechtsform des Betreibers) finanziert. Es gibt dabei unterschiedliche Regelungen, nach welchem Schlüssel die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten zwischen der Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen aufgeteilt werden.

(118)

Hinsichtlich der Beihilfen für Landwirte bei der Beseitigung von Falltieren gemäß des TSE-Gemeinscahftsrahmens und des Agrar-Beihilferahmens 2007-2013 kommt es in den meisten Bundesländern zu staatlichen Förderungen in Höhe von 67 % bis 75 % der Gebühren für die Beseitigung von Falltieren:

a)

Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen: Die Tierbesitzer zahlen 25 % der Verarbeitungskosten. 100 % der Sammlungskosten sowie die verbleibenden 75 % der Verarbeitungskosten werden durch die öffentliche Hand (Landkreise und Bundesländer) finanziert.

b)

Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg: Die Tierbesitzer zahlen 25 % bzw. 33 % der Sammlungs- und Verarbeitungskosten. Der verbleibende Anteil der Sammlungs- und Verarbeitungskosten (75 % bzw. 67 %) wird durch die öffentliche Hand übernommen.

c)

Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland: Die Sammlungskosten werden zu je einem Drittel durch die Landkreise, die Tierseuchenkasse und das Bundesland gezahlt. Die Finanzierung der Verarbeitungskosten erfolgt zu 66 % durch die öffentliche Hand, 25 % durch den Tierbesitzer und 8 % durch die Tierseuchenkasse.

d)

In Sachsen erfolgt die Finanzierung der Sammlungs- und Verarbeitungskosten zu 25 % durch die Tierbesitzer, 8 % durch die Tierseuchenkasse und 66 % durch die öffentliche Hand.

e)

In Niedersachen erfolgt die Finanzierung der Sammlungs- und Verarbeitungskosten zu 60 % durch die Tierseuchenkasse und zu 40 % durch die öffentliche Hand. Die Tierseuchenkasse stellt 25 % der Verarbeitungskosten den Tierbesitzern in Rechnung.

f)

In Schleswig-Holstein werden 100 % der Sammlungs- und Verarbeitungskosten von der Tierseuchenkasse getragen.

g)

In Mecklenburg-Vorpommern werden 100 % der Sammlungs- und Verarbeitungskosten von den Tierbesitzern getragen.

(119)

Dieser Überblick zeigt nach Ansicht Deutschlands, dass es von untergeordneter Bedeutung sei, ob die Seuchenreservekosten in die Entgelte und Gebühren einkalkuliert würden oder über eine Umlage wie in Rheinland-Pfalz finanziert würden. Entscheidend sei, wer die Kosten tatsächlich trage. Im Ergebnis zeige sich, dass große Teile der Kosten der Seuchenreserve von der öffentlichen Hand durch Beihilfen gemäß dem TSE-Gemeinschaftsrahmen oder dem Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 finanziert würden.

7.4.   Altmark-Kriterium 4

(120)

Deutschland vertritt die Auffassung, dass keine unionsrechtliche Verpflichtung bestehe, den Markt für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 durch Ausschreibungen zu öffnen. Dies sei auch durch den Gerichtshof bestätigt worden (34).

7.5.   Keine Wettbewerbsverzerrung auf verbandsfremden Märkten

(121)

Deutschland ist der Auffassung, dass es vorliegend auch zu keiner Wettbewerbsverzerrung auf den Märkten komme.

7.5.1.   Beseitigung von freier Ware durch den ZT ohne Quersubventionierung

(122)

Deutschland ist der Ansicht, dass es im Falle von Material der Kategorie 3 durch die vom ZT erhobene Umlage zu keinen Wettbewerbsverzerrungen gekommen sei, da keine Quersubventionierung stattfinde:

a)

Es sei aus den Jahresabschlüssen des ZT klar ersichtlich, dass der ZT mit der Verarbeitung von getrenntem Material der Kategorie 3 seit Jahren erhebliche Deckungsbeiträge erwirtschafte, was eine Quersubventionierung ausschließe.

b)

Werde Material der Kategorie 3 gemeinsam mit Material der Kategorien 1 und 2 angeliefert, seien die Durchmischungen (nach Gewicht) bereits im Vorhinein in die Gebühren einkalkuliert worden. Das bedeute, dass die Gebührenhöhe aus der Gebührensatzung die im Voraus kalkulierten Mengen an vermischtem Material der Kategorie bereits beinhalte.

(123)

Dass, wie von der Beschwerdeführerin angeführt werde, aufgrund der von ZT durchgeführten Preispolitik nur 45 Prozent des Materials der Kategorie getrennt werde, entbehre jeder Grundlage. Es seien vom ZT nie derartig hohe Mengen an Material der Kategorie 3 verarbeitet worden, wie ein Blick auf die einschlägigen Statistiken bestätigen würde. Für das Jahr 2009 lasse sich die von der Kommission in der Eröffnung des Verfahrens aufgeführte Trennungsquote von 72 Prozent bestätigen.

(124)

Darüber hinaus sei auch noch darauf hinzuweisen, dass im Verbandsgebiet 85 Prozent der Schlachtungen in 6 Betrieben durchgeführt würden, die eine Trennung im weitest gehenden Umfang vornähmen. Die Beschwerdeführerin sei in diesen Betrieben tätig und beziehe aus ihnen getrenntes Material der Kategorie 3. Die Beschwerdeführerin habe also Zugang zu den Märkten der Kategorie 3 und auf diesen Märkten auch einen sehr großen Anteil.

7.5.2.   Ausschreibung in Nord- und Mittelhessen

(125)

Die Tatsache, dass der ZT in Nord- und Mittelhessen andere Entgelte als im Verbandsgebiet verlangt, begründe keine Wettbewerbsverzerrung. Die Finanzierungsunterschiede seien durch unterschiedliche gesetzliche Kalkulationsvorgaben zu erklären. In Deutschland obliege die Beseitigung tierischer Nebenprodukte der Kategorien 1 und 2 gemäß § 3 Absatz 1 TierNebG grundsätzlich den nach Landesrecht zuständigen Gebietskörperschaften. In den jeweiligen Vorschriften auf Landes- und Kommunalebene könne die Finanzierung daher abweichend geregelt sein.

(126)

Werde die Aufgabe der Beseitigung tierischer Nebenprodukte von den Beseitigungspflichtigen nicht selbst durchgeführt, sondern die Aufgabe an Dritte — wie in Nord- und Mittelhessen — übertragen, dann richteten sich die Kalkulationsvorschriften nicht nach dem jeweils gültigen Kommunalabgabengesetz, sondern nach den „Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (LSP)“ (35).

(127)

Insbesondere in Bezug auf die Höhe der Zinskosten, die in die Gebühren bzw. Entgelte eingerechnet werden können, gebe es bedeutende Unterschiede zwischen dem KAG RP und den LSP, die für den ZT von Bedeutung seien, da der ZT seine Investitionen in erheblichem Maß über Kredite finanziert habe und dafür jedes Jahr einen signifikanten Betrag an Zinsen zahle.

(128)

Während der ZT diese tatsächlich angefallenen Zinskosten gemäß § 8 KAG RP in die Gebührenkalkulation einrechnen könne, sei es gemäß den LSP für die Entgelte in Nord- und Mittelhessen nur möglich gewesen, die kalkulatorischen Zinsen bezogen auf den Durchschnittswert des betriebsnotwendigen Vermögens anzusetzen und damit nicht die gesamten angefallenen Zinszahlungen weiter zu verrechnen.

(129)

Auch das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die TBA Schäfer aufgrund einer Quersubventionierung durch die Umlage im Auswahlverfahren in Nord- und Mittelhessen unterlegen sei, entbehre jeder Grundlage. Das höhere Gebot der TBA Schäfer erkläre sich dadurch, dass die TBA Schäfer zu geringe Produkterlöse angesetzt habe und zusätzlich höhere Verwaltungskosten und Konzernumlagen zu zahlen habe. Der ZT hingegen hätte die Produkterlöse in korrekter Höhe angesetzt und müsse, da er nicht Teil eines Konzerns sei, auch keine Konzernumlagen abliefern.

7.6.   Sanierung von Altstandorten

(130)

Deutschland führt an, dass ein Teil der vom ZT erhobenen Umlage dazu diene, die Sanierungskosten von zwei Altstandorten, Sprendlingen-Gensingen und Sohrschied, zu finanzieren.

(131)

An beiden Altstandorten hätten sich durch die Verwendung von Kohlenwasserstoff durch frühere Eigentümer bzw. Betreiber Boden- und Grundwasserkontaminationen aufgebaut. Beide Grundstücke seien bei der Gründung des ZT im Jahr 1979 in dessen Eigentum übergegangen.

(132)

Durch die Sanierungsbescheide der Bezirksregierung Koblenz vom 21. April 1997 und vom 31. März 1998 sei der ZT zu der Beseitigung der Kontaminationen verpflichtet worden. Ferner seien hinsichtlich der Sanierungsverpflichtung für den Standort Sprendlingen-Gensingen mit Nachbescheid vom 13. Juli 2001 noch weitere Auflagen ergangen. Die Sanierungskosten für den relevanten Zeitraum von 1998 bis 2010 beliefen sich für beide Altstandorte insgesamt auf 2 413 049 EUR.

7.6.1.   Altstandort Sprendlingen-Gensingen

(133)

Deutschland räumt ein, dass der ZT in Übereinstimmung mit dem Sanierungsbescheid vom 31. März 1998 dem Grunde nach für die Sanierungskosten am Altstandort Sprendlingen-Gensingen hafte. Es sei jedoch aus beihilferechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt, dass der ZT in voller Höhe für die Sanierungskosten selbst aufkomme, da eine unbegrenzte Haftung aufgrund der neueren deutschen Rechtsprechung zu einer Ungleichbehandlung gegenüber privaten Unternehmen führen würde.

(134)

Ein privates Unternehmen würde seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 (36) nach nationalem Recht nur bis zur Grenze der Zumutbarkeit haften. Diese könne nach dem Bundesverfassungsgericht erreicht sein, wenn die Haftung den Wert des Grundstücks überschreite. Oberhalb dieser Grenze könne eine Haftung nicht mehr als eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des in Artikel 14 Absatz 2 Satz 2 des deutschen Grundgesetzes gewährleisteten Eigentumsschutzes angesehen werden. Da sich der ZT aber als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf die Rechte, die privaten Personen aus dem deutschen Grundgesetz zustünden, berufen könne, komme diese Haftungsbegrenzung für den ZT nicht zum Tragen.

(135)

Deutschland trägt vor, dass der Altstandort Sprendlingen-Gensingen einen negativen Verkehrswert aufweise, weil der Bilanz vom 31. Dezember 2009 ein geschätzter Buchwert von 128 500 EUR zugrunde liege, aber die Sanierungskosten, welche sich inzwischen auf insgesamt 1 542 316 EUR belaufen, diesen Wert übersteigen würden. Damit sei die soeben dargestellte Haftungsgrenze überschritten.

(136)

Die Finanzierung der Sanierungskosten über der Haftungsgrenze durch die Umlage sei als vereinbare Beihilfe im Sinne von Randnummer 132 der Umweltschutzbeihilfeleitlinien anzusehen, da Private nur für Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswerts des Grundstücks aufkommen müssten.

7.6.2.   Altstandort Sohrschied

(137)

Obwohl der ZT mit dem Sanierungsbescheid vom 21. April 1997 als Verursacher haftbar gemacht worden ist, bezweifelt Deutschland, ob ZT tatsächlich nach deutschem Recht verpflichtet gewesen wäre, die Sanierungskosten für die Schäden, die durch den früheren Eigentümer bzw. Betreiber verursacht worden seien, zu übernehmen. Da die Fakten jedoch mehr als 30 Jahre zurücklägen, lasse sich die Haftungsfrage nicht mehr eindeutig klären.

(138)

Deutschland ist der Ansicht, dass die Umlage, soweit sie zu den Sanierungskosten für den Altstandort Sohrschied beitrage, eine vereinbare Beihilfe nach den Umweltbeihilfeleitlinien darstelle, da ZT nicht zur Sanierung verpflichtet gewesen wäre.

(139)

Weiterhin trägt Deutschland vor, dass der Altstandort Sohrschied ebenfalls einen negativen Verkehrswert aufweise und daher auch in diesem Fall die bereits dargestellte Haftungsgrenze überschritten sei.

8.   WÜRDIGUNG DER GENERELLEN VORAUSSETZUNGEN FÜR DAS VORLIEGENS EINER BEIHILFE NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 1 AEUV (UNTER AUSNAHME DER ALTMARK-BEDINGUNGEN)

(140)

Nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen oder zu beeinträchtigen drohen.

8.1.   Umlage aus staatlichen Mittel finanziert

(141)

Es wird von Deutschland nicht bestritten, dass es sich bei den Umlagezahlungen der Mitglieder des ZT um staatliche Mittel handelt. Mitglieder des ZT sind Landkreise und kreisfreie Städte von Rheinland-Pfalz, des Saarlands und Hessens. Da der ZT seit 1979 durch Verwaltungsakte eine Umlagezahlung von seinen Mitgliedern erhebt, umfasst die Maßnahme eine unmittelbare Übertragung staatlicher Mittel. Da es sich um Verwaltungsakte handelt, sind die Umlagezahlungen dem Staat zurechenbar.

8.2.   Wirtschaftlicher Vorteil für den ZT

(142)

Zunächst muss der Begünstigte ein Unternehmen sein. Der Begriff des Unternehmens umfasst jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Dies gilt nicht nur für private, sondern auch für öffentliche Unternehmen (37). Jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen in einem bestimmten Markt, in der Regel gegen Entgelt, anzubieten, ist eine wirtschaftliche Tätigkeit (38). Da der ZT Dienstleistungen für die Beseitigung bestimmter tierischer Nebenprodukte gegen Entgelt anbietet, ist der ZT ein Unternehmen.

(143)

Grundsätzlich verschaffen die Umlagezahlungen dem ZT einen wirtschaftlichen Vorteil, da sie die laufenden Ausgaben verringern und ihnen keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Deutschland führt jedoch an, dass die Umlagezahlungen nur die Kosten, die dem ZT aus der Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve entstanden seien, ausgeglichen hätten, und ihm daher kein wirtschaftlicher Vorteil entstanden sei.

