ISSN 1725-2539

doi:10.3000/17252539.L_2010.167.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 167

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

53. Jahrgang
1. Juli 2010


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

BESCHLÜSSE

 

 

2010/357/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 2. Dezember 2009 über die staatliche Beihilfe C 39/08 (ex N 148/08), die Rumänien als Ausbildungsbeihilfe zugunsten von Ford Craiova gewähren will (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 9350)  ( 1 )

1

 

 

2010/358/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 27. Januar 2010 über die staatliche Beihilfe C 27/08 (ex N 426/05), die Deutschland der Sovello AG (vormals EverQ GmbH) gewährt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 172)  ( 1 )

21

 

 

IV   Vor dem 1. Dezember 2009 in Anwendung des EG-Vertrags, des EU-Vertrags und des Euratom-Vertrags angenommene Rechtsakte

 

 

2010/359/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 28. Oktober 2009 über die staatliche Beihilfe C 59/07 (ex N 127/06 und NN 13/06), die Italien zugunsten von Ixfin SpA gewährt hat (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 8123)  ( 1 )

39

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

BESCHLÜSSE

1.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 167/1


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 2. Dezember 2009

über die staatliche Beihilfe C 39/08 (ex N 148/08), die Rumänien als Ausbildungsbeihilfe zugunsten von Ford Craiova gewähren will

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 9350)

(Nur der rumänische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2010/357/EU)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den oben genannten Artikeln (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 01. April 2008 hat Rumänien bei der Kommission eine Einzelbeihilfe in Form einer Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 57 Mio. EUR für den Automobilhersteller Ford Romania SA in Craiova beantragt.

(2)

Mit Schreiben vom 10. September 2008 hat die Kommission Rumänien ihren Beschluss über die Einleitung des Prüfverfahrens gemäß Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags (jetzt Artikel 108 Absatz 2 AEUV (2)) über die beantragte Beihilfe mitgeteilt und die Beteiligten zur Einreichung ihrer Stellungnahme aufgefordert (3).

(3)

Rumänien hat seine Stellungnahme im Schreiben vom 7. November 2008 übermittelt. Am 18. und 19. November 2008 fanden Gespräche der Kommission mit den rumänischen Behörden und Vertretern von Ford am Werkssitz in Craiova statt.

(4)

Mit Schreiben vom 26. November 2008 hat die Kommission den Antrag des Beihilfeempfängers auf Verlängerung des Termins für die Vorlage der Stellungnahme genehmigt. Ford hat seine Stellungnahme mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 vorgelegt. Diese Stellungnahme wurde mit Schreiben vom 09. März 2009 an Rumänien übermittelt.

(5)

Mit Schreiben vom 06. März 2009 und vom 23. Juni 2009 bat die Kommission um weitere Auskünfte, woraufhin die rumänischen Stellen mit ihren Schreiben vom 2. April 2009 und vom 22. Juli 2009 antworteten.

(6)

Die Kommission erhielt keine Stellungnahmen von dritten Beteiligten.

2.   BESCHREIBUNG DES VORHABENS

(7)

Der Empfänger der staatlichen Beihilfe ist Ford Romania SA (nachfolgend „Ford Craiova“ genannt), eine Niederlassung der Ford Motor Company, die das Autowerk und die Geschäftstätigkeit, die bis dahin unter der Verwaltung von SC Automobile Craiova SA und SC Daewoo Automobile SA in Craiova standen, am 12. September 2007 von der rumänischen Privatisierungsagentur AVAS erworben hat.

(8)

Mit Beschluss vom 27. Februar 2008 hat die Kommission festgestellt, dass aufgrund der Privatisierungsvereinbarung unvereinbare Beihilfen genehmigt wurden, und hat die Rückzahlung von 27 Mio. EUR (4) angeordnet. Der Betrag wurde am 27. Juni 2008 verzinst zurückgezahlt.

(9)

Ford hat das Autowerk in Craiova erworben, um ab 2009 die Produktion zweier neuer Kraftfahrzeugtypen (des kompaktem Mehrzweckfahrzeugs B-MAV und des sowohl für den Gütertransport als auch die Personenbeförderung vorgesehenen ISV) sowie ab 2011 die Produktion einer neuen Motorengeneration mit reduziertem CO2-Ausstoß aufzunehmen. Im Rahmen dieses Vorhabens werden zwei neue Fertigungslinien errichtet, und die Gesamtinvestitionskosten werden sich auf geschätzte 675 Mio. EUR belaufen. Mit der Privatisierungsvereinbarung ist Ford die Verpflichtung eingegangen, die 3 900 bestehenden Beschäftigungsverhältnisse zu erhalten und weitere Arbeitsplätze zu schaffen, so dass bis Ende 2012 eine Gesamtzahl von 9 000 Mitarbeitern erreicht wird.

(10)

Das Werk Craiova befindet sich in einem benachteiligten Gebiet, dem gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV Beihilfe gewährt werden kann. Mit Beschluss vom 30. April 2008 hat die Kommission eine regionale Beihilfe in Höhe von 143 Mio. EUR für Ford Craiova genehmigt. Dies entspricht der höchstzulässigen Beihilfeintensität für ein Hauptinvestitionsvorhaben dieses Ausmaßes in einem förderfähigen Gebiet bei einer Basisbeihilfeintensität von maximal 50 % der förderfähigen Investitionskosten (5).

(11)

Die angemeldete Beihilfe unterstützt ein umfassendes Ausbildungsprogramm, das in einem Zeitraum von 5 Jahren durchgeführt werden soll und mit dem Ford sowohl die bestehenden Arbeitsplätze (3 900 Arbeitnehmer) als auch die künftigen Arbeitsplätze im Automobilwerk Craiova, insgesamt bis zu 9 000 Arbeitnehmer, sichern will. Die Gesamtkosten des Ausbildungsvorhabens betragen schätzungsweise 185,5 Mio. EUR (6), von denen 128,5 Mio. EUR durch Ford übernommen werden und 57 Mio. EUR von Rumänien in Form einer Ausbildungsbeihilfe bereitgestellt werden sollen.

(12)

Das Schulungsprogramm ist zweidimensional aufgebaut.

(13)

Vertikal betrachtet ist das Programm in mehrere Etappen gegliedert. Die erste Etappe umfasst die im Gemeinschaftsrecht/im rumänischen Recht vorgeschriebene Ausbildung, die für das effiziente Funktionieren des Werks erforderlich ist/sein soll, und die als unternehmensspezifische Ausbildung definiert werden kann. Diese Ausbildungsetappe ist nicht beihilfefähig. Ihre Kosten werden auf zirka 29,7 Mio. EUR geschätzt und vollständig von Ford getragen. Weitere Etappen umfassen Ausbildungsmaßnahmen, die ohne Beihilfe nur teilweise (und zwar bis zu 40 % des gesamten Lehrgangsinhalts) oder überhaupt nicht gewährleistet werden könnten, sowie eine Ausbildungsmaßnahme in Verbindung mit der Auswahl der Arbeitnehmerkategorien.

(14)

Horizontal gesehen umfasst das Programm 269 Kurse, die sich in vier Themenbereiche/Hauptausbildungsmodule gliedern:

Sicherheit: 79 Kurse, die auf die Vermittlung von Wissen über die Sicherheit am Arbeitsplatz gerichtet sind. Diese Kurse sind in vier wesentliche Unterthemen aufgeteilt: Grundbegriffe der Sicherheit am Arbeitsplatz; Sichere Verwendung der Schutzmittel und der persönlichen Schutzausrüstung; Sicherheit von Fußgängern; Erkennung und Verhütung von Gefahren und Risiken. Jeder Kurs besteht aus einem Einführungsteil und einer vertiefenden Verhaltensschulung. Von den 79 Kursen dieses Moduls richten sich 61 sowohl an Arbeiter als auch an Mitarbeiter mit Leitungsfunktionen, und 18 sind nur für die zuletzt genannte Arbeitnehmerkategorie bestimmt.

Die vom Unternehmen zu gewährleistende Ausbildung zur Einhaltung seiner internen Sicherheitsstandards und zur Umsetzung der gemeinschaftlichen und rumänischen Sicherheitsvorschriften zählt nicht zu den beihilfefähigen Ausbildungsmaßnahmen (7). Die beihilfefähigen Kosten betragen für dieses Modul 17,57 Mio. EUR, für die eine Beihilfe von maximal 8,43 Mio. EUR beantragt werden kann.

Grundfertigkeiten: 59 Kurse zur Förderung der persönlichen Entwicklung der Mitarbeiter durch Vermittlung allgemeiner Fähigkeiten. Die Kurse sind nach folgenden Themenbereichen unterteilt: Rumänisch für ausländische Mitarbeiter; Managementkompetenz für Kontrolleure/Meister; Grundkenntnisse in Informatik und Outlook; Englisch für lokale Arbeitskräfte; Sprachliche und rechnerische Fertigkeiten, Grundlagen der Unternehmensführung für alle Mitarbeiter, Fortbildung im IT-Bereich; Individuelle vertiefende Ausbildung für ausgewählte Mitarbeiter. Von diesen Kursen sind 14 sowohl an Arbeiter als auch an Mitarbeiter mit Managementfunktion (8) gerichtet, während 45 ausschließlich für die letztgenannte Arbeitnehmerkategorie bestimmt sind.

Die als nicht beihilfefähig eingestuften Kurskosten müssen vollständig von Ford getragen werden (9). Die beihilfefähigen Kosten dieses Moduls betragen 93,13 Mio. EUR. Für sie kann eine Beihilfe von maximal 46,56 Mio. EUR beantragt werden. Allein die Kurse für Sprach- und Rechenfertigkeiten, die sowohl von Arbeitern als auch von Mitarbeitern mit Managementfunktionen absolviert werden sollen, belaufen sich jeweils auf schätzungsweise 22,5 Mio. EUR.

Betriebswirtschaftliche Grundlagen: 73 Kurse sollen das Verständnis der Mitarbeiter für die europäische und internationale Wirtschaftspraxis verbessern. Ein Teil der in diesem Modul vorgesehenen Kurse, es handelt sich genau um 20 Kurse (10), richtet sich sowohl an Arbeiter als auch an Mitarbeiter mit Managementfunktionen (Teamleiter, Kontrolleure, Fachpersonal und Betriebsleitung). Die übrigen Kurse sind nur für die zuletzt genannten Berufsgruppen bestimmt. Drei Schulungsbereiche dieses Moduls und zwar Ford-spezifische IT-Systeme, Ford-Betriebsverfahren und Ford-interne Prüfverfahren, umfassen Kurse, die für den effektiven Betrieb des Werks notwendig sind und die folglich nicht durch eine staatliche Beihilfe gefördert werden können. Die anderen Kurse sind wählbare oder zusätzliche Kurse und dienen dazu, den Mitarbeitern Erfahrungen und Fertigkeiten zu vermitteln. Diese zusätzlichen Ausbildungsbereiche beziehen sich auf allgemeine Themen wie Projektmanagement; Funktionelle Kenntnisse (Humanressourcen, Akquisition, Finanzen); Six-Sigma-Programm (zur Qualitätssicherung); Individuelle zusätzliche Ausbildung für ausgewählte Mitarbeiter.

Die beihilfefähigen Kosten dieses Ausbildungsmoduls belaufen sich insgesamt auf schätzungsweise 8 Mio. EUR. Davon übernimmt Ford einen Anteil von 4 Mio. EUR, die restlichen 4 Mio. EUR werden als staatliche Beihilfe bereitgestellt. Die Kosten für die im Rahmen dieses Moduls geplante unternehmensspezifische Ausbildung werden vollständig vom Unternehmen getragen (11).

Technische Fertigkeiten: 58 Kurse dienen der Sicherung technischer Fertigkeiten auf einem Niveau, das höher ist als zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich und durch das die Arbeitnehmer allgemein befähigt werden, die mit dem Einsatz neuer Produktionstechnologien verbundenen Schwierigkeiten zu bewältigen. Zwei dieser Kurse, und zwar die Motorenmontage und die Simulation des Produktionsprozesses, sind unternehmensspezifisch und können demzufolge nicht mit staatlicher Beihilfe gefördert werden. Die anderen Kurse sind dem Bereich der zusätzlichen/wahlweisen Ausbildung zuzuordnen, da sie eine Reihe von Fragen aus den komplexen Tätigkeitsfeldern Elektriker/Mechaniker und Verbesserung der Wartung betreffen. Die Mehrzahl der Kurse dieses Moduls richtet sich sowohl an Arbeiter als auch an Mitarbeiter mit Managementfunktionen (12).

Die beihilfefähigen Gesamtkosten dieses Ausbildungsmoduls belaufen sich auf schätzungsweise 39,1 Mio. EUR. Davon trägt Ford 18,9 Mio. EUR, und zirka 18,2 Mio. EUR können in Form von Beihilfe beantragt werden.

(15)

Der firmenspezifische Teil des Ausbildungsprogramms, der vollständig von Ford finanziert werden muss, beträgt schätzungsweise 29,73 Mio. EUR (13). In der nachfolgenden Tabelle sind die Aufteilung der förderfähigen Kosten auf die einzelnen Ausbildungsprogramme und der Eigenanteil von Ford für die als beihilfefähig geltende Zusatzausbildung dargestellt.

 

Sicherheit

Grundfertig-keiten

Betriebswirt-schaftliche Grundlagen

Technische Fertigkeiten

Insgesamt

Beihilfefähige Kosten für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen

16,17

93,13

7,94

36,67

153,91

Beihilfefähige Kosten für spezifische Ausbildungsmaßnahmen

1,49

0,16

0,24

1,89

Beihilfe für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen

8,08

46,56

3,97

18,33

76,94

Beihilfe für spezifische Ausbildungsmaßnahmen

0,37

0,03

0,06

0,46

Gesamtkosten

8,45

46,56

4,00

18,39

77,44

Anteil von Ford

9,2

46,56

4,08

18,50

78,39

Die in der obigen Tabelle genannten Gesamtbeträge der Beihilfe und des Anteils von Ford sind Nennbetrage. Rumänien und Ford weisen darauf hin, dass das Unternehmen beschlossen hat, den Gesamtwert der Beihilfe auf 57 Mio. EUR zu begrenzen. Der Differenzbetrag zwischen der Beihilfe, die für das Programm insgesamt vergeben werden kann, und dem beantragten Betrag von 57 Mio. EUR wird vom Unternehmen als Eigenanteil bereitgestellt, der sich somit auf 98,8 Mio. EUR erhöht,.

(16)

Insgesamt sind im Rahmen der nicht beihilfefähigen unternehmensspezifischen Ausbildung in einem Zeitraum von fünf Jahren zirka 200 000 Ausbildungsstunden vorgesehen. Im Rahmen des beihilfefähigen Programmteils werden für einen Zeitraum von fünf Jahren zirka 800 000 Stunden gewährt. Folglich müsste jeder der 9 000 Mitarbeiter, verteilt auf fünf Jahre, durchschnittlich insgesamt zirka 111 Ausbildungsstunden absolvieren. Rumänien und Ford haben zudem Nachweise dafür erbracht, dass die Mehrzahl der in das Programm einbezogenen Ausbilder (bis zu 90 %) aus spezialisierten externen Ausbildungszentren angeworben werden sollen, und dass ein Großteil der Ausbildung an anderen Orten und nicht auf dem Werksgelände stattfinden soll (siehe Erwägungsgrund 18 zur Angabe der beihilfefähigen Kosten für die Fahrten von Kursteilnehmern und Ausbildern).

(17)

Die Schätzung der Kosten für das Ausbildungsprogramm erfolgte anhand ähnlicher, von Ford bereits früher übernommener Kosten für die Ausbildung von Mitarbeitern seines Werks in Dagenham (Vereinigtes Königreich), die jedoch, ausgehend von anfänglichen Schätzungen, an das Kostenniveau in Rumänien angepasst wurden. (Den Angaben aus dem Jahre 2008 wurden die für die kommenden Jahre prognostizierten Inflationsraten zugerechnet). Die nachfolgend aufgelisteten Kosten wurden als Schätzwerte pro Ausbildungstag und Kursteilnehmer angegeben (ohne Einbeziehung der Löhne der Kursteilnehmer):

Beihilfefähige Kosten

Allgemeine Ausbildung

Spezifische Ausbildung

Berufliche Orientierung und Beratung

(…) (14) EUR

(…) EUR

Honorar des Ausbilders (2 Tage)

(…) EUR

(…) EUR

Reisekosten des Ausbilders

(…) EUR

(…) EUR

Reisekosten des Kursteilnehmers

(…) EUR

(…) EUR

Abschreibung von Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen

(…) EUR

(…) EUR

Vermietung/Abschreibung von Ausbildungseinrichtungen

(…) EUR

(…) EUR

Lehrmittel

(…) EUR

(…) EUR

Gesamtbetrag

181,00 EUR

265,00 EUR

(18)

Die im Rahmen dieses Programms beanspruchten beihilfefähigen Kosten (für insgesamt 9 000 Mitarbeiter und einen Zeitraum von 4 Jahren) sind nachfolgend (als Nennbeträge, in Mio. EUR) angegeben:

 

Beihilfe für allgemeine Ausbildung

Beihilfe für spezifische Ausbildung

Insgesamt

Kosten für den Ausbilder

(45-50)

(0,5-1)

(45-50)

Reisekosten des Ausbilders

(10-15)

(0-0,5)

(10-15)

Reisekosten des Kursteilnehmers

(0-5)

(0-0,5)

(0-5)

Weitere Kosten gemäß Artikel 4 Absatz 7 Buchstabe c

(10-15)

(0-0,5)

(10-15)

Abschreibung

(0-5)

(0-0,5)

(0-5)

Ausbildungseinrichtung

(5-10)

(0-0,5)

(5-10)

Berufliche Orientierung und Beratung

(25-30)

(0-0,5)

(25-30)

Kosten in Verbindung mit einem internen Ausbilder

(0-5)

(0-0,5)

(0-5)

Lohnausgleichszahlungen für Kursteilnehmer

(40-45)

(0-0,5)

(40-45)

Beihilfefähige Kosten ohne Lohnausgleichszahlungen

(110-115)

(1-2)

(110-120)

Höchstbetrag der Beihilfe

76,96

0,47

77,44

Anteil von Ford

76,96

1,42

78,39

(19)

Die Beihilfe stellt einen Zuschuss in Höhe von 57 Mio. EUR dar, der für einen Fünfjahreszeitraum an Ford Craiova gezahlt werden soll. Die Beihilfe ist zur Unterstützung eines Ausbildungsvorhabens vorgesehen, dessen Gesamtkosten sich schätzungsweise auf 185,5 Mio. EUR (Nennbetrag) belaufen und von denen 155,8 Mio. EUR durch Ausbildungsbeihilfe förderfähig sind. Ein Großteil der beihilfefähigen Kosten in Höhe von 153,93 Mio. EUR sind der allgemeinen Ausbildung zuzurechnen. Nur 1,88 Mio. EUR der beihilfefähigen Kosten werden der spezifischen Ausbildung zugeordnet. Bei diesem Vorhaben hat Rumänien eine Beihilfeintensität von 50 % bezogen auf allgemeine Ausbildungsmaßnahmen und von 25 % bezogen auf spezifische Ausbildungsmaßnahmen angewendet. Demzufolge beansprucht das Vorhaben eine Beihilfe in Höhe von 76,96 Mio. EUR für allgemeine Ausbildung und in Höhe von 0,47 Mio. EUR für spezifische Ausbildung, was eine Gesamtbeihilfe von 77,44 Mio. EUR ergibt. Gleichwohl hat sich der Beihilfeempfänger für die Begrenzung der staatlichen Unterstützung auf 57 Mio. EUR ausgesprochen (siehe hierzu Erwägungsgrund 15).

(20)

Rumänien führt an, dass es unrealistisch sei, von Beginn an die genauen Kosten für jeden Ausbildungskurs eines sich über fünf Jahre erstreckenden Programms anzugeben. Es sei notwendig, dem Beihilfeempfänger für den Fall, dass die tatsächlichen Kosten von den geschätzten Pauschalbeträgen abweichen, einen bestimmten Freiraum für eine Umverteilung der Beihilfe zwischen den unterschiedlichen beihilfefähigen Kosten einzuräumen. Diese Flexibilität sei erforderlich, um dem Beihilfeempfänger die Optimierung des laufenden Ausbildungsprogramms bei gleichzeitiger Einhaltung von Ausbildungsinhalt, Beihilfeumfang und -intensität zu ermöglichen.

(21)

In den im Juli 2009 eingereichten Unterlagen unterbreitete Rumänien außerdem den Vorschlag, dem Beihilfeempfänger die Beihilfe im Voraus in einvernehmlich festzulegenden Zeitabständen (zum Beispiel vierteljährlich) und ausgehend von den beantragten Pauschalbeträgen zu zahlen. Die tatsächlich im Verlaufe jedes Haushaltsjahres getragenen Kosten müssten nachfolgend von internen Prüfern des Beihilfeempfängers geprüft und die Beihilfezahlungen jährlich an die anwendbaren Obergrenzen der Beihilfeintensität angepasst werden. Die Richtwerte und Bedingungen für die Beihilfezahlung wären in einem spezifischen rumänischen Rechtsakt zu verankern.

3.   BESCHLUSS ÜBER DIE ERÖFFNUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS GEMÄSS ARTIKEL 82 ABSATZ 2 DES EG-VERTRAGS

(22)

In ihrem Beschluss vom 10. September 2008 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens (im Folgenden „Beschluss zur Einleitung des Prüfverfahrens“) hat die Kommission ihre Vorbehalte bezüglich folgender Gesichtspunkte geäußert: Berechtigung der Beihilfe, Anreizeffekt/Erforderlichkeit der Beihilfe, Kumulierung der regionalen Beihilfe und der Ausbildungsbeihilfe sowie Übereinstimmung mit dem so genannten Deggendorf-Prinzip (diese Gesichtspunkte werden nachfolgend erläutert).

(23)

Die von der Kommission geäußerten Bedenken beziehen sich insbesondere darauf, i) ob Ford nicht sowieso einen Teil der für beihilfefähig erklärten Ausbildung, zumindest in Bezug auf die bereits vorhandenen Arbeitskräfte, sicherstellen müsste, um ein Werk, das neueste Produktionstechnik einführt, betreiben zu können; und ii) ob das Unternehmen nicht ohnehin durch europäische/rumänische Sicherheitsvorschriften verpflichtet sei, einzelne Ausbildungsmaßnahmen des Moduls Sicherheit durchzuführen. In diesem Fall sei die Beihilfe gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, da sie eine Ausbildung unterstützen würde, die ohnedies stattgefunden hätte und demzufolge nicht der „Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige“ dienen würde.

(24)

Die Kommission hat Bedenken in Bezug auf die Berechtigung einiger Ausbildungsmaßnahmen für zukünftige Mitarbeiter geäußert, da Ford die Möglichkeit hatte, neue, entsprechend qualifizierte Mitarbeiter einzustellen.

(25)

Der Beschluss zur Einleitung des Prüfverfahrens hat die Frage aufgeworfen, inwieweit einige der vorgeschlagenen Ausbildungsmaßnahmen immaterielle regionale Nachteile ausgleichen würden, die auf das mangelnde Wissen der vorhandenen Arbeitskräfte zurückzuführen sind und die bereits durch die 2008 dem Unternehmen gewährte regionale Investitionsbeihilfe (15) ausgeglichen wurden.

(26)

Gemäß der einschlägigen Rechtsprechung (16) kann eine neue Beihilfe erst gewährt werden, wenn eine vorher erhaltene rechtswidrige Beihilfe vollständig zurückgezahlt wurde. Zum Zeitpunkt der Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens konnten die rumänischen Stellen nicht nachweisen, dass die für die Privatisierung des Werks Craiova gewährte und am 27. Februar 2008 von der Kommission als mit dem EG-Vertrag (jetzt AEUV) nicht vereinbar erklärte Beihilfe vollständig rückerstattet (17) wurde.

4.   ANMERKUNGEN RUMÄNIENS

(27)

Nach der Eröffnung des Prüfverfahrens hat Rumänien zu folgenden Themen Stellungnahmen vorgelegt: i) Rechtsgrundlage zur Bewertung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Vertrag; ii) Anreizeffekt der Beihilfe und iii) Konformität mit dem so genannten Deggendorf-Prinzip.

(28)

Rumänien gibt an, dass nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit die Beihilfe auf der Grundlage der zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung (April 2008) geltenden Kriterien bewertet werden müsste. Zum genannten Zeitpunkt war die Verordnung (EG) Nr. 68/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Ausbildungsbeihilfen (18) noch anwendbar. Die allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (19) (nachfolgend AGVO genannt) wurde erst am 9. August 2008 veröffentlicht und trat am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

(29)

Rumänien vertritt die Ansicht, dass sich die in der AGVO festgelegten Bewertungskriterien teilweise von denen der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 unterscheiden. Außerdem hebt Rumänien hervor, dass es bei der Anmeldung von einer Beihilfehöchstintensität von 50 % für allgemeine Beihilfe und von 25 % für spezifische Beihilfe gemäß Verordnung (EG) Nr. 68/2001 und nicht von den in der AGVO genannten Beihilfeintensitäten von 60 % für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen und von 25 % für spezifische Ausbildungsmaßnahmen ausgegangen ist.

(30)

Außerdem vertritt Rumänien die Ansicht, dass die Kommission seit ihren Entscheidungen zu Ford Genk (20) und GM Antwerpen (21) ein strenges Konzept bei der Bewertung von Ausbildungsbeihilfe in Bezug auf das Kriterium des Anreizeffektes verfolgt, das weder dem üblichen Konzept der Kommission bei der Bearbeitung von Ausbildungsbeihilfen und noch den Zielen der Lissabon-Agenda entspricht.

(31)

Erforderlichkeit. Im Wesentlichen geht Rumänien davon aus, dass das Unternehmen ohne diese Beihilfe ein weniger ehrgeiziges Ausbildungsprogramm anbieten und sich dafür entscheiden würde, den Arbeitnehmern nur die für das Funktionieren des Werks erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen (und somit zirka 17 % des erwogenen Programms bei vollständiger Kostenübernahme durch das Unternehmen) und weniger zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen bereitzustellen.

(32)

Es wurde behauptet, dass Ford das Werk in Craiova auch ohne die als beihilfefähig eingestuften zusätzlichen Ausbildungsmaßnahmen betreiben könne, da die vorhandenen Arbeitskräfte über Erfahrungen in der Fahrzeugherstellung verfügen und die zukünftig im Werk eingesetzte neue Technologie das Lernen in der Praxis ermöglicht, was auch schon an anderen Ford-Standorten geprüft wurde, wo diese zusätzliche Ausbildung nicht zur Verfügung stand.

(33)

Rumänien liefert außerdem detaillierte Erklärungen zu dem Unterschied zwischen den für das Funktionieren des Werks erforderlichen Kursen (die vollständig vom Unternehmen finanziert werden) und den (nützlichen, aber nicht unentbehrlichen) zusätzlichen Kursen bezogen auf jedes Ausbildungsmodul.

(34)

Sicherheit: Die Mehrzahl der zu den vier vorgeschlagenen Unterthemen angebotenen Kurse (Grundausbildung zur Sicherheit am Arbeitsplatz, Anwendung von Schutzmitteln und der persönlichen Schutzausrüstung unter sicheren Bedingungen, Sicherheit von Fußgängern und Gefahren- und Risikoerkennung und -verhütung) werden als für die Wissensvermittlung zur Sicherheit am Arbeitsplatz erforderlich eingeschätzt. Einige dieser Kurse dienen der Einhaltung der europäischen und rumänischen Sicherheitsvorschriften, andere beziehen sich auf die Einhaltung interner Sicherheitsstandards im Ford-Werk. In Bezug auf Ford legt Rumänien dar, dass dieses Unternehmen interne Sicherheitsstandards verwendet, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen hinausgehen. Auf jeden Fall werden weder die gesetzlich vorgeschriebenen, noch die der internen Sicherheitsstrategie des Unternehmens entsprechenden Lehrgänge zum Thema Sicherheit als beihilfefähig eingeschätzt. Die Kosten für diese Lehrgänge werden vollständig vom Unternehmen getragen. Die zusätzliche Ausbildung zum Thema Sicherheit, für die eine Beihilfe von 3,2 Mio. EUR beantragt wird, betrifft die individuelle Anleitung zur weiteren Sensibilisierung und zur Verhaltensänderung sowie die personenbezogene Ausbildung von ausgewählten Mitarbeitern. Diese vertiefenden Ausbildungsmaßnahmen sind für die Mitarbeiter nützlich, jedoch für das Unternehmen nicht unentbehrlich.

(35)

Grundfertigkeiten: Dieses Ausbildungsmodul dient der weiteren Entwicklung der Einzelpersönlichkeit und betrifft nur in sehr geringem Maße die tatsächliche Arbeitstätigkeit. Ein Großteil der im Rahmen dieses Moduls bereitgestellten Ausbildungsmaßnahmen bezieht sich unter anderem auf allgemeine Informatikkenntnisse, Englisch-Kenntnisse und sprachliche und rechnerische Fertigkeiten. So sollen zum Beispiel mit der sprachlichen und rechnerischen Ausbildungsmaßnahme Lücken beseitigt werden, die bei den im Industriesektor tätigen Erwachsenen unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau weltweit festgestellt wurden. Die sprachliche und rechnerische Ausbildungsmaßnahme ist für die Ausübung der Arbeitstätigkeit nicht unbedingt erforderlich, da die vom Werk verwendete Technologie auf den Systemen der Visuellen Fabrik basiert, die vereinfachte visuelle Arbeitsanweisungen anbietet. Die sprachliche und rechnerische Ausbildungsmaßnahme dient der Vervollkommnung der Fähigkeit der Mitarbeiter, Gedanken oder Konzepte zu formulieren und diese fließend zu vermitteln sowie quantitative Änderungen von Umweltfaktoren zu interpretieren. Des Weiteren beinhaltet dieses Modul eine Ausbildungsmaßnahme, die Mitarbeitern aller Hierarchieebenen grundlegende Managementfähigkeiten vermittelt. Aus Sicht Rumäniens sind diese Fertigkeiten für alle Arbeitnehmerkategorien, unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau, nützlich. Diese Ausbildungsmaßnahme ist insbesondere für Arbeitnehmer von Nutzen, verbessert deren Lebensqualität und wirkt sich positiv auf Region und Gesellschaft als Ganzes aus.

(36)

Betriebswirtschaftliche Grundlagen: Das allgemeine Ziel dieses Ausbildungsmoduls besteht in der Vermittlung von vertieftem allgemeinem Fachwissen im operativen Bereich und in der Verwaltung. Drei Ausbildungsbereiche vermitteln unternehmensspezifische Managementfähigkeiten (Ford-spezifische IT-Systeme, Ford-Betriebsverfahren und Ford-interne Prüfverfahren), und ihre Kosten werden vollständig von Ford getragen. Die zusätzliche Ausbildung dient der Verbesserung von Fertigkeiten, die weitgehend auf andere Industrieunternehmen oder -branchen übertragbar sind und sich auf allgemeine Bereiche wie Projektmanagement, Humanressourcen, Akquise, Finanzwesen, Six-Sigma-Programm (in zahlreichen Branchen angewandte Methodik zur Fehlerreduzierung bei sich wiederholenden Vorgängen) beziehen. Weiterhin umfasst sie eine individuelle zusätzliche Ausbildung für ausgewählte Mitarbeiter, die zweifellos für das Unternehmen von Nutzen ist, wenn man davon ausgeht, dass sie durch eine Vereinheitlichung der Hierarchien zur Verbesserung der Arbeitsumwelt beiträgt. Andererseits bringt diese Ausbildung vor allem den Kursteilnehmern Vorteile, da sie deren Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt erhöht. Für dieses Ausbildungsmodul wird eine Beihilfe in Höhe von 4,33 Mio. EUR beantragt.

(37)

Technische Fertigkeiten: Auch dieses Modul umfasst eine Ausbildung, die über das für die Ausübung der Arbeitstätigkeiten erforderliche Ausbildungsniveau hinausgeht. Die für die Erfüllung der normalen Arbeitsaufgaben im Rahmen der Produktion erforderlichen Kurse wie Produktionsstart, Wartung und Staplerfahren, Robotertechnik und Automatisierung werden vollständig vom Unternehmen finanziert. Die zusätzliche Ausbildung ist auf zwei Hauptbereiche ausgerichtet: die weiterführende Verbesserung der Fertigkeiten von Elektrikern und Mechanikern (was die Chancen der Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt erhöht, jedoch für die Ausübung der Arbeit nicht unbedingt erforderlich ist) und der Fertigkeiten in den Bereichen Wartung, Automatik und Robotertechnik. In beiden Fällen erlernen die Arbeitnehmer den Umgang mit unterschiedlichen hochtechnologischen Anlagen, mit denen sie am aktuellen Arbeitsplatz nicht in Berührung kommen. Dieses Ausbildungsmodul gilt als beihilfefähig bis zu einem Betrag in Höhe von 18,9 Mio. EUR.

(38)

Darüber hinaus vertritt Rumänien die Ansicht, dass der Anreizeffekt der vorgeschlagenen Beihilfe für das Ausbildungsprogramm als Ganzes und nicht für jedes Ausbildungsthema oder jeden einzelnen Kurs separat bewertet werden sollte. Die individuelle Bewertung der Ausbildungsthemen und/oder Kurse außerhalb des allgemeinen Kontexts könne zu verfälschten Ergebnissen führen. Eine derartige individuelle Bewertung berücksichtige nicht den Mehrwert des Ausbildungsprogramms als Ganzes, das mehr sei als eine einfache Aneinanderreihung von Vorteilen, die sich aus der Ausbildung in spezifischen Themenbereichen ergeben.

