ISSN 1725-2539

doi:10.3000/17252539.L_2009.327.deu

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 327

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

52. Jahrgang
12. Dezember 2009


Inhalt

 

I   Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EG) Nr. 1212/2009 des Rates vom 30. November 2009 zur Festsetzung der Orientierungspreise und der gemeinschaftlichen Produktionspreise für bestimmte Fischereierzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 2010 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 104/2000

1

 

 

II   Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

 

 

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

 

 

Kommission

 

 

2009/944/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 13. Juli 2009 über die staatlichen Beihilferegelungen C 6/04 (ex NN 70/01) und C 5/05 (ex NN 71/04), die Italien zugunsten von Unterglasanbaubetrieben gewährt hat (Verbrauchsteuerbefreiung für zum Beheizen von Treibhäusern verwendeten Diesel) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 5497)

6

 

 

2009/945/EG

 

*

Entscheidung der Kommission vom 13. Juli 2009 über die von Frankreich zugunsten der RATP geplante Reform der Finanzierung des Rentensystems der RATP (Staatliche Beihilfe C 42/07 (ex N 428/06)) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 5505)  ( 1 )

21

 

 

V   Rechtsakte, die ab 1. Dezember 2009 in Anwendung des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Euratom-Vertrags erlassen wurden

 

 

VERÖFFENTLICHUNGSBEDÜRFTIGE RECHTSAKTE

 

 

Verordnung (EU) Nr. 1213/2009 der Kommission vom 11. Dezember 2009 zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

36

 

 

Verordnung (EU) Nr. 1214/2009 der Kommission vom 11. Dezember 2009 zur Änderung der mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für bestimmte Erzeugnisse des Zuckersektors im Wirtschaftsjahr 2009/10

38

 

 

2009/946/GASP

 

*

Beschluss Atalanta/8/2009 des politischen und sicherheitspolitischen Komitees vom 4. Dezember 2009 zur Ernennung eines Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta)

40

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


I Veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

VERORDNUNGEN

12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/1


VERORDNUNG (EG) Nr. 1212/2009 DES RATES

vom 30. November 2009

zur Festsetzung der Orientierungspreise und der gemeinschaftlichen Produktionspreise für bestimmte Fischereierzeugnisse für das Fischwirtschaftsjahr 2010 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 104/2000

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 104/2000 des Rates vom 17. Dezember 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur (1), insbesondere auf Artikel 18 Absatz 3 und Artikel 26 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Artikel 18 Absatz 1 und Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 sehen die Festsetzung eines Orientierungspreises und eines gemeinschaftlichen Produktionspreises zur Bestimmung des Preisniveaus zur Marktintervention für bestimmte Fischereierzeugnisse für jedes Fischwirtschaftsjahr vor.

(2)

Gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 ist für jedes Erzeugnis und jede Erzeugnisgruppe, die in den Anhängen I und II der genannten Verordnung aufgeführt sind, ein Orientierungspreis festzusetzen.

(3)

Aufgrund der derzeit verfügbaren Preisangaben für die betreffenden Erzeugnisse und der in Artikel 18 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegten Kriterien sollten die Orientierungspreise für das Fischwirtschaftsjahr 2010 je nach Fischart angehoben, beibehalten oder gesenkt werden.

(4)

Gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 ist der gemeinschaftliche Produktionspreis für die in Anhang III der genannten Verordnung aufgeführten Erzeugnisse festzusetzen. Es empfiehlt sich, den gemeinschaftlichen Produktionspreis nur für eines dieser Erzeugnisse festzusetzen und den gemeinschaftlichen Produktionspreis für die anderen Erzeugnisse mittels der Anpassungskoeffizienten zu errechnen, die durch die Verordnung (EG) Nr. 802/2006 der Kommission vom 30. Mai 2006 zur Festsetzung der Anpassungskoeffizienten für Fische der Gattungen Thunnus und Euthynnus  (2) festgelegt worden sind.

(5)

Aufgrund der in Artikel 18 Absatz 2 erster und zweiter Gedankenstrich sowie in Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 festgelegten Kriterien sollte der gemeinschaftliche Produktionspreis für das Fischwirtschaftsjahr 2010 angepasst werden.

(6)

Aus Gründen der Dringlichkeit ist es wichtig, eine Ausnahme von der in Abschnitt I Nummer 3 des dem Vertrag über die Europäische Union beigefügten Protokolls über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union genannten sechswöchigen Frist zu gewähren —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Für das Fischwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 werden die Orientierungspreise gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 in Anhang I der vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Für das Fischwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 werden die gemeinschaftlichen Produktionspreise gemäß Artikel 26 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 104/2000 in Anhang II der vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 3

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2010 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 30. November 2009.

Im Namen des Rates

Der Präsident

S. O. LITTORIN


(1)  ABl. L 17 vom 21.1.2000, S. 22.

(2)  ABl. L 144 vom 31.5.2006, S. 15.


ANHANG I

Anhänge

Art

Erzeugnisse der Anhänge I und II der Verordnung (EG) Nr. 104/2000

Aufmachungsform

Orientierungspreise

(EUR/t)

I

1.

Heringe der Art Clupea harengus

Ganz

275

2.

Sardinen der Art Sardina pilchardus

Ganz

580

3.

Dornhai (Squalus acanthias)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

1 090

4.

Katzenhai (Scyliorhinus-Arten)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

711

5.

Rotbarsche, Goldbarsche oder Tiefenbarsche (Sebastes-spp.)

Ganz

1 188

6.

Kabeljau der Art Gadus morhua

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

1 589

7.

Köhler (Pollachius virens)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

776

8.

Schellfisch (Melanogrammus aeglefinus),

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

976

9.

Merlan (Merlangius merlangus)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

898

10.

Leng (Molva-Arten)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

1 165

11.

Makrelen der Art Scomber scombrus

Ganz

317

12.

Makrelen der Art Scomber japonicus

Ganz

279

13.

Sardellen (Engraulis-Arten)

Ganz

1 287

14.

Scholle (Pleuronectes platessa),

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf vom 1.1.2010 bis 30.4.2010

1 052

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf vom 1.5.2010 bis 31.12.2010

1 462

15.

Seehechte der Art Merluccius merluccius

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

3 403

16.

Scheefsnut (Lepidorhombus-Arten)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

2 402

17.

Scharbe (Limanda limanda)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

828

18.

Flunder (Platichthys flesus)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

496

19.

Weißer Thun (Thunnus alalunga)

Ganz

2 241

ausgenommen, mit Kopf

2 487

20.

Tintenfische (Sepia officinalis und Rossia macrosoma)

Ganz

1 781

21.

Seeteufel (Lophius-Arten)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

2 923

Ohne Kopf

6 015

22.

Garnelen der Art Crangon crangon

Nur in Wasser gekocht

2 423

23.

Tiefseegarnelen (Pandalus Borealis)

Nur in Wasser gekocht

6 474

Frisch oder gekühlt

1 590

24.

Taschenkrebse (Cancer pagurus)

Ganz

1 676

25.

Kaisergranat (Nephrops norvegicus)

Ganz

5 197

Nur als Schwanz

4 102

26.

Seezunge (Solea-Arten)

Ganz oder ausgenommen, mit Kopf

6 742

II

1.

Schwarzer Heilbutt (Reinhardtius hippoglossoides)

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 916

2.

Seehecht (Merluccius-Arten)

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 208

Gefroren, in Filets, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 483

3.

Seebrassen (Dentex dentex und Pagellus-Arten)

Gefroren, in Partien oder in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 492

4.

Schwertfisch (Xiphias gladius)

Gefroren, ganz, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

3 998

5.

Tintenfische der Arten Sepia officinalis, Rossia macrosoma und Sepiola rondeletti

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 915

6.

Kraken (Octopus-Arten)

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

2 161

7.

Kalmare (Loligo-Arten)

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

1 179

8.

Kalmare (Ommastrephes sagittatus)

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

961

9.

Illex argentinus

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

856

10.

Garnelen der Familie Penaeidae

 

 

Garnelen der Art Parapenaeus Longirostris

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

4 072

andere Arten der Familie Penaeidae

Gefroren, in Originalverpackung einheitlichen Inhalts

8 055


ANHANG II

Art

Erzeugnisse des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 104/2000

Gewicht

Handelsmerkmale

Gemeinschaftlicher Produktionspreis

(EUR/Tonne)

Gelbflossenthun (Thunnus albacares)

Stückgewicht von mehr als 10 kg

Ganz

1 224

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

Andere

 

Stückgewicht von 10 kg oder weniger

Ganz

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

Andere

 

Weißer Thun (Thunnus alalunga)

Stückgewicht von mehr als 10 kg

Ganz

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

Andere

 

Stückgewicht von 10 kg oder weniger

Ganz

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

Andere

 

Echter Bonito (Katsuwonus pelamis)

 

Ganz

 

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

 

Andere

 

Roter Thun (Thunnus Thynnus)

 

Ganz

 

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

 

Andere

 

Andere Arten der Gattungen Thunnus und Euthynnus

 

Ganz

 

 

Ausgenommen, ohne Kiemen

 

 

Andere

 


II Nicht veröffentlichungsbedürftige Rechtsakte, die in Anwendung des EG-Vertrags/Euratom-Vertrags erlassen wurden

ENTSCHEIDUNGEN UND BESCHLÜSSE

Kommission

12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/6


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 13. Juli 2009

über die staatlichen Beihilferegelungen C 6/04 (ex NN 70/01) und C 5/05 (ex NN 71/04), die Italien zugunsten von Unterglasanbaubetrieben gewährt hat (Verbrauchsteuerbefreiung für zum Beheizen von Treibhäusern verwendeten Diesel)

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 5497)

(Nur der italienische Text ist verbindlich)

(2009/944/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß dem vorgenannten Artikel und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahme,

in Erwägung nachstehender Gründe:

I.   DAS VERFAHREN

(1)

Gestützt auf die ihnen vorliegenden Informationen ersuchten die Dienststellen der Kommission die italienischen Behörden mit Schreiben vom 28. September 2000 und vom 17. Oktober 2000 um genauere Angaben zu der teilweisen Verbrauchsteuerbefreiung für Agrardiesel, die gemäß Gesetzeserlass Nr. 268 vom 30. September 2000 betreffend Dringlichkeitsmaßnahmen im Bereich der Einkommensteuer und der Verbrauchsteuern erfolgte.

(2)

Die italienischen Behörden übermittelten der Kommission die geforderten Angaben mit Schreiben vom 31. Oktober 2000 und vom 3. November 2000.

(3)

Nachdem die Kommissionsdienststellen die genaueren Angaben geprüft hatten, ersuchten sie die italienischen Behörden mit Schreiben vom 20. November 2000 um weitere Auskünfte über die Verbrauchsteuerbefreiung.

(4)

Da innerhalb der in vorgenanntem Schreiben gesetzten vierwöchigen Frist keine Antwort bei den Dienststellen der Kommission einging, sandten sie den italienischen Behörden am 26. April 2001 ein Erinnerungsschreiben und wiesen darauf hin, dass, sollte von deren Seite keine Reaktion erfolgen, sie sich das Recht vorbehalten würden, der Kommission die Übermittlung einer Anordnung zur Auskunftserteilung nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (1) (jetzt Artikel 88) vorzuschlagen.

(5)

Mit Schreiben vom 10. Mai 2001 übermittelte die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die ergänzenden Informationen, um die die italienischen Behörden in dem Schreiben vom 26. April 2001 gebeten worden waren.

(6)

Auf der Grundlage dieser Auskünfte kündigten die Dienststellen der Kommission mit Schreiben vom 2. August 2001 die Eintragung einer nicht angemeldeten Beihilfe unter der Nummer NN 70/01 an und baten die italienischen Behörden um neue Informationen.

(7)

Da die Kommissionsdienststellen innerhalb der festgesetzten Frist keine Antwort erhielten, sandten sie den italienischen Behörden am 1. Juli 2003 ein erneutes Erinnerungsschreiben und wiesen nochmals darauf hin, dass sie es sich im Falle der Nichteinhaltung der für die Zuleitung der Antwort gesetzten vierwöchigen Frist das Recht vorbehalten würden, der Kommission die Übermittlung einer Anordnung zur Auskunftserteilung nach Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorzuschlagen. Diese Frist lief Anfang August 2003 ab.

(8)

Nach Ablauf der genannten Frist war keine Antwort eingegangen. Daher verlangte die Kommission durch Entscheidung vom 10. Oktober 2003 (2) von Italien die Erteilung aller in dem Schreiben vom 2. August 2001 verlangten Auskünfte und stellte klar, dass, sollte vonseiten der italienischen Behörden keine Antwort erfolgen, sie sich das Recht vorbehalten würde, das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(9)

In Anbetracht des Ausbleibens einer Antwort auf die Anordnung zur Auskunftserteilung hat die Kommission den italienischen Behörden mit Schreiben vom 19. Februar 2004 ihren Beschluss mitgeteilt, wegen der Bestimmungen von Artikel 5 Absatz 5 des Gesetzeserlasses Nr. 268 vom 30. September 2000 (Beihilfesache C 6/04) das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(10)

Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (3). Die Kommission hat die Beteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme zu der betreffenden Beihilferegelung aufgefordert.

(11)

Die Stellungnahmen, die die Kommission von beteiligten Dritten erhalten hat, sind Italien mit Schreiben vom 27. April 2004 zugeleitet worden, um Italien die Möglichkeit zu geben, sich dazu zu äußern.

(12)

Italien gab zwar keine Bemerkungen zu diesen Stellungnahmen ab, doch übermittelte es, nachdem es eine Verlängerung der Frist für die Antwort auf die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag beantragt und bewilligt bekommen hatte, mit Schreiben vom 21. Juni 2004, das am 25. Juni 2004 eingetragen wurde, seine Antwort im Hinblick auf dieses Verfahren.

(13)

Nach Übermittlung des Schreibens vom 19. Februar 2004, mit dem wegen der Bestimmungen von Artikel 5 Absatz 5 des Gesetzeserlasses Nr. 268 vom 30. September 2000 die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag angekündigt worden war, erfuhr die Kommission, dass den Unterglasanbaubetrieben in Wirklichkeit eine uneingeschränkte Verbrauchsteuerbefreiung für zur Beheizung von Treibhäusern verwendeten Diesel zugute gekommen sein soll. Daher ersuchte sie die italienischen Behörden am 10. Juni 2004 per Fax um Informationen über diese zusätzliche Steuerbefreiung.

(14)

Mit Schreiben vom 28. Juli 2004, eingetragen am 3. August 2004, übermittelte die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die Antwort der italienischen Behörden auf das Schreiben vom 10. Juni 2004. Aus dieser Antwort geht hervor, dass die erwähnte zusätzliche Steuerbefreiung durch verschiedene Vorschriften eingeführt wurde: Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000, Artikel 13 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 448 vom 21. Dezember 2001, Artikel 19 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 289 vom 27. Dezember 2002 und Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 350 vom 24. Dezember 2003.

(15)

Aufgrund dieser Informationen beschlossen die Dienststellen der Kommission, wegen der nicht angemeldeten Beihilfe eine neue Beihilfesache unter der Nummer NN 71/04 einzutragen, um die Vereinbarkeit der erwähnten zusätzlichen Befreiung mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen; die italienischen Behörden wurden mit Schreiben vom 4. November 2004 davon in Kenntnis gesetzt.

(16)

Mit Schreiben vom 24. Januar 2005 hat die Kommission der italienischen Regierung ihren Beschluss mitgeteilt, bezüglich der vorerwähnten zusätzlichen Befreiung, die eingeführt wurde durch Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000, Artikel 13 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 448 vom 21. Dezember 2001, Artikel 19 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 289 vom 27. Dezember 2002 und Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 350 vom 24. Dezember 2003 (Beihilfesache C 5/05), das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

(17)

Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (4). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme zu der betreffenden Beihilferegelung auf.

(18)

Die Kommission hat keine diesbezüglichen Stellungnahmen von beteiligten Dritten erhalten.

(19)

Mit Schreiben vom 21. Februar 2005, eingetragen am 22. Februar 2005, übermittelte die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die Antwort der italienischen Behörden auf die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag bezüglich der genannten zusätzlichen Befreiung.

(20)

Die Kommissionsdienststellen ersuchten die italienischen Behörden mit Schreiben vom 27. September 2007 um ergänzende Auskünfte zu den betreffenden Beihilfen sowie zu den Antworten auf die Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag. Insbesondere wurden die italienischen Behörden aufgefordert, das Argument, die Beihilfen würden der Logik des italienischen Steuersystems entsprechen, zu erhärten sowie zu analysieren, ob diese Beihilfen aufgrund der Bestimmungen des zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung anwendbaren Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen (5) gerechtfertigt sein könnten. Die italienischen Behörden hatten einen Monat Zeit, um auf das Ersuchen um zusätzliche Auskünfte zu reagieren.

(21)

Da eine Antwort der italienischen Behörden ausblieb, wurde ihnen von den Dienststellen der Kommission am 15. Oktober 2008 per Fax ein Erinnerungsschreiben mit dem Hinweis übermittelt, dass sie sich für den Fall, dass innerhalb der neuen vierwöchigen Frist keine Antwort eingehen sollte, das Recht vorbehalten würden, der Kommission die Übermittlung einer Anordnung zur Auskunftserteilung gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vorzuschlagen.

(22)

Da die Kommission innerhalb der gesetzten Frist keine Antwort erhielt, sandte sie Italien besagte Anordnung mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 (6) zu.

(23)

Mit E-Mail vom 5. Februar 2009, eingetragen am 9. Februar 2009, hat die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union der Kommission die Antwort der italienischen Behörden auf die genannte Anordnung zur Auskunftserteilung mitgeteilt.

(24)

Nach einer Sitzung mit den Dienststellen der Kommission am 21. April 2009 wurde diesen von den italienischen Behörden über die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union am 19. Mai 2009 ein weiteres Schreiben übermittelt.

II.   BESCHREIBUNG

(25)

Gemäß Artikel 5 Absatz 5 des Gesetzeserlasses Nr. 268 vom 30. September 2000 belief sich der Verbrauchsteuersatz für Diesel für die Beheizung von Gewächshäusern im Zeitraum vom 3. Oktober bis 31. Dezember 2000 auf 5 % des Satzes, der für als Kraftstoff verwendeten Diesel gilt.

(26)

Außerdem sieht Artikel 6 Absatz 1 des Gesetzeserlasses vor, dass sich die Verbrauchsteuersätze für Diesel und Benzin, die in der Landwirtschaft verwendet werden, während des genannten Zeitraums auf 22 % bzw. 49 % des normalen Satzes für Diesel bzw. Benzin belaufen.

(27)

Mit Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000, Artikel 13 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 448 vom 21. Dezember 2001, Artikel 19 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 289 vom 27. Dezember 2002 und Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes Nr. 350 vom 24. Dezember 2003 wird in Italien eine vollständige Verbrauchsteuerbefreiung für zur Beheizung von Treibhäusern verwendeten Diesel eingeführt. Diese Befreiung gilt für die folgenden Zeiträume: 1. Januar bis 30. Juni 2001, das ganze Jahr 2002, das ganze Jahr 2003 sowie das ganze Jahr 2004.

III.   ERSTE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG (BEIHILFESACHE C 6/04)

(28)

Die Kommission hat bezüglich der Bestimmungen von Artikel 5 Absatz 5 des Gesetzeserlasses Nr. 268 vom 30. September 2000 das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag eingeleitet, weil sie in Anbetracht der Tatsache, dass Unterglasanbaubetriebe, die Diesel zur Beheizung von Treibhäusern verwenden, eine um 17 zusätzliche Prozentpunkte niedrigere Verbrauchsteuer als andere landwirtschaftliche Betriebe zu tragen haben, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt hegte. Diese Bedenken rührten daher, dass die italienischen Behörden trotz Übermittlung einer Anordnung zur Auskunftserteilung keinen Nachweis dafür erbrachten, dass die Befreiungen nach den Wettbewerbsregeln zulässig sind (tatsächlich hatten sie nicht einmal darauf geantwortet). Die Bedenken wurden ferner dadurch erhärtet, dass aufgrund der Bestimmungen der Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (7) sowie der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (8), mit der sie aufgehoben wurde, die Zulässigkeit von Verbrauchsteuerbefreiungen problematisch ist.

IV.   REAKTION DER ITALIENISCHEN BEHÖRDEN AUF DIE ERSTE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG

(29)

In dem Schreiben vom 21. Juni 2004 führten die italienischen Behörden aus, die Verbrauchsteuerbefreiungen könnten nicht als staatliche Beihilfen betrachtet, sondern müssten nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe f und Artikel 15 Absatz 3 der Richtlinie 92/81/EWG bzw. der Richtlinie 2003/96/EG geprüft werden. Ihrer Auffassung nach fällt der Unterglasanbau in die Kategorie „Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau“, für die die Mitgliedstaaten gemäß den Gemeinschaftsvorschriften uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen gewähren können; außerdem bewirke die Verbrauchsteuerbefreiung für den Unterglasanbau keine Ungleichbehandlung im Landwirtschafts- und Gartenbausektor im Zusammenhang mit gestaffelten Befreiungen, da es allen Betrieben frei stehe, zwischen dem Freiland- und dem Unterglasanbau zu wählen.

(30)

Nach Ansicht der italienischen Behörden ist die beanstandete Regelung rein steuerlicher Natur und müsste unter diesem Gesichtspunkt bewertet werden, um eine Analyse in einem umfassenderen, alle EU-Staaten einschließenden Rahmen vornehmen zu können; dadurch würde vermieden, dass die außerhalb dieses Rahmens erfolgende Prüfung eines nationalen Einzelfalls zu einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten führt. Diesbezüglich bezogen sich die italienischen Behörden auf die politische Einigung, die Rat und Kommission anlässlich der Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen am 19. März 2003 erzielten und wonach Ausnahmen vom allgemeinen Steuerrecht oder in seinem Rahmen erfolgende unterschiedliche Behandlungen, die durch die Art oder die allgemeinen Merkmale der steuerlichen Regelung gerechtfertigt sind, keine staatlichen Beihilfen darstellen.

(31)

Abschließend fügten die italienischen Behörden hinzu, dass die vorgesehene Regelung ausgehend von den ihnen vorliegenden Schätzungen und Daten „das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigt und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt“ (Bezugnahme auf den Erwägungsgrund 24 der Richtlinie 2003/96/EG).

V.   STELLUNGNAHMEN VON DRITTEN, DIE NACH DER ERSTEN EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG ABGEGEBEN WURDEN

(32)

Mit Schreiben vom 19. April 2004, eingetragen am 21. April 2004, erhielt die Kommission die Stellungnahme eines beteiligten Dritten, die nach der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag abgegeben wurde.

