ISSN 1977-0642

doi:10.3000/19770642.L_2011.306.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 306

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

54. Jahrgang
23. November 2011


Inhalt

 

I   Gesetzgebungsakte

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet

1

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet

8

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken

12

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte

25

 

*

Verordnung (EU) Nr. 1177/2011 des Rates vom 8. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

33

 

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

 

RICHTLINIEN

 

*

Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten

41

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Gesetzgebungsakte

VERORDNUNGEN

23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 1173/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 16. November 2011

über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 6,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, haben ein besonderes Interesse daran bzw. tragen eine besondere Verantwortung dafür, eine Wirtschaftspolitik zu verfolgen, durch die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefördert wird, und Maßnahmen zu vermeiden, durch die dieses Funktionieren gefährdet wird.

(2)

Gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) können im Euro-Währungsgebiet besondere, über die für alle Mitgliedstaaten geltenden Bestimmungen hinausgehende Maßnahmen ergriffen werden, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gewährleisten.

(3)

Die Erfahrungen und Fehler, die während des ersten Jahrzehnts der Wirtschafts- und Währungsunion gemacht wurden, haben gezeigt, dass die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union verbessert werden muss und auf einer größeren nationalen Eigenverantwortung für die gemeinsam beschlossenen Regeln und Strategien sowie auf einem solideren Rahmen auf Unionsebene zur Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken beruhen sollte.

(4)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf mehrere miteinander verknüpfte und ineinandergreifende Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, insbesondere eine Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Förderung des internationalen Handels und der Wettbewerbsfähigkeit, ein Europäisches Semester für die verstärkte Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger Staatsdefizite (Stabilitäts- und Wachstumspakt), einen soliden Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen sowie eine verstärkte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken zu legen ist.

(5)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung insgesamt sollten die Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung ergänzen und mit ihr in Einklang stehen. Die Verflechtungen zwischen unterschiedlichen Schwerpunkten sollten nicht zu Ausnahmen von den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes führen.

(6)

Die Verwirklichung und Aufrechterhaltung eines dynamischen Binnenmarkts sollten als Bestandteil eines ordnungsgemäßen und reibungslosen Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion angesehen werden.

(7)

Die Kommission sollte in dem Verfahren der verstärkten Überwachung in Bezug auf für jeden Mitgliedstaat spezifische Bewertungen, Überwachungsmaßnahmen, Missionen vor Ort, Empfehlungen und Warnungen eine gewichtigere Rolle wahrnehmen. Bei Beschlüssen über Sanktionen sollte die Rolle des Rates eingeschränkt sein und die umgekehrte Abstimmung mit qualifizierter Mehrheit angewendet werden.

(8)

Im Hinblick auf einen ständigen Dialog mit den Mitgliedstaaten, der darauf abzielt, die Ziele dieser Verordnung zu erreichen, sollte die Kommission Überwachungsmissionen durchführen.

(9)

Die Kommission sollte die Verfahren der wirtschaftspolitischen Steuerung und insbesondere die Wirksamkeit und Angemessenheit der Sanktionen regelmäßig in großen Zügen bewerten. Diese Bewertungen sollten gegebenenfalls durch einschlägige Vorschläge ergänzt werden.

(10)

Bei der Durchführung dieser Verordnung sollte die Kommission die aktuelle Wirtschaftslage der betreffenden Mitgliedstaaten berücksichtigen.

(11)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und rechtzeitigere Einbindung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente einschließen.

(12)

Ein wirtschaftspolitischer Dialog mit dem Europäischen Parlament kann vorgesehen werden, der der Kommission die Möglichkeit bietet, ihre Analysen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, und dem Vorsitzenden des Rates, der Kommission und gegebenenfalls dem Präsidenten des Europäischen Rates oder dem Präsidenten der Euro-Gruppe die Möglichkeit zu Diskussionen gibt. Eine solche öffentliche Debatte könnte eine Erörterung der Nebenwirkungen der nationalen Entscheidungen und öffentlichen Druck seitens der Partner auf die jeweiligen Akteure ermöglichen. Zwar wird anerkannt, dass die Verhandlungspartner des Europäischen Parlaments im Rahmen dieses Dialogs die jeweiligen Organe der Union und ihre Vertreter sind, doch kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments einem Mitgliedstaat, an den der Rat einen Beschluss gemäß Artikel 4, 5 und 6 dieser Verordnung gerichtet hat, die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen. Die Teilnahme des Mitgliedstaats an einer solchen Aussprache ist freiwillig.

(13)

Es sind zusätzliche Sanktionen erforderlich, um die Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet wirksamer zu machen. Durch diese Sanktionen sollte die Glaubwürdigkeit des Rahmens für die fiskalpolitische Überwachung der Union erhöht werden.

(14)

Durch die Bestimmungen dieser Verordnung sollten faire, zeitnahe, abgestufte und wirksame Mechanismen geschaffen werden für die Einhaltung sowohl der präventiven als auch der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (4) und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (5), wobei die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand der Kriterien des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands geprüft wird.

(15)

Die auf Grundlage der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts gemäß dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, sollten einen Anreiz für die Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel und dessen Aufrechterhaltung schaffen.

(16)

Um von einer absichtlich oder aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit falschen Darstellung der öffentlichen Defizit- und Schuldendaten, die einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftspolitischen Koordination in der Union darstellen, abzuschrecken, sollte gegen die verantwortlichen Mitgliedstaaten eine Geldbuße verhängt werden.

(17)

Zur Ergänzung der Bestimmungen über die Berechnung der Geldbußen wegen der Manipulation von Statistiken und der Bestimmungen über das von der Kommission anzuwendende Verfahren zur Ermittlung derartiger Vorgänge sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte hinsichtlich der ausführlichen Kriterien zur Bestimmung der Höhe der Geldbuße und der Durchführung der Untersuchungen durch die Kommission zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.

(18)

Im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte die Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel und dessen Einhaltung dadurch sichergestellt werden, dass einem Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist und der unzureichende Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung erzielt, eine Verpflichtung zur vorübergehenden Hinterlegung einer verzinslichen Einlage auferlegt wird. Dies sollte der Fall sein, wenn ein Mitgliedstaat, auch dann, wenn es sich um einen Mitgliedstaat mit einem Defizit unterhalb des Referenzwerts von 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) handelt, erheblich von dem mittelfristigen Haushaltsziel oder dem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel abweicht und die Abweichung nicht korrigiert.

(19)

Die vorgeschriebene verzinsliche Einlage zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen sollte an den betreffenden Mitgliedstaat freigegeben werden, sobald der Rat sich davon überzeugt hat, dass der zugrunde liegenden Situation abgeholfen wurde.

(20)

Im Hinblick auf die korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollten Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, in einer Verpflichtung zur Hinterlegung einer unverzinslichen Einlage in Verbindung mit einem Beschluss des Rates über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits bestehen, wenn der betreffende Mitgliedstaat bereits im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts zur Hinterlegung einer verzinslichen Einlage verpflichtet wurde oder wenn Fälle von besonders schwerwiegenden Verstößen gegen die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten haushaltspolitischen Verpflichtungen vorliegen, oder sie sollten in der Verpflichtung zur Entrichtung einer Geldbuße bestehen, wenn einer Empfehlung des Rates zur Korrektur eines übermäßigen öffentlichen Defizits nicht nachgekommen wird.

(21)

Um eine rückwirkende Verhängung der in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu vermeiden, sollten sie nur in Bezug auf die einschlägigen Beschlüsse gelten, die der Rat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung angenommen hat. Um ferner die rückwirkende Verhängung der in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu vermeiden, sollten diese nur in Bezug auf die einschlägigen Empfehlungen und Beschlüsse zur Korrektur eines übermäßigen öffentlichen Defizits gelten, die der Rat nach dem Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung angenommen hat.

(22)

Der Betrag der in dieser Verordnung vorgesehenen verzinslichen Einlagen, der unverzinslichen Einlagen und der Geldbußen sollte so bemessen sein, dass eine gerechte Abstufung der Sanktionen in der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts erfolgt und den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, ausreichende Anreize zur Einhaltung des haushaltspolitischen Rahmens der Union geboten werden. Geldbußen gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV setzen sich gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 aus einer festen Komponente in Höhe von 0,2 % des BIP und einer variablen Komponente zusammen. Somit sind die Abstufung und die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten sichergestellt, wenn die Höhe der in dieser Verordnung festgelegten verzinslichen Einlage, der unverzinslichen Einlage und der Geldbuße 0,2 % des BIP entspricht, da dies der Betrag der festen Komponente der Geldbuße nach Artikel 126 Absatz 11 AEUV ist.

(23)

Der Rat sollte die Möglichkeit haben, die gegen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, verhängten Sanktionen auf Empfehlung der Kommission nach einem mit Gründen versehenen Antrag des betreffenden Mitgliedstaats zu verringern oder aufzuheben. Im Rahmen der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte die Kommission ferner aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände eine Verringerung des Betrags einer Sanktion oder deren Aufhebung empfehlen können.

(24)

Die unverzinsliche Einlage sollte nach der Korrektur des übermäßigen Defizits freigegeben werden, während die Zinsen auf solche Einlagen und die vereinnahmten Geldbußen Stabilitätsmechanismen für die Bereitstellung von Finanzhilfe zugewiesen werden sollten, die von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt eingerichtet wurden.

(25)

Die Befugnis zur Annahme von einzelnen Beschlüssen zur Anwendung der in dieser Verordnung festgelegten Sanktionen sollte dem Rat übertragen werden. Als Bestandteil der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 AEUV sind diese einzelnen Beschlüsse untrennbare Folgemaßnahmen der vom Rat gemäß den Artikeln 121 und 126 AEUV und den Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 beschlossenen Maßnahmen.

(26)

Da diese Verordnung allgemeine Vorschriften für die effektive Durchsetzung der Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 enthält, sollte sie gemäß dem in Artikel 121 Absatz 6 AEUV vorgesehenen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden.

(27)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines einheitlichen Sanktionssystems zur besseren Durchsetzung der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Euro-Währungsgebiet, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht hinreichend verwirklicht werden kann, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND, ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Sanktionssystem zur besseren Durchsetzung der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Euro-Währungsgebiet festgelegt.

(2)   Diese Verordnung gilt für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1.

„präventive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ das gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 aufgebaute System der multilateralen Überwachung,

2.

„korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ das durch Artikel 126 AEUV und die Verordnung (EG) Nr. 1467/97 geregelte Verfahren zur Vermeidung übermäßiger Defizite der Mitgliedstaaten,

3.

„außergewöhnliche wirtschaftliche Umstände“ Umstände, unter denen der Referenzwert für das öffentliche Defizit im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich AEUV und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 als ausnahmsweise überschritten angesehen wird.

KAPITEL II

WIRTSCHAFTSPOLITISCHER DIALOG

Artikel 3

Wirtschaftspolitischer Dialog

Um den Dialog zwischen den Organen der Union, insbesondere zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission, zu fördern und ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Präsidenten des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Präsidenten des Europäischen Rates oder den Präsidenten der Euro-Gruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um die nach den Artikeln 4, 5 und 6 dieser Verordnung gefassten Beschlüsse zu erörtern.

Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann dem von solchen Beschlüssen betroffenen Mitgliedstaat die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

KAPITEL III

SANKTIONEN IM RAHMEN DER PRÄVENTIVEN KOMPONENTE DES STABILITÄTS- UND WACHSTUMSPAKTS

Artikel 4

Verzinsliche Einlagen

(1)   Nimmt der Rat einen Beschluss an, mit dem festgestellt wird, dass ein Mitgliedstaat es unterlassen hat, aufgrund der nach Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 ergangenen Empfehlung des Rates Maßnahmen zu ergreifen, so empfiehlt die Kommission dem Rat innerhalb von 20 Tagen nach Annahme des Beschlusses des Rates, dass der Rat mit einem weiteren Beschluss von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangt, bei der Kommission eine verzinsliche Einlage in Höhe von 0,2 % des BIP des Vorjahres zu hinterlegen.

(2)   Wird die Empfehlung der Kommission nicht innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gilt der Beschluss, die Hinterlegung zu verlangen, als vom Rat angenommen.

(3)   Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ändern und den so geänderten Text als Beschluss des Rates annehmen.

(4)   Die Kommission kann auf mit Gründen versehenen Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen zehn Tagen nach Annahme des in Absatz 1 genannten Beschlusses des Rates mit der Feststellung der Unterlassung an die Kommission gerichtet wird, dem Rat die Verringerung der verzinslichen Einlage oder deren Aufhebung empfehlen.

(5)   Für die verzinsliche Einlage gilt der dem Kreditrisiko der Kommission und dem betreffenden Investitionszeitraum entsprechende Zinssatz.

(6)   Besteht die Situation, durch die die in Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 genannte Empfehlung veranlasst wurde, nicht mehr fort, so beschließt der Rat auf eine weitere Empfehlung der Kommission hin, dass dem betreffenden Mitgliedstaat die Einlage und die aufgelaufenen Zinsen rückerstattet werden. Der Rat kann die weitere Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ändern.

KAPITEL IV

SANKTIONEN IM RAHMEN DER KORREKTIVEN KOMPONENTE DES STABILITÄTS- UND WACHSTUMSPAKTS

Artikel 5

Unverzinsliche Einlagen

(1)   Beschließt der Rat im Verfahren gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV, dass in einem Mitgliedstaat, der gemäß Artikel 4 Absatz 1 der vorliegenden Verordnung eine verzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt hat, ein übermäßiges Defizit besteht, oder hat die Kommission besonders schwerwiegende Verstöße gegen die im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgelegten haushaltspolitischen Verpflichtungen festgestellt, so empfiehlt die Kommission dem Rat innerhalb von 20 Tagen nach Annahme des Beschlusses des Rates, dass der Rat mit einem weiteren Beschluss von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangt, bei der Kommission eine unverzinsliche Einlage in Höhe von 0,2 % des BIP des Vorjahres zu hinterlegen.

(2)   Der Beschluss zur Verhängung einer Geldbuße gilt als vom Rat angenommen, sofern nicht der Rat die Empfehlung der Kommission binnen zehn Tagen nach der Annahme der Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ablehnt.

(3)   Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ändern und den so geänderten Text als Beschluss des Rates annehmen.

(4)   Die Kommission kann aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf mit Gründen versehenen Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen 10 Tagen nach Annahme des in Absatz 1 genannten Beschlusses des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV an die Kommission gerichtet wird, dem Rat die Verringerung der unverzinslichen Einlage oder deren Aufhebung empfehlen

(5)   Die Einlage wird bei der Kommission hinterlegt. Hat der Mitgliedstaat gemäß Artikel 4 eine verzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt, so wird die verzinsliche in eine unverzinsliche Einlage umgewandelt.

Überschreitet die Höhe der gemäß Artikel 4 hinterlegten verzinslichen Einlage und der aufgelaufenen Zinsen die Höhe der gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels zu hinterlegenden unverzinslichen Einlage, so wird dem Mitgliedstaat der Differenzbetrag rückerstattet.

Überschreitet die Höhe der unverzinslichen Einlage die Höhe der gemäß Artikel 4 hinterlegten verzinslichen Einlage und der aufgelaufenen Zinsen, so zahlt der Mitgliedstaat den Differenzbetrag bei der Hinterlegung der unverzinslichen Einlage.

Artikel 6

Geldbußen

(1)   Beschließt der Rat im Verfahren gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV, dass ein Mitgliedstaat keine wirksamen Maßnahmen zur Korrektur seines übermäßigen Defizits ergriffen hat, so empfiehlt die Kommission dem Rat binnen 20 Tagen nach Annahme dieses Beschlusses mit einem weiteren Beschluss, eine Geldbuße in Höhe von 0,2 % des BIP dieses Mitgliedstaats im Vorjahr zu verhängen.

(2)   Wird die Empfehlung der Kommission nicht innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gilt der Beschluss zur Verhängung einer Geldbuße als vom Rat angenommen.

(3)   Der Rat kann die Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ändern und den so geänderten Text als Beschluss des Rates annehmen.

(4)   Die Kommission kann aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf mit Gründen versehenen Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen zehn Tagen nach Annahme des in Absatz 1 genannten Beschlusses des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV an die Kommission gerichtet wird, dem Rat die Verringerung der Geldbußen oder deren Aufhebung empfehlen.

(5)   Hat der Mitgliedstaat gemäß Artikel 5 eine unverzinsliche Einlage bei der Kommission hinterlegt, so wird die unverzinsliche Einlage in eine Geldbuße umgewandelt.

Überschreitet die Höhe der gemäß Artikel 5 hinterlegten unverzinslichen Einlage die Höhe der verhängten Geldbuße, so wird dem Mitgliedstaat der Differenzbetrag rückerstattet.

Überschreitet die Höhe der verhängten Geldbuße die Höhe der gemäß Artikel 5 hinterlegten unverzinslichen Einlage oder wurde keine unverzinsliche Einlage hinterlegt, so zahlt der Mitgliedstaat den Differenzbetrag zusammen mit der Geldbuße.

Artikel 7

Rückerstattung unverzinslicher Einlagen

Beschließt der Rat im Verfahren gemäß Artikel 126 Absatz 12 AEUV, einige oder sämtliche seiner Beschlüsse aufzuheben, so werden dem betreffenden Mitgliedstaat die bei der Kommission hinterlegten unverzinslichen Einlagen rückerstattet.

KAPITEL V

SANKTIONEN BEI MANIPULATION VON STATISTIKEN

Artikel 8

Sanktionen bei Manipulation von Statistiken

(1)   Der Rat, der auf Empfehlung der Kommission tätig wird, kann beschließen, gegen einen Mitgliedstaat, der Daten über Defizite und Schulden, die für die Anwendung der Artikel 121 oder 126 AEUV oder für die Anwendung des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit von Bedeutung sind, absichtlich oder aufgrund schwerwiegender Nachlässigkeit falsch darstellt, eine Geldbuße zu verhängen.

(2)   Die Geldbußen nach Absatz 1 müssen wirksam, abschreckend und — in Bezug auf Art, Schwere und Dauer der Verfälschung der Darstellung — verhältnismäßig sein. Der Betrag der Geldbuße darf die Höhe von 0,2 % des BIP des betreffenden Mitgliedstaats nicht überschreiten.

(3)   Die Kommission kann alle Untersuchungen durchführen, die zur Feststellung der Verfälschung der Darstellung nach Absatz 1 dieses Artikels erforderlich sind. Sie kann beschließen, eine Untersuchung einzuleiten, wenn sie feststellt, dass ernsthafte Hinweise auf das Vorhandensein von Umständen vorliegen, die vermuten lassen, dass eine solche Verfälschung der Darstellung vorliegt. Die Kommission untersucht die mutmaßliche Verfälschung der Darstellung und berücksichtigt dabei alle Stellungnahmen, die der betreffende Mitgliedstaat vorbringt. Die Kommission kann zur Ausführung ihrer Aufgaben den Mitgliedstaat auffordern, Informationen bereitzustellen und kann Überprüfungen vor Ort durchführen und die Konten aller staatlichen Stellen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie auf der Ebene der Sozialversicherungen einsehen. Verlangt das Recht des betreffenden Mitgliedstaats für Überprüfungen vor Ort eine vorherige gerichtliche Genehmigung, so stellt die Kommission die notwendigen Anträge.

Nach Abschluss ihrer Untersuchung und bevor sie dem Rat einen Vorschlag unterbreitet, gibt die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat die Gelegenheit, sich zum Gegenstand der Untersuchung zu äußern. Die Kommission stützt jedweden Vorschlag an den Rat ausschließlich auf Fakten, zu denen der betreffende Mitgliedstaat Gelegenheit hatte, sich zu äußern.

Die Kommission wahrt die Verteidigungsrechte des betreffenden Mitgliedstaats während der Untersuchungen in vollem Umfang.

(4)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 11 delegierte Rechtsakte in Bezug auf das Folgende zu erlassen:

a)

ausführliche Kriterien zur Festlegung des Betrags der in Absatz 1 genannten Geldbuße;

b)

ausführliche Bestimmungen über das Verfahren für die Untersuchungen nach Absatz 3, die damit verbundenen Maßnahmen und die Berichterstattung zu den Untersuchungen;

c)

ausführliche Verfahrensregeln zur Gewährleistung der Verteidigungsrechte, des Zugangs zu den Unterlagen, der rechtlichen Vertretung, der Vertraulichkeit und Vorschriften zum zeitlichen Ablauf und der Beitreibung der in Absatz 1 genannten Geldbußen.

(5)   Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die unbeschränkte Befugnis zur Überprüfung der Beschlüsse des Rates, mit denen Geldbußen gemäß Absatz 1 verhängt werden. Er kann die verhängte Geldbuße aufheben, herabsetzen oder erhöhen.

KAPITEL VI

VERWALTUNGSRECHTLICHER CHARAKTER DER SANKTIONEN UND AUFTEILUNG DER ZINSEN UND GELDBUSSEN

Artikel 9

Verwaltungsrechtlicher Charakter der Sanktionen

Die nach den Artikeln 4 bis 8 verhängten Sanktionen haben den Charakter von Verwaltungsmaßnahmen.

Artikel 10

Aufteilung der Zinsen und Geldbußen

Zinseinnahmen der Kommission aus Einlagen gemäß Artikel 5 sowie vereinnahmte Geldbußen gemäß den Artikeln 6 und 8 stellen sonstige Einnahmen im Sinne von Artikel 311 AEUV dar und werden der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugewiesen. Richten die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt einen anderen Stabilitätsmechanismus für die Bereitstellung von Finanzhilfe ein, werden die Zinsen und die Geldbußen diesem Mechanismus zugewiesen.

KAPITEL VII

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 11

Ausübung der Befugnisübertragung

(1)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.

(2)   Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Artikel 8 Absatz 4 wird der Kommission für einen Zeitraum von drei Jahren ab vom 13. Dezember 2011 übertragen. Die Kommission erstellt spätestens neun Monate vor Ablauf dieses Zeitraums von drei Jahren einen Bericht über die Befugnisübertragung. Die Befugnisübertragung verlängert sich stillschweigend um Zeiträume gleicher Länge, es sei denn, das Europäische Parlament oder der Rat widersprechen einer solchen Verlängerung spätestens drei Monate vor Ablauf des jeweiligen Zeitraums.

(3)   Die Befugnisübertragung gemäß Artikel 8 Absatz 4 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem darin angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.

(4)   Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.

(5)   Ein delegierter Rechtsakt, der gemäß Artikel 8 Absatz 4 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert.

Artikel 12

Abstimmung im Rat

(1)   Bei den in den Artikeln 4, 5, 6 und 8 genannten Maßnahmen nehmen an der Abstimmung im Rat nur die Vertreter der Mitgliedstaaten teil, deren Währung der Euro ist, und beschließt der Rat ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

(2)   Die qualifizierte Mehrheit der in Absatz 1 genannten Mitglieder des Rates bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b AEUV.

Artikel 13

Überprüfung

(1)   Bis vom 14. Dezember 2014 und danach alle fünf Jahre veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung.

In diesem Bericht wird unter anderem bewertet:

a)

die Wirksamkeit dieser Verordnung einschließlich der Möglichkeit, den Rat und die Kommission in die Lage zu versetzen, tätig zu werden, um Situationen anzugehen, die Gefahr laufen, das reibungslose Funktionieren der Währungsunion zu gefährden;

b)

die Fortschritte bei der Gewährleistung einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik und einer nachhaltigen Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten gemäß dem AEUV.

(2)   Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(3)   Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt.

(4)   Die Kommission legt dem Rat und dem Europäischen Parlament bis Jahresende 2011 einen Bericht über die Möglichkeit der Einführung von „Euro-Wertpapieren“ vor.

Artikel 14

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 16. November 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates

Der Präsident

W. SZCZUKA


(1)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(2)  ABl. C 218 vom 23.7.2011, S. 46.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2011.

(4)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(5)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.


23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/8


VERORDNUNG (EU) Nr. 1174/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 16. November 2011

über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 136 in Verbindung mit Artikel 121 Absatz 6,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf mehrere miteinander verknüpfte und ineinandergreifende Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, insbesondere eine Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert zu legen ist auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Förderung des internationalen Handels und der Wettbewerbsfähigkeit, ein Europäisches Semester für die verstärkte Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger Staatsdefizite (den Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP)), einen soliden Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen sowie eine verstärkte Finanzmarktregulierung und -aufsicht einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken.

(2)

Verlässliche statistische Daten sind die Grundlage für die Überwachung von makroökonomischen Ungleichgewichten. Zur Gewährleistung solider und unabhängiger Statistiken sollten die Mitgliedstaaten die fachliche Unabhängigkeit der einzelstaatlichen statistischen Stellen gewährleisten, im Einklang mit dem Verhaltenskodex für europäische Statistiken, der in der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken (4) festgelegt ist. Darüber hinaus ist die Verfügbarkeit solider Haushaltsdaten auch für die Überwachung der makroökonomischen Ungleichgewichte von Bedeutung. Diese Anforderung sollte durch die Regeln gewährleistet werden, die diesbezüglich in der Verordnung (EU) Nr. 1173/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die wirksame Durchsetzung der haushaltspolitischen Überwachung im Euro-Währungsgebiet (5), insbesondere deren Artikel 8, aufgestellt werden.