(39)

Berechtigung. In Bezug auf die Berechtigung der Ausbildung, die den in jüngster Zeit eingestellten Mitarbeitern zuteil werden soll, trennt Rumänien die Frage der (unbestrittenen) Möglichkeit des Unternehmens, neue, entsprechend qualifizierte Mitarbeiter einzustellen, von der Frage, ob die zusätzliche Ausbildung in ihrem Fall berechtigt ist. Die zusätzliche Ausbildung vermittelt allgemeine Fertigkeiten, die für die Ausübung der Arbeitstätigkeit nicht unbedingt erforderlich sind, und ist deshalb berechtigt und kommt allen Arbeitnehmerkategorien unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau zugute.

(40)

Immaterielle regionale Nachteile. In Bezug darauf, wie die vorgeschlagene Ausbildungsbeihilfe immaterielle regionale Nachteile ausgleicht, die sich in Form von fehlendem Wissen gezeigt haben und die bereits mit regionaler Beihilfe ausgeglichen wurden, führt Rumänien aus, dass regionale Investitions- und Ausbildungsbeihilfen unterschiedliche Ziele verfolgen (und somit auf unterschiedliche Probleme ausgerichtet sind) und andere beihilfefähige Kosten betreffen. Regionale Investitionsbeihilfe dient der Unterstützung von benachteiligten Gebieten in der EU, während Ausbildungsbeihilfe das Problem der unzureichenden Ausbildungsinvestitionen, eine in der gesamten Union zu beobachtende Erscheinung, ausgleichen soll. Die „Verteilung“ der Empfänger regionaler Beihilfen sei entgegengesetzt zu der „Verteilung“ der Empfänger von Ausbildungsbeihilfe: Während erstere hauptsächlich Investoren zugute käme, würde letztere besonders Arbeitnehmer fördern.

(41)

Des Weiteren hebt Rumänien hervor, dass der „immaterielle“ regionale Nachteil, der sich aus dem lokalen Defizit an Wissen ergibt, kein Auswahlkriterium für benachteiligte Gebiete in der EU ist, sondern dass vielmehr das Pro-Kopf-BIP, die Arbeitslosenrate und die Bevölkerungsdichte zu diesen Kriterien zählen. Außerdem hat die Kommission bisher Ausbildungsbeihilfen unter anderem auf der Grundlage des Arguments genehmigt, dass diese Beihilfen eine Rolle bei der Überwindung des Wettbewerbsnachteils aufgrund der niedrigen Qualifizierung der lokalen Arbeitskräfte spielen würden (Webasto, (22) Vauxhall Motors (23)).

(42)

Außerdem benachteilige das Argument, demzufolge Projekte, für die regionale Investitionsbeihilfen genehmigt wurden, keine Ausbildungsbeihilfen bekommen dürften, ausdrücklich benachteiligte Gebiete in der EU, indem sie von der Möglichkeit der Förderung von Ausbildungsprojekten ausgeschlossen würden.

(43)

Rumänien hat die Belege über die Rückzahlung der unvereinbaren Privatisierungsbeihilfe durch die Ford Motor Company in Höhe von 27 Mio. EUR (24) und der damit verbundenen Zinsen am 27. Juni 2008 vorgelegt. Deshalb ist Rumänien der Ansicht, dass die beantragte Beihilfe mit dem so genannten Deggendorf-Prinzip vereinbar ist.

5.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(44)

Ford hat am 18. Dezember 2008 seine Stellungnahme vorgelegt, in der sich das Unternehmen auf die von Rumänien genannten Tatsachen und Argumente stützt und weitere Argumente zugunsten des Anreizeffekts der vorgeschlagenen Beihilfe ergänzt.

(45)

Ford unterstreicht, dass ein bedeutender Teil dieses umfangreichen Ausbildungsprogramms aus Eigenmitteln finanziert wird, und zwar bis zu 128,5 Mio. EUR der Gesamtkosten, die für das gesamte Projekt auf 185,5 Mio. EUR geschätzt werden. Darüber hinaus gilt die Ausbildung, die entweder gesetzlich vorgeschrieben ist und/oder für das Funktionieren des Werks erforderlich ist, nicht als beihilfefähig und muss vollständig vom Unternehmen finanziert werden. Der auf zirka 29,7 Mio. EUR geschätzte Teil der unternehmensspezifischen Ausbildungsmaßnahmen wurde bereits 2009 für die vorhandenen Arbeitskräfte begonnen.

(46)

In Bezug auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Beihilfe hebt Ford hervor, dass das Programm im Allgemeinen eine allgemeine Ausbildung beinhaltet, die in erster Linie den Mitarbeitern und nur indirekt dem Unternehmen zugute kommt. Demzufolge könnte staatliche Ausbildungsbeihilfe nur zu sekundären und indirekten verzerrenden Auswirkungen führen. Ford vertritt folglich die Ansicht, dass die Erwägungsgründe hinsichtlich der Auswirkung der staatlichen Beihilfe auf die „relevanten Marktstrukturen“ und die „Merkmale der Branche und der Industrie“ für die allgemeine Ausbildung nicht zutreffend sind, da die geplante Produktion und die eigentlichen technischen Kapazitäten nicht verändert werden. Andererseits kann die spezifische Ausbildung die Produktivität des Unternehmens direkt verbessern und somit seine Marktposition beeinflussen. Ungeachtet dessen betrifft die spezifische Ausbildung nur einen kleinen Teil der vorgeschlagenen zusätzlichen Ausbildung.

(47)

In Bezug auf die mögliche Auffassung, dass Teile der als beihilfefähig angemeldeten Ausbildungsmaßnahmen nicht für die Gewährleistung der Einhaltung der unternehmensinternen Sicherheitsstandards erforderlich seien, weist Ford darauf hin, dass dieses Argument zu einer benachteiligenden Nivellierung der Standards führen könnte. Wenn es nur Unternehmen mit niedrigen internen Sicherheitsstandards möglich sei, Ausbildungsbeihilfe zu erhalten, dann gäbe es für die Unternehmen letztendlich keinen Anreiz mehr, ihre eigenen internen Sicherheitsstandards zu erhöhen. Deshalb fragt Ford sich, ob über eine vorgeschlagene Ausbildungsbeihilfe, die dem Beihilfeempfänger in jedem Fall gewährt werden muss, nicht vielmehr auf der Grundlage von objektiven, auf alle Unternehmen einer Branche anwendbaren Kriterien und nicht auf der Grundlage von unternehmensinternen Standards entschieden werden sollte. Darüber hinaus werde Ford durch dieses Investitionsvorhaben bis 2012 zum größten industriellen Arbeitgeber in Rumänien. Investitionen dieser Art spielen eine Signalrolle in der Wirtschaft, und die rumänische Regierung unterstützt die Pläne von Ford, das Werk Craiova in ein Vorzeigeobjekt für andere Arbeitgeber und neue Investoren zu verwandeln.

(48)

Darüber hinaus hebt Ford hervor, dass die als beihilfefähig geltende zusätzliche Ausbildung allgemein nicht für das Funktionieren des Werks erforderlich sei, in dem zurzeit das Ford-interne System der effizienten, schlanken Produktion angewandt werde. Die Automobilhersteller seien mittlerweile von der Serienproduktion zur schlanken Produktion übergegangen, wobei es sich hier um eine Entwicklung handele, die insbesondere eine Verhaltensänderung in Bezug auf die Verbesserung der Fähigkeiten auf allen Ebenen der internen Organisation erforderlich mache. Der nichtbeihilfefähige Teil des Ausbildungsprogramms sei ausreichend, um diese Verhaltensänderung herbeizuführen.

(49)

Ford unterstützt die Argumente Rumäniens, mit denen es sich gegen eine mögliche Überschneidung von regionaler Investitionsbeihilfe und Ausbildungsbeihilfe in Bezug auf immaterielle regionale Nachteile in Form eines niedrigen Qualifikationsniveaus wendet, und vertritt ebenfalls die Ansicht, dass zum Zeitpunkt der Bewertung der positiven externen Auswirkungen einer für Ausbildungsbeihilfe vorgeschlagenen Maßnahme das in dem betreffenden Gebiet gegebene Qualifizierungs- und Ausbildungsniveau berücksichtigt werden müsste.

(50)

Ford führt einen Vergleich zwischen dem in seinem Werk in Sankt Petersburg durch das Unternehmen durchgeführten Ausbildungsprogramm und dem für das Werk Craiova vorgeschlagenen Programm durch. Mit diesem Vergleich soll bewiesen werden, dass ein Ford-Werk mit einem weniger umfangreichen als dem für das Werk in Craiova vorgeschlagenen Ausbildungsprogramm geführt werden kann und dass folglich die Beihilfe für zusätzliche Ausbildungsmaßnahmen für das Werk Craiova einen Anreiz darstellt.

(51)

Ford vertritt die Ansicht, dass diese beiden Ausbildungsvorhaben aus folgenden Gründen miteinander vergleichbar sind:

Produktion: In Sankt Petersburg hat Ford ein Werk übernommen, das zuvor Großmotoren für die Schifffahrts- und Verteidigungsindustrie hergestellt hat, während im Werk in Craiova Fahrzeuge hergestellt wurden. Im Werk in Sankt Petersburg produziert Ford ausschließlich Pkw (ab 2002 Varianten des Modells Ford Focus II und ab 2009 das Modell Ford Mondeo), während in Craiova sowohl Fahrzeuge als auch Motoren produziert werden sollen. Das Werk Sankt Petersburg verfügt, anders als das Werk Craiova, nicht über eine Presserei. Laut Ford sind die Ausgangsbedingungen des Werks Craiova mit denen des Werks Sankt Petersburg trotz dieser Unterschiede vergleichbar, weil beide erworben wurden, um neue Fahrzeugproduktionslinien einzuführen. Beide Werke nutzen dasselbe „Ford-Produktionssystem“ (FPS), und die Produktionsphasen sind auch hinsichtlich des erforderlichen Qualifizierungsniveaus der Arbeitskräfte miteinander vergleichbar.

Arbeitskräfte: Im Werk Sankt Petersburg hat Ford die vorhandenen Arbeitskräfte nicht übernommen. Die meisten der neu eingestellten Mitarbeiter waren im Durchschnitt jünger, höher qualifiziert und hatten weniger Erfahrung als die im Werk Craiova vorhandenen Arbeitskräfte. Trotz dieser Unterschiede vertritt Ford die Ansicht, dass beide Ausgangsituationen bezüglich der Arbeitskräfte vergleichbar sind. Die Arbeitskräfte beider Standorte waren mit den Arbeitsbedingungen in Ländern ohne Marktwirtschaft vertraut. Diese Ausgangsbedingung spiegelte sich zum Beispiel in einem anderen Sicherheitsverhalten im Vergleich zu Arbeitnehmern aus westlichen Ländern und mangelnder Betriebs- und Managementerfahrung in einem multinationalen Unternehmen (unabhängig von ihrem Ausbildungsniveau) wider.

(52)

Die Struktur des im Werk Sankt Petersburg durchgeführten Ausbildungsprogramms ähnelte der des für das Werk Craiova vorgeschlagenen. Dessen ungeachtet hat Ford im Werk Sankt Petersburg nur die unbedingt erforderliche Mindestausbildung erteilt, und Mitarbeiter mit Leitungsfunktionen nahmen an mehr Ausbildungskursen teil als weniger hoch qualifizierte Arbeiter. Die Produktion wurde 2002 nur mit einem für die Einhaltung der Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen von Ford erforderlichen Mindestausbildungsniveau aufgenommen.

(53)

Ford hat das Ausbildungsprogramm von Sankt Petersburg simuliert und auf die 9 000 Mitarbeiter des Werks Craiova angewandt. Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass das Ausbildungsprogramm, wie es in Sankt Petersburg durchgeführt wurde, insgesamt nur zirka 26 % der für das Werk Craiova vorgeschlagenen Ausbildung umfasst. Im Einzelnen würde dieses Programm nur 57 % des Ausbildungsmoduls Sicherheit, 2 % des Moduls Grundfertigkeiten, 30 % des Moduls Betriebswirtschaftliche Grundlagen und 47 % des Moduls Technische Fertigkeiten, die für das Werk Craiova geplant sind, gewährleisten.

6.   WÜRDIGUNG DER BEIHILFE

6.1.   Vorliegen einer Beihilfe

(54)

Die durch Rumänien für Ford Craiova angemeldete Maßnahme erfüllt sämtliche Bedingungen für staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Die Maßnahme besteht aus einem direkten Zuschuss, den der rumänische Staat aus öffentlichen Mitteln gewährt. Außerdem handelt es sich um eine selektive Maßnahme, da sie eine individuelle finanzielle Hilfe beinhaltet, die Ford Craiova als einzigem Beihilfeempfänger gewährt wird. Der Empfänger wird durch diese Maßnahme begünstigt, indem er einen Teil der Kosten des vorgeschlagenen Ausbildungsprogramms nicht tragen muss. Die Maßnahme verzerrt den Wettbewerb, indem das Unternehmen gegenüber seinen Wettbewerbern, die keine Beihilfe für ähnliche Zwecke erhalten, begünstigt wird. Letztendlich wird der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, da der Beihilfeempfänger und seine Wettbewerber ihre Erzeugnisse insbesondere auf dem innergemeinschaftlichen Markt, aber auch auf dem Markt des Europäischen Wirtschaftsraums und auf dem Weltmarkt vertreiben.

6.2.   Rechtsgrundlage der Bewertung

(55)

Rumänien beantragt die Genehmigung der Beihilfe auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Normen (April 2008). Rumänien beruft sich hierbei insbesondere auf folgende Gesichtspunkte: i) Die Vereinbarkeit der vorgeschlagenen Beihilfe mit dem Vertrag sollte auf der Grundlage der Kriterien der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden Verordnung (EG) Nr. 68/2001 (25) bewertet werden; ii) Die Kommission sollte die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) (die am 9. August 2008 veröffentlicht wurde und am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft trat) nicht rückwirkend anwenden (26); iii) Im Allgemeinen ist ein zu strenges Konzept bei der Anwendung des Kriteriums des Anreizeffektes ausgehend von den Entscheidungen zu Ford Genk (27) und GM Antwerpen (28) nicht mit dem allgemeinen Konzept der Kommission in Bezug auf Ausbildungsbeihilfe vereinbar.

(56)

In dem Beschluss in der Rechtssache Freistaat Sachsen gegen Kommission (29) hat der EuGH die Probleme in Verbindung mit der Anwendung der rationae temporis auf Vorschriften über staatliche Beihilfen zur Bewertung der Vereinbarkeit von angemeldeten Beihilfemaßnahmen geklärt. Der Gerichtshof hat festgelegt, dass die Kommission zur Bewertung der Vereinbarkeit die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Vorschriften, Grundsätze und Kriterien anwenden muss, die dem wettbewerblichen Hintergrund am besten entsprechen sind (30). Hierzu führt der Gerichtshof Folgendes aus: „Somit wird mit der Anmeldung einer geplanten Beihilfe oder Beihilferegelung durch einen Mitgliedstaat keine endgültige Rechtslage geschaffen, die zur Folge hätte, dass die Kommission über die Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt aufgrund der zum Zeitpunkt dieser Anmeldung geltenden Vorschriften entschiede. Die Kommission hat vielmehr die Vorschriften anzuwenden, die zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gelten, da die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung nur anhand dieser Vorschriften zu beurteilen ist“ (31).

(57)

Der Gerichtshof legt außerdem dar, dass die Kommission den Beteiligten Gelegenheit zu einer Stellungnahme bezüglich der Vereinbarkeit der Hilfe geben muss, wenn die Bewertung der Vereinbarkeit auf der Grundlage neuer Vorschriften erfolgt. Andererseits besteht diese Verfahrenspflicht nicht, wenn die neuen Vorschriften gegenüber den bisherigen keine wesentlichen Änderungen aufweisen (32).

(58)

Demzufolge hat die Kommission die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem AEUV auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung geltenden Vorschriften und Kriterien zu bewerten. Einzelbeihilfen für Ausbildungen, die nicht die Voraussetzungen für eine Befreiung erfüllen, müssen direkt auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV bewertet werden, der besagt, dass „Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinschaftlichen Interesse zuwiderläuft,“ als mit dem AEUV vereinbar gelten. Die Verordnung (EG) Nr. 68/2001 über Ausbildungsbeihilfe (33) wurde durch die AGVO (34) am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung am 9. August 2009 ersetzt. Gemäß Randnummern 29 und 32 und Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe g AGVO muss eine Einzelausbildungsbeihilfe von mehr als 2 Mio. EUR für ein Vorhaben, unabhängig davon, ob sie sofort oder auf der Grundlage einer Beihilferegelung gewährt wird, individuell von der Kommission nach Kriterien bewertet werden, die sich aus den anwendbaren Rechtsinstrumenten der Europäischen Union ergeben. Die Kommission stützt sich hierbei auf die Mitteilung (35) (nachfolgend genannt: Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009), die am 11. August 2009 veröffentlicht wurde und am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft getreten ist und in der die Kriterien für die Bewertung der Vereinbarkeit von einzeln anzumeldenden Ausbildungsbeihilfen festgelegt werden.

(59)

Daraus ergibt sich, dass gemäß den in der Rechtssache Freistaat Sachsen gegen Kommission genannten Grundsätzen die Vereinbarkeit der angemeldeten Beihilfe auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV im Kontext der AGVO und auf der Grundlage der in der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 festgelegten individuellen Bewertungskriterien zu bewerten ist.

(60)

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass die Bewertung der angemeldeten Beihilfe auf der Grundlage der Vorschriften und Kriterien der AGVO und der Mitteilung über staatliche Beihilfe aus dem Jahr 2009 nicht die Verfahrensrechte der Beteiligten verletzt (siehe Erwägungsgrund 57). Gemäß dem in Sachen Freistaat Sachsen ergangenen Beschluss muss die Kommission den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich der Anwendung neuer Vorschriften für eine angemeldete Beihilfe nur dann einräumen, wenn die neuen Vorschriften im Vergleich zu den vorhergehenden grundlegende Änderungen beinhalten.

(61)

In diesem Zusammenhang hebt die Kommission hervor, dass sie in ihrer Entscheidung von September 2008 über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens mitgeteilt hat, dass die Bewertung der Beihilfe auf der Grundlage der AGVO erfolgen wird. Den Beteiligten wurde somit Gelegenheit zur Stellungnahme bezüglich der Bewertung der angemeldeten Beihilfe nach den Kriterien der AGVO gegeben. Rumänien hat seine Stellungnahme im November 2008 vorgelegt und für den vorliegenden Fall Argumente gegen die Anwendung der AGVO angeführt. Rumänien hat insbesondere vorgebracht, dass sich die Bewertungskriterien der AGVO teilweise von denen der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 unterscheiden, und zwar insbesondere in Bezug auf die zulässige Beihilfehöchstintensität für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen, die von 50 % der nach der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 beihilfefähigen Kosten auf 60 % nach der AGVO angehoben wurde (36).

(62)

Die Kommission ist weiterhin der Ansicht, dass die Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 keine grundlegenden Änderungen zu den in der Rechtssache Freistaat Sachsen (37) angewandten Bewertungskriterien für Beihilfe aufweist. Die Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 benennt und untermauert die Grundsätze und Kriterien für die Eigenverantwortung der Europäischen Union für staatliche Beihilfe, nämlich das Grundprinzip des Marktversagens/von positiven externen Auswirkungen von Ausbildungsmaßnahmen, die Unterscheidung zwischen allgemeinen und spezifischen Ausbildungsmaßnahmen, die Zweckmäßigkeit von Beihilfemaßnahmen als geeignetes Instrument, das Kriterium Anreizeffekt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, die Wettbewerbsverzerrung durch die Beihilfemaßnahmen.

(63)

Rumänien und der Beihilfeempfänger scheinen sich insbesondere auf die vermeintlich zu strenge Auslegung und Anwendung des so genannten Anreizkriteriums der Bewertung der Ausbildungsbeihilfe zu konzentrieren. Die Kommission ist trotz allem der Ansicht, dass die Nennung dieses Kriteriums in der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 keine grundlegende Änderung der Bewertungsvorschriften darstellt. Die in den Rechtssachen Ford Genk (38) und GM Antwerpen (39) ergangenen Beschlüsse, die Rumänien als Beispiel für die übertrieben strenge Auslegung des Kriteriums Anreizeffekt anführt, liegen tatsächlich vor dem Anmeldezeitpunkt. Das Kriterium des Anreizeffektes wird in der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 nicht ausdrücklich genannt, obwohl es folgerichtig mit der Bewertung der Vereinbarkeit einer Beihilfemaßnahme gleich welcher Art gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV verbunden ist und im der Argumentation der Erwägungsgründe 10 und 11 bezüglich der potenziellen Rolle der Beihilfe bei der Behebung von Fehlfunktionen des Marktes enthalten ist. Der bisherige Gemeinschaftsrahmen für Ausbildungsbeihilfen (40) aus dem Jahr 1998 hatte das Kriterium Anreizeffekt bereits als einen der Grundpfeiler bestätigt, auf dem die Bewertung der Vereinbarkeit für diese Beihilfemaßnahmen beruht (41). Im Rahmen des Prüfverfahrens lieferten Rumänien und der Beihilfeempfänger außerdem detaillierte Erklärungen für den Anreizeffekt, für die Erforderlichkeit und die Zweckmäßigkeit der vorgeschlagenen Beihilfe, den Unterschied zwischen der vorgeschlagenen allgemeinen und der förderfähigen spezifischen Ausbildungsmaßnahme und das so genannte begrenzte Potenzial der Beihilfe bezüglich der Wettbewerbsverzerrung.

(64)

Die Kommission zieht aus diesen Erwägungen die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für eine Bewertung der Beihilfemaßnahme auf der Grundlage der Kriterien der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 und der AGVO unter Einhaltung der Verfahrensrechte der Beteiligten gegeben sind. Die Kommission merkt außerdem an, dass sie während des förmlichen Prüfverfahrens keine Stellungnahmen von Dritten (u. a. von Wettbewerbern des Beihilfeempfängers) erhalten hat.

6.3.   Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem AEUV

(65)

In der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 werden die Kriterien für die Bewertung der Vereinbarkeit von Beihilfenmaßnahmen über mehr als 2 Mio. EUR und unabhängig davon, ob sie sofort oder auf der Grundlage einer Beihilferegelung für ein Einzelunternehmen gewährt werden, festgelegt. Die Bewertung der Vereinbarkeit dieser Beihilfemaßnahmen erfolgt auf der Grundlage des Vergleichs zwischen den positiven und den negativen Auswirkungen der vorgeschlagenen Beihilfe und zielt darauf, dass die positiven Auswirkungen gegenüber den negativen überwiegen müssen.

(66)

Die positiven Auswirkungen der vorgeschlagenen Beihilfe werden unter folgenden Gesichtspunkten bewertet: i) Potenzial der vorgeschlagenen Beihilfe, Marktversagen zu beheben und positive externe Effekte herbeizuführen (Berechtigung); ii) Zweckmäßigkeit der Beihilfemaßnahme als geeignetes Instrument; iii) Kriterium des Anreizeffekts und der Erforderlichkeit der Beihilfe und iv) Prüfung, ob der Beihilfebetrag den für die Umsetzung ihres Ziels erforderlichen Mindestbetrag nicht übersteigt (Verhältnismäßigkeit). Die negativen Auswirkungen der Beihilfe werden anhand ihres wettbewerbsverzerrenden und Änderungen innerhalb der EU bewirkenden Potenzials in Abhängigkeit von den Merkmalen der Beihilfe und des relevanten Marktes (der relevanten Märkte) bewertet.

(67)

Gemäß den Randnummern 5-11 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 gilt eine Beihilfe als berechtigt, wenn der Mitgliedstaat nachweist, dass die Beihilfe zur Behebung des Problems der unzureichenden Ausbildungsinvestitionen beiträgt — einem Marktversagen, das in der gesamten EU zu beobachten ist. Oftmals sind Unternehmen nicht bereit, in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren, wenn diese Ausbildung keine greifbaren und sofortigen Gewinne für das Unternehmen mit sich bringt, oder wenn die Ausbildung nicht ohnehin für das effiziente Funktionieren des Unternehmens erforderlich ist. Dennoch kann diese Ausbildung für Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes Vorteile bringen, insbesondere dann, wenn die von den Mitarbeitern erworbenen Fertigkeiten auf andere Arbeitsplätze übertragbar sind oder wenn sie positive Effekte für das Unternehmen mit sich bringen. Im Allgemeinen werden Unternehmen weniger daran interessiert sein, in Ausbildung zu investieren, wenn die Ausbildungsrenditen für das Unternehmen niedriger als die positiven externen Auswirkungen sind. Kurz gesagt, beweist sich die Berechtigung einer Beihilfe über ihr Potenzial, ein bestimmtes Marktversagen — nämlich das der unzureichenden Ausbildungsinvestitionen, die wiederum mit den positiven externen Auswirkungen der Ausbildung verbunden sind — auszugleichen.

(68)

Für die Feststellung, ob eine Beihilfe über das Potenzial verfügt, unzureichende Ausbildungsinvestitionen auszugleichen, prüft die Kommission zuerst die Art der vorgeschlagenen Ausbildungsmaßnahme, also, ob es sich um eine allgemeine oder eine spezifische Ausbildung im Sinne von Artikel 38 AGVO oder um eine Kombination aus beiden handelt. Der Unterschied zwischen einer allgemeinen und einer spezifischen Ausbildungsmaßnahme ist groß, weil man davon ausgeht, dass eine allgemeine Ausbildungsmaßnahme mehr positive externe Auswirkungen als eine spezifische Ausbildungsmaßnahme herbeiführen kann, was in erster Linie zum Vorteil des Unternehmens ist. Folglich wird einer für allgemeine Ausbildung genehmigten Beihilfe eine größere Berechtigung zuerkannt, weil die Unternehmen durch sie beeinflusst werden, derartige Investitionen nicht nur für spezifische Ausbildungen einzusetzen.

(69)

In Artikel 38 Absatz 1 AGVO werden spezifische Ausbildungsmaßnahmen als „Ausbildungsmaßnahmen, die in erster Linie unmittelbar den gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsplatz des Beschäftigten in dem begünstigten Unternehmen betreffen und mit denen Qualifikationen vermittelt werden, die nicht oder nur in begrenztem Umfang auf andere Unternehmen oder Arbeitsbereiche übertragbar sind“ definiert. Allgemeine Ausbildungsmaßnahmen sind in Artikel 38 Absatz 2 AGVO definiert als „Ausbildungsmaßnahmen, die nicht ausschließlich oder in erster Linie den gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitsplatz des Beschäftigten in dem Unternehmen betreffen, sondern die Qualifikationen vermitteln, die in hohem Maß auf andere Unternehmen und Arbeitsfelder übertragbar sind.“ Demzufolge kommen beide Ausbildungsarten in gewissem Maße dem Unternehmen zugute, das in jedem Fall durch eine höher qualifizierte Arbeitskraft nur gewinnen kann. Der wesentliche Unterschied zwischen einer allgemeinen und einer spezifischen Ausbildungsmaßnahme besteht allerdings in der Übertragbarkeit der durch die Ausbildungsmaßnahme erworbenen Fertigkeiten.

(70)

In Artikel 38 Absatz 2 Buchstaben a und b AGVO und/oder Randnummer 9.2. der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 werden die Faktoren genannt, die bei der Festlegung, ob es sich um eine allgemeine Ausbildungsmaßnahme handelt, zu berücksichtigen sind: i) die Ausbildung wird von mehreren unabhängigen Unternehmen gemeinsam organisiert oder kann von den Beschäftigten verschiedener Unternehmen in Anspruch genommen werden; ii) Die Ausbildung wird zertifiziert, nach der Ausbildung erhalten die Teilnehmer ein anerkanntes Zeugnis, oder die Ausbildung wird von öffentlichen Einrichtungen validiert; iii) Die Ausbildungsmaßnahmen werden für Mitarbeiterkategorien bereitgestellt, die im Unternehmen oder in der betreffenden Branche eine hohe Fluktuation aufweisen; iv) Die Ausbildungsmaßnahmen könnten für die Arbeitnehmer über ihre derzeitige Beschäftigung hinaus nützlich sein (künftige Tätigkeit in einem anderen Unternehmen, gesellschaftliche Teilhabe, persönliche Weiterentwicklung usw.).

(71)

Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass Rumänien und Ford überzeugend den 4. Indikator der Randnummer 9.2. der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 nachgewiesen haben, demzufolge die geplante beihilfefähige zusätzliche Ausbildung den Arbeitnehmern auch in künftigen Tätigkeiten von Nutzen sein wird. Rumänien und Ford haben insbesondere nachgewiesen, dass die geplante zusätzliche Ausbildung übertragbare Fertigkeiten vermittelt, die für die Arbeitnehmer über ihre derzeitige Beschäftigung hinaus von Nutzen sind, die zu ihrer persönlichen Weiterentwicklung beitragen, die ihre Lebensqualität verbessern, die Chancen auf einen Arbeitsplatz in einem anderen Unternehmen/einer anderen Branche erhöhen und nicht zuletzt positive Effekte für die Wirtschaft und die Gesellschaft als Ganzes mit sich bringen, insbesondere in benachteiligten Regionen, die gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV unterstützt werden.

(72)

Rumänien hat eine staatliche Beihilfe zur Förderung eines Ausbildungsvorhabens vorgeschlagen, bei dem der überwiegende Teil der geltend gemachten beihilfefähigen Kosten allgemeiner Ausbildung zuzuordnen ist. Von den im Finanzplan für das gesamte Ausbildungsvorhaben genannten Gesamtkosten in Höhe von 185,5 Mio. EUR werden 113,7 Mio. EUR als beihilfefähige Kosten für allgemeine Ausbildungsmaßnahmen (ausgenommen Lohnausgleichszahlungen) angegeben, und nur 1,5 Mio. EUR werden als beihilfefähige Kosten für spezifische Ausbildungsmaßnahmen eingestuft (ausgenommen Lohnausgleichszahlungen) (siehe Erwägungsgrund 15). Im Einzelnen handelt es sich bei der spezifischen zusätzlichen Ausbildung, die im Rahmen der Module Sicherheit, Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Technische Fertigkeiten stattfinden soll, um fast ausschließlich allgemeine Ausbildung, während es sich bei der im Rahmen des Moduls Grundkenntnisse geplanten zusätzlichen Ausbildung ausschließlich um allgemeine Ausbildung (siehe Erwägungsgrund 14 sowie Erwägungsgründe 34-37) handelt.

(73)

Die Kommission vertritt die Ansicht, dass Rumänien und Ford den Unterschied zwischen dem allgemeinen und dem spezifischen Teil des vorgeschlagenen Ausbildungsprogramms ausreichend bewiesen haben. Insbesondere haben Rumänien und Ford nachgewiesen, dass durch die beihilfefähige zusätzliche allgemeine Ausbildung, die im Rahmen jedes der vier Hauptmodule geplant ist, Fertigkeiten vermittelt werden, die für die Arbeitnehmer auch an anderen Beschäftigungsorten als dem Werk Craiova nützlich sein werden, so dass es sich bei ihnen um übertragbare Fertigkeiten im Sinne der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 und der AGVO handelt. Rumänien weist nach, dass die zusätzliche Ausbildung, die im Rahmen des Moduls Grundfertigkeiten stattfinden soll, die Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Mitarbeiter fördert und nur in sehr geringem Maße der effizienten Ausübung der Arbeitstätigkeit dient (siehe Erwägungsgrund 35). Die in diesem Modul bereitgestellte Ausbildung vermittelt allgemeines Wissen (zum Beispiel Informatikkenntnisse, Englischkenntnisse, sprachliche und rechnerische Fertigkeiten) und ist für alle Mitarbeiterkategorien unabhängig von ihrer beruflichen Qualifikation bestimmt. Die individuelle sprachliche und rechnerische Ausbildung verbessert zum Beispiel die Fähigkeit von Arbeitnehmern mit unterschiedlicher beruflicher Qualifizierung, Gedanken oder Konzepte zu formulieren und zu vermitteln sowie quantitative Änderungen von Umweltfaktoren zu interpretieren. Des Weiteren beinhaltet dieses Modul eine personenbezogene Ausbildung, die Mitarbeitern auf allen Hierarchieebenen grundlegende Managementfähigkeiten vermitteln soll. Diese Fertigkeiten sind insbesondere für Arbeitnehmer von Nutzen, verbessern deren Lebensqualität und haben positive externe Auswirkungen für Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes. Diese positiven externen Auswirkungen werden insbesondere in der Region, in der das Werk Craiova angesiedelt ist, einem Fördergebiet im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV, spürbar sein.

(74)

Durch die zusätzliche allgemeine Ausbildung, die im Rahmen des Moduls Betriebswirtschaftliche Grundlagen stattfinden soll, werden allgemeine Fertigkeiten vermittelt, die zum Großteil auf andere Industrieunternehmen oder -branchen übertragbar sind und sich auf breit gefächerte Bereiche, wie Projektmanagement, Humanressourcen, Akquisition, Finanzwesen, Six-Sigma-Programm (in zahlreichen Branchen angewandte Methodik zur Fehlerreduzierung bei sich wiederholenden Vorgängen) beziehen (siehe Erwägungsgrund 36). Diese allgemeinen Fertigkeiten können dazu beitragen, die Attraktivität der Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. In ähnlicher Weise ist die im Rahmen des Moduls Technische Fertigkeiten geplante zusätzliche allgemeine Ausbildung auf zwei Hauptbereiche ausgerichtet: die Verbesserung der Fertigkeiten von Elektrikern und Mechanikern, was die Chancen der Arbeiter auf dem Arbeitsmarkt erhöht, und die Weiterbildung in den Bereichen Wartung, Automatisierung und Robotertechnik. In beiden Fällen lernen die Arbeitnehmer den Umgang mit hochtechnologischen Anlagen, mit denen sie am aktuellen Arbeitsplatz nicht in Berührung kommen. Demzufolge sind die erworbenen Fertigkeiten übertragbar.