(144)

Der Gerichtshof hat im Altmark-Urteil festgestellt, dass ein Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen keine staatliche Beihilfe darstellt, d. h. dem Begünstigten keinen Vorteil verschafft, sofern bestimmte Kriterien kumulativ erfüllt sind (39).

(145)

Aufgrund der Bedeutung des Altmark-Urteils für den vorliegenden Fall wird das Vorbringen Deutschlands, dass die Altmark-Kriterien erfüllt seien, separat und ausführlich in Abschnitt 9 gewürdigt.

8.3.   Wettbewerbsverzerrung und Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten

(146)

Deutschland vertritt die Auffassung, dass der Markt für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 aus dem Verbandsgebiet dem Wettbewerb nicht geöffnet sei und somit sowohl eine Wettbewerbsverzerrung als auch eine Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten ausgeschlossen werden könne.

(147)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 zwar regionale Monopole bestehen. Die Mehrzahl der zuständigen Gebietskörperschaften vergeben diese Monopole allerdings in der Form von Ausschreibungen. Es gibt somit einen Wettbewerb um den Markt. Im vorliegenden Fall wird dies durch die Ausschreibung für Nord- und Mittelhessen bestätigt.

(148)

In Einklang mit ihrem Beschluss vom 23. Februar 2011 über die staatliche Beihilfe C 58/06 (ex NN 98/05) Deutschlands für Bahnen der Stadt Monheim (BSM) und Rheinische Bahngesellschaft (RBM) im Verkehrsverband Rhein-Ruhr (40) ist die Kommission daher der Ansicht, dass der Markt für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 dem Wettbewerb geöffnet ist. Das Recht der Union als auch das nationale Recht lassen den mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 beauftragten Gebietskörperschaften die Wahl, entweder im Wege der Ausschreibung einen Anbieter auf dem Markt zu finden und mit der Aufgabe zu betrauen, oder die Beseitigung selber im Rahmen einer internen Lösung wahrzunehmen (41). Unabhängig von Deutschlands Vorbringen, dass der ZT die Kriterien für eine interne Vergabe einhalte (42), stärken die Umlagezahlungen daher die finanzielle Position des ZT gegenüber anderen potentiellen Anbietern. Da Anbieter aus allen Mitgliedstaaten sich an Ausschreibungen beteiligen können, ist die Umlage auch geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

(149)

Gleichfalls sind die wirtschaftlichen Vorteile aus den Umlagezahlungen geeignet, die Position des ZT auf den Märkten zu stärken, auf denen er in direkter Konkurrenz zu anderen Anbietern steht (Beseitigung von Material der Kategorie 3, Ausschreibung für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 in Nord- und Mittelhessen).

8.4.   Vorläufige Schlussfolgerung zum Vorliegen einer Beihilfe

(150)

Die Umlagezahlungen erfüllen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Im folgenden Abschnitt wird das Vorbringen Deutschlands, dass die vier Voraussetzungen des Altmark-Urteils erfüllt seien, eingehend geprüft.

9.   WÜRDIGUNG DER ALTMARK-KRITERIEN IM RAHMEN VON ARTIKEL 107 ABSATZ 1 AEUV

9.1.   Altmark-Kriterium 1

(151)

Das erste Altmark-Kriterium besagt, dass das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut und diese Verpflichtungen klar definiert sein müssen.

(152)

Vorab ist klarzustellen, dass für die Beurteilung zwischen dem Zeitraum von 1979 bis 2008 und von 2009 bis 2011 zu unterscheiden ist.

(153)

Vor der Änderung der Verbandsordnung am 2. Februar 2010 mit Rückwirkung vom 1. Januar 2009 war der ZT nur allgemein mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 betraut. Die alte Verbandsordnung bestimmte keinerlei Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve. Es bestand daher keine klar definierte Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums.

(154)

Mit der geänderten Verbandsordnung besteht nun neben der Verpflichtung zur Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 auch eine ausdrückliche Verpflichtung für den ZT zur Vorhaltung der Seuchenreserve.

(155)

Die Kommission wird im Folgenden zeigen, dass weder durch die Verpflichtung des ZT zur Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 noch durch die Verpflichtung des ZT zur Vorhaltung einer Seuchenreserve die Umlagezahlungen als staatliche Ausgleichszahlungen im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums gerechtfertigt werden können.

9.1.1.   Verpflichtung zur Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2

9.1.1.1.   Keine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse

(156)

Nach Auffassung des BVerwG stellt die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 und § 3 Absatz 1 TierNebG eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung und daher eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse dar. Das BVerwG misst dabei der Tatsache besondere Bedeutung bei, dass es sich bei der Beseitigung des Materials nach deutschem Recht um eine öffentliche Pflichtaufgabe handelt, und geht davon aus, dass der ZT insoweit hoheitlich handelt. Das BVerwG ist der Ansicht, dass die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung auch die Vorhaltung einer Seuchenreserve einschließe. (43)

(157)

Deutschland teilt diese Auffassung und macht außerdem geltend, dass die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 sowie die Vorhaltung der Seuchenreserve dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienten.

(158)

Da es sich bei der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 um eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung handele, sind nach Ansicht des BVerwG und Deutschlands die Umlagezahlungen als staatliche Ausgleichszahlungen für die Kosten, die dem ZT aus diesen Verpflichtungen entstehen, gerechtfertigt.

(159)

Wie auch in Randnummer 13 des Unionsrahmens für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (im Folgenden „DAWI-Unionsrahmen“) (44), erläutert wird, verfügen die Mitgliedstaaten nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Frage, welche Arten von Leistungen als Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anzusehen sind, über einen großen Ermessensspielraum, es sei denn, es handelt sich um Sektoren, für die es diesbezüglich spezielle Unionsvorschriften gibt.

(160)

Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung betont, dass ein allgemeines wirtschaftliches Interesse nur dann besteht, wenn es sich von dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens besonders unterscheidet (45).

(161)

Der Gerichtshof war sodann in der Rechtssache GEMO mit der Frage befasst, ob Landwirte und Schlachthöfe die gesamten Kosten der Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen zu tragen haben, oder ob der Staat einen Teil der Kosten mit der Begründung übernehmen darf, dass es sich um eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse handelt. Der Gerichtshof stellte in diesem Urteil klar, dass die gesamten Kosten von den Landwirten und Schlachthöfen zu tragen sind (46).

(162)

Der Gerichtshof stellte fest, dass die finanzielle Belastung, die durch die Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen entsteht, ein Kostenpunkt ist, der mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Landwirten und Schlachthöfen zwangsläufig verbunden ist. Durch die von diesen Betrieben ausgeübten Tätigkeiten entstehen nicht verwendbare und vor allem umweltschädliche Produkte und Rückstände, deren Beseitigung ihrem Verursacher obliegt.

(163)

Daher entsteht durch das Tätigwerden staatlicher Stellen mit dem Ziel, die Landwirte und Schlachthöfe von dieser Belastung zu befreien, ein wirtschaftlicher Vorteil, der geeignet ist, den Wettbewerb zu verfälschen. Auch wenn durch eine staatliche Übernahme der Beseitigungskosten ein gesundheitspolitisches Ziel verfolgt werde, ändere das nichts am Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils für die Landwirte und Schlachthöfe, da Artikel 107 Absatz 1 AEUV nach ständiger Rechtsprechung nicht nach den Gründen und Zielen staatlicher Interventionsmaßnahmen unterscheidet sondern sie nach ihren Wirkungen definiert (47).

(164)

Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Rahmen von TSE-Tests, Falltieren und Schlachtabfällen (2002/C 324/02) (bis 2006), Erwägungsgründe 27 und 37, und die Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007–2013 (2006/C 319/01), Abschnitt V.B.4, bestätigen ebenfalls, dass die jeweiligen Besitzer bzw. Hersteller der tierischen Nebenprodukte diejenigen sind, die für die ordnungsgemäße Beseitigung zu sorgen haben und nach dem Verursacherprinzip dafür die Kosten zu tragen haben. Ausnahmen von dieser Regel stellen nach diesen Texten staatliche Beihilfen dar, die nur in besonderen Situationen (insbesondere für Falltiere) zulässig sind.

(165)

Die grundsätzliche Geltung des Verursacherprinzips wird auch durch das rheinland-pfälzische Landesrecht bestätigt. § 4 Absatz 1 des TierNebGAG bestimmt insofern, dass die Kosten für die Beseitigung und damit in Zusammenhang stehenden Vorgängen den Besitzern auferlegt werden können.

(166)

Für den konkreten Fall ergeben sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, dem TSE-Gemeinschaftsrahmen und dem Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 folgende Schlussfolgerungen:

(167)

Zunächst ist für das Vorliegen einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse nicht entscheidend, ob der Mitgliedstaat die betreffende Dienstleistung als eine kommunale Pflichtaufgabe definiert. Die Definition einer Dienstleistung als kommunale Pflichtaufgabe entspricht der Gewährung eines ausschließlichen Rechts. Wäre die Rechtsansicht des BVerwG zutreffend, so könnte der Mitgliedstaat jedwede Dienstleistung als kommunale Pflichtaufgabe deklarieren, und so zu einer Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse machen. Eine solche Auslegung beraubte aber Artikel 106 AEUV einer jeglichen praktischen Wirksamkeit, denn Sinn und Zweck ist ja gerade, dass Ausgleichszahlungen nur dort gewährt werden dürfen, wo eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse dies rechtfertige.

(168)

Die Kommission ist der Ansicht, dass zwischen der Gewährung eines ausschließlichen Rechts einerseits und der Qualifikation einer Dienstleistung als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse andererseits zu unterscheiden ist.

(169)

Die Gewährung eines ausschließlichen Rechts für die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 kann eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gemäß Artikel 56 AEUV darstellen. Eine solche Beschränkung kann gemäß Artikel 52 in Verbindung mit Artikel 62 AEUV durch den Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt werden. Indem Deutschland und Rheinland-Pfalz festlegen, dass für eine bestimmte Region jeweils nur ein Unternehmen für die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 verantwortlich ist, wollen sie sicherstellen, dass dieses Unternehmen einer besonders intensiven Überwachung unterliegt, und so den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherstellen.

(170)

Eine Maßnahme, welche dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dient, stellt aber — entgegen der Ansicht Deutschlands und des BVerwG — nicht automatisch eine Dienstleistung im allgemeinen öffentlichen Interesse dar.

(171)

Die Kommission zieht also nicht nicht in Zweifel, dass es sich bei der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 um die Beseitigung von Abfällen handelt, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine besondere Gefahr für die Gesundheit darstellen. Deshalb sieht die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 ein strenges System der Kontrolle der Einrichtungen vor, welche diese Abfälle beseitigen. Aus diesen Vorschriften entstehen den Beseitigungsbetrieben sicher auch zusätzliche Kosten, die aber in die Gebühren und Entgelte einzurechnen sind.

(172)

Die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 unterscheidet sich in dieser Hinsicht nicht von der Beseitigung anderer Abfälle, die aufgrund ihrer Beschaffenheit eine besondere Gefahr für die Gesundheit darstellen. Die Kosten für die Beseitigung derartiger Abfälle sind üblicherweise von ihren Verursachern und nicht von der Allgemeinheit zu tragen.

(173)

Der Inhalt der Dienstleistung ist im vorliegenden Fall die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2. Somit muss die Kommission im vorliegenden Fall prüfen, ob diese Dienstleistung sich grundsätzlich von anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens besonders unterscheidet, so dass sie im allgemeinen Interesse, und nicht nur im Interesse der von ihr profitierenden Wirtschaftsteilnehmer ist.

(174)

Somit unterscheidet sich nach Ansicht der Kommission die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 ihrem Inhalt nach nicht grundsätzlich von anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens. Aus diesem Grunde kann sie nicht als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifiziert werden.

(175)

Entgegen der Ansicht des BVerwG führt die strenge Kontrolle, welche die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 vorschreibt, also nicht dazu, dass die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse anzusehen ist.

(176)

Hinzu kommt, dass der betreffende Sektor durch Vorschriften des Rechts der Union geregelt ist. Diese schreiben insbesondere vor, dass die Verursacher die Kosten für die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 zu tragen haben. Hieraus folgt, dass grundsätzlich kein Platz für eine Übernahme eines Teils der Kosten durch die Allgemeinheit besteht, wie der Gerichtshof im GEMO-Urteil festgestellt hat (48). Aufgrund dieser speziellen Vorschriften des Rechts der Union besteht kein Platz mehr für nationale Vorschriften, welche in Abweichung vom Recht der Union die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifizieren wollen. Aus diesem Grunde scheidet eine Qualifikation als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse aus.

(177)

Was schließlich den Vortrag Deutschlands angeht, dass die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 dem Schutz der menschlichen Gesundheit diene, sei nochmals auf das GEMO-Urteil verwiesen, in dem der Gerichtshof feststellt, dass Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht nach den Gründen und Zielen staatlicher Interventionsmaßnahmen fragt, sondern sie nach ihren Wirkungen definiert.

(178)

Daraus folgt, dass ein Wirtschaftsteilnehmer grundsätzlich die Kosten zu tragen hat, die sich aus regulatorischen Vorschriften für die Ausübung seiner Tätigkeit ergeben, wie etwa im vorliegenden Fall die strikten Vorschriften für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2. Das Ziel des Schutzes der menschlichen Gesundheit findet Beachtung für die Rechtfertigung der Gewährung eines ausschließlichen Rechts im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit und auf der Ebene der Vereinbarkeit von Beihilfen für Landwirte mit dem Binnenmarkt.

(179)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 von Deutschland nicht als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifiziert werden kann.

9.1.1.2.   Hilfsweise: Ausgleichszahlungen sind in keinem Fall erforderlich

(180)

Hilfsweise weist die Kommission darauf hin, dass dem ersten Altmark-Kriterium auch die Beurteilung der Notwendigkeit der Ausgleichszahlungen für eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse innewohnt. Selbst wenn die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 also eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse darstellen sollte, so ist die Notwendigkeit der Ausgleichszahlung zu prüfen.