(3)

Die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehene Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten innerhalb der Union sollte im Rahmen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der beschäftigungspolitischen Leitlinien ausgebaut werden und auf den folgenden richtungweisenden Grundsätzen aufbauen: stabile Preise, gesunde und nachhaltige öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine tragfähige Zahlungsbilanz.

(4)

Die Erfahrungen und Fehler, die während des ersten Jahrzehnts der Wirtschafts- und Währungsunion gemacht wurden, haben gezeigt, dass die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union verbessert werden muss und auf einer größeren nationalen Eigenverantwortung für die gemeinsam beschlossenen Regeln und Strategien sowie einem solideren Rahmen zur Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken auf Unionsebene beruhen sollte.

(5)

Die Verwirklichung und die Aufrechterhaltung eines dynamischen Binnenmarktes sollten als Bestandteil eines ordnungsgemäßen und reibungslosen Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion angesehen werden.

(6)

Insbesondere sollte die Überwachung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten über die haushaltspolitische Überwachung hinaus um einen detaillierteren und formalisierteren Rahmen erweitert werden, um übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte zu vermeiden und die betroffenen Mitgliedstaaten bei der Aufstellung von Korrekturplänen zu unterstützen, bevor sich Divergenzen verfestigen und die wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen dauerhaft in eine äußerst nachteilige Richtung gehen. Diese Erweiterung der Überwachung der Wirtschaftspolitik sollte parallel zu einer Vertiefung der haushaltspolitischen Überwachung erfolgen.

(7)

Um die Korrektur solcher übermäßigen makroökonomischen Ungleichgewichte zu unterstützen, sind in Rechtsvorschriften festgelegte genaue Verfahrensvorschriften erforderlich.

(8)

Das Verfahren der multilateralen Überwachung nach Artikel 121 Absätze 3 und 4 AEUV sollte durch spezielle Regeln für die Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte sowie für die Vermeidung und Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte in der Union ergänzt werden. Das Verfahren muss unbedingt in den jährlichen Zyklus der multilateralen Überwachung eingebettet werden.

(9)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und rechtzeitigere Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente einschließen. Zwar sind die Verhandlungspartner des Europäischen Parlaments im Rahmen dieses Dialogs die einschlägigen Organe der Union und deren Vertreter, doch kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments dem Mitgliedstaat, an den der Rat einen Beschluss gerichtet hat, mit dem diesem gemäß dieser Verordnung die Leistung einer verzinslichen Einlage oder die Entrichtung einer jährlichen Geldbuße auferlegt wurde, die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen. Die Teilnahme des Mitgliedstaats an einer solchen Aussprache ist freiwillig.

(10)

Der Kommission sollte eine stärkere Rolle in dem Verfahren der verstärkten Überwachung in Bezug auf für jeden Mitgliedstaat spezifische Bewertungen sowie auf Überwachung, Missionen vor Ort, Empfehlungen und Warnungen zukommen.

(11)

Die Durchsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (6) sollte gestärkt werden, indem für den Fall der Nichtbefolgung der Empfehlung, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, verzinsliche Einlagen eingeführt werden. Diese Einlagen sollten in dem Fall, dass die Empfehlung zur Behebung übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Rahmen desselben Ungleichgewichtsverfahrens wiederholt nicht befolgt wird, in eine jährliche Geldbuße umgewandelt werden. Diese Durchsetzungsmaßnahmen sollten auf Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, Anwendung finden.

(12)

Werden die Ratsempfehlungen nicht befolgt, so sollte die verzinsliche Einlage so lange auferlegt oder die Geldbuße so lange verhängt werden, bis der Rat feststellt, dass der Mitgliedstaat Korrekturmaßnahmen zur Befolgung seiner Empfehlungen ergriffen hat.

(13)

Darüber hinaus sollte auch das wiederholte Versäumnis des Mitgliedstaats, einen Korrekturplan zur Umsetzung der Ratsempfehlung aufzustellen, grundsätzlich so lange mit einer jährlichen Geldbuße geahndet werden, bis der Rat feststellt, dass der Mitgliedstaat einen Korrekturmaßnahmenplan vorgelegt hat, mit dem seine Empfehlung hinreichend umgesetzt wird.

(14)

Um die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten sicherzustellen, sollte die verzinsliche Einlage und die Geldbuße für alle Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gleich sein und 0,1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, das der betreffende Mitgliedstaat im Vorjahr erwirtschaftet hat.

(15)

Die Kommission sollte eine Verringerung des Betrags oder die Aufhebung der Sanktion aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände empfehlen können.

(16)

Das Verfahren für die Anwendung von Sanktionen gegen Mitgliedstaaten, die keine wirksamen Maßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte ergreifen, sollte so gestaltet sein, dass die Anwendung der Sanktionen gegen solche Mitgliedstaaten nicht die Ausnahme, sondern die Regel wäre.

(17)

Die Geldbußen nach dieser Verordnung stellen sonstige Einnahmen im Sinne von Artikel 311 AEUV dar und sollten Stabilitätsmechanismen für die Bereitstellung von Finanzhilfe zugewiesen werden, die von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt eingerichtet werden.

(18)

Die Befugnis zum Erlass der einzelnen Beschlüsse zur Anwendung der in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen sollte dem Rat übertragen werden. Als Bestandteil der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 AEUV stellen diese Einzelbeschlüsse untrennbare Folgemaßnahmen zu den vom Rat gemäß Artikel 121 AEUV und der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 beschlossenen Maßnahmen dar.

(19)

Da diese Verordnung allgemeine Vorschriften für die wirksame Durchsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 enthält, sollte sie gemäß dem in Artikel 121 Absatz 6 AEUV vorgesehenen ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden.

(20)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die wirksame Durchsetzung der Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet, aufgrund der tiefen Handels- und Finanzverflechtungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ansteckungseffekte der nationalen Wirtschaftspolitik auf die Union und das Euro-Währungsgebiet insgesamt von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher besser auf der Ebene der Union zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem im selben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Mit dieser Verordnung wird ein Sanktionssystem für die wirksame Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet festgelegt.

(2)   Diese Verordnung gilt für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 2 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011.

Außerdem gilt folgende Begriffsbestimmung:

„außergewöhnliche wirtschaftliche Umstände“ sind Umstände, unter denen der Referenzwert für das öffentliche Defizit im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich AEUV und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (7) als ausnahmsweise überschritten angesehen wird.

Artikel 3

Sanktionen

(1)   Durch einen Beschluss des Rates wird auf Empfehlung der Kommission eine verzinsliche Einlage auferlegt, wenn ein Beschluss des Rates zur Feststellung der Nichteinhaltung gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 angenommen wird, in der der Rat zu dem Schluss gelangt, dass der betreffende Mitgliedstaat die vom Rat empfohlenen Korrekturmaßnahmen nicht ergriffen hat.

(2)   Durch einen Beschluss des Rates wird auf Empfehlung der Kommission eine jährliche Geldbuße verhängt, wenn

a)

zwei aufeinander folgende Empfehlungen des Rates gemäß Artikel 8 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 im Rahmen desselben Verfahrens bei einem Ungleichgewicht angenommen werden und der Rat die Auffassung vertritt, dass der Mitgliedstaat einen unzureichenden Korrekturmaßnahmenplan vorgelegt hat oder

b)

zwei aufeinander folgende Beschlüsse des Rates, in dem dieser die Nichteinhaltung feststellt, gemäß Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 im Rahmen desselben Verfahrens bei einem Ungleichgewicht angenommen wurden. In diesem Falle wird die jährliche Geldbuße dadurch verhängt, dass die verzinsliche Einlage in eine jährliche Geldbuße umgewandelt wird.

(3)   Werden die in den Absätzen 1 und 2 genannten Beschlüsse nicht binnen zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt, so gelten sie als vom Rat angenommen. Der Rat kann die Empfehlung mit qualifizierter Mehrheit ändern.

(4)   Die Empfehlung der Kommission für einen Beschluss des Rates wird innerhalb von 20 Tagen abgegeben, nachdem die in den Absätzen 1 und 2 genannten Voraussetzungen eingetreten sind.

(5)   Die von der Kommission empfohlene verzinsliche Einlage oder jährliche Geldbuße beläuft sich auf 0,1 % des BIP des betreffenden Mitgliedstaats im vorangegangenen Jahr.

(6)   Abweichend von Absatz 5 kann die Kommission aufgrund außergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände oder auf begründeten Antrag des betreffenden Mitgliedstaats, der binnen 10 Tagen nach Eintritt der in den Absätzen 1 und 2 genannten Voraussetzungen an die Kommission gerichtet wird, eine Verringerung oder Aufhebung der verzinslichen Einlage oder der jährlichen Geldbuße vorschlagen.

(7)   Hat ein Mitgliedstaat für ein bestimmtes Kalenderjahr eine verzinsliche Einlage getätigt oder eine jährliche Geldbuße entrichtet und gelangt der Rat im Anschluss daran gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 zu dem Schluss, dass der Mitgliedstaat die empfohlenen Korrekturmaßnahmen im Laufe jenes Jahres ergriffen hat, so wird dem Mitgliedstaat die für jenes Jahr entrichtete Einlage zusammen mit den angefallenen Zinsen oder die für jenes Jahr entrichtete Geldbuße zeitanteilig zurückgezahlt.

Artikel 4

Zuweisung der Geldbußen

Die Geldbußen nach Artikel 3 dieser Verordnung stellen sonstige Einnahmen im Sinne von Artikel 311 AEUV dar und werden der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugewiesen. Richten die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt einen anderen Stabilitätsmechanismus für die Bereitstellung von Finanzhilfe ein, so werden die Geldbußen diesem Mechanismus zugewiesen.

Artikel 5

Abstimmung im Rat

(1)   Bei Maßnahmen gemäß Artikel 3 nehmen an der Abstimmung im Rat nur die Vertreter der Mitgliedstaaten teil, deren Währung der Euro ist, und der Rat beschließt ohne Berücksichtigung der Stimme des den betroffenen Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

(2)   Die qualifizierte Mehrheit der in Absatz 1 genannten Mitglieder des Rates bestimmt sich nach Artikel 238 Absatz 3 Buchstabe b AEUV.

Artikel 6

Wirtschaftlicher Dialog

Zur Förderung des Dialogs zwischen den Organen der Union, insbesondere zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission, und zur Gewährleistung eines höheren Maßes an Transparenz und Rechenschaftspflicht kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Präsidenten des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Präsidenten des Europäischen Rates oder den Vorsitzenden der Eurogruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um die Beschlüsse nach Artikel 3 zu erörtern.

Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann dem von solchen Beschlüssen betroffenen Mitgliedstaat anbieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

Artikel 7

Überprüfung

(1)   Bis vom 14. December 2014 und alle fünf Jahre danach veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung.

In diesem Bericht wird unter anderem bewertet:

a)

die Wirksamkeit dieser Verordnung;

b)

die bei der Sicherstellung einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik und einer nachhaltigen Konvergenz der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des AEUV erzielten Fortschritte.

(2)   Diesem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(3)   Die Kommission übermittelt den Bericht und etwaige begleitende Vorschläge dem Europäischen Parlament und dem Rat.

Artikel 8

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 16. November 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates

Der Präsident

W. SZCZUKA


(1)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(2)  ABl. C 218 vom 23.7.2011, S. 53.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2011.

(4)  ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164.

(5)  Siehe Seite 1 dieses Amtsblatts.

(6)  Siehe Seite 25 dieses Amtsblatts.

(7)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.


23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/12


VERORDNUNG (EU) Nr. 1175/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 16. November 2011

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 6,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten auf Unionsebene sollte, wie im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehen, die Einhaltung der folgenden richtungsweisenden Grundsätze umfassen: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine tragfähige Zahlungsbilanz.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bestand ursprünglich aus der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (3), der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (4) und der Entschließung des Europäischen Rates vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts- und Wachstumspakt (5). Die Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 wurden 2005 durch die Verordnungen (EG) Nr. 1055/2005 (6) bzw. (EG) Nr. 1056/2005 (7) geändert. Ergänzend dazu nahm der Rat am 20. März 2005 den Bericht „Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ (8) an.

(3)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht auf dem Ziel einer gesunden öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein kräftiges, tragfähiges Wachstum, das auf einem stabilen Finanzsystem fußt, was zur Verwirklichung der Ziele der Union für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung beiträgt.

(4)

Im Rahmen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts müssen die Mitgliedstaaten ein mittelfristiges Haushaltsziel erreichen und halten und zu diesem Zweck Stabilitäts- und Konvergenzprogramme vorlegen. Dieser präventiven Komponente würden strengere Überwachungsmaßnahmen zugute kommen, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten mit dem haushaltspolitischen Koordinierungsrahmen der Union übereinstimmen und ihn einhalten.

(5)

Sowohl der Inhalt der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme als auch das Verfahren für deren Prüfung sollten nach Maßgabe der bei der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gewonnenen Erfahrungen sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Unionsebene weiter entwickelt werden.

(6)

Bei den Haushaltszielen der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sollten ausdrücklich die Maßnahmen berücksichtigt werden, die im Einklang mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik, den beschäftigungspolitischen Leitlinien der Mitgliedstaaten und der Union sowie allgemein der nationalen Reformprogramme angenommen werden.

(7)

Die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme sollten vorgelegt und bewertet werden, bevor wichtige Entscheidungen über die nationalen Haushaltspläne für die nachfolgenden Jahre getroffen werden. Daher sollte eine angemessene Frist für die Vorlage der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme festgelegt werden. Angesichts der Spezifitäten des Haushaltsjahres des Vereinigten Königreichs sollten besondere Bestimmungen für den Zeitpunkt der Vorlage der britischen Konvergenzprogramme festgelegt werden.

(8)

Die Erfahrungen und Fehler, die während des ersten Jahrzehnts der Wirtschafts- und Währungsunion gemacht wurden, haben gezeigt, dass die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union verbessert werden muss und auf einer größeren nationalen Eigenverantwortung für die gemeinsam beschlossenen Regeln und Strategien sowie auf einem solideren Rahmen auf Unionsebene zur Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitiken beruhen sollte.

(9)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf mehrere miteinander verknüpfte und ineinandergreifende Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, insbesondere eine Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Förderung des internationalen Handels und der Wettbewerbsfähigkeit, ein Europäisches Semester für die verstärkte Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik (Europäisches Semester), einen soliden Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger Staatsdefizite (Stabilitäts- und Wachstumspakt), einen soliden Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen sowie eine verstärkte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken zu legen ist.

(10)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung insgesamt ergänzen und unterstützen die Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung. Die Verflechtungen zwischen unterschiedlichen Schwerpunkten sollten nicht zu Ausnahmen von den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes führen.

(11)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und rechtzeitigere Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente einschließen. Zwar wird anerkannt, dass die Verhandlungspartner des Europäischen Parlaments im Rahmen des Dialogs die jeweiligen Organe der Union und ihre Vertreter sind, doch kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments einem Mitgliedstaat, an den der Rat eine Empfehlung gemäß Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 2 gerichtet hat, die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen. Die Teilnahme des Mitgliedstaats an einer solchen Aussprache ist freiwillig.

(12)

Der Kommission sollte eine stärkere Rolle in dem Verfahren der verstärkten Überwachung in Bezug auf für jeden Mitgliedstaat spezifische Bewertungen, Überwachungsmaßnahmen, Missionen vor Ort, Empfehlungen und Warnungen zukommen.

(13)

Die Stabilitäts- und Konvergenzprogramme und die nationalen Reformprogramme sollten auf kohärente Art und Weise ausgearbeitet werden und ihre Übermittlung sollte zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Diese Programme sollten dem Rat und der Kommission übermittelt werden. Sie sollten veröffentlicht werden.

(14)

Im Europäischen Semester beginnt der Zyklus der Politiküberwachung und -koordinierung Anfang des Jahres mit einer horizontal angelegten Überprüfung, bei der der Europäische Rat auf der Grundlage von Analysen der Kommission und des Rates die wichtigsten wirtschaftlichen Herausforderungen der Union und des Euro-Währungsgebietes beschreibt und strategische Leitlinien für die Politik formuliert. Zu Beginn des jährlichen Überwachungszyklus, rechtzeitig vor Aufnahme der entsprechenden Diskussionen im Europäischen Rat, sollten auch im Europäischen Parlament Beratungen geführt werden. Bei der Erstellung ihrer Stabilitäts- oder Konvergenzprogramme und ihrer nationalen Reformprogramme sollten die Mitgliedstaaten den horizontal ausgerichteten Leitlinien des Europäischen Rates Rechnung tragen.

(15)

Damit auf der nationalen Ebene stärker Eigenverantwortung für den Stabilitäts- und Wachstumspakt übernommen wird, sollten die nationalen Haushaltsrahmen vollständig auf die Ziele der multilateralen Überwachung in der Union und insbesondere auf das Europäische Semester abgestimmt sein.

(16)

Im Einklang mit den rechtlichen und politischen Regelungen in jedem Mitgliedstaat sollten die nationalen Parlamente umfassend in das Europäische Semester und die Erstellung der Stabilitätsprogramme, der Konvergenzprogramme sowie der nationalen Reformprogramme eingebunden werden, um die Transparenz der sowie die Eigenverantwortung und die Rechenschaftspflicht für die getroffenen Entscheidungen zu steigern. Gegebenenfalls sollten der Wirtschafts- und Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaftspolitik, der Beschäftigungsausschuss und der Ausschuss für Sozialschutz im Rahmen des Europäischen Semesters konsultiert werden. Die maßgeblichen Beteiligten, insbesondere die Sozialpartner, sollten im Rahmen des Europäischen Semesters gegebenenfalls bei der Erörterung der zentralen politischen Fragen gemäß den Bestimmungen des AEUV und den nationalen rechtlichen und politischen Regelungen eingebunden werden.

(17)

Die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels sollte den Mitgliedstaaten eine Sicherheitsmarge zum Referenzwert von 3 % des BIP verschaffen, damit sie nachhaltige öffentliche Finanzen oder rasch Fortschritte in Richtung langfristiger Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sicherstellen können und gleichzeitig über haushaltspolitischen Spielraum insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit von öffentlichen Investitionen verfügen. Das mittelfristige Haushaltsziel sollte auf der Grundlage einer gemeinsam vereinbarten Methode regelmäßig aktualisiert werden, wobei die Risiken expliziter und impliziter Verbindlichkeiten für die öffentlichen Finanzen gemäß den im Stabilitäts- und Wachstumspakt formulierten Zielen entsprechend berücksichtigt werden.

(18)

Die Pflicht, das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen und zu halten, muss durch die Festlegung von Grundsätzen für den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel auch faktisch durchgesetzt werden. Diese Prinzipien sollten unter anderem sicherstellen, dass unerwartete Einnahmen, insbesondere Einnahmen, die über denen liegen, die im Normalfall bei einem wirtschaftlichen Wachstum erwartet werden können, zum Schuldenabbau verwendet werden.

(19)

Die Pflicht, das mittelfristige Haushaltsziel zu erreichen und zu halten, sollte für alle Mitgliedstaaten gelten.

(20)

Ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel sollten auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert werden, bei der der strukturelle Haushaltsaldo als Referenz dient, einschließlich einer Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen. In dieser Hinsicht, und solange das mittelfristige Haushaltsziel nicht erreicht ist, sollte das Wachstum der Staatsausgaben normalerweise nicht über eine mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums hinausgehen, wobei Überschreitungen dieser Norm durch diskretionäre Erhöhungen der Staatseinnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen und diskretionäre Einnahmensenkungen durch Ausgabenkürzungen kompensiert werden. Die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums sollte anhand einer gemeinsam vereinbarten Methode berechnet werden. Die Kommission sollte die Berechnungsmethode für diese Projektionen und die daraus abgeleitete mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums öffentlich zugänglich machen. Den potenziell sehr hohen Schwankungen der Investitionsausgaben sollte — insbesondere bei den kleinen Mitgliedstaaten — Rechnung getragen werden.

(21)

Den Mitgliedstaaten, deren Schuldenstand 60 % des BIP übersteigt oder die mit ausgeprägten Risiken hinsichtlich der Tragfähigkeit ihrer Gesamtverschuldung konfrontiert sind, sollte eine schnellere Anpassung in Richtung auf die mittelfristigen Haushaltsziele vorgeschrieben werden.

(22)

Bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die Lage der öffentlichen Finanzen erheblich beeinträchtigt, oder bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt sollte es zulässig sein, vorübergehend von dem Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel abzuweichen, um die wirtschaftliche Erholung zu erleichtern, vorausgesetzt dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Bei der Genehmigung einer vorübergehenden Abweichung von dem mittelfristigen Haushaltsziel oder dem entsprechenden Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel sollte auch die Umsetzung größerer Strukturreformen berücksichtigt werden, soweit eine Sicherheitsmarge zum Defizit-Referenzwert beibehalten wird. Besonderes Augenmerk sollte in diesem Zusammenhang auf die systembezogenen Reformen der Rentensysteme gelegt werden, bei denen die Abweichung den unmittelbaren zusätzlichen Kosten der Verlagerung von Beiträgen von der öffentlich finanzierten Säule auf die vollständig kapitalgedeckte Säule entsprechen sollte. Rückübertragungen der Vermögenswerte von der vollständig kapitalgedeckten Säule auf die von der öffentlichen Hand finanzierte Säule sollten als einmalige und vorübergehende Maßnahmen gelten und somit in dem strukturellen Haushaltssaldo, der für die Bewertung der Fortschritte in Richtung auf das mittel-fristige Haushaltsziel herangezogen wird, nicht berücksichtigt werden.

(23)

Weicht ein Mitgliedstaat erheblich vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ab, sollte er eine Verwarnung durch die Kommission erhalten, auf die innerhalb eines Monats eine Prüfung der Lage durch den Rat und eine Empfehlung hinsichtlich der notwendigen Anpassungsmaßnahmen folgt. In der Empfehlung sollte eine Frist von höchstens fünf Monaten für die Behebung der Abweichung festgelegt werden. Der betreffende Mitgliedstaat sollte dem Rat über die ergriffenen Maßnahmen Bericht erstatten. Falls der betreffende Mitgliedstaat innerhalb der vom Rat festgesetzten Frist keine angemessenen Maßnahmen ergreift, sollte der Rat einen Beschluss annehmen, in dem dies festgestellt wird und dem Europäischen Rat darüber Bericht erstatten. Es ist wichtig, dass rechtzeitig festgestellt wird, dass Mitgliedstaaten keine angemessenen Maßnahmen ergreifen, insbesondere wenn der Verstoß andauert. Die Kommission sollte dem Rat vorschlagen können, überarbeitete Empfehlungen anzunehmen. Die Kommission sollte die EZB auffordern können, sich für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und für die Mitgliedstaaten, die an dem Abkommen vom 16. März 2006 zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten über die Funktionsweise eines Wechselkursmechanismus in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (9) (WKM2) teilnehmen, gegebenenfalls an einer Überwachungsmission zu beteiligen. Die Kommission sollte dem Rat über die Ergebnisse dieser Mission Bericht erstatten und sollte gegebenenfalls beschließen können, ihre Erkenntnisse öffentlich zu machen.

(24)

Die Befugnis zur Annahme einzelner Beschlüsse, in denen die Nichteinhaltung der Empfehlungen festgestellt wird, die vom Rat auf der Grundlage von Artikel 121 Absatz 4 AEUV zur Festlegung politischer Maßnahmen in dem Falle, dass ein Mitgliedstaat vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel erheblich abweicht, angenommen worden sind, sollte dem Rat übertragen werden. Als Bestandteil der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 AEUV stellen diese einzelnen Beschlüsse untrennbare Folgemaßnahmen zu den vom Rat gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV angenommenen Empfehlungen dar. Das Ruhen der Stimmrechte der Mitglieder des Rates, die die Mitgliedstaaten vertreten, deren Währung nicht der Euro ist, bei Annahme eines Beschlusses des Rates, der die Nichteinhaltung der an einen Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, gerichteten Empfehlungen auf der Grundlage von Artikel 121 Absatz 4 AEUV feststellt, ist direkte Folge der Tatsache, dass ein solcher Beschluss eine untrennbare Folgemaßnahme dieser Empfehlung und der Bestimmung in Artikel 139 Absatz 4 AEUV ist, durch den das Recht auf Abstimmung über solche Empfehlungen denjenigen Mitgliedstaaten vorbehalten ist, deren Währung der Euro ist.

(25)

Um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, den Rahmen der Union für die haushaltspolitische Überwachung einhalten, sollte für Fälle, in denen eine erhebliche Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel zu verzeichnen ist, auf der Grundlage von Artikel 136 AEUV ein spezieller Durchsetzungsmechanismus geschaffen werden.

(26)

Die in der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 enthaltenen Bezugnahmen sollten an die neue Artikelnummerierung des AEUV angepasst werden.

(27)

Die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

In dieser Verordnung werden die Regeln für den Inhalt, die Vorlage und die Prüfung der Stabilitätsprogramme und Konvergenzprogramme und für die Beobachtung von deren Umsetzung im Rahmen der multilateralen Überwachung durch den Rat und die Kommission festgelegt, um das Entstehen übermäßiger öffentlicher Defizite bereits in einem frühen Stadium zu verhindern, die Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitik zu fördern und dadurch die Erreichung der Ziele der Union für Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen.“

2.

Artikel 2 erhält folgende Fassung:

„Artikel 2

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

a)

‚teilnehmende Mitgliedstaaten‘ die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist;

b)

‚nicht teilnehmende Mitgliedstaaten‘ alle anderen Mitgliedstaaten.“

3.