(33)

In dem Schreiben beschreibt der beteiligte Dritte die Instabilität des Marktes, in dem er tätig ist, sowie die Probleme im Zusammenhang mit dem Preisanstieg für Kraftstoffe, die für die Beheizung von Treibhäusern verwendet werden können. Nach Auffassung dieses Beteiligten wären im Falle einer Negativentscheidung der Kommission zu der fraglichen Befreiung viele Unternehmen des Sektors gezwungen, ihren Betrieb einzustellen oder den Kraftstoffverbrauch für die Beheizung von Treibhäusern zu senken, was der Qualität ihrer Erzeugnisse abträglich wäre. Zudem lägen die Preise für Brennstoffe (Methan und Heizöl) in Belgien und in den Niederlanden um 20 bis 40 % unter dem in Italien gezahlten Preis für Agrardiesel, weshalb die Anwendung der betreffenden Steuerbefreiung keine Wettbewerbsverzerrung bewirken würde. Schließlich machte der Beteiligte geltend, dass immer mehr Unternehmen seines Wirtschaftsbereichs Methangas zur Treibhausbeheizung einsetzen würden.

VI.   ZWEITE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG (BEIHILFESACHE C 5/05)

(34)

Nachdem der Kommission Informationen zur Kenntnis gelangt waren, denen zufolge die Verbrauchsteuerbefreiung der Unterglasanbaubetriebe in Wirklichkeit viel höher war als die bei der ersten Einleitung des Verfahrens untersuchte, leitete sie ein zweites Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag ein. Die Bedenken, die im Rahmen der ersten Einleitung geäußert wurden und unter anderem darauf zurückzuführen waren, dass die italienischen Behörden auf die ihnen übermittelte Anordnung zur Auskunftserteilung nicht geantwortet hatten, wurden durch deren Reaktion auf die erste Einleitung des Verfahrens erhärtet. Die Zweifel, die die Kommission im Rahmen der zweiten Einleitung des Verfahrens zum Ausdruck brachte, stützten sich im Wesentlichen auf die folgenden Erwägungen:

a)

Nach Auffassung der italienischen Behörden stellen die Verbrauchsteuerbefreiungen für Brennstoffe, unabhängig von ihrem Umfang, keine staatlichen Beihilfen, sondern steuerliche, durch die Art der für sie getroffenen Regelung gerechtfertigte Maßnahmen dar. Die italienischen Behörden haben jedoch bisher noch keine Unterlagen zur Stützung dieser Argumentation vorgelegt.

b)

Nach einer anderen Begründung der italienischen Behörden hat die Verbrauchsteuerbefreiung keine Wettbewerbsverzerrung zur Folge, da es den Gartenbaubetrieben frei steht, Unterglasanbau zu betreiben, um dadurch in den Genuss der Befreiung zu gelangen. Dieses Argument wirft Zweifel auf, da die Befreiung nicht dem Ziel dienen sollte, eine Umstellung auf die Erzeugung unter Glas zu fördern, sondern die bereits tätigen Unterglasanbaubetriebe von einem mit ihrer Tätigkeit zusammenhängenden finanziellen Aufwand zu entlasten.

c)

Was die Wettbewerbsverzerrung betrifft, so bekräftigen die italienischen Behörden, dass gemäß den ihnen vorliegenden amtlichen Angaben die den Unterglasanbaubetrieben gewährte uneingeschränkte Befreiung keine Wettbewerbsverzerrung nach sich zieht. Nach Auffassung der Kommission ist unklar, was die Behörden zu dieser Argumentation veranlasst hat, da sie selbst in der Antwort auf das Fernschreiben der Kommissionsdienststellen vom 10. Juni 2004 (siehe Erwägungsgrund 14 der vorliegenden Begründung) feststellen, dass sich die von diesen Betrieben dank der vollständigen Befreiung erzielten Einsparungen nicht genau beziffern lassen.

d)

Die italienischen Behörden, die nach wie vor die Auffassung vertreten, es gebe keine Elemente einer staatlichen Beihilfe, haben es versäumt, die Wettbewerbsvorschrift zu bezeichnen, die ihrer Meinung nach die Vereinbarkeit einer vollständigen Steuerbefreiung mit dem Gemeinsamen Markt rechtfertigt.

e)

Es lässt sich auch nicht ausschließen, dass eine Verbrauchsteuerbefreiung im Widerspruch zu den Richtlinien 92/81/EWG und 2003/96/EG steht.

VII.   REAKTION DER ITALIENISCHEN BEHÖRDEN AUF DIE ZWEITE EINLEITUNG DES VERFAHRENS NACH ARTIKEL 88 ABSATZ 2 EG-VERTRAG

(35)

In dem Schreiben vom 21. Februar 2005 machten die italienischen Behörden zunächst geltend, dass das zweite Verfahren von der Sache her ähnliche Fragen betreffe, wie sie bei der ersten Einleitung des Verfahrens behandelt wurden, und dass die Bemerkungen, die sie bereits zu dem ersten Verfahren formuliert hatten, ihre Gültigkeit behielten. Ferner ergänzten sie die Antwort um die folgenden Angaben:

a)

Die Staffelung der Verbrauchsteuern durch die Mitgliedstaaten stelle keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar; die Schlussfolgerungen des Rates Wirtschaft und Finanzen vom 19. März 2003, wonach Ausnahmen vom allgemeinen Steuerrecht oder in seinem Rahmen erfolgende unterschiedliche Behandlungen, die durch die Art oder die allgemeinen Merkmale der steuerlichen Regelung gerechtfertigt sind, keine staatlichen Beihilfen darstellen, seien ein entscheidendes Element, das die maßgebliche Zuständigkeit der Finanzbehörden der Gemeinschaft bestätige; daher hätten sie diesen Finanzbehörden Angaben zur Art und zu den allgemeinen Merkmalen des Systems übermittelt, sobald diese darum gebeten hätten.

b)

Die Formulierung „Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften“ in Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie 2003/96/EG könne nicht im Sinne der Anwendbarkeit von Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf jede Verbrauchsteuerermäßigung oder -befreiung ausgelegt werden, denn wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber jede Verbrauchsteuerstaffelungsmaßnahme von der Einhaltung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag hätte abhängig machen wollen, hätte er diese Absicht entsprechend dem grundlegenden Rechtsauslegungsprinzip „lex ubi voluit dixit“ durch Aufnahme eines Verweises auf diese Artikel deutlich gemacht. Im Übrigen werde der Wille des Gesetzgebers, bestimmte Maßnahmen den Beihilfevorschriften zu unterwerfen, in keinem Rechtsakt der Gemeinschaft durch eine vage Formulierung wie „unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften“ bekundet, sondern klar und deutlich zum Ausdruck gebracht. Zudem sei eine klare und explizite Formulierung umso mehr erforderlich, als die Beurteilung einer Maßnahme als „mit einer staatlichen Beihilfe verbunden“ oder „nicht mit einer staatlichen Beihilfe verbunden“ erhebliche Auswirkungen auf die Art, die Modalitäten und die Dauer der Umsetzung der Maßnahme selbst habe.

c)

Da es eine objektive Tatsache sei, dass die Maßnahme das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtige und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führe, sei es nicht von Belang, welche Einsparungen die Erzeuger dank der Maßnahme selbst erzielen konnten.

VIII.   ANTWORT DER ITALIENISCHEN BEHÖRDEN AUF DIE ANORDNUNG ZUR AUSKUNFTSERTEILUNG VOM 5. DEZEMBER 2008

(36)

In dem Schreiben vom 5. Februar 2009 greifen die italienischen Behörden zunächst das Argument der Vereinbarkeit der Beihilfen mit den Bestimmungen der Richtlinie 92/81/EWG wieder auf, in der ihrer Auffassung nach die Frage der Vereinbarkeit von Verbrauchsteuerermäßigungen oder -befreiungen mit den Wettbewerbsvorschriften nicht ausreichend klargelegt wird.

(37)

Zur Erläuterung ihres Standpunkts nehmen sie auf Artikel 8 der Richtlinie Bezug, wo es heißt: „Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle gewähren, welche unter Steueraufsicht […] ausschließlich bei Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau, in der Forstwirtschaft […] verwendet werden.“

(38)

Durch den in diesem Artikel verwendetet Begriff „unbeschadet“ wird nach Ansicht der italienischen Behörden nicht die Pflicht zur Einhaltung der EU-Wettbewerbsvorschriften begründet, wie dies indessen bei Artikel 26 der Richtlinie 2003/96/EG der Fall sei. Wenn beide Richtlinien dieselbe Verpflichtung vorsähen, hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber keinen Grund gehabt, sich in Artikel 26 der Richtlinie 2003/96/EG ausdrücklicher festzulegen. Daraus schlussfolgern die italienischen Behörden, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung von Artikel 8 der Richtlinie 92/81/EWG rechtmäßig Verbrauchsteuerermäßigungen oder -befreiungen im Agrarsektor anwenden konnten.

(39)

Sodann heben die italienischen Behörden hervor, die Anwendung der Richtlinie 92/81/EWG und mithin der Richtlinie 2003/96/EG führe de facto zu einer Wettbewerbsverzerrung im Binnenmarkt, da die vorgesehenen Ermäßigungen oder Befreiungen jene Mitgliedstaaten begünstige, die über größere wirtschaftliche Ressourcen verfügten und folglich zu einer einheitlichen Anwendung von Verbrauchsteuerermäßigungen im gesamten Agrarsektor in der Lage seien. Da Italien über begrenzte Mittel verfüge, habe es beschlossen, ausschließlich Maßnahmen zugunsten der Unterglasanbaubetriebe zu ergreifen, denn die Maßnahmen zur Verbrauchsteuerermäßigung oder -befreiung seien vor dem Hintergrund einer Krise ergriffen worden, die durch den Anstieg der Brennstoffpreise ausgelöst worden sei. Diesbezüglich weisen die italienischen Behörden darauf hin, dass es nicht in die Zuständigkeit der Kommission falle, in die von einem Mitgliedstaat getroffene Prioritätenwahl einzugreifen.

(40)

In Bezug auf die mögliche Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen (siehe Erwägungsgrund 20 dieser Begründung) machen die italienischen Behörden geltend, dass die gewährten Verbrauchsteuerermäßigungen mit den Bestimmungen dieses Regelwerks in Einklang stünden und deshalb für die darin vorgesehenen Ausnahmeregelungen in Betracht kämen. Ihres Erachtens handelt es sich um bestehende Steuern im Sinne von Randziffer 51 Nummer 2 des Gemeinschaftsrahmens; dort ist vorgesehen, dass im Falle bestehender Steuern Betriebsbeihilfen im Zusammenhang mit Steuerermäßigungen oder -befreiungen genehmigt werden können, wenn die beiden nachstehenden Bedingungen gleichzeitig erfüllt werden:

Die betreffende Steuer muss eine beachtliche positive Wirkung auf den Umweltschutz haben;

die Ausnahmen zugunsten der begünstigten Unternehmen müssen bereits zum Zeitpunkt der Annahme der Steuer feststehen oder wegen einer wesentlichen Veränderung der Wirtschaftsbedingungen, die die Unternehmen in eine besonders schwierige Wettbewerbslage versetzt, notwendig werden. In letzterem Falle darf der Betrag, um den die Steuer herabgesetzt wird, nicht höher als die durch die veränderten Wirtschaftsbedingungen bedingte Mehrbelastung sein. Hört die Mehrbelastung auf, so muss auch die Steuerherabsetzung ein Ende nehmen.

(41)

Nach Ansicht der italienischen Behörden können die Verbrauchsteuern auf in der Landwirtschaft verwendete Brennstoffe, insbesondere auf Heizgas, als Umweltsteuern (Ökosteuern) betrachtet werden und haben eine positive Wirkung auf den Umweltschutz, da sie den Erzeugern Anreize geben, den Brennstoffverbrauch zu senken.

(42)

Was speziell Randziffer 51 Nummer 2 Buchstabe b) des Gemeinschaftsrahmens anbelangt, der zufolge die Ausnahmen zugunsten der Unternehmen bereits zum Zeitpunkt der Annahme der Steuer feststehen müssen, verweisen die italienischen Behörden auf die Entscheidung K(2005) 4436 der Kommission vom 7. Dezember 2005. Nach Maßgabe dieser Entscheidung gilt Folgendes: „Mit den betreffenden Verbrauchsteuern wurden ursprünglich keine Umweltziele verfolgt, und die Befreiungen wurden […] lange vor dem Inkrafttreten des Gemeinschaftsrahmens von 2001 beschlossen. Sie können also so behandelt werden, als ob sie zum Zeitpunkt der Annahme der Verbrauchsteuer bereits feststanden. Folglich können nach Randziffer 51.2 des Gemeinschaftsrahmens die Vorschriften unter Randziffer 51.1 auf die in dieser Entscheidung zu beurteilenden Befreiungen angewandt werden.“ Die italienischen Behörden fügen hinzu, dass die Verbrauchsteuerermäßigungen beschlossen wurden, nachdem sich die wirtschaftlichen Bedingungen geändert hatten (insbesondere nach dem exponentiellen Ölpreisanstieg), wodurch die Unterglaserzeuger gegenüber den Freilanderzeugern in eine besonders heikle Wettbewerbssituation gerieten und sich die Behörden in anderen Ländern dazu veranlasst sahen, Maßnahmen zugunsten der Unterglaserzeuger und des Fischereisektors zu ergreifen. Laut Angabe derselben Behörden entwickelte sich der Heizölpreis in dem betrachteten Zeitraum wie folgt: + 37 % im Zeitraum 1999-2000, + 26 % im Zeitraum 1999-2001 und + 26 % im Zeitraum 1999-2002. Dagegen sah das Preisgefüge folgendermaßen aus (in EUR/Liter als Jahresdurchschnitt):

(EUR pro Liter)

 

Industriepreis

Steuern

Verbraucherpreis

1999

0,217

0,524

0,741

2000

0,342

0,523

0,865

2001

0,317

0,504

0,821

2002

0,292

0,542

0,834

2003

0,314

0,547

0,861

2004

0,354

0,555

0,909

(43)

Die italienischen Behörden heben im Übrigen hervor, die Anwendung von Randziffer 51 des Gemeinschaftsrahmens verpflichte die Unternehmen in jedem Fall dazu, einen Teil der Steuer zu entrichten. Ihrer Auffassung nach könnte die von Italien angewandte Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein, wenn die Begünstigten den auf Gemeinschaftsebene festgesetzten Mindestbetrag zahlen (der nach Ansicht der italienischen Behörden im Zeitraum 2000-2003 bei 13 EUR/1 000 kg und danach bei 21 EUR/1 000 kg lag).

(44)

Schließlich geben die italienischen Behörden in Bezug auf das Gesamtbeihilfevolumen an, dass es sich bei den in den verschiedenen Haushaltsgesetzen genannten Zahlen um Schätzwerte handele, die auf den Prognosen für den Heizstoffverbrauch beruhen und eher unter dem Gesichtspunkt einer entgangenen Einnahme denn als Mittelzuteilung zu betrachten seien. Ihrer Ansicht nach ist es schwierig, schon jetzt den jedem Erzeuger verschafften Vorteil zu quantifizieren, da die Regionen, Provinzen und sogar Gemeinden mit der Verwaltung des Steuersystems betraut seien. Die Zahlen würden mitgeteilt, sobald sie zur Verfügung stünden.

IX.   DAS AM 18. MAI 2009 ÜBERMITTELTE SCHREIBEN

(45)

In diesem Schreiben betonen die italienischen Behörden zunächst, dass Verbrauchsteuern bestehende Steuern seien und aus diesem Grund für die Ausnahmen in Betracht kämen, die nach den Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen aus den bereits in dem vorstehenden Erwägungsgrund 42 genannten Gründen auf sie anwendbar seien.

(46)

Daraufhin folgt eine aktualisierte Version der Tabelle aus Erwägungsgrund 42 dieser Begründung (die Spalte bezüglich der Steuern wurde in Verbrauchsteuern und MwSt unterteilt). Aus der neuen Tabelle ergibt sich für den betrachteten Zeitraum die folgende Preisstruktur (diesmal erfolgen die Angaben in EUR/1 000 l):

(EUR pro 1000 Liter)

 

Industriepreis

MwSt.

Verbrauchsteuern

Verbraucherpreis

1999

219,83

123,5

397,67

741

2000

344,35

144,1

375,92

864,33

2001

313,4

136,7

370,11

820,22

2002

293,31

139,7

405,24

838,26

2003

314,37

143,5

403,21

861,1

2004

355,01

151,6

403,21

909,86

(47)

Die italienischen Behörden heben hervor, dass die Verbraucherpreise für Heizöl von 1999 bis 2004, abgesehen von einem leichten Rückgang von 2000 zu 2001, unablässig gestiegen seien. Anschließend wiederholen sie die bereits in den Erwägungsgründen 42 und 43 angeführten Argumente.

(48)

Um die Maßnahme unter Berücksichtigung des italienischen Steuersystems zu rechtfertigen, legen die italienischen Behörden dar, dass die Mengen der steuerbefreiten Brennstoffe in Italien auf der Grundlage der Flächen, der Qualität der Kulturen und der Ausstattung mit tatsächlich genutzten landwirtschaftlichen Einrichtungen aufgeteilt wurden. Daher könne davon ausgegangen werden, dass die Befreiung in Abhängigkeit von der ausgeübten Tätigkeit berechnet worden sei und im Falle des Unterglasanbaus auch in einem angemessenen Verhältnis stehe, da diese Anbaumethode entschieden vom Diesel abhänge und durch vollkommen andere Produktionsbedingungen als der Freilandanbau gekennzeichnet sei. Außerdem werde durch die Befreiung nicht nur ein Erzeugnis begünstigt, denn sie gelte für alle Unterglasanbauerzeugnisse, und der Treibhausanbau könne als ein im gesamten Agrarsektor verbreitetes Verfahren betrachtet werden.

(49)

Zur Anwendbarkeit von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag im Allgemeinen vertreten die italienischen Behörden die Auffassung, dass die Bedingungen des genannten Absatzes nicht gegeben seien, da die Befreiungen weder selektiv seien noch den Wettbewerb verfälschten.

(50)

Im Hinblick auf die Selektivität beziehen sie sich auf das Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache T-233/04 (9). In der Würdigung (Randnummer 86) führte das Gericht Folgendes aus: „Für die Anwendung des Artikels 87 EG kommt es nicht darauf an, ob sich die Situation des durch die Maßnahme angeblich Begünstigten im Vergleich zur vorherigen Rechtslage verbessert oder verschlechtert hat oder ob sie im Gegenteil unverändert geblieben ist. Es ist lediglich festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, ‚bestimmte … Unternehmen oder Produktionszweige‘ im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen.“

(51)

Nach Ansicht der italienischen Behörden führt die Steuerbefreiung für Diesel, der in einem geschützten Umfeld verwendet wird, in dem landwirtschaftliche Erzeugnisse angebaut werden, weder zu einer unterschiedlichen Behandlung zwischen Unternehmen in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation noch zwischen Erzeugnissen, da alle Unternehmen, unabhängig von den erzeugten Waren, in den Genuss der Befreiung kommen können, wenn sie sich Diesel für den Unterglasanbau beschaffen.

(52)

Hinsichtlich einer möglichen Wettbewerbsverfälschung beziehen sich die italienischen Behörden auf die Entscheidung K(2008) 1105 der Kommission, wo es in Erwägungsgrund 43 heißt: „Die uneingeschränkten oder eingeschränkten Steuerbefreiungen, die nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 92/81/EWG zulässig sind, dienen denselben Zielen wie die Maßnahmen gemäß der Richtlinie 2003/96/EG und sind von eher geringerer Bedeutung, sodass in Analogie behauptet werden kann, dass sie keine unzumutbare Wettbewerbsverfälschung bewirken dürften“.

(53)

Die italienischen Behörden weisen ferner darauf hin, dass die Kommission in Erwägungsgrund 32 derselben Entscheidung die Auffassung vertreten habe, derartige Maßnahmen für Brennstoffe, die in der primären Agrarproduktion verwendet werden, würden in Anbetracht der geringen Größe der Landwirtschaftsbetriebe in der Europäischen Union (über 60 % der Betriebe verfügen über eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von weniger als 5 Hektar) den Wettbewerb nicht in unangemessener Weise verfälschen. Ausgehend von dieser Erwägung heben sie hervor, dass die in Rede stehenden Befreiungen in Anbetracht dieses Größenkriteriums den Wettbewerb wohl kaum verfälschen können, da die landwirtschaftliche Nutzfläche in etwa 80 % der italienischen Agrarbetriebe weniger als 5 Hektar betrage.

(54)

Als weiteres Argument führen die italienischen Behörden an, dass für die Beheizung von 1 m3 Treibhausfläche nur 2 Liter Diesel verwendet werden dürften. Darüber hinaus habe eine Studie des ENAMA (Ente nazionale per la meccanizzazione agricola — Nationales Institut für Mechanisierung in der Landwirtschaft) zum Dieselverbrauch in 14 der 21 italienischen Regionen ergeben, dass der Anteil des in Treibhäusern verwendeten Diesels (167 436 001 Liter) im Jahr 2002 lediglich 11,77 % und im Jahr 2003 10, 67 % des gesamten Agrardieselverbrauchs betragen habe.

(55)

Nach diesen Klarstellungen zur Untermauerung ihrer Auffassung, die fraglichen Befreiungen würden keine Elemente staatlicher Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag enthalten, bekräftigen die italienischen Behörden den horizontalen Charakter der Steuerbefreiungen; sie beharren darauf, dass alle landwirtschaftlichen Erzeuger davon profitieren könnten, wenn sie Unterglasanbau betreiben würden, und betonen, aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit dürfe der Grundsatz der Nichtdiskriminierung nicht rückwirkend angewandt werden.

X.   WÜRDIGUNG

(56)

Diese Entscheidung betrifft den Unterschied zwischen den Verbrauchsteuerbefreiungen für Diesel, der für das Beheizen von Treibhäusern verwendet wird, einerseits und den Verbrauchsteuerbefreiungen für Diesel, der als Kraftstoff verwendet wird, andererseits.

(57)

Unter Berücksichtigung der Reaktion der italienischen Behörden auf die Verfahrenseinleitung muss zunächst untersucht werden, ob die Regelung Elemente staatlicher Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag enthält.

(58)

Gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(59)

Die in Rede stehende Regelung entspricht dieser Definition, nicht nur, weil sie aus staatlichen Mitteln gewährt wird (denn durch die Gewährung von Verbrauchsteuerbefreiungen verzichtet der Staat auf bestimmte Einnahmen, die er andernfalls erzielen könnte), sondern auch, weil sie bestimmte Unternehmen begünstigt (die Unternehmen des Bereichs Landwirtschaft und in dessen Rahmen die Unterglasanbaubetriebe) und in Anbetracht der Stellung Italiens im Unterglasanbau den Handel beeinträchtigen sowie den Wettbewerb verfälschen kann (Italien nahm zum Beispiel in den Jahren 2000 und 2003 hinsichtlich der für den Frischgemüseanbau genutzten Unterglasfläche den zweiten Platz unter den EU-Erzeugerländern ein; 2000 und 2001 war Italien EU-weit der größte Gemüseerzeuger, und in dem Zeitraum, auf den sich die eingeleiteten Verfahren beziehen, stand Italien schließlich in Hinsicht auf die Unterglasfläche an zweiter Stelle aller europäischen Länder).

