ISSN 1725-2539

doi:10.3000/17252539.L_2010.079.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 79

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

53. Jahrgang
25. März 2010


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) Nr. 248/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Festsetzung der repräsentativen Preise in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sowie für Eieralbumin und der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung über die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auf Milch und Milcherzeugnisse

1

 

*

Verordnung (EU) Nr. 249/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Chorizo Riojano (g.g.A.))

3

 

*

Verordnung (EU) Nr. 250/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Farine de Petit Épeautre de Haute Provence (g.g.A.))

5

 

*

Verordnung (EU) Nr. 251/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Yorkshire Forced Rhubarb (g.U.))

7

 

 

Verordnung (EU) Nr. 252/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

9

 

 

Verordnung (EU) Nr. 253/2010 der Kommission vom 24. März 2010 zur Änderung der mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für bestimmte Erzeugnisse des Zuckersektors im Wirtschaftsjahr 2009/10

11

 

 

BESCHLÜSSE

 

 

2010/178/EU

 

*

Beschluss der Kommission vom 15. Dezember 2009 über die staatlichen Beihilfen, die Deutschland im Zusammenhang mit bestimmten Leistungen des Tiergesundheitsdiensts Bayern gewährt hat (C 24/06 (ex NN 75/2000)) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 9954)

13

 

 

IV   Vor dem 1. Dezember 2009 in Anwendung des EG-Vertrags, des EU-Vertrags und des Euratom-Vertrags angenommene Rechtsakte

 

*

Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 329/08/KOL vom 28. Mai 2008 über Beihilfen für Sementsverksmiðjan hf. (Island)

25

 

*

Beschluss der EFTA-Überwachungsbehörde Nr. 405/08/KOL vom 27. Juni 2008 Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zum isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (Island)

40

 

 

Berichtigungen

 

*

Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 1242/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008 zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Klassifizierungssystems der landwirtschaftlichen Betriebe (ABl. L 335 vom 13.12.2008)

58

 

*

Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 670/2009 der Kommission vom 24. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der öffentlichen Intervention im Wege der Ausschreibung für den Ankauf von Hartweizen oder Rohreis sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 428/2008 und (EG) Nr. 687/2008 (ABl. L 194 vom 25.7.2009)

58

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

VERORDNUNGEN

25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/1


VERORDNUNG (EU) Nr. 248/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Festsetzung der repräsentativen Preise in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sowie für Eieralbumin und der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung über die Erhebung eines zusätzlichen Einfuhrzolls auf Milch und Milcherzeugnisse

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (1), insbesondere auf Artikel 143 Buchstabe b in Verbindung mit Artikel 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 614/2009 des Rates vom 7. Juli 2009 über die gemeinsame Handelsregelung für Eieralbumin und Milchalbumin (2), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 der Kommission (3) und Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 der Kommission (4) muss der Einführer in dem Fall, dass der cif-Einfuhrpreis einer bestimmten Sendung über dem anwendbaren repräsentativen Preis liegt, die in Artikel 248 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (5) genannte Sicherheit in Höhe der Zusatzzölle leisten, die bei Berechnung auf der Grundlage des für das betreffende Erzeugnis geltenden repräsentativen Preises fällig wären.

(2)

In einem ähnlichen Fall muss der Einführer jedoch gemäß Artikel 38 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 der Kommission vom 30. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates für den Zuckerhandel mit Drittländern (6) die in Artikel 248 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 genannte Sicherheit hinterlegen, die der Differenz zwischen der Höhe des auf der Grundlage des für das betreffende Erzeugnis geltenden repräsentativen Preises berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls und der Höhe des auf der Grundlage des cif-Einfuhrpreises der betreffenden Sendung berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls entspricht.

(3)

Im Interesse der Harmonisierung der in den verschiedenen Sektoren geltenden Berechnungsmethoden empfiehlt es sich, die in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 und in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 vorgesehene Methode an die Methode nach Artikel 38 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 anzugleichen.

(4)

In Artikel 3 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 und in Artikel 4 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 sind die Fristen festgelegt, in denen der Einführer nachweisen muss, dass die Sendung zu Bedingungen abgesetzt wurde, die die Richtigkeit des cif-Einfuhrpreises bestätigen. In der Praxis haben sich das Verfahren für die Einfuhr der Erzeugnisse und ihr Verkauf im Rahmen der Regelung stark verändert. Während früher ein einziger Marktteilnehmer den Kauf im Drittland, die Überführung in den freien Verkehr und den Absatz in der Gemeinschaft abwickelte, sind an diesen Vorgängen heutzutage mehrere Marktteilnehmer beteiligt, so dass diese Fristen oft nicht eingehalten werden können. Daher sind die Fristen zu verlängern.

(5)

Die Verordnungen (EG) Nr. 1484/95 und (EG) Nr. 504/2007 sind daher entsprechend zu ändern.

(6)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Verwaltungsausschusses für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 erhalten die Absätze 3 und 4 folgende Fassung:

„3.   In dem in Absatz 2 genannten Fall muss der Einführer die in Artikel 248 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 genannte Sicherheit leisten, die der Differenz zwischen der Höhe des auf der Grundlage des für das betreffende Erzeugnis geltenden repräsentativen Preises berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls und der Höhe des auf der Grundlage des cif-Einfuhrpreises der betreffenden Sendung berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls entspricht.

4.   Der Einführer verfügt über eine Frist von zwei Monaten ab Verkauf der betreffenden Erzeugnisse, jedoch höchstens neun Monaten ab Annahme der Anmeldung zum freien Verkehr, um nachzuweisen, dass die Sendung zu Bedingungen abgesetzt wurde, die die in Absatz 2 genannten Preise bestätigen. Wird eine der oben genannten Fristen nicht eingehalten, so verfällt die Sicherheit. Auf begründeten Antrag des Einführers kann jedoch die zuständige Behörde die Frist von neun Monaten um höchstens drei Monate verlängern.

Die geleistete Sicherheit wird freigegeben, soweit den Zollbehörden die genannten Absatzbedingungen nachgewiesen wurden. Anderenfalls wird die Sicherheit als Zusatzzoll einbehalten.“

Artikel 2

In Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 504/2007 erhalten die Absätze 3 und 4 folgende Fassung:

„3.   In dem in Absatz 2 genannten Fall muss der Importeur die Sicherheit gemäß Artikel 248 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission (7) stellen, die der Differenz zwischen der Höhe des auf der Grundlage des für das betreffende Erzeugnis geltenden repräsentativen Preises berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls und der Höhe des auf der Grundlage des cif-Einfuhrpreises der betreffenden Sendung berechneten zusätzlichen Einfuhrzolls entspricht.

4.   Der Importeur verfügt über eine Frist von zwei Monaten ab Verkauf der Ware, jedoch höchstens neun Monaten ab Annahme der Anmeldung zum freien Verkehr, um nachzuweisen, dass die Sendung zu Bedingungen abgesetzt wurde, die der Realität des Preises nach Absatz 2 entsprechen. Erfolgt der Nachweis nicht innerhalb dieser Frist, so verfällt die Sicherheit. Jedoch kann die zuständige Behörde die Frist von neun Monaten auf begründeten Antrag des Importeurs um höchstens drei Monate verlängern.

Die gestellte Sicherheit wird freigegeben, soweit den Zollbehörden die genannten Absatzbedingungen nachgewiesen wurden. Anderenfalls wird die Sicherheit als Zusatzzoll einbehalten.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem 1. Mai 2010.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)  ABl. L 181 vom 14.7.2009, S. 8.

(3)  ABl. L 145 vom 29.6.1995, S. 47.

(4)  ABl. L 119 vom 9.5.2007, S. 7.

(5)  ABl. L 253 vom 11.10.1993, S. 1.

(6)  ABl. L 178 vom 1.7.2006, S. 24.

(7)  ABl. L 253 vom 11.10.1993, S. 1.“


25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/3


VERORDNUNG (EU) Nr. 249/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Chorizo Riojano (g.g.A.))

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 4 Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Antrag Spaniens auf Eintragung der Bezeichnung „Chorizo Riojano“ wurde gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2).

(2)

Da bei der Kommission kein Einspruch gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 eingegangen ist, sollte diese Bezeichnung eingetragen werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang dieser Verordnung genannte Bezeichnung wird eingetragen.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.

(2)  ABl. C 186 vom 8.8.2009, S. 14.


ANHANG

Für den menschlichen Verzehr bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union:

Klasse 1.2.   Fleischerzeugnisse (erhitzt, gepökelt, geräuchert usw.)

SPANIEN

Chorizo Riojano (g.g.A.)


25.3.2010   

DE

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L 79/5


VERORDNUNG (EU) Nr. 250/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Farine de Petit Épeautre de Haute Provence (g.g.A.))

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 4 Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Antrag Frankreichs auf Eintragung der Bezeichnung „Farine de Petit Épeautre de Haute Provence“ wurde gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 und unter Anwendung von deren Artikel 17 Absatz 2 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2).

(2)

Da bei der Kommission kein Einspruch gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 eingegangen ist, sollte diese Bezeichnung eingetragen werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang dieser Verordnung genannte Bezeichnung wird eingetragen.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.

(2)  ABl. C 185 vom 7.8.2009, S. 17.


ANHANG

Für den menschlichen Verzehr bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I AEU-Vertrag:

Klasse 1.6.   Obst, Gemüse und Getreide, unverarbeitet und verarbeitet

FRANKREICH

Farine de Petit Épeautre de Haute Provence (g.g.A.)


25.3.2010   

DE

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L 79/7


VERORDNUNG (EU) Nr. 251/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Yorkshire Forced Rhubarb (g.U.))

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 4 Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Antrag des Vereinigten Königreichs auf Eintragung der Bezeichnung „Yorkshire Forced Rhubarb“ wurde gemäß Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht.

(2)

Da bei der Kommission kein Einspruch gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 eingegangen ist, sollte diese Bezeichnung eingetragen werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang dieser Verordnung genannte Bezeichnung wird eingetragen.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission

Der Präsident

José Manuel BARROSO


(1)  ABl. L 93 vom 31.3.2006, S. 12.

(2)  ABl. C 189 vom 12.8.2009, S. 29.


ANHANG

Für den menschlichen Verzehr bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse gemäß Anhang I des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union:

Klasse 1.6.   Obst, Gemüse und Getreide, unverarbeitet und verarbeitet

VEREINIGTES KÖNIGREICH

Yorkshire Forced Rhubarb (g.U.)


25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/9


VERORDNUNG (EU) Nr. 252/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 der Kommission vom 21. Dezember 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EG) Nr. 2200/96, (EG) Nr. 2201/96 und (EG) Nr. 1182/2007 des Rates im Sektor Obst und Gemüse (2), insbesondere auf Artikel 138 Absatz 1,

in Erwägung nachstehenden Grundes:

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 für die in ihrem Anhang XV Teil A aufgeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 138 der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind in der Tabelle im Anhang zur vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 25. März 2010 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission, im Namen des Präsidenten,

Jean-Luc DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)  ABl. L 350 vom 31.12.2007, S. 1.


ANHANG

Pauschale Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrwert

0702 00 00

IL

74,8

JO

59,4

MA

95,7

TN

128,2

TR

97,7

ZZ

91,2

0707 00 05

JO

68,6

MA

74,6

MK

124,9

TR

123,4

ZZ

97,9

0709 90 70

JO

97,9

MA

147,9

TR

103,1

ZZ

116,3

0805 10 20

EG

40,2

IL

59,5

MA

43,6

TN

55,8

TR

62,6

ZZ

52,3

0805 50 10

EG

66,4

IL

91,6

MA

49,1

TR

63,1

ZZ

67,6

0808 10 80

AR

89,0

BR

89,0

CA

99,1

CL

85,2

CN

74,1

MK

24,7

US

132,2

UY

68,2

ZA

107,6

ZZ

85,5

0808 20 50

AR

79,6

CL

69,2

CN

94,1

US

134,2

UY

118,7

ZA

94,0

ZZ

98,3


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1833/2006 der Kommission (ABl. L 354 vom 14.12.2006, S. 19). Der Code „ZZ“ steht für „Andere Ursprünge“.


25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/11


VERORDNUNG (EU) Nr. 253/2010 DER KOMMISSION

vom 24. März 2010

zur Änderung der mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für bestimmte Erzeugnisse des Zuckersektors im Wirtschaftsjahr 2009/10

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 951/2006 der Kommission vom 30. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates für den Zuckerhandel mit Drittländern (2), insbesondere auf Artikel 36 Absatz 2 Unterabsatz 2 zweiter Satz,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die bei der Einfuhr von Weißzucker, Rohzucker und bestimmten Sirupen geltenden repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für das Wirtschaftsjahr 2009/10 sind mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 der Kommission (3) festgesetzt worden. Diese Preise und Zölle wurden zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 236/2010 der Kommission (4) geändert.

(2)

Die der Kommission derzeit vorliegenden Angaben führen zu einer Änderung der genannten Beträge gemäß den in der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 vorgesehenen Regeln und Modalitäten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die mit der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 für das Wirtschaftsjahr 2009/10 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Zölle bei der Einfuhr der Erzeugnisse des Artikels 36 der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 werden geändert und sind im Anhang der vorliegenden Verordnung aufgeführt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 25. März 2010 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 24. März 2010

Für die Kommission, im Namen des Präsidenten,

Jean-Luc DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)  ABl. L 178 vom 1.7.2006, S. 24.

(3)  ABl. L 253 vom 25.9.2009, S. 3.

(4)  ABl. L 72 vom 20.3.2010, S. 15.


ANHANG

Geänderte Beträge der ab dem 25. März 2010 geltenden repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für Weißzucker, Rohzucker und die Erzeugnisse des KN-Codes 1702 90 95

(EUR)

KN-Code

Repräsentativer Preis je 100 kg Eigengewicht des Erzeugnisses

Zusätzlicher Zoll je 100 kg Eigengewicht des Erzeugnisses

1701 11 10 (1)

33,42

1,26

1701 11 90 (1)

33,42

4,88

1701 12 10 (1)

33,42

1,13

1701 12 90 (1)

33,42

4,58

1701 91 00 (2)

35,05

7,71

1701 99 10 (2)

35,05

3,82

1701 99 90 (2)

35,05

3,82

1702 90 95 (3)

0,35

0,31


(1)  Festsetzung für die Standardqualität gemäß Anhang IV Abschnitt III der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.

(2)  Festsetzung für die Standardqualität gemäß Anhang IV Abschnitt II der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.

(3)  Festsetzung pro 1 % Saccharosegehalt.


BESCHLÜSSE

25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/13


BESCHLUSS DER KOMMISSION

vom 15. Dezember 2009

über die staatlichen Beihilfen, die Deutschland im Zusammenhang mit bestimmten Leistungen des Tiergesundheitsdiensts Bayern gewährt hat (C 24/06 (ex NN 75/2000))

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 9954)

(Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(2010/178/EU)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß dem genannten Artikel und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   VERFAHREN

(1)

Bei der Kommission ist mit Schreiben vom 21. Februar 2000 eine Beschwerde im Hinblick auf Maßnahmen des Tiergesundheitsdienstes Bayern („TGD“) erhoben worden. Es folgten von demselben Beschwerdeführer weitere Schreiben in Bezug auf dieselbe Beschwerde. Die Beihilfesache wurde unter der Nummer NN 75/00 eingetragen.

(2)

Im Hinblick auf diese Beschwerde richtete die Kommission mehrere Schreiben an Deutschland. In Beantwortung dieser Schreiben erteilte Deutschland Informationen mit Schreiben vom 4. Juli 2000, 22. Dezember 2000, 22. November 2002, 10. April 2003, 1. Dezember 2003 und vom 27. Juni 2005. Ein Treffen mit Vertretern Deutschlands fand am 17. Juli 2003 statt.

(3)

Die Maßnahme wurde seit 1974 ergriffen. Trotz Nachfrage konnte eine Notifizierung der Maßnahme nicht nachgewiesen werden. Die Beihilfe wurde daher in das Verzeichnis der nicht angemeldeten Beihilfen eingetragen.

(4)

Mit Schreiben vom 7. Juli 2006 setzte die Kommission Deutschland über ihre Entscheidung in Kenntnis, aufgrund der Beihilfe das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV (1) einzuleiten.

(5)

Die Entscheidung der Kommission zur Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union  (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf.

(6)

Bei der Kommission gingen mit Schreiben vom 30. Oktober 2006, 2. November 2006 und 7. November 2006 Stellungnahmen Beteiligter ein.

(7)

Deutschland äußerte sich mit Schreiben vom 6. November 2006, 22. Januar 2007, 25. Juli 2008 und 9. Februar 2009.

II.   BESCHREIBUNG

(8)

Die Maßnahme erfolgt gemäß Artikel 14 Absatz 1 des Gesetzes zur Förderung der bayerischen Landwirtschaft („LwFöG“).

(9)

Ziel der Maßnahme ist Sicherung und Verbesserung der hygienischen Wertigkeit der vom Tier stammenden Nahrungsmittel.

(10)

Begünstigte der Maßnahme sind Landwirte und Fischer (nachstehend werden beide Gruppen gemeinsam als Landwirte bezeichnet).

(11)

Begünstigter der Maßnahme ist ferner der Tiergesundheitsdienst Bayern („TGD“).

(12)

Die Maßnahme wird aus Mitteln des Landes Bayern und der Bayerischen Tierseuchenkasse („BTSK“) finanziert.

(13)

Die Maßnahmen zugunsten der Landwirte werden zwar als „Globalmaßnahmen“ bezeichnet, doch handelt es sich um Maßnahmen, die lediglich den in Bayern ansässigen Landwirten zugute kommen. Zudem handelt es sich nach Angaben Deutschlands um ganz spezifische Maßnahmen mit ausschließlich vorsorglichem Charakter zugunsten der Milch- und Fleischerzeugung, der Schweinezucht, der Geflügel- und Schafhaltung sowie der Fischzucht. Die Tierbestände werden nach einem festgelegten Programm überprüft, das die speziellen Risiken der Tierkrankheiten bzw. Kriterien zur Vorbeugung und Bekämpfung von Tierkrankheiten berücksichtigt. Deutschland hat außerdem angegeben, dass die Unterstützung nur für Globalmaßnahmen im Gemeinwohlinteresse gewährt wird, die über die üblichen rechtlichen Bestimmungen für die einzelnen Tierhalter hinausgehen (Schreiben vom 6. November 2006, S. 4).

(14)

Folgende Arten von Maßnahmen werden auf landwirtschaftlichen Betrieben getroffen: laufende Überwachung durch Tests bzw. Vorsorgeuntersuchungen, Erhebungen und (Labor-/Reihen-)Untersuchungen, tierärztliche Beratung, Erarbeitung von Plänen zur Prophylaxe bzw. Sanierungspläne und Entwicklung von Impfprogrammen.

(15)

Nach den Ausführungen Deutschlands bilden die in Randnummer 14 aufgeführten Aktivitäten die Grundlage für die Beratung von Landwirten hinsichtlich angemessener Vorsorge- und Kurativmaßnahmen. Nach Angaben Deutschlands bilden Leistungen, die üblicherweise von niedergelassenen Tierärzten angeboten werden (z.B. Behandlungen mit Arzneimitteln oder Schutzimpfungen) jedoch keinen Bestandteil dieser „Globalmaßnahmen“.

(16)

Die „Globalmaßnahmen“ sind für die Landwirte kostenfrei. Sie können diese Maßnahmen aber nicht anfordern, sondern der damit betraute TGD ergreift sie aus eigener Initiative.

(17)

Die Kosten dieser Maßnahmen werden dem TGD durch das Land Bayern ersetzt. Nach Artikel 14 Absatz 1 Satz 2 LwFöG werden „staatliche Leistungen von 50 v.H. des notwendigen Aufwandes gewährt“.

(18)

Ein weiterer Anteil der Personal- und Sachkosten des TGD wird aus anderen staatlichen Mitteln, nämlich der BTSK, ersetzt (vgl. Beihilfesachen NN 23/07, N 426/03 und N 81/04). Zusammen ergibt das eine Kostenerstattung von bis zu 100 %.

(19)

Zugunsten des TGD werden folgende Leistungen erbracht.

(20)

Nach dem Wortlaut des LwFöG wird dem TGD lediglich die Hälfte des „notwendigen Aufwandes“ aus staatlichen Mitteln ersetzt. Tatsächlich kann nach Angaben Deutschlands, aber ein Ersatz in Höhe von bis zu 100 % erlangt werden.

(21)

Die Beihilfe wird dem TGD seit dem Jahr 1974 gewährt. Gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (3) gelten die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen für eine Frist von zehn Jahren. Das Prüfverfahren der Kommission wurde im Jahr 2000 eingeleitet. Die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorgesehene Zehn-Jahres-Frist reicht damit bis ins Jahr 1990 zurück. Aus diesem Grund werden die vor diesem Zeitpunkt gezahlten Beihilfen nicht weiter untersucht.

(22)

Die von Deutschland übermittelten und im Anhang aufgeführten Haushaltsdaten betreffen dementsprechend Zahlungen an den TGD für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen im Zeitraum 1990 bis 2008.

(23)

Nach einer ersten Prüfung war unklar, ob die Zahlungen aus Haushaltsmitteln und die Zahlungen der BTSK dem TGD einen Wettbewerbsvorteil verschafften.

(24)

Der Beschwerdeführer trug darüber hinaus vor, dass gewisse klinisch-diagnostische und therapeutische (kurative) Leistungen der angestellten Tierärzte des TGD bis zu 90 % billiger als die Gestehungskosten angeboten würden. Dies sei der Bereich, in dem der TGD nach erwerbswirtschaftlichen Gesichtspunkten tätig werde.

(25)

Dies sei, so der Beschwerdeführer, nur möglich, weil der TGD Subventionen für die „Globalmaßnahmen“ erhalte und damit in die Lage versetzt werde, klinisch-diagnostische und therapeutische Dienstleistungen wesentlich günstiger anzubieten, als es den frei praktizierenden Tierärzten, die ohne Subventionen auskommen müssten, möglich sei. Zudem weist er auf die günstige Vertragsabschlussopportunität und die entfallenden Fahrtkosten der bereits am Ort wirkenden angestellten Tierärzte des TGD hin.

(26)

Im Einklang mit der Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln (4) beurteilt die Kommission die Vereinbarkeit unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt stets anhand der Kriterien, die in den zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen geltenden Bestimmungen festgelegt sind. Bei der Einleitung des Verfahrens verfügte die Kommission nicht über ausreichende Informationen, um sich davon zu überzeugen, dass die Beihilfen zugunsten der Landwirte den einschlägigen Bestimmungen der Union, d.h. den Leitlinien für staatliche Beihilfen im Agrarsektor und den Leitlinien für die Prüfung der staatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, entsprachen. Die Kommission forderte daher Deutschland zur Erteilung der erforderlichen Informationen auf.

(27)

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 ersuchte die Kommission Deutschland um Bestätigung, ob die zu prüfenden Beihilfen über den 1. Januar 2008 hinaus gewährt würden und, wenn ja, um die Übermittlung der erforderlichen Unterlagen zur Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfen mit der Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007-2013 (5) (nachstehend: „Rahmenregelung“), durch welche der Gemeinschaftsrahmen vom 1. Februar 2000 für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (6) (nachstehend: „Gemeinschaftsrahmen“) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 ersetzt wurde, und mit den Leitlinien für die Prüfung der staatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (7) (nachstehend: „Leitlinien von 2008“). Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 teilte Deutschland mit, dass die Beihilfen im Agrarsektor über 2008 hinaus gewährt würden, und übermittelte die gewünschten Informationen.

III.   BEMERKUNGEN DEUTSCHLANDS

(28)

Deutschland brachte vor, bei den vom Land Bayern und der BTSK gewährten Zahlungen für die Durchführung von Globalmaßnahmen handle es sich um Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Leistungen von allgemeinem Interesse. Deutschland verwies auf die Rechtsprechung, nach der staatliche Ausgleichszahlungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen unter bestimmten Voraussetzungen keine staatlichen Beihilfen darstellen. Die Maßnahmen sind nach Auffassung Deutschlands daher nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV anzusehen.

(29)

Deutschland vertrat die Ansicht, dass die Globalmaßnahmen der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Tiere sowie dem Verbraucher- und Tierschutz dienten. Dementsprechend liege die Durchführung der Globalmaßnahmen vor allem im Interesse der Allgemeinheit.

(30)

Nach den Ausführungen Deutschlands werden im Rahmen der Durchführung der Globalmaßnahmen umfangreiche Erkenntnisse gewonnen, die in der Folge in zahlreichen Fachveröffentlichungen und wissenschaftlichen Vorträgen national und international zur Verfügung gestellt würden. So sei ein wesentlicher Teil der aus den Globalmaßnahmen gewonnenen Ergebnisse der Fachwelt in der Union zugänglich.

(31)

Nach dem Vorbringen Deutschlands wurden im Rahmen des Globalmaßnahmenprogramms keine kurativen Leistungen, d.h. Leistungen, die normalerweise von niedergelassenen Tierärzten angeboten werden (z.B. Behandlungen mit Arzneimitteln oder Schutzimpfungen), erbracht. Außerhalb dieses geförderten Programms übe der TGD auch einige gewinnorientierte Tätigkeiten (kurative Leistungen) aus. Diese machten jedoch weniger als 5 % der gesamten tierärztlichen Leistungen aus. Auf die gewinnorientierten Tätigkeiten des TGD sei im Jahr ein Anteil von 2,6-2,85 % seines Gesamtumsatzes entfallen.

(32)

Durch eine klare und nachvollziehbare Trennung der Tätigkeitsbereiche „Globalmaßnahmen“ und „gewinnorientierte Tätigkeiten“ könne eine Quersubventionierung ausgeschlossen werden. Mittels eines sehr aufwändigen und detaillierten Abrechnungsmodus sowie umfangreicher Kontrollen sei dies sichergestellt.

IV.   BEMERKUNGEN VON BETEILIGTEN

(33)

Die Beteiligten wiederholten ihr Vorbringen, dass der TGD durch die von ihm beschäftigten Tierärzte nicht nur Vorsorgemaßnahmen treffe, sondern auch kurative Leistungen erbringen.

(34)

Die Beteiligten behaupteten nicht, dass für diese kurativen Leistungen unmittelbar eine finanzielle Unterstützung gewährt werde, betonten jedoch, dass der TGD vergleichbare Leistungen unter wesentlich günstigeren Bedingungen anbieten könne, als es frei praktizierenden Tierärzten möglich sei.

(35)

Das Vorbringen wurde nicht aufrecht erhalten, dass die Beihilfen zugunsten der Landwirte den Leitlinien für staatliche Beihilfen im Agrarsektor oder den anwendbaren gesetzlichen Vorschriften widersprächen. Auch die Bereitstellung der Mittel wurde nicht beanstandet.

V.   WÜRDIGUNG DER MASSNAHME

(36)

Gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(37)

Der Gerichtshof hat entschieden, dass für die Frage, ob eine staatliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne des Artikels 107 AEUV darstellt, zu bestimmen ist, ob das begünstigte Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (8), oder ob das Unternehmen dadurch von Kosten entlastet wird, die es normalerweise aus seinen Eigenmitteln hätte bestreiten müssen (9).

(38)

Auf den ersten Blick scheinen diese Bedingungen erfüllt.

(39)

Die Maßnahme wird aus staatlichen Mitteln finanziert. Sie kommt bestimmten Unternehmen, nämlich bayerischen Landwirten, zugute, welche die subventionierten Dienstleistungen kostenlos erhalten. Da diese Unternehmen auf einem Markt tätig sind, in dem hoher internationaler Wettbewerbsdruck herrscht, verfälscht die Maßnahme den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen (10); ferner beeinträchtigt sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten (11).

(40)

Aus diesem Grund handelt es sich bei der Maßnahme um eine Beihilfe und Artikel 107 Absatz 1 AEUV ist anwendbar. Folglich muss untersucht werden, ob in Abweichung von Artikel 107 Absatz 1 AEUV eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt gewährt werden kann.

(41)

Die „Globalmaßnahmen“ für Landwirte (ab 1990) und die Ausgleichszahlungen an den TGD für die Durchführung der „Globalmaßnahmen“ im Zeitraum 1990-2004 wurden ohne Anmeldung bei der Kommission gewährt. Sie sind rechtswidrig, da ihre Gewährung Artikel 108 Absatz 3 AEUV widerspricht.

(42)

Das Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfen gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV gilt jedoch nicht ausnahmslos. Die Kommission hat geprüft, ob eine der Ausnahmen bzw. Freistellungen von dem grundsätzlichen Beihilfeverbot gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV zur Anwendung kommt.

(43)

Die Ausnahmetatbestände des Artikels 107 Absatz 2 AEUV in Bezug auf Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, und Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter Gebiete der Bundesrepublik Deutschland kommen in vorliegendem Zusammenhang nicht in Betracht.

(44)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Freistellungstatbestände des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV in Bezug auf die Entwicklung bestimmter Gebiete bei dieser Beihilferegelung nicht anzuwenden sind, da die Maßnahme keine Beihilfe zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten darstellt, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht.

(45)

Was den Freistellungstatbestand des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe b AEUV angeht, so genügt der Hinweis, dass es sich bei der fraglichen Beihilfe weder um ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse handelt noch eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Deutschlands behoben werden soll. Noch wird bezweckt, die Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe d AEUV zu fördern.

(46)

Weder Deutschland noch sonstige Beteiligte haben sich im Laufe des Prüfverfahrens auf die genannten Ausnahme- oder Freistellungstatbestände berufen.

(47)

Den einzigen Freistellungstatbestand, der in Betracht gezogen werden könnte, bildet daher Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV; nach dieser Bestimmung kann eine Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn sie der Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete dient, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(48)

Da es sich um eine Beihilfe zugunsten von Landwirten handelt, finden der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und die Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor Anwendung. Wie in Randnummer 26 erläutert, prüft die Kommission in Anbetracht dessen, dass diese Maßnahmen unrechtmäßige staatliche Beihilfen darstellen, ihre Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt anhand der Kriterien, die in den zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen geltenden Bestimmungen festgelegt sind.

(49)

Nach der Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln findet der Gemeinschaftsrahmen auf die fraglichen Maßnahmen Anwendung, während die vor dem Inkrafttreten dieses Gemeinschaftsrahmens (also vor dem 1. Januar 2000) gewährten Beihilfen anhand der Arbeitsunterlage der Kommission vom 10. November 1986 (12) zu beurteilen sind.

(50)

In Ziffer 11.4.1 des Gemeinschaftsrahmens heißt es: „Erleidet ein Landwirt Verluste des Viehbestands infolge einer Tierseuche oder werden seine Kulturen von einer Pflanzenkrankheit befallen, so stellt dies in der Regel nicht eine Naturkatastrophe oder ein außergewöhnliches Ereignis im Sinne des EG-Vertrags dar.“

(51)

In solchen Fällen kann die Kommission Beihilfen als Ausgleich für die entstandenen Verluste und Beihilfen zur Vermeidung zukünftiger Verluste nur auf der Grundlage von Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV genehmigen, der Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansieht, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(52)

Für die vorliegende Beihilfe zugunsten der Landwirte gilt Ziffer 11 des Gemeinschaftsrahmens, da die Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Tierseuchen dienen. Die Kommission stützt sich bei ihrer Beurteilung von Beihilfen zur Verhütung und Bekämpfung von Tierseuchen auf Ziffer 11.4 des Gemeinschaftsrahmens. Solche Beihilfen werden als mit den Artikeln 107 und 108 AEUV vereinbar betrachtet, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

(53)

Die Maßnahme muss Teil eines auf Ebene der Union oder auf nationaler oder regionaler Ebene durchgeführten Programms zur Verhütung, Bekämpfung oder Tilgung der Seuche oder Krankheit sein (Ziffer 11.4.2 des Gemeinschaftsrahmens). Nach Ziffer 11.4.2 des Gemeinschaftsrahmens ist ein Warnsystem einzurichten, gegebenenfalls verbunden mit Beihilfen, um die einzelnen Betroffenen zur freiwilligen Teilnahme an präventiven Maßnahmen zu bewegen. Dementsprechend können nur Krankheiten bzw. Seuchen, deren Bekämpfung im Interesse der Behörden liegt, Gegenstand von Beihilfemaßnahmen sein, und nicht etwa Maßnahmen, für die die Landwirte nach allgemeinem Ermessen selbst die Verantwortung zu übernehmen haben.

(54)

Die Beihilfemaßnahmen sollten entweder der Vorbeugung dienen oder einen Ausgleich anstreben oder aber Vorbeugung und Ausgleich miteinander verbinden (Ziffer 11.4.3 des Gemeinschaftsrahmens).

(55)

Die Beihilfen sollten mit den spezifischen Bestimmungen des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts der Union vereinbar sein (Ziffer 11.4.4 des Gemeinschaftsrahmens).

(56)

Beihilfen können bis zu einem Höchstsatz von 100 % der Kosten gewährt werden (Ziffer 11.4.5 des Gemeinschaftsrahmens). Keine Beihilfen dürfen gewährt werden, wenn das Recht der Union vorsieht, dass die Kosten der Maßnahmen von den Landwirten selbst zu tragen sind.

(57)

Diese Voraussetzungen werden folgendermaßen erfüllt.

(58)

Die Maßnahmen sind Teil eines auf regionaler Ebene (Bayern) durchgeführten Programms. Ihr Zweck ist die Verhütung und Bekämpfung von Tierseuchen. Dies geht aus der im LwFöG ausdrücklich geregelten Zielsetzung („Sicherung und Verbesserung der hygienischen Wertigkeit der vom Tier stammenden Nahrungsmittel“) und den durchgeführten „Globalmaßnahmen“ hervor. Die geprüften Maßnahmen dienen zur Bekämpfung ansteckender Tierseuchen einschließlich faktorieller Erkrankungen und Zoonosen. Sie sollen zudem den Einsatz von Arzneimitteln optimieren und reduzieren. Die wichtigsten Erkrankungen bestimmter Tiergruppen sind: bei Rindern und Schafen: Zoonosen, Q-Fieber, Paratuberkulose, transmissible spongiforme Enzephalopathie und Mastitis; bei Schweinen und Geflügel: Zoonosen, Salmonellen, Escherichia coli und Enteritis. Darüber hinaus werden Methoden und Verfahren zur Erkennung und Diagnose von Virusinfektionen entwickelt und erprobt.

(59)

Die Globalmaßnahmen leisten einen Beitrag zum Ziel der Union, einen hohen Grad an Tiergesundheit zu gewährleisten. Zudem liegen der Kommission keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sie dem einschlägigen Veterinärrecht der Union widersprechen könnten.

(60)

Das Programm sieht eine Beihilfeintensität von maximal 100 % vor. Das Programm sieht keine Beihilfen in Fällen vor, in denen die Kosten nach dem Unionsrecht von den Landwirten selbst zu tragen sind.