Folgender Abschnitt wird eingefügt:

„ABSCHNITT 1-A

EUROPÄISCHES SEMESTER FÜR DIE WIRTSCHAFTSPOLITISCHE KOORDINIERUNG

Artikel 2-a

(1)   Um eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik und eine dauerhafte Konvergenz der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, führt der Rat die multilaterale Überwachung als integralen Bestandteil des Europäischen Semesters für die wirtschaftspolitische Koordinierung im Einklang mit den im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) festgelegten Zielen und Anforderungen durch.

(2)   Dieses Europäische Semester umfasst:

a)

die Bestimmung und Überwachung der Umsetzung der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union (Grundzüge der Wirtschaftspolitik) nach Maßgabe des Artikel 121 Absatz 2 AEUV;

b)

die Bestimmung und Prüfung der Umsetzung der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 148 Absatz 2 AEUV zu berücksichtigenden beschäftigungspolitischen Leitlinien (beschäftigungspolitische Leitlinien);

c)

die Übermittlung und Bewertung der Stabilitäts- oder Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten nach dieser Verordnung;

d)

die Übermittlung und Bewertung der nationalen Reformprogramme der Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung, die gemäß den Leitlinien der Buchstaben a und b und den für die Mitgliedstaaten von der Kommission und vom Europäischen Rat zu Beginn des jährlichen Überwachungszyklus aufgestellten allgemeinen Leitlinien erarbeitet wurden;

e)

die Überwachung zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte gemäß Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (10).

(3)   Im Sinne einer rechzeitigen und integrierten politischen Beratung im Hinblick auf makrofinanzpolitische und makrostrukturpolitische Vorhaben erstellt der Rat im Verlauf des Europäischen Semesters nach Bewertung dieser Programme auf der Grundlage der Empfehlungen der Kommission unter Nutzung der Rechtsinstrumente gemäß Artikel 121 und 148 AEUV und dieser Verordnung sowie der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 in der Regel Leitlinien für die Mitgliedstaaten.

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen die an sie gerichteten Leitlinien bei der Entwicklung ihrer Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Haushaltspolitik gebührend, ehe sie die wesentlichen Beschlüsse über die nationalen Haushalte für die kommenden Jahre fassen. Die entsprechenden Fortschritte werden von der Kommission kontrolliert.

Handelt ein Mitgliedstaat nicht entsprechend den an ihn gerichteten Leitlinien, so kann dies folgende Maßnahmen nach sich ziehen:

a)

weiteren Empfehlungen für spezifische Maßnahmen;

b)

einer Verwarnung durch die Kommission gemäß Artikel 212 Absatz 4 AEUV;

c)

Maßnahmen gemäß dieser Verordnung, der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 oder der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen wird von der Kommission verstärkt überwacht und kann Überwachungsmissionen gemäß Artikel -11 dieser Verordnung einschließen.

(4)   Das Europäische Parlament wird in das Europäische Semester umfassend eingebunden, um die Transparenz, die Eigenverantwortung und die Rechenschaftspflicht für die getroffenen Entscheidungen zu steigern, insbesondere über den Wirtschaftlichen Dialog gemäß Artikel 2-ab dieser Verordnung. Der Wirtschafts- und Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaftspolitik, der Beschäftigungsausschuss und der Ausschuss für Sozialschutz werden gegebenenfalls im Rahmen des Europäischen Semesters konsultiert. Die einschlägigen Beteiligten, insbesondere die Sozialpartner, werden im Rahmen des Europäischen Semesters gegebenenfalls in Bezug auf die zentralen politischen Fragen gemäß den Bestimmungen des AEUV und der nationalen rechtlichen und politischen Regelungen eingebunden.

Der Präsident des Rates und die Kommission gemäß Artikel 121 AEUV sowie gegebenenfalls der Präsident der Euro-Gruppe erstatten dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat jährlich Bericht über die Ergebnisse der multilateralen Überwachung. Diese Berichte sollten Bestandteil des Wirtschaftlichen Dialogs gemäß Artikel 2-ab dieser Verordnung sein.

4.

Folgender Abschnitt wird eingefügt:

„ABSCHNITT 1-Aa

WIRTSCHAFTLICHER DIALOG

Artikel 2-ab

(1)   Zur Verbesserung des Dialogs zwischen den Organen der Union, insbesondere zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission und um ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Präsidenten des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Präsidenten des Europäischen Rates oder den Präsidenten der Euro-Gruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um Folgendes zu erörtern:

a)

die dem Ausschuss vom Rat übermittelten Informationen über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik gemäß Artikel 121 Absatz 2 AEUV;

b)

die von der Kommission zu Beginn des jährlichen Zyklus der Überwachung an die Adresse der Mitgliedstaaten gerichteten allgemeinen Leitlinien;

c)

die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik im Rahmen des Europäischen Semesters;

d)

die Ergebnisse der gemäß dieser Verordnung durchgeführten multilateralen Überwachung;

e)

die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu den Leitlinien für die multilaterale Überwachung und zu deren Ergebnissen;

f)

die Überprüfungen der Durchführung der multilateralen Überwachung am Ende des Europäischen Semesters;

g)

die Empfehlungen des Rates an die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV bei erheblichen Abweichungen und den Bericht des Rates an den Europäischen Rat gemäß Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 10 Absatz 2 dieser Verordnung.

(2)   Vom Rat wird grundsätzlich erwartet, den Empfehlungen und Vorschlägen der Kommission zu folgen oder aber seine Haltung öffentlich zu erläutern.

(3)   Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann einem Mitgliedstaat, an den eine Empfehlung des Rates gemäß Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 2 gerichtet wurde, die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

(4)   Der Rat und die Kommission unterrichten das Europäische Parlament regelmäßig über die Anwendung dieser Verordnung.“

5.

Artikel 2a erhält folgende Fassung:

„Artikel 2a

Jeder Mitgliedstaat setzt sich ein differenziertes mittelfristiges Haushaltsziel für seine Haushaltslage. Diese länderspezifischen mittelfristigen Haushaltsziele können von der Anforderung eines nahezu ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalts abweichen und gleichzeitig eine Sicherheitsmarge im Hinblick auf die öffentliche Defizitquote von 3 % des BIP vorsehen. Diese mittelfristigen Haushaltsziele gewährleisten tragfähige öffentliche Finanzen oder einen raschen Fortschritt in Richtung auf eine solche Tragfähigkeit und eröffnen gleichzeitig einen haushaltspolitischen Spielraum, wobei insbesondere der Notwendigkeit von öffentlichen Investitionen Rechnung getragen wird.

Unter Berücksichtigung dieser Faktoren bewegen sich die länderspezifischen mittelfristigen Haushaltsziele für die teilnehmenden Mitgliedstaaten und für die Mitgliedstaaten, die am WKM2 teilnehmen innerhalb einer konkreten Spanne, die konjunkturbereinigt und ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen zwischen -1 % des BIP und einem ausgeglichenen oder einen Überschuss aufweisenden Haushalt liegt.

Das mittelfristige Haushaltsziel wird alle drei Jahre überprüft. Das mittelfristige Haushaltsziel eines Mitgliedstaats kann weiter angepasst werden, wenn eine strukturelle Reform mit erheblichen Auswirkungen auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen umgesetzt wird.

Die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels wird gemäß Kapitel IV der Richtlinie 2011/85/EU vom 8. November 2011 des Rates über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten (11) in den nationalen mittelfristigen Haushaltsrahmen aufgenommen.

6.

Artikel 3 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Jeder teilnehmende Mitgliedstaat legt dem Rat und der Kommission die zur regelmäßigen multilateralen Überwachung im Sinne von Artikel 121 AEUV erforderlichen Angaben in Form eines Stabilitätsprogramms vor, das eine wesentliche Grundlage für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bildet, welche der Preisstabilität, starkem, nachhaltigem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist.“

b)

In Absatz 2 erhalten die Buchstaben a, b und c folgende Fassung:

„a)

das mittelfristige Haushaltsziel sowie den Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel für den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo in Prozent des BIP, die voraussichtliche Entwicklung der öffentlichen Schuldenquote, den bei den Staatsausgaben — einschließlich der entsprechenden Ausgaben für Bruttoanlageinvestitionen — geplanten Wachstumspfad, insbesondere unter Berücksichtigung der Bedingungen und Kriterien für die Feststellung des Ausgabenwachstums gemäß Artikel 5 Absatz 1, den bei den Staatseinnahmen geplanten Wachstumspfad bei unveränderter Politik sowie eine Quantifizierung der auf der Einnahmenseite geplanten diskretionären Maßnahmen;

aa)

Informationen über implizite Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung sowie Eventualverbindlichkeiten wie staatliche Bürgschaften mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf den gesamtstaatlichen Haushalt;

ab)

Informationen zur Vereinbarkeit des Stabilitätsprogramms mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und dem nationalen Reformprogramm;

b)

die Hauptannahmen über die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung und über wichtige ökonomische Variablen, die für die Erreichung des Stabilitätsprogramms von Belang sind, wie Ausgaben für öffentliche Investitionen, reales BIP-Wachstum, Beschäftigung und Inflation;

c)

eine quantitative Bewertung der haushaltspolitischen und sonstigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die zur Erreichung der Programmziele unternommen oder vorgeschlagen werden, darunter eine Kosten-Nutzen-Analyse für größere Strukturreformen, die — auch durch Steigerung des potentiellen nachhaltigen Wachstums — direkte langfristige positive Auswirkungen auf den Haushalt haben;“

c)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(2a)   Das Stabilitätsprogramm muss auf dem wahrscheinlichsten makrobudgetären Szenario oder auf einem vorsichtigeren Szenario basieren. Die makroökonomischen und haushaltspolitischen Prognosen werden mit den aktuellsten Prognosen der Kommission und gegebenenfalls denjenigen anderer unabhängiger Gremien verglichen. Erhebliche Abweichungen zwischen dem gewählten makrobudgetären Szenario und den Prognosen der Kommission müssen begründet werden, insbesondere wenn der Umfang oder die Höhe der externen Annahmen erheblich von den Angaben in den Prognosen der Kommission abweichen.

Die genaue Art der Angaben in Absatz 2 Buchstaben a, aa, b, c und d wird von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten in einem harmonisierten Rahmen dargelegt.“

d)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Die Angaben zur Entwicklung von gesamtstaatlichem Haushaltsaldo und gesamtstaatlicher Schuldenquote, zum Wachstum der Staatsausgaben, zu dem bei den Staatseinnahmen geplanten Wachstumspfad bei unveränderter Politik, zu den auf der Einnahmenseite geplanten, angemessen quantifizierten diskretionären Maßnahmen sowie den in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten wichtigsten ökonomischen Annahmen werden auf Jahresbasis erstellt und beziehen sich auf das Vorjahr, das laufende Jahr und mindestens die drei folgenden Jahre.

(4)   Jedes Programm enthält Informationen über seinen Status im Rahmen der nationalen Verfahren und insbesondere darüber, ob das Programm dem nationalen Parlament vorgelegt wurde und ob das nationale Parlament die Möglichkeit hatte, die Stellungnahme des Rates zu dem vorhergehenden Programm oder gegebenenfalls Empfehlungen oder Verwarnungen zu erörtern, und ob das Programm vom Parlament gebilligt wurde.“

7.

Artikel 4 erhält folgende Fassung:

„Artikel 4

(1)   Stabilitätsprogramme sind alljährlich im April, vorzugsweise bis Mitte April und spätestens am 30. April, vorzulegen.

(2)   Die Mitgliedstaaten veröffentlichen ihre Stabilitätsprogramme.“

8.

Artikel 5 erhält folgende Fassung:

„Artikel 5

(1)   Auf der Grundlage von Bewertungen der Kommission und des Wirtschafts- und Finanzausschusses prüft der Rat im Rahmen der multilateralen Überwachung nach Artikel 121 AEUV das von dem betreffenden Mitgliedstaat angegebene mittelfristige Haushaltsziel nach den Angaben in seinem Stabilitätsprogramm; ferner bewertet er, ob die ökonomischen Annahmen, auf denen das Programm beruht, plausibel sind, ob der Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel angemessen ist — einschließlich der Prüfung des begleitenden Pfades für die Schuldenquote — und ob die laufenden oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einhaltung dieses Anpassungspfads ausreichen, um das mittelfristige Haushaltsziel im Laufe des Konjunkturzyklus zu erreichen.

Der Rat und die Kommission prüfen bei der Beurteilung des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, ob der betreffende Mitgliedstaat eine zur Erreichung dieses mittelfristigen Haushaltsziels angemessene jährliche Verbesserung seines konjunkturbereinigten Haushaltssaldos ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen verfolgt, wobei ein Richtwert von 0,5 % des BIP zugrunde gelegt wird. Bei Mitgliedstaaten mit einem Schuldenstand von über 60 % des BIP oder mit ausgeprägten Risiken hinsichtlich der Tragfähigkeit ihrer Gesamtschulden prüfen der Rat und die Kommission, ob die jährliche Verbesserung des konjunkturbereinigten Haushaltssaldos ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen über 0,5 % des BIP hinausgeht. Der Rat und die Kommission berücksichtigen dabei, ob in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung stärkere Anpassungsanstrengungen unternommen werden, während die Anstrengungen in Zeiten schlechter wirtschaftlicher Entwicklung geringer ausfallen könnten. Insbesondere sind unerwartete Mehr- und Mindereinnahmen zu berücksichtigen.

Ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel werden auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltsaldo als Referenz dient, einschließlich einer Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen. Hierzu prüfen der Rat und die Kommission, ob das Wachstum der Staatsausgaben bei gleichzeitiger Berücksichtigung der einnahmenseitig getroffenen oder geplanten Maßnahmen im Einklang mit den folgenden Bedingungen steht:

a)

bei Mitgliedstaaten, die das mittelfristige Haushaltsziel erreicht haben, geht das jährliche Ausgabenwachstum nicht über eine mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums hinaus, es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen;

b)

bei Mitgliedstaaten, die ihr mittelfristiges Haushaltsziel noch nicht erreicht haben, liegt das jährliche Ausgabenwachstum unterhalb einer mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums, es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen; der Abstand der Staatsausgaben-Wachstumsrate zu einer mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums wird so festgesetzt, dass eine angemessene Korrektur in Richtung des mittelfristigen Haushaltsziels sichergestellt ist;

c)

bei Mitgliedstaaten, die ihr mittelfristiges Haushaltsziel noch nicht erreicht haben, wird jede diskretionäre Senkung der Staatseinnahmen entweder durch Ausgabenkürzungen oder durch eine diskretionäre Erhöhung anderer Staatseinnahmen in gleicher Höhe oder durch beides ausgeglichen.

Die Gesamtausgaben dürfen keine Zinszahlungen, keine Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und keine nicht-diskretionären Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung beinhalten.

Ein Ausgabenwachstum, das über die mittelfristige Referenzrate hinausgeht, darf nicht als Verletzung des Richtwerts betrachtet werden, insofern es vollständig durch gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen ausgeglichen wird.

Die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums wird auf der Grundlage vorwärts gerichteter Projektionen und rückwärts gerichteter Schätzungen bestimmt. Die Projektionen werden regelmäßig aktualisiert. Die Kommission veröffentlicht die Berechnungsmethode für diese Projektionen und die daraus abgeleitete mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums.

Bei der Festlegung des Anpassungspfads zur Erreichung des mittelfristigen Haushaltsziels für Mitgliedstaaten, die dieses Ziel noch nicht erreicht haben, und wenn Mitgliedstaaten, die es bereits erreicht haben, eine befristete Abweichung von diesem Ziel eingeräumt wird, sofern eine angemessene Sicherheitsmarge zum Defizit-Referenzwert beibehalten und erwartet wird, dass die Haushaltslage im Programmzeitraum wieder zum mittelfristigen Haushaltsziel zurückkehrt, tragen der Rat und die Kommission größeren Strukturreformen Rechnung, die — auch durch Steigerung des nachhaltigen Potenzialwachstums — direkte langfristige positive Auswirkungen auf den Haushalt und mithin nachprüfbare Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen haben.

Besondere Aufmerksamkeit gilt Rentenreformen, durch die ein Mehrsäulensystem mit einer gesetzlichen, vollständig kapitalgedeckten Säule eingeführt wird. Mitgliedstaaten, die solche Reformen durchführen, dürfen vom Anpassungspfad in Richtung auf ihr mittelfristiges Haushaltsziel oder von dem Ziel selbst mit der Maßgabe abweichen, dass die Abweichung der Höhe der unmittelbaren zusätzlichen Auswirkungen der Reform auf den gesamtstaatlichen Haushaltsaldo entspricht und vorausgesetzt, eine angemessene Sicherheitsmarge zum Defizit-Referenzwert wird beibehalten.

Der Rat und die Kommission prüfen ferner, ob das Stabilitätsprogramm die Erreichung dauerhafter und echter Konvergenz im Euro-Währungsgebiet und eine engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik erleichtert und ob die Wirtschaftspolitik des betreffenden Mitgliedstaats mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und den beschäftigungspolitischen Leitlinien der Mitgliedstaaten und der Union vereinbar ist.

Bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat, oder bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt kann den Mitgliedstaaten gestattet werden, vorübergehend von dem Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gemäß Unterabsatz 3 abzuweichen, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(2)   Der Rat und die Kommission prüfen das Stabilitätsprogramm innerhalb von höchstens drei Monaten nach Vorlage des Programms. Der Rat nimmt auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses bei Bedarf eine Stellungnahme zu dem Programm an. Gelangt der Rat gemäß Artikel 121 AEUV zu der Auffassung, dass die Ziele und Inhalte des Programms mit besonderem Verweis auf den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel anspruchsvoller formuliert werden sollten, fordert er den betreffenden Mitgliedstaat in seiner Stellungnahme zur Anpassung des Programms auf.“

9.

Artikel 6 erhält folgende Fassung:

„Artikel 6

(1)   Im Rahmen der multilateralen Überwachung gemäß Artikel 121 Absatz 3 AEUV überwachen der Rat und die Kommission anhand von Angaben der teilnehmenden Mitgliedstaaten sowie von Bewertungen der Kommission und des Wirtschafts- und Finanzausschusses die Umsetzung der Stabilitätsprogramme, um dabei insbesondere tatsächliche oder erwartete erhebliche Abweichungen der Haushaltslage vom mittelfristigen Haushaltsziel oder von einem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel zu ermitteln.

(2)   Bei einer festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 Unterabsatz 3 richtet die Kommission zur Vermeidung eines übermäßigen Defizits eine Verwarnung an den betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV.

Der Rat prüft innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt der Annahme der Verwarnung gemäß Unterabsatz 1 die Lage und nimmt auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV eine Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen an. In der Empfehlung wird eine Frist von höchstens fünf Monaten für die Behebung der Abweichung festgelegt. Die Frist wird auf drei Monate verkürzt, wenn die Kommission in ihrer Verwarnung zu der Auffassung gelangt, dass die Lage besonders ernst ist und dringende Maßnahmen erfordert. Der Rat macht seine Empfehlung auf Vorschlag der Kommission öffentlich.

Der betreffende Mitgliedstaat erstattet dem Rat innerhalb der Frist, die der Rat in der Empfehlung gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV festlegt, Bericht über die auf die Empfehlung hin ergriffenen Maßnahmen.

Ergreift der betreffende Mitgliedstaat nicht innerhalb der Frist, die in einer Empfehlung des Rates im Sinne von Unterabsatz 2 festgesetzt wurde, angemessene Maßnahmen, so empfiehlt die Kommission dem Rat unverzüglich, mit qualifizierter Mehrheit einen Beschluss mit der Feststellung anzunehmen, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden. Gleichzeitig kann die Kommission dem Rat vorschlagen, eine überarbeitete Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV anzunehmen.

Nimmt der Rat nicht auf Empfehlung der Kommission den Beschluss an, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, und unterlässt es der betreffende Mitgliedstaat weiterhin, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, so empfiehlt die Kommission einen Monat nach ihrer früheren Empfehlung dem Rat, den Beschluss anzunehmen, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden. Wird der Beschluss nicht innerhalb von zehn Tagen nach der Annahme durch die Kommission vom Rat mit einfacher Mehrheit abgelehnt, so gilt er als vom Rat angenommen. Gleichzeitig kann die Kommission dem Rat vorschlagen, eine überarbeitete Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV anzunehmen.

An der Abstimmung über den Beschluss über die Nichteinhaltung gemäß den Unterabsätzen 4 und 5 nehmen nur die Mitglieder des Rates teil, die teilnehmende Mitgliedstaaten vertreten, und der Rat beschließt ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

Der Rat legt dem Europäischen Rat einen förmlichen Bericht über die so gefassten Beschlüsse vor.

(3)   Eine Abweichung von dem mittelfristigen Haushaltsziel oder von dem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel wird auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient, einschließlich einer Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, wie in Artikel 5 Absatz 1 festgelegt.

Für die Bewertung, ob die Abweichung erheblich ist, werden insbesondere folgende Kriterien herangezogen:

a)

Bei Mitgliedstaaten, die das mittelfristige Haushaltsziel nicht erreicht haben, bei der Beurteilung der Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos, ob die Abweichung in einem Jahr mindestens 0,5 % des BIP oder in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt mindestens 0,25 % des BIP jährlich beträgt;

b)

bei der Beurteilung der Ausgabenentwicklung ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, ob die Abweichung eine Gesamtauswirkung auf den Haushaltssaldo von mindestens 0,5 % des BIP in einem Jahr oder kumulativ in zwei aufeinanderfolgenden Jahren hat.

Die Abweichung der Ausgabenentwicklung gilt nicht als erheblich, wenn der betreffende Mitgliedstaat sein mittelfristiges Haushaltsziel übertroffen hat, wobei der Möglichkeit erheblicher unerwarteter Mehreinnahmen Rechnung getragen wird, und wenn die im Stabilitätsprogramm dargelegten Haushaltspläne dieses Ziel im Programmzeitraum nicht gefährden.

Ebenfalls unberücksichtigt bleiben kann eine solche Abweichung bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die Lage der öffentlichen Finanzen erheblich beeinträchtigt, oder bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.“

10.

Artikel 7 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Jeder nicht teilnehmende Mitgliedstaat legt dem Rat und der Kommission die zur regelmäßigen multilateralen Überwachung im Sinne von Artikel 121 AEUV erforderlichen Angaben in Form eines Konvergenzprogramms vor, das eine wesentliche Grundlage für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen bildet, welche der Preisstabilität, starkem, nachhaltigem Wachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist.“

b)

In Absatz 2 erhalten die Buchstaben a, b und c folgende Fassung:

„a)

das mittelfristige Haushaltsziel sowie den Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel für den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo in Prozent des BIP, die voraussichtliche Entwicklung der öffentlichen Schuldenquote, den bei den Staatsausgaben — einschließlich der entsprechenden Ausgaben für Bruttoanlageinvestitionen — geplanten Wachstumspfad, insbesondere unter Berücksichtigung der Bedingungen und Kriterien für die Feststellung des Ausgabenwachstums gemäß Artikel 9 Absatz 1, den bei den Staatseinnahmen geplanten Wachstumspfad bei unveränderter Politik sowie eine Quantifizierung der auf der Einnahmenseite geplanten diskretionären Maßnahmen, die mittelfristigen geldpolitischen Ziele und die Beziehung dieser Ziele zur Preis- und Wechselkursstabilität sowie zur Erreichung dauerhafter Konvergenz;

aa)

Informationen über implizite Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung sowie Eventualverbindlichkeiten, wie staatliche Bürgschaften mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf den gesamtstaatlichen Haushalt;

ab)

Informationen zur Vereinbarkeit des Konvergenzprogramms mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und dem nationalen Reformprogramm;

b)

die Hauptannahmen über die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung und über wichtige ökonomische Variablen, die für die Erreichung des Konvergenzprogramms von Belang sind, wie Ausgaben für öffentliche Investitionen, reales BIP-Wachstum, Beschäftigung und Inflation;

c)

eine quantitative Bewertung der haushaltspolitischen und sonstigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die zur Erreichung der Programmziele unternommen oder vorgeschlagen werden, darunter eine Kosten-Nutzen-Analyse für größere Strukturreformen, die — auch durch Steigerung des potentiellen nachhaltigen Wachstums — direkte langfristige positive Auswirkungen auf den Haushalt haben;“

c)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(2a)   Das Konvergenzprogramm muss auf dem wahrscheinlichsten makrobudgetären Szenario oder auf einem vorsichtigeren Szenario basieren. Die makroökonomischen und haushaltspolitischen Prognosen werden mit den aktuellsten Prognosen der Kommission und gegebenenfalls denjenigen anderer unabhängiger Gremien verglichen. Erhebliche Abweichungen zwischen dem gewählten makrobudgetären Szenario und den Prognosen der Kommission müssen begründet werden, insbesondere wenn der Umfang oder die Höhe der externen Annahmen erheblich von den Angaben in den Prognosen der Kommission abweichen.