(60)

Im Zuge der Aktenprüfung führten die italienischen Behörden eine Reihe von Argumenten an, um ihre These, wonach die Regelung keine Elemente staatlicher Beihilfen enthält, zu verteidigen:

gemäß der politischen Einigung, die Rat und Kommission anlässlich der Tagung des Rates Wirtschaft und Finanzen am 19. März 2003 erzielten, würden die Ausnahmen vom allgemeinen (Steuer)Recht oder in seinem Rahmen erfolgende unterschiedliche Behandlungen, die durch die Art oder die allgemeinen Merkmale der steuerlichen Regelung gerechtfertigt sind, keine staatlichen Beihilfen implizieren; ferner würden die Befreiungen in Italien der Logik des italienischen Steuersystems entsprechen, da sie für alle Unterglasanbauerzeugnisse gelten und die Mengen der verbrauchsteuerbefreiten Brennstoffe in Abhängigkeit von der ausgeübten Tätigkeit aufgeteilt wurden;

ausgehend von den vorliegenden Schätzungen und Daten würde die betreffende Regelung „das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen und nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen“ (siehe Erwägungsgründe 30 und 31);

die Befreiungen seien weder selektiv noch dergestalt, dass sie den Wettbewerb verfälschen.

(61)

Zunächst ist hervorzuheben, dass keine politische Einigung den Beihilfebegriff, wie er objektiv im Vertrag definiert wird, ändern kann.

(62)

Bezüglich des Vorbringens, die Befreiungen seien durch die Art und die allgemeinen Merkmale des Steuersystems gerechtfertigt, vertritt die Kommission die Auffassung, dass die spezifischen, auf einen bestimmten Produktionsbereich beschränkten Verbrauchsteuerbefreiungen (im vorliegenden Fall kamen dem Unterglasanbau höhere Steuerbefreiungen zugute als dem Freilandanbau) nicht durch die Natur und die Logik des Steuersystems gerechtfertigt werden können, wenn die Mitgliedstaten nach dem Gemeinschaftsrecht grundsätzlich verpflichtet sind, Verbrauchsteuern zu erheben (10). Dieselbe Erwägung gilt, wenn die Gewährung solcher Befreiungen nicht durch das Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist. Das Argument, die Befreiungen würden für alle Anbauarten gelten, ist in diesem Fall nicht beweiskräftig, weil ganzen Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion niedrigere Befreiungen zugute kamen als den Unterglaserzeugern, und wenn, wie die italienischen Behörden behaupten, die Mengen der verbrauchsteuerbefreiten Brennstoffe in Abhängigkeit von der ausgeübten Tätigkeit aufgeteilt wurden, so hätte es die Logik des Steuersystems gewollt, dass allen auf der Verwendung von Diesel beruhenden Tätigkeiten dieselbe Befreiung hätte zugute kommen müssen.

(63)

Die Frage der Selektivität wurde bereits in Erwägungsgrund 58 dieser Begründung behandelt. Hinsichtlich der Bezugnahme auf das Urteil in der Rechtssache T 233-04 stellt die Kommission unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe 25 und 26 dieser Begründung fest, dass zwar alle landwirtschaftlichen Betriebe, in denen Diesel verwendet wird, die Befreiungen in Anspruch nehmen konnten, den Unterglasanbaubetrieben jedoch höhere Befreiungen zuteil geworden sind. Alle Betriebe befanden sich in einer vergleichbaren tatsächlichen Situation, da sie Diesel für die Produktion einsetzten; daher waren sie unabhängig von ihrer Rechtsstellung im gleichen Maße vom Ziel der Maßnahme (Abfederung der Auswirkungen des Preisanstiegs für Erdölerzeugnisse) betroffen. Die Tatsache, dass einige der sich in einer vergleichbaren Situation befindlichen Unternehmen höhere Befreiungen in Anspruch nehmen konnten, zeigt, dass die Regelung ein selektives Element enthält.

(64)

Bezüglich des Arguments, die Regelung würde das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes nicht beeinträchtigen und keine Wettbewerbsverzerrungen nach sich ziehen, weist die Kommission das Vorbringen der italienischen Behörden aus folgenden Gründen zurück:

Die Schlussfolgerung der Entscheidung, auf die sich die italienischen Behörden beziehen (siehe Erwägungsgrund 52 dieser Begründung), lautet, dass eine staatliche Beihilfe vorliegt, die auf der Grundlage der Ausnahme nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag genehmigt werden kann; diese Ausnahmeregelung kann jedoch nicht als Nachweis dafür geltend gemacht werden, dass die hier geprüfte Regelung keine Elemente staatlicher Beihilfen enthält (diese Erwägung gilt ebenso für das Argument der italienischen Behörden, das in Erwägungsgrund 53 der vorliegenden Begründung erläutert wird).

Die in Erwägungsgrund 54 dieser Begründung angeführten Angaben sind unvollständig (sie beziehen sich auf 14 von insgesamt 21 Regionen), und es gibt nichts, was den Schluss zuließe, sie seien repräsentativ: Es lässt sich nicht entnehmen, ob die Regionen, für die Angaben bereitgestellt wurden, den Regionen entsprechen, in denen der Unterglasanbau stärker verbreitet ist; außerdem deuten die Verbrauchsangaben für den Agrarsektor eher darauf hin, dass Diesel ein wichtiges landwirtschaftliches Betriebsmittel ist. In jedem Fall genügt es, dass die Beihilfe die Wettbewerbsstellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern im innergemeinschaftlichen Handel stärkt, damit diese Beihilfe als geeignet gilt, den Wettbewerb zu verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (11). Dies geschieht im vorliegenden Fall, weil die gewährte Befreiung die italienischen Unterglasanbaubetriebe gegenüber den im selben Sektor tätigen Unternehmen in den anderen Mitgliedstaaten begünstigt.

(65)

Darüber hinaus führten die italienischen Behörden zur ersten Einleitung des Verfahrens an, die betreffenden Beihilfen stellten keine staatlichen Beihilfen dar, sondern müssten nach den Bestimmungen der Richtlinien 92/81/EWG und 2003/96/EG geprüft werden. Zu dieser Schlussfolgerung gelangen sie aufgrund der Argumentation, wonach das Vorhandensein staatlicher Beihilfen allein dadurch auszuschließen sei, dass eine EU-Richtlinie die Möglichkeit der Gewährung von Steuerbefreiungen vorsehe. Dieses Vorbringen wurde in der Antwort auf die Anordnung zur Auskunftserteilung bekräftigt.

(66)

Die Kommission kann sich diesen Argumenten nicht anschließen. In Erwägungsgrund 6 der Richtlinie 92/81/EWG wird klargestellt, dass den Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt wird, fakultativ andere (...) Befreiungen (...) anzuwenden, sofern dies nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt. Ferner sieht Artikel 8 Absatz 2 derselben Richtlinie vor, dass die Mitgliedstaaten „unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften“ uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen gewähren können. Da die Richtlinie 92/81/EWG einen Hinweis auf das Vorhandensein eines Risikos von Wettbewerbsverzerrungen enthält, schließt sie nicht aus, dass die Befreiungen staatliche Beihilfen darstellen können. Es sei daran erinnert, dass sich die Zuständigkeiten der Kommission für Fragen staatlicher Beihilfen direkt aus dem EG-Vertrag ergeben und nicht durch eine Richtlinie zur Harmonisierung einer Steuer auf Gemeinschaftsebene beschränkt werden können.

(67)

Ferner wird in den Erwägungsgründen 15 und 24 der Richtlinie 2003/96/EG darauf hingewiesen, dass Maßnahmen zur Einführung gestaffelter Steuersätze im Einklang mit den Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln stehen müssen, um nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu führen. Die Pflicht zur Anwendung der Wettbewerbsregeln wird überdies in Artikel 26 der Richtlinie 2003/96/EG bekräftigt, in dem die Mitgliedstaaten darauf hingewiesen werden, dass die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen darstellen können und in diesem Fall nach Maßgabe von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag mitzuteilen sind. In diesem Artikel heißt es ausdrücklich, dass die der Kommission aufgrund der Richtlinie übermittelten Informationen die Mitgliedstaaten nicht von der Mitteilungspflicht im Sinne von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag entbinden.

(68)

Schließlich machen die italienischen Behörden geltend (vgl. Erwägungsgrund 39 dieser Begründung), die Anwendung von Befreiungen führe zu einer Wettbewerbsverzerrung, die ein typisches Element einer staatlichen Beihilfe gemäß Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag sei.

(69)

Eingedenk all dieser Erwägungen kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Verbrauchsteuerbefreiungen, die im Rahmen der hier untersuchten Regelung angewandt wurden, staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen.

(70)

Gleichwohl können bestimmte Maßnahmen in den von Artikel 87 Absätze 2 und 3 EG-Vertrag vorgesehenen Fällen ausnahmsweise als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar betrachtet werden.

(71)

Die in Artikel 87 Absatz 2 EG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmetatbestände in Bezug auf Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, und Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland sind im vorliegenden Fall, unabhängig davon, wer die Begünstigten der Regelung sind, nicht anwendbar.

(72)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die Freistellungstatbestände des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag in Bezug auf die Entwicklung bestimmter Gebiete bei dieser Beihilferegelung nicht anzuwenden sind, da letztere keine Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten umfasst, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht.

(73)

Was den Freistellungstatbestand des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe b EG-Vertrag angeht, so ist lediglich festzustellen, dass es sich bei der fraglichen Steuerregelung nicht um ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse handelt und auch nicht eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Italiens behoben werden soll. Außerdem geht es nicht darum, die Kultur und die Erhaltung des kulturellen Erbes gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe d EG-Vertrag zu fördern.

(74)

Der einzigen Freistellungstatbestand, der in Betracht gezogen werden könnte, ist folglich der nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag, dem zufolge Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

(75)

Da es sich bei den Beihilfen der gegenständlichen Regelung um nicht angemeldete Beihilfen handelt, muss ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, wie in der Bekanntmachung der Kommission über die zur Beurteilung unrechtmäßiger staatlicher Beihilfen anzuwendenden Regeln (12) klargestellt wird, anhand der zum Zeitpunkt ihrer Gewährung geltenden Beihilfevorschriften geprüft werden.

(76)

Zwar werden in Randnummer 172 der neuen Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007-2013 (13) bestimmte vorschriftswidrige Beihilfen, die seit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2003/96/EG gewährt wurden, als mit Artikel 87 Absatz 3, Buchstabe c EG-Vertrag vereinbar betrachtet, doch gilt dies nur, wenn die Bedingungen dieser Richtlinie erfüllt worden sind und innerhalb des Landwirtschaftssektors keine Differenzierung vorgenommen wurde. Dasselbe gilt für rechtswidrige Beihilfen, die aufgrund der Richtlinie 92/81/EWG gewährt worden sind.

(77)

In Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 92/81/EWG heißt es: „Die Mitgliedstaaten erheben nach Maßgabe dieser Richtlinie eine harmonisierte Verbrauchsteuer auf Mineralöle.“ In Absatz 2 desselben Artikels wird präzisiert, dass die Mitgliedstaaten ihre Steuersätze nach Maßgabe der Richtlinie 92/82/EWG der Kommission vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuersätze für Mineralöle festsetzen (14).

(78)

Artikel 5 Absatz 2 der Richtlinie 92/82/EWG sieht einen Verbrauchsteuersatz von 18 ECU je 1 000 Liter vor, wenn Gasöl verwendet wird für ortsfeste Motoren, den Betrieb von technischen Einrichtungen und Maschinen, die im Hoch- und Tiefbau und bei öffentlichen Bauarbeiten eingesetzt werden, sowie für Fahrzeuge, die bestimmungsgemäß abseits von Straßen eingesetzt werden oder die über keine Genehmigung für die überwiegende Verwendung auf öffentlichen Straßen verfügen.

(79)

In Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 92/81/EWG wird Folgendes genauer ausgeführt: „Die Mineralöle unterliegen, soweit für sie in der Richtlinie 92/82/EWG keine Steuersätze festgelegt sind, der Verbrauchsteuer, falls sie zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmt sind oder als solcher zum Verkauf angeboten bzw. verwendet werden. Der jeweilige Steuersatz wird entsprechend dem Verwendungszweck in Höhe des Satzes für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff festgesetzt“ (der von den italienischen Behörden angegebene und weiter oben in Erwägungsgrund 43 der vorliegenden Begründung erwähnte Betrag von 13 EUR ist der Verbrauchsteuersatz für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff, mit anderen Worten der Steuersatz für schweres Heizöl, der in Artikel 6 der Richtlinie 92/82/EWG auf 13 EUR je 1 000 kg festgesetzt wurde).

(80)

Allerdings ist in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 92/81/EWG Folgendes verankert: „Unbeschadet anderer Gemeinschaftsvorschriften können die Mitgliedstaaten uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle gewähren, welche unter Steueraufsicht […] ausschließlich bei Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau, in der Forstwirtschaft sowie bei der Inlandsfischerei [verwendet werden].“

(81)

Gemäß der seit 1. Januar 2004 geltenden Richtlinie 2003/96/EG (15) wird der Mindestverbrauchsteuersatz für Gasöl für Heizzwecke auf 21 EUR je 1 000 Liter festgesetzt (Artikel 9 der Richtlinie in Verbindung mit Tabelle C in Anhang I derselben). Artikel 15 Absatz 3 dieser Richtlinie enthält ferner eine ähnliche Bestimmung wie Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 92/81/EWG, denn dort heißt es: „Die Mitgliedstaaten können einen bis zu Null gehenden Steuerbetrag auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom anwenden, die für Arbeiten in Landwirtschaft und Gartenbau, in der Fischzucht und in der Forstwirtschaft verwendet werden.“

(82)

Nach Maßgabe der beiden vorgenannten Richtlinien bestand demnach die Möglichkeit, uneingeschränkte Verbrauchsteuerbefreiungen zu gewähren. Da die untersuchte Beihilferegelung jedoch eine Differenzierung bei den Verbrauchsteuerbefreiungen bewirkt, die einige Landwirtschaftsbetriebe begünstigt, kann sie unter Berücksichtigung von Randnummer 172 der Rahmenregelung der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor 2007-2013 (16) nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden.

(83)

In dem gesamten Zeitraum, der von den beiden hinsichtlich der Verbrauchsteuerbefreiungen eingeleiteten Verfahren erfasst wird (3. Oktober 2000 bis 31. Dezember 2004 – siehe Randnummern 25 und 27), galten für staatliche Beihilfen die Vorschriften des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor (17) (im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen Landwirtschaft von 2000).

(84)

Die Kommission stellt fest, dass die Beihilfen aufgrund ihrer Art (uneingeschränkte Verbrauchsteuerbefreiungen) einseitige staatliche Beihilfemaßnahmen darstellen, die lediglich dazu bestimmt sind, die finanzielle Lage der Erzeuger zu verbessern, die aber nicht in irgendeiner Weise zur Entwicklung des Sektors insgesamt beitragen. Diese Feststellung wird dadurch erhärtet, dass die italienischen Behörden in ihren ergänzenden Angaben erklären, Grund für die Beihilfegewährung sei der Ölpreisanstieg (vgl. Erwägungsgrund 39 dieser Begründung).

(85)

Gemäß Ziffer 3.5 des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 sind solche Beihilfen als Betriebsbeihilfen anzusehen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind.

(86)

Allerdings ist nach Ziffer 5.5. des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 eine Ausnahme von den Bestimmungen der vorstehend zitierten Ziffer 3.5 für Betriebsbeihilfen zulässig, die Umweltzielen dienen.

(87)

Im Besonderen bezieht sich Ziffer 5.5.4 des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 auf den spezifischen Fall der teilweisen oder vollständigen Umweltsteuerbefreiungen. Nachdem die Kommission an dieser Stelle bestimmte Vorbehalte geäußert hatte, führte sie aus, dass derartige Beihilfen nur genehmigt werden können, wenn die folgenden Bedingungen gleichzeitig erfüllt werden:

es handelt sich um zeitlich begrenzte (für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren gewährte) und degressive Beihilfen;

es kann schlüssig dargelegt werden, dass die Beihilfen erforderlich sind, um einen Verlust der Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene auszugleichen;

die Beihilferegelung bietet einen echten Anreiz zur Reduzierung des Einsatzes der betreffenden Betriebsmittel.

(88)

Die Kommission stellt fest, dass die Beihilfen im vorliegenden Fall nicht degressiv sind, denn eingedenk der verschiedenen Artikel der Haushaltsgesetze über die Verbrauchsteuerbefreiungen wurde bis 31. Dezember 2000 eine eingeschränkte und anschließend eine uneingeschränkte Freistellung für jeden der in Erwägungsgrund 27 dieser Begründung genannten Zeiträume gewährt. Ferner waren die Beihilfen nicht zeitlich begrenzt, weil die Befreiungen, abgesehen vom zweiten Halbjahr 2001, im gesamten betrachteten Zeitraum tatsächlich dauerhaft gewährt wurden. Die italienischen Behörden beriefen sich zwar auf eine heikle Wettbewerbslage (vgl. Erwägungsgrund 42 dieser Begründung), stellten jedoch keine Daten als Beleg für den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit bereit. Schließlich erscheint es unwahrscheinlich, dass eine Steuerbefreiungsregelung, die definitionsgemäß die Brennstoffe billiger macht, die Begünstigten dazu animieren könnte, den Verbrauch der betreffenden Betriebsmittel zu senken (ob es sich nun um Treibhäuser oder im weiteren Sinne um die Brennstoffe selbst handelt, sofern man sie als Betriebsmittel betrachtet).

(89)

Deshalb können die in Rede stehenden staatlichen Beihilfen nicht ausschließlich aufgrund der Bestimmungen des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 als gerechtfertigt betrachtet werden, denn diese ermöglichen es lediglich, Betriebsbeihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen.

(90)

Dies vorausgeschickt, bietet Ziffer 5.6.2 des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 außerdem die Möglichkeit, Beihilfen von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der in Frage kommenden Grundsätze des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen zu bewerten.

(91)

Im Hinblick auf den von den beiden Verfahren erfassten Zeitraum sind die folgenden einschlägigen Beihilfevorschriften heranzuziehen, um die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfen zu prüfen:

für den Zeitraum 3. Oktober 2000 bis 2. Februar 2001 der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen von 1994 (18) (im Folgenden: Umwelt-Gemeinschaftsrahmen von 1994),

für den Zeitraum 3. Februar 2001 bis 31. Dezember 2004 der seit 3. Februar 2001 in Kraft befindliche Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (im Folgenden: Umwelt-Gemeinschaftsrahmen von 2001) (19).

(92)

Nach den Bestimmungen des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 1994 (Ziffer 3.4) kann die Kommission vom Grundsatz des Verbots von Betriebsbeihilfen abweichen, sofern die Beihilfen lediglich die Produktionsmehrkosten im Vergleich zu den üblichen Kosten ausgleichen, vorübergehend und grundsätzlich degressiv sind und einen Anreiz zur Herabsetzung der Verschmutzung oder zum beschleunigten, rationelleren Einsatz von Ressourcen darstellen.

(93)

Ebenfalls in Ziffer 3.4 wird deutlich gemacht, dass die vorübergehende Befreiung von neuen Umweltabgaben dort genehmigt werden kann, wo ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit — insbesondere auf internationaler Ebene — ausgeglichen werden muss. Darüber hinaus ist die von den betreffenden Unternehmen erbrachte Gegenleistung in Form von Maßnahmen zur Verringerung der Umweltverschmutzung zu berücksichtigen. Diese Regel gilt auch für Abgabenbefreiungen aufgrund des EG-Rechts.

(94)

Neben der Tatsache, dass die Beihilfen, wie bei der im Lichte von Ziffer 5.5.4 des Gemeinschaftsrahmens Landwirtschaft von 2000 vorgenommenen Prüfung angeführt, weder zeitlich begrenzt noch degressiv sind und auch keinen Anreiz bieten, stellt die Kommission fest, dass sich in den ihr vorliegenden Informationen kein Nachweis dafür findet, dass die Beihilfen strikt darauf begrenzt wären, die Produktionsmehrkosten im Vergleich zu den üblichen Kosten auszugleichen. Folglich erfüllen die Beihilfen nicht die in Erwägungsgrund 92 der vorliegenden Begründung angeführten Bedingungen, die es ermöglichen würden, sie als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen.

(95)

Darüber hinaus sind die in Erwägungsgrund 93 dieser Begründung genannten Bedingungen im vorliegenden Fall nicht relevant, da die Beihilfen keine neuen Abgaben betreffen (die Verbrauchsteuern bestanden vor dem Zeitraum, auf den sich die beiden Verfahren beziehen: So wird zum Beispiel in Artikel 24 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 388 vom 23. Dezember 2000 zur Einführung der vollständigen Verbrauchsteuerbefreiung für den Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2001 auf das Gesetz Nr. 662 von 1996 hingewiesen, das ebenfalls die Verbrauchsteuern betraf und in dem auf die Gesetzesverordnung Nr. 504/1995 verwiesen wird, die die konsolidierte Fassung der Rechtsvorschriften über die Produktions- und Verbrauchsteuern enthält). Hierzu merkt die Kommission an, dass die italienischen Behörden nicht bestritten haben, dass es sich bei den fraglichen Abgaben um „vorher bestehende Steuern“ handelt. Zudem haben sie nie behauptet, dass diese Steuern vor kurzem eingeführt worden seien (vgl. Erwägungsgründe 40 und 45 der vorliegenden Begründung).

(96)

Deshalb können diese Beihilfen nicht auf der Grundlage der Bestimmungen des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 1994 als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden.

(97)

Im Umwelt-Gemeinschaftsrahmen von 2001 wird zwischen neuen Steuern (Randziffer 51 Nummer 1) und vorher bestehenden Steuern (Randziffer 51 Nummer 2 und Randziffer 52) unterschieden.

(98)

Die Kommission stellt fest, dass die von der Befreiung betroffenen Steuern als im fraglichen Zeitraum bestehende Steuern zu betrachten sind, weil die Befreiungen, über die Betrachtungen in Erwägungsgrund 95 der vorliegenden Begründung hinaus, Jahr für Jahr in den verschiedenen Haushaltsgesetzen beschlossen wurden und nicht in irgendeinem Gesetz mit automatischen Ausnahmeregelungen, das zu irgendeinem Zeitpunkt des betrachteten Zeitraums erlassen wurde. Außerdem hat die Kommission bereits in Erwägungsgrund 95 der vorliegenden Begründung festgestellt, dass die italienischen Behörden nicht bestritten haben, dass es sich bei den fraglichen Abgaben um „vorher bestehende Steuern“ handelt, und nie behauptet haben, dass diese Steuern vor kurzem eingeführt worden seien.