(75)

Im Ausbildungsmodul Sicherheit (siehe Erwägungsgrund 34) ist die beihilfefähige zusätzliche Ausbildung, die teilweise allgemeine und teilweise spezifische Ausbildungsmaßnahmen umfasst, eine personenbezogene Einweisung der Mitarbeiter, um sie für das Thema Sicherheit und für die Veränderung ihres Sicherheitsverhaltens zu sensibilisieren. Da der allgemeine Teil der zusätzlichen Ausbildung zum Thema Sicherheit den Arbeitnehmern Fertigkeiten vermittelt, die ihnen auch außerhalb ihrer normalen Arbeitstätigkeit nützlich sind und die sie ebenso an einem anderen Arbeitsplatz oder sogar im Privatleben anwenden können, kann man behaupten, dass diese Ausbildung eine Reihe positiver externer Auswirkungen herbeiführt, die einer allgemeinen Ausbildung zugeordnet werden.

(76)

Die Kommission schlussfolgert daraus, dass Rumänien und Ford ausreichend nachgewiesen haben, dass den Arbeitnehmern die in der zusätzlichen allgemeinen Ausbildung erworbenen Fertigkeiten auch an anderen zukünftigen Arbeitsplätzen, in ihrem sozialen Leben oder in ihrer persönlichen Weiterentwicklung im Sinne von Randnummer 9.2 Buchstabe d der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 zugute kommen. Diese Schlussfolgerung wird dadurch untermauert, dass Ford und Rumänien nachweisen (siehe Erwägungsgrund 16), dass die Mehrzahl der in das Programm einbezogenen Ausbilder (bis zu 90 %) aus externen spezialisierten Ausbildungseinrichtungen angeworben werden sollen, und dass der überwiegende Teil der Ausbildung an Orten außerhalb des Werks stattfinden soll (siehe hierzu auch Erwägungsgrund 18 des Beschlusses, wo die beihilfefähigen Reisekosten sowohl für die Kursteilnehmer als auch für die Ausbilder angegeben sind).

(77)

Die Kommission muss feststellen, dass die anderen Indikatoren für die Übertragbarkeit, die in Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe a und b AEUV und Randnummer 9.2 Buchstaben a, b und c der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 angeführt werden, im vorliegenden Fall offenbar nicht erfüllt werden. Insbesondere wird das Ausbildungsvorhaben von einem Einzelunternehmen organisiert, und Arbeitnehmern anderer Unternehmen ist die Teilnahme nicht erlaubt. Rumänien und Ford haben keine Informationen zur möglichen Zertifizierung der Ausbildung vorgelegt. Ausgehend davon, dass wahrscheinlich ein Großteil der Ausbildung mit Ausbildern durchgeführt wird, die aus dem Privatsektor kommen, ist es wenig wahrscheinlich, dass die Kursteilnehmer von staatlichen Stellen anerkannte oder validierte Zeugnisse oder Zertifikate erhalten werden. Die Beteiligten haben keine Informationen in Bezug auf die Fluktuation von Arbeitnehmern zu anderen Unternehmen und/oder Branchen vorgelegt. Die Kommission schätzt ein, dass die Übertragbarkeit der erworbenen Fertigkeiten durch die Ausstellung von Teilnahmezertifikaten für die Kursteilnehmer gewährleistet werden sollte. Diese Bedingung reicht zwar allein nicht aus, um den Anforderungen von Randnummer 9.2 Buchstabe b der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 zu genügen, sie könnte aber gleichwohl zur Einhaltung der Anforderung der Übertragbarkeit im Stadium der Umsetzung in die Praxis beitragen. Dieser Aspekt ist in Artikel 2 Absatz 5 des vorliegenden Beschlusses beschrieben. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass der vierte Indikator von Randnummer 9.2 Buchstabe b der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 nachgewiesen ist. Ausgehend von den oben genannten Erwägungen schlussfolgert die Kommission, dass die Anforderung der Übertragbarkeit bezogen auf die geplante zusätzliche allgemeine Ausbildung erfüllt ist.

(78)

In ihrem Beschluss zur Einleitung des Prüfverfahrens befasst sich die Kommission mit der Frage, ob bestimmte Teile der beihilfefähigen zusätzlichen Ausbildung tatsächlich für zukünftige Arbeitnehmer erforderlich sind, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Beihilfeempfänger die Möglichkeit hatte, höher qualifiziertes Personal einzustellen. Dieser Vorbehalt wird durch die Überlegungen ausgeräumt, die bereits in Verbindung mit der Übertragbarkeit der angemeldeten zusätzlichen allgemeinen Ausbildung und deren Potenzial zur Erzeugung von positiven externen Auswirkungen in einem Fördergebiet und für die Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes geltend gemacht wurden.

(79)

Unter diesen Gesichtspunkten ist das Kriterium der Berechtigung als erfüllt zu betrachten.

(80)

Laut den Randnummern 10-11 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 muss die Kommission bewerten, ob staatliche Beihilfe das am besten geeignete Steuerungsinstrument zur Förderung der vorgeschlagenen Ausbildungsart ist. Hierbei hat die Kommission zu berücksichtigen, welche Alternativen zu der Bereitstellung der Beihilfe durch Rumänien bestanden, zum Beispiel die Förderung der Ausbildung durch das regionale Bildungswesen oder die Förderung der Arbeitnehmer durch Ausbildung in anderem Zusammenhang und außerhalb des Unternehmens.

(81)

Rumänien hat angeführt, dass das Ausbildungsvorhaben nahezu ausschließlich auf externen Ausbildern basiert, die mithilfe eines spezialisierten Unternehmens von einer regionalen oder ausländischen spezialisierten privaten Einrichtung angestellt werden sollen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Alternative der (zumindest teilweisen) Absicherung der vorgeschlagenen Ausbildung durch lokale staatliche Bildungseinrichtungen nicht genügend geprüft wurde. Gleichwohl akzeptiert die Kommission das Argument Rumäniens, dass ein umfassendes Ausbildungsprogramm, wie das für das Werk Craiova vorgeschlagene, aufgrund der Synergien, die zwischen den unterschiedlichen bereitgestellten Ausbildungsarten entstehen, Mehrwert erzeugt, der höher als die Summe der Werte der einzelnen Ausbildungslehrgänge in den spezifischen Bereichen ist.

(82)

Zusammenfassend wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass das Kriterium der Eignung erfüllt ist.

(83)

Gemäß Randnummer 12 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 hat eine vorgeschlagene Beihilfe einen Anreizeffekt, wenn nachgewiesen wird, dass sie das Verhalten des Beihilfeempfängers dahingehend beeinflusst, dass umfangreichere und/oder bessere Ausbildungsmaßnahmen durchgeführt werden, als es ohne Beihilfe der Fall wäre. Die Erfüllung des Kriteriums des Anreizeffektes ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Genehmigung der Beihilfe (Erwägungsgrund 28 AGVO).

(84)

Der Anreizeffekt der Beihilfe wird mithilfe einer kontrafaktischen Analyse ermittelt, bei der die Niveaus der geplanten Ausbildungsmaßnahmen mit und ohne Beihilfe miteinander verglichen werden (Randnummer 13 der Mitteilung der Kommission zu Kriterien für die Bewertung von Ausbildungshilfen aus dem Jahr 2009).

(85)

Für den Nachweis des Anreizeffektes der vorgeschlagenen Hilfe hat Ford einen Vergleich zwischen dem Ausbildungsprogramm, das das Unternehmen den Mitarbeitern seines Fahrzeugwerkes in Sankt Petersburg geboten hat, und dem Programm, das für das Werk Craiova vorgeschlagen wurde, vorgelegt. Für das Ausbildungsprogramm in Sankt Petersburg bezog das Unternehmen keine Beihilfe. Das Ausbildungsprogramm war ähnlich strukturiert wie das für das Werk Craiova vorgesehene, obgleich sich der Anwendungsradius des Programms und das Niveau des Inhalts unterscheiden. In Sankt Petersburg bot Ford nur eine Mindestausbildung an, die auf die Erfüllung seiner Sicherheits- und Qualitätsanforderungen in der Produktion ausgerichtet war. In diesem Zusammenhang führt das Unternehmen an, dass das Ausbildungsprogramm des Werks in Sankt Petersburg im Vergleich zu dem für das Werk Craiova vorgeschlagenen Ausbildungsprogramm nur 57 % des Moduls Sicherheit, 2 % des Moduls Grundfertigkeiten, 30 % des Moduls Betriebswirtschaftliche Grundlagen und 47 % des Moduls Technische Fertigkeiten beinhaltete.

(86)

Die Kommission schätzt ein, dass die kontrafaktische Analyse des Ausbildungsprogramms von Sankt Petersburg und des Ausbildungsprogramms von Craiova nicht absolut überzeugend ist. Sowohl die Ausgangsbedingungen als auch die Produktionsmerkmale der beiden Werke lassen sich nicht miteinander vergleichen. In Sankt Petersburg hat Ford ein Werk übernommen, das zuvor Großmotoren für die Schiffs- und die Verteidigungsindustrie hergestellt hat, während im Werk Craiova Fahrzeuge hergestellt wurden. Im Werk in Sankt Petersburg musste Ford nicht die vorhandenen Arbeitskräfte übernehmen. Das Unternehmen konnte also jüngere Arbeitnehmer einstellen, die höher qualifiziert waren, jedoch über weniger Erfahrung verfügten. Im Werk Sankt Petersburg liegt die Produktion unter der für das Werk Craiova geplanten Produktion. In Sankt Petersburg stellt Ford ausschließlich Kraftfahrzeuge her (seit 2002 produziert das Werk die Modelle Ford Focus II und Ford Mondeo), während im Werk Craiova sowohl Kraftfahrzeuge (die kompakten Mehrzweckfahrzeuge B-MAV und ISV) als auch Motoren produziert werden sollen. Im Werk Sankt Petersburg gibt es keine Presserei, was jedoch im Werk Craiova der Fall ist. Dies führt dazu, dass die Anforderungen, die das Unternehmen an die Ausbildung stellt, um die Effizienz des Werks und die Einhaltung der (eventuell unterschiedlichen) Rechtsvorschriften und internen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen zu gewährleisten, unterschiedlich sein müssen.

(87)

Dessen ungeachtet vertritt die Kommission die Auffassung, dass die kontrafaktische Analyse mit dem Werk Sankt Petersburg auf jeden Fall den Nachweis dafür erbringt, dass ein Ford-Automobilwerk effizient funktionieren und die Qualitätsanforderungen und internen Sicherheitsstandards des Unternehmens mit weitaus weniger als der für das Werk Craiova vorgeschlagenen Ausbildung erfüllen kann. Diese Feststellung untermauert das Argument Rumäniens, dass das Unternehmen im Werk Craiova ohne die Beihilfe nur wenig mehr als die für das Funktionieren des Werks erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen bereitstellen würde (und zwar die so genannte unternehmensspezifische Ausbildung, für die der Beihilfeempfänger 29,7 Mio. EUR aus Eigenmitteln bereitgestellt hat). Ford legt in der Tat dar, dass das Unternehmen ohne staatliche Beihilfe nur die unternehmensspezifische Ausbildung gewährleisten würde (also die für die Anwendung neuer Technologien im Werk und für die Einhaltung der internen Sicherheits- und Qualitätsstandards erforderliche Ausbildung, die nicht als beihilfefähig gilt und deren Kosten das Unternehmen vollständig übernehmen muss) sowie nur bis zu 40 % einiger zusätzlicher Ausbildungskurse (gemäß den eingereichten Unterlagen zum Ausbildungsvorhaben). Außerdem hat Ford detaillierte Schätzungen zu Ausbildungskosten, Budgets, Teilnehmern, Inhalt und Terminplanung des für das Werk Craiova vorgeschlagenen Ausbildungsvorhabens sowie in ausreichendem Umfang entsprechende Informationen über das im Werk Sankt Petersburg angebotene Fortbildungsprogramm vorgelegt. Diese Informationen sind von der Kommission auf der Grundlage von Randnummer 15 Buchstabe a der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 zu prüfen. Das Unternehmen hat weiterhin umfangreiche Nachweise erbracht, die eine Unterscheidung zwischen den durch gemeinschaftliche und/oder rumänische Vorschriften geforderten Kursen im Sinne von Randnummer 15 Buchstabe b der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 ermöglichen. Die dem Budget zugeordneten Kosten für den Teil der beihilfefähigen zusätzlichen Kosten des Ausbildungsvorhabens sind im Vergleich zu den Kosten, die dem nicht beihilfefähigen unternehmensspezifischen Teil der Kosten der bereits im Sommer 2009 begonnenen Ausbildungsmaßnahme zugeordnet sind, glaubhaft. Deshalb wird das unter Randnummer 15 Buchstabe c der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 genannte Kriterium ebenfalls als erfüllt gewertet.

(88)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Prüfverfahrens befasst sich die Kommission mit der Frage, ob bestimmte Teile der als beihilfefähig angemeldeten Ausbildung wirklich für die Nutzung der im Werk Craiova eingeführten neuen Technologien erforderlich sind. In diesem Fall würde die Beihilfe nur dazu dienen, die Betriebskosten des Unternehmens, also die Kosten zu decken, die das Unternehmen ohnehin tragen müsste, weshalb die Beihilfe keinen Anreizeffekt hätte. Diese Situation wäre mit der in den Entscheidungen Ford Genk (42), GM Antwerpen (43) und DHL Leipzig (44) vergleichbar, bei denen die Kommission die Beihilfe für jene Teile des Ausbildungsprogramms, die sich zum Beispiel auf die Umstrukturierung, die Einführung neuer Produkte oder auf die durch Sicherheitsvorschriften gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildungsmaßnahmen beziehen, als mit dem Binnenmarkt unvereinbar eingeschätzt hat. Die Kommission hat festgestellt, dass Beihilfe, wenn sie zur Finanzierung normaler, durch das Unternehmen ohnehin zu finanzierender Maßnahmen bestimmt ist, keinen realen Anreizeffekt besitzt, sondern nur die Betriebskosten des Beihilfeempfängers unterstützt, indem sie diesen der Zahlung von Kosten enthebt, die er normalerweise zu tragen hätte.

(89)

Rumänien und Ford heben hervor, dass die für die Einführung neuer Technologien erforderliche Ausbildung eindeutig von der für die Durchführung der Arbeitstätigkeit nicht erforderlichen zusätzlichen allgemeinen Ausbildung abgegrenzt wurde. Im Rahmen des Moduls Betriebswirtschaftliche Grundlagen wird das Unternehmen sämtliche unternehmensspezifischen Ausbildungsmaßnahmen in den Bereichen Ford-spezifische IT-Systeme, Ford-Betriebsverfahren und Ford-interne Prüfverfahren finanzieren. Analog dazu wird das Unternehmen im Rahmen des Moduls Technische Fertigkeiten sämtliche für die Erfüllung der Arbeitsaufgaben erforderlichen Maßnahmen wie Maschinenstart, Wartung und Staplerfahren, Robotertechnik und Automatisierung vollständig finanzieren. Auch die im Rahmen des Moduls Grundfertigkeiten bereitgestellte zusätzliche allgemeine Ausbildung ist für die Ausführung der Arbeitstätigkeiten oder für die Teilnahme an spezialisierteren Teilen des Ausbildungsprogramms nicht erforderlich, da die im Werk angewandte neue Technologie auf leicht nachvollziehbaren, visuellen Anweisungen beruht und durch „Learning by doing“ vermittelt werden kann. Die Kommission stimmt den Argumenten zu, denen zufolge ein Großteil der als beihilfefähig vorgeschlagenen zusätzlichen Ausbildung allgemeine und übertragbare Fertigkeiten vermittelt, die nicht direkt der Erfüllung der Arbeitsaufgaben zugeordnet sind. Hierzu stellt die Kommission weiterhin fest, dass der Zusammenhang zwischen der geplanten zusätzlichen Ausbildung und der Wirtschaftstätigkeit des Beihilfeempfängern (also der Herstellung von Fahrzeugen und Motoren) bei den Modulen Sicherheit, Grundfertigkeiten und Betriebswirtschaftliche Grundlagen (siehe Erwägungsgründe 35-36) weniger eng ist als im Fall des Moduls Technische Fertigkeiten (siehe Erwägungsgrund 37). Gleichwohl wird dieser Umstand durch die oben genannten Erwägungen dazu, ob die im Rahmen dieses Moduls bereitgestellte Ausbildungsmaßnahme für den Beihilfeempfänger erforderlich ist, gemildert und legt den Schluss nahe, dass der Zusammenhang zwischen der Ausbildungsmaßnahme Technische Fertigkeiten und der Unternehmenstätigkeit des Beihilfeempfängers nicht auf das Fehlen des Anreizeffektes gemäß Randnummer 15 Buchstabe d der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 hindeutet. Diese Feststellung wird dadurch untermauert, dass Rumänien und Ford nachgewiesen haben, dass ein Großteil der Ausbildung außerhalb des Werks und durch externe, von externen spezialisierten Ausbildungszentren stammende Ausbildern durchgeführt werden soll (siehe Erwägungsgründe 16 und 76). Dies ist ein zusätzlicher Hinweis darauf, dass der Zusammenhang zwischen der geplanten Ausbildung und der Unternehmenstätigkeit des Beihilfeempfängers weniger eng im Sinne von Randnummer 15 Buchstabe d der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 ist.

(90)

Gleichzeitig stellt die Kommission fest, dass Rumänien und der Beihilfeempfänger keine Nachweise dafür erbracht haben, dass der Beihilfeempfänger gemäß Punkt 16 letzter Absatz (gemeinsam mit Fußnote 1) der Kriterien für Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 den beihilfefähigen Kosten jene Kosten zuordnet, die er nachträglich amortisieren kann, indem er von den Fertigkeiten profitiert, die die Arbeitnehmer während der Ausbildung erworben haben. Allerdings erkennt die Kommission an, dass es schwierig ist, derartige Effekte mengenmäßig zu beziffern und im Voraus nachzuweisen, wenn man die spezifischen Umstände des vorliegenden Ausbildungsvorhabens in Betracht zieht, bei dem ein Großteil der vorgeschlagenen zusätzlichen Ausbildung allgemeine Ausbildungsmaßnahmen beinhalten, die für den Beihilfeempfänger grundsätzlich nur indirekt profitabel sind, wobei Form und Inhalt der vorgeschlagenen Ausbildung die Annahme ausschließen, dass sie im Rahmen der täglichen Aufgabenerfüllung oder der Arbeitstätigkeit der Arbeitnehmer durchführbar wäre. Nichtsdestoweniger hält es die Kommission für erforderlich, vom Beihilfeempfänger die Verpflichtung einzuholen, dass diese Ausgaben von den zur Umsetzung des Programms beanspruchten Kosten ausgenommen werden, siehe hierzu Artikel 1 Absatz 6 des vorliegenden Beschlusses.

(91)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Prüfverfahrens befasst sich die Kommission mit der Frage, ob bestimmte Teile der als beihilfefähig angemeldeten Ausbildung zum Thema Sicherheit nicht eigentlich vom Unternehmen gewährleistet werden müssten, so wie es die gemeinschaftlichen und/oder rumänischen Sicherheitsvorschriften vorsehen oder wie es aus den unternehmensinternen Sicherheitsvorschriften hervorgeht. Rumänien und Ford haben eine Dokumentation vorgelegt, die nachweisen soll, dass die gesetzlich vorgeschriebene Sicherheitsausbildung in vollem Umfang im Rahmen des nicht beihilfefähigen unternehmensspezifischen Teils des Ausbildungsvorhabens vom Unternehmen finanziert wird. Außerdem führt Ford an, dass der Anreizeffekt der staatlichen Beihilfe nicht aufgrund von unternehmensinternen Standards, im vorliegenden Fall aufgrund der internen Sicherheitsstandards, bewertet werden sollte. Diese Herangehensweise würde zu einer Verzerrung führen, da die Unternehmen gezwungen seien, die internen Standards niedrig zu halten oder herabzusetzen, um als beihilfefähig zu gelten. Die Kommission ist abschließend der Auffassung, dass auch diese Frage zufrieden stellend beantwortet wurde.

(92)

Gemäß Randnummer 16 der Kriterien für Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 prüft die Kommission, ob der Beihilfebetrag auf das zur Erreichung des angestrebten Ziels notwendige Minimum beschränkt bleibt. Hierzu untersucht die Kommission, ob die Berechnung der beanspruchten beihilfefähigen Kosten den Festlegungen von Artikel 39 Absatz 4 AGVO entspricht, ob diese Kosten sich auf jene beschränken, die mit Ausbildungsmaßnahmen verbunden sind, die ohne Beihilfe nicht durchgeführt worden wären, sowie ob die Beihilfeintensitäten gemäß Artikel 39 Absatz 2 AGVO eingehalten werden.

(93)

Die von Rumänien für den beihilfefähigen zusätzlichen Teil des Ausbildungsvorhabens (siehe Erwägungsgrund 18) beantragten Kostenkategorien erfüllen die Bestimmungen von Artikel 39 Absatz 4 AGVO und demzufolge auch die Bedingungen von Erwägungsgrund 16 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009. Rumänien und der Beihilfeempfänger haben insbesondere getrennte Kostenaufstellungen sowohl für den allgemeinen und den spezifischen beihilfefähigen Teil als auch für den (nicht beihilfefähigen) unternehmensspezifischen Teil des Ausbildungsprogramms vorgelegt und dabei im ersten Fall zwischen folgenden Kostenkategorien unterschieden: Personalkosten des Ausbilders; Reisekosten der Ausbilder und Kursteilnehmer (einschließlich Übernachtung); Abschreibung der ausschließlich für das Ausbildungsvorhaben genutzten Werkzeuge und Ausbildungseinrichtungen; berufliche Orientierung und Beratung in Verbindung mit dem Ausbildungsvorhaben; auf die voraussichtlichen Ausbildungsstunden oder -tage begrenzte Lohnausgleichszahlungen für Kursteilnehmer. Darüber hinaus haben Rumänien und Ford detaillierte Erläuterungen zu den Hypothesen und Prognosen in Verbindung mit den zu erwartenden Kosten für jede beihilfefähige Kostenkategorie sowohl für den allgemeinen aus auch für den spezifischen Teil der zusätzlichen Ausbildung geliefert. Die Kommission hebt hervor, dass darüber hinaus detaillierte Erläuterungen zur wahrscheinlichen Mitarbeiterzahl, an die jeder spezifische Ausbildungskurs gerichtet ist, gegeben wurden, wobei zwischen den jetzigen und zukünftigen Mitarbeitern unterschieden wurde, und getrennte Schätzungen für jedes Jahr des Programmablaufs vorgelegt wurden. Die Erläuterungen bezogen sich außerdem auf die geschätzte Zahl der im Rahmen jedes Ausbildungskurses angebotenen Ausbildungsstunden oder -tage pro Ausbildungsmodul und pro Jahr des Programmsablaufs. Rumänien hebt weiterhin hervor, dass für dieses Vorhaben Beihilfehöchstintensitäten von 50 % für die allgemeine Ausbildung und 25 % für die spezifische Ausbildung angewandt wurden. Auf diese Weise ist die Beihilfehöchstintensität im Verhältnis zur beihilfefähigen allgemeinen Ausbildung niedriger als in Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe a AGVO vorgesehen. Rumänien legt weiterhin dar, dass der Beihilfebetrag durch den Beihilfeempfänger auf 57 Mio. EUR beschränkt wurde, obwohl das Vorhaben allein schon durch die Anwendung von Beihilfehöchstintensitäten für die allgemeinen Ausbildungsmaßnahmen, die niedriger als in der Verordnung (EG) Nr. 68/2001 für geschätzte förderfähige Kosten sind, eine Beihilfe in Höhe von 76,96 Mio. EUR und für die spezifische Ausbildung eine Beihilfe in Höhe von 0,47 Mio. EUR erhalten könnte.

(94)

In ihrem Beschluss über die Einleitung des Prüfverfahrens befasst sich die Kommission mit der Frage, ob die vorgeschlagene Ausbildungsbeihilfe (nicht wenigstens teilweise) immaterielle regionale Nachteile ausgleicht, die auf mangelnde Fertigkeiten zurückzuführen sind und die durch die Kommission bereits über eine dem Ford-Werk Craiova (45) im April 2008 gewährte regionale Beihilfe in Höhe von 143 Mio. EUR ausgeglichen wurden.

(95)

Diese Frage ist mit den Kumulierungsvorschriften gemäß Artikel 7 AGVO verbunden. Laut Absatz 3 dieses Artikels kann die Ausbildungsbeihilfe nicht mit anderen Fördermitteln der Gemeinschaft für dieselben, sich teilweise oder vollständig überschneidenden, beihilfefähigen Kosten kumuliert werden, wenn aufgrund dieser Kumulierung die entsprechende Beihilfehöchstintensität bzw. der entsprechende Beihilfehöchstbetrag nach Maßgabe von Artikel 39 AGVO überschritten wird.

(96)

Rumänien hat dargelegt, dass die angemeldete Ausbildungsbeihilfe und die bereits genehmigte regionale Beihilfe nicht sich überschneidende förderfähige Kosten decken. Die im April 2008 genehmigte regionale Hilfe bezieht sich auf Erstinvestitionskosten (Anlagen, Werk, Gebäude) gemäß Randnummer 4.2 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2006 (46). Im vorliegenden Fall decken die beantragten beihilfefähigen Kosten vollständig mehrere Kostenkategorien: die Personalkosten des Ausbilders, die Reisekosten des Ausbilders und der Kursteilnehmer, Material und Ausrüstungen, Abschreibung der für das Ausbildungsvorhaben genutzten Werkzeuge und Ausbildungseinrichtungen; berufliche Orientierung und Beratung, auf die voraussichtlichen Ausbildungszeiten begrenzte Lohnausgleichszahlungen für Kursteilnehmer. Die Kommission stellt fest, dass Rumänien den Unterschied zwischen den mit der gewährten regionalen Beihilfe gedeckten förderfähigen Kosten und der für das Werk Craiova vorgeschlagenen Ausbildungsbeihilfe nachgewiesen hat.

(97)

Andererseits stellt sich die Frage, ob Ausbildungsbeihilfe gerechtfertigt ist, wenn man davon ausgeht, dass mit ihrer Hilfe ein bereits mit der regionalen Beihilfe ausgeglichener immaterieller regionaler Nachteil ausgeglichen werden soll. Rumänien beantwortet diese Frage damit, dass regionale Beihilfemaßnahmen und Ausbildungsbeihilfe unterschiedliche Ziele verfolgen und unterschiedliche beihilfefähige Kosten decken. Das Ziel der regionalen Beihilfe besteht in der Schaffung von Anreizen für Investitionen in benachteiligten Regionen der Gemeinschaft, während Ausbildungsbeihilfe der Behebung des Problems von unzureichenden Investitionen im Bereich der Ausbildung dient. Regionale Beihilfe kommt in erster Linie dem Unternehmen selbst zugute, während Ausbildungsbeihilfe insbesondere dann, wenn sie allgemeine Ausbildung betrifft, in erster Linie den Arbeitnehmern und erst in zweiter Linie dem Unternehmen dient. Rumänien hebt außerdem hervor, dass die EU-Vorschriften für staatliche Beihilfe nicht die Kumulierung von regionaler Beihilfe mit Ausbildungsbeihilfe untersagen, wenn es sich um dasselbe Unternehmen handelt. Laut der rechtfertigenden Stellungnahme Rumäniens würde der Umstand, dass Unternehmen, die eine regionale Beihilfe erhalten und kein weiteres Recht auf eine Ausbildungsbeihilfe hätten, die am meisten benachteiligten Regionen der Gemeinschaft diskriminieren, weil sie von der Möglichkeit der Gewährung von Ausbildungsbeihilfe ausgeschlossen seien.

(98)

Bezug nehmend auf Erwägungsgrund 94 schlussfolgert die Kommission, dass auf der Grundlage der vorgelegten Informationen die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit gemäß Artikel 39 Absatz 2 AGVO (Festlegung der Beihilfeintensitäten), Artikel 39 Absatz 4 AGVO (Definition der beihilfefähigen Kostengruppen) und Punkt 16 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 als erfüllt angesehen werden können. Insbesondere bezüglich der Lohnkosten der Kursteilnehmer wurden unter Einhaltung von Artikel 39 Absatz 4 AGVO nur die Kosten in Betracht gezogen, die mit den bei den Ausbildungskursen verbrachten Zeiten verbunden sind.

(99)

Gleichwohl muss die Kommission anmerken, dass die hier angeführten Nachweise für die Verhältnismäßigkeit, die eine Beschränkung der Beihilfe auf das notwendige Minimum gewährleisten soll, fast ausschließlich in Kostenvoranschlägen und Prognosen zukünftiger Tätigkeiten bestehen. Dies betrifft zum Beispiel die Gesamtzahl der Mitarbeiter, die in das vorgeschlagene Ausbildungsprogramm einbezogen werden soll und die bis 2012 auf insgesamt 9 000 Arbeitnehmer geschätzt wird. Ein ähnliches Argument wird auf die für jede Kostenkategorie gemäß Artikel 39 Absatz 4 AGVO geschätzten Kosten angewandt. Die Kommission anerkennt die Berechtigung der Annahme, dass für ein Ausbildungsvorhaben des vorliegenden Ausmaßes, das 9 000 Arbeiter betrifft und mehr als 269 unterschiedliche Kurse umfasst und sich über einen Zeitraum von fünf Jahren erstreckt, die als notwendig erachteten beihilfefähigen Kosten nur Näherungswerte sein können, die aus ähnlichen (in Verbindung mit Ausbildungsvorhaben an anderen Standorten des Unternehmens) bereits getragenen Kosten abgeleitet wurden und die auf für Rumänien realistische Prognosen und Vorhersagen zurückgreifen (siehe Erwägungsgrund 20). Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die tatsächlich zu tragenden Kosten in der Folge nicht doch niedriger als vorhergesehen sein werden. Demzufolge ist es notwendig, zusätzliche Garantien einzuführen, um die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Verlauf der Umsetzung des Vorhabens zu gewährleisten. Dieses Problem wird unter dem Blickwinkel der in Artikel 2 dieses Beschlusses genannten Voraussetzungen für die Umsetzung des Vorhabens betrachtet.

(100)

Laut Randnummer 17 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 bewertet die Kommission detailliert die potenziell verzerrenden Effekte einer Beihilfe, wenn die vorgeschlagene Beihilfe das Verhalten des Beihilfeempfängers erheblich verändert und dadurch der Wettbewerb verzerrt wird. Das Verzerrungspotenzial der Beihilfemaßnahme kann je nach den Merkmalen der Beihilfe und der jeweils betroffenen Märkten variieren.

(101)

Die Kommission merkt an, dass es sich bei der vorgeschlagenen Beihilfe fast ausschließlich um allgemeine Ausbildung handelt, die durch ihre Art in erster Linie den Arbeitnehmern und erst in zweiter Linie dem Beihilfeempfänger zugute kommt (obwohl dieser nachfolgend von den Vorteilen höher qualifizierter Arbeitskräfte profitieren wird). So kann behauptet werden, dass die Beihilfe aus Sicht der Qualität und Quantität sowie aus Sicht der Produktion und des Preises, also aus Sicht von Auswirkungen, die den Beihilfeempfänger gegenüber seinen Konkurrenten begünstigen, keine wesentlichen Auswirkungen hat. Die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit müsste zudem die verzerrenden Auswirkungen der Beihilfe begrenzen.

(102)

Nichtsdestoweniger sind nach Randnummer 18 der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 die Selektivität der Beihilfe, die Höhe der Beihilfe und die Dauer des Programms, für das die Beihilfe gewährt wird, Indikatoren für die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung. Bei der vorgeschlagenen Beihilfe handelt es sich um selektive Beihilfe (bei der von der Gewährung einer Ad-hoc-Einzelbeihilfe für ein großes Unternehmen ausgegangen wird); der Beihilfebetrag ist ungewöhnlich hoch (57 Mio. EUR), und das beihilfegeförderte Ausbildungsprogramm erstreckt sich über einen Zeitraum von fünf Jahren (der mit dem Anlaufzeitraum von zwei neuen Produktionsprojekten zusammenfällt).

(103)

Die Kommission äußert insbesondere Bedenken in Bezug auf die Auswirkungen des ungewöhnlich hohen Gesamtbetrages der Beihilfe in Höhe von 57 Mio. EUR. Eine derartig hohe Beihilfe würde, insbesondere, wenn der Gesamtbetrag dem Beihilfeempfänger in einer einzigen Zahlung gewährt wird, ähnlich verzerrende Auswirkungen wie eine Barzuwendung in Form einer Einmalzahlung haben. In diesem Fall könnte der Beihilfeempfänger, zumindest in den Anfangsstadien der Umsetzung des Programms, den Betrag auch für andere operationelle Zwecke und nicht zur Deckung der laufenden Kosten eines Ausbildungsprogramms verwenden.

(104)

Weitere Bedenken bestehen in dem möglichen wirtschaftlichen Vorteil, der durch den Beihilfeempfänger daraus abgeleitet werden könnte, dass die Ausbildungsbeihilfe teilweise auch die Lohnausgleichszahlungen für Arbeitnehmer entsprechend der Zeit ihrer Teilnahme an einem beihilfefähigen Teil der zusätzlichen Ausbildung decken würde. Aus den von Rumänien und Ford vorgelegten Informationen geht hervor, dass das vorgeschlagene Ausbildungsvorhaben insgesamt durchschnittlich 111 Ausbildungstage für einen Arbeitnehmer (das heißt im Durchschnitt 22,2 Ausbildungstage pro Jahr) umfasst, wobei dieser Zeitraum sowohl den Teil des unternehmensspezifischen (nicht beihilfefähigen) Ausbildungsprogramms als auch den beihilfefähigen zusätzlichen Teil des Programms beinhaltet.