Die genaue Art der Angaben in Absatz 2 Buchstaben a, aa, b, c und d wird von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten in einem harmonisierten Rahmen dargelegt.“

d)

Absatz 3 erhält folgende Fassung:

„(3)   Die Angaben zur Entwicklung von gesamtstaatlichem Haushaltssaldo und gesamtstaatlicher Schuldenquote, zum Wachstum der Staatsausgaben, zu dem bei den Staatseinnahmen geplanten Wachstumspfad bei unveränderter Politik, zu den auf der Einnahmenseite geplanten, angemessen quantifizierten diskretionären Maßnahmen sowie den in Absatz 2 Buchstaben a und b genannten wichtigsten ökonomischen Annahmen werden auf Jahresbasis erstellt und beziehen sich auf das Vorjahr, das laufende Jahr und mindestens die drei folgenden Jahre.

(4)   Jedes Programm enthält Informationen über seinen Status im Rahmen der nationalen Verfahren und insbesondere darüber, ob das Programm dem nationalen Parlament vorgelegt wurde und ob das nationale Parlament die Möglichkeit hatte, die Stellungnahme des Rates zu dem vorhergehenden Programm oder gegebenenfalls Empfehlungen oder Verwarnungen zu erörtern, und ob das Programm vom Parlament gebilligt wurde.“

11.

Artikel 8 erhält folgende Fassung:

„Artikel 8

(1)   Konvergenzprogramme sind alljährlich im April, vorzugsweise bis Mitte April und spätestens am 30. April, vorzulegen.

(2)   Die Mitgliedstaaten veröffentlichen ihre Konvergenzprogramme.“

12.

Artikel 9 erhält folgende Fassung:

„Artikel 9

(1)   Auf der Grundlage von Bewertungen der Kommission und des Wirtschafts- und Finanzausschusses prüft der Rat im Rahmen der multilateralen Überwachung nach Artikel 121 AEUV die von den betreffenden Mitgliedstaaten in ihren Konvergenzprogrammen angegebenen mittelfristigen Haushaltsziele; ferner bewertet er, ob die ökonomischen Annahmen, auf denen das Programm beruht, plausibel sind, ob der Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel angemessen ist — einschließlich der Prüfung des begleitenden Pfades für die Schuldenquote — und ob die laufenden oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Einhaltung dieses Anpassungspfads ausreichen, um das mittelfristige Ziel im Laufe des Konjunkturzyklus sowie nachhaltige Konvergenz zu erreichen.

Der Rat und die Kommission berücksichtigen bei der Beurteilung des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, ob in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung stärkere Anpassungsanstrengungen unternommen werden, während die Anstrengungen in Zeiten schlechter wirtschaftlicher Entwicklung geringer ausfallen könnten. Insbesondere sind unerwartete Mehr- und Mindereinnahmen zu berücksichtigen. Bei Mitgliedstaaten mit einem Schuldenstand von über 60 % des BIP oder mit ausgeprägten Risiken hinsichtlich der Tragfähigkeit ihrer Gesamtschulden prüfen der Rat und die Kommission, ob die jährliche Verbesserung des konjunkturbereinigten Haushaltssaldos ohne einmalige und sonstige befristete Maßnahmen erheblich über 0,5 % des BIP hinausgeht. Bei Mitgliedstaaten, die am WKM2 teilnehmen, prüfen der Rat und die Kommission, ob der betreffende Mitgliedstaat eine zur Erreichung seines mittelfristigen Haushaltsziels angemessene jährliche Verbesserung seines konjunkturbereinigten Haushaltssaldos ohne Anrechnung einmaliger und sonstiger befristeter Maßnahmen verfolgt, wobei ein Richtwert von 0,5 % des BIP zugrunde gelegt wird.

Ausreichende Fortschritte in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel werden auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient, einschließlich einer Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen. Hierzu prüfen der Rat und die Kommission, ob das Wachstum der Staatsausgaben bei gleichzeitiger Berücksichtigung der einnahmenseitig getroffenen oder geplanten Maßnahmen im Einklang mit den folgenden Bedingungen steht:

a)

bei Mitgliedstaaten, die das mittelfristige Haushaltsziel erreicht haben, geht das jährliche Ausgabenwachstum nicht über eine mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums hinaus, es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen;

b)

bei Mitgliedstaaten, die ihr mittelfristiges Haushaltsziel noch nicht erreicht haben, liegt das jährliche Ausgabenwachstum unterhalb einer mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums, es sei denn, eine Überschreitung wird durch diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen in gleicher Höhe ausgeglichen; der Abstand der Staatsausgaben-Wachstumsrate zu einer mittelfristigen Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums wird so festgesetzt, dass eine angemessene Korrektur in Richtung des mittelfristigen Haushaltsziels sichergestellt ist;

c)

bei Mitgliedstaaten, die ihr mittelfristiges Haushaltsziel noch nicht erreicht haben, wird jede diskretionäre Senkung der Staatseinnahmen entweder durch Ausgabenkürzungen oder durch eine diskretionäre Erhöhung anderer Staatseinnahmen in gleicher Höhe oder durch beides ausgeglichen.

Die Gesamtausgaben dürfen keine Zinszahlungen, keine Ausgaben für Unionsprogramme, die vollständig durch Einnahmen aus Fonds der Union ausgeglichen werden, und keine nicht-diskretionären Änderungen der Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung beinhalten.

Ein Ausgabenwachstum, das über die mittelfristige Referenzrate hinausgeht, darf nicht als Verletzung des Richtwerts betrachtet werden, insofern es vollständig durch gesetzlich vorgeschriebene Einnahmensteigerungen ausgeglichen wird.

Die mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums wird auf der Grundlage vorwärts gerichteter Projektionen und rückwärts gerichteter Schätzungen bestimmt. Die Projektionen werden regelmäßig aktualisiert. Die Kommission veröffentlicht die Berechnungsmethode für diese Projektionen und die daraus abgeleitete mittelfristige Referenzrate des potenziellen BIP-Wachstums.

Bei der Festlegung des Anpassungspfads zur Erreichung des mittelfristigen Haushaltsziels für Mitgliedstaaten, die dieses Ziel noch nicht erreicht haben, und wenn Mitgliedstaaten, die es bereits erreicht haben, eine befristete Abweichung von diesem Ziel eingeräumt wird, sofern eine angemessene Sicherheitsmarge zum Defizit-Referenzwert beibehalten und erwartet wird, dass die Haushaltslage im Programmzeitraum wieder zum mittelfristigen Haushaltsziel zurückkehrt, tragen der Rat und die Kommission größeren Strukturreformen Rechnung, die — auch durch Steigerung des nachhaltigen Potenzialwachstums — direkte langfristige positive Auswirkungen auf den Haushalt und mithin nachprüfbare Auswirkungen auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen haben.

Besondere Aufmerksamkeit gilt Rentenreformen, durch die ein Mehrsäulensystem mit einer gesetzlichen, vollständig kapitalgedeckten Säule eingeführt wird. Mitgliedstaaten, die solche Reformen durchführen, dürfen vom Anpassungspfad in Richtung auf ihr mittelfristi-ges Haushaltsziel oder von dem Ziel selbst mit der Maßgabe abweichen, dass die Abweichung der Höhe der unmittelbaren zusätzlichen Auswirkungen der Reform auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo entspricht und vorausgesetzt, eine angemessene Sicherheitsmarge zum Defizit-Referenzwert wird beibehalten.

Der Rat und die Kommission prüfen ferner, ob das Konvergenzprogramm die Erreichung dauerhafter und echter Konvergenz sowie die engere Koordinierung der Wirtschaftspolitik erleichtert und ob die Wirtschaftspolitik des betreffenden Mitgliedstaats mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und den beschäftigungspolitischen Leitlinien der Mitgliedstaaten und der Union vereinbar ist. Bei Mitgliedstaaten, die am WKM2 teilnehmen, prüft der Rat außerdem, ob das Konvergenzprogramm eine reibungslose Teilnahme am Wechselkursmechanismus gewährleistet.

Bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und erhebliche Auswirkungen auf die Lage der öffentlichen Finanzen hat, oder bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt kann den Mitgliedstaaten gestattet werden, vorübergehend von dem Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel gemäß Unterabsatz 3 abzuweichen, vorausgesetzt dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(2)   Der Rat und die Kommission prüfen das Konvergenzprogramm innerhalb von höchstens drei Monaten nach seiner Vorlage. Der Rat nimmt auf Empfehlung der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Finanzausschusses bei Bedarf eine Stellungnahme zu dem Programm an. Gelangt der Rat gemäß Artikel 121 AEUV zu der Auffassung, dass die Ziele und Inhalte des Programms mit besonderem Verweis auf den Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel anspruchsvoller formuliert werden sollten, fordert er den betreffenden Mitgliedstaat in seiner Stellungnahme zur Anpassung des Programms auf.“

13.

Artikel 10 erhält folgende Fassung:

„Artikel 10

(1)   Im Rahmen der multilateralen Überwachung gemäß Artikel 121 Absatz 3 AEUV überwachen der Rat und die Kommission anhand von Angaben der Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelung sowie von Bewertungen der Kommission und des Wirtschafts- und Finanzausschusses die Umsetzung der Konvergenzprogramme, um dabei insbesondere tatsächliche oder erwartete erhebliche Abweichungen der Haushaltslage vom mittelfristigen Haushaltsziel oder von einem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel zu ermitteln.

Außerdem überwachen der Rat und die Kommission die Wirtschaftspolitik der nicht teilnehmenden Staaten unter Berücksichtigung der im Konvergenzprogramm vorgegebenen Ziele, um zu gewährleisten, dass deren Politik auf Stabilität und folglich auf die Vermeidung von Verzerrungen der realen Wechselkurse und von übermäßigen Schwankungen der nominalen Wechselkurse abzielt.

(2)   Bei einer festgestellten erheblichen Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 Unterabsatz 3 dieser Verordnung richtet die Kommission zur Vermeidung eines übermäßigen Defizits eine Verwarnung gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV an den betreffenden Mitgliedstaat.

Der Rat prüft innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt der Annahme der Verwarnung gemäß Unterabsatz 1 die Lage und nimmt auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission gemäß Artikel 121 Absatz 4 eine Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen an. In der Empfehlung wird eine Frist von höchstens fünf Monaten für die Behebung der Abweichung festgelegt. Die Frist wird auf drei Monate verkürzt, wenn die Kommission in ihrer Verwarnung zu der Auffassung gelangt, dass die Lage besonders ernst ist und dringende Maßnahmen erfordert. Der Rat macht seine Empfehlung auf Vorschlag der Kommission öffentlich.

Der betreffende Mitgliedstaat erstattet dem Rat innerhalb der Frist, die der Rat in der Empfehlung gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV festlegt, Bericht über die auf die Empfehlung hin ergriffenen Maßnahmen.

Ergreift der betreffende Mitgliedstaat nicht innerhalb der Frist, die in einer Empfehlung des Rates im Sinne von Unterabsatz 2 festgesetzt wurde, angemessene Maßnahmen, so empfiehlt die Kommission dem Rat unverzüglich, mit qualifizierter Mehrheit einen Beschluss mit der Feststellung anzunehmen, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden. Gleichzeitig kann die Kommission dem Rat vorschlagen, eine überarbeitete Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV anzunehmen.

Nimmt der Rat nicht zur Empfehlung der Kommission den Beschluss an, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden, und unterlässt es der betreffende Mitgliedstaat weiterhin, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, so empfiehlt die Kommission einen Monat nach ihrer früheren Empfehlung dem Rat, den Beschluss anzunehmen, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden. Wird der Beschluss nicht innerhalb von zehn Tagen nach der Annahme durch die Kommission vom Rat mit einfacher Mehrheit abgelehnt, so gilt er als vom Rat angenommen. Gleichzeitig kann die Kommission dem Rat vorschlagen, eine überarbeitete Empfehlung über die erforderlichen politischen Maßnahmen gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV anzunehmen.

Bei der Abstimmung über den Beschluss über die Nichteinhaltung gemäß den Unterabsätzen 4 und 5 beschließt der Rat ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

Der Rat legt dem Europäischen Rat einen förmlichen Bericht über die so getroffenen Beschlüsse vor.

(3)   Eine Abweichung von dem mittelfristigen Haushaltsziel oder von dem angemessenen Anpassungspfad in Richtung auf dieses Ziel wird auf der Grundlage einer Gesamtbewertung evaluiert, bei der der strukturelle Haushaltssaldo als Referenz dient, einschließlich einer Analyse der Ausgaben ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, wie in Artikel 9 Absatz 1 festgelegt.

Für die Bewertung, ob die Abweichung erheblich ist, werden insbesondere folgende Kriterien herangezogen:

a)

Bei Mitgliedstaaten, die das mittelfristige Haushaltsziel nicht erreicht haben, bei der Beurteilung der Veränderung des strukturellen Haushaltssaldos, ob die Abweichung in einem Jahr mindestens 0,5 % des BIP oder in zwei aufeinanderfolgenden Jahren im Durchschnitt mindestens 0,25 % des BIP jährlich beträgt;

b)

bei der Beurteilung der Ausgabenentwicklung ohne Anrechnung diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen, ob die Abweichung eine Gesamtauswirkung auf den Haushaltssaldo von mindestens 0,5 % des BIP in einem Jahr oder kumulativ in zwei aufeinanderfolgenden Jahren hat.

Die Abweichung der Ausgabenentwicklung gilt nicht als erheblich, wenn der betreffende Mitgliedstaat sein mittelfristiges Haushaltsziel übertroffen hat, wobei der Möglichkeit erheblicher unerwarteter Mehreinnahmen Rechnung getragen wird, und wenn die im Konvergenzprogramm dargelegten Haushaltspläne dieses Ziel im Programmzeitraum nicht gefährden.

Ebenfalls unberücksichtigt bleiben kann eine solche Abweichung bei einem außergewöhnlichen Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigt, oder bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt, vorausgesetzt dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.“

14.

Folgender Abschnitt wird eingefügt:

„ABSCHNITT 3A

PRINZIP DER UNABHÄNGIGKEIT DER STATISTISCHEN STELLEN

Artikel 10a

Um sicherzustellen, dass die multilaterale Überwachung auf der Grundlage fundierter und unabhängiger Statistiken erfolgt, gewährleisten die Mitgliedstaaten die fachliche Unabhängigkeit der einzelstaatlichen statistischen Stellen, die mit dem in der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäischen Statistiken (12) festgelegten Verhaltenskodex für europäische Statistiken im Einklang stehen. Dies erfordert mindestens

a)

transparente Einstellungs- und Entlassungsprozesse, die ausschließlich auf fachlichen Kriterien beruhen;

b)

die Zuweisung von Haushaltsmitteln auf jährlicher oder mehrjährlicher Grundlage;

c)

das Datum der Veröffentlichung zentraler statistischer Informationen, das rechtzeitig im Voraus zu bestimmen ist.

15.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel -11

(1)   Die Kommission gewährleistet gemäß den Zielen dieser Verordnung einen ständigen Dialog mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Zu diesem Zweck führt die Kommission insbesondere Missionen zum Zwecke der Bewertung der wirtschaftlichen Lage in dem Mitgliedstaat und der Ermittlung von Risiken oder Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung durch.

(2)   Die Kommission kann zum Zwecke der Überwachung vor Ort Missionen verstärkter Überwachung für Mitgliedstaaten durchführen, die Gegenstand von Empfehlungen gemäß Artikel 6 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 2 AEUV sind. Die betreffenden Mitgliedstaaten stellen sämtliche Informationen zur Verfügung, die zur Vorbereitung und Durchführung solcher Missionen erforderlich sind.

(3)   Handelt es sich bei dem betroffenen Mitgliedstaat um einen teilnehmenden Mitgliedstaat oder um einen Mitgliedstaat, der am WKM2 teilnimmt, kann die Kommission gegebenenfalls Vertreter der Europäischen Zentralbank einladen, an den Überwachungsmissionen teilzunehmen.

(4)   Die Kommission erstattet dem Rat über das Ergebnis der Missionen gemäß Absatz 2 Bericht und kann gegebenenfalls beschließen, ihre Befunde öffentlich zu machen.

(5)   Bei der organisatorischen Vorbereitung der Missionen gemäß Absatz 2 übermittelt die Kommission den betreffenden Mitgliedstaaten ihre vorläufigen Befunde, damit diese Anmerkungen dazu formulieren können.“

16.

Folgender Artikel wird eingefügt:

„Artikel 12a

(1)   Bis vom 14. Dezember 2014 und danach alle fünf Jahre veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung.

In diesem Bericht wird unter anderem Folgendes bewertet:

a)

die Wirksamkeit dieser Verordnung, insbesondere ob sich die Bestimmungen über die Beschlussfassung als ausreichend robust erwiesen haben;

b)

die Fortschritte bei der Gewährleistung einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik und einer dauerhaften Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten entsprechend dem AEUV.

(2)   Dem Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung, einschließlich der Bestimmungen über die Beschlussfassung, beigefügt.

(3)   Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt.“

17.

Alle in der Verordnung enthaltenen Bezugnahmen auf „Artikel 99 des Vertrags“ werden durchgängig durch „Artikel 121 AEUV“ ersetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 16. November 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates

Der Präsident

W. SZCZUKA


(1)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(2)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2011.

(3)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(4)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.

(5)  ABl. C 236 vom 2.8.1997, S. 1.

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1055/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (ABl. L 174 vom 7.7.2005, S. 1).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1056/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 174 vom 7.7.2005, S. 5).

(8)  Siehe Dokument 7423/5/05 unter http://www.consilium.europa.eu/documents.aspx?lang=de.

(9)  ABl. C 73 vom 25.3.2006, S. 21.

(10)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.“

(11)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 41.“.

(12)  ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164.“


23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/25


VERORDNUNG (EU) Nr. 1176/2011 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 16. November 2011

über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 6,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vorgesehene Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten innerhalb der Union sollte im Rahmen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der beschäftigungspolitischen Leitlinien ausgebaut werden und auf den folgenden richtungweisenden Grundsätzen aufbauen: stabile Preise, gesunde und nachhaltige öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine tragfähige Zahlungsbilanz.

(2)

Es besteht die Notwendigkeit, Lehren aus dem ersten Jahrzehnt des Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion zu ziehen und insbesondere die wirtschaftspolitische Steuerung in der Union zu verbessern und stärker auf nationaler Eigenverantwortung aufzubauen.

(3)

Die Verwirklichung und die Aufrechterhaltung eines dynamischen Binnenmarktes sollten als Bestandteil eines ordnungsgemäßen und reibungslosen Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion angesehen werden.

(4)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf mehrere miteinander verknüpfte und ineinandergreifende Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, insbesondere eine Unionsstrategie für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert zu legen ist auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Förderung des internationalen Handels und der Wettbewerbsfähigkeit, ein Europäisches Semester für die verstärkte Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik (Europäisches Semester), einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger Staatsdefizite (den Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP)), einen stabilen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen sowie eine verstärkte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB).

(5)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und rechtzeitigere Einbeziehung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente einschließen. Zwar sind die Verhandlungspartner des Europäischen Parlaments im Rahmen des Dialogs die einschlägigen Organe der Union und deren Vertreter, doch kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments dem Mitgliedstaat, an den der Rat eine Empfehlung oder einen Beschluss gemäß Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 4 dieser Verordnung gerichtet hat, die Gelegenheit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen. Die Teilnahme des Mitgliedstaats an einer solchen Aussprache ist freiwillig.

(6)

Der Kommission sollte eine stärkere Rolle in dem Verfahren der verstärkten Überwachung in Bezug auf für jeden Mitgliedstaat spezifische Bewertungen sowie auf Überwachung, Missionen vor Ort, Empfehlungen und Warnungen zukommen.

(7)

Insbesondere sollte die Überwachung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten über die haushaltspolitische Überwachung hinaus um einen detaillierteren und formalisierteren Rahmen erweitert werden, um übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte zu vermeiden und die betroffenen Mitgliedstaaten bei der Aufstellung von Korrekturplänen zu unterstützen, bevor sich Divergenzen verfestigen. Diese Erweiterung der Überwachung der Wirtschaftspolitik sollte parallel zu einer Vertiefung der haushaltspolitischen Überwachung erfolgen.

(8)

Um die Korrektur solcher makroökonomischen Ungleichgewichte zu unterstützen, sind in Rechtsvorschriften festgelegte genaue Verfahrensvorschriften erforderlich.

(9)

Das Verfahren der multilateralen Überwachung nach Artikel 121 Absätze 3 und 4 AEUV sollte durch spezielle Regeln für die Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte sowie für die Vermeidung und Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte in der Union ergänzt werden. Das Verfahren sollte unbedingt mit dem jährlichen Zyklus der multilateralen Überwachung abgestimmt werden.

(10)

Dieses Verfahren sollte einen Warnmechanismus für die frühzeitige Erkennung aufkommender makroökonomischer Ungleichgewichte schaffen. Ihm zugrunde liegen sollte als Richtschnur ein indikatives und transparentes Scoreboard, das indikative Schwellenwerte enthält und mit einer ökonomischen Bewertung verbunden wird. Bei dieser Beurteilung sollte unter anderem der nominalen und realen Konvergenz innerhalb und außerhalb des Euro-Währungsgebiets Rechnung getragen werden.

(11)

Damit das Scoreboard effizient als Bestandteil des Warnmechanismus funktioniert, sollte es aus einem begrenzten Satz ökonomischer, finanzieller und struktureller Indikatoren bestehen, die für die Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte relevant sind, wobei indikative Schwellenwerte festgelegt werden. Die Indikatoren und Schwellenwerte sollten erforderlichenfalls angepasst werden, um für eine Anpassung an den sich wandelnden Charakter der makroökonomischen Ungleichgewichte zu sorgen, der sich unter anderem aus neuen Risiken für die makroökonomische Stabilität ergibt, und um der verbesserten Verfügbarkeit einschlägiger Statistiken Rechnung zu tragen. Die Indikatoren sollten nicht als Ziele für die Wirtschaftspolitik angesehen werden, sondern als Instrumente, um dem sich entwickelnden Charakter der makroökonomischen Ungleichgewichte innerhalb der Union Rechnung zu tragen.

(12)

Die Kommission sollte bei der Aufstellung des Scoreboards und des Satzes makroökonomischer und makrofinanzieller Indikatoren für die Mitgliedstaaten eng mit dem Rat und dem Europäischen Parlament zusammenarbeiten. Die Kommission sollte den zuständigen Ausschüssen des Europäischen Parlaments und des Rates Vorschläge zu den Plänen zur Festlegung und Anpassung der Indikatoren und Schwellenwerte zur Stellungnahme vorlegen. Die Kommission sollte das Europäische Parlament und den Rat über jegliche Änderungen bei den Indikatoren und den Schwellenwerten unterrichten und ihre Gründe, solche Änderungen vorzuschlagen, erläutern.

(13)

Bei der Entwicklung des Scoreboards sollte der Berücksichtigung heterogener wirtschaftlicher Umstände, einschließlich Aufholeffekten, gebührende Beachtung gewidmet werden.

(14)

Das Über- bzw. Unterschreiten eines oder mehrerer Schwellenwerte muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass makroökonomische Ungleichgewichte entstehen, da die Wirtschaftspolitik Wirkungszusammenhängen zwischen makroökonomischen Variablen Rechnung tragen sollte. Schlussfolgerungen sollten nicht durch eine mechanistische Auslegung des Scoreboards gezogen werden: Mit einer ökonomischen Beurteilung sollte dafür gesorgt werden, dass sämtliche Informationen, unabhängig davon, ob sie aus dem Scoreboard stammen oder nicht, im Zusammenhang gesehen und Teil einer umfassenden Analyse werden.

(15)

Auf der Grundlage des Verfahrens der multilateralen Überwachung und des Warnmechanismus oder im Falle von unerwarteten, bedeutsamen wirtschaftlichen Entwicklungen, die eine dringende Analyse für die Zwecke dieser Verordnung erfordern, sollte die Kommission die Mitgliedstaaten ermitteln, die einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen sind. Die eingehende Überprüfung sollte durchgeführt werden, ohne dass das Vorhandensein eines Ungleichgewichts vermutet wird, und sollte eine gründliche Analyse der Ursachen makroökonomischer Ungleichgewichte in den überprüften Mitgliedstaaten umfassen, wobei den länderspezifischen wirtschaftlichen Bedingungen und Umständen und einem breiteren Spektrum von analytischen Instrumenten, Indikatoren und länderspezifischen qualitativen Informationen gebührend Rechnung zu tragen ist. Wenn die Kommission die eingehende Überprüfung durchführt, sollte der betreffende Mitgliedstaat mit ihr zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen so vollständig und korrekt wie möglich sind. Zudem sollte die Kommission allen sonstigen Informationen gebührende Beachtung zollen, die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat.

(16)

Die eingehende Überprüfung sollte im Rat und für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, in der Euro-Gruppe erörtert werden. Bei der eingehenden Überprüfung sollte gegebenenfalls den an die überprüften Mitgliedstaaten gerichteten Empfehlungen oder Aufforderungen des Rates, die im Einklang mit den Artikeln 121, 126 und 148 AEUV und gemäß den Artikeln 6, 7, 8 und 10 dieser Verordnung ergangen sind, und den politischen Absichten, die der überprüfte Mitgliedstaat in seinen nationalen Reformprogrammen zum Ausdruck bringt, sowie international anerkannten bewährten Verfahren in Bezug auf Indikatoren und Methoden Rechnung getragen werden. Wenn die Kommission beschließt, im Fall von bedeutsamen und unerwarteten wirtschaftlichen Entwicklungen, die eine dringende Analyse erfordern, eine eingehende Untersuchung durchzuführen, sollte sie die betroffenen Mitgliedstaaten unterrichten.