(99)

Wie in Erwägungsgrund 40 dieser Begründung angeführt, sind gemäß Randziffer 51 Nummer 2 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 auf bestehende Steuern die für die Genehmigung neuer Steuern geltenden, in Randziffer 51 Nummer 1 genannten Vorschriften anwendbar, wenn die beiden nachstehenden Bedingungen gleichzeitig erfüllt werden:

die betreffende Steuer muss eine beachtliche positive Wirkung auf den Umweltschutz haben;

die Ausnahmen zugunsten der begünstigten Unternehmen müssen bereits zum Zeitpunkt der Annahme der Steuer feststehen oder wegen einer wesentlichen Veränderung der Wirtschaftsbedingungen, die die Unternehmen in eine besonders schwierige Wettbewerbslage versetzt, notwendig werden. In letzterem Falle darf der Betrag, um den die Steuer herabgesetzt wird, nicht höher als die durch die veränderten Wirtschaftsbedingungen bedingte Mehrbelastung sein. Hört die Mehrbelastung auf, so muss auch die Steuerherabsetzung ein Ende nehmen.

(100)

Die Kommission kann gelten lassen, dass eine Heizölverbrauchsteuer, die einen Anstieg des Dieselpreises bewirkt, die Verwender zu Senkung des Dieselverbrauchs anzuhalten vermag, was positive Auswirkungen auf den Umweltschutz hat. Gleichwohl wurden diese Befreiungen Jahr für Jahr, sogar mit einer Unterbrechung vom 1. Juli bis 31. Dezember 2001 (vgl. Erwägungsgrund 27 der vorliegenden Begründung), festgesetzt, und die italienischen Behörden haben weder nachgewiesen noch jemals behauptet, dass diese Ausnahmen bereits zum Zeitpunkt der Annahme der Steuer feststanden. Vielmehr hoben sie hervor, die Ausnahmeregelungen seien erlassen worden, um einem reinen Konjunkturproblem entgegenzutreten, nämlich dem Anstieg der Kraft- und Heizstoffpreise.

(101)

Dem Argument der italienischen Behörden, die Kommission müsse ihre Untersuchung so durchführen, als hätten die Befreiungen bereits zum Zeitpunkt der Annahme der Steuer festgestanden, kann nicht gefolgt werden. In der Tat beziehen sich die italienischen Behörden auf die Entscheidung K(2005) 4436 der Kommission (siehe Erwägungsgrund 42 der vorliegenden Begründung). In dieser Entscheidung (vgl. Erwägungsgrund 74 derselben) hatte die Kommission ihre Schlussfolgerungen darauf gestützt, dass die Befreiungen lange vor Inkrafttreten des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Umweltschutzbeihilfen von 2001 beschlossen wurden. Im vorliegenden Fall muss jedoch festgestellt werden, dass die ersten Befreiungen auf Oktober 2000 zurückgehen, also kurz vor Inkrafttreten des genannten Gemeinschaftsrahmens erfolgten. Es ist zu betonen, dass die italienischen Behörden zu keinem Zeitpunkt zuvor gewährte Befreiungen geltend machten.

(102)

Was im Übrigen die zweite Bedingung von Randziffer 51 Nummer 2 zweiter Gedankenstrich des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 anbelangt, so haben die italienischen Behörden weder einen Nachweis für eine wesentliche Veränderung der Wirtschaftsbedingungen erbracht, die die Unternehmen in eine besonders schwierige Wettbewerbslage versetzt haben könnten (vgl. Erwägungsgrund 88 der vorliegenden Begründung), noch haben sie bewiesen, dass der Betrag, um den die Steuer herabgesetzt wurde, nicht höher als die durch die veränderten Wirtschaftsbedingungen bedingte Mehrbelastung war. Insbesondere zur Wettbewerbslage enthalten die Angaben der in den Erwägungsgründen 42 und 46 der vorliegenden Begründung angeführten Tabellen weder Vergleichselemente noch ermöglichen sie demzufolge das Aufzeigen irgendeiner Verschlechterung der Wettbewerbslage der italienischen Unterglasanbaubetriebe. Hierzu ist auch zu betonen, dass ganz Europa und nicht nur Italien vom Preisanstieg für Erdölerzeugnisse betroffen war.

(103)

Da eine der beiden in Erwägungsgrund 99 dieser Begründung genannten Bedingungen nicht erfüllt ist, können die Bestimmungen von Randziffer 51 Nummer 2 und folglich auch die von Randziffer 51 Nummer 1 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 nicht angewandt werden.

(104)

Nachrangig könnten die fraglichen Befreiungen, selbst wenn die Bestimmungen von Randziffer 51 Nummer 2 anwendbar gewesen wären, nicht im Rahmen von Randziffer 51 Nummer 1 als zulässig betrachtet werden, denn dort steht Folgendes:

„Führt ein Mitgliedstaat aus Umweltschutzgründen eine neue Steuer in einem Wirtschaftszweig oder für Erzeugnisse ein, für die eine gemeinschaftliche Steuerharmonisierung fehlt, oder plant der betreffende Mitgliedstaat eine höhere Steuer als die aufgrund der Gemeinschaftsnormen vorgesehene Steuer, so vertritt die Kommission die Auffassung, dass Freistellungsentscheidungen mit einer Laufzeit von zehn Jahren ohne Degressivität in zwei Fällen gerechtfertigt sein können:

a)

Wenn derartige Befreiungen Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Mitgliedstaat und den begünstigten Unternehmen sind, in der sich die Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen verpflichten, während der Geltungsdauer der Steuerbefreiung Umweltschutzziele zu verwirklichen, oder wenn sich die Unternehmen zum Abschluss gleichwertiger freiwilliger Vereinbarungen verpflichten. Diese Vereinbarungen können u. a. die Herabsetzung des Energieverbrauchs oder der Emissionen oder andere umweltschutzfreundliche Maßnahmen betreffen. Jeder Mitgliedstaat handelt den Inhalt dieser Vereinbarungen aus; die Kommission würdigt ihn anlässlich der Anmeldung der Beihilfevorhaben. Der betreffende Mitgliedstaat muss die Erfüllung der von den Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen eingegangenen Verpflichtungen genau kontrollieren. Die zwischen den Mitgliedstaaten und den begünstigten Unternehmen geschlossenen Vereinbarungen müssen Sanktionen für den Fall vorsehen, dass die Verpflichtungen nicht erfüllt werden.

Diese Bestimmungen sind auch anwendbar, wenn ein Mitgliedstaat eine Steuerermäßigung Bedingungen unterwirft, die die gleiche Wirkung haben wie die genannten Vereinbarungen oder Verpflichtungen.

b)

Diese Befreiungen brauchen nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen dem Mitgliedstaat und den begünstigten Unternehmen zu sein, wenn eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt wird:

Im Falle der Herabsetzung einer Gemeinschaftsteuer muss der von den Unternehmen im Anschluss an die Herabsetzung effektiv gezahlte Betrag über dem gemeinschaftlichen Mindestbetrag liegen, damit sich die Unternehmen veranlasst sehen, etwas für die Verbesserung des Umweltschutzes zu tun;

im Falle der Herabsetzung einer nationalen Steuer bei fehlender Gemeinschaftssteuer müssen die Unternehmen, die in den Genuss der Herabsetzung gelangen, dennoch einen wesentlichen Teil der nationalen Steuer zahlen.“

(105)

Im vorliegenden Fall lagen die angewandten Verbrauchsteuern (nebst Befreiungen oder Ermäßigungen) zweifelsohne über dem harmonisierten Steuersatz (siehe Erwägungsgründe 43 und 46), doch scheinen keine Vereinbarungen gemäß Randziffer 51 Nummer 1 Buchstabe a) zwischen dem Mitgliedstaat und den begünstigten Unternehmen oder gleichwertige freiwillige Vereinbarungen zwischen Letzteren geschlossen worden zu sein (der Kommission wurde keine Vereinbarung gemeldet). Die italienischen Behörden hoben im Übrigen hervor, mit der Gewährung der beanstandeten Befreiungen habe man eine schwierige Wirtschaftslage bewältigen wollen, und sie haben nie irgendeine von den Begünstigten verlangte Gegenleistung im Umweltbereich erwähnt.

(106)

Die alternative Möglichkeit zum Schließen von Vereinbarungen nach der vorerwähnten Randziffer 51 Nummer 1 Buchstabe b) ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil den Unterglaserzeugern in jenem Abschnitt des betrachteten Zeitraums, der auf das Inkrafttreten des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 folgte, eine vollständige Verbrauchsteuerbefreiung zuteil wurde; demnach zahlten sie keinen über dem gemeinschaftlichen Mindestbetrag (20) liegenden Betrag, der sie dazu veranlasst hätte, etwas für die Verbesserung des Umweltschutzes zu tun, wie dies im Gemeinschaftsrahmen in den Fällen vorgesehen ist, in denen die Ermäßigung eine Gemeinschaftssteuer betrifft.

(107)

Allerdings ist in Randziffer 52 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 Folgendes festgelegt: Wird eine bestehende Steuer wesentlich heraufgesetzt und vertritt der Mitgliedstaat die Auffassung, dass Ausnahmen für bestimmte Unternehmen notwendig sind, so gelten die Bedingungen in Randziffer 51 Nummer 1 für die neuen Steuern entsprechend. Daher ist zunächst zu prüfen, ob die Verbrauchsteuern wesentlich heraufgesetzt wurden.

(108)

Aus der Tabelle in Randnummer 46 dieser Begründung geht hervor, dass die Verbrauchsteuern nicht wesentlich gestiegen sind, denn sie haben sich wie folgt entwickelt: – 5,4 % im Zeitraum 1999-2000, – 6,98 % im Zeitraum 1999-2001, + 1,9 % im Zeitraum 1999-2002 und + 1,3 % im Zeitraum 1999-2003. Von einem Jahr zum anderen war die folgende Entwicklung zu verzeichnen: – 5,4 % von 1999 zu 2000, – 1,6 % von 2000 zu 2001, + 9,5 % von 2001 zu 2002 und – 0,5 % von 2002 zu 2003. Daraus ergibt sich, dass die Verbrauchsteuern, außer von 2001 zu 2002, in einem fort gesunken sind. Die während dieses Zeitraums verzeichnete Erhöhung kann jedoch nicht als wesentlich angesehen werden, da sie in Wirklichkeit praktisch keine Auswirkung auf die Entwicklung der Verbraucherpreise für Heizdiesel hatte (entsprechend den Angaben in der Tabelle stieg der Verbraucherpreis für Heizdiesel im Laufe dieser beiden Jahre lediglich um 2,2 %). Deshalb sind in diesem Fall die Bestimmungen von Randziffer 52 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 folglich nicht anwendbar.

(109)

Schließlich wird in Randziffer 53 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 auf Folgendes hingewiesen: „Wird eine Steuer herabgesetzt, die Gegenstand einer Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene ist, und ist die nationale Steuer ebenso hoch oder nicht so hoch wie der gemeinschaftliche Mindestsatz (…) (müssen etwaige) Befreiungen (…) die in Randziffern 45 und 46 festgesetzte Bedingung erfüllen; auf jeden Fall muss eine derartige Abweichung vom gemeinschaftlichen Mindestsatz ausdrücklich genehmigt werden.“

(110)

Gemäß Randziffer 45 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 müssen Betriebsbeihilfen degressiv und auf die Dauer von fünf Jahren begrenzt sein. Außerdem kann ihre Intensität im ersten Jahr bis zu 100 % der Mehrkosten betragen (21), muss aber linear bis zum Ende des fünften Jahres auf 0 % zurückgeführt werden.

(111)

In Randziffer 46 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 ist festgelegt, dass nicht degressive Beihilfen bis zu fünf Jahren gewährt werden und sich ihre Intensität auf 50 % der Mehrkosten beschränkt.

(112)

Im hier untersuchten Fall hat die Kommission bereits festgestellt, dass die Beihilfen nicht degressiv waren (vgl. Erwägungsgrund 88 dieser Begründung). Demzufolge könnten lediglich die Bestimmungen von Randziffer 46 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens zur Anwendung kommen. Aus den von den italienischen Behörden bereitgestellten Informationen kann die Kommission jedoch keinesfalls den Schluss ziehen, dass die Beihilfeintensität auf 50 % der durch die Verbrauchsteuern entstandenen Produktionsmehrkosten gemessen an den Marktpreisen der Unterglaserzeugnisse beschränkt gewesen wäre.

(113)

Daher können die Beihilfen weder aufgrund der Regelungen von Randziffer 46 des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 noch infolgedessen nach den Bestimmungen von Randziffer 53 dieses Gemeinschaftsrahmens als zulässig betrachtet werden.

(114)

Die in den Erwägungsgründen 94-112 der vorliegenden Begründung dargelegten Erwägungen zeigen, dass die fraglichen Beihilfen aufgrund der Bestimmungen des Umwelt-Gemeinschaftsrahmens von 2001 nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können.

(115)

Zum übrigen Vorbringen der italienischen Behörden in den verschiedenen Phasen der Aktenprüfung stellt die Kommission fest, dass es keine Informationselemente gibt, die ihre in Erwägungsgrund 34 Buchstabe b) dieser Begründung geäußerten Bedenken zerstreuen könnten. Das Argument in Erwägungsgrund 43 dieser Begründung, wonach die von Italien angewandte Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein könnte, sofern die Begünstigten den auf Gemeinschaftsebene festgesetzten Mindestbetrag zahlen, ist nicht beweiskräftig, da den Unterglaserzeugern nahezu während des gesamten fraglichen Zeitraums eine vollständige Verbrauchsteuerbefreiung zugute kam und sie daher keine Steuern entrichtet haben.

(116)

Die Argumente des beteiligten Dritten, der nach der ersten Einleitung des Verfahrens Bemerkungen abgegeben hatte, liefern ihrerseits keinen Nachweis für die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt. Bezüglich der prekären Lage, in die die begünstigten Unternehmen geraten würden, falls die Beihilfe für nicht vereinbar erklärt und zurückgefordert werden sollte, wird darauf hingewiesen, dass die Rückforderung einer unvereinbaren Beihilfe erforderlich ist, um die vorherige Situation, d. h. die vor Gewährung der Beihilfen bestehende wettbewerbsneutrale Situation, wiederherzustellen. Die Tatsache, dass bestimmte Unternehmen keine Gewinne mehr erwirtschaften, ist lediglich eine Folge des freien Spiels der Marktkräfte unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen. Im Übrigen ist nicht erwiesen, dass die Verringerung des Dieselverbrauchs zwangsläufig zu einer Qualitätsminderung der angebauten Erzeugnisse führt (diese Verringerung könnte höchstens den Reife- oder Wachstumsprozess etwas verzögern). Schließlich ist auch die Bezugnahme auf die Lage in anderen Ländern als Nachweis für die Wettbewerbsneutralität nicht relevant. Hierzu ist lediglich festzustellen, dass die Verbrauchsteuerbefreiung eine Verbesserung der Wettbewerbslage der italienischen Unterglaserzeuger gegenüber derjenigen in anderen Ländern ermöglicht und dass folglich die Lage, die in Italien ohne die Befreiungen bestand, als Kriterium zugrundegelegt werden muss.

XI.   SCHLUSSFOLGERUNG

(117)

Die Kommission stellt fest, dass Italien die Beihilfen rechtswidrig unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag gewährt hat. Aus der vorstehenden Untersuchung geht hervor, dass die Beihilfen nicht als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden können, da sie die Bedingungen der Gemeinschaftsrahmen Landwirtschaft von 2000 und 2007 sowie der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen von 1994 und 2001 nicht erfüllen. Ferner hat die Untersuchung gezeigt, dass die Anwendung von möglicherweise wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen nicht durch die bloße Existenz von Richtlinien gerechtfertigt werden kann, und die italienischen Behörden haben die Bedenken, die die Kommission anlässlich der Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag geäußert hatte, nicht ausgeräumt.

(118)

Gemäß Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 entscheidet die Kommission in Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger (in diesem Fall von den Unterglasanbaubetrieben) zurückzufordern. Italien hat daher alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die rechtswidrig gewährte Beihilfe, deren Betrag der Differenz zwischen der gewährten vollständigen Verbrauchsteuerbefreiung und dem den anderen landwirtschaftlichen Betrieben gewährten verminderten Steuersatz entspricht, von den Empfängern zurückzufordern. Gemäß Ziffer 42 der Bekanntmachung der Kommission „Rechtswidrige und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen: Gewährleistung der Umsetzung von Rückforderungsentscheidungen der Kommission in den Mitgliedstaaten“ (22) hat Italien vier Monate nach Inkrafttreten dieser Entscheidung Zeit, um ihr nachzukommen. Auf die zurückzufordernde Beihilfe sind Zinsen zu erheben, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission (23) zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates berechnet werden.

(119)

Unabhängig davon sind die im Rahmen der fraglichen Regelung gewährten Einzelbeihilfen, die zum Zeitpunkt der Beihilfegewährung die Bestimmungen einer gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates (24) (De-minimis-Verordnung) erlassenen Verordnung der Kommission erfüllen, nicht als staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag zu betrachten.

(120)

Zum Zeitpunkt der Gewährung der in Rede stehenden Beihilfen waren noch keine Gemeinschaftsregelungen für De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor in Kraft.

(121)

Die ersten einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften sind die der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 der Kommission vom 6. Oktober 2004 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrar- und Fischereisektor (25).

(122)

Nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 gilt, dass Beihilfen, die einen Höchstbetrag von 3 000 EUR je Empfänger innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen (dieser Betrag umfasst die einem Unternehmen gewährte De-minimis-Beihilfe), den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und/oder den Wettbewerb nicht verfälschen bzw. zu verfälschen drohen und somit nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen.

(123)

Dasselbe gilt gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 für Beihilfen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung gewährt wurden, sofern sie die Voraussetzungen in Artikel 1 und 3 erfüllen.

(124)

Die Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 wurde am 1. Januar 2008 durch die Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 der Kommission vom 20. Dezember 2007 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf De-minimis-Beihilfen im Agrarerzeugnissektor (26) ersetzt; kraft dieser Verordnung wurde der Betrag der De-Mimimis-Beihilfe je Empfänger bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren auf 7 500 EUR angehoben. Der Betrag gilt für Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung, wobei die Höchstgrenze von 0,75 % des jährlichen Produktionswerts des Agrarsektors je Mitgliedstaat nicht überschritten werden darf.

(125)

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung gilt diese Verordnung „für die Beihilfen, die vor dem 1. Januar 2008 Unternehmen des Agrarerzeugnissektors gewährt werden, sofern die Beihilfen alle in den Artikeln 1 bis 4 der Verordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllen, ausgenommen den ausdrücklichen Verweis auf die vorliegende Verordnung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1“.

(126)

Vor diesem Hintergrund erachtet die Kommission Steuerermäßigungen von bis zu 3 000 EUR bzw. von bis zu 7 500 EUR nicht als staatliche Beihilfen, soweit die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1860/2004 bzw. der Verordnung (EG) Nr. 1535/2007 zum Zeitpunkt der Gewährung erfüllt sind —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Beihilferegelung in Form der Verbrauchsteuerbefreiung für zum Beheizen von Treibhäusern verwendeten Diesel, die Italien rechtswidrig vom 3. Oktober 2000 bis 30. Juni 2001 sowie in den Jahren 2002, 2003 und 2004 angewendet hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

Artikel 2

(1)   Italien hat die rechtswidrigen Beihilfen, die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Beihilferegelung gewährt wurden, von den Empfängern zurückzufordern.

(2)   Auf die zurückzufordernden Beträge werden von dem Zeitpunkt an, ab dem sie den Empfängern zur Verfügung gestellt wurden, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung Zinsen erhoben.

(3)   Die Zinsen werden gemäß Kapitel V der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 nach der Zinseszinsformel berechnet.

Artikel 3

Die Beihilfen, die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Regelung gewährt wurden, werden sofort und tatsächlich zurückgefordert.

Italien trägt dafür Sorge, dass diese Entscheidung binnen vier Monaten nach ihrer Bekanntgabe umgesetzt wird.

Artikel 4

Italien übermittelt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach dem Datum der Bekanntgabe dieser Entscheidung die folgenden Informationen:

a)

Liste der Begünstigten, die aufgrund der in Artikel 1 genannten Regelung Beihilfen erhalten haben, sowie Gesamtbetrag der Beihilfen, die jeder von ihnen im Rahmen dieser Regelung erhalten hat;

b)

Gesamtbetrag (Hauptforderung und Zinsen), der von jedem Begünstigten zurückzufordern ist;

c)

ausführliche Beschreibung der getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung;

d)

Schriftstücke, mit denen die Begünstigten zur Rückzahlung der Beihilfe aufgefordert wurden.

Italien unterrichtet die Kommission über den Fortgang der nationalen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung, bis die Rückzahlung der Beihilfen, die im Rahmen der in Artikel 1 genannten Regelung gewährt wurden, abgeschlossen ist. Italien legt unverzüglich alle von der Kommission verlangten Informationen zu den bereits getroffenen und geplanten Maßnahmen zur Umsetzung dieser Entscheidung vor. Ferner macht Italien genaue Angaben zu den Beihilfebeträgen und den Zinsen, die von den Begünstigten bereits zurückgezahlt wurden.

Artikel 5

Diese Entscheidung ist an die Italienische Republik gerichtet.

Brüssel, den 13. Juli 2009

Für die Kommission

Mariann FISCHER BOEL

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(2)  Beschluss K(2003) 3802, der Italien mit Schreiben SG(2003) D/232244 vom 13. Oktober 2003 mitgeteilt wurde.

(3)  ABl. C 69 vom 19.3.2004, S. 8.

(4)  ABl. C 101 vom 27.4.2005, S. 17.

(5)  ABl. C 37 vom 3.2.2001, S. 3.

(6)  Schreiben SG-Greffe (2008) D/207739.

(7)  ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 12.

(8)  ABl. L 283 vom 31.10.2003, S. 51.

(9)  EuGeI, Urteil vom 10. April 2008, Niederlande/Kommission, Slg. 2008, S. II-00591.

(10)  Siehe Entscheidung 2006/323/ EG der Kommission (ABl. L 119 vom 4.5.2006, S. 12).

(11)  EuGH, Urteil vom 17. September 1980, Philip Morris, Rechtssache 730/79.

(12)  ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 22.

(13)  ABl. C 319 vom 27.12.2006, S. 1.

(14)  ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 19. Der Verbrauchsteuersatz für Diesel, der zum Beheizen von Treibhäusern verwendet wird, ist in Erwägungsgrund 43 angegeben.

(15)  Abgesehen von einigen Bestimmungen, die im vorliegenden Fall nicht relevant sind.

(16)  Vgl. Fußnote 13.

(17)  ABl. C 28 vom 1.2.2000, S. 2.

(18)  ABl. C 72 vom 10.3.1994, S. 3.

(19)  Vgl. Fußnote 5.

(20)  13 EUR je 1 000 kg für den Zeitraum 2000-2003 und 21 EUR je 1 000 Liter – vgl. Erwägungsgrund 43.

(21)  Die Mehrkosten sind in Randziffer 43 des Gemeinschaftsrahmens definiert: Es handelt sich um Produktionsmehrkosten gemessen an den Marktpreisen der betreffenden Produkte.

(22)  ABl. C 272 vom 15.11.2007, S. 4.

(23)  ABl. L 140 vom 30.4.2004, S. 1.

(24)  ABl. L 142 vom 14.5.1998, S.1.

(25)  ABl. L 325 vom 28.10.2004, S. 4.