(61)

50 % der Kosten für die Globalmaßnahmen auf dem Agrar- und Fischereisektor werden vom Land Bayern getragen. In seiner Stellungnahme nach der Einleitung des Verfahrens setzte Deutschland die Kommission darüber in Kenntnis, dass ein weiterer Teil der Kosten von der BTSK übernommen wird. Bei der BTSK handelt es sich um eine öffentliche Einrichtung, die durch steuerähnliche Abgaben finanziert wird. Die gemeinsame Finanzierung der Beihilfe aus Mitteln des Landes Bayern und der BTSK ist auf 100 % beschränkt und liegt in der Praxis sogar unter diesem Wert. In der Vergangenheit hat die Kommission die Finanzierung der BTSK durch steuerähnliche Abgaben mehrfach gutgeheißen. (13) Aus diesem Grund besteht für die Kommission kein Anlass, diese steuerähnlichen Abgaben neuerlich einer ausführlichen Überprüfung zu unterziehen. Weder der Beschwerdeführer noch andere Beteiligte haben das Finanzierungsmodell der BTSK (d.h. diesen Teil der Finanzierung der Beihilfe) beanstandet.

(62)

Der Gemeinschaftsrahmen beruht auf den gleichen Grundsätzen wie schon die Arbeitsunterlage der Kommission vom 10. November 1986. Folglich gilt die gleiche Beurteilung auch für die den Landwirten von 1990 bis 1999 gewährten Beihilfen, die also ebenfalls als mit diesen Grundsätzen vereinbar anzusehen sind. Daher können die staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden.

(63)

Hinsichtlich der Situation nach 2007 sieht Nummer 133 der Rahmenregelung vor, dass die Kommission staatliche Beihilfen zur Bekämpfung von Tier- und Pflanzenkrankheiten als mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV vereinbar erklärt, wenn die Voraussetzungen von Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätige Unternehmen und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 70/2001 (14) erfüllt sind. In diesem Zusammenhang müssen nur Maßnahmen zur Krankheitsvorsorge berücksichtigt werden, da keine Beihilfen für kurative Maßnahmen oder Ausgleichszahlungen für Verluste gewährt werden.

(64)

Insofern die Beihilfe zugunsten der Landwirte Beratungskosten enthält, würde es sich um die Bereitstellung technischer Hilfe im Sinne von Nummer 103 der Rahmenregelung handeln. Dementsprechend erklärt die Kommission staatliche Beihilfen für die Bereitstellung technischer Hilfe als mit Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV vereinbar, wenn die Voraussetzungen von Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 erfüllt sind.

(65)

Gemäß Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 sind Beihilfen in folgenden Fällen zulässig.

(66)

Beihilfen zum Ausgleich der Kosten, die Landwirten durch Gesundheitskontrollen, Tests und sonstige Früherkennungsmaßnahmen, durch den Kauf und die Anwendung von Impfstoffen, Arzneimitteln und Pflanzenschutzerzeugnissen, durch die Schlachtung und Beseitigung von Tieren sowie durch die Vernichtung von Kulturen in Zusammenhang mit der Verhütung und Tilgung von Tierseuchen, Pflanzenkrankheiten oder Schädlingsbefall entstehen, sind mit dem Binnenmarkt vereinbar. Die Beihilfe muss in Form von bis zu 100 % bezuschussten Dienstleistungen gewährt werden und darf keine direkte Zahlung von Geldbeträgen an die Erzeuger umfassen (Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(67)

Etwaige Versicherungszahlungen und aufgrund des Seuchen- bzw. Krankheitsausbruchs nicht entstandene Kosten sind von den zuschussfähigen Kosten und Verlusten abzuziehen (Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(68)

Die Zahlungen sind in Zusammenhang mit Tierseuchen, Pflanzenkrankheiten oder Schädlingsplagen zu leisten, zu denen es Rechts-oder Verwaltungsvorschriften der Union oder einzelstaatliche Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gibt. Die Zahlungen müssen also Teil eines öffentlichen Programms der Union oder eines einzelstaatlichen oder regionalen öffentlichen Programms zur Verhütung, Bekämpfung oder Tilgung der betreffenden Seuche, Krankheit oder Schädlingsplage sein. Das Programm muss die betreffende Seuche, Krankheit oder Schädlingsplage eindeutig benennen und auch eine Beschreibung der entsprechenden Maßnahmen enthalten (Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(69)

Die Beihilfe darf keine Tierseuche oder Pflanzenkrankheit betreffen, für deren Bekämpfung das Recht der Union spezifische Abgaben vorsieht oder deren Kosten nach dem Recht der Union von den landwirtschaftlichen Betrieben selbst zu tragen sind, es sei denn, die Kosten solcher Beihilfemaßnahmen werden in voller Höhe durch Pflichtabgaben der Erzeuger ausgeglichen (Artikel 10 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(70)

Soweit es sich um Beihilfen in Zusammenhang mit Tierseuchen handelt, muss die betreffende Tierseuche in der Liste der Krankheiten des Internationalen Tierseuchenamtes und/oder dem Anhang der Entscheidung 90/424/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 über bestimmte Ausgaben im Veterinärbereich (15) aufgeführt sein (Artikel 10 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(71)

Die Beihilferegelungen müssen binnen drei Jahren, nachdem die Ausgaben oder Verluste entstanden sind, eingeführt werden. Die Beihilfe muss innerhalb von vier Jahren nach Entstehung der Ausgaben oder Verluste ausgezahlt werden (Artikel 10 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006).

(72)

Diese Voraussetzungen werden folgendermaßen erfüllt

(73)

Wie in Randnummer 14 ausgeführt, umfasst die Beihilfe unterschiedliche Maßnahmen (laufende Überwachung, Erhebungen und (Labor-/Reihen-)Untersuchungen, tierärztliche Beratung, Erarbeitung von Plänen zur Prophylaxe bzw. Sanierungspläne und Entwicklung von Impfprogrammen), deren unmittelbares Ziel in der Krankheitsprophylaxe besteht. Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 hat Deutschland bestätigt, dass die Beihilfe in Form bezuschusster Dienstleistungen erfolgt. Infolgedessen sind Beihilfen für derartige Kosten gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 zulässig.

(74)

Deutschland hat mit Schreiben vom 9. Februar 2009 bestätigt, dass bei Projekten im Zusammenhang mit Tierseuchen die betreffenden Krankheiten in der Liste des Internationalen Tierseuchenamtes und/oder dem Anhang der Entscheidung 90/424/EWG aufgeführt sind.

(75)

Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 ist nicht einschlägig, da nur Beihilfen für vorbeugende Maßnahmen gewährt werden.

(76)

Wo es sich um Zahlungen in Bezug auf bestimmte Erkrankungen handelt, sind die Beihilfen Teil eines regionalen Programms, in dem die betreffende Seuche bzw. Krankheit und die entsprechenden Maßnahmen eindeutig benannt sind. Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 wird daher erfüllt.

(77)

Kosten, die nach dem Unionsrecht von den Erzeugern selbst zu tragen sind, werden nicht bezuschusst. Artikel 10 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 werden daher erfüllt.

(78)

Vor der Erbringung der Dienstleistungen angefallene Kosten sind nicht zuschussfähig. Artikel 10 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 wird daher erfüllt.

(79)

Deutschland hat die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die in Randnummer 14 genannten Maßnahmen auch im Zusammenhang mit anderen Aspekten der Tiergesundheit als speziellen und eindeutig benannten Seuchen, Krankheiten oder Schädlingsplagen stehen können (z.B. Produktionshygiene). Dementsprechend würde es sich bei den Maßnahmen um Beratungsleistungen handeln, in deren Rahmen Empfehlungen und Pläne an die Situation bestimmter Landwirte oder Gruppen von Landwirten angepasst werden.

(80)

Gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 sind Beihilfen zur Deckung des Entgelts für durch Dritte erbrachte Beratungsdienste zulässig, wobei diese Beratungsdienste nicht — wie etwa routinemäßige Steuer- oder Rechtsberatung oder Werbung — fortlaufend oder in regelmäßigen Abständen in Anspruch genommen werden oder zu den gewöhnlichen Betriebsausgaben gehören dürfen. Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 sieht vor, dass die Beihilfe diese Kosten zu 100 % abdecken kann und durch bezuschusste Dienstleistungen gewährt werden muss.

(81)

Diese Voraussetzungen werden folgendermaßen erfüllt:

(82)

Aus den von Deutschland vorgelegten Unterlagen (vgl. Randnummer 14) geht hervor, dass die bezuschussten Beratungsdienste in Form von Projekten im Zusammenhang mit speziellen und punktuellen Tiergesundheitsbelangen von allgemeinem Interesse erbracht wurden. Obwohl für bestimmte Maßnahmen eine durchgehende Überwachung oder regelmäßige Tests erforderlich sein können, scheinen diese dem jeweiligen Projekt zuzuordnen zu sein und stellen keine übliche laufende Veterinär- oder Qualitätskontrolle des Tierbestands dar. Auch die Kosten solcher Maßnahmen können nicht als gewöhnliche Betriebsausgaben im Sinne von Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 1857/2006 betrachtet werden, da die Kosten für Routinebesuche von Veterinären zu Prophylaxe- und Behandlungszwecken nicht zuschussfähig sind. Die gesamte Beihilfe wird in Form bezuschusster Dienstleistungen gewährt und darf maximal 100 % der zulässigen Kosten betragen. Daher können die staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden.

(83)

Die Maßnahmen wurden auch auf dem Fischzuchtsektor durchgeführt. In den Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor aus den Jahren 1988, 1992, 1994, 1997 und 2001, die der Rahmenregelung entsprechen, sind die folgenden Kriterien für die Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen mit dem Binnenmarkt im Veterinär- und Gesundheitsbereich festgelegt: (16) Eine Behörde muss gegen eine Krankheit vorgehen, damit sichergestellt ist, dass nicht nur in einem bestimmten, sondern im allgemeinen Interesse gehandelt wird. Die Ziele der Beihilfemaßnahmen müssen entweder der Vorbeugung dienen, einen Ausgleich zum Ziel haben oder Vorbeugung und Ausgleich miteinander verbinden. Der TGD wurde vom Land Bayern mit der Umsetzung der Maßnahmen betraut und führt diese, wie in Randnummer 16 bereits in einem anderen Zusammenhang ausgeführt, eigenständig durch. Diese Maßnahmen dienen der Vorbeugung. Aus diesem Grund können die staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden.

(84)

Die zwischen 1. November 2004 und 31. März 2008 gewährten staatlichen Beihilfen werden gemäß Ziffer 3.10 der Leitlinien für die Prüfung Staatlicher Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor (17) (nachstehend: Leitlinien von 2004), die auf Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1595/2004 der Kommission (18) verweisen, der wiederum auf Artikel 15 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates vom 17. Dezember 1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor (19) verweist, im Einzelfall geprüft. Gemäß Ziffer 3.1 Absatz 2 der Leitlinien von 2004 sind diese staatlichen Beihilfen mit dem Binnenmarkt vereinbar und stehen mit den Zielen der gemeinsamen Wettbewerbspolitik und der gemeinsamen Fischereipolitik im Sinne der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 (20) und (EG) Nr. 2792/1999 im Einklang: Gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2792/1999 können Maßnahmen von allgemeinem Interesse, die über das normale Maß privaten Unternehmertums hinausgehen, unterstützt werden. Beispiele für solche Maßnahmen sind in Artikel 15 Absatz 3 Buchstaben e und l angeführt. Die Kommission hält erstens fest, dass der Zweck der „Globalmaßnahmen“ mit den Zielsetzungen dieser Beispiele übereinstimmt. Zweitens führt der TGD diese Tätigkeiten auf eigene Initiative und nicht auf Anforderung durch die Landwirte durch. Zudem würden die Maßnahmen — vgl. dazu Ziffer 3.4 der Leitlinien von 2004 — von den Landwirten unter reinen Marktbedingungen nicht unbedingt umgesetzt werden. Und schließlich führen diese Maßnahmen auch zu dauerhaften Verbesserungen für den Sektor im Sinne von Ziffer 3.5 der Leitlinien von 2004.

(85)

Mit Schreiben vom 9.Februar 2009 bestätigte Deutschland, dass die Beihilfen im Agrarsektor weiterhin gewährt werden, und führte Beispiele für typische Projekte an. Diese Beispiele enthielten keine Projekte aus dem Fischereisektor. Da es aber nicht ausgeschlossen ist, dass nach dem 1. April 2008 Beihilfen zugunsten des Fischzuchtsektors gewährt werden, muss untersucht werden, ob solche Beihilfen mit den nach diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften im Agrar- und Fischereisektor vereinbar wären. Randnummer 4.2 der Leitlinien von 2008 verweist bezüglich Beihilfen im Geltungsbereich anderer Vorschriften auf die Bedingungen dieser Vorschriften, in diesem Fall auf die Bedingungen der Verordnung (EG) Nr. 736/2008 der Kommission vom 22. Juli 2008 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf Beihilfen an kleine und mittlere in der Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Fischereierzeugnissen tätige Unternehmen (21). In Zusammenhang mit Beihilfen für Veterinärmaßnahmen ist Artikel 14 der Verordnung (EG) Nr. 736/2008 einschlägig. Gemäß diesem Artikel sind Beihilfen für Veterinärmaßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar, sofern sie die Bedingungen der Artikel 28 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates (22) sowie des Artikels 12 der Verordnung (EG) Nr. 498/2007 der Kommission (23) erfüllen. In Bezug auf die fraglichen Beihilfen sind die Bedingungen dieser Verordnungen und die allgemeinen Grundsätze von Ziffer 3 der Leitlinien von Jahr 2008 inhaltlich gleich geblieben wie die Vorschriften, die für die vor dem 1. April 2008 gewährten Beihilfen galten. Deswegen kann die für diese Beihilfen vorgenommene Bewertung auch für die nach dem 1. April 2008 gewährten Beihilfen Anwendung finden. Da die vor dem 1. April 2008 gewährten Beihilfen mit den geltenden Vorschriften vereinbar sind und da die Beihilfen und die Art wie sie gewährt wurden nach dem 1. April 2008 unverändert geblieben sind, gelangt die Kommission infolgedessen zu dem Schluss, dass die Beihilfen die Bedingungen der im Fischerei- und Aquakultursektor geltenden Vorschriften erfüllen.

(86)

Nach alledem erfüllen die den Landwirten im Rahmen der geprüften Maßnahme gewährten staatlichen Beihilfen die in den anwendbaren Unionsvorschriften für den Agrar- und Fischereisektor festgelegten Bedingungen. In diesem Zusammenhang hält die Kommission fest, dass weder die Beschwerdeführer noch die sonstigen Beteiligten eine Verletzung der einschlägigen Vorschriften der Union dargetan haben. Daher können die staatlichen Beihilfen als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden.

(87)

Damit es sich um eine staatliche Beihilfe handelt, muss eine Maßnahme den Begünstigten einen Vorteil verschaffen.

(88)

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht hervor, dass der Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. (24) Werden diese Bedingungen nicht eingehalten, die allgemeinen Kriterien für die Anwendbarkeit von Artikel 107 Absatz 1 AEUV jedoch erfüllt, handelt es sich bei einem solchen Ausgleich um eine staatliche Beihilfe.

(89)

Im Urteil Altmark hat der Gerichtshof ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen der Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen keine staatliche Beihilfe darstellt (Leitsatz 3):

a)

„Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein.

b)

Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen (…).

c)

Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken.

d)

Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen … ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.“

(90)

Sind diese vier Voraussetzungen erfüllt, handelt es sich beim Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen nicht um eine staatliche Beihilfe, sodass Artikel 107 AEUV Absatz 1 und Artikel 108 AEUV keine Anwendung finden. Halten die Mitgliedstaaten diese Voraussetzungen nicht ein und sind die allgemeinen Kriterien für die Anwendbarkeit von Artikel 107 Absatz 1 AEUV erfüllt, so stellt der Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen eine staatliche Beihilfe dar, die gemäß Artikel 108 Absatz 3 AEUV bei der Kommission angemeldet werden muss.

(91)

Bei der Einleitung des Verfahrens bestanden Zweifel insbesondere daran, ob die Voraussetzungen der Buchstaben c und d erfüllt wurden.

(92)

Hinsichtlich der Voraussetzung des Buchstaben a verweist die Kommission darauf, dass Artikel 14 Absatz 1 LwFöG eine Gemeinwohlverpflichtung vorsieht, indem er ein klares Ziel (gesunde Ernährung) setzt und Möglichkeiten (qualitativ hochwertige land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse) vorgibt, dieses Ziel mit Hilfe einer Reihe von Maßnahmen (vgl. Randnummer 14) zu erreichen. Satzungsgemäß dient der TGD der Förderung und Sicherung der Tiergesundheit, insbesondere im Interesse der Erzeugung gesundheitlich einwandfreier vom Tier stammender Nahrungsmittel und des Schutzes von Verbrauchern und Tieren. Zur Erfüllung dieses Zweckes bedient sich der Verein eigenen Personals und eigener Einrichtungen. Die vom TGD durchgeführten Maßnahmen sind in der Vereinbarung Nr. R1-4010/1393 aus dem Jahr 1974 und in der Rahmenvereinbarung Nr. T-7482-100 vom 13. Juli 1993, die zwischen dem Freistaat Bayern und dem TGD Bayern geschlossen wurden, geregelt. Die Einzelheiten werden jedes Jahr durch jährliche Vereinbarungen und Verwaltungsentscheidungen festgelegt.

(93)

Hinsichtlich der Voraussetzung des Buchstaben b ist festzustellen, dass jede der einzelnen Tätigkeiten im Voraus definiert wurde und der finanzielle Ausgleich mit Hilfe eines Punktesystems auf der Grundlage des absehbaren Zeit- und Kostenaufwands errechnet wurde. In den Folgejahren wurde mit neu hinzukommenden Dienstleistungen analog verfahren. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit des TGD vom Bayerischen Obersten Rechnungshof geprüft und akzeptiert wurde. Darüber hinaus sind für den von dem vorliegenden Beschluss abgedeckten Zeitraum Rechnungsprüfungen durch unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt worden.

(94)

Hinsichtlich der Voraussetzung des Buchstaben c hat Deutschland Informationen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass der Ausgleich nicht über die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen hinausgegangen ist (vgl. Anhang). Tatsächlich zeigen die Zahlen, dass der TGD in den Jahren 1990 bis 2004 keine Gewinne erzielte. Die Kosten für die Globalmaßnahmen werden auf der Grundlage eines Punktesystems ermittelt, wobei ein Punkt einem bestimmten Wert in Euro entspricht. Diese Berechnungsmethode wurde infolge einer Initiative des Bayerischen Rechnungshofs entwickelt. Sie ist vergleichbar mit der Methode zur Abrechnung von Leistungen in der Humanmedizin. Deutschland hat mitgeteilt, dass die seit 2002 angewandte Berechnungsmethode die Anforderungen der Richtlinie 2005/52/EG der Kommission (25) erfülle.

(95)

Hinsichtlich der Voraussetzung des Buchstaben d hat Bayern den TGD aufgrund eines offenen Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge per 1. Januar 2005 mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betraut. Nach Erörterungen mit der Kommission hat Bayern das Vergabeverfahren durch die EU-weite Ausschreibung einer Dienstleistungsvereinbarung über „Projektierte Maßnahmen im Bereich der Tiergesundheit landwirtschaftlicher Nutztiere in Bayern“ im Juni 2004 eingeleitet. Die Kosten für die Gesamtmaßnahmen wurden für eine Dauer von fünf Jahren auf 8 Mio. EUR pro Jahr veranschlagt. Die Ausschreibung wurde in der Beilage zum Amtsblatt der Europäischen Union (Reihe S) (26) und im Bayerischen Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht. An der Ausschreibung nahmen drei mögliche Auftragnehmer teil. Der Fünf-Jahres-Vertrag wurde an den TGD vergeben, da der TGD die verlangten Dienstleistungen am kostengünstigsten erbringen konnte. Im Jahr 2009 wird ein neues Ausschreibungsverfahren eingeleitet.

(96)

Was die zweite Alternative der Voraussetzung des Buchstaben d anbelangt, so hat Deutschland eingeräumt, dass für den Zeitraum bis 31. Dezember 2004 kein gewöhnliches Unternehmen angegeben werden kann, das gänzlich mit dem TGD vergleichbar wäre.

(97)

Deutschland hat demnach nicht nachgewiesen, dass der an den TGD gezahlte Ausgleich im Zeitraum 1990 bis 2004 auf der Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt wurde, die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen entstanden wären. Infolgedessen kann davon ausgegangen werden, dass die fragliche Maßnahme dem TGD bis 31. Dezember 2004 einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV verschafft hat.

(98)

Der dem TGD im Zeitraum 1990 bis 2004 jährlich gewährte Ausgleich stellt daher eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar, während der jährliche Ausgleich ab dem 1. Januar 2005, der auf der Grundlage eines öffentlichen Vergabeverfahrens erfolgt, allen im Urteil Altmark aufgeführten Voraussetzungen entspricht und es sich daher um keine staatliche Beihilfe zugunsten des TGD handelt. In diesem Zusammenhang nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass aus den von Deutschland übermittelten Unterlagen hervorgeht, dass die Zahlungen an den TGD vom 1. Januar 2005 bis Ende 2008 nicht die kompletten Kosten der Globalmaßnahmen abdeckten.

(99)

Hinsichtlich der Erfüllung der im Urteil Altmark aufgeführten Voraussetzungen liegt weder eine spezielle Beschwerde noch Äußerungen von sonstigen Beteiligten vor.

(100)

Zur Würdigung der Vereinbarkeit des dem TGD gewährten Ausgleichs für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen mit dem AEUV sind die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe anwendbaren Bestimmungen heranzuziehen.

(101)

Nach der Mitteilung der Kommission über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa (27) (nachstehend: Mitteilung), die gemäß Randnummer 26 Buchstabe b des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden (28), für nicht angemeldete Beihilfen anwendbar ist, ist die Frage staatlicher Ausgleichszahlungen im Lichte folgender drei Prinzipien zu prüfen:

Neutralität im Hinblick auf öffentliches oder privates Eigentum an Unternehmen;

Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten bei der Definition von öffentlichen Dienstleistungen;

Verhältnismäßigkeit, die sicherstellt, dass Einschränkungen des Wettbewerbs und Begrenzungen der Freiheiten im Binnenmarkt nicht über das zur wirksamen Erfüllung der Aufgabe im öffentlichen Interesse notwendige Maß hinausgehen.

(102)

Mit dem ersten Prinzip, Neutralität, ist gemeint, dass die Kommission keine Vorgaben macht, ob Leistungen der Daseinsvorsorge von öffentlichen oder privaten Unternehmen zu erbringen sind. Die Einhaltung dieses Prinzips wird im vorliegenden Fall nicht in Zweifel gezogen.

(103)

Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten bedeutet, dass für die Definition dessen, was ausgehend von den spezifischen Merkmalen einer Tätigkeit als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu gelten hat, vorrangig die Mitgliedstaaten zuständig sind. Hinsichtlich dieser Definition greift die Kommission nur bei missbräuchlicher Verwendung oder offenkundigen Fehlern ein. Die Ausnahmeregelungen des Artikels 106 Absatz 2 AEUV können jedoch im Einzelfall nur dann zur Anwendung kommen, wenn der Versorgungsauftrag klar definiert und ausdrücklich durch Hoheitsakt (Verträge eingeschlossen) übertragen worden ist. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit und der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit unerlässlich und zudem notwendig, damit die Kommission die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme prüfen kann.

(104)

Die dem TGD übertragenen Globalmaßnahmen können als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse eingestuft werden und wurden, wie in Randnummer 92 ausgeführt, klar definiert und dem TGD übertragen.

(105)

Im Lichte des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist Artikel 106 Absatz 2 AEUV dahin auszulegen, dass die Mittel, die zur Erfüllung des Versorgungsauftrags eingesetzt werden, keine unnötigen Verzerrungen des Handels erzeugen und nicht über das zur tatsächlichen Erfüllung des Auftrags erforderliche Maß hinausgehen dürfen. Gemäß Ziffer 26 der Mitteilung und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu diesem Zeitpunkt darf der Ausgleich nicht über die mit der anvertrauten Aufgabe verbundenen Nettomehrkosten hinausgehen. Die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse muss gewährleistet und die damit betrauten Unternehmen müssen in der Lage sein, die mit der Wahrnehmung der Aufgabe verbundenen zusätzlichen Kosten zu tragen.

(106)

Im vorliegenden Fall ist es demnach erforderlich, die für den TGD mit der Erbringung der öffentlichen Dienstleistungen (Globalmaßnahmen) aufgrund der beiden Vereinbarungen verbundenen Nettomehrkosten zu berechnen und das Ergebnis anschließend mit den staatlichen Beihilfen zu vergleichen. Ist der dem TGD gewährte Ausgleich nicht höher als die Mehrkosten infolge des Versorgungsauftrags, so kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als erfüllt gelten.

(107)

Innerhalb des entscheidungserheblichen Zeitraums von 1990 bis 2004 überstiegen die Mehrkosten im Zusammenhang mit den Globalmaßnahmen die dem TGD gewährten Beihilfen, wie aus dem Anhang des vorliegenden Beschlusses hervorgeht.

(108)

Infolgedessen hatten die Zahlungen, die der TGD für die den Gegenstand dieses Beschlusses bildenden Globalmaßnahmen erhalten hat, keine Überkompensation der dem TGD durch ihre Erbringung entstandenen Mehrkosten zur Folge.

(109)

Nach alledem stellt der dem TGD im Zeitraum 1990 bis 2004 gewährte Ausgleich für die Ausführung der öffentlichen Dienstleistungen eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 dar, die mit Artikel 106 Absatz 2 AEUV vereinbar ist.

(110)

Die Kommission hält in diesem Zusammenhang fest, dass nicht einsichtig ist, wie der staatliche Ausgleich, der nicht einmal die gesamten Mehrkosten des Versorgungsauftrags abdeckte, zur Subventionierung der gewinnorientierten Tätigkeit des TGD hätte verwendet werden können, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht. Zudem wurde die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die beim TGD angestellten Tierärzte bestimmte klinische, diagnostische und therapeutische Leistungen bis zu 90 % unterhalb der Gestehungskosten erbrächten, weder vom Beschwerdeführer noch von anderen Beteiligten bewiesen.

(111)

Wegen dieser Behauptung führte Deutschland eine spezielle Prüfung des TGD durch. Dabei wurden keine Hinweise gefunden, die diese Behauptung bestätigen. Deutschland hat darum ersucht, informiert zu werden, um den Einzelfall prüfen zu können, sollten diesbezüglich konkrete Informationen auftauchen.

(112)

Die Kommission hält außerdem fest, dass die Bayerische Landestierärztekammer und der Bundesverband praktizierender Tierärzte — Landesverband Bayern die Arbeit des TGD einschließlich seiner gewinnorientierten Tätigkeit unterstützen.

VI.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

(113)

Die Kommission stellt fest, dass Deutschland die fragliche Beihilfe unter Verletzung von Artikel 108 Absatz 3 AEUV gewährt hat.

(114)

Aufgrund der Würdigung gelangt die Kommission jedoch zu der Schlussfolgerung, dass die in den Randnummern 13 und 14 genannte staatliche Beihilfe in Form von „Globalmaßnahmen“ zugunsten der Landwirte (ab 1990) und der in den Randnummern 17 und 18 genannte staatliche Ausgleich zugunsten des TGD für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung im Zeitraum 1990 bis 2004 mit dem AEUV vereinbar sind. Tatsächlich handelt es sich, wie ausgeführt, teils gar nicht um staatliche Beihilfen. Der in den Randnummern 17 und 18 genannte jährliche Ausgleich, der dem TGD ab dem 1. Januar 2005 für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung gewährt wird, entspricht allen im Urteil Altmark genannten Voraussetzungen und stellt daher keine staatliche Beihilfe dar —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilfe, die Deutschland in Form der Globalmaßnahmen zugunsten der Landwirte und der Fischer gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Die Beihilfe, die Deutschland zugunsten des Tiergesundheitsdienstes im Zeitraum 1990 bis 2004 in Form des Ausgleichs für die Erbringung der „Globalmaßnahmen“ durch den Tiergesundheitsdienst gewährt hat, ist mit dem Binnenmarkt vereinbar.

Der dem Tiergesundheitsdienst seit 1. Januar 2005 gewährte Ausgleich für die Erbringung der „Globalmaßnahmen“, stellt keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

Brüssel, den 15. Dezember 2009

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  Am 1. Dezember 2009 sind an die Stelle der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag die Artikel 107 und 108 AEUV getreten. Die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag und die Artikel 107 und 108 AEUV sind im Wesentlichen identisch. Im Rahmen dieses Beschlusses sind Bezugnahmen auf die Artikel 107 und 108 AEUV als Bezugnahmen auf die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag zu verstehen, wo dies angebracht ist.

(2)  ABl. C 244 vom 11.10.2006, S. 15.

(3)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(4)  ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 22.

(5)  ABl. C 319 vom 27.12.2006, S. 1.

(6)  ABl. C 28 vom 1.2.2000, S. 2.

(7)  ABl. C 84 vom 3.4.2008, S. 10.

(8)  Urteil vom 11. Juli 1996, SFEI, C-39/94, Slg. 1996, I-3547, Randnr. 60.

(9)  Urteil vom 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, C-301/87, Slg. 1990, I-307, Randnr. 41.

(10)  Der Rechtsprechung des Gerichtshofs zufolge weist eine Verstärkung der Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern durch eine von einem Mitgliedstaat gewährte Finanzhilfe im Allgemeinen auf eine Wettbewerbsverzerrung hin (Urteil vom 17. September 1980, Philip Moris/Kommission, C-730/79, Slg. 1980, S. 2671, Randnrn. 11 und 12).

(11)  Im Jahr 2007 machte der innergemeinschaftliche Handel Deutschlands mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen 45 327 Mio. EUR (Einfuhr) bzw. 37 514 Mio. EUR (Ausfuhr) aus (Quelle: Eurostat).

(12)  Arbeitsunterlage der Kommission Nr. VI/5934/86 vom 10. November 1986.

(13)  Vgl. Staatliche Beihilfen NN 23/97, N 426/03 und N 81/04 (noch in Kraft).

(14)  ABl. L 358 vom 16.12.2006, S. 3.

(15)  ABl. L 224 vom 18.8.1990, S. 19.

(16)  Vgl. Buchstabe E der Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor aus dem Jahr 1988 (ABl. C 313 vom 8.12.1988, S. 21), Ziffer 2.5 der Leitlinien aus dem Jahr 1992 (ABl. C 152 vom 17.6.1992, S. 2), Ziffer 2.9 der Leitlinien aus dem Jahr 1994 (ABl. C 260 vom 17.9.1994, S. 3), Ziffer 2.9 der Leitlinien aus dem Jahr 1997 (ABl. C 100 vom 27.3.1997, S. 12), Ziffer 2.8 der Leitlinien aus dem Jahr 2001 (ABl. C 19 vom 20.1.2001, S. 7).

(17)  ABl. C 229 vom 14.9.2004, S. 5.

(18)  ABl. L 291 vom 14.9.2004, S. 3.

(19)  ABl. L 337 vom 30.12.1999, S. 10.

(20)  ABl. L 358 vom 31.12.2002, S. 59.

(21)  ABl. L 201 vom 30.7.2008, S. 16.

(22)  ABl. L 223 vom 15.8.2006, S. 1.

(23)  ABl. L 120 vom 10.5.2007, S. 1.

(24)  Urteil vom 24. Juli 2003, Altmark, C-280/00, Slg. 2003, I-7747, und Urteil vom 27. November 2003, Enirisorse, verbundene Rechtssachen C-34/01 bis C-38/01, Slg. 2003, I-14243.

(25)  ABl. L 234 vom 10.9.2005, S. 9.

(26)  2004/S. 112-09421.

(27)  ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4.

(28)  ABl. C 297 vom 29.11.2005, S. 4.


ANHANG

Jahr

Kostenwert der Globalmaßnahmen

Zahlungen Freistaat Bayern (LwFöG)

Zahlungen Bayerische Tierseuchenkasse

Zahlungen Freistaat Bayern und Bayerische Tierseuchenkasse

Anteil der Zahlungen insges. an den Globalmaßnahmekosten in

v.H.

1990

7 676,94

3 059,57

4 588,84

7 648,42

99,63

1991

6 992,48

3 127,06

3 711,98

6 839,04

97,81

1992

8 953,42

3 203,55

4 588,84

7 792,40

87,03

1993

9 063,52

3 361,03

4 679,34

8 040,37

88,71

1994

9 547,05

3 496,01

4 588,84

8 084,85

84,68

1995

8 392,14

3 554,50

4 588,84

8 143,35

97,04

1996

8 336,35

3 599,49

4 588,84

8 188,34

98,22

1997

8 620,18

3 361,23

4 486,59

7 847,82

91,04

1998

8 613,61

3 310,10

4 397,11

7 707,21

89,48

1999

8 280,91

3 419,52

4 397,11

7 816,63

94,39

2000

9 267,13

3 419,52

4 453,35

7 872,87

84,95

2001

8 471,71

3 419,52

4 448,24

7 867,76

92,87

2002

10 002,90

3 890,00

4 453,35

8 343,35

83,41

2003

9 953,20

3 722,00

4 614,73

8 336,73

83,78

2004

8 415,84

2 807,47

4 496,00

7 303,47

86,78

2005

9 439,37

3 200,00

4 021,00

7 221,00

76,50

2006

8 608,75

2 730,00

4 021,00

6 751,00

78,42

2007

9 084,88

3 130,00

4 021,00

7 151,00

78,71

2008

9 047,96

3 080,00

4 086,00

7 166,00

79,20


IV Vor dem 1. Dezember 2009 in Anwendung des EG-Vertrags, des EU-Vertrags und des Euratom-Vertrags angenommene Rechtsakte

25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/25


ENTSCHEIDUNG DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 329/08/KOL

vom 28. Mai 2008

über Beihilfen für Sementsverksmiðjan hf. (Island)

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (1) —

GESTÜTZT AUF das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (2), insbesondere auf die Artikel 61 bis 63 und das Protokoll 26,

GESTÜTZT AUF das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten über die Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (3), insbesondere auf Artikel 24,

GESTÜTZT AUF Teil I Artikel 1 Absatz 2 sowie Teil II Artikel 4 Absatz 4, Artikel 6, Artikel 7 Absatz 5 und Artikel 14 des Protokolls 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen (4),

GESTÜTZT AUF den Leitfaden der Behörde (5) für die Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens, insbesondere auf das Kapitel über „Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten“,

GESTÜTZT AUF den Beschluss der Überwachungsbehörde vom 14. Juli 2004 über die unter Teil II Artikel 27 des Protokolls 3 genannten Durchführungsvorschriften (6),

NACH AUFFORDERUNG der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (7) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHVERHALT

1.   VERFAHREN

Mit Schreiben vom 19. August 2003 teilten die isländischen Behörden gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Protokolls 3 über die Vertretung Islands bei der Europäischen Union, die ein entsprechendes Schreiben des Finanzministeriums vom 19. August 2003 (Dok. Nr. 03-5685 A) weiterleitete, den Verkauf der staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf. mit.