(17)

Bei der Bewertung von makroökonomischen Ungleichgewichten sollte berücksichtigt werden, wie schwerwiegend sie sind und welche potenziellen negativen wirtschaftlichen und finanziellen Ansteckungseffekte sie haben, welche die Anfälligkeit der Wirtschaft in der Union erhöhen und das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion bedrohen. In allen Mitgliedstaaten und insbesondere im Euro-Währungsgebiet sind Maßnahmen zur Bewältigung der makroökonomischen Ungleichgewichte und der Divergenzen in der Wettbewerbsfähigkeit erforderlich. Allerdings können Art, Bedeutung und Dringlichkeit der politischen Herausforderungen je nach Mitgliedstaat große Unterschiede aufweisen. In Anbetracht der bestehenden Schwächen und des Ausmaßes der notwendigen Anpassungen sind politische Maßnahmen in denjenigen Mitgliedstaaten am dringlichsten, die anhaltend hohe Leistungsbilanzdefizite und Wettbewerbsverluste aufweisen. Zudem sollten in den Mitgliedstaaten, die hohe Leistungsbilanzüberschüsse anhäufen, die politischen Maßnahmen darauf abzielen, die Maßnahmen zu ermitteln und durchzuführen, die dazu beitragen, die Binnennachfrage und das Wachstumspotenzial dieser Staaten zu steigern.

(18)

Berücksichtigt werden sollten außerdem die Kapazität zur wirtschaftlichen Anpassung und die Bilanz des betreffenden Mitgliedstaats bei der Einhaltung früherer, im Rahmen dieser Verordnung abgegebener Empfehlungen und sonstiger, nach Artikel 121 AEUV als Teil der multilateralen Überwachung abgegebener Empfehlungen, insbesondere der Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union.

(19)

Ein Verfahren zur Überwachung und Korrektur nachteiliger makroökonomischer Ungleichgewichte mit präventiven und korrektiven Elementen verlangt verschärfte Überwachungsinstrumente, die auf jenen aufbauen, die im Verfahren der multilateralen Überwachung eingesetzt werden. Dies könnte im Falle von schweren Ungleichgewichten, einschließlich von Ungleichgewichten, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden, Missionen der Kommission in den Mitgliedstaaten zur verstärkten Überwachung — in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und die Mitgliedstaaten, die dem Abkommen vom 16. März 2006 zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten über die Funktionsweise eines Wechselkursmechanismus in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (4) (WKM II) — und zusätzliche Berichtspflichten der Mitgliedstaaten beinhalten. Die Sozialpartner und andere nationale Akteure sollten — soweit dies angebracht ist — in den Dialog einbezogen werden.

(20)

Bei Feststellung makroökonomischer Ungleichgewichte sollten an den betreffenden Mitgliedstaat — gegebenenfalls unter Einbeziehung der einschlägigen Ausschüsse — Empfehlungen gerichtet werden, die als Richtschnur für angemessene politische Reaktionen dienen sollen. Die politische Reaktion des betreffenden Mitgliedstaats sollte rechtzeitig erfolgen und auf sämtliche verfügbaren politischen Instrumente zurückgreifen, die den Behörden zur Verfügung stehen. Gegebenenfalls sollten die einschlägigen nationalen Akteure, einschließlich der Sozialpartner, gemäß dem AEUV und in Übereinstimmung mit nationalen rechtlichen und politischen Regelungen ebenfalls einbezogen werden. Die politische Reaktion sollte auf das spezifische Umfeld und die spezifischen Umstände des betreffenden Mitgliedstaats zugeschnitten sein und die wichtigsten Bereiche der Wirtschaftspolitik erfassen, was auch die Finanz- und Lohnpolitik einschließen könnte, der Arbeitsmärkte, der Produkt- und Dienstleistungsmärkte und der Regulierung des Finanzsektors. Die im Rahmen des WKM II eingegangenen Verpflichtungen sollten berücksichtigt werden.

(21)

Die Warnungen und Empfehlungen des ESRB an die Mitgliedstaaten oder die Union betreffen Risiken makrofinanzieller Art. Sie sollten auch angemessene Folgemaßnahmen der Kommission im Rahmen der Überwachung von makroökonomischen Ungleichgewichten rechtfertigen, soweit dies zweckmäßig ist. Die Unabhängigkeit und die Vertraulichkeitsregelung des ESRB sollten streng beachtet werden.

(22)

Bei Feststellung schwerer makroökonomischer Ungleichgewichte, einschließlich von Ungleichgewichten, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden, sollte ein Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht eingeleitet werden, das Folgendes umfassen kann: die Abgabe von Empfehlungen an den Mitgliedstaat, verschärfte Überwachungs- und Beobachtungsanforderungen und, bei den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, im Falle eines wiederholten Versäumnisses, Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, die Möglichkeit der Durchsetzung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1174/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über Durchsetzungsmaßnahmen zur Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte im Euro-Währungsgebiet (5).

(23)

Ein Mitgliedstaat, der Gegenstand eines Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht ist, sollte einen Korrekturmaßnahmenplan mit Einzelheiten seiner politischen Maßnahmen zur Umsetzung der Ratsempfehlungen aufstellen. Der Korrekturmaßnahmenplan sollte einen Zeitplan für die Umsetzung der geplanten Maßnahmen enthalten. Er sollte durch eine Empfehlung des Rates gebilligt werden. Diese Empfehlung sollten dem Europäischen Parlament übermittelt werden.

(24)

Die Befugnis zum Erlass von Einzelbeschlüssen, in denen die Nichteinhaltung der Empfehlungen festgestellt wird, die vom Rat im Rahmen des Korrekturmaßnahmenplans angenommen worden sind, sollte dem Rat übertragen werden. Als Bestandteil der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten im Rat gemäß Artikel 121 Absatz 1 AEUV stellen diese Einzelbeschlüsse untrennbare Folgemaßnahmen zu den vom Rat gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV im Rahmen des Korrekturmaßnahmenplans angenommenen Empfehlungen dar.

(25)

Bei der Anwendung dieser Verordnung sollten der Rat und die Kommission die Rolle der nationalen Parlamente und der Sozialpartner sowie Unterschiede bei den nationalen Systemen — beispielsweise den Systemen für die Lohnbildung — uneingeschränkt achten.

(26)

Gelangt der Rat zu der Auffassung, dass in einem Mitgliedstaat kein übermäßiges makroökonomisches Ungleichgewicht mehr besteht, so sollte das Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht eingestellt werden, sobald der Rat die entsprechenden Empfehlungen auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission aufgehoben hat. Diese Aufhebung sollte sich auf eine umfassende Analyse der Kommission stützen, aus der hervorgehen muss, dass der Mitgliedstaat den betreffenden Empfehlungen des Rates nachgekommen ist und dass die in der Empfehlung des Rates zur Einleitung des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht angeführten zugrunde liegenden Ursachen und damit verbundenen Risiken nicht mehr bestehen, wobei unter anderem makroökonomische Entwicklungen, Aussichten und Ansteckungseffekte zu berücksichtigen sind. Die Einstellung des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht sollte öffentlich bekanntgemacht werden.

(27)

Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Schaffung eines wirksamen Rahmens für die Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte sowie die Vermeidung und Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte aufgrund der tiefen Handels- und Finanzverflechtungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ansteckungseffekte der nationalen Wirtschaftspolitik auf die Union und den Euro-Währungsgebiet insgesamt von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher besser auf der Ebene der Union zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem im selben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

GEGENSTAND UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand

(1)   Diese Verordnung legt detaillierte Regeln für die Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte sowie für die Vermeidung und Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte innerhalb der Union fest.

(2)   Diese Verordnung wird im Rahmen des Europäischen Semesters gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1175/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschafspolitiken (6) angewandt.

(3)   Bei der Anwendung dieser Verordnung wird Artikel 152 AEUV uneingeschränkt eingehalten, und die im Rahmen dieser Verordnung ausgesprochenen Empfehlungen beachten die nationalen Gepflogenheiten und Einrichtungen für die Lohnbildung. Diese Verordnung berücksichtigt Artikel 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und beeinträchtigt dementsprechend nicht das Recht, gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Tarifverträge auszuhandeln, abzuschließen oder durchzusetzen oder kollektive Maßnahmen zu ergreifen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

(1)

„Ungleichgewichte“ alle Trends, die zu makroökonomischen Entwicklungen führen, die sich nachteilig auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschaft eines Mitgliedstaats oder der Wirtschafts- und Währungsunion oder der Union insgesamt auswirken oder potenziell auswirken könnten;

(2)

„übermäßige Ungleichgewichte“ schwere Ungleichgewichte, einschließlich Ungleichgewichte oder Risiken, die das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion gefährden.

KAPITEL II

ERKENNUNG VON UNGLEICHGEWICHTEN

Artikel 3

Warnmechanismus

(1)   Es wird ein Warnmechanismus eingerichtet, um die frühzeitige Erkennung und die Überwachung von Ungleichgewichten zu erleichtern. Die Kommission erstellt jährlich einen Bericht mit einer qualitativen wirtschaftlichen und finanziellen Bewertung, die sich auf ein Scoreboard gemäß Artikel 4 stützt, das aus einem Satz von Indikatoren besteht, deren Werte mit ihren jeweiligen indikativen Schwellenwerten verglichen werden. Der jährliche Bericht einschließlich der Werte der zum Scoreboard gehörenden Indikatoren wird veröffentlicht.

(2)   Der jährliche Bericht der Kommission enthält eine wirtschaftliche und finanzielle Bewertung, die die Entwicklung der Indikatoren in den Gesamtzusammenhang setzt, wobei bei der Bewertung der Entwicklung von Ungleichgewichten bei Bedarf auf andere relevante wirtschaftliche und finanzielle Indikatoren zurückgegriffen wird. Schlussfolgerungen werden nicht durch eine mechanistische Auslegung der Indikatoren des Scoreboards gezogen. Bei der Bewertung wird die Entwicklung von Ungleichgewichten in der Union und im Euro-Währungsgebiet berücksichtigt. Der Bericht gibt auch an, ob das Übertreten von Schwellenwerten in einem oder mehreren Mitgliedstaat(en) bedeutet, dass möglicherweise Ungleichgewichte entstehen. Die Bewertung von Mitgliedstaaten, die hohe Leistungsbilanzdefizite aufweisen, kann sich von der Bewertung der Mitgliedstaaten, die hohe Leistungsbilanzüberschüsse anhäufen, unterscheiden.

(3)   Der jährliche Bericht weist die Mitgliedstaaten aus, die nach Auffassung der Kommission von Ungleichgewichten betroffen oder bedroht sein könnten.

(4)   Die Kommission übermittelt den jährlichen Bericht rechtzeitig dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss.

(5)   Als Teil der multilateralen Überwachung gemäß Artikel 121 Absatz 3 AEUV erörtert der Rat den jährlichen Bericht der Kommission und nimmt eine Gesamtbewertung dazu vor. Die Euro-Gruppe erörtert den Bericht, soweit er sich auf Mitgliedstaaten bezieht, deren Währung der Euro ist.

Artikel 4

Scoreboard

(1)   Das Scoreboard mit dem Satz der Indikatoren wird als Instrument verwendet, um die frühzeitige Erkennung und die Überwachung von Ungleichgewichten zu erleichtern.

(2)   Das Scoreboard setzt sich aus einer geringen Zahl von einschlägigen, praktischen, einfachen, messbaren und verfügbaren makroökonomischen und makrofinanziellen Indikatoren für die Mitgliedstaaten zusammen. Es gestattet die frühzeitige Erkennung makroökonomischer Ungleichgewichte, die sich kurzfristig ergeben, sowie von Ungleichgewichten, die sich aufgrund struktureller und langfristiger Entwicklungen ergeben.

(3)   Das Scoreboard umfasst unter anderem Indikatoren, die nützlich sind bei der frühzeitigen Erkennung:

a)

interner Ungleichgewichte, einschließlich derjenigen, die sich aus der öffentlichen und privaten Verschuldung ergeben können; von Entwicklungen auf den Finanz- und Anlagemärkten, einschließlich des Wohnungswesens; von Entwicklungen der Kreditströme des privaten Sektors; und der Entwicklung der Arbeitslosigkeit;

b)

von externen Ungleichgewichten, einschließlich derjenigen, die sich aus der Entwicklung der Leistungsbilanz- und Nettoinvestitionspositionen der Mitgliedstaaten ergeben können; der realen effektiven Wechselkurse; der Anteile an den Exportmärkten; der Veränderungen bei der Preis- und Kostenentwicklung; sowie der nichtpreisgebundenen Wettbewerbsfähigkeit unter Berücksichtigung der verschiedenen Komponenten der Produktivität.

(4)   Bei ihrer ökonomischen Auslegung des Scoreboards im Zusammenhang mit dem Warnmechanismus widmet die Kommission den Entwicklungen in der Realwirtschaft besondere Aufmerksamkeit, einschließlich des Wirtschaftswachstums, des Stands der Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit, der nominalen und realen Konvergenz innerhalb und außerhalb des Euro-Währungsgebiets, der Produktivitätsentwicklungen und ihrer relevanten Motoren wie Forschung und Entwicklung sowie ausländische und inländische Investitionen, sowie sektoraler Entwicklungen einschließlich Energie, die das BIP und die Leistungsbilanzentwicklung beeinflussen.

Das Scoreboard enthält für die Indikatoren auch indikative Schwellenwerte, die als Warnwerte dienen. Die Wahl der Indikatoren und Schwellenwerte sollte der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit in der Union dienlich sein.

Das Scoreboard der Indikatoren enthält — sofern dies nicht unangemessen ist — obere und untere Warnschwellenwerte, die nach Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und Mitgliedstaaten, die nicht dem Euro-Währungsgebiet angehören, differenziert werden, wenn dies durch die spezifischen Merkmale der Währungsunion und die einschlägigen wirtschaftlichen Umstände gerechtfertigt ist. Bei der Entwicklung des Scoreboards wird der Berücksichtigung heterogener wirtschaftlicher Umstände, einschließlich Aufholeffekten, gebührende Beachtung gewidmet.

(5)   Die Tätigkeit des ESRB wird im Zusammenhang mit der Aufstellung von Indikatoren, die für die Finanzmarktstabilität relevant sind, gebührend berücksichtigt. Die Kommission ersucht den ESRB, zu den Entwürfen von Indikatoren, die für die Finanzmarktstabilität relevant sind, Stellung zu nehmen.

(6)   Die Kommission veröffentlicht den Satz der im Scoreboard enthaltenen Indikatoren und Schwellenwerte.

(7)   Die Kommission bewertet regelmäßig die Angemessenheit des Scoreboards, einschließlich der Zusammensetzung der Indikatoren, der festgelegten Schwellenwerte und der angewandten Methodik, und nimmt erforderlichenfalls Anpassungen oder Änderungen vor. Die Kommission veröffentlicht die Änderungen der zugrunde liegenden Methodik und die Zusammensetzung des Scoreboards sowie die zugehörigen Schwellenwerte.

(8)   Die Kommission aktualisiert die Werte für die Indikatoren im Scoreboard mindestens einmal im Jahr.

Artikel 5

Eingehende Überprüfung

(1)   Unter gebührender Berücksichtigung der gemäß Artikel 3 Absatz 5 geführten Erörterungen im Rat und in der Euro- Gruppe oder im Fall von unerwarteten, bedeutsamen wirtschaftlichen Entwicklungen, die eine dringende Analyse für die Zwecke dieser Verordnung erfordern, führt die Kommission eine eingehende Überprüfung für jeden Mitgliedstaat durch, der nach ihrer Auffassung von Ungleichgewichten betroffen oder bedroht sein könnte.

Die eingehende Überprüfung baut auf einer detaillierten Analyse der länderspezifischen Umstände auf, einschließlich der unterschiedlichen Ausgangspositionen der Mitgliedstaaten; untersucht wird eine breite Palette von wirtschaftlichen Variablen; dabei werden analytische Instrumente und länderspezifische qualitative Informationen, verwendet. Die Überprüfung trägt den nationalen Besonderheiten in Bezug auf die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern und dem sozialen Dialog Rechnung.

Die Kommission widmet auch allen sonstigen Informationen gebührende Beachtung, die der betreffende Mitgliedstaat für relevant hält und der Kommission übermittelt hat.

Die Kommission führt ihre eingehende Überprüfung in Verbindung mit Überwachungsmissionen in dem betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 13 durch.

(2)   Die eingehende Überprüfung durch die Kommission umfasst eine Prüfung der Frage, ob der betreffende Mitgliedstaat von Ungleichgewichten betroffen ist und ob diese Ungleichgewichte übermäßige Ungleichgewichte darstellen. Sie prüft den Ursprung der entdeckten Ungleichgewichte vor dem Hintergrund der gegebenen wirtschaftlichen Umstände, einschließlich der tiefen Handels- und Finanzverflechtungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Ansteckungseffekte der nationalen Wirtschaftspolitiken. Im Zuge der eingehenden Überprüfung werden die im Zusammenhang mit der Strategie der Union für Wachstum und Arbeitsplätze relevanten Entwicklungen analysiert. Geprüft wird ebenfalls die Relevanz der wirtschaftlichen Entwicklungen in der Union und im Euro-Währungsgebiet insgesamt. Dabei wird insbesondere Folgendes berücksichtigt:

a)

gegebenenfalls die im Einklang mit den Artikeln 121, 126 und 148 AEUV und gemäß den Artikeln 6, 7, 8 und 10 dieser Verordnung an die überprüften Mitgliedstaaten gerichteten Empfehlungen oder Aufforderungen des Rates;

b)

die politischen Absichten, die der überprüfte Mitgliedstaat in seinen nationalen Reformprogrammen und gegebenenfalls in seinem Stabilitäts- oder Konvergenzprogramm zum Ausdruck bringt;

c)

Warnungen oder Empfehlungen des ESRB betreffend Systemrisiken, die an den überprüften Mitgliedstaat gerichtet bzw. für den überprüften Mitgliedstaat relevant sind. Die Vertraulichkeitsregelung des ESRB wird beachtet.

(3)   Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung und veröffentlicht sie.

Artikel 6

Präventionsmaßnahmen

(1)   Gelangt die Kommission auf der Grundlage der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 zu der Auffassung, dass in einem Mitgliedstaat Ungleichgewichte bestehen, unterrichtet sie das Europäische Parlament, den Rat und die Euro-Gruppe darüber. Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission gemäß dem Verfahren des Artikels 121 Absatz 2 AEUV die erforderlichen Empfehlungen an den betreffenden Mitgliedstaat richten.

(2)   Der Rat unterrichtet das Europäische Parlament über die Empfehlung und veröffentlicht sie.

(3)   Die Empfehlungen des Rates und der Kommission achten Artikel 152 AEUV uneingeschränkt; gleichzeitig berücksichtigen sie Artikel 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

(4)   Der Rat überprüft seine Empfehlung jährlich im Rahmen des Europäischen Semesters und kann sie gegebenenfalls gemäß Absatz 1 anpassen.

KAPITEL III

VERFAHREN BEI EINEM ÜBERMÄßIGEN UNGLEICHGEWICHT

Artikel 7

Einleitung des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht

(1)   Gelangt die Kommission auf der Grundlage der eingehenden Überprüfung nach Artikel 5 zu der Auffassung, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat übermäßige Ungleichgewichte bestehen, unterrichtet sie das Europäische Parlament, den Rat und die Eurogruppe darüber.

Die Kommission unterrichtet ebenfalls die einschlägigen Europäischen Aufsichtsbehörden und den ESRB. Der ESRB ist aufgefordert, die von ihm für notwendig erachteten Schritte zu ergreifen.

(2)   Der Rat kann auf Empfehlung der Kommission nach Artikel 121 Absatz 4 AEUV eine Empfehlung mit der Feststellung, dass ein übermäßiges Ungleichgewicht besteht, und der Empfehlung, dass der betreffende Mitgliedstaat Korrekturmaßnahmen ergreift, annehmen.

In der Empfehlung des Rates werden die Art und die Auswirkungen der Ungleichgewichte erläutert und eine Reihe von zu befolgenden Maßnahmenempfehlungen festgelegt sowie die Frist, innerhalb deren der betreffende Mitgliedstaat einen Korrekturmaßnahmenplan vorlegen muss. Der Rat kann gemäß Artikel 121 Absatz 4 AEUV seine Empfehlung veröffentlichen.

Artikel 8

Korrekturmaßnahmenplan

(1)   Jeder Mitgliedstaat, gegen den ein Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht eingeleitet wird, legt dem Rat und der Kommission auf der Grundlage der Empfehlung des Rates nach Artikel 7 Absatz 2 und innerhalb einer in dieser Empfehlung festzulegenden Frist einen Korrekturmaßnahmenplan vor. Der Korrekturmaßnahmenplan legt die spezifischen politischen Maßnahmen fest, die der betreffende Mitgliedstaat durchführt bzw. durchzuführen beabsichtigt, und enthält einen Zeitplan für diese Maßnahmen. Der Korrekturmaßnahmenplan berücksichtigt die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen dieser Maßnahmen und steht im Einklang mit den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und den beschäftigungspolitischen Leitlinien.

(2)   Der Rat bewertet den Korrekturmaßnahmenplan auf der Grundlage eines Berichts der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Plans. Befindet der Rat den Korrekturmaßnahmenplan auf Empfehlung der Kommission für ausreichend, so billigt er ihn ihm Wege einer Empfehlung, in der die erforderlichen spezifischen Maßnahmen und die Fristen, innerhalb derer sie ergriffen werden müssen, aufgelistet sind, und legt einen Überwachungszeitplan fest, der den Übertragungskanälen gebührend Rechnung trägt und den Umstand berücksichtigt, dass zwischen dem Ergreifen von Korrekturmaßnahmen und der tatsächlichen Beseitigung von Ungleichgewichten lange Zeitspannen liegen können.

(3)   Befindet der Rat auf Empfehlung der Kommission die im Korrekturmaßnahmenplan vorgesehenen Maßnahmen oder den dort vorgesehenen Zeitplan für unzureichend, so nimmt er eine an den betreffenden Mitgliedstaat gerichtete Empfehlung an, in der dieser aufgefordert wird, in der Regel innerhalb von zwei Monaten einen neuen Korrekturmaßnahmenplan vorzulegen. Der Rat prüft den neuen Korrekturmaßmaßnahmenplan gemäß dem Verfahren dieses Artikels.

(4)   Der Korrekturmaßnahmenplan, der Kommissionsbericht und die Empfehlung des Rates gemäß den Absätzen 2 und 3 werden veröffentlicht.

Artikel 9

Überwachung von Korrekturmaßnahmen

(1)   Die Kommission überwacht die Durchführung der gemäß Artikel 8 Absatz 2 angenommenen Empfehlung des Rates. Zu diesem Zweck legt der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission in regelmäßigen Abständen Fortschrittsberichte vor, deren Häufigkeit vom Rat in der in Artikel 8 Absatz 2 genannten Empfehlung festgelegt wird.

(2)   Die Fortschrittsberichte der Mitgliedstaaten werden vom Rat veröffentlicht.

(3)   Die Kommission kann in dem betreffenden Mitgliedstaat Missionen zur verstärkten Überwachung durchführen, um die Durchführung des Korrekturmaßnahmenplans zu überwachen, und zwar in Absprache mit der EZB, wenn diese Missionen Mitgliedstaaten betreffen, deren Währung der Euro ist, oder Mitgliedstaaten, die am WKM II teilnehmen. Die Kommission bindet, soweit zweckmäßig, die Sozialpartner und andere nationale Akteure während dieser Missionen in einen Dialog ein.

(4)   Im Falle erheblicher größerer Veränderungen der wirtschaftlichen Umstände kann der Rat auf Empfehlung der Kommission die nach Artikel 8 Absatz 2 abgegebenen Empfehlungen gemäß dem Verfahren des genannten Artikels abändern. Der Rat fordert den betreffenden Mitgliedstaat gegebenenfalls auf, einen überarbeiteten Korrekturmaßnahmenplan vorzulegen und bewertet diesen überarbeiteten Korrekturmaßnahmenplan gemäß dem Verfahren des Artikels 8.

Artikel 10

Bewertung der Korrekturmaßnahmen

(1)   Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission bewertet der Rat, ob der betreffende Mitgliedstaat die empfohlenen Korrekturmaßnahmen im Einklang mit der gemäß Artikel 8 Absatz 2 abgegebenen Empfehlung des Rates ergriffen hat.

(2)   Die Kommission veröffentlicht ihren Bericht.

(3)   Der Rat führt seine Bewertung innerhalb der Frist durch, die er in seinen gemäß Artikel 8 Absatz 2 abgegebenen Empfehlungen festgelegt hat.

(4)   Gelangt er zu der Auffassung, dass der Mitgliedstaat die empfohlenen Korrekturmaßnahmen nicht ergriffen hat, fasst der Rat auf Empfehlung der Kommission einen Beschluss, in dem er die Nichteinhaltung feststellt, zusammen mit einer Empfehlung, mit der neue Fristen für die Durchführung von Korrekturmaßnahmen festgelegt werden. In diesem Falle unterrichtet der Rat den Europäischen Rat und veröffentlicht die Schlussfolgerungen der in Artikel 9 Absatz 3 genannten Überwachungsmissionen.