(26)  ABl. L 337 vom 21.12.2007, S. 35.


12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/21


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION

vom 13. Juli 2009

über die von Frankreich zugunsten der RATP geplante Reform der Finanzierung des Rentensystems der RATP (Staatliche Beihilfe C 42/07 (ex N 428/06))

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2009) 5505)

(Nur der französische Text ist verbindlich)

(Text von Bedeutung für den EWR)

(2009/945/EG)

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,

nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung dieser Stellungnahmen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.   VERFAHREN

(1)

Mit Schreiben vom 29. Juni 2006 notifizierte Frankreich der Kommission die Reform der Finanzierung des Rentensystems der RATP. Mit Schreiben vom 29. September 2006, 15. Dezember 2006 und 4. April 2007 übermittelte Frankreich der Kommission ergänzende Informationen.

(2)

Mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 unterrichtete die Kommission Frankreich über ihre Entscheidung, wegen der angemeldeten Maßnahme das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten (nachstehend „Einleitungsentscheidung“ genannt).

(3)

Die Einleitungsentscheidung wurde am 15. Januar 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (2).

(4)

Die französischen Behörden übermittelten ihre Stellungnahme am 22. Januar 2008.

(5)

Am 19. Februar 2008 gingen bei der Kommission Stellungnahmen eines Beteiligten ein. Sie leitete diese Stellungnahmen an Frankreich weiter, das sich mit Schreiben vom 3. April 2008 dazu äußerte.

(6)

Am 23. April 2008 unterrichteten die französischen Behörden die Kommission davon, dass die französische Regierung im Herbst 2007 die Reform der Rentensondersysteme für Staatsbetriebe und insbesondere des Rentensystems für die RATP-Beschäftigten eingeleitet hat.

(7)

Am 6. Januar 2009 sandte die Kommission ein Auskunftsersuchen an die französischen Behörden, das von diesen am 3. März 2009 beantwortet wurde.

2.   BESCHREIBUNG DES BEIHILFEEMPFÄNGERS

(8)

Die Régie Autonome des Transports Parisiens (nachstehend „RATP“ genannt) ist ein französischer öffentlicher Verkehrsbetrieb, der zu 100 % im Besitz des französischen Staates ist. Sie wurde mit der Loi no 48-506 du 21 mars 1948 relative à la réorganisation et à la coordination des transports de voyageurs dans la région parisienne (Gesetz Nr. 48-506 vom 21. März 1948 über die Reorganisation und Koordinierung der Personenbeförderung in der Region Paris) (3) gegründet; Gegenstand des Unternehmens ist der „ihm übertragene Betrieb der Personennahverkehrsnetze und -linien (4).

(9)

Durch das Gesetz wurden die Tätigkeit der RATP auf den Personennahverkehr in der Region Paris begrenzt. Nach Artikel 7 des Gesetzes Nr. 48-506 vom 21. März 1948 ist die RATP damit beauftragt, „die Personennahverkehrsnetze der Stadt Paris und des Départements Seine und die Linien der Départements Seine-et-Oise und Seine-et-Marne zu betreiben, die zuvor an die Compagnie du chemin de fer métropolitain oder die Société des transports en commun de la région parisienne konzessioniert oder verpachtet waren“. Dies wurde mit der genannten Verordnung Nr. 59-151 vom 7. Januar 1959 bestätigt.

(10)

Die RATP hat jedoch die Möglichkeit, über Tochtergesellschaften auch außerhalb der Region Ile-de-France Dienstleistungen anzubieten (5). Die als Aktiengesellschaften gegründeten Tochtergesellschaften der RATP sind heute in drei großen Bereichen zusammengefasst, die rund 2 050 Mitarbeiter beschäftigen, von denen 170 von der Muttergesellschaft abgestellt sind:

der Bereich Transport (Verkehr), der von RATP Développement SA geführt wird, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2005 einen konsolidierten Umsatz von 57 Mio. EUR, davon 4,7 Mio. EUR im Ausland und 3,1 Mio. EUR in Regionen (Frankreich ohne Ile-de-France);

der Bereich Ingénierie (Technik), der von RATP International SA geführt wird, erzielte im Geschäftsjahr 2005 einen konsolidierten Umsatz von 86 Mio. EUR, davon fast 80 % im Ausland und den Rest in Frankreich, im Wesentlichen außerhalb der Region Ile-de-France;

der Bereich Valorisation des espaces (Flächennutzung) umfasst im Wesentlichen Tochtergesellschaften, die sich mit Immobilienentwicklung (auf den von der RATP bewirtschafteten Grundstücken), mit der Nutzung und Aufwertung der Ladenflächen in den Metrostationen und mit Telekommunikationstätigkeiten befassen; ihr konsolidierter Umsatz — ausschließlich in der Region Ile-de-France — belief sich im Geschäftsjahr 2005 auf 33 Mio. EUR.

(11)

Die Gruppe RATP beschäftigt insgesamt 46 050 Mitarbeiter, von denen 44 000 als öffentlich Bedienstete („agents sous statut“) bei der RATP beschäftigt sind, während die restlichen 2 050 Mitarbeiter bei Tochtergesellschaften der RATP arbeiten.

(12)

Die Beschäftigungsbedingungen der öffentlich Bediensteten werden im Verordnungsweg im Personalstatut der RATP („statut des agents de la RATP“) (6) festgelegt. Die Beschäftigungsbedingungen für die 2 050 in den Tochtergesellschaften der RATP arbeitenden Mitarbeiter sind dagegen tarifvertraglich festgelegt, so dass sie nicht dem Personalstatut der RATP unterliegen.

3.   BESCHREIBUNG DES PERSONENNAHVERKEHRSMARKTES IN DER REGION ILE-DE-FRANCE

(13)

Bislang ist der Personennahverkehrsmarkt in der Region Ile-de-France nicht für den Wettbewerb geöffnet. Die Lizenzen für den Betrieb der Nahverkehrslinien wurden nach dem im Décret no 59-157 du 7 janvier 1959 relatif à l’organisation des transports de voyageurs dans la région Ile-de-France (Dekret Nr. 59-157 vom 7. Januar 1959 über die Organisation der Personenbeförderung in der Region Ile-de-France) (7) vorgesehenen Verfahren vergeben; dabei wurde der Markt für den Personennahverkehr in der Region Ile-de-France unter der RATP und einer Vielzahl etablierter privatwirtschaftlicher Unternehmen, die damals in der Region Ile-de-France tätig waren, aufgeteilt.

(14)

Neben der RATP erbringen rund hundert Unternehmen Nahverkehrsdienstleistungen in der Region Ile-de-France. Bei diesen Unternehmen handelt es sich um die SNCF und um private Unternehmen, die in der Vereinigung OPTILE zusammengeschlossen sind (etwa 95 Unternehmen, darunter die drei größten Busunternehmen Veolia Transport, Keolis und Transdev).

(15)

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (8) (nachstehend „Verordnung (EG) Nr. 1370/2007“ genannt) sieht die stufenweise Öffnung des Nahverkehrsmarktes vor. Sie wird gemäß Artikel 12 am 3. Dezember 2009 in Kraft treten.

4.   LEISTUNGEN DES SONDERRENTENSYSTEMS FÜR DIE RATP-BESCHÄFTIGTEN VOR UND NACH DER ANGEMELDETEN REFORM

(16)

Das Rentensystem der RATP ist in Artikel 31 des genannten Gesetzes Nr. 48-506 vom 21. März 1948, ergänzt durch das Dekret Nr. 59-1091 vom 23. September 1959 über das Statut der RATP (9), vorgesehen.

(17)

Das Rentensystem für die RATP-Beschäftigten ist ein Sondersystem im Sinne der Artikel L. 711-1 und R. 711-1 des Code de la sécurité sociale (Sozialgesetzbuch), das bestimmte Vorteile gegenüber den Systemen nach dem allgemeinen Rentenrecht beinhaltet. Es handelt sich um ein rechtlich geregeltes System, das vom Staat im Wege von Verwaltungsvorschriften festgelegt wird. Für die Entwicklung der Parameter, der Beiträge und insbesondere der Leistungen gelten Rechtsvorschriften.

(18)

Bis zum 15. Januar 2008 betrafen die wichtigsten Besonderheiten des Sonderrentensystems für die RATP-Beschäftigten gegenüber den Systemen nach allgemeinem Rentenrecht die Art der Berechnung des Rentenanspruchs und die Art der Rentenfeststellung.

(19)

Bei den Systemen des allgemeinen Rentenrechts berechnet sich die Rentenhöhe nach dem Durchschnittsgehalt während des gesamten oder eines Teils des Berufslebens. Zudem ist sie von der Versicherungsdauer oder vom Alter abhängig, wobei ein Abschlag oder Aufschlag vorgenommen wird, wenn die festgelegten Werte für diese beiden Kriterien nicht erreicht oder überschritten werden. So wird die Rente nach dem allgemeinen Rentenrecht auf der Grundlage des Durchschnittsgehalts (einschließlich Zulagen) der 25 besten Erwerbsjahre (gedeckelt durch die Beitragsbemessungsgrenze) berechnet; auf dieses Gehalt wird ein Satz von 50 % (voller Satz) angewandt, wenn der Versicherte mindestens 40 Versicherungsjahre nachweist.

(20)

Nach dem Rentensystem der RATP hatten die öffentlich Bediensteten dagegen für jedes Versicherungsjahr einen Rentenanspruch in Höhe von 2 % des Grundgehalts ohne Zulagen, das in den sechs letzten Monaten der Erwerbstätigkeit bezogen wurde, nach oben begrenzt auf 37,5 Beitragsjahre. Somit erhielt ein RATP-Mitarbeiter nach 37,5 Arbeitsjahren eine Rente in Höhe von 75 % seines letzten Gehalts ohne Zulagen, d. h. etwa 64,5 % seines letzten Gehalts einschließlich Zulagen.

(21)

Die Grundprinzipien der mit dem Gesetz vom 21. August 2003 (10) für fast alle französischen Rentengrundsysteme eingeführten Reform wurden mit den Dekreten 2008-48 vom 15. Januar 2008 (11), 2008-637 vom 30. Juni 2008 (12) und 2008-1514 vom 30. Dezember 2008 (13) auf das Sonderrentensystem der RATP ausgedehnt. Eines der Ziele dieser Reform bestand darin, die Sondersysteme an die Grundsysteme für privatrechtlich Beschäftigte und Beamte nach dem allgemeinen Rentenrecht anzugleichen. Im Fall des Sondersystems der RATP wird die Beitragszahlungsdauer, die Anspruch auf die volle Rente verleiht, bis 2012 schrittweise auf 40 Jahre und anschließend jeweils am 1. Juli jedes Jahres um ein weiteres Quartal angehoben, bis sie die nach dem allgemeinen System und dem System für den öffentlichen Dienst geforderte Dauer erreicht (die Versicherungsdauer von 41 Jahren, die im Jahr 2012 für das allgemeine Rentensystem und das System des öffentlichen Dienstes gilt, dürfte somit beim Sondersystem 2016 erreicht sein).

5.   FINANZIERUNG DES SONDERRENTENSYSTEMS FÜR DIE RATP-MITARBEITER VOR UND NACH DER ANGEMELDETEN REFORM

(22)

Das Rentensystem für die Mitarbeiter der RATP ist ein umlagefinanziertes System, bei dem die von den aktiv Beschäftigten gezahlten Rentenversicherungsbeiträge direkt zur Zahlung der Ruhegehälter der Rentenempfänger verwendet werden (14).

(23)

Bis zum 31. Dezember 2005 war die RATP der rechtliche Schuldner der Rentenverpflichtungen nach dem Sondersystem. Nach Artikel 20 des genannten Gesetzes von 1948 war die RATP zur Gewährleistung des finanziellen Gleichgewichts ihres Sonderrentensystems verpflichtet.

(24)

Verwaltet wurde dieses Sonderrentensystem von der Pensionsabteilung der RATP, die zur juristischen Einheit RATP gehörte. Diese Abteilung vereinnahmte die Arbeitnehmerbeiträge der aktiv Beschäftigten der RATP und die Arbeitgeberbeiträge der RATP und zahlte die Renten an die Anspruchsberechtigten aus. Die Rentenversicherungsbeitragssätze (Arbeitnehmeranteil von 7,85 % und Arbeitgeberanteil von 15,34 %) lagen unter den Beitragssätzen nach dem allgemeinen Rentenrecht (Arbeitnehmeranteil von 12 % und Arbeitgeberanteil von 18 %).

(25)

Über viele Jahre verzeichnete das Rentensystem der RATP ein strukturelles Defizit aus Gründen, die mit dem demografischen Ungleichgewicht zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern, mit den Vorteilen gegenüber dem allgemeinen Rentensystem und — bis zum 31. Dezember 2005 — mit der normierten Festsetzung der Rentenversicherungsbeitragssätze zusammenhingen. Diese wiederholten Defizite des Rentensystems der RATP wurden auf der Grundlage von Artikel 2 der Verordnung vom 7. Januar 1959 und des Dekrets vom 7. Januar 1959 vom Staat ausgeglichen.

(26)

Am 29. Juni 2006 notifizierte Frankreich die Reform der Finanzierung des Rentensystems der RATP. Den französischen Behörden zufolge ist diese Reform im Rahmen der in den letzten zehn Jahren einleiteten Entwicklung des institutionellen Kontextes im Nahverkehr in der Region Ile-de-France sowie im Rahmen der Vorbereitung der Öffnung des Nahverkehrs für den Wettbewerb zu sehen.

(27)

Die angemeldete Reform wird in zwei Phasen durchgeführt.

5.1.   EINRICHTUNG DER RENTENKASSE FÜR DAS PERSONAL DER RATP AM 1. JANUAR 2006

(28)

Mit Artikel 1 des Dekrets Nr. 2005-1635 vom 26. Dezember 2005 (15) wurde am 1. Januar 2006 eine Rentenkasse für das Personal der RATP (nachstehend „CRP-RATP“ genannt) eingerichtet.

(29)

Die CRP-RATP hat den Status eines privatrechtlichen Sozialversicherungsträgers, besitzt Rechtspersönlichkeit und ist von der RATP rechtlich und finanziell unabhängig. Nach Artikel L711-1 Code de la sécurité sociale ist die CRP-RATP mit den in Artikel L111-1 dieses Gesetzbuchs genannten Befugnissen und Zuständigkeiten ausgestattet; dieser Artikel sieht insbesondere vor, dass die Organisation der sozialen Sicherheit auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität beruht. Sie unterliegt wie alle Rentenkassen den Vorschriften des Code de la sécurité sociale. Sie untersteht der Aufsicht durch die zuständigen staatlichen Behörden, die durch Regierungskommissare vertreten werden.

(30)

Mit dem Tag ihrer Einrichtung wurde anstelle der RATP die CRP-RATP zum einzigen rechtlichen Schuldner der Altersrenten der öffentlich Bediensteten.

(31)

Seit dem 1. Januar 2006 leistet die RATP an die CRP-RATP Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung in Höhe der Beiträge, welche die dem Sondersystem angeschlossenen aktiven Beitragszahler und das Unternehmen selbst als Arbeitgeber abzuführen haben. Das Beitragsniveau wurde im Übrigen vom gleichen Tag an auf das nach dem allgemeinen Rentenrecht übliche Niveau angehoben (16). Über diese Rentenversicherungsbeiträge hinaus erhält die CRP-RATP vom Staat eine Ausgleichszahlung. Mit dieser Ausgleichszahlung werden sowohl das demografisch bedingte Defizit des Sondersystems als auch die damit verbundenen Rentenansprüche finanziert. In den Jahren 2006 und 2007 leistete der Staat Zuschüsse in Höhe von 390,11 bzw. 414 Mio. EUR.

5.2.   FINANZIELLE ANLEHNUNG DER GRUNDANSPRÜCHE DES SONDERSYSTEMS DER RATP AN DIE SYSTEME NACH ALLGEMEINEM RENTENRECHT

(32)

Artikel 18 des Dekrets 2005-1635 vom 26. Dezember 2005 sieht vor, dass die CRP-RATP die Möglichkeit hat, einen Teil der Rentenansprüche des Sondersystems für die RATP-Beschäftigten finanziell an die Systeme nach allgemeinem Rentenrecht (CNAV (17) und ARGIC (18)/ARRCO (19)) anzulehnen (20), d. h. die Rentenvorgänge der CRP-RATP technisch auf die allgemeinem Rentensysteme (nachstehend „Aufnahmesysteme“ genannt) zu übertragen.

(33)

Durch die Anlehnung eines Teils der Rentenansprüche des Sondersystems der RATP an die allgemeinen Rentensysteme soll der Mechanismus der generationenübergreifenden und berufsübergreifenden Solidarität auf eine breitere demografische Basis gestellt und dadurch eine zukunftssichere Finanzierung der nach dem Umlagesystem finanzierten Rentenpflichtversicherungssysteme gewährleistet werden.

(34)

Gemäß Artikel L222-6 Code de la sécurité sociale kann die Anlehnung eines Sonderrentensystems oder eines anderen Rentensystems an die Systeme nach allgemeinem Rentenrecht für denjenigen Teil der von den Sondersystemen bedienten Leistungen erfolgen, der den Rentenversicherungsleistungen entspricht, mit denen die nach allgemeinem Rentenrecht versicherten Arbeitnehmer bedient werden.

(35)

Im Rahmen eines umlagefinanzierten Rentensystems werden bei der Übernahme der in einem anderen System (und somit nach anderen Kriterien) erworbenen Altansprüche durch ein Aufnahmesystem diese Anwartschaften auf der Grundlage der Regelungen des Aufnahmesystems berechnet, so als ob die Anspruchsberechtigten (Rentner, aktiv Beschäftigte und Ausgeschiedene) während ihres gesamten Berufslebens in das Aufnahmesystem eingezahlt hätten.

(36)

Im vorliegenden Fall haben die französischen Behörden die Grundansprüche berechnet, d. h. diejenigen Ansprüche, die den nach den Regeln der Aufnahmesysteme berechneten Rentenleistungen entsprechen, die von diesen Systemen übernommen würden (21). Von den Aufnahmesystemen können nur die so festgelegten Grundansprüche übernommen werden.

(37)

Artikel 222-6 Code de la sécurité sociale schreibt weiterhin vor, dass bei der Anlehnung eines Sondersystems der Grundsatz der unbedingten Finanzneutralität des Vorgangs für die Sozialversicherten des Aufnahmesystems gewahrt sein muss. Mit anderen Worten dürfen die Aufnahmesysteme durch die Anlehnung eines Sonderrentensystems finanziell nicht schlechter gestellt werden.

(38)

In diesem Stadium kommt das „Aufwiegen“ zum Tragen, bei dem bestimmt wird, welcher Anteil dieser früheren Rentenansprüche bei der Anlehnung tatsächlich anerkannt wird, damit der Grundsatz der Finanzneutralität gewahrt ist. Rein konzeptionell wird beim Aufwiegen der Rentenlastquotient des angelehnten Systems mit dem Rentenlastquotienten des Aufnahmesystems verglichen (22). Das Aufnahmesystem bestimmt daraufhin, bei welchem Übernahmeverhältnis der neu berechneten Altansprüche die Gleichheit dieser Rentenlastquotienten gewährleistet ist: Für diesen Anerkennungssatz werden die Rentenansprüche vom Aufnahmesystem „unentgeltlich“ übernommen.

(39)

Wenn vom Aufnahmesystem weniger als 100 % der neu berechneten Anwartschaften anerkannt werden, kann dieses System dem angelehnten System vorschlagen, im Wege einer Zuzahlung oder Ausgleichszahlung („soulte“) 100 % dieser Ansprüche anerkennen zu lassen.

(40)

Mit der Methode zur Berechnung der Ausgleichszahlung wird bezweckt, dass die Ex-ante-Situation des Aufnahmesystems nicht verschlechtert wird. Beim vorausschauenden Aufwiegen entspricht die Ausgleichszahlung von der Höhe her dem aktualisierten Nettowert der jährlichen Zuzahlung. Dabei werden durch diese jährliche Zuzahlung für die vom Aufnahmesystem übernommenen zusätzlichen Ansprüche (die über die unentgeltlich übernommenen Ansprüche hinausgehen) jährlich die Lastquotienten zwischen dem aufgenommenen System und dem Aufnahmesystem ausgeglichen.

(41)

Im Fall einer strukturell defizitären Finanzlage des Aufnahmesystem erfordert diese Berechnungsmethode, dass dieses tendenzielle Ungleichgewicht nicht verschärft wird; sie erfordert dagegen nicht, dass es durch einen vorsorglichen technischen Ausgleich, der von der übertragenen Gruppe gefordert wird, verringert wird.

(42)

Da sich im vorliegenden Fall die demografische Struktur der RATP weniger günstig darstellt als die eines durchschnittlichen französischen Unternehmens, das den allgemeinen Rentensystemen angeschlossen ist, erfordert die vollständige Anlehnung der Grundansprüche nach dem Sonderrentensystem für die RATP-Mitarbeiter an die Systeme nach allgemeinem Rentenrecht Ausgleichszahlungen an die Aufnahmesysteme, d. h. pauschale Sonderbeiträge mit schuldbefreiender Wirkung.

(43)

Die französischen Behörden haben die Berechnungsmethoden für diese Ausgleichszahlungen ausführlich dargelegt. Die Berechnungen werden nach den bei der Durchführung geltenden Werten der Parameter angestellt. Bei diesen Parametern handelt es sich um:

die Beitragssätze und die Bemessungsgrundlagen, anhand derer die Rücklagen berechnet werden können, die von den Zusatzversorgungssystemen erwartet werden;

den Anpassungssatz und gegebenenfalls die Sterbetafel, die sich entsprechend den wirtschaftlichen Umständen unterscheiden.

(44)

Die französischen Behörden gehen nach jetzigem Stand davon aus, dass folgende Ausgleichzahlungen zu leisten sind:

Die Ausgleichszahlung an die Caisse nationale d’assurance vieillesse (CNAV), die das Allgemeine System der Sozialversicherung verwaltet, dürfte etwa [400 bis 800] (23) Mio. EUR betragen.

Die Zahlungen an die privatrechtlichen Zusatzversorgungssysteme AGIRC-ARRCO in Form einer Beteiligung an den technischen Rücklagen dieser Systeme dürften sich auf etwa [80 bis 300] Mio. EUR belaufen.

(45)

Die französische Regierung beabsichtigt, diese Ausgleichszahlungen an die Systeme nach allgemeinem Rentenrecht anstelle der CRP-RATP zu übernehmen, damit die Finanzneutralität der Anlehnung des Sondersystems der RATP an diese Aufnahmesysteme gewährleistet ist.

(46)

Im Hinblick auf die nach der Anlehnung erworbenen Grundansprüche ist vorgesehen, dass die RATP und ihre Mitarbeiter die allgemein üblichen Rentenbeiträge zahlen und im Gegenzug Leistungen aus dem allgemeinen System und den Zusatzversorgungssystemen erhalten.