Am 17. Dezember 2003 reichte das Unternehmen Aalborg Portland Íslandi ehf. bei der Überwachungsbehörde eine Beschwerde gegen die Bedingungen des Verkaufs der Anteile des isländischen Staats an Sementsverksmiðjan hf. ein. Dieses Schreiben ging bei der Überwachungsbehörde am 23. Dezember 2003 ein und wurde am gleichen Tag registriert (Dok Nr. 03-9039 A). Der Beschwerdeführer beantragte, die Beschwerde gleichzeitig mit der Meldung über den Verkauf der staatlichen Anteile an dem Unternehmen zu bearbeiten.

Nach verschiedenen Schriftwechseln (8) teilte die Überwachungsbehörde den isländischen Behörden mit Schreiben vom 21. Dezember 2004 ihren Beschluss mit, bezüglich des Verkaufs der Anteile des isländischen Staats an Sementsverksmiðjan hf. das Verfahren gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls 3 einzuleiten (Vorgang Nr. 296878). Die Überwachungsbehörde äußerte Zweifel am Marktwert von Sementsverksmiðjan hf. zum Zeitpunkt des Verkaufs der staatlichen Anteile sowie am Marktwert des vom Staat zurückgekauften Anlagevermögens. Als bedenklich stuften sie auch das Recht von Sementsverksmiðjan hf. ein, einen Teil der an den Fiskus verkauften Vermögenswerte in Reykjavik kostenlos zu nutzen, sowie das Recht, bestimmte Vermögensgegenstände und Grundstücksrechte in Reykjavik zu einem vorher festgesetzten Preis zurückzuerwerben.

Der Beschluss der Überwachungsbehörde Nr. 421/04/KOL zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union und in dessen EWR-Beilage veröffentlicht (9). Die Überwachungsbehörde forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf. Die isländischen Behörden nahmen mit Schreiben vom 24. Februar 2005 Stellung (Vorgang Nr. 311243). Am 20. Juni 2005 gingen bei der Überwachungsbehörde Bemerkungen von Íslenskt sement ehf., dem Käufer von Sementsverksmiðjan hf., ein (Vorgang Nr. 323552). Am 2. September 2005 folgte eine Stellungnahme von Aalborg Portland Íslandi ehf. (Vorgang Nr. 333018).

Mit Schreiben vom 17. Februar 2006 (Vorgang Nr. 363608) leiteten die isländischen Behörden die englische Fassung einer Vereinbarung zwischen Sementsverksmiðjan hf. und dem im Auftrag der isländischen Regierung handelnden Industrieministerium weiter, in der die Option des Unternehmens, bestimmte Teile des Anlagevermögens in Reykjavik zurückzuerwerben, zurückgenommen wurde. Des Weiteren wurde in Artikel 2 der Vereinbarung festgelegt, dass das Unternehmen die seit 1. Januar 2004 genutzten Vermögensgegenstände für unbestimmte Zeit least und eine monatliche Leasinggebühr in Höhe des Marktpreises zahlt.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers sowie die Angaben und Klarstellungen der isländischen Behörden im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens veranlassten die Überwachungsbehörde, das förmliche Prüfverfahren auf die Übernahme der Rentenverbindlichkeiten von Sementsverksmiðjan hf. durch den isländischen Staat auszuweiten. Sie verabschiedete daher den Beschluss Nr. 367/06/KOL vom 29. November 2006 speziell zur Übernahme der Rentenverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den isländischen Staat. Mit Schreiben vom 29. November 2006 (Vorgang Nr. 399095) teilte die Überwachungsbehörde den isländischen Behörden ihren Beschluss mit, das förmliche Prüfverfahren auf diese Maßnahme auszuweiten. Eine Stellungnahme der isländischen Behörden zu diesem Beschluss der Überwachungsbehörde ging nicht ein.

Ebenfalls am 29. November 2006 stellte die Überwachungsbehörde das förmliche Prüfverfahren bezüglich der Beihilfemaßnahmen zugunsten von Íslenskt Sement ehf., der Investorengruppe, die die staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf. erworben hatte, ein. Die Überwachungsbehörde kam zu dem Schluss, dass diese Transaktion nicht mit Beihilfen verbunden war.

Der Beschluss der Überwachungsbehörde Nr. 367/06/KOL wurde im Amtsblatt der Europäischen Union und in dessen EWR-Beilage veröffentlicht (10). Die Überwachungsbehörde forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf. Am 7. Mai 2007 gingen bei der Überwachungsbehörde Bemerkungen von Íslenskt sement ehf. ein (Vorgang Nr. 420691). Mit Schreiben vom 14. Mai 2007 (Vorgang Nr. 421504) leitete die Überwachungsbehörde diese an die isländischen Behörden weiter, denen Gelegenheit gegeben wurde, auf die vorgebrachten Bemerkungen zu antworten. Die isländischen Behörden antworteten am 18. April 2008 (Vorgang Nr. 474416).

2.   HINTERGRUND

2.1.   DER VERKAUF VON SEMENTSVERKSMIÐJAN HF.

Bis zum Jahr 2000, als ein Importeur von Zement aus Dänemark auf dem isländischen Markt tätig wurde, hatte Sementsverksmiðjan hf. ein De-facto-Monopol auf dem Markt für Zement inne. Infolge der neuen Wettbewerbslage geriet Sementsverksmiðjan hf. in wirtschaftliche Schwierigkeiten und erwirtschaftete Verluste. Im März 2003 beschloss der Staat daher, das Unternehmen zu verkaufen, und schrieb 100 % seiner Anteile an Sementsverksmiðjan hf. öffentlich zum Verkauf aus (11).

Das Ausschreibungsverfahren führte zur Auswahl einer Investorengruppe (12), die eigens zum Zwecke des Erwerbs Íslenkst Sement ehf. gründete. Die Regierung nahm mit diesen Investoren Verhandlungen über den Verkauf der staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf. auf. Die Verhandlungen zwischen der Regierung und Íslenkst Sement ehf. mündeten in den Verkauf des Unternehmens auf der Grundlage nachstehend beschriebener Vereinbarungen.

Am 2. Oktober 2003 unterzeichnete das Industrieministerium im Namen der isländischen Regierung eine Aktienkaufvereinbarung mit Íslenskt Sement ehf. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung verkaufte der Staat, der Eigentümer von 100 % der Anteile an Sementsverksmiðjan hf. zu einem Nominalwert von 450 Mio. ISK war, diese Anteile an Íslenskt Sement ehf. zum Preis von 68 Mio. ISK.

Gemäß Artikel 4 der Aktienkaufvereinbarung übernahm die isländische Regierung die Rentenverbindlichkeiten und -verpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. Sie übernahm auch alle bestehenden und künftigen Verpflichtungen zur Begleichung der Rentenansprüche von Personen, die in Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete einzahlen, solange sie Bedienstete von Sementsverksmiðjan hf. sind.

Für den Fiskus übernahm das Finanzministerium die noch verbleibenden Schuldverschreibungen, die ausgegeben worden waren, um die aufgrund der Vereinbarung von 1997 aufgelaufenen Verbindlichkeiten von Sementsverksmiðjan hf. zu begleichen, sowie zudem aufgrund einer am 23. Oktober 2003 mit dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete unterzeichneten Vereinbarung die bestehenden und künftigen Verpflichtungen gegenüber den derzeitigen Beschäftigten des Unternehmens, die der Sektion B angehören. Die Regierung erfüllte damit die Verpflichtung gemäß Artikel 4 der Aktienkaufvereinbarung zwischen dem Industrieministerium und Íslenskt sement ehf.

Gemäß Artikel 5 der Aktienkaufvereinbarung sollte die isländische Regierung bestimmte Teile des Anlagevermögens von Sementsverksmiðjan hf. im Rahmen einer getrennten Vereinbarung erwerben. Wie aus Artikel 5 Absatz 3 hervorgeht, betrug der Kaufpreis für diese Vermögenswerte 450 Mio. ISK.

Ebenfalls am 2. Oktober 2003 unterzeichneten Sementsverksmiðjan hf. und die isländische Finanzbehörde einen Kaufvertrag, wonach der Fiskus die Grundstücke und das Anlagevermögen des Unternehmens in Reykjavik, das Bürogebäude des Unternehmens in Akranes mit Ausnahme von eineinhalb Etagen und die Anteile, die Sementsverksmiðjan hf. an anderen Unternehmen besaß, für den Preis von 450 Mio. ISK erwirbt. Wie aus Artikel 5 des Kaufvertrags hervorgeht, besitzt Sementsverksmiðjan hf. das Recht, einen Teil der verkauften Grundstücke in Reykjavik zu behalten (13) und sie für eigene industrielle Zwecke zu nutzen, bevor sie spätestens am 31. Dezember 2011 auf den Fiskus übergehen. Sementsverksmiðjan hf. sollte für sämtliche Instandsetzungs- und Modernisierungskosten aufkommen, aber keine Nutzungsgebühr zahlen. Gemäß Artikel 6 des Kaufvertrags sollte Sementsverksmiðjan hf. bis 31. Dezember 2009 das Recht haben, das verkaufte Anlagevermögen in Reykjavik zum Gesamtpreis von 95 Mio. ISK bei einer festen jährlichen Festverzinsung von 7 % ab dem 1. August 2003 zurückzukaufen.

Dieser Kaufvertrag wurde am 16. Februar 2006 durch eine Vereinbarung zwischen Sementsverksmiðjan hf., dem im Auftrag der isländischen Regierung handelnden Industrieministerium und Íslenskt sement ehf. geändert. Die Parteien dieser Vereinbarung vereinbarten, von Artikel 5 Absatz 4 der Aktienkaufvereinbarung und von Artikel 6 des Kaufvertrags hinsichtlich der Rückkaufoption für bestimmte Vermögensgegenstände (14) abzuweichen und ihn durch eine Leasingregelung zu ersetzen. Die monatliche Leasingrate wurde auf […] ISK festgesetzt und wird gemäß dem Baukostenindex angepasst. Bezüglich des Lieferzeitpunkts für das an den Fiskus verkaufte Anlagevermögen vereinbarten die Parteien, den 31. Dezember 2011 durch den 1. Januar 2004 zu ersetzen.

2.2.   DIE VERBINDLICHKEITEN VON SEMENTSVERKSMIÐJAN HF. GEGENÜBER DEM STAATLICHEN PENSIONSFONDS

2.2.1.    Die Funktionsweise des Pensionsfonds für Staatsbedienstete

Der Pensionsfonds für Staatsbedienstete unterlag ursprünglich dem Gesetz Nr. 29/1963. Im Jahr 1990 zeichnete sich ab, dass die Beiträge zum Pensionsfonds für Staatsbedienstete nicht mehr ausreichen würden, um die Rentenzahlungen zu decken. Der Staat beschloss daher, das System zu reformieren, und verabschiedete das Gesetz Nr. 1/1997 („Gesetz über den Pensionsfonds für Staatsbedienstete“). Der Pensionsfonds für Staatsbedienstete wurde in zwei Sektionen unterteilt: es wurde eine neue Sektion A eingerichtet, während der bestehende Pensionsfonds zu Sektion B wurde. Alle neuen Bediensteten mussten Sektion A beitreten, während die früheren Bediensteten zwischen der Mitgliedschaft in Sektion A oder der Wahrung ihres Rechts auf Mitgliedschaft in Sektion B wählen konnten, der für neue Mitglieder gesperrt war. Nach Aussage der isländischen Behörden würde sich der Fonds für Staatsbedienstete durch die Aufspaltung in die Sektionen A und B selbst tragen und keinen negativen Saldo zwischen Beiträgen und Zahlungsverpflichtungen mehr erwirtschaften, den die Staatskasse dann ausgleichen müsste (15).

Allerdings entsteht infolge der Regelung für Sektion B normalerweise ein Defizit, das regelmäßig gedeckt werden muss. Die Bestimmungen für Sektion B sehen die Zahlung von Beiträgen zu Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete nur auf der Grundlage des Grundgehalts der angeschlossenen Bediensteten vor, nicht ihres Gesamtlohns. Die angeschlossenen Bediensteten erwerben einen Anspruch auf einen bestimmten Prozentsatz ihres Grundgehalts für den Posten, den sie zum Zeitpunkt der Verrentung innehatten. Danach ist die Rente an den durchschnittlichen Gehaltsanstieg von Staatsbediensteten geknüpft. Nach Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 ist es der Arbeitgeber der Mitglieder von Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete, der diese Differenz decken muss. Dennoch garantiert im Falle eines Zahlungsausfalls des Arbeitgebers gemäß Artikel 32 des Gesetzes Nr. 1/1997 die Staatskasse die Zahlung der gesetzlich vorgesehenen Rente an den Bediensteten.

2.2.2.    Die Feststellung einer Verbindlichkeit von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete

Mit der Durchführung der Reform im Jahr 1996 wurde eine neue Bestimmung in das Gesetz über den Pensionsfonds für Staatsbedienstete aufgenommen, wonach die Arbeitgeber für den Anstieg der Rentenzahlungen aufkommen mussten.

Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 sieht vor, dass „für den Fall, dass eine zuvor festgelegte […] Rente aufgrund eines allgemeinen Anstiegs der Löhne und Gehälter öffentlicher Bediensteter steigt, die Staatskasse und andere Arbeitgeber, die ihre Bediensteten durch den Fonds versichern, für die höheren Pensionszahlungen aufkommen  (16) […]“.

Am 8. Oktober 1997 unterzeichnete das Finanzministerium mit dem Pensionsfonds für öffentliche Bedienstete eine Vereinbarung über die Zahlung der Verbindlichkeiten des Fiskus gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 über den Pensionsfonds zum Ende des Jahres 1996 in Bezug auf die Beschäftigten der isländischen staatlichen Zementfabrik. Dabei ging es um die aufgelaufenen Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Rentenerhöhung für die Beschäftigten von Sementsverksmiðjan hf. abzüglich des Anteils des Unternehmens an den Vermögenswerten des Fonds.

Artikel 3 dieser Vereinbarung lautet wie folgt: „Bei Zugrundelegung eines Zinssatzes von 3,5 % wurde der Gegenwartswert der aufgelaufenen Verbindlichkeiten des LSR (17) gegenüber den Beschäftigten der isländischen staatlichen Zementfabrik zum Jahresende 1996 auf 494 816 380 ISK beziffert. Die Aktiva des LSR für die Zahlung der Verbindlichkeiten belaufen sich auf 19 % der aufgelaufenen Zahlungsverpflichtungen. Der Staat muss somit gegenüber Sementsverksmiðjan hf. Ltd. für Verbindlichkeiten des Fonds in Höhe von 400 801 268 ISK einstehen.“

Der neue Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 sieht die Möglichkeit vor, mittels Schuldverschreibungen zu zahlen.

„Der Vorstand des Fonds kann […] als Zahlung für aufgelaufene Verbindlichkeiten Schuldverschreibungen akzeptieren. […] Auf diese Weise getilgte Verbindlichkeiten werden zum Zeitpunkt ihrer Begleichung versicherungsmathematisch bewertet. Ein Arbeitgeber, der seine Verbindlichkeiten durch die Ausgabe einer Schuldverschreibung im Sinne dieses Absatzes getilgt hat, ist von jeder weiteren Haftung für die Verbindlichkeiten des Fonds […] für den Zeitraum und die Beschäftigten enthoben, auf die sich die Tilgung bezieht.“

Gemäß Artikel 4 der gleichen Vereinbarung „wird der Fiskus Zahlungen an den LSR für seine Verpflichtungen aus Artikel 2 durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen der Island Zement GmbH im Wert von insgesamt 326 488 714 ISK tätigen […]. Die Schuldverschreibungen sehen einen Inflationsausgleich in Höhe des Verbraucherpreisindexes bei einem Basisindex von 178,6 vor. Die jährliche Verzinsung beträgt 5,5 % (2,75 % halbjährlich) und wird zum 1. Januar 1997 berechnet. Die Zinsen für den Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 30. August 1997 werden gesondert zum 1. November 1997 gezahlt. Der Gegenwartswert der Schuldverschreibungen zum 1. September 1997 beläuft sich bei unterstellten Zinsen von 3,5 % auf 400 801 268 ISK. Der Fiskus garantiert dem LSR die Zahlung der Tranchen und der Zinsen dieser Schuldverschreibungen. Mit diesen Schuldverschreibungen hat der Fiskus seiner Verpflichtungen gegenüber LSR für die Rentenzahlungen gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 über den Pensionsfonds für Staatsbedienstete, die sich aus der Mitgliedschaft von Beschäftigten der isländischen staatlichen Zementfabrik im LSR bis Ende 1996 ergeben, vollständig entledigt.“

Gemäß Artikel 33 letzter Absatz des Gesetzes Nr. 1/1997 hätte sich Sementsverksmiðjan hf., nachdem es seine Verbindlichkeiten durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen in Höhe des in der Vereinbarung vom 8. Oktober 1997 vorgesehenen Betrags getilgt hat, somit jeglicher weiteren Verantwortung für die Rentenverbindlichkeiten des Fonds gegenüber seinen ehemaligen Beschäftigten für den Zeitraum bis Ende 1996, für den die Tilgung gilt, entledigt. Die Schuldverschreibungen sind somit nichts weiter als ein Zahlungsaufschub.

Am 30. März 1999 unterzeichneten Sementsverksmiðjan hf. und der Pensionsfonds eine zweite Vereinbarung gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997. Danach bewertet der Fonds jährlich die im Laufe des Jahres aufgelaufenen Altersversorgungsansprüche der noch im Unternehmen tätigen Beschäftigten, die Sektion B des Fonds angeschlossen sind. Die Vereinbarung besagt, dass das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen bezüglich der im Laufe des Jahres erworbenen Ansprüche nach Abzug aller bereits von den Beschäftigten und dem Unternehmen gezahlten Beiträge nachkommt. Nach Angaben der isländischen Behörden waren 2003 noch fünf Beschäftigte von Sementsverksmiðjan hf. Mitglieder von Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete.

2.2.3.    Die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den Staat

Durch die Vereinbarung vom 23. Oktober 2003 zwischen dem Finanzministerium und dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete übernahm das Finanzministerium im Namen des Fiskus die noch verbleibenden Schuldverschreibungen, die von Sementsverksmiðjan hf. ausgegeben worden waren, um die aufgelaufenen Verbindlichkeiten des Unternehmens gemäß der Vereinbarung von 1997 zu begleichen. Die Regierung übernahm auch (entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete und Sementsverksmiðjan hf. vom 30. März 1999) die Verpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds zur Begleichung der jährlichen Ansprüche der Beschäftigten des Unternehmens, die der Sektion B des Pensionsfonds angeschlossen sind.

Damit erfüllte das Finanzministerium seine Verpflichtung gemäß Artikel 4 der am 2. Oktober 2003 mit der Investorengruppe Íslenskt sement ehf. unterzeichneten Aktienkaufvereinbarung. Darin heißt es, dass „der Verkäufer die Rentenverbindlichkeiten und -verpflichtungen des Unternehmens übernimmt, die mit der staatlichen Garantie verbunden sind und von dem Unternehmen 1997 im Rahmen einer speziellen Vereinbarung übernommen wurden. Der Verkäufer übernimmt auch alle bestehenden und künftigen Verpflichtungen in Bezug auf die Rentenansprüche der Personen, die gegenwärtig in Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete einzahlen, solange sie Angestellte des Unternehmens sind.“

Auch wenn das Finanzministerium in der Aktienkaufvereinbarung mit der Investorengruppe Íslenskt sement ehf. erklärt hat, diese Verbindlichkeiten und Verpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. übernehmen zu wollen, wurde Sementsverksmiðjan hf. auf der Grundlage eines gesonderten Rechtsakts, namentlich der Vereinbarung zwischen dem Finanzministerium und dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete vom 23. Oktober 2003, von diesen Verpflichtungen befreit.

Nach Angaben der isländischen Behörden (18) wurden die Rentenverpflichtungen für bereits pensionierte Beschäftigte 2003 auf 412 Mio. ISK geschätzt. Die künftigen Verpflichtungen für die Beschäftigten von Sementsverksmiðjan hf., die noch der Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete angehören, wurden je nach ihrer künftigen Verweildauer im Unternehmen auf 10 bis 15 Mio. ISK geschätzt.

3.   DIE IM RAHMEN DER VORLIEGENDEN ENTSCHEIDUNG GEWÜRDIGTEN MASSNAHMEN

Wie bereits ausgeführt, wurde das mit Beschluss Nr. 421/04/KOL eingeleitete förmliche Prüfverfahren mit Beschluss Nr. 367/06/KOL auf die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen des Unternehmens durch den Staat ausgeweitet.

Ebenfalls am 29. November 2006 verabschiedete die Überwachungsbehörde die Entscheidung Nr. 368/06/KOL zur Einstellung des förmlichen Prüfverfahrens bezüglich des Verkaufs der staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf. an Íslenskt sement ehf. für einen Preis von 68 Mio. ISK und kam dabei zu dem Schluss, dass der Verkauf nicht mit staatlichen Beihilfen verbunden war.

Mit der vorliegenden Entscheidung wird die Überwachungsbehörde die mögliche Existenz und Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen zugunsten von Sementsverksmiðjan hf. bezüglich der folgenden Maßnahmen beurteilen, die bisher noch nicht Gegenstand einer Entscheidung der Überwachungsbehörde waren:

1.

Kauf von Grundstücken, Anlagevermögen, Anteilen und Schuldverschreibungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den Staat

Im Beschluss Nr. 421/04/KOL warf die Überwachungsbehörde die Frage auf, ob mit dem Erwerb von Sementsverksmiðjan hf. gehörenden Vermögenswerten (19) durch die isländische Staatskasse für den Preis von 450 Mio. ISK staatliche Beihilfen verbunden sein könnten, wenn dieser Preis nicht dem Marktwert entspricht.

2.

Recht von Sementsverksmiðjan hf., einen Teil des Anlagevermögens zu behalten und es zu einem festen Preis zurückzukaufen.

Einer der Gründe für die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens durch den Beschluss Nr. 421/04/KOL war die Sementsverksmiðjan hf. eingeräumte Möglichkeit, einen Teil der verkauften Vermögensgegenstände in Reykjavik zu behalten (20), sie für eigene industrielle Zwecke nutzen und bis spätestens 31. Dezember 2011 an den Fiskus zurückzugeben. Sementsverksmiðjan hf. musste für alle Instandhaltungs- und Renovierungsarbeiten aufkommen, aber keine Nutzungsgebühr zahlen. Darüber hinaus hat Sementsverksmiðjan hf. nach Artikel 6 des Kaufvertrags bis 31. Dezember 2009 das Recht, die genannten verkauften Vermögensgegenstände in Reykjavik für einen Gesamtpreis von 95 Mio. ISK bei einer jährlichen Festverzinsung von 7 % beginnend am 1. August 2003 zurückzukaufen.

In Beschluss Nr. 421/04/KOL betrachtete die Überwachungsbehörde die fehlende Vergütung für die Nutzung von an den Fiskus verkauften Vermögensgegenständen in Reykjavik vorläufig als staatliche Beihilfe. Die Überwachungsbehörde war der Auffassung, dass der Staat für den Fall, dass Sementsverksmiðjan hf. von dem genannten Rückkaufpreis Gebrauch machen sollte, Einnahmen verlieren könnte, wenn die Vermögensgegenstände zu einem Preis unter ihrem Marktwert verkauft würden.

3.

Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den Fiskus

In Beschluss 367/06/KOL kam die Überwachungsbehörde vorläufig zu dem Schluss, dass die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den Staat eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen darstellt. Sie bezweifelte, dass eine der Ausnahmen vom allgemeinen Verbot staatlicher Beihilfen nach Artikel 61 Absatz 2 oder 3 des EWR-Abkommens anwendbar sein könnte. Wäre eine staatliche Beihilfe gegeben, so wäre es zweifelhaft, dass diese als mit dem EWR-Abkommen vereinbar erklärt werden könnte. Insbesondere seien Bedenken an der Vereinbarkeit der Beihilfe auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen angebracht.

4.   STELLUNGNAHME DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

In einem Schreiben vom 23. Februar 2005 äußerten sich die isländischen Behörden zu den von der Überwachungsbehörde im Beschluss Nr. 421/04/KOL geäußerten Bedenken. Sie erläuterten, dass der Rückkauf von Anlagevermögen von Sementsverksmiðjan hf. Teil einer Umstrukturierungsmaßnahme sei. „Der Staat kauft von dem Unternehmen alle Vermögensgegenstände, die für Produktion und Betrieb nicht unerlässlich sind, um die Betriebskosten zu senken und den Betrieb des Unternehmens rentabel zu machen.“

Was den genauen Wert der zurückgekauften Vermögensgegenstände betrifft, bezogen sich die isländischen Behörden auf ein Gutachten von AV und VSO Ráðgjöf vom September 2003, das ihnen als das genaueste erschien. Die Sachverständigen von AV und VSO Ráðgjöf schätzten die Vermögensgegenstände in Reykjavik auf 276 Mio. ISK und das Bürogebäude in Akranes auf 74,4 Mio. ISK. Nach Auffassung der isländischen Behörden sei die Bewertung der Vermögensgegenstände in Reykjavik für den Staat sehr günstig ausgefallen, da sie einen strategischen Wert besäßen, der auf dem projizierten zukünftigen Wert beruhe, „da zum Zeitpunkt des Verkaufs Pläne für eine große Brücke bestanden, die den Zugang zum Hafen des Unternehmens in der Saeverhöfdi in Reykjavik abgeschnitten hätte mit der Folge, dass die Anlagen für den Betrieb des Unternehmens nutzlos würden. Diese Brücke wird jedoch zu einer geänderten Stadtplanung für das Gebiet führen und vermutlich wird das Gebiet als Bauland ausgewiesen werden, wodurch sein Wert erheblich steigen würde.“

In Bezug auf das Rückkaufsrecht für bestimmte, in Artikel 6 der Kaufvereinbarung vom 2. Oktober 2003 aufgeführte Vermögensgegenstände erklärten die isländischen Behörden in diesem Schreiben ihre Absicht, in der Vereinbarung das Rückkaufsrecht durch ein Vorkaufsrecht zum Marktwert zu ersetzen.

Zuletzt argumentierten die isländischen Behörden, dass, sollten tatsächlich Beihilfen mit dem Verkauf von Sementsverksmiðjan hf. verbunden gewesen sein, diese Beihilfen auf der Grundlage der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten gerechtfertigt sein könnten. Zu diesem Zweck fügten sie einen Umstrukturierungsplan für Sementsverksmiðjan hf. bei.

Zu dem Beschluss Nr. 367/06/KOL betreffend die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den isländischen Staat wurde keine Stellungnahme abgegeben.

5.   BEMERKUNGEN VON ÍSLENSKT SEMENT EHF.

Íslenskt sement ehf. äußerte sich am 20. Juni 2005 zum Beschluss Nr. 421/04/KOL der Überwachungsbehörde (Vorgang Nr. 323552). In diesem Schreiben argumentierte das Unternehmen, dass das Anlagevermögen, das der Staat von Sementsverksmiðjan hf. zurückgekauft habe, nicht einzeln verkauft worden, sondern vielmehr fester Bestandteil des gesamten Vertrags über den Verkauf der Anteile an Sementsverksmiðjan hf. gewesen sei. Des Weiteren betrachtete Íslenskt sement ehf. die Rechte von Sementsverksmiðjan hf., einen Teil der zurückgekauften Vermögensgegenstände zu nutzen, als festen Bestandteil der Privatisierung des Unternehmens, der bei der Aushandlung des Gesamtkaufpreises berücksichtigt worden sei. Dessen ungeachtet sei der objektive Marktwert des Rechts, diese Vermögensgegenstände zu nutzen, nach Meinung von Íslenskt sement ehf. zu vernachlässigen, „wenn nicht sogar gleich null“, da diese nur von Sementsverksmiðjan hf. als dem einzigen Zementhersteller in Island genutzt werden könnten. Schließlich bestritt Íslenskt sement ehf., dass das Rückkaufsrecht des Unternehmens an dem von ihm genutzten Anlagevermögen für insgesamt 95 Mio. ISK mit einer staatlichen Beihilfe verbunden sei, da diese spezialisierten Zementproduktionsanlagen von geringem Marktwert seien.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2007 (Vorgang Nr. 421504) äußerte sich Íslenskt sement ehf. zunächst zum Vorgehen der Überwachungsbehörde, die Sache in zwei Teile aufzuteilen, d. h. in den Verkauf der Anteile und die übrigen Maßnahmen. Nach Ansicht des Unternehmens müssten die verschiedenen Transaktionen als Ganzes gesehen werden. „Sowohl für den Verkäufer (die isländische Regierung) als auch für den Käufer (Íslenskt sement ehf.) war es eine Vorbedingung, dass die am selben Tag geschlossenen Vereinbarungen eine einzige untrennbare Transaktion darstellen. Eine oder mehrere der Vereinbarungen wären nicht geschlossen worden, wenn nicht auch alle anderen Vereinbarungen gleichzeitig geschlossen worden wären, da sie in Beziehung zueinander stehen.“

Sodann lieferte Íslenskt sement ehf. Argumente, um zu belegen, dass mit der Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den isländischen Staat keine staatliche Beihilfe verbunden war. Íslenskt sement ehf. erläuterte, dass die Altersversorgungsverbindlichkeiten nicht in die Bilanz des Jahresabschlusses für 1996 eingeflossen, sondern nur als außerbilanzielle Eventualverbindlichkeit verbucht worden seien. 1997 seien die Altersversorgungsverbindlichkeiten des Unternehmens dann durch die Ausgabe von Schuldverschreibungen gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete finanziert worden, die anschließend als langfristige Verbindlichkeiten in der Bilanz der Jahresabschlusses für 1997 und der darauffolgenden Jahre ausgewiesen worden seien. Íslenskt sement ehf. erläuterte weiter, dass der Staat im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner Anteile an Sementsverksmiðjan hf. im Jahr 2003 die Schulden übernommen habe, die das Unternehmen gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete gehabt habe. Folglich sei im Jahresabschluss für 2003 der Betrag von 388 028 317 ISK von den Verbindlichkeiten in der Bilanz abgezogen worden, während gleichzeitig die nicht ausgeschütteten Gewinne um den gleichen Betrag erhöht worden seien.

Zuletzt ging Íslenskt sement ehf. auf den Verkauf von Vermögenswerten von Sementsverksmiðjan hf. an den Staat für einen Kaufpreis von 450 Mio. ISK ein, auf den im Beschluss Nr. 421/04/KOL eingegangen worden ist. Alle Anteile und Schuldverschreibungen seien zum Marktwert an den Staat verkauft worden (21). Das Saevarhófdi-Grundstück in Reykjavik und der Teil des Bürogebäudes in Akranes seien mit 276 Mio. ISK bzw. 74,4 Mio. ISK bewertet und an den Staat für 280 Mio. ISK und 72,5 Mio. ISK verkauft worden.

Íslenskt sement ehf. nahm auch Bezug auf die Liquidierungskosten von Sementsverksmiðjan hf., die 2003 durch die MP Investment Bank Ltd. festgestellt worden waren, und bekräftigte, dass die Liquidierungskosten einschließlich der Reinigung des Standorts Akranes mit 506 498 730 ISK berechnet worden seien.

Íslenskt sement ehf. kommt zu dem Schluss, „dass sich bei Anwendung der Methode, die vom EuGH beispielsweise im Fall der Gröditzer Stahlwerke GmbH angewandt worden sei, in diesem Fall die Frage stelle, ob die Kosten, die der Staat für die Liquidierung des Unternehmens hätte aufbringen müssen, nicht höher ausgefallen wären als die Kosten für die Übernahme der Verbindlichkeiten und den Verkauf der Anteile des Unternehmens. Würde diese Frage bejaht, hätte der Staat nach dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt, da ein privater Kapitalgeber gestützt auf solide wirtschaftliche Erwägungen die Schulden übernommen und die Anteile des Unternehmens verkauft hätte.“ Íslenskt sement ehf. war daher der Auffassung, dass die gesamten Liquidierungskosten die Gesamtkosten des Verkaufs des Unternehmens um 70 376 683 ISK überschritten hätten (22) und der Staat folglich gemäß dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers gehandelt habe. Folglich könne mit der Übernahme der Schulden des Unternehmens gegenüber dem Pensionsfonds im Zusammenhang mit dem Verkauf der Anteile an dem Unternehmen durch den Staat keine staatliche Beihilfe verbunden sein.

6.   BEMERKUNGEN VON AALBORG PORTLAND ÍSLANDI EHF.

Mit Schreiben vom 2. September 2005 gab der Beschwerdeführer Aalborg Portland Íslandi ehf. Bemerkungen zum Beschluss Nr. 421/04/KOL der Überwachungsbehörde ab. Er erklärte sich mit den Bedenken der Überwachungsbehörde einverstanden, wies aber darauf hin, dass im Beschluss zur Einleitung des Verfahrens nicht auf die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. eingegangen worden war. Dessen ungeachtet äußerte sich Aalborg Portland Íslandi ehf. nicht zu dem Beschluss Nr. 367/06/KOL der Überwachungsbehörde, mit dem das Verfahren auf die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. durch den isländischen Staat ausgeweitet wurde.

7.   WEITERE BEMERKUNGEN DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

Mit Schreiben vom 8. April 2008 legten die isländischen Behörden weitere Informationen zu einem zuvor vorgelegten Umstrukturierungsplan vor und fügten eine Marktstudie bei, die der Überwachungsbehörde noch nicht vorgelegt worden war.

II.   RECHTLICHE WÜRDIGUNG

1.   VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE

Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen lautet wie folgt:

„Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.“

1.1.   DER KAUF VON GRUNDSTÜCKEN, ANLAGEVERMÖGEN, ANTEILEN UND SCHULDVERSCHREIBUNGEN

Nach dem Kaufvertrag erwarb der isländische Fiskus die Grundstücke und das Anlagevermögen des Unternehmens in Reykjavik, das Bürogebäude des Unternehmens in Akranes mit Ausnahme von eineinhalb Etagen und die Anteile und Schuldverschreibungen, die Sementsverksmiðjan hf. an anderen Unternehmen besaß, für den Preis von 450 Mio. ISK.

Nachstehende Tabelle stellt einen Vergleich zwischen dem von unabhängigen Gutachtern (23) ermittelten Marktwert der Grundstücke und Vermögensgegenstände von Sementsverksmiðjan hf. in Reykjavik und Akranes sowie der Anteile und Schuldverschreibungen und dem Preis, den die Staatskasse dafür gezahlt hat, an.

(Mio. ISK)

 

Bewertung durch unabhängige Gutachter

Vom isländischen Fiskus gezahlter Preis

Grundstücke, Immobilien und Ausrüstungsgüter in der Saeverhöfdi 31 in Reykjavik

276

280

Bürogebäude in Akranes (mit Ausnahme von eineinhalb Etagen)

74,4

72,5

Anteile an Geca

46,5

46,5

Anteile an Spölur

40

40

Schuldverschreibungen von Spölur

11

11

Insgesamt

447,9

450

Der vom Fiskus gezahlte Preis lag folglich um 2,1 Mio. ISK (oder 21 214 EUR) über dem von unabhängigen Gutachtern geschätzten Marktwert der erworbenen Vermögenswerte. Die Differenz ergibt sich aus dem Verkauf der Immobilien in Reykjavik, die für 4 Mio. ISK über dem Schätzwert verkauft wurden, und des Bürogebäudes in Akranes, das für 1,9 Mio. ISK unter dem Schätzwert verkauft wurde.