Die Empfehlung der Kommission mit der Erklärung der Nichteinhaltung gilt als vom Rat angenommen, sofern er nicht innerhalb von zehn Tagen nach ihrer Annahme durch die Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschließt, die Empfehlung abzulehnen. Der betreffende Mitgliedstaat kann beantragen, dass innerhalb dieses Zeitraums eine Tagung des Rates anberaumt wird, um über den Beschluss abzustimmen.

(5)   Gelangt der Rat auf der Grundlage des in Absatz 1 genannten Berichts der Kommission zu der Auffassung, dass der Mitgliedstaat die gemäß Artikel 8 Absatz 2 empfohlenen Korrekturmaßnahmen ergriffen hat, so wird davon ausgegangen, dass das Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht planmäßig verläuft, und das Verfahren wird ruhen gelassen. Die Überwachung wird jedoch gemäß dem in der Empfehlung nach Artikel 8 Absatz 2 festgelegten Zeitplan fortgesetzt. Der Rat veröffentlicht seine Gründe für das Ruhenlassen des Verfahrens und die Anerkennung der von dem betreffenden Mitgliedstaat ergriffenen Korrekturmaßnahmen.

Artikel 11

Einstellung des Verfahrens bei einem übermäßigen Ungleichgewicht

Der Rat hebt die gemäß den Artikeln 7, 8 oder 10 abgegebenen Empfehlungen auf der Grundlage einer Empfehlung der Kommission auf, sobald er zu der Auffassung gelangt, dass in dem betreffenden Mitgliedstaat keine übermäßigen Ungleichgewichte gemäß der Empfehlung nach Artikel 7 Absatz 2 mehr bestehen. Der Rat gibt eine öffentliche Erklärung ab, in der dieser Sachverhalt zum Ausdruck kommt.

Artikel 12

Abstimmung im Rat

Bei den in den Artikeln 7 bis 11 genannten Maßnahmen beschließt der Rat ohne Berücksichtigung der Stimme des den betreffenden Mitgliedstaat vertretenden Mitglieds des Rates.

KAPITEL IV

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 13

Überwachungsmissionen

(1)   Die Kommission gewährleistet gemäß den Zielen dieser Verordnung einen ständigen Dialog mit den Behörden der Mitgliedstaaten. Zu diesem Zweck führt die Kommission insbesondere Missionen zum Zwecke der Bewertung der wirtschaftlichen Situation in dem Mitgliedstaat und der Ermittlung von Risiken oder Schwierigkeiten bei der Verwirklichung der Ziele dieser Verordnung durch.

(2)   Die Kommission kann zum Zwecke der Überwachung vor Ort Missionen zur verstärkten Überwachung für Mitgliedstaaten durchführen, die Gegenstand einer Empfehlung zum Vorhandensein eines übermäßigen Ungleichgewichts gemäß Artikel 7 Absatz 2sind.

(3)   Handelt es sich bei dem betroffenen Mitgliedstaat um einen Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist oder der am WKM II teilnimmt, so kann die Kommission gegebenenfalls Vertreter der Europäischen Zentralbank einladen, an den Überwachungsmissionen gemäß Absatz 2 teilzunehmen.

(4)   Die Kommission erstattet dem Rat über das Ergebnis der Missionen gemäß Absatz 2 Bericht und kann gegebenenfalls beschließen, ihre Befunde öffentlich zu machen.

(5)   Bei der organisatorischen Vorbereitung der Missionen gemäß Absatz 2 übermittelt die Kommission den betreffenden Mitgliedstaaten ihre vorläufigen Befunde zur Stellungnahme.

Artikel 14

Wirtschaftlicher Dialog

(1)   Um den Dialog zwischen den Organen der Union, insbesondere dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission, zu fördern und ein größeres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten, kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Präsidenten des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Präsidenten des Europäischen Rates oder den Präsidenten der Euro-Gruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um Folgendes zu erörtern:

a)

die vom Rat bereitgestellten Informationen über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik gemäß Artikel 121 Absatz 2 AEUV;

b)

die von der Kommission zu Beginn des jährlichen Zyklus der Überwachung an die Adresse der Mitgliedstaaten gerichteten allgemeinen Leitlinien;

c)

die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu den Leitlinien für die Wirtschaftspolitiken im Rahmen des Europäischen Semesters;

d)

die Ergebnisse der gemäß dieser Verordnung durchgeführten multilateralen Überwachung;

e)

die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates zu den Leitlinien für die multilaterale Überwachung und zu deren Ergebnissen;

f)

eine Überprüfung der Durchführung der multilateralen Überwachung zum Abschluss des Europäischen Semesters;

g)

die gemäß Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 10 Absatz 4 dieser Verordnung ergangenen Empfehlungen;

(2)   Der zuständige Ausschusses des Europäischen Parlaments kann dem von einer Empfehlung oder einem Beschluss des Rates gemäß Artikel 7 Absatz 2, Artikel 8 Absatz 2 oder Artikel 10 Absatz 4 betroffenen Mitgliedstaat die Möglichkeit bieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

(3)   Der Rat und die Kommission unterrichten das Europäische Parlament regelmäßig über die Ergebnisse der Anwendung dieser Verordnung.

Artikel 15

Jährlicher Bericht

Die Kommission berichtet jährlich über die Anwendung dieser Verordnung einschließlich einer Aktualisierung des Scoreboards gemäß Artikel 4 und legt die Ergebnisse dem Europäischen Parlament und dem Rat im Rahmen des Europäischen Semesters vor.

Artikel 16

Überprüfung

(1)   Bis vom 14. Dezember 2014 und alle fünf Jahre danach überprüft die Kommission die Anwendung dieser Verordnung und veröffentlicht einen Bericht darüber.

In diesen Berichten werden unter anderem bewertet:

a)

die Wirksamkeit dieser Verordnung,

b)

die Fortschritte bei der Gewährleistung einer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik und der anhaltenden Konvergenz der Wirtschaftsleistungen der Mitgliedstaaten gemäß dem AEUV.

Den Berichten wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(2)   Die Kommission übermittelt die in Absatz 1 genannten Berichte dem Europäischen Parlament und dem Rat.

Artikel 17

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Straßburg am 16. November 2011.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

J. BUZEK

Im Namen des Rates

Der Präsident

W. SZCZUKA


(1)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(2)  ABl. C 218 vom 23.7.2011, S. 53.

(3)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2011.

(4)  ABl. C 73 vom 25.3.2006, S. 21.

(5)  Siehe Seite 8 dieses Amtsblatts.

(6)  Siehe Seite 12 dieses Amtsblatts.


23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/33


VERORDNUNG (EU) Nr. 1177/2011 DES RATES

vom 8. November 2011

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 126 Absatz 14,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (2),

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten in der Union gemäß dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sollte die Einhaltung der folgenden richtungsweisenden Grundsätze umfassen: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine tragfähige Zahlungsbilanz.

(2)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt bestand ursprünglich aus der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (3), der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (4) und der Entschließung des Europäischen Rates vom 17. Juni 1997 über den Stabilitäts- und Wachstumspakt (5). Die Verordnungen (EG) Nr. 1466/97 und (EG) Nr. 1467/97 wurden durch die Verordnungen (EG) Nr. 1055/2005 (6) bzw. (EG) Nr. 1056/2005 (7) geändert. Darüber hinaus nahm der Rat am 20. März 2005 den Bericht mit dem Titel „Verbesserung der Umsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts“ (8) an.

(3)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt beruht auf dem Ziel einer gesunden und nachhaltigen öffentlichen Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Voraussetzungen für Preisstabilität und ein solides dauerhaftes Wachstum, das auf einem stabilen Finanzsystem fußt, was zur Verwirklichung der Ziele der Union für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung beiträgt.

(4)

Die Erfahrungen, die im ersten Jahrzehnt der Wirtschafts- und Währungsunion gesammelt wurden, zeigen ebenso wie die in dieser Zeit begangenen Fehler die Notwendigkeit einer verbesserten wirtschaftspolitischen Steuerung in der Union, die auf einer stärkeren nationalen Eigenverantwortung für die einvernehmlich beschlossenen Regeln und politischen Maßnahmen und einem stabilen Rahmen zur Überwachung der nationalen Wirtschaftspolitik auf Unionsebene beruhen sollte.

(5)

Der gemeinsame Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung muss angesichts der weit fortgeschrittenen Integration zwischen den Wirtschaftssystemen der Mitgliedstaaten der Union und insbesondere des Euro-Währungsgebiets weiter verbessert werden.

(6)

Der verbesserte Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung sollte sich auf mehrere miteinander verknüpfte und ineinandergreifende Politiken für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung stützen, insbesondere eine Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung, wobei besonderer Wert zu legen ist auf den Ausbau und die Stärkung des Binnenmarkts, die Förderung der internationalen Handelsbeziehungen und der Wettbewerbsfähigkeit, ein Europäisches Semester für die verstärkte Koordinierung der Wirtschafts- und Haushaltspolitik, einen wirksamen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur übermäßiger öffentlicher Defizite (den Stabilitäts- und Wachstumspakt), einen stabilen Rahmen zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, Mindestanforderungen an die nationalen Haushaltsrahmen und eine verstärkte Regulierung und Überwachung der Finanzmärkte, einschließlich der Aufsicht auf Makroebene durch den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken.

(7)

Die Verwirklichung und die Aufrechterhaltung eines dynamischen Binnenmarktes sollten als Bestandteil eines ordnungsgemäßen und reibungslosen Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion angesehen werden.

(8)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung insgesamt sollten die Strategie der Union für Wachstum und Beschäftigung ergänzen und unterstützen. Die Verflechtungen der unterschiedlichen Schwerpunkte untereinander sollten nicht zu Ausnahmen von den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes führen.

(9)

Die Stärkung der wirtschaftspolitischen Steuerung sollte eine engere und frühzeitigere Einbindung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente umfassen. Zwar sind die Verhandlungspartner des Europäischen Parlaments im Rahmen dieses Dialogs die einschlägigen Organe der Union und deren Vertreter, doch kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments dem Mitgliedstaat, an den der Rat einen Beschluss gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV, eine Empfehlung des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 7 AEUV, einer Inverzugsetzung gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV oder einen Beschluss gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV gerichtet hat, die Möglichkeit anbieten, an einer Aussprache teilzunehmen. Die Teilnahme des Mitgliedstaats an einer solchen Aussprache ist freiwillig.

(10)

Der Kommission sollte eine stärkere Rolle in dem Verfahren der verstärkten Überwachung in Bezug auf die für jeden Mitgliedstaat spezifischen Bewertungen sowie auf Überwachungsmaßnahmen, Missionen vor Ort, Empfehlungen und Warnungen zukommen.

(11)

Der Rat und die Kommission sollten bei der Anwendung dieser Verordnung alle einschlägigen Faktoren sowie die Wirtschafts- und Haushaltslage der betroffenen Mitgliedstaaten angemessen berücksichtigen.

(12)

Die Vorschriften für die Haushaltsdisziplin sollten insbesondere durch stärkere Berücksichtigung der Höhe und der Entwicklung des Schuldenstands sowie der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen insgesamt verstärkt werden. Die Mechanismen zur Gewährleistung der Beachtung dieser Regeln und deren Durchsetzung sollten ebenfalls gestärkt werden.

(13)

Die Anwendung des bestehenden Defizitverfahrens auf der Grundlage des Defizitkriteriums und des Schuldenstandskriteriums erfordert einen numerischen Richtwert, der den Konjunkturverlauf berücksichtigt, an dem gemessen werden kann, ob das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert.

Ein Übergangszeitraum sollte eingeführt werden, damit die Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung einem Defizitverfahren unterliegen, die Möglichkeit haben, im Hinblick auf eine Verringerung ihrer Schulden ihre Politik an den numerischen Richtwert anzupassen. Dies sollte in gleicher Weise für Mitgliedstaaten gelten, die einem Anpassungsprogramm der Union oder des Internationalen Währungsfonds unterliegen.

(14)

Die Nichteinhaltung des numerischen Richtwerts für den Schuldenabbau sollte nicht ausreichen, um das Vorliegen eines übermäßigen Defizits festzustellen; hierfür sollte vielmehr die gesamte Bandbreite der im Bericht der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV behandelten einschlägigen Faktoren berücksichtigt werden. Insbesondere kann die Beurteilung der Auswirkungen des Konjunkturzyklus und der Zusammensetzung der Bestandsanpassungen auf die Schuldenentwicklung ausreichen, um zu vermeiden, dass das Vorliegen eines übermäßigen Defizits auf der Grundlage des Schuldenstandskriteriums festgestellt wird.

(15)

Bei der Feststellung eines übermäßigen Defizits auf der Grundlage des Defizitkriteriums und den Schritten, die zu dieser Feststellung führen, muss in dem Fall, dass der öffentliche Schuldenstand im Verhältnis zum BIP den festgelegten Referenzwert nicht überschreitet, die gesamte Bandbreite der im Bericht der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV behandelten einschlägigen Faktoren berücksichtigt werden.

(16)

Bei der Berücksichtigung von Reformen der Rentensysteme als einschlägige Faktoren sollte sich das Hauptaugenmerk auf die Frage richten, ob diese Reformen zur Verbesserung der langfristigen Tragfähigkeit des Altersvorsorgesystems insgesamt beitragen, ohne dabei die Risiken für die mittelfristige Haushaltslage zu erhöhen.

(17)

Im Bericht der Kommission nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV sollte die Qualität des nationalen Haushaltrahmens angemessen berücksichtigt werden, da dieser im Hinblick auf die Haushaltskonsolidierung und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen eine entscheidende Rolle spielt. In diesem Zusammenhang sollte auch den in der Richtlinie 2011/85/EU des Rates vom 8. November 2011 über die Anforderungen an den Haushaltsrahmen der Mitgliedstaaten (9) festgelegten Mindestanforderungen sowie sonstigen als wünschenswert vereinbarten Anforderungen an die Haushaltsdisziplin Rechnung getragen werden.

(18)

Um feststellen zu können, ob den vom Rat beschlossenen Empfehlungen und Inverzugsetzungen zur Korrektur des übermäßigen Defizits nachgekommen wird, müssen darin jährliche Haushaltsziele näher bezeichnet werden, die mit der erforderlichen Haushaltskonsolidierung — konjunkturbereinigt und ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen — vereinbar sind. Dabei sollte der jährliche Richtwert von 0,5 % des BIP als jahresdurchschnittlicher Wert betrachtet werden.

(19)

Die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen kann besser bewertet werden, wenn als Richtwert die Einhaltung der Ziele für die gesamtstaatlichen Ausgaben in Verbindung mit der Umsetzung geplanter einnahmenseitiger Maßnahmen herangezogen wird.

(20)

Bei der Prüfung, ob die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits verlängert werden soll, sollte insbesondere berücksichtigt werden, ob ein schwerer Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt vorliegt, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(21)

Es ist angebracht, die in Artikel 126 Absatz 11 AEUV vorgesehenen Sanktionen in größerem Umfang zu verhängen, damit sie einen echten Anreiz für die Befolgung der Inverzugsetzungen gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV darstellen.

(22)

Um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, den Rahmen der Union für die haushaltspolitische Überwachung einhalten, sollten auf Regeln beruhende Sanktionen auf der Grundlage von Artikel 136 AEUV eingeführt werden, die faire, zeitnahe und wirksame Mechanismen für die Einhaltung der Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts sicherstellen.

(23)

Die in dieser Verordnung genannten Geldbußen sollten sonstigen Einnahmen im Sinne des Artikels 311 AEUV darstellen und sollten den Stabilitätsmechanismen zur Bereitstellung finanzieller Unterstützung zugewiesen werden, die von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, eingerichtet wurden, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu schützen.

(24)

Bei den in der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 enthaltenen Bezugnahmen sollte der neuen Artikelnummerierung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und der Ersetzung der Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates (10) durch die Verordnung (EG) Nr. 479/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (11) beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit Rechnung getragen werden.

(25)

Die Verordnung (EG) Nr. 1467/97 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1467/97 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 1 erhält folgende Fassung:

„Artikel 1

(1)   Diese Verordnung legt die Bestimmungen zur Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit fest. Mit diesem Verfahren wird das Ziel verfolgt, übermäßige öffentliche Defizite möglichst zu vermeiden und gegebenenfalls auftretende Defizite unverzüglich zu korrigieren, wobei die Einhaltung der Haushaltsdisziplin anhand der Kriterien des öffentlichen Defizits und des öffentlichen Schuldenstands geprüft wird.

(2)   Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ’teilnehmende Mitgliedstaaten‘ die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist.“

2.

Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 1 Unterabsatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Überschreitet ein öffentliches Defizit den Referenzwert, so gilt der Referenzwert als ausnahmsweise überschritten im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe a zweiter Gedankenstrich des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), wenn dies auf ein außergewöhnliches Ereignis, das sich der Kontrolle des betreffenden Mitgliedstaats entzieht und die Lage der öffentlichen Finanzen erheblich beeinträchtigt, oder auf einen schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung zurückzuführen ist.“

b)

Folgender Absatz wird eingefügt:

„(1a)   Wenn das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Referenzwert überschreitet, so kann davon ausgegangen werden, dass das Verhältnis im Sinne von Artikel 126 Absatz 2 Buchstabe b AEUV hinreichend rückläufig ist und sich rasch genug dem Referenzwert nähert, wenn sich als Richtwert der Abstand zum Referenzwert in den letzten drei Jahren jährlich durchschnittlich um ein Zwanzigstel verringert hat, bezogen auf die Veränderungen während der letzten drei Jahre, für die die Angaben verfügbar sind.

Die Anforderung des Schuldenstandskriteriums gilt ebenfalls als erfüllt, wenn die Haushaltsvorausschätzungen der Kommission darauf hindeuten, dass die geforderte Verringerung des Abstands im Zeitraum von drei Jahren einschließlich der zwei Jahre eintritt, die auf das letzte Jahr, für das die Daten verfügbar sind, folgen. Bei einem Mitgliedstaat, gegen den am 8. November 2011 ein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits läuft, gilt für einen Zeitraum von drei Jahren ab der Korrektur des übermäßigen Defizits die Anforderung des Schuldenstandskriteriums als erfüllt, wenn der betreffende Mitgliedstaat gemäß der Stellungnahme des Rates zu seinem Stabilitäts- oder Konvergenzprogramm genügend Fortschritte bei der Einhaltung der Anforderung erzielt hat.

Bei der Umsetzung des Schuldenquotenanpassungsrichtwerts sollte der Einfluss der Konjunktur auf das Tempo des Schuldenabbaus berücksichtigt werden.“

c)

Absätze 3 bis 7 erhalten folgende Fassung:

„(3)   Bei der Erstellung eines Berichts nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV berücksichtigt die Kommission alle einschlägigen Faktoren, die in jenem Artikel vorgesehen sind, sofern sie die Prüfung der Befolgung der Defizit- und Schuldenkriterien durch den betreffenden Mitgliedstaat in erheblichem Maße betreffen. Der Bericht spiegelt Folgendes in angemessener Weise wider:

a)

die mittelfristige Wirtschaftsentwicklung, insbesondere Potenzialwachstum einschließlich der verschiedenen Beiträge von Arbeit, Kapitalbildung und der totalen Faktorproduktivität, der Konjunkturentwicklungen und des Finanzierungssaldos des privaten Sektors;

b)

die mittelfristige Entwicklung der öffentlichen Haushalte einschließlich insbesondere den Fortschritt im Hinblick auf die Anpassung an das mittelfristige Haushaltsziel, die Höhe des Primärsaldos und die Entwicklungen bei den Primärausgaben in der laufenden Rechnung und in der Kapitalrechnung, die Umsetzung von politischen Maßnahmen im Rahmen der Vorbeugung und Korrektur übermäßiger makroökonomischer Ungleichgewichte, die Umsetzung politischer Maßnahmen im Rahmen der gemeinsamen Wachstumsstrategie der Union und der Qualität der öffentlichen Finanzen insgesamt, insbesondere die Wirksamkeit des nationalen haushaltspolitischen Rahmens;

c)

die mittelfristige Entwicklung der Schuldenstandsquote, ihre Dynamik und Tragfähigkeit, einschließlich insbesondere Risikofaktoren, wie die Fälligkeitsstruktur und Währungszusammensetzung der Schulden, sowie Bestandsanpassungen und deren Zusammensetzung, kumulierte Rücklagen und andere Vermögenswerte des Staates, Garantien, insbesondere solche gegenüber dem Finanzsektor, und implizite Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Bevölkerungsalterung und der privaten Verschuldung, insoweit diese implizite Eventualverbindlichkeiten für den Gesamtstaat darstellen kann.

Die Kommission schenkt allen sonstigen Faktoren gebührende und ausführliche Beachtung, die aus Sicht des betreffenden Mitgliedstaats von Bedeutung sind, um die Einhaltung der Defizit- und Schuldenkriterien in umfassender Weise zu beurteilen, und die der Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission vorgelegt hat. In diesem Zusammenhang werden insbesondere finanzielle Beiträge zur Förderung der internationalen Solidarität und zur Erreichung der politischen Ziele der Union, die Schulden aufgrund der bilateralen und multilateralen Unterstützung zwischen den Mitgliedstaaten im Kontext der Wahrung der Finanzstabilität und die Schulden im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzen bei größeren finanziellen Störungen berücksichtigt.

(4)   Der Rat und die Kommission nehmen eine ausgewogene Gesamtbewertung aller einschlägigen Faktoren vor und bewerten dabei insbesondere, inwieweit diese sich bei der Bewertung der Einhaltung des Defizit- und/oder des Schuldenstandskriteriums als erschwerende oder erleichternde Faktoren erweisen. Wenn das Verhältnis des öffentlichen Schuldenstands zum BIP den Referenzwert überschreitet, so werden bei der Bewertung der Einhaltung des Defizitkriteriums diese Faktoren in den in Artikel 126 Absätze 4, 5 und 6 AEUV vorgesehenen Verfahrensschritten, die zur Feststellung eines übermäßigen Defizits führen, nur dann berücksichtigt, wenn die doppelte Bedingung des Leitgrundsatzes — dass vor einer Berücksichtigung der einschlägigen Faktoren das gesamtstaatliche Defizit in der Nähe des Referenzwertes bleibt und der Referenzwert nur vorübergehend überschritten wird — vollständig erfüllt ist.

Allerdings werden diese Faktoren in den Verfahrensschritten, die zur Feststellung eines übermäßigen Defizits führen, bei der Bewertung der Einhaltung des Schuldenstandskriteriums berücksichtigt.

(5)   Bei der Bewertung der Einhaltung des Defizit- und des Schuldenstandskriteriums und in den nachfolgenden Schritten des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit berücksichtigen der Rat und die Kommission angemessen die Umsetzung von Rentenreformen, bei denen ein Mehrsäulen-System eingeführt wird, zu dem eine gesetzliche, vollständig kapitalgedeckte Säule gehört, und die Nettokosten der von der öffentlichen Hand finanzierten Säule. Besonders zu berücksichtigen sind die Merkmale des im Zuge der Reform geschaffenen Altersvorsorgesystems und insbesondere die Frage, ob es zur langfristigen Tragfähigkeit beiträgt, ohne dabei die Risiken für die mittelfristige Haushaltslage zu erhöhen.

(6)   Beschließt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV, dass in einem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht, so berücksichtigen der Rat und die Kommission in den folgenden Verfahrensschritten des Artikels 126 Absatz 6 AEUV die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten einschlägigen Faktoren, insoweit sie die Lage des betreffenden Mitgliedstaates beeinflussen, einschließlich wie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 dieser Verordnung ausgeführt, insbesondere bei der Festlegung einer Frist für die Beseitigung des übermäßigen Defizits und bei der möglichen Verlängerung dieser Frist. Für den Beschluss des Rates nach Artikel 126 Absatz 12 AEUV über die Aufhebung einiger oder sämtlicher seiner Beschlüsse nach Artikel 126 Absätze 6 bis 9 und 11 AEUV werden diese einschlägigen Faktoren jedoch nicht berücksichtigt.

(7)   Im Fall von Mitgliedstaaten, in denen das Defizit den Referenzwert überschreitet und in denen dies die Umsetzung einer Rentenreform, bei der ein Mehrsäulen-System eingeführt wird, zu dem eine gesetzliche, vollständig kapitalgedeckte Säule gehört, widerspiegelt, berücksichtigen der Rat und die Kommission bei der Beurteilung der Entwicklungen der Defizitzahlen im Rahmen des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit auch die Kosten der Reform, solange das Defizit einen Wert, der als in der Nähe des Referenzwerts liegend betrachtet werden kann, nicht wesentlich überschreitet und die Schuldenstandsquote den Referenzwert nicht überschreitet, vorausgesetzt, dass die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen insgesamt aufrechterhalten wird. Die Nettokosten werden auch bei dem Beschluss des Rates nach Artikel 126 Absatz 12 AEUV über die Aufhebung einiger oder sämtlicher Beschlüsse des Rates nach Artikel 126 Absätze 6 bis 9 und 11 AEUV berücksichtigt, wenn das Defizit erheblich und stetig zurückgegangen ist und einen Wert in der Nähe des Referenzwerts erreicht hat.“

3.