(181)

Deutschland und das BVerwG übersehen in ihrer Argumentation, dass der Gerichtshof im GEMO-Urteil klargestellt hat, dass die Verpflichtungen, die die Betriebe, die mit der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 betraut sind, übernommen haben, keine staatlichen Ausgleichszahlungen für die Kosten, die aus diesen Verpflichtungen entstehen, rechtfertigen. Alle Kosten aus der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 sind von den Verursachern zu tragen, da es sich dabei um Kosten handelt, die zwangsläufig mit der wirtschaftlichen Tätigkeit von Landwirten und Schlachthöfen verbunden sind.

(182)

Der Gerichtshof hat entschieden, dass eine staatliche Ausgleichszahlung für die Kosten, die aus dieser Verpflichtung entstehen, nicht gerechtfertigt ist, da diese Kosten von den Verursachern zu tragen sind.

(183)

Entgegen der Ansicht des BVerwG lässt sich daher aus der strengen Kontrolle, welche die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 vorschreibt, nicht ableiten, dass die Kosten der Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 durch staatliche Ausgleichszahlungen gedeckt werden können.

(184)

Das heißt, alleine aus dem Vorliegen von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen lässt sich nicht ableiten, dass eine staatliche Ausgleichszahlung für die Kosten, die aus dieser Verpflichtung entstehen, gerechtfertigt ist.

(185)

Nach Ansicht der Kommission kann Deutschland die Umlagezahlungen nicht als staatliche Ausgleichszahlung für die Kosten, die dem ZT aus der Verpflichtung zur Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 entstehen, rechtfertigen, da gemäß dem Verursacherprinzip die gesamten Kosten aus den Gebühren, die der ZT von den Verursachern einhebt, abzudecken sind.

9.1.2.   Vorhaltung einer Seuchenreserve

(186)

Was sodann die Frage betrifft, ob die Reservekapazität in Isolierung betrachtet als eine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifiziert werden kann, ist Folgendes auszuführen. Nach deutschem Recht muss das Unternehmen, das ein Gebietsmonopol für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 hat, sicherstellen, dass es auch mit einem erhöhten Materialanfall im Fall einer Seuche umgehen kann. Wie der von Deutschland vorgelegte Vergleich der 16 Bundesländer zeigt, geschieht dies in allen Gebieten außerhalb des ZT dadurch, dass die Unternehmen ihre Anlagen im Drei-Schicht-Betrieb laufen lassen, dass sie sie auch am Wochenende laufen lassen, und dass sie gegebenenfalls Material in andere Bundesländer verbringen. Das heißt, dass durch die Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve keine zusätzlichen Kosten entstehen, da die Seuchenreserve aus den betriebsbedingt vorhandenen Leerkapazitäten abgedeckt werden kann.

(187)

Selbst wenn dadurch zusätzliche Kosten entstehen sollten, so müssten sie auf die Landwirte und Schlachthöfe umgelegt werden. Denn die Bewältigung von erhöhtem Materialaufwand in Seuchenzeiten ist Teil der Kosten, die üblicherweise mit dem Betrieb einer Anlage für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 einhergehen.

(188)

Dabei spielt es keine Rolle, dass die Eigentümer, d. h. die Gebietskörperschaften, durch einen hoheitlichen Akt das ihnen gehörende Unternehmen dazu verpflichten, eine Seuchenreserve vorzuhalten. Denn das Vorhalten der Seuchenreserve kann aus zwei Gründen nicht als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifiziert werden.

(189)

Für den Fall, dass die betriebsbedingt — und ohne zusätzliche Kosten — vorhandenen Leerkapazitäten nicht ausreichen, um die vorgeschriebene Seuchenreserve abzudecken, und daher zusätzliche Investitionskosten aus der Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve entstehen, sind diese Kosten aufgrund des Verursacherprinzips grundsätzlich aus den Gebühren oder Entgelten zu decken. Dabei besteht kein Unterschied zu den Argumenten in Bezug auf die Beseitigung anderer Abfälle (siehe dazu ausführlich Erwägungsgründe 156 bis 185).

(190)

Für den Fall, dass höhere Leerkapazitäten vorgehalten werden, als tatsächlich für den Seuchenfall erforderlich sind, fehlt es an jeglichem Interesse der Allgemeinheit an der Vorhaltung einer solchen überschüssigen Leerkapazität.

(191)

Das BVerwG ist diesbezüglich der Ansicht, dass es für die Qualifizierung des Vorhaltens der Reservekapazität unerheblich sei, ob der ZT zu große Kapazitäten vorhalte, die tatsächlich gar nicht erforderlich seien. Es sei allein Sache der Gebietskörperschaften, zu entscheiden, ob sie Überkapazitäten finanzierten oder auf deren Abbau drängten. Dies sei eine Frage der politischen Verantwortung der Gebietskörperschaften, aber nicht eine Frage des Beihilferechts (49). Dem ist nicht zuzustimmen, da tatsächlich gar nicht erforderliche Kapazitäten ungeeignet sind, dem Interesse der Allgemeinheit zu dienen.

(192)

Wie in Abschnitt 9.3 noch genauer erläutert wird, ergibt sich für den Fall des ZT, dass die vorgeschriebene Seuchenreserve aus den betriebsbedingt vorhandenen Leerkapazitäten abgedeckt werden kann und daher in keinem Fall eine Ausgleichszahlung gerechtfertigt werden kann.

(193)

Aus diesen Gründen ist die Kommission der Ansicht, dass auch die Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve nicht als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse qualifiziert werden kann. Hilfsweise ist die Kommission der Ansicht, dass sie in keinem Falle die Umlagezahlungen als staatliche Ausgleichszahlungen rechtfertigen kann.

9.1.3.   Beseitigung des Materials der Kategorie 3

(194)

Da der ZT nicht mit der Beseitigung von Material der Kategorie 3 betraut ist, scheidet schon aus diesem Grund eine Qualifizierung als Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse aus. Außerdem scheitert eine solche Qualifikation auch aus den in Abschnitt 9.1.1 angeführten Gründen.

9.1.4.   Zusammenfassung

(195)

Das erste Altmark-Kriterium ist somit im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

(196)

Die folgenden Ausführungen zum zweiten bis vierten Altmark-Kriterium erfolgen daher nur hilfsweise.

9.2.   Altmark-Kriterium 2

(197)

Das zweite Altmark-Kriterium verlangt, dass die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen sind. Gleicht daher ein Mitgliedstaat, ohne dass zuvor die Parameter dafür aufgestellt worden sind, die Verluste eines Unternehmens aus, so stellt dies einen Vorteil im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

(198)

Im vorliegenden Fall ist es notwendig, zwischen dem Zeitraum von 1979 bis 2008 und von 2009 bis 2012 zu unterscheiden.

9.2.1.   Zeitraum von 1979 bis 2008

(199)

Die Verbandsordnung, die am 28. Oktober 1994 beschlossen wurde, erlaubte es dem ZT, sämtliche nach Ablauf des Geschäftsjahres aufgelaufenen Verluste durch die Umlage abzudecken. Wie Deutschland jedoch angibt, sollten die Umlagezahlungen die Kosten, die dem ZT aus der Vorhaltung der Seuchenreserve entstanden sind, finanzieren.

(200)

In der Verbandsordnung aus 1994 finden sich jedoch weder Angaben zur Größe der Seuchenreserve, die der ZT hätte vorhalten sollen, noch zu den für die Berechnung der Seuchenreservekosten notwendigen Parametern. Der aufgelaufene Verlust ist kein objektiver Maßstab für die Kosten der Seuchenreserve, da die Höhe des Verlusts von vielen Einflussfaktoren abhängt, die nicht in Zusammenhang mit den Kosten der Seuchenreserve stehen.

(201)

Es wurde also keine objektive und transparente Methode im Voraus festgelegt, die die Berechnung der Kosten der Seuchenreserve ermöglicht hätte. Das zweite Altmark-Kriterium ist deshalb für den Zeitraum von 1979 bis 2008 nicht erfüllt.

9.2.2.   Zeitraum von 2009 bis 2012

(202)

Die Verbandsordnung wurde am 2. Februar 2010 rückwirkend zum 1. Januar 2009 geändert. In § 10 Absatz 2 wird nun ausdrücklich die Größe der vorzuhaltenden Seuchenreserve festgelegt. Gemäß § 9 Absatz 2 und § 10 Absatz 4 sollen die Kosten der Seuchenreserve und damit die Höhe der Umlage vor Beginn des Wirtschaftsjahres durch die Haushaltssatzung festgesetzt werden.

(203)

Mit § 10 Absatz 5 der neuen Verbandsordnung werden Vorschriften zur Kalkulation der Kosten der Seuchenreserve eingeführt. Dabei wird dem Fraunhofer-Gutachten folgend der vorgeschriebenen Seuchenreserve ein proportionaler Anteil der gesamten Kapazitätskosten zugewiesen. In der Verbandsordnung und den jährlichen Haushaltssatzungen werden die zur Kostenberechnung notwendigen Parameter aufgeführt. Die Kommission hat überprüft, dass es sich bei den Parametern um objektiv nachvollziehbare Daten handelt und die Berechnungsweise entsprechend eindeutig und transparent dargestellt ist. Für die Jahre ab 2010 werden die Umlagezahlungen daher im Voraus auf Grundlage objektiver und transparenter Parameter festgelegt.

(204)

Somit sind die Transparenzerfordernisse des zweiten Altmark-Kriteriums für die Jahre 2010 bis 2012 erfüllt. Es sei aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Kommission, obwohl sie anerkennt, dass die Berechnungen im Voraus und in entsprechender Transparenz durchgeführt werden, die angewandte Berechnungsformel für ungeeignet hält, eine Überkompensation im Sinne des dritten Altmark-Kriteriums zu verhindern.

(205)

Für das Jahr 2009 hingegen wurden die Vorschriften zur Kalkulation der Kosten, die Haushaltssatzung und die Höhe der Umlage rückwirkend und nicht vorab festgelegt. Deshalb ist das zweite Altmark-Kriterium in keinem Fall für 2009 erfüllt.

9.3.   Altmark-Kriterium 3

(206)

Das dritte Altmark-Kriterium schreibt vor, dass der Ausgleich nicht über das hinausgehen darf, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

(207)

Bei der Berechnung der Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung stützt sich die Kommission auf die NET-avoided-cost-Methode (50). Dabei werden die Nettokosten, die zur Erfüllung der Verpflichtungen zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen erforderlich sind oder erforderlich sein dürften, als Differenz zwischen den Nettokosten des Dienstleistungserbringers aus der Erfüllung der Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen und den Nettokosten desselben Dienstleistungserbringers ohne eine solche Verpflichtung berechnet. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass die Kosten bzw. Einnahmen, die der Dienstleistungserbringer nicht tragen müsste bzw. erzielen dürfte, falls keine Verpflichtung zur Erbringung von öffentlichen Dienstleistungen bestünde, korrekt bewertet werden. Bei der Berechnung der Nettokosten sollten die Vorteile zugunsten des Erbringers der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nach Möglichkeit einschließlich der immateriellen Vorteile, geprüft werden (51).

(208)

§ 10 Absatz 2 der Verbandsordnung vom 2. Februar 2010 legt in Bezug auf die Größe der Seuchenreserve fest, dass ab 2009 die vorzuhaltende Seuchenreserve 7 110 Tonnen beträgt, die innerhalb eines Zeitraumes von sechs Wochen zu verarbeiten sind. Umgerechnet auf Tonnen pro Woche hat der ZT also Vorsorge zu treffen, dass im Seuchenfall neben den Normalmengen noch weitere 1 185 Tonnen pro Woche über einen Zeitraum von sechs Wochen verarbeitet werden können (52).

(209)

Deutschland bringt vor, dass die Umlagezahlungen die Nettokosten ausglichen, die dem ZT aus der Vorhaltung der Seuchenreserve entstünden. Auch wenn die Verbandsordnung erst seit ihrer Änderung am 2. Februar 2010 eine explizite Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve enthalte, habe der ZT auch zuvor eine entsprechende Seuchenreserve vorgehalten und die daraus entstehenden Kosten tragen müssen. Im Besonderen sei es dem ZT aufgrund der Gebührenvorschriften in Rheinland-Pfalz nicht möglich gewesen, diese Kosten in die Gebühren für die Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 einzurechnen.

(210)

Aufbauend auf dem Fraunhofer-Gutachten berechnet Deutschland die Nettokosten der Seuchenreserve mit ungefähr der Hälfte der gesamten Anlagekosten für den Zeitraum von 2002 bis 2009, da die technisch mögliche Kapazität der Anlagen unter der Woche — das heißt im 5-Tage-3-Schicht-Betrieb — zu weniger als 50 Prozent ausgelastet werde.

(211)

Die Kommission wird im Folgenden zeigen, dass entgegen den Berechnungen Deutschlands dem ZT aus der Vorhaltung der Seuchenreserve in der vorgeschriebenen Größe keine Nettokosten entstanden sind. Die von Deutschland angeführten Kosten bestehen einerseits aus Kosten für die betriebsbedingt vorhandenen Leerkapazitäten, die durch die Gebühren und Entgelte abzudecken sind, und andererseits aus Kosten für Leerkapazitäten, die aus der Unterauslastung der Anlagen resultieren.

9.3.1.   Abdeckung der vorgeschriebenen Seuchenreserve aus den betriebsbedingt vorhandenen Leerkapazitäten des ZT

(212)

Das Böckenhoff-Gutachten aus 1991 hat sich erstmals mit der Frage auseinandergesetzt, ob es notwendig ist, eine größere Beseitigungsanlage als für den Normalbetrieb zu bauen, um ausreichend Kapazitäten im Seuchenfall zur Verfügung zu haben. Es kommt zur gegenteiligen Ansicht, da die Beseitigungsanlage im Normalbetrieb nur im 5-Tage-2-Schicht-Betrieb läuft und die betriebsbedingten Leerkapazitäten der dritten Schicht als ausreichende Seuchenreserve eingeschätzt werden.