Nach der Rechtsprechung kann die Überwachungsbehörde in dieser Entscheidung nicht allein auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens willkürlich einen Marktpreis festsetzen (24). Vielmehr muss sie bei der Bestimmung des Marktpreises von Grundstücken und Gebäuden dem „aleatorischen Charakter Rechnung tragen, den die ihrem Wesen nach retrospektive Ermittlung solcher Marktpreise aufweisen kann“ (25). Häufig lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, dass eine einzige Schätzung per definitionem dem Marktwert entspricht, den ein Käufer zu zahlen bereit wäre. Ein akzeptabler Marktwert ließe sich nach einem Markttest eher innerhalb einer angemessenen Marge finden. Nach Ansicht der Überwachungsbehörde gibt es keine offensichtliche Antwort, wie breit eine solche Marge sein sollte. Sie würde möglicherweise von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen.

Nach Ansicht der Überwachungsbehörde ist dieser Unterschied des Nettopreises von 2,1 Mio. ISK zwischen den Schätzungen des unabhängigen Gutachters und dem letztendlich vom Fiskus gezahlten Preis so gering, dass er kein Beleg dafür ist, dass der Kaufpreis nicht den Marktbedingungen entsprach. Der vom unabhängigen Gutachter festgesetzte Preis kann als Orientierung angesehen werden. Starke Abweichungen von dieser Schätzung können auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe hindeuten. Nach Ansicht der Überwachungsbehörde (26) ist jedoch eine solch geringe Differenz wie in diesem Fall nicht ausreichend, um das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zugunsten von Sementsverksmiðjan hf. festzustellen. Vielmehr deutet sie darauf hin, dass die Zahlung einem fairen Marktpreis entsprach. Folglich ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass Sementsverksmiðjan hf. keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Grundstücken, Sachvermögen, Anteilen und Schuldverschreibungen an die isländische Staatskasse erhalten hat.

1.2.   DAS RECHT, EINEN TEIL DES ANLAGEVERMÖGENS ZU BEHALTEN UND ES ZU EINEM FESTEN PREIS ZURÜCKZUKAUFEN.

Artikel 5 des Kaufvertrags gab Sementsverksmiðjan hf. die Möglichkeit, einen Teil des verkauften Anlagevermögens in Reykjavik zu behalten (27), es für die Zwecke seines Industriebetriebs zu nutzen und bis spätestens 31. Dezember 2011 an den Fiskus zurückzugeben. Sementsverksmiðjan hf. kam für sämtliche Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten auf, zahlte aber keine Nutzungsgebühr. Darüber hinaus hatte Sementsverksmiðjan hf. nach Artikel 6 des Kaufvertrags bis 31. Dezember 2009 das Recht, besagtes Vermögen in Reykjavik für einen Gesamtpreis von 95 Mio. ISK bei einer festen jährlichen Verzinsung von 7 % ab dem 1. August 2003 zurückzukaufen.

Mit Schreiben vom 17. Februar 2006 (Vorgang Nr. 363608) übermittelten die isländischen Behörden der Überwachungsbehörde die englische Fassung einer Vereinbarung zwischen Sementsverksmiðjan hf. und dem im Namen der isländischen Regierung handelnden Industrieministerium. Danach wurde die Möglichkeit des Unternehmens, einen Teil des Anlagevermögens in Reykjavik zurückzuerwerben, zurückgezogen. Das an den Fiskus verkaufte Vermögen wurde ihm mit Wirkung vom 1. Januar 2004 übergeben. Von diesem Zeitpunkt an leaste das Unternehmen das von ihm genutzte Anlagevermögen gemäß Artikel 2 dieser Vereinbarung für einen unbestimmten Zeitraum. Die monatliche Leasinggebühr für die Vermögenswerte (28) beläuft sich auf […] ISK. Die Leasinggebühr wird einmal jährlich nach dem Baukostenindex angepasst. Die isländischen Behörden erläuterten, dass die Höhe der Leasinggebühr analog zum üblichen Tarif auf dem isländischen Immobilienmarkt berechnet wurde.

Die Überwachungsbehörde hat keinen Grund, die Richtigkeit und Korrektheit der Angaben der isländischen Behörden anzuzweifeln, wonach Sementsverksmiðjan hf. den Marktpreis für das Leasing dieser Vermögenswerte zahlt (29). Nach den vorstehend genannten Änderungen der Vereinbarung ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass sie nicht mit staatlichen Beihilfen im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens verbunden ist.

1.3.   DIE ÜBERNAHME DER ALTERSVERSORGUNGSVERPFLICHTUNGEN

Mit einer am 23. Oktober 2003 unterzeichneten Vereinbarung zwischen dem Finanzministerium und dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete übernahm das Finanzministerium im Namen des Fiskus die verbleibenden Schuldverschreibungen, die ausgegeben worden waren, um die aufgelaufenen Verpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. gemäß der Vereinbarung von 1997 zu begleichen. Im Rahmen der gleichen Vereinbarung übernahm der Fiskus zudem die Verpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber den Beschäftigten, die noch im Unternehmen tätig waren. Diese Verpflichtungen waren jährlich zu begleichen und abzurechnen.

1.3.1.    Einsatz staatlicher Mittel

Um eine staatliche Beihilfe darzustellen, muss die Beihilfemaßnahme zunächst durch den Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Gemäß der im Oktober 2003 unterzeichneten Vereinbarung zwischen dem Finanzministerium und dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete zahlt der Fiskus an den Pensionsfonds im Namen von Sementsverksmiðjan hf. die von dem Unternehmen zu zahlenden Beträge. Zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung wurden die Verbindlichkeiten von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds für die Zahlung der Renten bereits pensionierter Beschäftigter auf 412 Mio. ISK geschätzt. Die künftigen Verbindlichkeiten für die Beschäftigten des Unternehmens, die der Sektion B des Pensionsfonds angehören und noch im Unternehmen tätig sind, wurden auf 10 bis 15 Mio. ISK geschätzt. Die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen und deren Zahlung aus der Staatskasse sind mit dem Einsatz staatlicher Mittel verbunden.

1.3.2.    Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige

Zweitens muss die Beihilfemaßnahme dem Empfänger Vorteile verschaffen, die ihn von Lasten befreien, die es normalerweise aus eigenen Mitteln tragen müsste.

Der Staat übernahm die Schulden, die Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete für die Zahlung von Renten seiner Beschäftigten hatte. Sementsverksmiðjan hf. wurde 1955 als Staatsbetrieb gegründet. Die Beschäftigten des seinerzeit unter dem Namen „Isländische staatliche Zementwerke“ firmierenden Zementherstellers waren Mitglieder des Pensionsfonds für Staatsbedienstete wie alle anderen Bediensteten der staatlichen Verwaltung auch.

1997 reformierte der Staat den Pensionsfonds für Staatsbedienstete. Der Pensionsfonds für Staatsbedienstete nahm eine versicherungsmathematische Bewertung seiner Rentenverpflichtungen gegenüber seinen Mitgliedern vor. Das Ergebnis dieser Bewertung wurde anschließend mit den Vermögenswerten des Fonds und dem Anteil, den die verschiedenen Arbeitgeber mit ihren jeweils angeschlossenen Beschäftigten an den Verbindlichkeiten hatten, verglichen. Die Verpflichtungen des Pensionsfonds für Staatsbedienstete für bereits pensionierte Beschäftigte von Sementsverksmiðjan hf. beliefen sich Ende 1996 auf 400 Mio. ISK (30).

Der Fiskus zahlte für diese Verbindlichkeit gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete mit Schuldverschreibungen des Unternehmens. Die Verbindlichkeit blieb in den Büchern von Sementsverksmiðjan hf. bis Oktober 2003, als der Staat die Verbindlichkeiten von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds übernahm. Dabei ging es einerseits um die Zahlung von Renten an Beschäftigte von Sementsverksmiðjan hf., die bereits pensioniert waren, als die Verbindlichkeit im Jahr 1997 begründet wurde, und zum anderen um die voraussichtliche Zahlung von Rentenbezügen an fünf Beschäftigte, die zu diesem Zeitpunkt noch in Sementsverksmiðjan hf. aktiv tätig waren und der Sektion B des Pensionsfonds für Staatsbedienstete angehörten (31).

Soweit die Zahlung von Altersversorgungsverpflichtungen zu den normalen Kosten zählt, die ein Unternehmen im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit zu tragen hat, befreite die Übernahme dieser Zahlungen durch den Staat Sementsverksmiðjan hf. von Betriebskosten. Dadurch gewährte der Staat diesem Unternehmen einen selektiven Vorteil, da andere Unternehmen für die Altersversorgungsansprüche ihrer Beschäftigten selbst aufkommen müssen.

1.3.3.    Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des Handels zwischen den Vertragsparteien

Drittens muss die Beihilfemaßnahme den Wettbewerb verfälschen und den Handel zwischen den Vertragsparteien beeinträchtigen.

Unternehmen, die durch einen staatlich gewährten wirtschaftlichen Vorteil begünstigt werden, weil sich dadurch ihre normale Kostenbelastung verringert, befinden sich in einer besseren Wettbewerbsposition als diejenigen, denen dieser Vorteil nicht zuteil wurde. Innerhalb des EWR besteht auf dem Markt für Zement eine Wettbewerbssituation. Derzeit gibt es zwei Unternehmen, die auf dem isländischen Zementmarkt aktiv sind: Sementsverksmiðjan hf. und Aalborg Portland Íslandi ehf. Jeder Vorteil, der Sementsverksmiðjan hf. gewährt wird und der die Kosten senkt, die das Unternehmen normalerweise zu tragen hat, verbessert seine Wettbewerbslage gegenüber anderen tatsächlichen oder potenziellen Marktteilnehmern auf dem isländischen Zementmarkt, die diesen Vorteil nicht erhalten. Die Unterstützung des Staates für Sementsverksmiðjan hf. bewirkt daher eine Wettbewerbsverfälschung.

Schließlich muss, wenn Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen anwendbar sein soll, die angemeldete Maßnahme den Handel zwischen den Vertragsparteien des EWR-Abkommens beeinträchtigen.

Direkter Wettbewerber von Sementsverksmiðjan hf. auf dem isländischen Markt ist ein Tochterunternehmen eines Unternehmens mit Sitz in einem anderen Unterzeichnerstaat des EWR-Abkommens, das Zement nicht in Island herstellt, sondern ihn aus anderen EWR-Staaten nach Island importiert. Aus diesem Grund beeinträchtigt die Maßnahme den Handel zwischen den Vertragsparteien des EWR-Abkommens im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen.

1.3.4.    Schlussfolgerung

Aus den genannten Gründen ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass der Staat mit der Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen durch die im Oktober 2003 zwischen dem Finanzministerium und dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete unterzeichnete Vereinbarung Sementsverksmiðjan hf. eine staatliche Beihilfe gewährt hat.

2.   VERFAHRENSERFORDERNISSE

Gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Protokolls 3 zum Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen „soll die EFTA-Überwachungsbehörde über alle Vorhaben, Beihilfe zu gewähren oder umzugestalten, so rechtzeitig unterrichtet werden, dass sie sich dazu äußern kann. Der betreffende Staat wendet die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen nicht an, bevor in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung getroffen wurde.“

Mit Schreiben vom 29. August 2003 übermittelten die isländischen Behörden zwar eine Anmeldung über den geplanten Verkauf der staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf., aber durch die Unterzeichnung der vorstehend genannten Vereinbarungen durch die isländischen Behörden wurden mögliche staatliche Beihilfemaßnahmen im Rahmen dieser Vereinbarungen in Kraft gesetzt, bevor die Überwachungsbehörde eine endgültige Entscheidung über die Anmeldung getroffen hatte. Aus diesem Grund stellt die im Rahmen dieser Transaktion gewährte staatliche Beihilfe eine unrechtmäßige staatliche Beihilfe im Sinne von Teil II Artikel 1 Buchstabe f des Protokolls 3 dar, d. h. eine neue Beihilfe, die entgegen Teil I Artikel 1 Absatz 3 des genannten Protokolls in Kraft gesetzt wurde.

3.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE MIT DEM EWR-ABKOMMEN

Nach Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c EWR-Abkommen können Beihilfen, die die Entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete fördern, als mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Umstrukturierungsbeihilfen sind anhand der Leitlinien der Überwachungsbehörde für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen („Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen“) zu prüfen.

Im Beschluss Nr. 421/04/KOL wies die Überwachungsbehörde darauf hin, dass die isländischen Behörden keine Argumente oder Belege beigebracht hätten, anhand deren sich die Vereinbarkeit der Beihilfe mit den Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien beurteilen ließe. Mit Schreiben vom Februar 2005 legten die isländischen Behörden einen Umstrukturierungsplan für Sementsverksmiðjan hf. vor. Im Februar 2008 erteilten sie zusätzliche Auskünfte zum Umstrukturierungsplan. Im Folgenden wird die Überwachungsbehörde prüfen, ob diese neuen Informationen den Schluss ermöglichen, dass die Beihilfe den Anforderungen der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen entspricht (32).

3.1.   ANWENDBARE LEITLINIEN

Die Beihilfe wurde im Oktober 2003 gewährt, als der Staat Sementsverksmiðjan hf. von seinen Altersversorgungsverpflichtungen befreite. Für die Würdigung der Vereinbarkeit dieser Beihilfemaßnahme werden die zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe geltenden Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen von 1999 (33) herangezogen.

3.2.   UNTERNEHMEN IN SCHWIERIGKEITEN

Nach Abschnitt 16.2.1 der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gilt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unabhängig von ihrer Größe im Sinne der Leitlinien als Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn die Haftung auf das Gesellschaftskapital beschränkt ist, mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals verschwunden ist und mehr als ein Viertel dieses Kapitals während der letzten zwölf Monate verloren ging. Unabhängig von der Unternehmensform gilt ein Unternehmen im Sinne der Leitlinien als Unternehmen in Schwierigkeiten, wenn die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Voraussetzungen für die Eröffnung eines Kollektivverfahrens wegen Insolvenz erfüllt sind. Zu den typischen Symptomen eines Unternehmens in Schwierigkeiten gehören zunehmende Verluste, sinkende Umsätze, wachsende Lagerbestände, Überkapazitäten, verminderter Cashflow, zunehmende Verschuldung und Zinsbelastung sowie Abnahme oder Verlust des Reinvermögenswerts.

Das gezeichnete Kapital von Sementsverksmiðjan hf. fiel von 1 096 Mio. ISK im Jahr 2000 auf 458 Mio. ISK im Jahr 2003. Der Umsatz des Unternehmens sank von 1,06 Mrd. ISK im Jahr 2000 auf 863 Mio. ISK im Jahr 2001 und 598 Mio. ISK im Jahr 2002. Der Absatz des Unternehmens sank von […] im Jahr 2000 auf […] im Jahr 2001 und […] im Jahr 2002. Die Produktion schrumpfte folglich um mehr als […] %. Die Betriebsergebnisse verschlechterten sich im gleichen Zeitraum rasch. Sementsverksmiðjan hf. erwirtschaftete im Jahr 2000 einen Gewinn von 70 Mio. ISK, erlitt aber 2001 einen Verlust von 230 Mio. ISK. Der Verlust des Unternehmens für 2002 belief sich auf 220 Mio. ISK. Zwischen 2000 und 2002 erhöhte sich die Gesamtverschuldung von 733 Mio. ISK auf 1 157 Mio. ISK. Das Umlaufvermögen sank von 750 Mio. ISK auf 640 Mio. ISK.

Im Jahresabschluss von Sementsverksmiðjan hf. für 2002 stuften die Rechnungsprüfer die Finanzlage des Unternehmens als äußerst bedenklich ein. Die aufgelaufenen Verluste und die hohe Wahrscheinlichkeit weiterer Betriebsverluste im Jahr 2003 ließen eine Fortsetzung der Tätigkeit des Unternehmens fragwürdig erscheinen.

Nach den Erläuterungen und Informationen der isländischen Behörden stand Sementsverksmiðjan hf. am Rande der Insolvenz und konnte sich nicht aus eigener Kraft erholen.

Nach Ansicht der Überwachungsbehörde war Sementsverksmiðjan hf. zum Zeitpunkt der Gewährung der Finanzhilfe daher ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen.

3.3.   DEFINITION DES BEGRIFFS DER UMSTRUKTURIERUNGSBEIHILFE

Eine Umstrukturierungsbeihilfe sollte sich auf einen realistischen, kohärenten und weit reichenden Plan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität eines Unternehmens stützen. Nach Abschnitt 16.2.2 der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen gehören zu einer Umstrukturierungsbeihilfe normalerweise eines oder mehrere der folgenden Elemente: Reorganisation und Rationalisierung der Tätigkeiten des Unternehmens auf einer effizienteren Grundlage, was im Allgemeinen den Rückzug aus defizitären Geschäftsbereichen bedeutet, Umstrukturierung von Geschäftsbereichen, die wieder wettbewerbsfähig werden können, und in manchen Fällen eine Diversifizierung durch Aufnahme neuer rentabler Tätigkeiten. Die betriebliche Umstrukturierung muss in der Regel mit einer finanziellen Umstrukturierung (Kapitalzuführung, Schuldenabbau) einhergehen. Die Bestimmungen der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sehen jedoch vor, dass sich eine Umstrukturierung nicht nur auf finanzielle Eingriffe zur Deckung früherer Verluste beschränken darf, ohne nach den Ursachen der Verlustquellen zu suchen.

Der Umstrukturierungsplan für Sementsverksmiðjan hf. bestand aus einem breiten Spektrum von Maßnahmen. Er betraf die finanzielle Umstrukturierung des Unternehmens, die Umstrukturierung von Belegschaft und Produktionskosten und die Einbeziehung alternativer Einnahmequellen. Gemäß den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen beschränkte sich dieser Umstrukturierungsplan daher nicht auf die finanzielle Umstrukturierung, sondern ging auf verschiedene andere Aspekte der Umstrukturierung von Sementsverksmiðjan hf. ein. Die Beihilfe ist daher ihrem Wesen gemäß den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zu beurteilen.

3.4.   VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE GENEHMIGUNG EINER UMSTRUKTURIERUNGSBEIHILFE

Staatliche Beihilfen, die Unternehmen in Schwierigkeiten bei der Umstrukturierung helfen, sind nur unter bestimmten Voraussetzungen als legitim anzusehen. Sie sind aus sozial- oder regionalpolitischen Gründen zu rechtfertigen oder weil die positive Rolle der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) für die Volkswirtschaft zu berücksichtigen ist oder in Ausnahmefällen, weil eine von Wettbewerb geprägte Marktstruktur erhalten bleiben soll und das Verschwinden von Unternehmen zu einer Monopolsituation bzw. zu einem engen Oligopol führen könnte.

3.4.1.    Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität

Nach Abschnitt 16.3.2.2 b der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen ist die Gewährung einer Umstrukturierungsbeihilfe von der Durchführung eines Umstrukturierungsplans abhängig zu machen, der von der Überwachungsbehörde gebilligt werden muss. Der Umstrukturierungsplan, dessen Laufzeit so kurz wie möglich zu bemessen ist, muss die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen erlauben. Umstrukturierungsbeihilfen müssen mit einem tragfähigen Umstrukturierungsplan verknüpft sein, für den sich der betreffende EFTA-Staat verbürgt. Dieser Plan ist der Überwachungsbehörde mit allen erforderlichen Angaben, u. a. einer Marktstudie, vorzulegen.

Die Verbesserung der Rentabilität muss vor allem durch unternehmensinterne Maßnahmen herbeigeführt werden, die in dem Umstrukturierungsplan vorgesehen sind. Externe Faktoren wie Preis- oder Nachfrageschwankungen, auf die das Unternehmen kaum Einfluss hat, dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die betreffenden Marktprognosen allgemein anerkannt werden. Eine erfolgreiche Umstrukturierung muss die Aufgabe von Tätigkeitsbereichen einschließen, die auch nach der Umstrukturierung strukturell defizitär wären.

Gemäß Abschnitt 16.3.2.2 b der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen muss der Umstrukturierungsplan die Umstände beschreiben, die zu den Schwierigkeiten des Unternehmens geführt haben, damit beurteilt werden kann, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen angemessen sind. Er berücksichtigt die Situation und voraussichtliche Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf den Märkten der betreffenden Produkte mit verschiedenen Szenarien, die einer optimistischen, einer pessimistischen und einer mittleren Hypothese entsprechen, sowie die spezifischen Stärken und Schwächen des Unternehmens. Er ermöglicht dem Unternehmen den Übergang zu einer neuen Struktur, die auf lange Sicht Rentabilitätsaussichten und die Möglichkeit zum Betrieb aus eigener Kraft bietet.

Der Umstrukturierungsplan muss eine Umstellung des Unternehmens in der Weise vorsehen, dass es nach Abschluss der Umstrukturierung alle seine Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten decken kann. Gemäß den Leitlinien sollte die eskomptierte Eigenkapitalrentabilität des umstrukturierten Unternehmens ausreichen, um aus eigener Kraft im Wettbewerb bestehen zu können.

Der Umstrukturierungsplan von Sementsverksmiðjan hf. bestand aus vier verschiedenen Maßnahmen:

finanzielle Reorganisation;

Personalumbau;

Reorganisation der Produktionskosten;

Alternative Einnahmequellen.

Die isländischen Behörden haben erläutert, dass eine der Hauptmaßnahmen der Umstrukturierung im Abbau der Schulden durch den Verkauf von Vermögenswerten bestand. Im Herbst 2003 verkaufte Sementsverksmiðjan hf. alle Vermögenswerte, die nicht unmittelbar mit der Herstellung und Lieferung von Zement für den isländischen Markt zusammenhingen. Mit dem Erlös aus diesem Verkauf war das Unternehmen in der Lage, die vorhandenen Schulden abzubauen und die Betriebsverluste zumindest zu senken. Der Gesamterlös aus dem Verkauf von Vermögenswerten belief sich auf 580 Mio. ISK und wurde zum Abbau der lang- und kurzfristigen Schulden verwendet. Hauptziel des Unternehmens war die Minimierung der Kapitalaufwendungen während der Umstrukturierungsphase. Alle noch verbleibenden langfristigen Verbindlichkeiten wurden anschließend in der Weise neu ausgehandelt, dass das Unternehmen die Tilgung der Darlehenssumme für die auf den Verkauf folgenden zwei Jahre aussetzen konnte.

Den Angaben zufolge war der schwierigste Teil der Umstrukturierung für das Unternehmen die Neuaushandlung der Verbindlichkeiten mit den Gläubigern. Offenbar hatte das Unternehmen seine kurz- und langfristige Kreditaufnahme in den drei Jahren vor dem Verkauf aufgrund der erlittenen Verluste deutlich erhöht. Das Unternehmen hatte Darlehen bei verschiedenen Kreditinstituten aufgenommen. Die Kreditinstitute betrachteten diese Darlehen an Sementsverksmiðjan hf. als Darlehen an den Staat und waren nicht bereit, dem Unternehmen nach der Privatisierung mehr Kredite zu gewähren, es sei denn, die offenen Darlehen würden zurückgezahlt. Der Schuldenstand musste daher deutlich gesenkt werden, was durch den Verkauf von für die Zementherstellung und/oder den Zementvertrieb überflüssigen Vermögenswerten geschah.

Die isländischen Behörden haben erklärt, dass „es ein kritischer Faktor in den [Finanz-] Verhandlungen [war], dass die Altersversorgungsverbindlichkeiten aus der Bilanz des Unternehmens herausgenommen wurden, so dass es einen realistischen und plausiblen Rückzahlungszeitplan vorlegen konnte. Es ist offensichtlich, und diese Auffassung wurde von den Käufern und Gläubigern geteilt, dass das Unternehmen nicht sowohl die Altersversorgungsverbindlichkeiten als auch andere kurz- und langfristige Darlehen hätte bedienen können und gleichzeitig ein kritisches Niveau von Sachanlageinvestitionen hätte aufrechterhalten können, um den Betrieb des Unternehmens fortzusetzen.“

Die Wegnahme der Altersversorgungsverbindlichkeiten in Verbindung mit einer teilweisen Rückzahlung anderer Schulden war ein entscheidender Teil der Erlangung der Zustimmung für die finanzielle Umstrukturierung.

Zum Zeitpunkt des Verkaufs arbeiteten 63 Beschäftigte für Sementsverksmiðjan hf. Eine Analyse der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und des Marktes, auf dem es tätig war, ergab, dass die Belegschaft um mindestens 20 Beschäftigte abgebaut werden musste. Um das Werk am Laufen zu halten, wurden 41 Beschäftigte benötigt. Überschüssiges Personal wurde freigesetzt, wobei aufgrund der langen Beschäftigungsdauer bei einigen Beschäftigten hohe Abfindungskosten anfielen.

Außerdem profitierte die Mehrzahl der Beschäftigten von einer produktionsbezogenen Bonusregelung. Der an die Beschäftigten auszuschüttende Betrag war ein Festbetrag, so dass die betrieblichen Kosten für den Produktionsbonus unabhängig von der Zahl der Beschäftigten gleich blieben. Es wurden daher Verhandlungen mit der Gewerkschaft aufgenommen, um zu erreichen, dass der Produktionsbonus pro Beschäftigtem ausgezahlt wird und der Abbau der Belegschaft damit zu einer Senkung des vom Unternehmen zu zahlenden Produktionsbonus führt.

Nach Aussage der isländischen Behörden war die wichtigste Maßnahme die Neuaushandlung der Rohstoffpreise. Darüber hinaus wurde die Zusammensetzung des Zements geändert, um die produktionsbedingten Energiekosten zu senken.

Was die Neuaushandlung der Rohstoffpreise betraf, so hing ein Großteil der variablen Betriebskosten von Sementsverksmiðjan hf. von der Entwicklung der internationalen/nationalen Marktpreise ab und bot daher keinen Verhandlungsspielraum. Dies war der Fall für Kohle, Strom, Kieselsäurestaub und andere Rohstoffe. Dem gegenüber konnte der Preis für die Lieferung von Muschelsand, dem wichtigsten inländischen Rohstoff, um […] % gedrückt werden. Auch der Preis für andere inländische Rohstoffe konnte verhandelt werden.

Außerdem hatte Sementsverksmiðjan hf. damit begonnen, als alternative Einnahmequelle und als Mittel zur Senkung der allgemeinen Brennstoffkosten Abfallflüssigkeiten zu verbrennen.

Aufgrund der vorstehend beschriebenen Maßnahmen kommt die Überwachungsbehörde zu dem Schluss, dass der Umstrukturierungsplan für Sementsverksmiðjan hf. den Anforderungen der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen entspricht. Der Umstrukturierungsplan beschrieb die Umstände, die zu den Schwierigkeiten von Sementsverksmiðjan hf. geführt haben. Sementsverksmiðjan hf. war nicht in der Lage, sich im Wettbewerb zu behaupten und der wirtschaftlichen Schwäche der Bauindustrie zu Beginn des Jahrtausends zu begegnen. Der Plan sah eine umfassende finanzielle Umstrukturierung vor, die eine Neuaushandlung der Verbindlichkeiten mit den Gläubigern und die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete durch den isländischen Staat umfasste. Die finanzielle Umstrukturierung wurde begleitet von materiellen Umstrukturierungsmaßnahmen wie Personalumbau (Beendigung von Arbeitsverhältnissen und Neuaushandlung von Arbeitnehmervergünstigungen) und vor allem Änderungen bei den Produktionskosten, dem kostspieligsten Teil des Umstrukturierungsplans. Die Produktionskosten wurden gesenkt, die Zusammensetzung von Zement wurde geändert, die Verträge mit Zulieferern wurden neu ausgehandelt und es wurden neue Marktinitiativen gestartet, um die Einnahmen zu erhöhen. Der Umstrukturierungsplan von Sementsverksmiðjan hf. sah die Rückkehr zur Rentabilität innerhalb einer kurzen Frist von zwei Jahren vor, was als angemessener Zeitraum erscheint. Der Plan ist inzwischen vollständig umgesetzt und hat das Unternehmen in die Lage versetzt, auf dem Markt aus eigener Kraft zu bestehen. Ausgehend von den Angaben der isländischen Behörden ist die Überwachungsbehörde daher der Auffassung, dass der Umstrukturierungsplan zugunsten von Sementsverksmiðjan hf. den Anforderungen von Abschnitt 16.3.2.2 b der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen entspricht.

3.4.2.    Vermeidung unzumutbarer Wettbewerbsverfälschungen

Abschnitt 16.3.2.2 c der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zufolge müssen Maßnahmen getroffen werden, um nachteilige Auswirkungen der Beihilfe auf Konkurrenten nach Möglichkeit abzumildern. Andernfalls müsste angenommen werden, dass die Beihilfe dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft und daher nicht mit dem EWR-Abkommen vereinbar ist. Meistens konkretisiert sich diese Bedingung durch eine Begrenzung der Präsenz des Unternehmens auf seinem Markt nach Abschluss der Umstrukturierungsphase. Ist der relevante Markt sowie der Anteil des Unternehmens an diesem Markt auf Ebene des EWR unbedeutend, ist davon auszugehen, dass sich keine übermäßigen Wettbewerbsverzerrungen ergeben.

Gemäß Abschnitt 16.3.2.2 c der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen bestimmt die Überwachungsbehörde anhand der dem Umstrukturierungsplan beizufügenden Marktstudie sowie — nach Einleitung des Verfahrens — anhand der von den Beteiligten gelieferten Informationen den Umfang der Reduzierung der Marktpräsenz, die notwendig ist, um unzumutbare Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall eröffnete die Überwachungsbehörde das förmliche Prüfverfahren im Dezember 2004 und weitete es im November 2006 aus. Es gingen jedoch keine Bemerkungen von Beteiligten ein, aus denen Informationen über die Notwendigkeit von Ausgleichsmaßnahmen sowie über deren Umfang zu entnehmen waren.

In den Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen haben diejenigen Unternehmen eine günstigere Ausgangsposition, bei denen der fortgesetzte Betrieb wahrscheinlich keine wesentlichen Auswirkungen auf die Wettbewerbslage im EWR haben wird. Die isländischen Behörden haben eine Marktstudie über Sementsverksmiðjan hf. und den isländischen Zementmarkt vorgelegt, den einzigen Markt, auf dem das Unternehmen aktiv ist. Nach dieser Studie ist der Markt für Zement in Island wegen der geringen Bevölkerung des Landes insgesamt begrenzt. Es gibt zwei Unternehmen, die auf dem isländischen Zementmarkt aktiv sind: Sementsverksmiðjan hf. und Aalborg Portland Ísland hf. Während das erstgenannte Unternehmen Zement und Hüttenzement herstellt und verkauft, importiert das letztgenannte Unternehmen Zement aus Dänemark und verkauft ihn in Island. Im Jahr 2002 belief sich der Verbrauch von Zement in Island auf 122 899 Tonnen (34), während er in der EU 217,6 Mio. Tonnen betrug. Man kann daher davon ausgehen, dass der Anteil des isländischen Zementmarkts im EWR zu vernachlässigen ist.

Nach den Bestimmungen von Abschnitt 16.1 Punkt 3 der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sind Umstrukturierungsbeihilfen darüber hinaus nicht nur aus sozial- oder regionalpolitischen Erwägungen, sondern auch aus dem Wunsch heraus zu rechtfertigen, eine wettbewerbsorientierte Marktstruktur zu erhalten, wenn das Verschwinden von Unternehmen zu einer Monopol- oder Oligopolsituation führen könnte. Dies wäre der Fall in Island, wenn Sementsverksmiðjan hf. vom Markt verschwinden würde; der Zementmarkt würde dann höchstwahrscheinlich zu einem Monopolmarkt werden, der von den Einfuhren des einzigen anderen Wettbewerbers auf dem isländischen Zementmarkt abhinge. Die Tatsache, dass der Markt für Zement in Island durch entweder ein Monopol oder ein Oligopol von lediglich zwei Marktteilnehmern geprägt war, zeigt, dass die Attraktivität dieses Markts für andere Marktteilnehmer aufgrund seiner geringen Größe und seinen beschränkten Entwicklungsmöglichkeiten sehr begrenzt ist (in diesem Zusammenhang wird auf die Ergebnisse der oben genannten Marktstudie verwiesen).

Die Überwachungsbehörde hält es daher nicht für erforderlich, weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Präsenz des Unternehmens auf dem Markt vorzuschreiben.

3.4.3.    Auf das Minimum begrenzte Beihilfe

In Einklang mit den Bestimmungen von Abschnitt 16.3.2.2 d der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen müssen sich Höhe und Intensität der Beihilfe in Abhängigkeit von den tatsächlichen finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens, seiner Aktionäre und des Konzerns, zu dem es gehört, auf das für die Umstrukturierung unbedingt notwendige Mindestmaß beschränken. Daher müssen die Beihilfeempfänger aus eigenen Mitteln, auch durch den Verkauf von Vermögenswerten, wenn diese für den Fortbestand des Unternehmens nicht unerlässlich sind, oder durch Fremdfinanzierung zu Marktbedingungen einen erheblichen Beitrag zum Umstrukturierungsplan leisten. Um die wettbewerbsverfälschenden Auswirkungen in Grenzen zu halten, ist in Abschnitt 16.3.2.2 d der Leitlinien vorgesehen, dass die Beihilfe nicht in einer Form oder Größenordnung gewährt werden sollte, die dem Unternehmen überschüssige Liquidität zuführt, die es zu einem aggressiven und marktverzerrenden Verhalten in von dem Umstrukturierungsprozess nicht berührten Tätigkeitsbereichen verwenden könnte.

Gemäß den Leitlinien muss die Überwachungsbehörde die Höhe der Verbindlichkeiten des Unternehmens nach der Umstrukturierung sowie zudem nach einer etwaigen Stundung oder Reduzierung der Verbindlichkeiten untersuchen. Sie hat überdies zu prüfen, ob die Beihilfe zur Finanzierung von Neuinvestitionen verwendet wird, die für die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität nicht unbedingt notwendig sind. In jedem Fall muss nachgewiesen werden, dass die Beihilfe ausschließlich zur Wiederherstellung der Rentabilität verwendet und dem Beihilfeempfänger nicht die Möglichkeit gibt, während der Durchführung des Umstrukturierungsplans seine Produktionskapazitäten auszuweiten, außer wenn dies zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des Unternehmens notwendig ist und den Wettbewerb nicht verfälscht.