6.   GRÜNDE FÜR DIE ANNAHME DER EINLEITUNGSENTSCHEIDUNG

(47)

In ihrer Einleitungsentscheidung äußerte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der angemeldeten Reform mit dem Gemeinsamen Markt. Die Kommission teilte mit, dass im Zuge des Verfahrens festgestellt werden soll, ob die angemeldete Reform eine Beihilfe an die RATP darstellt.

(48)

Die Kommission stellte sich zunächst die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Einrichtung der CRP-RATP und der Anlehnung an die allgemeinen Rentensysteme und hielt es für erforderlich zu überprüfen, ob die Anlehnung der Grundansprüche eine staatliche Beihilfe zugunsten der RATP darstellt.

(49)

Zudem bezweifelte die Kommission, dass die staatliche Finanzierung der Sonderansprüche des Rentensystems der RATP keine staatliche Beihilfe darstellt und mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(50)

Schließlich äußerte die Kommission Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit der angemeldeten Reform und ihrer Verhältnismäßigkeit in Bezug auf das allgemeine Interesse. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der angemeldeten Reform wirft die Kommission die Frage auf, ob der Nahverkehrsmarkt in der Region Paris tatsächlich und wirksam geöffnet ist und ob die Faktoren, die die rechtliche und tatsächliche Lage der RATP kennzeichnen und wirksamen Wettbewerb behindern könnten, beseitigt wurden. Zudem äußerte die Kommission Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der angemeldeten Reform und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die Reform auch die Rentenansprüche der Beschäftigen betrifft, die nach der Durchführung der Reform eingestellt werden.

(51)

In ihrer Entscheidung vom 10. Oktober 2007 gelangte die Kommission dagegen zu dem Schluss, dass die staatliche Finanzierung des Fehlbetrags des Rentensystems der RATP für den Zeitraum 1995-2005 eine bestehende Beihilfe im Sinne von Artikel 1 Buchstabe b Ziffer iii der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (24) darstellt (siehe Randnummer 15 dieser Entscheidung).

(52)

Zudem vertrat die Kommission die Auffassung, dass Artikel 87 EG-Vertrag auf die CRP-RATP nicht anwendbar ist, da diese kein Unternehmen ist (Randnummer 67 der Einleitungsentscheidung).

(53)

Schließlich war die Kommission der Ansicht, dass die Garantie, die der französische Staat den Anspruchsberechtigten des Sondersystems gab, direkt den Beschäftigten der RATP und nicht der RATP selbst zugute kam und daher nicht als wirtschaftlicher Vorteil für ein Unternehmen angesehen werden kann (Randnummer 70 der Einleitungsentscheidung).

7.   ARGUMENTE DER FRANZÖSISCHEN BEHÖRDEN NACH DER EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(54)

In ihrem Schreiben vom 22. Januar 2008 wiesen die französischen Behörden darauf hin, dass die angemeldete Reform aus ihrer Sicht eine personenbezogene Beihilfe und keine Beihilfe für das Unternehmen RATP sei und als solche keine staatliche Beihilfe zugunsten der RATP darstellen könne. Zudem vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass zwar der tatsächliche Begünstigte der angemeldeten Reform die RATP sei, die Reform aber nicht geeignet sei, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen oder den Wettbewerb zu verfälschen, da die RATP nur auf einem einzigen Markt tätig sei, nämlich dem Personennahverkehrsmarkt in der Region Ile-de-France, der noch nicht für den Wettbewerb geöffnet sei, und da die Reform sich nicht auf die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften der RATP oder auf die Märkte, auf denen diese tätig seien, auswirke.

(55)

Die französischen Behörden sind der Auffassung, dass die Anlehnung der CRP-RATP an das allgemeine Rentensystem keine Beihilfeelemente zugunsten der RATP enthalte, da kein Vorteil für die RATP vorliege.

(56)

Zunächst vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass — wie die Kommission selbst unter Randnummer 69 des Einleitungsbeschlusses festgestellt habe — „der zweite Schritt der Reform, d. h. die Zahlung der Ausgleichszahlungen und die Übertragung der Finanzierung der Grundansprüche von der CRP-RATP auf CNAV und AGIRC-ARRCO die wirtschaftliche Lage der RATP nicht mehr betrifft“.

(57)

Im Übrigen sind die französischen Behörden der Ansicht, dass die den Grundansprüchen entsprechenden Verpflichtungen der RATP keine Kosten darstellen würden, die diese gemäß der Gemeinschaftsrechtsprechung normalerweise aus Eigenmitteln hätte bestreiten müssen. Den französischen Behörden zufolge werden aus den Finanzmitteln der französischen Unternehmen normalerweise Beitragszahlungen mit schuldbefreiender Wirkung an die allgemeinen Rentenkassen bestritten und keine Rentenzahlungsverpflichtungen an aktiv Beschäftigte und Rentner, wie dies bei der RATP der Fall gewesen sei, die bis zur angemeldeten Reform eine Pensionsabteilung hatte. Da die Anlehnung der CRP-RATP an das allgemeine Rentensystem und die Ausgleichszahlungen des Staates mit der Zahlung eines Beitrags mit schuldbefreiender Wirkung in Höhe des Rentenbeitrags nach allgemeinem Rentenrecht einhergehen würden, hätten sie nicht zur Folge, dass die RATP von Aufwendungen entlastet werde, die sie normalerweise aus Eigenmitteln hätte bestreiten müssen.

(58)

Schließlich vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass es, da das Sonderrentensystem vom Staat bei der Gründung der RATP im Jahr 1948 auferlegt worden sei, anomal wäre, wenn das Unternehmen für die Ausgleichszahlungen aufkommen müsste, die die Gegenleistung für die Anlehnung der CRP-RATP an das allgemeine Rentensystem seien.

(59)

Erstens sind die französischen Behörden der Ansicht, dass die Rechtsprechung, der zufolge die auf einem Tarifvertrag beruhenden Aufwendungen von ihrem Wesen her Aufwendungen darstellen, die normalerweise aus den Eigenmitteln eines Unternehmens bestritten werden, unabhängig davon, ob das Unternehmen diesen Tarifvertrag freiwillig angenommen hat oder dieser kraft einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift auf dieses Unternehmen ausgedehnt wurde (25), im vorliegenden Fall nicht gelte, da das Rentensystem für die RATP-Beschäftigten nicht auf einem Tarifvertrag beruhe.

(60)

Zweitens vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass der RATP aus den bestehenden Sonderansprüchen kein Vorteil erwachse. Die Tatsache, dass die RATP weiterhin öffentlich Bedienstete einstelle, die Sonderansprüche erwürben, beweise nicht, dass das Bestehen der Sonderansprüche einen wirtschaftlichen Vorteil für die RATP darstelle.

(61)

Drittens halten die französischen Behörden daran fest, dass die staatliche Finanzierung der Sonderansprüche nur den reinen Ausgleich für die außergewöhnlichen Aufwendungen der RATP darstelle. Nach Ansicht der französischen Behörden geht die Schlussfolgerung, dass die Finanzierung der Sonderrentenansprüche keine staatliche Beihilfe darstellen würden, aus den Grundsätzen hervor, die die Gemeinschaftsrechtsprechung seit dem Bestehen der Gemeinschaft entwickelt habe und die zuletzt in den Urteilen Combus  (26) und Enirisorse  (27) dargelegt worden seien.

(62)

Für den Fall, dass die Kommission der Ansicht sein sollte, dass die angemeldete Reform Beihilfeelemente enthalte, vertreten die französischen Behörden die Auffassung, dass diese Reform in jedem Fall mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(63)

Sie halten daran fest, dass die angemeldete Reform mit der Methode der gestrandeten Kosten vereinbar und wettbewerbsfördernd sei.

(64)

Im Übrigen sind die französischen Behörden der Auffassung, dass die neue Finanzierung der Rentenansprüche ab 2006 für das Funktionieren des Wettbewerbs auf dem Markt erforderlich und verhältnismäßig ist.

(65)

Nach Ansicht der französischen Behörden ist die angemeldete Reform notwendig, da sie die in der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorgesehene Liberalisierung des Nahverkehrssektors der Region Ile-de-France vorbereite. Mit dieser Reform könnten Wettbewerbsverzerrungen zwischen öffentlichen und privaten Betreibern vermieden und die Marktzutrittsschranke, die die Finanzierung der Renten der RATP dargestellt habe, endgültig abgebaut werden.

(66)

Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit der angemeldeten Reform unterrichteten die französischen Behörden die Kommission in ihrem Schreiben vom 23. April 2008 über die von der französischen Regierung eingeleitete Reform des Sonderrentensystems der RATP, mit der das Sonderrentensystem der RATP an die Regelungen des allgemeinen Rentenrechts angeglichen werde.

8.   STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN NACH DER EINLEITUNG DES VERFAHRENS

(67)

Mit Schreiben vom 13. Februar 2008 brachte die Gewerkschaft SUD der RATP ihren Widerstand gegen das von den französischen Behörden angemeldete Vorhaben zum Ausdruck, mit dem einzig das Ziel verfolgt werde, die RATP zu einem großen internationalen Konzern umzuformen, und das nur durch Gewinnstreben motiviert sei. In diesem Schreiben wies die Gewerkschaft SUD der RATP die Kommission darauf hin, dass die Mitarbeiter der RATP ihrer Ansicht nach keine privatrechtlich Beschäftigten seien, für die der Code du travail (Arbeitsgesetzbuch) gelte.

(68)

Die Gewerkschaft SUD der RATP behauptet im Übrigen, dass die Reform des Rentensystems der RATP von einer paritätischen gemischten Kommission hätte ausgearbeitet werden müssen, da sie in den Bereich der Tarifverhandlungen zwischen Sozialpartnern falle.

9.   ÄUSSERUNGEN FRANKREICHS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN

(69)

Im Hinblick auf den für die Beschäftigten der RATP geltenden Rechtsrahmen teilen die französischen Behörden in ihrem Schreiben vom 3. April 2008 mit, dass für die öffentlich Bediensteten der RATP die Bestimmungen des Code du travail gelten sollen, sofern die Geltung seiner Bestimmungen für diese Mitarbeiter durch den Code du travail oder die Rechtsprechung nicht ausdrücklich ausgeschlossen werde. Nach Auffassung Frankreichs kann allein aus dem Bestehen dieser Ausnahmen nicht gefolgert werden, dass die Mitarbeiter der RATP in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen würden.

(70)

Frankreich teilt weiterhin mit, dass das Rentensystem in dem Dekret Nr. 60-1362 vom 19. Dezember 1960, mit dem der paritätischen gemischten Kommission der RATP die Zuständigkeit für das Personalstatut gegeben wird, nicht genannt werde. Den französischen Behörden zufolge ist das Rentensystem der RATP nicht aus Tarifverhandlungen hervorgegangen, sondern der RATP vom Staat auf dem Verwaltungsweg vorgegeben worden.

10.   GELTUNGSBEREICH DIESER ENTSCHEIDUNG

(71)

Diese Entscheidung betrifft die Vereinbarkeit des neuen Systems zur Finanzierung der Renten mit den Gemeinschaftsvorschriften für staatliche Beihilfen.

(72)

Die Einleitung des Verfahrens am 10. Oktober 2007 und insbesondere die Stellungnahmen der französischen Behörden ermöglichten es der Kommission, die Modalitäten der Durchführung der angemeldeten Reform zu präzisieren und dadurch drei Maßnahmen zu ermitteln, die Beihilfeelemente enthalten könnten.

(73)

Zum Ersten ist die CRP-RATP seit dem 1. Januar 2006 anstelle der RATP der einzige rechtliche Schuldner der Altersrenten der öffentlich Bediensteten der RATP.

(74)

Zum Zweiten leistet der Staat seit dem 1. Januar 2006 eine Ausgleichszahlung an die CRP-RATP. Dieser staatliche Zuschuss deckt das demografisch bedingte Defizit und die Mehrkosten des Sondersystems der RATP.

(75)

Zum Dritten wird bei der angemeldeten Reform die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass die CRP-RATP die Rentengrundansprüche des Sondersystems an die allgemeinen Rentensysteme anlehnt. Der Staat übernimmt anstelle der CRP-RATP die Ausgleichszahlungen zur Wahrung des Grundsatzes der unbedingten Finanzneutralität der Anlehnung.

11.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER ERSTEN MASSNAHME: EINRICHTUNG DER CRP-RATP

(76)

Die Kommission stellt fest, dass die CRP-RATP seit dem 1. Januar 2006 anstelle der RATP der einzige rechtliche Schuldner der Altersrenten der öffentlich Bediensteten der RATP ist. Die Kommission stellt fest, dass die Beitragszahlungen der RATP an die CRP-RATP seitdem darüber hinaus schuldbefreiende Wirkung haben.

(77)

Die Kommission stellt fest, dass im Rahmen des vor dem 1. Januar 2006 bestehenden Systems die RATP rechtlich Schuldner der Rentenverpflichtungen nach dem Sondersystem war. Damit wich die Finanzierung des Sondersystems für die RATP-Beschäftigten vom allgemeinen Rentenrecht ab: Die RATP gewährleistete das finanzielle Gleichgewicht des Sondersystems, wobei der von der RATP an das Sondersystem gezahlte Arbeitgeberbeitrag keine schuldbefreiende Wirkung hatte.

(78)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die Maßnahmen der angemeldeten Reform in erster Linie dazu geführt haben, dem Arbeitgeberbeitrag der RATP für die Renten ihrer Beschäftigten schuldbefreiende Wirkung zu verleihen und die RATP damit von der historischen Verpflichtung, das finanzielle Gleichgewicht des Sondersystems zu gewährleisten, zu befreien. Mit anderen Worten hat die angemeldete Reform die Verantwortung für das finanzielle Gleichgewicht des Sonderrentensystems der RATP auf die CRP-RATP und somit letzten Endes auf den Staat übertragen.

(79)

Die Kommission stellt zudem fest, dass die Verpflichtung zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Sondersystems, die auf der RATP lastete, ohne die angemeldete Reform zur Ausweisung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Staat geführt hätte, die bei der Umstellung auf den IFRS-Standard (International Financial Reporting Standard), der für die RATP seit dem 30. Juni 2007 gilt, als Rückstellung verbucht worden wäre (28).

(80)

Die Kommission betont an dieser Stelle, dass die Einrichtung der CRP-RATP die gleichen Fragen aufwirft wie die Finanzierungsreform für die Ruhegehälter der bei La Poste beschäftigten Mitarbeiter (29). Infolgedessen wird die Kommission bei der Prüfung, ob die in Rede stehende Maßnahme Beihilfeelemente enthält, wie in der genannten Entscheidung vorgehen.

11.1.   VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE

(81)

Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag lautet: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“

(82)

Eine nationale Maßnahme ist als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag anzusehen, wenn die folgenden kumulativen Bedingungen erfüllt sind: 1. die fragliche Maßnahme gewährt einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil; 2. dieser Vorteil wird aus staatlichen Mitteln finanziert; 3. dieser Vorteil verfälscht den Wettbewerb oder droht, ihn zu verfälschen und 4. dieser Vorteil beeinträchtigt den Handel zwischen Mitgliedstaaten.

(83)

Im Folgenden werden die Gründe dargelegt, die darauf schließen lassen, dass die fragliche Maßnahme diese kumulativen Bedingungen erfüllt und demnach eine staatliche Beihilfe zugunsten der RATP im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag ist.

11.1.1.   VORLIEGEN EINES SELEKTIVEN WIRTSCHAFTLICHEN VORTEILS ZUGUNSTEN DER RATP

(84)

Um würdigen zu können, ob die betreffende Maßnahme Beihilfeelemente enthält, muss bestimmt werden, ob diese Maßnahme der RATP einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, indem sie sie von Kosten entlastet, die das Unternehmen normalerweise aus seinen Eigenmitteln hätte bestreiten müssen, und dadurch die Marktkräfte daran hindert, ihre normalen Wirkungen zu zeigen (30).

(85)

In diesem Zusammenhang sind normale Aufwendungen nach der ständigen Rechtsprechung die gewöhnlichen Kosten des laufenden Betriebs oder der laufenden unternehmerischen Tätigkeit (31). Der Gerichtshof entschied auch, dass eine Beihilfe in einer Verringerung der Belastungen besteht, die normalerweise den Etat der Unternehmen in Anbetracht der Natur oder des Aufbaus der fraglichen Lastenregelung treffen, während eine Sonderlast eine zusätzliche, über diese normalen Belastungen hinausgehende Last ist (32).

(86)

Angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs und gemäß ihrer Entscheidungspraxis (33) vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Einstufung als „normale Last“ oder „Sonderlast“ voraussetzt, dass ein Bezugs- oder Vergleichsrahmen gebildet wird mit dem Ziel, Unternehmen zu ermitteln, die mit Blick auf das mit der Maßnahme angestrebte Ziel in einer vergleichbaren rechtlichen oder tatsächlichen Lage wären.

(87)

Dabei ist daran zu erinnern, das zur Anwendung von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag lediglich festzustellen ist, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen.

(88)

Bei der Wahl des Bezugssystems ist nach Angaben des Gerichtshofs in zwei Schritten vorzugehen: Zunächst muss die von der Maßnahme betroffene Lastenregelung und anschließend das für die betreffende Lastenregelung geltende allgemeine System bestimmt werden.

(89)

Wenn ein relevantes exogenes Vergleichssystem ermittelt werden kann, in Bezug auf welches das Vorliegen „außergewöhnlicher“ Belastungen definiert werden könnte, stellt die in Rede stehende Maßnahme keine Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar. Andernfalls stellt die fragliche Maßnahme eine Beihilfe im Sinne dieser Bestimmung dar.

11.1.1.1.    Nichtbestehen eines exogenen Vergleichssystems

(90)

Bei der Anwendung dieser Methode auf den vorliegenden Fall stellt die Kommission fest, dass die von der Maßnahme betroffene Lastenregelung in den Sozialabgaben besteht, die ein Arbeitgeber im Rahmen der Rentenpflichtversicherung seiner Beschäftigten bestreitet.

(91)

Theoretisch unterscheidet die Kommission zwei mögliche Bezugssysteme:

die Bestimmungen auf dem Gebiet der Rentenpflichtversicherung, die für die Rentensysteme nach allgemeinem Rentenrecht gelten, d. h. für das von CNAV verwaltete Allgemeine System der Sozialversicherung und für die von AGIRC und ARRCO verwalteten Zusatzversorgungssysteme;

die Bestimmungen auf dem Gebiet der Rentenpflichtversicherung, die für andere öffentliche Einrichtungen gelten.

(92)

Im Zusammenhang mit dem ersten möglichen Vergleichssystem, d. h. den Rentensystemen nach allgemeinem Rentenrecht, stellt die Kommission fest, dass die RATP seit dem 1. Januar 2006 Sozialbeiträge in gleicher Höhe zahlt wie die Unternehmen, die Beiträge an die Rentenkassen nach allgemeinem Rentenrecht abführen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Leistungen, die von dem von der CRP-RATP verwalteten Sondersystem an die Rentenberechtigten der RATP gezahlt werden, höher sind als die Leistungen der Rentenempfänger, die dem allgemeinen Rentensystem angeschlossen sind.

(93)

Zudem stellt die Kommission fest, dass den Systemen nach allgemeinem Rentenrecht privatrechtlich Beschäftigte angeschlossen sind, während es sich bei den Mitarbeitern der RATP um öffentlich Bedienstete handelt. Im Hinblick hierauf ist anzumerken, dass das Personalstatut der RATP in mehrfacher Hinsicht vom allgemeinen Rentenrecht abweicht (siehe Fußnote 6).

(94)

Angesichts der bisherigen Ausführungen und unter Berücksichtigung ihrer Entscheidungspraxis (34) vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Bestimmungen, die für die Rentenpflichtversicherungen nach allgemeinen Rentenrecht gelten, bei der Prüfung, ob ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag vorliegt, nicht als Vergleichssystem herangezogen werden können.

(95)

Was das zweite mögliche Vergleichssystem betrifft, d. h. die öffentlichen Einrichtungen, hat die Kommission keine Wirtschaftsteilnehmer finden können, die eine homogene Gruppe bilden und als Vergleichssystem dienen könnten. Denn die RATP ist in Frankreich in mehr als einer Hinsicht in einer ganz besonderen rechtlichen und tatsächlichen Situation (35).

(96)

Abschließend ist die Kommission der Ansicht, dass es kein exogenes Vergleichssystem gibt, das es ermöglichen würde, im Hinblick auf das mit der Maßnahme verfolgte Ziel einen „normalen“ Beitragssatz für Unternehmen in einer rechtlich und tatsächlich vergleichbaren Lage wie die RATP zu definieren.

(97)

Durch das von Frankreich angeführte Urteil Enirisorse  (36) werden die Schlussfolgerungen der Kommission zum Vorliegen eines Vorteils zugunsten der RATP nicht geändert. Denn in diesem Urteil gründete der Gerichtshof seine Entscheidung auf einen Vergleich der streitigen Maßnahme mit „normalen Umständen“, die der Gerichtshof hat definieren können, was jedoch im vorliegenden Fall nicht möglich ist.

(98)

Da kein exogenes Vergleichssystem vorliegt, vertritt die Kommission die Auffassung, dass bei der Prüfung, ob ein Vorteil im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag vorliegt, die Situation der RATP selbst vor der Gewährung der Maßnahme als Bezugsrahmen herangezogen werden muss.

11.1.1.2.    Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils

(99)

Wie bereits erwähnt, war im Rahmen des vor dem 1. Januar 2006 bestehenden Systems die RATP rechtlich der Schuldner der Rentenverpflichtungen aus dem Sondersystem. Dabei gewährleistete die RATP das finanzielle Gleichgewicht dieses Systems, wobei der von der RATP gezahlte Arbeitgeberbeitrag keine schuldbefreiende Wirkung hatte.

(100)

Die Kommission stellte fest, dass die Maßnahmen der angemeldeten Reform im Wesentlichen zur Folge haben, dass dem von der RATP gezahlten Arbeitgeberanteil für die Rentenversicherungsbeiträge ihrer Beschäftigten schuldbefreiende Wirkung verliehen wurde.

(101)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die fraglichen Maßnahmen die RATP von einer Belastung befreien, die sie nach dem Gesetz von 1948 hätte übernehmen müssen.

(102)

Im Zusammenhang mit der Prüfung, ob es sich bei den Rentenlasten für die RATP selbst um normale oder außergewöhnliche Belastungen handelt, vertritt die Kommission die Ansicht, dass Verpflichtungen zur Zahlung von Abfindungen und/oder Vorruhestandsgeld, die einem Unternehmen aufgrund arbeitsrechtlicher oder tariflicher Vereinbarungen mit den Gewerkschaften obliegen, zu den aus Eigenmitteln zu deckenden Kosten eines Unternehmens gehören (37).

(103)

Die Kommission gelangt dadurch zu dem Schluss, dass es sich bei den Lasten, denen die RATP aufgrund des Gesetzes von 1948 unterliegt, um normale Belastungen handelt. Da die betreffende Maßnahme es ermöglicht, die RATP von Aufwendungen zu entlasten, die das Unternehmen normalerweise aus Eigenmitteln hätte bestreiten müssen, gewährt diese Maßnahme dem Unternehmen somit einen Vorteil im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag. Dieser Vorteil ist selektiv, da er nur einen einzigen Begünstigten betrifft.