(213)

Im Laufe der Zeit sind viele Beseitigungsbetriebe dazu übergegangen, auch im Normalbetrieb teilweise die dritte Schicht zu nutzen oder bei Belastungsspitzen auch am Samstag eine oder zwei Schichten zu fahren. Dies bedeutet, dass es zu einer höheren Auslastung im Normalbetrieb kommt und im Seuchenfall verstärkt auf die verfügbaren Leerkapazitäten am Wochenende zurückgegriffen werden muss.

(214)

Neuere Fachliteratur (53) bestätigt aber in detaillierten Szenario-Rechnungen nach wie vor die Grundaussage des Böckenhoff-Gutachtens, dass zur Seuchenbekämpfung keine zusätzlichen Investitionen in Leerkapazitäten nötig sind, sondern die vorhandenen Leerkapazitäten aus der dritten Schicht unter der Woche und den Schichten am Wochenende ausreichend sind, um die im Seuchenfall zusätzlich anfallenden Tierkörper zu beseitigen. Dabei wird die höhere Auslastung im Normalbetrieb berücksichtigt. Die Seuchengeschehen, die dabei untersucht werden, sind meist lokal begrenzte und kurzfristige Ausbrüche von klassischer Schweinepest (KSP) oder Maul- und Klauenseuche (MKS).

(215)

Auch die in der Verbandsordnung vom 2. Februar 2010 vorgeschriebene Seuchenreserve von 1 185 Tonnen pro Woche, die der ZT im Seuchenfall über einen Zeitraum von sechs Wochen bereitzustellen hat, ist auf lokal begrenzte Ausbrüche von KSP und MKS ausgelegt. Die Höhe der Seuchenreserve stützt sich auf das ISPA-RP-Gutachten, das zeigt, dass im Verbandsgebiet bei kurzfristigen Seuchengeschehen mit zusätzlichen Mengen an Tierkörpern in dieser Größenordnung zu rechnen ist.

(216)

Wie sich aus der folgenden Tabelle ergibt, lässt sich auch beim ZT — wie in den anderen Bundesländern — die vorgeschriebene Seuchenreserve aus den kurzfristig vorhandenen betriebsbedingten Leerkapazitäten in der Nacht und am Wochenende abdecken. Die betriebsbedingte Leerkapazität von 2 376 Tonnen pro Woche, die im 3-Schichten-7-Tage-Betrieb für eine Dauer von 6 Wochen verfügbar ist, beträgt ungefähr das Doppelte der vorgeschriebenen Seuchenreserve von 1 185 Tonnen pro Woche.

(217)

Auch wenn man davon ausgeht, dass die Anlagen bei einem 3-Schicht-7-Tage-Betrieb nicht maximal ausgelastet werden oder nicht durchgängig an 7 Tagen betrieben werden, sind noch immer ausreichend betriebsbedingte Leerkapazitäten vorhanden, um die vorgeschriebene Seuchenreserve abzudecken. Wie sich aus der Gegenüberstellung der vorgeschriebenen Seuchenreserve von 1 185 Tonnen pro Woche mit den laut ISPA-RP-Gutachten in den Anlagen des ZT vorhandenen Leerkapazitäten (54) ergibt, verfügt der ZT in der Nacht und am Wochenende über ausreichende betriebsbedingte Leerkapazitäten:

Tabelle 3

Vorhandende Leerkapazitäten des ZT im Vergleich zur vorgeschriebenen Seuchenreserve (basierend auf durchschnittlicher Auslastung im Zeitraum von 1998 bis 2009)

Betriebsart

Gesamtka pazität

Vorhandene Leerkapazitäten

Seuchenreserve lt. Verbandsordnung

Leerkapazitäten nach Abzug der Seuchenreserve

 

 

auslastungsbedingt

betriebsbedingt

gesamt

 

gesamt

2 Schichten an 5 Tagen Maximalkapazität

2 160

443

 

443

 

 

3 Schichten an 5 Tagen Maximalkapazität

3 240

443

1 080

1 523

1 185

338

3 Schichten an 7 Tagen Normalkapazität

3 864

443

1 704

2 147

962

3 Schichten an 7 Tagen Maximalkapazität

4 536

443

2 376

2 819

1 634

(218)

Es bestätigt sich also, dass der ZT — wie auch die Betriebe in den anderen Bundesländern — über ausreichende betriebsbedingte Leerkapazitäten verfügt, um die Seuchenreserve abzudecken. Es war daher für den ZT nie nötig, zusätzliche Kapazitäten zur Vorhaltung einer Seuchenreserve zu errichten. Somit sind dem ZT auch keine Nettokosten aus dieser Verpflichtung entstanden.

(219)

Deutschland führt aber weiter aus, dass es dem ZT rechtlich nicht möglich sei, die Kosten für Leerkapazitäten, die nur im Seuchenfall genutzt werden, in die Beseitigungsgebühren einzurechnen, da diese Seuchenreserve der Allgemeinheit zugutekommen würde.

(220)

Die Ergebnisse der Bundesländerumfrage und die vorgelegten Verträge der Beschwerdeführerin zeigen aber, dass unabhängig von der Rechtsform des Beseitigungsunternehmens oder den anzuwendenden Kalkulationsvorschriften alle Kapazitätskosten ausnahmslos über die Betriebseinnahmen finanziert werden. Dies zeigt sich auch eindeutig in § 8 KAG RP nach dem „die den Benutzungsgebühren und wiederkehrenden Beiträgen zugrunde liegenden Kosten nach den betriebswirtschaftlichen Grundsätzen für Kostenrechnungen zu ermitteln [sind]“. Das heißt, dass die Kosten der betriebsbedingten Leerkapazitäten proportional in die Gebühren einzurechnen sind, da sie ursächlich mit der Beseitigung von verbandseigenem und -fremden Material im Normalbetrieb zusammenhängen.

(221)

Auch das BVerwG stellt in seinem Urteil dem Grunde nach richtigerweise fest, dass die Kosten der betriebsbedingten Leerkapazitäten durch die Einnahmen aus der Beseitigung von verbandseigenem und -fremden Material zu finanzieren sind (55). Wenn daher — wie im Fall des ZT — die vorgeschriebene Seuchenreserve aus den betriebsbedingten Leerkapazitäten abgedeckt werden kann, besteht keine Notwendigkeit für eine Umlagezahlung.

(222)

Deutschland führt schließlich noch als Rechtfertigung für die Umlagezahlung an, dass alle betriebsbedingten Leerkapazitätskosten in der dritten Schicht unter der Woche durch die Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve entstanden seien. Ohne diese Verpflichtung würde der ZT seine technische Maximalkapazität im 5-Tage-3-Schicht-Betrieb zu 100 Prozent auslasten können.

(223)

Deutschland hat jedoch keinen Nachweis vorgelegt, dass ohne Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve keine betriebsbedingten Leerkapazitäten unter der Woche mehr bestehen würden. Es zeigt sich vielmehr — beispielsweise anhand des ISPA-NS-Gutachtens, dass auch Betriebe, die nur Material der Kategorie 3 beseitigen und daher überhaupt keiner Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve unterliegen, über erhebliche Leerkapazitäten verfügen und die gesamten Kapazitätskosten über ihre Entgelte finanzieren.

9.3.2.   Vorhandene Leerkapazitäten gehen über vorgeschriebene Seuchenreserve hinaus

(224)

Wie sich aus Tabelle 3 ergibt, verfügt der ZT über deutlich höhere Leerkapazitäten, als für die Vorhaltung der vorgeschriebenen Seuchenreserve notwendig wären. Die vorhandenen Leerkapazitäten sind kurzfristig mehr als doppelt so hoch als für den Seuchenfall nötig wären. Abbildung 2 zeigt, dass in manchen Jahren allein die Normalkapazität im 5-Tage-2-Schicht-Betrieb bis zu 25 % unausgelastet blieb. Die Kosten für Leerkapazitäten, die gar nicht für die vorgeschriebene Seuchenreserve benötigt werden, können auch nicht in die Nettokosten eingerechnet werden. Die von Deutschland vorgelegten Berechnungen der Nettokosten sind auch aus diesem Grund zurückzuweisen, da sie fälschlicherweise die Kosten für die gesamten Leerkapazitäten der Seuchenreserve zurechnen.

(225)

Das ISPA-RP- und das Fraunhofer-Gutachten zeigen, dass die vorhandenen Leerkapazitäten des ZT sogar ausreichend wären, um einen landesweiten MKS-Ausbruch innerhalb von 3 Monaten zu bewältigen. Der ZT ist aber niemals mit der Aufrechterhaltung der Seuchenreserve für einen Zeitraum von länger als 6 Wochen beauftragt worden. Das heißt, dass die Verbandsmitglieder den ZT nie dazu verpflichtet haben, eine längerfristige Seuchenreserve über 6 Wochen hinaus bereitzustellen, damit ein landesweites und länger andauerndes Seuchengeschehen vom ZT alleine bewältigt werden könnte. Daher ist der Vergleich zu der benötigten Kapazität für einen landesweiten MKS-Ausbruch irrelevant (56).

(226)

Dass der ZT über Anlagenkapazitäten verfügt, die deutlich über die Erfordernisse der Verbandsordnung hinausgehen, lässt sich auch anhand der folgenden Überlegungen zeigen: Der ZT ist durch die Verbandsordnung verpflichtet, das verbandseigene Material der Kategorien 1 und 2 zu verarbeiten, das im Durchschnitt ca. 900 Tonnen pro Woche beträgt (57). Rechnet man noch die vorgeschriebene Seuchenreserve von 1 185 Tonnen pro Woche dazu, benötigte der ZT daher eine Anlage mit einer Kapazität von 2 085 Tonnen pro Woche im 3-Schichten-7-Tage-Betrieb, um seine Verpflichtungen aus der Verbandsordnung zu erfüllen.

(227)

Tatsächlich verfügt der ZT jedoch über Anlagen mit einer maximalen Kapazität von 4 536 Tonnen pro Woche. Der ZT betreibt also Anlagen, die doppelt so hohe Kapazitäten aufweisen, wie für die in der Verbandsordnung festgelegten Aufgaben benötigt werden. Da der ZT über deutlich mehr Kapazitäten verfügt, als zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufträge notwendig sind, können ihm aus der Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve keine Nettokosten entstanden sein.

9.3.3.   Zusammenfassung

(228)

Es ist daher abschließend festzustellen, dass Deutschland nicht nachweisen konnte, dass dem ZT Nettokosten aus der Verpflichtung zur Vorhaltung der Seuchenreserve entstanden sind. Die Prüfung hat gezeigt, dass die Umlagezahlungen Kosten von Leerkapazitäten finanzieren, die einerseits betriebsbedingt im Normalbetrieb vorhanden sind (und daher aus den Gebühren und Entgelten für diese Leistungen zu finanzieren sind) oder andererseits darauf zurückzuführen sind, dass die Betriebsanlagen des ZT nicht genügend ausgelastet sind.

9.4.   Altmark-Kriterium 4

(229)

Das vierte Altmark-Kriterium besagt: Wenn die Wahl des Unternehmens, welches mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.

(230)

Die vier Altmark-Kriterien stellen die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass Ausgleichszahlungen einen Vorteil darstellen. Die Beweislast für ihre Einhaltung liegt deshalb beim Mitgliedstaat.

(231)

Weder wurde der ZT durch eine Ausschreibung ausgewählt, noch hat Deutschland einen Nachweis dafür vorgelegt, dass es sich bei dem ZT um ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen handelt. Somit hat Deutschland nicht nachgewiesen, dass das vierte Altmark-Kriterium erfüllt ist. Die hohen Gebühren für die Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz und die Notwendigkeit einer Finanzierung durch eine Umlage, die in keinem anderen Bundesland existiert, weisen gleichfalls darauf hin, dass der ZT kein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen ist.

(232)

Das vierte Altmark-Kriterium ist somit nicht erfüllt.

(233)

Das BVerwG vertritt die Ansicht, dass das vierte Altmark-Kriterium auf ZT nicht anwendbar sei, da die Umlage nicht dem Ausgleich von Mehrkosten aus der Übernahme einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung im Rahmen einer im Übrigen marktwirtschaftlichen Betätigung diene, sondern der Finanzierung der hoheitlichen Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe außerhalb des Marktes. Der hoheitliche Charakter der Erfüllung der Aufgabe ergibt sich für das BVerwG aus der politischen Entscheidung der Gebietskörperschaften, welche Mitglieder des Zweckverbandes sind, die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2 intern zu vergeben. Das BVerwG stützt seine Auslegung auf das Urteil des Gerichtshofs im Fall Stadtreinigung Hamburg (58).

(234)

Nach Ansicht des BVerwG setzt das vierte Altmark-Kriterium voraus, dass die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung durch ein privates Unternehmen zu erfüllen sei. Da dies im Falle einer internen Vergabe nicht der Fall sei, sei das vierte Altmark-Kriterium auf Unternehmen, die durch eine interne Vergabe betraut würden, nicht anwendbar (59).

(235)

Die Kommission teilt die Rechtsauffassung des BVerwG nicht. Zunächst ergibt sich aus dem vierten Altmark-Kriterium kein Anhaltspunkt dafür, dass es nicht auf den Fall einer internen Vergabe anwendbar ist. Im Gegenteil: Durch die zwei Alternativen (entweder Ausschreibung oder Analyse der Kosten, welche ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen hätte) zeigt der Gerichtshof, dass das vierte Altmark-Kriterium auch dann anwendbar ist, wenn keine Ausschreibung erfolgt ist, insbesondere also in der Situation der internen Vergabe.

(236)

Sodann betrifft das Urteil im Fall Stadtreinigung Hamburg nur die Frage, wann eine Pflicht zur Vergabe besteht, und wann nicht. Es lässt sich daraus aber keinerlei Schlussfolgerung für das Beihilferecht ziehen. Im Gegenteil: Die zweite Alternative des vierten Altmark-Kriteriums betrifft gerade den Fall, in dem keine Pflicht zur Ausschreibung besteht.