Ein wesentlicher Teil der Umstrukturierung von Sementsverksmiðjan hf. bestand im Verkauf von Vermögenswerten, die nicht entscheidend für das Überleben des Unternehmens waren, wie Grundstücke und Gebäude sowie Anteile und Schuldverschreibungen an anderen Unternehmen, die das Unternehmen veräußern konnte, um liquide Mittel für die Rückzahlung der Schulden zu erlangen. Des Weiteren wurden die Schulden des Unternehmens soweit wie möglich zurückgezahlt oder neu ausgehandelt, um die Rückzahlung zu erleichtern und damit die Fortführung des Betriebs zu sichern. Belegschaft sowie Produktionskosten und -strukturen wurden aus eigener Kraft reorganisiert. Der einzige Eingriff des Staates bestand in der Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. in Höhe von ca. 425 Mio. ISK. Dies wurde von den Gläubigern des Unternehmens als unabdingbare Voraussetzung für die Umstrukturierung angesehen. Die Überwachungsbehörde kommt daher zu dem Ergebnis, dass die aus der Staatskasse gewährte Beihilfe auf das Mindestmaß begrenzt war, da sie lediglich die Übernahme der Schulden von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete durch den isländischen Staat betraf.

Die Umstrukturierungskosten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

a)

Neuverhandlung mit Gläubigern

10 811 853 ISK

2 648 904 (Realisierungskosten)

b)

Personalumbau

19 098 479 ISK

2 702 963 (Realisierungskosten)

c)

Reorganisation der Produktionskosten und alternative Einnahmequellen

1 018 200 000 ISK

d)

Neubewertung von Vermögenswerten

511 856 488 ISK

Die Überwachungsbehörde ist der Auffassung, dass die Beteiligung des isländischen Staats an der Umstrukturierung von Sementsverksmiðjan hf. durch die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen des Unternehmens gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete ein grundlegendes Element für die Verwirklichung der Umstrukturierung von Sementsverksmiðjan hf. darstellt. Die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen durch den Staat wurde von den Gläubigern des Unternehmens als Voraussetzung für die Neuaushandlung aller anderen Schulden und Verbindlichkeiten angesehen. Diese Beihilfe des Staats ermöglichte es Sementsverksmiðjan hf., die notwendigen Mittel zur Finanzierung der reinen Umstrukturierungsmaßnahmen zu erlangen.

Wenngleich die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen nicht zu Lasten von Sementsverksmiðjan hf., sondern des Staates ging, sollte sie in die Gesamtbeurteilung der Umstrukturierung von Sementsverksmiðjan hf. einbezogen werden. Die Beihilfe war notwendig, um die verschiedenen Umstrukturierungsmaßnahmen durchzuführen. Mit Rücksicht darauf und angesichts des Mittelbedarfs für die Wiederherstellung der Rentabilität von Sementsverksmiðjan hf. ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass sich der Beihilfebetrag für diese Umstrukturierung auf das Minimum beschränkte.

3.4.4.    Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten

Gemäß Abschnitt 16.3.2.5 der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sind bei der Beurteilung von Umstrukturierungsbeihilfen in Fördergebieten die regionalen Entwicklungserfordernisse zu berücksichtigen. Daher können an die Bewilligung von Beihilfen insbesondere im Zusammenhang mit der Anwendung von Ausgleichsmaßnahmen in Fördergebieten weniger strenge Maßstäbe angelegt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Überwachungsbehörde in Fördergebieten bei Beihilfen für die Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten die Toleranzgrenze senkt, um einer Region die Möglichkeit zu geben, Unternehmen künstlich anzuziehen. Vielmehr ist es im eigenen Interesse der Region, alternative Tätigkeiten zu entwickeln, die möglichst rasch rentabel und tragfähig sind.

Das Werk von Sementsverksmiðjan hf. liegt in Akranes, im mittleren Westen von Island. Dieses Gebiet ist in der von der Überwachungsbehörde durch Beschluss Nr. 253/01/KOL vom 8. August 2001 genehmigten Fördergebietskarte für Island ausgewiesen. Das Gebiet ist durch eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und Abwanderungstendenzen geprägt. Die Zementfabrik befindet sich seit 1958 in Akranes und stellt seit jeher einen wichtigen Faktor im Wirtschaftsleben der Region dar. In einer Stadt mit einer Bevölkerung von ca. 5 500 Einwohnern hätte die Schließung des Werks weit reichende negative Auswirkungen und würde der Abwanderung und dem allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Niedergang weiter Vorschub leisten.

3.4.5.    Vollständige Durchführung des Umstrukturierungsplanes

Die Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen schreiben vor, dass das Unternehmen den von der Überwachungsbehörde genehmigten Umstrukturierungsplan vollständig durchführen und alle anderen in der Entscheidung der Überwachungsbehörde niedergelegten Auflagen erfüllen muss (35). Die Nichteinhaltung des Plans oder der Auflagen betrachtet die Überwachungsbehörde als missbräuchliche Verwendung der Beihilfe.

Der Zeitplan für den Umstrukturierungsplan sah wie folgt aus:

Maßnahme

Beginn der Umstrukturierung

Abschluss der Umstrukturierung

Finanzielle Reorganisation (Neuaushandlung und Rückzahlung von Schulden bei Kreditinstituten, Übernahme von Altersversorgungsverpflich tungen durch den Staat)

September 2003

Oktober 2003

Personalumbau (Entlassung von Beschäftigten, Neuaushandlung mit den Gewerkschaften)

Oktober 2003

April 2004

Reorganisation der Produktionskosten (Neuaushandlung der Preise mit Zulieferern, alternative Einnahmen und Senkung der Kosten)

Oktober 2003

Dezember 2004

Der Umstrukturierungsplan sah die Erzielung von Gewinnen nach der Umstrukturierung des Unternehmens im Juli 2005 vor. Die isländischen Behörden teilten der Überwachungsbehörde mit, dass Sementsverksmiðjan hf. den Umstrukturierungsplan durchgeführt habe und 2005 die Wende erzielen wolle. Von Juni 2003 bis Mai 2004 erwirtschaftete Sementsverksmiðjan hf. einen Verlust von 83 Mio. ISK im Vergleich zu einem Verlust von 250 Mio. ISK im Jahr 2002. Von Juni 2004 bis Mai 2005 erwirtschaftete das Unternehmen einen Gewinn von 22 Mio. ISK.

Diese Informationen lassen vermuten, dass die Laufzeit des Umstrukturierungsplans für Sementsverksmiðjan hf. nicht länger war als nötig, dass die Rentabilität des Unternehmens in einer angemessenen Frist wiederhergestellt werden konnte und dass der Plan im Hinblick auf die künftigen Betriebsbedingungen somit auf realistischen Annahmen beruhte.

3.4.6.    Kontrolle und Jahresbericht

Die Überwachungsbehörde muss in der Lage sein sicherzustellen, dass der Umstrukturierungsplan ordnungsgemäß durchgeführt wird. Dies geschieht normalerweise im Rahmen ausführlicher regelmäßiger Berichte des betreffenden EFTA-Staats an die Überwachungsbehörde. Im vorliegenden Fall wurde die Umstrukturierung bereits mit der Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens abgeschlossen. Es stehen keine Umstrukturierungsmaßnahmen aus, sondern alle wurden erfolgreich abgeschlossen. Es ist daher in diesem Fall nicht nötig, über die Durchführung des Umstrukturierungsplans Bericht zu erstatten.

3.5.   GRUNDSATZ DER EINMALIGEN BEIHILFE

Um jede missbräuchliche Förderung zu vermeiden, dürfen Umstrukturierungsbeihilfen nur einmal gewährt werden. Abschnitt 16.3.2.3 der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen sieht vor, dass, wenn die geplante Umstrukturierungsbeihilfe bei der Überwachungsbehörde angemeldet wird, der EFTA-Staat angeben muss, ob das Unternehmen bereits in der Vergangenheit, auch vor Inkrafttreten der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien, eine Umstrukturierungsbeihilfe einschließlich nicht notifizierter Beihilfen erhalten hat.

Die isländischen Behörden haben erklärt, dass der Grundsatz der „einmaligen Beihilfe“ eingehalten wurde. Sie erklärten, dass das Unternehmen früher keine Beihilfen erhalten hat und nicht beabsichtigt ist, ihm künftig Beihilfen zu gewähren.

4.   SCHLUSSFOLGERUNG

Aus den genannten Gründen ist die Überwachungsbehörde der Auffassung, dass die Beihilfe, die Sementsverksmiðjan hf. im Zusammenhang mit der Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen durch den isländischen Staat erhalten hat, eine Umstrukturierungsbeihilfe darstellt, die mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe anwendbaren Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vereinbar ist —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Übernahme der Altersversorgungsverpflichtungen von Sementsverksmiðjan hf. gegenüber dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete durch den Staat ist eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 61 Absatz 1 EWR-Abkommen.

Artikel 2

Die in Artikel 1 genannte Beihilfe ist mit dem Funktionieren des EWR-Abkommens auf der Grundlage von Artikel 61 Absatz 3 Buchstabe c EWR-Abkommen in Verbindung mit den 1999 von der Überwachungsbehörde verabschiedeten Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen vereinbar.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 4

Nur der englische Text ist verbindlich.

Brüssel, den 28. Mai 2008

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Per SANDERUD

Präsident

Kristján Andri STEFÁNSSON

Mitglied des Kollegiums


(1)  Nachstehend als „die Überwachungsbehörde“ bezeichnet.

(2)  Nachstehend als „das EWR-Abkommen“ bezeichnet.

(3)  Nachstehend als „das Überwachungsbehörde- und Gerichtshofabkommen“ bezeichnet.

(4)  Nachstehend als „Protokoll 3“ bezeichnet.

(5)  Leitfaden für die Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens und des Artikels 1 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs, angenommen und bekannt gegeben von der EFTA-Überwachungsbehörde am 19. Januar 1994, veröffentlicht im ABl. L 231 und EWR-Beilage Nr. 32 vom 3.9.1994. Die Leitlinien wurden am 19. Dezember 2007 zuletzt geändert. Nachstehend als „Leitfaden für staatliche Beihilfen“ bezeichnet. Eine aktuelle Fassung dieses Leitfadens kann auf der Website der Überwachungsbehörde eingesehen werden: http://www.eftasurv.int/fieldsofwork/fieldstateaid/guidelines/

(6)  Veröffentlicht im ABl. L 139 vom 25.5.2005, S. 37.

(7)  Der Beschluss Nr. 421/04/KOL der Überwachungsbehörde wurde im ABl. C 117 vom 19.5.2005, S. 17 und in der EWR-Beilage Nr. 24 vom 19.5.2005 veröffentlicht. Der Beschluss Nr. 368/06/KOL der Überwachungsbehörde wurde im ABl. C 77 vom 5.4.2007, S. 21, und in der EWR-Beilage Nr. 17 vom 5.4.2007, S. 1, veröffentlicht.

(8)  Näheres zum Schriftwechsel zwischen der Überwachungsbehörde und den isländischen Behörden siehe Beschluss Nr. 421/04/KOL der Überwachungsbehörde zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens.

(9)  Siehe Fußnote 7.

(10)  Siehe Fußnote 7.

(11)  Mehr Informationen über den Verkaufsprozess sind dem Beschluss Nr. 421/04/KOL der Überwachungsbehörde zu entnehmen.

(12)  Die Investorengruppe bestand aus Framtak fjárfestingarbanki hf, Björgun ehf., BM Vallá ehf. und ursprünglich Steypustöðin, die später durch das norwegische Unternehmen Norcem AS ersetzt wurde.

(13)  2 Zementvorratstanks, Zementliefer-/-verpackungsgebäude, Treppe und Korridor, Zementrohrleitung, Zaun und Tor, Stahlsilo mit dazugehörigem Gerät, Luftkompressoren, Trockenvorrichtung und elektrische Ausrüstung in einer Lagerscheune beim Dock, Kaikran, Rohrleitungen in Zementrohrverkleidung, Fahrzeugwaage mit dazugehöriger Computerausrüstung.

(14)  Druckraum, 2 Silos, Zementliefervorrichtung, Pumpenscheune, Wiegevorrichtung für Fahrzeuge und dazugehörige Computerausrüstung in Dienstgebäude, Kran, Rohre und Stahlsilo mit dazugehöriger Ausrüstung, Maschinen und Toiletten, Transformatorenraum, Treppe und Korridor.

(15)  Die Beiträge zu Sektion A des Pensionsfonds für Staatsbedienstete werden auf der Grundlage des Gesamteinkommens der angeschlossenen Bediensteten gezahlt, die Altersversorgungsansprüche für die gesamten eingezahlten Beiträge erwerben. Wie im Falle der meisten Pflichtversicherungsfonds sind die Rentenansprüche von Sektion A an den Verbraucherpreisindex geknüpft. Die Ansprüche der angeschlossenen Bediensteten auf eine Rente sind gesetzlich verbrieft und die Arbeitgeber müssen die Beiträge regelmäßig anpassen, um zu gewährleisten, dass das Beitragsaufkommen des Fonds die Verpflichtungen deckt.

(16)  Hervorhebung durch die Überwachungsbehörde hinzugefügt.

(17)  Isländische Abkürzung für Pensionsfonds für Staatsbedienstete.

(18)  Die isländischen Behörden äußerten sich verschiedentlich zur Altersversorgung der Beschäftigten von Sementsverksmiðjan hf. Die hier genannten geschätzten Zahlen stammen aus einem Schreiben vom 12. November 2003. In einem Schreiben vom 18. April 2006 erläuterten die isländischen Behörden weiter, dass zum Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens als Kapitalgesellschaft im Jahr 1993 sechs Beschäftigte Mitglieder des Pensionsfonds für Staatsbedienstete waren und 93 Beschäftigte in private Rentenfonds einzahlten. Wie die isländischen Behörden erläuterten, hatten die Angestellten von Sementsverksmiðjan hf. Zugang zum Pensionsfonds für Staatsbedienstete, während die Arbeiter über ihre Gewerkschaften privat rentenversichert waren. Nach der Gründung als Kapitalgesellschaft konnten neue Angestellte noch Mitglieder des Pensionsfonds für Staatsbedienstete werden. Nach dem Verkauf der staatlichen Anteile an Sementsverksmiðjan hf. im Jahr 2003 müssen alle neuen Beschäftigten Mitglieder eines privaten Rentenfonds werden.

(19)  Bei den betreffenden Vermögenswerten handelt es sich um die Liegenschaften und Vermögensgegenstände des Unternehmens in Reykjavik, das Bürogebäude des Unternehmens in Akranes mit Ausnahme von eineinhalb Etagen, und die Anteile und Schuldverschreibungen, die Sementsverksmiðjan hf. an anderen Unternehmen besitzt.

(20)  2 Zementvorratstanks, Zementliefer-/-verpackungsgebäude, Treppe und Korridor, Zementrohrleitung, Zaun und Tor, Stahlsilo mit dazugehörigem Gerät, Luftkompressoren, Trockenvorrichtung und elektrische Ausrüstung in einer Lagerscheune beim Dock, Kaikran, Rohrleitungen in Zementrohrverkleidung, Fahrzeugwaage mit dazugehöriger Computerausrüstung.

(21)  Die Anteile an dem Unternehmen Geca wurden mit 46,5 Mio. ISK bewertet, die Anteile an dem Unternehmen Spölur mit 40 Mio. ISK und die von Spölur ausgegebenen Schuldverschreibungen mit 11 Mio. ISK.

(22)  Islenskt Sement erläutert, dass sich die gesamten Liquidierungskosten für das Unternehmen auf 390,4 Mio. ISK beliefen, den Kaufpreis, den der Staat für das Land in Reykjavik und Akranes gezahlt hat, inbegriffen. Hätte sich der Staat entschieden, das Unternehmen abzuwickeln, hätten sich die Liquidierungskosten auf den Liquidierungswert der Sachanlagen, 69,9 Mio. ISK abzüglich der vertraglichen Verpflichtung zur Säuberung des Fabrikgeländes, belaufen, so dass sich Gesamtliquidierungskosten für das Unternehmen in Höhe von 390,4 Mio. ISK ergeben. Die Entscheidung des Staates, die Schulden des Unternehmens gegenüber den Pensionsfonds für Staatsbedienstete zu übernehmen, steht mit 388 028 317 ISK zu Buche, wohingegen der Entschluss, die Anteile an dem Unternehmen für 68 Mio. ISK an Islenskt Sement zu verkaufen, zu Nettokosten in Höhe von 320 028 317 ISK führte. Somit überstiegen die Liquidierungskosten die gesamten Verkaufskosten für das Unternehmen um 70 376 683 ISK.

(23)  Almenna Verkfræðistofan (AV) nahm eine teilweise Bewertung der Grundstücke von Sementsverksmiðjan hf. in Reykjavik im Februar 2003 und eine vollständige Bewertung im November 2003 vor. Der Wert der Schuldverschreibungen und Anteile wurde von MP Verðbref ermittelt, als er den Liquidierungswert des Unternehmens vor dem Verkauf der Anteile des Staats berechnete. Herr Daníel Rúnar Elíasson, zugelassener Immobilienmakler des Immobilienbüros Hákot, bewertete das Gebäude in Akranes im August 2003.

(24)  Verbundene Rechtssachen T-127/99, T-129/99 & T-148/99, Diputación Foral de Alava u. a. gegen die Kommission, Slg. 2002, S. II-1275, Rdnr. 71.

(25)  Rechtssache T-366/00, Scott SA gegen die Kommission, Slg. 2007, II-797, Rdnr. 93.

(26)  Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes „kann der Überwachungsbehörde nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie eine annäherungsweise Schätzung vorgenommen hat“, da eine solche Schätzung naturgemäß annäherungsweise ist, vgl. Rs. T-366/00, Scott SA gegen die Kommission, a.a.O., Rdnr. 96.

(27)  2 Zementvorratstanks, Zementliefer-/-verpackungsgebäude, Treppe und Korridor, Zementrohrleitung, Zaun und Tor, Stahlsilo mit dazugehörigem Gerät, Luftkompressoren, Trockenvorrichtung und elektrische Ausrüstung in einer Lagerscheune beim Dock, Kaikran, Rohrleitungen in Zementrohrverkleidung, Fahrzeugwaage mit dazugehöriger Computerausrüstung.

(28)  Bei den geleasten Vermögenswerten handelt es sich um einen Druckraum, zwei Silos, eine Zementliefervorrichtung und eine Pumpenscheune mit einer Fläche von 290 m2. Außerdem wurden auch eine Wiegevorrichtung für Fahrzeuge, Parkplatz, Kran, Rohre und Stahlsilo, Maschinen und Toiletten, Transformatorenanlage, Treppe und Korridor geleast.

(29)  Die isländischen Behörden haben der Überwachungsbehörde mitgeteilt, das der größte Teil des Landes in Sævarhöfði in Reykjavik, das zuvor Eigentum von Sementsverksmiðjan hf. war, an Jarðboranir hf. für einen Preis von […] ISK pro Quadratmeter geleast wurde. Der von Sementsverksmiðjan hf. verlangte Leasingpreis belief sich auf […] ISK. Die isländischen Behörden erläuterten auch, dass für die Vermietung des Landes von Sævarhöfði Ende 2003 in der Zeitung Morgunblaðið geworben wurde und dass das günstigste Angebot von Jarðboranir hf. für den genannten Preis unterbreitet wurde. Aus diesen Gründen vertraten die isländischen Behörden die Auffassung, dass der Leasingpreis den Marktpreisen in Island entsprach.

(30)  Gemäß Artikel 3 der Vereinbarung zwischen dem Pensionsfonds für Staatsbedienstete und dem Finanzministerium über die Zahlung von Verbindlichkeiten des Fiskus gemäß Artikel 33 des Gesetzes Nr. 1/1997 über den Pensionsfonds für Staatsbedienstete beliefen sich die Verpflichtungen gegenüber den Beschäftigten der isländischen staatlichen Zementwerke zum Jahresende 1996 auf 400 801 268 ISK.

(31)  Die Altersversorgungsverpflichtungen für Beschäftigte, die bereits pensioniert waren, beliefen sich im Oktober 2003 auf 412 Mio. ISK. Gleichzeitig wurden die Verbindlichkeiten für künftige Verpflichtungen gegenüber den derzeitigen Beschäftigten auf etwa 10 bis 15 Mio. ISK geschätzt.

(32)  Rechtssache T-157/01, Danske Busvognmænd/Kommission, Slg. 2004, II-917, Randnr. 116.

(33)  Veröffentlicht im ABl. L 274 vom 26.10.2000, S. 1, und der EWR-Beilage Nr. 48 vom 26.10.2000.

(34)  38,215 Tonnen Zement wurden importiert und 84,684 Tonnen wurden in Island hergestellt.

(35)  Grundsätzlich hätte der vollständige Umstrukturierungsplan bei der Anmeldung, d. h. vor Bewilligung der Beihilfe vorgelegt werden müssen. Im vorliegenden Fall wurde der Plan nicht im Voraus vorgelegt, wohl aber wurden die Hauptbestandteile des Umstrukturierungsplans bekannt gegeben, bevor die Umstrukturierung stattfand. Die Überwachungsbehörde hält seine Genehmigung auf der Grundlage der Leitlinien für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen daher für rechtens.


25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/40


BESCHLUSS DER EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE

Nr. 405/08/KOL

vom 27. Juni 2008

Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens zum isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds

(Island)

DIE EFTA-ÜBERWACHUNGSBEHÖRDE (1)

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (2), insbesondere auf Artikel 59 Absatz 2, Artikel 61 bis 63 und das Protokoll 26 zu diesem Abkommen,

gestützt auf das Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs (3), insbesondere auf Artikel 24 dieses Abkommens,

gestützt auf Artikel 1 Absatz 2 von Teil I und Artikel 4 Absatz 4 sowie Artikel 6 von Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen (4),

gestützt auf die Leitlinien der Behörde (5) zur Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 63 des EWR-Abkommens,

gestützt auf den Beschluss der Behörde Nr. 195/04/KOL zur Umsetzung der Bestimmungen gemäß Artikel 27 von Teil II des Protokolls 3 (6),

gestützt auf das Urteil des EFTA-Gerichtshofs in der Rechtssache E-9/04 betreffend die Aufhebung der Entscheidung Nr. 213/04/KOL zum isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (7),

gestützt auf die Entscheidung der Behörde Nr. 185/06/KOL zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Hinblick auf den isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (8),

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen und unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   SACHVERHALT

1.   VERFAHREN

Mit Schreiben vom 20. November 2003 der Mission Islands bei der Europäischen Union, dem ein Schreiben des isländischen Finanzministeriums mit selbem Datum beigefügt war und das die Behörde am 25. November 2003 entgegennahm und registrierte (Dokument Nr. 03-8227 A, Vorgangsnummer 255584), zeigten die isländischen Behörden gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 3 des Protokolls 3 eine Ausweitung der Kreditvergabe des isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds (Housing Financing Fund, nachfolgend: HFF) auf bis zu 90 % des Kaufpreises von Wohnraum an.

Am 11. August 2004 verabschiedete die Behörde die Entscheidung Nr. 213/04/KOL. In dieser Entscheidung befand die Behörde ohne Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens, dass die isländische Gesetzgebung zwar Beihilfen für den HFF vorsah, diese aber mit den Vorschriften für staatliche Beihilfen nach Artikel 59 Absatz 2 des EWR-Abkommens vereinbar waren.

Gegen diese Entscheidung legte der isländische Banken- und Wertpapierhändlerverband vor dem EFTA-Gerichtshof Berufung ein; dieser Verband hat sich zwischenzeitlich mit weiteren Banken- und Versicherungsverbänden zusammengeschlossen und agiert nun unter dem Namen Icelandic Financial Services Association (nachfolgend: SFF). In seinem Urteil vom 7. April 2006 in der Rechtssache E-9/04 gab der EFTA-Gerichtshof der Berufungsklage statt und erklärte die Entscheidung Nr. 213/04/KOL der Behörde für nichtig.

Da die Behörde auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen die umstrittenen Beihilfemaßnahmen vorläufig als neue Beihilfen einstufte, verabschiedete sie am 21. Juni 2006 die Entscheidung Nr. 185/06/KOL zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Hinblick auf das HFF-System. Diese Entscheidung übermittelte die Behörde den isländischen Behörden mit Schreiben vom 21. Juni 2006 (Vorgangsnummer 377864).

Die Entscheidung Nr. 185/06/KOL wurde im Amtsblatt der Europäischen Union und in der zugehörigen EWR-Beilage veröffentlicht (9). Die Behörde forderte die Beteiligten auf, zu dieser Entscheidung Stellung zu beziehen.

Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 20. November 2006, das am 21. November 2006 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde, erhielt die Behörde Stellungnahmen der isländischen Behörden zu dieser Entscheidung (Vorgangsnummer 399173).

Mit Schreiben vom 24. November 2006 (Vorgangsnummer 399801) leitete die Behörde die Bemerkungen der isländischen Behörden mit der Bitte um Stellungnahme an die SFF weiter.

Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 3. Januar 2007, das am 4. Januar 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde, erhielt die Behörde weitere Stellungnahmen der isländischen Behörden (Vorgangsnummer 405009).

Mit Schreiben vom 31. Januar 2007, das am 2. Februar 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 408361), antwortete die SFF auf das Schreiben der Behörde vom 24. November 2006, diese Antwort wurde am 5. Februar 2007 (Vorgangsnummer 408509) an die isländischen Behörden weitergeleitet.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2007, das am 1. März 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 411962) nahm die SFF zur Entscheidung Nr. 185/06/KOL der Behörde Stellung. Diese Stellungnahme übermittelte die Behörde den isländischen Behörden mit Schreiben vom 5. März 2007 mit der Aufforderung zu Bemerkungen (Vorgangsnummer 412290).

Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 5. März 2007, das am 9. März 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 412950), antworteten die isländischen Behörden auf die Bemerkungen der SFF vom 31. Januar 2007.

Mit Schreiben vom 4. April 2007 (Vorgangsnummer 415881) ersuchte die Behörde die isländischen Behörden um einige Klarstellungen.

Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 30. April 2007, das am 30. April 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 419451), antworteten die isländischen Behörden auf das Schreiben der Behörde vom 5. März 2007.

Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 14. Juni 2007, das am 14. Juni 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 425255), antworteten die isländischen Behörden auf das Schreiben der Behörde vom 4. April 2007.

Per E-Mail vom 21. August 2007 (Vorgangsnummer 435379) reichten Vertreter der isländischen Behörden weitere Informationen nach.

Mit Schreiben vom 28. September 2007 (Vorgangsnummer 442805) ersuchte die Behörde die isländischen Behörden um ergänzende Informationen über staatliche Bürgschaften nach isländischem Recht. Mit Schreiben der Mission Islands bei der Europäischen Union vom 24. Oktober 2007, das am 25. Oktober 2007 von der Behörde entgegengenommen und registriert wurde (Vorgangsnummer 448739), kamen die isländischen Behörden dieser Aufforderung nach.

Die Rechtssache war außerdem Gegenstand mehrerer Gespräche zwischen der Behörde und Vertretern Islands, zuletzt während der Paket-Sitzung am 29. Oktober 2007 in Reykjavik.

Per E-Mail vom 27. November 2007 reichten die rechtlichen Vertreter der SFF ergänzende Informationen zum HFF-Prüfverfahren ein (Vorgangsnummer 454226).

Am 6. März 2008 wurde die Sache auf einem Treffen mit der Beschwerdeführerin erörtert, woraufhin diese ein weiteres Vorbringen vom 28. März 2008 einreichte (Vorgangsnummer 471552).

Mit Schreiben vom 15. April 2008 (Vorgangsnummer 473576) übermittelte die isländische Regierung ihre Bemerkungen zu diesem jüngsten Vorbringen der Beschwerdeführerin.

2.   HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZUM ISLÄNDISCHEN WOHNUNGSSEKTOR

2.1.   EINFÜHRUNG

Im nachstehenden Abschnitt beschreibt die Behörde die rechtlichen Gegebenheiten des isländischen Wohnungswesens. Diese Beschreibung behandelt die bei Inkrafttreten des EWR-Abkommens gültige Rechtslage und fasst spätere gesetzliche Änderungen zusammen.

Abschnitt 3 schildert die nach dem Recht Islands gegebene gesetzliche Grundlage für jede Einzelmaßnahme, die in der Entscheidung Nr. 185/06/KOL zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens als mutmaßliche staatliche Beihilfe genannt wird. Dabei werden sowohl die Rechtsvorschriften zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EWR-Abkommens als auch gesetzliche Änderungen erörtert.

2.2.   DAS SYSTEM DER WOHNRAUMFINANZIERUNG

2.2.1.    Einführung

Seit 50 Jahren bemüht sich der isländische Staat um die Förderung des privaten Wohneigentums. Sowohl hinsichtlich der Rahmenpolitik als auch hinsichtlich der Bereitstellung von Eigenheimkrediten wurden im Jahr 1955 die Grundlagen für gezielte staatliche Interventionen auf dem Wohnungsmarkt gelegt. Mit dem Gesetz Nr. 51/1980 wurde die staatliche Wohnraumbehörde (Húsnæðisstofnun ríkisins) geschaffen, die unter anderem Vorzugskredite für den Erwerb privaten Wohneigentums gewährte.

Im Jahr 1986 wurde das Eigenheimkreditsystem unter anderem dahingehend geändert, dass seine Finanzierung fortan zum Teil aus Pensionsfonds erfolgte. Die isländischen Banken boten im Allgemeinen keine Finanzierung für den Erwerb privaten Wohneigentums an. Die im Vergleich zu marktüblichen Konditionen günstigeren Hypothekendarlehen der staatlichen Wohnraumbehörde führten zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage, die aus den Mitteln der Pensionsfonds nicht länger gedeckt werden konnte. Um Abhilfe zu schaffen und mehr Mittel für die Wohnraumfinanzierung bereitzustellen, wurde im Jahr 1989 das so genannte Wohnungsanleihensystem geschaffen, das nachfolgend beschrieben wird.

2.2.2.    Gesetz Nr. 97/1993, betreffend die staatliche Wohnraumbehörde

2.2.2.1.   Einführung

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EWR-Abkommens am 1. Januar 1994 unterlag die staatliche Wohnraumbehörde dem Gesetz Nr. 97/1993 (lög nr. 97/1993, um Húsnæðisstofnun ríkisins). Dieses Gesetz stellte die konsolidierte Fassung des gleichnamigen Gesetzes Nr. 86/1988 dar, das mehrfach geändert worden war (10).

Das Gesetz Nr. 97/1993 diente, wie in Artikel 1 beschrieben, der sicheren Versorgung der isländischen Bevölkerung mit Wohnraum durch Darlehen und durch die Regelung der Wohnraumversorgung und -errichtung. Ferner sollte es die Gleichberechtigung im Wohnungswesen fördern, indem für den Erwerb oder das Mieten von Wohnraum zweckgebundene, erschwingliche Darlehen gewährt wurden.

Unter den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 97/1993 waren vier Körperschaften des öffentlichen Rechts im Wohnraumsektor tätig, und zwar: die staatliche Wohnraumbehörde (State Housing Agency), der staatliche Wohnraum-Verwaltungsrat (State Housing Board), der staatliche Wohnungsbaufonds (State Building Fund) und der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer (Workers’ Housing Fund).

2.2.2.2.   Die staatliche Wohnraumbehörde und der staatliche Wohnraum-Verwaltungsrat

Artikel 2 des Gesetzes bildete die rechtliche Grundlage für die staatliche Wohnraumbehörde. Demzufolge war die Behörde eine öffentliche Einrichtung, die einem getrennten Aufsichtsgremium (dem staatlichen Wohnraum-Verwaltungsrat) im Zuständigkeitsbereich des Sozialministers unterstand; letzterer war als oberster Dienstherr für sämtliche Wohnraumangelegenheiten zuständig. Der Behörde oblag die Leitung und Durchführung sämtlicher wohnraumbezogener Aufgaben, die das Gesetz dem Staat auferlegte.

Der Sozialminister war nach Artikel 3 des Gesetzes befugt, den Aufbau der Behörde per Verordnung im Einzelnen zu regeln. Des Weiteren wurde der Minister ermächtigt, die Gesamtleitung, den Betrieb und das Personal von jeweils zwei oder mehr der gesetzlich vorgesehenen Abteilungen und Fonds zusammenzulegen. Die Betriebskosten der staatlichen Wohnraumbehörde sollten auf die von ihr verwalteten Fonds aufgeteilt werden, und zwar unter Berücksichtigung ihres Tätigkeitsumfangs und der ausstehenden Vermögenswerte zum Ende des Haushaltsjahres.

Die staatliche Wohnraumbehörde unterstand dem staatlichen Wohnraum-Verwaltungsrat aus sieben vom Parlament bestimmten Mitgliedern, die gemäß Artikel 4 des Gesetzes nach jeder Parlamentswahl gewählt wurden. Die Aufgabe des Wohnraum-Verwaltungsrates bestand nach Artikel 5 des Gesetzes darin, die finanziellen Mittel, den Betrieb und sonstige Aktivitäten der staatlichen Wohnraumbehörde, des staatlichen Wohnungsbaufonds und des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer zu verwalten. Darüber hinaus sollte er gewährleisten, dass die Behörde ihre Tätigkeit im Einklang mit den bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausübte. Eine weitere Aufgabe des Verwaltungsrats war die Zuweisung von Mitteln an Projektträger im sozialen Wohnungsbau.

Des Weiteren war der staatliche Wohnraum-Verwaltungsrat nach Artikel 11 Absatz 2 befugt, vorbehaltlich der Genehmigung des Sozialministers neue Darlehenskategorien zu entwickeln. Die Artikel 12 bis 15 des Gesetzes enthielten nähere Bestimmungen über die Darlehen.

2.2.2.3.   Der staatliche Wohnungsbaufonds

Artikel 8 des Gesetzes Nr. 97/1993 regelte die Rolle und Aufgabe des staatlichen Wohnungsbaufonds. Er sah vor, dass der Fonds im Einklang mit dem Gesetz und den darauf basierenden Vorschriften Darlehen vergibt und mit Anleihen handelt. Darüber hinaus war der Fonds für jegliche Darlehensvergabe und Kreditaufnahme zuständig, die im Zusammenhang mit dem Fonds bereits erfolgt war oder in Zukunft beschlossen werden konnte. Artikel 9 des Gesetzes legte folgende Finanzierung für den staatlichen Wohnungsbaufonds fest:

„1.

Durch Erträge auf das Eigenkapital des Fonds, d.h. Ratenzahlungen, Zinsen und Zahlungen im Zusammenhang mit der Preisindexbindung für gewährte Darlehen.

2.

Durch jährliche Mittelzuweisungen des Staates gemäß Haushaltsgesetz.

3.

Durch den Verkauf von Anleihen an den Arbeitslosenversicherungsfonds, wie zwischen der staatlichen Wohnraumbehörde und dem Fonds vereinbart, sowie durch jegliche Kreditaufnahme, die im jeweils gültigen Investitions- und Verschuldungsplan zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Einzelnen geregelt werden kann.“

Nach Artikel 11 des Gesetzes war der staatliche Wohnungsbaufonds befugt, Darlehen der folgenden Kategorien zu vergeben, sofern er in seinem jeweiligen Jahreshaushalt die Mittel dafür bereitgestellt hatte:

„1.

Darlehen für den Bau von Seniorenwohnungen sowie von Tagesbetreuungseinrichtungen für Kinder und Senioren.