(104)

Die Kommission stellt zudem fest, dass die Verpflichtung der RATP zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Sondersystems ohne die angemeldete Reform zur Ausweisung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Staat in der Bilanz der RATP geführt hätte, die bei der Umstellung auf den IFRS-Standard (International Financial Reporting Standard), der für die RATP seit dem 30. Juni 2007 gilt, als Rückstellung verbucht worden wäre.

(105)

Dieser Punkt bestätigt, dass die RATP durch die Einrichtung der CRP-RATP von Kosten entlastet wird, die sie normalerweise hätte tragen müssen.

11.1.1.3.    Nichtanwendbarkeit der Rechtsprechung Combus auf den vorliegenden Fall

(106)

Die französischen Behörden berufen sich ausführlich auf das Urteil in der Rechtssache Combus  (38), in dem das Gericht Belastungen, die einem Unternehmen, das nach einer Reform ebenso wie seine Konkurrenten unter das allgemeine Recht fällt, aufgrund des Sonderstatus seines Personals im Rahmen der Personalverwaltung erwachsen, als „außergewöhnliche“ Belastungen betrachtete. Darin erklärte das Gericht: „… mit dieser Maßnahme [sollte] der privilegierte und kostenaufwendige Status der bei Combus eingesetzten Beamten durch ein vertragliches Arbeitsverhältnis abgelöst werden […], wie es auch Mitarbeiter von anderen, mit Combus konkurrierenden Busunternehmen haben. Folglich handelte es sich darum, Combus von einem strukturellen Nachteil im Vergleich zu ihren privaten Konkurrenten zu befreien. Die Bestimmung des Artikels 87 Absatz 1 EG hat aber nur zum Zweck, Vorteile zu untersagen, durch die bestimmte Unternehmen begünstigt werden, da der Begriff der Beihilfe nur Interventionen erfasst, die die normalen Belastungen eines Unternehmens mindern und die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte […]. Im Übrigen hätte der dänische Staat, anstatt den Betrag von 100 Mio. DKK unmittelbar an die bei Combus beschäftigten Beamten auszuzahlen, das gleiche Ergebnis durch eine Wiedereingliederung dieser Beamten in die öffentliche Verwaltung ohne besondere Gratifikationszahlung erzielen können, was es Combus erlaubt hätte, unmittelbar Mitarbeiter in einem privatrechtlichen Vertragsverhältnis anzustellen.“

(107)

Zunächst ist ganz allgemein darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung Combus vom Gerichtshof nicht bestätigt wurde. Einige Punkte der Rechtsprechung des Gerichtshofs widerlegen die Hypothese, der zufolge der Ausgleich eines strukturellen Nachteils die Einstufung als Beihilfe ausschließen würde. So hat der Gerichtshof wiederholt angegeben, dass das Vorliegen einer Beihilfe nach ihrer Wirkung und nicht nach den Gründen oder Zielen staatlicher Maßnahmen gewürdigt werden muss (39). Der Gerichtshof hat auch vertreten, dass der Begriff „Beihilfe“ auch die von Behörden gewährten Vorteile umfasst, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat (40). Zudem hat der Gerichtshof deutlich gemacht, dass die Kosten für die Entlohnung der Beschäftigten wesensmäßig und unabhängig davon, ob sie auf gesetzlichen Verpflichtungen oder Tarifverträgen beruhen oder nicht, die Bilanz der Unternehmen belasten (41). In diesem Rahmen vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass die Tatsache, dass staatliche Maßnahmen Mehrkosten ausgleichen sollen, nichts daran ändert, dass sie als Beihilfe anzusehen sind (42). In diesem Zusammenhang berufen sich die französischen Behörden auf die Anwendung des Grundsatzes, der vom Gericht im Urteil Combus aufgestellt wurde, und behaupten, die angemeldete Reform entlaste die RATP nur von einer „außergewöhnlichen“ Belastung.

(108)

Im Hinblick hierauf betont die Kommission, dass sich der Fall Combus in mehreren Sachverhalten vom vorliegenden Fall unterscheidet:

die Ausgleichszahlungen werden direkt an die von Combus beschäftigten Beamten gezahlt, während die hier betrachtete Maßnahme die Arbeitgeberbeiträge der RATP betrifft;

die staatliche Maßnahme in der Rechtssache Combus sollte den privilegierten und kostenaufwändigen Status der bei Combus beschäftigten Beamten durch ein Angestelltenverhältnis ersetzen, das mit dem der Angestellten anderer Busunternehmen, die im Wettbewerb zu Combus standen, vergleichbar war. Der Status und die Rechte der Mitarbeiter der RATP ändern sich dagegen durch die betreffende Maßnahme nicht. Dieser Status und diese Rechte unterscheiden sich von denen der privatrechtlich Beschäftigten der Unternehmen, die den Rentensystemen nach allgemeinem Rentenrecht angeschlossen sind;

der wettbewerbliche Hintergrund der Tätigkeiten von Combus unterscheidet sich von dem der RATP. Die Aktiengesellschaft Combus A/S musste die Beförderungstätigkeit auf einer kommerziellen Grundlage betreiben und am Markt unter Wettbewerbsbedingungen tätig sein, die mit denen privater Busunternehmen vergleichbar waren. In diesem Zusammenhang vergeben öffentliche Verkehrsverwaltungsgesellschaften im Wege von Ausschreibungen die Durchführung des Busverkehrs an private und öffentliche Unternehmen. Den Zuschlag erhält nach den Ausschreibungsregeln das „wirtschaftlich günstigste Angebot“, unabhängig davon, ob der Bieter ein öffentliches oder privates Unternehmen ist. Die RATP besitzt dagegen allein einen großen nicht liberalisierten Sektor, der selbst durch die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 nur ganz allmählich für den Wettbewerb geöffnet wird und in dem der wirtschaftliche Druck demzufolge auf ganz andere Weise ausgeübt wird.

(109)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die faktischen Unterschiede zwischen dem Fall Combus und dem vorliegenden Fall als Rechtfertigung dafür ausreichen, in beiden Fällen unterschiedlich zu argumentieren.

11.1.2.   EINSATZ STAATLICHER MITTEL

(110)

Die Kommission ist der Ansicht, dass die geprüfte Maßnahme staatliche Mittel zugunsten der RATP beinhaltet, da die endgültige Verantwortung für den Ausgleich des Sonderrentensystems der RATP-Mitarbeiter nicht mehr der RATP, sondern dem Staat obliegt. Denn seit der Durchführung der Reform stellt der Staat den Haushaltsausgleich der CRP-RATP durch einen staatlichen Zuschuss an den Sozialversicherungsträger sicher; ohne die Reform hätte dieser Zuschuss von der RATP übernommen werden müssen.

(111)

Die Kommission gelangt daher zu dem Schluss, dass die Maßnahme staatliche Mittel im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag beinhaltet.

11.1.3.   VERZERRUNG DES WETTBEWERBS UND BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS

(112)

Wie eingangs erwähnt, ist die RATP, die Begünstigte der Maßnahme, die Muttergesellschaft einer Unternehmensgruppe, der Gruppe RATP, die im Bereich des Verkehrs und der zugehörigen Dienstleistungen tätig ist. Alle diese Wirtschaftsbeteiligten sind auf den EU-Märkten der genannten Sektoren tätig.

(113)

An dieser Stelle sei daran erinnert, dass Beihilfen, mit denen ein Unternehmen von Kosten befreit werden soll, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (43). Es wurde in der Tat erkannt, dass jede Beihilfe, die einem auf dem Gemeinschaftsmarkt tätigen Unternehmen gewährt wird, geeignet ist, den Wettbewerb zur verfälschen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen (44). Zudem führte der Gerichtshof aus, dass keineswegs ausgeschlossen ist, dass sich ein öffentlicher Zuschuss, der einem Unternehmen gewährt wird, das ausschließlich örtliche oder regionale Verkehrsdienste und keine Verkehrsdienste außerhalb seines Heimatstaats leistet, gleichwohl im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten auswirken kann. Gewährt nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen einen öffentlichen Zuschuss, so kann dadurch die Erbringung von Verkehrsdiensten durch dieses Unternehmen beibehalten oder ausgeweitet werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Verkehrsdienste auf dem Markt dieses Staates zu erbringen, verringern (45).

(114)

Im vorliegenden Fall befindet sich die Gruppe RATP sowohl gegenüber ihren nationalen Wettbewerbern (46) als auch gegenüber den Wettbewerbern aus anderen Mitgliedstaaten, denen die Maßnahme nicht zugute kam, in einer privilegierten Stellung.

(115)

Die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sieht die stufenweise Öffnung der betreffenden Märkte für den Wettbewerb vor, und die Öffnung eines betroffenen Sektors für den Wettbewerb beinhaltet, dass eine Beihilfe an ein Unternehmen dieses Sektors den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigen und den Wettbewerb im betreffenden Markt verfälschen kann.

(116)

Daher vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Maßnahme den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt und den Wettbewerb zwischen diesen Unternehmen verfälscht.

11.2.   RECHTSWIDRIGKEIT DER BEIHILFE

(117)

Gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag muss der Mitgliedstaat jede beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen anmelden. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

(118)

Im vorliegenden Fall haben die französischen Behörden die Reform der Finanzierung des Rentensystems der RATP mit Schreiben vom 29. Juni 2006 notifiziert. In diesem Schreiben erklären die französischen Behörden ferner, dass es sich bei der Regelung nicht um eine staatliche Beihilfe zu handeln scheint, die gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag vorher bei der Kommission anzumelden ist.

(119)

Die Kommission stellt jedoch fest, dass Frankreich die in Rede stehende Beihilfe vom 1. Januar 2006 an durchgeführt hat, d. h. bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat. Danach gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass Frankreich mit der Durchführung der Beihilfe Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag verletzt und rechtswidrig gehandelt hat.

11.3.   VEREINBARKEIT DER BEIHILFE MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT

(120)

Da die in Rede stehende Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt, ist zu prüfen, ob sie aufgrund der im Vertrag vorgesehenen Ausnahmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist.

(121)

Die am besten geeignete Rechtsgrundlage ist dabei nach Auffassung der Kommission Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag, dem zufolge Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können.

(122)

Angesichts der Art und der Auswirkungen der Reform ist die Kommission der Auffassung, dass die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt im Hinblick auf die Schaffung gleicher Bedingungen („level playing field“) im Bereich der gesetzlichen Sozialabgaben zwischen der RATP und ihren gegenwärtigen, potenziellen und künftigen Wettbewerbern auf dem Markt des Personennahverkehrs in der Region Ile-de-France beurteilt werden muss.

(123)

Um die Auswirkungen der Beihilfe untersuchen und das Ausmaß der Wettbewerbsverzerrung bewerten zu können, muss die Kommission zunächst die Höhe der von der RATP gezahlten Beiträge im Vergleich zu denen ihrer Wettbewerber im reformierten System prüfen. Anschließend wird die Kommission ermitteln, wie sich die Lage darstellen würde, wenn die RATP keine Beihilfen erhalten hätte. Schließlich werden die positiven wie die negativen Auswirkungen der Beihilfe analysiert, bevor eine Gesamtbilanz erstellt wird.

(124)

Die Kommission stellt zunächst fest, dass sich die Finanzierung des Sonderrentensystems der RATP vor dem 1. Januar 2006 von der Finanzierung der allgemeinen Rentensysteme in zweifacher Hinsicht unterschied: durch die nicht schuldbefreiende Wirkung der Beiträge und durch den Beitragssatz für den Arbeitgeberanteil.

(125)

Nach Auffassung der Kommission wurde der erste Unterschied zwischen dem Sondersystem der RATP und den Systemen nach allgemeinem Rentenrecht durch die Maßnahme beseitigt. Denn vor dem 1. Januar 2006 zahlte die RATP keinen Beitrag mit schuldbefreiender Wirkung, sondern war kraft Gesetzes zum Ausgleich des Rentensystems für ihre Mitarbeiter verpflichtet. Die angemeldete Reform hatte zur Folge, dass die Beitragszahlungen die gleiche schuldbefreiende Wirkung erhielten wie die Beiträge, die ein Arbeitgeber nach allgemeinem Rentenrecht an eine Kasse, die ein umlagefinanziertes Rentensystem verwaltet, abführt. Im Zusammenhang mit dem zweiten Unterschied stellt die Kommission fest, dass die angemeldete Reform dazu geführt hat, dass das Beitragsniveau der Rentenpflichtversicherung der RATP an das der Unternehmen, die unter das allgemeine Rentenrecht fallen, angeglichen wurde.

(126)

Ohne die angemeldete Reform hätte die RATP für die Geschäftsjahre nach dem Geschäftsjahr 2006 Rückstellungen für die Rentenverpflichtungen für ihre öffentlich Bediensteten bilden müssen. Diese Rückstellung hätte unmittelbar darauf beruht, dass die Arbeitgeberbeiträge für die Renten der RATP-Mitarbeiter keine schuldbefreiende Wirkung gehabt hätten.

(127)

Im Übrigen wären die Beiträge der RATP an die Rentenversicherung zur Gewährleistung des Finanzausgleichs des Rentensystems nicht an das von ihren potenziellen Wettbewerbern gezahlte Niveau angeglichen worden.

(128)

Ohne die angemeldete Reform hätte die RATP somit im Vergleich zum reformierten System eine zusätzliche jährliche Belastung von mehreren Hundert Millionen Euro tragen müssen.

(129)

Infolgedessen wäre der RATP auf einem liberalisierten Markt durch die Rentenlasten ein Nachteil entstanden, der ihre Tätigkeiten wesentlich beeinflusst hätte.

(130)

Aus den bisherigen Ausführungen folgt, dass das gemäß dem Gesetz von 1958 für die RATP geltende Rentensystem unter Berücksichtigung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007, die eine stufenweise Öffnung des Personennahverkehrsmarktes vorsieht, spezielle Merkmale aufweist, die jeweils für sich genommen den Wettbewerb zum Nachteil der RATP und der Gruppe, der sie angehört, verzerren. Die Beihilfe führt im Wesentlichen dazu, dass die Beiträge der RATP an die ihrer Wettbewerber und der Wettbewerber der Gruppe RATP angeglichen werden und somit die spezifische Wettbewerbsverzerrung, von der die RATP und die Gruppe RATP betroffen sind, beseitigt wird.

(131)

Zudem ermöglicht die Reform es der RATP, zunehmend wie ein unter marktwirtschaftlichen Bedingungen handelnder privater Investor aufzutreten. Dies gehört im Übrigen zu den Zielsetzungen der Reform.

(132)

Die Kommission vertritt auch die Auffassung, dass die Maßnahme dem angestrebten Ziel von gemeinschaftlichem Interesse angemessen ist. Kein anderes Instrument hätte das Problem wirksamer lösen können. Zwar hätten Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gewährt werden können, aber ein solcher Ansatz wäre langfristig nicht tragbar gewesen, weil es sich um ein strukturelles Problem handelt.

(133)

Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen ist die Kommission der Auffassung, dass die gewährte Beihilfe auf das unbedingt erforderliche Minimum beschränkt ist. Seit dem 1. Januar 2006 führt die RATP Pensionsaufwendungen in gleicher Höhe wie ein Unternehmen ab, dessen Beschäftigte den allgemeinen Rentensystemen angeschlossen sind.

(134)

Schließlich kann nach Auffassung der Kommission durch die Maßnahme ein nachhaltiges, an die neuen Gegebenheiten angepasstes System zur Finanzierung geschaffen werden. Im Übrigen ist die Kommission der Ansicht, dass dabei die Reform der vom Sondersystem bedienten Rentenleistungen (47) ein weiteres maßgebliches Merkmal darstellt. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Maßnahmen im allgemeineren Rahmen der Reform der Rentensysteme der Mitgliedstaaten zu sehen sind, die sowohl vom Rat als auch von der Kommission gewünscht wird (48).

(135)

In einer statischen Analyse gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass die Wettbewerbsverzerrungen, die durch die Maßnahme auf dem Personennahverkehrsmarkt in der Region Ile-de-France bewirkt werden, kurzfristig sehr begrenzt sind, da es angesichts der Vergangenheit der RATP und ihrer Tätigkeit offensichtlich ist, dass sich die von der Reform betroffenen Rentenverpflichtungen auf Tätigkeiten beziehen, die seit jeher auf einem nicht liberalisierten Markt ausgeübt werden, auf dem bisher nur geringer Wettbewerb herrschte. Da es sich andererseits um die Märkte handelt, auf denen die Gruppe RATP über Tochtergesellschaften des Unternehmens RATP tätig ist, wirkt sich die Maßnahme nach Ansicht der Kommission nur marginal aus. Denn diese Märkte werden durch die Maßnahme nur indirekt berührt, da — neben der strikten rechtlichen, buchhalterischen und finanziellen Trennung zwischen der Muttergesellschaft und ihren Tochtergesellschaften — die Beschäftigten der Tochtergesellschaften von der angemeldeten Reform nicht betroffen sind.

(136)

In einer dynamischen und angesichts der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 zweifelsohne besser geeigneten Analyse gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass die Maßnahme es der RATP zwar theoretisch ermöglichen kann, eine beherrschende Stellung zu behalten, dieses Risiko jedoch gering ist. Diese Schlussfolgerung beruht darauf, dass sich die Maßnahme darauf beschränkt, die Beiträge der RATP an die ihrer Wettbewerber anzugleichen, und dass das Rentensystem der RATP infolge der Reform des Sonderrentensystem im Jahr 2008 für die RATP nicht mehr besonders attraktiv ist.

(137)

Angesichts der bisherigen Ausführungen gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die der RATP gewährte Beihilfe geringe negative Auswirkungen hat. Die angemeldete Reform beschränkt sich auf das, was zur Schaffung gleicher Bedingungen bei den Rentenpflichtversicherungsbeiträgen unbedingt erforderlich ist, setzt einer Wettbewerbsverzerrung ein Ende, die die RATP benachteiligt hätte, und beeinträchtigt die Handelsbedingungen nicht in einem dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Maße.

(138)

Daraus folgt, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, sofern die Reform des Sonderrentensystems der RATP, mit der dieses an die Regelungen des allgemeinen Rentenrechts für die Grundsysteme für privatrechtlich Beschäftigte und Beamte angeglichen werden soll, vollständig durchgeführt wird.

(139)

Nach Auffassung der Kommission wird diese Schlussfolgerung durch die Lösung in ihrer Entscheidung 2005/145/EG im Fall EDF (49) nicht infrage gestellt.

(140)

In dieser Entscheidung genehmigte die Kommission staatliche Beihilfen, mit denen die Unternehmen eines Sektors von sektorspezifischen Pensionsverpflichtungen entlastet wurden, die über die allgemeinen Rentenverpflichtungen hinausgingen und aus der Zeit stammten, in der diese Unternehmen ein Monopol innehatten. Dabei vertrat sie die Auffassung, dass die teilweise Entlastung durch den Finanzierungsmechanismus von spezifischen Rentenansprüchen, die vor dem Datum der Reform erworben wurden, eine staatliche Beihilfe nach Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellte, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden konnte. Bei der Prüfung der Vereinbarkeit gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass sich die Situation von EDF in ihrer Art nicht wesentlich von der Situation der „gestrandeten Kosten“ im Energiebereich unterschied. Es handelte sich tatsächlich um Beihilfen zur Erleichterung des Übergangs zu einem wettbewerblich geprägten Energiesektor. Die Kommission hielt es für angemessen, die Beihilfen für EDF dem Ausgleich für gestrandete Kosten gleichzustellen (50), und kündigte an, diesen Ansatz bei der Analyse ähnlicher Fälle verfolgen zu wollen.

(141)

Angesichts der vorstehenden Ausführungen vertritt die Kommission die Auffassung, dass die Beihilfe die RATP von Pensionsverpflichtungen entlastet, die über die Verpflichtungen des allgemeinen Rentensystems hinausgingen und aus einer Zeit vor der Liberalisierung des Marktes stammen. Gleichzeitig ergänzt die Kommission, dass das Sondersystem für die RATP-Beschäftigten im Zuge der bei der RATP seit Anfang 2008 durchgeführten Reform der Sonderrentensysteme an die Regelungen des allgemeinen Rentenrechts für die Grundsysteme der privatrechtlich Beschäftigten und Beamten angeglichen wird.

11.4.   SCHLUSSFOLGERUNG

(142)

Abschließend kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Maßnahme um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag handelt. Die Beihilfe ist rechtswidrig, aber nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

12.   BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG DER ZWEITEN UND DRITTEN MASSNAHME

(143)

Wie eingangs erwähnt, sieht die angemeldete Reform vor, dass der Staat vom 1. Januar 2006 an einen Zuschuss zum Haushaltsausgleich an die CRP-RATP zahlt.

(144)

Zudem wird bei der angemeldeten Reform in Betracht gezogen, dass die CRP-RATP die Rentengrundansprüche aus dem Sondersystem an die allgemeinen Rentensysteme anlehnen kann. Damit der Grundsatz der Finanzneutralität gewahrt bleibt, setzt diese Anlehnung Ausgleichszahlungen an die Aufnahmesysteme voraus, die anstelle der CRP-RATP der Staat übernehmen wird.

(145)

Bestimmt werden muss nun, ob es sich bei diesen Maßnahmen um staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag handelt.

(146)

Dabei ist daran zu erinnern, dass Artikel 87 EG-Vertrag nur für Unternehmen im Sinne des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts gilt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Bereich des Sozialschutzes, wenn er auf Solidarität beruht, keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Vertrags (siehe Randnummer 67 des Einleitungsbeschlusses vom 10. Oktober 2007) (51).

(147)

Angesichts dieser Rechtsprechung sind nach Auffassung der Kommission aus den folgenden Gründen weder die CRP-RATP noch die Rentenkassen, die die aktiv Beschäftigten und Rentenempfänger der RATP aufnehmen, d. h. CNAV und AGIRC-ARRCO, Unternehmen im Sinne des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts.

(148)

Im vorliegenden Fall stellt die Kommission zunächst fest, dass für die Mitarbeiter der RATP ein obligatorischer sozialer Schutz besteht, der ein eigenständiges Alterssicherungssystem umfasst, das einen sozialen Zweck verfolgt. Damit sollen die Versicherten unabhängig von ihren Vermögensverhältnissen und ihrem Gesundheitszustand bei Versicherungsbeginn gegen Altersrisiken abgesichert werden.

(149)

Nach Auffassung der Kommission gilt für dieses System der Grundsatz der Solidarität, weil mit den Beiträgen der erwerbstätigen Arbeitnehmer die Renten der Arbeitnehmer im Ruhestand finanziert werden.