(237)

Ferner geht das BVerwG davon aus, dass das Gebietsmonopol für den ZT zur Folge habe, dass dieser nicht im Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehe, und es möglicherweise an einer Wettbewerbsverzerrung fehle. Die Wettbewerbsverzerrung ist aber ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal des Beihilfebegriffs, das vom Tatbestandsmerkmal des wirtschaftlichen Vorteils, in dessen Kontext die vier Altmark-Kriterien entwickelt wurden, verschieden ist. Das Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsverzerrung ist im vorliegenden Fall erfüllt (siehe Abschnitt 8.3). Auch hat die Kommission in Erwägungsgrund 37 ihrer Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (im Folgenden „DAWI-Mitteilung“) (60) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine interne Vergabe eine Wettbewerbsverzerrung nicht ausschließt.

(238)

Schließlich wirft die Betonung des hoheitlichen Charakters der Tätigkeit des ZT durch das BVerwG die Frage auf, ob das BVerwG die Anwendbarkeit des vierten Altmark-Kriteriums deshalb verneint, weil es davon ausgeht, dass der ZT keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübe. Auch dies ist nicht zutreffend: Der ZT bietet eine Dienstleistung gegen Entgelt an, und übt damit eine wirtschaftliche Tätigkeit aus (siehe Abschnitt 8.2). Dies hat die Kommission auch in Erwägungsgrund 13 der DAWI-Mitteilung ausdrücklich bestätigt.

9.5.   Schlussfolgerung in Bezug auf das Vorliegen von wirtschaftlichen Vorteilen für den ZT

(239)

Entgegen dem BVerwG-Urteil und dem Vorbringen Deutschlands sind die Kriterien des Altmark-Urteils nicht erfüllt. Erstens können die Umlagezahlungen dem Grunde nach nicht als staatliche Ausgleichszahlungen für die vom ZT übernommenen Verpflichtungen gerechtfertigt werden, da alle Kosten, die mit diesen Verpflichtungen verbunden sind, durch die Gebühreneinnahmen zu decken sind. Zweitens zeigt sich, dass entgegen dem Vorbringen Deutschlands dem ZT durch die Verpflichtung zur Vorhaltung einer Seuchenreserve keine Nettokosten entstanden sind. Die von Deutschland angeführten Kosten beziehen sich entweder auf betriebsbedingte Leerkapazitäten, die aus den Einnahmen aus den Gebühren und Erlösen zu decken sind, oder auf Leerkapazitäten, die über die vorgeschriebene Seuchenreserve hinausgehen. Drittens sind die Parameter zur Berechnung der Umlagezahlungen bis 2010 nicht mit der notwendigen Transparenz im Voraus festgelegt worden. Viertens konnte Deutschland nicht nachweisen, dass es sich beim ZT um ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen handelt.

(240)

Die Umlagezahlungen haben daher zu wirtschaftlichen Vorteilen für den ZT geführt.

(241)

Werden die von Deutschland fälschlich berechneten Kosten der Seuchenreserve verursachungsgerecht auf die verschiedenen erbrachten Leistungen — Beseitigung von verbandseigenem Material der Kategorien 1 und 2, Beseitigung von Material der Kategorien 1 und 2 aus Baden-Württemberg und Hessen sowie Beseitigung von Material der Kategorie 3 — aufgeteilt, lässt sich im Einzelnen zeigen, welche wirtschaftlichen Vorteile sich für den ZT aus den Umlagezahlungen auf den verschiedenen Märkten ergeben haben.

(242)

Die folgenden Abschnitte 9.5.1 bis 9.5.3 zeigen, dass die Umlagezahlungen tatsächlich Verluste ausgleichen, die sich auf folgende Gründe zurückführen lassen:

a)

minderwertige Verarbeitung von Kategorie-3-Material,

b)

unausgelastete Kapazitäten,

c)

nicht kostendeckende Entgelte für die Beseitigung in Nord- und Mittelhessen,

d)

nicht kostendeckende Gebühren für die Beseitigung von verbandseigenem Material.

9.5.1.   Verluste aus der Beseitigung von verbandseigenen und verbandsfremden Materialien bei verursachungsgerechter Verteilung der fälschlich berechneten Seuchenreservekosten

(243)

Aufbauend auf der vorliegenden Ergebnisrechnung des ZT für die Jahre 2002 bis 2009 werden alle angeblichen Kosten der Seuchenreserve verursachungsgerecht gemäß der Anlagennutzung im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb aufgeteilt.

(244)

Dabei ist an erster Stelle zu beachten, dass ein wesentlicher Grund für die hohen Leerkapazitätskosten in der Unterauslastung der Anlagen des ZT liegt. Es müssen daher zuallererst diese Leerkapazitätskosten, die sich durch die Unterauslastung im Normalbetrieb ergeben, herausgerechnet werden:

(245)

Wie sich aus den Auslastungsstatistiken in Tabelle 3 ergibt (siehe Spalte „auslastungsbedingte Leerkapazitäten“), hat der ZT seine vorhandenen technischen Kapazitäten im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb nie ausgeschöpft. Besonders ab 2002 ist die Auslastung durch den starken Rückgang an verbandseigenem Material stark gesunken. Als Maß für die Unterauslastung werden im Folgenden die Leerkapazitäten im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb verwendet. Als Vergleichspunkt für die Berechnung der Unterauslastung wird die höchste Auslastung im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb, die im Jahr 2002 mit 101 855 Jahrestonnen erzielt wurde, genommen. Daraus ergibt sich im Durchschnitt eine Unterauslastung von 13 Prozent.

(246)

Wie in der Spalte „auslastungsbedingte Leerkapazitäten (LK)“ der Tabelle 4 ersichtlich, belaufen sich die durchschnittlichen Kosten aus der Unterauslastung im Normalbetrieb auf 434 304 EUR. Der ZT hat für diese Kosten die betriebswirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen, da sie daraus resultieren, dass er eine Anlage betreibt, die im Normalbetrieb nicht ausgelastet ist.

(247)

Die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten werden proportional zur Nutzung im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb aufgeteilt. Sowohl die verbandseigenen als auch die verbandsfremden Leistungen tragen daher einen proportionalen Anteil der betriebsbedingten Leerkapazitätskosten. Dabei wird in Tabelle 4 zwischen betriebsbedingten Leerkapazitätskosten der Einsammlung und der Verarbeitung unterschieden.

(248)

Im Durchschnitt ergibt sich für den Zeitraum von 2002 bis 2009, dass der ZT weder bei den verbandseigenen noch bei den verbandsfremden Leistungen die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten aus den Umsätzen decken konnte. Der entsprechende „Deckungsbeitrag II“ zeigt bei den verbandsfremden Leistungen einen durchschnittlichen jährlichen Verlust von 1 198 257 EUR und bei den verbandseigenen Leistungen einen durchschnittlichen jährlichen Verlust von 1 140 898 EUR:

Tabelle 4

Ergebnisrechnung

(in Euro)

 

 

 

Falltiere

Schlachtabfälle

Verbandseigenes Material

Spalte 1 + 2

Material der Kategorie 3

BW und Hessen

Unterauslastung

Verbandsfremdes Material

Spalte 4 + 5 + 6

Gesamt

Spalte 3 + 7

(1)

 

Umsatz

3 624 234

5 130 693

8 754 926

 

[…]

 

[…]

[…]

(2)

 

Kosten lt ZT

3 624 234

3 877 155

7 501 388

[…]

[…]

 

[…]

[…]

(3)

 

Umsatz

3 624 234

5 130 693

8 754 926

[…]

[…]

 

[…]

[…]

(4)

Kosten korrigiert

3 624 234

5 077 019

8 701 252

[…]

[…]

 

[…]

[…]

(5)

 

Deckungsbeitrag I

 

53 674

53 674

[…]

[…]

 

[…]

[…]

(6)

Auslastungsbedingte Leerkapazitäten (LK)

 

 

 

 

 

[…]

[…]

[…]

(7)

Betriebsbedingte LK Einsammlung

70 077

236 780

306 857

[…]

 

[…]

[…]

[…]

(8)

Betriebsbedingte LK Verarbeitung

201 993

685 722

887 715

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

(9)

 

Deckungsbeitrag II

– 272 071

– 868 828

–1 140 898

[…]

[…]

[…]

[…]

[…]

(10)

nicht verteilte Fixkosten

 

 

 

 

 

 

 

[…]

(11)

 

Deckungsbeitrag III

 

 

 

 

 

 

 

[…]

(12)

+

Umlagezahlung

 

 

 

 

 

 

 

[…]

(13)

 

Ergebnis

 

 

 

 

 

 

 

[…]

Zeilen 1 bis 2: Angaben des ZT

Der ZT führt in seiner Kostenrechnung die Erlöse für die Beseitigung von Material der Kategorie 3 nicht eigens auf, sondern zieht sie wie die anderen Produkterlöse (z. B. für Fette und Öle) von den Gesamtkosten ab, die anschließend auf verbandseigene Schlachtabfälle, Material der Kategorie 3 und Material aus Baden-Württemberg und Hessen verteilt werden. Da im Folgenden jedoch eine getrennte Rechnung für Material der Kategorie 3 erstellt wird, sind die Erlöse aus der Beseitigung von Material der Kategorie aus den Gesamtkosten herauszurechnen.

Zeilen 3 bis 5: Berechnung von Deckungsbeitrag I

Um die korrigierten Kosten zu erhalten, werden die von den Kosten abgezogenen Erlöse aus der Verarbeitung von Material der Kategorie 3 proportional den Kosten der verbandseigenen Schlachtabfälle, dem Material der Kategorie 3 und dem Material aus Baden-Württemberg und Hessen zugeschlagen. Der Unterschied in den Gesamtkosten zwischen Zeile 2 und Zeile 4 entspricht daher den Erlösen aus Beseitigung von Material der Kategorie 3 in Zeile 3.

Aufgrund von fehlenden Daten konnte die Kommission nicht überprüfen, ob der ZT die Gesamtkosten in Zeile 2 bzw. 3 korrekt auf die verschiedenen Leistungen aufgeteilt hat. Im Besonderen sei darauf hingewiesen, dass die Beseitigung der Tierkörper einen überproportionalen Anteil der Kapazitätskosten trägt. Der Deckungsbeitrag I für verbandseigene Schlachtabfälle, Material der Kategorie 3 und Material aus Baden-Württemberg und Hessen könnte daher zu hoch angesetzt sein.

Zeilen 6 bis 9: Berechnung von Deckungsbeitrag II

Zuerst werden von den Kosten der Seuchenreserve die Unterauslastung im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb herausgerechnet (= auslastungsbedingte Leerkapazität). Daran anschließend werden die übrigen Kosten der Seuchenreserve proportional zu den angefallenen Mengen und der berechneten Unterauslastung aufgeteilt. Da für Baden-Württemberg keine Sammlung erfolgt, werden die Sammel- und Verarbeitungskosten getrennt behandelt. Da im Jahr 2009 für den Auftrag in Nord- und Mittelhessen bereits direkt Leerkapazitätskosten zugerechnet wurden, werden keine weiteren Kosten zugerechnet.

9.5.2.   Umlagezahlungen finanzieren Verluste aus der Beseitigung von verbandsfremden Material

(249)

Der ZT steht in den verbandsfremden Märkten mit Wettbewerbern in Konkurrenz, die die Gesamtkosten ihrer Anlagen vollständig aus ihren eigenen Umsätzen finanzieren müssen. Weder ein Betrieb, der mit dem ZT in Konkurrenz um Material der Kategorie 3 steht, noch der vorherige Betreiber in Nord- und Mittelhessen können auf eine zusätzliche staatliche Refinanzierung von betriebsbedingten Leerkapazitäten oder nachfragebestimmten Unterauslastungen zurückgreifen.

9.5.2.1.   Verluste aus der Beseitigung von Material der Kategorie 3

(250)

Wie alle anderen Betriebe, die ohne öffentlichen Auftrag Material der Kategorie 3 beseitigen, hat der ZT alle damit verbundenen Kosten und Risiken selbst zu tragen.

(251)

Der ZT beseitigt Material der Kategorie 3 gemeinsam mit Material der Kategorien 1 und 2 und kann daher nicht dieselben Produkterlöse erzielen, wie wenn die Beseitigung von Material der Kategorie 3 getrennt von Material der Kategorien 1 und 2 erfolgt. Durch die gestiegene Nachfrage nach reinem Material der Kategorie 3 sind aber die Preise stark gefallen, die der ZT von den Schlachtbetrieben erhalten kann. Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, zahlen Beseitigungsunternehmen für gewisse Materialien der Kategorie 3 sogar ein Entgelt an die Schlachtbetriebe.

(252)

Dieser Trend zeigt sich deutlich in der Entwicklung der Erlöse pro verarbeitete Tonne an Material der Kategorie 3: Konnte der ZT im Jahr 2002 noch einen Erlös je Tonne von […] EUR erreichen, belief sich dieser nach einer kontinuierlichen Abnahme im Jahr 2009 nur noch auf […] EUR. Das entspricht einem Rückgang des Erlöses pro Tonne um fast 70 % in sieben Jahren.

Abbildung 1

Entwicklung der Deckungsbeiträge für Material der Kategorie 3 von 2000 bis 2009 (in Euro)

(…)

(253)

Die Verarbeitung von Material der Kategorie 3 ist für den ZT daher über die letzten Jahre zu einem zunehmend unprofitablen Geschäft geworden. Während der ZT bis 2004 noch seine direkten Kosten decken konnte, lieferte die Beseitigung von Material der Kategorie 3 in den folgenden Jahren keinen positiven Beitrag mehr zur Deckung der Leerkapazitätskosten.

(254)

Die von Deutschland aufgestellte Berechnung, dass die Erlöse, die der ZT mit der Beseitigung von Material der Kategorie 3 erzielen kann, über den direkten Kosten liegen, ist fehlerhaft. Deutschland nimmt für seine Berechnung die Kosten an, die bereits um die Erlöse verringert sind (siehe Zeile 2 der Tabelle 4), anstatt richtigerweise die tatsächlich angefallenen Kosten anzusetzen (siehe korrigierte Kosten aus Zeile 4 der Tabelle 4).

(255)

Der ZT nimmt offensichtlich die Dauerverluste, die sich aus der minderwertigen Beseitigung von Material der Kategorie 3 ergeben, in Kauf, um die Auslastung seiner Anlagen aufrechtzuerhalten.