Folgender Abschnitt wird eingefügt:

„ABSCHNITT 1A

WIRTSCHAFTLICHER DIALOG

Artikel 2a

(1)   Zur Förderung des Dialogs zwischen den Organen der Union, insbesondere zwischen dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission, und im Hinblick auf die Gewährleistung eines höheren Maßes an Transparenz und Rechenschaft kann der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments den Vorsitzenden des Rates, die Kommission und gegebenenfalls den Präsidenten des Europäischen Rates oder den Vorsitzenden der Eurogruppe einladen, vor dem Ausschuss zu erscheinen, um den Beschluss des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 6 AEUV, die Empfehlung gemäß Artikel 126 Absatz 7 AEUV, die Inverzugsetzung gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV und die Beschlüsse des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV zu erörtern.

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Rat die Empfehlungen und Vorschläge der Kommission übernimmt oder seinen Standpunkt öffentlich darlegt.

Der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments kann dem von solchen Beschlüssen, Empfehlungen oder Inverzugsetzungen betroffenen Mitgliedstaat die Möglichkeit anbieten, an einer Aussprache teilzunehmen.

(2)   Der Rat und die Kommission unterrichten das Europäische Parlament regelmäßig über die Anwendung dieser Verordnung.“

4.

Artikel 3 wird wie folgt geändert:

a)

Absatz 2 erhält folgende Fassung:

„(2)   Ist die Kommission der Auffassung, dass ein übermäßiges Defizit besteht, so legt sie unter vollständiger Berücksichtigung der Stellungnahme nach Absatz 1 dem Rat gemäß Artikel 126 Absätze 5 und 6 AEUV eine Stellungnahme und einen Vorschlag vor und unterrichtet hiervon das Europäische Parlament.“

b)

In Absatz 3 wird die Bezugnahme auf „Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 3605/93“ durch eine Bezugnahme auf „Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 479/2009“ ersetzt.

c)

Absätze 4 und 5 erhalten folgende Fassung:

„(4)   In der Empfehlung des Rates nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV wird dem betreffenden Mitgliedstaat eine Frist von höchstens sechs Monaten für die Ergreifung wirksamer Maßnahmen gesetzt. Wenn der Ernst der Lage es erfordert, kann die Frist für wirksame Maßnahmen drei Monate betragen. In der Empfehlung des Rates wird ferner eine Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits gesetzt; diese Korrektur muss, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, in dem Jahr erreicht werden, das auf die Feststellung eines übermäßigen Defizits folgt. In der Empfehlung ersucht der Rat den Mitgliedstaat, jährliche Haushaltsziele zu erfüllen, die auf der Grundlage der die Empfehlung untermauernden Prognose mit einer als Richtwert dienenden jährlichen Mindestverbesserung des konjunkturbereinigten Saldos ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen um mindestens 0,5 % des BIP vereinbar sind, um die Korrektur des übermäßigen Defizits innerhalb der in der Empfehlung gesetzten Frist zu gewährleisten.

(4a)   Der betreffende Mitgliedstaat erstattet dem Rat und der Kommission innerhalb der in Absatz 4 vorgesehenen Frist Bericht über Maßnahmen, die er aufgrund der Empfehlung des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 7 AEUV ergriffen hat. Dieser Bericht enthält die mit der Empfehlung des Rates in Einklang stehenden Ziele für die Staatsausgaben und Staatseinnahmen und für die diskretionären Maßnahmen sowohl auf der Ausgabenseite als auch auf der Einnahmenseite sowie Informationen über bereits ergriffene Maßnahmen und die Art der zur Erreichung der Ziele geplanten Maßnahmen. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen diesen Bericht.

(5)   Sind in Befolgung einer Empfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV wirksame Maßnahmen ergriffen worden und treten nach der Annahme der Empfehlung unerwartete nachteilige wirtschaftliche Ereignisse mit sehr ungünstigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen ein, so kann der Rat auf Empfehlung der Kommission eine geänderte Empfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV aussprechen. In der geänderten Empfehlung kann unter Berücksichtigung der in Artikel 2 Absatz 3 dieser Verordnung genannten einschlägigen Faktoren insbesondere die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits um in der Regel ein Jahr verlängert werden. Der Rat beurteilt unter Zugrundelegung der in seiner Empfehlung enthaltenen Wirtschaftsprognose, ob unerwartete nachteilige wirtschaftliche Ereignisse mit sehr ungünstigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen vorliegen. Bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt kann der Rat auf Empfehlung der Kommission ferner beschließen, eine geänderte Empfehlung nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV auszusprechen, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.“

5.

Artikel 4 Absätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

„(1)   Jeder Beschluss des Rates nach Artikel 126 Absatz 8 AEUV, seine Empfehlungen zu veröffentlichen, in denen festgestellt wird, dass keine wirksamen Maßnahmen getroffen wurden, ergeht unmittelbar nach Ablauf der gemäß Artikel 3 Absatz 4 dieser Verordnung gesetzten Frist.

(2)   Bei der Prüfung, ob aufgrund seiner Empfehlungen nach Artikel 126 Absatz 7 AEUV wirksame Maßnahmen getroffen wurden, stützt sich der Rat auf den vom betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 3 Absatz 4a dieser Verordnung übermittelten Bericht und dessen Umsetzung sowie jegliche weiteren öffentlich bekanntgegebenen Beschlüsse der Regierung des betreffenden Mitgliedstaats.

Stellt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV fest, dass der betreffende Mitgliedstaat keine wirksamen Maßnahmen getroffen hat, so erstattet er dem Europäischen Rat darüber entsprechend Bericht.“

6.

Artikel 5 Absätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

„(1)   Beschließt der Rat, den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV mit der Maßgabe in Verzug zu setzen, Maßnahmen zum Defizitabbau zu treffen, so ergeht dieser Beschluss innerhalb von zwei Monaten, nachdem der Rat durch Beschluss gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV festgestellt hat, dass keine wirksamen Maßnahmen ergriffen wurden. In der Inverzugsetzung ersucht der Rat den Mitgliedstaat, jährliche Haushaltsziele zu erfüllen, die auf der Grundlage der die Empfehlung untermauernden Prognose mit einer als Richtwert dienenden jährlichen Mindestverbesserung des konjunkturbereinigten Saldos ohne Anrechnung einmaliger und befristeter Maßnahmen von mindestens 0,5 % des BIP vereinbar sind, um die Korrektur des übermäßigen Defizits innerhalb der in der Inverzugsetzung gesetzten Frist zu gewährleisten. Der Rat gibt zudem Maßnahmen an, die der Erfüllung dieser Ziele förderlich sind.

(1a)   Nach der Inverzugsetzung durch den Rat gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV erstattet der betreffende Mitgliedstaat dem Rat und der Kommission über die Maßnahmen Bericht, die er aufgrund der Inverzugsetzung durch den Rat ergriffen hat. Dieser Bericht enthält die Ziele für die Staatsausgaben und die Staatseinnahmen und für die diskretionären Maßnahmen sowohl auf der Ausgabenseite als auch auf der Einnahmenseite sowie Informationen über die aufgrund der konkreten Empfehlungen des Rates ergriffenen Maßnahmen, um es dem Rat zu ermöglichen, erforderlichenfalls einen Beschluss gemäß Artikel 6 Absatz 2 dieser Verordnung zu erlassen. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen den Bericht.

(2)   Sind in Befolgung einer Inverzugsetzung nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV wirksame Maßnahmen ergriffen worden und treten nach der Annahme dieser Inverzugsetzung unerwartete nachteilige wirtschaftliche Ereignisse mit sehr ungünstigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen ein, so kann der Rat auf Empfehlung der Kommission die Inverzugsetzung nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV ändern. In der geänderten Inverzugsetzung kann unter Berücksichtigung der in Artikel 2 Absatz 3 dieser Verordnung genannten einschlägigen Faktoren insbesondere die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits um in der Regel ein Jahr verlängert werden. Der Rat beurteilt unter Zugrundelegung der in der Inverzugsetzung enthaltenen Wirtschaftsprognose, ob unerwartete nachteilige wirtschaftliche Ereignisse mit sehr ungünstigen Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen vorliegen. Bei einem schweren Konjunkturabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt kann der Rat auf Empfehlung der Kommission ferner beschließen, die Inverzugsetzung nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV zu ändern, vorausgesetzt, dies gefährdet nicht die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.“

7.

Artikel 6 bis 8 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 6

(1)   Bei der Prüfung, ob aufgrund der Inverzugsetzung nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV wirksame Maßnahmen getroffen wurden, stützt sich der Rat auf den vom betreffenden Mitgliedstaat gemäß Artikel 5 Absatz 1a dieser Verordnung übermittelten Bericht und dessen Umsetzung sowie jegliche weiteren öffentlich bekannt gegebenen Beschlüsse der Regierung des betreffenden Mitgliedstaats. Das Ergebnis der von der Kommission gemäß Artikel 10a der vorliegenden Verordnung durchgeführten Überwachungsbesuche wird berücksichtigt.

(2)   Sind die Voraussetzungen für eine Anwendung des Artikels 126 Absatz 11 AEUV erfüllt, so verhängt der Rat Sanktionen gemäß dem genannten Artikel. Ein entsprechender Beschluss ergeht innerhalb von vier Monaten nach dem Beschluss des Rates gemäß Artikel 126 Absatz 9 AEUV, den betreffenden teilnehmenden Mitgliedstaat mit der Maßgabe in Verzug zu setzen, Maßnahmen zum Defizitabbau zu treffen.

Artikel 7

Kommt ein teilnehmender Mitgliedstaat den aufeinander folgenden Akten des Rates gemäß Artikel 126 Absätze 7 und 9 AEUV nicht nach, so fasst der Rat den Beschluss, gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV Sanktionen zu verhängen, in der Regel innerhalb von sechzehn Monaten nach den in Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 479/2009 niedergelegten Meldeterminen. Im Falle der Anwendung von Artikel 3 Absatz 5 oder von Artikel 5 Absatz 2 dieser Verordnung wird die Frist von sechzehn Monaten entsprechend angepasst. Bei einem bewusst geplanten Defizit, das nach Feststellung des Rates übermäßig ist, wird ein Eilverfahren angewandt.

Artikel 8

Beschließt der Rat, Sanktionen gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV zu verschärfen, so ergeht dieser Beschluss innerhalb von zwei Monaten nach den Meldeterminen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2009. Beschließt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 12 AEUV, einige oder sämtliche seiner Beschlüsse aufzuheben, so ergeht dieser Beschluss so bald wie möglich und auf jeden Fall innerhalb von zwei Monaten nach den Meldeterminen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 479/2009.“

8.

In Artikel 9 Absatz 3 wird die Bezugnahme auf „Artikel 6“ durch eine Bezugnahme auf „Artikel 6 Absatz 2“ ersetzt.

9.

Artikel 10 wird wie folgt geändert:

a)

In Absatz 1 erhält die Einleitung folgende Fassung:

„(1)   Der Rat und die Kommission überwachen regelmäßig die Durchführung der Maßnahmen:“

b)

In Absatz 3 wird die Bezugnahme auf die „Verordnung (EG) Nr. 3605/93“ durch eine Bezugnahme auf die „Verordnung (EG) Nr. 479/2009“ ersetzt.

10.

Es wird folgender Artikel eingefügt:

„Artikel 10a

(1)   Die Kommission gewährleistet einen ständigen Dialog mit den Behörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit den Zielen dieser Verordnung. Dazu führt die Kommission insbesondere Besuche zur Prüfung der aktuellen Wirtschaftslage im Mitgliedstaat und zur Ermittlung möglicher Risiken oder Probleme im Zusammenhang mit der Umsetzung der Ziele dieser Verordnung durch.

(2)   Eine verstärkte Überwachung zum Zwecke der Beobachtung vor Ort kann für Mitgliedstaaten vorgesehen werden, die Gegenstand von Empfehlungen und Inverzugsetzungen aufgrund eines Beschlusses gemäß Artikel 126 Absatz 8 AEUV oder von Beschlüssen nach Artikel 126 Absatz 11 AEUV sind. Die betreffenden Mitgliedstaaten stellen alle zur Vorbereitung und zur Durchführung der Besuche erforderlichen Informationen zur Verfügung.

(3)   Die Kommission kann gegebenenfalls Vertreter der Europäischen Zentralbank einladen, an Überwachungsbesuchen in einen Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist oder der am Abkommen vom 16. März 2006 zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen Zentralbanken der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten über die Funktionsweise eines Wechselkursmechanismus in der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (12) (WKM II) teilnimmt, teilzunehmen.

(4)   Die Kommission erstattet dem Rat über die Ergebnisse dieser in Absatz 2 genannten Besuche Bericht und kann beschließen, ihre Befunde zu veröffentlichen.

(5)   Bei der organisatorischen Vorbereitung der in Absatz 2 genannten Überwachungsbesuche übermittelt die Kommission den betreffenden Mitgliedstaaten ihre vorläufigen Befunde, damit diese Bemerkungen dazu formulieren können.

11.

Artikel 11 und 12 erhalten folgende Fassung:

„Artikel 11

Beschließt der Rat gemäß Artikel 126 Absatz 11 AEUV Maßnahmen gegen einen teilnehmenden Mitgliedstaat anzuwenden, so wird in der Regel eine Geldbuße verhängt. Der Rat kann beschließen, diese Geldbuße durch andere in Artikel 126 Absatz 11 AEUV vorgesehene Maßnahmen zu ergänzen.

Artikel 12

(1)   Der Betrag der Geldbuße setzt sich aus einer festen Komponente in Höhe von 0,2 % des BIP und einer variablen Komponente zusammen. Die variable Komponente beläuft sich auf ein Zehntel des absoluten Werts des Unterschieds zwischen dem als Prozentsatz des BIP des vergangenen Jahres ausgedrückten Haushaltssaldo und entweder dem Referenzwert des staatlichen Haushaltssaldos oder, wenn die Nichteinhaltung der Haushaltsdisziplin auch das Schuldenstandskriterium betrifft, dem als Prozentsatz des BIP ausgedrückten staatlichen Haushaltssaldo, der im gleichen Jahr gemäß der Inverzugsetzung nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV erreicht werden musste.

(2)   In jedem Jahr, das auf das Jahr folgt, in dem die Geldbuße verhängt worden ist, bis zur Aufhebung des Beschlusses über das Vorliegen eines übermäßigen Defizits beurteilt der Rat, ob der betreffende teilnehmende Mitgliedstaat aufgrund einer Inverzugsetzung durch den Rat nach Artikel 126 Absatz 9 AEUV wirksame Maßnahmen getroffen hat. Im Rahmen dieser jährlichen Beurteilung beschließt der Rat nach Artikel 126 Absatz 11 AEUV, die Sanktionen zu verschärfen, es sei denn, der teilnehmende Mitgliedstaat ist der Mitteilung durch den Rat nachgekommen. Beschließt der Rat, eine zusätzliche Geldbuße zu verhängen, so wird diese auf die gleiche Art berechnet wie die variable Komponente der in Absatz 1 genannten Geldbuße.

(3)   Eine einzelne Geldbuße nach den Absätzen 1 und 2 darf 0,5 % des BIP nicht überschreiten.“

12.

Artikel 13 wird gestrichen; die in Artikel 15 enthaltene Bezugnahme auf „Artikel 13“ wird durch eine Bezugnahme auf „Artikel 12“ ersetzt.

13.

Artikel 16 erhält folgende Fassung:

„Artikel 16

Die Geldbußen nach Artikel 12 stellen sonstige Einnahmen im Sinne von Artikel 311 AEUV dar und werden der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität zugewiesen. Sobald die teilnehmenden Mitgliedstaaten einen anderen Stabilitätsmechanismus für die Bereitstellung von Finanzhilfen zur Wahrung der Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt einrichten, wird der Betrag der Geldbußen diesem Mechanismus zugewiesen.“

14.

Es wird folgender Artikel eingefügt:

„Artikel 17a

(1)   Bis 14. Dezember 2014 und danach alle fünf Jahre veröffentlicht die Kommission einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung.

In diesem Bericht wird unter anderem Folgendes bewertet:

a)

die Wirksamkeit der Verordnung;

b)

die Fortschritte bei der Sicherstellung einer engeren Koordination der Wirtschaftspolitik und einer nachhaltigen Konvergenz der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten nach Maßgabe des AEUV.

(2)   Dem in Absatz 1 genannten Bericht wird gegebenenfalls ein Vorschlag zur Änderung dieser Verordnung beigefügt.

(3)   Der Bericht wird dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt.“

15.

Alle in der Verordnung (EG) 1467/97 enthaltenen Bezugnahmen auf „Artikel 104 des Vertrags“ werden durchgängig durch Bezugnahmen auf „Artikel 126 AEUV“ ersetzt.

16.

In Absatz 2 des Anhangs werden die in Spalte 1 enthaltenen Bezugnahmen auf „Artikel 4 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 3605/93“ durch Bezugnahmen auf „Artikel 3 Absätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 479/2009“ ersetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 8. November 2011.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. VINCENT-ROSTOWSKI


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(3)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(4)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.

(5)  ABl. C 236 vom 2.8.1997, S. 1.

(6)  Verordnung (EG) Nr. 1055/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (ABl. L 174 vom 7.7.2005, S. 1).

(7)  Verordnung (EG) Nr. 1056/2005 des Rates vom 27. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 174 vom 7.7.2005, S. 5).

(8)  Siehe Dokument st7423/3/05 unter http://www.consilium.europa.eu/documents.aspx?lang=de

(9)  Siehe Seite 41 dieses Amtsblatts.

(10)  Verordnung (EG) Nr. 3605/93 des Rates vom 22. November 1993 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 332 vom 31.12.1993, S. 7).

(11)  ABl. L 145 vom 10.6.2009, S. 1.

(12)  ABl. C 73 vom 25.3.2006, S. 21.“


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

RICHTLINIEN

23.11.2011   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 306/41


RICHTLINIE 2011/85/EU DES RATES

vom 8. November 2011

über die Anforderungen an die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 126 Absatz 14 Unterabsatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es besteht die Notwendigkeit, auf den im ersten Jahrzehnt der Wirtschafts- und Währungsunion gewonnenen Erfahrungen aufzubauen. Angesichts der jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen stellen sich unionsweit neue Herausforderungen für die Haushaltspolitik, wobei insbesondere die Notwendigkeit deutlich wird, die nationale Eigenverantwortung zu stärken und über einheitliche Anforderungen in Bezug auf die Vorschriften und Verfahren zu verfügen, die die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten bilden. Vor allem muss im Einzelnen festgelegt werden, was die nationalen Behörden zu unternehmen haben, um den Bestimmungen des dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit, insbesondere dessen Artikel 3, nachzukommen.

(2)

In den Mitgliedstaaten werden für den Sektor Staat und dessen Teilsektoren Systeme des öffentlichen Rechnungswesens geführt, die sich aus verschiedenen Elementen zusammensetzen, wie Buchführung, interne Kontrolle, Finanzberichterstattung und Rechnungsprüfung. Diese Systeme des öffentlichen Rechnungswesens sollten von statistischen Daten, die mit Hilfe statistischer Methoden gewonnen werden und über die Ergebnisse der öffentlichen Finanzen Aufschluss geben, und von Prognosen oder Budgetierungsmaßnahmen, die sich auf die künftigen öffentlichen Finanzen beziehen, unterschieden werden.

(3)

Vollständige und zuverlässige Systeme des öffentlichen Rechnungswesens für alle Teilsektoren des Staates sind Voraussetzung für die Erstellung von Statistiken von hoher Qualität, die die Vergleichbarkeit zwischen den Mitgliedstaaten gewährleisten. Durch die interne Kontrolle sollte sichergestellt werden, dass die bestehenden Regelungen durchweg in den gesamtstaatlichen Teilsektoren durchgesetzt werden. Eine unabhängige Prüfung, die durch öffentliche Institutionen, wie etwa Rechnungshöfe, oder private Prüfungseinrichtungen durchgeführt wird, sollte bewährte internationale Verfahren fördern.

(4)

Die Verfügbarkeit von Finanzdaten ist für das ordnungsgemäße Funktionieren der haushaltspolitischen Überwachung auf Unionsebene von entscheidender Bedeutung. Die regelmäßige Vorlage zeitnaher, verlässlicher Finanzdaten ist der Schlüssel für eine ordnungsgemäße, zeitgerechte Überwachung, die ihrerseits bei unerwarteten Haushaltsentwicklungen ein sofortiges Handeln ermöglicht. Ein für die Qualität der Finanzdaten wesentlicher Faktor ist Transparenz; Transparenz erfordert, dass regelmäßig entsprechende Daten öffentlich verfügbar gemacht werden.

(5)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2009 über europäische Statistiken (3) wurde mit Blick auf die Formulierung, Anwendung, Überwachung und Bewertung der Unionspolitik ein Rechtsrahmen für die Erstellung europäischer Statistiken geschaffen. In dieser Verordnung wurden auch die Grundsätze für die Entwicklung, Erstellung und Verbreitung europäischer Statistiken — fachliche Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Objektivität, Zuverlässigkeit, statistische Geheimhaltung und Kostenwirksamkeit — niedergelegt und jeweils genau definiert. Durch die Verordnung (EG) Nr. 479/2009 vom 25. Mai 2009 über die Anwendung des dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (4) wurden die Befugnisse der Kommission zur Überprüfung der im Rahmen des Defizitverfahrens herangezogenen statistischen Daten gestärkt.

(6)

Die Begriffe „öffentlich“, „Defizit“ und „Investitionen“ werden im Protokoll (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit unter Bezugnahme auf das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG) definiert, das durch das Europäische System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft ersetzt wurde; letzteres wurde angenommen durch die Verordnung (EG) Nr. 2223/96 des Rates vom 25. Juni 1996 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft (5) (im Folgenden „ESVG 95“).

(7)

Für das ordnungsgemäße Funktionieren der haushaltspolitischen Überwachung auf Unionsebene sind die Verfügbarkeit und die Qualität der Daten gemäß ESVG 95 von entscheidender Bedeutung. Das ESVG 95 basiert darauf, dass Informationen nach dem Prinzip der Periodenabgrenzung geliefert werden. Diese periodengerecht erstellten Finanzstatistiken basieren jedoch auf der vorherigen Zusammenstellung von Daten auf Kassenbasis oder entsprechenden Daten. Diese können eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, die zeitnahe Haushaltsüberwachung zu verbessern, um zu verhindern, dass signifikante Fehler auf budgetärer Ebene zu spät festgestellt werden. Durch statistische Zeitreihen von Daten auf Kassenbasis zu Haushaltsentwicklungen können Muster aufgedeckt werden, die eine strengere Überwachung rechtfertigen. Die zu veröffentlichenden Haushaltsdaten auf Kassenbasis (oder, sollten Haushaltsdaten auf Kassenbasis nicht vorliegen, die gleichwertigen Daten aus dem öffentlichen Rechnungswesen) sollten mindestens eine Gesamtbilanz sowie die Gesamteinnahmen und die Gesamtausgaben umfassen. Im Hinblick auf eine zeitnahe Veröffentlichung der Daten könnten in gerechtfertigten Fällen, wenn beispielsweise eine große Zahl staatlicher Einrichtungen auf lokaler Ebene besteht, geeignete Schätzverfahren zugrunde gelegt werden, die sich auf eine Auswahl von Einrichtungen stützen, wobei die Schätzwerte später anhand der vollständigen Daten revidiert werden.

(8)

Einseitige und unrealistische makroökonomische Prognosen und Haushaltsprognosen können die Effektivität der Haushaltsplanung erheblich beeinträchtigen und damit das Bemühen um Haushaltsdisziplin unterminieren, wohingegen Transparenz und Erörterung von Prognosemethoden zu einer signifikanten Verbesserung der Qualität der für die Haushaltsplanung herangezogenen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen beitragen können.

(9)

Soll gewährleistet werden, dass sich die Haushaltspolitik auf realistische Prognosen stützt, so kommt es entscheidend auf Transparenz an, was eine Veröffentlichung und damit Offenlegung nicht nur der für die Finanzplanung erstellten amtlichen makroökonomischen und Haushaltsprognosen, sondern auch der Methoden, Annahmen und relevanten Parameter mit sich bringen sollte, auf denen solche Prognosen beruhen.

(10)

Mittels Sensitivitätsanalysen und entsprechenden Haushaltsprojektionen, die das wahrscheinlichste makro-finanzpolitische Szenario ergänzen, kann analysiert werden, wie die wichtigsten Haushaltsvariablen sich bei Zugrundelegung unterschiedlicher Annahmen für Wachstumsraten und Zinssätze entwickeln würden, womit sich das Risiko, dass die Haushaltsdisziplin durch Prognosefehler gefährdet wird, erheblich verringern würde.

(11)

Die Prognosen der Kommission und die Informationen über die ihnen zugrunde liegenden Modelle können den Mitgliedstaaten eine nützliche Referenz für ihr wahrscheinlichstes makro-finanzpolitisches Szenario liefern und erhöhen die Validität der für die Haushaltsplanung herangezogenen Prognosen. Es hängt jedoch vom Zeitpunkt der Prognoseerstellung und von der Vergleichbarkeit der Prognosemethoden und -annahmen ab, in welchem Umfang von den Mitgliedstaaten erwartet werden kann, dass sie die für die Haushaltsplanung herangezogenen Prognosen mit den Prognosen der Kommission vergleichen. Auch Prognosen von anderen unabhängigen Einrichtungen können eine nützliche Referenz liefern.

(12)

Signifikante Unterschiede zwischen dem gewählten makro-finanzpolitischen Szenario und den Kommissionsprognosen sollten dargelegt und begründet werden, insbesondere wenn bestimmte Variablen bei außenwirtschaftlichen Annahmen hinsichtlich ihrer Höhe oder ihres Wachstums stark von den in der Prognose der Kommission angenommenen Werten abweichen.