(150)

Die Kommission stellt im Übrigen fest, dass die Verwaltung des betreffenden Systems kraft Gesetzes der CRP-RATP übertragen wurde, deren Tätigkeit der staatlichen Aufsicht unterliegt. Dabei zieht sie die Beiträge von den Beschäftigten der RATP und von der RATP ein und sorgt für die Feststellung und Auszahlung der Renten. Die Kommission stellt fest, dass die CRP-RATP gemäß Artikel L711-1 Code de la sécurité sociale mit den in Artikel L111-1 dieses Codes genannten Befugnissen und Zuständigkeiten ausgestattet ist; dieser Artikel sieht insbesondere vor, dass die Organisation der sozialen Sicherheit auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität beruht.

(151)

Schließlich stellt die Kommission fest, dass die CRP-RATP ihre Aufgaben nach den gesetzlichen Vorschriften wahrnimmt und keine Möglichkeit hat, die Beitragshöhe, die Verwendung der Mittel oder die Festsetzung des Leistungsniveaus zu beeinflussen. Die Leistungen werden von Gesetzes wegen und unabhängig von der Höhe der vereinnahmten Beiträge gezahlt.

(152)

Da die CRP-RATP kein Unternehmen im Sinne des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts ist, vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Zuschuss des Staates an die CRP-RATP und die Finanzierung der Ausgleichszahlungen durch den Staat statt durch die CRP-RATP keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag darstellen —

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Einrichtung der Rentenkasse für das Personal der RATP (CRP-RATP) stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar, die von Frankreich unter Verletzung von Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag rechtswidrig gewährt wurde.

Diese staatliche Beihilfe ist mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag unter der Bedingung vereinbar, dass die Reform des Sonderrentensystems der RATP, mit der dieses an die Regelungen des allgemeinen Rentenrechts für die Grundsysteme der privatrechtlich Beschäftigten und Beamten angeglichen werden soll, vollständig durchgeführt wird.

Die Gewährung dieser Beihilfe wird daher genehmigt.

Artikel 2

Die Zahlung eines staatlichen Zuschusses an die CRP-RATP und die Finanzierung der Ausgleichszahlungen durch den Staat statt durch die CRP-RATP im Rahmen der Anlehnung der Grundansprüche des Sondersystems an die allgemeinen Rentensysteme stellen keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar.

Artikel 3

Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.

Brüssel, den 13. Juli 2009

Für die Kommission

Antonio TAJANI

Vizepräsident


(1)  ABl. C 9 vom 15.1.2008, S. 13.

(2)  Siehe Fußnote 1.

(3)  Amtsblatt der Französischen Republik (Journal Officiel de la République française) vom 26. März und 3. April 1948.

(4)  Artikel 2 der Ordonnance no 59-151 du 7 janvier 1959 modifiée relative à l’organisation des transports de voyageurs dans la région parisienne (Verordnung Nr. 59-151 vom 7. Januar 1959 mit späteren Änderungen über die Organisation der Personenbeförderung in der Region Paris, Amtblatt der Französischen Republik vom 10. Januar 1959) zur Änderung des Gesetzes von 1948.

(5)  Das französische Recht sieht diese Möglichkeit zu den folgenden Bedingungen vor: „Außerhalb der Region Ile-de-France und im Ausland kann die Régie autonome des transports parisiens über Tochtergesellschaften und unter Beachtung der Wettbewerbsvorschriften Personennahverkehrsnetze und -linien errichten, ausbauen und betreiben. Diese Tochtergesellschaften haben die Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Sie werden im Rahmen der Ziele der Gruppe finanziell unabhängig geführt; im Besonderen dürfen sie im Rahmen des Betriebs und der Investitionen in den Verkehr in der Region Ile-de-France keine Zuschüsse vom Staat, vom Verkehrsverbund Syndicat des transports d’Ile-de-France und von anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften erhalten.“

(6)  Das Personalstatut der RATP legt die Grundsätze für die Einstufung der Mitarbeiter sowie Bestimmungen für bestimmte Situationen fest, darunter:

die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, mit Vorschriften für den Fall der Kündigung, Entlassung oder Abberufung;

Urlaub (Jahresurlaub, Sonderurlaub aus familiären Gründen usw.);

Beförderungsbedingungen.

Vor der Reform des Sonderrentensystems sah das Personalstatut der RATP in Artikel 51 unter Bezugnahme auf die Rentenregelung auch die Bedingungen für das Mindestrentenalter vor. Diese Regelung wurde am 1. Juli 2008 aufgehoben (Artikel 52 des Dekrets Nr. 2008-637 vom 30. Juni 2008).

(7)  Amtsblatt der Französischen Republik vom 10. Januar 1959.

(8)  ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1.

(9)  Amtsblatt der Französischen Republik vom 24. September 1959.

(10)  Loi no2003-775 du 21 août 2003 portant réforme des retraites (Gesetz Nr. 2003-775 vom 21. August 2003 zur Reform der Renten).

(11)  Décret no 2008-48 du 15 janvier 2008 relatif au régime spécial de retraite du personnel de la Régie autonome des transports parisiens (Dekret Nr. 2008-48 vom 15. Januar 2008 über das Sonderrentensystem für die Beschäftigten der Régie autonome des transports parisiens).

(12)  Décret no 2008-637 du 30 juin 2008 portant règlement des retraites du personnel de la Régie autonome des transports parisiens (Dekret Nr. 2008-637 vom 30. Juni 2008 zur Regelung der Renten der Beschäftigten der Régie autonomes des transports parisiens).

(13)  Décret no 2008-1514 du 30 décembre 2008 relatif à certains régimes spéciaux de sécurité sociale et au régime de retraites complémentaire des assurances sociales en faveur des agents non titulaires de l’Etat et des collectivités publiques (Dekret Nr. 2008-1514 vom 30. Dezember 2008 betreffend bestimmte Sondersysteme der sozialen Sicherheit und das Zusatzrentensystem der Sozialversicherungen für Bedienste auf Zeit des Staates und der öffentlich-rechtlichen Körperschaften).

(14)  Die Finanzierung eines Rentensystems nach dem Umlageverfahren beruht auf dem Prinzip der Solidarität zwischen Generationen. Sein finanzielles Gleichgewicht ist vom Verhältnis zwischen der Zahl der Beitragszahler und der Zahl der Rentenempfänger abhängig. Die beiden wichtigsten Entwicklungsfaktoren sind daher die Zuwachsraten der Löhne und Gehälter und der Erwerbsbevölkerung.

(15)  Décret no 2005-1635 du 26 décembre 2005 relatif à la caisse de retraites du personnel de la Régie autonome des transports parisien (Dekret Nr. 2005-1635 vom 26. Dezember 2005 über die Rentenkasse für das Personal der Régie autonome des transports parisiens).

(16)  Décret no 2005-1638 du 26 décembre 2005 fixant les taux des cotisations dues à la caisse de retraites du personnel de la Régie autonome des transports parisiens (Dekret Nr. 2005-1638 vom 26. Dezember 2005 zur Festlegung der Höhe der an die Rentenkasse des Personals der Régie autonome des transports parisiens abzuführenden Beiträge).

(17)  CNAV: Caisse Nationale d’Assurance Vieillesse.

(18)  AGIRC: Association générale des institutions de retraite des cadres.

(19)  ARRCO: Association pour le régime de retraite complémentaire des salariés.

(20)  Bei der finanziellen Anlehnung werden das Sondersystem und seine Regelungen beibehalten: Angestrebt wird das Ziel, die Rentenverpflichtungen aus der Bilanz der von dem Vorgang betroffenen Unternehmen herauszulösen. Im Unterschied zur Eingliederung wird bei der Anlehnung jede direkte Beziehung zwischen den Systemen nach allgemeinem Rentenrecht und den Unternehmen, Beschäftigten und Rentnern der angelehnten Gruppe ausgeschlossen. Über eine „abschirmende“ Struktur zwischen den Unternehmen und Beschäftigten des angelehnten Sektors einerseits und den Systemen nach allgemeinem Rentenrecht andererseits werden durch die Anlehnung nur die globalen Finanzflüsse auf der Grundlage „virtueller“ Vorgänge organisiert. Diese sind insofern virtuell, als das Personal keine direktes Rechts- oder Verwaltungsverhältnis zu den Einrichtungen des Aufnahmesystems hat und als hinsichtlich der Festsetzung ihrer Rentenansprüche und der Anpassung der festgestellten Renten weiterhin die Regelungen des Sondersystems gelten.

(21)  Die spezifischen Ansprüche des Sondersystems oder „Sonderansprüche“ entsprechen dabei dem Unterschiedsbetrag zwischen den erworbenen Pensionsansprüchen, die vom Sondersystem der RATP bedient werden, und dem Anteil, der den nach allgemeinem Rentenrecht bedienten Leistungen oder den Grundansprüchen entspricht. Die „Sonderansprüche“ im Rahmen des Sondersystems der RATP entsprechen somit den Rentenansprüchen, die über die von den allgemeinen Rentensystemen bedienten Ansprüche hinausgehen. Die spezifischen Ansprüche des Sondersystems, die im Übrigen im Rahmen der Reform der Sonderrentensysteme schrittweise abgeschafft werden sollen (siehe Randnummer 0 dieser Entscheidung), gehen weiterhin zulasten der CRP-RATP.

(22)  Abweichungen zwischen den Rentenlastquotienten von zwei Systemen beruhen zum einen auf Unterschieden bei Höhe und Struktur der Vergütungen (die die Rentenlasten beeinflussen) und zum anderen auf demografischen Unterschieden (beispielsweise eine im Verhältnis kleinere Beitragszahlerbasis, die die Höhe der Beiträge beeinflusst).

(23)  Geschäftsgeheimnis.

(24)  ABl. L 83 vom 27.3.1999, S. 1.

(25)  EuGH 5. Oktober 1999, Frankreich/Kommission, Rechtssache C-251/97, Slg. I-6639, Randnummer 40.

(26)  EuGeI 16. März 2004, Danske Busvognmænd/Kommission, Rechtssache T-157/01, Slg. S. II-917.

(27)  EuGH 23. März 2006, Enirisorse SpA/SotaCRP-RATPbo SpA, Rechtssache C-237/04, Slg. I-2843.

(28)  Gemäß dem Informationsbericht von Senator Bertrand Auban im Namen des Ausschusses für Finanzen, Haushaltskontrolle und volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Frankreichs vom 9. Juli 2008 wurden diese Rentenverpflichtungen auf 21 Mrd. EUR angesetzt.

(29)  Entscheidung 2008/204/EG der Kommission vom 10. Oktober 2007 über staatliche Beihilfen, die Frankreich im Zusammenhang mit der Finanzierungsreform für die Ruhegehälter der bei La Poste beschäftigten Mitarbeiter gewährt hat (ABl. L 63 vom 7.3.2008, S. 16).

(30)  EuGH 14. Februar 1990, Frankreich/Kommission, Rechtssache C-301/87, Slg. S. I-307, Randnummer 41.

(31)  Siehe in diesem Sinne EuGeI 20. September 2000, Spanien/Kommission, Rechtssache T-55/99, Slg. S. II-3207, Randnummer 82.

(32)  EuGH 20. September 2001, H.J. Banks & Co. Ltd/The Coal Authority und Secretary of State for Trade and Industry, Rechtssache C-390/98, Slg. S. I-6117, Randnummer 33.

(33)  Siehe in diesem Sinne die genannte Entscheidung 2008/204/EG und die Entscheidung der Kommission vom 10. Oktober 2007 über die Reform des Zusatzrentensystems für den griechischen Bankensektor (ABl. C 308 vom 19.12.2007, S. 9).

(34)  Siehe in diesem Sinne die in Fußnote 32 genannten Entscheidungen.

(35)  Siehe insbesondere Abschnitte 2 und 3 dieser Entscheidung.

(36)  EuGH 27. November 2003, Enirisorse SpA/Ministero delle Finanze, Rechtssache C-34/01, Slg. S. I-14243.

(37)  Siehe Randnummer 63 der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. C 244 vom 1.10.2004, S. 2).

(38)  EuGeI 16. März 2004, Danske Busvognmænd/Kommission, Rechtssache T-157/01, Slg. S. II-917.

(39)  EuGH 2. Juli 1974, Italien/Kommission, Rechtssache 173/73, Slg, S. 709, Randnummer 13; EuGH 24. Februar 1987, Deufil/Kommission, Rechtssache C-310/85, Slg, S. 901, Randnummer 8; EuGH 26. September 1996, Frankreich/Kommission, Rechtssache C-241/94, Slg. S. I-4551, Randnummer 20.

(40)  EuGH 15. März 1994, Banco Exterior, Rechtssache C-387/92, Slg. S. I-877, Randnummer 13; genanntes Urteil in der Rechtssache C-241/94, Randnummer 34.

(41)  EuGH 12. Dezember 2002, Belgien/Kommission, Rechtssache C-5/01, Slg. S. I-1191, Randnummer 39.

(42)  EuGH 23. Februar 1961, Gezamenlijke Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Rechtssache 30/59, Slg, S. 3, Randnummer 29 und 30; genanntes Urteil in der Rechtssache C-173/73, Randnummer 12 und 13; genanntes Urteil in der Rechtssache C-241/94, Randnummern 29 und 35; EuGH 5. Oktober 1999, Frankreich/Kommission, Rechtssache C-251/97, Slg. S. I-6639, Randnummern 40, 46 und 47.

(43)  Siehe EuGH 19. September 2000, Deutschland/Kommission, Rechtssache C-156/98, Slg. S. I-6857, Randnummer 30 und die genannten Urteile.

(44)  Siehe insbesondere EuGH 17. September 1980, Philip Morris/Kommission, Rechtssache C-730/79, Slg, S. 2671, Randnummern 11 und 12, und EuGeI 30. April 1998, Vlaams Gewest/Kommission, Rechtssache T-214/95, Slg. S. II-717, Randnummern 48 bis 50.

(45)  EuGeI 11. Juni 2009, Italien/Kommission, Rechtssache T-222/04, Randnummer 45.

(46)  Hierzu ist es nicht erforderlich, dass das begünstigte Unternehmen selbst im innergemeinschaftlichen Handel tätig ist. Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann die inländische Tätigkeit dadurch beibehalten oder ausgebaut werden, so dass sich die Chancen der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, in den Markt dieses Mitgliedstaats einzusteigen, verringern. Zudem kann ein Unternehmen, das bislang nicht im innergemeinschaftlichen Handel tätig war, durch die Stärkung seiner Position die Möglichkeit erhalten, in den Markt eines anderen Mitgliedstaats einzutreten (siehe hierzu insbesondere das Urteil vom 7. März 2002, Italien/Kommission, Slg. S. I-2289, Randnummer 84).

(47)  Siehe Randnummer 21 dieser Entscheidung.

(48)  Siehe in diesem Sinne den gemeinsamen Bericht der Kommission und des Rates über angemessene und nachhaltige Renten (CS/7165/03) vom 18. März 2003.

(49)  ABl. L 49 vom 22.2.2005, S. 9.

(50)  Mitteilung der Kommission über die Methode für die Analyse staatlicher Beihilfen in Verbindung mit verlorenen Kosten (Schreiben der Kommission SG(2001) D/290869 vom 6.8.2001).

(51)  So entschied der Gerichtshof in den verbundenen Rechtssachen C-159 und C-160/91, Poucet und Pistre, wie folgt: „Die Krankenkassen oder die Einrichtungen, die bei der Verwaltung der öffentlichen Aufgabe der sozialen Sicherheit mitwirken, erfüllen … eine Aufgabe mit ausschließlich sozialem Charakter. Diese Tätigkeit beruht nämlich auf dem Grundsatz der nationalen Solidarität und wird ohne Gewinnzweck ausgeübt. Die Leistungen werden von Gesetzes wegen und unabhängig von der Höhe der Beiträge erbracht. Folglich ist diese Tätigkeit keine wirtschaftliche Tätigkeit, und die mit ihr betrauten Einrichtungen sind daher keine Unternehmen im Sinne der Artikel (81) und (82) EWG-Vertrag.“


V Rechtsakte, die ab 1. Dezember 2009 in Anwendung des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Euratom-Vertrags erlassen wurden

VERÖFFENTLICHUNGSBEDÜRFTIGE RECHTSAKTE

12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/36


VERORDNUNG (EU) Nr. 1213/2009 DER KOMMISSION

vom 11. Dezember 2009

zur Festlegung pauschaler Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 der Kommission vom 21. Dezember 2007 mit Durchführungsbestimmungen zu den Verordnungen (EG) Nr. 2200/96, (EG) Nr. 2201/96 und (EG) Nr. 1182/2007 des Rates im Sektor Obst und Gemüse (2), insbesondere auf Artikel 138 Absatz 1,

in Erwägung nachstehenden Grundes:

Die in Anwendung der Ergebnisse der multilateralen Handelsverhandlungen der Uruguay-Runde von der Kommission festzulegenden, zur Bestimmung der pauschalen Einfuhrwerte zu berücksichtigenden Kriterien sind in der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 für die in ihrem Anhang XV Teil A aufgeführten Erzeugnisse und Zeiträume festgelegt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die in Artikel 138 der Verordnung (EG) Nr. 1580/2007 genannten pauschalen Einfuhrwerte sind in der Tabelle im Anhang zur vorliegenden Verordnung festgesetzt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 12. Dezember 2009 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 11. Dezember 2009

Für die Kommission, im Namen des Präsidenten,

Jean-Luc DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)  ABl. L 350 vom 31.12.2007, S. 1.


ANHANG

Pauschale Einfuhrwerte für die Bestimmung der für bestimmtes Obst und Gemüse geltenden Einfuhrpreise

(EUR/100 kg)

KN-Code

Drittland-Code (1)

Pauschaler Einfuhrwert

0702 00 00

AL

50,4

MA

57,1

TN

90,9

TR

63,9

ZZ

65,6

0707 00 05

EG

155,5

MA

49,3

TR

76,8

ZZ

93,9

0709 90 70

MA

50,5

TR

114,3

ZZ

82,4

0805 10 20

AR

70,4

MA

48,8

TR

63,3

ZA

61,8

ZZ

61,1

0805 20 10

MA

73,1

TR

85,9

ZZ

79,5

0805 20 30, 0805 20 50, 0805 20 70, 0805 20 90

HR

59,6

IL

75,3

TR

75,5

ZZ

70,1

0805 50 10

TR

75,6

ZZ

75,6

0808 10 80

CA

65,1

CN

80,0

MK

24,5

US

92,7

ZZ

65,6

0808 20 50

CN

47,8

TR

92,0

US

186,0

ZZ

108,6


(1)  Nomenklatur der Länder gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1833/2006 der Kommission (ABl. L 354 vom 14.12.2006, S. 19). Der Code „ZZ“ steht für „Andere Ursprünge“.


12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/38


VERORDNUNG (EU) Nr. 1214/2009 DER KOMMISSION

vom 11. Dezember 2009

zur Änderung der mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für bestimmte Erzeugnisse des Zuckersektors im Wirtschaftsjahr 2009/10

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (1),

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 951/2006 der Kommission vom 30. Juni 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 318/2006 des Rates für den Zuckerhandel mit Drittländern (2), insbesondere auf Artikel 36 Absatz 2 Unterabsatz 2 zweiter Satz,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die bei der Einfuhr von Weißzucker, Rohzucker und bestimmten Sirupen geltenden repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für das Wirtschaftsjahr 2009/10 sind mit der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 der Kommission (3) festgesetzt worden. Diese Preise und Zölle wurden zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1160/2009 der Kommission (4) geändert.

(2)

Die der Kommission derzeit vorliegenden Angaben führen zu einer Änderung der genannten Beträge gemäß den in der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 vorgesehenen Regeln und Modalitäten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die mit der Verordnung (EG) Nr. 951/2006 für das Wirtschaftsjahr 2009/10 festgesetzten repräsentativen Preise und zusätzlichen Zölle bei der Einfuhr der Erzeugnisse des Artikels 36 der Verordnung (EG) Nr. 877/2009 werden geändert und sind im Anhang der vorliegenden Verordnung aufgeführt.

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am 12. Dezember 2009 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 11. Dezember 2009

Für die Kommission, im Namen des Präsidenten,

Jean-Luc DEMARTY

Generaldirektor für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung


(1)  ABl. L 299 vom 16.11.2007, S. 1.

(2)  ABl. L 178 vom 1.7.2006, S. 24.

(3)  ABl. L 253 vom 25.9.2009, S. 3.

(4)  ABl. L 314 vom 1.12.2009, S. 6.


ANHANG

Geänderte Beträge der ab dem 12. Dezember 2009 geltenden repräsentativen Preise und zusätzlichen Einfuhrzölle für Weißzucker, Rohzucker und die Erzeugnisse des KN-Codes 1702 90 95

(EUR)

KN-Code

Repräsentativer Preis je 100 kg Eigengewicht des Erzeugnisses

Zusätzlicher Zoll je 100 kg Eigengewicht des Erzeugnisses

1701 11 10 (1)

36,95

0,20

1701 11 90 (1)

36,95

3,82

1701 12 10 (1)

36,95

0,07

1701 12 90 (1)

36,95

3,52

1701 91 00 (2)

42,14

4,83

1701 99 10 (2)

42,14

1,70

1701 99 90 (2)

42,14

1,70

1702 90 95 (3)

0,42

0,27


(1)  Festsetzung für die Standardqualität gemäß Anhang IV Abschnitt III der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.

(2)  Festsetzung für die Standardqualität gemäß Anhang IV Abschnitt II der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.

(3)  Festsetzung pro 1 % Saccharosegehalt.


12.12.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 327/40


BESCHLUSS Atalanta/8/2009 DES POLITISCHEN UND SICHERHEITSPOLITISCHEN KOMITEES

vom 4. Dezember 2009

zur Ernennung eines Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta)

(2009/946/GASP)

DAS POLITISCHE UND SICHERHEITSPOLITISCHE KOMITEE —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 38,

gestützt auf die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP des Rates vom 10. November 2008 über die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias (Atalanta) (1), insbesondere auf Artikel 6,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Aufgrund von Artikel 6 der Gemeinsamen Aktion 2008/851/GASP hat der Rat das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) ermächtigt, Beschlüsse zur Ernennung des Befehlshabers der EU-Einsatzkräfte zu fassen.

(2)

Am 22. Juli 2009 hat das PSK den Beschluss Atalanta/6/2009 (2) zur Ernennung von Flotillenadmiral (Commodore) Peter BINDT zum Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias angenommen.

(3)

Der Befehlshaber der EU-Operation hat empfohlen, Konteradmiral Giovanni GUMIERO zum neuen Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias zu ernennen.

(4)

Der EU-Militärausschuss hat diese Empfehlung unterstützt.

(5)

Gemäß Artikel 5 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Europäischen Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Konteradmiral Giovanni GUMIERO wird zum Befehlshaber der EU-Einsatzkräfte für die Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur Abschreckung, Verhütung und Bekämpfung von seeräuberischen Handlungen und bewaffneten Raubüberfällen vor der Küste Somalias ernannt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am 13. Dezember 2009 in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 4. Dezember 2009.

Im Namen des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees

Der Präsident

O. SKOOG


(1)  ABl. L 301 vom 12.11.2008, S. 33.

(2)  ABl. L 192 vom 24.7.2009, S. 68.