9.5.2.   Verluste aus Unterauslastung

(256)

Ein weiterer wesentlicher Grund für die Verluste des ZT liegt darin, dass die Anlagen in den meisten Jahren schlecht ausgelastet waren. Die Unterauslastung stieg in manchen Jahren im 5-Tage-2-Schicht-Betrieb auf mehr als 25 % gemessen an der besten Auslastung in 2001. Nur in den Jahren 2001 und 2002 konnte durch die TSE-Krise eine bessere Auslastung erzielt werden, ohne jedoch auch in diesen Jahren auf die betriebsbedingten Leerkapazitäten in der Nacht oder am Wochenende zurückgreifen zu müssen.

Abbildung 2

Unterauslastung der Normalkapazitäten des ZT im 5-Tages-2-Schicht-Betrieb von 1998 bis 2009

Image

(257)

Der Grund für die deutliche Unterauslastung nach 2002 liegt im Rückgang der Tierbestände und damit der Menge an verbandseigenem Material, das zwischen 2002 und 2009 um mehr als 35 Prozent gesunken ist. Der ZT versuchte, die frei gewordenen Kapazitäten durch eine vermehrte Hereinnahme von verbandsfremdem Material auszulasten. Jedoch konnte erst durch die erfolgreiche Teilnahme an der Ausschreibung für Nord- und Mittelhessen die Auslastung wieder annähernd auf das Niveau von 2002/2003 gebracht werden.

9.5.2.3.   Verluste aus der Ausschreibung in Nord- und Mittelhessen

(258)

Da der ZT die Beseitigung in Nord- und Mittelhessen erst seit 2009 durchführt, liegen nur wenige Daten über die Ergebnisse aus diesem Auftrag vor. Aus der vorgelegten Kostenrechnung in 2009 würde sich ergeben, dass der neue Auftrag einen positiven Deckungsbeitrag nach Abzug der betriebsbedingten Leerkapazitätskosten von ca. 200 000 EUR erwirtschaftet.

(259)

Aus den Ausschreibungsunterlagen lässt sich aber schließen, dass der ZT ein Angebot unter seinen tatsächlichen Kosten abgegeben hat. Wie Deutschland selbst ausführt, liegen die Zinsen, die der ZT für seine Bankkredite zahlt, über den kalkulatorischen Zinsen, die der ZT gemäß den Kalkulationsvorschriften bei der Ausschreibung ansetzte. Das heißt, dass der ZT nicht erwartet, dass er seine gesamten Zinskosten für das aufgenommene Fremdkapital decken noch eine angemessene Rendite auf das Eigenkapital erwirtschaften kann.

(260)

Die gesamten Fremdkapitalzinsen für den ZT betragen 1,07 Mio. EUR pro Jahr. Geht man entsprechend dem Anteil der Beseitigungsmenge aus Nord- und Mittelhessen an der Gesamtkapazität davon aus, dass etwa ein Viertel der Fremdkapitalkosten dem Auftrag aus Nord- und Mittelhessen zuzurechnen sind, ergeben sich anteilige Kosten von 0,26 Mio. EUR im Vergleich zu 0,16 Mio. EUR, die der ZT in seiner Gebührenkalkulation für Nord- und Mittelhessen angesetzt hat. Zu den jährlich nicht gedeckten Fremdkapitalzinsen von 0,10 Mio. EUR kommen noch die nicht gedeckten Eigenkapitalzinsen hinzu.

(261)

Ein wirtschaftlich handelnder Unternehmer hätte daher kein Angebot abgegeben, dass von vornherein nicht die erwarteten Kapitalkosten deckt. Daran ändert auch der wiederholte Verweis von Deutschland auf angebliche Vorgaben in der Entgeltkalkulation, die es nicht erlauben würden, die vollen Kosten weiter zu verrechnen, nichts. Kein privater Unternehmer kann gezwungen werden oder wäre bereit, Leistungen zu Preisen anzubieten, die es ihm nicht erlauben würden, seine Kosten zu decken und einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften.

(262)

Auch wenn man von der für 2009 vorgelegten Kostenrechnung ausgeht, nach der sich ein positiver Deckungsbeitrag von ca. 200 000 EUR ergibt, können die erwarteten Deckungsbeiträge über die Auftragsdauer von 10 Jahren nicht die entstandenen Verluste aus der Unterauslastung ausgleichen, die in den Jahren ab 2002 im jährlichen Durchschnitt ca. 700 000 EUR betrugen. Ein wirtschaftlich handelnder Unternehmer hätte unterausgelastete Kapazitäten nicht über einen derartig langen Zeitraum aufrechterhalten.

(263)

Bei den verbandsfremden Materialen zeigt sich also, dass der ZT dank der Umlage einerseits Kapazitäten zu Preisen, die unter seinen Kosten liegen, am Markt absetzt, und andererseits unausgelastete Kapazitäten über Jahre hinweg vorhält, deren zukünftige Erträge nicht die Verluste der Unterauslastung in den vorangegangen Jahren ausgleichen können. Es zeigt sich also, dass der ZT Kapazitäten am Markt gehalten hat, die sich ein wirtschaftlich handelndes Beseitigungsunternehmen nicht hätte leisten können.

9.5.3.   Umlagezahlungen finanzieren Verluste aus der Beseitigung von verbandseigenem Material

(264)

Die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten, die sich aus der Beseitigung von verbandseigenem Material ergeben, sind durch die Gebühreneinnahmen zu decken. Dabei hat der ZT, wie alle anderen Betriebe, die mit der Beseitigung von Pflichtmaterial betraut sind, in eigener Verantwortung dafür zu sorgen, dass er durch eine entsprechende Betriebsführung diese Aufgabe wirtschaftlich erfüllt. Eine zusätzliche Ausgleichszahlung würde ihn aus dieser wirtschaftlichen Verantwortung entlassen.

(265)

Die betriebsbedingten Leerkapazitätskosten sind daher auf die Beseitigung von Falltieren und Schlachtabfällen aufzuteilen. Es gibt in den Bundesländern verschiedene Ansätze, wie die Kosten der betrieblich bedingten Leerkapazitäten zwischen der Beseitigung von Schlachtabfällen und Tierkörpern aufgeteilt werden. In manchen Bundesländern werden den Falltieren höhere Anteile als den Schlachtabfällen an den Leerkapazitätskosten zugewiesen. Da weder die Gebühren- noch die Verbandsordnung einen entsprechenden Aufteilungsschlüssel festlegt, werden die Leerkapazitätskosten proportional aufgeteilt.

9.5.3.1.   Nicht kostendeckende Preise bei der Beseitigung von Schlachtabfällen

(266)

Wie Deutschland selbst ausführt, steht der ZT bei der Beseitigung von Schlachtabfällen in Konkurrenz zu anderen Beseitigungsbetrieben. Die Gebührenhöhe für die Beseitigung von verbandseigenem Schlachtabfall beeinflusst die Trennungsquote der Schlachtbetriebe und damit wie viel getrenntes Material der Kategorie 3 für andere Beseitigungsbetriebe zur Verfügung steht.

(267)

Während im Durchschnitt die Erlöse knapp die direkten Kosten decken, zeigt sich im Zeitablauf ein ähnliches Bild wie bei den Deckungsbeiträgen von Material der Kategorie 3: Bis 2004 überstiegen die Erlöse die direkten Kosten. Aber mit der neuen Gebührensatzung ab 2005, die zu einem Rückgang der durchschnittlichen Erlöse pro Tonne von 160 EUR auf 116 EUR — also um 27,5 Prozent — führte, konnten in den folgenden Jahren nicht einmal mehr die direkten Kosten gedeckt werden und daher auch kein Beitrag zur Deckung der betriebsbedingten Leerkapazitätskosten erzielt werden. Erst in 2009 zeigte sich wieder ein positiver Deckungsbeitrag I (vgl. Tabelle 4).

(268)

Ohne die Umlage hätte der ZT diese Preispolitik offensichtlich nicht aufrechterhalten können. Genau wie bei den Schlachtabfällen der Kategorie 3 akzeptierte der ZT ab 2005 Preise, die nicht einmal seine direkten Kosten deckten, um weiterhin seine Anlagen auslasten zu können. Insgesamt ergibt sich für die verbandseigenen Materialien ein deutlich negativer Deckungsbeitrag II — nach Abzug der betrieblichen Leerkapazitätskosten — in Höhe von ca. 13 Prozent des Umsatzes (vgl. Tabelle 4).

9.5.3.2.   Festigung der Monopolsituation im Verbandsgebiet durch direkte Umlagezahlung

(269)

Deutschland ist der Ansicht, dass sich für den ZT aus den Umlagezahlungen kein wirtschaftlicher Vorteil ergeben habe, da es keine Rolle spiele, ob der Staat eine Entschädigung für die Vorhaltung der Seuchenreserve direkt an das Beseitigungsunternehmen gewähre oder indirekt durch eine TSE-Beihilfe an die Verursacher finanziere. Im letzteren Fall würden die Kosten der Seuchenreserve zwar in die Gebühren eingerechnet, aber gleichzeitig würden die Verursacher durch eine entsprechend höhere Beihilfe entlastet. In beiden Fällen trage effektiv die öffentliche Hand einen Großteil der Last, worauf es letztlich bei der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ankomme.

(270)

Erstens ist nochmals darauf hinzuweisen (siehe Abschnitt 2.5.3), dass der ZT die Umlage zusätzlich zu den TSE-Beihilfen an die Landwirte erhält. Außerdem erhält der ZT aus den TSE-Beihilfen in Rheinland-Pfalz bereits eine höhere Förderung als vergleichsweise in Nord- und Mittelhessen, da dort der Tonnenpreis — und damit die Basis für die TSE-Beihilfe — mit 212 EUR deutlich unter dem Tonnenpreis von 390 EUR in Rheinland-Pfalz liegt. Es ist offensichtlich nicht der Fall, dass die Landwirte im Verbandsgebiet durch die Umlagezahlungen von niedrigeren Gebühren profitieren.

(271)

Zweitens verlangt der TSE-Gemeinschaftsrahmen ausdrücklich den Nachweis, dass Beihilfen nicht nachgelagerten Produktionsbetrieben zugutekommen (61). Wie die vorhergehende Prüfung in den Abschnitten 9.5.2 und 9.5.3 zeigt, nutzt der ZT die Umlage tatsächlich aber dazu, um Verluste aus seiner Preispolitik, nicht ausgelasteten Kapazitäten oder sonstige Ineffizienzen in seiner Betriebsführung zu finanzieren.

(272)

Deutschland kann also offensichtlich nicht nachweisen, dass die Umlagezahlung den Landwirten als Entschädigung von Kosten der Falltierbeseitigung zugutekommt. Im Gegenteil stellt sich die Frage, ob die Landwirte nicht ohne die Umlagezahlung von niedrigeren Gebühren profitieren würden, weil der ZT dann bereits zu einem früheren Zeitpunkt größerem wirtschaftlichem Druck ausgesetzt gewesen wäre, seine Kapazitäten und seine Betriebsführung den Marktgegebenheiten anzupassen.

9.5.4.   Zusammenfassung

(273)

Deutschland kann nicht nachweisen, dass die Umlagezahlungen an den ZT als staatliche Ausgleichszahlungen für die Verpflichtungen aus der Verbandsordnung gerechtfertigt sind. Die Kriterien des Altmark-Urteils sind nicht erfüllt.

(274)

Eine eingehende Prüfung der Erlös- und Kostenrechnung des ZT zeigt vielmehr, dass die Umlagezahlungen dem ZT wirtschaftliche Vorteile bei der Beseitigung von verbandseigenem und verbandsfremden Material verschaffen.

(275)

Die Umlagezahlungen stellen daher staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

10.   WÜRDIGUNG DER RECHTSWIDRIGKEIT NACH ARTIKEL 108 ABSATZ 3 AEUV

(276)

Die Umlagen, die der ZT seit 1979 erhält, wurden bei der Kommission nicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV angemeldet. Die Umlagen stellen daher nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV rechtswidrige staatliche Beihilfen dar.

(277)

Eine Befreiung von der Anmeldepflicht gemäß der Entscheidung 2005/842/EG vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden (62) (im Folgenden „DAWI-Entscheidung 2005“) oder dem Beschluss 2012/21/EU der Kommission vom 20. Dezember 2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind (63) (im Folgenden „DAWI-Entscheidung 2011“) kommt hier nicht zur Anwendung, da, wie in Abschnitt 9 dargelegt, der ZT nicht mit einer Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse betraut ist. Die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2, die Vorhaltung einer Seuchenreserve und die Beseitigung des Materials der Kategorie 3 stellen nämlich keine Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse dar. Außerdem ist für den Zeitraum 1979 bis 2010 das zweite Altmark-Kriterium nicht erfüllt, und für den gesamten Zeitraum ab 1979 das dritte Altmark-Kriterium nicht erfüllt. Damit sind die notwendigen Voraussetzungen der Artikel 4 und 5 der DAWI-Entscheidung 2005 wie auch der Artikel 4 und 5 der DAWI-Entscheidung 2011 nicht erfüllt, um die Gewährung der Umlagezahlungen von der Anmeldepflicht zu befreien.

11.   WÜRDIGUNG DER VEREINBARKEIT NACH ARTIKEL 106 ABSATZ 2 AEUV

(278)

Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV die Vorschriften des AEUV. Artikel 106 Absatz 2 AEUV sieht jedoch für den Fall, dass die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der übertragenen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert, eine Ausnahme von den Vorschriften des AEUV vor. Diese Ausnahmebestimmung findet nur Anwendung, wenn die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt wird, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(279)

Gemäß Randnummer 69 des DAWI-Unionsrahmens wendet die Kommission die Grundsätze dieses Unionsrahmens auf alle rechtswidrigen Beihilfen an, über die sie nach dem 31. Januar 2012 entscheidet, selbst wenn die Beihilfe vor dem genannten Datum gewährt wurde. Da es sich bei den Umlagezahlungen um rechtswidrige staatliche Beihilfen handelt, ist der DAWI-Unionsrahmen anzuwenden.