2.

Sonderdarlehen für Menschen mit spezifischen Bedürfnissen.

3.

Darlehen oder Zuschüsse für technische Innovationen und sonstige Reformen in der Bauwirtschaft.“

Sämtliche Darlehen des staatlichen Wohnungsbaufonds waren nach Artikel 16 des Gesetzes vollständig indexgebunden. Jedes Darlehen war durch eine erst- oder zweitrangig eingetragene Hypothek auf das Wohngebäude, für das es gewährt wurde, besichert. Darüber hinaus war die Anforderung zulässig, dass das gewährte Darlehen bzw. die Hypothek einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises, der Immobilienbewertung oder der Bewertung durch die Feuerversicherung nicht überstiegen.

2.2.2.4.   Wohnungsanleihen

Wie vorstehend erwähnt, wurde 1989 das so genannte Eigenheimkreditsystem eingeführt. Gemäß Artikel 18 des Gesetzes Nr. 97/1993 war der staatliche Wohnungsbaufonds nun befugt, eine finanziell eigenständige Abteilung für Wohnungsanleihen (Housing Bonds Division) zu betreiben. Die Aufgaben dieser Abteilung waren in Artikel 19 des Gesetzes beschrieben:

„a)

Ausgabe marktfähiger Schuldverschreibungen im Auftrag des staatlichen Wohnungsbaufonds, nachfolgend bezeichnet als Wohnungsanleihen, gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes oder sonstiger Verordnungen.

b)

Handel mit Schuldtiteln, die durch Hypotheken auf Wohngebäude besichert sind, die wiederum im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilien, dem Bau neuen Wohnraums oder umfangreichen baulichen Ergänzungen, Wertsteigerungen oder Renovierungen genutzten Wohnraums gewährt wurden […].

c)

Kontinuierliche Förderung der Marktgängigkeit von Wohnungsanleihen.“

Das System der Wohnungsanleihen war kein Hypothekendarlehenssystem im herkömmlichen Sinne, sondern basierte auf einem Wertpapiertausch: Die Eigenheimkäufer beantragten bei der Abteilung für Wohnungsanleihen eine Hypothekenanleihe, die mit der damit erworbenen Immobilie besichert wurde. Anschließend kaufte die Abteilung für Wohnungsanleihen dem Eigenheimkäufer diese Hypothekenanleihe ab und bezahlte sie mit Wohnungsanleihen. Diese Wohnungsanleihen konnten anschließend auf dem Wertpapiermarkt frei gehandelt werden. Der Verkäufer konnte sie auf dem Wertpapiermarkt veräußern, als Zahlungsmittel verwenden oder behalten.

Gemäß Artikel 21 des Gesetzes durfte die Abteilung für Wohnungsanleihen Zinsen erheben, um ihre Betriebskosten und erwartete Verluste aus Kreditausfällen zu decken. Die Höhe des Zinssatzes wurde auf Vorschlag der staatlichen Wohnraumbehörde vom Sozialminister festgelegt.

Die von der Abteilung für Wohnungsanleihen erworbenen Hypothekenanleihen sollten nach Artikel 26 des Gesetzes als Darlehen mit einer Laufzeit von höchstens 25 Jahren vergeben werden. Laut Artikel 27 konnten diese Hypothekenanleihen in Höhe von höchstens 75 % des ordnungsgemäß geschätzten Immobilienwerts gegen Wohnungsanleihen eingetauscht werden. Diese Obergrenze konnte der Sozialminister per Verordnung festlegen, wobei es ihm frei stand, für Neubauten oder den Ersterwerb von Wohnimmobilien einen höheren Prozentsatz anzusetzen. Laut Artikel 29 des Gesetzes sollte die Abteilung für Wohnungsanleihen die Marktgängigkeit dieser Anleihen fördern. Zu diesem Zweck sollte sie die Zusammenarbeit mit Banken, Pensionsfonds und anderen Akteuren auf dem Finanzmarkt anstreben. Ferner war der staatliche Wohnungsbaufonds befugt, einen bestimmten Prozentsatz seiner Mittel auf den Handel mit Wohnungsanleihen zu verwenden, um Marktschwankungen auszugleichen.

Das Gesetz enthielt keine Bestimmungen darüber, welcher Personenkreis unter dem Wohnungsanleihensystem einen Anspruch auf Darlehen hatte. Dies wurde durch die Verordnung Nr. 467/1991 zur Abteilung für Wohnungsanleihen und den Handel mit Wohnungsanleihen (um húsbréfadeild og húsbréfaviðskipti) geregelt. Diese Verordnung sah vor, dass auch Bauunternehmen Darlehen nach dem Wohnungsanleihensystem beantragen konnten. Als Bauunternehmen galt nach Artikel 1 der Verordnung jedes eingetragene Unternehmen, das in Übereinstimmung mit den einschlägigen Industriestandards vollständige Wohneinheiten baute und verkaufte. Artikel 10 der Verordnung regelte die Vergabe von Darlehen für Neubauten, und Artikel 25 erlegte den Bauunternehmen die besondere Verpflichtung auf, eine Bürgschaft eines Finanzinstituts oder einer Kommunalkörperschaft vorzuweisen.

2.2.2.5.   Wohnraumfonds für Arbeitnehmer

Der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer war gemäß Artikel 47 des Gesetzes für die Vergabe von Darlehen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus zuständig, um den Wohnraumbedarf entsprechend bedürftiger Personen zu decken. Artikel 48 regelte die Finanzierung des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer in folgender Weise:

„a)

Durch Erträge auf das Eigenkapital des Fonds, d.h. Ratenzahlungen, Zinsen und Zahlungen im Zusammenhang mit der Preisindexbindung für gewährte Darlehen;

b)

durch jährliche Mittelzuweisungen des Staates gemäß Haushaltsgesetz;

c)

durch Darlehen von Kommunalkörperschaften an die staatliche Wohnraumbehörde gemäß Artikel 42;

d)

durch den Verkauf von Wohnungsanleihen an Pensionsfonds entsprechend den Vereinbarungen zwischen der staatlichen Wohnraumbehörde und den Pensionsfonds;

e)

durch im Investitions- und Verschuldungsplan von Fall zu Fall festgelegte Sonderanleihen, falls die mit den unter a bis d vorgesehenen Maßnahmen beschafften Mittel für die geplante Bereitstellung von Wohnraum nicht ausreichen.“

Artikel 50 des Gesetzes sah für den Wohnraumfonds für Arbeitnehmer folgende Darlehenskategorien vor:

„1.

Darlehen für den Mietkauf von Sozialwohnungen (in Höhe von 90 % des Kaufpreises).

2.

Darlehen für Sozialwohnungen in Privatbesitz (in Höhe von 90 % des Kaufpreises).

3.

Darlehen für Mietsozialwohnungen (in Höhe von 90 % des Kaufpreises).

4.

Darlehen für den allgemeinen Mietkauf (in Höhe von 70 % und 20 % des Kaufpreises). […]“.

Darlehen für den sozialen Wohnungsbau wurden von der staatlichen Wohnraumbehörde gemäß Artikel 52 des Gesetzes aus den Mitteln des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer gewährt. Nach Artikel 42 Absatz 2 des Gesetzes konnte das Darlehen bis zu 90 % der Baukosten oder des Kaufpreises betragen, durfte jedoch 90 % der vom staatlichen Wohnraum-Verwaltungsrat genehmigten Kostenbasis abzüglich eines Sonderbeitrags der Kommunalkörperschaften in Höhe von 3,5 % für jede sozial geförderte Wohnung nicht überschreiten (11). Artikel 64 des Gesetzes legte fest, dass nur die Personen Anspruch auf Darlehen für Sozialwohnungen in Privatbesitz hatten, die folgende Voraussetzungen erfüllten:

„a)

Die Person besitzt noch keine Wohnung oder einen vergleichbaren Vermögenswert in anderer Form.

b)

In den drei Jahren vor der Zuweisung hatte die Person ein durchschnittliches Einkommen von nicht mehr als […]. Diese Einkommensgrenze wird vom staatlichen Wohnraum-Verwaltungsrat zu Beginn jeden Jahres festgelegt […].

c)

Die Person erbringt einen Nachweis ihrer Zahlungsfähigkeit, der vom Wohnungsausschuss einer Kommunalkörperschaft ausgestellt wird […].“

Artikel 65 legte fest, dass die Personen, die einen Antrag auf eine Mietwohnung stellten, die unter a und b definierten Voraussetzungen erfüllen mussten.

Wenn der Eigentümer einer Sozialwohnung diese verkaufen wollte, musste er nach Artikel 85 des Gesetzes den Wohnungsausschuss oder andere Projektträger über diese Absicht informieren. Der Projektträger sollte dann die Wohnung kaufen und sie gemäß dem Gesetz und dessen Bestimmungen weiterveräußern. Nach erfolgtem Kauf einer Wohnung sollte der Verkäufer seinen Beitrag dazu sowie die seit Abschluss des Kaufvertrags entrichteten Ratenzahlungen für das Darlehen des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer zurückerstattet bekommen. Laut Artikel 86 oblag die Berechnung des Verkaufspreises für Sozialwohnungen den Kommunalkörperschaften.

2.2.3.    Das Wohnraumgesetz Nr. 44/1998

2.2.3.1.   Einführung — die wichtigsten Änderungen

Das Wohnraumgesetz Nr. 44/1998 trat am 1. Januar 1999 in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde der Wohnraumfinanzierungsfonds (Housing Financing Fund, HFF) gegründet. Gleichzeitig wurde das oben genannte Gesetz Nr. 97/1993, betreffend die staatliche Wohnraumbehörde, außer Kraft gesetzt. Das Wohnraumgesetz diente, wie in Artikel 1 beschrieben, der sicheren und gleichberechtigten Versorgung der isländischen Bevölkerung mit Wohnraum durch Darlehen und Regelungen für Wohnraumangelegenheiten, sowie der Bereitstellung von Mitteln, die der Bevölkerung den erschwinglichen Erwerb oder das kostengünstige Mieten von Wohnraum erleichtern sollten. Mit anderen Worten, der Zweck des Gesetzes entsprach vollkommen der in Artikel 1 des Vorläufergesetzes Nr. 97/1993 beschriebenen Zielsetzung.

Die Vorlage, die schließlich als Wohnraumgesetz verabschiedet wurde, beschrieb die wichtigsten Änderungen in folgenden Worten:

„Die wichtigsten Änderungen des Gesetzes betreffen den sozialen Wohnungsbau. Die hauptsächliche vorgeschlagene Änderung besteht darin, dass der Bau und Erwerb von Sozialwohnungen in Privatbesitz zugunsten eines neuen Sozialdarlehenssystems eingestellt wird. Die derzeitigen Vorschriften zum Bau von Mietwohnungen bleiben bestehen, die Artikel zum Mietkauf hingegen sollen gestrichen werden. Darüber hinaus soll ein eigenes Gesetz für Bau- und Wohnungsgenossenschaften geschaffen werden.

Ansonsten können die wichtigsten Änderungsvorschläge der Vorlage vereinfachend drei Kategorien zugeordnet werden: Erstens betreffen sie soziale Hilfen. Zweitens betreffen sie die Beteiligung von Kommunalkörperschaften an diesen Hilfen, und drittens die Organisation des Wohnungswesens.“ (12)

Bei der Vorlage des Gesetzentwurfs im Parlament erläuterte der Minister die wichtigsten darin vorgesehenen Änderungen mit folgenden Worten:

„Die Hauptthemen sind folgende:

Die staatliche Wohnraumbehörde wird abgeschafft.

Der staatliche Wohnungsbaufonds und der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer werden zum Wohnraumfinanzierungsfonds zusammengeführt, in den auch die Vermögenswerte der staatlichen Wohnraumbehörde eingehen. […]

Das System der Wohnungsanleihen bleibt im Hinblick auf den Immobilienhandel auf dem allgemeinen Markt unverändert bestehen. Der Wohnraumfinanzierungsfonds wird sich mit der Zeit selbst tragen. In diesem Zusammenhang wird davon ausgegangen, dass ältere Darlehen des Fonds umstrukturiert werden. Durch die Umstrukturierung werden deutlich höhere Raten erzielt werden, als es dem Wohnungsbaufonds heute möglich ist. Dieser Fonds wird außerordentlich gut bestückt sein. Er wird mit 26 Mrd. ISK Kapital ausgestattet sein und Zugang zu den besten Darlehenszinsen haben.“ (13)

2.2.3.2.   Institutionen

Nach Artikel 4 des Wohnraumgesetzes ist der Wohnraumfinanzierungsfonds eine unabhängige öffentlich-rechtliche Einrichtung mit eigenem Vorstand, die in den Zuständigkeitsbereich des Sozialministers fällt. Der Fonds löste die frühere staatliche Wohnraumbehörde ab. Gemäß Artikel 7 ernennt der Minister den fünfköpfigen Vorstand für vier Jahre. Artikel 8 sieht vor, dass der Vorstand einen geschäftsführenden Direktor einstellt, der für den täglichen Betrieb des Fonds, die Einstellung von Personal usw. zuständig ist.

Wie oben beschrieben wurden mit dem Wohnraumgesetz sowohl der staatliche Wohnungsbaufonds als auch der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer abgeschafft. Diese beiden Fonds wurden mit Inkrafttreten des Gesetzes zusammengeführt und aufgelöst. Mit dem gleichen Tag gingen nach Artikel 53 des Gesetzes die Aufgaben, Rechte, Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und Verpflichtungen beider Fonds auf den Wohnraumfinanzierungsfonds über. Ihre gesetzlichen Rechte und Vorrechte galten nun für den Wohnraumfinanzierungsfonds. Entsprechend übernahm der Wohnraumfinanzierungsfonds sämtliche Rechte und Verpflichtungen aus Schuldtiteln im Besitz des staatlichen Wohnungsbaufonds und des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer und trat in jeder Hinsicht ihre Rechtsnachfolge an.

Die gesetzlichen Aufgaben des Wohnraumfinanzierungsfonds, die in Artikel 9 des Wohnraumgesetzes niedergelegt sind, umfassen unter anderem:

„1.

Darlehensvergabe und Verwaltung von Transaktionen mit Wohnungsanleihen gemäß den Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes.

2.

Vergabe von Darlehen an Kommunalkörperschaften, Unternehmen und Verbände zwecks Bau oder Erwerb von Wohnraum. […]“.

Wie bereits der staatliche Wohnungsbaufonds und der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer unter dem Vorgängergesetz Nr. 97/1993 finanziert sich auch der Wohnraumfinanzierungsfonds aus 1. Erträgen auf das eigene Kapital und 2. der Ausgabe und dem Verkauf von Anleihen nach Artikel 10 des Wohnraumgesetzes. Im Gegensatz zu dem im Gesetz Nr. 97/1993 niedergelegten System wurde die Finanzierung durch direkte staatliche Zuweisungen unter dem Wohnraumgesetz eingestellt.

Der Wohnraumfinanzierungsfonds soll laut Artikel 11 des Wohnraumgesetzes die ihm anvertrauten Mittel bewahren und einen Ertrag darauf erwirtschaften. Vorbehaltlich der Genehmigung des Sozialministers kann der Fonds seine Vermögenswerte ganz oder teilweise Dritten zur treuhänderischen Verwahrung anvertrauen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Fonds zu jeder Zeit über ausreichende Liquidität verfügt, um seinen Verbindlichkeiten nachzukommen.

2.2.3.3.   Darlehenskategorien

2.2.3.3.1.   Drei Darlehensarten

Artikel 15 des Wohnraumgesetzes definiert drei Kategorien von Darlehen, die der Wohnraumfinanzierungsfonds vergeben kann (14). Diese Kategorien sind:

allgemeine Darlehen gemäß Kapitel VI des Gesetzes für den Bau und Erwerb von Wohnraum;

Zusatzdarlehen an Einzelpersonen gemäß Kapitel VII des Gesetzes für den Bau und Erwerb von Wohnraum;

Darlehen an Kommunalkörperschaften, Verbände und Unternehmen, die gemäß Kapitel VIII des Gesetzes dem Bau oder Erwerb zur Vermietung vorgesehenen Wohnraums dienen.

Nach Artikel 16 Absatz 1 war der Fonds vorbehaltlich der Zustimmung des Sozialministers zur Einführung neuer Darlehenskategorien befugt.

2.2.3.3.2.   Allgemeine Darlehen

Mit dem Wohnraumgesetz wurde das System allgemeiner Wohnungsanleihen fortgeführt, das 1989 unter dem Wohnungsanleihensystem eingeführt worden war und auch dem Gesetz Nr. 97/1993 zugrunde lag. Für diese Darlehenskategorie brachte das neue Gesetz keine Änderungen mit sich. Zur Verwaltung der allgemeinen Darlehen sollte der Wohnraumfinanzierungsfonds ebenso wie zuvor die staatliche Wohnraumbehörde nach Artikel 17 des Wohnraumgesetzes eine Abteilung für Wohnungsanleihen unterhalten, deren Haushalt von den sonstigen Aktivitäten des Fonds getrennt werden sollte (15).

Der Abteilung für Wohnungsanleihen wurden folgende Aufgaben zugewiesen:

„1.

Ausgabe marktfähiger Wohnungsanleihen verschiedener Kategorien im Auftrag des Wohnraumfinanzierungsfonds gemäß den Bestimmungen dieses Gesetzes oder sonstiger Verordnungen.

2.

Handel mit Schuldtiteln, die durch Hypotheken und Wohnungsanleihen besichert sind.

3.

Förderung der Marktgängigkeit von Wohnungsanleihen. […]“.

Nach Artikel 19 des Gesetzes sollten Hypothekenanleihen indexgebunden sein und zu den gleichen Konditionen ausgegeben werden wie die Wohnungsanleihen, gegen die sie eingetauscht wurden. Nach Artikel 28 des Gesetzes konnte der Zinssatz so festgesetzt werden, dass er die Betriebskosten der Abteilung für Wohnungsanleihen und erwartete Verluste aus Kreditausfällen deckt. Die Höhe des Zinssatzes wurde auf Vorschlag des Vorstands des Wohnraumfinanzierungsfonds vom Sozialminister festgelegt.

Wenn ein Eigenheimbesitzer sein erstes Wohnhaus baute oder erwarb, konnten die Hypotheken- und Wohnungsanleihen in Höhe von höchstens 70 % des geschätzten Immobilienwerts aufgenommen werden; in allen anderen Fällen galt gemäß Artikel 19 des Gesetzes eine Obergrenze von 65 % gegenüber der früheren Obergrenze von 75 % des Schätzwerts, die im oben beschriebenen Artikel 27 des Vorgängergesetzes Nr. 97/1993 festgelegt worden war. Der Sozialminister war berechtigt, per Verordnung festzulegen, wie viele Hypothekenanleihen die Abteilung für Wohnungsbauanleihen pro Immobilie maximal erwerben durfte. Laut Artikel 21 des Gesetzes war die Laufzeit der von der Abteilung für Wohnungsanleihen erworbenen Hypothekenanleihen auf 40 Jahre beschränkt. Weitere Bestimmungen zu Wohnungsanleihen enthielt die Verordnung Nr. 7/1999 zur Abteilung für Wohnungsanleihen und dem Handel mit Wohnungsanleihen (um húsbréfadeild og húsbréfaviðskipti).

Für Bauunternehmen sah diese Verordnung die gleichen Bestimmungen vor wie die gleichnamige Verordnung Nr. 467/1991 unter dem Vorgängergesetz (16).

Wie aus den voranstehenden Ausführungen hervorgeht, blieb das System des Anleihentauschs nach Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes unverändert bestehen. Die Abteilung für Wohnungsanleihen beim Wohnraumfinanzierungsfonds wurde mit den gleichen Aufgaben betraut wie zuvor unter der staatlichen Wohnraumbehörde, vgl. die vorstehend zitierten Artikel 19 des Gesetzes Nr. 97/1993 und Artikel 17 des Wohnraumgesetzes. Dies geht auch aus den Anmerkungen zu Kapitel VI der Vorlage des späteren Wohnraumgesetzes hervor, in denen erläutert wird, dass jenes Kapitel in weiten Teilen die gleichen Bestimmungen enthält wie Kapitel IV des Gesetzes Nr. 97/1993 (17).

2.2.3.3.3.   Zusatzdarlehen

Mit dem Wohnraumgesetz wurde für Personen mit niedrigem Einkommen eine neue Darlehenskategorie namens Zusatzdarlehen eingeführt. Diese Darlehen konnten zusätzlich zu den allgemeinen Darlehen gewährt werden, die einige nach Artikel 97/1993 gewährten Sozialdarlehen ablösten, wurden jedoch später wieder abgeschafft (18). Artikel 30 sah vor, dass der Wohnraumfinanzierungsfonds auf Anfrage eines kommunalen Wohnungsausschusses Personen, die ein Anrecht auf ein allgemeines Darlehen zum Wohnraumerwerb hatten, Zusatzdarlehen in Höhe von bis zu 25 % des Schätzwerts der Wohnung gewähren konnte. Wie bereits unter dem Gesetz Nr. 97/1993, das vor der Gründung des Wohnraumfinanzierungsfonds in Kraft gewesen war, durften die Darlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds insgesamt (allgemeines Darlehen und Zusatzdarlehen) 90 % des Schätzwerts der Wohnung nicht übersteigen.

Die Bedingungen für die Gewährung von Zusatzdarlehen sollte der Sozialminister per Verordnung im Einzelnen festlegen. Dabei sollten die nachfolgenden Kriterien berücksichtigt werden: Familiengröße, Vermögen, Einkommen, Wohnungsgröße und Art des Wohnraums. Der Sozialminister gab die Verordnung Nr. 783/1998 zu Zusatzdarlehen heraus, in denen die Berechtigungsvoraussetzungen für Zusatzdarlehen im Einzelnen ausgeführt wurden. Die Artikel 5 und 6 der Verordnung legten bezüglich des Rechts auf ein Zusatzdarlehen bestimmte Einkommens- und Vermögensobergrenzen fest (19). Nach Artikel 8 musste sich der Bewerber einer Überprüfung seiner Zahlungsfähigkeit unterziehen. Laut Artikel 4 waren die Kommunalkörperschaften befugt, für ihre Wohnraumausschüsse weitere Richtlinien aufzustellen. Beispielsweise konnten auch die aktuelle Wohnsituation, Zustand und Art der aktuellen Wohnung sowie die Familiengröße und der Gesundheitszustand zur Beurteilung herangezogen werden (20). Hauptkriterium für die Berechtigungsprüfung im Hinblick auf ein „Sozialdarlehen“ war folglich weiterhin, wie unter den Bestimmungen vor Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes, das Fehlen von Vermögen und ein niedriges Einkommen.

Im Gegensatz zum Vorgängergesetz Nr. 97/1993 enthielt das Wohnraumgesetz keine Vorschriften für Darlehen, die zum so genannten Mietkauf von Sozialwohnungen bestimmt waren. Ferner enthielt das Wohnraumgesetz keine Bestimmungen zum Verkauf von Sozialwohnungen, da diese zu den in Artikel 32 des Wohnraumgesetzes festgelegten Bedingungen auf dem allgemeinen Markt verkauft werden konnten.

2.2.3.3.4.   Mietwohnungen

Die dritte Darlehenskategorie, Darlehen für Mietwohnungen, ist in Kapitel VIII des Wohnraumgesetzes beschrieben. Laut Artikel 33 kann der Wohnraumfinanzierungsfonds für den Bau solcher zur Vermietung vorgesehener Wohnungen Darlehen an Kommunalkörperschaften, Verbände oder Unternehmen vergeben, die solche Wohnungen bauen, besitzen und verwalten möchten. Nach Artikel 36 des Gesetzes können die Darlehen bis zu 90 % des Bau- oder Kaufpreises betragen, dürfen jedoch 90 % der vom Vorstand des Fonds genehmigten Kostenbasis nicht überschreiten. Laut Artikel 37 des Gesetzes hängt das Recht auf eine Mietwohnung von der sozialen Lage des Bewerbers ab und bemisst sich danach, ob dessen Einkommen und Vermögen innerhalb der Grenzen liegt, die im Einzelnen von einer Verordnung des Sozialministers festgelegt werden.

In den allgemeinen Anmerkungen zu Kapitel VIII der Vorlage zum Wohnraumgesetz wurde festgestellt, dass für diese Art von Darlehen die Bestimmungen des Vorgängergesetz Nr. 97/1993 größtenteils weiterhin gelten würden (21). Diese Darlehenskategorie entspricht daher im Wesentlichen derjenigen, die in den Bestimmungen zum Wohnraumfonds für Arbeitnehmer beschrieben worden war. Ein Darlehen dieser Kategorie durfte sowohl unter dem Wohnraumgesetz als auch unter dem Gesetz Nr. 97/1993 höchstens 90 % des Bau- oder Kaufpreises ausmachen. Entsprechend wurde auch der Anspruch auf diese Mietwohnungen anhand sozialer Bedarfskriterien wie fehlendes Vermögen oder niedriges Einkommen bestimmt.

2.2.3.4.   Im Jahr 2004 erfolgte Änderungen

2.2.3.4.1.   Gesetz Nr. 57/2004

Im Jahr 2004 wurden zwei Gesetze zur Änderung des Wohnraumgesetzes verabschiedet: das Gesetz Nr. 57/2004 und das Gesetz Nr. 120/2004. Mit dem Wohnraumgesetz Nr. 57/2004, das am 1. Juli 2004 in Kraft trat, wurde das System des Anleihentauschs abgeschafft. Stattdessen wurden allgemeine Darlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds fortan als Barkredit ausgezahlt. Das Hauptziel dieser Veränderung wurde in der Vorlage folgendermaßen beschrieben:

„Ziel dieser Vorlage ist die Versorgung der Isländer mit günstigeren Wohnraumdarlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds durch eine preisgünstigere Finanzierung auf dem allgemeinen Darlehensmarkt. Zu diesem Zweck wird die Begebung von Anleihen seitens des Wohnraumfinanzierungsfonds in einer Weise umgestaltet, die eine höhere Effizienz der Finanzierung gewährleistet und die Hauptmängel der gegenwärtigen Begebung beseitigt […].“ (22)

Nach den Änderungen hatte Artikel 19 des Wohnraumgesetzes folgenden Wortlaut:

„Darlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds werden fortan als Barkredit ausgezahlt. Vor der Auszahlung eines Darlehens emittiert der Kreditgeber eine eigene Hypothekenanleihe und lässt sie offiziell eintragen. Jede solche Hypothekenanleihe des Kreditgebers ist gemäß dem Gesetz zum Verbraucherpreisindex an diesen Index gebunden und hat einen Zinsertrag wie in Artikel 21 geregelt.“

Artikel 10 Unterabsatz 2 und 3 des Gesetzes, welche die Finanzierung des Fonds regeln, wurden entsprechend der Abschaffung des Wohnungsanleihensystems abgeändert:

„Der Wohnraumfinanzierungsfonds wird die ihm durch dieses Gesetz übertragenen Aufgaben in folgender Weise finanzieren:

1.

Durch Erträge auf das Eigenkapital des Fonds, d.h. Ratenzahlungen, Zinsen und Zahlungen im Zusammenhang mit der Preisindexbindung für gewährte Darlehen.

2.

Durch die Ausgabe und den Verkauf von Anleihen des Wohnraumfinanzierungsfonds, und durch Kreditaufnahme wie jeweils nach dem Haushaltsgesetz geregelt.

3.

Durch Gebühren für Dienstleistungen gemäß Artikel 49.“

Gebühren für Dienstleistungen waren zuvor zwar nicht in Artikel 10 als Finanzierungsmittel vorgesehen, doch der Artikel 49, auf den er Bezug nimmt, war vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an Bestandteil des Gesetzes gewesen und wurde nicht geändert. Durch den Artikel 5 des Gesetzes Nr. 57/2004 wurde der Artikel 11 des Wohnraumgesetzes um zwei neue Absätze über Vermögenswerte und Verbindlichkeiten ergänzt:

„Der Wohnraumfinanzierungsfonds hält Einnahmen und Ausgaben im Gleichgewicht und plant entsprechend voraus. Zu diesem Zweck richtet der Fonds ein Risikomanagementsystem ein.

Der Wohnraumfinanzierungsfonds ist befugt, mit seinen eigenen Finanzierungsanleihen und anderen Wertpapieren zu handeln. Nach Rücksprache mit dem Vorstand des Fonds und der Finanzaufsichtsbehörde wird der Minister per Verordnung Bestimmungen zu den Risikokriterien, dem Risikomanagement, internen Kontrollen und dem Wertpapierhandel des Fonds herausgeben.“

Mit dem Gesetz Nr. 57/2004 wurden noch eine Reihe weiterer Veränderungen eingeführt. Sie betrafen in erster Linie technische Umstellungen, die mit der Abschaffung des Tauschs von Hypotheken- gegen Wohnungsanleihen verbunden waren, vgl. die Artikel 9 bis 20 des Änderungsgesetzes. Wesentliche Änderungen der allgemeinen Darlehen oder des berechtigten Personenkreises wurden mit dem Gesetz nicht vorgenommen.

2.2.3.4.2.   Gesetz Nr. 120/2004

Mit dem Gesetz Nr. 120/2004, das am 3. Dezember 2004 in Kraft trat, wurde die Obergrenze der allgemeinen Darlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds von 70 % des geschätzten Immobilienwerts auf 90 % angehoben, und der Sozialminister wurde bevollmächtigt, diesen Anteil per Verwaltungsverordnung zu verändern, vgl. Artikel 19 des Wohnraumgesetzes. Infolge der Anhebung der Obergrenze für allgemeine Darlehen wurde Kapitel VII des Gesetzes betreffend Zusatzdarlehen gestrichen. In den Anmerkungen zu Artikel 4 der Vorlage, mit dem Kapitel VII des Wohnraumgesetzes zu Zusatzdarlehen abgeschafft wurde, wurden hierzu unter anderem folgende Erklärungen gegeben:

„Sollte die Vorlage Gesetzeskraft erlangen, werden sämtliche Käufer von Wohnimmobilien Darlehen in Höhe von 90 % erhalten können, sodass die Notwendigkeit von Zusatzdarlehen entfällt. Im Anschluss an die Änderungen betreffend die Anleihen des Wohnraumfinanzierungsfonds, die am 1.Juli 2004 in Kraft traten, lag der Zinssatz für Zusatzdarlehen in der ersten Hälfte des Jahres 2004 mit 5,3 % deutlich über dem Zinssatz für allgemeine Darlehen. Vom Monat September an galt für die Zusatzdarlehen der gleiche Zinssatz wie für allgemeine Darlehen. Infolge dieser Veränderung ergaben sich weitaus günstigere Bedingungen für Käufer mit geringem Vermögen und niedrigem Einkommen. Daher besteht unter den gegebenen Umständen kein Anlass, für diese Gruppe eine eigene Darlehenskategorie zur Verfügung zu stellen.“ (23)

Der Sozialminister machte von den Befugnissen Gebrauch, die ihm mit dem oben genannten Gesetz übertragen wurden. Die Obergrenze wurde auf 80 % gesenkt, dann wieder auf 90 % erhöht und abermals auf die derzeit gültigen 80 % gesenkt (24).

3.   GESETZLICHE GRUNDLAGEN FÜR DIE MUTMASSLICHEN STAATLICHEN BEIHILFEN NACH ISLÄNDISCHEM RECHT

In ihrer Entscheidung zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens nannte die Behörde die folgenden fünf mutmaßlichen staatlichen Beihilfemaßnahmen:

staatliche Bürgschaft;

Befreiung von der Einkommens- und Grundsteuer;

Zinsstützungen;

Befreiung von Dividendenzahlungen;

Befreiung des Wohnraumfinanzierungsfonds von den Eigenkapitalanforderungen und den Mindestanforderungen an die Solvabilitätsspanne.

3.1.   STAATLICHE BÜRGSCHAFT

Nach Artikel 4 des Wohnraumgesetzes Nr. 44/1998 und Artikel 2 des Vorläufergesetzes Nr. 97/1993 ist der Wohnraumfinanzierungsfonds eine öffentlich-rechtliche Einrichtung. Nach den ungeschriebenen allgemeinen Regeln des isländischen öffentlichen Rechts, das für sämtliche staatlichen Einrichtungen gilt, bürgt der Staat für alle Verbindlichkeiten des Fonds.

Dieser ungeschriebene Grundsatz des isländischen Rechts bestand bereits vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens. Die allgemeinen Anmerkungen zu der Vorlage, die als Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften (lög um ríkisábyrgðir) verabschiedet wurde, enthalten folgende Aussage: „Dies beruht auf der unzweideutigen Regel des isländischen Rechts, wonach der Staat für die Verbindlichkeiten seiner Einrichtungen und Unternehmen haftet, sofern diese Bürgschaft nicht durch eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung eingeschränkt wird […] oder sich die Haftbarkeit des Staates im Fall einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung auf seine Kapitaleinlage beschränkt“ (25). Die Bürgschaft gilt für sämtliche staatlichen Einrichtungen, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Gründung, von ihrer Tätigkeit oder von jeglicher Veränderung dieser Tätigkeit. Sie galt demnach auch für die ehemalige staatliche Wohnraumbehörde und für die drei weiteren Institutionen, die vor Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes in der Wohnraumfinanzierung tätig waren.

3.2.   BEFREIUNG VON DER EINKOMMENS- UND GRUNDSTEUER

Als zweite mögliche staatliche Beihilfemaßnahme nannte die Behörde in ihrer Entscheidung zur Verfahrenseinleitung die Befreiung des Wohnraumfinanzierungsfonds von der Einkommens- und Grundsteuer.

Das Schatzamt und sämtliche staatlichen Einrichtungen und Unternehmen, für die der Staat uneingeschränkt haftet, waren bereits lange vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens von Einkommens- und Grundsteuern freigestellt, vgl. das Einkommenssteuergesetz Nr. 90/2003 Artikel 4 Absatz 1. Diese allgemeine Steuerbefreiung gilt auch für den Wohnraumfinanzierungsfonds als staatliche Einrichtung.

Zur Zeit des Inkrafttretens des EWR-Abkommens war die rechtliche Grundlage für die Steuerbefreiung niedergelegt im Gesetz Nr. 75/1981 zur Einkommens- und Grundsteuer Artikel 4 Absatz 1. Das gegenwärtige Einkommenssteuergesetz ist eine konsolidierte Fassung des Gesetzes Nr. 75/1981 zur Einkommens- und Grundsteuer. Daher waren auch die dem Wohnraumfinanzierungsfonds vorangegangenen Einrichtungen von diesen Steuern befreit.

Die Grundsteuer wurde mit dem Gesetz Nr. 129/2004 generell abgeschafft und zum Jahresende 2005 das letzte Mal erhoben. Auch in der Zeit vor der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 129/2004 waren die oben genannten Einrichtungen nach dem Gesetz Nr. 90/2003 Artikel 4 Absatz 1 von der Grundsteuer ausgenommen. Daher waren auch die dem Wohnraumfinanzierungsfonds vorangegangenen Einrichtungen von diesen Steuern befreit.