(105)

Für die Bewertung des Verzerrungspotenzials der vorgeschlagenen Beihilfe muss die Kommission auch die Merkmale der Branche und die Struktur der für das beihilfegeförderte Ausbildungsvorhaben relevanten Märkte berücksichtigen. Hierzu bezieht sich die Kommission auf die Analyse des relevanten Produktmarktes, des relevanten räumlichen Markts und des Marktanteils, die von der Kommission 2008 zur Bewertung der regionalen Beihilfe für Ford Craiova (47) erstellt wurde und deren Schlussfolgerungen mit den aktuellen Fahrzeugverkaufszahlen des Beratungsunternehmens Global Insight (48) verglichen und im Kontext der aktuellen Informationen zur Auslastung der Produktionskapazität in der Branche interpretiert wurden.

(106)

Der Empfänger der Ausbildungsbeihilfe ist ein großes Unternehmen aus der Automobilbranche. Ford wird im Werk Craiova zwei neue Fahrzeugtypen produzieren, den B-MAV, ein kompaktes Mehrzweckfahrzeug, das auf einer Plattform basiert, die von Ford in das PKW-Segment B eingestuft wurde, und den ISV, ein sowohl für die Beförderung von Waren und/oder Personen bestimmtes kleines Nutzfahrzeug, das auf einer Plattform basiert, die von Ford in das PKW-Segment C eingestuft wurde. Ab 2011 wird das Werk Craiova außerdem eine neue Motorengeneration mit reduziertem CO2-Ausstoß produzieren, die fast ausschließlich in Fahrzeuge der Marke Ford eingebaut werden soll.

(107)

In ihrem Beschluss zur regionalen Beihilfe von April 2008 hat die Kommission die Schlussfolgerung gezogen, dass ausgehend davon, dass Motoren als Zwischenprodukte in die Fahrzeuge der Marke Ford eingebaut werden sollen, der relevante Produktmarkt und der relevante räumliche Markt für die Motoren mit denen der Endprodukte (Fahrzeuge) übereinstimmen. In Bezug auf den relevanten Produktmarkt und den relevanten räumlichen Markt für die Fahrzeuge B-MAV und IVS hat die Kommission aufgrund der Einstufungen in unterschiedliche Fahrzeugsegmente verschiedene alternative Definitionen des Produktmarktes zugrunde gelegt. Die im Werk Craiova produzierten Fahrzeuge werden überwiegend auf dem EU-Markt und dem EWR-Markt verkauft werden. Allerdings beabsichtigt das Unternehmen, die Fahrzeuge nach und nach auch international in verschiedene Richtungen zu exportieren. Die Kommission hat die relevanten Marktanteile für den Zeitraum 2007-2012 im EWR und weltweit bewertet und geschlussfolgert, dass der höchste von Ford erreichte relevante Marktanteil im EWR im Jahr 2007 bei 16,8 % lag, und dass sich bis 2013 eine leicht rückläufige Tendenz abzeichnet. Die Hersteller von Fahrzeugen mit Merkmalen, die den Fahrzeugen B-MAV und IVS sehr ähneln, sind Renault und Opel bzw. Renault, Citroen, Fiat und Volkswagen.

(108)

Insgesamt betrachtet ist die europäische Automobilbranche durch eine Überproduktion gekennzeichnet. So brachten die Hersteller zum Beispiel 2007, einem in Europa guten Verkaufsjahr für Fahrzeuge, 4 Mio. Fahrzeuge mehr auf den Markt, als die Kaufkraft des Marktes zuließ (49). Der europäische Automobilherstellerverband ACEA berichtet, dass im Zeitraum Juli 2008-Juli 2009 in Europa die Erstzulassungen von leichten Nutzfahrzeugen bis 3,5 t um 31,4 % zurückgegangen sind (50).

(109)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Beschaffenheitsmerkmale der Branche (insbesondere die Überproduktion) und der relevanten Märkte (harter Wettbewerb zwischen wenigen Großproduzenten) darauf hinweisen, dass die Beihilfe eindeutig geeignet ist, den Wettbewerb zu verzerren. Dennoch müssen diese Aspekte mit dem Erfordernis der Förderung zukünftiger Investitionen abgewogen werden, um langfristig die Wirtschaftlichkeit der europäischen Automobilbranche insgesamt zu gewährleisten. In ihrer Mitteilung Maßnahmen zur Bewältigung der Krise in der europäischen Automobilindustrie (51) nennt die Kommission eine ganze Reihe von Unterstützungsmaßnahmen für diese Branche unter den Bedingungen der aktuellen Krise, unter anderem die Ausbildungsbeihilfe. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die Beihilfe in absoluten Zahlen beziffert wird, jedoch nur zirka ein Drittel der für die Ausbildung der Arbeitnehmer des Werks Craiova insgesamt erforderlichen finanziellen Mittel umfasst. Folglich stellen diese Bedenken an sich keine ausreichenden Gründe für eine Ablehnung der Beihilfe dar. Gleichwohl führen diese Bedenken dazu, dass die Zahlung der Beihilfe an bestimmte Bedingungen geknüpft werden sollte, um zu vermeiden, dass Ford kurzfristig über eine zu hohe Liquidität verfügt. Dieser Aspekt wird nochmals unter dem Gesichtspunkt der Voraussetzungen für die Einführung des Programms in Artikel 2 des Schlussteils des vorliegenden Beschlusses behandelt.

(110)

Die Kommission kommt zu dem Schluss, dass die positiven Auswirkungen der vorgeschlagenen Beihilfe bezüglich i) der Auffassung des Beihilfeempfängers, dass er eine zusätzliche allgemeine Ausbildung gewährleiste, die positive Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, insbesondere in einer nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV geförderten Region erzeugen kann, ii) ihrer Eignung als Steuerinstrument und iii) ihres Anreizeffektes in ausreichendem Maße nachgewiesen wurden. Auf der Grundlage der Voranschläge für die zukünftigen Kosten und der Prognosen für die zukünftigen Tätigkeiten hegt die Kommission nach wie vor gewisse Vorbehalte in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit der vorgeschlagenen Beihilfe. Andererseits ist sie nichtsdestoweniger der Ansicht, dass die im vorliegenden Fall vorab vorgelegten Nachweise für die Verhältnismäßigkeit akzeptiert werden können. In Bezug auf die mit ihrem Verzerrungspotenzial verbundenen negativen Auswirkungen der Beihilfe äußert die Kommission, unter anderem auf der Grundlage der Analyse der Merkmale der Branche und der relevanten Märkte, insbesondere Vorbehalte hinsichtlich der Auswirkungen eines derartig hohen Einzelbeihilfebetrages. Die Kommission weist jedoch darauf hin, dass diese mit der Verhältnismäßigkeit und den verzerrenden Auswirkungen verbundenen Vorbehalte ausgeräumt werden können, wenn bei der Umsetzung des geförderten Programms bestimmte Bedingungen eingehalten werden, die absichern, dass die Beihilfe nur in Tranchen und rückwirkend gezahlt wird, nachdem Ford die Nachweise für die wirklich getragenen Kosten unterbreitet hat. Die Kommission geht davon aus, dass die positiven Auswirkungen der vorgeschlagenen Beihilfe gegenüber ihren potenziellen negativen Auswirkungen überwiegen. Diese stärkere Gewichtung der positiven Auswirkungen rechtfertigt die Feststellung, dass die Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c mit dem AEUV vereinbar ist.

(111)

Diese Frage wird in den Erwägungsgründen 96 und 97 des Beschlusses behandelt. Die Kommission hat abschließend festgestellt, dass die vorgeschlagene Beihilfe die Anforderungen an die Kumulierung von Beihilfe gemäß Artikel 7 AGVO erfüllt.

(112)

Auf der Grundlage der durch Rumänien vorgelegten Nachweise für die Rückerstattung der für nicht vereinbar erklärten Privatisierungsbeihilfe in Höhe von 27 Mio. EUR und der bis zum 27. Juni 2008 angefallenen Zinsen stellt die Kommission fest, dass die vorgeschlagene Beihilfe das so genannte Deggendorf-Prinzip erfüllt.

7.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(113)

Die Kommission stellt fest, dass die von Rumänien zugunsten von Ford Romania SA, Craiova, angemeldete Ausbildungsbeihilfe über einen Gesamtbeihilfebetrag in Höhe von 57 Mio. EUR zur Förderung eines Ausbildungsprogramms über einen Zeitraum von fünf Jahren unter Einbeziehung von insgesamt bis zu 9 000 Arbeitnehmern des Werks Craiova gemäß Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

(114)

Hinsichtlich der in den Erwägungsgründen 99, 109 und 110 dieses Beschlusses dargelegten Bedenken in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit und das mögliche Verzerrungspotenzial der Beihilfe vertritt die Kommission die Auffassung, dass ein befürwortender Beschluss unter den Bedingungen von Artikel 7 Absatz 4 der Geschäftsordnung (52) notwendig und gerechtfertigt ist. Diese Bedingungen dienen der Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit während der Zeit der Umsetzung des Vorhabens und sind daran geknüpft, dass der Beihilfebetrag streng darauf beschränkt wird, die wirklich getragenen beihilfefähigen Kosten zu decken. Auf diese Weise wird das Verzerrungspotenzial einer Einmalzahlung des Gesamtbeihilfebetrages begrenzt, und die Übertragbarkeit der von den Arbeitnehmern im Rahmen der Ausbildung erworbenen Fertigkeiten wird erhöht.

(115)

Darüber hinaus hat Rumänien im Rahmen der am 9. Juli 2009 vorgelegten Unterlagen vorgeschlagen (53), die Richtwerte und Bedingungen für die Beihilfezahlung in einem spezifischen rumänischen Rechtsakt festzulegen.

(116)

In Erwägung vorstehender Gründe —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfe in Höhe von 57 Mio. EUR, die Rumänien zugunsten von Ford Romania SA, Craiova, gewähren will, ist mit dem Binnenmarkt vereinbar, sofern die in Artikel 2 genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Artikel 2

(1)   Die Beihilfe wird in regelmäßigen Tranchen rückwirkend in Zeitabständen gezahlt, die von der rumänischen Genehmigungsbehörde und dem Beihilfeempfänger gemeinsam festgelegt werden, und die keinesfalls länger als ein Jahr auseinander liegen dürfen. Der Gesamtbetrag der regelmäßigen Zahlungen entspricht den tatsächlich getragenen Kosten, die vom Beihilfeempfänger an die rumänische Genehmigungsbehörde mitgeteilt werden.

(2)   Die rumänischen Behörden werden den für die Überwachung der Anwendung dieser Beihilfemaßnahmen verantwortlichen Wettbewerbsrat von Rumänien und die zuständigen Dienststellen der Kommission über die vertraglichen Festlegungen bezüglich der Zeiträume für die rückwirkenden Zahlungen informieren.

(3)   Am Ende jedes Jahres der Durchführung des Ausbildungsprogramms wird der Beihilfeempfänger den rumänischen Überwachungsbehörden und der Kommission detaillierte, von unabhängigen Gutachtern bestätigte Berichte über die Durchführung des Programms und die für den Berichtszeitraum getragenen Kosten vorlegen. Die Durchführungsberichte müssen ausführliche Informationen zu den entstandenen Kosten und der bereitgestellten Ausbildung beinhalten. Dabei müssen die beihilfefähigen Kosten, wie in Artikel 39 Absatz 4 AGVO festgelegt, für jedes Ausbildungsmodul aufgeschlüsselt werden. Aus den jährlichen Durchführungsberichten müssen außerdem die im Rahmen jedes Moduls über den Berichtszeitraum bereitgestellten Ausbildungslehrgänge, die Anzahl der an den Kursen teilnehmenden Arbeitnehmer, unterschieden nach den unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen, die Gesamtzahl der Tage/Stunden der Ausbildung für jeden Kurs und, abhängig vom jeweiligen Ausbildungsmodul, die Gesamtzahl der Mitarbeiter des Unternehmens am Ende jedes Jahres der Programmdurchführung hervorgehen. Der unabhängige Prüfer ist im Einvernehmen zwischen dem Beihilfeempfänger und der rumänischen Genehmigungsbehörde auszuwählen.

(4)   Die Zahlung der Tranchen für die folgenden Jahre der Programmdurchführung ist an die Genehmigung der Jahresberichte durch die rumänische Überwachungsbehörde und die Kommission innerhalb von sechs Wochen nach Feststellung der Vollständigkeit des übermittelten Berichts gebunden. Die Jahresberichte gelten als stillschweigend gebilligt, wenn die genannten Organe im festgelegten Zeitraum keine Antwort übermitteln.

(5)   Der Beihilfeempfänger hat für jeden am Ausbildungsprogramm teilnehmenden Arbeitnehmer entweder zum Abschluss des Programms oder jährlich (je nach dem konkreten Fall) Teilnahmebestätigungen zu erstellen, in denen die belegten Kurse und die Zahl der Tage/Stunden, an denen der Arbeitnehmer die Ausbildung im Rahmen des Kurses erhalten hat, genannt sind. Diese Teilnahmebestätigungen müssen auf Ersuchen des Arbeitnehmers auch dann erteilt werden, wenn dieser nachfolgend offiziell seine Absicht bekundet, das Unternehmen zu verlassen. Auf diese Weise erhöhen die Teilnahmebestätigungen die Übertragbarkeit der durch diese Ausbildungsmaßnahme erworbenen Fertigkeiten.

(6)   Die rumänischen Behörden werden die in Absatz 1 bis 5 genannten Bedingungen in einem die Durchführung des Ausbildungsprogramms regelnden Rechtsakt verankern. Neben den oben genannten Bedingungen enthält dieser Rechtsakt die spezifischen Bedingungen für die Rückerstattung von zuvor gezahlten Beihilfetranchen, für die festgestellt wurde, dass die tatsächlich getragenen Kosten überschritten wurden und/oder dass sie höher sind als die Beihilfeintensitäten, auf deren Grundlage die Beihilfe entsprechend der Unterteilung in allgemeine oder spezifische Ausbildungsmaßnahmen genehmigt wurde. Des Weiteren muss sich der Beihilfeempfänger im Rechtsakt verpflichten, gemäß Nummer 16 letzter Absatz der Mitteilung über Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahr 2009 jene Kosten, die nachfolgend aufgrund der Nutzung der von den Arbeitnehmern im Rahmen der Ausbildung erworbenen Fertigkeiten ausgeglichen werden, von den beanspruchten beihilfefähigen Kosten auszunehmen. Dieser Rechtsakt ist der Kommission unverzüglich zu übermitteln. Die Anwendung der Beihilfe kann erst nach Annahme dieses Aktes erfolgen.

(7)   Die Kommission fordert die Arbeitnehmervertreter des Ford-Werks in Craiova auf, am Ende jedes Jahres der Durchführung des Ausbildungsprogramms eine schriftliche Stellungnahme über den Inhalt der gewährten Ausbildungskurse und über die Kursteilnahme (die Anzahl der an den Kursen teilnehmenden Arbeitnehmer und die für die Ausbildung beanspruchte Zeit) abzugeben.

Artikel 3

Rumänien unterrichtet die Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses über die im Sinne dieses Beschlusses eingeleiteten Maßnahmen.

Artikel 4

Dieser Beschluss ist an Rumänien gerichtet.

Brüssel, den 2. Dezember 2009

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Komission


(1)  ABl. C 270 vom 25.10.2008, S. 29.

(2)  Ab dem 1. Dezember 2009 werden Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags zu Artikel 107 und 108 AEUV. Die Bestimmungen dieser Artikel bleiben im Wesentlichen identisch. Im Sinne dieses Beschlusses sind bei Bedarf Verweise auf Artikel 107 und 108 AEUV als Verweise auf Artikel 87 und/oder 88 EG-Vertrag zu verstehen.

(3)  Der Einleitungsbeschluss der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Siehe Fußnote 1.

(4)  Entscheidung 2008/717/EG der Kommission vom 27. Februar 2008 über staatliche Beihilfe C 46/07 (ex NN 59/07), die Rumänien dem Unternehmen Automobile Craiova (früher Daewoo România) gewährt hat, ABl. L 239 vom 6.9.2008, S. 12. Die Kommission hat festgestellt, dass der Privatisierungspreis reduziert wurde, weil Ford im Gegenzug die Verpflichtung einging, die bestehenden Arbeitsplätze (3 900 Arbeitnehmer) zu erhalten, insgesamt bis zu 9 000 weitere Arbeitsplätze zu schaffen und ein Produktionsniveau von jährlich 200 000 Fahrzeugen bis Ende 2012 zu erreichen. Die Kommission hat die Rückforderung von 27 Mio. EUR als Differenz zwischen dem Nettovermögen und dem Kaufpreis angeordnet. Als Teil der Privatisierungsvereinbarung hat die Rumänische Regierung am 7. November 2007 eine verbindliche Verpflichtungserklärung über die Gewährung einer regionalen Beihilfe von insgesamt 156 Mio. EUR sowie einer Ausbildungsbeihilfe über insgesamt 57 Mio. EUR für Ford Craiova unterzeichnet.

(5)  Entscheidung der Kommission vom 30. April 2008 über Staatliche Beihilfe N 767/07, Regionalhilfe für Investitionen von Ford in Craiova, ABl. C 238 vom 17.9.2008, S. 4.

(6)  Laut der Mitteilung des Beihilfeempfängers vom 18. Dezember 2008.

(7)  Das sind: Grundausbildung in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit in der Produktion; Gewährleistung der Sicherheit am Arbeitsplatz; Arbeitsunterbrechung für ECPL-Tätigkeit; Unterbrechung der ECPL-Tätigkeit für die Produktion; Grundausbildung in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit für Büroangestellte; Grundausbildung vor Ort für Besucher und Vertragspartner; Maßnahmen für umweltfreundliche Energie; Mechanisches Diebstahlsicherungssystem (MATS) und Gefahrstoffdatenbank; Risikobewertungsfaktoren; Unterweisung in Bezug auf abgegrenzte Bereiche oder Baustellen; Unfallrisikobewertung und Unfallschutz; Arbeitsunterbrechung zur Prüfung der Sicherheit gemäß den Rechtsvorschriften (alle zwei Jahre); Arbeitsunterbrechung zur Prüfung der Sicherheit von Fußgängern (alle zwei Jahre), Gesundheit und Sicherheit für Mitarbeiter in Managementfunktionen und für den betrieblichen Gesundheit- und Sicherheitsausschuss; Erste Hilfe.

(8)  Das sind: Die Rolle der Teams bei der Festlegung von Zielen und bei der Umsetzung von Strategien; Weiterbildung; Einführung in MS Windows XP; Grundlagen für die Anwendung von MS Excel; Grundlagen für MS Word 2003; Teamarbeit; Bedeutung von Unterschieden, Erfolgssicherung, Vielfalt und Würde am Arbeitsplatz; Anleitung von Ausbildern; Durchführung effizienter Versammlungen; Sprachliche Fähigkeiten; Geschäftsmathematik; Einführung zum Thema Scorecards; Englischkurs; Schulung zur Managementkompetenz von Produktspezialisten.

(9)  Das sind: Schulung zum Thema Taskcards; Einführung zum Thema Scorecards; Strategien, Ziele und wesentliche Leistungsindikatoren.

(10)  Unter anderem: Prinzipien der Produktion, Ursachenanalyse (5 Gründe); Techniken der Visuellen Fabrik; Fehlersuche; Störungserkennung und -beseitigung; fortlaufende Weiterbildung; Überblick über das Thema Qualität; Statistische Prozesskontrolle; Branchenspezifische Managementprinzipien; Produktionssysteme usw.

(11)  Hierzu zählen folgende unternehmensspezifische Kurse: Prozesskontrolle im Werk; Archivierung und Verwaltung von Dokumenten; Anwendung der statistischen Prozesskontrolle bei Ford; Ford-Verhaltenskodex; Ford-interne Kontrollverfahren; Ford-interne Betriebssysteme in der Produktion; Schulung im Programm Captura; Ford-internes betriebliches Rechnungswesen; Finanzbuchhaltung und Unternehmensbesteuerung bei Ford; Ford-spezifische Akquisitionsverfahren; Ford-spezifisches Personalmanagement; Akquisitions- und Auftragsverfahren; Bedarfs- und Genehmigungskontrolle; Einkaufs- und Bedarfsbestimmungsssysteme für Abnehmer; Produktionsunabhängige elektronische Auftragserstellung (SNOOPE); Allgemeine Auftragsauswahl.

(12)  Mit Ausnahme von zwei Kursen für den medizinischen Bereich, und zwar Erste Hilfe und Behandlung bei Stromschlag sowie Auffrischung der medizinischen Kenntnisse.

(13)  Nennbetrag.

(14)  Geschäftsgeheimnis.

(15)  Siehe Fußnote 4.

(16)  Verbundene Rechtssachen T-244/93 und T-486/93 TWD/Kommission, Slg. 1997, S. II-2265, und Rechtssache C-355/95 P TWD/Kommission Slg. 1997, S. I-2549.

(17)  Siehe Fußnote 4.

(18)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 20.

(19)  Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags, ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3.

(20)  Entscheidung 2006/938/EG der Kommission vom 4. Juli 2006 über die staatliche Beihilfe, die Belgien dem Unternehmen Ford Genk gewähren will, C 40/2005 (ex N 331/2005), ABl. L 366 vom 21.12.2006, S. 32.

(21)  Entscheidung 2007/612/EG der Kommission vom 4. April 2007 über die Staatliche Beihilfe C 14/06, die Belgien dem Unternehmen General Motors Belgium in Antwerpen zu gewähren beabsichtigt, ABl. L 243 vom 18.9.2007, S. 71.

(22)  Entscheidung der Kommission über staatliche Beihilfe N 653/05, Ausbildungsbeihilfe für Webasto Portugal, ABl. C 306 vom 15.12.2006, S. 14.

(23)  Entscheidung der Kommission über Ausbildungsbeihilfe C 23/07, Ausbildungsbeihilfe für Vauxhall Motors Ltd, Ellesmere Port, ABl. C 243 vom 17.10.2007, S. 4.

(24)  Siehe Fußnote 4.

(25)  Siehe Fußnote 17.

(26)  Siehe Fußnote 18.

(27)  Siehe Fußnote 19.

(28)  Siehe Fußnote 20.

(29)  Rechtssache C-334/07 P, Slg. 2008, S. I-9975.

(30)  Idem, Erwägungsgrund 51.

(31)  Idem, Erwägungsgrund 53.

(32)  Idem, Erwägungsgrund 56; siehe auch Rechtssache C-49/05 P Ferriere Nord gegen Kommission, Slg. 2008, Urteil vom 8. Mai 2008, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Erwägungsgründe 68-71.

(33)  Siehe Fußnote 17.

(34)  Siehe Fußnote 18.

(35)  Mitteilung der Kommission — Kriterien für die Bewertung der Vereinbarkeit einzeln anzumeldender Ausbildungsbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt, ABl. C 188 vom 11.8.2009, S. 1.

(36)  Artikel 39 Absatz 2 AGVO.

(37)  Siehe Fußnote 28.

(38)  Siehe Fußnote 19.

(39)  Siehe Fußnote 20.

(40)  Mitteilung der Kommission — Gemeinschaftsrahmen für Ausbildungsbeihilfen, ABl. C 343 vom 11.11.1998, S. 10.

(41)  Erwägungsgründe 27-28 des Gemeinschaftsrahmens für Ausbildungsbeihilfen aus dem Jahre 1998. Erwägungsgrund 28 besagt zum Beispiel Folgendes: „Um den Anreizcharakter der Beihilfe festzustellen, wird die Kommission prüfen, ob die Beihilfe das Unternehmen dazu veranlasst, zusätzliche Anstrengungen im Bereich der Ausbildung zu unternehmen, die über seine üblichen Maßnahmen oder die für die Ausbildung vorgesehenen Ressourcen hinausgehen. Beihilfen für die üblichen Betriebsaufwendungen eines Unternehmens (Standardkurse zur Einführung von neuen Beschäftigten usw.), die lediglich dazu dienen, die normalerweise von dem Unternehmen zu tragenden Kosten fortlaufend oder zeitweilig zu verringern, haben keinen Anreizcharakter und können im Allgemeinen nicht genehmigt werden. (…)“. Siehe auch Loredana von Buttlar und Salim Medghoul (2008): „Der auf die Ausbildungsbeihilfe angewandte Grundsatz des Anreizeffektes — aktuelle Fälle“ („The Principle of the Incentive Effect Applied to Training Aid — Some Recent Cases“), Mitteilungsblatt zum Thema Wettbewerbspolitik Nr. 3, Seiten 85-88, abrufbar über http://ec.europa.eu/competition/publications/cpn/2008_3_85.pdf

(42)  Siehe Fußnote 19, Erwägungsgründe 28-38 des Beschlusses.

(43)  Siehe Fußnote 20, Erwägungsgründe 43-45 des Beschlusses.

(44)  Entscheidung 2008/878/EG der Kommission vom 2. Juli 2008 über die staatliche Beihilfe C 18/07 (ex N 874/06), die Deutschland zugunsten von DHL gewähren will (ABl. L 312 vom 22.11.2008, S. 31).

(45)  Siehe Fußnote 4.

(46)  Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013, ABl. C 54 vom 4.3.2006, S. 13.

(47)  Siehe Fußnote 4, Erwägungsgründe 70-129.

(48)  Date Global Insight von Oktober, eingeholt durch die Dienststellen der Kommission. Siehe http://www.ihsglobalinsight.com

(49)  Siehe die Ausgabe des Magazins „The Economist“ vom 17. September 2009 („Small Isn’t Beautiful“), in der die PWC-Schätzungen für die Überproduktion der europäischen Fahrzeughersteller im Zeitraum 2005-2010 zitiert werden.

(50)  Siehe Pressemitteilung des ACEA vom 24. September 2009, Erstzulassungen von Nutzfahrzeugen im Juli-August 2009, EU-Staaten und EFTA-Staaten, abrufbar unter http://www.acea.be/index.php/news/news_detail/commercial_vehicles_registrations_down_374_eight_months_into_2009

(51)  Mitteilung der Kommission von 25. Februar 2009, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri = COM:2009:0104:FIN:RO:PDF

(52)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags, ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(53)  Siehe Erwägungsgrund 21.


1.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 167/21


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 27. Januar 2010

über die staatliche Beihilfe C 27/08 (ex N 426/05), die Deutschland der Sovello AG (vormals EverQ GmbH) gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2010) 172)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2010/358/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union und den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung aller Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 29. August 2005, dessen Eingang am 1. September 2005 registriert wurde, setzte Deutschland die Kommission von der Absicht in Kenntnis, dem Unternehmen EverQ GmbH (nachstehend „Sovello“ genannt (2)) eine Beihilfe in Form eines KMU-Aufschlags zu gewähren. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2005, 24. Januar 2006 und 4. April 2006, deren Eingang jeweils am selben Tag registriert wurde, übermittelte Deutschland der Kommission zusätzliche Informationen.

(2)

Unter dem Aktenzeichen K(2006) 2092 endg. genehmigte die Kommission am 7. Juni 2006 den KMU-Aufschlag für Sovello (Staatliche Beihilfe N 426/05 (3)).

(3)

Bei der Prüfung einer anderen angemeldeten Beihilfemaßnahme zugunsten von Sovello (Staatliche Beihilfe C 21/08 (4) — ex N 864/06) fand die Kommission Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung über die Beihilfe N 426/05 möglicherweise auf — im Rahmen der Anmeldung vorgelegten — unvollständigen bzw. unrichtigen Informationen beruhte.

(4)

Mit Schreiben vom 17. März 2008 gab die Kommission nach Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (5) Deutschland Gelegenheit, zu der von ihr beabsichtigten Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens vor einem möglichen Widerruf ihrer Entscheidung vom 7. Juni 2006 Stellung zu nehmen. Deutschland übermittelte seine Stellungnahme mit Schreiben vom 15. April 2008, deren Eingang am 15. und 16. April 2008 registriert wurde.

(5)

Mit Schreiben vom 17. Juni 2008 (K(2008) 2669 endg.) unterrichtete die Kommission Deutschland von ihrer Entscheidung, bezüglich des Sovello gewährten KMU-Aufschlags das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten.

(6)

Die Entscheidung der Kommission über die Verfahrenseinleitung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (6) veröffentlicht. Die Kommission forderte alle Beteiligten auf, Stellungnahmen einzureichen.

(7)

Deutschland übermittelte seine Stellungnahme mit Schreiben vom 10. September 2008, dessen Eingang am selben Tag registriert wurde. Deutschland übermittelte weitere Anmerkungen mit Schreiben vom 20. März, 13. Mai und 16. November 2009, deren Eingang jeweils am selben Tag registriert wurde. Am 2. April und am 13. Oktober 2009 fanden Zusammenkünfte zwischen Vertretern der Kommissionsdienststellen und Deutschlands statt.

(8)

Von Dritten gingen keine Stellungnahmen bei der Kommission ein.

2.   AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

2.1.   Das Vorhaben

(9)

Im Rahmen des (mit einer Regionalbeihilfe auf der Grundlage genehmigter Beihilferegelungen zuzüglich des angemeldeten KMU-Aufschlags) geförderten Vorhabens sollte eine neue 30 MWp-Anlage (Sovello 1) zur Herstellung von Solarmodulen (ProdCom-Code 32.10.52.37) mit der String-Ribbon-Technologie (7) gebaut werden. Bei der neuen Anlage handelte es sich um die erste Produktionsstätte von Sovello. Mit der Errichtung wurde im Dezember 2004 begonnen. Die Fabrik sollte eine nominale Produktionskapazität von 30 Megawatt-Peak (8) erreichen und bis zum 31. Dezember 2007 in Betrieb genommen werden. Tatsächlich nahm Sovello1 die Produktion bereits im April 2006 auf.

2.2.   Beihilfeempfänger

(10)

Der Empfänger der angemeldeten Beihilfe ist Sovello. Sovello wurde im Dezember 2004 von Q-Cells SE (9) (nachstehend „Q-Cells“ genannt; 24,9 % der Anteile) und der US-amerikanischen Firma Evergreen Solar Inc. (nachstehend „Evergreen“ genannt; 75,1 % der Anteile) als Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Dies geht aus dem ursprünglichen, zwischen Evergreen und Q-Cells geschlossenen Joint-Venture-Rahmenvertrag (10) vom 14. Januar 2005 (nachstehend „MJVA1“ genannt) hervor. Laut MJVA1 hatte Q-Cells vor dem Abschluss des Rahmenvertrags die Topas 107 V.V. GmbH erworben, eine Mantelgesellschaft, die auf Betreiben von Q-Cells später in Sovello (damals jedoch EverQ) umgewandelt wurde. Die Mantelgesellschaft firmierte am 11. Februar 2005 zu EverQ um.

(11)

Evergreen stellt Solarmodule her und besitzt ein Patent für die sogenannte „String-Ribbon-Technologie“. Q-Cells ist einer der größten Solarzellenhersteller der Welt. Mit dem Gemeinschaftsunternehmen Sovello sollte zunächst die Wirtschaftlichkeit der auf der String-Ribbon-Technologie von Evergreen und dem Solarzellenfertigungsknowhow und der Erfahrung von Q-Cells auf dem deutschen Markt basierenden Solarmodulproduktion getestet und später dann die industrielle Fertigung von String-Ribbon-Modulen ermöglicht werden.

(12)

Im November 2005 erwarb die Renewable Energy Corporation ASA (Norwegen, nachstehend „REC“ genannt) aufgrund eines Vertrags über Siliziumlieferungen an Sovello eine Beteiligung von 15 % an dem Gemeinschaftsunternehmen, während Evergreen und Q-Cells ihre Beteiligung auf 64 % bzw. 21 % verringerten. Dies geht aus dem zweiten, zwischen Evergreen, Q-Cells und REC geschlossenen Joint-Venture-Rahmenvertrag vom 25. November 2005 (nachstehend „MJVA2“ genannt) hervor. REC gehört zu den weltweit größten Herstellern von Silizium-Materialien für die Fotovoltaikindustrie.

(13)

Zum Zeitpunkt der Anmeldung hatten Q-Cells und REC einen gemeinsamen Anteilseigner, die Venture-Capital-Gesellschaft Good Energies Investment BV (nachstehend „Good Energies“ genannt). Dieses Unternehmen hielt 16 % der Anteile von Q-Cells und 39 % der Anteile von REC (Stand 7. März 2006). Deutschland gab an, dass zwischen Q-Cells, REC und Evergreen abgesehen von ihren Beteiligungen an Sovello keine weiteren Beziehungen bestanden.

(14)

Seit dem 19. Dezember 2006 halten die Geschäftspartner Evergreen, Q-Cells und REC Beteiligungen von je 33,3 % an Sovello (Änderungen zum des MJVA2 vom 29. September 2006).

(15)

Am 5. Februar 2007 gab Q-Cells seine Absicht bekannt, einen Anteil von 17,9 % an REC zu erwerben. Am selben Tag kündigte Good Energies in einer Pressemitteilung an, dass es seinen Anteil an REC an Q-Cells und Orkla ASA veräußern würde (26. Februar 2007).

(16)

Die nachstehende Übersicht gibt Aufschluss über die derzeitige Anteilseignerstruktur von Sovello (Stand drittes Quartal 2009):

Image

(17)

Verschiedene Unternehmensdokumente und Gesellschafterentscheidungen veranschaulichen die Entwicklung von Sovello. Das Dokument mit dem Titel „Project ‚Sovello‘: Heads of Agreement“ (nachstehend „Heads of Agreement“ genannt) war von den Vorstandsvorsitzenden von Evergreen und Q-Cells vor Abschluss des MJVA1 unterzeichnet worden. In dieser Vereinbarung werden die Grundzüge eines möglichen Rechtsgeschäfts zwischen den beiden Unternehmen zwecks Gründung und Führung eines Joint Venture zur Entwicklung und Herstellung sowie zum Verkauf von Solarprodukten auf der Grundlage der String-Ribbon-Technologie dargelegt. Ferner wird darin erwähnt, dass den Partnern bewusst war, dass die Beteiligung von Q-Cells an Sovello weniger als 25 % ausmachen muss, damit in Deutschland bestimmte staatliche Förderungen in Anspruch genommen werden können. Außerdem soll der Vereinbarung zufolge die Teilhabe beider Partner an wichtigen Geschäftsentscheidungen sichergestellt werden, und sie enthält Bestimmungen, die auf die maßgebliche Rolle von Q-Cells für die Betriebsfähigkeit des Joint Ventures schließen lassen.