(13)

Wegen der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen den Haushalten der Mitgliedstaaten und dem Haushalt der Union sollte die Kommission Prognosen für die Ausgaben der Union erstellen, die auf dem Ausgabenniveau beruhen, das innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens veranschlagt ist, um die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung ihrer haushaltspolitischen Prognosen zu unterstützen.

(14)

Um die Ausarbeitung der für die Haushaltsplanung herangezogenen Prognosen zu erleichtern und die Unterschiede zwischen den Prognosen der Kommission und denen der Mitgliedstaaten zu erläutern, sollte jeder Mitgliedstaat alljährlich Gelegenheit erhalten, mit der Kommission die Annahmen zu erörtern, die der Ausarbeitung der makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen zugrunde liegen.

(15)

Die Qualität der amtlichen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen lässt sich entscheidend verbessern, wenn sie regelmäßig einer auf objektiven Kriterien beruhenden, unvoreingenommenen und umfassenden Bewertung unterzogen werden. Eine gründliche Bewertung umfasst eine Untersuchung der wirtschaftlichen Annahmen, einen Vergleich mit den von anderen Stellen erstellten Prognosen sowie eine Bewertung der Zuverlässigkeit früherer Prognosen.

(16)

Da auf Regeln beruhende haushaltspolitische Rahmen in den Mitgliedstaaten der Stärkung der nationalen Eigenverantwortung für die Haushaltsregeln der Union und der Haushaltsdisziplin erwiesenermaßen förderlich sind, muss sich die verstärkte haushaltspolitische Überwachung in der Union in erster Linie auf strenge länderspezifische numerische Haushaltsregeln stützen, die, die mit den Haushaltszielen auf Unionsebene in Einklang stehen. Die strengen numerischen Haushaltsregeln sollten genaue Zielvorgaben sowie Mechanismen für eine wirksame und zeitnahe Überwachung enthalten. Diese Regeln sollten auf verlässlichen unabhängigen Analysen beruhen, die von unabhängigen Einrichtungen oder von solchen Einrichtungen vorgenommen werden, deren funktionelle Eigenständigkeit gegenüber den Haushaltsbehörden der Mitgliedstaaten gegeben ist. Im Übrigen hat die Erfahrung gezeigt, dass numerische Haushaltsregeln nur wirksam sind, wenn ihre Missachtung Konsequenzen nach sich zieht, wobei der Preis auch der bloße Ansehensverlust sein kann.

(17)

Gemäß dem dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokoll (Nr. 15) über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sind die in dem den genannten Verträgen beigefügten Protokoll (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit genannten Referenzwerte für das Vereinigte Königreich nicht unmittelbar verbindlich. Die Verpflichtung, über numerische Haushaltsregeln zu verfügen, die wirksam zur Einhaltung der konkreten Referenzwerte für das übermäßige Defizit beitragen, sowie die damit zusammenhängende Verpflichtung, dass die in den mittelfristigen Haushaltsrahmen vorgesehenen Mehrjahresziele mit diesen Regeln vereinbar sein müssen, sollten daher nicht für das Vereinigte Königreich gelten.

(18)

Die Mitgliedstaaten sollten eine prozyklische Finanzpolitik vermeiden und in Zeiten guter wirtschaftlicher Entwicklung ihre Haushaltskonsolidierungsanstrengungen verstärken. Klar definierte numerische Haushaltsregeln sind der Verwirklichung dieser Ziele förderlich, und die jährlichen Haushaltsgesetze der Mitgliedstaaten sollten ihnen Rechnung tragen.

(19)

Die nationale Haushaltsplanung ist nur dann mit der präventiven und der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts vereinbar, wenn sie sich über mehrere Jahre erstreckt und insbesondere auf die Erreichung der mittelfristigen Haushaltsziele abzielt. Die Vereinbarkeit der haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten mit den Rechtsvorschriften der Union kann nur durch die Festlegung mittelfristiger Haushaltsrahmen gewährleistet werden. Im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (6) sowie der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (7) sollten die präventive und die korrektive Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht isoliert voneinander betrachtet werden.

(20)

Auch wenn die Verabschiedung der jährlichen Haushaltsgesetze im Haushaltsprozess der entscheidende Schritt ist, mit dem die Mitgliedstaaten wichtige Haushaltsentscheidungen treffen, haben die meisten dieser Maßnahmen doch weit über den jährlichen Haushaltszyklus hinausreichende budgetäre Auswirkungen. Eine Einjahresperspektive stellt somit keine ausreichende Basis für eine solide Haushaltspolitik dar. Um der Mehrjahresperspektive der haushaltspolitischen Überwachung auf Unionsebene Rechnung zu tragen, sollte sich die Planung der jährlichen Haushaltsgesetze auf eine mehrjährige Finanzplanung stützen, die sich am mittelfristigen Haushaltsrahmen ausrichtet.

(21)

Dieser mittelfristige Haushaltsrahmen sollte unter anderem unter Annahme einer unveränderten Politik vorgenommene Projektionen für jeden Hauptausgaben- und Haupteinnahmenposten für das betreffende Haushaltsjahr und darüber hinaus enthalten. Jeder Mitgliedstaat sollte diese unveränderte Politik in geeigneter Weise definieren können; diese Definition sollte zusammen mit den zugrunde liegenden Annahmen, Methoden und relevanten Parametern öffentlich zugänglich gemacht werden.

(22)

Diese Richtlinie sollte es einer neuen Regierung eines Mitgliedstaats nicht untersagen, den mittelfristigen Haushaltsrahmen zu ändern, um ihn an die neuen politischen Prioritäten anzupassen. In diesem Fall sollte die neue Regierung angeben, inwieweit sich dieser Haushaltsrahmen von dem vorherigen mittelfristigen Haushaltsrahmen unterscheidet.

(23)

Die Bestimmungen des durch den AEUV und insbesondere durch den Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgegebenen Rahmens für die haushaltspolitische Überwachung gelten für den Sektor Staat als Ganzes, der gemäß der in der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 enthaltenen Definition die Teilsektoren Bund (Zentralstaat), Länder, Gemeinden und Sozialversicherung umfasst.

(24)

In einer erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten hat im Zuge der Verlagerung von Haushaltsbefugnissen auf die subnationale Ebene eine starke Dezentralisierung der Finanzpolitik stattgefunden. Die Rolle, die den subnationalen Regierungsebenen bei der Gewährleistung der Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zukommt, hat damit beträchtlich an Bedeutung gewonnen, weshalb besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden sollte, sicherzustellen, dass bei der Festlegung der Verpflichtungen und Verfahren in den nationalen haushaltspolitischen Rahmen alle Teilsektoren des Sektors Staat angemessen erfasst werden, vor allem — aber nicht ausschließlich — in stärker dezentralisierten Mitgliedstaaten.

(25)

Um die Haushaltsdisziplin wirksam zu stärken und die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wirksam zu verbessern, sollten die haushaltspolitischen Rahmen die öffentlichen Finanzen umfassend abdecken. Daher sollte den Transaktionen, die von den staatlichen Einrichtungen und Fonds durchgeführt werden, die in den regulären Haushalten auf Teilsektorenebene nicht erfasst sind, und die sich kurz- oder mittelfristig auf die Haushaltslage der Mitgliedstaaten auswirken, besondere Beachtung geschenkt werden. Die kombinierten Auswirkungen dieser Einrichtungen und Fonds auf die gesamtstaatlichen Haushaltssalden und den Schuldenstand sollten im Rahmen der jährlichen Haushaltsprozesse und der mittelfristigen Haushaltspläne erläutert werden.

(26)

Auch dem Bestehen von Eventualverbindlichkeiten sollte gebührende Aufmerksamkeit gewidmet werden. Eventualverbindlichkeiten beinhalten insbesondere mögliche Verpflichtungen, die vom Eintreten oder Nichteintreten eines mehr oder weniger unsicheren künftigen Ereignisses abhängen, oder gegenwärtige Verpflichtungen, bei denen eine Zahlung nicht wahrscheinlich ist oder bei deren wahrscheinlicher Zahlung deren Höhe nicht ausreichend verlässlich geschätzt werden kann. Dazu zählen beispielsweise relevante Informationen über Staatsbürgschaften, notleidende Kredite sowie Verbindlichkeiten aus der Tätigkeit öffentlicher Körperschaften, gegebenenfalls einschließlich von Wahrscheinlichkeit und potenziellem Fälligkeitstermin der Eventualverbindlichkeiten. Den Sensibilitäten der Märkte sollte gebührend Rechnung getragen werden.

(27)

Die Kommission sollte die Durchführung dieser Richtlinie regelmäßig überwachen. Bewährte Verfahren, die die Bestimmungen dieser Richtlinie betreffen, die sich mit den verschiedenen Aspekten der nationalen Haushaltsrahmen befassen, sollten ermittelt und weitergegeben werden.

(28)

Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die durch den AEUV vorgeschriebene einheitliche Einhaltung der Haushaltsdisziplin, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zum Erreichen dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(29)

Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung (8) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Union eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ANWENDUNGSBEREICH UND BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

Artikel 1

Diese Richtlinie legt detaillierte Vorschriften fest, die bestimmen, welchen Anforderungen die haushaltspolitischen Rahmen der Mitgliedstaaten genügen müssen. Diese Vorschriften sind notwendig, um zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten den vertraglichen Verpflichtungen des AEUV hinsichtlich der Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite entsprechen.

Artikel 2

Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten die in Artikel 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls (Nr. 12) über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit enthaltenen Definitionen der Begriffe „öffentlich“, „Defizit“ und „Investitionen“. Ferner gilt die in der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 Anhang A Nummer 2.70 enthaltene Definition der Teilsektoren des Staates.

Außerdem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Der „haushaltspolitische Rahmen“ ist die Gesamtheit der Regelungen, Verfahren und Institutionen, die die Grundlage für die Durchführung der Haushaltspolitik des Staates bilden, insbesondere:

a)

die Systeme des öffentlichen Rechnungswesens und der statistischen Berichterstattung;

b)

die Vorschriften und Verfahren zur Erstellung von Prognosen für die Haushaltsplanung;

c)

die länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln, die dazu beitragen, dass die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten mit ihren jeweiligen Verpflichtungen nach dem AEUV in Einklang steht, in Form eines zusammenfassenden Indikators für die Qualität des Haushaltsergebnisses, wie etwa gesamtstaatliches Defizit, Kreditaufnahme, Schuldenstand oder deren maßgebliche Komponenten;

d)

die Haushaltsverfahren, d. h. die den verschiedenen Phasen des Haushaltsprozesses zugrunde liegenden Verfahrensvorschriften;

e)

mittelfristige Haushaltsrahmen als spezifischer Satz nationaler Haushaltsverfahren, die den Zeithorizont der Haushaltspolitik über die jährliche Haushaltsplanung hinaus erweitern, einschließlich der Festlegung politischer Prioritäten und mittelfristiger Haushaltsziele;

f)

die Regelungen für eine unabhängige Überwachung und Durchführung von Analysen zur Erhöhung der Transparenz einzelner Elemente des Haushaltsprozesses;

g)

die Mechanismen und Vorschriften zur Regelung der Finanzbeziehungen zwischen Behörden in den verschiedenen Teilsektoren des Staates.

KAPITEL II

ÖFFENTLICHES RECHNUNGSWESEN UND STATISTIK

Artikel 3

(1)   Die Mitgliedstaaten verfügen über nationale Systeme des öffentlichen Rechnungswesens, die sämtliche Teilsektoren des Staates umfassend und kohärent abdecken und die zur Erhebung von periodengerechten Daten im Hinblick auf die Vorbereitung von Daten nach dem ESVG-95-Standard erforderlichen Informationen liefern. Diese Systeme des öffentlichen Rechnungswesens unterliegen einer internen Kontrolle und unabhängigen Rechnungsprüfung.

(2)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Haushaltsdaten für alle Teilsektoren des Staates gemäß der Definition der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 zeitnah und regelmäßig öffentlich verfügbar gemacht werden. Insbesondere veröffentlichen die Mitgliedstaaten

a)

Haushaltsdaten auf Kassenbasis (oder, sollten Haushaltsdaten auf Kassenbasis nicht vorliegen, gleichwertige Daten aus dem öffentlichen Rechnungswesen) in folgenden zeitlichen Abständen:

monatlich für die Teilsektoren Bund (Zentralstaat), Länder und Sozialversicherung jeweils vor Ablauf des Folgemonats und

vierteljährlich für den Teilsektor Gemeinden jeweils vor Ablauf des folgenden Vierteljahres;

b)

eine detaillierte Überleitungstabelle, aus der das Verfahren hervorgeht, nach dem Daten auf Kassenbasis (oder, sollten Haushaltsdaten auf Kassenbasis nicht vorliegen, gleichwertige Daten aus dem öffentlichen Rechnungswesen) in Daten nach dem ESVG-95-Standard umgerechnet werden.

KAPITEL III

PROGNOSEN

Artikel 4

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Finanzplanung auf realistischen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen beruht, die sich auf aktuellste Informationen stützen. Die Haushaltsplanung muss auf dem wahrscheinlichsten makro-finanzpolitischen Szenario oder auf einem vorsichtigeren Szenario basieren. Die makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen sind mit den aktuellsten Prognosen der Kommission und gegebenenfalls mit den Prognosen anderer unabhängiger Einrichtungen zu vergleichen. Signifikante Unterschiede zwischen dem gewählten makro-finanzpolitischen Szenario und den Prognosen der Kommission werden dargelegt und begründet, insbesondere wenn bestimmte Variablen bei außenwirtschaftlichen Annahmen hinsichtlich ihrer Höhe oder ihres Wachstums stark von den in der Prognose der Kommission angenommenen Werten abweichen.

(2)   Die Kommission veröffentlicht die Methoden, Annahmen und relevanten Parameter, auf die sich ihre makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen stützen.

(3)   Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung ihrer haushaltspolitischen Prognosen erstellt die Kommission Prognosen für die Ausgaben der Union, die auf dem Ausgabenniveau basieren, das innerhalb des mehrjährigen Finanzrahmens veranschlagt ist.

(4)   Bei der Durchführung von Sensitivitätsanalysen ist in den makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen die Entwicklung der wichtigsten finanzpolitischen Variablen unter Zugrundelegung unterschiedlicher angenommener Wachstumsraten und Zinssätze zu untersuchen. Die Bandbreite der bei makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen zugrunde gelegten alternativen Annahmen orientiert sich an der Zuverlässigkeit früherer Prognosen und berücksichtigt nach Möglichkeit die speziellen Risikoszenarien.

(5)   Die Mitgliedstaaten legen fest, welche Institution für die Erstellung der makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen zuständig ist, und veröffentlichen die für die Finanzplanung erstellten amtlichen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen, einschließlich der Methoden, Annahmen und relevanten Parameter, die diesen Prognosen zugrunde liegen. Mindestens einmal pro Jahr führen die Mitgliedstaaten und die Kommission einen technischen Dialog über die Annahmen, die der Erstellung der makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen zugrunde liegen.

(6)   Die für die Finanzplanung herangezogenen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen werden regelmäßig einer auf objektiven Kriterien beruhenden, unvoreingenommenen umfassenden Bewertung, einschließlich einer Ex-post-Bewertung, unterzogen. Das Ergebnis dieser Bewertung wird veröffentlicht und bei zukünftigen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen entsprechend berücksichtigt. Ergibt die Bewertung einen erheblichen systematischen Fehler, der Auswirkungen auf die makroökonomischen Prognosen über einen Zeitraum von mindestens vier aufeinanderfolgenden Jahren hat, so ergreift der betreffende Mitgliedstaat die notwendigen Maßnahmen und veröffentlicht sie.

(7)   Der Verschuldungsgrad und die Höhe des Defizits der Mitgliedstaaten werden mindestens vierteljährlich von der Kommission (Eurostat) veröffentlicht.

KAPITEL IV

NUMERISCHE HAUSHALTSREGELN

Artikel 5

Jeder Mitgliedstaat verfügt über numerische Haushaltsregeln, die für ihn spezifisch sind und die wirksam zur Einhaltung ihrer jeweiligen aus dem AEUV im Bereich der Haushaltspolitik erwachsenden Verpflichtungen über einem Zeithorizont von mehreren Jahren durch den Staat als Ganzes beitragen. Diese Regeln dienen insbesondere

a)

der Einhaltung der im Einklang mit dem AEUV festgelegten Referenzwerte für das Defizit und den Schuldenstand;

b)

der Einführung eines mehrjährigen Finanzplanungshorizonts, der die mittelfristigen Haushaltsziele des Mitgliedstaats verfolgt.

Artikel 6

(1)   Unbeschadet der Bestimmungen des AEUV zur haushaltspolitischen Überwachung in der Union enthalten die länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln genaue Angaben zu Folgendem:

a)

Zielvorgaben und Anwendungsbereich der Regeln;

b)

effektive und zeitnahe Überwachung der Einhaltung der Regeln, die auf verlässlichen unabhängigen Analysen beruhen, die von unabhängigen Einrichtungen oder Einrichtungen vorgenommen werden, deren funktionelle Eigenständigkeit gegenüber den Haushaltsbehörden des Mitgliedstaats gegeben ist;

c)

Folgen im Falle einer Nichteinhaltung.

(2)   Enthalten die numerischen Haushaltsregeln Ausnahmeklauseln, so ist in diesen Klauseln im Einklang mit den aus dem AEUV erwachsenden Pflichten des Mitgliedstaats im Bereich der Haushaltspolitik und strengen Verfahren eine begrenzte Anzahl spezifischer Umstände und stringente Verfahren zu benennen, unter denen eine vorübergehende Nichteinhaltung der Regeln zulässig ist.

Artikel 7

Die jährlichen Haushaltsgesetze der Mitgliedstaaten tragen ihren länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln Rechnung.

Artikel 8

Die Artikel 5 bis 7 gelten nicht für das Vereinigte Königreich.

KAPITEL V

MITTELFRISTIGER HAUSHALTSRAHMEN

Artikel 9

(1)   Die Mitgliedstaaten legen einen glaubwürdigen, effektiven mittelfristigen Haushaltsrahmen fest, der einen Finanzplanungshorizont von mindestens drei Jahren vorsieht, um sicherzustellen, dass die nationale Finanzplanung einer mehrjährige Planungsperspektive folgt.

(2)   Der mittelfristige Haushaltsrahmen umfasst auch Verfahren zur

a)

Festlegung umfassender und transparenter mehrjähriger Haushaltsziele in Bezug auf gesamtstaatliches Defizit, Schuldenstand und andere zusammenfassende Finanzindikatoren, wie etwa Ausgaben, wobei die Kohärenz dieser Indikatoren mit den in Kapitel IV vorgesehenen numerischen Haushaltsregeln zu gewährleisten ist;

b)

Erstellung von auf der Annahme einer unveränderten Politik basierenden Projektionen für jeden Hauptausgaben- und Haupteinnahmenposten des Staates mit detaillierteren Angaben zu den Teilsektoren Bund (Zentralstaat) und Sozialversicherung für das laufende Haushaltsjahr und darüber hinaus;

c)

Erstellung einer Beschreibung der mittelfristig geplanten Maßnahmen, die Auswirkung auf die gesamtstaatlichen Finanzen haben, aufgeschlüsselt nach Haupteinnahmen- und Hauptausgabenposten, wobei darzulegen ist, wie die Anpassung an die mittelfristigen Haushaltsziele gegenüber den Projektionen unter Annahme einer unveränderten Politik erreicht werden soll;

d)

Einschätzung der Frage, wie die geplanten politischen Maßnahmen im Hinblick auf ihre unmittelbare langfristige Auswirkung auf die gesamtstaatlichen Finanzen wahrscheinlich die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beeinflussen werden.

(3)   Die im mittelfristigen Haushaltsrahmen zugrunde gelegten Projektionen müssen auf realistischen makroökonomischen Prognosen und Haushaltsprognosen gemäß Kapitel III beruhen.

Artikel 10

Die jährlichen Haushaltsgesetze müssen mit den Bestimmungen des mittelfristigen Haushaltsrahmens in Einklang stehen. Insbesondere die sich aus dem mittelfristigen Haushaltsrahmen gemäß Artikel 9 Absatz 2 ergebenden Einnahmen- und Ausgabenprojektionen und Prioritäten bilden die Grundlage für die Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans. Jede Abweichung von diesen Bestimmungen ist ausreichend zu erläutern.

Artikel 11

Diese Richtlinie untersagt einer neuen Regierung eines Mitgliedstaats nicht, den mittelfristigen Haushaltsrahmen zu ändern, um ihn an ihre neuen politischen Prioritäten anzupassen. In diesem Fall gibt die neue Regierung an, inwieweit sich dieser Haushaltsrahmen von dem vorherigen mittelfristigen Haushaltsrahmen unterscheidet.

KAPITEL VI

TRANSPARENZ DER ÖFFENTLICHEN FINANZEN UND UMFASSENDER ANWENDUNGSBEREICH DES HAUSHALTSRAHMENS

Artikel 12

Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass sämtliche Maßnahmen, die ergriffen werden, um den Bestimmungen der Kapitel II, III und IV nachzukommen, alle Teilsektoren des Staates umfassend und in kohärenter Weise abdecken. Dies erfordert insbesondere Kohärenz der Rechnungslegungsvorschriften und -verfahren und die Integrität der zugrunde liegenden Datenerhebungs- und -verarbeitungssysteme.

Artikel 13

(1)   Die Mitgliedstaaten schaffen geeignete Mechanismen für eine sämtliche Teilsektoren des Staates umfassende Koordinierung, um eine umfassende und kohärente Erfassung aller Teilsektoren des Staates bei der Finanzplanung, den länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln, der Erstellung der Haushaltsprognosen und bei der Mehrjahresplanung insbesondere gemäß dem mehrjährigen Haushaltsrahmen zu gewährleisten.

(2)   Zur Stärkung der finanziellen Rechenschaftspflicht werden die Haushaltszuständigkeiten der Behörden in verschiedenen Teilsektoren des Staates klar festgelegt.

Artikel 14

(1)   Im Rahmen der jährlichen Haushaltsprozesse sind alle staatlichen Einrichtungen und Fonds, die in den regulären Haushalten auf Teilsektorenebene nicht erfasst werden, zusammen mit anderen relevanten Informationen von den Mitgliedstaaten zu identifizieren und darzustellen. Die kombinierten Auswirkungen dieser staatlichen Einrichtungen und Fonds auf die gesamtstaatlichen Haushaltssalden und den Schuldenstand sind im Rahmen der jährlichen Haushaltsprozesse und der mittelfristigen Finanzplanung zu erläutern.

(2)   Die Mitgliedstaaten veröffentlichen detaillierte Informationen darüber, wie sich entgangene Steuereinnahmen auf die Einnahmen auswirken.

(3)   Die Mitgliedstaaten veröffentlichen für alle Teilsektoren des Staates die relevanten Informationen über Eventualverbindlichkeiten, die sich erheblich auf die öffentlichen Finanzen auswirken können, darunter Staatsbürgschaften, notleidende Darlehen und Verbindlichkeiten aus der Tätigkeit öffentlicher Körperschaften, einschließlich Angaben zu deren Umfang. Die Mitgliedstaaten veröffentlichen ferner Informationen über Beteiligungen des Staates am Kapital privater oder öffentlicher Unternehmen bezüglich wirtschaftlich erheblicher Beträge.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 15

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 31. Dezember 2013 nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit. Der Rat fordert die Mitgliedstaaten auf, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Union eigene Entsprechungstabellen zu erstellen, die so weit wie möglich die Entsprechungen zwischen der Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen deutlich machen, und diese zu veröffentlichen.

(2)   Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(3)   Die Kommission erstellt einen Zwischenbericht über die Fortschritte bei der Durchführung der wichtigsten Bestimmungen dieser Richtlinie auf der Grundlage einschlägiger Informationen aus den Mitgliedstaaten, der dem Europäischen Parlament und dem Rat bis 14. Dezember 2012 vorgelegt wird.

(4)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Vorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

Artikel 16

(1)   Bis 14. Dezember 2018 veröffentlicht die Kommission eine Überprüfung der Frage, ob diese Richtlinie geeignet ist.

(2)   In dieser Überprüfung wird unter anderem die Eignung der folgenden Aspekte bewertet:

a)

der statistischen Anforderungen für alle Teilsektoren des Staates;

b)

der Konzipierung und Wirksamkeit der numerischen Haushaltsregeln in den Mitgliedstaaten;

c)

des allgemeinen Niveaus der Transparenz der öffentlichen Finanzen in den Mitgliedstaaten.

(3)   Bis 31. Dezember 2012 nimmt die Kommission eine Bewertung der Frage vor, ob die internationalen Rechnungsführungsgrundsätze für den öffentlichen Sektor („International Public Sector Accounting Standards“) für die Mitgliedstaaten geeignet sind.

Artikel 17

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 18

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 8. November 2011.

Im Namen des Rates

Der Präsident

J. VINCENT-ROSTOWSKI


(1)  Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 28. September 2011 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. C 150 vom 20.5.2011, S. 1.

(3)  ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 164.

(4)  ABl. L 145 vom 10.6.2009, S. 1.

(5)  ABl. L 310 vom 30.11.1996, S. 1.

(6)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(7)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6.

(8)  ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.