3.3.   ZINSSTÜTZUNGEN

Als dritte mutmaßliche staatliche Beihilfemaßnahme nannte die Behörde in ihrer Entscheidung zur Einleitung eines Prüfverfahrens Zinsstützungen, die einer direkten Haushaltsbeihilfe an den HFF als Ausgleich für die unterhalb des Marktniveaus liegenden Darlehenszinsen für den Bau sozialer Mietwohnungen gleichkommen.

Darlehen für Mietsozialwohnungen waren nach dem oben angeführten Gesetz Nr. 97/1993 Artikel 50 eine der Darlehenskategorien des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer. Kapitel VIII des Wohnraumgesetzes enthält die aktuellen Vorschriften für Darlehen für Mietsozialwohnungen, die, wie oben erwähnt, im Wesentlichen den früheren Regelungen entsprechen. Daher wurden sowohl die staatliche Wohnraumbehörde vermittels des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer als auch der Wohnraumfinanzierungsfonds mit der Bereitstellung dieser Darlehenskategorie betraut.

Wie im Voranstehenden ausgeführt, stellten die Mittel zur Finanzierung des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer direkte Haushaltsbeihilfen nach Artikel 48 des Gesetzes Nr. 97/1993 dar. Diese Beihilfen deckten unter anderem die Betriebskosten des Fonds, die im Zusammenhang mit Mietsozialwohnungen anfielen. Gemäß Artikel 52 des Gesetzes wurde der Zinssatz für diese Darlehenskategorie jährlich vom Ministerium festgelegt.

Der provisorische Artikel IX des Wohnraumgesetzes in seiner 1998 verabschiedeten Fassung sah vor, dass nach Inkrafttreten des Gesetzes die Darlehen für Mietsozialwohnungen noch bis Ende des Jahres 2000 zu den damals gültigen Zinssätzen vergeben werden sollten.

Am 21. August 2001 einigten sich der Sozialminister und der Finanzminister auf eine Zinsbegünstigung für diese Darlehenskategorie, von der jährlich bis zu 400 Mietwohnungen profitieren sollten (26). Am 26. September 2005 schlossen die beiden Ministerien ein weiteres Abkommen, in dem der Haushaltsbeitrag zum Wohnraumfinanzierungsfonds in Anbetracht sinkender Zinsniveaus angepasst und der maximale Beitrag für jede Wohnung erhöht wurde. Diesen Vereinbarungen zufolge sollten die Verluste, die dem Wohnraumfinanzierungsfonds im Zusammenhang mit dieser Darlehenskategorie entstanden, in dem in den Vereinbarungen festgelegten Umfang aus staatlichen Haushaltsmitteln ausgeglichen werden.

3.4.   BEFREIUNG VON DIVIDENDENZAHLUNGEN

Als vierte mutmaßliche staatliche Beihilfemaßnahme nannte die Behörde in ihrer Entscheidung zur Verfahrenseinleitung die Befreiung des Wohnraumfinanzierungsfonds von Dividendenzahlungen an den Staat. Diese ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen des isländischen öffentlichen Rechts, wonach staatliche Einrichtungen, die nach Art des Wohnraumfinanzierungsfonds strukturiert sind, keine Dividenden abführen müssen (27). Dieser Grundsatz bestand bereits vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens, sodass sich die Vorgängereinrichtungen des Wohnraumfinanzierungsfonds in derselben rechtlichen Lage befanden.

Unter anderem bringt dieser allgemeine Grundsatz zum Ausdruck, dass diese Einrichtungen nicht gewinnorientiert wirtschaften, sondern Dienstleistungen erbringen, die nach Ansicht des Parlaments in den Aufgabenbereich des Staates fallen. Unter dem öffentlichen Recht Islands muss eine staatliche Einrichtung über eine gesetzliche Grundlage für ihre Dienstleistungen verfügen und darf lediglich kostendeckende Gebühren erheben (28). Wenn eine staatliche Einrichtung wie der Wohnraumfinanzierungsfonds gesetzlich befugt ist, über die Kostendeckung hinausgehende Gebühren zu erheben und wie nach Artikel 11 des Wohnraumgesetzes einen Ertrag auf ihre Eigenmittel zu erwirtschaften, dann muss eine eigene Rechtsgrundlage geschaffen werden, wenn die Einrichtung Dividenden an den isländischen Staat abführen soll.

Diese Auffassung isländischen Rechts wird durch den Brief der isländischen Regierung vom 15. April 2008 bestätigt, in dem es heißt: „Im Einklang mit dem Gesetz Nr. 88/1997 zur staatlichen Finanzberichterstattung müssen öffentliche Einrichtungen nur dann Gewinne erwirtschaften, wenn sie gesetzlich dazu verpflichtet sind. Außerdem erfordert die Abführung von Dividenden eine rechtliche Grundlage. Wenn eine öffentliche Einrichtung Gewinne abwirft, muss sie gemäß Gesetz Nr. 88/1997 Artikel 42 einen angemessen Anteil davon als Dividenden an das Schatzamt abführen. Öffentliche Einrichtungen, die wie beispielsweise der staatliche Energiekonzern Landsvirkjun Dividenden auszahlen, sind durch besondere rechtliche Bestimmungen dazu verpflichtet. Näheres hierzu regelt Artikel 4 des Gesetzes Nr. 42/1983 zum Landsvirkjun. Es besteht also keine allgemeine rechtliche Verpflichtung öffentlicher Einrichtungen zur Ausschüttung von Dividenden.“

Weder das Wohnraumgesetz Nr. 97/1993 noch eines seiner Vorläufergesetze enthielt irgendeine Verpflichtung des HFF zur Abführung von Dividenden. Daraus folgt, dass der HFF in dieser Hinsicht stets dem oben angeführten allgemeinen Grundsatz des isländischen öffentlichen Rechts unterlag.

3.5.   BEFREIUNG DES WOHNRAUMFINANZIERUNGSFONDS VON DEN EIGENKAPITALANFORDERUNGEN UND DEN MINDESTANFORDERUNGEN AN DIE SOLVABILITÄTSSPANNE

Die Rechtsakte, auf die in Kapitel II Anhang IX Punkt 14 des EWR-Abkommens Bezug genommen wird (Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute in ihrer geänderten Fassung, nachfolgend: „Bankenrichtlinie“) (29), enthält die Anforderungen an eine angemessene Eigenkapitalausstattung und den Solvabilitätskoeffizienten für die Kreditinstitute in sämtlichen Mitgliedstaaten der EU und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). In Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie sind diejenigen Institute aufgeführt, die von den Bestimmungen der Bankenrichtlinie ausgeschlossen sind. In der Entscheidung des Gemeinsamen EWR-Ausschusses wurde diese Liste unter anderem um die isländische Bezeichnung „Byggingarsjóðir ríkisins“ (wörtlich übersetzt: Wohnungsbaufonds des Staates (30) erweitert. Diese Bezeichnung umfasste den staatlichen Wohnungsbaufonds und den Wohnraumfonds für Arbeitnehmer, die, wie voranstehend beschrieben, nach Artikel 53 des Wohnraumgesetzes zusammengeführt und vom Wohnraumfinanzierungsfonds übernommen wurden. Entsprechend ist der HFF vom Gesetz über Finanzinstitute Nr. 161/2002 (lög um fjármálafyrirtæki), mit dem die Richtlinie in isländisches Recht umgesetzt wurde, gemäß Artikel 116 dieses Gesetzes ausgeschlossen.

4.   BEMERKUNGEN DER ISLÄNDISCHEN BEHÖRDEN

In ihren Schreiben vom 20. November 2006 und vom 15. April 2008 vertritt die isländische Regierung die Auffassung, dass das HFF-System als bestehende Beihilfe zu werten sei. Erstens hätten die wichtigsten Merkmale des Systems bereits vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens bestanden und seien durch die Verabschiedung des Wohnraumgesetzes nicht verändert worden. Die damals erfolgten Veränderungen des Wohnungswesens hätten ausschließlich den sozialen Wohnungsbau betroffen und seien nicht wesentlich gewesen. Zweitens handele es sich bei den im Beschluss der Behörde zur Einleitung eines Prüfverfahrens aufgeführten staatlichen Beihilfen um Maßnahmen allgemeinen Charakters, die durch das Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes nicht geändert wurden. Die implizite staatliche Bürgschaft beispielsweise sei vor und nach dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens identisch. In diesem Zusammenhang macht die isländische Regierung unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Namur geltend, dass die Einstufung der Beihilfe nur infolge wesentlicher gesetzlicher Änderungen geändert werden könne (31). Drittens sei mit der Verabschiedung des Wohnraumgesetzes 1999 keine Änderung erfolgt, in deren Folge die Vereinbarkeit des Systems mit den Regeln über staatliche Beihilfen einer Neubewertung unterzogen werden müsse. Viertens könnten in jedem Fall die Veränderungen im Sozialwohnungssystem, beispielsweise bei den so genannten Zusatzdarlehen, vom allgemeinen Kreditsystem getrennt werden.

5.   BEMERKUNGEN DRITTER

Die Icelandic Financial Services Association (SFF) macht geltend, dass das System infolge der mit dem Wohnraumgesetz erfolgten Änderungen als neue Beihilfe einzustufen sei, da das Wohnungssystem nicht bis zum heutigen Tag im Wesentlichen unverändert fortbestanden habe. In ihrem Schreiben vom 31. Januar 2007 führt die SFF unter anderem an:

die Einführung eines neuen Gesetzes, d.h. die Ablösung des Gesetzes über die staatliche Wohnraumbehörde durch das Wohnraumgesetz;

die Gründung eines neuen Rechtsträgers, des Wohnraumfinanzierungsfonds, der die Nachfolge des staatlichen Wohnraum-Verwaltungsrates/der staatlichen Wohnraumbehörde antrat und die Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des staatlichen Wohnungsbaufonds und des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer übernahm;

die Einführung neuer Kreditinstrumente, d.h. die Einführung von Barkrediten anstelle von Wohnungsanleihen und der Abbau sozialer Hilfen im Wohnungswesen, die Veränderung der Kreditobergrenze für den Wohnraumerwerb, die Aufhebung von Verkaufsbeschränkungen für vom Besitzer genutzte Sozialwohnungen, die Aufhebung des Prioritätsrechts und Änderungen im Hinblick auf den Kreis der Anspruchsberechtigten für Darlehen;

geänderte Finanzierungsquellen: Im Gegensatz zu seinen Vorgängern erhält der Wohnraumfinanzierungsfonds keine direkten staatlichen Zuwendungen.

In ihrem Schreiben vom 28. März 2008 macht die SFF geltend, dass eine juristische Prüfung nur dann relevant sei, wenn sie das HFF-System als Ganzes bewerte und nicht lediglich einzelne Maßnahmen daraufhin überprüfe, ob sie staatliche Beihilfen darstellten. Nach Einschätzung der SFF sind die einzelnen Bestandteile des Systems derart eng miteinander verwoben, dass ihre Aufspaltung in Einzelmaßnahmen für die Beurteilung, ob es sich um neue oder bestehende Beihilfen handele, weder gerechtfertigt noch sachgerecht sei. Eine solche Herangehensweise widerspricht nach Ansicht der SFF der Praxis der Europäischen Kommission in ähnlich gelagerten Fällen. Abschließend fordert die SFF die Behörde auf, zu berücksichtigen, wie sich der Umfang der Darlehensvergabe und der Marktanteil des HFF im Vergleich zu privaten Kreditinstituten tatsächlich entwickelt habe.

II.   WÜRDIGUNG

1.   DIE BEFREIUNG DES WOHNRAUMFINANZIERUNGSFONDS VON DEN EIGENKAPITALFORDERUNGEN UND DEN MINDESTANFORDERUNGEN AN DIE SOLVABILITÄTSSPANNE STELLT KEINE STAATLICHE BEIHILFE DAR

Die Behörde hielt es für angemessen, zu Beginn des Prüfverfahrens zu beurteilen, ob die Befreiung des HFF von den Eigenkapitalanforderungen und den Mindestanforderungen an die Solvabilitätsspanne eine staatliche Beihilfe darstellt.

Wie im Voranstehenden erwähnt, regelt die Bankenrichtlinie die Anforderungen an eine angemessene Eigenkapitalausstattung und den Solvabilitätskoeffizienten für die Kreditinstitute in sämtlichen Mitgliedstaaten des EWR. In ihrer Entscheidung zur Verfahrenseinleitung ging die Behörde zunächst davon aus, dass der Ausschluss des HFF aus dem Geltungsbereich der Bankenrichtlinie keine staatliche Beihilfe darstellt. Diese Einschätzung war jedoch mit erheblichen Zweifeln behaftet, sodass sie im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens untersucht werden sollte. Das Ergebnis dieser Untersuchung veranlasst die Behörde, ihre vorläufige Einschätzung aus folgenden Erwägungen zu bekräftigen:

Erstens stellt der HFF, wie bereits im Beschluss zur Verfahrenseinleitung erwähnt, kein von der Bankenrichtlinie erfasstes Kreditinstitut dar, weil ihm nicht gestattet ist, die Tätigkeit der Entgegennahme von Einlagen oder anderen rückzahlbaren Geldern des Publikums gewerbsmäßig zu betreiben.

Zweitens sind in Artikel 2 Absatz 3 der Bankenrichtlinie diejenigen Institute aufgeführt, die von ihren Bestimmungen ausgeschlossen sind. In der Entscheidung des Gemeinsamen EWR-Ausschusses wurden die „Byggingarsjóðir ríkisins“ in diese Liste aufgenommen. Diese Bezeichnung wurde seit jeher für die Fonds verwendet, die vom HFF übernommen wurden. Unabhängig davon, ob diese Bestimmung konstitutiv wirkt oder lediglich wiederholt, was bereits aus den gängigen Regeln der Richtlinie folgt, ist der HFF laut dem Wortlaut der für den EWR angepassten Bankenrichtlinie von deren Geltungsbereich ausgeschlossen und unterliegt nicht den darin niedergelegten Mindestanforderungen an Eigenkapitalausstattung und Solvabilitätskoeffizienten. Selbst wenn der Ausschluss aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie dem HFF einen Vorteil verschaffen würde, wäre diese Maßnahme nicht dem isländischen Staat, sondern dem Gemeinsamen EWR-Ausschuss anzulasten und würde daher keine staatliche Beihilfe darstellen (32).

Drittens: Selbst wenn der HFF in den Geltungsbereich der Bankenrichtlinie gefallen wäre, wäre seine Ausnahme nicht mit einem Transfer staatlicher Mittel verbunden gewesen, da dem Staat in diesem Falle keine Einnahmen entgangen wären.

2.   ERWÄGUNGEN ZU DEN MUTMASSLICHEN BEIHILFEN STAATLICHE BÜRGSCHAFT, ZINSSTÜTZUNGEN, BEFREIUNG VON DER EINKOMMENS- UND GRUNDSTEUER SOWIE BEFREIUNG VON DIVIDENDENZAHLUNGEN

2.1.   VERSCHIEDENE VERFAHREN FÜR NEUE UND BESTEHENDE BEIHILFEN

Das Verfahren für neue Beihilfen ist niedergelegt in Teil I Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen (entspricht Artikel 88 Absatz 3 des EG-Vertrags). Wenn die Behörde Zweifel an der Zulässigkeit einer Beihilfe hat, eröffnet sie ein förmliches Prüfverfahren gemäß Teil I Artikel 1 Absatz 2 (entspricht Artikel 88 Absatz 2 des EG-Vertrags) und gemäß Teil II Abschnitt II Artikel 4 Absatz 4 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen zwischen den EFTA-Staaten.

Das Verfahren für bestehende Beihilfen, das sich von demjenigen für neue Beihilfen unterscheidet, ist in Teil I Artikel 1 Absatz 1 des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen niedergelegt. Dieser Bestimmung zufolge überwacht die Behörde auf kontinuierlicher Grundlage sämtliche Beihilfesysteme in den beteiligten Staaten. Sie schlägt ihnen Maßnahmen vor, die im Interesse der Weiterentwicklung oder Wirksamkeit des EWR-Abkommens angezeigt sind.

Der Europäische Gerichtshof hält dazu fest:

„Die Kommission ist bei der Prüfung von Beihilfemaßnahmen anhand von Artikel 87 EG zwecks Feststellung, ob diese mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind, gehalten, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten, wenn sie nach der Vorprüfungsphase nicht alle Schwierigkeiten hat ausräumen können, die der Annahme der Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt entgegenstehen. Natürlich müssen diese Grundsätze ebenso Anwendung finden, wenn die Kommission auch noch Zweifel an der Einstufung der geprüften Maßnahme als Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG an und für sich hat. […] Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, dieses Verfahren eröffnet zu haben, obwohl sie in der diesbezüglichen Entscheidung Zweifel am Beihilfecharakter der fraglichen Maßnahmen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zum Ausdruck bringt.

[…] In einem solchen Fall muss die Kommission die Frage auf der Grundlage der ihr in diesem Stadium von dem Mitgliedstaat übermittelten Informationen ausreichend prüfen, auch wenn diese Prüfung zu einer nicht endgültigen Einstufung der geprüften Maßnahmen führt. […] Wenn diese Gesichtspunkte im Rahmen einer vorläufigen Prüfung die Annahme zulassen, dass die streitigen Maßnahmen wahrscheinlich tatsächlich bestehende Beihilfen darstellen, muss die Kommission sie daher in dem prozeduralen Rahmen der Absätze 1 und 2 des Artikels 88 EG behandeln. Erlauben die von dem Mitgliedstaat übermittelten Informationen dagegen nicht diese vorläufige Schlussfolgerung oder übermittelt der Mitgliedstaat insoweit keine Informationen, muss die Kommission diese Maßnahmen in dem prozeduralen Rahmen der Absätze 3 und 2 dieses Artikels behandeln.“ (33)

Mit anderen Worten: Jegliche in einem Beschluss zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens enthaltene Einstufung einer möglichen Beihilfemaßnahme als neu oder bestehend kann nur vorläufiger Natur sein. Aus der Rechtsprechung ergibt sich folglich, dass die Behörde auch dann, wenn sie im Beschluss zur Verfahrenseinleitung die fragliche Maßnahme zunächst als neue Beihilfe einstufte, in der Entscheidung zum Abschluss des Verfahrens zu dem Schluss kommen kann, dass die Maßnahme als bestehende Beihilfe oder sogar nicht als Beihilfe zu werten ist. Im Falle bestehender Beihilfen muss die Behörde das entsprechende Verfahren einhalten (34). Sie muss also das förmliche Prüfverfahren einstellen und das anders beschaffene Verfahren für bestehende Beihilfen einleiten, das in den Artikeln 17 bis 19 von Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen niedergelegt ist (35). Gemäß letzterem Verfahren, und nur gemäß diesem, muss die Behörde dann die Vereinbarkeit einer bestehenden Beihilfe mit dem EWR-Abkommen prüfen.

Da die Informationen, die der Behörde zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens vorgelegt wurden, nicht die vorläufige Schlussfolgerung rechtfertigten, dass die Beihilfe als bestehend einzustufen war, bearbeitete die Behörde diese Maßnahmen gemäß den Verfahrensvorgaben für neue Beihilfen. Da diese ursprüngliche Einstufung jedoch von der isländischen Regierung angefochten wurde, wird die Behörde sie anhand der Unterlagen, die mittlerweile von der Regierung und der SFF eingereicht wurden, einer Neubewertung unterziehen.

Wie angekündigt wird die Behörde das Bestehen und die Zulässigkeit neuer Beihilfemaßnahmen im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens beurteilen. Falls die fraglichen Maßnahmen allerdings keine neuen Beihilfen darstellen, kann die Behörde im Rahmen des laufenden Verfahrens keine verbindliche Aussage darüber treffen, ob sie stattdessen als bestehende Beihilfen gemäß Artikel 61 Absatz 1 des EWR-Abkommens zu werten sind. Genauso wenig kann die Behörde eine verbindliche Aussage darüber treffen, ob solche gegebenenfalls bestehenden Beihilfen mit dem Abkommen vereinbar sind. Vor der Entscheidung, ob es sich um neue oder bestehende Beihilfen handelt, geht die Behörde im Folgenden von der Annahme aus, dass die folgenden Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen: staatliche Bürgschaft, Steuerbefreiung, Zinsstützungen und Freistellung von Dividendenzahlungen.

2.2.   RECHTLICHE PRÜFUNG

Laut Artikel 4 des Beschlusses der Behörde Nr. 195/04/KOL gilt als Umgestaltung einer bestehenden Beihilfe jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann. In Bezug auf die rechtliche Bewertung einer Beihilfe als neu oder bestehend führte der Gerichtshof im Urteil zur Rechtssache Namur-Les Assurances du Crédit aus:

„Ergibt sich die Beihilfe aus früheren, nicht geänderten Rechtsvorschriften, so kann […] die Frage, ob eine neue Beihilfe oder die Umgestaltung einer bestehenden Beihilfe vorliegt, nicht danach beurteilt werden, welche Bedeutung die Beihilfe für das Unternehmen im Lauf des Bestehens jeweils hatte und wie hoch sie insbesondere jeweils war. Maßstab für die Einstufung einer Beihilfe als neue oder umgestaltete Beihilfe sind die Bestimmungen, in denen sie vorgesehen ist, sowie die dort vorgesehenen Modalitäten und Beschränkungen.

Durch die am 1. Februar 1989 in Kraft getretene Entscheidung wurden die Rechtsvorschriften, mit denen dem OND die genannten Vorteile eingeräumt worden waren, nicht geändert, weder was die Natur dieser Vorteile noch was die Tätigkeiten der öffentlichen Einrichtung betrifft, für die sie galten, denn das Gesetz vom 31. August 1939 hatte dieser Einrichtung einen sehr allgemeinen Auftrag zur Verminderung der Risiken von Ausfuhrkrediten zugewiesen. Diese Entscheidung berührt also die durch diese Rechtsvorschriften eingeführte Beihilferegelung nicht.“ (36)

Im Folgenden begründet der Gerichtshof, weshalb eine faktische Ausweitung der Unternehmenstätigkeit keinen hinreichenden Grund darstellt, die Einstufung einer Beihilfemaßnahme zu ändern:

„Bei Annahme des Gegenteils müsste der betreffende Staat der Kommission nämlich nicht nur die neuen Beihilfen und die Umgestaltungen von Beihilfen im eigentlichen Sinne, die einem Unternehmen, das Nutznießer einer bestehenden Beihilferegelung ist, gewährt werden, anzeigen und der präventiven Kontrolle durch die Kommission unterstellen, sondern alle Maßnahmen, die die Tätigkeit dieses Unternehmens betreffen und sich auf das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, auf den Wettbewerb oder auch nur für einen bestimmten Zeitraum auf die tatsächliche Höhe von Beihilfen auswirken können, die im Grundsatz bestehen, deren Höhe aber notwendig vom Umsatz des Unternehmens abhängt.

Letztlich könnte so im Fall eines öffentlichen Unternehmens wie des OND jeder neue Versicherungsvorgang, der nach den Erläuterungen des Vertreters der belgischen Regierung in der mündlichen Verhandlung den Aufsichtsbehörden vorzulegen ist, als eine Maßnahme angesehen werden, die unter das Verfahren des Artikels 93 Absatz 3 EWG-Vertrag fällt.

Eine solche Auslegung, die weder dem Wortlaut noch dem Zweck dieser Bestimmung, noch der in ihr vorgenommenen Aufteilung der Aufgaben zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten entspricht, wäre ein Faktor der Rechtsunsicherheit für die Unternehmen und für die Mitgliedstaaten, die so Maßnahmen ganz unterschiedlicher Art zunächst anzeigen müssten und nicht durchführen könnten, obwohl sie kaum als neue Beihilfen eingeordnet werden könnten. […]“ (37).

In Bezug auf Regierung von Gibraltar/Kommission entschied das Gericht erster Instanz:

„Daher wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung [des nationalen Rechts] nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Um eine derartige wesentliche Änderung kann es sich jedoch nicht handeln, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt.“ (38)

Um zu beurteilen, ob eine Änderung eine bislang bestehende Beihilfe in eine neue Beihilfe verwandelt, prüft die Kommission, ob sie deren Kern betrifft (39). In diesem Zusammenhang berücksichtigt die Kommission die Art des Vorteils, den Zweck des Vorteils, die Grundlage, auf der er gewährt wird, die davon begünstigten Personen und Einrichtungen sowie die relevanten Finanzierungsquellen. Veränderungen der rechtlichen Gegebenheiten, die nicht Bestandteil der fraglichen Beihilfemaßnahme sind, sind nicht Untersuchungsgegenstand der Kommission.

Von diesem Ansatz aus untersucht die Kommission bei Einzelmaßnahmen die Umstände, die untrennbar mit der betreffenden Beihilfemaßnahme zusammenhängen, beispielweise bei den Gebühren für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten die Verwendungsumstände dieser Gebühren (40).

Manche Beihilfen werden nicht für ein bestimmtes Vorhaben, sondern aufgrund einer Beihilferegelung gewährt — so kommen beispielsweise manche Unternehmen einfach deshalb in den Genuss einer staatlichen Bürgschaft, weil sie Bestandteil der staatlichen Strukturen sind –; in diesen Fällen untersucht die Kommission, ob die Beihilfemaßnahme (die Regelung, die eine staatliche Bürgschaft für alle diese Unternehmen vorsieht) als solche im Kern geändert wurde. Da unter den im Voranstehenden beschriebenen Voraussetzungen die Bestimmungen, die für die Begünstigten im Einzelnen gelten, nicht der Beihilfe als solcher zuzurechnen sind, untersucht die Kommission nicht die besonderen Regelungen für die Tätigkeit jedes einzelnen Begünstigten. Mit anderen Worten: Die Kommission ist nicht der Auffassung, dass Änderungen der Vorgaben für einzelne Begünstigte eine Beihilferegelung zu einer neuen Beihilfe werden lassen, sei es in Bezug auf die Regelung als Ganze oder in Bezug auf das rechtlichen Neuregelungen unterliegende Einzelunternehmen (41). Denn eine solche Auffassung würde voraussetzen, dass die Beihilferegelung nur für einen Teil der Begünstigten aus einer bestehenden in eine neue Beihilfe umgewandelt worden wäre, weil sich die rechtlichen Vorgaben nur für diesen Teil geändert hätten. Ein solcher Befund wäre nicht damit vereinbar, dass die betreffende Beihilfe eine Einzelmaßnahme darstellt.

Bevor also geprüft wird, welche gesetzlichen Änderungen für die Einstufung einer Beihilfe als neu oder bestehend relevant sind, muss zunächst ermittelt werden, ob die Bestimmungen für einen Begünstigten oder für mehrere Begünstigte der Beihilfe zuzurechnen sind oder nicht. Erhalten die betreffenden Unternehmen ferner Beihilfen aus mehreren Maßnahmen, die unterschiedlichen Zwecken dienen und auf unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen basieren, zu verschiedenen Zeiten eingeführt wurden und zum Teil als Einzelbeihilfen, zum Teil als allgemeine Beihilferegelung konzipiert sind, dann sollten die unterschiedlichen Beihilfemaßnahmen einzeln bewertet und nicht lediglich deshalb in einer Gesamtbewertung zusammengefasst werden, weil sie insgesamt oder teilweise dieselben Unternehmen begünstigen (42).

2.3.   EINSTUFUNG DER VERSCHIEDENEN BEIHILFEMASSNAHMEN ALS NEUE ODER BESTEHENDE BEIHILFEN

2.3.1.    Staatliche Bürgschaft

Die staatliche Bürgschaft für die Verbindlichkeiten sämtlicher öffentlicher Einrichtungen ergibt sich aus den allgemeinen ungeschriebenen Regeln des isländischen öffentlichen Rechts, die dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens vorausgehen. Die Bürgschaft gilt für sämtliche staatlichen Einrichtungen, unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Gründung, von ihrer Tätigkeit und von jeglicher Veränderung dieser Tätigkeit. Diese mutmaßliche Beihilfe ist als Beihilferegelung im Sinne der Definition von Teil II Artikel 1 Buchstabe d des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommens zu werten. Unter der erneuten Annahme, dass es sich um eine Beihilfe handelt, muss diese Regelung gemäß Artikel 1 Absatz b von Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen zunächst als bestehende Beihilfe eingestuft werden, da sie dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens voranging.

Seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens wurden Umfang und Funktion der Bürgschaft als solcher weder im Kern noch anderweitig verändert. Mit dem nachfolgend geänderten Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften wurde eine geringfügige Bürgschaftsprämie zum Zinssatz von 0,00625 % pro Quartal (0,00375 % pro Quartal für inländische Verpflichtungen bis 2001) eingeführt. Diese Prämie bedingt jedoch eine Absenkung der Beihilfe gegenüber der ursprünglichen Bürgschaftsregelung, die dem EWR-Abkommen vorausging. Aus diesem Grund kann das ursprüngliche Programm unabhängig von jeglichen Vorteilen, die mit ihm verbunden sein mögen, nicht als neue Beihilfe eingestuft werden (43).

Darüber hinaus lässt keine der im voranstehenden Abschnitt I.2 beschriebenen Veränderungen der Tätigkeit des HFF auf eine solche Änderung schließen. Die Art des Vorteils blieb ebenso wie die rechtliche Grundlage der Beihilfe vollkommen unverändert. Außerdem wurde der Zweck dieser nicht als Einzelmaßnahme zu wertenden Beihilfe, die sich weit über die Besonderheiten des Eigenheimkreditsystems hinaus auf sämtliche staatlichen Einrichtungen erstreckt, durch die mit dem Wohnraumgesetz herbeigeführte Änderung des Eigenheimkreditsystems nicht geändert (44). Mit anderen Worten, die betreffenden gesetzlichen Änderungen konnten nicht nur von dieser fraglichen Beihilfemaßnahme getrennt werden, sondern standen von vornherein nicht mit ihr in Verbindung. Das Bürgschaftssystem ist daher keine neue Beihilfe, die Gegenstand des laufenden förmlichen Prüfverfahrens sein könnte.

2.3.2.    Befreiung von der Einkommens- und Grundsteuer

Das Schatzamt sowie sämtliche staatlichen Einrichtungen und Unternehmen, für die der Staat uneingeschränkt haftet, waren bereits lange vor Inkrafttreten des EWR-Abkommens von Einkommens- und Grundsteuern freigestellt.

Die Ausnahme von der Einkommenssteuer basiert auf Artikel 4 Absatz 1 des Einkommenssteuergesetzes Nr. 90/2003, das eine konsolidierte Fassung des Gesetzes Nr. 75/1981 zur Einkommens- und Grundsteuer darstellt. Wenn die Steuerbefreiung vorläufig als Beihilfe gewertet wird, dann ist sie zunächst als allgemeine Regelung im Sinne der Definition von Teil II Artikel 1 Buchstabe d des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommens einzustufen. Seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens wurden Umfang, Finanzierung und Funktion dieser Regelung weder im Kern noch anderweitig verändert. Diese allgemeinen steuerlichen Bestimmungen haben sich infolge der Änderungen des Eigenheimkreditsystems in keiner Weise geändert, sei es im Hinblick auf den HFF oder andere Begünstigte der Freistellung. Darüber hinaus hatten die Änderungen des Eigenheimkreditsystems keinerlei Folge- oder Fernwirkungen auf diese Regelung. Das Wohnraumgesetz änderte nichts an Zweck und Art der Steuerbefreiung. Auch die Finanzierungsquelle und die rechtliche Grundlage für die Steuerbefreiung blieben unverändert bestehen. Die Steuerbefreiung ist daher nicht als neue Beihilfe zu werten, die Gegenstand des laufenden förmlichen Prüfverfahrens sein könnte.

Auch in der Zeit vor der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 129/2004 zur Abschaffung der Grundsteuer waren die oben genannten Einrichtungen nach dem Gesetz Nr. 90/2003 Artikel 4 Absatz 1 von dieser Steuer ausgenommen. Auch im Hinblick auf die Grundsteuer bekräftigte dieses Gesetz lediglich die Regelungen, die bereits im oben angeführten Gesetz Nr. 75/1981 zur Einkommens- und Grundsteuer niedergelegt waren. Die Grundsteuer wurde mittlerweile gänzlich abgeschafft. Bis zu ihrer Abschaffung im Jahr 2004 sind die Ausnahmeregelungen für diese Einrichtungen, sofern sie eine Beihilfe darstellten, als Regelung im Sinne der Definition von Teil II Artikel 1 Buchstabe d des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommens zu werten. Im der Zeitspanne zwischen dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens und der allgemeinen Abschaffung der Grundsteuer wurden Umfang, Finanzierung und Funktion der Steuerbefreiung weder im Kern noch anderweitig geändert, und die Änderungen des Eigenheimkreditsystems hatten keine Auswirkungen auf Art, Zweck, Funktionsweise oder Finanzierung der Steuerbefreiung. Die Steuerbefreiung ist daher keine neue Beihilfe, die Gegenstand des laufenden förmlichen Prüfverfahrens sein könnte.

2.3.3.    Zinsstützungen

Wie im Voranstehenden erläutert, vergab der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer zu niedrigen, staatlich festgelegten Zinssätzen Darlehen für Sozialmietwohnungen. Der Fonds erhielt unter anderem direkte Haushaltsbeihilfen, um seine Ausgaben für diese Darlehen zu decken. Da der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer eine öffentliche Einrichtung darstellte, haftete der isländische Staat für Verluste im Zusammenhang mit dieser Darlehenskategorie, wenn die direkten Beiträge nicht ausreichten, um die Verluste des Fonds zu decken.

Die Darlehenskategorie für Sozialmietwohnungen blieb durch das Wohnraumgesetz weitgehend unverändert bestehen; die entsprechenden Darlehen wurden fortan vom HFF gewährt, und zwar zunächst zu den gleichen Zinssätzen wie zuvor, vgl. den provisorischen Artikel IX des Gesetzes. Dieser Artikel sieht ferner vor, dass Verluste des HFF aus dem Staatshaushalt ausgeglichen werden. Diese Angelegenheiten wurden anschließend durch Vereinbarungen zwischen dem Sozialminister und dem Finanzminister geregelt, vgl. den voranstehenden Abschnitt I.3.3.

Ferner ist die Kommission stets so verfahren, dass Änderungen der Rechtsform auf Seiten der Einrichtungen infolge von Zusammenschlüssen, Aufspaltungen oder sonstigen Schritten keinen Einfluss auf die Einstufung der Beihilfe hatten. Dies gilt für Veränderungen der Rechtsform sowohl auf dem Wege des Privatrechts als auch durch gesetzliche oder andere Maßnahmen von Seiten des Staates (45). Der Übergang von den vier öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, die unter dem Gesetz Nr. 97/1993 tätig waren, zum Wohnraumgesetz hat daher keinerlei Einfluss auf die Vereinbarkeitsbeurteilung der betreffenden Beihilfen. Bekanntlich übernahm der HFF sämtliche Vermögenswerte, Rechte und Verpflichtungen seiner Vorgänger, was beweist, dass die Reform auf die Aufrechterhaltung der Kontinuität dieser Einrichtungen abzielte (46).