(18)

Auch in der Satzung von Sovello werden Q-Cells wesentliche Mitentscheidungsbefugnisse eingeräumt (dem Aufsichtsrat gehören zwei von Evergreen und eine von Q-Cells bestellte Person an, aber bei verschiedenen strategischen Entscheidungen ist die Zustimmung jeweils mindestens eines der von den beiden Partnern bestellten Aufsichtsratsmitgliedern erforderlich).

(19)

Im MJVA1 ist die Beteiligung von Evergreen an Sovello auf 75,1 % und jene von Q-Cells auf 24,9 % festgesetzt. Allerdings sieht der MJVA1 auch die Möglichkeit vor, dass Q-Cells seine Beteiligung auf 50 % erhöht, sofern dies nicht zu einer Verringerung der Investitionszuschüsse führen würde. Außerdem haben die Partner gemäß dem MJVA1 auch die Möglichkeit, weitere Vereinbarungen (in den Bereichen Dienstleistungen, Technologie und Marketing) zu schließen. In der Praxis wurden die von Sovello hergestellten Module (bis Anfang 2009) von Evergreen unter dem Markennamen Evergreen vertrieben.

(20)

Im MJVA2 ist folgende Gesellschafterstruktur festgelegt: Evergreen 64 %, Q-Cells 21 % und REC 15 %. Im MJVA2 wird bestätigt, dass Q-Cells über die Möglichkeit verfügt, die Höhe seines Anteils an jene von Evergreen anzugleichen, während für REC die Möglichkeit der Erhöhung seines Anteils auf 21 % und auf 33,3 % von weiteren Siliziumlieferverträgen abhängig ist.

(21)

Tabelle I gibt einen Überblick über die Chronologie der Entwicklung von Sovello sowie über wichtige Dokumente und Geschäftsentscheidungen.

Tabelle I

Entwicklung von Sovello

Datum

Dokument/Ereignis

Gesellschafterstruktur

Sommer 2004

Heads of Agreement

Evergreen 75,1 %, Q-Cells 24,9 %

27.12.2004

Beantragung der Beihilfe

13.1.2005

Satzung von Sovello

14.1.2005

Erster Joint-Venture-Rahmenvertrag (MJVA1)

21.4.2005

Gewährung der Beihilfe

1.9.2005

Anmeldung des KMU-Aufschlags (N 426/05)

25.11.2005

Zweiter Joint-Venture-Rahmenvertrag (MJVA2)

REC 15 %, Evergreen 64 %, Q-Cells 21 %

7.6.2006

Genehmigung des KMU-Aufschlags durch die Kommission (N 426/05)

29.9.2006

(mit Wirkung zum 19.12.2006)

Änderung des MJVA2

Evergreen, Q-Cells und REC je 33,3 %

2.3.   Investitionskosten und Finanzierung des Vorhabens

(22)

Die Investitionskosten für das Vorhaben belaufen sich (nominal) auf insgesamt 65 699 302 EUR, von denen 60 873 300 EUR für eine Regionalbeihilfe in Frage kommen. In Tabelle II sind die gesamten Investitionskosten für das angemeldete Vorhaben aufgeschlüsselt.

Tabelle II

Aufschlüsselung der Projektkosten (nominale Beträge)

(in Euro)

Investitionskategorie

Betrag

Grundstück

[…] (11)

Gebäude

(…)

Maschinen/Ausrüstungen

(…)

Gesamtinvestitionskosten

65 699 302

Beihilfefähige Kosten insgesamt

60 873 300

(23)

Das Vorhaben wurde neben den beantragten Beihilfemitteln mit Eigenmitteln und Bankdarlehen finanziert. Tabelle III gibt einen Überblick über die Finanzierung des angemeldeten Vorhabens.

Tabelle III

Finanzierung des Vorhabens (nominale Beträge)

(in Euro)

Finanzierungsmittel

Betrag

Eigenmittel

(…)

GA-Zuschuss

14 142 000

Zulage gemäß InvZulG

14 329 100

Bankdarlehen (nicht durch eine staatliche Garantie abgesichert)

8 000 000

Darlehen der Muttergesellschaften

(…)

Insgesamt

65 699 302

2.4.   Anwendbare Regionalbeihilfehöchstintensitäten

(24)

Der Investitionsstandort befindet sich in Thalheim, Landkreis Bitterfeld, Sachsen-Anhalt, Deutschland, einem Fördergebiet nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV, für das gemäß den Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (12) (nachstehend „Regionalbeihilfeleitlinien 1998“ genannt) und der bis Ende 2006 geltenden Fördergebietskarte für Deutschland (13) eine Beihilfehöchstintensität, ausgedrückt als Bruttosubventionsäquivalent (BSÄ), von 35 % galt.

2.5.   Beihilfebetrag und Beihilfeintensität

(25)

Bei der in Rede stehenden Beihilfe handelt es sich um einen KMU-Aufschlag von 15 Prozentpunkten, angemeldet unter der Nummer N 426/05 gemäß der Genehmigungsentscheidung nach Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (14) (nachstehend „KMU-Gruppenfreistellungsverordnung“ genannt), der Sovello zusätzlich zu einer Regionalbeihilfe auf der Grundlage der bestehenden regionalen Beihilferegelungen „Gemeinschaftsaufgabe — Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (staatliche Beihilfe N 642/02 (15) — nachstehend „GA“ genannt) und „Investitionszulagengesetz 2005“ (staatliche Beihilfe N 142a/04 (16) — nachstehend „InvZulG“ genannt) gewährt werden sollte. Der KMU-Aufschlag entspricht einem Beihilfebetrag von 9 130 995 EUR.

2.6.   Prüfung des KMU-Status von Sovello in der Kommissionsentscheidung N 426/05

(26)

Gemäß den Regionalbeihilfeleitlinien 1998 ist ein Aufschlag auf regionale Investitionsbeihilfen für KMU zulässig (17). Der KMU-Aufschlag für Sovello wurde zusätzlich zu der rechtmäßig auf der Grundlage der deutschen GA-Regelung gewährten Regionalbeihilfe bewilligt.

(27)

Die Prüfung des KMU-Status eines Unternehmens erfolgt anhand der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (18) (nachstehend „KMU-Empfehlung“ genannt). Dabei wird insbesondere untersucht, ob das betreffende Unternehmen bestimmte Schwellenwerte überschreitet (Mitarbeiterzahl, Umsatz, Bilanzsumme). Bei der Prüfung werden die entsprechenden Daten verbundener Unternehmen (die hauptsächlich dadurch, dass sie die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte halten, einen beherrschenden Einfluss haben) in vollem Umfang, die Daten von Partnerunternehmen (die mindestens 25 % der Anteile oder Stimmrechte halten) hingegen anteilmäßig berücksichtigt.

(28)

In ihrer Entscheidung N 426/05 (siehe oben Randnummer 2) bezog die Kommission die relevanten Daten für Sovello und Evergreen in die Berechnung mit ein, nicht aber die Daten für Q-Cells und REC, da jene beiden Unternehmen zum Zeitpunkt der Anmeldung und bis zum Erlass der Genehmigungsentscheidung durch die Kommission weniger als 25 % der Anteile oder Stimmrechte hielten. Auf dieser Grundlage war die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Sovello ein KMU war, und hatte die angemeldete Beihilfe genehmigt.

3.   GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

3.1.   Die neuen Informationen

(29)

Die von der Kommission im Zuge der Würdigung einer anderen angemeldeten Beihilfe für Sovello entdeckten neuen Informationen betreffen den MJVA1 zwischen Evergreen und Q-Cells über die Gründung von Sovello, der der Kommission während der vorläufigen Prüfung der Beihilfe N 426/05 nicht übermittelt wurde. Diese Informationen ließen Bedenken aufkommen, dass die Partner des Gemeinschaftsunternehmens die Beteiligung von Q-Cells künstlich unter 25 % (zunächst bei 24,9 %) gehalten hatten, um einen höheren Beihilfebetrag (einschließlich KMU-Aufschlag) zu erlangen, obgleich Q-Cells in der Geschäftsführung des Joint Venture mit einem von drei Direktoren vertreten war, der bei wichtigen Entscheidungen zustimmen musste. Auf dieser Grundlage forderte die Kommission nach Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 Deutschland auf, vor einem möglichen Widerruf ihrer Entscheidung vom 7. Juni 2006 (siehe oben Randnummer 2) zu der von ihr beabsichtigten Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens Stellung zu nehmen.

(30)

Mit seinem Schreiben vom 15. April 2008 übermittelte Deutschland die Satzung von Sovello, die Heads of Agreement sowie beglaubigte Kopien des MJVA1, des MJVA2 und des abgeänderten MJVA2. In diesem Schreiben vertrat Deutschland die Auffassung, dass im Fall Sovello zum Zeitpunkt der Anmeldung die formalen Kriterien für die in der KMU-Empfehlung festgelegten Schwellenwerte erfüllt waren und dass in der KMU-Empfehlung keine anderen klar definierten und in der Praxis anwendbaren Kriterien festgelegt seien. Nach Auffassung Deutschlands müssten diese formalen Kriterien für die Prüfung des KMU-Status eines Unternehmens maßgeblich sein, damit die Rechtssicherheit und die Berechenbarkeit der Beihilfenkontrollpolitik der Kommission gewährleistet seien. Falls die Kommission diese formalen Kriterien nicht mehr für angemessen halte, solle sie nicht ihre Herangehensweise im Kontext einzelner Fälle ändern, sondern eine Änderung der geltenden Vorschriften an sich in Erwägung ziehen.

(31)

Deutschland bemerkte ferner, dass zum Zeitpunkt der Anmeldung Informationen nicht bewusst verschwiegen oder zurückgehalten worden waren und dass die ursprüngliche Aufteilung der Anteile (75,1 % für Evergreen und 24,9 % für Q-Cells) wirtschaftliche Gründe hatte. Deutschland machte ferner geltend, dass Sovello die für neu gegründete KMU typischen Schwierigkeiten durch Beteiligung von Q-Cells am ursprünglichen Gemeinschaftsunternehmen nicht erspart blieben.

3.2.   Mögliche Folgen der neuen Informationen für die Würdigung

(32)

Die Kommission vertrat jedoch den Standpunkt, dass Sovello die formalen Kriterien der KMU-Definition zwar erfüllte, ihr aber beweiskräftige Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass dies nur deshalb der Fall war, weil die Beteiligung von Q-Cells — in dem Bestreben, einen KMU-Aufschlag zu erlangen, — künstlich unter 25 % gehalten worden war, und dass der tatsächliche Einfluss von Q-Cells auf Sovello größer war. Deshalb gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sie die Möglichkeit einer Manipulation der Gesellschafterstruktur des Beihilfeempfängers zwecks Umgehung der KMU-Definition in Betracht ziehen musste.

(33)

Die neuen Informationen ließen bei der Kommission Zweifel aufkommen, ob Sovello tatsächlich ein KMU im Sinne der KMU-Empfehlung war. Falls nicht, wäre der angemeldete und genehmigte KMU-Aufschlag nicht mit dem AEUV vereinbar.

(34)

Damit die Kommission ihre ursprüngliche Entscheidung vom 7. Juni 2006, die möglicherweise auf unvollständigen/unrichtigen Informationen beruhte, ggf. widerrufen und diesen neuen Beschluss erlassen kann, hat sie das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 eröffnet. In dem genannten Artikel heißt es: „Die Kommission kann, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, eine (…) Entscheidung widerrufen, wenn diese auf während des Verfahrens übermittelten unrichtigen Informationen beruht, die ein für die Entscheidung ausschlaggebender Faktor waren. Vor dem Widerruf einer Entscheidung und dem Erlass einer neuen Entscheidung eröffnet die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4. (…)“.

4.   STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN

(35)

Die Kommission hat keine Stellungnahme von Beteiligten erhalten.

5.   VORBRINGEN DEUTSCHLANDS

5.1.   Rechtsgrundlage

5.1.1.   Nichtanwendbarkeit von Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999

(36)

Nach Auffassung Deutschlands sind die Voraussetzungen für den Widerruf der Entscheidung N 426/05 — auf der Grundlage angeblich neuer Informationen — nicht gegeben. Deutschland macht geltend, dass die der Kommission im Zusammenhang mit der Anmeldung in der Sache N 426/05 übermittelten Informationen weder unvollständig noch unrichtig waren, so dass Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 nicht greife. Deutschland argumentiert, die Kommission habe Kenntnis von der Tatsache gehabt, dass Sovello ein als Joint-Venture von Evergreen und Q-Cells neu gegründetes Technologieunternehmen in der Solarbranche war, das die Schwellenwerte der KMU-Definition nicht überschritt und mit den für KMU typischen Schwierigkeiten konfrontiert war. Deutschland fügte hinzu, dass weder der MJVA1 noch die Heads of Agreement neue Informationen beinhalteten, die einen Widerruf der Entscheidung N 426/05 rechtfertigten.

(37)

Deutschland macht geltend, dass es auf Anfrage der Kommission (Schreiben vom 30. Dezember 2005, D/57570) die Mustererklärung im Anhang zu der Mitteilung der Kommission „Muster für eine Erklärung über die zur Einstufung als KMU erforderlichen Angaben“ (19) (nachstehend „Kommissionsmitteilung über die Mustererklärung“ genannt) für Sovello im Zuge der Anmeldung übermittelt und darin angegeben hatte, dass Evergreen ein mit Sovello verbundenes Unternehmen sei, Sovello und Q-Cells aber voneinander unabhängig seien. Deutschland habe auch eine eidesstattliche Versicherung von Q-Cells übermittelt, der zufolge das Unternehmen weder ein Partnerunternehmen von Sovello noch mit Sovello verbunden war.

(38)

Deutschland argumentiert, dass für die deutschen Behörden und für Sovello weder aus der KMU-Gruppenfreistellungsverordnung noch aus der Kommissionsmitteilung über die Mustererklärung noch aus den Auskunftsverlangen der Kommission erkennbar hervorging, dass sie den Joint-Venture-Vertrag im Zuge der Anmeldung hätten übermitteln müssen. Deshalb vertritt Deutschland den Standpunkt, dass die von ihm zu jenem Zeitpunkt übermittelten Informationen vollständig waren.

5.1.2.   Bei der Prüfung dürfen keine zusätzlichen Kriterien angewandt werden

(39)

Deutschland bringt vor, dass die KMU-Definition in der früheren KMU-Empfehlung aus dem Jahr 1996 (20) sowohl Schwellenwerte als auch ein so genannte Unabhängigkeitskriterium enthalten habe, während in der aktuellen KMU-Definition lediglich zwischen eigenständigen Unternehmen, Partnerunternehmen und verbundenen Unternehmen unterschieden werde. Deutschland argumentiert, dass die geltende KMU-Gruppenfreistellungsverordnung, in Verbindung mit der KMU-Definition, für die Kommission verbindlich sei und sicherlich nicht durch zusätzliche ungeschriebene Kriterien eingeschränkt werden dürfe. Weder der Gerichtshof noch das Gericht erster Instanz hätten in ihren Urteilen in Fällen auf der Grundlage der neuen KMU-Definition derartige Kriterien zugrunde gelegt.

(40)

Deutschland bestreitet, dass die Unabhängigkeitskriterien, die der Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache C 91/01 Italienische Republik/Kommission der Europäischen Gemeinschaften (21) (nachstehend „Solar Tech-Fall“ genannt) auf der Grundlage der früheren KMU-Empfehlung ausgeführt habe, auch in Fällen gelten, die auf der Grundlage der neuen KMU-Definition zu prüfen seien. Laut Deutschland ist eine Würdigung auf der Grundlage derartiger ungeschriebener Kriterien nicht mit dem Ziel der angestrebten Überarbeitung der KMU-Definition zu vereinbaren, das laut Erwägungsgrund 8 der KMU-Gruppenfreistellungsverordnung darin bestehe „(…) Abweichungen in der Auslegung, die zu Wettbewerbsverfälschungen führen könnten, zu vermeiden, die Abstimmung der Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten im Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen zu erleichtern und die Transparenz in Verfahrensfragen sowie die Rechtssicherheit zu erhöhen, (…)“.

(41)

Deutschland argumentiert, dass die Kommission im Interesse von Rechtssicherheit und Gleichbehandlung etwaige Anpassungen (Einführung neuer zusätzlicher Kriterien) der KMU-Definition zunächst veröffentlichen müsse, bevor sie sie in Einzelfällen anwende. Außerdem hätte der europäische Gesetzgeber, wenn er das Kriterium der „KMU-typischen Schwierigkeiten“ hätte anwenden wollen, dieses auch in seine neue KMU-Definition aufgenommen. Ob ein Unternehmen mit den KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert ist, dürfe daher nur anhand der formalen KMU-Kriterien überprüft werden. Ferner erübrige sich, so Deutschland, die Festlegung einer Schwelle von 25 % für Partnerunternehmen, wenn diese Schwelle in der Praxis nicht als Kriterium herangezogen werde.

(42)

Deutschland macht geltend, dass mit der neuen KMU-Definition eine einheitliche KMU-Förderung und deren behördliche und gerichtliche Kontrolle auf der Grundlage klarer, eindeutiger Definitionen angestrebt worden sei. Daraus folgert Deutschland, dass die neue KMU-Definition keinen Spielraum für freies Ermessen oder ungeschriebene Auflagen bietet.

5.1.3.   Solar Tech- und Pollmeier-Fall nicht vergleichbar mit Sovello-Fall

(43)

Deutschland macht ferner geltend, dass weder die Gesellschafterstruktur noch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Unternehmen, auf die in den Rechtssachen Solar Tech und Pollmeier Malchow GmbH & Co. KG/Kommission (22) Bezug genommen wird (Urteile auf der Grundlage der früheren KMU-Empfehlung von 1996), mit jenen von Sovello vergleichbar seien.

(44)

Im Fall Solar Tech befanden sich nur 24 % der Anteile des Beihilfeempfängers im Eigentum des Permasteelisa-Konzerns (eines Großunternehmens), aber der Gründer und Mehrheitsgesellschafter dieses Konzerns, der gleichzeitig auch Manager von Solar Tech war, besaß 46 % des Kapitals und der Konzernchef und ein Mitglied des Boards von Permasteelisa hielten je 15 % des Kapitals. Angesichts dieser finanziellen Abhängigkeiten, des möglichen Einflusses von Permasteelisa-Gesellschaftern und der wirtschaftlichen und strukturellen Beziehungen zu Permasteelisa zog die Kommission den Schluss, dass Solar Tech nicht mit den KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert war und folglich das Unabhängigkeitskriterium nicht erfüllte. Deutschland merkt an, dass die beiden Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmens Sovello hingegen unabhängig voneinander waren und der Minderheitsgesellschafter Q-Cells keinen größeren Einfluss auf Sovello hatte als ein Gesellschafter, der 24,9 % der Anteile hält (vgl. Abschnitt 5.3).

(45)

Im Fall Pollmeier stand der Beihilfeempfänger Pollmeier über eine Zwischengesellschaft zu 100 % im Eigentum einer natürlichen Person. Sämtliche anderen, von dieser natürlichen Person kontrollierten Unternehmen waren in denselben oder in parallelen Wirtschaftssektoren tätig. Die Kommission ging davon aus, dass die Unternehmen im Eigentum dieser natürlichen Person eine wirtschaftliche Einheit bildeten, und kumulierte die finanziellen Daten und Mitarbeiterzahlen, die damit die KMU-Schwellenwerte überstiegen. Deutschland merkt an, dass die beiden Gesellschafter zum Zeitpunkt der Gründung von Sovello voneinander unabhängig waren und verschiedene Geschäftsziele verfolgten (Forschung und Entwicklung im Bereich Solartechnologie im Falle von Evergreen und Produktion von Solarzellen im Falle von Q-Cells). Die KMU-typischen Schwierigkeiten von Sovello konnten somit nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Gruppe großer Unternehmen aufgefangen werden.

5.1.4.   Keine Ausnahme für Gemeinschaftsunternehmen

(46)

Deutschland zufolge hat die Kommission ihre Befugnisse in der Einleitungsentscheidung vom 17. Juni 2008 (siehe Randnummer 5) insofern überschritten, als sie offensichtlich davon ausgegangen ist, dass ein Beihilfeempfänger und seine Joint-Venture-Partner automatisch als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln und daher die finanziellen Daten und Mitarbeiterzahlen sämtlicher Joint-Venture-Partner bei der Berechnung der KMU-Schwellenwerte stets kumuliert zugrunde zu legen sind.

(47)

Deutschland erklärt, dass sich die Kommission auf diese Weise anmaßt, eine gesamte Kategorie von Unternehmen (nämlich Gemeinschaftsunternehmen) von der Anwendung der rechtsverbindlichen KMU-Definition auszunehmen und für diese Kategorie von Unternehmen spezielle KMU-Kriterien anzuwenden. Deutschland bestreitet, dass sich diese Befugnis aus der Rechtsprechung der Europäischen Gerichte auf der Grundlage der KMU-Empfehlung von 1996 oder der bisherigen Praxis der Kommission ableiten lässt.

5.2.   KMU-typische Schwierigkeiten von Sovello

(48)

Deutschland bekräftigt, dass Sovello zum Zeitpunkt der Anmeldung mit seiner begrenzten Mitarbeiterzahl und beschränkten finanziellen Mitteln hinsichtlich der Finanzierung des Investitionsvorhabens, der Vermarktung der Produktion und der Geschäfts- und Betriebsorganisation mit für KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert war. Deutschland räumt die Synergieeffekte der Zusammenarbeit mit Evergreen und Q-Cells zwar ein, bestreitet aber, dass diese die KMU-typischen Schwierigkeiten von Sovello abfedern konnten.

5.2.1.   KMU-typische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Finanzierung

(49)

Deutschland zufolge hätte sich Sovello ohne öffentliche Förderung keine externe Finanzierung für sein Investitionsvorhaben in Thalheim beschaffen können. Der Anteil der externen Investitionen für das Vorhaben von Sovello (8 Mio. EUR bzw. 13 % der Investitionen insgesamt) sei für KMU typisch. Ferner seien, so Deutschland, nur […] der […] angesprochenen Banken an einer Finanzierung des Vorhabens interessiert gewesen und eine davon wollte lediglich […] EUR Betriebskapital und Überbrückungsmittel bis zu 50 % der öffentlichen Förderung zur Verfügung stellen. Dieser Sachverhalt sei für KMU typisch, nicht aber für große Unternehmen.

(50)

Deutschland gibt an, dass der Darlehensvertrag über die externe Finanzierung erst am […] November 2005 geschlossen wurde. Wegen des […]-Ratings von Sovello und der […] finanziellen Beteiligung der Gesellschafter (sowie der […] finanziellen Lage von Sovello) sei es nicht möglich gewesen, günstige Darlehenskonditionen auszuhandeln. Sovello hatte Schwierigkeiten, hinreichende Sicherheiten für das Darlehen anzubieten (da das Unternehmen noch nicht Eigentümer des Grundstücks war, die Maschinen und Anlagen noch nicht geliefert waren, die Gebäude noch im Bau und noch keine Lagerbestände vorhanden waren). Die Gesellschafter konnten auch […] Sicherheiten bieten.

(51)

Deutschland macht geltend, dass die Gesellschafter nur sehr begrenzte Eigenmittel einbringen konnten. Bis 2006 habe nur Evergreen über seine Kapitalbeteiligung und Kapitalrücklagen hinaus finanzielle Mittel bereitgestellt. Q-Cells war zu einer Bereitstellung solcher finanziellen Mittel nicht […], weil seine […] Ressourcen […] in seinen eigenen Investitionsvorhaben gebunden waren.

(52)

Deutschland macht geltend, dass das Investitionsvorhaben ohne staatliche Beihilfe einschließlich KMU-Aufschlag nicht hätte durchgeführt werden können.

5.2.2.   KMU-typische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Vermarktung

(53)

Deutschland bringt vor, dass Sovello mit erheblichen kommerziellen Risiken konfrontiert war, weil das Unternehmen erst beweisen musste, dass sich mit der String-Ribbon-Technologie kommerziell absatzfähige Produkte herstellen ließen. Die Tatsache, dass Sovello mit Evergreen eine Abnahmevereinbarung geschlossen hatte, minderte dieses Risiko nicht wirklich, weil Evergreen ebenfalls ein KMU war und den deutschen Markt nicht kannte. Der andere Gesellschafter, Q-Cells, hatte keine Erfahrung mit dem Verkauf von Solarmodulen, weil er ausschließlich Solarzellen herstellte. Außerdem war auch Q-Cells ein KMU (23) und musste seine Anstrengungen auf die Vermarktung seiner eigenen Produktion konzentrieren.

5.2.3.   KMU-typische Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Geschäfts- und Betriebsorganisation

(54)

Deutschland macht geltend, dass die Kosten, die Sovello für die Geschäfts- und Betriebsorganisation zu tragen hatte, höher waren als jene großer Unternehmen. Sovello musste z. B. […].

5.3.   Einfluss von Q-Cells auf Sovello

(55)

Deutschland bestreitet, dass die Möglichkeiten Q-Cells zur Einflussnahme auf Sovello zum Zeitpunkt der Anmeldung über das Maß hinausgingen, über das ein Gesellschafter mit 24,9 % der Anteile an Sovello normalerweise verfügt hätte. Vielmehr sei ein solcher Anteil nicht ungewöhnlich bei vergleichbaren Vorhaben von Start-up-Unternehmen in Hochtechnologiebranchen.

(56)

Deutschland führt aus, dass die Initiative, mit dem Vorhaben zu beginnen, von Evergreen ausging. Über 10 Jahre hatte Evergreen mehr als […] Mio. USD in die Entwicklung der String-Ribbon-Technologie investiert, ohne deren Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Der Preis der Evergreen-Aktien sank von ca. 20 USD im Jahr 2000 auf rund 2 USD in den Jahren 2003-2004. Evergreen musste die größtmögliche Kontrolle über das Investitionsvorhaben behalten, um im Erfolgsfall eine möglichst hohe Rendite für seine Aktionäre sicherzustellen, konnte ohne die finanzielle Beteiligung eines Geschäftspartners aber nicht genug Kapital beschaffen. Q-Cells war ein geeigneter Kandidat, weil das Unternehmen außer finanziellen Mitteln auch seine Erfahrung mit dem Bau von Betriebsstätten im Fotovoltaiksektor und seine Kenntnisse in der Solarzellentechnologie einbringen konnte. Deutschland führt ferner aus, dass Evergreen sich aus diesen Gründen für Q-Cells als Joint-Venture-Partner entschied und nicht für das Unternehmen […], das zwar ein stärkerer Finanzpartner war, aber auch mehr Einflussmöglichkeiten haben wollte.

(57)

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des MJVA1 mit Evergreen hatte Q-Cells bereits in ein großes Vorhaben zur Produktion konventioneller Solarzellen investiert. Deshalb konnte das Unternehmen nur noch begrenzt in andere Vorhaben investieren. Deutschland zufolge wollte Q-Cells durch die Beteiligung an Sovello zum einen Knowhow über neue Technologien für die Produktion von Solarwafern, -zellen und -modulen erwerben und zum anderen seine Erfahrung mit der Entwicklung von Solarzellenproduktionsstätten anwenden.

(58)

Aus diesen Gründen erklärte sich Q-Cells zu einer Minderheitsbeteiligung von 24,9 % bereit. Deutschland führt aus, dass dies auch der Hintergrund für die vergleichbare Minderheitsbeteiligung von Q-Cells (21,19 %) an der CSG Solar AG (24) war, einem Unternehmen, das Solarmodule auf der Grundlage der Dünnfilmtechnologie herstellt. Der Umfang der Beteiligung beruhe nicht nur auf der möglichen finanziellen Beteiligung, sondern auch auf dem technologischen Input.

(59)

Deutschland hebt hervor, dass die Anteile der Gesellschafter von Sovello an dessen Stammkapital die tatsächlichen Absichten und den tatsächlichen Einfluss beider Joint-Venture-Partner in vollem Umfang widerspiegelten und dass die Stimmrechte entsprechend verteilt waren. Dies habe faktisch dazu geführt, dass Evergreen — im Gegensatz zu Q-Cells — wichtige Geschäftsentscheidungen alleine treffen konnte.

(60)

Deutschland bringt vor, dass eine mögliche künftige Erhöhung der Beteiligung von Q-Cells zwar abgesprochen war, aber nur unter bestimmten Bedingungen und bei Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel erfolgen konnte. Eine der im MJVA1 genannten Bedingung war, dass eine solche Erhöhung der Beteiligung die Beihilfe für Sovello nicht gefährden dürfe. Deutschland weist darauf hin, dass die Beihilfemaßnahme den Ausschlag dafür gab, das Investitionsvorhaben in Deutschland und nicht in den USA durchzuführen, und dass dies keinen Verstoß gegen die Beihilfevorschriften darstelle. Deutschland fügt hinzu, dass Q-Cells keinen Einfluss auf diese Entscheidung hatte und dass die Beihilfevorschriften weder verletzt noch umgangen würden, wenn die Joint-Venture-Partner sich darum bemühten, die Finanzierung von Sovello sicherzustellen.

(61)

Deutschland ist der Ansicht, dass zwischen dem Einfluss, der zu einem bestimmten Zeitpunkt gegeben war, und einem möglichen künftigen Einfluss, der auf einer etwaigen Erhöhung der Beteiligung von Q-Cells beruht, zu differenzieren ist. Deutschland unterstreicht, dass keineswegs feststand, ob die Beteiligung überhaupt erhöht werden würde, und dass beide Partner wussten, dass eine Erhöhung nicht unmittelbar bevorstand und mit Sicherheit nicht erfolgen würde, bevor sich die neue Technologie bewährt hatte. Tatsächlich ist die im MJVA1 genannte Erhöhung auf bis zu 50 % nie erfolgt. Die Beteiligung von Q-Cells wurde im Gegenteil auf der Grundlage des zweiten Vertrags (MJVA2) vom 22. November 2005 auf 21 % gesenkt. Laut Deutschland zeigt dies eindeutig, dass es keinen „Automatismus“ gebe, der den Schluss rechtfertige, es sei bereits zu Beginn vereinbart gewesen, dass Q-Cells mehr als 24,9 % der Anteile an Sovello halten würde.

(62)

Deutschland macht ferner geltend, die Tatsache, dass Q-Cells eine Führungskraft von Sovello gestellt habe, sei nur eine Übergangsregelung gewesen (Dezember 2004 bis April 2005), die die Einflussmöglichkeiten von Evergreen, das vom Beginn des Joint-Venture an ebenfalls eine Führungskraft gestellt hatte, nicht geschmälert habe. Außerdem sei Evergreen aufgrund seiner Mehrheit im Aufsichtsrat befugt gewesen, jede Führungskraft sowohl zu bestellen als auch abzuberufen.

(63)

Deutschland bestreitet, dass die Formulierung in den Heads of Agreement, denen zufolge die Beteiligung von Q-Cells an Sovello weniger als 25 % betragen muss, um für bestimmte Fördermaßnahmen Deutschlands in Betracht zu kommen, dazu geführt habe, dass die Möglichkeiten von Q-Cells zur Einflussnahme über das Maß hinausgehe, das dem Unternehmen aufgrund seiner Beteiligung von 24,9 % eigentlich zustehe. Deutschland legt vielmehr dar, dass die Formulierung lediglich das widerspiegele, was später Eingang in den MJVA1 gefunden habe, nämlich das Bestreben der beiden Partner, nicht gegen staatliche Förderungsauflagen zu verstoßen. Deutschland weist ferner auf eine weitere Klausel in den Heads of Agreement hin, wonach Sovello einen Großteil der Produktionskapazität von Evergreen beanspruchen würde und Evergreen folglich in absehbarer Zeit eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital von Sovello halten muss. Deutschland stellt abschließend fest, dass es sich bei den Heads of Agreement lediglich um eine Arbeitsgrundlage für die beiden Partner handelte, die nicht rechtsverbindlich war.

(64)

Deutschland bestreitet, dass Q-Cells über seine Beteiligung von 24,9 % hinaus Einfluss hatte, der sich aus Vereinbarungen mit Sovello ableiten ließe. Sämtliche Vereinbarungen seien zu Marktbedingungen geschlossen worden, und zwischen Q-Cells und Sovello hätten keine weitergehenden Beziehungen wirtschaftlicher, finanzieller, organisatorischer oder sonstiger Art bestanden.

(65)

Deutschland macht abschließend geltend, dass die Änderungen der Beteiligungen nach der Gründung von Sovello nicht auf dem ursprünglichen MJVA1 beruhten, sondern mit dem Eintritt von REC in das Gemeinschaftsunternehmen im Zusammenhang stünden, da REC als Gegenleistung für eine Beteiligung von 15 % an dem Joint-Venture zugesagt hatte, Sovello mit großen Mengen Silizium zu beliefern (wie im MJVA2 vereinbart). Nach dem Eintritt von REC gaben Evergreen 11,1 % und Q-Cells 3,9 % von ihren Beteiligungen ab. Deutschland zufolge ist dies ein Beweis für die Absicht Q-Cells, ein Minderheitsgesellschafter zu bleiben. Erst später, als REC noch größere Siliziumliefermengen zugesagt hatte, und nachdem der technologische Erfolg von Sovello1 feststand, wurden die Beteiligungen der drei Gesellschafter auf je 33,3 % gebracht (Änderung des MJVA2 vom 29. September 2006, gültig ab 19. Dezember 2006).