(280)

Wie in Abschnitt 8.1 ausgeführt, ist der ZT nicht mit einer Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse betraut, da die Beseitigung des Materials der Kategorien 1 und 2, die Vorhaltung einer Seuchenreserve und die Beseitigung des Materials der Kategorie 3 keine Dienstleistung im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse darstellen. Eine Vereinbarkeit der Umlagezahlungen auf Grundlage des Artikels 106 Absatz 2 AEUV und des DAWI-Unionsrahmens scheidet schon aus diesem Grund aus.

(281)

Im Einklang mit dem zweiten und dem dritten Altmark-Kriterium ist eine Beihilfe nach dem DAWI-Unionsrahmen nur dann als mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV vereinbar anzusehen, wenn ein Betrauungsakt, in dem die Methoden zur Berechnung der Ausgleichsleistungen festgelegt sind, vorliegt (Abschnitt 2.3) und die Höhe der Beihilfe nicht die Nettokosten der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung überschreitet (Abschnitt 2.8).

(282)

Wie in Abschnitt 9.2 ausgeführt, ist für den Zeitraum 1979 bis 2009 das zweite Altmark-Kriterium nicht erfüllt, und für den gesamten Zeitraum das dritte Altmark-Kriterium nicht erfüllt. Deshalb sind auch die Abschnitte 2.3 (für den Zeitraum 1979 bis 2009) und 2.8 (für den gesamten Zeitraum) des DAWI-Unionsrahmens nicht erfüllt.

(283)

Die Umlage kann daher nicht als Beihilfe für die Vorhaltung der Seuchenreserve im Verbandsgebiet gemäß Artikel 106 Absatz 2 AEUV und dem DAWI-Unionsrahmen gerechtfertigt werden.

12.   WÜRDIGUNG DER VEREINBARKEIT ALS BEIHILFE ZUR FINANZIERUNG DER BESEITIGUNGSKOSTEN VON FALLTIEREN UND SCHLACHTABFÄLLEN NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 3 BUCHSTABE c AEUV

(284)

Es handelt sich bei den Umlagen um Betriebsbeihilfen, die in der Regel verboten sind (64). Die Beweislast für die Vereinbarkeit solcher Beihilfen liegt daher beim Mitgliedstaat.

(285)

Der TSE-Gemeinschaftsrahmen und der Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 verbieten grundsätzlich Beihilfen zu den Beseitigungskosten von Schlachtabfällen und erlauben Beihilfen zu den Beseitigungskosten von Falltieren nur unter der Bedingung, dass sie ausschließlich Landwirte begünstigen. Nachgelagerte Betriebe — wie Schlachthöfe oder Beseitigungsbetriebe — dürfen in keinem Fall in den Genuss von Beihilfen kommen (65).

(286)

Die Beihilfen zu den Beseitigungskosten für Falltiere dürfen zwar zur administrativen Vereinfachung direkt an die Beseitigungsbetriebe ausgezahlt werden, es muss aber nachgewiesen werden, dass die gesamte Beihilfe den Landwirten zugute kommt (66).

(287)

Wie jedoch die Prüfung in Abschnitt 9 gezeigt hat, verschaffen die Umlagezahlungen dem ZT wirtschaftliche Vorteile und begünstigen gerade nicht die Landwirte im Verbandsgebiet des ZT, die sogar höhere Gebühren für die Falltierbeseitigung als beispielsweise in Nord- und Mittelhessen zahlen müssen. Deutschland kann also nicht nachweisen, dass die Umlagezahlungen voll und ganz an die Landwirte weitergeleitet werden.

(288)

Außerdem bestimmt die Entscheidung der Kommission N 15/2004 vom 6. Juli 2004, mit der die Beihilferegelung zur Entschädigung der Landwirte im Verbandsgebiet des ZT für die Beseitigungskosten von Falltieren für den Zeitraum von 1998 bis 2013 genehmigt wurde, dass es zu keiner Kumulation der genehmigten Beihilferegelung mit anderen Beihilfen kommen darf.

(289)

Für Beihilfen, die rechtswidrig vor dem 1. Januar 2003 gewährt wurden, sieht der Abschnitt VI des TSE-Gemeinschaftsrahmens abweichende Regelungen vor:

a)

Es können Beihilfen für die Kosten der Beseitigung für Falltiere in Höhe von bis zu 100 % genehmigt werden, auch wenn sie auf Ebene der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung gewährt wurden.

b)

Darüber hinaus sind in Ausnahmefällen auch Beihilfen für die Beseitigung von Schlachtabfällen mit dem Binnenmarkt vereinbar, wenn die kurze Laufzeit und die Notwendigkeit berücksichtigt wurden, dem Verursacherprinzip langfristig Rechnung zu tragen.

(290)

Diese Ausnahmebestimmungen sind nicht anwendbar: Weder sind die Umlagezahlungen auf die Beseitigungskosten der Falltiere, die ohnedies bereits zum größten Teil durch die Agrar-Beihilferegelung finanziert worden sind, beschränkt, noch handelt es bei den Umlagezahlungen um eine kurzfristige und zeitlich beschränkte Maßnahme in Bezug auf Schlachtabfälle.

(291)

Schließlich sei auch betont, dass Deutschland selbst keine Gründe für die Vereinbarkeit der Umlagezahlungen gemäß dem TSE-Gemeinschaftsrahmen und dem Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 vorgebracht hat.

(292)

Da die Umlagezahlungen den ZT begünstigen, können die Umlagezahlungen nicht als mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe im Sinne des TSE-Gemeinschaftsrahmens und dem Agrar-Beihilferahmen 2007-2013 gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV angesehen werden.

13.   WÜRDIGUNG DER VEREINBARKEIT DER UMLAGE ALS UMWELTBEIHILFE NACH ARTIKEL 107 ABSATZ 3 BUCHSTABE c AEUV

(293)

Es handelt sich bei den Umlagen um Betriebsbeihilfen, die in der Regel verboten sind (67). Die Beweislast für die Vereinbarkeit solcher Beihilfe liegt daher beim Mitgliedstaat. Deutschland hat geltend gemacht, dass es sich bei den Umlagen um eine Umweltbeihilfe handelt.

(294)

Gemäß Randnummer 132 der Umweltbeihilfeleitlinien gelten Investitionsbeihilfen für Unternehmen, die Umweltschäden beseitigen, indem sie schadstoffbelastete Standorte sanieren, mit dem Binnenmarkt im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als vereinbar, wenn hierdurch der Umweltschutz verbessert wird. Dabei ist jedoch auch das in Artikel 191 Absatz 2 AEUV und in den Umweltbeihilfeleitlinien verankerte Verursacherprinzip zu beachten. Nach Randnummer 132 der Umweltbeihilfeleitlinien muss der Verursacher von Umweltschäden ohne staatliche Beihilfe finanziell für die Sanierung aufkommen. Wer als Verursacher anzusehen ist, richtet sich danach, wer nach nationalem Recht haftet.

(295)

Der relevante Zeitpunkt zur Beurteilung der nationalen haftungsrechtlichen Situation bestimmt sich nach dem zum Zeitpunkt des Erlasses der Behördenentscheidung geltenden Recht.

(296)

Wie von Deutschland auch nicht in Abrede gestellt wird, ist der ZT durch die Sanierungsbescheide vom 21. April 1997 für den Altstandort Sohrschied und vom 31. März 1998 für den Standort Sprendlingen-Gensingen vollumfänglich als Verursacher nach dem zu diesem Zeitpunkt geltenden nationalen Recht zur Sanierung der beiden Altstandorte verpflichtet worden. Der ZT haftet also nach deutschem Recht als Verursacher für die Beseitigungskosten der Bodenkontaminationen der beiden Altstandorte. Deutschland macht geltend, dass aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 (68) die Finanzierung der Sanierungskosten über der Haftungsgrenze durch die Umlage als vereinbare Beihilfe anzusehen sei, da die Haftung Privater durch diese Entscheidung auf den Verkehrswert des Grundstücks begrenzt sei.

(297)

Die Argumentation Deutschlands geht jedoch fehl. Zunächst wirkt der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts lediglich „inter partes“, also zwischen dem am Verfahren Beteiligten. Vor allem aber begründet ein Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Änderung der Rechtslage und somit auch keinen Wiederaufnahmegrund im Sinne von Artikel 51 Absatz 1 Nummer 1 Verwaltungsverfahrensgesetz im Hinblick auf bereits bestandskräftige Verwaltungsakte.

(298)

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ändert nach der deutschen Rechtsprechungspraxis nichts daran, dass zum Zeitpunkt des Sanierungsbescheids, sämtliche Verursacher in voller Höhe für die Sanierungskosten haftbar waren. Kein Verursacher hätte sich somit nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 hinsichtlich eines zuvor ergangenen und bestandskräftig gewordenen Bescheids seiner Haftung als Verursacher in vollem Umfang entziehen können.

(299)

Somit haftet der ZT auch unter Berücksichtigung des von Deutschland angeführten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 im Falle der Altstandorte Sprendlingen-Gensingen und Sohrschied.

(300)

Da der ZT gegen die Sanierungsbescheide keine Rechtsbehelfe eingelegt, sind die Bescheide in Bestandskraft erwachsen und unanfechtbar. Falls Deutschland nun im Nachhinein die Haftung des ZT im Falle des Standorts Sohrschied grundsätzlich in Abrede stellt, kann dieser Argumentation nicht gefolgt werden. Es oblag dem ZT einen Rechtsbehelf gegen den Sanierungsbescheid vom 21. April 1997 einzulegen und diesen nicht in Bestandkraft erwachsen zu lassen. Es ist auch nicht die Aufgabe der Kommission, eine bestandskräftige Entscheidung einer nationalen Behörde im Hinblick auf die nationale haftungsrechtliche Situation nach dem Verursacherprinzip erneut zu überprüfen.

(301)

Hinzu kommt, dass Deutschland selbst einräumt, dass der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Februar 2000 nur für Privatpersonen, nicht aber für juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt. Dies ergibt sich daraus, dass Rechtsgrundlage für die Beschränkung der Haftung das Eigentumsrecht ist. Auf dieses können sich aber juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht berufen. Somit ist unstreitig, dass nach nationalem Recht der ZT in voller Höhe für die Altlasten haftet.

(302)

Eine mögliche Ungleichbehandlung zwischen juristischen Personen des Privatrechts und juristischen Personen des öffentlichen Rechts in der Rechtsordnung des Mitgliedstaats kann nicht im Rahmen der Umweltbeihilfeleitlinien geltend gemacht werden. Diese knüpfen für die Frage der Haftung für die Altlasten ausschließlich an das nationale Recht an.

(303)

Da der ZT nach deutschem Recht für die Sanierungskosten an beiden Altstandorte in voller Höhe haftet, kann die Umlage nicht im Sinne der Umweltschutzbeihilfeleitlinien nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfe angesehen werden.

14.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(304)

Die seit 1979 gewährten Umlagezahlungen an den ZT stellen eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 AEUV dar. Deutschland hat die Umlagezahlungen unter Verstoß gegen Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt.

(305)

Sie können weder auf der Grundlage von Artikel 106 Absatz 2 AEUV noch auf der Grundlage von Artikel 107 Absätze 2 und 3 AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden.

(306)

Nach Artikel 1 Absatz b Ziffer iv der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 3 der genannten Verordnung gelten Beihilfen, für die die Rückforderungsfrist abgelaufen ist, als bestehende Beihilfe. Nach Artikel 15 der genannten Verordnung gelten die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen für eine Frist von zehn Jahren. Die Rückforderungsfrist beginnt mit dem Tag, an dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger gewährt wird und wird durch jede Maßnahme, die die Kommission bezüglich der rechtswidrigen Beihilfe ergreift, unterbrochen. Nach jeder Unterbrechung läuft die Frist von neuem an.

(307)

Die Gerichte der Union haben entschieden, dass die Rückforderungsfrist nicht nur durch einen formellen Vorgang unterbrochen werden kann, sondern dass auch ein Auskunftsersuchen einen Vorgang darstellt, der zu einer Unterbrechung der Rückforderungsfrist führt (69).

(308)

Die Beschwerdeführerin hat die Umlage für den ZT im Januar 2008 angefochten und am 26. Mai 2008 wurde Deutschland ein Auskunftsersuchen übermittelt. Dieses Auskunftsersuchen unterbrach die Rückforderungsfrist. Daher werden alle Umlagezahlungen, die der ZT vor dem 26. Mai 1998 erhalten hat, als bestehende Beihilfen eingestuft. Im Gegensatz hierzu stellen alle Umlagezahlungen, die der ZT nach dem 26. Mai 1998 erhalten hat, neue Beihilfen dar.

(309)

Nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999, soll die Kommission die Rückforderung einer Beihilfe nicht verlangen, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Rechts der Union verstoßen würde. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob durch das Urteil des BVerwG vom 16. Dezember 2010 beim ZT begründete Erwartungen geweckt worden sind, dass die Umlagezahlungen keine staatlichen Beihilfen darstellten.

(310)

Die Kommission stellt zuerst fest, dass sich das Urteil des BVerwG nur auf die Umlagezahlungen im Jahr 2010 bezogen hat. Wenn überhaupt, könnten sich begründete Erwartungen nur auf die Umlagezahlungen im Jahr 2010 beziehen (und die folgenden Jahre, falls die Verbandsverordnung unverändert bleiben würde).

(311)

Aber auch für das Jahr 2010 (und gegebenenfalls die folgenden Jahre) konnten durch das Urteil des BVerwG beim ZT keine begründeten Erwartungen entstehen. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes nur jemand berufen, bei dem ein Unionsorgan durch klare Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (70). Klare, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar (71).

(312)

Im vorliegenden Fall hat die Kommission dem ZT aber keine solchen Zusicherungen gegeben, sondern hat stattdessen am 20. Juli 2010 die Eröffnungsentscheidung erlassen.

(313)

Das BVerwG ist kein Unionsorgan. Nach ständiger Rechtsprechung fallen den nationalen Gerichten und der Kommission im Rahmen der Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus den Artikeln 107 und 108 AEUV einander ergänzende und unterschiedliche Rollen zu (72). Während für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt ausschließlich die Kommission zuständig ist und dabei der Kontrolle des Gerichtshofes unterliegt, wachen die nationalen Gerichte über die Wahrung der Rechte des Einzelnen bei Verstößen gegen die Verpflichtung nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV, staatliche Beihilfen der Kommission im Voraus zu melden (73).