Folglich hatten sowohl der Wohnraumfonds für Arbeitnehmer als auch der HFF die Aufgabe, Sozialdarlehen für Mietwohnungen zu einem staatlich festgelegten Zinssatz zur Verfügung zu stellen, für dessen Stützung Haushaltsmittel bereitgestellt wurden, da er zu niedrig war, um die Darlehenskosten zu decken. Der Unterschied zwischen dem HFF und dem Wohnraumfonds für Arbeitnehmer besteht darin, dass Ersterer nur für diese besondere Darlehenskategorie Haushaltsmittel erhält, während Letzterer für sämtliche Sozialdarlehen Beihilfen aus dem Haushalt bezog. Dieser Unterschied ergibt sich daraus, dass die sonstigen Sozialdarlehenskategorien des Wohnraumfonds für Arbeitnehmer mit dem Wohnraumgesetz abgeschafft wurden und dass die Zusatzdarlehen als wichtigste Sozialdarlehenskategorie des Wohnraumgesetzes in seiner ursprünglichen Fassung nicht durch Haushaltsbeiträge an den HFF finanziert wurden.

Die durch das Wohnraumgesetz bedingten Veränderungen betrafen folglich nicht die Aufgabe, Darlehen für staatliche Mietwohnungen zu vergeben, mit anderen Worten: Der Zweck der Beihilfe blieb unverändert bestehen (47). Der Grund, weshalb der Haushaltsbeitrag nunmehr ausschließlich für diese Darlehen gewährt wird, liegt in der Abschaffung direkter staatlicher Beiträge für sonstige Sozialdarlehen. Die Abschaffung direkter staatlicher Beiträge für bestimmte Tätigkeiten stellt keine Änderung der Finanzierung anderer Maßnahmen dar. Folglich hat eine solche Abschaffung keine Auswirkung auf die Einstufung der verbleibenden Maßnahmen. Vielmehr stellt sie die Abschaffung einer gesonderten Unterstützungsmaßnahme dar (48).

Die Icelandic Financial Services Association (SFF) verweist auf diverse Änderungen, die durch das Wohnraumgesetz bedingt wurden, und vertritt den Standpunkt, dass aufgrund dieser Änderungen die Beihilfe für den HFF als neue Beihilfe eingestuft werden sollte. Unabhängig von ihrer Beschaffenheit waren diese Veränderungen für die fragliche Beihilfemaßnahme nicht von Belang, denn diese bezieht sich nur auf Verluste, die dem Fonds im Zusammenhang mit Darlehen für Sozialmietwohnungen entstehen. Die Anhebung der Obergrenze für allgemeine Darlehen stand mit dieser Darlehenskategorie in keinem Zusammenhang. Auch die durch das Gesetz Nr. 57/2004 herbeigeführten Änderungen, die zur Ablösung der Wohnungsanleihen durch Barkredite führten, betrafen nicht diese Darlehenskategorie. Die im Gesetz Nr. 97/1993 Artikel 11 niedergelegte Anforderung, wonach Darlehen durch eine erst- oder zweitrangig eingetragene Hypothek besichert werden mussten, traf auf diese Darlehenskategorie nicht zu, sondern galt nur für bestimmte Darlehen des staatlichen Wohnungsbaufonds. Die Tatsache, dass diese Anforderung nicht in das Wohnraumgesetz übernommen wurde, ist daher für diese Darlehenskategorie ohne Belang.

Abschließend kommt die Behörde zu dem Befund, dass der durch die Zinsstützungen bedingte Vorteil keine neue Beihilfe darstellt, die Gegenstand des laufenden förmlichen Prüfverfahrens sein könnte.

2.3.4.    Befreiung von Dividendenzahlungen

Wie im voranstehenden Abschnitt 3.4 ausgeführt, sehen die allgemeinen Grundsätze des isländischen öffentlichen Rechts vor, dass staatliche Einrichtungen wie der HFF keine Dividenden auszahlen müssen. Dieser Grundsatz ging dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens voraus und gilt für staatliche Einrichtungen unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Gründung, von ihrer Tätigkeit und von jeglicher Änderung dieser Tätigkeit. Seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens wurde dieser allgemeine Grundsatz weder im Kern noch anderweitig verändert. Darüber hinaus wurde weder mit dem Wohnraumgesetz noch mit dessen Vorgängergesetzen jemals gegen diesen Grundsatz verstoßen, indem der HFF rechtlich zur Dividendenausschüttung verpflichtet worden wäre. Die Art des Vorteils und der staatlichen Hilfen, die mit der Freistellung von Dividendenzahlungen verbunden sind, änderte sich also infolge des Wohnraumgesetzes oder dessen Änderungen nicht. Außerdem wurde der Zweck dieses Grundsatzes, der sich weit über die Besonderheiten des Eigenheimkreditsystems hinaus auf sämtliche staatlichen Einrichtungen erstreckt, durch die Umgestaltungen des Eigenheimkreditsystems nicht geändert. Mit anderen Worten, die betreffenden gesetzlichen Änderungen konnten nicht nur von dieser fraglichen Beihilfemaßnahme getrennt werden, sondern standen von vornherein nicht mit ihr in Verbindung. Insofern die Befreiung von der Dividendenausschüttung als Beihilfe eingestuft werden muss, ist sie zunächst als Beihilferegelung im Sinne der Definition von Teil II Artikel 1 Buchstabe d des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommens zu werten. Darüber hinaus würde die Regelung gemäß Artikel 1 Absatz b von Teil II des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen zunächst als bestehende Beihilfe eingestuft werden, da sie dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens voranging.

Nur wenn sich herausstellen würde, dass die Freistellung von der Dividendenausschüttung nicht aus allgemeinen Grundsätzen des isländischen öffentlichen Rechts, sondern aus dem Wohnraumgesetz und dessen Vorgängern abgeleitet ist, könnten die Tätigkeitsvoraussetzungen der diversen Einrichtungen im Wohnungswesen im Rahmen einer Vereinbarkeitsbeurteilung für neue Beihilfen geprüft werden. Nur unter diesen hypothetischen Voraussetzungen könnten Änderungen des Wohnraumfinanzierungssystems, die nach dem 1. Januar 1994 in Kraft getreten sind, dazu führen, dass die mit der Nichtzahlung von Dividenden verbundene Beihilfe als neue Beihilfe einzustufen wäre.

2.4.   SCHLUSSFOLGERUNG IN BEZUG AUF DIE EINSTUFUNG DER VIER MUTMASSLICHEN STAATLICHEN BEIHILFEMASSNAHMEN ALS NEU ODER BESTEHEND

Auf der Grundlage der voranstehenden Beurteilung gelangt die Behörde zu der Schlussfolgerung, dass die im Eröffnungsbeschluss aufgeführten Maßnahmen staatliche Bürgschaft, Zinsstützungen, Steuerbefreiung und Befreiung von Dividendenzahlungen keine neuen Beihilfemaßnahmen darstellen, die im Rahmen des gegenwärtigen förmlichen Prüfverfahrens beurteilt werden könnten.

Daher schließt die Behörde das förmliche Prüfverfahren ab und eröffnet ein Verfahren nach Teil 1 Artikel 1 Absatz 1 und Teil II Abschnitt V des Protokolls 3 zum Überwachungs- und Gerichtshofabkommen, das sich auf bestehende Beihilfen bezieht.

Im Interesse der Vollständigkeit sei ergänzt, dass die Behörde selbst dann, wenn sie der Auffassung des SFF folgend das Wohnraumgesetz und dessen anschließende Änderungen als relevant für die oben angeführten fraglichen Beihilfemaßnahmen bewertet hätte, zu der Schlussfolgerung gelangt wäre, dass die konkreten Veränderungen des Wohnraumfinanzierungssystems nicht geeignet sind, die Einstufung der Beihilfen von „bestehend“ auf „neu“ zu ändern.

Erstens: Die bloße Tatsache, dass Island ein neues Gesetz in Kraft gesetzt hat, anstatt ein bestehendes Gesetz zu ändern, rechtfertigt noch keine Neueinstufung einer bis dahin bestehenden Beihilfemaßnahme (49). Maßgeblich ist ausschließlich, ob das neue Gesetz die betreffenden Beihilfemaßnahmen im Kern so geändert hat, dass deren Vereinbarkeitsbeurteilung betroffen wäre. In dieser Hinsicht misst die Behörde der Tatsache erhebliche Bedeutung bei, dass das Wohnraumgesetz in allen wesentlichen Merkmalen eine Fortsetzung des vorangegangenen Systems darstellt und dasselbe Ziel verfolgt, nämlich die Versorgung aller Einwohner Islands mit erschwinglichem Wohnraum. Wie in Abschnitt 2.2.3.1 aufgezeigt, dient das Wohnraumgesetz demselben Zweck, der auch im Gesetz Nr. 97/1993 beschrieben ist.

Zweitens: Wie im Voranstehenden aufgezeigt, ist die Kommission stets so verfahren, dass eine Änderung des Rechtsstatus auf Seiten des Beihilfeempfängers für die Einstufung der Beihilfe nicht von Belang ist.

Drittens: Die derzeitige Finanzierung der mutmaßlichen Beihilfemaßnahmen zugunsten des HFF wurde durch das Inkrafttreten des Wohnraumgesetzes und dessen Änderungen nicht geändert.

Viertens: Das Wohnraumgesetz änderte nichts an der Vergabe der Wohnungsanleihen als wichtigster Darlehenskategorie. Im Rahmen der Reform des sozialen Wohnungsbaus unter dem Wohnraumgesetz wurde mit den so genannten Zusatzdarlehen eine neue Darlehenskategorie geschaffen. In der Praxis ersetzte diese Darlehenskategorie die Sozialdarlehen der Kategorien, die unter dem Gesetz Nr. 97/1993 gewährt wurden. Wie in Abschnitt I.2.2.2.3.3 dargelegt, waren die prozentuale Obergrenze und die Berechtigungskriterien für diese Darlehensarten nahezu identisch. Die Regeln für diese Darlehensarten unterschieden sich also in erster Linie darin, dass die entsprechenden Wohnungen unter dem Wohnraumgesetz unter bestimmten Bedingungen auf dem allgemeinen Markt zum Marktpreis veräußert werden konnten. Nach Einschätzung der Behörde führten diese gesetzlichen Änderungen weder zu einer realen Veränderung des Kreises der Anspruchsberechtigten, noch erweiterten sie den Tätigkeitsbereich des HFF auf diesem Gebiet im Vergleich zu seinen Vorgängern. Auch die im vorstehenden Abschnitt I.2.2.3.3.3 beschriebene Abschaffung bestimmter Kategorien von Sozialdarlehen begründet keine Einstufung einer Beihilferegelung als neue Beihilfe. Solche Veränderungen könnten höchstens als Abschaffung einer Beihilfe gewertet werden.

Fünftens: Die Behörde kann sich der Argumentation der SFF, das Wohnraumgesetz habe die Möglichkeiten des HFF zur Darlehensvergabe an Mietwohnungen errichtende Bauunternehmen erheblich erweitert, nicht anschließen (50). Wie im vorstehenden Abschnitt I.2.2.3.3.2 beschrieben, konnten Darlehen nach dem Wohnungsanleihensystem sowohl unter den Bestimmungen, die aus dem Wohnraumgesetz folgten, als auch unter denjenigen seiner Vorgänger an Wohnungsbauunternehmen vergeben werden.

Sechstens: Wie im Voranstehenden beschrieben, wurde das Wohnungsanleihensystem durch das Gesetz Nr. 57/2004 abgeschafft und durch direkte Barkredite des HFF ersetzt. Die SFF vertrat die Ansicht, dass diese Veränderung eine Einstufung als neue Beihilfe bedingen müsse. Das Gesetz veränderte jedoch weder den Kreis der potenziellen Empfänger noch Zweck oder Finanzierung möglicher Beihilfemaßnahmen für den HFF. Nach Auffassung der Behörde sind die Veränderungen daher als verwaltungstechnisch zu werten und betreffen nicht den Kern der Maßnahme.

Siebtens: Mit dem Gesetz Nr. 120/2004 wurde die Obergrenze für die allgemeine Darlehenskategorie des HFF auf 90 % des geschätzten Immobilienwerts angehoben. Aus diesem Grund wurde Kapitel VII des Gesetzes, das Zusatzdarlehen vorsah, gestrichen. Das Gesetz Nr. 120/2004 führte zu keinen Veränderungen im Hinblick auf die mit dem HFF-System erbrachten öffentlichen Dienstleistungen. Ziel und Zweck des Wohnraumgesetzes blieben unverändert, alleiniger Empfänger der Beihilfe war nach wie vor der HFF, dessen Tätigkeit im Wesentlichen unverändert blieb. Darüber hinaus wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten nicht geändert, sondern lediglich die Obergrenze von 90 % auf alle erweitert (51). Ein gegenteiliger Sachverhalt war in der Sache Keller gegeben, in der das Gericht erster Instanz entschied, dass eine Anhebung des zulässigen Anlagevermögens, unterhalb dessen ein Unternehmen an einer genehmigten Beihilferegelung teilhaben konnte, von 7 Mrd. auf 80 Mrd. ITL eine wesentliche Änderung darstellte, die der Kommission hätte angezeigt werden müssen. Das Gericht stellte fest, dass der Kreis der anspruchsberechtigten Empfänger durch diese Änderung erweitert und das Programm für neue Empfänger geöffnet wurde (52). Eine Änderung eines Beihilfeprogramms, die den Kreis der Empfänger erweitert, stellt folglich eine Umgestaltung eines Kernbestandteils einer Regelung dar und kann deren Vereinbarkeit mit dem EG-Vertrag beeinflussen. Im vorliegenden Fall ist die Höhe der allgemeinen Darlehen von 70 % oder 90 % des geschätzten Immobilienwerts für die Frage, ob diese Darlehen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach Artikel 59 Absatz 2 des EWR-Abkommens darstellen, nicht von Belang —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Die mutmaßlichen Beihilfemaßnahmen in Form von staatlicher Bürgschaft, Zinsstützungen, Steuerbefreiung und Befreiung von Dividendenzahlungen zugunsten des HFF sind als bestehende Beihilfen einzustufen. Das förmliche Prüfverfahren für neue Beihilfen wird daher eingestellt.

Artikel 2

Die Ausnahme des HFF von den Bestimmungen des Gesetzes, auf die in Anhang IX Kapitel II Punkt 14 des EWR-Abkommens Bezug genommen wird, stellt keine staatliche Beihilfe dar.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Republik Island gerichtet.

Artikel 4

Nur der englische Text ist verbindlich.

Geschehen zu Brüssel am 27. Juni 2008.

Für die EFTA-Überwachungsbehörde

Per SANDERUD

Präsident

Kurt JAEGER

Mitglied des Kollegiums


(1)  Nachstehend: „Behörde“.

(2)  Nachstehend: „EWR-Abkommen“.

(3)  Nachstehend: „Überwachungs- und Gerichtshofsabkommen“.

(4)  Nachstehend: „Protokoll 3“.

(5)  Leitfaden für die Anwendung und Auslegung der Artikel 61 und 62 des EWR-Abkommens und des Artikels 1 des Protokolls 3 zum Abkommen zwischen den EFTA-Staaten zur Errichtung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofs, von der Behörde verabschiedet und bekannt gegeben am 19. Januar 1994, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union (nachfolgend: ABl.) L 231 vom 3. September 1994 und in dessen EWR-Beilage Nr. 32 mit selbem Datum. Die letzte Änderung des Leitfadens erfolgte am 19. Dezember 2007. Nachfolgend bezeichnet als Leitfaden für staatliche Beihilfen. Die aktuelle Fassung des Leitfadens zu staatlichen Beihilfen ist auf der Website der Behörde veröffentlicht: http://www.eftasurv.int/fieldsofwork/fieldstateaid/guidelines/

(6)  Veröffentlicht im ABl. L 139 vom 25. Mai 2006, Seite 37 und in der EWR-Beilage Nr. 26 mit selbem Datum.

(7)  Urteil vom 7. April 2006, Rechtssache E-9/04, Isländischer Banken- und Wertpapierhändlerverband („Bankers’ and Securities’ Dealers Association of Iceland“) gegen EFTA-Überwachungsbehörde, Amtlicher Bericht des EFTA-Gerichtshofs aus 2006, S. 42.

(8)  Entscheidung Nr. 185/06/KOL vom 21. Juni 2006 zur Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens im Hinblick auf den isländischen Wohnraumfinanzierungsfonds, veröffentlicht im ABl. C 314 vom 21. Dezember 2006 und in der EWR-Beilage Nr. 63 mit selbem Datum.

(9)  Vgl. Fußnote 8.

(10)  Die Konsolidierung erfolgte gemäß dem Gesetz Nr. 61/1993 zur Änderung des Gesetzes Nr. 86/1988 und trat am 12. August 1993 in Kraft.

(11)  Die Regelungen für Wohnungsgenossenschaften waren in Kapitel VIII des Gesetzes Nr. 97/1993 niedergelegt. Diese Regelungen wurden nicht in das Wohnraumgesetz von 1998 übernommen. Die Wohnungsgenossenschaften unterliegen derzeit einem eigenen Gesetz, dem Gesetz Nr. 66/2003. Die Ansprüche dieser Genossenschaften auf Darlehen des Wohnraumfinanzierungsfonds unterliegen den in Kapitel VIII des Wohnraumgesetzes niedergelegten Bestimmungen, vgl. Artikel 5 Unterabschnitt d des Gesetzes Nr. 66/2003.

(12)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde. Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/122/s/0877.html

(13)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde. Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/122/03/r06115030.sgml

(14)  Wie nachstehend erläutert, wurde eine dieser Kategorien, die Kategorie der Zusatzdarlehen, durch das Gesetz Nr. 120/2004, vgl. Abschnitt 2.2.3.4.2, wieder abgeschafft.

(15)  Die Bestimmungen für Wohnungsanleihen wurden mit dem Gesetz Nr. 57/2004 abgeschafft, als der Fonds gemäß 2.2.3.4.1 mit der Vergabe von Barkrediten begann.

(16)  Vgl. den voranstehenden Abschnitt 2.2.2.4.

(17)  Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/122/s/0877.html

(18)  Diese Zusatzdarlehen wurden mit dem Gesetz Nr. 120/2004 wieder abgeschafft, vgl. den unten stehenden Abschnitt 2.2.3.4.2.

(19)  Die Obergrenzen für eine Einzelperson lagen bei einem Einkommen von 1 620 000 ISK und einem Vermögen von 1 900 000 ISK. Diese Größen sollten jährlich angepasst werden.

(20)  Im Hinblick auf Verluste, die dem Wohnraumfinanzierungsfonds aufgrund dieser Zusatzdarlehen entstehen konnten, sah Artikel 43 des Wohnraumgesetzes vor, dass die Kommunalkörperschaften einen vom Wohnraumfinanzierungsfonds verwalteten so genannten Reservefonds unterhalten sollten. Laut Artikel 44 werden aus dem Reservefonds jegliche Verluste des Wohnraumfinanzierungsfonds aus den Zusatzdarlehen ausgeglichen. Nach Artikel 45 sollten die Kommunalkörperschaften jedes in ihrer Kommune gewährte Zusatzdarlehen anfangs mit 5 % bezuschussen.

(21)  http://www.althingi.is/altext/122/s/0877.html

(22)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde.

(23)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde. Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/131/s/0223.html

(24)  Vgl. Verordnung Nr. 540/2006, zuletzt geändert durch Verordnung Nr. 587/2007. Die Verordnung legt überdies eine nominelle Darlehensobergrenze fest, die derzeit bei 18 Mio. ISK liegt.

(25)  Inoffizielle Übersetzung der Behörde. Der isländische Originaltext befindet sich im Internet unter folgender Adresse: http://www.althingi.is/altext/122/s/0099.html

(26)  Schreiben der isländischen Regierung vom 3. Januar 2007, S. 10.

(27)  Dies gilt nicht für Unternehmen in staatlichem Besitz, deren Rechtsform nur eine beschränkte Haftung vorsieht und die unter das Privatrecht fallen.

(28)  Ein Beispiel für die Anwendung dieses Grundsatzes findet sich im Urteil des isländischen Obersten Gerichtshofs vom 5. November 1998 in der Rechtssache Nr. 50/1998.

(29)  ABl. L 126 vom 26.5.2000, S. 1. Die Rechtsakte berücksichtigte die Entscheidung Nr. 15/2001 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses und trat am 1. Oktober 2001 in Kraft.

(30)  Übersetzung der isländischen Regierung.

(31)  Rechtssache C-44/93 Namur-Les Assurances du Crédit, Slg. 1994, Seite I-03829.

(32)  Rechtssache T-351/02 Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 2006, Seite II-1047, Randnrn. 100-103.

(33)  Rechtssache C-400/99, Italienische Republik/Kommission, Slg. 2005, Seite I-03657, Randnrn. 54-55.

(34)  Rechtssache T-190/02, Regione Siciliana/Kommission, Slg. 2003 II-5015, Randnr. 48.

(35)  Rechtssache C-312/90, Spanien/Kommission, Slg. 1992, Seite I-4117, Randnrn. 14-17, Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1992 Seite I-4145, Randnrn. 22-25, verbundene Rechtssachen T-195/01 und T-207/01, Regierung von Gibraltar/Kommission, Slg. 2002 Seite II-2309, und verbundene Rechtssachen T-297/01 und T-298/01, SIC/Kommission, Slg. 2004, Seite II-743.

(36)  Rechtssache C-44/93, Namur-Les Assurances du Crédit SA, Slg. 1994 Seite I-03829, Randnrn. 28-29 (Unterstreichungen von der Behörde hinzugefügt). Vgl. auch Randnr. 23 des Urteils, in dem der Gerichtshof auf Anpassungen Bezug nimmt, „die den Kern dieser Vorteile nicht berührten“.

(37)  Rechtssache C-44/93, Namur-Les Assurances du Crédit, a.a.O. Randnrn. 32-33.

(38)  Verbundene Rechtssachen T-195/01 und T-207/01, Regierung von Gibraltar/Kommission, Slg. 2002 Seite II-2309, Randnr. 111. Vgl. die ähnliche Einschätzung von AG Fennelly in den verbundenen Rechtssachen C-15/98 und C-105/98, Italíenische Republik und Sardegna Lines — Servizi Marittimi della Sardegna SpA/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 2000, Seite I-8855, Randnr. 64.

(39)  Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 in der Sache E 10/2005 (ex. C 60/1999), Randnr. 33, Entscheidung der Kommission vom 4. April 2007 in der Sache E 7/2005 im Hinblick auf die finnischen Bürgschaftsregelungen, Randnr. 16, Entscheidung der Kommission vom 20. April 2005 in der Sache E 8/2005 zugunsten der spanischen Rundfunkanstalt RTVE, Punkt 2.2, und Entscheidung der Kommission in der Sache E 22/2004 — direkte steuerliche Anreize zugunsten exportbezogener Tätigkeiten, Randnrn. 34-35.

(40)  Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 über die staatliche Beihilfe E 3/2005 — Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland, Randnrn. 200-214, Entscheidung der Kommission E 14/2005 — betreffend Ausgleichszahlungen an den portugiesischen öffentlich-rechtlichen Rundfunksender RTP, Randnrn. 61-80.

(41)  Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 über die staatliche Beihilfe E 3/2005 — Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland, Randnr. 215. Für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute in Deutschland galt früher die sogenannte Anstaltslast, die in der Praxis auf eine staatliche Bürgschaft hinauslief. In der Sache E 10/2000 betreffend die deutschen Landesbanken entschied die Kommission, dass die Anstaltslast als Rechtsinstitut dem EG-Vertrag vorausgegangen sei. Die Beihilfe, die den Banken aus dieser Haftung des Staates erwuchs, war daher als bestehend zu werten, und zwar auch in den Fällen, in denen die Anstaltslast nicht nur aus einem allgemeinen Rechtsgrundsatz folgte, sondern nachträglich in schriftlichen Rechtsbestimmungen explizit eingeführt worden war, vgl. Schreiben der Kommission an Deutschland vom 8. Mai 2001 mit Vorschlägen für zweckdienliche Maßnahmen bezüglich der staatlichen Beihilfe E 10/2000, Punkt 7 Absatz 1. Nach Kenntnisstand der Behörde werden die deutschen Kreditanstalten, für die die Anstaltslast gilt, durch jeweils eigene Gesetze begründet. Einige dieser Kreditanstalten wurden offenbar nach Inkrafttreten des EG-Vertrags gegründet. Die gesetzlichen Vorgaben für die öffentlich-rechtlichen Kreditanstalten wurden häufig geändert. Die Gründung neuer Kreditinstitute per Gesetz, die Fusion oder Aufspaltung öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten sowie Veränderungen ihrer rechtlichen Grundlagen wirken zweifellos auf die Tätigkeit der Unternehmen zurück und können auch das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes, den Wettbewerb oder einfach den realen Umfang der Beihilfe, der für die Unternehmen zur Verfügung steht, beeinflussen. Dennoch gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass die Anstaltslast als bestehende Beihilfe zu werten sei, ohne zu berücksichtigen, zu welchem Zeitpunkt die von der Bürgschaft profitierenden Kreditinstitute gegründet worden waren, und ohne deren Geschäftstätigkeit oder sonstige, die einzelnen Kreditinstitute betreffenden Maßnahmen zu untersuchen. Vgl. die ähnlich gelagerte Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2002 in der Sache C 68/02 — Beihilfemaßnahmen zugunsten von Électricité de France (EDF), Randnr. 68; hier ergab sich eine Beihilfemaßnahme zugunsten von EDF in Form einer staatlichen Bürgschaft aus einem allgemeinen Grundsatz des französischen Rechts, der dem EG-Vertrag vorausgegangen war. Die Tätigkeit von EDF hat sich im Laufe der Jahre durchgreifend geändert und wurde auf neue Märkte ausgedehnt. Dennoch sah die Kommission keine Notwendigkeit, diese faktischen Änderungen zu untersuchen, und berücksichtigte bei der Einstufung der Beihilfemaßnahme als neu oder bestehend auch keinerlei EDF betreffende Gesetzesänderungen, die nach Inkrafttreten des EG-Vertrags erfolgt waren, vgl. die ähnlich gelagerte Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 über staatliche Beihilfen, die Frankreich EDF und der Strom- und Gaswirtschaft gewährt hat (ABl. L 49 vom 22. Februar 2005, S. 9, Randnr. 59), und die Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme gemäß Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag in der Sache E 3/2002 — Beihilfemaßnahme zugunsten von Electricité de France (ABl. C 164 vom 15. Juli 2003, S. 7, Absätze 53-55).

(42)  Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007 über die staatliche Beihilfe E 3/2005 — Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland, Randnrn. 192-216, Entscheidung der Kommission in der Sache E 8/2005 — staatliche Beihilfen für die spanische öffentliche Rundfunkanstalt RTVE, Punkt 2.2, und Entscheidung der Kommission vom 20. April 2005 in der Sache E 9/2005 — Italien, RAI, Randnrn. 25-48.

(43)  Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die Ausnahme des HFF von der 1998 eingeführten Bürgschaftsprämie eine neue Beihilfe darstellt. Mit dem Beschluss Nr. 406/08/KOL hat die Behörde mit dem heutigen Tag ein förmliches Prüfverfahren über Ausnahmen von den Bürgschaftsprämien eröffnet, die nach dem relevanten Gesetz Nr. 121/1997 vorgeschrieben sind.

(44)  In dieser Hinsicht entsprechen die Gegebenheiten den Entscheidungen der Kommission im Hinblick auf die deutschen Rundfunkanstalten, Poczta Polska, La Poste, EDF usw. Bei diesen Entscheidungen musste die Kommission darüber befinden, ob staatliche Bürgschaften für öffentliche Unternehmen als neue oder als bestehende Beihilfe einzustufen sind. Die Kommission hielt in sämtlichen Entscheidungen fest, dass die Bürgschaft an sich entweder unverändert oder in ihrem Kern unverändert geblieben war. Bei der Bewertung der Beihilfe, die sich aus der Bürgschaft ergab, zog die Kommission nicht in Betracht, ob das betreffende Unternehmen die Art seiner Tätigkeit geändert hatte, da diese Frage nicht die Beihilferegelung als solche, sondern einen einzelnen Begünstigten der allgemein definierten Beihilferegelung betraf.

(45)  Entscheidung der Kommission vom 29. November 2007, K(2007) 5778, staatliche Beihilfe C 56/2007 — Frankreich, Unbeschränkte staatliche Bürgschaft für La Poste, Randnrn. 93-97, Entscheidung der Kommission E 14/2005 — Portugal, Ausgleichszahlungen an den öffentlichen Rundfunksender RTP, Randnrn. 78-80, Entscheidung der Kommission vom 20. April 2005 in der Beihilfesache E 10/2005 (ex C 60/99) — Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders France Télévision, Randnr. 33, und Schreiben der Kommission an Deutschland vom 8. Mai 2001 mit Vorschlägen für zweckdienliche Maßnahmen bezüglich der staatlichen Beihilfe E 10/2000, Landesbanken, Punkt 7, Absatz 1. Die Befreiung des HFF von der Bürgschaftsgebühr nach dem Gesetz Nr. 121/1997 zu staatlichen Bürgschaften wertet die Behörde vorläufig als neue Beihilfe, die getrennt zu beurteilen ist, vgl. den Beschluss der Behörde Nr. 406/08/KOL vom 27. Juni 2008.

(46)  Die entsprechenden steuerlichen Bestimmungen haben sich infolge der Änderungen des Eigenheimkreditsystems in keiner Weise geändert, sei es im Hinblick auf den HFF oder andere Begünstigte der Freistellung. Im Gegensatz zu den Gegebenheiten beim Pensionsfonds vertrat der Direktor der staatlichen Wohnraumbehörde die Ansicht, dass sein Amt mit dem des HFF-Direktors vergleichbar gewesen sei. In seinem Urteil vom 22. Januar 2004 in der Rechtssache Nr. 344/2003 entschied der Oberste Gerichtshof Islands zugunsten des Direktors. Das Urteil stellte unter anderem fest, dass der Wohnraumfinanzierungsfonds im Wesentlichen dieselbe Aufgabe erfülle wie die staatliche Wohnraumbehörde, nämlich die Vergabe von Hypothekendarlehen an die Bürger Islands. Das Gericht befand, dass das Amt des Direktors der Behörde hinsichtlich Arbeitsaufgaben, Umfang und Zuständigkeitsbereich mit dem des Direktors des Fonds vergleichbar sei.

(47)  In ihrer Entscheidung in der Sache E 14/2005 — Portugal, Ausgleichszahlungen an den öffentlichen Rundfunksender RTP, Randnrn. 63 und 74, stellte die Kommission fest, dass Veränderungen einer portugiesischen Unterstützungsmaßnahme diese Maßnahme unter anderem deshalb nicht zu einer neuen Beihilfe werden ließen, weil mit den Anpassungen der einzelstaatlichen Regelung der Zweck der Subvention nicht geändert wurde.

(48)  Entscheidung 2006/240/EG der Kommission vom 16. November 2004 über eine Beihilferegelung Deutschlands zugunsten von Kornbranntweinbrennereien (ABl. L 88 vom 25.3.2006, S. 50, Randnrn. 83-84. Vgl. auch das Schreiben der Kommission vom 14. Juli 2005 in der Sache E 2/2005, Artikel 17 Absatz 2, in dem die Kommission auf eine bestehende Beihilfe befand, obwohl die direkten Subventionen durch staatliche Darlehen ersetzt worden waren und nach Inkrafttreten des EG-Vertrags Steuerbefreiung gewährt worden war. Der Grund lag darin, dass diese Veränderungen insgesamt zu einer Verringerung der Wettbewerbshindernisse beigetragen hatten, vgl. Randnrn. 16-26 des Schreibens.

(49)  Entscheidung der Kommission in der Sache E 12/2005 — Polen, unbeschränkte staatliche Sicherheitsleistung zugunsten von Poczta Polska, Randnrn. 39-47.

(50)  In dieser Hinsicht bezog sich die SFF auf die Aussagen des Vorsitzenden des Parlamentsausschusses zur Streichung des Wortes „einzeln“ aus dem die allgemeine Darlehenskategorie betreffenden Artikel 15 Absatz 1 der Vorlage, die schließlich als Wohnraumgesetz verabschiedet wurde. Vgl. Punkt 7 der Rede, die im Internet unter folgender Adresse zu finden ist: http://www.althingi.is/altext/122/05/r13133243.sgml

(51)  In ihrer Entscheidung zu den deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten befand die Kommission, dass die Gebührenerhöhung nicht als neue Beihilfe zu werten sei: „Die Erhöhungen sind vielmehr die Konsequenz eines gestiegenen Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags. Im Einklang mit der bisherigen Entscheidungspraxis der Kommission ist daher festzustellen, dass die Erhöhungen nicht von der ursprünglichen Finanzierungsregelung abgetrennt werden können und keine wesentliche Änderung darstellen, sofern sich der öffentlich-rechtliche Auftrag als solcher nicht wesentlich geändert hat.“ Entscheidung der Kommission vom 24. April 2007, op. cit., Randnr. 206.

(52)  Rechtssache T-35/1999, Keller/Kommission, Randnr. 62.


Berichtigungen

25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/58


Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 1242/2008 der Kommission vom 8. Dezember 2008 zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Klassifizierungssystems der landwirtschaftlichen Betriebe

( Amtsblatt der Europäischen Union L 335 vom 13. Dezember 2008 )

Auf Seite 4, Artikel 2 Absatz 1 Satz 1:

anstatt:

„(1)   Im Sinne dieser Verordnung ist die „betriebswirtschaftliche Ausrichtung“ eines Betriebs durch den relativen Beitrag des Standardoutputs der verschiedenen Merkmale dieses Betriebs zu seinem gesamten Standardoutput gekennzeichnet.“

muss es heißen:

„(1)   Im Sinne dieser Verordnung ist die „betriebswirtschaftliche Ausrichtung“ (BWA) eines Betriebs durch den relativen Beitrag des Standardoutputs der verschiedenen Merkmale dieses Betriebs zu seinem gesamten Standardoutput gekennzeichnet.“


25.3.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 79/58


Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 670/2009 der Kommission vom 24. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates hinsichtlich der öffentlichen Intervention im Wege der Ausschreibung für den Ankauf von Hartweizen oder Rohreis sowie zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 428/2008 und (EG) Nr. 687/2008

( Amtsblatt der Europäischen Union L 194 vom 25. Juli 2009 )

Auf Seite 24, Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b:

anstatt:

„b)

die Mindestauslagerungskapazität jedes Lagerraums entspricht einem Absatz je Arbeitstag von mindestens 5 % der eingelagerten Menge, d. h. 1 000 Tonnen bei Hartweizen bzw. 500 Tonnen bei Reis.“

muss es heißen:

„b)

die Mindestauslagerungskapazität jedes Lagerraums entspricht einem Absatz je Arbeitstag von mindestens 5 % der eingelagerten Menge oder 1 000 Tonnen bei Hartweizen und 500 Tonnen bei Reis.“