5.4.   Beteiligung von Q-Cells auf der Grundlage des deutschen Gesellschaftsrechts

(66)

Deutschland macht geltend, dass die Q-Cells in dem Gemeinschaftsunternehmen eingeräumten Entscheidungsbefugnisse für junge Technologie-Joint-Ventures wie Sovello nicht unüblich seien und jenen entsprächen, die Venture-Capital-Investoren mit Minderheitsbeteiligungen zustünden. Der Einfluss von Q-Cells geht über jenen eines Minderheitsgesellschafters nicht hinaus. Das Unternehmen brachte neben 24,9 % des Kapitals auch sein Knowhow in der Solarzellenfertigung ein und beanspruchte daher einen gewissen Einfluss auf Entscheidungen im Zusammenhang mit den Verträgen über die Joint-Venture-Kooperation. Deutschland macht geltend, dass dieses Recht auf Einflussnahme auf bestimmte Geschäftsentscheidungen zum Schutz Q-Cells notwendig war, weil andernfalls nicht ausgeschlossen gewesen wäre, dass Evergreen seinen Einfluss auf die Führung von Sovello vorrangig zum eigenen Vorteil ausüben konnte. Ferner sei es allgemein üblich, Minderheitsgesellschaftern die Benennung eines Aufsichtsratmitglieds zu gestatten.

(67)

Zur Untermauerung des Arguments, dass die Beteiligung von Q-Cells nicht in der Absicht, einen KMU-Aufschlag zu erlangen, auf 24,9 % festgesetzt wurde, verweist Deutschland auch auf das deutsche Gesellschaftsrecht. Erstens entspreche der Einfluss von Q-Cells den Vorschriften über den Schutz von Minderheitsgesellschaftern. In diesem Zusammenhang verweist Deutschland auf §§ 50, 61 und 66 GmbH-Gesetz. Diese Paragrafen räumten Gesellschaftern einer GmbH mit einem Geschäftsanteil von 10 % bestimmte, z. B. die Einberufung von und die Beschlussfassung in Gesellschafterversammlungen sowie die Auflösung einer Gesellschaft usw. betreffende Minderheitenrechte ein. Deutschland zufolge geht der Einfluss von Q-Cells nicht über den Einfluss hinaus, der einem Minderheitsgesellschafter mit mindestens 10 % des Stammkapitals nach deutschem Gesellschaftsrecht zusteht. Ferner führt Deutschland als weiteren Grund für die weitreichenden Mitentscheidungsbefugnisse von Q-Cells die Tatsache an, dass Q-Cells mit seiner Beteiligung von nur 24,9 % nicht über die gesetzliche Sperrminorität von mehr als 25 % verfügte. Daher seien anstelle des fehlenden gesetzlichen Schutzes von Q-Cells die entsprechenden Mitentscheidungsbefugnisse durch die Verträge eingeräumt worden.

5.5.   Zusammenfassung

(68)

Deutschland erhebt Einwände gegen die Rechtsgründe, aufgrund derer die Kommission das Verfahren eröffnet hat, und macht geltend, dass es zum Zeitpunkt der Anmeldung vollständige und richtige Informationen übermittelt habe und Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 demnach nicht anwendbar sei. Deutschland behauptet ferner, dass die Kommission ihre Bewertung des KMU-Status eines Unternehmens nur anhand der formalen Kriterien (Mitarbeiterzahl und finanzielle Schwellenwerte) der KMU-Definition vornehmen könne und nicht zusätzlich „ungeschriebene Kriterien“ heranziehen dürfe, um festzustellen, ob ein Unternehmen mit KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert ist. Deutschland bestreitet, dass Sovello der KMU-Aufschlag unter Verstoß gegen die Beihilfevorschriften gewährt wurde, und behauptet, dass die Mutmaßungen der Kommission bezüglich einer möglichen Manipulation nicht stichhaltig seien.

(69)

Deutschland zufolge erfüllte Sovello zum Zeitpunkt der Anmeldung die Kriterien der KMU-Definition: Q-Cells hielt nur eine Minderheitsbeteiligung von 24,9 % an Sovello und war weder ein Partnerunternehmen noch ein verbundenes Unternehmen von Sovello im Sinne der KMU-Definition. Daher dürfen bei der Berechnung der KMU-Schwellenwerte die Daten von Q-Cells nicht berücksichtigt werden. Deutschland bestreitet, dass Q-Cells auf Sovello zum Zeitpunkt der Anmeldung größeren Einfluss ausübte, als dies ein Investor im Besitz von 24,9 % der Anteile an Sovello getan hätte. Außerdem vertritt Deutschland die Auffassung, dass Sovello durchaus mit KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert war und dass das Investitionsvorhaben ohne die staatliche Beihilfe einschließlich des KMU-Aufschlags nicht durchgeführt worden wäre.

6.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG

6.1.   Vorbemerkungen

(70)

Am 7. Juni 2006 genehmigte die Kommission einen (zusätzlich zu einer Regionalbeihilfe gewährten) KMU-Aufschlag von 15 % BSÄ für Sovello. Später fand die Kommission Anhaltspunkte dafür, dass diese erste Entscheidung möglicherweise auf unrichtigen Informationen beruhte, die im Zuge der ursprünglichen Anmeldung übermittelt worden waren; da jene Informationen unter Umständen für das Untersuchungsergebnis ausschlaggebend waren, entschied die Kommission am 17. Juni 2008, bezüglich der in Rede stehenden Beihilfe das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV zu eröffnen, um die Entscheidung N 426/05 zu widerrufen und einen neuen Beschluss zu erlassen. (Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon zum 1. Dezember 2009 können neu erlassene Rechtsakte der Kommission in der deutschen Fassung nicht mehr „Entscheidung“ genannt werden, sondern heissen „Beschluss“.)

6.2.   Anmeldepflicht, Rechtsgrundlage und anwendbares Recht

(71)

Deutschland meldete den KMU-Aufschlag für Sovello mit Schreiben vom 29. August 2005 an, dessen Eingang am 1. September 2005 registriert wurde.

(72)

Der KMU-Aufschlag für Sovello wurde am 21. April 2005 (vorbehaltlich der Genehmigung durch die Kommission) zusätzlich zu einer rechtmäßig auf der Grundlage der deutschen GA-Regelung gewährten Regionalbeihilfe bewilligt. Diese Regelung beinhaltet eine ausdrückliche Bestimmung (25), nach der Deutschland alle KMU-Aufschläge, die die in der KMU-Gruppenfreistellungsverordnung festgelegte Schwelle für die Anmeldepflicht für Einzelbeihilfen übersteigen, einzeln anmelden muss. Nach der zum Zeitpunkt der Anmeldung geltenden KMU-Gruppenfreistellungsverordnung sind Investitionsbeihilfen zugunsten von KMU mit einer Beihilfeintensität von 7,5 % Nettosubventionsäquivalent (NSÄ) für mittlere Unternehmen und von 15 % NSÄ für kleine Unternehmen überall in der EU zulässig. Ist der Beihilfeempfänger in einem Fördergebiet ansässig, sind nach der KMU-Gruppenfreistellungsverordnung Beihilfen auch bis zu dem gemäß den Regionalbeihilfeleitlinien 1998 zulässigen Betrag plus zusätzlichem KMU-Aufschlag freigestellt. Die KMU-Gruppenfreistellungsverordnung sieht jedoch keine Freistellung für bestimmte Vorhaben mit beihilfefähigen Aufwendungen von mehr als 25 Mio. EUR bzw. für Vorhaben, für die Beihilfen von mehr als 15 Mio. EUR brutto gewährt werden, vor. Diese Beihilfen müssen einzeln angemeldet werden.

(73)

Bei der Prüfung, ob ein Unternehmen ein KMU ist, wendet die Kommission die KMU-Empfehlung an.

6.3.   Prüfung des KMU-Status von Sovello

6.3.1.   Anwendbarkeit von Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999

(74)

In Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 heißt es: „Die Kommission kann, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, eine (…) Entscheidung widerrufen, wenn diese auf während des Verfahrens übermittelten unrichtigen Informationen beruht, die ein für die Entscheidung ausschlaggebender Faktor waren. Vor dem Widerruf einer Entscheidung und dem Erlass einer neuen Entscheidung eröffnet die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4. (…)“.

(75)

Deutschland bestreitet, zu irgendeinem Zeitpunkt der vorläufigen Untersuchung unrichtige bzw. unvollständige Informationen übermittelt zu haben, weil a) es alle nach der Kommissionsmitteilung über die Mustererklärung verlangten Informationen vorgelegt habe, und weil b) keine der in der Kommissionsempfehlung vorgesehenen einschlägigen Prüfungen und Bestimmungen die Übermittlung zusätzlicher Informationen über den strukturellen Aufbau eines Joint Venture bzw. die Satzung eines Unternehmens erforderten.

(76)

Nach der Kommissionsmitteilung über die Mustererklärung ist die Verwendung der Mustererklärung jedoch nicht verbindlich vorgeschrieben, sondern sie ist lediglich als Vorlage gedacht, und die Prüfungen und Untersuchungen nach mitgliedstaatlichem und EU-Recht bleiben von diesen Erklärungen unberührt. Während der vorläufigen Untersuchung hatte die Kommission Deutschland aufgefordert, entweder eine eidesstattliche Versicherung von Q-Cells vorzulegen, wonach dieser Gesellschafter keines der Kriterien von Artikel 3 Absatz 3 Buchstaben a bis d des Anhangs zur KMU-Empfehlung (26) erfüllte, oder, falls dies nicht möglich wäre, eine Kopie der Satzung von Sovello zu übermitteln. Am 28. Oktober 2005 übermittelte Deutschland eine solche eidesstattliche Versicherung von Q-Cells. Da sich die Gesellschafterstruktur von Sovello während der vorläufigen Untersuchung der angemeldeten Beihilfe durch Aufnahme eines dritten Joint-Venture-Partners (REC) änderte, übermittelte Deutschland (am 4. April 2006) auch von diesem neuen Gesellschafter eine eidesstattliche Versicherung. Die Entscheidung N 426/05 ist nach Abschluss der vorläufigen Untersuchung auf der Grundlage dieser von Deutschland übermittelten Informationen ergangen.

(77)

Die Kommission musste prüfen, ob der Beihilfeempfänger ein KMU war. Wenn zum Zeitpunkt der vorläufigen Untersuchung Unterlagen existieren, in denen ausdrücklich schriftlich festgehalten ist, dass die Gesellschafterstruktur eines Joint Venture so angelegt wurde, dass die Kriterien der KMU-Definition erfüllt sind, oder aus denen die eindeutige Absicht hervorgeht, die Unternehmensstruktur zu verändern, sobald die Gewährung eines KMU-Aufschlags sichergestellt ist, kann nicht argumentiert werden, dass diese Informationen für die Prüfung des KMU-Status des betreffenden Joint Venture nicht zumindest relevant bzw. kein für die Entscheidung ausschlaggebender Faktor gewesen seien.

(78)

Da der Kommission diese Unterlagen (Heads of Agreement, Satzung, MJVA1 und MJVA2) nicht übermittelt worden waren, war ihr Bild von der entsprechenden Sachlage zum damaligen Zeitpunkt lückenhaft, so dass ihre ursprüngliche Positiventscheidung über den KMU-Aufschlag für Sovello auf unvollständigen und somit unrichtigen Informationen beruhte.

(79)

Nach Auffassung der Kommission war Deutschland verpflichtet, sämtliche zum damaligen Zeitpunkt verfügbaren und für die Entscheidung N 426/05 relevanten Informationen zu übermitteln. Vor diesem Hintergrund gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von Deutschland übermittelten Informationen unvollständig und somit unrichtig waren. Folglich ist Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 anwendbar, der ein objektives Verfahren vorsieht, wonach die Kommission falsche Entscheidungen widerrufen kann.

(80)

Nach deutschem Recht war Deutschland verpflichtet zu prüfen, ob eine Umgehung der KMU-Definition vorlag. In der deutschen Regelung (27), auf deren Grundlage der KMU-Aufschlag gewährt wurde, wird der KMU-Status — selbst bei Erfüllung der formalen Kriterien der KMU-Definition — in Fällen, in denen Großunternehmen faktisch die Kontrolle haben, sowie bei wirtschaftlichen Einheiten, die unter ökonomischen Gesichtspunkten nicht als KMU angesehen werden können, ausdrücklich ausgeschlossen.

6.3.2.   Zulässigkeit „zusätzlicher Kriterien“ für die Würdigung des KMU-Status

(81)

Deutschland macht geltend, dass, da in der KMU-Empfehlung abgesehen von den formalen Schwellenwertkriterien keine anderen Kriterien klar definiert sind, die formalen Kriterien für die Untersuchung des KMU-Status eines Unternehmens maßgeblich sein müssten, damit die Rechtssicherheit und die Berechenbarkeit der Beihilfenkontrollpolitik der Kommission gewährleistet seien. Deutschland argumentiert weiter, dass etwaige zusätzliche Kriterien nur im Rahmen einer Anpassung der KMU-Definition und nicht im Kontext von Einzelfällen eingeführt werden könnten.

(82)

Für die Definition von Partnerunternehmen sieht die Kommissionsempfehlung in der Tat kein anderes Kriterium vor als den Schwellenwert von 25 % des Kapitals bzw. der Stimmrechte. Sie enthält auch kein spezifisches Umgehungsverbot. Bei der Beihilfenkontrolle verfügt die Kommission aber über einen gewissen Ermessensspielraum, damit der Binnenmarkt gegen nicht zu rechtfertigende Wettbewerbsverzerrungen geschützt werden kann.

(83)

Die Kommission räumt ein, dass bei der Anwendung der Beihilfevorschriften Rechtssicherheit und Transparenz notwendig sind. Daher sollten Prüfungen, die über die Anwendung der formalen Kriterien hinausgehen, unbedingt auf seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen eindeutig von einer Umgehung ausgegangen werden kann.

(84)

Allerdings wendet die Kommission neben der KMU-Definition keine „zusätzlichen Kriterien“ an, sondern geht lediglich über die rein formale Analyse hinaus, was möglich sein muss, wenn die Kommission auf der Grundlage von Artikel 6 der KMU-Gruppenfreistellungsverordnung über eine Einzelbeihilfe befinden soll. Auf diese Weise stellt die Kommission sicher, dass nur echten KMU, deren Größe sie tatsächlich vor Schwierigkeiten stellt, KMU-Aufschläge gewährt werden und nicht Unternehmen, die durch verbundene Unternehmen und/oder Partnerunternehmen Zugang zu finanziellen Mitteln und Unterstützung haben, die für Wettbewerber gleicher Größe nicht verfügbar sind. Damit gewährleistet ist, dass nur echte KMU in Betracht kommen, muss es einen Weg geben, rechtliche Gebilde auszuschließen, mit denen die KMU-Definition umgangen wird. Dieser Ansatz steht mit der Rechtsprechung in den Fällen Solar Tech und Pollmeier (siehe oben Fußnoten 20 und 21) im Einklang, in denen die Gerichte der Europäischen Union haben, dass die Kommission die Gewährung eines KMU-Aufschlags nicht genehmigt, wenn eine Umgehung vorliegt. Somit sieht die KMU-Definition implizit vor, dass sie nicht anwendbar ist, wenn ein solches Risiko besteht und die Kriterien nur formal eingehalten werden.

(85)

Das Argument Deutschlands, die Sachlage im Fall Sovello unterscheide sich von jener in den Fällen Solar Tech und Pollmeier, und die Rechtsprechung beruhe auf der KMU-Empfehlung von 1996 und sei deshalb nicht auf die derzeitige KMU-Definition übertragbar, ist nicht stichhaltig. Die wichtigsten Kriterien der KMU-Empfehlung von 1996 für ein Partnerunternehmen (Kapitalbeteiligung bzw. Stimmrechte von 25 % oder mehr) wurden in der KMU-Empfehlung 2003/361/EG wiederaufgenommen und lediglich präzisiert. Da aber immer die Gefahr besteht, dass auch die umfassendsten und präzisesten Kriterien umgangen werden, muss es in jedem Fall möglich sein, versuchten Umgehungen der geltenden KMU-Definition entgegenzuwirken. In diesem Sinne haben die Gerichte auch einen recht allgemeinen Grundsatz — keine Umgehung — bestätigt.

6.3.3.   Unternehmensdokumente und Sachlage

(86)

In den Unternehmensdokumenten (Heads of Agreement, Satzung von Sovello vom 13. Januar 2005 und MJVA1) gibt es klare Anhaltspunkte dafür, dass die ursprüngliche Unternehmensstruktur absichtlich in dem Bestreben aufgebaut wurde, einen KMU-Aufschlag zu erlangen. Nummer 5 der Heads of Agreement sieht diesbezüglich ganz ausdrücklich vor:

„The Parties understand that, in order to qualify for maximum grants, it is in the interest of JVCo that Q restricts its equity portion of JVCo until such time that either E or JVCo are no longer categorised as ‚small or medium enterprises‘ under the rules for investment grants usw., or that this restriction becomes null and void. As such, . [Mit Blick auf einen möglichst umfassenden Förderanspruch liegt es nach Auffassung der Parteien im Interesse von JVCo, dass Q seine Beteiligung an JVCo so lange begrenzt, bis entweder E oder JVCo gemäß den Vorschriften über Investitionszuschüsse usw. nicht mehr als „kleines oder mittleres Unternehmen“ eingestuft wird oder diese Beschränkung hinfällig wird. In diesem Zusammenhang muss das .] (Hervorhebung der Kommission)“ (28)

(87)

Diese klare Absicht wird durch Artikel 2.5 Buchstabe c des MJVA1 bestätigt:

„The Parties shall use reasonable best efforts as soon as reasonably practicable following the Closing Date, VentureCo; and to obtain the funds necessary to fund to VentureCo the amounts specified in Section 2.4 (b) and 2.4 (c) when due.“ [Die Parteien unternehmen alle angemessenen Anstrengungen, um sobald wie möglich nach Fristende ; ; und dass VentureCo bei Fälligkeit die für seine Finanzierung notwendigen Mittel gemäß Abschnitt 2.4 Buchstaben b und c erhält.] (Hervorhebung der Kommission)

(88)

Mehrere Elemente deuten darauf hin, dass Evergreen und Q-Cells von Beginn an beabsichtigten, beiden Partnern die gleichen Rechte einzuräumen, sobald die Gewährung des KMU-Aufschlags sichergestellt war:

In Artikel 3 Absatz 6 des MJVA1 ist festgelegt, dass, wenn Q-Cells gemäß den geltenden Fördermittelbestimmungen seine Beteiligung an EverQ auf 50 % erhöhen können sollte, ohne dass dies dazu führen könnte, dass die zuständigen Behörden einem Antrag auf staatliche Investitionszuschüsse nicht (…) stattgeben (…), wird Q-Cells angeboten, sich an EverQ in der gleichen prozentualen Höhe zu beteiligen wie Evergreen. In diesem Kontext wird ein Vorzugspreis angewandt.

In Artikel 3 Absatz 6 des MJVA1 ist sogar ein Notfallplan vorgesehen, nach dem Q-Cells erforderlichenfalls seinen Eigentumsanteil auf andere Weise als über die Anteilsbeteiligung erhöhen kann:

„If at the time of an Additional Financing request the Grant Impunity Notice cannot be obtained, the Parties shall enter into discussions as to whether Q can participate in the Additional Financing to the extent necessary to enable it to , as provided herein, .“ [Kann bei Anforderung einer Zusätzlichen Finanzierung eine Fördermittelunbedenklichkeitsbescheinigung nicht erwirkt werden, nehmen die Parteien Gespräche darüber auf, ob sich Q an der Aufbringung der Zusätzlichen Finanzmittel in dem Umfang beteiligen kann, wie dies erforderlich ist, .] (Hervorhebung der Kommission) (29)

(89)

Nach Auffassung der Kommission verleihen die Bestimmungen der Satzung, der Heads of Agreement und des MJVA1 Q-Cells Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsentscheidungen von Sovello, die über jene hinausgehen, von denen ein Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von 24,9 % nach herkömmlichem Gesellschaftsrecht ausgehen kann (in einem Joint-Venture-Vertrag ist dies allerdings nicht unbedingt ungewöhnlich). Die Heads of Agreement sehen vor:

„The Governance of JVCo will generally be structured and balanced to take into account each Party’s relative economic interest in JVCo and the fact that E needs initially to have a higher degree of control of JVCo as a result of the materiality of the operations of JVCo relative to E’s operations on a consolidated basis. At the same time, the JVCo governance structure will include provisions that .“ [Die Führung von JVCo wird generell so strukturiert und aufgeteilt, dass den jeweiligen wirtschaftlichen Interessen der Partner am JVCo und der Tatsache Rechnung getragen wird, dass E infolge der entscheidenden Bedeutung der Geschäftstätigkeit von JVCo für die Geschäftstätigkeit von E auf konsolidierter Grundlage zunächst ein größeres Maß an Kontrolle über JVCo ausüben können muss. Gleichzeitig wird die Führungsstruktur von JVCo Bedingungen unterliegen, die .] (Hervorhebung der Kommission)

(90)

Ferner heißt es in den Heads of Agreement, dass die Partner übereinkommen, in einer gemeinsam beschlossenen Weise festzulegen, dass bestimmte wichtige Geschäftsentscheidungen der Zustimmung beider Parteien bedürfen.

(91)

Die ursprüngliche Satzung von Sovello sieht Folgendes vor:

Der Aufsichtsrat besteht aus drei Mitgliedern (zwei Mitglieder werden von Evergreen ernannt, darunter auch der Vorsitzende, der für Q-Cells „annehmbar“ sein soll; ein Mitglied (gleichzeitig der stellvertretende Vorsitzende) wird von Q-Cells ernannt und abberufen).

Verschiedene wichtige Geschäftsentscheidungen (Genehmigung von Jahresplan und Bilanz; strategische Entscheidungen über Zeitplanung und Menge der Produktion, Kapazitätserweiterungen, Verkauf von Wafern/Zellen zusätzlich zu Modulen; Bestimmung von Marken und Markennamen; Vereinbarungen im Bereich geistiges Eigentum usw.) bedürfen der Zustimmung von jeweils mindestens einem der von Evergreen und Q-Cells bestellten Führungsmitglieder.

(92)

Da Q-Cells also über wesentliche Entscheidungsbefugnisse verfügt, ist das Argument Deutschlands, Evergreen habe zum Schutz seiner Interessen eine Beteiligung von mehr als 75 % benötigt (und die Beteiligung von Q-Cells von 24,9 % sei auf andere als Umgehungsbestrebungen zurückzuführen) nicht stichhaltig. Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass Evergreen zunächst tatsächlich eine Mehrheitsbeteiligung an Sovello anstrebte (vgl. Nummer 5 der Heads of Agreement: „E will be required to own a majority interest in the equity of JVCo in the near term“ [E muss in absehbarer Zeit im Besitz einer Mehrheitsbeteiligung am Stammkapital von JVCo sein]), eine solche Mehrheit prozentual aber auch anders (zwischen 51 % und 75 %) gegeben wäre.

(93)

Dass Q-Cells Einfluss auf strategische Entscheidungen nehmen konnte, wird auch durch den Evergreen-Jahresbericht 2004 bestätigt, in dem es heißt:

„the strategic partnership is “ [die strategische Partnerschaft ], (Hervorhebung der Kommission)

und

„although initially a minority shareholder in the strategic partnership, ; as a result, we may be unable to take certain actions that we believe would be in our best interests, which, given the expected materiality of the strategic partnership to our combined operations, could significantly harm our business; further, we may be liable to third parties for the material decisions and actions of Q-Cells in the strategic partnership, which actions may harm the strategic partnership and our business.“ [trotz Q-Cells anfänglicher Stellung als Minderheitsgesellschafter in der strategischen Partnerschaft wird Q-Cells ; infolgedessen werden wir unter Umständen bestimmte Entscheidungen, die unserer Auffassung nach in unserem Interesse liegen, nicht treffen können, was angesichts der voraussichtlichen Bedeutung der strategischen Partnerschaft für unsere gemeinsame Tätigkeit unserer Geschäftstätigkeit sehr abträglich sein könnte; ferner könnten wir gegenüber Dritten haftbar sein für die maßgeblichen Entscheidungen und Maßnahmen von Q-Cells in der strategischen Partnerschaft, und die Maßnahmen von Q-Cells können der strategischen Partnerschaft und unserer Geschäftstätigkeit schaden.] (Hervorhebung der Kommission).

(94)

Die folgenden Auszüge aus den Heads of Agreement zeigen, dass die Rolle von Q-Cells bei Sovello für die Betriebsfähigkeit des Joint Ventures maßgeblich war:

 

„It is anticipated that because the facility will be located in Germany near Q’s current operations, that Q will be a major source of transferred and seconded employees for JVCo. In addition, initially Q will take primary responsibility for recruiting new employees for the facility.“ [Voraussichtlich wird Q, aufgrund des Standorts der Anlage in Deutschland in der Nähe seiner jetzigen Betriebsstätten, eine wichtige Quelle übergeleiteter und entsandter Mitarbeiter für JVCo sein. Außerdem wird Q anfänglich die Hauptverantwortung für die Einstellung neuer Mitarbeiter für die Betriebsstätte übernehmen.]

 

„JVCo may outsource to a Party on a permanent or temporary basis, certain services (Infrastructure, management, operational and technology support and development usw.) that can be provided by a party to JVCo on a more cost effective basis than if JVCo were to provide such services itself. In particular for the early phases of JVCo, both Parties commit to enter into agreements to supply necessary services to JVCo for a period of at least 2 years, until JVCo is in a position to function cost effectively without this support from its owner entities.“ [JVCo kann bestimmte Dienstleistungen (Infrastruktur, Management, betriebliche und technologische Unterstützung und Entwicklung usw.), die kostengünstiger durch einen Partner erbracht werden können als durch JVCo selbst, dauerhaft oder vorübergehend an einen Partner vergeben. Beide Partner verpflichten sich, insbesondere in der Anlaufphase von JVCo Vereinbarungen über die Erbringung der benötigten Dienstleistungen an JVCo für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren zu schließen, bis JVCo in der Lage ist, ohne diese Unterstützung durch seine Eigentümer kostenwirksam tätig zu sein.]

 

[…„For example, it is anticipated that because of the proximity of the JVCo facility to Q, that Q will be in a position to effectively provide JVCo with infrastructure services until such time as JVCo is able to provide such services independently.“ [So wird beispielsweise davon ausgegangen, dass Q aufgrund seiner geografischen Nähe zur Betriebsstätte von JVCo in der Lage sein wird, Infrastrukturdienste für JVCo zu erbringen, bis JVCo solche Dienste selbst übernehmen kann.]

(95)

Im MJVA1 ist ebenfalls eine ganze Reihe von Dienstleistungen aufgeführt, die für Sovello (durch die beiden Partner Q-Cells und Evergreen) erbracht werden können: allgemeine Beratung in Managementfragen, Unterstützung bei der Beantragung des staatlichen Investitionszuschusses, Unterstützung bei der Beantragung der Genehmigungen in Deutschland, Unterstützung bei der Auswahl und Einstellung deutschen Managementpersonals, Unterstützung in Steuerfragen, Beratung in Fragen der Geschäfts- und Betriebsstruktur, Beratung und Unterstützung bei der Kapitalbeschaffung, Vermittlung der Zulieferer der Partner, Beratung im Zusammenhang mit dem Transfer der Technologien der Partner, technologische Unterstützung, Unterstützung bei dem Erwerb lokaler Infrastrukturen, Humanressourcen und Einstellung von Mitarbeitern (Artikel 9.9 des MJVA1). Es trifft zwar zu, dass in diesen Dokumenten festgelegt ist, dass diese Dienstleistungen zu Marktpreisen oder auf Kosten-Plus-Grundlage erbracht werden, dennoch zeugt all dies von einer engen Beziehung zwischen Sovello und Q-Cells.

(96)

In einer Presseerklärung der Partner vom 24. Januar 2005 heißt es, dass „die geplante Anlage voraussichtlich auf einem Grundstück in der Nähe der bereits bestehenden Solarzellenfabriken von Q-Cells gebaut wird und daher in den Genuss beträchtlicher Synergien mit der Tätigkeit von Q-Cells kommen dürfte.“

(97)

Zudem erwarb Q-Cells die Mantelgesellschaft, um Sovello zu gründen, und bei den Führungskräften dieser Gesellschaft handelte es sich um den Vorstandsvorsitzenden und den Finanzvorstand von Q-Cells, wobei der Geschäftsführer von Q-Cells Zeichnungsvollmacht hatte.

(98)

Q-Cells stellte eine Führungskraft von Sovello, und ungeachtet des Arguments Deutschlands, wonach dies nur vorübergehend der Fall war und dass Evergreen ebenfalls eine Führungskraft stellte, ist dies ebenfalls ein Anhaltspunkt dafür, dass die Beziehungen zwischen Q-Cells und Sovello zumindest zu Beginn des Joint Ventures sehr eng waren.

(99)

Deutschland machte geltend, dass Evergreen mit anderen potenziellen Joint-Venture-Partnern auf der Grundlage einer Beteiligung von mehr als 75 % verhandelt habe, übermittelte aber keine entsprechenden schriftlichen Beweise. Deutschland bot in einigen Schreiben zwar an, eidesstattliche Versicherungen von Vertretern von Evergreen und Q-Cells über die Erwägungen hinter der Beteiligung von 24,9 % zu übermitteln, tat dies letztlich aber nicht.

(100)

Aus diesen Gründen kann die Kommission dem Argument, dass die Beteiligung von Q-Cells von 24,9 % zwangsläufig aus der Anwendung des deutschen Gesellschaftsrechts resultiert und nicht auf die Absicht, einen KMU-Aufschlag zu erlangen, zurückzuführen ist, nicht folgen.

(101)

Die Kommission ist von dem Argument Deutschlands nicht überzeugt, dass die im MJVA1 festgelegte Möglichkeit für Q-Cells, seine Beteiligung auf 50 % zu erhöhen, nicht nur davon abhinge, dass die staatliche Förderung aufrechterhalten bliebe, sondern auch von einer Entscheidung beider Partner über einen Ausbau der Produktionskapazität auf der Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges von Sovello1, denn Artikel 3 Absatz 6 Buchstabe c des MJVA1 lautet folgendermaßen:

„Zusätzliche Finanzmittel. Sollte die VentureCo, sei , bei E und Q schriftlich über das ‚Aggregate Equity Funding‘ (Gesamt-Eigenkapitalausstattung) und das ‚Alternative Funding‘ (Weitere Kapitalausstattung) hinausgehende zusätzliche Finanzmittel (die ‚Zusätzlichen Finanzmittel‘) anfordern und sollten die Gesellschafter eine entsprechende Kapitalerhöhung unter Beachtung der Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags billigen (das ‚Ersuchen um Zusätzliche Finanzmittel‘) gilt folgendes:

i)

(‚Fördermittelunbedenklichkeitsbescheinigung‘) — dass Q ihre Beteiligung an der VentureCo auf 50 % erhöht, oder dass bereits erhaltene staatliche Investitionszuschüsse von diesen ganz oder teilweise zurückgefordert werden, wird Q schriftlich angeboten, Zusätzliche Finanzmittel in der Höhe zur Verfügung zu stellen, die Q in die Lage versetzen, sich an der VentureCo in der gleichen prozentualen Höhe wie E zu beteiligen (…) (ohne den Anteil von E zu überschreiten. (…)“ (Hervorhebung der Kommission)

(102)

Nach sorgfältiger Prüfung von verschiedenen Unternehmensdokumente ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die formale Eigentums- und Entscheidungsstruktur von Sovello, einschließlich der Beteiligung von Q-Cells in Höhe von 24,9 % und des erheblichen Einflusses von Q-Cells auf die Entscheidungsfindung von Sovello, zum Zeitpunkt der ursprünglichen Anmeldung tatsächlich absichtlich und von Grund auf so festgelegt war, dass Sovello den KMU-Aufschlag erlangen konnte, während die beiden strategischen Partner von vornherein darauf abzielten, eine gleichberechtigte Partnerschaft zu gründen, nachdem der KMU-Aufschlag erlangt war.

(103)

Deutschland macht ferner geltend, dass die Beteiligung von Q-Cells auf dem deutschen Gesellschaftsrecht basiert. Im Einzelnen argumentierte Deutschland, dass die erfolgreiche Entwicklung des Joint Venture Sovello für den wirtschaftlichen Erfolg von Evergreen so wichtig war, dass Evergreen ein Höchstmaß an Entscheidungsbefugnissen und Einfluss auf Sovello behalten wollte und aus diesem Grund für die erste Phase der Entwicklung von Sovello nicht akzeptierte, höchstens 75 % des Stammkapitals und der Stimmrechte zu halten. Dieses Argument kann nur so interpretiert werden, dass Evergreen nicht bereit war, Q-Cells 25 % oder mehr der Anteile und Stimmrechte zu überlassen.

(104)

Um diese Argumentation nachvollziehen und deren Glaubwürdigkeit beurteilen zu können, analysierte die Kommission die Bestimmungen des deutschen GmbH-Gesetzes und damit des geltenden nationalen Rechts, weil die Sovello AG damals als EverQ GmbH firmierte und unter das GmbH-Gesetz fiel.