(314)

Im vorliegenden Fall fällte das BVerwG ein Urteil über eine Maßnahme, über die die Kommission bereits ein förmliches Prüfverfahren eröffnet hatte. Nach ständiger Rechtsprechung muss die Eröffnungsentscheidung den Mitgliedstaat dazu veranlassen, die Zahlungen auszusetzen (74). Darüber hinaus hat das BVerwG sein Urteil erlassen, das es unter anderem mit der angeblichen Nichtanwendbarkeit des vierten Altmark-Kriteriums begründete, ohne den Fall dem Gerichtshof der Union zur Vorabentscheidung vorzulegen.

(315)

In Anbetracht dieser Umstände ist die Kommission der Ansicht, dass das Urteil des BVerwG keine klare, nicht an Bedingung geknüpfte und übereinstimmende Auskunft darstellt.

(316)

Die Rückforderung der Umlagezahlungen verstößt daher nicht gegen allgemeine Grundsätze des Rechts der Union in Bezug auf den Vertrauensschutz —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Umlagezahlungen, die Deutschland unter Verletzung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV zugunsten des Zweckverbands Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, im Saarland, im Rheingau-Taunus-Kreis und im Landkreis Limburg-Weilburg, nachstehend „Begünstigter“, seit dem 1. Januar 1979 rechtswidrig gewährt hat, stellen staatliche Beihilfen dar und sind mit dem Binnenmarkt unvereinbar.

Artikel 2

(1)   Deutschland fordert die in Artikel 1 genannten Beihilfen, die seit dem 26. Mai 1998 ausgezahlt worden sind, vom Begünstigten sofort zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Zahlungen aus den in Absatz 1 genannten Beihilfen dem Begünstigten zur Verfügung standen, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet (75).

(4)   Deutschland stellt mit dem Tag der Bekanntgabe dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Absatz 1 genannten Beihilfen ein.

Artikel 3

Deutschland stellt sicher, dass die in Artikel 2 Absatz 1 genannten Beihilfen binnen vier Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses zurückgezahlt werden.

Artikel 4

(1)   Deutschland übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses Folgendes:

a)

Informationen betreffend den Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Deutschland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieses Beschlusses, bis die Rückzahlung der in Artikel 2 Absatz 1 genannten Beihilfen abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Deutschland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Deutschland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 25. April 2012

Für die Kommission

Joaquín ALMUNIA

Vizepräsident


(1)  Mit Wirkung vom 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 86, 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 106, 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) getreten. Die Artikel 86, 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 106, 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 106, 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 86, 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist. Der AEUV hat auch bestimmte terminologische Änderungen wie zum Beispiel die Ersetzung von „Gemeinschaft“ durch „Union“ und von „Gemeinsamer Markt“ durch „Binnenmarkt“ mit sich gebracht. Die Terminologie des AEUV wird in diesem Beschluss durchgängig verwendet.

(2)  ABl. C 289 vom 26.10.2010, S. 8.

(3)  Siehe Fußnote 2.

(4)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(5)  Urteil vom 29. März 2007, Scott/Kommission (T-366/00, Scott, Slg. 2007, II-797).

(6)  BverwG, 3 C 44.09 vom 16.12.2010, http://www.bundesverwaltungsgericht.de.

(7)  ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 1.

(8)  ABl. L 273 vom 10.10.2002, S. 1.

(9)  In der Bekanntmachung vom 25. Januar 2004 (BGBl. I S. 82), zuletzt geändert am 9.Dezember 2010 (BGBl. I S. 1934).

(10)  GVBl. Rheinland-Pfalz 2010, S. 367.

(11)  Geschäftsgeheimnis.

(12)  Urteil vom 20. November 2003, GEMO (C-126/01, Slg. 2003, I-13769), Randnrn 31 und 32.

(13)  ABl. C 324 vom 24.12.2002, S. 2.

(14)  ABl. C 319 vom 27.12.2006, S. 1.

(15)  TSE-Gemeinschaftsrahmen, Randnummer 27 und 37; Agrar-Beihilferahmen 2007-2013, Randnummer 132(g) und 132(h).

(16)  TSE-Gemeinschaftsrahmen, Abschnitte III.C und IV.C; Agrar-Beihilferahmen 2007-2013, Randnummer 134.

(17)  TSE-Gemeinschaftsrahmen, Abschnitt V.C; Agrar-Beihilferahmen 2007-2013, Randnummer 135(b).

(18)  TSE-Gemeinschaftsrahmen, Randnummer 32 und 33; Agrar-Beihilferahmen 2007-2013, Randnummer 135(a).

(19)  ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 17.

(20)  Die Tierseuchenkassen, die es in jedem Bundesland gibt, sind Anstalten öffentlichen Rechts, die die Aufgabe haben, den Tierhaltern Entschädigungen für jene Tiere zu zahlen, die auf Grund von bestimmten anzeigepflichtigen Seuchen verendet sind oder auf Grund einer amtstierärztlichen Anordnung getötet wurden. Die Tierseuchenkasse wird durch Beiträge der Tierhalter und Zuschüsse der Bundesländer finanziert.

(21)  Fraunhofer Institut, Untersuchung von Verarbeitungskapazität und Seuchenreserve der Tierkörperbeseitigung in Rheinland-Pfalz, März 2007.

(22)  Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C-280/00, Slg. 2003, I-7747).

(23)  ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1.

(24)  Urteil vom 9. Juni 2009, Stadtreinigung Hamburg, (C-480/06, Slg. 2009, I-4747, Randnr. 45).

(25)  § 4 Absatz 1 TierNebGAG RP.

(26)  E. Böckenhoff, Voruntersuchung über die Verwertung von ungenießbaren Schlachtabfällen im Gebiet der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, August 1991.

(27)  Siehe § 3 Absatz 3 des TierNebG und § 3 Absatz 2 TierNebGAG RP.

(28)  BverwG, 9 BN 3.03 vom 27.5.2003, Seite http://www.bundesverwaltungsgericht.de.

(29)  Siehe Erwägungsgrund 49.

(30)  Siehe auch Erwägungsgrund 48.

(31)  Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (ISPA), Gutachten zur Kapazitätsermittlung der Verarbeitungsbetriebe Tierische Nebenprodukte (VTN) im Verbandsgebiet des Zweckverbands TKB unter Berücksichtigung von Tierbestand und Schlachtzahlen vor dem Hintergrund des Ausbruchs hochkontagiöser Tierseuchen, April 2011.

(32)  Es werden also nicht nur die Abschreibungskosten der Verarbeitungsanlagen sondern auch die Abschreibungen für den Fuhrpark zwischen Normalbetrieb und Seuchenreserve aufgeteilt.

(33)  Institut für Strukturforschung und Planung in agrarischen Intensivgebieten (ISPA), Gutachten zur Kapazitätsermittlung der Verarbeitungsbetriebe Tierische Nebenprodukte (VTN) in Niedersachsen unter Berücksichtigung von Tierbestand und Schlachtzahlen vor dem Hintergrund des Ausbruchs hochkontagiöser Tierseuchen, April 2011.

(34)  Urteil Stadtreinigung Hamburg, a.a.O.

(35)  Anlage zur Verordnung PR Nr 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (BAnz. 1953 Nr. 244), zuletzt geändert durch Artikel 289 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304).

(36)  Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.2.2000-1 BvR 242-91.

(37)  Urteil vom 16. Juni 1987, Kommission/Italien (118/85, Slg. 1987, 2599).

(38)  Urteil vom 18. Juni 1998, Kommission/Italien (C-35/96, Slg. 1998, I-3851); Urteil vom 12. September 2000, Pavel Pavlov u. a. (C-180/98 bis C-184/98, Slg. 2000, I-6451).

(39)  Altmark Urteil, a.a.O.

(40)  ABl. L 210 vom 17.8.2011, S. 1. Randnummer 208.

(41)  Eine öffentliche Stelle darf ihre Aufgaben mit ihren eigenen Mittel erfüllen, ohne gezwungen zu sein, sich an externe Einrichtungen zu wenden, die nicht zu ihren Dienststellen gehören. Bei der sogenannten internen („in-house-“) Vergabe erbringt die öffentliche Hand die Dienstleistung zwar selbst, bedient sich hierzu aber einer anderen rechtlich selbstständigen Stelle. In seinem Urteil vom 18. November 1999, Teckal (C-107/98, Slg. 1999, I-8121), hat der Gerichtshof folgende Bedingungen für die Anwendbarkeit der internen Vergabe aufgestellt: Erstens muss die Kontrolle, die der öffentliche Auftraggeber allein oder zusammen mit anderen Behörden über die rechtlich selbstständige Stelle ausübt, der Kontrolle entsprechen, die der öffentliche Auftraggeber über seine eigenen Dienststellen ausübt. Zweitens muss die rechtlich vom Auftraggeber verschiedene Person ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentliche Körperschaft oder die öffentlichen Körperschaften verrichten, die ihre Anteile innehaben.

(42)  Die Kommission behält sich das Recht vor, die vergaberechtlichen Aspekte dieses Falls zu einem späteren Zeitpunkt zu untersuchen.

(43)  BVerwG 3 C 44.09, a.a.O., Randnummern 26 bis 31.

(44)  ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 15.

(45)  Urteil vom 10. Dezember 1991, Merci convenzionali porto di Genova SpA (C-179/90 Slg. 1991, I-5889), Randnr. 27; Urteil vom 17. Juli 1997, GT-Link (C-242/95 Slg. 1997 I-4449), Randnr. 53.

(46)  GEMO-Urteil, a.a.O., Randnrn. 30 bis 34.

(47)  Urteil vom 26. September 1996, Frankreich/Kommission (C-241/94, Slg. 1996, I-4551), Randnr. 20; Urteil vom 13. Juni 2002 Niederlande/Kommission (C-382/99, Slg. 2002, I-5163), Randnr. 61.

(48)  Dies schließt nicht aus, dass in Ausnahmefällen Landwirte Beihilfen für die Beseitigung von Falltieren erhalten können.

(49)  BVerwG 3 C 44.09, Randnummern 37 bis 39.

(50)  DAWI-Unionsrahmen, Randnummer 27.

(51)  DAWI-Unionsrahmen, Randnummer 25.

(52)  Im Folgenden wird immer auf die ab 2010 festgelegte Seuchenreserve verwiesen, da der ZT für die früheren Jahre nicht zur Vorhaltung einer Seuchenreserve verpflichtet war.

(53)  Siehe ISPA-NS und ISPA-RP-Gutachten.

(54)  Das ISPA-NS-Gutachten geht für Niedersachsen davon aus, dass im Mittel 86 % der technischen Maximalkapazität im Normalbetrieb genutzt werden können. Im Seuchenfall gehen das ISPA-NS-Gutachten und die Fraunhofer-Studie davon aus, dass kurzfristig die gesamte technische Kapazität ausgeschöpft werden kann. Das ISPA- RP Gutachten nimmt unter Verweis auf die Auskunft des ZT an, dass auch kurzfristig nur dieselbe stündliche Auslastung wie im Normalbetrieb möglich ist.

(55)  BVerwG 3 C 44.09, Randnummer 31.

(56)  Das ISPA-NS-Gutachten weist auch darauf hin, dass die Vorhaltung einer Seuchenreserve, um einen landesweiten MKS-Ausbruch innerhalb von 3 Monaten abzuarbeiten, bisher noch nie in den Planungen der zuständigen Stellen vorgesehen war und auch ökonomisch nicht für realisierbar gehalten wird (ISPA-NS-Gutachten, S. 109 und 129).

(57)  Das entspricht zwischen 39 % und 58 % der durchschnittlichen Mengen, die der ZT im Zeitraum von 1998 bis 2009 verarbeitet hat. (siehe Tabelle 1).

(58)  Urteil zu Stadtreinigung Hamburg, a.a.O., Randnr. 44f.

(59)  BVerwG 3 C 44.09, a.a.O., Randnummer 38 bis 39.

(60)  ABl. C 8 vom 11.1.2012, S. 4.

(61)  Siehe Erwägungsgrund 39.

(62)  ABl. L 312 vom 29.11.2005, S. 67.

(63)  ABl. L 7 vom 11.1.2012, S. 3.

(64)  Urteil vom 19. September 2000, Kommission/Deutschland (C-156/98, Slg. 2000, I-6857).

(65)  Siehe Erwägungsgrund 39.

(66)  Siehe Fußnote 16.

(67)  Urteil vom 19. September 2000, Kommission/Deutschland, a.a.O.

(68)  Siehe Erwägungsgrund 134.

(69)  Urteil vom 10. April 2003, Scott/Kommission (T-366/00, Slg. 2003, II-1763); Urteil vom 6. Oktober 2005, Scott/Kommission (C-276/03 P, Slg. 2005, II-8437).

(70)  Urteil vom 16. Dezember 2010, Kahla Thüringen Porzellan/Kommission (C-537/08 P, noch nicht veröffentlicht), Randnr. 63; Urteil vom 24. November 2005, Deutschland/Kommission (C-506/03, nicht veröffentlicht) Randnr. 58; Urteil vom 18. Juli 2007, AER/Karatzoglou (C-213/06 P, Slg. 2007, I-6733), Randnr. 33.

(71)  Urteil vom 16. Dezember 2010, Kahla Thüringen Porzellan/Kommission (C-537/08 P, noch nicht veröffentlicht), Randnr. 63; Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar/Kommission (C-47/07 P, Slg. 2008, I-9761), Randnrn. 34 und 81.

(72)  Urteil vom 11. Juli 1996, SFEI u. a. (C-39/94, Slg. 1996, I-3547), Randnr. 41; Urteil vom 11. Oktober 2003, van Calster und Cleeren (C-261/01 und C-262/01, Slg. 2003, I-12249), Randnr. 74.

(73)  Urteil vom 11. Oktober 2003, van Calster und Cleeren (C-261/01 und C-262/01, Slg. 2003, I-12249), Randnr. 75.

(74)  Urteil vom 9. Oktober 2001, Italien/Kommission (C-400/99, Slg. 2001, I-7303), Randnr. 59.

(75)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.