(105)

Im deutschen GmbH-Gesetz sind insbesondere in den §§ 50, 61, 66 und 53 bestimmte gesetzliche Minderheitsrechte verankert. Die §§ 50, 61 und 66 betreffen Rechte von Gesellschaftern mit Stimmrechten von mehr als 10 % und sind daher für diese Würdigung nicht relevant, da Q-Cells im Besitz eines solchen Anteils ist. Lediglich § 53 sieht ein Minderheitsrecht vor, dass Q-Cells aufgrund seiner Beteiligung von 24,9 % gesetzlich nicht zusteht. Nach § 53 GmbH-Gesetz können Minderheitsgesellschafter mit mehr als 25 % der Stimmrechte eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH blockieren. Folglich fielen Evergreen als Mehrheitsgesellschafter mit mehr als 75 % der Stimmrechte kraft Gesetz alle wichtigen Geschäftsentscheidungen, auch über Änderungen des Gesellschaftsvertrags, zu. Wenn die Bestimmungen über die Entscheidungsbefugnisse in der Satzung und im MJVA keine zusätzlichen Entscheidungsbefugnisse für Q-Cells vorsähen, wäre das von Deutschland vorgebrachte Argument, dass Evergreen einen Anteil von mehr als 75 % benötigte, stichhaltig, und die Beteiligung von Q-Cells in Höhe von 24,9 % könnte als Folge der strikten Anwendung gesetzlich verankerter Rechte gerechtfertigt sein, so dass nicht davon ausgegangen werden müsste, dass sie eine künstliche, auf die Umgehung der KMU-Definition abzielende Unternehmensstruktur widerspiegelt.

(106)

Nach deutschem Gesellschaftsrecht und ungeachtet der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gilt allerdings Vertragsfreiheit, und die Satzung des Unternehmens enthält unter Umständen Schutzbestimmungen, die über die gesetzlichen Schutzbestimmungen hinausgehen.

(107)

Exakt dies ist der Fall bei Sovello, da die Partner in der Satzung festgelegt haben, dass bei allen wichtigen Entscheidungen und insbesondere bei einer Abänderung der Satzung die Zustimmung beider Partner erforderlich ist. Falls — wie im vorliegenden Fall — Einstimmigkeit vereinbart wurde, gilt die vorgenannte Regel nicht, da sie die Rechte eines Minderheitsgesellschafters lediglich schützen, aber nicht einschränken würde. Andererseits hätte es den Partnern selbstverständlich völlig freigestanden, dieselbe Klausel auch in der Satzung aufzunehmen, wenn sie nicht einen Anteil von 24,9 %, sondern in anderer Höhe für Q-Cells vereinbart hätten. Daher ist das Argument bezüglich der Vetorechte von Minderheitsgesellschaftern im vorliegenden Fall nicht relevant. Die von Deutschland vorgebrachten Argumente sind daher widersprüchlich; dass ein Mehrheitsgesellschafter mit einer Mehrheit von über 75 % über gesetzliche Rechte verfügt, ist bedeutungslos, wenn die aufgrund der Mehrheit gegebenen maßgeblichen Entscheidungsbefugnisse vertraglich eingeschränkt werden. Angesichts der vorstehenden Ausführungen zieht die Kommission den Schluss, dass nach deutschem Gesellschaftsrecht kein Grund für die Festlegung eines Anteils von 24,9 % gegeben ist. Dass die Beteiligung von Q-Cells nach dem Einstieg von REC in das Joint Venture vorübergehend verringert wurde, wobei diese Verringerung nach der ursprünglichen Genehmigung des KMU-Aufschlags durch die Kommission lediglich für weitere drei Monate aufrechterhalten wurde, ändert nichts an diesem Untersuchungsergebnis.

(108)

Deutschland hat geltend gemacht, dass im November 2005 (mit dem Einstieg von REC durch den Erwerb von 15 % der Aktien) und somit vor dem Erlass der Entscheidung N 426/05 über den KMU-Aufschlag erstens der MJVA1 aufgehoben und durch den MJVA2 ersetzt und zweitens die Beteiligung von Q-Cells auf 21 % verringert wurde.

(109)

Im Allgemeinen würdigt die Kommission einen Fall auf Grundlage der Tatsachen zum Anmeldungszeitpunkt, sofern der Mitgliedstaat die Anmeldung nicht ausdrücklich ändert. In einem Fall, in dem ein Unternehmen bereits zum Zeitpunkt der ersten Anmeldung kein KMU ist (selbst wenn die KMU-Schwellenwerte formal eingehalten wurden), und vor dem Hintergrund einer möglichen Umgehung der KMU-Definition richtet die Kommission allerdings besonderes Augenmerk auf spätere Veränderungen, von denen sie nach der ursprünglichen Anmeldung in Kenntnis gesetzt wurde. Im vorliegenden Fall ändern die Änderungen der Gesellschafterstruktur, von der die Kommission nach der ursprünglichen Anmeldung unterrichtet wurde, nichts an der rechtlichen Würdigung. Die mutmaßliche Absicht, den Anteil von Q-Cells künstlich unter 25 % zu halten, wurde von den späteren Veränderungen der Unternehmensstruktur (vor der Entscheidung N 426/05 über den KMU-Aufschlag) nicht berührt, und der starke Einfluss von Q-Cells im Joint Venture Sovello wird im MJVA2 aufrechterhalten.

(110)

Die Tatsache, dass der Einfluss von Q-Cells im ursprünglichen Joint Venture über seinen Anteil von 24,9 % hinausgeht, wird auch durch den MJVA2 bestätigt, der vorsieht, dass die drei Partner, falls ein Teil der Zuschüsse zurückgezahlt werden muss, Sovello ein Darlehen in Höhe des zurückzuzahlenden Betrags gewähren, wobei REC einen Darlehensanteil gewährt, der proportional zu seinem Anteil ist, während der verbleibende Darlehensbetrag zu gleichen Teilen zwischen Evergreen und Q-Cells aufgeteilt wird.

(111)

Die nach dem Eintritt von REC geltende Regelung ist im MJVA2 festgelegt. Der MJVA2 sieht vor, dass Q-Cells auf ein Ersuchen um Zusätzliche Finanzmittel hin, sei es im Hinblick auf eine Kapazitätserweiterung oder in einem anderen Zusammenhang, seine Beteiligung bis zur Höhe der Beteiligung von Evergreen erhöhen kann (Artikel 3.5 Buchstabe c). Vorbehaltlich des Abschlusses eines weiteren, bis zum […] geschlossenen Siliziumliefervertrags kann REC seine Beteiligung durch Übernahme von 6 % von Evergreen auf 21 % erhöhen (Artikel 3.4). Im Falle eines Ersuchens um Zusätzliche Finanzmittel und ebenfalls vorbehaltlich eines weiteren Siliziumliefervertrags kann REC seine Beteiligung an Sovello auf 33,3 % (Artikel 3.5 Buchstabe d) und damit bis zur Höhe der Beteiligung von Evergreen und Q-Cells erhöhen. Die unternehmensinterne Entscheidung über den Ausbau der Produktionskapazität wurde Ende Juni 2006 gefällt. Die Beteiligung der drei Partner zu gleichen Teilen wurde rund drei Monate nach der ursprünglichen Genehmigung des KMU-Aufschlags durch die Kommission vereinbart, als Q-Cells und REC ihre Beteiligung auf je 33,3 % erhöhten (geänderter MJVA2).

(112)

Die Bestimmungen über die Bestellung der Direktoren und die Entscheidungsverfahren im Aufsichtsrat wurden im Wesentlichen beibehalten: Gemäß MJVA2 haben sowohl Q-Cells als auch REC das Recht, einen Direktor zu bestellen (zwei, sobald ihre Beteiligung 30 % übersteigt), und Entscheidungen bedürfen der Mehrheit der Direktoren, wobei die Zustimmung von mindestens zwei der drei Eignerunternehmen erforderlich ist. Auch dies geht über die Entscheidungsbefugnisse hinaus, die ein Minderheitsgesellschafter in einer normalen Unternehmenssituation erwarten kann (obgleich unter Umständen in einem Joint Venture weniger ungewöhnlich).

(113)

Außerdem brachte Q-Cells REC in das Joint Venture ein. Q-Cells hatte enge Abnehmer- und Zulieferbeziehungen mit REC und seinen Töchtern ScanModule AB, Glava, Schweden (nachstehend „ScanModule“ genannt), ScanCell AS, Narvik, Norwegen (nachstehend „ScanCell“ genannt) und ScanWafer ASA, Høvik, Glomfjord, Porsgrunn, Norwegen. REC lieferte Silizium an Q-Cells und war der wichtigste Waferlieferant für Q-Cells, und Q-Cells verkaufte einen erheblichen Teil seiner Solarzellenproduktion an ScanModule. Die von ScanCell hergestellten Zellen wurden von Q-Cells vertrieben. Außerdem schlossen Q-Cells und REC 2004 eine mündliche Vereinbarung über die Absatz- und Marketingunterstützungsdienstleistungen von Q-Cells in Norwegen. Ferner bestehen auch eindeutige Verknüpfungen über Herrn Brenninkmeijer, der Mitglied im Aufsichtsrat sowohl von Q-Cells als auch von REC war und die Position des Managing Director von Good Energies bekleidete, des Unternehmens, das 16 % der Anteile von Q-Cells und 39 % der Anteile von REC hielt (vgl. Abschnitt 2.2). Für das Unternehmen CSG Solar wurde ein ähnliche Struktur eingerichtet; sowohl Q-Cells als auch REC waren Minderheitsgesellschafter, und der Vorstandsvorsitzende von Q-Cells und Herr Brenninkmeijer waren Mitglieder des Aufsichtsrats.

(114)

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die formale Eigentums- und Entscheidungsstruktur von Sovello sowohl zum Anmeldungszeitpunkt als auch bei Erlass der Entscheidung N 426/05 absichtlich so gestaltet war, dass Sovello den KMU-Aufschlag erlangen konnte (indem die Beteiligung von Q-Cells unter 25 % gehalten wurde), während die beiden bzw. später drei strategischen Partner (REC gewährleistete die Versorgung mit Silizium) gleichzeitig stets das Ziel verfolgten, die Partnerschaft zu gleichen Teilen zu etablieren, sobald der KMU-Aufschlag erlangt war. In der Praxis wurden die Beteiligungen der drei Partner drei Monate nach der Genehmigung des KMU-Aufschlags durch die Kommission im Wege einer Änderung des MJVA2 aneinander angeglichen (je 33,3 %).

6.3.4.   Berechnung der KMU-Schwelle unter Zugrundelegung einer Beteiligung von Q-Cells in Höhe von 25 %

(115)

Nach Artikel 2 des Anhangs zur KMU-Empfehlung handelt es sich bei kleinen und mittleren Unternehmen um Unternehmen,

die weniger als 250 Personen beschäftigen und

die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder

deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft.

(116)

Wie diese Schwellen berechnet werden, hängt von der Struktur des betreffenden Unternehmens ab (eigenständiges Unternehmen oder Partnerunternehmen/verbundenes Unternehmen im Sinne von Artikel 3 des Anhangs zur KMU-Empfehlung). Nach Artikel 4 des Anhangs zur KMU-Empfehlung beziehen sich die Angaben, die im Zuge der Prüfung des KMU-Status des Beihilfeempfängers für die Berechnung der Mitarbeiterzahl und der finanziellen Schwellenwerte herangezogen werden, auf den letzten Rechnungsabschluss und werden auf Jahresbasis berechnet. Nach Artikel 6 des Anhangs zur KMU-Empfehlung müssen die Daten von verbundenen Unternehmen/Partnerunternehmen bei der Berechnung der KMU-Schwellen hinzugerechnet werden (zu 100 % für verbundene Unternehmen und anteilsmäßig für Partnerunternehmen, d.h. mindestens zu 25 %).

(117)

Infolge aller vorstehenden Erwägungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass Q-Cells in der ursprünglichen Entscheidung als Partnerunternehmen von Sovello (d.h., als ob Q-Cells eine Beteiligung von 25 % an Sovello hielt) hätte eingestuft werden sollen, wenn der Kommission alle relevanten Informationen vorgelegen hätten. Auf dieser Grundlage berechnete die Kommission die in der KMU-Empfehlung festgelegten KMU-Schwellen für Sovello neu.

(118)

Aufgrund seiner Mehrheitsbeteiligung war Evergreen ein mit Sovello verbundenes Unternehmen. Daher müssen seine Daten bei der Berechnung der KMU-Schwellen zu 100 % miteingerechnet werden. Die für Evergreen zugrunde gelegten Daten beziehen sich auf das Jahr 2004 (215 Mitarbeiter, Jahresumsatz von 18,9 Mio. EUR und Jahresbilanzsumme von 36,5 Mio. EUR). Im selben Jahr hatte Sovello weder Mitarbeiter noch einen Umsatz, aber eine Bilanzsumme von 0,025 Mio. EUR. Ende 2004 hatte Q-Cells 350 Mitarbeiter, einen Jahresumsatz von 128,7 Mio. EUR und eine Jahresbilanzsumme von 105,6 Mio. EUR.

(119)

Die Kommission berechnetet die KMU-Schwellen für Sovello neu, indem sie die Mitarbeiterzahl, den Umsatz und die Bilanzsumme von Sovello (mit der Anmeldung übermittelte Angaben) zu 100 %, die Daten von Evergreen (verbundenes Unternehmen, Stand der mit der Anmeldung übermittelten Daten 2004) ebenfalls zu 100 % und die Daten von Q-Cells zu 25 % zugrunde legte. Auf der Grundlage dieser Berechnung sind alle KMU-Schwellen überschritten, so dass Sovello der KMU-Status nicht zuerkannt würde und das Unternehmen folglich für einen KMU-Aufschlag nicht in Betracht käme.

(120)

Deutschland macht geltend, dass die Kommission anscheinend davon ausgehe, dass ein Joint Venture zusammen mit seinen Joint-Venture-Partnern automatisch als wirtschaftliche Einheit zu behandeln sei, und sie daher für Joint Ventures besondere KMU-Kriterien entwickele und anwende. Die Kommission merkt hierzu an, dass die Würdigung in der vorliegenden Sache zeigt, dass dies Argument nicht stichhaltig ist. Im Einklang mit Artikel 6 der KMU-Empfehlung hat die Kommission die Daten von Q-Cells bei der Berechnung nur anteilmäßig (25 %) berücksichtigt, da sie davon ausgeht, dass die Beteiligung von Q-Cells künstlich unter dieser Schwelle gehalten wurde.

6.4.   Fehlende Notwendigkeit des KMU-Aufschlags

(121)

Da die KMU-Schwellen überschritten sind, bedarf es keiner weiteren Untersuchung, ob Sovello tatsächlich mit KMU-typischen Schwierigkeiten konfrontiert war und ob die Gewährung des KMU-Aufschlags aus diesem Grund notwendig war. Deutschland zählte dennoch verschiedene „KMU-typische Schwierigkeiten“ auf, mit denen Sovello angeblich konfrontiert war (vgl. Abschnitt 5.2). Hinsichtlich des begrenzten Zugangs zu finanziellen Mitteln und des von Deutschland vorgebrachten Arguments, dass das Investitionsvorhaben ohne KMU-Aufschlag nicht durchgeführt worden wäre, merkt die Kommission an, dass im MJVA1 Möglichkeiten für „Alternative Funding“ [Weitere Kapitalausstattung] vorgesehen waren, falls die staatliche Förderung ausblieb. Im MJVA2 ist ein Ausgleich von Zuschussrückzahlungsverpflichtungen durch die drei Joint-Venture-Partner (durch ein Darlehen an Sovello, vgl. Randnummer 110) vorgesehen. Die Kommission ist daher nicht davon überzeugt, dass die Investition ohne KMU-Aufschlag nicht getätigt worden wäre. Das kommerzielle Risiko wird nach Ansicht der Kommission dadurch abgefedert, dass Sovello sich auf die Erfahrung seiner drei Partner Evergreen (Absatz und Vertrieb), Q-Cells (Präsenz auf dem deutschen Markt) und REC (Tätigkeit auf dem Markt für Solarmodule über seine Tochtergesellschaften) stützen konnte (vgl. Randnummer 113). Die Kommission weist das Argument Deutschlands zurück, wonach Sovello höhere Betriebs- und Geschäftskosten tragen musste als große Unternehmen, da dass Unternehmen, wie in den Randnummern 94 und 95 dargelegt, bedeutende Unterstützung von Q-Cells erhielt und seine Siliziumversorgung durch REC sichergestellt war (2005 bestand ein ernster Versorgungsengpass in der Solarindustrie).

(122)

Nach Auffassung der Kommission zeigt ihre Würdigung auf der Grundlage der neuen Informationen, dass Sovello durch seine in derselben Branche tätigen Joint-Venture-Partner potenziell Zugang zu finanziellen Mitteln und Hilfe hatte, die für Wettbewerber gleicher Größe, die nicht von verbundenen Unternehmen oder Partnerunternehmen unterstützt wurden, nicht verfügbar waren. Die Kommission gelangt daher entgegen der Argumentation Deutschlands zu dem Schluss, dass der Sovello gewährte KMU-Aufschlag nicht notwendig war, um die Finanzierung des Investitionsvorhabens sicherzustellen.

6.5.   Schlussfolgerung

(123)

Aus diesen Gründen vertritt die Kommission die Auffassung, dass Sovello der KMU-Aufschlag von 15 % nicht gewährt werden durfte und dass die Gewährung des KMU-Aufschlags mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar ist.

(124)

Nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 muss die Kommission grundsätzlich die Rückforderung nicht vereinbarer Beihilfen vom Beihilfeempfänger anordnen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die am 7. Juni 2006 in der Beihilfesache N 426/05 erlassene Entscheidung wird widerrufen.

Artikel 2

Die staatliche Beihilfe in Höhe von 9 130 995 EUR in Preisen von 2007, die Deutschland unter Verletzung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV zugunsten von Sovello rechtswidrig gewährt hat, ist nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Artikel 3

(1)   Deutschland fordert die in Artikel 2 genannte Beihilfe vom Empfänger zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die für den Zeitraum ab der Auszahlung der Beihilfe an den Empfänger bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (30), nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Deutschland stellt mit dem Tag der Bekanntgabe dieses Beschlusses alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 2 genannte Beihilfe ein.

Artikel 4

(1)   Die in Artikel 2 genannte Beihilfe wird unverzüglich und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Deutschland stellt sicher, dass dieser Beschluss innerhalb von vier Monaten nach seiner Bekanntgabe durchgeführt wird.

Artikel 5

(1)   Deutschland übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieses Beschlusses die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Beihilfeempfänger zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Beihilfeempfänger Rückzahlungsanordnungen ergangen sind.

(2)   Deutschland unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Durchführung dieses Beschlusses bis die Rückzahlung der in Artikel 2 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Deutschland unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um diesem Beschluss nachzukommen. Ferner übermittelt Deutschland ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die der Beihilfeempfänger bereits zurückgezahlt hat.

Artikel 6

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 27. Januar 2010

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 253 vom 4.10.2008, S. 23.

(2)  Am 24. November 2008 wurde die EverQ GmbH in die Aktiengesellschaft Sovello AG umgewandelt. Zum besseren Verständnis des Beschlusses wird der derzeitige Name „Sovello AG“ auch für den vor der Änderung des Firmennamens liegenden Zeitraum verwendet.

(3)  ABl. C 270 vom 7.11.2006, S. 2.

(4)  Entscheidung der Kommission vom 17. Juni 2009 (ABl. L 237 vom 9.9.2009, S. 15).

(5)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(6)  Siehe Fußnote 1.

(7)  Bei der String-Ribbon-Technologie handelt es sich um ein kontinuierliches Verfahren, bei dem lange Drähte von Spulen abgewickelt und durch flüssiges Silizium geführt werden, wobei sie ein langes Siliziumband („Ribbon“) aus dem Schmelzbad ziehen. Das Band wird in regelmäßigen Abschnitten entnommen und in kleinere Einheiten (Solarwafer) zerschnitten. Die Wafer werden dann gereinigt und durch weitere Fertigungsschritte (POCl3-Diffusion, Nassätzung, SiN-Antireflexbeschichtung, Metallisierung und Konditionierung) zu Solarzellen verarbeitet. Beim letzten Fertigungsschritt werden die Zellen zu Solarmodulen (Panelen) zusammengesetzt.

(8)  Ein Megawatt-Peak (MWp) entspricht 1 000 000 Watt-Peak (Wp). Watt-Peak ist eine Maßeinheit für die Leistungsfähigkeit (Nennleistung) von Solarzellen und Solarmodulen. Diese Maßeinheit ist der in der Fotovoltaik übliche Vergleichsmaßstab der technischen Leistungsfähigkeit von Solarmodulen und bezeichnet die Nennleistung der Module unter Standard-Testbedingungen.

(9)  Sitz in Thalheim, Sachsen-Anhalt, Deutschland. Vormals Q-Cells AG.

(10)  Der MJVA1 kann im Internet unter folgender Adresse aufgerufen werden: http://www.secinfo.com/dsvRx.z7n.d.htm

(11)  Unterliegt dem Berufsgeheimnis.

(12)  ABl. C 74 vom 10.3.1998, S. 9.

(13)  Staatliche Beihilfe N 641/02 — Deutschland — Fördergebietskarte für Deutschland (2004-2006).

(14)  ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 33.

(15)  Entscheidung der Kommission vom 1. Oktober 2003 (ABl. C 284 vom 27.11.2003, S. 5).

(16)  Entscheidung der Kommission vom 19. Januar 2005 (ABl. C 235 vom 23.9.2005, S. 4).

(17)  Aufschlag von 10 % für KMU in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV und von 15 % für KMU in Fördergebieten nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV.

(18)  ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36.

(19)  ABl. C 118 vom 20.5.2003, S. 5.

(20)  Empfehlung 96/280/EG der Kommission (ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4).

(21)  Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-91/01, Slg. 2004, I-4355.

(22)  Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. Oktober 2004 in der Rechtssache T-137/02, Slg. 2004, II-3541.

(23)  Am 2. März 2005 stellte die Kommission fest, dass Q-Cells ein KMU war, und genehmigte mit ihrer Entscheidung in der Sache N 457/04 einen KMU-Aufschlag für Q-Cells (ABl. C 131 vom 28.5.2005, S. 11).

(24)  Am 3. Mai 2005 stellte die Kommission fest, dass die CSG Solar AG ein KMU war, und genehmigte mit ihrer Entscheidung in der Sache N 122/05 einen KMU-Aufschlag für die CSG Solar AG (ABl. C 235 vom 23.9.2005, S. 3). Am 19. Juli 2006 stellte die Kommission fest, dass die CSG Solar AG weiterhin ein KMU war, und genehmigte mit ihrer Entscheidung in der Sache N 335/06 einen zweiten KMU-Aufschlag für die CSG Solar AG (ABl. C 232 vom 27.9.2006, S. 2).

(25)  „Die Einzelnotifizierungspflichten für KMU im Sinne der Gemeinschaftsdefinition, die sich aus Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 ergeben, werden ebenso eingehalten wie die in Artikel 9 derselben Verordnung vorgeschriebenen Aufzeichnungs- und Mitteilungspflichten“.

(26)  Artikel 3 Absatz 3 Buchstaben a bis d des Anhangs zur KMU-Empfehlung lauten:

„Verbundene Unternehmen“ sind Unternehmen, die zueinander in einer der folgenden Beziehungen stehen:

a)

Ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens;

b)

ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremiums des anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen;

c)

ein Unternehmen ist gemäß einem mit einem anderen Unternehmen abgeschlossenen Vertrag oder aufgrund einer Klausel in dessen Satzung berechtigt, einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen auszuüben;

d)

ein Unternehmen, das Aktionär oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ist, übt gemäß einer mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieses anderen Unternehmens getroffenen Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte von dessen Aktionären oder Gesellschaftern aus.

(27)  33. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GA): „Zur Ermittlung der Schwellenwerte für eigenständige Unternehmen, Partnerunternehmen bzw. verbundene Unternehmen gelten die in der KMU-Empfehlung der EU-Kommission enthaltenen Berechnungsmethoden. Diese Beurteilungskriterien dürfen nicht durch solche Unternehmen umgangen werden, die die Voraussetzungen für die Eigenschaft als kleine und mittlere Unternehmen zwar formal erfüllen, jedoch tatsächlich durch ein größeres oder mehrere größere Unternehmen kontrolliert werden. Es sind sämtliche rechtliche Gebilde auszuschließen, die eine wirtschaftliche Gruppe bilden, deren wirtschaftliche Bedeutung über die eines kleinen und mittleren Unternehmens hinausgeht.“

(28)  „JVCo“ steht für EverQ (Sovello), „Q“ steht für Q-Cells und „E“ für Evergreen.

(29)  „VentureCo“ steht für EverQ; „Q“ steht für Q-Cells. Bei der Fördermittelunbedenklichkeitsbescheinigung handelt es sich um die schriftliche Bestätigung der deutschen Behörden, dass die Erhöhung der Beteiligung nach den geltenden Beihilfevorschriften möglich ist, ohne dass die Beihilfe verringert oder zurückgezahlt werden muss.

(30)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.


IV Vor dem 1. Dezember 2009 in Anwendung des EG-Vertrags, des EU-Vertrags und des Euratom-Vertrags angenommene Rechtsakte

1.7.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 167/39


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 28. Oktober 2009

über die staatliche Beihilfe C 59/07 (ex N 127/06 und NN 13/06), die Italien zugunsten von Ixfin SpA gewährt hat

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 8123)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2010/359/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unter absatz 1,

gestützt auf das Abkommen zur Gründung des Europäischen Wirtschaftsraums, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme (1) gemäß den genannten Artikeln und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Am 18. November 2005 erließ Italien ein Dekret, das die Gewährung einer Rettungsbeihilfe für Ixfin SpA (nachstehend „Ixfin“ oder „Unternehmen“ genannt) vorsah. Nach der Anmeldung der Maßnahme durch Italien am 23. Februar 2006 registrierte die Kommission die Beihilfesache zunächst unter der Nummer N 127/2006. Als sie jedoch feststellte, dass die Beihilfe unter Verletzung des Durchführungsverbots bereits im Dezember 2005 gewährt worden war, registrierte sie die Beihilfesache unter der Nummer NN 13/2006.

(2)

Die Kommission ersuchte Italien mit Schreiben vom 5. April 2006 um ergänzende Informationen, die mit einem am 29. Mai 2006 registrierten Schreiben übermittelt wurden. Am 9. Juni 2006 fand ein Treffen mit Vertretern Italiens statt, die der Kommission mitteilten, dass Italien einen Umstrukturierungsplan übermitteln werde.

(3)

Mit einem am 13. Juni 2006 registrierten Schreiben setzte Italien die Kommission davon in Kenntnis, dass Italien einem Antrag von Ixfin auf Aufstockung der Beihilfe auf 17,3 Mio. EUR unter dem Vorbehalt der Genehmigung durch die Kommission vorläufig stattgegeben habe. Die Kommission forderte mit Schreiben vom 19. Juni 2006 zusätzliche Informationen an, die mit einem am 26. Juni 2006 registrierten Schreiben übermittelt wurden.

(4)

Am 5. Juli 2006 erinnerte die Kommission Italien in einem Schreiben an die fällige Vorlage eines Umstrukturierungsplans.

(5)

Mit einem am 9. August 2006 registrierten Schreiben übermittelte Italien ergänzende Informationen, die bestätigten, dass das Gericht von Neapel (nachstehend „Gericht“ genannt) das Unternehmen am 5. Juli 2006 für insolvent erklärt hatte. Am 29. November 2006 forderte die Kommission weitere Informationen an, die Italien mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 zum Teil übermittelte. Am 22. Dezember 2006 forderte die Kommission Italien in einem Erinnerungsschreiben zur Übermittlung der fehlenden Informationen auf und führte detailliert aus, welche Informationen erforderlich waren. Insbesondere fragte die Kommission nach, ob es absehbar sei, ob das Unternehmen am Ende des Insolvenzverfahrens liquidiert würde und damit sämtliche Geschäftstätigkeiten eingestellt würden oder ob die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens möglicherweise im Zuge eines Verkaufs in anderer Form fortgeführt würden.

(6)

In einem Antwortschreiben vom 14. März 2007 bestätigte Italien die Einstellung aller Geschäftstätigkeiten. Im selben Schreiben erläuterte Italien jedoch, dass mangels ausreichender Informationen noch nicht angegeben werden könne, ob die Geschäftstätigkeiten des Unternehmens möglicherweise wieder aufgenommen werden könnten. Am 14. Juni 2007 forderte die Kommission Italien auf, sie über alle weiteren im Rahmen des Insolvenzverfahrens ergriffenen Maßnahmen zu unterrichten, und präzisierte dabei, welche Informationen in diesem Zusammenhang unverzichtbar wären.

(7)

Im Oktober 2007 erfuhr die Kommission aus der Presse, dass Ixfin möglicherweise eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten würde.

(8)

Am 11. Dezember 2007 erließ die Kommission eine Entscheidung zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens (2) (nachstehend „Eröffnungsentscheidung“ genannt) einschließlich einer Anordnung zur Auskunftserteilung und forderte Italien darin auf, binnen eines Monats mehrere Fragen zu beantworten. Zugleich forderte sie Beteiligte zur Stellungnahme auf. Am 7. Januar 2008 beantragte Italien eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme. Daraufhin wurde die Frist noch am selben Tag bis zum 12. Februar 2008 verlängert. Mit E-Mail vom 15. Januar 2008, 12. März 2008 und 25. März 2008 übermittelte Italien jedoch nur Teilantworten.

(9)

Am 25. März 2008 ging bei der Kommission eine Stellungnahme des Insolvenzverwalters ein, die Italien am 18. April 2008 zusammen mit einem Auskunftsersuchen übermittelt wurde. Am 24. April 2008 antwortete Italien auf das Auskunftsersuchen und äußerte sich zu der Stellungnahme des Insolvenzverwalters.

(10)

Am 20. Oktober 2008 forderte die Kommission weitere Informationen an, die ihr mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 übermittelt wurden. Italien leitete das Auskunftsersuchen der Kommission an den Insolvenzverwalter weiter, der am 18. November 2008 weitere Informationen übermittelte.

II.   BESCHREIBUNG DER BEIHILFE

II.1.   Beihilfeempfänger

(11)

Bei Ixfin handelt es sich um ein großes Unternehmen mit Sitz in Marcianise (Caserta) in der italienischen Region Kampanien.

(12)

Ixfin ist eine Gesellschaft italienischen Rechts, die in der Auftragsfertigung (Herstellung und Montage von Steuerungen und sonstigen elektronischen Erzeugnissen) sowie in den Bereichen Callcenter und Logistik tätig ist.

(13)

Bis 1999 wurde Ixfin vom Olivetti-Konzern kontrolliert, und seine Produktion wurde unter der Marke Olivetti verkauft. 1999 beschloss Olivetti, die Produktionstätigkeit vollkommen einzustellen, und Ixfin wurde an Finmek SpA verkauft.

(14)

Seit 2003 wird Ixfin von dem Unternehmen Maxfin Srl kontrolliert, das seinerseits unter der Kontrolle des Unternehmens Pufin Srl steht, das auf Unternehmensdienstleistungen (in den Bereichen Handel, Verwaltung und Logistik) spezialisiert und die Muttergesellschaft der der Familie Pugliese gehörenden Pufin-Gruppe ist.

(15)

Ixfin kontrolliert unmittelbar bzw. mittelbar vier weitere Unternehmen: Nicofin Srl (99 %), Uni.com Partecipazioni Srl (100 %), Uni.com SpA (100 %) und Uni.com Ricerche Srl (100 %).

(16)

Die Schwierigkeiten von Ixfin sind unter anderem darauf zurückzuführen, dass das Unternehmen in erster Linie als Unterauftragnehmer für Dritte tätig war und von deren Aufträgen abhing. Im vergangenen Jahrzehnt kam es auf dem Elektronikmarkt jedoch zu einer allgemeinen Krise, der die betroffenen Unternehmen entweder durch Effizienzsteigerungen infolge von Größenvorteilen oder durch Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer begegneten.

(17)

Unmittelbar nach Beginn der ernsten Schwierigkeiten wurde das Unternehmen im März 2004 an einen Investor verkauft, der die erforderlichen Mittel zur Wiederankurbelung der Geschäfte des Unternehmens zur Verfügung stellen wollte. Der Plan des Investors wurde jedoch nicht umgesetzt, so dass das Unternehmen bereits im September 2004 in eine Solvabilitätskrise geriet. Im Dezember 2004 wurde das Unternehmen, das weitere Verluste in Höhe von 20 Mio. EUR verzeichnet hatte, zu einem symbolischen Preis von der Pufin-Gruppe aufgekauft. Im Dezember 2004 stellte das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ein.

(18)

Die nachstehende Tabelle gibt Aufschluss über die finanzielle Lage von Ixfin zum Zeitpunkt der Beihilfengewährung:

Tabelle 1

(in EUR)

 

Umsatz

Netto-Ergebnis

Steuerrückstände

Rückstände beim Sozialversiche-rungsträger INPS

31.12.2003

104 000 000

11 000

9 000 000

20 800 000

31.12.2004

75 000 000

(2 000 000)

14 800 000

26 100 000

31.5.2005

3 000 000

 (4)

16 000 000 (3)

27 700 000 (3)

II.2.   Beihilfemaßnahme

(19)

Am 18. November 2005 erließ der Minister für wirtschaftliche Entwicklung (nachstehend „Minister“ genannt) ein Dekret, das die Gewährung einer Rettungsbeihilfe für Ixfin vorsah. Die Finanzierung sollte mit Mitteln erfolgen, die im Rahmen des Gesetzesdekrets Nr. 35 vom 14. März 2005 (5) (nachstehend „Dekret zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit“ genannt) zur Verfügung standen, das mit Artikel 11 des Gesetzes Nr. 80 vom 14. Mai 2005 (6) geändert und mit Beschluss Nr. 101 des „Comitato Interministeriale per la Programmazione Economica“ (Interministerieller Ausschuss für Wirtschaftsplanung) vom 29. Juni 2005 präzisiert wurde. Gemäß diesem Beschluss setzt eine Finanzierung die Übernahme einer Garantie voraus und kann nur zur Rettung eines Unternehmens in Schwierigkeiten gewährt werden.

(20)

Die Garantie wurde für ein Darlehen über 15 Mio. EUR übernommen, das BancApulia (nachstehend „Bank“ genannt) zum Euribor-Dreimonatssatz zuzüglich 1,25 Prozentpunkte, d.h. zu einem anfänglichen Zinssatz von 3,591 %, gewährt hatte. Das Darlehen hatte eine Laufzeit von 6 Monaten ab dem 30. Dezember 2005.

(21)

Die bereitgestellten Mittel wurden vor allem zur Rückzahlung eines Teils der Schulden des Unternehmens genutzt. Italien macht geltend, dass die Zahlungen dringend geleistet werden mussten, da sich einige Gläubiger mit ihren Forderungen bereits an das Gericht gewandt hatten.

(22)

Italien setzte die Kommission ferner davon in Kenntnis, dass Ixfin die Aufstockung des garantierten Betrags auf 17,3 Mio. EUR beantragt hatte.

II.3.   Insolvenz von Ixfin

(23)

Am 5. Juli 2006 wurde das Unternehmen offiziell für zahlungsunfähig erklärt und das Insolvenzverfahren (7) eingeleitet.

(24)

Im März 2007 forderte der Minister, dessen Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens registriert wurde, den zuständigen Richter auf, das Insolvenzverfahren in ein gerichtliches Verfahren umzuwandeln, bei dem das Unternehmen am Ende des Verfahrens seine Geschäftstätigkeit hätte fortführen können (nachstehend „Sonderverwaltungsverfahren“ genannt) (8). Eine solche Umwandlung ist im Gesetzesdekret Nr. 270 vom 8. Juli 1999 (nachstehend „Dekret Nr. 270/1999“ genannt) vorgesehen.

(25)

Vor Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens erfuhr die Kommission aus der Presse, dass Ixfin möglicherweise auf der Grundlage eines Protokolls über die Reindustrialisierung der Provinz Caserta (nachstehend „Protokoll“ genannt) für das Sonderverwaltungsverfahren in Betracht komme. Dieses Protokoll, das von der italienischen Regierung, den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband Confindustria unterzeichnet worden war, sah mithilfe mehrerer Maßnahmen die Bereitstellung eines Betrags zwischen 40 und 60 Mio. EUR vor. Den der Kommission zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Informationen war zu entnehmen, dass dieses Protokoll auf die Förderung der Produktion und den Erhalt der Arbeitsplätze an den Industriestandorten in der Provinz Caserta abzielte.

III.   ZWEIFEL, DIE DIE KOMMISSION BEI ERÖFFNUNG DES VERFAHRENS NACH EX-ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG ZUM AUSDRUCK BRACHTE

(26)

In der Entscheidung zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens äußerte die Kommission auf der Grundlage der damals zur Verfügung stehenden Informationen Zweifel an der Vereinbarkeit der Rettungsbeihilfe mit den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (9) (nachstehend „Leitlinien“ genannt).

(27)

Die Kommission forderte Italien auf, zusätzliche Nachweise für die Förderungswürdigkeit von Ixfin vorzulegen und ferner die Bilanzen von Pufin und Maxfin zu übermitteln, um zu belegen, dass die Schwierigkeiten zu gravierend waren, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können.

(28)

Was die Vereinbarkeit der Rettungsbeihilfe mit den Leitlinien anbetrifft, so erschien es der Kommission zweifelhaft, ob Randnummer 25 Buchstabe d der Leitlinien eingehalten wurde, wonach die Beihilfe auf den Betrag begrenzt sein muss, der für die Weiterführung des Unternehmens während des Zeitraums, für den die Beihilfe genehmigt wird, erforderlich ist. In diesem Zusammenhang wurden von Italien umfangreiche Informationen zur Angemessenheit der Höhe der Rettungsbeihilfe angefordert. Unter anderem sollte Italien bestätigen, dass sich die Garantie auf ein Darlehen über 15 Mio. EUR beschränkt und nicht, wie vom Unternehmen beantragt, für bis zu 17,3 Mio. EUR gewährt wird.

(29)

Die Kommission unterstrich ferner, dass die Rettungsbeihilfe nicht im Wesentlichen dazu verwendet werden darf, eine Insolvenz hinauszuzögern, sondern der Umstrukturierung dienen muss. Die Kommission hatte allerdings noch den Eindruck, dass die Rettungsbeihilfe nur auf die Neuaushandlung der Fälligkeiten der Schulden und damit auf die Rettung des Unternehmens abzielte. Die Kommission forderte unter anderem Belege dafür, dass Ixfin während des betreffenden Zeitraums versuchen würde, einen Umstrukturierungsplan vorzulegen.

(30)

Ferner hatte die Kommission Zweifel daran, dass die Beihilfe mit Randnummer 25 Buchstabe c der Leitlinien im Einklang stand, wonach der Mitgliedstaat verpflichtet ist, der Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Anwendung der Maßnahme entweder einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorzulegen oder aber den Nachweis zu erbringen, dass die Bürgschaft ausgelaufen ist.

(31)

Ferner brachte die Kommission Zweifel daran zum Ausdruck, dass der unter den Randnummern 72 ff. der Leitlinien festgelegte Grundsatz der „einmaligen“ Beihilfe beachtet wurde.

(32)

In der Entscheidung zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens äußerte die Kommission auch Zweifel im Hinblick auf die zusätzlichen Hilfen (siehe Erwägungsgrund 25 der vorliegenden Entscheidung), die Ixfin zur Erleichterung des Insolvenzverfahrens erhalten hatte. Selbst wenn diese Hilfen auf der Grundlage des Gesetzes Nr. 181 aus dem Jahr 1989 (bzw. der Nachfolgegesetze) gewährt worden sein sollten, so würde dadurch, so die Kommission, nicht gewährleistet, dass sie aufgrund der Entscheidung der Kommission in der Sache N 214/03 mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, da sich die Genehmigung gemäß Artikel 9 nicht auf Unternehmen in Schwierigkeiten bezog. Nun handelt es sich bei Ixfin aber zweifelsfrei um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne von Randnummer 10 Buchstabe c der Leitlinien, da es Gegenstand eines Insolvenzverfahrens ist. Daher wies die Kommission darauf hin, dass Zuwendungen nur dann als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Umstrukturierungsbeihilfen eingestuft werden können, wenn die Voraussetzungen der Randnummern 31-51 der Leitlinien erfüllt sind.

(33)

Bei der Kommission wurden jedoch keinerlei Umstrukturierungsbeihilfen angemeldet, und die Kommission wurde auch nicht von einem Umstrukturierungsplan in Kenntnis gesetzt, auf dessen Grundlage die Zuwendungen gemäß den Leitlinien möglicherweise als Umstrukturierungsbeihilfen hätten genehmigt werden können. Die Kommission hatte insbesondere große Zweifel daran, dass ein etwaiger Umstrukturierungsplan die Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens gewährleistet hätte.

IV.   STELLUNGNAHME ITALIENS

(34)

Am 15. Januar 2008 wurde der Kommission das Protokoll eines Treffens übermittelt, das am 9. Januar 2008 im Ministerium in Sachen Ixfin stattgefunden hatte. Diesem Protokoll war zu entnehmen, dass das Ministerium beschlossen hatte, gegen die Entscheidung des Gerichts, für Ixfin keine Sonderverwaltung zuzulassen, Rechtsbehelf einzulegen.

(35)

Am 12. März 2008 setzte Italien die Kommission per E-Mail davon in Kenntnis, dass sie bei der Beschaffung der erforderlichen Informationen auf Schwierigkeiten gestoßen sei, und ersuchte die Kommission um eine Übergangslösung. Am 25. März 2008 bestätigte Italien, dass die mutmaßliche Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 40 Mio. EUR Ixfin nicht gewährt worden sei.

V.   STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER

(36)

Mit Schreiben vom 27. März 2008 ging bei der Kommission die Stellungnahme des Insolvenzverwalters von Ixfin ein.

(37)

Der Insolvenzverwalter erläuterte, dass Ixfin derzeit noch Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sei. Ein Insolvenzverfahren könne nur dann in eine Sonderverwaltung umgewandelt werden, wenn bestimmte verfahrens- und materiellrechtliche Voraussetzungen erfüllt seien. Mit Entscheidung vom 4. Januar 2008 erklärte das Gericht, dass die Voraussetzungen für die Wiederherstellung des wirtschaftlichen Gleichgewichts des Unternehmens nicht gegeben seien, so dass das Insolvenzverfahren nicht in eine Sonderverwaltung umgewandelt werden könne. Gegen diese Entscheidung legte das Ministerium vor dem Berufungsgericht von Neapel (nachstehend „Berufungsgericht“ genannt) Rechtsbehelf ein.

(38)

Ferner führte der Insolvenzverwalter aus, dass das Unternehmen aufgrund des laufenden Insolvenzverfahrens seine Geschäftstätigkeit eingestellt habe.

(39)

Zum Protokoll erläuterte der Insolvenzverwalter, dass dieses Dokument am 20. Juni 2007 von der Präsidentschaft des Ministerrates angenommen worden sei. Am 25. Oktober 2007 sei eine Koordinierungsgruppe zusammengekommen, die ein detaillierteres Investitionsprogramm ausarbeiten sollte. Wie den Ausführungen des Insolvenzverwalters und insbesondere der Entscheidung des Gerichts zu entnehmen ist, fehlten jedoch konkrete Folgepläne für das abstrakte Investitionsprogramm und es wurde nicht erläutert, welche Vorhaben zu unterstützen waren und welche Mittel möglicherweise genutzt werden könnten. Der Insolvenzverwalter unterstrich ferner, dass abgesehen von der in Rede stehenden Rettungsbeihilfe keine anderen öffentlichen Mittel für die Rettung und/oder die Umstrukturierung von Ixfin bereitgestellt worden seien.

(40)

Der Insolvenzverwalter wies außerdem darauf hin, dass Ixfin am 23. Juni 2006 Sviluppo Italia SpA den Entwurf eines Umstrukturierungsplans vorgelegt habe, der jedoch aufgrund der Insolvenz des Unternehmens nicht weiterverfolgt wurde. Der Insolvenzverwalter übermittelte der Kommission eine Kopie dieses von einem Berater erarbeiteten Entwurfs.

(41)

Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Höhe der Rettungsbeihilfe angemessen ist, übermittelte der Insolvenzverwalter der Kommission die Anträge auf Gewährung von Rettungsbeihilfen, die Ixfin am 30. September 2005 und am 11. November 2005 bei Sviluppo Italia SpA gestellt hatte.

(42)

Da die Kommission die Bilanzen von Pufin und Maxfin für die Jahre 2004, 2005 und 2006 angefordert hatte, übermittelte der Insolvenzverwalter die Kopien der entsprechenden Dokumente.

(43)

Was die Inanspruchnahme der staatlichen Garantie anbetrifft, wies der Insolvenzverwalter nach, dass die Bank das Ministerium am 3. Juli 2006 aufgefordert hatte, das durch die Garantie abgesicherte Darlehen zurückzuzahlen.

VI.   ANMERKUNGEN ITALIENS ZU DEN STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER

(44)

Italien übermittelte Anmerkungen zu den von Beteiligten abgegebenen Stellungnahmen. Italien wies unter anderem darauf hin, dass es die in der Eröffnungsentscheidung gestellten Fragen jetzt besser beantworten könne.

(45)

Zu der staatlichen Garantie für das von der Bank gewährte Darlehen über 15 Mio. EUR machte Italien folgende Angaben.

(46)

Erstens bestätigte Italien, dass sich die Garantie auf ein Darlehen von 15 Mio. EUR beschränke und somit nicht auf 17,3 Mio. EUR aufgestockt worden sei. Zugleich unterstrich Italien, dass die Höhe der Rettungsbeihilfe nach der Formel im Anhang der Leitlinien berechnet worden sei.

(47)

Zweitens setzte das Ministerium die Kommission mit Schreiben vom 21. April 2008 und 30. Oktober 2008 davon in Kenntnis, dass die Bank die Garantie für das Darlehen von 15 Mio. EUR zuzüglich Zinsen (Gesamtbetrag von 15 154 457,72) am 3. Juli 2006 gezogen hatte. Ferner übermittelte Italien ein Schreiben vom 20. September 2006, auf dessen Grundlage das Wirtschafts- und Finanzministerium der Bank den betreffenden Betrag am 27. September 2006 ausbezahlt hatte. Aufgrund dieser Zahlung erwarb das Ministerium als Gläubiger Forderungen in gleicher Höhe gegenüber Ixfin.

(48)

Drittens übermittelte Italien die Kopie eines Schreibens vom 30. November 2006, mit dem das Ministerium die zuständigen Behörden (Avvocatura Distrettuale di Napoli) aufforderte, seine Forderungen gemäß Artikel 93 des Dekrets Nr. 270/1999 zu registrieren.

(49)

Was die Insolvenz von Ixfin betrifft, erklärte Italien, dass das Unternehmen seit dem 5. Juli 2006 Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sei, und bestätigte die Ausführungen des Insolvenzverwalters. Ferner bestätigte Italien, dass das Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung des Gerichts noch anhängig sei.

(50)

Ferner übermittelte Italien eine Kopie des Protokolls und erläuterte, dass darin keine Zuwendungen für Ixfin vorgesehen seien.

(51)

Italien übermittelte der Kommission ferner die Kopie eines Entwurfs der Anmeldung des Umstrukturierungsplans, die dann jedoch nicht der Kommission übermittelt worden sei, weil das Gericht Ixfin offiziell für insolvent erklärt habe.

(52)

Ferner legte Italien eine Kopie des Darlehensvertrags zwischen der Bank und Ixfin vor, aus der hervorgeht, dass das Darlehen am 30. Dezember 2005 zu einem Zinssatz von 3,591 % gewährt wurde (siehe Erwägungsgrund 20), nicht aber, wie unter Erwägungsgrund 15 der Eröffnungsentscheidung auf der Grundlage der damals verfügbaren Informationen angegeben, zu einem Zinssatz von 3,752 %.

VII.   ENTWICKLUNGEN NACH ERÖFFNUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS

(53)

Mit Entscheidung vom 4. Juni 2008, das am 15. Juli 2008 notifiziert wurde, bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichts und damit die Tatsache, dass die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Umwandlung des Insolvenzverfahrens in eine Sonderverwaltung nicht erfüllt waren. Das Ministerium hat diesen Beschluss vor dem Obersten Kassationsgerichtshof angefochten, der noch kein Urteil in der Sache erlassen hat.

(54)

In diesem Zusammenhang weist die Kommission auf die Randnummern 66 bis 68 der Bekanntmachung der Kommission „Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (10) hin, denen zufolge die Behörden eines Mitgliedstaats die Fortführung der Betriebstätigkeit des Beihilfeempfängers nur in dem Maße unterstützen dürfen, wie die sofortige und tatsächliche Rückzahlung der Beihilfe gewährleistet wird.

VIII.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG

VIII.1   Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

(55)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(56)

Die Garantie für Ixfin wurde mit Mitteln des italienischen Staates gewährt, da Ixfin keinerlei Prämien gezahlt hat. Sie ermöglichte es Ixfin, ein Darlehen zu bekommen, das das Unternehmen andernfalls wegen seiner gravierenden finanziellen Schwierigkeiten nicht erhalten hätte. Die Absicherung des Darlehens hat Ixfin folglich einen Vorteil durch staatliche Mittel verschafft.

(57)

Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gelten als besonders wettbewerbsschädlich, weil durch sie Unternehmen am Leben erhalten werden, die ohne das staatliche Eingreifen zum Ausstieg aus dem Markt gezwungen wären. Ixfin war auf dem Markt für die Herstellung und den Vertrieb elektronischer Bauteile für den Kfz-Sektor und den Telekommunikationsbereich tätig. Diese Produkte werden innerhalb der EU gehandelt, und bei dem sachlich relevanten Markt handelt es sich um einen länderübergreifenden Markt, wie die italienische Wettbewerbsbehörde in einer einschlägigen Entscheidung festgestellt hat (11). Ferner beabsichtigte Ixfin zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung, die Produktion wiederaufzunehmen. Aufgrund des durch die Garantie verschafften Vorteils war das Unternehmen somit in der Lage, Maßnahmen zu seiner Rettung zu ergreifen und letztlich seine Betriebstätigkeit für einen bestimmten Zeitraum fortzuführen. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass die Beihilfe durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen den Wettbewerb verzerrt oder zumindest verzerren kann und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.

(58)

In Abschnitt 3.2 Buchstabe a der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (12) (nachstehend „Mitteilung“ genannt) ist festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann, dass es sich bei einer öffentlichen Garantie um eine staatliche Beihilfe handelt. Danach gilt u.a. Folgendes: Der Kreditnehmer befindet sich nicht in finanziellen Schwierigkeiten; die Garantie deckt höchstens 80 % des ausstehenden Kreditbetrags, und für die Garantie wird ein marktübliches Entgelt gezahlt. Die in Rede stehende Garantie erstreckt sich jedoch auf den gesamten Darlehensbetrag, ferner wurden keinerlei Prämien gezahlt und bei dem Begünstigten handelt es sich, wie unter Abschnitt VIII.2.1 der vorliegenden Entscheidung dargelegt, um ein Unternehmen in Schwierigkeiten.

(59)

Somit handelt es sich bei der Maßnahme um eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag.

VIII.2   Vereinbarkeit der staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

(60)

Die in Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmen finden in dem in Rede stehenden Fall keine Anwendung. Was die in Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmen anbetrifft, so kommt angesichts der Tatsache, dass die Beihilfe in erster Linie auf die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens abzielt, lediglich die Ausnahme nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag in Betracht, wonach Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete gewährt werden können, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die Beihilfe kann nur dann aufgrund von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden, wenn die in den Leitlinien festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.

VIII.2.1.   Förderwürdigkeit des Unternehmens in Schwierigkeiten

(61)

Gemäß Randnummer 9 der Leitlinien geht die Kommission davon aus, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, wenn es nicht in der Lage ist, mit eigenen finanziellen Mitteln oder Fremdmitteln, die ihm von seinen Eigentümern/Anteilseignern oder Gläubigern zur Verfügung gestellt werden, Verluste aufzufangen, die das Unternehmen auf kurze oder mittlere Sicht so gut wie sicher in den wirtschaftlichen Untergang treiben werden, wenn der Staat nicht eingreift. Zu den typischen Symptomen eines Unternehmens in Schwierigkeiten gehören gemäß Randnummer 11 der Leitlinien steigende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts. Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass das Unternehmen steigende Verluste und einen verminderten Cashflow verzeichnete, während der Umsatz in kaum 17 Monaten von 104 Mio. EUR auf 3 Mio. EUR zurückging.

(62)

Gemäß Randnummer 10 Buchstabe c der Leitlinien wird auch dann davon ausgegangen, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet, wenn die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt sind. In dem in Rede stehenden Fall zeichnete sich bereits im September 2004 ab, dass eine Insolvenz drohte bzw. dass das Unternehmen nicht in der Lage sein würde, seinen Verpflichtungen fristgerecht nachzukommen. Ferner hat Italien erläutert, dass es die Rettungsbeihilfe vor der Anmeldung gewährt habe, weil das Unternehmen dringend Liquidität benötigt hätte. Schließlich hat der zuständige Richter Ixfin am 5. Juli 2006 für insolvent erklärt.

(63)

Aufgrund der vorstehenden Erläuterungen stellt die Kommission fest, dass es sich bei Ixfin um ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Randnummern 10 und 11 der Leitlinien handelt.

(64)

Da das Unternehmen einer Unternehmensgruppe angehört, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es gemäß Randnummer 13 der Leitlinien grundsätzlich nur dann für Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfen in Frage kommt, wenn es sich nachweislich um Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens selbst handelt und diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen und außerdem zu gravierend sind, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können.

(65)

Ixfin gehört zur Unternehmensgruppe Pufin. Erstens ist darauf hinzuweisen, dass Ixfin gegenüber seiner Muttergesellschaft bereits Schulden in Höhe von 3,7 Mio. EUR hat. Zweitens ist festzustellen, dass Italien der Kommission nach Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens die Bilanzen von Maxfin vom 30. April 2005, 30. April 2006 und 30. Juni 2006 sowie die Bilanzen von Pufin vom 30. Juni 2004, 30. Juni 2005 und 30. Juni 2006 übermittelt hat. Die Geschäftsergebnisse, die Pufin und Maxfin zwischen 2003 und 2005 erzielt haben, sind in Tabelle 2 angegeben. Dieser Tabelle ist zu entnehmen, dass weder Maxfin noch Pufin finanziell in der Lage waren, Ixfin die erforderlichen Mittel in einem mit der von Italien gewährten Beihilfe vergleichbaren Umfang bereitzustellen. Drittens ist festzuhalten, dass auch die Tochtergesellschaften von Ixfin finanziell nicht in der Lage waren, die erforderlichen Mittel für die Rettung von Ixfin aufzubringen. Daher kann der Schluss gezogen werden, dass es weder Pufin noch Maxfin noch den Tochtergesellschaften von Ixfin möglich war, die Rettung von Ixfin zu finanzieren, und dass somit die Schwierigkeiten von Ixfin zu gravierend waren, um von der Gruppe selbst bewältigt werden zu können.

Tabelle 2

(in EUR)

 

2003

2004

2005

Maxfin

20 037 975

2 529 725

(997)

Pufin

12 710 759

(148 361)

(24 349)

(66)

Um die Bedenken der Kommission hinsichtlich der Frage auszuräumen, ob es sich um Schwierigkeiten des betreffenden Unternehmens selbst handelt und diese nicht auf eine willkürliche Kostenverteilung innerhalb der Gruppe zurückzuführen sind, übermittelte Italien zunächst Informationen, denen zufolge die Schwierigkeiten des Unternehmens auf mehrere Faktoren zurückzuführen seien: Rückgang der Aufträge insbesondere von den wichtigsten Kunden und Anstieg der Schulden, insbesondere nachdem das Unternehmen von März bis Dezember 2004 von dem Investor geführt worden war (siehe Erwägungsgrund 17). Danach erläuterte Italien, dass die Muttergesellschaft nach dem Rückkauf von Ixfin keine Maßnahmen ergriffen habe, die einer willkürlichen Kostenverteilung innerhalb der Gruppe gleichgekommen wären.

(67)

Auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen stellt die Kommission daher fest, dass Ixfin die Voraussetzungen von Randnummer 13 der Leitlinien erfüllt.

VIII.2.2.   Vereinbarkeit der Rettungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt

(68)

Damit eine Rettungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, muss sie die Voraussetzungen von Randnummer 25 der Leitlinien erfüllen.

(69)

Gemäß Randnummer 25 Buchstabe a der Leitlinien muss es sich bei Rettungsbeihilfen um Liquiditätsbeihilfen in Form von Darlehensbürgschaften oder Darlehen handeln. In beiden Fällen muss für das Darlehen ein Zinssatz verlangt werden, der mindestens den Zinssätzen vergleichbar ist, die für Darlehen an gesunde Unternehmen zu beobachten sind.

(70)

Bei der in Rede stehenden Rettungsbeihilfe handelt es sich um eine Liquiditätsbeihilfe (siehe Erwägungsgrund 20). Was den Zinssatz betrifft, so muss die Kommission ihre vorläufigen Schlussfolgerungen revidieren, denen zufolge der angewandte Zinssatz dem üblichen Zinssatz für gesunde Unternehmen zu entsprechen schien. Da sich der tatsächliche Zinssatz für das durch die Garantie abgesicherte Darlehen auf 3,591 % belief, während der Referenzzinssatz der Kommission für Italien 4,08 % betrug, kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der angewandte Zinssatz nicht den üblichen Zinssätzen für gesunde Unternehmen entspricht. Daher stellt die Kommission fest, dass die Rettungsbeihilfe für Ixfin nicht die Voraussetzungen von Randnummer 25 Buchstabe a der Leitlinien erfüllt.

(71)

Dagegen stellt die Kommission fest, dass die Voraussetzungen von Randnummer 25 Buchstabe b der Leitlinien erfüllt sind, da die Rettungsbeihilfe aus akuten sozialen Gründen gerechtfertigt ist und keine unverhältnismäßig gravierenden Ausstrahlungseffekte in anderen Mitgliedstaaten hat.

(72)

Gemäß Randnummer 25 Buchstabe d der Leitlinien muss die Rettungsbeihilfe auf den Betrag begrenzt sein, der für die Weiterführung des Unternehmens während des Zeitraums, für den die Beihilfe genehmigt wird, erforderlich ist. Der erforderliche Betrag sollte sich am verlustbedingten Liquiditätsbedarf des Unternehmens orientieren. Die Kommission stellt fest, dass der Beihilfebetrag zwar mit der im Anhang der Leitlinien festgelegten Formel zur Ermittlung des Liquiditätsbedarfs des Unternehmens im Einklang steht, doch dass er sich auf mehr als 10 Mio. EUR beläuft und dass Italien nicht hinreichend erläutert hat, warum Ixfin eine Beihilfe dieser Höhe zur Fortführung seiner Geschäftstätigkeit benötigte. Daher stellt die Kommission fest, dass nicht hinreichend nachgewiesen wurde, dass die Beihilfe gemäß Randnummer 25 Buchstabe d der Leitlinien auf den Betrag begrenzt ist, der für die Weiterführung des Unternehmens während des Rettungszeitraums erforderlich ist.

(73)

Gemäß Randnummer 25 Buchstabe e der Leitlinien muss die Beihilfe dem Grundsatz der einmaligen Beihilfe nach den Randnummern 72 ff. der Leitlinien entsprechen. Italien hat angegeben, dass der Grundsatz der einmaligen Beihilfe erfüllt ist, da das Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren keine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe erhalten habe. Daher stellt die Kommission auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen fest, dass die Voraussetzung von Randnummer 25 Buchstabe e der Leitlinien erfüllt ist.

(74)

In dem in Rede stehenden Fall begann der Zeitraum von sechs Monaten, für den gemäß Randnummer 25 Buchstabe c der Leitlinien eine Rettungsbeihilfe gewährt werden kann, am 30. Dezember 2005 und endete am 30. Juni 2006. Gemäß Randnummer 25 Buchstabe a letzter Satz der Leitlinien gilt für die Rückzahlung von Darlehen und die Laufzeit von Bürgschaften eine höchstens sechsmonatige Frist ab Auszahlung der ersten Rate an das Unternehmen. Ferner heißt es unter Randnummer 25 Buchstabe c letzter Satz: „im Falle nicht angemeldeter Umstrukturierungsbeihilfen muss der Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Anwendung der Maßnahme entweder einen Umstrukturierungsplan oder einen Liquidationsplan vorlegen oder aber den Nachweis erbringen, dass das Darlehen vollständig zurückgezahlt und/oder die Bürgschaft ausgelaufen ist“. Eine Ausnahme von dieser 6-Monats-Frist kann gemäß Randnummer 26 der Leitlinien gemacht werden, wenn der Mitgliedstaat innerhalb von sechs Monaten einen Umstrukturierungs- oder Liquidationsplan vorlegt. In dem in Rede stehenden Fall wurde der Kommission jedoch weder ein Umstrukturierungs- noch ein Liquidationsplan vorgelegt. Ferner wurde die Garantie am 3. Juli 2006 in Anspruch genommen, und Ixfin hat das Darlehen überhaupt nicht zurückgezahlt. Daher muss die Rettungsbeihilfe für Ixfin für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werden.

VIII.2.3.   Umstrukturierungsbeihilfen

(75)

Die Kommission kann die Rettungsbeihilfe nicht als Umstrukturierungsmaßnahme betrachten. Erstens wurde der Kommission kein Umstrukturierungsplan vorgelegt. Zweitens erfüllt die Rettungsbeihilfe nicht die Voraussetzungen der Randnummern 31 ff. der Leitlinien, die Umstrukturierungsmaßnahmen erfüllen müssen, um mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu sein. Der Kommission sind somit keine weiteren Elemente bekannt, auf deren Grundlage sie die Rettungsbeihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehen könnte.

(76)

Was die angebliche Gewährung von Umstrukturierungsbeihilfen betrifft, so wurden durch die während des förmlichen Prüfverfahrens vorgelegten Informationen sämtliche Zweifel ausgeräumt, die die Kommission im Hinblick darauf zum Ausdruck gebracht hatte, ob Ixfin eine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wurde (siehe Erwägungsgrund 32). Da sich nicht bestätigt hat, dass eine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wurde, erübrigt es sich zu prüfen, ob die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen wäre.

IX.   SCHLUSSFOLGERUNG

(77)

Die Kommission schließt das mit der Entscheidung vom 11. Dezember 2007 eingeleitete förmliche Prüfverfahren betreffend die rechtswidrige Rettungsbeihilfe und die potenziellen Umstrukturierungsbeihilfen ab.

(78)

Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe in Form einer Garantie für ein Darlehen über 15 Mio. EUR, die Italien der Ixfin SpA unter Verletzung von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt hat, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist. Italien muss die rechtswidrige Beihilfe vom Begünstigten zurückfordern.

(79)

Im Hinblick auf die Ermittlung des Beihilfebetrags verweist die Kommission auf Abschnitt 4.1 Buchstabe a der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften, wo es in Bezug auf Unternehmen in Schwierigkeiten heißt: „Die Kommission stellt fest, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Garant, wenn überhaupt, zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie aufgrund des Ausfallrisikos eine hohe Prämie in Rechnung stellen würde. Sollte das Ausfallrisiko besonders hoch sein, gibt es möglicherweise keine solche marktübliche Prämie, und in Ausnahmefällen kann das Beihilfeelement der Garantie genauso hoch sein wie die Garantiesumme.“

(80)

Angesichts der gravierenden finanziellen Schwierigkeiten von Ixfin zum Zeitpunkt der Übernahme der Garantie stellt die Kommission fest, dass es äußerst unwahrscheinlich gewesen wäre, dass das Unternehmen ohne staatliches Eingreifen auf dem Markt ein Bankdarlehen erhalten hätte; daher kommt sie zu dem Schluss, dass die Beihilfe dem gesamten Darlehensbetrag entspricht.

(81)

Das förmliche Prüfverfahren betreffend die angebliche Umstrukturierungsbeihilfe ist abzuschließen, da sich während des Verfahrens nicht bestätigt hat, dass Ixfin eine Umstrukturierungsbeihilfe gewährt wurde —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die staatliche Beihilfe in Form einer Garantie, die Italien unter Verletzung des Artikels 88 Absatz 3 EG-Vertrag zur Absicherung des am 30. Dezember 2005 von BancApulia dem Unternehmen Ixfin gewährten Darlehens rechtswidrig gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

(1)   Italien fordert die in Artikel 1 genannte Beihilfe vom Begünstigten zurück.

(2)   Der Rückforderungsbetrag umfasst Zinsen, die von dem Zeitpunkt, ab dem die Beihilfe dem Begünstigten zur Verfügung stand, bis zu deren tatsächlicher Rückzahlung berechnet werden.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (13) nach der Zinseszinsformel berechnet.

(4)   Italien stellt mit dem Tag des Erlasses dieser Entscheidung alle ausstehenden Zahlungen für die in Artikel 1 genannte Beihilfe ein.

Artikel 3

(1)   Die in Artikel 1 genannte Beihilfe wird sofort und tatsächlich zurückgefordert.

(2)   Italien stellt sicher, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

(1)   Italien übermittelt der Kommission binnen zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung die folgenden Informationen:

a)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der vom Begünstigten zurückzufordern ist;

b)

ausführliche Beschreibung der Maßnahmen, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen;

c)

Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass an den Begünstigten eine Rückzahlungsanordnung ergangen ist.

(2)   Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang seiner Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der in Artikel 1 genannten Beihilfe abgeschlossen ist. Auf Anfrage der Kommission legt Italien unverzüglich Informationen über die Maßnahmen vor, die ergriffen wurden bzw. beabsichtigt sind, um dieser Entscheidung nachzukommen. Ferner übermittelt Italien ausführliche Angaben über die Beihilfebeträge und die Zinsen, die vom Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 28. Oktober 2009

Für die Kommission

Neelie KROES

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. C 30 vom 2.2.2008, S. 21.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  August 2005.

(4)  Keine Daten verfügbar.

(5)  Gazzetta Ufficiale Nr. 62 vom 16.3.2005.

(6)  Gazzetta Ufficiale Nr. 111 vom 14.5.2005.

(7)  Gemäß ihrer Auslegung der italienischen Rechtsvorschriften versteht die Kommission unter „Insolvenzverfahren“ ein gerichtliches Verfahren, das eingeleitet wird, wenn ein Unternehmen als zahlungsunfähig betrachtet wird. Ein Insolvenzrichter überwacht das Verfahren, während der Insolvenzverwalter das Schuldnervermögen verteilt und ein Gläubigerausschuss sämtliche Gläubiger vertritt. Im Rahmen des Verfahrens werden auf der Grundlage des italienischen Zivilgesetzbuches die vorrangigen Gläubiger ermittelt, um deren Forderungen durch die Verwertung des Schuldnervermögens zu befriedigen, was in der Regel zur Liquidation des Unternehmens führt.

(8)  Gemäß ihrer Auslegung der italienischen Rechtsvorschriften versteht die Kommission unter „Sonderverwaltung“ ein Verwaltungsverfahren, das auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans auf zahlungsunfähige Großunternehmen (normalerweise mit mehr als 1 000 Beschäftigten) Anwendung findet, um eine Insolvenz zu vermeiden. Das Verfahren zielt somit nicht auf die Liquidation, sondern auf die Reorganisation des Unternehmens ab. Siehe Entscheidung der Kommission vom 4.7.2006 in der Sache NN 16/06, CIT, ABl. C 244 vom 11.10.2006, S. 14.

(9)  ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2.

(10)  ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4.

(11)  Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato — Beschluss Nr. 11479 vom 5.12.2002, Pufin/Finmek Automotive-Nicofin.

(12)  ABl. C 155 vom 20.6.2008, S. 10.

(13)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.